Bundesgerichtshof Urteil, 16. Mai 2014 - V ZR 181/13

bei uns veröffentlicht am16.05.2014
vorgehend
Landgericht Frankenthal (Pfalz), 2 S 161/12, 29.05.2013
Amtsgericht Bad Dürkheim, 1 C 604/11, 27.03.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 181/13 Verkündet am:
16. Mai 2014
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Eigentümer, der die Inanspruchnahme seines Grundstücks durch einen Nachbarn
(hier: durch unterirdisch verlegte Leitungen) jahrzehntelang gestattet hat, verliert
hierdurch nicht das Recht, die Gestattung zu widerrufen und anschließend seine Ansprüche
aus § 1004 BGB geltend zu machen.
BGH, Urteil vom 16. Mai 2014 - V ZR 181/13 - LG Frankenthal
AG Bad Dürkheim
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Mai 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richter
Dr. Czub und Dr. Roth, die Richterin Dr. Brückner und den Richter Dr. Kazele

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 29. Mai 2013 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Die Grundstücke der Beklagten sind mit Wochenendhäusern bebaut; das Grundstück der Klägerin ist noch unbebaut.
2
Alle Grundstücke liegen an einem Wirtschaftsweg, in dem das Stromkabel des Elektrizitätsunternehmens verlegt worden ist. Die von einem Zählerkasten auf dem Wege verlegten Anschlussleitungen zu den Grundstücken der Beklagten durchqueren unterirdisch das Grundstück der Klägerin. Die Anschlussleitungen wurden im Jahre 1979 von den damaligen Eigentümern der bebauten Grundstücke, dem Beklagten zu 1 und den Eheleute E. und Er. G. , in Eigenregie hergestellt und mit Zustimmung von Er. G. , dem damaligen Eigentümer des unbebauten Grundstücks, so verlegt. Eine dingliche Absicherung der Inanspruchnahme dieses Grundstücks durch die Leitungen erfolgte nicht.
3
Ende 2010 kaufte die Beklagte zu 2 das bebaute Grundstück der Eheleute G. . Diese gaben in dem Kaufvertrag an, dass das Wochenendhaus über Anschlüsse für Strom und Telefon verfüge. Die Klägerin kaufte mit notariellem Vertrag vom 31. Mai 2011 von Er. G. das unbebaute Grundstück. In der Bestimmung zur Gewährleistung (§ 4 des notariellen Vertrags) wurde die Haftung des Verkäufers für Sachmängel ausgeschlossen. § 4 Abs. 9 enthält folgende Erklärung des Verkäufers: „Nach Angaben des Verkäufers befinden sich im an den Vertrags- gegenstand angrenzenden Weg Strom- und Telefonkabel. Im Vertragsgegenstand ist derzeit lediglich ein Leerrohr-Anschluss für Strom vorhanden.“
4
Die Klägerin, die auf dem erworbenen Grundstück ein Wochenendhaus errichten möchte, hat von den Beklagten verlangt, die Stromleitungen von ihrem Grundstück zu entfernen. Das Amtsgericht hat die Klage mit den Anträgen, die Beklagten zur Entfernung der Stromleitungen zu verurteilen (Hauptantrag), festzustellen , dass die Klägerin berechtigt ist, dass Erdkabel zu kappen und selbst zu beseitigen (Hilfsantrag) sowie außergerichtliche Anwaltskosten von 899,40 € zzgl. Zinsen zu zahlen, insgesamt abgewiesen. Das Landgericht hat unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung dem Hilfsantrag stattgegeben. Mit der von dem Landgericht im Umfang des zuerkannten Feststellungsantrags zugelassenen Revision wollen die Beklagten die Abweisung auch dieses Antrags erreichen.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht meint, die Klägerin könne zwar den Beseitigungsanspruch des Eigentümers gegen den Störer (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) wegen des Eintritts der Verjährung nicht mehr durchsetzen; sie sei aber weiterhin berechtigt, die Störung ihres Eigentums durch die Stromleitungen auf eigene Kosten zu beseitigen, weil sie zu deren Duldung nicht verpflichtet sei. An die schuldrechtlichen Verpflichtungen des Voreigentümers Er. G. sei die Klägerin nicht gebunden. Sie habe im Kaufvertrag auch keine entsprechenden Verpflichtungen gegenüber den Beklagten übernommen. Gesetzliche Duldungspflichten aus dem Anschlussrecht der Elektrizitätsunternehmen oder aus dem Notleitungsrecht des Nachbarn bestünden ebenfalls nicht, da es sich bei den Stromleitungen nicht um Leitungen des Energieversorgers handele und die Grundstücke der Beklagten ohne die Inanspruchnahme fremder Grundstücke an das Stromnetz angeschlossen werden könnten, ohne dass dies mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden wäre. Das Recht der Klägerin, die Störung selbst zu beseitigen, sei auch nicht verwirkt. Selbst wenn der Beseitigungsanspruch von Er. G. wegen der sehr lange Zeit hingenommenen Beeinträchtigung dem Einwand der Verwirkung ausgesetzt gewesen sein sollte, wirkte dies nicht zu Lasten der Klägerin. Andernfalls entstünde eine aus dem Grundbuch nicht ersichtliche, dauernde quasi dingliche Belastung, die dem Bürgerlichen Gesetzbuch fremd sei.

II.

6
Die Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat dem Hilfsantrag im Ergebnis zu Recht stattgegeben.
7
Gegenstand der revisionsrechtlichen Prüfung ist, da die Revision nur in Bezug auf diesen Teil der Entscheidung zugelassen und eine Anschlussrevision nicht erhoben worden ist, allein die Entscheidung über den hilfsweise geltend gemachten Antrag auf Feststellung des Rechts der Klägerin, die in ihrem Grundstück befindlichen, der Stromversorgung der Grundstücke der Beklagten dienenden Kabel selbst zu beseitigen. Dazu ist die Klägerin berechtigt.
8
1. Das Berufungsgericht geht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 28. Januar 2011 - V ZR 141/10, NJW 2011, 1068 Rn. 9 und V ZR 147/10, NJW 2011, 1069 Rn. 16, 18) davon aus, dass der Eigentümer nicht deshalb, weil er seinen Anspruch auf Beseitigung einer Beeinträchtigung nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Störer wegen des Eintritts der Verjährung nicht mehr durchzusetzen vermag, die Störung auch in Zukunft hinnehmen muss. Die Verjährung des Beseitigungsanspruchs begründet kein Recht des Störers auf Duldung nach § 1004 Abs. 2 BGB. Der Eigentümer ist vielmehr auf Grund seiner Befugnisse aus § 903 Satz 1 BGB berechtigt, die Beeinträchtigung seines Eigentums durch Entfernung des störenden Gegenstands von seinem Grundstück selbst zu beseitigen (Senat, Urteile vom 28. Januar 2011 - V ZR 141/10 und V ZR 147/10, aaO).
9
2. Anders ist es allerdings, wenn der Eigentümer nach § 1004 Abs. 2 BGB verpflichtet ist, die Beeinträchtigung zu dulden. Die Störung stellt sich dann nicht als eine Verletzung der Eigentümerrechte dar. Eine Duldungspflicht im Sinne des § 1004 Abs. 2 BGB schließt daher nicht nur den Abwehranspruch gegen den Störer, sondern auch das Recht des Eigentümers aus, die Störung selbst auf eigene Kosten zu beseitigen. Die Klägerin ist jedoch nicht zur Duldung der in ihrem Grundstück befindlichen Hausanschlussleitungen der Beklagten verpflichtet.
10
a) Das Bestehen gesetzlicher Duldungspflichten (nach § 8 AVBEltV bzw. § 12 Abs. 1 NAV oder aus § 26 Abs. 1 LNRG-RP) verneint das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler und von der Revision unbeanstandet. Mangels Bestellung einer Leitungsdienstbarkeit nach § 1018 oder § 1090 BGB ist die Klägerin auch nicht aus einem dinglichen Recht zur Duldung der Leitungen der Beklagten verpflichtet.
11
b) Eine schuldrechtliche Verpflichtung der Klägerin gegenüber den Beklagten , deren Leitungen in ihrem Grundstück zu dulden, besteht ebenfalls nicht.
12
aa) Dass Er. G. die Verlegung der Leitungen gestattet hat, begründet keine Duldungspflicht der Klägerin, da Gestattungen des Voreigentümers den Einzelrechtsnachfolger grundsätzlich nicht binden (Senat, Urteil vom 29. Februar 2008 - V ZR 31/07, NJW-RR 2008, 827 Rn. 7 mwN).
13
bb) Einen vertraglichen Duldungsanspruch gegen den Er. G. könnten die Beklagten - da die Voraussetzungen der Vorschriften über den gesetzlichen Eintritt des Erwerbers in Miet- oder Pachtverträge (§ 566 Abs. 1, § 578 Abs. 1, § 581 Abs. 2, § 593b BGB) hier ersichtlich nicht vorliegen - der Klägerin gegenüber nur dann geltend machen, wenn diese Duldungspflichten des Veräußerers Er. G. (nach § 415 BGB oder § 328 BGB) übernommen hätte (vgl. Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 1004 Rn. 198). Daran fehlt es. In dem zwischen der Klägerin und Er. G. geschlossenen Kaufvertrag ist eine Übernahme von Duldungspflichten in Bezug auf die Leitungen nicht vereinbart worden. Ein dahin gehender Übernahmewille des Erwerbers kann nicht unterstellt werden, sondern muss in den Vereinbarungen der Kaufvertragsparteien deutlich zum Ausdruck gekommen sein (Senat, Urteil vom 29. Februar 2008 - V ZR 31/07, NJW-RR 2008, 827; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 1004 Rn. 198). Das ist nicht der Fall.
14
(1) Entgegen der Ansicht der Revision ist es unerheblich, was unter dem in § 4 Abs. 9 des Kaufvertrags bezeichneten „Leerrohr-Anschluss“ zu verstehen ist. Diese vertragliche Vereinbarung betrifft das Rechtsverhältnis zwischen den Kaufvertragsparteien in Bezug auf die Ansprüche des Käufers bei Sachmängeln des Grundstücks. Wäre die Erklärung in § 4 Abs. 9 des Kaufvertrags - wie von der Revision geltend gemacht - von den Parteien übereinstimmend so verstanden worden, dass sich in dem Leerrohr auch die Stromleitungen für den Anschluss der Grundstücke der Beklagten befinden, könnte die Klägerin allerdings Er. G. nicht wegen eines (von ihm arglistig verschwiegenen) Sachmangels in Anspruch nehmen. Eine Regelung in Bezug auf Rechte Dritter ist den vertraglichen Bestimmungen in dem Paragraphen zur „Gewährleistung“ dagegen auch unter Zugrundelegung der von der Revision vorgebrachten Erklärungsbedeutung nicht zu entnehmen.
15
(2) Auch die Behauptung, der Lebensgefährte der Klägerin sei vor dem Vertragsschluss von Er. G. auf die Stromleitung hingewiesen worden, ist für diesen Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich. Selbst wenn der Klägerin die Kenntnisse ihres Lebensgefährten zuzurechnen sein sollten (zu den Voraussetzungen dafür: vgl. Senat, Urteil vom 14. Mai 2004 - V ZR 120/03, NJW-RR 2004, 1196, 1197), hätte das nur im Verhältnis der Klägerin zum Verkäufer Er. G. Bedeutung, da dann dessen Inanspruchnahme auf Grund der Kenntnis der Klägerin von dem Sachmangel ausgeschlossen wäre (§ 442 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dagegen begründet die Kenntnis des Käufers von einer Beeinträchtigung der Sache durch einen Dritten keine Verpflichtung, die Stö- rung nach dem Erwerb des Eigentums zu dulden (vgl. Senat, Urteil vom 19. Dezember 1975 - V ZR 38/74, NJW 1976, 416 unter 3 - insoweit nicht in BGHZ 66, 37 abgedruckt; OLG Köln, NJW-RR 1991, 99, 101). Allein aus der Tatsache, dass der Käufer die Leitung bei Kaufvertragsschluss kennt, lässt sich insbesondere nicht auf eine konkludente Schuldübernahme- oder Schuldbeitrittsvereinbarung mit dem Verkäufer schließen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1973 - III ZR 61/70, BGHZ 60, 119, 122; Staudinger/Gursky, BGB [2013] § 1004 Rn. 198).
16
3. Das Recht der Klägerin, die Störung ihres Eigentums durch die Leitungen selbst zu beseitigen, ist nicht verwirkt.
17
a) Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass auch diese Befugnis des Eigentümers verwirkt sein kann. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung, die im gesamten Privatrecht eingewendet werden kann (Senat, Urteil vom 30. April 1993 - V ZR 234/91, BGHZ 122, 308, 314; Urteil vom 21. Oktober 2005 - V ZR 169/04, NJW-RR 2006, 235, 236). Ihr unterliegen sämtliche subjektiven Rechte. Sie führt zwar nicht zum Verlust des Eigentums, wohl aber der aus ihm folgenden Ansprüche auf Störungsbeseitigung nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB (Senat, Urteil vom 16. März 1979 - V ZR 38/75, WM 1979, 644, 647; Urteil vom 21. Oktober 2005 - V ZR 169/04, NJW-RR 2006, 235 Rn. 10; Beschluss vom 4. März 2010 - V ZB 130/09, NJWRR 2010, 807 Rn. 17; Urteil vom 22. Oktober 2010 - V ZR 43/10, BGHZ 187, 185 Rn. 24) und - in eng begrenzten Ausnahmefällen - auf Herausgabe nach § 985 BGB (Senat, Urteil vom 16. März 2007 - V ZR 190/06, NJW 2007, 2183) sowie auf Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB (Senat, Urteil vom 30. April 1993 - V ZR 234/91, BGHZ 122, 308, 314).
18
b) Das Berufungsgericht lässt dahinstehen, ob die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung bereits erfüllt waren, als das Grundstück noch Er. G. gehörte. Daran fehlt es indessen. Dass Er. G. gegen die von ihm gestattete Nutzung seines Grundstücks nichts unternahm , führte nicht zu einer Verwirkung seiner Rechte aus dem Eigentum.
19
aa) Die Verwirkung schließt die illoyal verspätete Geltendmachung eines Rechts aus (Senat, Urteil vom 16. März 2007 - V ZR 190/06, NJW 2007, 2183 Rn. 8). Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (Senat, Urteil vom 30. April 1993 - V ZR 234/91, BGHZ 122, 308, 315; Urteil vom 21. Oktober 2005 - V ZR 169/04, NJW-RR 2006, 235 Rn. 10 jeweils mwN).
20
bb) Der Eigentümer verwirkt seine Ansprüche aus dem Eigentum nicht, wenn er Störungen gegenüber so lange untätig bleibt, wie sie sich ihm gegenüber als rechtmäßig darstellen. So verhält es sich hier, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Stromleitungen zum Anschluss der Grundstücke der Nachbarn mit Zustimmung des Veräußerers Er. G. durch das Grundstück der Klägerin verlegt wurden. Ob die Zustimmung vonEr. G. auf einer aus Gefälligkeit erteilten, jederzeit widerruflichen Gestattung (zu dieser : OLG Brandenburg, Urteil vom 9. Februar 2012 - 5 U 29/11, juris Rn. 32) oder auf einem zwischen ihm und seinen Nachbarn abgeschlossenen Vertrag (Leihvertrag: BGH, Urteil vom 4. Oktober 1979 - III ZR 28/78, WM 1980, 118, 119; Urteil vom 17. März 1994 - III ZR 10/93, BGHZ 125, 293, 298; OLG Köln, OLGR 2003, 41, 44 oder Duldungsvereinbarung: Senat, Urteil vom 14. Juli 1997 - V ZR 405/96, NJW 1997, 3022, 3023; Urteil vom 24. Januar 2003 - V ZR 175/02, NJW-RR 2003, 953, 954) beruhte, kann dahinstehen.
21
(1) Für den hier interessierenden Aspekt der Verwirkung der Rechte aus dem Eigentum ist entscheidend, dass die jahrzehntelange Nutzung des Grundstücks durch die Beklagten mit Erlaubnis des Eigentümers erfolgte. Hierdurch verlor dieser nicht das Recht, die Gestattung zu widerrufen und anschließend seine Ansprüche aus § 1004 BGB geltend zu machen. Andernfalls müsste ein Grundstückseigentümer, schon um einen Rechtsverlust durch Verwirkung zu vermeiden, nach einer gewissen Zeitspanne gegen den Nachbarn vorgehen, auch wenn im Übrigen kein Anlass zum Widerruf der Gestattung oder zur Kündigung eines Leih- oder Duldungsvertrages besteht. Zugleich darf sich derjenige , der ein Nachbargrundstück nutzt, nicht darauf einrichten, dass der Eigentümer , der diese Nutzung über einen langen Zeitraum gestattet hat, auch künftig auf die Geltendmachung seiner Eigentumsrechte verzichtet. Vielmehr muss er damit rechnen, dass seine (bloß schuldrechtliche) Nutzungsbefugnis enden kann und der Eigentümer dann die Unterlassung bzw. Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen wird.
22
(2) Die Rechtslage stellt sich nicht anders dar, wenn der Eigentümer der Verlegung von Leitungen zugestimmt hat, die ihrer Natur nach darauf angelegt sind, nicht vor dem Wegfall ihres Zwecks (hier den Anschluss eines Hauses an das öffentliche Netz herzustellen) entfernt zu werden. Der von der Revision in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Gesichtspunkt mag zwar dazu führen , dass Verträge über die Verlegung solcher Leitungen - sofern nicht etwas anderes vereinbart wird - nicht frei widerruflich sind, sondern von dem Eigentümer nur nach § 605 Nr. 1 BGB wegen eines nicht vorhergesehenen Eigenbedarfs oder nach der allgemeinen Kündigungsvorschrift für Dauerschuldverhältnisse in § 314 Abs. 1 BGB aus wichtigem Grund gekündigt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 1994 - III ZR 10/93, BGHZ 125, 293, 300; Schapp, NJW 1976, 1092, 1093; Staudinger/Gursky, BGB [2005], § 1004 Rn. 194). Das ändert aber nichts daran, dass auch bei diesen Leitungen die Befugnis zur Nut- zung des Grundstücks auf einem Vertrag mit dem Eigentümer beruht und mit dem Ende des Vertragsverhältnisses erlischt und dem Eigentümer danach die Ansprüche aus § 1004 BGB zustehen.
23
cc) Offen bleiben kann, ob die Entfernung für den Nachbarn wichtiger Hausanschlussleitungen durch den (schuldrechtlich nicht mehr zur Duldung verpflichteten ) Eigentümer sich unter besonderen Umständen als eine mit Treu und Glauben (§ 242) unvereinbare unzulässige Rechtsausübung darstellen kann (vgl. Senat, Urteil vom 8. Februar 2013 - V ZR 56/12, NJW-RR 2013, 650). Denn solche Umstände sind hier nicht ersichtlich.
24
c) Eine Verwirkung der Eigentümerrechte während der Besitzzeit der Klägerin, die alsbald nach dem Erwerb von den Beklagten die Beseitigung der Leitungen verlangt hat, schließt das Berufungsgericht zu Recht aus. Die Revision erhebt insoweit auch keine Einwendungen.

