Bundesgerichtshof Urteil, 17. Okt. 2003 - V ZR 91/03

bei uns veröffentlicht am17.10.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 91/03 Verkündet am:
17. Oktober 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: nein
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB Art. 237 § 2 Abs. 2
Die gesetzliche Regelung, nach der bei Eintragung von Volkseigentum in das
Grundbuch der wirkliche Eigentümer sein Eigentum nach Ablauf einer Ausschlußfrist
verliert, ist nicht verfassungswidrig.
BGH, Urt. v. 17. Oktober 2003 - V ZR 91/03 - OLG Jena
LG Erfurt
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Oktober 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 18. März 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist alleinige Erbin nach dem am 18. Dezember 1969 in Weimar verstorbenen P. A. L. .
Nach dessen Tod stellte das Staatliche Notariat Weimar durch Beschluß vom 17. August 1970 fest, daß - nachdem alle bekanntgewordenen Erben die Erbschaft ausgeschlagen hätten - ein anderer Erbe als die Deutsche Demokratische Republik nicht vorhanden sei. Zum Nachlaß von P. A. L. zählten mehrere Grundstücke, für die am 3. Oktober 1990 in das Grundbuch Eigentum des Volkes in Rechtsträgerschaft einer LPG eingetragen war. Am 19. Juni 1997 wurde das Eigentum auf Ersuchen des Präsidenten der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben auf die Klägerin umgeschrieben.
Nachdem der Beklagten am 24. März 1999 ein Erbschein erteilt worden war, wurde mit Beschluß des Amtsgerichts Weimar vom 8. Februar 2001 der das Fiskuserbrecht betreffende Beschluß des Staatlichen Notariats Weimar vom 17. August 1970 aufgehoben. Am 12. April 2001 wurde die Beklagte als Eigentümerin der Grundstücke in das Grundbuch eingetragen.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten, zur Berichtigung des Grundbuchs ihrer Eintragung als Eigentümerin der Grundstücke zuzustimmen. Sie ist der Ansicht, sie habe als Abwicklungsberechtigte gemäß Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB das Eigentum an den Grundstücken erworben. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte das Ziel der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin auf Berichtigung des Grundbuchs (§ 894 BGB). Sie habe als Abwicklungsberechtigte auf Grund des - auch im gegebenen Fall einer unwirksamen Fiskuserbschaft anwendbaren - Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB das Eigentum an den Grundstücken erworben. Zwar sei die Beklagte als Erbin Eigentümerin der Grundstücke gewesen , sie habe es aber versäumt, ihre Rechte in der vorgeschriebenen Form
vor Ablauf der Ausschlußfrist gerichtlich geltend zu machen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB seien nicht begründet. Dies hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

II.


1. Das Berufungsgericht hat der Klägerin zu Recht einen Anspruch auf Grundbuchberichtigung gemäß § 894 BGB zugesprochen. Das Grundbuch ist unrichtig, weil es für die im Streit befindlichen Grundstücke entgegen der tatsächlichen Rechtslage die Beklagte und nicht die Klägerin als Eigentümerin ausweist. Zwar ist die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zunächst Alleinerbin nach P. A. L. und damit auch Eigentümerin der zum Nachlaß zählenden Grundstücke geworden, sie hat ihr Eigentum jedoch mit Ablauf der Ausschlußfrist nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB an die Klägerin als Abwicklungsberechtigte verloren.

a) Die Voraussetzungen des gesetzlichen Eigentumserwerbs nach dieser Vorschrift sind erfüllt. Zwar war zum Zeitpunkt des Ablaufs der Ausschlußfrist im Grundbuch nicht Eigentum des Volkes vermerkt. Dies ist jedoch unschädlich, weil es der Anwendung des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB nicht entgegensteht, wenn der Abwicklungsberechtigte, zu dessen Gunsten der Eigentumserwerb erfolgt, selbst als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen ist (Senat, Urt. v. 14. März 2003, V ZR 280/02, ZOV 2003, 171). Abwicklungsberechtigte ist hier die Klägerin. Wem diese Position zukommt, bestimmt sich nach den einschlägigen Vorschriften insbesondere des Vermögenszuordnungsgesetzes (MünchKomm-BGB/Busche, 3. Aufl., Art. 237 § 2 EGBGB
Rdn. 14). Die Klägerin ist als Tochtergesellschaft der - nach § 1 Abs. 6 TreuhG, §§ 3, 4 3. DVO z. TreuhG zuständigen (Busche, RVI, § 1 TreuhG Rdn. 53, § 23 a TreuhG Rdn. 4) - Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben von dieser mit der Verwaltung und Verwertung ehemals volkseigener landwirtschaftlicher Nutzflächen beauftragt (vgl. Pressemitteilung des BMF vom 20. März 2003, abgedruckt in VIZ 2003, 322). Ihr konnte mithin nach § 7 Abs. 5 VZOG das Eigentum für die hier umstrittenen Flächen zugeordnet werden (vgl. Senat, Beschl. v. 27. März 2003, V ZB 1/03, WM 2003, 1955), was nach den in den Tatsacheninstanzen getroffenen Feststellungen auch geschehen ist.

b) Die Beklagte hat die Buchposition der Klägerin bis zum Ablauf der Ausschlußfrist am 30. September 1998 nicht durch Klage oder einen Antrag auf Eintragung eines Widerspruchs angegriffen. Entgegen der Ansicht der Revision ist eine Ausnahme von der Ausschlußfrist zugunsten der Beklagten unter keinem Gesichtspunkt gerechtfertigt.
aa) Der Senat hat bereits die Aufhebung eines Beschlusses betreffend das Fiskuserbrecht vor dem 30. September 1998 als nicht ausreichend zur Fristwahrung angesehen (Urt. v. 14. März 2003, V ZR 280/02, aaO). Vorliegend kann nichts anderes gelten, zumal diese Maßnahme - ebenso wie die Erteilung des Erbscheins zugunsten der Beklagten - hier sogar erst nach Ablauf der Ausschlußfrist erfolgt ist.
bb) Der von der Revision angesprochene Widerspruch zwischen der Ausschlußfrist und einem etwaigen Restitutionsanspruch nach dem Vermögensgesetz besteht nicht, vielmehr sind insoweit die Rechte der Beklagten
durch Art. 237 § 2 Abs. 4 Satz 2 EGBGB gewahrt. Hätte die Beklagte einen Anspruch nach dem Vermögensgesetz angemeldet und wäre dieses Verfahren noch nicht beendet, so wäre auf Grund der genannten Vorschrift der Ablauf der Ausschlußfrist gehemmt. Für eine solche Ablaufhemmung läßt sich indessen auch den Ausführungen der Revision, die lediglich auf einen etwa gestellten Restitutionsantrag hinweisen kann, nichts entnehmen.
cc) Die gesetzlich geregelte Ausschlußfrist bedarf auch nicht etwa zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einer Verlängerung über den 30. September 1998 hinaus. Zwar durfte die Beklagte auf Grund der Senatsrechtsprechung (BGHZ 132, 245; 136, 228) davon ausgehen, daß eine Ersitzung von Volkseigentum jedenfalls nicht vor dem 1. Januar 2006 drohte. Das Vertrauen auf eine ungefährdete Eigentümerposition war aber spätestens mit Verkündung des Wohnraummodernisierungssicherungsgesetzes am 23. Juli 1997 gegenstandlos geworden, das seither eine Heilung von Fehlern beim Erwerb zu Volkseigentum unter ersitzungsähnlichen Bedingungen ermöglicht. Daß der Beklagten im Anschluß daran zur Wahrung ihrer Rechte nur noch wenig mehr als ein Jahr Zeit verblieb, erscheint nicht unverhältnismäßig, wenn im Blick behalten wird, daß sie auch nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland auf Grund der unklaren Rechtslage keine gesicherte und damit uneingeschränkt schützenswerte Rechtsposition erlangen konnte (vgl. BVerfG, WM 1998, 1631, 1633 für den Bestandsschutz nach Art. 237 § 1 Abs. 1 EGBGB).
dd) Schließlich steht auch der Gesetzeszweck der Herbeiführung insbesondere von Rechtssicherheit der Anwendung der Ausschlußfrist im vorliegenden Fall nicht entgegen. Entscheidet sich der Gesetzgeber wie hier für eine
Ausschlußfrist, so verwirklicht sich das Ziel der Rechtssicherheit in zeitlicher Hinsicht mit deren Ablauf. Daß die Beklagte als frühere Eigentümerin trotz des zwischenzeitlichen Fristablaufs ihre Eintragung als Eigentümerin in das Grundbuch erreichen konnte, bleibt demnach ohne Bedeutung. Anders liegen die Dinge selbstredend vor Ablauf der Ausschlußfrist; war am 30. September 1998 der tatsächliche Eigentümer - auch wenn er als Dritter auf Grund eines wirksamen Zwischenerwerbs Eigentum erlangt hatte (vgl. dazu Senat, Urt. v. 14. März 2003, V ZR 280/02, aaO) - eingetragen, so fehlt es an den Voraussetzungen des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB und im übrigen wegen der bereits geklärten Rechtslage auch an einem Regelungsbedarf hinsichtlich der Eigentumszuordnung.
2. Die von der Revision vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Erwerbstatbestands aus Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB teilt der Senat nicht. Obwohl die Bestimmung entscheidungserheblich ist, kommt daher eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht in Betracht.

