Bundesgerichtshof Urteil, 29. Feb. 2008 - V ZR 31/07

bei uns veröffentlicht am29.02.2008
vorgehend
Landgericht Osnabrück, 4 O 3256/04, 31.07.2006
Oberlandesgericht Oldenburg, 14 U 75/06, 11.01.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 31/07 Verkündet am:
29. Februar 2008
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Gestattet der Eigentümer eine von dem Nachbargrundstück ausgehende Störung,
bindet dies seinen Einzelrechtsnachfolger grundsätzlich nicht.
BGH, Urt. v. 29. Februar 2008 - V ZR 31/07 - OLG Oldenburg
LG Osnabrück
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Februar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den
Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und
Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 11. Januar 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die gegen die Abweisung des die Stützmauer betreffenden Hilfsantrags gerichtete Berufung zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger sind Eigentümer eines Grundstücks, das an eine im Eigentum der Beklagten stehende Privatstraße grenzt. Die Straße liegt über dem Bodenniveau des klägerischen Grundstücks und ist mit Betonsteinen gepflastert. Sie schließt unmittelbar an eine sich auf dem Grundstück der Kläger befindliche, etwa 50 cm hohe Mauer an.
2
Mit der Behauptung, die Mauer halte aus statischen Gründen den von der Privatstraße ausgehenden Druck nicht aus und drohe deshalb einzustürzen, verlangen die Kläger von den Beklagten, die Straße abzustützen.
3
Die Klage ist in den Tatsacheninstanzen erfolglos geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren Antrag weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht meint, ein Anspruch der Kläger aus § 1004 BGB scheitere daran, dass die frühere Eigentümerin ihres Grundstücks mit dem Anbau der Privatstraße an die Gartenmauer einverstanden gewesen sei. Diese Zustimmung müssten sich die Kläger als Rechtsnachfolger entgegenhalten lassen.

II.

5
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
6
Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Berufungsgericht zwar an, dass die Beklagten nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Beseitigung der behaupteten Beeinträchtigung des Eigentums der Kläger in Anspruch genommen werden können. Die Beklagten sind als Zustandsstörer passivlegitimiert, da die – für das Revisionsverfahren zu unterstellende – Störung von ihrem Grundstück ausgeht und die Eigentumsbeeinträchtigung wenigstens mittelbar auf ihren Willen zurückzuführen ist (vgl. zu diesem Erfordernis: Senat, Urt. v. 1. Dezember 2006, V ZR 112/06, NJW 2007, 432, Rdn. 14 m.w.N.). Letzteres folgt daraus, dass die Beklagten für den baulichen Zustand der von ihnen unterhaltenen und benutzten Straße verantwortlich sind (Rechtsgedanke des § 907 BGB), ohne dass es darauf ankommt, welchen eigenen Beitrag sie hierzu geleistet haben und ob sie den störenden Zustand der Straße bei Erwerb des Grundstücks kannten (vgl. Senat, Urt. v. 19. Januar 1996, V ZR 298/94, NJW-RR 1996, 659, 660; Urt. v. 22. September 2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 232).
7
Rechtsfehlerhaft ist aber die Auffassung des Berufungsgerichts, der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB sei ausgeschlossen, weil die frühere Eigentümerin des Grundstücks der Kläger damit einverstanden war, dass die Privatstraße unmittelbar an die Gartenmauer herangebaut wurde. Gestattet der Eigentümer einen bestimmten Störungszustand, bindet dies seinen Einzelrechtsnachfolger grundsätzlich nicht (Senat, BGHZ 66, 37, 39; BGHZ 60, 119, 122; Palandt/Bassenge, BGB, 67. Aufl., § 1004, Rdn. 36; MünchKomm-BGB/ Medicus, 4. Aufl., § 1004 Rdn. 65 f.; Staudinger/Gursky, BGB [2006], § 1004 Rdn. 198 m.w.N.). Denn hierbei handelt es sich – wenn eine dingliche Belastung des Grundstücks unterbleibt – um eine schuldrechtlich vereinbarte, also lediglich zwischen den Beteiligten wirkende, Duldungspflicht oder sogar nur um eine gefälligkeitshalber erteilte, je nach den Umständen widerrufliche Erlaubnis.
8
Etwas anderes kommt nur in Betracht, wenn der Eigentümer des beeinträchtigten Grundstücks eine schuldrechtliche Duldungsverpflichtung seines Rechtsvorgängers übernommen hat. Ein Übernahmewille des Erwerbers kann aber nicht unterstellt werden, vielmehr muss er deutlich zum Ausdruck gekommen sein (vgl. Staudinger/Gursky, aaO). Vorliegend ist dafür nichts ersichtlich.

