Bundesgerichtshof Urteil, 30. März 2017 - VII ZR 170/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:300317UVIIZR170.16.0
bei uns veröffentlicht am30.03.2017
vorgehend
Landgericht Gera, 2 O 853/13, 27.08.2015
Thüringer Oberlandesgericht, 7 U 702/15, 25.05.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 170/16 Verkündet am:
30. März 2017
Boppel,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die von einem Auftraggeber in einem Bauvertrag gestellten Formularklauseln
Die Parteien vereinbaren - unabhängig von einer
Ausführungsbürgschaft - den Einbehalt einer unverzinslichen
Sicherheitsleistung durch den Auftraggeber in Höhe von 5 % der
Brutto-Abrechnungssumme für die Sicherstellung der
Gewährleistung einschließlich Schadensersatz und die Erstattung
von Überzahlungen.
Der Auftragnehmer ist berechtigt, den Sicherheitseinbehalt gegen
Vorlage einer unbefristeten, selbstschuldnerischen und
unwiderruflichen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder
Versicherung abzulösen; frühestens jedoch nach vollständiger
Beseitigung der im Abnahmeprotokoll festgestellten Mängel oder
fehlender Leistungen.
ECLI:DE:BGH:2017:300317UVIIZR170.16.0

sind bei der gebotenen Gesamtbeurteilung wegen unangemessener Benachteiligung des Auftragnehmers nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam (Fortführung von BGH, Urteil vom 13. November 2003 - VII ZR 57/02, BGHZ 157, 29). BGH, Urteil vom 30. März 2017 - VII ZR 170/16 - OLG Jena LG Gera
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. März 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, den Richter Dr. Kartzke und die Richterinnen Graßnack, Sacher und Borris
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 25. Mai 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin in Höhe des Sicherheitseinbehalts (7.470,72 €) zuzüglich Zinsen zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerde - und Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung von Restwerklohn für Bauarbeiten.
2
Die Beklagte beauftragte die Klägerin mit schriftlichem "Bauwerkvertrag nach BGB" vom 25./26. Juni 2012 (im Folgenden: Bauwerkvertrag) mit der Errichtung eines Rohbaus für einen Anbau (Einliegerwohnung/Erweiterungsbau zum bestehenden Einfamilienhaus) in J. zum Pauschalpreis von brutto 150.000 €.
3
§ 22 des Bauwerkvertrags lautet auszugsweise: "§ 22 Sicherheitseinbehalt 22.1 Die Parteien vereinbaren - unabhängig von einer Ausführungsbürgschaft - den Einbehalt einer unverzinslichen Sicherheitsleistung durch den AG [= Auftraggeber] in Höhe von 5 % der Brutto-Abrechnungssumme für die Sicherstellung der Gewährleistung einschließlich Schadensersatz und die Erstattung von Überzahlungen. 22.2 Der AN [= Auftragnehmer] ist berechtigt, den Sicherheitseinbehalt gegen Vorlage einer unbefristeten, selbstschuldnerischen und unwiderruflichen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Versicherung abzulösen; frühestens jedoch nach vollständiger Beseitigung der im Abnahmeprotokoll festgestellten Mängel oder feh- lender Leistungen. …"
4
Die Klägerin kündigte den Vertrag mit Anwaltsschreiben vom 4. Juni 2013 wegen fehlender Baufreiheit. Sie erteilte am 17. Juni 2013 Schlussrechnung, mit der sie einen Restbetrag von 59.469,09 € geltend machte. Die Beklagte kündigte den Vertrag mit Schreiben vom 1. Juli 2013 wegen Schuldnerverzugs.
5
In einem vom 10. Juli 2013 datierenden, von der Beklagten und dem Architekten O., nicht aber von der Klägerin unterschriebenen Abnahmeprotokoll sind Mängel und nicht erfolgte Restarbeiten aufgeführt.
6
Die Klägerin hat in erster Instanz Restwerklohn zuletzt in Höhe von 59.169,09 € nebst Zinsen gefordert. Das Landgericht hat die Beklagte nach Beweisaufnahme verurteilt, an die Klägerin 14.063,08 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten gegen dieses Urteil sind erfolglos geblieben.
7
Der Senat hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin die Revision zugelassen, soweit die Berufung der Klägerin in Höhe des Sicherheitseinbehalts in Höhe von 5 % der Brutto-Abrechnungssumme (= 7.470,72 €) zuzüglich Zinsen zurückgewiesen worden ist. Im Übrigen hat der Senat die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten Urteil zurückgewiesen.
8
Mit der Revision verfolgt die Klägerin den nicht zuerkannten Werklohnanspruch zuzüglich Zinsen im Umfang der Zulassung der Revision weiter.

Entscheidungsgründe:

9
Die Revision der Klägerin führt im angefochtenen Umfang zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

10
Das Berufungsgericht führt, soweit für die Revision von Bedeutung, im Wesentlichen Folgendes aus:
11
Bezüglich des Sicherheitseinbehalts sei die Berufung unbegründet. Das Landgericht habe den Sicherheitseinbehalt zu Recht von der Klageforderung abgezogen. Er sei entgegen der Ansicht der Klägerin wirksam vereinbart. Dem stehe nicht entgegen, dass ein Einbehalt nicht nur wegen wesentlicher, sondern auch wegen unwesentlicher Mängel zugelassen sei.
12
Auch die fehlende Regelung über eine Einzahlung auf ein Sperrkonto führe nicht zur Unwirksamkeit der Klausel. Denn eine solche Anforderung stelle nur § 17 VOB/B. Die VOB/B sei aber im vorliegenden Fall nicht wirksam in den Bauvertrag einbezogen worden. Deshalb sei auch die Sperrkontoregelung des § 17 VOB/B nicht anzuwenden.
13
Einer Wirksamkeit der Einbehaltsklausel stehe auch nicht entgegen, dass ein Sicherheitseinbehalt neben einem Leistungsverweigerungsrecht geltend gemacht werden könne.

II.

