Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juni 2004 - VII ZR 25/03

bei uns veröffentlicht am17.06.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 25/03 Verkündet am:
17. Juni 2004
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 133 C, 157 A, 633 Abs. 3, 635
Zur Auslegung einer als "Vorschußklage" bezeichneten Klage gegen einen Architekten
wegen behaupteter Planungsfehler.
Ein richterlicher Hinweis oder eine Rückfrage des Gerichts ist auch dann geboten,
wenn für das Gericht offensichtlich ist, daß der Prozeßbevollmächtigte einer Partei
die von dem Prozeßgegner erhobenen Bedenken gegen die Fassung eines Klageantrags
oder die Schlüssigkeit der Klage falsch aufgenommen hat.
BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - VII ZR 25/03 - OLG Rostock
LG Schwerin
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Juni 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter
Prof. Dr. Thode, Hausmann, Dr. Wiebel und Dr. Kuffer

für Recht erkannt:
Das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 13. Januar 2003 wird im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen die Beklagte zu 2 abgewiesen worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

I.

Im Jahr 1995 ließ der Kläger eine Wohnanlage in S. modernisieren. Hierbei betraute er die Beklagte zu 2 im Vertrag vom 8. März/13. März 1995 mit der Architekturleistung der Leistungsphasen 1 bis 8 des § 15 HOAI. Im Vertrag vom 17. August/13. September 1995 beauftragte der Kläger die Beklagte zu 1 mit Fliesenlegerarbeiten in 110 Badezimmern. Die ursprüngliche Planung der Beklagten zu 2 sah vor, daß die vorhandenen Sprelacartwände aus den Bädern entfernt und durch neue Feuchtraum-
rigipswände auf Ständerwerk ersetzt werden. Die Fliesen sollten auf Gipsbetonplatten aufgebracht werden. Nach mehreren Gesprächen mit den Beklagten verlangte der Kläger die Verwendung von Holzspanplatten anstelle von Rigipsplatten. Hiergegen äußerten die Beklagten Bedenken. Die Beklagte zu 1 holte schließlich eine Verlegeempfehlung der Firma A. bzw. der S. GmbH ein und empfahl dem Kläger, den Feuchtigkeitsschutz entsprechend der Empfehlung der S. GmbH durchzuführen. Die Beklagte zu 2 empfahl eine Versiegelung der Holzspanplatten nach dem D.-System. Der Kläger entschied sich für einen Feuchtigkeitsschutz nach dem S.-System. Nach dem Einbau der Holzspanplatten führten die Mitarbeiter der Beklagten zu 1 die Fliesenlegerarbeiten aus. Diese Arbeiten wurden am 8. Februar 1996 abgenommen. Ende 1997 traten in über dreißig Badezimmern Fliesenschäden auf. Ursache war ein Aufquellen der Holzspanplatten. Der Kläger beantragte beim Landgericht H. die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens gegen die Beklagte zu 1. Der Beklagten zu 2 wurde der Streit verkündet. Der vom Gericht beauftragte Sachverständige B. kam in seinem Gutachten vom 2. Dezember 2000 zu dem Ergebnis, die aufgetretenen Schäden seien entstanden , weil die Holzspanplatten als Verlegegrund ungeeignet seien. Darüber hinaus war die Stirnseite der montierten Spanplatten nicht feuchtigkeitsgeschützt. Ferner entsprach die Dicke und die Verlegungsart der Spanplatten nicht der Empfehlung der S. GmbH. Den zur Mängelbeseitigung erforderlichen Betrag bezifferte der Sachverständige pro Bad auf 2.604 DM netto bzw. 3.000 DM brutto.

II.

1. Der Kläger hat von den Beklagten als Gesamtschuldnern zunächst Zahlung von 267.500 DM (= 136.770,57 €) als Vorschuß für die Kosten der Mängelbeseitigung in 107 Bädern (2.500 DM pro Bad) begehrt. Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. 2. In der Berufungsinstanz hat der Kläger den Rechtsstreit in Höhe von 17.500 DM (= 8.947,61 €) in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagten haben sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen. Das Berufungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil nur gegenüber der Beklagten zu 1 in Höhe von 59.948,97 € (= 117.250 DM) bestätigt und festgestellt , daß die Hauptsache in Höhe eines weiteren Betrages von 4.196,43 € (= 8.207,50 DM) erledigt ist. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Senat hat die Revision des Klägers zugelassen, soweit sie sich gegen den Beklagten zu 2 richtet.

Entscheidungsgründe:

I.

1. Die Revision hat Erfolg, sie führt, soweit die Klage gegen die Beklagte zu 2 abgewiesen worden ist, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 2. Das für das Schuldverhältnis maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

II.