III.

9
Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben, soweit der die Stützmauer betreffende Hilfsantrag abgewiesen worden ist. In diesem Umfang ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die notwendigen Feststellungen zu der von den Klägern behaupteten Eigentumsbeeinträchtigung treffen kann. Zugleich erhält das Berufungsgericht Gelegenheit, gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO auf einen sachdienlichen Antrag hinzuwirken (vgl. zum Klageantrag bei § 1004 BGB: Senat, BGHZ 67, 252, 253; Staudinger /Gursky, aaO, Rdn. 236 m.w.N.). Krüger Klein Stresemann Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Osnabrück, Entscheidung vom 31.07.2006 - 4 O 3256/04 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 11.01.2007 - 14 U 75/06 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 29. Feb. 2008 - V ZR 31/07

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 29. Feb. 2008 - V ZR 31/07

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 907 Gefahr drohende Anlagen


(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann verlangen, dass auf den Nachbargrundstücken nicht Anlagen hergestellt oder gehalten werden, von denen mit Sicherheit vorauszusehen ist, dass ihr Bestand oder ihre Benutzung eine unzulässige Einwirkung auf sei
Bundesgerichtshof Urteil, 29. Feb. 2008 - V ZR 31/07 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 907 Gefahr drohende Anlagen


(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann verlangen, dass auf den Nachbargrundstücken nicht Anlagen hergestellt oder gehalten werden, von denen mit Sicherheit vorauszusehen ist, dass ihr Bestand oder ihre Benutzung eine unzulässige Einwirkung auf sei

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Feb. 2008 - V ZR 31/07 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Feb. 2008 - V ZR 31/07 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 01. Dez. 2006 - V ZR 112/06

bei uns veröffentlicht am 01.12.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 112/06 Verkündet am: 1. Dezember 2006 W i l m s, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Sept. 2000 - V ZR 443/99

bei uns veröffentlicht am 22.09.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄ UMNISURTEIL V ZR 443/99 Verkündet am: 22. September 2000 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 29. Feb. 2008 - V ZR 31/07.

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Okt. 2009 - V ZR 141/08

bei uns veröffentlicht am 23.10.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 141/08 Verkündet am: 23. Oktober 2009 Lesniak Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 1004 Abs. 1, 2

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. März 2010 - V ZB 130/09

bei uns veröffentlicht am 04.03.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 130/09 vom 4. März 2010 in der Wohnungseigentumssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 1004 Abs. 1 Auch der Zustandsstörer kann zur Beseitigung einer Störung (und nicht bloß zur Duldung

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Apr. 2015 - V ZR 138/14

bei uns veröffentlicht am 24.04.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 138/14 Verkündet am: 24. April 2015 Langendörfer-Kunz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 917

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Mai 2014 - V ZR 181/13

bei uns veröffentlicht am 16.05.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 181/13 Verkündet am: 16. Mai 2014 Lesniak Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Referenzen

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 112/06 Verkündet am:
1. Dezember 2006
W i l m s,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Beeinträchtigt der Zustand einer Wohnung das Eigentum eines Dritten und geht dies
auf rechtswidriges Handeln des Wohnungseigentümers zurück, kann der Dritte den
Mieter der Wohnung auf Duldung der Störungsbeseitigung in Anspruch nehmen.
BGH, Urt. v. 1. Dezember 2006 - V ZR 112/06 - KG
LGBerlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die
Richter Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und
den Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 21. März 2006 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagten sind Mieter einer dem Streithelfer gehörenden Wohnung. Dieser hatte ohne die erforderliche Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer einen Balkon der Wohnung zu einem Wintergarten umgebaut und Fenster durch einen Balkon ersetzt.
2
Auf Antrag der Klägerin, die Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft ist, wurde der Streithelfer durch rechtskräftigen Beschluss des Kammergerichts zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands der Wohnung verpflichtet. Die Klägerin beabsichtigt, die hierfür erforderlichen Arbeiten im Wege der Ersatzvornahme durchführen zu lassen. Sie hat die Beklagten deshalb auf Duldung des Rückbaus in Anspruch genommen.
3
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der von dem Kammergericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt , verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht hält die Beklagten nach § 1004 Abs. 1 BGB für verpflichtet, den Rückbau zu dulden. Sie seien Zustandsstörer, da die Beseitigung des das Miteigentum der Klägerin beeinträchtigenden baulichen Zustands der Wohnung allein von ihrem Willen abhänge. Auf eine Handlungspflicht der Beklagten komme es nicht an. Diese zusätzliche Voraussetzung sei nur von Bedeutung, wenn von einem Untätigen die Herstellung des rechtmäßigen Zustands verlangt, nicht aber, wenn dieser, wie hier, lediglich auf Duldung der notwendigen Maßnahmen in Anspruch genommen werde. Die gegenteilige Auffassung des Oberlandesgerichts München (NZM 2003, 445) überzeuge nicht. Sie lasse unberücksichtigt, dass der Vermieter dem Mieter nicht mehr an Rechten übertragen könne, als er selber habe, und führe dazu, dass ein Wohnungseigentümer einen eigenmächtig geschaffenen baulichen Zustand seiner Wohnung durch deren Vermietung auf unbegrenzte Zeit aufrechterhalten könne.