14
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Berufung der Klägerin in Höhe des Sicherheitseinbehalts (7.470,72 €) zuzüglich Zinsen nicht zurückgewiesen werden.
15
1. Für die Revisionsinstanz ist mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts davon auszugehen, dass es sich bei den Vertragsbestimmungen in § 22.1 und § 22.2 Satz 1 des Bauwerkvertrags um von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, die nicht im Einzelnen ausgehandelt sind.
16
2. Auf dieser Grundlage ist die Vereinbarung eines Einbehalts "in Höhe von 5 % der Brutto-Abrechnungssumme für die Sicherstellung der Gewährleistung einschließlich Schadensersatz und die Erstattung von Überzahlungen" gemäß § 22.1 mit § 22.2 Satz 1 des Bauwerkvertrags wegen unangemessener Benachteiligung der Klägerin gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
17
a) Nach dieser Vorschrift ist eine formularmäßige Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Letzteres ist der Fall, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (vgl. BGH, Urteile vom 16. Februar 2017 - VII ZR 242/13 Rn. 22; vom 22. September 2016 - III ZR 264/15, NJW-RR 2016, 1387 Rn. 25; vom 7. September 2016 - IV ZR 172/15, VersR 2016, 1420 Rn. 27 und vom 16. Juni 2016 - VII ZR 29/13, BauR 2016, 1475 Rn. 15 = NZBau 2016, 556).
18
Bei der Prüfung, ob eine vom Auftraggeber in einem Bauvertrag gestellte Klausel, mit der ein Sicherheitseinbehalt vereinbart wird, den Auftragnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, sind nicht nur Höhe und Dauer des Einbehalts, sondern auch der Regelungszusammenhang , in dem die Klausel steht, zu berücksichtigen. Das gilt insbesondere für die Art, wie der Einbehalt abgelöst werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27, 30, juris Rn. 12). Sicherungseinbehalt und Ablösungsmöglichkeit sind untrennbar miteinander verknüpft, was eine einheitliche, die wirtschaftlichen Interessen der Vertragsparteien berücksichtigende Gesamtbeurteilung des die Sicherungsvereinbarung betreffenden Regelungsgefüges gebietet (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2009 - VII ZR 39/08, BGHZ 179, 374 Rn. 20 m.w.N.).
19
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs benachteiligt eine vom Auftraggeber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrags gestellte Klausel, nach der der Auftraggeber für die Dauer der Gewährleistungsfrist einen Einbehalt zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche vornehmen darf, den Auftragnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, wenn diesem kein angemessener Ausgleich dafür zugestanden wird, dass er, der Auftragnehmer, den Werklohn nicht sofort ausgezahlt bekommt, das Bonitätsrisiko für die Dauer der Gewährleistungsfrist tragen muss und ihm die Liquidität sowie die Verzinsung des Werklohns vorenthalten werden (BGH, Beschluss vom 24. Mai 2007 - VII ZR 210/06, NZBau 2007, 583 Rn. 6 m.w.N. = BauR 2007, 1575, 1576).
20
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist eine vom Auftraggeber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrags gestellte Klausel, wonach ein Sicherheitseinbehalt in Höhe von 5 % der Bausumme für die Dauer der fünfjährigen Gewährleistungsfrist durch eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft abgelöst werden kann, nicht gemäß § 9 Abs. 1 AGBG (nunmehr: § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) unwirksam (BGH, Urteil vom 13. November 2003 - VII ZR 57/02, BGHZ 157, 29, 31 f., juris Rn. 15 f.). Dem liegt die Überlegung zu Grunde, dass die in der Zinsbelastung und der Einschränkung der Kreditlinie liegenden Nachteile bei Bereitstellung einer derartigen Bürgschaft in Anbetracht der berechtigten Sicherungsinteressen des Auftraggebers nicht als so gewichtig erscheinen, dass ihretwegen die Unwirksamkeit der Klausel angenommen werden müsste (BGH, Urteil vom 26. Februar 2004 - VII ZR 247/02, BauR 2004, 841, 843, juris Rn. 20 = NZBau 2004, 323).
21
Eine solche Klausel ist indes nach § 9 Abs. 1 AGBG (nunmehr: § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) unwirksam, wenn die Ablösung des Sicherheitseinbehalts zusätzlich davon abhängig gemacht wird, dass wesentliche Mängel nicht (mehr) vorhanden sind (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 2003 - VII ZR 57/02, BGHZ 157, 29, 31 f., juris Rn. 15 und 17).
22
b) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist die formularmäßige Vereinbarung eines Sicherheitseinbehalts gemäß § 22.1 mit § 22.2 Satz 1 des Bauwerkvertrags unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
23
Die Vertragsbestimmungen § 22.1 und § 22.2 Satz 1 bilden entsprechend dem vorstehend Ausgeführten eine untrennbare Einheit; sie unterliegen einer Gesamtbeurteilung.
24
Die getroffene Regelung benachteiligt die Klägerin als Auftragnehmerin entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Das ergibt sich jedenfalls aus der Einschränkung, dass eine Ablösungsmöglichkeit bezüglich des Sicherheitseinbehalts frühestens nach vollständiger Beseitigung der im Abnahmeprotokoll festgestellten Mängel oder fehlenden Leistungen besteht. Diese Einschränkung ist so weitreichend, dass ein angemessener Ausgleich zu den mit dem Sicherheitseinbehalt für den Auftragnehmer verbundenen Nachteilen nicht mehr zugestanden wird (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 2003 - VII ZR 57/02, BGHZ 157, 29, 32, juris Rn. 17). Die Frage, ob im Abnahmeprotokoll festgestellte Mängel vollständig beseitigt sind, kann Gegenstand langwieriger Kontroversen sein, die sich über die Dauer der Verjährungsfrist für die Mängelansprüche hinziehen können. Jeder diesbezügliche Streit kann zur Blockade der Ablösungsmöglichkeit führen, so dass es dann bei dem Sicherheitseinbehalt und den mit diesem für den Auftragnehmer verbundenen Nachteilen bleibt (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 2003 - VII ZR 57/02, aaO). Entsprechendes gilt bezüglich etwaiger im Abnahmeprotokoll als fehlend festgestellter Leistungen.

III.

25
Nach alledem kann das angefochtene Urteil nicht bestehenbleiben, soweit die Berufung der Klägerin in Höhe des Sicherheitseinbehalts (7.470,72 €) zuzüglich Zinsen zurückgewiesen worden ist. In diesem Umfang ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Der Senat kann mangels hinreichender Feststellungen in der Sache nicht selbst entscheiden (vgl. § 563 Abs. 3 ZPO), weshalb die Sache insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist.
26
Das Berufungsgericht wird Feststellungen dazu zu treffen haben, ob es sich bei den Vertragsbestimmungen in § 22.1 mit § 22.2 Satz 1 um von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, die nicht im Einzelnen ausgehandelt sind.
Eick Kartzke Graßnack Sacher Borris

Vorinstanzen:
LG Gera, Entscheidung vom 27.08.2015 - 2 O 853/13 -
OLG Jena, Entscheidung vom 25.05.2016 - 7 U 702/15 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 30. März 2017 - VII ZR 170/16

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 30. März 2017 - VII ZR 170/16

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,
Bundesgerichtshof Urteil, 30. März 2017 - VII ZR 170/16 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

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(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 57/02
Verkündet am:
13. November 2003
Seelinger-Schardt
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
AGBG § 9 Bf

a) Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages,
daß ein Sicherheitseinbehalt in Höhe von 5% der Bausumme für die Dauer
der fünfjährigen Gewährleistungsfrist durch eine selbstschuldnerische unbefristete
Bürgschaft abgelöst werden kann, verstößt nicht gegen § 9
Abs. 1 AGBG (im Anschluß an BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR
324/95, BGHZ 136, 27).

b) Wird die Ablösung durch die selbstschuldnerische Bürgschaft zusätzlich
davon abhängig gemacht, daß keine wesentlichen Mängel vorhanden
sind, ist diese Vertragsklausel unwirksam.
BGH, Urteil vom 13. November 2003 - VII ZR 57/02 - OLG Dresden
LG Dresden
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 11. Januar 2002 insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil entschieden worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 7. März 2001 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren einschließlich der Kosten der Streithelfer.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, ein Bauträgerunternehmen, nimmt die beklagte Bank aus einer Gewährleistungsbürgschaft auf Zahlung und Feststellung in Anspruch. Sie hat die inzwischen insolvente S. GmbH mit Generalunternehmervertrag vom 9. April 1997 (GUV) damit beauftragt, ein Haus in D. schlüsselfertig zu modernisieren. Als die Klägerin die Beseitigung von Mängeln verlangte, lehnte der Gesamtvollstreckungsverwalter die weitere Erfüllung des Vertrages ab.
In § 16 Nr. 2 GUV ist vereinbart: "Zur Absicherung eventueller Gewährleistungsansprüche werden 5 % des Pauschalfestpreises für die Dauer von fünf Jahren in Geld einbehalten. Der Auftragnehmer kann, soweit die Sicherheitsleistung nicht verwertet ist, die Auszahlung verlangen ... (,) sofern er in Höhe der geschuldeten Sicherheit eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft ... gem. § 17 Ziff. 4 VOB/B ohne Hinterlegungsklausel erbringt und wesentliche Mängel nicht mehr vorhanden sind. Die Anlegungs- und Verzinsungspflicht nach § 17 Ziff. 6 VOB/B wird abbedungen. ... " Die Beklagte hat eine solche Bürgschaft ausgegeben. Sie hält jedoch die Vertragsklausel für unwirksam und möchte deshalb aus der Bürgschaft nicht für die Erfüllung der Verbindlichkeit einstehen. Nach ihrer Ansicht hat die Klägerin die Bürgschaft wegen der Unwirksamkeit des § 16 Nr. 2 GUV ohne Rechtsgrund erlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Dagegen wendet sich die Revision der Beklagten , welche die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils anstrebt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Die Berufung der Klägerin ist unter Aufhebung des Berufungsurteils zurückzuweisen.
Das maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen.