III.

25
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann Czub RiBGH Dr. Roth ist infolge Krankheit an der Unterschrift gehindert. Karlsruhe, den 4. Juni 2014 Die Vorsitzende Stresemann Brückner Kazele

Vorinstanzen:
AG Bad Dürkheim, Entscheidung vom 27.03.2012 - 1 C 604/11 -
LG Frankenthal, Entscheidung vom 29.05.2013 - 2 S 161/12 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 16. Mai 2014 - V ZR 181/13

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 16. Mai 2014 - V ZR 181/13

Anwälte

1 relevante Anwälte

1 Anwälte, die Artikel geschrieben haben, die diesen Urteil erwähnen

Rechtsanwalt

für Familien- und Erbrecht


Familienrecht, Erbrecht, Ehescheidung - Streifler & Kollegen
EnglischDeutsch

Referenzen - Veröffentlichungen

2 Veröffentlichung(en) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 16. Mai 2014 - V ZR 181/13.

Nachbarrecht: Zum Gestattungswiderruf trotz Duldung

03.09.2014

Ein Eigentümer, der die Inanspruchnahme seines Grundstücks durch einen Nachbarn jahrzehntelang gestattet hat, verliert hierdurch nicht das Recht, die Gestattung zu widerrufen.
Nachbarrecht
1 Artikel zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 16. Mai 2014 - V ZR 181/13.

Nachbarrecht: Zum Gestattungswiderruf trotz Duldung

03.09.2014

Ein Eigentümer, der die Inanspruchnahme seines Grundstücks durch einen Nachbarn jahrzehntelang gestattet hat, verliert hierdurch nicht das Recht, die Gestattung zu widerrufen.
Nachbarrecht

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der
Bundesgerichtshof Urteil, 16. Mai 2014 - V ZR 181/13 zitiert 20 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 314 Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund


(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 985 Herausgabeanspruch


Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 328 Vertrag zugunsten Dritter


(1) Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern. (2) In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 566 Kauf bricht nicht Miete


(1) Wird der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte un

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 903 Befugnisse des Eigentümers


Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die be

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 894 Berichtigung des Grundbuchs


Steht der Inhalt des Grundbuchs in Ansehung eines Rechts an dem Grundstück, eines Rechts an einem solchen Recht oder einer Verfügungsbeschränkung der in § 892 Abs. 1 bezeichneten Art mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklang, so kann derjenige,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 415 Vertrag zwischen Schuldner und Übernehmer


(1) Wird die Schuldübernahme von dem Dritten mit dem Schuldner vereinbart, so hängt ihre Wirksamkeit von der Genehmigung des Gläubigers ab. Die Genehmigung kann erst erfolgen, wenn der Schuldner oder der Dritte dem Gläubiger die Schuldübernahme mitge

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 581 Vertragstypische Pflichten beim Pachtvertrag


(1) Durch den Pachtvertrag wird der Verpächter verpflichtet, dem Pächter den Gebrauch des verpachteten Gegenstands und den Genuss der Früchte, soweit sie nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft als Ertrag anzusehen sind, während der Pachtzei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 578 Mietverhältnisse über Grundstücke und Räume


(1) Auf Mietverhältnisse über Grundstücke sind die Vorschriften der §§ 550, 554, 562 bis 562d, 566 bis 567b sowie 570 entsprechend anzuwenden. (2) Auf Mietverhältnisse über Räume, die keine Wohnräume sind, sind die in Absatz 1 genannten Vorschrif

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1090 Gesetzlicher Inhalt der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit


(1) Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, das Grundstück in einzelnen Beziehungen zu benutzen, oder dass ihm eine sonstige Befugnis zusteht, die den Inhalt einer Gru

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 442 Kenntnis des Käufers


(1) Die Rechte des Käufers wegen eines Mangels sind ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Ist dem Käufer ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann der Käufer Rechte wegen dieses Mangels nur geltend mac

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1018 Gesetzlicher Inhalt der Grunddienstbarkeit


Ein Grundstück kann zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks in der Weise belastet werden, dass dieser das Grundstück in einzelnen Beziehungen benutzen darf oder dass auf dem Grundstück gewisse Handlungen nicht vorgenommen werde

Niederspannungsanschlussverordnung - NAV | § 12 Grundstücksbenutzung


(1) Anschlussnehmer, die Grundstückseigentümer sind, haben für Zwecke der örtlichen Versorgung (Niederspannungs- und Mittelspannungsnetz) das Anbringen und Verlegen von Leitungen zur Zu- und Fortleitung von Elektrizität über ihre im Gebiet des Elektr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 605 Kündigungsrecht


Der Verleiher kann die Leihe kündigen:1.wenn er infolge eines nicht vorhergesehenen Umstandes der verliehenen Sache bedarf,2.wenn der Entleiher einen vertragswidrigen Gebrauch von der Sache macht, insbesondere unbefugt den Gebrauch einem Dritten über

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 593b Veräußerung oder Belastung des verpachteten Grundstücks


Wird das verpachtete Grundstück veräußert oder mit dem Recht eines Dritten belastet, so gelten die §§ 566 bis 567b entsprechend.

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Mai 2014 - V ZR 181/13 zitiert oder wird zitiert von 21 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Mai 2014 - V ZR 181/13 zitiert 10 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Mai 2004 - V ZR 120/03

bei uns veröffentlicht am 14.05.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 120/03 Verkündet am: 14. Mai 2004 K a n i k, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Okt. 2010 - V ZR 43/10

bei uns veröffentlicht am 22.10.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 43/10 Verkündet am: 22. Oktober 2010 Lesniak, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Feb. 2008 - V ZR 31/07

bei uns veröffentlicht am 29.02.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 31/07 Verkündet am: 29. Februar 2008 Lesniak Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 16. März 2007 - V ZR 190/06

bei uns veröffentlicht am 16.03.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 190/06 Verkündet am: 16. März 2007 Langendörfer-Kunz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. März 2010 - V ZB 130/09

bei uns veröffentlicht am 04.03.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 130/09 vom 4. März 2010 in der Wohnungseigentumssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 1004 Abs. 1 Auch der Zustandsstörer kann zur Beseitigung einer Störung (und nicht bloß zur Duldung

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Okt. 2005 - V ZR 169/04

bei uns veröffentlicht am 21.10.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 169/04 Verkündet am: 21. Oktober 2005 Wilms Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Feb. 2013 - V ZR 56/12

bei uns veröffentlicht am 08.02.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 56/12 Verkündet am: 8. Februar 2013 Mayer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Jan. 2011 - V ZR 147/10

bei uns veröffentlicht am 28.01.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 147/10 Verkündet am: 28. Januar 2011 Langendörfer-Kunz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Jan. 2011 - V ZR 141/10

bei uns veröffentlicht am 28.01.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 141/10 Verkündet am: 28. Januar 2011 Langendörfer-Kunz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Jan. 2003 - V ZR 175/02

bei uns veröffentlicht am 24.01.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 175/02 Verkündet am: 24. Januar 2003 K a n i k, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshof
11 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 16. Mai 2014 - V ZR 181/13.

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Jan. 2020 - V ZR 155/18

bei uns veröffentlicht am 24.01.2020

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 155/18 Verkündet am: 24. Januar 2020 Rinke Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 917, 1018, 109

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Juli 2019 - V ZR 149/18

bei uns veröffentlicht am 05.07.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 149/18 Verkündet am: 5. Juli 2019 Langendörfer-Kunz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Okt. 2014 - V ZR 289/13

bei uns veröffentlicht am 17.10.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL V ZR 289/13 Verkündet am: 17. Oktober 2014 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bun

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Apr. 2015 - V ZR 138/14

bei uns veröffentlicht am 24.04.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 138/14 Verkündet am: 24. April 2015 Langendörfer-Kunz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 917

Referenzen

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

16
cc) Nichts anderes gilt, wenn die Beseitigung eines Überbaus des Nachbarn Gegenstand des Anspruchs nach § 1004 Abs. 1 BGB ist. Dieser Anspruch des Eigentümers gegen den überbauenden Nachbarn ist - anders als die Revision meint - keine unverzichtbare Voraussetzung für die Verwirklichung des dinglichen Wesengehalts des eingetragenen Eigentumsrechts am überbauten Grundstück. Die Befugnisse des Eigentümers nach § 903 BGB sind nicht ausgeschlossen, wenn der Eigentümer den Anspruch auf Beseitigung des von ihm nicht nach § 912 Abs. 1 BGB zu duldenden Überbaus gegen den überbauenden Nachbarn nach abgelaufener Verjährungsfrist nicht mehr durchzusetzen vermag.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 141/10 Verkündet am:
28. Januar 2011
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
§ 902 Abs. 1 Satz 1 BGB findet auf den Beseitigungsanspruch wegen einer Störung
in der Ausübung des Grundstückseigentums keine Anwendung (Bestätigung u.a. von
Senat, Urteil vom 23. Februar 1973 – V ZR 109/71, BGHZ 60, 235, 238).
Auch nach der Verjährung des Anspruchs aus § 1004 BGB bleibt der von dem Störer
geschaffene Zustand rechtswidrig; er kann von dem Gestörten daher auf eigene Kosten
beseitigt werden.
BGH, Urteil vom 28. Januar 2011 - V ZR 141/10 - OLG München
LG Deggendorf
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Januar 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die
Richterin Dr. Stresemann, die Richter Dr. Czub und Dr. Roth und die Richterin
Dr. Brückner für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 10. Juni 2010 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Deggendorf vom 28. Oktober 2009 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist seit Oktober 1986 Eigentümerin eines bebauten Grundstücks , welches an eine Straße mit erheblichem Gefälle angrenzt. Die Straße wird seit 1986 oder 1987 durch eine von dem beklagten Markt errichtete Mauer aus Stahlbeton abgestützt. Die Mauer wurde mit einer Deckenplatte, die über das Grundstück der Klägerin verläuft, mit dem Wohngebäude der Klägerin verbunden. Ferner ist auf der Stützmauer ein Geländer errichtet und in die Außenmauer des Gebäudes eingeputzt worden.
2
Die Klägerin macht geltend, durch die Deckenplatte würden erhebliche statische Kräfte auf ihr Gebäude geleitet, was zu Rissen und Schäden führe. Sie verlangt von der Beklagten die Beseitigung der auf ihrem Grundstück befindlichen Deckenplatte sowie eine Gestaltung der Stützmauer derart, dass von dieser keine statischen Kräfte auf ihr Grundstück einwirkten und das Geländer nicht mehr in ihrem Haus verankert sei. Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, möchte der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht meint, der Beklagte sei nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB verpflichtet, die Stützmauer so umzubauen, dass das Eigentum der Klägerin nicht beeinträchtigt werde. Es gebe keinen Rechtsgrund, der die Klägerin verpflichte, den derzeitigen Zustand zu dulden. Der Beseitigungsanspruch unterliege nach § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht der Verjährung. Die gegenteilige Auffassung des Bundesgerichtshofs überzeuge nicht.

