Bundesgerichtshof Urteil, 27. Mai 2014 - VI ZR 153/13
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Freistellung von Rechtsanwaltskosten in Anspruch, die durch die außergerichtliche Geltendmachung eines Gegendarstellungs - und Widerrufsanspruchs entstanden sein sollen.
- 2
- Die Beklagte ist Verlegerin einer deutschen Tageszeitung, die Klägerin war Chefredakteurin einer anderen deutschen Tageszeitung. Mit der Klägerin führten die Autoren des Buches "Die vierte Gewalt" ein Interview, das Eingang in das Buch finden sollte. Die Klägerin verweigerte in der Folgezeit aber die Autorisierung des Interviews sowie ihr Einverständnis mit seinem Abdruck. Sie wies - zeitlich nach der Verweigerung der Autorisierung - gegenüber den Autoren allerdings auch darauf hin, dass das Interview "gut transkribiert" sei.
- 3
- Die Beklagte berichtete in der Ausgabe vom 9. Oktober 2008 der von ihr verlegten Zeitung über diesen Vorgang unter voller Namensnennung der Klägerin wie folgt: "Die vierte Gewalt […]-Chefin lässt Buch stoppen B. M., die Chefredakteurin der […], hat das […] Buch "Die vierte Gewalt" stoppen lassen, in dem sich ein Interview mit ihr befindet. Die Autoren […] versammeln in ihrem Band Interviewsmit 26 Medienleuten, die sie nach ihren professionellen Maßstäben und privaten Ansichten befragen. Über die Autorisierung des Gesprächs mit B. M. kam es zum Streit. Die […]-Chefredakteurin fühlte sich von den Autoren schlecht behandelt, wie sie im Gespräch mit dieser Zeitung sagte. Die Autoren wiederum verwiesen darauf, dass M. die Abschrift des Gesprächs zunächst sogar gelobt habe und erst nach Monaten Probleme aufgetaucht seien. Strittig ist zwischen den Parteien die Frage, ob es der ausdrücklichen Autorisierung B. Ms. bedurfte, um das Interview abdrucken zu können oder nicht. Das ist vor dem Hintergrund, dass die [Name der Zeitung, deren Chefredakteurin die Klägerin war] vor fünf Jahren eine Kampagne gegen den Autorisierungswahn bei Presseinterviews betrieb, nicht ohne Pikanterie. Der Ver- lag muss das Interview nun aus dem Buch heraustrennen, […]."
- 4
- Mit dem Vorwurf, die dem Artikel zu entnehmende Aussage, sie habe die Abschrift des Gesprächs zunächst gelobt und erst nach Monaten seien Probleme aufgetaucht, sei erweislich falsch, weil sie, zeitlich umgekehrt, zuerst die Autorisierung verweigert und erst dann die Transkription gelobt habe, nahm die Klägerin die Beklagte auf Unterlassung und - mit gesondertem Rechtsanwaltsschreiben vom 10. Oktober 2008 - auf Widerruf sowie Abdruck einer Gegendar- stellung in Anspruch. Die Beklagte gab die geforderte Unterlassungserklärung ab, weigerte sich aber, die Gegendarstellung abzudrucken und den geforderten Widerruf zu erklären. Die Klägerin, die diese Ansprüche nicht weiterverfolgt hat, nimmt die Beklagte nunmehr auf Freistellung von der Forderung ihrer Rechts- anwälte in Höhe von 1.419,19 € zuzüglich Zinsen in Anspruch, die durch die anwaltliche Geltendmachung des Gegendarstellungs- und des Widerrufsanspruchs entstanden sein soll.
- 5
- Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Klägerin stehe dem Grunde nach zwar ein Anspruch auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu. Denn die Beklagte habe das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzt. Die von der Klägerin vorliegend geltend gemachten Kosten stellten aber keinen ersatzfähigen Schaden i.S.d. §§ 249 ff. BGB dar. Ein Anspruch auf Erstattung der für die Aufforderung zur Gegendarstellung angefallenen Kosten scheitere jedenfalls daran, dass die Beklagte zum Abdruck einer der beiden ihr zugeleiteten Versionen der Gegendarstellung nicht verpflichtet gewesen sei. Denn beide Versionen beschränkten sich nicht auf eine Erwiderung auf die Ausgangsmitteilung. Die erste Version der Gegendarstellung sei darüber hinaus auch ihrem Umfang nach nicht angemessen. Erstattung der für die Aufforderung zum Widerruf angefallenen Kosten könne die Klägerin nicht verlangen, da die Beklagte lediglich die Äußerung eines Dritten wiedergegeben habe. In Betracht komme insoweit lediglich eine Distanzierung, die die Klägerin aber nicht verlangt habe.