I.

1. Das Berufungsgericht stellt fest, daß es sich bei § 16 Nr. 2 GUV um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Klägerin handelt. Das ist nicht zu beanstanden und wird von der Revision als ihr günstig hingenommen. 2. Das Berufungsgericht führt aus, die Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu einem Bauvertrag, wonach der Auftraggeber nach Abnahme des Bauwerks 5 % der Auftragssumme für die Dauer der fünfjährigen Gewährleistungsfrist als Sicherheit einbehalten dürfe, benachteilige den Auftragnehmer entgegen Treu und Glauben unangemessen und sei unwirksam, wenn dem Auftragnehmer kein angemessener Ausgleich zugestanden werde. Das stellt die Revision zu Recht nicht in Frage; es entspricht der Rechtsprechung des Senats (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27). 3. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist § 16 Nr. 2 GUV zunächst dahingehend zu verstehen, daß die Hauptschuldnerin den als Sicherheit einbehaltenen Betrag nur durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft ablösen könne. Die Möglichkeit, Sicherheit durch Hinterlegung gemäß § 17 Nr. 5 VOB/B zu leisten , sei ausgeschlossen, desgleichen das Wahlrecht nach § 17 Nr. 3 VOB/B. Diese Auslegung der Klausel wird von der Revision als ihr günstig nicht angegriffen und sie ist rechtlich nicht zu beanstanden.
4. Das Berufungsgericht ist ferner der Ansicht, eine selbstschuldnerische Bürgschaft als einzige Austauschsicherheit sei kein angemessener Ausgleich für den vorgesehenen 5%igen Sicherheitseinbehalt. Diese Auffassung teilt der Senat nicht, jedoch ist die Klausel aus anderen Gründen unwirksam. § 16 Nr. 2 GUV ist gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam, weil der Auftragnehmer unangemessen benachteiligt wird. Das ergibt sich im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus der Einschränkung, daß der Sicherheitseinbehalt nur gegen eine selbstschuldnerische Bürgschaft auszuzahlen ist (a), sondern aus der weiteren Voraussetzung, daß wesentliche Mängel nicht vorhanden sein dürfen (b).
a) Anders als im Falle einer Bürgschaft auf erstes Anfordern (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 – VII ZR 324/95, a.a.O.) bietet die Möglichkeit eines Austausches des Sicherheitseinbehaltes gegen eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft einen hinreichenden Ausgleich zu dem in der Vertragsklausel vorgesehenen Einbehalt. Die Klausel stellt den Auftragnehmer vor die Alternative, entweder für fünf Jahre auf unbestrittenen restlichen Werklohn zu verzichten, entsprechende Zinsverluste hinzunehmen und das Insolvenzrisiko des Auftraggebers zu tragen, oder seine Liquidität durch Beibringung einer Bankbürgschaft zu schmälern, die regelmäßig auf Kosten der Kreditlinie geht; außerdem sind für die Bankbürgschaft Avalzinsen zu zahlen, die wiederum einen Zinsertrag aus dem abgelösten Sicherheitseinbehalt schmälern. Die in der Zinsbelastung und dem Einfluß auf die Kreditlinie liegenden Nachteile bei Bereitstellung einer Bürgschaft erscheinen, berücksichtigt man auf der anderen Seite die berechtigten Interesse des Auftraggebers, nicht als so gewichtig, daß ihretwegen die Unwirksamkeit der Klausel angenommen werden müßte (vgl. für den Fall der Vertragserfüllungsbürgschaft BGH, Urteil vom 20. April 2000 – VII ZR 458/97, BauR 2000, 1498 = ZfBR 2000, 477).

b) Die weitere Voraussetzung in § 16 Nr. 2 GUV dagegen, daß wesentliche Mängel nicht vorhanden sein dürfen, führt zur Unwirksamkeit der Klausel. Diese Voraussetzung bedeutet eine so weitreichende Einschränkung der Berechtigung , eine Austauschbürgschaft zu stellen, daß ein angemessener Ausgleich zu den Nachteilen des Sicherheitseinbehaltes nicht mehr zugestanden wird. Jeder Streit um wesentliche Mängel blockiert das Austauschrecht, so daß es bei dem Sicherheitseinbehalt bleibt. Es ist nichts Ungewöhnliches, daß solche Auseinandersetzungen sich selbst bei unberechtigten Beanstandungen über die Dauer der Gewährleistungsfrist hinziehen. 5. Auf die weiteren Überlegungen des Berufungsgerichts zu einer bedingten Bürgschaft, für deren Vereinbarung sich aus der Vertragsklausel keine Anhaltspunkte ergeben, kommt es aus den vorstehenden Überlegungen nicht an.

II.

Weitere Feststellungen sind nicht zu treffen, so daß der Senat in der Sache selber entscheiden kann. Da § 16 Nr. 2 GUV unwirksam ist, hält die Klägerin die Bürgschaft ohne Rechtsgrund. Aus ihr kann sie die Beklagte nicht in Anspruch nehmen (§§ 768 Abs. 1, 812 Abs. 1 BGB).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
Dressler Hausmann Wiebel Kuffer Bauner