II.

5
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der von der Klägerin geltend gemachte Beseitigungsanspruch ist verjährt.
6
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs findet die Vorschrift des § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach Ansprüche aus eingetragenen Rechten nicht der Verjährung unterliegen, auf den Beseitigungsanspruch des § 1004 BGB keine Anwendung; dieser verjährt daher innerhalb der regulären Frist (Senat, Urteil vom 23. Februar 1973 - V ZR 109/71, BGHZ 60, 235, 238; Urteil vom 8. Juni 1979 - V ZR 46/78, LM § 1004 BGB Nr. 156; Urteil vom 22. Juni 1990 - V ZR 3/89, NJW 1990, 2555, 2556 [insoweit in BGHZ 112, 1 nicht abgedruckt]; BGH, Urteil vom 1. Februar 1994 - VI ZR 229/92, BGHZ 125, 56, 63; Senat, Urteil vom 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03, NJW 2004, 1035, 1036; Urteil vom 16. März 2007 - V ZR 190/06, NJW 2007, 2183 Rn. 14; ebenso : OLG Celle, NJW-RR 2007, 234, 235; Bamberger/Roth/Fritzsche, BGB, 2. Aufl., § 1004 Rn. 112; Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 1004 Rn. 45).
7
An dieser Auffassung ist trotz der gegen sie erhobenen Kritik festzuhalten (vgl. LG Tübingen NJW-RR 1990, 338; Staudinger/Gursky, BGB [2008], § 902 Rn. 9; ders., BGB [2006], § 1004 Rn. 201; MünchKomm-BGB/Kohler, 5. Aufl., § 902 Rn. 5; MünchKomm-BGB/Baldus, 5. Aufl., § 1004 Rn. 121; Jauernig , BGB, 13. Aufl., § 902 Rn. 1; Toussaint in jurisPK-BGB, 4. Aufl., § 902 Rn. 14; Wilhelm, Sachenrecht, 4. Aufl., Rn. 1180; Picker, JuS 1974, 357, 358; Baur, JZ 1973, 560; Volmer, ZfIR 1999, 86, 87 f.). Richtig an der Kritik ist allerdings , dass die Anwendbarkeit von § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht davon abhängen kann, ob sich der jeweilige Anspruch aus dem Inhalt des Grundbuchs ergibt (so noch Senat, Urteil vom 23. Februar 1973 - V ZR 109/71, BGHZ 60, 235, 239). Denn das Grundbuch verlautbart nur das dingliche Stammrecht, nicht dagegen die aus diesem Recht folgenden Ansprüche (vgl. Staudinger /Gursky, BGB [2005], § 1004 Rn. 201; Baur, JZ 1973, 560). Auch der Herausgabeanspruch des Grundstückseigentümers nach § 985 BGB, für den § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB nach allgemeiner Meinung gilt (Senat, Urteil vom 16. März 2007 - V ZR 190/06, NJW 2007, 2183 Rn. 7), lässt sich nicht aus dem Grund- buch ersehen; aus diesem ergibt sich nämlich nicht, wer Besitzer des Grundstücks ist und ob ein den Anspruch hinderndes Recht zum Besitz nach § 986 BGB besteht.
8
Maßgeblicher Gesichtspunkt für die Anwendung oder Nichtanwendung der Vorschrift des § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB ist vielmehr deren Zweck, den Bestand der im Grundbuch eingetragenen Rechte dauerhaft zu sichern (MünchKomm -BGB/Baldus, 5. Aufl., § 1004 Rn. 121; Staudinger/Gursky, BGB [2008], § 902 Rn. 1). Unverjährbar sind deshalb alle Ansprüche, die der Verwirklichung des eingetragenen Rechts selbst dienen und sicherstellen, dass die Grundbucheintragung nicht zu einer bloßen rechtlichen Hülse wird. Geht es dagegen nur um eine Störung in der Ausübung des Rechts, welche die dem Grundstückseigentümer zustehende Rechtsmacht (§ 903 BGB) unberührt lässt, steht der Schutzzweck des § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB der Möglichkeit der Verjährung eines auf Beseitigung der Störung gerichteten Anspruchs nicht entgegen (Senat , Urteil vom 22. Oktober 2010 - V ZR 43/10, NJW 2011, 518 Rn. 21).
9
Letzteres trifft ohne weiteres auf Störungen zu, deren Quelle sich - wie hier - auf dem Grundstück des gestörten Eigentümers befinden, und die deshalb von diesem im Rahmen seiner aus § 903 BGB folgenden Rechtsmacht beseitigt werden können. Denn der von dem Störer geschaffene Zustand bleibt auch nach der Verjährung des Anspruchs aus § 1004 BGB rechtswidrig, muss also von dem Eigentümer nicht geduldet werden. Sind auf dem Grundstück beispielsweise fremde Leitungen verlegt, deren Beseitigung der Eigentümer nach § 1004 BGB verlangen konnte, entsteht nach Verjährung des Anspruchs nicht etwa ein Recht des Störers, die Leitungen auf dem Grundstück zu halten (verkannt von Vollmer, ZfIR 1999, 86, 88). Der Eigentümer ist vielmehr berechtigt, diese von seinem Grundstück zu entfernen; einen damit verbundenen Eingriff in seine Sachen muss der Störer dulden. Die Verjährung des Anspruchs aus § 1004 BGB hat lediglich zur Folge, dass der Grundstückseigentümer die Störung auf eigene Kosten beseitigen muss. Die Gefahr, dass das eingetragene Recht infolge der Verjährung des Beseitigungsanspruchs „inhaltslos“ (so Picker, JuS 1974, 357, 358) oder ein „Rechtskrüppel“ (vgl. Staudinger/Gursky, BGB [2008], § 902 Rn. 1) wird, besteht daher nicht; ebensowenig wird das Grundstückseigentum faktisch mit einer aus dem Grundbuch nicht ersichtlichen Duldungsdienstbarkeit belastet (so aber Baur, JZ 1973, 560, 561).
10
2. So liegt es auch hier. Der gegen den Beklagten ursprünglich bestehende Beseitigungsanspruch diente nicht der Verwirklichung des Eigentumsrechts der Klägerin, sondern betraf eine bloße Störung in der Ausübung dieses Rechts. Die Klägerin ist ungeachtet der Verjährung des Beseitigungsanspruchs berechtigt, die auf ihr Grundstück ragende Deckenplatte zu entfernen und die Verankerung des Geländers in der Außenwand ihres Gebäudes zu lösen (wegen der damit verbundenen Folgen für die Statik der Stützmauer allerdings nur nach entsprechender Ankündigung gegenüber dem Beklagten). Es ist dann Sache des Beklagten, für eine neue, das Eigentum der Klägerin nicht beeinträchtigende Abstützung der Straße zu sorgen.

III.

11
Das angefochtene Urteil kann somit keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen einer Rechtsverletzung bei der Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und weitere tatsächliche Feststellungen nicht in Betracht kommen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Verjährung des Beseitigungsanspruchs ist, nachdem die reguläre Verjährungsfrist durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz auf drei Jahre verkürzt wurde (§ 195 BGB), unter Berücksichtigung der Übergangsvorschrift in Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB mit Ablauf des 31. Dezember 2004 und damit vor Erhebung der Klage eingetreten. Dies führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

IV.

12
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Stresemann Czub
Brückner Roth
Vorinstanzen:
LG Deggendorf, Entscheidung vom 28.10.2009 - 2 O 625/07 -
OLG München, Entscheidung vom 10.06.2010 - 8 U 5370/09 -
16
cc) Nichts anderes gilt, wenn die Beseitigung eines Überbaus des Nachbarn Gegenstand des Anspruchs nach § 1004 Abs. 1 BGB ist. Dieser Anspruch des Eigentümers gegen den überbauenden Nachbarn ist - anders als die Revision meint - keine unverzichtbare Voraussetzung für die Verwirklichung des dinglichen Wesengehalts des eingetragenen Eigentumsrechts am überbauten Grundstück. Die Befugnisse des Eigentümers nach § 903 BGB sind nicht ausgeschlossen, wenn der Eigentümer den Anspruch auf Beseitigung des von ihm nicht nach § 912 Abs. 1 BGB zu duldenden Überbaus gegen den überbauenden Nachbarn nach abgelaufener Verjährungsfrist nicht mehr durchzusetzen vermag.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Anschlussnehmer, die Grundstückseigentümer sind, haben für Zwecke der örtlichen Versorgung (Niederspannungs- und Mittelspannungsnetz) das Anbringen und Verlegen von Leitungen zur Zu- und Fortleitung von Elektrizität über ihre im Gebiet des Elektrizitätsversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung liegenden Grundstücke, ferner das Anbringen von Leitungsträgern und sonstigen Einrichtungen sowie erforderliche Schutzmaßnahmen unentgeltlich zuzulassen. Diese Pflicht betrifft nur Grundstücke,

1.
die an das Elektrizitätsversorgungsnetz angeschlossen sind,
2.
die vom Eigentümer in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einem an das Netz angeschlossenen Grundstück genutzt werden oder
3.
für die die Möglichkeit des Netzanschlusses sonst wirtschaftlich vorteilhaft ist.
Sie besteht nicht, wenn die Inanspruchnahme der Grundstücke den Eigentümer mehr als notwendig oder in unzumutbarer Weise belasten würde; insbesondere ist die Inanspruchnahme des Grundstücks zwecks Anschlusses eines anderen Grundstücks an das Elektrizitätsversorgungsnetz grundsätzlich verwehrt, wenn der Anschluss über das eigene Grundstück des anderen Anschlussnehmers möglich und dem Netzbetreiber zumutbar ist.

(2) Der Anschlussnehmer ist rechtzeitig über Art und Umfang der beabsichtigten Inanspruchnahme des Grundstücks zu benachrichtigen.

(3) Der Grundstückseigentümer kann die Verlegung der Einrichtungen verlangen, wenn sie an der bisherigen Stelle für ihn nicht mehr zumutbar sind. Die Kosten der Verlegung hat der Netzbetreiber zu tragen; dies gilt nicht, soweit die Einrichtungen ausschließlich dem Anschluss des Grundstücks dienen.

(4) Wird die Anschlussnutzung eingestellt, so hat der Eigentümer die auf seinen Grundstücken befindlichen Einrichtungen noch drei Jahre unentgeltlich zu dulden, es sei denn, dass ihm dies nicht zugemutet werden kann.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten nicht für öffentliche Verkehrswege und Verkehrsflächen sowie für Grundstücke, die durch Planfeststellung für den Bau von öffentlichen Verkehrswegen und Verkehrsflächen bestimmt sind.

Ein Grundstück kann zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks in der Weise belastet werden, dass dieser das Grundstück in einzelnen Beziehungen benutzen darf oder dass auf dem Grundstück gewisse Handlungen nicht vorgenommen werden dürfen oder dass die Ausübung eines Rechts ausgeschlossen ist, das sich aus dem Eigentum an dem belasteten Grundstück dem anderen Grundstück gegenüber ergibt (Grunddienstbarkeit).

(1) Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, das Grundstück in einzelnen Beziehungen zu benutzen, oder dass ihm eine sonstige Befugnis zusteht, die den Inhalt einer Grunddienstbarkeit bilden kann (beschränkte persönliche Dienstbarkeit).

(2) Die Vorschriften der §§ 1020 bis 1024, 1026 bis 1029, 1061 finden entsprechende Anwendung.

7
Rechtsfehlerhaft ist aber die Auffassung des Berufungsgerichts, der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB sei ausgeschlossen, weil die frühere Eigentümerin des Grundstücks der Kläger damit einverstanden war, dass die Privatstraße unmittelbar an die Gartenmauer herangebaut wurde. Gestattet der Eigentümer einen bestimmten Störungszustand, bindet dies seinen Einzelrechtsnachfolger grundsätzlich nicht (Senat, BGHZ 66, 37, 39; BGHZ 60, 119, 122; Palandt/Bassenge, BGB, 67. Aufl., § 1004, Rdn. 36; MünchKomm-BGB/ Medicus, 4. Aufl., § 1004 Rdn. 65 f.; Staudinger/Gursky, BGB [2006], § 1004 Rdn. 198 m.w.N.). Denn hierbei handelt es sich – wenn eine dingliche Belastung des Grundstücks unterbleibt – um eine schuldrechtlich vereinbarte, also lediglich zwischen den Beteiligten wirkende, Duldungspflicht oder sogar nur um eine gefälligkeitshalber erteilte, je nach den Umständen widerrufliche Erlaubnis.

(1) Wird der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein.

(2) Erfüllt der Erwerber die Pflichten nicht, so haftet der Vermieter für den von dem Erwerber zu ersetzenden Schaden wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Erlangt der Mieter von dem Übergang des Eigentums durch Mitteilung des Vermieters Kenntnis, so wird der Vermieter von der Haftung befreit, wenn nicht der Mieter das Mietverhältnis zum ersten Termin kündigt, zu dem die Kündigung zulässig ist.