a) Entgegen der Ansicht der Revision ist Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB nicht wegen Mißachtung des Initiativrechts insbesondere des Bundesrates aus Art. 76 Abs. 1 GG formell verfassungswidrig.
aa) Zu Recht weist die Revision allerdings darauf hin, daß den Fachausschüssen des Bundestages kein Gesetzesinitiativrecht zukommt. Sie dürfen daher eine ihnen zur Beratung zugewiesene Gesetzesvorlage nicht in einer Weise umgestalten, die auf ein faktisches Initiativrecht hinausläuft und eine Beschneidung der in Art. 76 Abs. 1 GG geregelten Initiativrechte zur Folge hat
(BonnerKomm-GG/Schmidt-Jorzig/Schürmann [Stand: November 1996], Art. 76 Rdn. 133; vgl. auch BVerfGE 72, 175, 189; 101, 297, 307 für den Vermittlungsausschluß nach Art. 77 Abs. 2 GG). Zwar stellt es keine Verletzung, sondern lediglich eine sachliche Beschränkung des Initiativrechts dar, wenn eine Gesetzesvorlage nach den Ausschußberatungen nur in wesentlich veränderter Form in das Plenum gelangt (BVerfGE 1, 144, 155). Das weitreichende Umgestaltungsrecht der Fachausschüsse findet seine Grenze aber in Änderungen, die zu einer "Denaturierung" der Gesetzesvorlage führen (BonnerKommGG /Schmidt-Jorzig/Schürmann, aaO, Art. 76 Rdn. 99; Bryde, JZ 1998, 115, 117), weil diese in sachlicher und inhaltlicher Hinsicht nicht einmal mehr in ihren Grundzügen erhalten geblieben ist (BonnerKomm-GG/Schmidt-Jorzig/ Schürmann, aaO, Art. 76 Rdn. 99). Danach ist entscheidend, daß die Regelungsidee des Initianten gewahrt wird. Seine thematische Vorgabe, mithin die von dem Initianten als regelungsbedürftig eingeschätze Materie, darf nicht angetastet werden (BonnerKomm-GG/Schmidt-Jorzig/Schürmann, aaO, Art. 76 Rdn. 100).
bb) Die damit gezogene Grenze wurde jedoch - entgegen der Ansicht der Revision - während des Gesetzgebungsverfahrens, das zum Erlaß des Wohnraummodernisierungssicherungsgesetzes (WoModSiG) und in dessen Rahmen auch zur Einstellung des Art. 237 § 2 Abs. 2 in das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche führte, noch eingehalten.
(1) Träger der Gesetzesinitiative war der Bundesrat, der gemäß Art. 76 Abs. 1 GG den Entwurf eines Nutzerschutzgesetzes einbrachte. Der nach diesem Entwurf zu regelnde Sachbereich betraf Nachbesserungen auf dem Gebiet des Investitions- und Eigentumsrechts der neuen Bundesländer. Es sollten die
Situation der Nutzer von Immobilien und die Investitionsmöglichkeiten auf anmeldebelasteten Grundstücken (vgl. § 3 Abs. 3 VermG) verbessert und durch Einfügung einer Heilungsvorschrift auch Schutz vor den Folgen zivilrechtlich unwirksamer oder zumindest zweifelhafter Handlungen insbesondere staatlicher Organe der DDR gewährt werden (Entwurfsbegründung, BTDrucks. 13/2022, S. 8, 14 f). Die Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses, an den der Entwurf nach der ersten Lesung im Bundestag überwiesen worden war, lautete dahin, den Gesetzentwurf des Bundesrates - nicht hingegen die von der Revision weiter angeführte Gesetzesvorlage der PDS - in der Fassung des Wohnraummodernisierungssicherungsgesetzes anzunehmen (Beschlußempfehlung , BT-Drucks. 13/7275, S. 4). Auch dieser Gesetzentwurf in der Ausschußfassung war nachfolgend Gegenstand der zweiten und dritten Lesung des Bundestages, wurde in der Schlußabstimmung angenommen und schließlich - mit Änderungen nach Anrufung des Vermittlungsausschusses - vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates als Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz vom 17. Juli 1997 beschlossen. Nach Auffassung der Mehrheit der Abgeordneten im Rechtsausschuß waren zwar Regelungen zugunsten der Nutzer von Grundstücken in den neuen Bundesländern entbehrlich , weil deren Interessen durch die geltenden Vorschriften hinreichend Rechnung getragen sei. Gleichwohl wurden aber Neuregelungen im Bereich des Investitions- und Eigentumsrechts für notwendig gehalten, um insbesondere Schwierigkeiten bei der Modernisierung von Wohnraum auf anmeldebelasteten Grundstücken und Probleme im Zusammenhang mit zivilrechtlichen Mängeln bei der Überführung in Volkseigentum einer Lösung zuzuführen (Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 13/7275, S. 17, 21, 35). Danach ist im Zuge der Beratungen des Rechtsausschusses zwar die Absicht einer Verbesserung der Situation der Nutzer von Immobilien im Beitrittsgebiet aufgegeben worden,
der zu regelnde Sachbereich hat gleichwohl gegenüber dem Entwurf eines Nutzerschutzgesetzes keine entscheidende Veränderung erfahren. Weiterhin wird die Materie des Investitions- und Eigentumsrechts in den neuen Bundesländern speziell auf den Sachgebieten der Aufwendungen zur Modernisierung von Wohnraum bzw. der Heilung zivilrechtlicher Mängel geregelt, wobei der Verzicht auf das Ziel des Nutzerschutzes lediglich zu inhaltlich weniger weitreichenden Vorschriften führte. So wurden die nach dem Entwurf für ein Nutzerschutzgesetz ohne inhaltliche Grenzen zulässigen Modernisierungen auf Fälle beschränkt, in denen der Anmelder das Objekt trotz entsprechenden Angebots nicht zurücknimmt, und für Modernisierungen im Erstattungsweg wurde eine betragsmäßige Obergrenze vorgesehen (Schmidt-Räntsch, VIZ 1997, 449 f). Für die Heilung zivilrechtlicher Mängel wurde die umfassende - allein an dem Vertrauen auf den Bestand des Erwerbs in der DDR orientierte - Vorschrift des Entwurfs für ein Nutzerschutzgesetz (dort Art. 3 Nr. 2 lit. c, BTDrucks. 13/2022) durch eine weniger weitgehende zweistufige Regelung in Form eines Bestandsschutzes mit Ausschlußfrist (Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 u. Abs. 2 Nr. 3 der Ausschußfassung, BT-Drucks. 13/7275, später unter Erweiterung des Bestandsschutzes als Art. 237 § 1 und § 2 EGBGB Gesetz geworden) ersetzt (Schmidt-Räntsch, VIZ 1997, 449, 452).
cc) Überdies würden die Veränderungen des Gesetzentwurfes des Bundesrates selbst dann nicht zur Nichtigkeit des Wohnraummodernisierungssicherungsgesetzes führen, wenn sie einen Mangel des Gesetzgebungsverfahrens begründen könnten. Im Unterschied zu inhaltlichen Fehlern ist ein Gesetz bei Verfahrensverstößen mit Rücksicht auf die Rechtssicherheit nur bei einem evidenten Mangel nichtig (BVerfGE 34, 9, 25; 91, 148, 175). An der Evidenz fehlt es aber im vorliegenden Fall, weil sich die hier aufgeworfene Frage einer
etwaigen Denaturierung der Gesetzesvorlage nur nach eingehender Prüfung des Gesetzgebungsverfahrens beantworten läßt.

b) Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB verstößt auch nicht seinem Inhalt nach gegen die Verfassung (MünchKomm-BGB/Busche, aaO, Art. 237 EGBGB Rdn. 20 f; a.A. Horst, DtZ 1997, 183, 185 f).
aa) Die Vorschrift steht insbesondere mit Art. 14 Abs. 1 GG in Einklang. Bei Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB handelt es sich nicht um eine Enteignung, sondern um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Regelung stellt im Unterschied zur Enteignung, nicht auf die zukünftige Verwendung eines Objekts ab, sondern auf die tatsächliche und rechtliche Beziehung zu ihm (vgl. BVerfG, WM 1998, 1631, 1632 für den Bestandsschutz nach Art. 237 § 1 Abs. 1 EGBGB). Die im Vergleich zur Bestandsschutzregelung des Art. 237 § 1 Abs. 1 EGBGB (vgl. zu deren Verfassungsmäßigkeit in Fällen zivilrechtlich fehlerhaften Ankaufs zu Volkseigentum BVerfG, WM 1998, 1631, 1632 f; Senat, Urt. v. 10. Oktober 1997, V ZR 80/96, WM 1998, 81, 82 f) weniger einschneidende Ausschlußfrist ist als Inhalts- und Schrankenbestimmung durch besonders gewichtige Gründe des öffentlichen Interesses gerechtfertigt und genügt auch im übrigen den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit. Es soll für die Fälle des faktischen Übergangs in Volkseigentum für Grundbuchklarheit, Rechtssicherheit und Rechtsfrieden gesorgt werden (Senat, Urt. v. 14. März 2003, V ZR 280/02, aaO, 172). Zur Erreichung dieser im besonderen öffentlichen Interesse liegenden Zwecke ist die Vorschrift geeignet, erforderlich und - mit Blick auf die bereits erwähnte ungesicherte Rechtsposition - den früheren Eigentümern auch zumutbar (vgl. BVerfG, WM 1998, 1631, 1633).

bb) Ebensowenig wird der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB verletzt. Dem geregelten Sachbereich entspricht weder eine vergleichbare Rechtslage in den alten Bundesländern, noch war der Gesetzgeber durch das Fehlen sachlicher Gründe gehindert, die Regelung auf den aktuellen Bestand der noch offenen Rechtsbeziehungen zu beschränken (vgl. BVerfG, WM 1998, 1631, 1633; Senat, Urt. v. 10. Oktober 1997, V ZR 80/96, aaO).

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Stresemann

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 17. Okt. 2003 - V ZR 91/03

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Bundesgerichtshof Urteil, 17. Okt. 2003 - V ZR 91/03 zitiert 14 §§.

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
V ZR 280/02 Verkündet am:
14. März 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB Art. 237 § 2 Abs. 2

a) Dem Eigentumserwerb nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB steht es entgegen, wenn
vor Ablauf der Ausschlußfrist ein Dritter das Eigentum wirksam erworben hat.

b) Dem Eigentumserwerb nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB steht es nicht entgegen,
wenn bei Ablauf der Ausschlußfrist weder Eigentum des Volkes noch der Abwicklungsberechtigte
selbst eingetragen war, stattdessen aber eine durch Ausgliederung
und Umwandlung begründete Gesellschaft, die in die Funktion des
Abwicklungsberechtigten eingetreten ist und deren Anteile zu 100 % von dem
Abwicklungsberechtigten gehalten werden.
BGH, Urt. v. 14. März 2003 - V ZR 280/02 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. März 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 1. August 2002 aufgehoben und das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 19. April 2002 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


J. A. L. war Miteigentümerin zu 1/3 an einem Hausgrundstück in L. . Sie starb 1973. Das Staatliche Notariat der DDR ermittelte keine Erben und stellte mit Beschluß vom 4. März 1974 fest, daß der Staat Erbe geworden sei. Aufgrund dessen wurde am selben Tag für den Anteil der Erblasserin Eigentum des Volkes, Rechtsträger VEB G. L. , in das Grundbuch eingetragen. Am 3. Mai 1982 wurde auch für die verbliebenen Bruchteile Eigentum des Volkes eingetragen.

Am 12. September 1994 wurde im Verfahren nach dem Vermögenszu- ordnungsgesetz zunächst die Stadt L. als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Aufgrund Umwandlungserklärung der Stadt L. vom 10. Dezember 1990 wurde sodann am 28. April 1997 die Beklagte als Eigentümerin eingetragen.
Der Beschluß des Staatlichen Notariats betreffend das Fiskuserbrecht wurde mit Beschluß des Amtsgerichts Leipzig vom 13. April 1995 aufgehoben. Die Kläger sind die Erben nach J. A. L. . Sie verlangen von der Beklagten die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs dahin, daß sie in Bruchteilsgemeinschaft mit der Beklagten zu 1/3, untereinander in Erbengemeinschaft , als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen werden. Land- und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Kläger hätten ihr Miteigentum von 1/3 an dem Grundstück nicht nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB verloren. Die Vorschrift setze nämlich voraus, daß zum Ablauf des 30. September 1998 noch Eigentum des Volkes oder der aus der Abwicklung des Volkseigentums Berechtigte im Grundbuch als Eigentümer eingetragen war. Daran fehle es, da zum Zeitpunkt des Ablaufs der Ausschlußfrist nicht mehr die Abwicklungsberechtigte, die Stadt L. , sondern die Beklagte ein-
getragen gewesen sei. Diese werde von Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB nicht ge- schützt.

II.


Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß nämlich die Kläger den Anteil der Erblasserin an dem Grundstück geerbt haben. Der unrichtige Beschluß des Staatlichen Notariats vom 4. März 1974 konnte ihnen diese Rechtsstellung nicht nehmen. Er begründete nach der Vorschrift des § 1964 Abs. 2 BGB, die seinerzeit auch in der DDR galt, lediglich die Vermutung , daß der Fiskus Erbe sei. Diese Vermutung ist von den Klägern - was auch die Revision nicht in Frage stellt - widerlegt worden.
2. Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht hingegen insoweit, als es die Voraussetzungen des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB verneint hat. Diese Vorschrift enthält einen Eigentumserwerbstatbestand zugunsten der Personen, denen bei der Abwicklung von Volkseigentum das Eigentum zuzuordnen wäre. Sie sollen es auch dann erwerben, wenn vor dem 3. Oktober 1990 - wie hier - Volkseigentum zu Unrecht eingetragen war, der wahre Eigentümer seine Rechte aber bis zum 30. September 1998 nicht geltend gemacht hat.
Problematisch ist bei der Anwendung dieser Norm im konkreten Fall allein , ob im Zeitpunkt des Ablaufs der Ausschlußfrist im Grundbuch noch Volkseigentum eingetragen sein muß oder ob der Erwerb zugunsten des Abwick-
lungsberechtigten auch eintreten kann, wenn unterdessen ein Dritter eingetragen worden ist. Diese Frage ist differenziert zu beantworten.

a) Keinem Zweifel unterliegt es, daß ein Erwerb möglich ist, wenn mit Ablauf des 30. September 1998 zwar nicht mehr Eigentum des Volkes aber der Abwicklungsberechtigte selbst als Eigentümer eingetragen war (vgl. MünchKomm -BGB/Busche, 3. Aufl., Art. 237 § 2 EGBGB Rdn. 11). Hiervon geht auch das Berufungsgericht aus. Das Gesetz scheint zwar zu verlangen, daß Volkseigentum eingetragen ist. Doch kann die Eintragung desjenigen, zu dessen Gunsten der Erwerbstatbestand wirken soll, dem Eintritt dieser Rechtsfolge nicht entgegenstehen. Hier ist lediglich die Zuordnung im Grundbuch verlautbart worden, die der Abwicklung des Volkseigentums entspricht und die der Gesetzgeber legalisieren wollte.

b) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht ferner an, daß die Rechtsfolge des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB nicht eintritt, wenn vor Ablauf der Ausschlußfrist ein Dritter das Eigentum wirksam erworben hat und in das Grundbuch eingetragen worden ist. Da Zwischenverfügungen unberührt bleiben (Art. 237 § 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 3 EGBGB), ist ein gutgläubiger Erwerb eines Dritten nach §§ 873, 892 BGB möglich. Wird dieser vor Ablauf der Ausschlußfrist als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen, scheidet ein Erwerb nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB zugunsten des Abwicklungsberechtigten aus (vgl. schon Senatsbeschl. v. 13. Februar 2003, V ZR 38/02, nicht veröffentl.

).


Soweit die Revision meint, der Gesetzeszweck erfordere es, den Ab- wicklungsberechtigten auch dann zu schützen, wenn er vor Fristablauf über das Grundstück verfügt, etwa an Dritte veräußert hat, verkennt sie, daß dem Schutz jedenfalls der gutgläubige Erwerb des Dritten entgegensteht. Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB entscheidet den Konflikt zwischen dem früheren Eigentümer und dem Abwicklungsberechtigten. Hat der frühere Eigentümer sein Recht zugunsten eines gutgläubigen Dritten verloren, ist für die Norm kein Raum mehr. Sie setzt eine unrichtige Grundbuchlage voraus, die - im Regelfall - auf den Abwicklungsberechtigten hinweist. Dessen unsichere Rechtslage, die sich investitionshemmend auswirkte, wollte der Gesetzgeber klären und festigen (vgl. zu den Gründen für eine gesetzliche Regelung Schmidt-Räntsch, ZIP 1996, 1858, 1859, 1861). Bei einem wirksamen Zwischenerwerb entspricht das Grundbuch aber der Rechtslage. Es besteht hinsichtlich der Eigentumszuordnung kein Regelungsbedarf. Demjenigen, der gutgläubig erworben hat, kann das Eigentum nicht entschädigungslos wieder entzogen werden (Art. 14 Abs. 3 GG).

c) Gleiches gilt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aber nicht, wenn - wie hier - bei Ablauf des 30. September 1998 ein Dritter als Eigentümer im Grundbuch verzeichnet ist, ohne daß dem ein wirksamer Erwerb zugrunde liegt. In solch einem Fall ist jedenfalls dann von einem Erwerb des Eingetragenen nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB auszugehen, wenn es sich dabei - wie hier - um eine kommunale Wohnungsgesellschaft handelt, die im Wege der Ausgliederung und Umwandlung nach §§ 2, 3 WohnUmwG, §§ 58, 51 UmwG von der Abwicklungsberechtigten als 100 %ige Tochtergesellschaft gegründet wurde.
aa) Zwar mag zunächst der Wortlaut von Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB für die Sicht des Berufungsgerichts sprechen, wenn es dort heißt, daß im Grundbuch (bzw. im Bestandsblatt) Eigentum des Volkes eingetragen sein muß ("ist ... eingetragen"), soll der Eigentumserwerb eintreten. Das ist indes ein nur beschränkt aussagekräftiges Argument, das den Regelungszusammenhang ausspart.
Der Gesetzgeber hat mit der Ausschlußfristregelung des Art. 237 § 2 EGBGB im wesentlichen zwei Sachverhalte, in denen die wahre Eigentumslage mit dem Grundbuchstand nicht übereinstimmt, einer endgültigen Klärung zuführen wollen. § 2 Abs. 1 der Norm schützt den Bucheigentümer, wenn er vor dem 3. Oktober 1990 in das Grundbuch eingetragen worden war und der wahre Eigentümer seine Rechte nicht bis zum Ablauf des 30. September 1998 - nach näherer Ausgestaltung - wahrgenommen hat. § 2 Abs. 2 knüpft daran an und schützt den aus der Abwicklung des Volkseigentums Berechtigten, wenn vor dem 3. Oktober 1990 (zu Unrecht) Eigentum des Volkes eingetragen wurde und der wahre Berechtigte bis zum Ablauf der Ausschlußfrist nicht in der im einzelnen geregelten Weise tätig geworden ist. Dabei stellt Abs. 2 zwar einen eigenständigen Ausschlußtatbestand dar, nimmt aber ersichtlich den Gedanken des Absatzes 1 auf und berücksichtigt nur einige Besonderheiten des Volkseigentums (vgl. Schmidt-Räntsch, VIZ 1997, 449, 453).
Mit § 2 Abs. 2 hat der Gesetzgeber insbesondere auf zwei Entscheidungen des Senats reagiert, nach denen eine Ersitzung von Volkseigentum - jedenfalls vor dem 1. Januar 2006 - ausgeschlossen ist (BGHZ 132, 245; 136, 228; vgl. BT-Drucks. 13/7275 S. 34; Schmidt-Räntsch, VIZ 1997, 449, 453). Er hat, um einen früheren Eigentumserwerb des Buchberechtigten (Abs. 1) bzw.
des Abwicklungsberechtigten (Abs. 2) zu ermöglichen, einen eigenständigen Tatbestand geschaffen, der einerseits zur Verwirkung der Rechte des wahren Eigentümers führt und andererseits im Wege einer Art Buchersitzung den Eigentumserwerb herbeiführt (vgl. Böhringer, OV spezial 1999, 258; Schmidt/ Gohrke, VIZ 2000, 697). Anknüpfend an solche anerkannten Regelungsmuster ist es nicht systemwidrig, wollte man auf eine seit dem 3. Oktober 1990 bis zum Ablauf der Ausschlußfrist andauernde Eintragung des Buchberechtigten (Abs. 1) oder des Volkseigentums (bzw. des Abwicklungsberechtigten, Abs. 2) verzichten. Vor dem Hintergrund des gesetzgeberischen Motivs, für Grundbuchklarheit , Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zu sorgen (vgl. Schmidt/Gohrke, VIZ 2000, 697, 700; s. auch BVerwG VIZ 1998, 507, 508 zu Art. 237 § 1 EGBGB [Bestandsschutz]), ist es denkbar, daß entsprechend dem Rechtsgedanken der §§ 900 Abs. 1 Satz 2, 943 BGB die Ersitzungszeit des oder der Voreingetragenen demjenigen zugute kommt, der zum Ablauf des 30. September 1998 zu Unrecht im Grundbuch als Eigentümer eingetragen war (vgl. Schmidt/Gohrke, VIZ 2000, 697, 698). Das führte im Falle des Absatzes 2 (entgegen Schmidt/Gohrke aaO S. 699) nicht dazu, daß der Abwicklungsberechtigte auch dann mit Ablauf der Ausschlußfrist das Eigentum erwirbt, wenn zu diesem Zeitpunkt ein Dritter Buchberechtigter ist, der dann erst kraft der bis dahin unwirksamen Verfügung des Abwicklungsberechtigten erwerben könnte (§ 185 Abs. 2 BGB). Vielmehr könnte der jeweilige Buchberechtigte unmittelbar erwerben. Soweit dies in § 2 Abs. 2 der Norm, die allein den Abwicklungsberechtigten nennt, nicht angelegt ist, könnte auf den Grundtatbestand des Absatzes 1 zurückgegriffen werden, der ja nur hinsichtlich der Besonderheiten des Volkseigentums durch Absatz 2 ergänzt werden, aber keine strukturelle Änderung erfahren sollte. Dem kann andererseits entgegengehalten werden, daß der Zweck der Norm - zumindest vorrangig - darin besteht, den Abwick-
lungsberechtigten zu schützen, nicht Dritte, denen der Schutz des § 892 BGB versagt geblieben ist.
bb) Ob generell davon abgesehen werden kann, daß der Abwicklungsbberechtigte am Stichtag (30. September 1998) noch zu Unrecht im Grundbuch eingetragen ist, bedarf hier jedoch nicht der Entscheidung. Jedenfalls genügt es, wenn an seiner Stelle - wie hier - eine in dessen Funktion eingetretene Gesellschaft eingetragen war, deren Anteile zu 100 % in den Händen des Abwicklungsberechtigten liegen.
Gemessen am Gesetzeszweck ist es lediglich eine organisatorischtechnische Frage, ob die Stadt L. als die nach Art. 22 Abs. 4 Einigungsvertrag Berechtigte die mit der Übernahme des Wohnungsbestands verbundenen öffentlichen Aufgaben selbst, etwa in einem kommunalen Eigenbetrieb, wahrnimmt oder von einer Gesellschaft des Privatrechts wahrnehmen läßt, die sie selbst durch Ausgliederung und Umwandlung gegründet hat und deren Gesellschaftsanteile sie hält. Wertungsmäßig macht dies für den durch Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB angeordneten Ausschluß der Rechte des bisherigen Eigentümers und für den Eigentumserwerb desjenigen, dem Volkseigentum zugeordnet werden sollte, keinen Unterschied. Nimmt man hinzu, daß schon im Zeitpunkt der Schaffung des Gesetzes Abwicklungsberechtigte in erheblichem Umfang kommunalen Wohnungsbestand privatisiert hatten und daß gerade auch die mit der ungeklärten Rechtslage für diese privaten Gesellschaften der Wohnungswirtschaft verbundenen Schwierigkeiten Anlaß und Motiv für das Einschreiten des Gesetzgebers waren (vgl. Schmidt-Räntsch, ZIP 1996, 1858, 1861), so kann nicht angenommen werden, daß Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB auf einen Schutz der Abwicklungsberechtigten selbst beschränkt werden sollte. In
gleicher Weise geschützt sind vielmehr auch die mit ihnen in wirtschaftlicher Hinsicht identischen privatrechtlich organisierten Gesellschaften der Wohnungswirtschaft (LG Rostock VIZ 2002, 589, 591 f.).
Soweit das Berufungsgericht demgegenüber meint, geschützt sei die Dispositionsbefugnis des Abwicklungsberechtigten erst nach Ablauf der Ausschlußfrist, nicht vorher, verkennt es, daß im konkreten Fall die generelle Dispositionsbefugnis des Abwicklungsberechtigten nicht in Rede steht. Es geht nicht darum, die Stadt L. in ihrem Vertrauen darauf zu schützen, (vermeintliches ) Volkseigentum verkaufen, vermarkten oder verwerten zu können. Der Schutz bezieht sich allein auf die ihr zukommende Befugnis, die Aufgaben der kommunalen Wohnungswirtschaft in der ihr sachgerecht erscheinenden Organisationsform zu erfüllen. Damit wird der von Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB bezweckte Schutz nicht zeitlich vorgelagert, sondern der organisatorischen Entscheidung der Stadt angepaßt, das zu verwaltende Vermögen in ein Sondervermögen auszugliedern. Daß Träger dieses Sondervermögens juristisch ein Dritter ist, tritt hinter dem Umstand zurück, daß das Vermögen des Dritten gleichfalls in den Händen der Stadt als der alleinigen Gesellschafterin liegt.
Daher trägt auch der Hinweis des Berufungsgerichts auf die Geltung der allgemeinen Normen, deren Schutz der Erwerber anvertraut sei, nicht. Die Beklagte hat nicht von der Stadt L. aufgrund eines Verfügungsgeschäfts erworben , das die Möglichkeit und den damit verbundenen Bestandsschutz eines gutgläubigen Erwerbs nach § 873, 892 BGB eröffnete (Senat, Urt. v. 27. November 1998, V ZR 180/97, LM EGBGB 1986 Art. 233 Nr. 37 = WM 1999, 746, 748). Sie hat das Vermögen durch Umwandlung und Ausgliederung übernommen und erhält als partielle Gesamtrechtsnachfolgerin keine bessere Rechts-
stellung als die Stadt, sollte andererseits aber auch nicht schlechter gestellt werden.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Krüger
Lemke Gaier

(1) Das volkseigene Vermögen ist zu privatisieren. Volkseigenes Vermögen kann auch in durch Gesetz bestimmten Fällen Gemeinden, Städten, Kreisen und Ländern sowie der öffentlichen Hand als Eigentum übertragen werden. Volkseigenes Vermögen, das kommunalen Aufgaben und kommunalen Dienstleistungen dient, ist durch Gesetz den Gemeinden und Städten zu übertragen.