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

22
c) Die Klausel in § 6.4 Satz 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags ist jedoch wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam , weil sie den Auftraggeber entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Als unangemessen im Sinne dieser Vorschrift wird nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Klausel angesehen, in der der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne die Interessen des Vertragspartners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (siehe nur BGH, Urteil vom 20. März 2014 - VII ZR 248/13, BGHZ 200, 326 Rn. 15; Urteil vom 9. Dezember 2010 - VII ZR 7/10, BauR 2011, 677 Rn. 18 = NZBau 2011, 229). So liegt der Fall hier.
20
Sie kann sich nicht auf die Entscheidungen des Senats zur Unwirksamkeit von Sicherungsklauseln berufen, in denen geregelt ist, dass ein Bareinbehalt zur Sicherung von Gewährleistungsansprüchen durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden kann (BGH, Beschluss vom 24. Mai 2007 - VII ZR 210/06, BauR 2007, 1575, 1576 = NZBau 2007, 583 = ZfBR 2007, 671; Urteil vom 9. Dezember 2004 - VII ZR 265/03, BauR 2005, 539, 540 = NZBau 2005, 219 = ZfBR 2005, 255; Urteil vom 22. November 2001 - VII ZR 208/00 m.w.N., BauR 2002, 463, 464 f. = NZBau 2002, 151 = ZfBR 2002, 249; ebenso: BGH, Urteil vom 8. März 2001 - IX ZR 236/00, BGHZ 147, 99, 104). Diese Entscheidungen sind dadurch gekennzeichnet, dass die Vereinbarung eines an sich unzulässigen Bareinbehalts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers nur dann als wirksam angesehen werden kann, wenn dem Auftragnehmer ein angemessener Ausgleich zugestanden wird (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27, 30 f.). In einer Regelung, die versucht , diesen Vorgaben gerecht zu werden, liegt eine geschlossene Konzeption. Sicherungseinbehalt und Ablösungsrecht sind untrennbar miteinander verknüpft , was zu einer einheitlichen, die wirtschaftlichen Interessen der Vertragsparteien berücksichtigenden Gesamtbeurteilung des die Sicherungsvereinbarung betreffenden Regelungsgefüges zwingt (BGH, Urteil vom 22. November 2001 - VII ZR 208/00, BauR 2002, 463, 464 f. = NZBau 2002, 151 = ZfBR 2002, 249; Urteil vom 8. März 2001 - IX ZR 236/00, BGHZ 147, 99, 104). Eine solche konzeptionelle Einheit besteht nicht, wenn die Stellung einer selbstschuldnerischen , unbefristeten Bürgschaft verlangt wird und zudem vorgesehen ist, dass der Bürge auf die Einrede gemäß § 768 BGB teilweise verzichtet. Diese Regelungen sind nicht untrennbar miteinander verknüpft. Die Stellung einer selbstschuldnerischen , unbefristeten Bürgschaft ist - im Gegenteil - gerade ohne den Verzicht auf die Einrede gemäß § 768 BGB unbedenklich.
6
Eine in einem Bauvertrag enthaltene Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Auftraggebers, wonach dieser für die Dauer der Gewährleistungsfrist einen Einbehalt zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche vornehmen darf, benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen, wenn ihm kein angemessener Ausgleich dafür zugestanden wird, dass er den Werklohn nicht sofort ausgezahlt bekommt, das Bonitätsrisiko für die Dauer der Gewährleistungsfrist tragen muss und ihm die Liquidität sowie die Verzinsung des Werklohns vorenthalten werden (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27; Urteil vom 2. März 2000 - VII ZR 475/98, BauR 2000, 1052 = NZBau 2000, 285 = ZfBR 2000, 332; Urteil vom 22. November 2001 - VII ZR 208/00, BauR 2002, 463 = NZBau 2002, 151 = ZfBR 2002, 249; Urteil vom 16. Mai 2002 - VII ZR 494/00, BauR 2002, 1392 = NZBau 2002, 493 = ZfBR 2002, 677; Urteil vom 13. November 2003 - VII ZR 57/02, BGHZ 157, 29; Urteil vom 9. Dezember 2004 - VII ZR 265/03, BauR 2005, 539 = NZBau 2005, 219 = ZfBR 2005, 255; Urteil vom 14. April 2005 - VII ZR 56/04, BauR 2005, 1154 = NZBau 2005, 460 = ZfBR 2005, 557; Urteil vom 20. Oktober 2005 - VII ZR 153/04, BauR 2006, 374 = NZBau 2006, 107 = ZfBR 2006, 145).

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 57/02
Verkündet am:
13. November 2003
Seelinger-Schardt
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
AGBG § 9 Bf

a) Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages,
daß ein Sicherheitseinbehalt in Höhe von 5% der Bausumme für die Dauer
der fünfjährigen Gewährleistungsfrist durch eine selbstschuldnerische unbefristete
Bürgschaft abgelöst werden kann, verstößt nicht gegen § 9
Abs. 1 AGBG (im Anschluß an BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR
324/95, BGHZ 136, 27).

b) Wird die Ablösung durch die selbstschuldnerische Bürgschaft zusätzlich
davon abhängig gemacht, daß keine wesentlichen Mängel vorhanden
sind, ist diese Vertragsklausel unwirksam.
BGH, Urteil vom 13. November 2003 - VII ZR 57/02 - OLG Dresden
LG Dresden
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 11. Januar 2002 insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil entschieden worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 7. März 2001 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren einschließlich der Kosten der Streithelfer.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, ein Bauträgerunternehmen, nimmt die beklagte Bank aus einer Gewährleistungsbürgschaft auf Zahlung und Feststellung in Anspruch. Sie hat die inzwischen insolvente S. GmbH mit Generalunternehmervertrag vom 9. April 1997 (GUV) damit beauftragt, ein Haus in D. schlüsselfertig zu modernisieren. Als die Klägerin die Beseitigung von Mängeln verlangte, lehnte der Gesamtvollstreckungsverwalter die weitere Erfüllung des Vertrages ab.
In § 16 Nr. 2 GUV ist vereinbart: "Zur Absicherung eventueller Gewährleistungsansprüche werden 5 % des Pauschalfestpreises für die Dauer von fünf Jahren in Geld einbehalten. Der Auftragnehmer kann, soweit die Sicherheitsleistung nicht verwertet ist, die Auszahlung verlangen ... (,) sofern er in Höhe der geschuldeten Sicherheit eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft ... gem. § 17 Ziff. 4 VOB/B ohne Hinterlegungsklausel erbringt und wesentliche Mängel nicht mehr vorhanden sind. Die Anlegungs- und Verzinsungspflicht nach § 17 Ziff. 6 VOB/B wird abbedungen. ... " Die Beklagte hat eine solche Bürgschaft ausgegeben. Sie hält jedoch die Vertragsklausel für unwirksam und möchte deshalb aus der Bürgschaft nicht für die Erfüllung der Verbindlichkeit einstehen. Nach ihrer Ansicht hat die Klägerin die Bürgschaft wegen der Unwirksamkeit des § 16 Nr. 2 GUV ohne Rechtsgrund erlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Dagegen wendet sich die Revision der Beklagten , welche die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils anstrebt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Die Berufung der Klägerin ist unter Aufhebung des Berufungsurteils zurückzuweisen.
Das maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen.

I.

1. Das Berufungsgericht stellt fest, daß es sich bei § 16 Nr. 2 GUV um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Klägerin handelt. Das ist nicht zu beanstanden und wird von der Revision als ihr günstig hingenommen. 2. Das Berufungsgericht führt aus, die Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu einem Bauvertrag, wonach der Auftraggeber nach Abnahme des Bauwerks 5 % der Auftragssumme für die Dauer der fünfjährigen Gewährleistungsfrist als Sicherheit einbehalten dürfe, benachteilige den Auftragnehmer entgegen Treu und Glauben unangemessen und sei unwirksam, wenn dem Auftragnehmer kein angemessener Ausgleich zugestanden werde. Das stellt die Revision zu Recht nicht in Frage; es entspricht der Rechtsprechung des Senats (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27). 3. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist § 16 Nr. 2 GUV zunächst dahingehend zu verstehen, daß die Hauptschuldnerin den als Sicherheit einbehaltenen Betrag nur durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft ablösen könne. Die Möglichkeit, Sicherheit durch Hinterlegung gemäß § 17 Nr. 5 VOB/B zu leisten , sei ausgeschlossen, desgleichen das Wahlrecht nach § 17 Nr. 3 VOB/B. Diese Auslegung der Klausel wird von der Revision als ihr günstig nicht angegriffen und sie ist rechtlich nicht zu beanstanden.
4. Das Berufungsgericht ist ferner der Ansicht, eine selbstschuldnerische Bürgschaft als einzige Austauschsicherheit sei kein angemessener Ausgleich für den vorgesehenen 5%igen Sicherheitseinbehalt. Diese Auffassung teilt der Senat nicht, jedoch ist die Klausel aus anderen Gründen unwirksam. § 16 Nr. 2 GUV ist gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam, weil der Auftragnehmer unangemessen benachteiligt wird. Das ergibt sich im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus der Einschränkung, daß der Sicherheitseinbehalt nur gegen eine selbstschuldnerische Bürgschaft auszuzahlen ist (a), sondern aus der weiteren Voraussetzung, daß wesentliche Mängel nicht vorhanden sein dürfen (b).
a) Anders als im Falle einer Bürgschaft auf erstes Anfordern (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 – VII ZR 324/95, a.a.O.) bietet die Möglichkeit eines Austausches des Sicherheitseinbehaltes gegen eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft einen hinreichenden Ausgleich zu dem in der Vertragsklausel vorgesehenen Einbehalt. Die Klausel stellt den Auftragnehmer vor die Alternative, entweder für fünf Jahre auf unbestrittenen restlichen Werklohn zu verzichten, entsprechende Zinsverluste hinzunehmen und das Insolvenzrisiko des Auftraggebers zu tragen, oder seine Liquidität durch Beibringung einer Bankbürgschaft zu schmälern, die regelmäßig auf Kosten der Kreditlinie geht; außerdem sind für die Bankbürgschaft Avalzinsen zu zahlen, die wiederum einen Zinsertrag aus dem abgelösten Sicherheitseinbehalt schmälern. Die in der Zinsbelastung und dem Einfluß auf die Kreditlinie liegenden Nachteile bei Bereitstellung einer Bürgschaft erscheinen, berücksichtigt man auf der anderen Seite die berechtigten Interesse des Auftraggebers, nicht als so gewichtig, daß ihretwegen die Unwirksamkeit der Klausel angenommen werden müßte (vgl. für den Fall der Vertragserfüllungsbürgschaft BGH, Urteil vom 20. April 2000 – VII ZR 458/97, BauR 2000, 1498 = ZfBR 2000, 477).