II.

5
Diese Erwägungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
6
Das Berufungsgericht nimmt zu Recht an, dass die Beklagten verpflichtet sind, die Baumaßnahmen zu dulden, die zur Beseitigung des das Eigentums- recht der Klägerin beeinträchtigenden Zustands der von ihnen gemieteten Wohnung erforderlich sind. Das folgt aus der Vorschrift des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach derjenige, dessen Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt wird, von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen kann.
7
1. Die erforderliche Eigentumsbeeinträchtigung - hierunter fällt jeder dem Inhalt des Eigentums (§ 903 BGB) widersprechende Zustand (vgl. Senat, Urt. v. 4. Februar 2005, V ZR 142/04, NJW 2005, 1366, 1367 m.w.N.) - ist gegeben. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Streithelfer durch den Anbau eines Wintergartens und eines Balkons im Gemeinschaftseigentum stehende Bauteile des Hauses massiv verändert ; hierdurch hat er, weil die nach § 22 Abs. 1 WEG erforderliche Zustimmung aller Wohnungseigentümer fehlte, in rechtswidriger Weise in das Miteigentum der Klägerin eingegriffen.
8
2. Die Beklagten sind Störer im Sinne des § 1004 BGB.
9
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass sie allerdings keine Handlungsstörer sind. Hierunter ist nur derjenige zu verstehen, der die Eigentumsbeeinträchtigung durch sein Verhalten, d.h. durch positives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen, adäquat verursacht hat (vgl. Senat, BGHZ 144, 200, 203; Urt. v. 22. September 2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 232; Urt. v. 4. Februar 2005, V ZR 142/04, NJW 2005, 1366, 1368 m.w.N.). Die Beklagten haben die baulichen Veränderungen an der von ihnen gemieteten Wohnung und damit den Eingriff in das Gemeinschaftseigentum aber weder selbst vorgenommen noch in irgendeiner Weise veranlasst.
10
b) Die Beklagten sind jedoch Zustandsstörer.
11
aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts folgt das allerdings nicht schon daraus, dass sie sich weigern, den zur Störungsbeseitigung erforderlichen Rückbau zu dulden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt für sich genommen weder die Sachherrschaft über die störende Sache noch die damit einhergehende Möglichkeit, die Störung zu beenden , um jemanden als Störer im Sinne des § 1004 BGB anzusehen (Senat, BGHZ 28, 110, 112; 90, 255, 260; BGHZ 114, 183, 187). Denn es gibt keinen Rechtssatz des Inhalts, dass der Eigentümer oder der Besitzer allein kraft seines Eigentums bzw. seines Besitzes für beeinträchtigende Einwirkungen einer Sache verantwortlich ist (vgl. Senat, BGHZ 28, 110, 112; 90, 255, 260; 122, 283, 284; BGHZ 114, 183, 187; MünchKomm-BGB/Medicus, 4. Aufl., § 1004 Rdn. 46).
12
Zustandsstörer ist vielmehr derjenige, der die Beeinträchtigung zwar nicht verursacht hat, durch dessen maßgebenden Willen der beeinträchtigende Zustand aber aufrechterhalten wird (Senat, Urt. v. 22. März 1966, V ZR 126/63, NJW 1966, 1360, 1361; Urt. v. 22. September 2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 232; Urt. v. 24. Januar 2003, V ZR 175/02, NJW-RR 2003, 953, 955). Das setzt Zweierlei voraus:
13