(2) Der Ministerrat trägt für die Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens die Verantwortung und ist der Volkskammer rechenschaftspflichtig.

(3) Der Ministerrat beauftragt mit der Durchführung der entsprechenden Maßnahmen die Treuhandanstalt.

(4) Die Treuhandanstalt wird nach Maßgabe dieses Gesetzes Inhaber der Anteile der Kapitalgesellschaften, die durch Umwandlung der im Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragenen volkseigenen Kombinate, Betriebe, Einrichtungen und sonstigen juristisch selbständigen Wirtschaftseinheiten (nachfolgend Wirtschaftseinheiten genannt) entstehen oder bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits entstanden sind.

(5) Die Vorschriften dieses Paragraphen finden nicht für volkseigenes Vermögen Anwendung, soweit dessen Rechtsträger

-
der Staat,
-
die Deutsche Post mit ihren Generaldirektionen, die Deutsche Reichsbahn, die Verwaltung von Wasserstraßen, die Verwaltung des öffentlichen Straßennetzes und andere Staatsunternehmen,
-
Gemeinden, Städten, Kreisen und Ländern unterstellte Betriebe oder Einrichtungen,
-
eine Wirtschaftseinheit, für die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes ein Liquidationsvermerk im Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen wurde,
sind.

(6) Für die Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens in der Land- und Forstwirtschaft ist die Treuhandschaft so zu gestalten, daß den ökonomischen, ökologischen, strukturellen und eigentumsrechtlichen Besonderheiten dieses Bereiches Rechnung getragen wird.

(1) Das Vermögensgesetz sowie Leitungsrechte und die Führung von Leitungen für Ver- und Entsorgungsleitungen, die nicht zugeordnet werden können, bleiben unberührt. Bestehende Leitungen, die nicht zugeordnet sind, sind vorbehaltlich abweichender Bestimmungen in dem Grundbuchbereinigungsgesetz oder dem in Artikel 233 § 3 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Gesetz für die Dauer ihrer derzeitigen Nutzung einschließlich Betrieb und Unterhaltung zu dulden; § 1023 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt sinngemäß; abweichende Vereinbarungen sind zulässig.

(2) Solange über die Zuordnung von Verbindlichkeiten nicht bestandskräftig entschieden ist, kann eine Person, die aus der Zuordnung von Vermögen der früheren Deutschen Demokratischen Republik begünstigt oder verpflichtet sein kann, die Aussetzung gerichtlicher Verfahren verlangen, wenn es auf die Zuordnungslage ankommt und solange das Zuordnungsverfahren betrieben wird.

(3) Anträge nach § 1 Abs. 4 und § 10 können nur bis zum Ablauf des 30. Juni 1994 gestellt werden. Die Frist kann durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums der Finanzen bis längstens zum 31. Dezember 1995 verlängert werden. Ist im Zeitpunkt der Entscheidung ein Antrag nicht gestellt, kann in dem Bescheid gemäß § 2 ein Ausschluß der Restitution (§ 11 Abs. 1) festgestellt werden; die Voraussetzungen sind glaubhaft zu machen.

(4) Ein Zuordnungsbescheid kann auch ergehen, wenn eine unentgeltliche Abgabe von Vermögenswerten an juristische Personen des öffentlichen Rechts auf Grund haushaltsrechtlicher Ermächtigungen erfolgen soll. Jeder Zuordnungsbescheid kann mit Zustimmung des aus ihm Begünstigten geändert werden, wenn die Änderung den in § 1 genannten Vorschriften eher entspricht. § 3 gilt in den Fällen der Sätze 1 und 2 sinngemäß.

(5) Durch Zuordnungsbescheid nach den §§ 1 und 2 kann, unbeschadet der §§ 4 und 10 des Grundbuchbereinigungsgesetzes, ein Vermögenswert einer Gebietskörperschaft oder einer bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts oder einer Kapitalgesellschaft, deren sämtliche Aktien oder Geschäftsanteile sich unmittelbar oder mittelbar in der Hand einer oder mehrerer Gebietskörperschaften oder der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben befinden, auf eine der vorbezeichneten juristischen Personen oder auf eine öffentlich-rechtliche Stiftung übertragen werden. In diesem Fall bleiben die Vorschriften über die Restitution und des Vermögensgesetzes weiter anwendbar. Die Übertragung ist nur nach Einigung der Beteiligten (§ 2 Abs. 1 Satz 6) möglich; den Antrag kann sowohl die abgebende als auch die aufnehmende juristische Person stellen.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Zuständigkeiten des Präsidenten der Treuhandanstalt und die Zuständigkeiten eines Oberfinanzpräsidenten ganz oder teilweise auf eine andere Behörde des Bundes zu übertragen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
V ZR 280/02 Verkündet am:
14. März 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB Art. 237 § 2 Abs. 2

a) Dem Eigentumserwerb nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB steht es entgegen, wenn
vor Ablauf der Ausschlußfrist ein Dritter das Eigentum wirksam erworben hat.

b) Dem Eigentumserwerb nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB steht es nicht entgegen,
wenn bei Ablauf der Ausschlußfrist weder Eigentum des Volkes noch der Abwicklungsberechtigte
selbst eingetragen war, stattdessen aber eine durch Ausgliederung
und Umwandlung begründete Gesellschaft, die in die Funktion des
Abwicklungsberechtigten eingetreten ist und deren Anteile zu 100 % von dem
Abwicklungsberechtigten gehalten werden.
BGH, Urt. v. 14. März 2003 - V ZR 280/02 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. März 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 1. August 2002 aufgehoben und das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 19. April 2002 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


J. A. L. war Miteigentümerin zu 1/3 an einem Hausgrundstück in L. . Sie starb 1973. Das Staatliche Notariat der DDR ermittelte keine Erben und stellte mit Beschluß vom 4. März 1974 fest, daß der Staat Erbe geworden sei. Aufgrund dessen wurde am selben Tag für den Anteil der Erblasserin Eigentum des Volkes, Rechtsträger VEB G. L. , in das Grundbuch eingetragen. Am 3. Mai 1982 wurde auch für die verbliebenen Bruchteile Eigentum des Volkes eingetragen.

Am 12. September 1994 wurde im Verfahren nach dem Vermögenszu- ordnungsgesetz zunächst die Stadt L. als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Aufgrund Umwandlungserklärung der Stadt L. vom 10. Dezember 1990 wurde sodann am 28. April 1997 die Beklagte als Eigentümerin eingetragen.
Der Beschluß des Staatlichen Notariats betreffend das Fiskuserbrecht wurde mit Beschluß des Amtsgerichts Leipzig vom 13. April 1995 aufgehoben. Die Kläger sind die Erben nach J. A. L. . Sie verlangen von der Beklagten die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs dahin, daß sie in Bruchteilsgemeinschaft mit der Beklagten zu 1/3, untereinander in Erbengemeinschaft , als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen werden. Land- und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Kläger hätten ihr Miteigentum von 1/3 an dem Grundstück nicht nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB verloren. Die Vorschrift setze nämlich voraus, daß zum Ablauf des 30. September 1998 noch Eigentum des Volkes oder der aus der Abwicklung des Volkseigentums Berechtigte im Grundbuch als Eigentümer eingetragen war. Daran fehle es, da zum Zeitpunkt des Ablaufs der Ausschlußfrist nicht mehr die Abwicklungsberechtigte, die Stadt L. , sondern die Beklagte ein-
getragen gewesen sei. Diese werde von Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB nicht ge- schützt.

II.


Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß nämlich die Kläger den Anteil der Erblasserin an dem Grundstück geerbt haben. Der unrichtige Beschluß des Staatlichen Notariats vom 4. März 1974 konnte ihnen diese Rechtsstellung nicht nehmen. Er begründete nach der Vorschrift des § 1964 Abs. 2 BGB, die seinerzeit auch in der DDR galt, lediglich die Vermutung , daß der Fiskus Erbe sei. Diese Vermutung ist von den Klägern - was auch die Revision nicht in Frage stellt - widerlegt worden.
2. Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht hingegen insoweit, als es die Voraussetzungen des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB verneint hat. Diese Vorschrift enthält einen Eigentumserwerbstatbestand zugunsten der Personen, denen bei der Abwicklung von Volkseigentum das Eigentum zuzuordnen wäre. Sie sollen es auch dann erwerben, wenn vor dem 3. Oktober 1990 - wie hier - Volkseigentum zu Unrecht eingetragen war, der wahre Eigentümer seine Rechte aber bis zum 30. September 1998 nicht geltend gemacht hat.
Problematisch ist bei der Anwendung dieser Norm im konkreten Fall allein , ob im Zeitpunkt des Ablaufs der Ausschlußfrist im Grundbuch noch Volkseigentum eingetragen sein muß oder ob der Erwerb zugunsten des Abwick-
lungsberechtigten auch eintreten kann, wenn unterdessen ein Dritter eingetragen worden ist. Diese Frage ist differenziert zu beantworten.

a) Keinem Zweifel unterliegt es, daß ein Erwerb möglich ist, wenn mit Ablauf des 30. September 1998 zwar nicht mehr Eigentum des Volkes aber der Abwicklungsberechtigte selbst als Eigentümer eingetragen war (vgl. MünchKomm -BGB/Busche, 3. Aufl., Art. 237 § 2 EGBGB Rdn. 11). Hiervon geht auch das Berufungsgericht aus. Das Gesetz scheint zwar zu verlangen, daß Volkseigentum eingetragen ist. Doch kann die Eintragung desjenigen, zu dessen Gunsten der Erwerbstatbestand wirken soll, dem Eintritt dieser Rechtsfolge nicht entgegenstehen. Hier ist lediglich die Zuordnung im Grundbuch verlautbart worden, die der Abwicklung des Volkseigentums entspricht und die der Gesetzgeber legalisieren wollte.

b) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht ferner an, daß die Rechtsfolge des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB nicht eintritt, wenn vor Ablauf der Ausschlußfrist ein Dritter das Eigentum wirksam erworben hat und in das Grundbuch eingetragen worden ist. Da Zwischenverfügungen unberührt bleiben (Art. 237 § 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 3 EGBGB), ist ein gutgläubiger Erwerb eines Dritten nach §§ 873, 892 BGB möglich. Wird dieser vor Ablauf der Ausschlußfrist als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen, scheidet ein Erwerb nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB zugunsten des Abwicklungsberechtigten aus (vgl. schon Senatsbeschl. v. 13. Februar 2003, V ZR 38/02, nicht veröffentl.