b) Die weitere Voraussetzung in § 16 Nr. 2 GUV dagegen, daß wesentliche Mängel nicht vorhanden sein dürfen, führt zur Unwirksamkeit der Klausel. Diese Voraussetzung bedeutet eine so weitreichende Einschränkung der Berechtigung , eine Austauschbürgschaft zu stellen, daß ein angemessener Ausgleich zu den Nachteilen des Sicherheitseinbehaltes nicht mehr zugestanden wird. Jeder Streit um wesentliche Mängel blockiert das Austauschrecht, so daß es bei dem Sicherheitseinbehalt bleibt. Es ist nichts Ungewöhnliches, daß solche Auseinandersetzungen sich selbst bei unberechtigten Beanstandungen über die Dauer der Gewährleistungsfrist hinziehen. 5. Auf die weiteren Überlegungen des Berufungsgerichts zu einer bedingten Bürgschaft, für deren Vereinbarung sich aus der Vertragsklausel keine Anhaltspunkte ergeben, kommt es aus den vorstehenden Überlegungen nicht an.

II.

Weitere Feststellungen sind nicht zu treffen, so daß der Senat in der Sache selber entscheiden kann. Da § 16 Nr. 2 GUV unwirksam ist, hält die Klägerin die Bürgschaft ohne Rechtsgrund. Aus ihr kann sie die Beklagte nicht in Anspruch nehmen (§§ 768 Abs. 1, 812 Abs. 1 BGB).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
Dressler Hausmann Wiebel Kuffer Bauner

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 247/02 Verkündet am:
26. Februar 2004
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
AGBG § 9; VOB/B § 17 Nr. 4 Satz 2

a) Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrags, die den
Auftragnehmer verpflichtet, zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche des
Auftraggebers ausschließlich eine unbefristete, unwiderrufliche, selbstschuldnerische
Bürgschaft zu stellen, ist nicht nach § 9 AGBG unwirksam.