(1) Notwendig ist zunächst, dass der Inanspruchgenommene die Quelle der Störung beherrscht, also die Möglichkeit zu deren Beseitigung hat (vgl. Senat , BGHZ 62, 388, 393; 95, 307, 308; Erman/Ebbing, BGB, 11. Aufl., § 1004 Rdn. 120). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, da die Beklagten als unmittelbare Besitzer der Wohnung, deren baulicher Zustand dem Eigentumsrecht der Klägerin widerspricht, in der Lage sind, die Beeinträchtigung zu beseitigen. Dem steht der Einwand der Revision, die Beklagten seien als Mieter nicht berechtigt, wesentliche bauliche Veränderung an der Wohnung vorzunehmen, nicht entgegen. Denn die Beklagten werden nicht auf Beseitigung der Störung, sondern lediglich auf deren Duldung und damit auf eine ihnen auch rechtlich mögliche Handlung in Anspruch genommen.
14
(2) Darüber hinaus muss dem Inanspruchgenommenen die Beeinträchtigung zurechenbar sein (vgl. MünchKomm-BGB/Medicus, 4. Aufl., § 1004 Rdn. 45; Erman/Ebbing, BGB, 11. Aufl., § 1004 Rdn. 122). Hierzu genügt es - wie dargelegt - nicht, dass der Inanspruchgenommene Eigentümer oder Besitzer der Sache ist, von der die Störung ausgeht. Für die erforderliche Zurechnung der Beeinträchtigung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr erforderlich, dass die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers der störenden Sache zurückgeht (Senat, BGHZ 28, 110, 111; 90, 255, 266; 120, 239, 254; 122, 283, 284; Urt. v. 7. Juli 1995, V ZR 213/94, NJW 1995, 2633, 2634; Urt. v. 4. Februar 2005, V ZR 142/04, NJW 2005, 1366, 1368; BGH, Urt. v. 12. Februar 1985, VI ZR 193/83, NJW 1985, 1773, 1774; Urt. v. 18. April 1991, III ZR 1/90, WM 1991, 1609, 1610). Ob dies der Fall ist, kann nicht begrifflich, sondern nur in wertender Betrachtung von Fall zu Fall festgestellt werden. Entscheidend ist, ob es Sachgründe dafür gibt, dem Eigentümer oder Nutzer der störenden Sache die Verantwortung für ein Geschehen aufzuerlegen (Senat, BGHZ 142, 66, 69 f.; 155, 99, 105; vgl. auch Wenzel, NJW 2005, 241).
15
Das gilt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts unabhängig davon , ob der Beeinträchtigte die Beseitigung der Störung oder lediglich deren Duldung verlangt. Die Störereigenschaft des Inanspruchgenommenen gehört zu den unverzichtbaren Voraussetzungen eines auf § 1004 BGB gestützten Anspruchs (zu sonstigen auf Duldung der Beseitigung gerichteten Ansprüchen: MünchKomm-BGB/Medicus, 4. Aufl., § 1004 Rdn. 94).
16
bb) Das angefochtene Urteil erweist sich in diesem Punkt gleichwohl als richtig (§ 561 ZPO), da den Beklagten die Aufrechterhaltung der Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin zuzurechnen ist.
17
Allerdings kann den Beklagten als Mietern die Verantwortung für den - von ihnen nicht geschaffenen - baulichen Zustand der Wohnung nicht auferlegt werden. Eine Zurechnung der davon ausgehenden Beeinträchtigung kommt jedoch unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass sie die Beeinträchtigung willentlich aufrechterhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Beklagten rein passiv verhalten. Sie tragen nur insoweit zur Aufrechterhaltung des baulichen Zustands der Wohnung bei, als sie die aufgrund ihrer Sachherrschaft tatsächlich und im übrigen auch rechtlich gegebene Möglichkeit, die Störung durch den Eigentümer beseitigen zu lassen, nicht nutzen. Da dies ein bloßes Unterlassen darstellt, kann ihnen ihr Verhalten nur zugerechnet werden, wenn sie aus irgendeinem Rechtsgrund zur Duldung der Störungsbeseitigung verpflichtet sind (vgl. Senat, BGHZ 28, 110, 111; 41, 393, 397 f.; Urt. v. 7. Juli 1995, V ZR 213/94, NJW 1995 2633, 2634; Urt. v. 16. Februar 2001, V ZR 422/99, NJW-RR 2001, 1208). Das folgt aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz , wonach ein Unterlassen nur zu einer Haftung führen kann, wenn eine Pflicht zum Handeln - bzw. hier zur Duldung - besteht.