).


Soweit die Revision meint, der Gesetzeszweck erfordere es, den Ab- wicklungsberechtigten auch dann zu schützen, wenn er vor Fristablauf über das Grundstück verfügt, etwa an Dritte veräußert hat, verkennt sie, daß dem Schutz jedenfalls der gutgläubige Erwerb des Dritten entgegensteht. Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB entscheidet den Konflikt zwischen dem früheren Eigentümer und dem Abwicklungsberechtigten. Hat der frühere Eigentümer sein Recht zugunsten eines gutgläubigen Dritten verloren, ist für die Norm kein Raum mehr. Sie setzt eine unrichtige Grundbuchlage voraus, die - im Regelfall - auf den Abwicklungsberechtigten hinweist. Dessen unsichere Rechtslage, die sich investitionshemmend auswirkte, wollte der Gesetzgeber klären und festigen (vgl. zu den Gründen für eine gesetzliche Regelung Schmidt-Räntsch, ZIP 1996, 1858, 1859, 1861). Bei einem wirksamen Zwischenerwerb entspricht das Grundbuch aber der Rechtslage. Es besteht hinsichtlich der Eigentumszuordnung kein Regelungsbedarf. Demjenigen, der gutgläubig erworben hat, kann das Eigentum nicht entschädigungslos wieder entzogen werden (Art. 14 Abs. 3 GG).

c) Gleiches gilt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aber nicht, wenn - wie hier - bei Ablauf des 30. September 1998 ein Dritter als Eigentümer im Grundbuch verzeichnet ist, ohne daß dem ein wirksamer Erwerb zugrunde liegt. In solch einem Fall ist jedenfalls dann von einem Erwerb des Eingetragenen nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB auszugehen, wenn es sich dabei - wie hier - um eine kommunale Wohnungsgesellschaft handelt, die im Wege der Ausgliederung und Umwandlung nach §§ 2, 3 WohnUmwG, §§ 58, 51 UmwG von der Abwicklungsberechtigten als 100 %ige Tochtergesellschaft gegründet wurde.
aa) Zwar mag zunächst der Wortlaut von Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB für die Sicht des Berufungsgerichts sprechen, wenn es dort heißt, daß im Grundbuch (bzw. im Bestandsblatt) Eigentum des Volkes eingetragen sein muß ("ist ... eingetragen"), soll der Eigentumserwerb eintreten. Das ist indes ein nur beschränkt aussagekräftiges Argument, das den Regelungszusammenhang ausspart.
Der Gesetzgeber hat mit der Ausschlußfristregelung des Art. 237 § 2 EGBGB im wesentlichen zwei Sachverhalte, in denen die wahre Eigentumslage mit dem Grundbuchstand nicht übereinstimmt, einer endgültigen Klärung zuführen wollen. § 2 Abs. 1 der Norm schützt den Bucheigentümer, wenn er vor dem 3. Oktober 1990 in das Grundbuch eingetragen worden war und der wahre Eigentümer seine Rechte nicht bis zum Ablauf des 30. September 1998 - nach näherer Ausgestaltung - wahrgenommen hat. § 2 Abs. 2 knüpft daran an und schützt den aus der Abwicklung des Volkseigentums Berechtigten, wenn vor dem 3. Oktober 1990 (zu Unrecht) Eigentum des Volkes eingetragen wurde und der wahre Berechtigte bis zum Ablauf der Ausschlußfrist nicht in der im einzelnen geregelten Weise tätig geworden ist. Dabei stellt Abs. 2 zwar einen eigenständigen Ausschlußtatbestand dar, nimmt aber ersichtlich den Gedanken des Absatzes 1 auf und berücksichtigt nur einige Besonderheiten des Volkseigentums (vgl. Schmidt-Räntsch, VIZ 1997, 449, 453).
Mit § 2 Abs. 2 hat der Gesetzgeber insbesondere auf zwei Entscheidungen des Senats reagiert, nach denen eine Ersitzung von Volkseigentum - jedenfalls vor dem 1. Januar 2006 - ausgeschlossen ist (BGHZ 132, 245; 136, 228; vgl. BT-Drucks. 13/7275 S. 34; Schmidt-Räntsch, VIZ 1997, 449, 453). Er hat, um einen früheren Eigentumserwerb des Buchberechtigten (Abs. 1) bzw.
des Abwicklungsberechtigten (Abs. 2) zu ermöglichen, einen eigenständigen Tatbestand geschaffen, der einerseits zur Verwirkung der Rechte des wahren Eigentümers führt und andererseits im Wege einer Art Buchersitzung den Eigentumserwerb herbeiführt (vgl. Böhringer, OV spezial 1999, 258; Schmidt/ Gohrke, VIZ 2000, 697). Anknüpfend an solche anerkannten Regelungsmuster ist es nicht systemwidrig, wollte man auf eine seit dem 3. Oktober 1990 bis zum Ablauf der Ausschlußfrist andauernde Eintragung des Buchberechtigten (Abs. 1) oder des Volkseigentums (bzw. des Abwicklungsberechtigten, Abs. 2) verzichten. Vor dem Hintergrund des gesetzgeberischen Motivs, für Grundbuchklarheit , Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zu sorgen (vgl. Schmidt/Gohrke, VIZ 2000, 697, 700; s. auch BVerwG VIZ 1998, 507, 508 zu Art. 237 § 1 EGBGB [Bestandsschutz]), ist es denkbar, daß entsprechend dem Rechtsgedanken der §§ 900 Abs. 1 Satz 2, 943 BGB die Ersitzungszeit des oder der Voreingetragenen demjenigen zugute kommt, der zum Ablauf des 30. September 1998 zu Unrecht im Grundbuch als Eigentümer eingetragen war (vgl. Schmidt/Gohrke, VIZ 2000, 697, 698). Das führte im Falle des Absatzes 2 (entgegen Schmidt/Gohrke aaO S. 699) nicht dazu, daß der Abwicklungsberechtigte auch dann mit Ablauf der Ausschlußfrist das Eigentum erwirbt, wenn zu diesem Zeitpunkt ein Dritter Buchberechtigter ist, der dann erst kraft der bis dahin unwirksamen Verfügung des Abwicklungsberechtigten erwerben könnte (§ 185 Abs. 2 BGB). Vielmehr könnte der jeweilige Buchberechtigte unmittelbar erwerben. Soweit dies in § 2 Abs. 2 der Norm, die allein den Abwicklungsberechtigten nennt, nicht angelegt ist, könnte auf den Grundtatbestand des Absatzes 1 zurückgegriffen werden, der ja nur hinsichtlich der Besonderheiten des Volkseigentums durch Absatz 2 ergänzt werden, aber keine strukturelle Änderung erfahren sollte. Dem kann andererseits entgegengehalten werden, daß der Zweck der Norm - zumindest vorrangig - darin besteht, den Abwick-
lungsberechtigten zu schützen, nicht Dritte, denen der Schutz des § 892 BGB versagt geblieben ist.
bb) Ob generell davon abgesehen werden kann, daß der Abwicklungsbberechtigte am Stichtag (30. September 1998) noch zu Unrecht im Grundbuch eingetragen ist, bedarf hier jedoch nicht der Entscheidung. Jedenfalls genügt es, wenn an seiner Stelle - wie hier - eine in dessen Funktion eingetretene Gesellschaft eingetragen war, deren Anteile zu 100 % in den Händen des Abwicklungsberechtigten liegen.
Gemessen am Gesetzeszweck ist es lediglich eine organisatorischtechnische Frage, ob die Stadt L. als die nach Art. 22 Abs. 4 Einigungsvertrag Berechtigte die mit der Übernahme des Wohnungsbestands verbundenen öffentlichen Aufgaben selbst, etwa in einem kommunalen Eigenbetrieb, wahrnimmt oder von einer Gesellschaft des Privatrechts wahrnehmen läßt, die sie selbst durch Ausgliederung und Umwandlung gegründet hat und deren Gesellschaftsanteile sie hält. Wertungsmäßig macht dies für den durch Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB angeordneten Ausschluß der Rechte des bisherigen Eigentümers und für den Eigentumserwerb desjenigen, dem Volkseigentum zugeordnet werden sollte, keinen Unterschied. Nimmt man hinzu, daß schon im Zeitpunkt der Schaffung des Gesetzes Abwicklungsberechtigte in erheblichem Umfang kommunalen Wohnungsbestand privatisiert hatten und daß gerade auch die mit der ungeklärten Rechtslage für diese privaten Gesellschaften der Wohnungswirtschaft verbundenen Schwierigkeiten Anlaß und Motiv für das Einschreiten des Gesetzgebers waren (vgl. Schmidt-Räntsch, ZIP 1996, 1858, 1861), so kann nicht angenommen werden, daß Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB auf einen Schutz der Abwicklungsberechtigten selbst beschränkt werden sollte. In
gleicher Weise geschützt sind vielmehr auch die mit ihnen in wirtschaftlicher Hinsicht identischen privatrechtlich organisierten Gesellschaften der Wohnungswirtschaft (LG Rostock VIZ 2002, 589, 591 f.).
Soweit das Berufungsgericht demgegenüber meint, geschützt sei die Dispositionsbefugnis des Abwicklungsberechtigten erst nach Ablauf der Ausschlußfrist, nicht vorher, verkennt es, daß im konkreten Fall die generelle Dispositionsbefugnis des Abwicklungsberechtigten nicht in Rede steht. Es geht nicht darum, die Stadt L. in ihrem Vertrauen darauf zu schützen, (vermeintliches ) Volkseigentum verkaufen, vermarkten oder verwerten zu können. Der Schutz bezieht sich allein auf die ihr zukommende Befugnis, die Aufgaben der kommunalen Wohnungswirtschaft in der ihr sachgerecht erscheinenden Organisationsform zu erfüllen. Damit wird der von Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB bezweckte Schutz nicht zeitlich vorgelagert, sondern der organisatorischen Entscheidung der Stadt angepaßt, das zu verwaltende Vermögen in ein Sondervermögen auszugliedern. Daß Träger dieses Sondervermögens juristisch ein Dritter ist, tritt hinter dem Umstand zurück, daß das Vermögen des Dritten gleichfalls in den Händen der Stadt als der alleinigen Gesellschafterin liegt.
Daher trägt auch der Hinweis des Berufungsgerichts auf die Geltung der allgemeinen Normen, deren Schutz der Erwerber anvertraut sei, nicht. Die Beklagte hat nicht von der Stadt L. aufgrund eines Verfügungsgeschäfts erworben , das die Möglichkeit und den damit verbundenen Bestandsschutz eines gutgläubigen Erwerbs nach § 873, 892 BGB eröffnete (Senat, Urt. v. 27. November 1998, V ZR 180/97, LM EGBGB 1986 Art. 233 Nr. 37 = WM 1999, 746, 748). Sie hat das Vermögen durch Umwandlung und Ausgliederung übernommen und erhält als partielle Gesamtrechtsnachfolgerin keine bessere Rechts-
stellung als die Stadt, sollte andererseits aber auch nicht schlechter gestellt werden.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Krüger
Lemke Gaier

(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.

(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(1) Gesetzesvorlagen werden beim Bundestage durch die Bundesregierung, aus der Mitte des Bundestages oder durch den Bundesrat eingebracht.