(1) Auf Mietverhältnisse über Grundstücke sind die Vorschriften der §§ 550, 554, 562 bis 562d, 566 bis 567b sowie 570 entsprechend anzuwenden.

(2) Auf Mietverhältnisse über Räume, die keine Wohnräume sind, sind die in Absatz 1 genannten Vorschriften sowie § 552 Abs. 1, § 555a Absatz 1 bis 3, §§ 555b, 555c Absatz 1 bis 4, § 555d Absatz 1 bis 6, § 555e Absatz 1 und 2, § 555f und § 569 Abs. 2 entsprechend anzuwenden. § 556c Absatz 1 und 2 sowie die auf Grund des § 556c Absatz 3 erlassene Rechtsverordnung sind entsprechend anzuwenden, abweichende Vereinbarungen sind zulässig. Sind die Räume zum Aufenthalt von Menschen bestimmt, so gilt außerdem § 569 Abs. 1 entsprechend.

(3) Auf Verträge über die Anmietung von Räumen durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder einen anerkannten privaten Träger der Wohlfahrtspflege, die geschlossen werden, um die Räume Personen mit dringendem Wohnungsbedarf zum Wohnen zu überlassen, sind die in den Absätzen 1 und 2 genannten Vorschriften sowie die §§ 557, 557a Absatz 1 bis 3 und 5, § 557b Absatz 1 bis 3 und 5, die §§ 558 bis 559d, 561, 568 Absatz 1, § 569 Absatz 3 bis 5, die §§ 573 bis 573d, 575, 575a Absatz 1, 3 und 4, die §§ 577 und 577a entsprechend anzuwenden. Solche Verträge können zusätzlich zu den in § 575 Absatz 1 Satz 1 genannten Gründen auch dann auf bestimmte Zeit geschlossen werden, wenn der Vermieter die Räume nach Ablauf der Mietzeit für ihm obliegende oder ihm übertragene öffentliche Aufgaben nutzen will.

(1) Durch den Pachtvertrag wird der Verpächter verpflichtet, dem Pächter den Gebrauch des verpachteten Gegenstands und den Genuss der Früchte, soweit sie nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft als Ertrag anzusehen sind, während der Pachtzeit zu gewähren. Der Pächter ist verpflichtet, dem Verpächter die vereinbarte Pacht zu entrichten.

(2) Auf den Pachtvertrag mit Ausnahme des Landpachtvertrags sind, soweit sich nicht aus den §§ 582 bis 584b etwas anderes ergibt, die Vorschriften über den Mietvertrag entsprechend anzuwenden.

Wird das verpachtete Grundstück veräußert oder mit dem Recht eines Dritten belastet, so gelten die §§ 566 bis 567b entsprechend.

(1) Wird die Schuldübernahme von dem Dritten mit dem Schuldner vereinbart, so hängt ihre Wirksamkeit von der Genehmigung des Gläubigers ab. Die Genehmigung kann erst erfolgen, wenn der Schuldner oder der Dritte dem Gläubiger die Schuldübernahme mitgeteilt hat. Bis zur Genehmigung können die Parteien den Vertrag ändern oder aufheben.

(2) Wird die Genehmigung verweigert, so gilt die Schuldübernahme als nicht erfolgt. Fordert der Schuldner oder der Dritte den Gläubiger unter Bestimmung einer Frist zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Genehmigung nur bis zum Ablauf der Frist erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.

(3) Solange nicht der Gläubiger die Genehmigung erteilt hat, ist im Zweifel der Übernehmer dem Schuldner gegenüber verpflichtet, den Gläubiger rechtzeitig zu befriedigen. Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger die Genehmigung verweigert.

(1) Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern.

(2) In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des Vertrags, zu entnehmen, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern.

7
Rechtsfehlerhaft ist aber die Auffassung des Berufungsgerichts, der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB sei ausgeschlossen, weil die frühere Eigentümerin des Grundstücks der Kläger damit einverstanden war, dass die Privatstraße unmittelbar an die Gartenmauer herangebaut wurde. Gestattet der Eigentümer einen bestimmten Störungszustand, bindet dies seinen Einzelrechtsnachfolger grundsätzlich nicht (Senat, BGHZ 66, 37, 39; BGHZ 60, 119, 122; Palandt/Bassenge, BGB, 67. Aufl., § 1004, Rdn. 36; MünchKomm-BGB/ Medicus, 4. Aufl., § 1004 Rdn. 65 f.; Staudinger/Gursky, BGB [2006], § 1004 Rdn. 198 m.w.N.). Denn hierbei handelt es sich – wenn eine dingliche Belastung des Grundstücks unterbleibt – um eine schuldrechtlich vereinbarte, also lediglich zwischen den Beteiligten wirkende, Duldungspflicht oder sogar nur um eine gefälligkeitshalber erteilte, je nach den Umständen widerrufliche Erlaubnis.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 120/03 Verkündet am:
14. Mai 2004
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 166, 276 Fa, 281, 463 Satz 2 a.F.

a) Beauftragt der Verkäufer einen Makler mit den Vertragsverhandlungen, ist es ihm
als eigenes Verschulden gegenüber dem Käufer anzurechnen, wenn er den Makler
nicht über die Umstände informiert, die dem Käufer zu offenbaren sind.

b) Dem Verkäufer ist das Wissen seines Vertreters, der in seinem Namen den Makler
mit den Kaufverhandlungen beauftragt, im Verhältnis zu dem Käufer nicht zuzurechnen
; anderes gilt, wenn der Vertreter die Angelegenheiten des Verkäufers,
sei es allgemein, sei es für den Verkaufsfall, in eigener Verantwortlichkeit zu erledigen
und die dabei erlangten Informationen zur Kenntnis zu nehmen und weiterzugeben
hat.

c) Dem Käufer, der die Einbuße aus einem Weiterverkauf als Schadensersatz statt
der Leistung wegen Verschweigens eines Fehlers geltend macht, kann nicht ent-
gegengehalten werden, der Fehler sei für den Weiterverkauf nicht ursächlich gewesen.
BGH, Urt. v. 14. Mai 2004 - V ZR 120/03 - OLG Oldenburg
LG Osnabrück
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Mai 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Lemke, Dr. Gaier und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 10. März 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 9. September 2000 kaufte n die Kläger von dem verstorbenen Ehemann der Beklagten (Erblasser) ein Hausgrundstück. Der Kaufvertrag wurde von einem Makler im Namen des Erblassers abgeschlossen und von diesem genehmigt. Der Makler war von dem Sohn des Erblassers (und der Beklagten) aufgrund einer von diesem erteilten Vollmacht beauftragt worden. Die Kläger haben mit der Behauptung, der Verkäufer habe ihnen einen Holzbockbefall des Hauses verschwiegen, Schadensersatz verlangt und zwar die Zurückzahlung des Kaufpreises von 270.000 DM Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübertragung des Grundstücks sowie (u.a.) die Feststellung beantragt, daß die Beklagte verpflichtet ist, die Kosten der Rück-
übertragung zu tragen (bzw. die Kläger hiervon freizustellen) und eine Vorfälligkeitsentschädigung aus der Kaufpreisfinanzierung zu erstatten. Die Klage ist vor dem Landgericht ohne Erfolg geblieben. Im Berufungsrechtszug haben die Kläger, nachdem sie das Grundstück an Dritte verkauft hatten, Zahlung von 66.467,94 € (=130.000 DM) verlangt. Der Schadensbetrag setzt sich, unter Abzug des Wertes der Nutzung des Hauses, zusammen aus der Kaufpreisdifferenz von 60.000 DM, Vertrags- und Vollzugskosten, Grunderwerbssteuer, Maklergebühr , Umzugskosten und Abstandssumme an den bisherigen Mieter, insgesamt 30.596,95 DM, Kosten für neue Möbel und Arbeiten an dem Haus in Höhe von 20.653,24 DM sowie einem Zinsschaden von 28.066,67 DM. Die Kläger haben behauptet, der Verkäufer sei geschäftsunfähig gewesen und sie hätten den Kauf wegen Täuschung über den Holzbockbefall angefochten. Das Oberlandesgericht hat die Beklagte unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags zur Zahlung von 7.669,37 € nebst Zinsen verurteilt.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Klä ger den Berufungsantrag , soweit er erfolglos geblieben ist, weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Kläger a us § 463 Satz 2 BGB a.F. Der Sohn des Erblassers, der für diesen "die Kaufvertragsverhandlungen geführt und dazu den Makler unterrichtet" habe, habe es unterlassen , den Makler darauf hinzuweisen, daß die Dachsparren mit Holzbock befal-
len sein könnten. Dem Sohn sei bekannt gewesen, daß die Stufe einer zum Dachboden führenden Treppe wegen Holzbockbefalls eingebrochen gewesen sei; nach seiner Aussage als Zeuge seien auch die Sparren des Dachgeschosses mit einem Holzschutzmittel behandelt worden. Selbst wenn sich daraus nicht die Kenntnis des Holzbockbefalls ergebe, so sei dem Sohn doch die Gefahr eines solchen Befalls bekannt gewesen. Hiervon hätte er den Makler, der "im Namen des Ehemanns der Beklagten die Kaufverhandlungen mit den Klägern geführt habe", unterrichten müssen. Die Kläger könnten Ersatz der zur Beseitigung des Holzbockbefalls erforderlichen Aufwendungen verlangen, die nach einem eingeholten Sachverständigengutachten 7.699,73 € (15.000 DM) betrügen. Ersatz weiterer Schäden stehe den Klägern nicht zu, denn sie seien nicht durch die Täuschung verursacht. Das Berufungsgericht sei nicht davon überzeugt, daß der Holzbockbefall ursächlich für den Weiterverkauf des Hauses und die Rückkehr der Kläger in ihre alte Wohnung gewesen sei. Angesichts der Schadenshöhe von 15.000 DM widerspreche dies der Vernunft. Eine akute Gefahr für den Bestand des Hauses habe nicht bestanden. Die Behauptung der Beklagten, die Kläger hätten sich von Kaufreue leiten lassen, sei viel naheliegender.
Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

II.


Zu Recht rügt die Revision, daß das Berufungsgericht den Vortrag der Kläger, sie hätten den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten, unberücksichtigt gelassen hat (§ 537 ZPO a.F.). Die Kläger hatten die Anträge in ihrer ursprünglichen Fassung und nach der Weiterveräußerung des Grund-
stücks den verbliebenen Zahlungsantrag über 130.000 DM zwar auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung gestützt; dies haben sie in der Verhandlung vom 27. Mai 2002 ausdrücklich zu Protokoll gegeben und, nachdem das Berufungsgericht den reduzierten Antrag am 12. August 2002 unter dem Gesichtspunkt des "kleinen Schadensersatzes" gewürdigt hatte, nicht in Frage gestellt. Mit dem die Schlußverhandlung vorbereitenden Schriftsatz vom 28. Januar 2003 haben die Kläger aber erstmals (in eindeutiger Weise) die Behauptung aufgestellt, sie hätten den Kauf angefochten. Auf der Nichtbeachtung dieses Vortrags beruht das Berufungsurteil, soweit es zum Nachteil der Kläger ergangen ist. Denn der in Frage kommende Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung wäre über den Reparaturaufwand von 7.699,73 €, den das Berufungsgericht unter dem Gesichtspunkt des § 463 Satz 2 BGB a.F. zugesprochen hat, hinausgegangen. In den Bereicherungsausgleich nach Scheitern des gegenseitigen Vertrags wäre jedenfalls der von der Beklagten erlangte Kaufpreis von 270.000 DM eingegangen. Für die Revision ist davon auszugehen, daß er im Wege der Saldierung nicht auf 15.000 DM (7.699,73 €) gekürzt worden wäre.
Das Berufungsgericht wird bei der neuen Verhandlung u nd Entscheidung zu klären haben, in welcher Reihenfolge die Kläger die bei Gültigkeit des Kaufs und bei seiner Ungültigkeit in Frage kommenden Ansprüche zur Entscheidung stellen. Das Verfahrensrecht hindert die Kläger nicht daran, bei der hier in Frage kommenden eventuellen Klagehäufung die verschiedenen Ansprüche auch mit sich gegenseitig widersprechendem Vortrag zu begründen (BGHZ 19, 390; Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 260 Rdn. 4 m.w.N.). Die prozessuale Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO) wird dadurch nicht berührt. Nicht vorzuwerfen ist dem Berufungsgericht dagegen, abweichend von der Revision, daß es sich mit der Behauptung, der Erblasser sei geschäftsunfähig gewesen,
nicht befaßt hat. Diese in der Berufungsbegründung ohne Klarstellung des Verhältnisses zu dem weiter verfolgten vertraglichen Schadensersatzanspruch aufgestellte Behauptung haben die Kläger, wie sich aus dem dargestellten weiteren Verfahrensablauf ergibt, fallen gelassen und auch im Schriftsatz vom 28. Januar 2003 nicht wieder aufgegriffen.

III.