1. Das Berufungsgericht hat die Klage gegen die Beklagte zu 2 mit folgenden Erwägungen abgewiesen:
a) Der Beklagten zu 2 sei ein Planungsfehler vorzuwerfen, weil sie die Verwendung der ungeeigneten Holzspanplatten, die von der Beklagten zu 1 vorgeschlagen worden seien, akzeptiert habe.
b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei ein Architekt nicht verpflichtet, Mängel an einem Bauwerk nachzubessern, die auf seiner fehlerhaften Planung beruhen würden.
c) Nicht zu entscheiden sei darüber, ob dem Kläger gegen die Beklagte zu 2 ein Schadensersatzanspruch zustehe. Der Kläger habe gegenüber der Beklagten zu 2 keinen Schadensersatz, sondern einen Kostenvorschuß für die Beseitigung der Mängel am Bauwerk gefordert. Eine Entscheidung über einen Schadensersatzanspruch betreffe einen anderen Lebenssachverhalt, der nicht hilfsweise geltend gemacht worden sei. Der Übergang vom Kostenvorschuß auf Schadensersatz sei eine Klageänderung. Eines gerichtlichen Hinweises habe es nicht bedurft, weil die Beklagte zu 2 in der mündlichen Verhandlung auf diesen rechtlichen Gesichtspunkt hingewiesen habe. 2. Diese Erwägungen des Berufungsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat den Klagantrag des Klägers und seinen Prozeßvortrag verfahrensfehlerhaft gewürdigt. Selbst auf der Grundlage seiner Auffassung, daß der Kläger von dem Architekten Kosten-
vorschuß verlangt, hätte das Berufungsgericht dem Kläger einen Hinweis nach § 139 ZPO erteilen müssen.
a) Die als Vorschußklage bezeichnete Klage gegen die Beklagte zu 2 hätte das Berufungsgericht nach verständiger Würdigung des Prozeßvortrags des Klägers dahingehend auslegen müssen, daß der Kläger von der Beklagten zu 2 Schadensersatz verlangt (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 2000 - VII ZR 242/99, BauR 2001, 425 = ZfBR 2001, 106 = NZBau 2001, 97). Im Hinblick auf die Entscheidung des Landgerichts und den Prozeßvortrag des Klägers konnte die Klage gegen die Beklagte zu 2 vernünftigerweise nur dahingehend ausgelegt werden, daß der Kläger von der Beklagten zu 2 Schadensersatz in Höhe der geschätzten Nachbesserungskosten verlangen wollte. Das Landgericht hatte die Verurteilung des Beklagten zu 2 auf eine positive Forderungsverletzung gestützt. Der Kläger hat diese Entscheidung im Berufungsverfahren verteidigt. Durch seinen Vortrag, daß der Mangel, der sich im Bauwerk bereits verwirklicht hatte, auf einem Planungsfehler der Beklagten zu 2 beruht, hat der Kläger hinreichend verdeutlicht, daß er gegen die Beklagte zu 2 keinen Vorschußanspruch gemäß § 633 Abs. 3 BGB geltend machen wollte, sondern einen Schadensersatzanspruch gemäß § 635 BGB. Als Anspruch kam allein ein Schadensersatzanspruch in Betracht, weil der Planungsmangel sich bereits im Bauwerk verwirklicht hatte, so daß ein Nachbesserungsanspruch nicht mehr bestand.
b) Selbst auf der Grundlage seiner unzutreffenden Würdigung des Klagantrags hätte das Berufungsgericht dem Kläger einen Hinweis gemäß § 139 ZPO erteilen müssen, daß im Hinblick auf seinen Prozeßvortrag nur eine Schadensersatzklage in Betracht komme. Der Umstand, daß der Prozeßgegner Be-
denken gegen die Fassung des Antrags oder die Schlüssigkeit geltend gemacht hat, befreit das Gericht dann nicht von seiner Pflicht zu einem Hinweis, wenn es für das Gericht offenkundig ist, daß der Prozeßbevollmächtigte der Partei die Bedenken des Prozeßgegners nicht zutreffend aufgenommen hat (BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - VII ZR 269/97, BauR 1999, 510 = ZfBR 1999, 151; Urteil vom 7. Dezember 2000 - I ZR 179/98, NJW 2001, 2548). Das ist hier der Fall. Dressler Thode Hausmann Wiebel Kuffer

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juni 2004 - VII ZR 25/03

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 633 Sach- und Rechtsmangel


(1) Der Unternehmer hat dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen. (2) Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei v
Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juni 2004 - VII ZR 25/03 zitiert 7 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 635 Nacherfüllung


(1) Verlangt der Besteller Nacherfüllung, so kann der Unternehmer nach seiner Wahl den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen. (2) Der Unternehmer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-