(2) Vorlagen der Bundesregierung sind zunächst dem Bundesrat zuzuleiten. Der Bundesrat ist berechtigt, innerhalb von sechs Wochen zu diesen Vorlagen Stellung zu nehmen. Verlangt er aus wichtigem Grunde, insbesondere mit Rücksicht auf den Umfang einer Vorlage, eine Fristverlängerung, so beträgt die Frist neun Wochen. Die Bundesregierung kann eine Vorlage, die sie bei der Zuleitung an den Bundesrat ausnahmsweise als besonders eilbedürftig bezeichnet hat, nach drei Wochen oder, wenn der Bundesrat ein Verlangen nach Satz 3 geäußert hat, nach sechs Wochen dem Bundestag zuleiten, auch wenn die Stellungnahme des Bundesrates noch nicht bei ihr eingegangen ist; sie hat die Stellungnahme des Bundesrates unverzüglich nach Eingang dem Bundestag nachzureichen. Bei Vorlagen zur Änderung dieses Grundgesetzes und zur Übertragung von Hoheitsrechten nach Artikel 23 oder Artikel 24 beträgt die Frist zur Stellungnahme neun Wochen; Satz 4 findet keine Anwendung.

(3) Vorlagen des Bundesrates sind dem Bundestag durch die Bundesregierung innerhalb von sechs Wochen zuzuleiten. Sie soll hierbei ihre Auffassung darlegen. Verlangt sie aus wichtigem Grunde, insbesondere mit Rücksicht auf den Umfang einer Vorlage, eine Fristverlängerung, so beträgt die Frist neun Wochen. Wenn der Bundesrat eine Vorlage ausnahmsweise als besonders eilbedürftig bezeichnet hat, beträgt die Frist drei Wochen oder, wenn die Bundesregierung ein Verlangen nach Satz 3 geäußert hat, sechs Wochen. Bei Vorlagen zur Änderung dieses Grundgesetzes und zur Übertragung von Hoheitsrechten nach Artikel 23 oder Artikel 24 beträgt die Frist neun Wochen; Satz 4 findet keine Anwendung. Der Bundestag hat über die Vorlagen in angemessener Frist zu beraten und Beschluß zu fassen.

(1) Die Bundesgesetze werden vom Bundestage beschlossen. Sie sind nach ihrer Annahme durch den Präsidenten des Bundestages unverzüglich dem Bundesrate zuzuleiten.

(2) Der Bundesrat kann binnen drei Wochen nach Eingang des Gesetzesbeschlusses verlangen, daß ein aus Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates für die gemeinsame Beratung von Vorlagen gebildeter Ausschuß einberufen wird. Die Zusammensetzung und das Verfahren dieses Ausschusses regelt eine Geschäftsordnung, die vom Bundestag beschlossen wird und der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Die in diesen Ausschuß entsandten Mitglieder des Bundesrates sind nicht an Weisungen gebunden. Ist zu einem Gesetze die Zustimmung des Bundesrates erforderlich, so können auch der Bundestag und die Bundesregierung die Einberufung verlangen. Schlägt der Ausschuß eine Änderung des Gesetzesbeschlusses vor, so hat der Bundestag erneut Beschluß zu fassen.

(2a) Soweit zu einem Gesetz die Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist, hat der Bundesrat, wenn ein Verlangen nach Absatz 2 Satz 1 nicht gestellt oder das Vermittlungsverfahren ohne einen Vorschlag zur Änderung des Gesetzesbeschlusses beendet ist, in angemessener Frist über die Zustimmung Beschluß zu fassen.

(3) Soweit zu einem Gesetze die Zustimmung des Bundesrates nicht erforderlich ist, kann der Bundesrat, wenn das Verfahren nach Absatz 2 beendigt ist, gegen ein vom Bundestage beschlossenes Gesetz binnen zwei Wochen Einspruch einlegen. Die Einspruchsfrist beginnt im Falle des Absatzes 2 letzter Satz mit dem Eingange des vom Bundestage erneut gefaßten Beschlusses, in allen anderen Fällen mit dem Eingange der Mitteilung des Vorsitzenden des in Absatz 2 vorgesehenen Ausschusses, daß das Verfahren vor dem Ausschusse abgeschlossen ist.

(4) Wird der Einspruch mit der Mehrheit der Stimmen des Bundesrates beschlossen, so kann er durch Beschluß der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages zurückgewiesen werden. Hat der Bundesrat den Einspruch mit einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln seiner Stimmen beschlossen, so bedarf die Zurückweisung durch den Bundestag einer Mehrheit von zwei Dritteln, mindestens der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages.

(1) Gesetzesvorlagen werden beim Bundestage durch die Bundesregierung, aus der Mitte des Bundestages oder durch den Bundesrat eingebracht.

(2) Vorlagen der Bundesregierung sind zunächst dem Bundesrat zuzuleiten. Der Bundesrat ist berechtigt, innerhalb von sechs Wochen zu diesen Vorlagen Stellung zu nehmen. Verlangt er aus wichtigem Grunde, insbesondere mit Rücksicht auf den Umfang einer Vorlage, eine Fristverlängerung, so beträgt die Frist neun Wochen. Die Bundesregierung kann eine Vorlage, die sie bei der Zuleitung an den Bundesrat ausnahmsweise als besonders eilbedürftig bezeichnet hat, nach drei Wochen oder, wenn der Bundesrat ein Verlangen nach Satz 3 geäußert hat, nach sechs Wochen dem Bundestag zuleiten, auch wenn die Stellungnahme des Bundesrates noch nicht bei ihr eingegangen ist; sie hat die Stellungnahme des Bundesrates unverzüglich nach Eingang dem Bundestag nachzureichen. Bei Vorlagen zur Änderung dieses Grundgesetzes und zur Übertragung von Hoheitsrechten nach Artikel 23 oder Artikel 24 beträgt die Frist zur Stellungnahme neun Wochen; Satz 4 findet keine Anwendung.

(3) Vorlagen des Bundesrates sind dem Bundestag durch die Bundesregierung innerhalb von sechs Wochen zuzuleiten. Sie soll hierbei ihre Auffassung darlegen. Verlangt sie aus wichtigem Grunde, insbesondere mit Rücksicht auf den Umfang einer Vorlage, eine Fristverlängerung, so beträgt die Frist neun Wochen. Wenn der Bundesrat eine Vorlage ausnahmsweise als besonders eilbedürftig bezeichnet hat, beträgt die Frist drei Wochen oder, wenn die Bundesregierung ein Verlangen nach Satz 3 geäußert hat, sechs Wochen. Bei Vorlagen zur Änderung dieses Grundgesetzes und zur Übertragung von Hoheitsrechten nach Artikel 23 oder Artikel 24 beträgt die Frist neun Wochen; Satz 4 findet keine Anwendung. Der Bundestag hat über die Vorlagen in angemessener Frist zu beraten und Beschluß zu fassen.

(1) Vermögenswerte, die den Maßnahmen im Sinne des § 1 unterlagen und in Volkseigentum überführt oder an Dritte veräußert wurden, sind auf Antrag an die Berechtigten zurückzuübertragen, soweit dies nicht nach diesem Gesetz ausgeschlossen ist. Der Anspruch auf Rückübertragung, Rückgabe oder Entschädigung kann abgetreten, verpfändet oder gepfändet werden; die Abtretung ist unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung erfolgt; sie und die Verpflichtung hierzu bedürfen der notariellen Beurkundung, wenn der Anspruch auf Rückübertragung eines Grundstücks, Gebäudes oder Unternehmens gerichtet ist; eine ohne Beachtung dieser Form eingegangene Verpflichtung oder Abtretung wird ihrem ganzen Inhalte nach gültig, wenn das Eigentum an dem Grundstück, Gebäude oder Unternehmen gemäß § 34 oder sonst wirksam auf den Erwerber des Anspruchs übertragen wird. Ein Berechtigter, der einen Antrag auf Rückgabe eines Unternehmens stellt oder stellen könnte, kann seinen Antrag nicht auf die Rückgabe einzelner Vermögensgegenstände beschränken, die sich im Zeitpunkt der Schädigung in seinem Eigentum befanden; § 6 Abs. 6a Satz 1 bleibt unberührt. Gehören Vermögensgegenstände, die mit einem nach § 1 Abs. 6 in Verbindung mit § 6 zurückzugebenden oder einem nach diesem oder einem anderen nach dem 8. Mai 1945 ergangenen Gesetz bereits zurückgegebenen Unternehmen entzogen oder von ihm später angeschafft worden sind, aus irgendwelchen Gründen nicht mehr zum Vermögen des Unternehmens, so kann der Berechtigte verlangen, dass ihm an diesen Gegenständen im Wege der Einzelrestitution in Höhe der ihm entzogenen Beteiligung Bruchteilseigentum eingeräumt wird; dieser Anspruch besteht auch, wenn eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an einem Unternehmen Gegenstand der Schädigung nach § 1 Abs. 6 ist und das Unternehmen zum Zeitpunkt der Schädigung nicht von Maßnahmen nach § 1 betroffen war; in Fällen der mittelbaren Beteiligung gilt dies nur, wenn das Beteiligungsunternehmen jeweils mehr als den fünften Teil der Anteile, auf deren Berechnung § 16 Abs. 2 und 4 des Aktiengesetzes anzuwenden ist, am gezeichneten Kapital eines Unternehmens besaß; als Zeitpunkt der Schädigung gilt der Zeitpunkt der Entziehung des Unternehmens oder der Beteiligung. Berechtigter im Sinne des Satzes 4 ist der geschädigte Gesellschafter und nicht das in § 6 Abs. 1a bezeichnete Unternehmen. Es wird vermutet, dass Gegenstände, die von einem dieser Unternehmen bis zum 8. Mai 1945 angeschafft worden sind, mit Mitteln des Unternehmens erworben wurden. Dem Verfügungsberechtigten ist auf seinen Antrag zu gestatten, den Anspruch des Berechtigten auf Einräumung von Bruchteilseigentum mit dem anteiligen Verkehrswert abzufinden. Ist der Anspruch auf Vermögenswerte gerichtet, die zu einem selbständigen Unternehmen zusammengefasst sind oder ohne erhebliche wirtschaftliche Nachteile für den Berechtigten zu einem Unternehmen zusammengefasst werden können, so ist der Berechtigte auf Antrag des Verfügungsberechtigten an dem Unternehmen entsprechend zu beteiligen; gehören solche Vermögenswerte zu einem Unternehmen, das auch anderes Vermögen besitzt, so ist auf Antrag des Verfügungsberechtigten dem Berechtigten eine entsprechende Beteiligung an dem die Vermögenswerte besitzenden Unternehmen einzuräumen, wenn dies nicht zu erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen für den Berechtigten führt. Der Berechtigte hat dem Verfügungsberechtigten die nach dem 2. Oktober 1990 aufgewendeten Kosten für vor der Konkretisierung des Antrags auf Rückübertragung (§ 11 Abs. 1 Grundstücksverkehrsordnung) in bezug auf den Vermögenswert durchgeführte oder begonnene Bebauungs-, Modernisierungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen anteilig zu erstatten, sobald über die Einräumung von Bruchteilseigentum bestandskräftig entschieden wurde, soweit diese Kosten nicht mit Entgelten im Sinne des § 7 Abs. 7 Satz 2 und 4 oder entsprechend der Finanzierung mit künftigen Entgelten dieser Art verrechenbar sind; im Streitfall entscheiden die ordentlichen Gerichte. Die Sätze 4 bis 9 sind entsprechend auf Vermögenswerte anzuwenden, die nach § 1 Abs. 6 in Verbindung mit § 6 Abs. 6a Satz 1 zurückzuübertragen sind, auch wenn sie schon vor der Stillegung nicht mehr zum Vermögen des Unternehmens gehörten; § 6 Abs. 1a, Abs. 6a Satz 2 gilt nicht. Die Sätze 4 bis 10 sind nicht anzuwenden, wenn für den Wohnungsbau bestimmte Vermögenswerte entsprechend dem überwiegenden Unternehmenszweck eines Entwicklungs-, Siedlungs- oder Wohnungsbauunternehmens, wie er vor der Schädigung bestanden hat, bis zum 8. Mai 1945 an natürliche Personen veräußert wurden, es sei denn, die Veräußerung ist nicht zu einem für das Unternehmen üblichen Preis erfolgt.