II.
- 7
- Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
- 8
- 1. Entgegen der Auffassung der Revision unterliegt das Berufungsurteil nicht wegen unterbliebener Wiedergabe der Berufungsanträge der Aufhebung.
- 9
- Zutreffend ist freilich, dass ein Berufungsurteil, das das Berufungsbegehren nicht erkennen lässt, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Revisionsinstanz bereits aus diesem Grund aufzuheben ist (Senatsurteil vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02, BGHZ 156, 216, 217 f.; BGH, Urteile vom 25. Mai 2011 - IV ZR 59/09, VersR 2011, 1005 Rn. 8 f.; vom 13. Januar 2004 - XI ZR 5/03, NJW-RR 2004, 573 f.; vom 22. Dezember 2003 - VIII ZR 122/03, NJW-RR 2004, 494; vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02, BGHZ 154, 99, 100 f.). Es bedarf dabei aber nicht zwingend einer wörtlichen Wiedergabe der Berufungsanträge. Vielmehr reicht es aus, wenn dem Berufungsurteil das Berufungsbegehren mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden kann (BGH, Urteil vom 25. Mai 2011 - IV ZR 59/09, VersR 2011,1005 Rn. 10). Dies ist vorliegend (noch) der Fall.
- 10
- Im Berufungsurteil wird ausgeführt, das angefochtene Urteil sei zu bestätigen , weil das Amtsgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen habe, denn die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Freistellung von den geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Diese Ausführungen und das gleichzeitige Fehlen jeglicher Anhaltspunkte im Berufungsurteil , dass die Klägerin zweitinstanzlich mehr oder weniger als in erster Instanz gefordert haben könnte, lassen einen noch hinreichend sicheren Schluss darauf zu, dass die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren, das sich aus den vom Berufungsurteil in Bezug genommenen tatbestandlichen Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils ergibt, in zweiter Instanz unverändert weiterverfolgt hat.
- 11
- 2. In der Sache steht der Klägerin der geltend gemachte Freistellungsanspruch bereits dem Grunde nach nicht zu.
- 12
- a) Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG besteht nicht. Es fehlt bereits an einem Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin.
- 13
- aa) Zu den Schutzgütern des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zählt die soziale Anerkennung des Einzelnen. Es umfasst den Schutz des Einzelnen vor Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf sein Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09, VersR 2012, 66 Rn. 21 mwN; BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2013 - XII ZB 176/12, NJW 2014, 61 Rn. 28). Ob eine Äußerung eine solche Eignung besitzt, hängt davon ab, welcher Aussagegehalt ihr zukommt. Bei der mithin notwendigen Sinndeutung , die in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. nur Senatsurteile vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07, VersR 2009, 555 Rn. 12; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, VersR 2008, 695 Rn. 11; vom 22. November 2005 - VI ZR 204/04, VersR 2006, 382 Rn. 14; jeweils mwN), ist zu beachten, dass die Äußerung stets in dem Zusammenhang zu beurteilen ist, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (vgl. Senatsurteile vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, VersR 2009, 1545 Rn. 11; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, VersR 2008, 793 Rn. 20; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93, VersR 1994, 1120, 1121; BVerfG, NJW 2013, 217 Rn. 20 jeweils mwN).