Honorarordnung für Architekten und Ingenieure - HOAI 2013 | § 15 Fälligkeit des Honorars, Abschlagszahlungen


Für die Fälligkeit der Honorare für die von dieser Verordnung erfassten Leistungen gilt § 650g Absatz 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend. Für das Recht, Abschlagszahlungen zu verlangen, gilt § 632a des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

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Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

Für die Fälligkeit der Honorare für die von dieser Verordnung erfassten Leistungen gilt § 650g Absatz 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend. Für das Recht, Abschlagszahlungen zu verlangen, gilt § 632a des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 242/99 Verkündet am:
23. November 2000
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGB §§ 133 C, 157 E
Zur Auslegung einer als "Vorschußklage" bezeichneten Klage gegen Architekten
wegen behaupteter Planungs- und Überwachungsfehler.
BGH, Urteil vom 23. November 2000 - VII ZR 242/99 - OLG Düsseldorf
LG Mönchengladbach
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. November 2000 durch die Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Haß, Dr. Kuffer,
Dr. Kniffka und Wendt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27. Mai 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 3. Juli 1998 als unzulässig verworfen worden ist. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt für Mängel bei Dachdeckerarbeiten von den Beklagten zu 1 und 2, den Architekten, sowie der Beklagten zu 3, der Erbin des Dachdeckers, Zahlung von 49.760,50 DM. Der Kläger übertrug den Beklagten zu 1 und 2 die Architektenleistungen der Phasen 3 bis 8 des § 15 Abs. 2 HOAI sowie die Ingenieurleistungen bei der Errichtung einer Produktionshalle. Nach Errichtung des Daches durch den
Rechtsvorgänger der Beklagten zu 3 kam es in erheblichem Umfang zu Feuchtigkeitsschäden. Der Kläger nimmt die Beklagten gesamtschuldnerisch für die Beseitigung und Entsorgung des vorhandenen Daches sowie für die Neuherstellung eines Daches in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Anspruch aus § 633 Abs. 3 BGB gegen die Beklagten zu 1 und 2 scheitere bereits daran, daß der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger keine Planungs- und/oder Aufsichtsfehler schlüssig dargelegt bzw. nachgewiesen habe. Gegenüber der Beklagten zu 3 fehle es an der Aufforderung zur Mangelbeseitigung. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zu 3 zur Zahlung verurteilt. Gegenüber den Beklagten zu 1 und 2 hat es die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 547 ZPO statthafte Revision hat Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers gegen die Beklagten zu 1 und 2 zu Unrecht als unzulässig verworfen.

I.

Das Berufungsgericht hält die Berufung des Klägers gegen die Beklagten zu 1 und 2 für unzulässig, da in das Berufungsverfahren ausschließlich ein neues Klagebegehren eingebracht werde. In erster Instanz sei Vorschuß gemäß § 633 Abs. 3 BGB verlangt worden. Der Kläger habe sein Klagebegehren als Vorschußklage bezeichnet und dies in dem die Instanz abschließenden Schriftsatz auch ausdrücklich bekräftigt. In zweiter Instanz werde demgegenüber ausdrücklich nur ein Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB geltend gemacht.

II.

Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg. 1. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß eine Berufung unzulässig ist, wenn mit ihr nicht zumindest teilweise die Beseitigung einer in dem angefochtenen Urteil liegenden Beschwer, sondern ausschließlich ein neuer bisher noch nicht geltend gemachter Anspruch verfolgt wird (BGH, Urteil vom 20. Oktober 1982 - IV b ZR 318/81, BGHZ 85, 140, 142; Urteil vom 22. November 1990 - IX ZR 73/90, NJW-RR 1991, 1279; Beschluß vom 27. September 1993 - II ZB 5/93, VersR 1994, 330; Urteil vom 13. Juni 1996 - III ZR 40/96, NJW-RR 1996, 1276; Urteil vom 11. Oktober 2000 - VIII ZR 321/99, zur Veröffentlichung vorgesehen). 2. Verfehlt ist die Ansicht des Berufungsgerichts, die Berufung sei deswegen unzulässig, weil in erster Instanz ein Anspruch auf Kostenvorschuß und in zweiter Instanz ein Anspruch auf Schadensersatz geltend gemacht werde.