(1a) Die Rückübertragung von dinglichen Rechten an einem Grundstück oder Gebäude erfolgt dadurch, dass das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen diese an rangbereiter Stelle in dem Umfang begründet, in dem sie nach § 16 zu übernehmen wären. Auf Geldleistung gerichtete Rechte können nur in Deutscher Mark begründet werden. Eine Haftung für Zinsen kann höchstens in Höhe von 13 vom Hundert ab dem Tag der Entscheidung über die Rückübertragung begründet werden. Kann das frühere Recht nach den seit dem 3. Oktober 1990 geltenden Vorschriften nicht wiederbegründet werden, ist dasjenige Recht zu begründen, das dem früheren Recht entspricht oder am ehesten entspricht. Bei Grundpfandrechten ist die Erteilung eines Briefes ausgeschlossen. Hypotheken und Aufbauhypotheken nach dem Zivilgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik sind als Hypotheken zu begründen. Eine Wiederbegründung erfolgt nicht, wenn der Eigentümer des Grundstücks das zu begründende Grundpfandrecht oder eine dadurch gesicherte Forderung ablöst. Eine Wiederbegründung erfolgt ferner nicht, wenn die Belastung mit dem Recht für den Eigentümer des Grundstücks mit Nachteilen verbunden ist, welche den beim Berechtigten durch die Nichtbegründung des Rechts entstehenden Schaden erheblich überwiegen und der Eigentümer des Grundstücks dem Berechtigten die durch die Nichtbegründung des Rechts entstehenden Vermögensnachteile ausgleicht.

(2) Werden von mehreren Personen Ansprüche auf Rückübertragung desselben Vermögenswertes geltend gemacht, so gilt derjenige als Berechtigter, der von einer Maßnahme gemäß des § 1 als Erster betroffen war.

(3) Liegt ein Antrag nach § 30 vor, so ist der Verfügungsberechtigte verpflichtet, den Abschluss dinglicher Rechtsgeschäfte oder die Eingehung langfristiger vertraglicher Verpflichtungen ohne Zustimmung des Berechtigten zu unterlassen. Ausgenommen sind solche Rechtsgeschäfte, die

a)
zur Erfüllung von Rechtspflichten des Eigentümers, insbesondere bei Anordnung eines Modernisierungs- und Instandsetzungsgebots nach § 177 des Baugesetzbuchs zur Beseitigung der Missstände und zur Behebung der Mängel oder
b)
zur Erhaltung und Bewirtschaftung des Vermögenswerts
erforderlich sind. Ausgenommen sind, soweit sie nicht bereits nach den Sätzen 2 und 5 ohne Zustimmung des Berechtigten zulässig sind, ferner Instandsetzungsmaßnahmen, wenn die hierfür aufzuwendenden Kosten den Verfügungsberechtigten als Vermieter nach Rechtsvorschriften zu einer Erhöhung der jährlichen Miete berechtigen. Der Berechtigte ist verpflichtet, dem Verfügungsberechtigten die aufgewendeten Kosten, soweit diese durch eine instandsetzungsbedingte Mieterhöhung nicht bereits ausgeglichen sind, zu erstatten, sobald über die Rückübertragung des Eigentums bestandskräftig entschieden ist. Satz 2 gilt entsprechend für Maßnahmen der in Satz 2 Buchstabe a bezeichneten Art, die ohne eine Anordnung nach § 177 des Baugesetzbuchs vorgenommen werden, wenn die Kosten der Maßnahmen von der Gemeinde oder einer anderen Stelle nach Maßgabe des § 177 Abs. 4 und 5 des Baugesetzbuchs erstattet werden. Der Verfügungsberechtigte hat diese Rechtsgeschäfte so zu führen, wie das Interesse des Berechtigten mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert, soweit dem nicht das Gesamtinteresse des von dem Verfügungsberechtigten geführten Unternehmens entgegensteht; § 678 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist entsprechend anzuwenden, jedoch bleiben die Befugnisse als gegenwärtig Verfügungsberechtigter in den Fällen des § 177 des Baugesetzbuchs und der Sätze 3 und 5 sowie nach dem Investitionsgesetz von diesem Satz unberührt. Der Verfügungsberechtigte ist zur Liquidation berechtigt und zur Abwendung des Insolvenzverfahrens nicht verpflichtet, wenn der Berechtigte trotz Aufforderung innerhalb eines Monats einen Antrag auf vorläufige Einweisung nach § 6a nicht stellt oder ein solcher Antrag abgelehnt worden ist. Dies gilt auch bei verspäteter Anmeldung. Die Treuhandanstalt ist zur Abwendung des Insolvenzverfahrens nicht verpflichtet, wenn der Berechtigte bis zum 1. September 1992 keinen Antrag nach § 6a zur vorläufigen Einweisung gestellt hat oder wenn über einen gestellten Antrag bis zum 1. Dezember 1992 nicht entschieden worden ist.

(4) Wird die Anmeldefrist (§ 3 der Anmeldeverordnung) versäumt und liegt keine verspätete Anmeldung vor, kann der Verfügungsberechtigte über das Eigentum verfügen oder schuldrechtliche oder dingliche Verpflichtungen eingehen. Ist über das Eigentum noch nicht verfügt worden, so kann der Berechtigte den Anspruch auf Rückübertragung noch geltend machen. Anderenfalls steht ihm nur noch ein Anspruch auf den Erlös zu. Übernimmt die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben oder die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben oder eine sonstige Behörde des Bundes die einem Verfügungsberechtigten obliegende Verpflichtung zur Auszahlung des Erlöses oder zur Zahlung des Verkehrswertes aus einer mit Zustimmung des Berechtigten erfolgten Veräußerung, bedarf es für die Übertragung dieser Verpflichtung der Zustimmung des Gläubigers nach § 415 des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht. Dies gilt ebenfalls in den Fällen des Anwendungsbereiches des Satzes 3.

(5) Der Verfügungsberechtigte hat sich vor einer Verfügung bei dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen, in dessen Bezirk der Vermögenswert belegen ist, und, soweit ein Unternehmen betroffen ist, bei dem Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen, in dessen Bezirk das Unternehmen seinen Sitz (Hauptniederlassung) hat, zu vergewissern, dass keine Anmeldung im Sinne des Absatzes 3 hinsichtlich des Vermögenswertes vorliegt; diese Pflicht besteht in beiden Fallgruppen auch gegenüber dem Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
V ZR 280/02 Verkündet am:
14. März 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB Art. 237 § 2 Abs. 2

a) Dem Eigentumserwerb nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB steht es entgegen, wenn
vor Ablauf der Ausschlußfrist ein Dritter das Eigentum wirksam erworben hat.

b) Dem Eigentumserwerb nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB steht es nicht entgegen,
wenn bei Ablauf der Ausschlußfrist weder Eigentum des Volkes noch der Abwicklungsberechtigte
selbst eingetragen war, stattdessen aber eine durch Ausgliederung
und Umwandlung begründete Gesellschaft, die in die Funktion des
Abwicklungsberechtigten eingetreten ist und deren Anteile zu 100 % von dem
Abwicklungsberechtigten gehalten werden.
BGH, Urt. v. 14. März 2003 - V ZR 280/02 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. März 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 1. August 2002 aufgehoben und das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 19. April 2002 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


J. A. L. war Miteigentümerin zu 1/3 an einem Hausgrundstück in L. . Sie starb 1973. Das Staatliche Notariat der DDR ermittelte keine Erben und stellte mit Beschluß vom 4. März 1974 fest, daß der Staat Erbe geworden sei. Aufgrund dessen wurde am selben Tag für den Anteil der Erblasserin Eigentum des Volkes, Rechtsträger VEB G. L. , in das Grundbuch eingetragen. Am 3. Mai 1982 wurde auch für die verbliebenen Bruchteile Eigentum des Volkes eingetragen.

Am 12. September 1994 wurde im Verfahren nach dem Vermögenszu- ordnungsgesetz zunächst die Stadt L. als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Aufgrund Umwandlungserklärung der Stadt L. vom 10. Dezember 1990 wurde sodann am 28. April 1997 die Beklagte als Eigentümerin eingetragen.
Der Beschluß des Staatlichen Notariats betreffend das Fiskuserbrecht wurde mit Beschluß des Amtsgerichts Leipzig vom 13. April 1995 aufgehoben. Die Kläger sind die Erben nach J. A. L. . Sie verlangen von der Beklagten die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs dahin, daß sie in Bruchteilsgemeinschaft mit der Beklagten zu 1/3, untereinander in Erbengemeinschaft , als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen werden. Land- und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Kläger hätten ihr Miteigentum von 1/3 an dem Grundstück nicht nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB verloren. Die Vorschrift setze nämlich voraus, daß zum Ablauf des 30. September 1998 noch Eigentum des Volkes oder der aus der Abwicklung des Volkseigentums Berechtigte im Grundbuch als Eigentümer eingetragen war. Daran fehle es, da zum Zeitpunkt des Ablaufs der Ausschlußfrist nicht mehr die Abwicklungsberechtigte, die Stadt L. , sondern die Beklagte ein-
getragen gewesen sei. Diese werde von Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB nicht ge- schützt.

II.


Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß nämlich die Kläger den Anteil der Erblasserin an dem Grundstück geerbt haben. Der unrichtige Beschluß des Staatlichen Notariats vom 4. März 1974 konnte ihnen diese Rechtsstellung nicht nehmen. Er begründete nach der Vorschrift des § 1964 Abs. 2 BGB, die seinerzeit auch in der DDR galt, lediglich die Vermutung , daß der Fiskus Erbe sei. Diese Vermutung ist von den Klägern - was auch die Revision nicht in Frage stellt - widerlegt worden.
2. Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht hingegen insoweit, als es die Voraussetzungen des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB verneint hat. Diese Vorschrift enthält einen Eigentumserwerbstatbestand zugunsten der Personen, denen bei der Abwicklung von Volkseigentum das Eigentum zuzuordnen wäre. Sie sollen es auch dann erwerben, wenn vor dem 3. Oktober 1990 - wie hier - Volkseigentum zu Unrecht eingetragen war, der wahre Eigentümer seine Rechte aber bis zum 30. September 1998 nicht geltend gemacht hat.
Problematisch ist bei der Anwendung dieser Norm im konkreten Fall allein , ob im Zeitpunkt des Ablaufs der Ausschlußfrist im Grundbuch noch Volkseigentum eingetragen sein muß oder ob der Erwerb zugunsten des Abwick-
lungsberechtigten auch eintreten kann, wenn unterdessen ein Dritter eingetragen worden ist. Diese Frage ist differenziert zu beantworten.

a) Keinem Zweifel unterliegt es, daß ein Erwerb möglich ist, wenn mit Ablauf des 30. September 1998 zwar nicht mehr Eigentum des Volkes aber der Abwicklungsberechtigte selbst als Eigentümer eingetragen war (vgl. MünchKomm -BGB/Busche, 3. Aufl., Art. 237 § 2 EGBGB Rdn. 11). Hiervon geht auch das Berufungsgericht aus. Das Gesetz scheint zwar zu verlangen, daß Volkseigentum eingetragen ist. Doch kann die Eintragung desjenigen, zu dessen Gunsten der Erwerbstatbestand wirken soll, dem Eintritt dieser Rechtsfolge nicht entgegenstehen. Hier ist lediglich die Zuordnung im Grundbuch verlautbart worden, die der Abwicklung des Volkseigentums entspricht und die der Gesetzgeber legalisieren wollte.

b) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht ferner an, daß die Rechtsfolge des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB nicht eintritt, wenn vor Ablauf der Ausschlußfrist ein Dritter das Eigentum wirksam erworben hat und in das Grundbuch eingetragen worden ist. Da Zwischenverfügungen unberührt bleiben (Art. 237 § 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 3 EGBGB), ist ein gutgläubiger Erwerb eines Dritten nach §§ 873, 892 BGB möglich. Wird dieser vor Ablauf der Ausschlußfrist als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen, scheidet ein Erwerb nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB zugunsten des Abwicklungsberechtigten aus (vgl. schon Senatsbeschl. v. 13. Februar 2003, V ZR 38/02, nicht veröffentl.