1. Im weiteren Verfahren wird das Berufungsgericht zu beachten haben, daß ein Schadensersatzanspruch nicht nur nach § 463 Satz 2 BGB a.F., sondern , unabhängig davon, ob der Vertrag angefochten wurde, auch ein Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens wegen vorsätzlichen Verschuldens in Frage kommt (Senat, Urt. v. 3. Juli 1992, V ZR 97/91, NJW 1992, 2564). Beide Ansprüche setzen voraus, daß sich der Erblasser das Verschweigen des Fehlers durch dessen Sohn zurechnen lassen muß. Das Berufungsgericht hat dies für den Anspruch aus § 463 Satz 2 BGB a.F. ohne nähere Begründung bejaht. Dies könnte, wie die Beklagte zu Recht rügt (Gegenrüge), keinen Bestand haben.

a) Nach den tatbestandlichen Feststellungen in den Entsch eidungsgründen des Berufungsurteils (BGH, Urt. v. 19. Mai 1998, XI ZR 216/97, BGHR ZPO § 314, Feststellungen 3), der Sohn habe die Verhandlungen mit den Klägern geführt, wäre der Punkt allerdings unproblematisch. Dem Erblasser wäre die Kenntnis des Sohnes als seines Verhandlungsgehilfen zuzurechnen (Senatsurt. v. 8. November 1991, V ZR 260/90, WM 1992, 441). Die Feststellung entfaltet indessen nicht die Beweiskraft des § 314 ZPO, denn sie steht in Wi-
derspruch zu der weiteren Feststellung, die Kaufverhandlungen mit den Klägern habe der Makler im Namen des Erblassers geführt (BGH, Urt. v. 9. Dezember 1987, IVa ZR 155/86, BGHR ZPO § 314, Widersprüchlichkeit 1). Die Revision kann sich deshalb nur auf den allgemein in bezug genommenen tatsächlichen Vortrag der Kläger stützen. Danach wurden die Verhandlungen, wie es auch die Beklagte vorträgt, von dem Makler geführt. Aber auch dieser Sachverhalt rechtfertigt, unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens der Kläger, die Wissenszurechnung. Die Kläger haben vorgetragen, der Erblasser sei aufgrund einer Erkrankung (Parkinson'sche Krankheit) seit längerer Zeit an den Rollstuhl gefesselt gewesen. Der Sohn habe die Regelung aller Angelegenheiten des Erblassers, einschließlich des Grundstücksverkaufs an die Kläger , übernommen gehabt. Der Erblasser selbst habe sich um nichts mehr gekümmert.
War dem so, so sind im Verhältnis des Erblassers zu den Klä gern die Voraussetzungen der Zurechnung des Wissens des Sohnes um den Mangel entsprechend § 166 BGB erfüllt. Die Haftung des Verkäufers nach § 463 Satz 2 BGB a.F. bildet nach der Rechtsprechung des Senats einen auf das Erfüllungsinteresse gerichteten Fall des Verschuldens bei Vertragsschluß (BGHZ 60, 319, 321). Führt der Verkäufer die Vertragsverhandlungen nicht selbst, sondern überläßt sie einem Dritten (hier dem Makler), so haftet er einerseits für Verstöße gegen vorvertragliche Aufklärungspflichten, die sich der Dritte zu Schulden kommen läßt (Senatsurt. v. 8. November 1991, aaO), andererseits ist es ihm aber auch als eigenes Verschulden anzurechnen, wenn er den Dritten nicht über die Umstände informiert, die dem Käufer zu offenbaren sind. Bedient sich der Verkäufer, wie hier, bei der Erteilung des Verkaufsauftrags an den Dritten eines Vertreters (Sohn), so hat er sich dessen Kenntnis im Verhältnis
zum Empfänger der Willenserklärung (Makler) in unmittelbarer Anwendung des § 166 BGB zurechnen zu lassen. Hierauf kommt es aber im Streitfalle nicht an. Die Frage ist, ob sich der Erblasser die Kenntnis des Sohnes im Verhältnis zu den Klägern, denen gegenüber der Sohn keine rechtsgeschäftlichen oder sonstigen Erklärungen abgegeben hat, zurechnen lassen muß. Dies ist der Fall, wenn der Sohn dazu berufen war, im Rechtsverkehr als Repräsentant des Erblassers die anfallenden Aufgaben in eigener Verantwortlichkeit zu erledigen und die dabei erlangten Informationen zur Kenntnis zu nehmen und weiter zu geben. Der Erblasser muß sich dann im Verhältnis zu den Klägern so behandeln lassen, als hätte er selbst den Makler beauftragt und dabei die Information unterlassen. Nach dem Vorbringen der Kläger sind diese Voraussetzungen erfüllt (§ 166 BGB entspr.).
Der Gesichtspunkt der Aufgabenübertragung kommt als Grun dlage der Wissenszurechnung nicht nur dann in Frage, wenn sie für den Einzelfall (BGHZ 83, 293; Senatsurt. v. 8. November 1991, aaO) erfolgt; auch eine allgemeine Aufgabenüberlassung kann Anlaß für die Zurechnung sein. Der Senat hat sich hierauf für die Wissenszurechnung im Bereich öffentlich rechtlicher Organisationen (BGHZ 109, 327: Bürgermeister; BGHZ 117, 104, 106: Gemeindebediensteter unterhalb der Organebene) gestützt. Die Zurechnung kraft allgemeiner Aufgabenübertragung ist aber nicht an das Vorliegen einer Organisation geknüpft. Auch der als Einzelperson ohne, etwa kaufmännische, Organisationspflichten im Rechtsverkehr Auftretende kann zu dessen Schutz gehalten sein, sich das Wissen eines Dritten, der seine Angelegenheiten an seiner Stelle und mit seinem Willen dauernd erledigt, zurechnen zu lassen. So wenig wie in seinem ursprünglichen Anwendungsbereich ist § 166 BGB bei seiner entsprechenden Heranziehung an eine bestimmte Organisation des Ge-
schäftsherrn geknüpft. Der Gesichtspunkt der arbeitsteiligen Organisation als Zurechnungsgrund (BGHZ 132, 30) ergänzt oder ersetzt den Ansatzpunkt der Aufgabenzuweisung für den von ihm erfaßten Bereich (juristische Personen und Organisationen). Außerhalb dieses Bereichs vermag er den Anknüpfungspunkt der eigenverantwortlichen Aufgabenübertragung nicht zu verdrängen.

b) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Zurechnung des Wissens des Sohnes hält indessen der Gegenrüge der Beklagten, dieser habe lediglich den Auftrag gehabt, den Maklervertrag abzuschließen, im übrigen habe der Erblasser seine Angelegenheiten selbst geregelt, nicht stand. Hat sich die Rolle des Sohnes auf die Beauftragung des Maklers beschränkt, so ist sein Wissen dem Erblasser nicht zuzurechnen (vorstehend a).
2. Soweit sich das Berufungsgericht erneut mit dem Anspr uch aus § 463 Satz 2 BGB a.F. zu befassen hat, kann es den über 7.699,73 € hinausgehenden Antrag nicht mit der bisherigen Begründung abweisen. Die Schlüsse, die das Berufungsurteil aus den von ihm angenommenen Motiven des Weiterverkaufs (Kaufreue) zieht, vermögen den Anspruch nicht auf den zugesprochenen Betrag zu begrenzen.

a) Der Schadensersatzanspruch nach § 463 Satz 2 BGB a.F. i st, anders als der daneben bestehende Anspruch auf Ersatz des Vertrauensinteresses wegen Verschuldens bei Vertragsschluß (Senat, Urt. v. 3. Juli 1992, V ZR 97/91, NJW 1992, 2564), nicht darauf gerichtet, den Käufer so zu stellen, wie wenn der Fehler offenbart worden wäre. Der Käufer ist vielmehr so zu behandeln , wie wenn der Fehler nicht vorgelegen hätte. Dem Tatbestand liegt zwar die gesetzliche Vermutung zugrunde, daß die Täuschung für den Vertrags-
schluß ursächlich wurde (Senatsurt. v. 7. Juli 1989, V ZR 21/88, WM 1989, 1735), ist es dem Käufer aber nicht gelungen, diese zu widerlegen, ist der Haftungsumfang mit derjenigen bei Zusicherung (§ 463 Satz 1 BGB) identisch. Denn für den Fall des Verschweigens eines Mangels gilt nach § 463 Satz 2 BGB a.F. "das gleiche".
Der Umfang des Schadensersatzanspruchs der Kläger ist mithi n unabhängig davon, ob das Verschweigen des Fehlers für den Kaufabschluß selbst oder, worauf sich das Berufungsgericht stützt, für deren Entschluß, das Grundstück weiter zu verkaufen, ursächlich war. Maßgeblich ist vielmehr der Ursachenzusammenhang zwischen dem Fehler und den Schadenspositionen, die Gegenstand des Anspruchs sind (für den Fall des § 463 Satz 2 BGB a.F.: Senatsurt. v. 3. März 1995, V ZR 43/94, WM 1995, 849). Er kennzeichnet das Erfüllungsinteresse der Käufer.

b) Die Kläger haben, wie sich aus dem Prozeßverlauf (ob en zu 1) ergibt, nach dem Verkauf des Anwesens den "kleinen Schadensersatz" gewählt. Dies stand ihnen (auch), ohne daß hierzu die Zustimmung der Beklagten nach § 263 ZPO erforderlich gewesen wäre (BGH, Urt. v. 9. Oktober 1991, VIII ZR 88/90, NJW 1992, 566), frei; ob sie, worauf die Revision abhebt, unbeschadet des Weiterverkaufs den durch die Nichterfüllung des ganzen Vertrags entstandenen Schaden ("großer Schadensersatz") hätten geltend machen können , kann dahinstehen. Der Schadensersatzanspruch erfaßt die Kaufpreisdifferenz aus dem Weiterverkauf (60.000 €) und unter dem Gesichtspunkt der Rentabilitätsvermutung (Senat BGHZ 114, 193; 143, 41) die frustrierten Aufwendungen (Verkaufs- und Vollzugskosten, Maklergebühr, Umzugskosten, Abstandszahlung an den Mieter, 30.596,95 DM); das gleiche gilt grundsätzlich für
die durch die Finanzierung des Kaufpreises entstandenen Aufwendungen. Die Kosten für die Anschaffung neuer Möbel und für Arbeiten an dem Haus zählen nicht zu diesem Bereich. Denn sie waren mit dem Erwerb von Besitz und Eigentum an der Kaufsache nicht notwendig verbunden. Sie sind zu den erstattungsfähigen Mangelfolgekosten zu rechnen. Ob der Haftungsgrund hierfür § 463 Satz 2 BGB a.F. oder positive Forderungsverletzung ist, braucht
der Senat nicht zu entscheiden. Die Täuschung begründet den Schadensersatz in dem einen wie dem anderen Falle. Für die den Klägern zugesprochenen Reparaturkosten fehlt es an der prozessualen Grundlage. Der Käufer kann im Falle des § 463 Satz 2 BGB a.F. seinen Schaden zwar auf dieser Grundlage berechnen (Senat BGHZ 108, 156, 160). Er muß dies aber nicht. Die Kläger haben einen anderen Weg gewählt.
Wenzel Tropf Lemke Gaier Schmidt-Räntsch

(1) Die Rechte des Käufers wegen eines Mangels sind ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Ist dem Käufer ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann der Käufer Rechte wegen dieses Mangels nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.

(2) Ein im Grundbuch eingetragenes Recht hat der Verkäufer zu beseitigen, auch wenn es der Käufer kennt.

10
a) Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (ständige Rechtsprechung, siehe nur Senat, BGHZ 122, 308, 315 m.w.N.; BGH, Urt. v. 14. November 2002, VII ZR 23/02, NJW 2003, 824). Die Verwirkung ist somit ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB); sie kann im gesamten Privatrecht eingewendet werden (Senat, BGHZ 122, 308, 314). Verwirkt werden können nur subjektive Rechte, weil nur bei ihnen davon gesprochen werden kann, ihre Ausübung stehe in Widerspruch zu der länger andauernden Nichtausübung, die bei dem Schuldner einen entsprechenden Vertrauenstatbestand begründet hat (BGH, Beschl. v. 1. Juli 1994, BLw 95/93, WM 1994, 1944, 1945). Der Verwirkung unterliegen dingliche Rechte nicht, wohl aber die daraus folgenden Ansprüche (Bamberger /Roth/Grüneberg, BGB, § 242 Rdn. 163; MünchKomm-BGB/Roth, 4. Aufl., § 242 Rdn. 298; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 242 Rdn. 107; Soergel /Teichmann, BGB, 12. Aufl., § 242 Rdn. 335; Staudinger/J. Schmidt, BGB [1995], § 242 Rdn. 538). Mithin bestehen keine Bedenken, auch die aus Besitz bzw. Eigentum abgeleiteten Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche nach §§ 862 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB dem Einwand der Verwirkung auszusetzen (vgl. Senat, Urt. v. 22. Juni 1990, V ZR 3/89, NJW 1990, 2555, 2556).

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

10
a) Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (ständige Rechtsprechung, siehe nur Senat, BGHZ 122, 308, 315 m.w.N.; BGH, Urt. v. 14. November 2002, VII ZR 23/02, NJW 2003, 824). Die Verwirkung ist somit ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB); sie kann im gesamten Privatrecht eingewendet werden (Senat, BGHZ 122, 308, 314). Verwirkt werden können nur subjektive Rechte, weil nur bei ihnen davon gesprochen werden kann, ihre Ausübung stehe in Widerspruch zu der länger andauernden Nichtausübung, die bei dem Schuldner einen entsprechenden Vertrauenstatbestand begründet hat (BGH, Beschl. v. 1. Juli 1994, BLw 95/93, WM 1994, 1944, 1945). Der Verwirkung unterliegen dingliche Rechte nicht, wohl aber die daraus folgenden Ansprüche (Bamberger /Roth/Grüneberg, BGB, § 242 Rdn. 163; MünchKomm-BGB/Roth, 4. Aufl., § 242 Rdn. 298; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 242 Rdn. 107; Soergel /Teichmann, BGB, 12. Aufl., § 242 Rdn. 335; Staudinger/J. Schmidt, BGB [1995], § 242 Rdn. 538). Mithin bestehen keine Bedenken, auch die aus Besitz bzw. Eigentum abgeleiteten Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche nach §§ 862 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB dem Einwand der Verwirkung auszusetzen (vgl. Senat, Urt. v. 22. Juni 1990, V ZR 3/89, NJW 1990, 2555, 2556).
17
(3) Die Annahme einer Verwirkung nach § 242 BGB scheitert schon daran , dass es an dem dafür erforderlichen Umstandsmoment fehlt. Die Antragsgegnerin verweist auf kein Vorbringen, aus dem sich eine Vertrauensbetätigung ergibt, die die weitere Geltendmachung der Ansprüche als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte erscheinen lässt (vgl. Senat, Urt. v. 22. November 2002, V ZR 443/01, Umdruck S. 9; BGH, Urt. v. 12. März 2008, XII ZR 147/05, NJW 2008, 2254, 2255; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 242 BGB Rdn. 95 m.w.N.).
24
8. Schließlich hat das Berufungsgericht ebenfalls mit Recht angenommen , dass - unabhängig von der Antwort auf die Frage, ob unverjährbare Ansprüche verwirkt werden können - der Klageanspruch nicht verwirkt ist. Es ist weder festgestellt noch ersichtlich, dass sich die Beklagte mit Rücksicht auf das Verhalten der Kläger und ihrer Rechtsvorgängerin darauf eingerichtet hat, dass diese das Wegerecht nicht mehr geltend machen würden, dass es mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren ist, dass die Kläger doch noch ihr Recht durchsetzen , und dass unter diesem Gesichtspunkt die Duldung der Ausübung des Wegerechts auf dem gesamten belasteten Flurstück für die Beklagte unzumutbar ist (vgl. Senat, Urteil vom 16. März 2007 - V ZR 190/06, NJW 2007, 2183 f.).