b) Wird der Auftragnehmer in einer solchen Klausel verpflichtet, die Bürgschaft gemäß
"Muster des Auftraggebers" zu stellen, ist damit in Anlehnung an § 17 Nr. 4
Satz 2 VOB/B zum Ausdruck gebracht, daß die Bürgschaft nach Vorschrift des
Auftraggebers auszustellen ist. Der Auftraggeber wird nicht berechtigt, die Sicherungsabrede
durch das Muster zu ändern.
BGH, Urteil vom 26. Februar 2004 - VII ZR 247/02 - LG Wiesbaden
AG Wiesbaden
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Februar 2004 durch die Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer,
Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 20. Juni 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten, nachdem diese zwei von der Klägerin gestellte Gewährleistungsbürgschaften in Anspruch genommen hat, die Rückzahlung der erlangten Beträge. Die Beklagte beauftragte die Klägerin am 18. Oktober 1994 in zwei selbständigen Verträgen mit den Außen- und Innenputzarbeiten für ein Neubauvorhaben. Die von der Beklagten gestellten Vertragsmuster sehen u.a. eine Gewährleistungszeit von fünf Jahren zuzüglich drei Wochen vor. Die VOB/B ist ergänzend vereinbart. Ferner enthalten die Verträge folgende Regelung:
"§ 9 Schlußzahlung, Gewährleistungssicherheit 1. Für die Dauer der Gewährleistungszeit gemäß § 6 wird eine Summe in Höhe von 5 % der Bruttoschlußrechnungssumme in Form einer unbefristeten, unwiderruflichen, selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Bank - gemäß Muster des Auftraggebers - gestellt. 2. …….." Streitig ist, ob der Klägerin bei Vertragsschluß ein Muster der Bürgschaftsurkunden übergeben worden ist. Dem jedenfalls später übergebenen Muster entsprechend übernahm die N.-Sparkasse zwei Gewährleistungsbürgschaften in Höhe von insgesamt 7.927,32 DM. Die Bürgschaftsurkunden enthalten einen Verzicht auf die Einreden nach den §§ 768, 770, 771 BGB sowie auf das Recht nach § 776 BGB. Ferner heißt es: "Wir verpflichten uns, bei Inanspruchnahme der Bürgschaft an den Auftraggeber Zahlung zu leisten." Nach Abnahme der Arbeiten im Mai und Juni 1995 machte die Beklagte Mängel geltend und setzte Fristen zu deren Beseitigung. Das lehnte die Klägerin mit Ausnahme eines Mangels ab. Die Beklagte nahm im Januar 2001 die Bürgschaften in Anspruch. Die Bürgin leistete unter dem Vorbehalt der Rückforderung wegen Nichtbestehens und Verjährung von Gewährleistungsansprüchen. Sie nahm bei der Klägerin Regreß und trat ihr die Rückforderungsansprüche gegen die Beklagte ab.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen richtet sich ihre vom Berufungsgericht zugelassene Revision, mit der sie weiterhin Klageabweisung erstrebt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Beurteilung richtet sich nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden materiellen Recht (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht führt aus, der Rückzahlungsanspruch der Klägerin ergebe sich aus § 812 Abs. 1 Satz 1, § 818 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Bürgschaften seien ohne Rechtsgrund gegeben worden, die Sicherungsabreden seien wegen Verstoßes gegen das AGB-Gesetz unwirksam. Es handele sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten. Die Klägerin könne sich insoweit wegen der Gestaltung der Verträge auf den Beweis des ersten Anscheins berufen, den die Beklagte nicht entkräftet habe. Ob die Klauseln die Verpflichtung der Klägerin begründeten, Bürgschaften auf erstes Anfordern zu stellen, könne dahinstehen. Jedenfalls seien sie intransparent. Da auf ein Bürgschaftsmuster des Auftraggebers verwiesen werde, sei aus dem Vertragstext nicht unmittelbar erkennbar, welche Risiken denjenigen träfen, der sich zur Stellung der Bürgschaften verpflichte. Wenn bei Vertragsschluß ein Muster übergeben worden sei, sei die Gesamtregelung auch überraschend. Denn der Vertrags-
partner müsse nicht damit rechnen, daß das Muster weitergehende Regelungen als der Vertrag enthalte.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung überwiegend nicht stand. Die Sicherungsabreden sind nicht nach dem AGB-Gesetz unwirksam; sie verpflichten die Klägerin, unbefristete, unwiderrufliche, selbstschuldnerische Bürgschaften zu stellen. Die Klägerin kann die Rückzahlung der Bürgschaftsbeträge verlangen , wenn der Beklagten keine durch die Bürgschaften gesicherten Ansprüche mehr zustehen. 1. Die Sicherungsabreden sind nicht gemäß § 9 AGBG unwirksam.
a) Die Klauseln sind von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen. Der Vertragstext ist von der Beklagten vorgegeben und nicht im einzelnen ausgehandelt worden. Die Revision stellt allerdings die Absicht der Mehrfachverwendung in Frage und vermißt Feststellungen, daß die Beklagte gewerblich als Bauträgerin tätig gewesen ist. Damit hat sie keinen Erfolg. Allerdings bezeichnet das Berufungsgericht die Beklagte als Baubetreuungsunternehmen. Nach dem übereinstimmenden Sachvortrag der Parteien war sie dagegen als Bauträgerin tätig. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Der Senat hat im Anschluß an sein den Bauträgervertrag betreffendes Urteil vom 14. Mai 1992 - VII ZR 204/90, BGHZ 118, 229, 238 entschieden , daß sich aus dem Inhalt und der Gestaltung der in einem Bauvertrag verwendeten Bedingungen ein von dem Verwender zu widerlegender Anschein dafür ergeben kann, daß sie zur Mehrfachverwendung vorformuliert sind. Das könne z.B. dann der Fall sein, wenn der Vertrag zahlreiche formelhafte Klauseln enthalte und nicht auf die individuelle Vertragssituation abgestimmt sei (Urteil
vom 27. November 2003 - VII ZR 53/03, NJW 2004, 502). Diese Grundsätze finden auch auf Baubetreuungsverträge Anwendung. Die Vertragsklauseln sind weitgehend allgemein und abstrakt gehalten. Bis auf wenige für die individualvertragliche Gestaltung notwendige Ausnahmen , wie die Bezeichnung der beauftragten Arbeiten, des Pauschalpreises und des Arbeitsbeginns, sind sie nicht auf das Bauvorhaben der Beklagten und die Beauftragung der Klägerin zugeschnitten. Sie sind allem Anschein nach für eine Mehrfachverwendung vorformuliert. Diesen Anschein hat die Beklagte nicht widerlegt.
b) Die bisher unterbliebene Auslegung der Sicherungsabreden, die der Senat nachholen kann, ergibt, daß die Klägerin unwiderrufliche, unbefristete, selbstschuldnerische Gewährleistungsbürgschaften ohne den Zusatz der Zahlung "auf erstes Anfordern" zu stellen hatte. Nach § 9 Nr. 1 der Verträge müssen die Bürgschaften unwiderruflich, unbefristet und selbstschuldnerisch sein. Bereits damit ist die Ausgestaltung der Bürgschaften abschließend geregelt. Ein Muster der Beklagten ist insoweit ohne Bedeutung. Mit der Formulierung „gemäß Muster des Auftraggebers“ wird zum Ausdruck gebracht, daß in Anlehnung an § 17 Nr. 4 Satz 2 VOB/B die Bürgschaften nach Vorschrift des Auftraggebers auszustellen sind. Der Inhalt der Sicherungsabrede wird durch diesen Zusatz nicht berührt; der Auftraggeber ist nicht berechtigt, die Sicherungsabrede durch das Muster zu ändern. Aus dem Urteil des Senats vom 2. März 2000 – VII ZR 475/98, BauR 2000, 1052, 1053 = ZfBR 2000, 332 = NZBau 2000, 285 folgt nichts anderes. Ihm lag eine Sicherungsabrede zu Grunde, die den Inhalt der Gewährleistungsbürgschaft offen ließ und allein auf das Muster des Auftraggebers verwies.
Eine andere Auslegung der Vertragsbestimmungen wäre auch dann nicht gerechtfertigt, wenn der Klägerin bei Vertragsschluß ein Muster der Bürgschaft übergeben worden sein sollte. Die Beschreibung der Bürgschaften im Vertrag stellt sich als eine abschließende Regelung dar. Die Klägerin mußte aus ihrer maßgeblichen Sicht als Erklärungsempfängerin die Übergabe des Musters nicht dahin verstehen, daß sich der Inhalt der geschuldeten Bürgschaften nicht nur nach dem Vertragstext, sondern auch nach dem Bürgschaftsmuster richten solle.
c) Mit diesem Inhalt sind die Klauseln nicht intransparent oder überraschend. Sie benachteiligen die Klägerin auch nicht unangemessen. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrags, die einen durch eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft ablösbaren Sicherheitseinbehalt vorsieht, verstößt nicht gegen § 9 AGBG (Urteil vom 13. November 2003 - VII ZR 57/02, BauR 2004, 325). Dem liegt die Überlegung zu Grunde, daß die in der Zinsbelastung und der Einschränkung der Kreditlinie liegenden Nachteile bei Bereitstellung einer Bürgschaft in Anbetracht der berechtigten Sicherungsinteressen des Auftraggebers nicht als so gewichtig erscheinen, daß ihretwegen die Unwirksamkeit der Klausel angenommen werden müsste. Das gilt in gleicher Weise für den Fall, daß die Bürgschaft wie hier als einziges Sicherungsmittel vereinbart ist. 2. Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, sind Bürgschaften auf erstes Anfordern gestellt worden. Die Bürgin hat auch auf erstes Anfordern gezahlt. Das allein führt nicht dazu, daß die Beklagte zur Rückzahlung der erhaltenen Beträge verpflichtet wäre. Eine Rückforderung scheidet aus, wenn die Beklagte einen Anspruch auf Verwertung der Bürgschaften hat (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311, 317 = NZBau 2003, 321 = BauR 2003, 870 = ZfBR 2003, 447).
Nach dem Vortrag der Beklagten stehen ihr durchsetzbare Gewährleistungsansprüche nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B zu. Hierzu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. 3. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Klage nicht deshalb ungeachtet etwaiger Mängel in Höhe von 2.767,93 DM begründet, weil die Beklagte diesen Betrag von der Schlußrechnung für die Außenputzarbeiten abgezogen hat und die Bürgschaft erkennbar der Ablösung dieses Sicherheitseinbehalts gedient habe. Auf die vom Senat aufgestellten Grundsätze zum Austauschrecht des Auftragnehmers (vgl. Urteil vom 13. September 2001 - VII ZR 467/00, BGHZ 148, 151) kann sich die Klägerin nicht berufen. Ein Sicherheitseinbehalt ist nicht vereinbart worden. Hausmann Wiebel Kuffer Kniffka Bauner

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 57/02
Verkündet am:
13. November 2003
Seelinger-Schardt
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
AGBG § 9 Bf

a) Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages,
daß ein Sicherheitseinbehalt in Höhe von 5% der Bausumme für die Dauer
der fünfjährigen Gewährleistungsfrist durch eine selbstschuldnerische unbefristete
Bürgschaft abgelöst werden kann, verstößt nicht gegen § 9
Abs. 1 AGBG (im Anschluß an BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR
324/95, BGHZ 136, 27).