- 14
- bb) Danach ist die angegriffene Berichterstattung nicht geeignet, sich abträglich auf das Bild der Klägerin in der Öffentlichkeit auszuwirken. Zwar mag es zutreffen, dass der von der Klägerin beanstandete Satz isoliert betrachtet den Eindruck vermittelt, die Klägerin habe sich widersprüchlich verhalten, indem sie die Veröffentlichung eines von ihr ursprünglich für gut befundenen Beitrags plötzlich aus nicht weiter nachvollziehbaren Motiven verhindert habe, was auf die - gerade in der beruflichen Position der Klägerin - negativen Charaktereigenschaften der Unzuverlässigkeit und der Wankelmütigkeit hindeuten könnte. Im Gesamtzusammenhang des Artikels tritt dieser Aussagegehalt aber völlig in den Hintergrund. Aus der maßgeblichen Sicht des Durchschnittsempfängers (vgl. Senatsurteil vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 6 mwN) ist Gegenstand des Artikels die - zunächst neutrale - Darstellung eines Streits über die Autorisierung des von der Klägerin gegebenen Interviews. Hierzu werden dem Leser die unterschiedlichen Positionen der Klägerin einerseits und der Autoren des Buches "Die vierte Gewalt" andererseits mitgeteilt. Daran anknüpfend wird darauf hingewiesen, dass sich die Klägerin mit ihrem Verhalten in Widerspruch zu einer von "ihrer" Zeitung betriebenen "Kampagne gegen den Autorisierungswahn bei Presseinterviews" setzt. Hierin liegt der eigentliche im Artikel gegenüber der Klägerin erhobene Vorwurf. Er knüpft alleine daran an, dass die Klägerin durch die Verweigerung der Autorisierung eines von ihr gegebenen Interviews dessen Veröffentlichung verhindert hat, sie sich also, wenn es um sie persönlich geht, in einer Weise verhält, die gerade von "ihrer" Zeitung im Rahmen einer "Kampagne" kritisiert wurde. Dieser Vorwurf ist aber völlig unabhängig von der Frage, in welcher zeitlichen Reihenfolge sie einerseits die Autorisierung verweigert und andererseits die Transkription gelobt hat.
- 15
- b) Da der streitgegenständlichen Äußerung ein die Klägerin herabwürdigender Aussagegehalt nicht entnommen werden kann, scheidet auch ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB aus. Galke Diederichsen Stöhr von Pentz Offenloch
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, Entscheidung vom 05.10.2012 - 22 C 259/11 -
LG Berlin, Entscheidung vom 26.02.2013 - 27 S 13/12 -
Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 27. Mai 2014 - VI ZR 153/13
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Bundesgerichtshof Urteil, 27. Mai 2014 - VI ZR 153/13 zitiert oder wird zitiert von 19 Urteil(en).
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin war bei der Beklagten von 1985 bis April 1999 in ärztlicher Behandlung. Mit ihrer Klage verlangt sie Schmerzensgeld und die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten für weitere Schäden wegen einer Hepatitis C, die bei ihr 1999 festgestellt worden ist. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht nach Durchführung einer Beweisaufnahme zurückgewiesen. Die Gründe des Berufungsurteils lauten: " Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil sowie auf die ergänzenden Ausführungen der Parteien in dieser Instanz wird Bezug genommen. In der Sache wird auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung verwiesen. Die Beweisaufnahme vor dem Senat gibt keinen Anlaß zu einer anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage." Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.Entscheidungsgründe:
I.
1. Über die Revision war, da die Beklagte im Revisionstermin trotz rechtzeitiger Ladung nicht vertreten war, auf Antrag der Klägerin durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil ist jedoch keine Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81).2. Auf das Berufungsverfahren ist die Zivilprozeßordnung in der am 1. Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden, weil die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht am 1. Februar 2002 geschlossen worden ist (§ 26 Nr. 5 EGZPO). Demgemäß reichte für die Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes die nach der Neufassung des § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO mögliche Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil anstelle des Tatbestandes aus. 3. Die Revision rügt jedoch mit Recht, daß das Berufungsurteil die Anträge , auf deren Grundlage es ergangen ist, nicht erkennen läßt. Die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils kann sich nicht auf den Berufungsantrag erstrecken; dieser ist auch nach neuem Recht in das Berufungsurteil aufzunehmen. Das Berufungsurteil muß deshalb, wenn es auf die wörtliche Wiedergabe des Antrages verzichtet, wenigstens erkennen lassen, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat (BGH, Urteil vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02 - NJW 2003, 1743; zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Auch wenn das neue Recht eine weitgehende Entlastung der Berufungsurteile bei der Urteilsabfassung bezweckt, ist diese Mindestvoraussetzung nicht entbehrlich (vgl. BGH, Urteile vom 26. Februar 2003 – VIII ZR 262/02 - aaO und vom 6. Juni 2003 – V ZR 392/02 – FamRZ 2003, 1273). Im vorliegenden Fall wird das Berufungsbegehren der Klägerin aus den äußerst knapp abgefaßten Urteilsgründen nicht erkennbar. Schon deshalb kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben (vgl. BGH, Urteile vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02 - jeweils aaO), wie dies auch der bisherigen Rechtslage entspricht (hierzu BGH, Beschluß vom 13. August 2003 - XII ZR 303/02 - Umdruck Bl. 5/6; vorgesehen zur Veröffentlichung in BGHZ).