18
Eine Duldungspflicht besteht indessen. Wie das Berufungsgericht der Sache nach zutreffend erkannt hat, folgt sie daraus, dass die Beklagten ihr Besitzrecht an der Wohnung von dem Streithelfer ableiten und deshalb gegenüber Dritten, die dingliche Ansprüche in Bezug auf die Wohnung geltend machen, keine weitergehenden Rechte als der Streithelfer haben (vgl. Weitnauer/Lüke, WEG, 9. Aufl., Nach § 13 Rdn. 4; Müller, ZMR 2001, 506, 510). Ebenso, wie ein Mieter die Wohnung gemäß § 985 BGB an den wahren Eigentümer herausgeben muss, wenn sie dem Vermieter nicht gehört und dieser auch nicht zur Ver- mietung berechtigt ist (vgl. § 986 Abs. 1 BGB), beschränkt ein gegen den Vermieter gerichteter - mit dem Vindikationsanspruch des § 985 BGB eng verwandter (vgl. Staudinger/Gursky, BGB [2006], § 1004 Rdn. 1 f.) - Eigentumsstörungsanspruch aus § 1004 BGB das Recht des Mieters an dem ungestörten Besitz der Wohnung und verpflichtet ihn, die Beseitigung einer von der Wohnung ausgehenden Störung zu dulden. Ein solcher Anspruch steht der Klägerin hier zu. Der Streithelfer hat die baulichen Veränderungen seiner Wohnung, die das (Mit-)Eigentum der Klägerin beeinträchtigen, selbst veranlasst und ist daher nicht nur aufgrund der zwischen Wohnungseigentümern bestehenden Sonderverbindung , sondern auch als Handlungsstörer gemäß § 1004 Abs. 1 BGB zu deren Beseitigung verpflichtet. Dieser dingliche Anspruch der Klägerin gegen den Streithelfer begründet die Verpflichtung der Beklagten, den Rückbau zu dulden. Dass der Mietvertrag sie zur Nutzung der Wohnung in dem bestehenden Zustand berechtigt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Der Vertrag wirkt nur schuldrechtlich, also lediglich in dem Verhältnis zwischen den Beklagten und dem Streithelfer (vgl. BGH, Urt. v. 18. Januar 1995, XII ZR 30/93, NJW-RR 1995, 715; Urt. v. 29. November 1995, XII ZR 230/94, NJW 1996, 714, 715).
19
3. Rechtsfehlerfrei und von der Revision auch nicht angegriffen nimmt das Berufungsgericht schließlich an, dass der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB auf bloße Duldung der Beseitigung des beeinträchtigenden Zustands gerichtet sein kann (vgl. BayObLG NJW-RR 2002, 660). Eine solche beschränkte Inanspruchnahme kommt insbesondere in Betracht, wenn mehrere Störer für die Beeinträchtigung verantwortlich sind, da jeder Störer nur in dem Maße haftet, wie er in zurechenbarer Weise an der Beeinträchtigung mitwirkt (vgl. BGH, Urt. v. 3. Februar 1976, VI ZR 23/72, NJW 1976, 799, 800; Erman/Ebbing, BGB, 11. Aufl., § 1004 Rdn. 122; MünchKomm-BGB/Medicus, 4. Aufl., § 1004 Rdn. 75). Besteht der Beitrag des Besitzers - wie hier - nur darin, dass er sich kraft seiner Sachherrschaft der Beseitigung der Störung wi- dersetzt, kann er deshalb – sofern er Störer ist - auf Duldung der Beseitigung in Anspruch genommen werden (vgl. Senat, BGHZ 41, 393, 398 f.; Staudinger /Gursky, BGB [2006], § 1004 Rdn. 118 u. 150; Westermann, Lehrbuch des Sachenrechts, 7. Aufl., S. 267; Larenz/Canaris, Schuldrecht BT II 2, 13. Aufl., S. 687; a.A. OLG München NZM 2003, 445).