b) Wird die Ablösung durch die selbstschuldnerische Bürgschaft zusätzlich
davon abhängig gemacht, daß keine wesentlichen Mängel vorhanden
sind, ist diese Vertragsklausel unwirksam.
BGH, Urteil vom 13. November 2003 - VII ZR 57/02 - OLG Dresden
LG Dresden
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 11. Januar 2002 insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil entschieden worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 7. März 2001 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren einschließlich der Kosten der Streithelfer.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, ein Bauträgerunternehmen, nimmt die beklagte Bank aus einer Gewährleistungsbürgschaft auf Zahlung und Feststellung in Anspruch. Sie hat die inzwischen insolvente S. GmbH mit Generalunternehmervertrag vom 9. April 1997 (GUV) damit beauftragt, ein Haus in D. schlüsselfertig zu modernisieren. Als die Klägerin die Beseitigung von Mängeln verlangte, lehnte der Gesamtvollstreckungsverwalter die weitere Erfüllung des Vertrages ab.
In § 16 Nr. 2 GUV ist vereinbart: "Zur Absicherung eventueller Gewährleistungsansprüche werden 5 % des Pauschalfestpreises für die Dauer von fünf Jahren in Geld einbehalten. Der Auftragnehmer kann, soweit die Sicherheitsleistung nicht verwertet ist, die Auszahlung verlangen ... (,) sofern er in Höhe der geschuldeten Sicherheit eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft ... gem. § 17 Ziff. 4 VOB/B ohne Hinterlegungsklausel erbringt und wesentliche Mängel nicht mehr vorhanden sind. Die Anlegungs- und Verzinsungspflicht nach § 17 Ziff. 6 VOB/B wird abbedungen. ... " Die Beklagte hat eine solche Bürgschaft ausgegeben. Sie hält jedoch die Vertragsklausel für unwirksam und möchte deshalb aus der Bürgschaft nicht für die Erfüllung der Verbindlichkeit einstehen. Nach ihrer Ansicht hat die Klägerin die Bürgschaft wegen der Unwirksamkeit des § 16 Nr. 2 GUV ohne Rechtsgrund erlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Dagegen wendet sich die Revision der Beklagten , welche die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils anstrebt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Die Berufung der Klägerin ist unter Aufhebung des Berufungsurteils zurückzuweisen.
Das maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen.

I.

1. Das Berufungsgericht stellt fest, daß es sich bei § 16 Nr. 2 GUV um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Klägerin handelt. Das ist nicht zu beanstanden und wird von der Revision als ihr günstig hingenommen. 2. Das Berufungsgericht führt aus, die Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu einem Bauvertrag, wonach der Auftraggeber nach Abnahme des Bauwerks 5 % der Auftragssumme für die Dauer der fünfjährigen Gewährleistungsfrist als Sicherheit einbehalten dürfe, benachteilige den Auftragnehmer entgegen Treu und Glauben unangemessen und sei unwirksam, wenn dem Auftragnehmer kein angemessener Ausgleich zugestanden werde. Das stellt die Revision zu Recht nicht in Frage; es entspricht der Rechtsprechung des Senats (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27). 3. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist § 16 Nr. 2 GUV zunächst dahingehend zu verstehen, daß die Hauptschuldnerin den als Sicherheit einbehaltenen Betrag nur durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft ablösen könne. Die Möglichkeit, Sicherheit durch Hinterlegung gemäß § 17 Nr. 5 VOB/B zu leisten , sei ausgeschlossen, desgleichen das Wahlrecht nach § 17 Nr. 3 VOB/B. Diese Auslegung der Klausel wird von der Revision als ihr günstig nicht angegriffen und sie ist rechtlich nicht zu beanstanden.
4. Das Berufungsgericht ist ferner der Ansicht, eine selbstschuldnerische Bürgschaft als einzige Austauschsicherheit sei kein angemessener Ausgleich für den vorgesehenen 5%igen Sicherheitseinbehalt. Diese Auffassung teilt der Senat nicht, jedoch ist die Klausel aus anderen Gründen unwirksam. § 16 Nr. 2 GUV ist gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam, weil der Auftragnehmer unangemessen benachteiligt wird. Das ergibt sich im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus der Einschränkung, daß der Sicherheitseinbehalt nur gegen eine selbstschuldnerische Bürgschaft auszuzahlen ist (a), sondern aus der weiteren Voraussetzung, daß wesentliche Mängel nicht vorhanden sein dürfen (b).
a) Anders als im Falle einer Bürgschaft auf erstes Anfordern (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 – VII ZR 324/95, a.a.O.) bietet die Möglichkeit eines Austausches des Sicherheitseinbehaltes gegen eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft einen hinreichenden Ausgleich zu dem in der Vertragsklausel vorgesehenen Einbehalt. Die Klausel stellt den Auftragnehmer vor die Alternative, entweder für fünf Jahre auf unbestrittenen restlichen Werklohn zu verzichten, entsprechende Zinsverluste hinzunehmen und das Insolvenzrisiko des Auftraggebers zu tragen, oder seine Liquidität durch Beibringung einer Bankbürgschaft zu schmälern, die regelmäßig auf Kosten der Kreditlinie geht; außerdem sind für die Bankbürgschaft Avalzinsen zu zahlen, die wiederum einen Zinsertrag aus dem abgelösten Sicherheitseinbehalt schmälern. Die in der Zinsbelastung und dem Einfluß auf die Kreditlinie liegenden Nachteile bei Bereitstellung einer Bürgschaft erscheinen, berücksichtigt man auf der anderen Seite die berechtigten Interesse des Auftraggebers, nicht als so gewichtig, daß ihretwegen die Unwirksamkeit der Klausel angenommen werden müßte (vgl. für den Fall der Vertragserfüllungsbürgschaft BGH, Urteil vom 20. April 2000 – VII ZR 458/97, BauR 2000, 1498 = ZfBR 2000, 477).

b) Die weitere Voraussetzung in § 16 Nr. 2 GUV dagegen, daß wesentliche Mängel nicht vorhanden sein dürfen, führt zur Unwirksamkeit der Klausel. Diese Voraussetzung bedeutet eine so weitreichende Einschränkung der Berechtigung , eine Austauschbürgschaft zu stellen, daß ein angemessener Ausgleich zu den Nachteilen des Sicherheitseinbehaltes nicht mehr zugestanden wird. Jeder Streit um wesentliche Mängel blockiert das Austauschrecht, so daß es bei dem Sicherheitseinbehalt bleibt. Es ist nichts Ungewöhnliches, daß solche Auseinandersetzungen sich selbst bei unberechtigten Beanstandungen über die Dauer der Gewährleistungsfrist hinziehen. 5. Auf die weiteren Überlegungen des Berufungsgerichts zu einer bedingten Bürgschaft, für deren Vereinbarung sich aus der Vertragsklausel keine Anhaltspunkte ergeben, kommt es aus den vorstehenden Überlegungen nicht an.

II.