).


Soweit die Revision meint, der Gesetzeszweck erfordere es, den Ab- wicklungsberechtigten auch dann zu schützen, wenn er vor Fristablauf über das Grundstück verfügt, etwa an Dritte veräußert hat, verkennt sie, daß dem Schutz jedenfalls der gutgläubige Erwerb des Dritten entgegensteht. Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB entscheidet den Konflikt zwischen dem früheren Eigentümer und dem Abwicklungsberechtigten. Hat der frühere Eigentümer sein Recht zugunsten eines gutgläubigen Dritten verloren, ist für die Norm kein Raum mehr. Sie setzt eine unrichtige Grundbuchlage voraus, die - im Regelfall - auf den Abwicklungsberechtigten hinweist. Dessen unsichere Rechtslage, die sich investitionshemmend auswirkte, wollte der Gesetzgeber klären und festigen (vgl. zu den Gründen für eine gesetzliche Regelung Schmidt-Räntsch, ZIP 1996, 1858, 1859, 1861). Bei einem wirksamen Zwischenerwerb entspricht das Grundbuch aber der Rechtslage. Es besteht hinsichtlich der Eigentumszuordnung kein Regelungsbedarf. Demjenigen, der gutgläubig erworben hat, kann das Eigentum nicht entschädigungslos wieder entzogen werden (Art. 14 Abs. 3 GG).

c) Gleiches gilt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aber nicht, wenn - wie hier - bei Ablauf des 30. September 1998 ein Dritter als Eigentümer im Grundbuch verzeichnet ist, ohne daß dem ein wirksamer Erwerb zugrunde liegt. In solch einem Fall ist jedenfalls dann von einem Erwerb des Eingetragenen nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB auszugehen, wenn es sich dabei - wie hier - um eine kommunale Wohnungsgesellschaft handelt, die im Wege der Ausgliederung und Umwandlung nach §§ 2, 3 WohnUmwG, §§ 58, 51 UmwG von der Abwicklungsberechtigten als 100 %ige Tochtergesellschaft gegründet wurde.
aa) Zwar mag zunächst der Wortlaut von Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB für die Sicht des Berufungsgerichts sprechen, wenn es dort heißt, daß im Grundbuch (bzw. im Bestandsblatt) Eigentum des Volkes eingetragen sein muß ("ist ... eingetragen"), soll der Eigentumserwerb eintreten. Das ist indes ein nur beschränkt aussagekräftiges Argument, das den Regelungszusammenhang ausspart.
Der Gesetzgeber hat mit der Ausschlußfristregelung des Art. 237 § 2 EGBGB im wesentlichen zwei Sachverhalte, in denen die wahre Eigentumslage mit dem Grundbuchstand nicht übereinstimmt, einer endgültigen Klärung zuführen wollen. § 2 Abs. 1 der Norm schützt den Bucheigentümer, wenn er vor dem 3. Oktober 1990 in das Grundbuch eingetragen worden war und der wahre Eigentümer seine Rechte nicht bis zum Ablauf des 30. September 1998 - nach näherer Ausgestaltung - wahrgenommen hat. § 2 Abs. 2 knüpft daran an und schützt den aus der Abwicklung des Volkseigentums Berechtigten, wenn vor dem 3. Oktober 1990 (zu Unrecht) Eigentum des Volkes eingetragen wurde und der wahre Berechtigte bis zum Ablauf der Ausschlußfrist nicht in der im einzelnen geregelten Weise tätig geworden ist. Dabei stellt Abs. 2 zwar einen eigenständigen Ausschlußtatbestand dar, nimmt aber ersichtlich den Gedanken des Absatzes 1 auf und berücksichtigt nur einige Besonderheiten des Volkseigentums (vgl. Schmidt-Räntsch, VIZ 1997, 449, 453).
Mit § 2 Abs. 2 hat der Gesetzgeber insbesondere auf zwei Entscheidungen des Senats reagiert, nach denen eine Ersitzung von Volkseigentum - jedenfalls vor dem 1. Januar 2006 - ausgeschlossen ist (BGHZ 132, 245; 136, 228; vgl. BT-Drucks. 13/7275 S. 34; Schmidt-Räntsch, VIZ 1997, 449, 453). Er hat, um einen früheren Eigentumserwerb des Buchberechtigten (Abs. 1) bzw.
des Abwicklungsberechtigten (Abs. 2) zu ermöglichen, einen eigenständigen Tatbestand geschaffen, der einerseits zur Verwirkung der Rechte des wahren Eigentümers führt und andererseits im Wege einer Art Buchersitzung den Eigentumserwerb herbeiführt (vgl. Böhringer, OV spezial 1999, 258; Schmidt/ Gohrke, VIZ 2000, 697). Anknüpfend an solche anerkannten Regelungsmuster ist es nicht systemwidrig, wollte man auf eine seit dem 3. Oktober 1990 bis zum Ablauf der Ausschlußfrist andauernde Eintragung des Buchberechtigten (Abs. 1) oder des Volkseigentums (bzw. des Abwicklungsberechtigten, Abs. 2) verzichten. Vor dem Hintergrund des gesetzgeberischen Motivs, für Grundbuchklarheit , Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zu sorgen (vgl. Schmidt/Gohrke, VIZ 2000, 697, 700; s. auch BVerwG VIZ 1998, 507, 508 zu Art. 237 § 1 EGBGB [Bestandsschutz]), ist es denkbar, daß entsprechend dem Rechtsgedanken der §§ 900 Abs. 1 Satz 2, 943 BGB die Ersitzungszeit des oder der Voreingetragenen demjenigen zugute kommt, der zum Ablauf des 30. September 1998 zu Unrecht im Grundbuch als Eigentümer eingetragen war (vgl. Schmidt/Gohrke, VIZ 2000, 697, 698). Das führte im Falle des Absatzes 2 (entgegen Schmidt/Gohrke aaO S. 699) nicht dazu, daß der Abwicklungsberechtigte auch dann mit Ablauf der Ausschlußfrist das Eigentum erwirbt, wenn zu diesem Zeitpunkt ein Dritter Buchberechtigter ist, der dann erst kraft der bis dahin unwirksamen Verfügung des Abwicklungsberechtigten erwerben könnte (§ 185 Abs. 2 BGB). Vielmehr könnte der jeweilige Buchberechtigte unmittelbar erwerben. Soweit dies in § 2 Abs. 2 der Norm, die allein den Abwicklungsberechtigten nennt, nicht angelegt ist, könnte auf den Grundtatbestand des Absatzes 1 zurückgegriffen werden, der ja nur hinsichtlich der Besonderheiten des Volkseigentums durch Absatz 2 ergänzt werden, aber keine strukturelle Änderung erfahren sollte. Dem kann andererseits entgegengehalten werden, daß der Zweck der Norm - zumindest vorrangig - darin besteht, den Abwick-
lungsberechtigten zu schützen, nicht Dritte, denen der Schutz des § 892 BGB versagt geblieben ist.
bb) Ob generell davon abgesehen werden kann, daß der Abwicklungsbberechtigte am Stichtag (30. September 1998) noch zu Unrecht im Grundbuch eingetragen ist, bedarf hier jedoch nicht der Entscheidung. Jedenfalls genügt es, wenn an seiner Stelle - wie hier - eine in dessen Funktion eingetretene Gesellschaft eingetragen war, deren Anteile zu 100 % in den Händen des Abwicklungsberechtigten liegen.
Gemessen am Gesetzeszweck ist es lediglich eine organisatorischtechnische Frage, ob die Stadt L. als die nach Art. 22 Abs. 4 Einigungsvertrag Berechtigte die mit der Übernahme des Wohnungsbestands verbundenen öffentlichen Aufgaben selbst, etwa in einem kommunalen Eigenbetrieb, wahrnimmt oder von einer Gesellschaft des Privatrechts wahrnehmen läßt, die sie selbst durch Ausgliederung und Umwandlung gegründet hat und deren Gesellschaftsanteile sie hält. Wertungsmäßig macht dies für den durch Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB angeordneten Ausschluß der Rechte des bisherigen Eigentümers und für den Eigentumserwerb desjenigen, dem Volkseigentum zugeordnet werden sollte, keinen Unterschied. Nimmt man hinzu, daß schon im Zeitpunkt der Schaffung des Gesetzes Abwicklungsberechtigte in erheblichem Umfang kommunalen Wohnungsbestand privatisiert hatten und daß gerade auch die mit der ungeklärten Rechtslage für diese privaten Gesellschaften der Wohnungswirtschaft verbundenen Schwierigkeiten Anlaß und Motiv für das Einschreiten des Gesetzgebers waren (vgl. Schmidt-Räntsch, ZIP 1996, 1858, 1861), so kann nicht angenommen werden, daß Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB auf einen Schutz der Abwicklungsberechtigten selbst beschränkt werden sollte. In
gleicher Weise geschützt sind vielmehr auch die mit ihnen in wirtschaftlicher Hinsicht identischen privatrechtlich organisierten Gesellschaften der Wohnungswirtschaft (LG Rostock VIZ 2002, 589, 591 f.).
Soweit das Berufungsgericht demgegenüber meint, geschützt sei die Dispositionsbefugnis des Abwicklungsberechtigten erst nach Ablauf der Ausschlußfrist, nicht vorher, verkennt es, daß im konkreten Fall die generelle Dispositionsbefugnis des Abwicklungsberechtigten nicht in Rede steht. Es geht nicht darum, die Stadt L. in ihrem Vertrauen darauf zu schützen, (vermeintliches ) Volkseigentum verkaufen, vermarkten oder verwerten zu können. Der Schutz bezieht sich allein auf die ihr zukommende Befugnis, die Aufgaben der kommunalen Wohnungswirtschaft in der ihr sachgerecht erscheinenden Organisationsform zu erfüllen. Damit wird der von Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB bezweckte Schutz nicht zeitlich vorgelagert, sondern der organisatorischen Entscheidung der Stadt angepaßt, das zu verwaltende Vermögen in ein Sondervermögen auszugliedern. Daß Träger dieses Sondervermögens juristisch ein Dritter ist, tritt hinter dem Umstand zurück, daß das Vermögen des Dritten gleichfalls in den Händen der Stadt als der alleinigen Gesellschafterin liegt.
Daher trägt auch der Hinweis des Berufungsgerichts auf die Geltung der allgemeinen Normen, deren Schutz der Erwerber anvertraut sei, nicht. Die Beklagte hat nicht von der Stadt L. aufgrund eines Verfügungsgeschäfts erworben , das die Möglichkeit und den damit verbundenen Bestandsschutz eines gutgläubigen Erwerbs nach § 873, 892 BGB eröffnete (Senat, Urt. v. 27. November 1998, V ZR 180/97, LM EGBGB 1986 Art. 233 Nr. 37 = WM 1999, 746, 748). Sie hat das Vermögen durch Umwandlung und Ausgliederung übernommen und erhält als partielle Gesamtrechtsnachfolgerin keine bessere Rechts-
stellung als die Stadt, sollte andererseits aber auch nicht schlechter gestellt werden.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Krüger
Lemke Gaier

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)