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

8
a) Die Verwirkung eines Anspruchs ist ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung. Sie schließt die illoyal verspätete Geltendmachung eines Rechts aus. Dabei kommt es nicht auf den Willen des Berechtigten an. Verwirkung kann auch gegen den Willen des Berechtigten eintreten, da die an Treu und Glauben ausgerichtete objektive Beurteilung, nicht aber der Willensentschluss des Berechtigten entscheidend ist. Verwirkung kann daher selbst dann eintreten, wenn der Berechtigte keine Kenntnis von seiner Berechtigung hat (BGHZ 25, 47, 53). Notwendig für die Verwirkung ist jedoch immer, dass sich der Verpflichtete mit Rücksicht auf das Verhalten des Berechtigten darauf eingerichtet hat, dass dieser das ihm zustehende Recht nicht mehr geltend machen werde, dass es mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren ist, dass der Berechtigte später doch mit dem ihm zustehenden Recht hervortritt (RGZ 158, 100, 107 f.) und dass unter diesem Gesichtspunkt die Leistung für den Verpflichteten unzumutbar ist (BGHZ 25, 47, 52).

Steht der Inhalt des Grundbuchs in Ansehung eines Rechts an dem Grundstück, eines Rechts an einem solchen Recht oder einer Verfügungsbeschränkung der in § 892 Abs. 1 bezeichneten Art mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklang, so kann derjenige, dessen Recht nicht oder nicht richtig eingetragen oder durch die Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung beeinträchtigt ist, die Zustimmung zu der Berichtigung des Grundbuchs von demjenigen verlangen, dessen Recht durch die Berichtigung betroffen wird.

8
a) Die Verwirkung eines Anspruchs ist ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung. Sie schließt die illoyal verspätete Geltendmachung eines Rechts aus. Dabei kommt es nicht auf den Willen des Berechtigten an. Verwirkung kann auch gegen den Willen des Berechtigten eintreten, da die an Treu und Glauben ausgerichtete objektive Beurteilung, nicht aber der Willensentschluss des Berechtigten entscheidend ist. Verwirkung kann daher selbst dann eintreten, wenn der Berechtigte keine Kenntnis von seiner Berechtigung hat (BGHZ 25, 47, 53). Notwendig für die Verwirkung ist jedoch immer, dass sich der Verpflichtete mit Rücksicht auf das Verhalten des Berechtigten darauf eingerichtet hat, dass dieser das ihm zustehende Recht nicht mehr geltend machen werde, dass es mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren ist, dass der Berechtigte später doch mit dem ihm zustehenden Recht hervortritt (RGZ 158, 100, 107 f.) und dass unter diesem Gesichtspunkt die Leistung für den Verpflichteten unzumutbar ist (BGHZ 25, 47, 52).
10
a) Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (ständige Rechtsprechung, siehe nur Senat, BGHZ 122, 308, 315 m.w.N.; BGH, Urt. v. 14. November 2002, VII ZR 23/02, NJW 2003, 824). Die Verwirkung ist somit ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB); sie kann im gesamten Privatrecht eingewendet werden (Senat, BGHZ 122, 308, 314). Verwirkt werden können nur subjektive Rechte, weil nur bei ihnen davon gesprochen werden kann, ihre Ausübung stehe in Widerspruch zu der länger andauernden Nichtausübung, die bei dem Schuldner einen entsprechenden Vertrauenstatbestand begründet hat (BGH, Beschl. v. 1. Juli 1994, BLw 95/93, WM 1994, 1944, 1945). Der Verwirkung unterliegen dingliche Rechte nicht, wohl aber die daraus folgenden Ansprüche (Bamberger /Roth/Grüneberg, BGB, § 242 Rdn. 163; MünchKomm-BGB/Roth, 4. Aufl., § 242 Rdn. 298; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 242 Rdn. 107; Soergel /Teichmann, BGB, 12. Aufl., § 242 Rdn. 335; Staudinger/J. Schmidt, BGB [1995], § 242 Rdn. 538). Mithin bestehen keine Bedenken, auch die aus Besitz bzw. Eigentum abgeleiteten Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche nach §§ 862 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB dem Einwand der Verwirkung auszusetzen (vgl. Senat, Urt. v. 22. Juni 1990, V ZR 3/89, NJW 1990, 2555, 2556).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 175/02 Verkündet am:
24. Januar 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Januar 2003 durch die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein,
Dr. Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 2. Mai 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um die Entfernung einer auf dem Grundstück des Klägers verlegten Fernwärmeleitung sowie um die Erstattung ihm bereits entstandener Beseitigungskosten.
Auf Veranlassung des Rates der Stadt wurden 1988 in S. zehn am K. weg gelegene Einfamilienhäuser auf damals im Volkseigentum stehenden Grundstücken errichtet. Mitte 1990 erwarb der Kläger eines der Hausgrundstücke. Seit 1990/91 wurden die Häuser über das Fernwärmenetz des örtlichen Bezirkskrankenhauses, das seinerzeit dem Rat der Stadt S. unterstellt war, beheizt. Hierzu waren eigens Fernwärmeleitungen von dem Heizkraftwerk auf dem Gelände des Krankenhauses zu den zehn Häusern verlegt worden.

Mit Wirkung zum 1. Oktober 1991 schloß der Kläger "mit dem Kranken- haus", das nunmehr in Klinikum der Hansestadt S. umbenannt worden war, einen Vertrag u.a. über die Lieferung von Heizwärme gegen Entgelt. Hierbei übernahm das Klinikum als Lieferant auch die Versorgung sowie Wartung und Instandhaltung der Leitungen. Der Vertrag war auf unbestimmte Zeit geschlossen und konnte mit einer Frist von sechs Monaten jeweils zur Jahresmitte gekündigt werden. Nach Gründung der Beklagten im Jahre 1995 führte dieses das Krankenhaus weiter und setzte die Belieferung der Eigenheime nach Maßgabe der bisherigen Vereinbarungen zunächst fort.
Die Beklagte schloß 1998 ihrerseits mit einem Dritten einen Vertrag über die Versorgung des Klinikums mit Fernwärme. Da ihr hiernach die Weitergabe der Heizwärme an andere Abnehmer untersagt war, kündigte sie im Dezember 1998 den Versorgungsvertrag mit dem Kläger zum 30. Juni 1999 und stellte anschließend die Belieferung mit Heizwärme vollständig ein. Nachdem sich die Eigentümer der zehn betroffenen Hausgrundstücke nicht auf eine gemeinsame Wärmeversorgung der betroffenen Häuser durch einen anderen Anbieter verständigen konnten, ließ der Kläger in seinem Haus eine eigene Heizanlage installieren. Seiner Aufforderung, die Fernwärmeleitung von seinem Grundstück zu entfernen, kam die Beklagte nicht nach. Daraufhin entfernte der Kläger die über sein Grundstück verlaufende Leitung einschließlich der Versorgungseinrichtungen in seinem Haus.
Der Kläger hat die Beklagte zunächst auf Ersatz der von ihm aufgewandte Arbeitszeit, der von ihm verauslagten Materialkosten, der Einbaukosten für die neue Heizungsanlage sowie der Kosten für deren Wartung und Anmie-
tung eines Flüssiggastanks in Anspruch genommen. Seine auf Zahlung von insgesamt 16.758,31 DM gerichtete Klage hat das Landgericht abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Klageabweisung nur teilweise bestätigt und die Beklagte wegen der Aufwendungen für die Entfernung der Fernwärmeleitung ! zur Zahlung von 2.927,14 - in dem Berufungsurteil zugelassene - Revision der Beklagten, mit der sie die vollständige Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt. Der Kläger beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.

$ Das Berufungsgericht hält die Klage in Höhe von 2.927,14 " # # n- det. Der Anspruch ergebe sich aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB; denn der Kläger habe die Beklagte von der ihr obliegenden Verpflichtung befreit, die Fernwärmeleitungen nach Kündigung des Versorgungsvertrags vom 1. Oktober 1991 zu entfernen. Dieser Vertrag enthalte zwar keine ausdrückliche Regelung zur Entfernung der Leitungen nach Einstellung der Fernwärmelieferung, gleichwohl bestehe eine entsprechende Nebenpflicht nach Beendigung des Vertrages. Die Beklagte sei nach ihrer Gründung im Jahre 1995 anstelle der Hansestadt S. - die zuvor Eigentümerin des Bezirkskrankenhauses bzw. des Klinikums gewesen sei - Vertragspartner geworden. Der Höhe nach beschränke sich dieser Anspruch auf die Kosten, die wegen der Beseitigung der Fernwärmeleitung angefallen seien, einschließlich der hierfür notwendigen Arbeitsleistungen des Klägers. Dagegen bestehe kein Anspruch auf Erstattung der Auf-
wendungen, die der Kläger zur Neuinstallation der Flüssiggastankanlage gemacht habe. Ebensowenig könne der Kläger die Kosten für den Einbau der neuen Heizungsanlage sowie für deren Wartung, die Mietkosten für den Flüssiggastank, die Genehmigungsgebühren und die Heizungsanschlußkosten von der Beklagten ersetzt verlangen. Die Beklagte sei nämlich berechtigt gewesen, den Versorgungsvertrag zu kündigen.
Dies hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

II.


Dem Kläger steht wegen seiner - allein noch verfahrensgegenständlichen - Aufwendungen für Beseitigung der Fernwärmeleitung gegenüber der Beklagten ein Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB zu.
1. Die Beklagte war verpflichtet, die auf dem Grundstück des Klägers befindliche, funktionslos gewordene Fernwärmeleitung zu beseitigen. Mithin hat der Kläger, indem er die zur Beseitigung notwendigen Arbeiten durchführte und das hierfür erforderliche Material auf eigene Kosten beschaffte, die Beklagte von einer ihr obliegenden Verpflichtung befreit. Die Beklagte wurde hierdurch in "sonstiger Weise" ohne rechtlichen Grund bereichert (vgl. Senat, BGHZ 97, 231, 234; 106, 142, 144; Urt. v. 26. April 1991, V ZR 346/89, NJW 1991, 2826, 2827; auch BGH, Urt. v. 12. März 1964, II ZR 243/62, NJW 1964, 1365).
2. Allerdings beanstandet die Revision zu Recht, daß das Berufungsge- richt die Beseitigungspflicht der Beklagten dem zum 1. Oktober 1991 geschlossenen Versorgungsvertrag entnommen hat. Der Vertrag enthält keine ausdrückliche Regelung über die Entfernung der Versorgungsleitung für den Fall der Vertragsbeendigung. Eine solche Verpflichtung ergibt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht im Wege der Auslegung. Das Verständnis des Berufungsgerichts, das meint, die gesetzliche Beseitigungspflicht der Hansestadt S. aus § 1004 Abs. 1 BGB sei Vertragsbestandteil geworden und später auf die Beklagte übergegangen, widerspricht den Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB und ist daher für den Senat nicht bindend (vgl. BGHZ 135, 269, 273). Das Berufungsgericht hat keine Umstände festgestellt , die den Schluß auf den von ihm angenommenen Vertragsinhalt zulassen. Zutreffend weist die Revision darauf hin, daß hierzu dem Vorbringen keiner der Parteien etwas entnommen werden kann. Da sich auch aus dem Wortlaut der Vereinbarungen nichts für das Verständnis des Berufungsgerichts herleiten läßt, entbehrt seine Auslegung der Grundlage (vgl. BGH, Urt. v. 19. Januar 2000, VIII ZR 275/98, NJW-RR 2000, 1002, 1003).
3. Der Kläger kann einen Beseitigungsanspruch auch nicht aus einem auf die Beklagte übergegangenen Miet- oder Leihverhältnis (§ 556 Abs. 1 BGB a.F., § 604 BGB) herleiten. Zwar ist dem Vertragsverhältnis über die Belieferung mit Heizwärme auch eine Pflicht des Klägers zu entnehmen, die Leitungsführung über sein Grundstück zu dulden; denn dies war Voraussetzung, damit auch er selbst Heizwärme beziehen konnte. Hierdurch wurde aber kein Miet- oder Leihverhältnis begründet, weil der Grund und Boden nicht zum Gebrauch gewährt, sondern seine Inanspruchnahme geduldet wurde (vgl. Se-
nat, Urt. v. 4. Juli 1997, V ZR 405/96, NJW 1997, 3022, 3023 für Telekommuni- kationsanlagen).
Danach wendet sich die Revision mit Erfolg auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dem Kläger stehe gegenüber der Beklagten ein Beseitigungsanspruch aus § 604 Abs. 4 BGB i.V. mit § 556 Abs. 3 BGB a.F. zu. Beide Ansprüche scheitern daran, daß das für die Anwendung der Vorschriften erforderliche Hauptmiet- oder Hauptleihverhältnis (vgl. Staudinger/Sonnenschein , BGB [1994], § 556 Rdn. 58; Staudinger/Reuter, BGB [1995], § 604 Rdn. 12) zu keiner Zeit gegeben war.
4. Dem Kläger stand jedoch gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Beseitigung der auf seinem Grundstück verbliebenen Fernwärmeleitung aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Auf Grund dieses Anspruchs konnte der Kläger neben der Entfernung der Leitung auch die Wiederherstellung der durch diese Maßnahme beeinträchtigten Gestaltung des Grundstücks verlangen (vgl. Senat , BGHZ 135, 235, 238 m.w.N.).

a) Die für den Abwehranspruch erforderliche Eigentumsbeeinträchtigung ist bei einem dem Inhalt des Eigentums (§ 903 BGB) widersprechenden Zustand gegeben (Senat, BGHZ 66, 37, 39; Urt. v. 22. September 2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 232).
aa) Ein solcher Zustand war vorliegend durch die auf dem Grundstück befindliche Fernwärmeleitung verwirklicht; denn sie behinderte den Kläger - insbesondere bei Baumaßnahmen - in der Nutzung seines Eigentums (vgl. Senat, BGHZ 144, 200, 203 für eine Zugangsbehinderung).