a) Im Berufungsverfahren wird nach zutreffender Ansicht des Berufungsgerichts Schadensersatz aus § 635 BGB geltend gemacht.
b) Bei verständiger Würdigung des Prozeßvortrags des Klägers, der so auszulegen ist, wie es nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig und interessengerecht ist (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 1996 - VIII ZR 241/94, WM 1996, 1007 = NJW 1996, 1962), wurde vom Kläger auch in erster Instanz von den Beklagten zu 1 und 2 Schadensersatz verlangt. Der Kläger hat zwar die Klage in der Klagebegründung als "Vorschußklage" bezeichnet und sich auf geschätzte Kosten bezogen. Daß eine "Vorschußklage" erhoben werden sollte, hat er ferner im abschließenden Schriftsatz vom 8. Juni 1996 bestätigt. Er hat aber auch darauf hingewiesen, daß alle drei Beklagten für den eingetretenen Schaden hafteten, die Fehler bei gehöriger Planung und Bauüberwachung nicht hätten eintreten dürfen und die Beseitigung des Mangels durch die Beklagten zu 1 und 2 objektiv unmöglich gewesen sei. Damit wurde hinreichend deutlich gemacht, daß gegen die Beklagten zu 1 und 2 nicht ein
Vorschußanspruch aus § 633 Abs. 3 BGB geltend gemacht werden sollte, sondern der Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB, der gegen die Beklagten zu 1 und 2 allein in Betracht kam, weil sich deren behaupteter Planungs- und Überwachungsfehler bereits im Bauwerk verwirklicht hatte (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 1981 - VII ZR 263/79 = BauR 1981, 395 = MDR 1981, 836; Urteil vom 25. April 1996 - VII ZR 157/94 = BauR 1996, 735 = ZfBR 1996, 258).
Thode Haß Kuffer Kniffka Wendt

(1) Der Unternehmer hat dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.

(2) Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln,

1.
wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst
2.
für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann.
Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Unternehmer ein anderes als das bestellte Werk oder das Werk in zu geringer Menge herstellt.

(3) Das Werk ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf das Werk keine oder nur die im Vertrag übernommenen Rechte gegen den Besteller geltend machen können.

(1) Verlangt der Besteller Nacherfüllung, so kann der Unternehmer nach seiner Wahl den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen.

(2) Der Unternehmer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

(3) Der Unternehmer kann die Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.