III.

20
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 03.06.2005 - 3 O 474/04 -
KG Berlin, Entscheidung vom 21.03.2006 - 4 U 97/05 -

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann verlangen, dass auf den Nachbargrundstücken nicht Anlagen hergestellt oder gehalten werden, von denen mit Sicherheit vorauszusehen ist, dass ihr Bestand oder ihre Benutzung eine unzulässige Einwirkung auf sein Grundstück zur Folge hat. Genügt eine Anlage den landesgesetzlichen Vorschriften, die einen bestimmten Abstand von der Grenze oder sonstige Schutzmaßregeln vorschreiben, so kann die Beseitigung der Anlage erst verlangt werden, wenn die unzulässige Einwirkung tatsächlich hervortritt.

(2) Bäume und Sträucher gehören nicht zu den Anlagen im Sinne dieser Vorschriften.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄ UMNISURTEIL
V ZR 443/99 Verkündet am:
22. September 2000
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
-----------------------------------
Zur Beseitigung des eigentumsbeeinträchtigenden Zustands eines Grundstücks ist
der Eigentümer des Nachbargrundstücks, der ihn weder durch positives Tun noch
durch pflichtwidriges Unterlassen geschaffen hat, nur verpflichtet, wenn die Beeinträchtigung
auf einen gefahrenträchtigen Zustand seines Grundstücks zurückzuführen
ist.
BGH, Urt. v. 22. September 2000 - V ZR 443/99 - KG Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die
Richter Dr. Lambert-Lang, Tropf, Schneider und Dr. Lemke

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 6. Oktober 1999 aufgehoben und das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 3. Dezember 1998 abgeändert: Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 24. November 1995 erwarben die Kläger in Gesellschaft bürgerlichen Rechts von einer Erbengemeinschaft das Grundstück S. A. 62 in B. -P. B. . Die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgte am 28. Juni 1996. Der Beklagte war bei Einreichung der Klage am 8. Juli 1998 Eigentümer des Nachbargrundstücks

S.

A. 61, welches mit bestandskräftigem Bescheid des Amtes zur Regelung
offener Vermögensfragen Mitte-P. B. am 11. November 1998 restituiert worden ist.
Beide mit zum Teil gewerblich genutzten Altbau-Miethäusern bebaute Grundstücke standen vor der Wiedervereinigung im Eigentum des Volkes; Rechtsträger war jeweils der VEB Kommunale Wohnungsverwaltung B. - P. B. . Dieser errichtete Anfang der 80er Jahre auf dem jetzigen Grundstück der Kläger einen etwa 2 x 4 m großen eingeschossigen Anbau. Der Zugang dazu ist ausschließlich durch einen Durchbruch in der Brandwand von dem NachbargrundstückS. A. 61 möglich. Ferner befindet sich im Erdgeschoß des auf dem Grundstück der Kläger gelegenen Seitenflügels ihres Miethauses ein 3,5 x 5,6 m großer Raum, der durch eine vor dem Erwerb der Kläger hergestellte Öffnung der Grenzwand zwischen den Grundstücken S. A. 61 und 62 erschlossen wird. Der Zugang zu einem angrenzenden Raum des Hauses der Kläger wurde seinerzeit zugemauert.
Sowohl der Anbau als auch der Raum im Seitenflügel des Miethauses der Kläger werden derzeit von einem Dritten gewerblich genutzt.
Mit der Behauptung, der Beklagte habe die Räume an den Dritten vermietet , haben die Kläger verlangt, den Beklagten zu verurteilen, den Anbau zu beseitigen, die Maueröffnung und den Wanddurchbruch zu dem Raum im Seitenflügel ihres Miethauses zu schließen, den Zugang zu dem angrenzenden Raum zu öffnen sowie Auskunft über die Höhe des erzielten Mietzinses für die Vermietung des Anbaus und des Raums im Seitenflügel ihres Hauses zu erteilen und ihn nebst Zinsen auszuzahlen. Das Landgericht hat den Auskunftsund Zahlungsanspruch abgewiesen und der Klage im übrigen stattgegeben.
Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt er weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


I.


Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die während des Rechtsstreits erfolgte Restitution des bisher dem Beklagten gehörenden Grundstücks nach dem auch hier anzuwendenden Grundsatz der Prozeßwirtschaftlichkeit keinen Einfluß auf die Passivlegitimation des Beklagten. Er sei Zustandsstörer gewesen, weil das Aufrechterhalten des das Eigentum der Kläger fortlaufend beeinträchtigenden Zustands auf seinen Willen zurückgegangen sei. Ob die Kläger Eigentümer des Anbaus geworden seien, sei unerheblich. Sie seien auch nicht nach § 1004 Abs. 2 BGB zur Duldung verpflichtet, weil die Voraussetzungen des § 320 Abs. 1 ZGB und § 912 Abs. 1 BGB nicht vorlägen.