bb) Entgegen der Auffassung der Revision ist in diesem Zusammenhang unerheblich, ob die Fernwärmeleitung, soweit sie über das Anwesen des Klägers führte, als wesentlicher Bestandteil seines Grundstücks ebenfalls im Eigentum des Klägers stand (§ 467 Abs. 2 und Abs. 3 ZGB-DDR). Eine Beeinträchtigung des Grundstückseigentums des Klägers wäre nämlich nicht dadurch ausgeschlossen gewesen, daß sich - was demnach keiner Klärung bedarf - sein Eigentum auch auf die Leitung erstreckte (vgl. Senat, BGHZ 40, 18, 22; Urt. v. 9. März 1960, V ZR 189/58, WM 1960, 461, 463).

b) Der Kläger war nicht zur Duldung der funktionslos gewordenen Fernwärmeleitung auf seinem Grundstück verpflichtet (§ 1004 Abs. 2 BGB).
aa) Wie bereits ausgeführt, folgt aus dem Vertragsverhältnis über die Belieferung mit Heizwärme auch eine Pflicht des Klägers, die Leitungsführung über sein Grundstück zu dulden. Die Duldungspflicht bestand auch gegenüber der Beklagten, die nach den insoweit rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts im Wege der Vertragsübernahme anstelle der Hansestadt S. Vertragspartner des Klägers geworden ist. Mit der Beendigung des Versorgungsvertrages auf Grund der Kündigung durch die Beklagte entfiel aber zwangsläufig auch dessen Duldungspflicht. Ob das auch dann gelten könnte, wenn andere Abnehmer als der Kläger auf die Leitungen angewiesen wären, bedarf keiner Entscheidung. Dem für den Senat maßgeblichen Parteivorbringen (vgl. § 559 ZPO) läßt sich kein Hinweis für eine solche Nutzung entnehmen. Die Revision verweist auch nicht auf entsprechenden Vortrag in den Tatsacheninstanzen. Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt war der Kläger zudem verpflichtet, mit einem anderen Anbieter die weitere Belieferung seines
Grundstücks mit Fernwärme zu vereinbaren und damit die Funktionsfähigkeit des vorhandenen Leitungsnetzes zu erhalten.
bb) Entgegen der Ansicht der Revision traf den Kläger auch keine Duldungspflicht aus § 8 Abs. 4 AVBFernwärmeV. Diese Bestimmung verpflichtet den Grundstückseigentümer zwar, Einrichtungen nach Einstellung des Fernwärmebezugs auf Verlangen noch fünf Jahre unentgeltlich zu dulden, auf diese Regelung kann sich die Beklagte jedoch nicht berufen. Nach § 1 Abs. 1 AVBFernwärmeV gilt die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) nur für Fernwärmeversorgungsunternehmen , die für den Anschluß an die Fernwärmeversorgung und für die Versorgung mit Fernwärme allgemeine Versorgungsbedingungen verwenden. Ein Fernwärmeversorgungsunternehmen ist dadurch gekennzeichnet, daß es nach unternehmenswirtschaftlichen Gesichtspunkten Wärme eigenständig produziert und an andere liefert (BGH, Urt. v. 6. Dezember 1989, VIII ZR 8/89, WM 1990, 608, 610; vgl. auch BGHZ 109, 118, 126). Wie auch die Revision nicht verkennt , erfüllt die Beklagte diese Voraussetzungen nicht. Sie gab lediglich in Fortführung der früher in der DDR üblichen Praxis einen Teil der von ihr für eigene Zwecke produzierten Wärme an den Kläger weiter, ohne dabei nach unternehmenswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu handeln.
cc) Auch eine analoge Anwendung des § 8 Abs. 4 AVBFernwärmeV kommt zugunsten der Beklagten nicht in Betracht. Hierfür fehlt es an der notwendigen Vergleichbarkeit der Sachverhalte (vgl. BGHZ 105, 140, 143). Der Duldungspflicht nach § 8 Abs. 4 AVBFernwärmeV liegt der Gedanke zugrunde, dem Versorgungsunternehmen eine angemessene Zeit zur Umplanung seines langfristig angelegten Netzes unter Aufrechterhaltung einer sicheren und
preiswerten öffentlichen Versorgung zu gestatten und es nicht durch das sofortige Erlöschen des Duldungsrechts für nur ein Grundstück zu zwingen, überstürzte und aufwendige Übergangs- oder Zwischenlösungen zu entwickeln (vgl. Recknagel in: Hermann/Recknagel/Schmidt-Salzer, Kommentar zu den Allgemeinen Versorgungsbedingungen, Bd. 1, § 8 AVBFernwärmeV, Rdn. 161, 163 i.V.m. Rdn. 106, 107). Damit ist die Situation im vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Die Beklagte hat die Wärmelieferung an Dritte vollständig und endgültig eingestellt, so daß für sie kein Anlaß für Maßnahmen zur Sicherung der Versorgung anderer Abnehmer besteht.
dd) Die Leitung war auch nicht auf Grund einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zu dulden. Zwar sieht § 9 GBBerG zugunsten eines Fernwärmeversorgungsunternehmens , das am Tage des Inkrafttretens dieser Vorschrift (25. Dezember 1993, vgl. Art. 20 RegVBG) Betreiber der Anlage ist, das Entstehen eines solchen Rechts vor. Die Voraussetzungen für ein Fernwärmeversorgungsunternehmen , die mit denen des § 1 Abs. 1 AVBFernwärmeV übereinstimmen (vgl. Zimmermann, RVI, § 9 GBBerG Rdn. 7), wurden jedoch von der Stadt S. ebensowenig wie von der Beklagten erfüllt. Auch die Stadt produzierte und lieferte die Heizwärme nicht eigenständig nach unternehmenswirtschaftlichen Gesichtspunkten.

c) In dem ihr durch § 1 des Versorgungsvertrages zugewiesenen Leitungsbereich , mithin vor der ersten Absperrarmatur im Haussystem des Klägers , war die Beklagte für die Eigentumsbeeinträchtigung als Störerin verantwortlich und damit Schuldnerin des Beseitigungsanspruchs aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. auch Böhringer, VIZ 1998, 605, 606 für den Fall der Aufgabe der Dienstbarkeit durch ein Versorgungsunternehmen).

aa) Neben demjenigen, der die Eigentumsbeeinträchtigung durch sein Verhalten adäquat verursacht hat, ist derjenige zur Beseitigung verpflichtet, durch dessen maßgebenden Willen der das Eigentum beeinträchtigende Zustand aufrechterhalten wird (Senat, BGHZ 49, 340, 347; Urt. v. 17. Dezember 1982, V ZR 55/82, WM 1983, 176, 177; Urt. v. 22. September 2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 232). Ist es - wie hier - eine Anlage, die fremdes Eigentum beeinträchtigt, so ist Störer nicht notwendig derjenige, in dessen Eigentum die störende Anlage steht oder der sie errichtet hat, sondern derjenige, der die Anlage hält und von dessen Willen die Beseitigung abhängt (Senat, BGHZ 41, 393, 397; Urt. v. 17. September 1954, V ZR 33/54, LM § 1004 BGB Nr. 14; Urt. v. 9. März 1960, aaO). Dies ist vorliegend die Beklagte.
(1) Seit ihrer Gründung hielt die Beklagte das Leitungsnetz, über das das Anwesen des Klägers mit Fernwärme versorgt wurde; denn sie hatte seither das Leitungsnetz eigenständig in Gebrauch und die Verfügungsmacht über dieses erlangt. Anstelle der Hansestadt S. trat die Beklagte - auf dem Wege der Vertragsübernahme - in den Versorgungsvertrag vom 1. Oktober 1991 ein, der sie nicht nur zur Belieferung mit Heizwärme, sondern auch zur Wartung und Instandhaltung der Leitungen verpflichtete. Nachdem ihr offenkundig die Stadt zudem die Verfügungsmacht über das Leitungsnetz überlassen hatte, war es die Beklagte, die die Anlage nicht nur für ihre Zwecke nutzte, sondern auch über diese eigenständig verfügen konnte. Es ist mithin für die Begründung der Verantwortlichkeit der Beklagten unerheblich, daß sie die Fernwärmeleitung nicht selbst in das Grundstück des Klägers eingebracht hat und ihr diese Maßnahme auch nicht als Rechtsnachfolgerin zugerechnet werden kann.

(2) Auch die weitere Voraussetzung, wonach die Beeinträchtigung - wenigstens mittelbar - auf ihren Willen zurückgehen muß (vgl. Senat, BGHZ 142, 66, 69 m.w.N.), wird von der Beklagten verwirklicht. Sie war es, die eine von dem Kläger nicht zu duldende - und damit erst für einen Abwehranspruch maßgebliche (vgl. Senat, Urt. v. 19. Dezember 1975, V ZR 38/74, NJW 1976, 416) - Eigentumsbeeinträchtigung herbeiführte. Mit der von der Beklagten aus freien Stücken, auf Grund wirtschaftlicher Überlegungen ausgesprochenen Kündigung des Versorgungsvertrages endete - wie bereits ausgeführt - auch die Verpflichtung des Klägers, die Leitung auf seinem Grundstück zu dulden. Daß die Beklagte auf Grund der Vereinbarungen in dem von ihr übernommenen Versorgungsvertrag zur Kündigung berechtigt war, ist für den Abwehranspruch aus § 1004 BGB ohne Belang. Entscheidend ist insoweit nicht die Rechtswidrigkeit des Eingriffs, sondern der dem Inhalt des Eigentums widersprechende Zustand (Senat, Urt. v. 19. Dezember 1975, aaO).
bb) Der Verpflichtung der Beklagten stand nicht entgegen, daß möglicherweise nicht sie selbst, sondern mit der Hansestadt S. - als Rechtsträger des Bezirkskrankenhauses zum Zeitpunkt der Errichtung der Anlage - ein Dritter Eigentümer des Leitungssystems war. Zwar könnte dann mit der Demontage der Leitung eine Verletzung des fremden Eigentums - wegen einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung (BGHZ 55, 153, 159; 105, 346, 35) - verbunden sein. Hierdurch wäre die Beklagte aber nicht an der Beseitigung gehindert gewesen, weil den Umständen nach davon ausgegangen werden muß, daß die Hansestadt S. für den Fall ihres Eigentums mit der Entfernung der Leitung einverstanden war. Nach Gründung der Beklagten übertrug ihr die Hansestadt S. sämtliche
Rechte und Pflichten aus dem Versorgungsvertrag vom 1. Oktober 1991. Un- geachtet einer etwaigen formalen Eigentümerposition überließ die Hansestadt S. der Beklagten zudem die gesamte Fernwärmeanlage. Die Kündigung sämtlicher Versorgungsverträge aus wirtschaftlichen Erwägungen, die allein die Beklagte betreffen, sowie der hierdurch geschaffene Funktionsverlust der Anlage zeigen, daß die Hansestadt S. an Betrieb und Erhalt des Leitungssystems nach der Übergabe an die Beklagte keinerlei Interesse mehr hatte.
5. Als Bereicherungsschuldnerin ist die Beklagte nach § 818 Abs. 2 BGB verpflichtet, dem Kläger den Betrag zu ersetzen, den sie selbst hätte aufwenden müssen, um ihre Verpflichtung zur Beseitigung der Fernwärmeleitung zu erfüllen, begrenzt allerdings durch die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers (vgl. BGH, Urt. v. 12. März 1964, aaO). Nach diesen Grundsätzen läßt sich der von dem Berufungsgericht festgestellte Betrag revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch die Revision bringt insoweit gegen das Urteil des Berufungsgerichts keine Einwände vor.
Die geforderten Zinsen rechtfertigen sich - wie vom Berufungsgericht erkannt - aus Verzug.

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Tropf Krüger Klein
Gaier Schmidt-Räntsch

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Der Verleiher kann die Leihe kündigen:

1.
wenn er infolge eines nicht vorhergesehenen Umstandes der verliehenen Sache bedarf,
2.
wenn der Entleiher einen vertragswidrigen Gebrauch von der Sache macht, insbesondere unbefugt den Gebrauch einem Dritten überlässt, oder die Sache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet,
3.
wenn der Entleiher stirbt.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 56/12 Verkündet am:
8. Februar 2013
Mayer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Grundstückseigentümer ist nach den Grundsätzen über das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis
auch zu einem positiven Tun - hier: Mitbeheizen der benachbarten
Doppelhaushälfte - nur verpflichtet, wenn dies für einen billigen Interessenausgleich
zwingend geboten ist (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung, vgl.
Senat, Urteil vom 29. Juni 2012 - V ZR 97/11, NJW-RR 2012, 1160).
BGH, Urteil vom 8. Februar 2013 - V ZR 56/12 - OLG Celle
LG Lüneburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Februar 2013 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richter
Dr. Lemke, Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth und die Richterin
Dr. Brückner

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 14. September 2011 aufgehoben. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 1. März 2011 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte errichtete auf seinem Grundstück ein Doppelhaus, das nur über eine Heizungsanlage verfügt, die in der einen Doppelhaushälfte untergebracht ist und die andere mit Heizwärme und Warmwasser mitversorgt. Die mit der mitversorgten Doppelhaushälfte bebaute Teilfläche verkaufte er 1995 an ein Ehepaar. Der Kaufvertrag enthielt einen Hinweis auf das Fehlen einer eigenen Heizungsanlage und die Vereinbarung, dass der Beklagte die verkaufte Doppelhaushälfte gegen Erstattung der Verbrauchskosten und der Hälfte der Kosten für Instandhaltung, Wartung und Erneuerung mit Heizwärme und Warmwasser versorgt und für die Funktionsfähigkeit der Heizung Sorge trägt. Diese Vereinbarung sollte auch den Rechtsnachfolger des Verkäufers binden. 2001 verkauften die Erwerber ihre Doppelhaushälfte an den Kläger. Dieser Kaufvertrag enthält zu der Beheizung keine Regelung. Der Beklagte versorgte die Hälfte des Klägers zunächst weiter mit Heizwärme und Warmwasser. Mit Schreiben vom 8. Februar 2010 kündigte er die Vereinbarung und teilte mit, die Kappung der Leitungen solle im Zusammenhang mit einer Veränderung der Heizungsanlage erfolgen und werde rechtzeitig vorher angekündigt.
2
Der Kläger verlangt von dem Beklagten in erster Linie, seine Doppelhaushälfte gegen Abrechnung der anteiligen Kosten weiterhin mit Heizwärme und Warmwasser mitzuversorgen, hilfsweise, ihm Zutritt zu dem Heizungsraum in dessen Doppelhaushälfte zu gewähren, damit er die witterungsbedingte Beheizung von dort selbst sicherstellen könne. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat den Beklagten nach dem Hauptantrag verurteilt. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision möchte der Beklagte die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts erreichen. Der Kläger beantragt , das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht leitet die Verpflichtung des Beklagten, den Kläger weiterhin mit Heizwärme zu versorgen, aus den Grundsätzen des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses ab. Die Beheizbarkeit und die Warmwasserversorgung eines Haushalts seien grundlegende und existenznotwendige Versorgungsgüter. Sie ließen sich zwar baulich auch auf anderem Wege erreichen. Hier aber sei die gemeinsame Versorgung von Anfang an so vorgesehen und sowohl bei den Ersterwerbern während ihrer gesamten Besitzzeit als auch in den ersten sechs Jahren bei dem Kläger so gehandhabt worden. Aus der hieraus entstandenen gesetzlichen Sonderrechtsbeziehung könne sich der Beklagte allenfalls dann einseitig lösen, wenn dafür so gewichtige Gründe vorlägen, dass der dem Kläger zu gewährende Bestandsschutz zurückzustehen habe. Daran fehle es.