4. Darüber hinaus genügt die Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen in den vorliegenden Gründen nicht den Anforderungen an ein Berufungsurteil , gegen das die Nichtzulassungsbeschwerde stattfindet, von deren Erfolg die Statthaftigkeit der Revision abhängt (§ 543 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZPO). In einem solchen Fall muß aus dem Urteil zu ersehen sein, von welchem Sachund Streitstand das Gericht ausgegangen ist, welches Rechtsmittelbegehren die Parteien verfolgt haben und welche tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung zugrunde liegen. Hingegen kann dem Revisionsgericht nicht angesonnen werden, den Sachverhalt selbst zu ermitteln und festzustellen, um abschließend beurteilen zu können, ob die Nichtzulassungsbeschwerde begründet ist. Dies war bisher nicht Aufgabe des Revisionsgerichts (vgl. BGHZ 73, 248, 252) und kann es nach neuem Recht nicht sein. Deshalb müssen auch nach dem ab 1. Januar 2002 geltenden Verfahrensrecht die tatsächlichen Grundlagen , von denen das Berufungsgericht ausgegangen ist, aus dem Berufungsurteil ersichtlich sein, um dem Revisionsgericht im Falle der Nichtzulassung der Revision die Überprüfung auf die Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 ZPO zu erlauben (vgl. BGH, Beschluß vom 13. August 2003 – XII ZR 303/02 –; Zöller /Gummer, ZPO, 23. Aufl. § 540 Rdn. 6). Denn gemäß § 559 ZPO ist auch nach neuem Recht Grundlage der Prüfung des Revisonsgerichts prinzipiell nur der Tatsachenstoff, der sich aus dem Berufungsurteil, einschließlich der in ihm enthaltenen Bezugnahmen, sowie aus dem Sitzungsprotokoll erschließt (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 2003 – V ZR 392/02 – aaO; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 559 Rdn. 2 f.; Musielak-Ball, ZPO, 3. Aufl., § 559 Rdn. 13). Im vorliegenden Fall macht es die die Darstellung des entsprechenden Tatsachenstoffes ersetzende pauschale Bezugnahme auf die ergänzenden Ausführungen der Parteien in der Berufungsinstanz dem erkennenden Senat nicht möglich, das Berufungsurteil und das ihm zugrundeliegende Verfahren in
der im Revisionsverfahren gebotenen Weise zu überprüfen. Daraus allein läßt sich nicht entnehmen, was das Berufungsgericht für erheblich gehalten und seiner Entscheidung zugrundegelegt hat. Auch deshalb ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 2003 – V ZR 392/02 – aaO; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 559 Rdn. 4; Musielak-Ball, aaO, § 559 Rdn. 18). 5. Schließlich durfte sich das Berufungsgericht unter den gegebenen Umständen nicht damit begnügen, zur Begründung seiner Sachentscheidung lediglich auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil des Landgerichts Bezug zu nehmen. Die Revision verweist in diesem Zusammenhang mit Recht auf den Wortlaut des § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO, wonach das Berufungsgericht eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung zu geben hat. Nachdem im Berufungsverfahren der Parteivortrag ergänzt worden ist und das Berufungsgericht eine weitere Beweisaufnahme für erforderlich hielt, mußte es im Urteil eine kurze Begründung dafür geben, warum es dem erstinstanzlichen Urteil in vollem Umfang folgt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 1985 - VII ZR 257/83 – NJW 1985, 1784, 1785; MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher § 540 Rdn. 8; Musielak-Ball, aaO, § 540 Rdn. 3 und 4; Zöller/Gummer, aaO, § 540 Rdn. 13).
II.