II.


Dies hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Die Kläger waren trotz ordnungsgemäßer Ladung im Verhandlungstermin nicht vertreten. Deshalb ist über die Revision durch Versäumnisurteil zu entscheiden, obwohl das Urteil inhaltlich nicht auf der Säumnisfolge beruht
(vgl. BGHZ 37, 79, 81 f; Senatsurt. v. 6. Juni 1986, V ZR 96/85, NJW 1986, 3086).
2. Ob das Berufungsgericht zu Recht von einer fortdauernden Eigentumsbeeinträchtigung der Kläger ausgeht, kann dahinstehen. Zwar knüpft das Gesetz die Rechtsfolge des § 1004 BGB an jegliche Beeinträchtigung an, die der Eigentümer nicht dulden muß; allein der dem Inhalt des Eigentums (§ 903 BGB) widersprechende Zustand begründet den Abwehranspruch (vgl. Senat, BGHZ 66, 37, 39 m.w.N.). Die Sachherrschaft des Grundstückseigentümers ist so lange beeinträchtigt, wie die Eigentumsstörung nicht beseitigt ist (Senatsurt. v. 11. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846). In Anlehnung an die Grundsätze des Eigengrenzüberbaus könnte hier bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Eigentumsbeeinträchtigung gegeben sein. Jedoch sind Zweifel daran deswegen angebracht, weil die Baumaßnahmen seinerzeit von dem Berechtigten ausschließlich auf dem jetzt den Klägern gehörenden Grundstück ausgeführt wurden und die Kläger das Eigentum in dem baulich veränderten Zustand erlangt haben (s. dazu Staudinger/Gursky [1999], § 1004 Rdn. 41 ff). Dies bedarf aber keiner Vertiefung, weil der Beklagte für eine etwaige Störung nicht verantwortlich ist.

a) Nach allgemeiner Auffassung richtet sich der Anspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB gegen denjenigen, der die Eigentumsbeeinträchtigung durch sein Verhalten - d.h. positives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen - adäquat verursacht hat (vgl. nur Senat, BGHZ 49, 340, 347; Senatsurt. v. 17. Dezember 1982, V ZR 55/82, WM 1983, 176, 177; Staudinger/Gursky,aaO, Rdn. 93 mit umfangr. Nachw.), aber auch gegen denjenigen, der zwar nicht selbst gehandelt hat, durch dessen maßgebenden Willen aber der eigentumsbeeinträchti-
gende Zustand aufrechterhalten wird, von dessen Willen also die Beseitigung dieses Zustands abhängt (vgl. Senatsurt. v. 22. März 1966, V ZR 126/63, NJW 1966, 1360, 1361 m.w.N.; 19. Januar 1996, V ZR 298/94, NJW-RR 1996, 659; 11. Juni 1999, V ZR 377/98, WM 1998, 2168, 2169; Staudinger/Gursky, aaO, Rdn. 94 m. umfangr. Nachw.). Danach ist der Eigentümer eines Grundstücks für dessen gefahrenträchtigen Zustand verantwortlich und kann nach § 1004 Abs. 1 BGB in Anspruch genommen werden, weil die Aufrechterhaltung des Zustands auf seinen Willen zurückgeht, ohne daß es darauf ankäme, welchen eigenen Beitrag er hierzu geleistet hat und ob er den störenden Zustand kannte (Senatsurt. v. 19. Januar 1996, aaO).