II.

4
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Der Kläger kann von dem Beklagten weder die mit dem Hauptantrag angestrebte (dauernde ) Versorgung seiner Doppelhaushälfte mit Heizwärme und Warmwasser noch die mit dem Hilfsantrag geltend gemachte (dauernde) Duldung der Selbstbeheizung seiner Doppelhaushälfte unter Verwendung der Heizungsanlage und der Vorräte des Beklagten verlangen.
5
1. Die mit dem Hauptantrag geltend gemachte Versorgungsverpflichtung des Beklagten lässt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis ableiten.
6
a) Nach der Rechtsprechung des Senats begründet der Gedanke von Treu und Glauben im Rahmen eines nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses in der Regel keine selbständigen Ansprüche, sondern wirkt sich hauptsächlich als bloße Schranke der Rechtsausübung aus (etwa Senat, Urteile vom 21. Oktober 1983 - V ZR 166/82, BGHZ 88, 344, 351 und vom 7. Juli 1995 - V ZR 213/94, NJW 1995, 2633, 2634 f.). Diese Schranke kann den Grundstückseigentümer zwingen, eine bestimmte eigene Nutzung seines Grundstücks zu unterlassen oder eine bestimmte Nutzung seines Grundstücks durch den Nach- barn zu dulden. Die Pflicht zur Rücksichtnahme muss sich zwar darauf nicht beschränken; sie kann den Grundstückseigentümer im Einzelfall auch zu positivem Handeln verpflichten (Senat, Urteile vom 29. April 1977 - V ZR 71/75, BGHZ 68, 350, 354 und vom 22. Februar 1991 - V ZR 308/89, BGHZ 113, 384, 389). Solche Ansprüche gegen den Grundstückseigentümer ergeben sich aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis aber in jedem Fall nur, wenndies - über die gesetzlichen Regelungen hinausgehend - für einen billigen Ausgleich der widerstreitenden Interessen zwingend geboten erscheint (etwa Senat, Urteile vom 16. Februar 2001 - V ZR 422/99, NJW-RR 2001, 1208, 1209, vom 31. Januar 2003 - V ZR 143/02, NJW 2003, 1392 und vom 29. Juni 2012 - V ZR 97/11, NJW-RR 2012, 1160, 1162 Rn. 20; vgl. auch BVerfG, BVerfGK 11, 420,

433).

7
b) Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben.
8
aa) Ob sie im Einzelfall vorliegt, ist eine Frage tatrichterlicher Würdigung, die im Revisionsverfahren nur eingeschränkt überprüfbar ist. Die Würdigung des Berufungsgerichts ist in diesem Rahmen aber zu beanstanden, weil es lediglich allgemeine Billigkeitserwägungen angestellt und den anzulegenden Prüfungsmaßstab verkannt hat. Die erforderliche Würdigung kann der Senat selbst nachholen, weil der Sachverhalt feststeht und weitere Erkenntnisse nicht zu erwarten sind.
9
bb) Danach fehlt es an zwingenden Gründen, die es geböten, den Beklagten auf unbestimmte Dauer zu verpflichten, die Doppelhaushälfte des Klägers mitzubeheizen.
10
(1) Es fehlt schon an einem schützenswerten Vertrauen des Klägers auf den unbefristeten Fortbestand der Versorgung. Seine Doppelhaushälfte ist zwar ohne eigene Heizungsanlage errichtet worden. Die Rechtsvorgänger des Klä- gers und dieser selbst haben die Doppelhaushälfte aber in Kenntnis dieses Umstands erworben. Beide haben es auch nicht für erforderlich gehalten, den Anschluss der Heizung und Warmwasserversorgung ihrer Doppelhaushälfte an die Heizungsanlage des Beklagten dinglich zu sichern. Die Rechtsvorgänger des Klägers haben sich mit einer schuldrechtlichen Regelung begnügt, die nur eine Rechtsnachfolge auf Seiten des Beklagten, nicht aber eine Rechtsnachfolge auf ihrer Seite regelt und keinerlei Bestimmungen über eine mögliche Kündigung enthält. Sie haben damit in Kauf genommen, dass diese Form der Versorgung enden könnte und sie gezwungen sein könnten, ihre Doppelhaushälfte mit einer eigenen Heizungsanlage zu versehen. Das gilt umso mehr für den Kläger selbst, der sich mit der stillschweigenden Fortsetzung der Versorgung durch den Beklagten begnügt hat.
11
(2) Der Kläger ist ferner nicht darauf angewiesen, dass seine Doppelhaushälfte an die Heizungsanlage des Beklagten angeschlossen bleibt und so mitversorgt wird. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kann der Kläger seine Doppelhaushälfte mit einer eigenen Heizungsanlage versehen. Es mag zwar sein, dass der Einbau einer solchen Heizung, wie der Kläger behauptet , unverhältnismäßigen Aufwand verursacht, wenn er dazu ein neues Rohrleitungssystem einbauen lassen müsste und die vorhandenen Leitungen zur Versorgung seiner Doppelhaushälfte auf dem Grundstück des Beklagten nicht benutzen dürfte. Dieser Umstand könnte aber allenfalls dazu führen, dass der Beklagte dem Kläger die Nutzung dieser Leitungen für den Einbau einer neuen Heizung in seiner Doppelhaushälfte gestatten müsste. Eine Rechtfertigung dafür , es dem Beklagten zuzumuten, auf unbestimmte Zeit und ohne Entgelt eine Heizungsanlage mit entsprechenden Vorräten vorzuhalten und zu betreiben, die zur Versorgung beider Doppelhaushälften ausreicht, ergibt sich hieraus nicht.
12
c) Aus den vorgenannten Gründen ist der Beklagte aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis auch nicht verpflichtet, wie mit dem Hilfsantrag geltend gemacht, die Selbstbeheizung von dessen Doppelhaushälfte durch den Kläger unter Benutzung seiner Heizungsanlage und seiner Vorräte zu dulden.
13
2. Das Berufungsurteil erweist sich entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht aus anderen Gründen als richtig.
14
a) Die Vorschrift des § 1004 Abs. 1 BGB kommt weder als Grundlage einer Versorgungsverpflichtung noch einer Duldungspflicht des Beklagten in Betracht. Die Norm setzt eine Beeinträchtigung des Eigentums des Klägers in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes voraus. Hierunter ist jeder dem Inhalt des Eigentums (§ 903 BGB) widersprechende Zustand zu verstehen (Senat, Urteile vom 19. Dezember 1975 - V ZR 38/74, BGHZ 66, 37, 39, vom 19. September 2003 - V ZR 319/01, BGHZ 156, 172, 175 und vom 1. Juli 2011 - V ZR 154/10, NJW-RR 2011, 1476, 1477 Rn. 14). Um die Abwehr eines solchen Zustands geht es hier aber nicht. Der Kläger wendet sich mit seinen Anträgen nicht gegen eine Beeinträchtigung in seinen Rechten als Eigentümer durch den Beklagten. Dieser soll ihm durch die weitere Versorgung mit Heizwärme und Warmwasser oder die Duldung einer entsprechenden Selbstversorgung unter Benutzung der Heizungsanlage vielmehr Nutzungsmöglichkeiten erhalten, die sein Grundstück ohne diese Leistungen des Beklagten mangels einer eigenen Heizungsanlage nicht hätte. Das ist keine Abwehr einer Eigentumsbeeinträchtigung.
15
b) Beides - Mitbeheizung wie Duldung der Heizungsnutzung - kann der Kläger von dem Beklagten auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer gemeinschaftlichen Berechtigung an der Heizung auf Grund von § 743 Abs. 2 und § 745 Abs. 2 BGB verlangen. Anders als der Kläger meint, steht die Heizungs- anlage in der Doppelhaushälfte des Beklagten nicht im Miteigentum der Parteien , mit der Folge, dass diese sie bis zu einer Auflösung der Gemeinschaft nach § 749 BGB gemeinschaftlich nutzen dürften, sondern im Alleineigentum des Beklagten. Dafür muss nicht entschieden werden, ob eine Heizungsanlage überhaupt wesentlicher Bestandteil zweier verschiedener Gebäude sein kann. Eine Heizungsanlage ist zwar auch dann Bestandteil des Gebäudes, dessen Beheizung sie dient, wenn sie sich auf einem anderen Grundstück befindet als demjenigen, dem das Gebäude zugeordnet ist (Senat, Urteil vom 19. Oktober 2012 - V ZR 263/11, juris Rn. 11 bis 13). Voraussetzung hierfür ist aber, dass die Heizungsanlage zur Errichtung des Gebäudes oder bei der Erneuerung oder dem Austausch der Heizungsanlage in das Gebäude eingefügt worden ist (Senat, Urteile vom 13. März 1970 - V ZR 71/67, BGHZ 53, 324, 326 und vom 19. Oktober 2012 - V ZR 263/11 aaO Rn. 11). Daran fehlt es hier. Die Doppelhaushälfte des Klägers sollte nach dem Kauf- und Bauvertrag des Beklagten mit den Rechtsvorgängern des Klägers abweichend von dem üblichen Standard ohne eine eigene Heizungsanlage errichtet und an ihrer Stelle ein Anschluss an die Heizungsanlage in der Doppelhaushälfte des Beklagten vorgesehen werden. Das hat zur Folge, dass die Heizungsanlage nur zur Errichtung der Doppelhaushälfte des Beklagten eingefügt worden ist und allein deren Bestandteil geworden ist.
16
c) Der ansonsten noch in Betracht kommende Anspruch aus einem Versorgungsvertrag gemäß § 311 Abs. 1 BGB scheitert, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, an der wirksamen Kündigung durch den Beklagten.
17
aa) Die Parteien haben allerdings stillschweigend eine Versorgungsvereinbarung geschlossen, indem sie die bisherige Form der Versorgung des Grundstücks des Klägers mit Heizung und Warmwasser tatsächlich fortsetzten. Diese Versorgungsvereinbarung war in Rechtsanalogie zu § 604 Abs. 3 und § 671 Abs. 1 BGB jederzeit kündbar. Der Beklagte sollte für die Mitversorgung der Doppelhaushälfte des Klägers kein Entgelt erhalten. Nach der aus den genannten Vorschriften zu entnehmenden Wertung des Gesetzgebers entspricht dem Fehlen eines Entgelts das Recht, das Vertragsverhältnis jederzeit zu beenden.
18
bb) Anhaltspunkte dafür, dass dieses Recht stillschweigend eingeschränkt oder ausgeschlossen worden ist, sind nicht ersichtlich. Schon die ausdrückliche Vereinbarung des Beklagten mit den Rechtsvorgängern des Klägers enthielt keine entsprechende ausdrückliche Regelung. Ob sich dieser Vereinbarung eine stillschweigende Einschränkung des Kündigungsrechts mit Rücksicht darauf entnehmen lässt, dass der Vertrag mit Rechtsnachfolgern des Beklagten fortgesetzt werden und damit auf Dauer angelegt sein sollte, muss hier nicht entschieden werden. Veranlassung, sich auf eine Einschränkung des Kündigungsrechts einzulassen, hatte der Beklagte allenfalls gegenüber den Rechtsvorgängern des Klägers. Diesen hatte er die Doppelhaushälfte ohne eine eigene Heizung verkauft, was ihn bewogen haben mag, sich stärker zu binden. Ein vergleichbares Motiv hat der Beklagte gegenüber dem Kläger jedenfalls nicht. Das Vorhandensein der Anlage legte es zwar nahe, es vorläufig bei der bisherigen Praxis zu belassen. Ebenso nahe lag es aber, sich die Möglichkeit zu erhalten , sich jederzeit von der Vereinbarung zu lösen. Die unentgeltliche Mitversorgung der anderen Doppelhaushälfte ließ sich auf Dauer sinnvoll nur fortführen, wenn der Kläger und der Beklagte ähnlich gut miteinander auskamen wie der Beklagte mit den Rechtsvorgängern des Klägers. Das konnten weder der Beklagte noch der Kläger überblicken. Sie durften die Vereinbarung deshalb beide jederzeit kündigen.
19
cc) Kündigen durfte der Beklagte in analoger Anwendung von § 671 Abs. 2 Satz 1 BGB jedoch nur in der Art, dass der Kläger für eine alternative Art der Versorgung seiner Doppelhaushälfte mit Heizwärme und Warmwasser Sorge tragen konnte. Diesen Anforderungen genügte die Kündigung, weil der Beklagte darin das Kappen der Leitungen für den Fall der Veränderung der Heizung angekündigt und eine rechtzeitige Unterrichtung des Klägers in Aussicht gestellt hat. Der Kläger wird deshalb - und muss aber auch - bei dem anstehenden Vollzug der Kündigung der Mitversorgung seiner Doppelhaushälfte ausreichend Zeit erhalten, diese mit einer eigenen Heizungsanlage auszustatten, bevor die Versorgung durch den Beklagten tatsächlich beendet wird.

III.

20
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch Roth Brückner
Vorinstanzen:
LG Lüneburg, Entscheidung vom 01.03.2011 - 9 O 281/10 -
OLG Celle, Entscheidung vom 14.09.2011 - 4 U 62/11 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)