Da das Berufungsurteil eine der Vorschrift des § 540 ZPO entsprechende Darstellung nicht enthält, leidet es an einem von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02 - aaO). Es ist daher aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.In der neuen Berufungsverhandlung wird die Klägerin Gelegenheit haben , zu dem im Termin vom 30. Oktober 2002 erstatteten mündlichen Sachverständigengutachten ergänzend Stellung zu nehmen. Im Hinblick auf das weitere Verfahren wird darauf hingewiesen, daß bei Unterlassung der gebotenen Befunderhebung regelmäßig ein Behandlungsfehler vorliegt (vgl. Senatsurteil vom 4. Oktober 1994 - VI ZR 205/93 - VersR 1995, 46). Über etwaige Risiken, die mit der Erhebung des Befundes verbunden sind, hat der behandelnde Arzt den Patienten aufzuklären und ihn an der für die Wahl der Diagnostik bzw. Therapie erforderlichen Güterabwägung zwischen Risiken und Nutzen des Eingriffs zu beteiligen (vgl. Senatsurteile vom 4. April 1995 - VI ZR 95/94 - VersR 1995, 1055 und vom 15. Mai 1979 - VI ZR 70/77 - VersR 1979, 720). Er darf aber nicht, ohne den Patienten am Entscheidungsprozeß zu beteiligen, von gebotenen Befunderhebungen eigenmächtig absehen. Das Berufungsgericht wird sich in diesem Zusammenhang mit der Rüge der Revision auseinanderzusetzen haben, daß sich entgegen den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug nimmt, aus den Eintragungen unter dem 13. März 1989 in der Patientenkartei nichts für die Behauptung der Beklagten herleiten lasse, daß die Klägerin nach gebotener Aufklärung weitere diagnostische Maßnahmen abgelehnt habe. Entgegen der Ansicht der Revision hat der Patient auch dann, wenn ihm gegenüber ein Arzt seine Pflicht zur therapeutischen Beratung verletzt, wie bei jedem anderen Behandlungsfehler, grundsätzlich den Beweis der Ursächlichkeit der unterlassenen Aufklärung für seinen Schaden zu führen, es sei denn, der in der unterlassenen Befunderhebung liegende Behandlungsfehler ist als "grob" zu qualifizieren (vgl. Senatsurteile vom 16. Juni 1981 - VI ZR 38/80 - VersR 1981, 954, 956 und vom 24. Juni 1986 - VI ZR 21/85 - VersR 1986, 1121, 1122). Die Beurteilung der Frage, ob ein solcher Fehler vorliegt, richtet sich stets nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls und ist dem Tatrichter vorbehalten. Erwiese sich das Verhalten der
Beklagten - entgegen der bisherigen Beurteilung durch das Landgericht und ihm folgend durch das Berufungsgericht - als behandlungsfehlerhaft, wenn die Beklagte, ohne die eigene Willensentschließung der Klägerin nach entsprechender Aufklärung eingeholt zu haben, auf die weitere Befunderhebung verzichtet hätte, wäre vom Berufungsgericht allerdings im Hinblick auf die damit verbundenen Beweiserleichterungen auch die Schwere eines solchen ärztlichen Fehlers zu prüfen.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die übrigen Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die klagende Bank verlangt von dem Beklagten Zinszahlung aus einem Darlehen, das sie ihm 1991 zur Beteiligung an einer Immobilienfonds Gesellschaft bürgerlichen Rechts gewährt hat. Der Beklagte, der bei dem Abschluß des Darlehensvertrages durch die J.
GmbH (im folgenden: Treuhänderin) vertreten worden war, beruft sich u.a. darauf, der Vertrag sei nicht wirksam zustande gekommen. Die Treuhänderin habe als vollmachtlose Vertreterin gehandelt, da der mit ihr zum Erwerb der Beteiligung an der Immobilienfondsgesellschaft geschlossene Treuhandvertrag nebst umfassender Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sei.
Das Amtsgericht hat die Klage durch Urteil vom 27. Juni 2002 abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt sie ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil die in der Berufungsinstanz gestellten Anträge der Parteien nicht enthält, hat im wesentlichen ausgeführt :
Der Darlehensvertrag sei unwirksam, da der zwischen dem Be- klagten und der Treuhänderin geschlossene Treuhandvertrag nebst umfassender Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sei. Hieran ändere auch der Umstand nichts, daß einer der Geschäftsführer der Treuhänderin Rechtsanwalt sei. Die Vollmacht sei der Klägerin gegenüber auch nicht aus Rechtsscheingesichtspunkten als wirksam zu behandeln. Dabei könne dahinstehen, ob der Klägerin entsprechend ihrer Behauptung die notariell beurkundete Vollmachtsurkunde vorgelegt worden sei. § 172 BGB verwehre es dem Aussteller einer Vollmachtsurkunde zwar, sich darauf zu berufen, er habe die Vollmacht nicht erteilt oder widerrufen, helfe aber nicht über rechtliche Wirksamkeitshindernisse der Erklärung selbst hinweg. Auch eine Duldungsvollmacht liege nicht vor.
II.
Das Berufungsurteil ist aufzuheben, da es nicht erkennen läßt, welches Ziel die Klägerin mit ihrer Berufung verfolgt hat (§§ 545 Abs. 1, 546 ZPO).
1. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, daß auf das Berufungsverfahren die Zivilprozeßordnung in der am 1. Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden ist, weil die mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht nach dem 1. Januar 2002 geschlossen worden ist (§ 26 Nr. 5 EGZPO). Demgemäß reichte für die Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes die nach der Neufassung des § 540 Abs. 1
Nr. 1 ZPO anstelle des Tatbestandes mögliche Bezugnahme auf die tat- sächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil aus.