b) Nach diesen Grundsätzen scheidet eine Haftung des Beklagten aus. Dafür kommt es allerdings nicht darauf an, daß die Baumaßnahmen, die das Eigentum der Kläger nach wie vor beeinträchtigen, seit vielen Jahren abgeschlossen sind. Denn an einer einmal eingetretenen Verantwortlichkeit eines Störers kann sich durch das Verhalten des Pflichtigen nichts ändern, wenn die Beeinträchtigung fortbesteht (Senatsurt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846). Entscheidend ist vielmehr, daß der Beklagte die baulichen Veränderungen nicht vorgenommen und es sich bei ihnen seinerzeit gar nicht um die Beeinträchtigung fremden Eigentums gehandelt hat. Auch der Umstand, daß der Beklagte bei Klageerhebung Eigentümer des an das Grundstück der Kläger angrenzenden Grundstücks war, macht ihn nicht zum Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB. Eine solche Haftung kommt nämlich nur dann in Betracht , wenn die störenden Einwirkungen auf das Nachbargrundstück von dem Grundstück des Eigentümers ausgehen oder zu besorgen sind (s. nur Senat, BGHZ 122, 283, 284 f; Senatsurt. v. 19. Januar 1996, aaO). Um es mit einem vom Senat bereits in anderem Zusammenhang angeführten ähnlichen Beispiel
(Senatsurt. v. 1. Dezember 1995, aaO) zu verdeutlichen: Der Grundstückseigentümer muß den Stein, den der Voreigentümer auf das Nachbargrundstück geworfen hat, nicht beseitigen. Denn die bei dem Nachbarn eingetretene Eigentumsstörung steht in keinerlei Zusammenhang mit dem Zustand des Grundstücks des Eigentümers, sondern beruht ausschließlich auf dem Handeln des Voreigentümers. Der einzige Bezug zwischen Störung und Grundstück wird durch die Identität des Störers mit dem früheren Grundstückseigentümer hergestellt. Das reicht für die Begründung der Haftung des späteren Eigentümers nicht aus. Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts läuft darauf hinaus, daß der Grundstückseigentümer für jede Störungshandlung eines Voreigentümers verantwortlich ist, auch wenn sie keinen Bezug zu dem Zustand des Grundstücks aufweist. Das kann nicht richtig sein. Zur Beseitigung des eigentumsbeeinträchtigenden Zustands eines Grundstücks ist der Eigentümer des Nachbargrundstücks, der ihn weder durch positives Tun noch durch pflichtwidriges Unterlassen geschaffen hat, nur verpflichtet, wenn die Beeinträchtigung auf einen gefahrenträchtigen Zustand seines Grundstücks zurückzuführen ist.
In dem vorliegenden Fall hat die zugemauerte Türöffnung in dem Miethaus der Kläger mit dem Zustand des benachbarten Grundstücks ebensowenig etwas zu tun wie der Durchbruch in der Mauer dieses Hauses. Beide Gegebenheiten beruhen nicht etwa auf Gefahren oder sonstigen Umständen, die von dem anderen Grundstück ausgehen. Nichts anderes gilt für den auf dem Grundstück der Kläger errichteten Anbau. Auch seine Existenz läßt sich nicht auf einen bestimmten Zustand des bei Klageerhebung dem Beklagten gehörenden Grundstücks zurückführen. Etwas anderes könnte allenfalls für die
Wanddurchbrüche auf diesem Grundstück gelten. Deren Beseitigung verlangen die Kläger indes nicht.

c) Auf die vom Berufungsgericht weiter erörterte Problematik des Eigentums an dem Anbau und der Duldungspflicht nach §§ 912 Abs. 1, 1004 Abs. 2 BGB kommt es somit nicht an.
3. Der Anspruch der Kläger ist auch nicht aus § 823 BGB begründet. Der Beklagte hat keine unerlaubte Handlung im Sinne des Absatzes 1 der Vorschrift begangen, weil er die baulichen Maßnahmen nicht durchgeführt hat und nicht zu ihrer Beseitigung verpflichtet ist. Ein Verstoß gegen ein Schutzgesetz (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 BGB) kann dem Beklagten nach dem bisher Gesagten ebenfalls nicht vorgeworfen werden.
4. Auch ein Anspruch der Kläger unter dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses kommt nicht in Betracht. Dieses Rechtsinstitut dient nur in Extremfällen als Korrektiv nach Treu und Glauben zur einzelfallgerechten Bewältigung atypischer nachbarlicher Interessenkonflikte (vgl. Senat, BGHZ 113, 384, 389 ff). Hier liegt indes keine Situation vor, die eine solche Korrektur erfordert.
5. Ob die während des Rechtsstreits erfolgte Eigentumsänderung an dem früher dem Beklagten gehörenden Grundstück zum Verlust seiner Passivlegitimation geführt hat, bedarf somit keiner Entscheidung.
Nach alledem ist das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben. Da die Sache nach den Feststellungen in dem angefochtenen Urteil zur Endentschei-
dung reif ist, hat der Senat abschließend zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Dies führt zur Abweisung der Klage.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 2 ZPO.
Wenzel Lambert-Lang Tropf Schneider Lemke

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.