(4) Stellt der Unternehmer ein neues Werk her, so kann er vom Besteller Rückgewähr des mangelhaften Werkes nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄ UMNISURTEIL
I ZR 179/98 Verkündet am:
7. Dezember 2000
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Ein richterlicher Hinweis bzw. eine Rückfrage des Gerichts ist auch dann geboten
, wenn für das Gericht offensichtlich ist, daß der Prozeßbevollmächtigte
einer Partei die von dem Prozeßgegner erhobenen Bedenken gegen die Fassung
eines Klageantrags oder die Schlüssigkeit der Klage falsch aufgenommen
hat.
BGH, Vers.-Urt. v. 7. Dezember 2000 - I ZR 179/98 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm,
Pokrant und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 7. Juli 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte ist Inhaber einer Apotheke. Er hat seit Oktober 1996 - unaufgefordert - überregional an Ä rzte eine Preisliste für Impfstoffe übersandt, die keiner gesetzlichen Preisbindung unterliegen. In einem der Preisliste beigefügten Anschreiben betreffend den "preisgünstigen Bezug von Impfstoffen für die Vorsorgeimpfung" heißt es u.a. wie folgt:
"Mit der beigefügten Preisliste biete ich Ihnen die VorsorgeImpfstoffe an. Bitte beachten Sie im Vergleich zu unseren Mitbewerbern , daß unsere Preise bereits die gesetzliche Mehrwertsteuer beinhalten. Diese Preise (vorbehaltlich Preisänderungen) liegen bis zu 33 % - je nach Packungsgröße - unter den vereinbarten Zuschlägen laut Arzneimittelliefervertrag zwischen dem Deutschen A. und dem Verband der E. (VDAK) und entsprechen dem jeweils gültigen Apothekeneinkaufspreis zzgl. MwSt am Tage der Bestellung." Im Falle einer Bestellung der angebotenen Impfstoffe durch einen Arzt läßt sich der Beklagte ein Formular unterschreiben, in dem der Arzt einen Schnell-Lieferdienst "autorisiert", die Impfstoffe in der Apotheke des Beklagten abzuholen.
Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, sieht darin einen Verstoß gegen das Verbot aus § 17 Abs. 1 und 2 ApBetrO, Arzneimittel zu versenden, sowie gegen das Verbot des § 8 Abs. 1 HWG, für den Bezug apothekenpflichtiger Arzneimittel im Wege des Versandes zu werben. Sie nimmt den Beklagten deshalb aus § 1 UWG auf Unterlassung in Anspruch. Ferner begehrt sie den Ersatz von Abmahnkosten.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,
1. den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen , es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
a) in Anschreiben an Ä rzte mit beigefügten Impfstoff-Preislisten für den Bezug von Impfstoffen auf dem Versandwege zu werben (vgl. Anlage A 1 nebst beigefügter Impfstoff-Preisliste) und/oder
b) im Wege des Versandes Impfstoffe an Ä rzte zu versenden, die außerhalb der Stadt W. praktizieren, es sei denn, es liegt eine vorherige ärztliche Anforderung oder ein Ausnahmefall des § 47 AMG vor; 2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 294,25 DM nebst Zinsen zu zahlen. Der Beklagte ist dem entgegengetreten. Er hat die Unterlassungsanträge als unzulässig und unverständlich beanstandet und geltend gemacht, er sei durch eine Verurteilung im Sinne des Klageantrages zu 1 b "praktisch nicht betroffen", da er nicht "ohne vorherige ärztliche Anforderung" handele. Er gebe Impfstoffe ausschließlich an solche Ä rzte ab, die genau diese Impfstoffe zuvor bei ihm bestellt hätten. Ferner hat der Beklagte die Auffassung vertreten, die von der Klägerin beanstandete Versendung von Preislisten für Impfstoffe verstoße nicht gegen § 8 Abs. 1 HWG, weil es sich dabei nicht um Werbung, sondern in erster Linie um eine Preisinformation für Ä rzte handele. Nach Sinn und Zweck des § 8 Abs. 1 HWG dürfe das Werbeverbot nicht auf eine Preisinformation gegenüber Ä rzten erstreckt werden.
Das Landgericht hat dem Klageantrag zu 1 a (Werbeverbot) stattgegeben und den Antrag zu 1 b (Versandverbot) abgewiesen. Dem Zahlungsbegehren hat es in Höhe von 187,12 DM nebst Zinsen entsprochen.
Die Klägerin hat Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie u.a. ausgeführt , der vom Landgericht abgewiesene Klageantrag zu 1 b (Versandverbot) sei darauf gerichtet gewesen, dem Beklagten die Durchführung der Versendung von Impfstoffen im Anschluß an eine ohne v orherige ärztliche Anforderung erfolgte Werbung zu untersagen. Der in dem abgewiesenen Unterlassungsantrag enthaltene Vorbehalt "es sei denn, es liegt eine vorherige ärztliche Anforderung" vor, sei ersichtlich auf den angegriffenen Gesamttatbestand bezogen gewesen. Etwaigen Bedenken gegen die erstinstanzliche Antragsformulierung , die das Landgericht gemäß § 139 ZPO hätte beheben müssen, trage der nunmehr in erster Linie verfolgte Unterlassungsantrag zu 1 a Rechnung.
Die Klägerin hat beantragt, das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und den Beklagten - über die in dem landgerichtlichen Urteil ausgesprochene Verurteilung hinaus - unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen , 1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
a) im Wege des Versandes Impfstoffe an Ä rzte zu versenden, die außerhalb der Stadt W. praktizieren, es sei denn, daß ein Ausnahmefall des § 47 AMG vorliegt,
b) hilfsweise zu a): im Wege des Versandes oder der Zustellung durch Boten Impfstoffe an Ä rzte zu versenden, die außerhalb der Stadt W. praktizieren, es sei denn, daß ein Ausnahmefall des § 47
AMG vorliegt oder der bestellende Arzt für jede Bestellung individuell -konkret darlegt, warum er zu einer Abholung der Impfstoffe in der Apotheke nicht in der Lage ist,
c) äußerst hilfsweise zu a) und b): im Wege des Versandes Impfstoffe an Ä rzte zu versenden, die außerhalb der Stadt W. praktizieren, es sei denn, es liegt eine vorherige ärztliche Anforderung oder ein Ausnahmefall des § 47 AMG vor; 2. an die Klägerin insgesamt (unter Einbeziehung der landgerichtlichen Zahlungsverurteilung) 294,25 DM nebst Zinsen zu zahlen. Der Beklagte hat gegen seine Verurteilung unselbständige Anschlußberufung eingelegt, mit der er die Abweisung der Klage insgesamt erstrebt.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen und die Anschlußberufung des Beklagten für wirkungslos erklärt.
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre im Berufungsverfahren gestellten Anträge weiter. Der ordnungsgemäß geladene Beklagte war im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht nicht vertreten. Die Klägerin beantragt, durch Versäumnisurteil zu entscheiden.

Entscheidungsgründe:


I. Über den Revisionsantrag ist, da der Revisionsbeklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung im Revisionsverhandlungstermin nicht vertreten war, auf Antrag der Revisionsklägerin durch Versäumnisurteil zu entscheiden
(§§ 331, 557 ZPO). Das Urteil beruht allerdings nicht auf der Säumnis. Es wäre nach dem der Revisionsentscheidung gemäß § 561 ZPO zugrundezulegenden Sach- und Streitstand inhaltlich ebenso ergangen, wenn der Beklagte nicht säumig gewesen wäre (vgl. BGHZ 37, 79, 81 f.).
II. Das Berufungsgericht hat das Rechtsmittel der Klägerin mangels Zulässigkeit gemäß § 519b Abs. 1 Satz 2 ZPO verworfen. Dazu hat es ausgeführt:
Die Berufungsanträge zu 1 a und 1 b seien unzulässig, weil sie sich nicht gegen die im angefochtenen Urteil enthaltene Beschwer wendeten. Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels erfordere neben einer Beschwer zusätzlich, daß mit dem Rechtsmittel die Beseitigung gerade der durch das angegriffene Urteil geschaffenen Beschwer erstrebt werde. Daran fehle es, wenn der erstinstanzlich unterlegene Kläger nicht die Abweisung seines ursprünglichen Klagebegehrens angreife, sondern mit dem Rechtsmittel im Wege der Klageänderung einen neuen, bislang nicht geltend gemachten Anspruch zur Entscheidung stelle. Mit den in zweiter Instanz gestellten Unterlassungsanträgen zu 1 a und 1 b werde etwas anderes als mit dem erstinstanzlichen Antrag zu 1 b verlangt. Ein Versandverbot mit der Einschränkung, "es sei denn, es liegt eine vorherige ärztliche Anforderung" vor, habe einen anderen Streitgegenstand als das im Berufungsverfahren begehrte uneingeschränkte Versandverbot. Das Landgericht sei nicht gemäß § 139 ZPO verpflichtet gewesen, das Stellen des unbegründeten (erstinstanzlichen) Klageantrages zu 1 b zu verhindern, weil die anwaltlich vertretene Klägerin trotz berechtigter Kritik des Beklagten an diesem Antrag erkennbar habe festhalten wollen.
Die Klägerin wende sich nur mit dem Berufungsantrag zu 1 c, der inhaltlich dem erstinstanzlich gestellten Klageantrag zu 1 b entspreche, gegen die in
dem angefochtenen Urteil enthaltene Beschwer. Insoweit sei die Berufung jedoch ebenfalls unzulässig, weil sie nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise begründet worden sei.
III. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Berufung der Klägerin, mit der sie sich hauptsächlich gegen die Abweisung des mit dem ursprünglichen Klageantrag zu 1 b verfolgten Begehrens wendet, zulässig.
Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz zunächst zutreffend davon ausgegangen, daß die Berufung nur dann zulässig ist, wenn der Berufungskläger mit ihr die Beseitigung einer in dem angefochtenen Urteil liegenden Beschwer erstrebt. Das Rechtsmittel ist daher unzulässig, wenn es den in erster Instanz erhobenen Klageanspruch nicht wenigstens teilweise weiterverfolgt , also - im Falle einer erstinstanzlichen Klageabweisung - die Richtigkeit der Entscheidung nicht in Frage stellt, sondern lediglich im Wege der Klageänderung einen neuen, bislang nicht geltend gemachten Anspruch zur Entscheidung stellt. Die bloße Erweiterung oder Ä nderung der Klage in zweiter Instanz (§§ 523, 263, 264 Nr. 2 ZPO) kann nicht alleiniges Ziel des Rechtsmittels sein; vielmehr setzt ein derartiges Prozeßziel eine zulässige Berufung voraus (st. Rspr.; vgl. BGHZ 140, 335, 338; BGH, Urt. v. 13.3.1998 - V ZR 190/97, NJW 1998, 2058; Urt. v. 25.2.1999 - III ZR 53/98, NJW 1999, 1407; Urt. v. 22.4.1999 - IX ZR 352/98, NJW-RR 2000, 1521; Urt. v. 20.3.2000 - II ZR 250/99, NJW 2000, 1958). Im Streitfall kann die Zulässigkeit der Berufung der Klägerin nicht verneint werden.

a) Das Berufungsgericht hat entgegen der Auffassung der Revision allerdings rechtsfehlerfrei angenommen, daß das in der Berufungsinstanz mit dem Klageantrag zu 1 a begehrte uneingeschränkte Versandverbot einen anderen Streitgegenstand hat als das in erster Instanz mit dem Unterlassungsantrag zu 1 b verfolgte Klageziel. Zu diesem Ergebnis gelangt der Senat, der die erstinstanzlichen Prozeßerklärungen der Klägerin eigenständig und ohne Bindung an die Auslegung des Berufungsgerichts zu werten hat (vgl. BGH, Urt. v. 25.11.1992 - XII ZR 116/91, NJW 1993, 597, 598; Urt. v. 12.7.1995 - IV ZR 369/94, NJW-RR 1995, 1469, 1470), aufgrund der zutreffenden Erwägung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe trotz ständiger Kritik des Beklagten in erster Instanz darauf beharrt, daß dem Beklagten der Versand von Impfstoffen an Ä rzte nur verboten werden solle, wenn eine vorherige ärztliche Anforderung oder ein Ausnahmefall des § 47 AMG nicht vorlägen. Ein Versandverbot mit der Einschränkung "es sei denn, es liegt eine vorherige ärztliche Anforderung" vor, zielt auf das Verbot ab, Ä rzten unbestellte Waren zukommen zu lassen. Mit dem Berufungsantrag zu 1 a erstrebt die Klägerin dagegen ein uneingeschränktes Versandverbot. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, daß dieses Klageziel einen anderen Gegenstand hat als das in erster Instanz mit dem Klageantrag zu 1 b verfolgte Begehren.