2. Die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils kann sich jedoch nicht auf den in zweiter Instanz gestellten Berufungsantrag erstrecken. Dieser ist auch nach neuem Recht in das Berufungsurteil aufzunehmen. Enthält das Berufungsurteil - wie hier - keine wörtliche Wiedergabe des Berufungsantrags, so muß es wenigstens erkennen lassen, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat (BGH, Urteile vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02, NJW 2003, 1743, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, vom 7. Mai 2003 - VIII ZR 340/02, Umdruck S. 3, vom 6. Juni 2003 - V ZR 392/02, WM 2003, 2424, 2425 und vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02, WM 2004, 50, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
An dieser Mindestvoraussetzung fehlt es im vorliegenden Fall. Das Berufungsurteil enthält - obwohl das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat - nicht einmal den Hinweis darauf, daß die Klägerin ihren erstinstanzlichen Sachantrag unverändert weiterverfolgt (vgl. BGH, Urteile vom 26. Februar - VIII ZR 262/02 aaO und vom 7. Mai 2003 - VIII ZR 340/02, Umdruck S. 4). Auch die nur wenige Zeilen umfassende Wiedergabe neuen Vorbringens der Klägerin, deren Berufungsbegründung allein 36 Seiten umfaßt, ist so stark verkürzt und aus dem Zusammenhang gerissen, daß sie keinen hinreichenden Aufschluß gibt. Auch nach dem ab 1. Januar 2002 geltenden Verfahrensrecht ist es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, den Sachverhalt anhand der Akten selbst zu ermitteln und festzustellen (BGH, Urteil vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02, WM 2004, 50, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
III.
Da das Berufungsurteil eine der Vorschrift des § 540 ZPO entsprechende Darstellung nicht enthält, leidet es an einem von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel (vgl. BGH, Urteile vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02 aaO, vom 7. Mai 2003 - VIII ZR 340/02, Umdruck S. 4 und vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02 aaO, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Es ist daher aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dabei hat sich der Senat veranlaßt gesehen, von der Erhebung der Gerichtskosten für das Revisionsverfahren gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG abzusehen (vgl. BGH, Urteile vom 1. Oktober 1986 - IVb ZR 76/85, BGHR ZPO § 543 Abs. 2 Tatbestand, fehlender 2 und vom 7. Mai 2003 - VIII ZR 340/02, Umdruck S. 5).
Für das weitere Verfahren vor dem Berufungsgericht weist der Senat darauf hin, daß sich das Berufungsurteil auch im Ergebnis mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung als fehlerhaft erweist. Wie der Senat - teilweise nach Erlaß des Berufungsurteils - wiederholt entschieden hat, sind die §§ 171, 172 BGB auch dann anwendbar, wenn die umfassende Bevollmächtigung des Treuhänders unmittelbar gegen Art. 1 § 1 RBerG verstößt und gemäß § 134 BGB nichtig ist (vgl. etwa Senatsurteile vom 25. März 2003 - XI ZR 227/03, WM 2003, 1064, 1065 f. und vom 14. Oktober 2003 - XI ZR 134/02, WM 2003, 2328, 2333 m.w.Nachw.). Für die Frage der Rechtsscheinhaftung nach § 172 Abs. 1 BGB kommt es daher entscheidend darauf an, ob der finanzierenden Bank spätestens bei Abschluß des Darlehensvertrages die die Treuhän-
derin als Vertreterin des Darlehensnehmers ausweisende Vollmachtsurkunde im Original bzw. bei notarieller Beurkundung in Ausfertigung vorlag (vgl. Senatsurteile vom 3. Juni 2003 - XI ZR 289/02, WM 2003, 1710, 1711 und vom 14. Oktober 2003 - XI ZR 134/02, WM 2003, 2328, 2333, jeweils m.w.Nachw.). Das Berufungsgericht wird daher - sofern es erneut zu dem Ergebnis gelangt, der Treuhandvertrag verstoße gegen das Rechtsberatungsgesetz - die Frage zu klären haben, ob der Klägerin - wie sie behauptet - die Vollmacht vorlag. Sollte das nicht der Fall gewesen sein, wird das Berufungsgericht dem Vorbringen der Klägerin zur Duldungsvollmacht nachzugehen haben. Dieses kann nicht als unsubstantiiert angesehen werden.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.