Weitere Feststellungen sind nicht zu treffen, so daß der Senat in der Sache selber entscheiden kann. Da § 16 Nr. 2 GUV unwirksam ist, hält die Klägerin die Bürgschaft ohne Rechtsgrund. Aus ihr kann sie die Beklagte nicht in Anspruch nehmen (§§ 768 Abs. 1, 812 Abs. 1 BGB).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
Dressler Hausmann Wiebel Kuffer Bauner

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 57/02
Verkündet am:
13. November 2003
Seelinger-Schardt
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
AGBG § 9 Bf

a) Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages,
daß ein Sicherheitseinbehalt in Höhe von 5% der Bausumme für die Dauer
der fünfjährigen Gewährleistungsfrist durch eine selbstschuldnerische unbefristete
Bürgschaft abgelöst werden kann, verstößt nicht gegen § 9
Abs. 1 AGBG (im Anschluß an BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR
324/95, BGHZ 136, 27).

b) Wird die Ablösung durch die selbstschuldnerische Bürgschaft zusätzlich
davon abhängig gemacht, daß keine wesentlichen Mängel vorhanden
sind, ist diese Vertragsklausel unwirksam.
BGH, Urteil vom 13. November 2003 - VII ZR 57/02 - OLG Dresden
LG Dresden
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 11. Januar 2002 insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil entschieden worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 7. März 2001 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren einschließlich der Kosten der Streithelfer.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, ein Bauträgerunternehmen, nimmt die beklagte Bank aus einer Gewährleistungsbürgschaft auf Zahlung und Feststellung in Anspruch. Sie hat die inzwischen insolvente S. GmbH mit Generalunternehmervertrag vom 9. April 1997 (GUV) damit beauftragt, ein Haus in D. schlüsselfertig zu modernisieren. Als die Klägerin die Beseitigung von Mängeln verlangte, lehnte der Gesamtvollstreckungsverwalter die weitere Erfüllung des Vertrages ab.
In § 16 Nr. 2 GUV ist vereinbart: "Zur Absicherung eventueller Gewährleistungsansprüche werden 5 % des Pauschalfestpreises für die Dauer von fünf Jahren in Geld einbehalten. Der Auftragnehmer kann, soweit die Sicherheitsleistung nicht verwertet ist, die Auszahlung verlangen ... (,) sofern er in Höhe der geschuldeten Sicherheit eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft ... gem. § 17 Ziff. 4 VOB/B ohne Hinterlegungsklausel erbringt und wesentliche Mängel nicht mehr vorhanden sind. Die Anlegungs- und Verzinsungspflicht nach § 17 Ziff. 6 VOB/B wird abbedungen. ... " Die Beklagte hat eine solche Bürgschaft ausgegeben. Sie hält jedoch die Vertragsklausel für unwirksam und möchte deshalb aus der Bürgschaft nicht für die Erfüllung der Verbindlichkeit einstehen. Nach ihrer Ansicht hat die Klägerin die Bürgschaft wegen der Unwirksamkeit des § 16 Nr. 2 GUV ohne Rechtsgrund erlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Dagegen wendet sich die Revision der Beklagten , welche die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils anstrebt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Die Berufung der Klägerin ist unter Aufhebung des Berufungsurteils zurückzuweisen.
Das maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen.

I.

1. Das Berufungsgericht stellt fest, daß es sich bei § 16 Nr. 2 GUV um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Klägerin handelt. Das ist nicht zu beanstanden und wird von der Revision als ihr günstig hingenommen. 2. Das Berufungsgericht führt aus, die Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu einem Bauvertrag, wonach der Auftraggeber nach Abnahme des Bauwerks 5 % der Auftragssumme für die Dauer der fünfjährigen Gewährleistungsfrist als Sicherheit einbehalten dürfe, benachteilige den Auftragnehmer entgegen Treu und Glauben unangemessen und sei unwirksam, wenn dem Auftragnehmer kein angemessener Ausgleich zugestanden werde. Das stellt die Revision zu Recht nicht in Frage; es entspricht der Rechtsprechung des Senats (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27). 3. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist § 16 Nr. 2 GUV zunächst dahingehend zu verstehen, daß die Hauptschuldnerin den als Sicherheit einbehaltenen Betrag nur durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft ablösen könne. Die Möglichkeit, Sicherheit durch Hinterlegung gemäß § 17 Nr. 5 VOB/B zu leisten , sei ausgeschlossen, desgleichen das Wahlrecht nach § 17 Nr. 3 VOB/B. Diese Auslegung der Klausel wird von der Revision als ihr günstig nicht angegriffen und sie ist rechtlich nicht zu beanstanden.
4. Das Berufungsgericht ist ferner der Ansicht, eine selbstschuldnerische Bürgschaft als einzige Austauschsicherheit sei kein angemessener Ausgleich für den vorgesehenen 5%igen Sicherheitseinbehalt. Diese Auffassung teilt der Senat nicht, jedoch ist die Klausel aus anderen Gründen unwirksam. § 16 Nr. 2 GUV ist gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam, weil der Auftragnehmer unangemessen benachteiligt wird. Das ergibt sich im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus der Einschränkung, daß der Sicherheitseinbehalt nur gegen eine selbstschuldnerische Bürgschaft auszuzahlen ist (a), sondern aus der weiteren Voraussetzung, daß wesentliche Mängel nicht vorhanden sein dürfen (b).
a) Anders als im Falle einer Bürgschaft auf erstes Anfordern (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 – VII ZR 324/95, a.a.O.) bietet die Möglichkeit eines Austausches des Sicherheitseinbehaltes gegen eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft einen hinreichenden Ausgleich zu dem in der Vertragsklausel vorgesehenen Einbehalt. Die Klausel stellt den Auftragnehmer vor die Alternative, entweder für fünf Jahre auf unbestrittenen restlichen Werklohn zu verzichten, entsprechende Zinsverluste hinzunehmen und das Insolvenzrisiko des Auftraggebers zu tragen, oder seine Liquidität durch Beibringung einer Bankbürgschaft zu schmälern, die regelmäßig auf Kosten der Kreditlinie geht; außerdem sind für die Bankbürgschaft Avalzinsen zu zahlen, die wiederum einen Zinsertrag aus dem abgelösten Sicherheitseinbehalt schmälern. Die in der Zinsbelastung und dem Einfluß auf die Kreditlinie liegenden Nachteile bei Bereitstellung einer Bürgschaft erscheinen, berücksichtigt man auf der anderen Seite die berechtigten Interesse des Auftraggebers, nicht als so gewichtig, daß ihretwegen die Unwirksamkeit der Klausel angenommen werden müßte (vgl. für den Fall der Vertragserfüllungsbürgschaft BGH, Urteil vom 20. April 2000 – VII ZR 458/97, BauR 2000, 1498 = ZfBR 2000, 477).

b) Die weitere Voraussetzung in § 16 Nr. 2 GUV dagegen, daß wesentliche Mängel nicht vorhanden sein dürfen, führt zur Unwirksamkeit der Klausel. Diese Voraussetzung bedeutet eine so weitreichende Einschränkung der Berechtigung , eine Austauschbürgschaft zu stellen, daß ein angemessener Ausgleich zu den Nachteilen des Sicherheitseinbehaltes nicht mehr zugestanden wird. Jeder Streit um wesentliche Mängel blockiert das Austauschrecht, so daß es bei dem Sicherheitseinbehalt bleibt. Es ist nichts Ungewöhnliches, daß solche Auseinandersetzungen sich selbst bei unberechtigten Beanstandungen über die Dauer der Gewährleistungsfrist hinziehen. 5. Auf die weiteren Überlegungen des Berufungsgerichts zu einer bedingten Bürgschaft, für deren Vereinbarung sich aus der Vertragsklausel keine Anhaltspunkte ergeben, kommt es aus den vorstehenden Überlegungen nicht an.

II.

Weitere Feststellungen sind nicht zu treffen, so daß der Senat in der Sache selber entscheiden kann. Da § 16 Nr. 2 GUV unwirksam ist, hält die Klägerin die Bürgschaft ohne Rechtsgrund. Aus ihr kann sie die Beklagte nicht in Anspruch nehmen (§§ 768 Abs. 1, 812 Abs. 1 BGB).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
Dressler Hausmann Wiebel Kuffer Bauner

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.