b) Gleichwohl fehlt es im Streitfall nicht an der für die Zulässigkeit der Berufung erforderlichen Beschwer im Sinne der Darlegungen unter III 1. Die Klägerin hat die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung u.a. mit der Rüge aus § 139 ZPO angegriffen. Im allgemeinen ist eine Verfahrensrüge zwar unerheblich, wenn der Rügende das prozessuale Ergebnis, hier die Abweisung des Klageantrags zu 1 b, hinzunehmen bereit ist. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin mit ihrer Rüge, das Landgericht habe seine Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO verletzt, aber auch geltend gemacht, daß sie, wenn sie in erster
Instanz auf Bedenken gegen die Fassung des Klageantrags zu 1 b hingewiesen worden wäre, dem durch eine Antragsneufassung mit dem Inhalt des in der Berufungsinstanz gestellten Antrags zu 1 a Rechnung getragen hätte. Hinsichtlich der Durchführbarkeit der darin zu sehenden Klageänderung wären keine derartigen Schwierigkeiten aufgetaucht wie bei der gegebenen Prozeßlage. Die Abweisung des in erster Instanz gestellten Unterlassungsantrags zu 1 b wollte die Klägerin nach ihrem Berufungsvorbringen nur unter der Voraussetzung hinnehmen, daß eine Antragsänderung im anhängigen Verfahren noch möglich ist. Die erhobene Verfahrensrüge bedeutet daher, daß ihre Berufung nicht ausschließlich den neuen Anspruch zum Gegenstand hat (vgl. BGH NJW 1993, 597, 598).

c) Der danach bestehenden Verpflichtung zur Prüfung, ob die erhobene Verfahrensrüge durchgreift, ist das Berufungsgericht allerdings nachgekommen. Es hat diese Frage jedoch zu Unrecht verneint.
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, für das Landgericht habe gemäß § 139 ZPO kein Anlaß bestanden, das Stellen unbegründeter Anträge zu verhindern, an denen die anwaltlich vertretene Klägerin trotz berechtigter Kritik der Gegenseite erkennbar habe festhalten wollen; derartige Anträge seien schlicht abzuweisen. Ungeachtet einer Erörterungspflicht des Gerichts sei es grundsätzlich Sache des Klägers, Inhalt, Umfang und Grenzen des begehrten Verbots aufzuzeigen und die insoweit maßgebenden Umstände darzutun. Aus dem Grundsatz, daß das Gericht gehalten sei, auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken, könne selbst bei unbestimmten Anträgen nicht hergeleitet werden, daß es weitgehend dem Gericht überlassen werden könne, einem zu unbestimmt gefaßten und damit unzulässigen Klageantrag einen zulässigen Wortlaut und Inhalt zu geben. Für zulässige, aber erkennbar unbe-
gründete Anträge müsse dies erst recht gelten. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
bb) Auf Bedenken gegen die Schlüssigkeit der Klage muß das Gericht gemäß § 139 ZPO grundsätzlich auch eine anwaltlich vertretene Partei hinweisen. Das gilt insbesondere dann, wenn der Rechtsanwalt die Rechtslage ersichtlich falsch beurteilt oder darauf vertraut, daß sein schriftsätzliches Vorbringen ausreichend sei (BGHZ 127, 254, 260; BGH, Urt. v. 27.11.1996 - VIII ZR 311/95, NJW-RR 1997, 441; Urt. v. 21.1.1999 - VII ZR 269/97, NJW 1999, 1264; Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 139 Rdn. 13; Musielak/Stadler, ZPO, 2. Aufl., § 139 Rdn. 6; MünchKommZPO/Peters, 2. Aufl., § 139 Rdn. 11 ff.). Ein Hinweis bzw. eine Rückfrage ist vor allem auch dann geboten, wenn für das Gericht offensichtlich ist, daß der Prozeßbevollmächtigte einer Partei die von dem Prozeßgegner erhobenen Bedenken gegen die Fassung eines Klageantrags oder die Schlüssigkeit der Klage falsch aufgenommen hat (vgl. Zöller/Greger aaO § 139 Rdn. 13). Das ist hier der Fall.
Die Klägerin hat das in erster Instanz mit dem Klageantrag zu 1 b verfolgte Versandverbot sowohl in der Klageschrift als auch im weiteren Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens hauptsächlich auf die in § 17 Abs. 1 und 2 ApBetrO enthaltenen Regelungen gestützt. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 ApBetrO dürfen Arzneimittel, zu denen nach § 4 Abs. 4 i.V. mit § 2 Abs. 1 AMG auch Impfstoffe der hier in Rede stehenden Art gehören, nur in den Apothekenbetriebsräumen in den Verkehr gebracht werden. Die Versendung aus der Apotheke oder die Zustellung durch Boten ist gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 ApBetrO nur im begründeten Einzelfall zulässig. In der Klageschrift hat die Klägerin vorgetragen , der Beklagte verstoße mit der Durchführung eines umfangreichen Versandhandels mit Impfstoffen gegen § 17 Abs. 1 und 2 ApBetrO. Dieses
Vorbringen hat sie in ihrem Schriftsatz vom 16. April 1997 wiederholt und dahingehend präzisiert, daß der Versand von Arzneimitteln seitens des Beklagten über den in § 17 Abs. 2 Satz 1 ApBetrO geregelten zulässigen Einzelfall hinausgehe. In ihrem Schriftsatz vom 1. April 1997 hat die Klägerin allerdings vorgebracht , der zweite Klageantrag (1 b) betreffe die praktische Durchführung des Versandhandels, "und zwar ohne ärztliche Aufforderung", obwohl der Wortlaut der Regelungen in § 17 Abs. 1 und 2 ApBetrO keinerlei Veranlassung für die Annahme gibt, daß nur der unaufgeforderte überregionale Versand von Arzneimitteln unzulässig ist. Ein Verbot, das auf die überregionale Versendung unbestellter Impfstoffe an Ä rzte beschränkt ist, liefe praktisch auch ins Leere. Selbst der Beklagte ist nicht davon ausgegangen, daß die Klägerin ein derart eingeschränktes Verbot erstrebt hat. Denn er hat in seiner Klageerwiderung vorgebracht, "es sollte unstreitig sein, daß kein Apotheker einem Arzt unbestellte Ware zukommen läßt".
Nachdem die Klägerin den genannten Hinweis des Beklagten nicht zum Anlaß genommen hat, ihren Klageantrag zu 1 b zu ändern, hätte das Landgericht erkennen und gemäß § 139 ZPO darauf hinweisen müssen, daß ein Verbotsausspruch mit der im Unterlassungsantrag zu 1 b enthaltenen Einschränkung "es sei denn, es liegt eine vorherige ärztliche Anforderung" vor, nicht auf die von der Klägerin angeführte Klagegrundlage des § 17 Abs. 1 und 2 ApBetrO gestützt werden kann und die Einschränkung überdies dem von der Klägerin tatsächlich verfolgten Ziel, dem Beklagten den Versand von Impfstoffen aus seiner Apotheke generell verbieten lassen zu wollen, wenn kein begründeter Einzelfall vorliegt, entgegensteht.
2. Die Begründetheit der von der Klägerin in ihrer Berufungsbegründung erhobenen Rüge aus § 139 ZPO führt dazu, daß an die Sachdienlichkeit der in
der Berufungsinstanz vorgenommenen Klageänderung keine strengeren Anforderungen gestellt werden können als diejenigen, die für eine solche in erster Instanz gelten (vgl. BGH NJW 1993, 597, 598). Die Revision macht insoweit mit Recht geltend, daß das Berufungsgericht die in Rede stehende Klageänderung gemäß § 263 ZPO als sachdienlich hätte zulassen müssen, da das mit dem Berufungsantrag zu 1 a nunmehr verfolgte Begehren keine Auswechslung des bisherigen Streitstoffes erfordert. Der Rechtsstreit kann vielmehr auf der Grundlage des bislang vorhandenen Sach- und Streitstands abschließend vom Berufungsgericht entschieden werden mit der Folge, daß ein neuer Prozeß vermieden wird. In einem derartigen Fall ist im allgemeinen die Sachdienlichkeit einer Klageänderung zu bejahen (vgl. BGH, Urt. v. 30.11.1999 - VI ZR 219/98, NJW 2000, 800, 803 m.w.N.; Zöller/Greger aaO § 263 Rdn. 13 m.w.N.).
3. Erweist sich die Berufung nach alledem als zulässig, so wird das Berufungsgericht nunmehr unter Berücksichtigung der Senatsentscheidung vom 6. April 2000 (- I ZR 294/97, GRUR 2001, 178 = WRP 2000, 1397 - Impfstoffversand an Ä rzte) und der im Streitfall in tatsächlicher Hinsicht gegebenen Besonderheiten in der Sache zu entscheiden haben.
IV. Danach war das Berufungsurteil auf die Revision der Klägerin aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert