Bundesgerichtshof Urteil, 28. März 2006 - X ZR 85/04

bei uns veröffentlicht am28.03.2006
vorgehend
Landgericht Hamburg, , 13 O 19/98
Hanseatisches Oberlandesgericht, 9 U 144/98, 11.05.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 85/04 Verkündet am:
28. März 2006
Groß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Eine Zuwendung unter Ehegatten ist nicht Schenkung, sondern ehebezogene Zuwendung
, wenn ein Ehegatte dem anderen einen Vermögenswert um der Ehe willen
und als Beitrag zur Verwirklichung und Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der
ehelichen Lebensgemeinschaft zukommen lässt, wobei er die Vorstellung oder Erwartung
hegt, dass die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben und er innerhalb
dieser Gemeinschaft am Vermögenswert und dessen Früchten weiter teilhaben
werde. Dass die Zuwendung in diesem Sinne der ehelichen Lebensgemeinschaft
dienen sollte, bedarf der tatrichterlichen Feststellung.
BGH, Urt. v. 28. März 2006 - X ZR 85/04 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter
Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das am 11. Mai 2004 verkündete Urteil des 9. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Ihre Ehe wurde 1973 geschlossen und 1998 geschieden.
2
Im Jahre 1982 hatten die Parteien Gütertrennung vereinbart. Sie waren unter anderem Miteigentümer zu je 1/2 des Grundstücks G. in H. , das von ihnen und ihren Kindern gemeinsam bewohnt wurde. Mit notariellem Vertrag vom 30. September 1986 übertrug der Kläger der Beklagten seinen hälftigen Miteigentumsanteil an diesem Grundstück, wobei die Parteien darüber streiten, ob die Übertragung schenkweise erfolgt ist. Der Kläger , der den Standpunkt vertritt, es habe sich um eine Schenkung gehandelt, hat diese mit anwaltlichem Schreiben vom 31. Juli 1997 wegen groben Undanks der Beklagten widerrufen. Er verlangt von der Beklagten die Rückauflassung des hälftigen Miteigentumsanteils und die Abgabe einer entsprechenden Eintragungsbewilligung. Im ersten Berufungsurteil hat das Berufungsgericht durch den Einzelrichter das klageabweisende landgerichtliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Es ist davon ausgegangen, dass eine Schenkung vorgelegen habe, welche der Kläger aufgrund von Eheverfehlungen der Beklagten wirksam widerrufen habe.
3
Auf die Revision der Beklagten hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, weil der Einzelrichter anstelle des Kollegiums entschieden hatte, obwohl ein Einverständnis der Parteien mit der Entscheidung durch den Einzelrichter im Zeitpunkt der Entscheidung nicht vorlag (BGHZ 147, 397).
4
Das Berufungsgericht hat nunmehr die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche landgerichtliche Urteil zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision, mit der der Kläger sein Klageziel weiterverfolgt.
5
Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


6
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht.
7
I. Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung nunmehr angenommen, der Kläger habe bereits den ihm obliegenden Beweis nicht geführt, dass es sich bei der Übertragung der Grundstückshälfte um eine Schenkung gehandelt habe. Zuwendungen unter Ehegatten seien in der Regel keine Schenkungen. Es handele sich vielmehr nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung in der Regel um ehebedingte Zuwendungen, denen die Vorstellung oder die Erwartung zugrunde liege, dass die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben werde oder die sonst um der Ehe willen und als Beitrag zur Verwirklichung oder Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft erbracht würden und hierin ihre Geschäftsgrundlage hätten. Der Umstand, dass in der notariellen Urkunde ausdrücklich von Schenkung die Rede sei, führe nicht zwingend dazu, dass allein hierdurch der Beweis einer Schenkung geführt sei. Zwar komme der Wortwahl in einer Notariatsurkunde für die Einschätzung des rechtsgeschäftlichen Inhalts der beurkundeten Erklärung erhebliches Gewicht zu, weil die notarielle Urkunde die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei jedoch zu berücksichtigen, dass die Rechtsfigur der ehebedingten bzw. unbenannten Zuwendung in der Rechtsprechung sich erst allmählich Anfang der 1970er Jahre entwickelt habe und auch von den Notaren bei der Beurkundung von Zuwendungen, die ohne direkte Gegenleistung zwischen Ehegatten erfolgt seien, nicht sogleich als eine Alternative zur Schenkung verstanden und umgesetzt worden sei. Nach dieser Rechtsprechung könne allein aus der vom Notar gewählten Bezeichnung des Rechtsgeschäfts und der weiteren Formulierung des Vertrags nicht mit ausreichender Sicherheit entnommen werden, dass die Parteien wirklich eine Schenkung gewollt und vereinbart hätten. Der Bundesgerichtshof habe dies auch in einem Fall so entschieden, in dem die Zuwendung Mitte 1986 erfolgt sei. Lasse sich aber nicht feststellen, dass es sich bei der Übertragung des Miteigentumsanteils um eine Schenkung gehandelt habe, so komme es auf die weitere Frage, ob der Kläger deswegen zum Widerruf berechtigt gewesen sei, weil sich die Beklagte ihm gegenüber wegen einer schweren Verfehlung groben Undanks schuldig gemacht habe, nicht mehr an. Einen Anspruch auf Rückabwicklung der ehebedingten Zuwendung habe der Kläger nicht substantiiert dargelegt.
8
II. Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
9
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt eine ehebezogene Zuwendung vor, wenn ein Ehegatte dem anderen einen Vermögenswert um der Ehe willen und als Beitrag zur Verwirklichung und Ausgestaltung , Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft zukommen lässt, wobei er die Vorstellung oder Erwartung hegt, dass die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben und er innerhalb dieser Gemeinschaft am Vermögenswert und dessen Früchten weiter teilhaben werde. Darin liegt die Geschäftsgrundlage der Zuwendung (BGHZ 142, 137, 147 f.; BGHZ 127, 48, 52; BGH, Urt. v. 23.04.1997 - XII ZR 20/95, NJW 1997, 2747; Urt. v. 02.10.1991 - XII ZR 132/90, NJW 1992, 238, 239; Urt. v. 27.01.1988 - IVb ZR 82/86, FamRZ 1988, 482, 485; Urt. v. 07.01.1972 - IV ZR 231/69, NJW 1972, 580). Feststellungen dazu, dass diese Voraussetzungen hier vorgelegen haben, hat das Berufungsgericht jedoch nicht getroffen. Es hat vielmehr das http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=NJW&B=1981 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=NJW&B=1981&S=2687 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=NJW&B=1981&S=2687&I=2688 - 6 - Vorliegen einer Schenkung verneint, weil sich nicht feststellen lasse, dass es sich um eine Veräußerung eines Vermögensgegenstandes unabhängig vom Fortbestand der Ehe gehandelt habe. Damit hat das Berufungsgericht verkannt, dass von einer ehebezogenen Zuwendung nicht zwangsläufig bei jeder Zuwendung unter Ehegatten ausgegangen werden kann, die ohne Gegenleistung erfolgt ist. Es sind vielmehr positive Feststellungen dazu erforderlich, dass die in der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Voraussetzungen vorgelegen haben, die zu einer Würdigung der Zuwendung als ehebezogene Zuwendung führen. An solchen Feststellungen fehlt es bislang vollständig.
10
2. Das Berufungsgericht ist im Ansatz zu Recht davon ausgegangen, dass bei der Beurteilung, ob eine ehebedingte Zuwendung oder eine Schenkung gewollt war, der Wortwahl in einer notariellen Urkunde für die Einschätzung des rechtsgeschäftlichen Inhalts der beurkundeten Erklärung erhebliches Gewicht zukommt, weil die notarielle Urkunde die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich hat (BGHZ 138, 49, 53; BGH, Urt. v. 05. 07. 2002 - V ZR 143/01, NJW 2002, 3164 f.; Urt. v. 02.10.1991 - XII ZR 132/90, NJW 1992, 238, 239; Urt. v. 10.07.1981 - V ZR 79/80, NJW 1981, 2687, 2688). Es hat auch zu Recht die von ihm zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs berücksichtigt, nach der bei Verträgen aus den 1970er Jahren allein aus der Bezeichnung des Rechtsgeschäfts als Schenkung nicht mit ausreichender Sicherheit geschlossen werden könne, dass die Parteien wirklich eine Schenkung gewollt hätten, weil mangels Problembewusstseins von Notaren keine "Zuwendungsverträge" beurkundet worden seien (BGH NJW 1992, 238, 239). Feststellungen dazu, dass dies auch noch im Jahre 1986 einhellige Praxis war, hat das Berufungsgericht allerdings nicht getroffen; dafür ergibt sich auch nichts aus den von ihm zitierten Entscheidungen des Oberlandesgerichts München (MDR 2002, 97) und des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 30.06.1993 - XII ZR 210/91, NJW-RR 1993, 1410, 1411). In der letzteren Entscheidung, die eine Mitte 1986 erfolgte Beurkundung betraf, ist vielmehr die tatrichterliche Qualifizierung einer Zuwendung, deren Umstände im übrigen für eine ehebezogene Zuwendung sprachen, als Schenkung nicht beanstandet worden, weil sie maßgeblich auf eine Würdigung der Zeugenaussage des beurkundenden Notars gestützt war, welcher eine schenkungsweise erfolgte Eigentumsübertragung beurkundet hatte und dabei nach seiner Bekundung gerade nicht (mehr) der früheren Praxis gefolgt war, eine Zuwendung zwischen Ehegatten, die ohne direkte Gegenleistung erfolgte, ohne weiteres als Schenkung zu bezeichnen und zu beurkunden. Wenn sich das Berufungsgericht demgegenüber mit der Feststellung begnügt, Anhaltspunkte dafür, dass der Notar im Streitfall bewusst der früher herrschenden Praxis, eine Zuwendung unter Ehegatten ohne weiteres als Schenkung zu bezeichnen, nicht habe folgen wollen, seien nicht vorgetragen, so läuft das darauf hinaus, der Beurkundung der Zuwendung als Schenkung jede Bedeutung abzusprechen; das steht mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht in Einklang.
11
3. Im übrigen durfte das Berufungsgericht sich auf fehlenden Vortrag dazu, dass der beurkundende Notar bewusst der früher herrschenden Praxis, eine Zuwendung unter Ehegatten, die ohne direkte Gegenleistung erfolgte, ohne weiteres als Schenkung zu bezeichnen, nicht habe folgen wollen, auch deshalb nicht stützen, weil es die Parteien nicht darauf hingewiesen hat, dass die Zuwendung entgegen seinem bisherigen Rechtsstandpunkt auch als ehebezogen qualifiziert werden könne.
12
Aus den Akten ergibt sich ein solcher Hinweis nicht. Die Vorinstanzen haben bis zum ersten Revisionsurteil angenommen, dem notariellen Vertrag liege eine Schenkung zugrunde, und haben die Frage geprüft, ob der Kläger berechtigt gewesen sei, diese wegen groben Undanks zu widerrufen. Wann der Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts sich geändert hat, ist den Akten nicht zu entnehmen. Allerdings ist ausweislich der Sitzungsprotokolle mehrfach die "Sach- und Rechtslage" mit den Parteien erörtert worden. Es ist jedoch nicht angegeben, in welchem Sinne dies geschehen ist. Dies gilt auch für den Termin , in dem die Parteien angehört worden sind. Aus dem Gegenstand der Anhörung ergibt sich zwar, dass es dem Berufungsgericht darauf ankam zu ermitteln , welche Vorstellungen den Parteien dem Vertrag vom 30. September 1986 zugrunde gelegt haben. Allein hieraus konnten die Parteien jedoch nicht entnehmen , dass sich die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts geändert hatte , nachdem bis zu diesem Zeitpunkt stets vom Vorliegen einer Schenkung ausgegangen worden war und der Einzelrichter im ersten Berufungsurteil ausgeführt hatte, das Berufungsgericht könne nicht davon ausgehen, dass es zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses herrschende notarielle Praxis gewesen sei, eine Zuwendung zwischen Ehegatten, die ohne direkte Gegenleistung erfolgte, ohne weiteres als Schenkung zu bezeichnen und zu beurkunden. Vielmehr hätte es eines unmissverständlichen Hinweises bedurft. Das Gericht muss ausdrücklich darauf hinweisen, wenn es seine rechtliche Beurteilung gegenüber einem früher gegebenen Hinweis oder erst recht gegenüber einer früher getroffenen Entscheidung geändert hat (BVerfG NJW 1996, 3202, NJW 2002, 1334, 1335). Nach § 139 Abs. 4 ZPO kann die Erteilung des erforderlichen Hinweises nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden.
13
Der Kläger macht geltend, er hätte, wenn er auf den geänderten Rechtsstandpunkt hingewiesen worden wäre, dargelegt, dass die Form der Schenkung im notariellen Vertrag von den Parteien bewusst gewählt worden sei und die Beurkundung der Vereinbarung als Schenkungsvertrag nicht deshalb erfolgt sei, weil es der damaligen Praxis entsprochen habe. Er hätte dafür den beurkundenden Notar als Zeugen benannt. Dieser hätte bestätigt, dass bewusst die Form der Schenkung gewählt worden sei, weil dies dem seinerzeit geäußerten Willen beider Parteien entsprochen habe. Dieser Vortrag wäre auch aus der rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts entscheidungserheblich gewesen.
14
III. Das Berufungsgericht wird dieses Vorbringen des Klägers und das abweichende Vorbringen der Beklagten zu würdigen und gegebenenfalls durch eine Beweisaufnahme zu klären haben. Es wird sich auf dieser Grundlage erneut die Überzeugung zu bilden haben, ob die Voraussetzungen für die Annahme einer ehebezogenen Zuwendung vorliegen , und hierzu die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Asendorf Meier-Beck
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 24.07.1998 - 313 O 19/98 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 11.05.2004 - 9 U 144/98 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 28. März 2006 - X ZR 85/04

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 28. März 2006 - X ZR 85/04

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 516 Begriff der Schenkung


(1) Eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, ist Schenkung, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. (2) Ist die Zuwendung ohne den Willen des anderen erfolgt, so kann ih
Bundesgerichtshof Urteil, 28. März 2006 - X ZR 85/04 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 516 Begriff der Schenkung


(1) Eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, ist Schenkung, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. (2) Ist die Zuwendung ohne den Willen des anderen erfolgt, so kann ih

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Bundesgerichtshof Urteil, 28. März 2006 - X ZR 85/04 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 05. Juli 2002 - V ZR 143/01

bei uns veröffentlicht am 05.07.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 143/01 Verkündet am: 5. Juli 2002 K a n i k Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 28. März 2006 - X ZR 85/04.

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Nov. 2012 - X ZR 80/11

bei uns veröffentlicht am 13.11.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 80/11 Verkündet am: 13. November 2012 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Mai 2014 - X ZR 135/11

bei uns veröffentlicht am 06.05.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X Z R 1 3 5 /11 Verkündet am: 6. Mai 2014 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Referenzen

(1) Eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, ist Schenkung, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt.

(2) Ist die Zuwendung ohne den Willen des anderen erfolgt, so kann ihn der Zuwendende unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung über die Annahme auffordern. Nach dem Ablauf der Frist gilt die Schenkung als angenommen, wenn nicht der andere sie vorher abgelehnt hat. Im Falle der Ablehnung kann die Herausgabe des Zugewendeten nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung gefordert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 143/01 Verkündet am:
5. Juli 2002
K a n i k
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 125, 133 Fa, 157 Ha

a) Die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit einer Urkunde ist begründet,
wenn der Urkundstext nach Wortlaut und innerem Zusammenhang unter Berücksichtigung
der Verkehrssitte einen bestimmten Geschäftsinhalt zum Ausdruck
bringt.

b) Zur Widerlegung der Vermutung kann auf außerhalb der Urkunde liegende Mittel
der Auslegung (Begleitumstände des Geschäfts, Äußerungen der Parteien außerhalb
der Urkunde u.a.) zurückgegriffen werden.
BGH, Urt. v. 5. Juli 2002 - V ZR 143/01 – Kammergericht in Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Lemke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 25. Januar 2001 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 31 des Landgerichts Berlin vom 9. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelinstanzen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellen Verträgen vom 16. Dezember 1998 kaufte die Klägerin von dem Beklagten zwei bebaute Grundstücke zu Preisen von 403.000 DM und 635.000 DM und beauftragte jeweils die G. W. - und F. bau (GWF), die Gebäude zu sanieren; der Sanierungsaufwand betrug 1.065.530 DM und 1.535.420 DM. Mit weiteren notariellen Urkunden vom
22. Dezember 1998 ergänzten die drei Beteiligten die Verträge vom 16. Dezember 1998 dahingehend, "daû die Vertretene zu 3 (scil. Klägerin) das Recht hat, von diesem (scil. vom jeweiligen) Vertrag bis zum 31. März 1999 einseitig zurückzutreten, wenn eine Finanzierung für den Kaufpreis - einschlieûlich des Sanierungsanteils - nicht möglich ist". Für die Zeitspanne vom 30. Dezember 1998 bis 1. März 1999 finanzierte die Hausbank der Klägerin die Objekte, nachdem der Beklagte und GWF Bankbürgschaften erbracht hatten, ohne Eigenkapitalbeteiligung der Klägerin. Die mit der Vermittlung der endgültigen Finanzierung beauftragte Firma B. Finanz teilte der Klägerin am 10. März 1999 mit, daû eine Beleihung ohne Eigenkapitalbeteiligung nicht erreicht werden könne. Mit Schreiben vom gleichen Tage erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten und GWF "unter Bezugnahme auf die Änderung bzw. Ergänzung der ... Verträge durch die URNrn. ..., alle vom 22. Dezember 1998 ... den Rücktritt von den ... Verträgen".
Die Klägerin, die sich wegen der Zahlung der Kaufpreise der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hatte, hat Vollstreckungsgegenklage erhoben und diese (u.a.) auf den am 10. März 1999 erklärten Rücktritt gestützt. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts erstrebt. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht meint, die notariellen Urkunden vom 22. Dezember 1998 räumten der Klägerin kein "freies" Rücktrittsrecht ein, da sie einen Rücktrittsgrund bezeichneten. Mangels eindeutigen Wortlauts der Rücktrittsvereinbarungen könne sich die Klägerin für ihre Auffassung, bereits der Umstand , daû ihr keine Finanzierung ohne Eigenkapital gelungen sei, habe sie zum Rücktritt berechtigt, nicht auf die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Urkunden stützen. Die Beweisaufnahme über die vor und bei den notariellen Verhandlungen abgegebenen Erklärungen lasse eine Feststellung im Sinne der Klägerin nicht zu.
Dies hält den Angriffen der Revision nicht stand.

II.


1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsurteils, die ergänzenden Vereinbarungen vom 22. Dezember 1998 räumten der Klägerin kein Rücktrittsrecht ein, dessen Ausübung allein in ihrem Belieben stehe. Die Vereinbarungen bezeichnen vielmehr einen Rücktrittsgrund. Die Bezeichnung des Rücktrittsgrundes in den Urkunden begründet indessen, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, die Vermutung dafür, daû das Rücktrittsrecht der Klägerin an keine weitere Voraussetzung gebunden war, als das Scheitern der Finanzierung als solches. Die Vermutung umfaût mithin auch den
Fall des Unvermögens der Klägerin, die Finanzierungsmittel ohne Eigenkapitalbeteiligung zu erlangen.

a) Nach ständiger Rechtsprechung besteht für die über ein Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunden die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit (BGHZ 20, 109, 111; BGH, Urt. v. 14. Oktober 1999, III ZR 203/98, ZIP 1999, 1887, 1888). Die Partei, die sich auf auûerhalb der Urkunde liegende Umstände - sei es zum Nachweis eines vom Urkundstext abweichenden übereinstimmenden Willens der Beteiligten, sei es zum Zwecke der Deutung des Inhalts des Beurkundeten aus der Sicht des Erklärungsempfängers (§§ 133, 157 BGB) - beruft, trifft die Beweislast für deren Vorliegen (Senatsurt. v. 5. Februar 1999, V ZR 353/97, WM 1999, 965). Die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung setzt allerdings voraus, daû der Geschäftsinhalt durch den Urkundstext bestimmt werden kann; unklar Bleibendes kann keine Vermutung für eine bestimmte Erklärung begründen. Dies bedeutet aber nicht, daû das Beurkundete, wovon das Berufungsgericht (möglicherweise) ausgeht, in dem Sinne eindeutig zu sein hätte, daû für eine Auslegung kein Raum mehr bleibt (vgl. BGHZ 25, 318, 319; 80, 246, 250; krit. MünchKomm-BGB/MayerMaly /Busche, 4. Aufl., § 133 Rdn. 46). Denn in diesem Falle wäre die Vermutung dem Beweis des Gegenteils nicht zugänglich, ginge mithin über eine Beweislastregelung hinaus. Die Vermutung ist vielmehr bereits dann begründet, wenn der Urkundstext nach Wortlaut und innerem Zusammenhang unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (§ 157 BGB) einen bestimmten Geschäftsinhalt zum Ausdruck bringt. Die auûerhalb der Urkunde liegenden Mittel der Auslegung, die Begleitumstände des Vertragsabschlusses, dessen Entstehungsgeschichte , Äuûerungen der Parteien auûerhalb der Urkunde u.a., ble i-
ben hierbei allerdings auûer Betracht. Sie sind Hilfsmittel zur Widerlegung der durch die Urkunde begründeten Vermutung des Geschäftsinhalts.

b) Dem wird das Berufungsurteil nicht gerecht. Das Berufungsgericht gründet seine Zweifel am Inhalt der Urkunde darauf, daû der beurkundende Notar das Rücktrittsrecht nicht an die Finanzierung des "gesamten Kaufpreises" , sondern an das Scheitern "einer" Finanzierung "für" den Kaufpreis geknüpft hat. Dabei bleibt es, entgegen dem Gebot des § 133 BGB, am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks haften und läût den wirklichen Willen der Beteiligten unerforscht. Nach § 433 Abs. 2 BGB hat der Käufer für die Zahlung des Kaufpreises als Geldschuld einzustehen. Wie er die erforderlichen Mittel aufbringt, insbesondere ob er hierzu ganz oder teilweise Eigenkapital einsetzt, ist seine Sache. Behält er sich den Rücktritt für den Fall des Scheiterns der Kaufpreisfinanzierung vor, so ist, wenn sich aus der Urkunde nichts anderes ergibt, davon auszugehen, daû der Grund des Scheiterns, in den Grenzen der §§ 162 entspr., 242 BGB, keine Rolle spielt. Der Verkäufer kann, wenn er nicht darauf besteht, den Rücktrittsgrund weiter einzugrenzen, nicht davon ausgehen , daû der Käufer sich in seiner Dispositionsfreiheit, auf welchem Wege und in welcher Weise er die Kaufpreismittel aufbringt, Einschränkungen unterzogen hat. Im Streitfalle hat die Klägerin ihr Rücktrittsrecht daran geknüpft, daû ihr die Finanzierung von Kaufpreis und Sanierungsaufwand "nicht möglich ist". Einschränkungen ihrer Dispositionsbefugnis dahin, daû sie die Kreditmöglichkeiten , welche einem Darlehensnehmer am Markt schlechthin zur Verfügung stehen , ausschöpfen, also auch Eigenkapital einsetzen müsse, hat sie sich nicht unterworfen. Insoweit zu Recht meint das Berufungsgericht, ob und in welchem Umfang Eigenmittel hätten zum Einsatz kommen sollen, sei von den Gegebenheiten des Falles abhängig gewesen. Im Sinne des Rücktrittsgrundes ist der
Klägerin die Finanzierung auch dann nicht möglich, wenn ihr Eigenkapital nicht zur Verfügung steht oder dieses anderweit eingesetzt wird. Eine Grenze wäre nur dann überschritten, wenn die Finanzierung des Kauf- und Sanierungsvorhabens der Parteien ohne Einsatz von Eigenmitteln auûerhalb der Grenzen der Verkehrssitte läge. Hiervon kann aber weder im allgemeinen noch gerade im Hinblick auf die Geschäftstätigkeit der Klägerin ausgegangen werden. Diese hatte, was unstreitig ist, vorher ein Vorhaben ähnlichen Zuschnitts allein mit Fremdmitteln verwirklicht.
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht über die für die Auslegung des Rücktrittsgrundes erheblichen Begleitumstände Beweis erhoben. Denn auch ein Beweisergebnis, welches die Behauptung der Beklagten gestützt hätte, die Klägerin habe vor Erklärung des Rücktritts Eigenkapital einsetzen müssen, wäre rechtlich beachtlich gewesen. Es hätte in der Urkunde einen, wenn auch nur andeutungsweisen, Niederschlag gefunden und hätte mithin dem Urkundserfordernis des § 313 Satz 1 BGB a.F. genügt. Da das Berufungsgericht Feststellungen in der einen oder anderen Richtung nicht zu treffen vermochte, ist die Sache im Sinne der Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts entscheidungsreif (§ 565 Abs. 3 ZPO a.F.).
Die Gegenrüge des Beklagten ändert hieran nichts. Der Beklagte vermag nicht auf einen Beweisantrag zu verweisen, zum Begriff der Finanzierung sachverständigen Rat einzuholen. Daû die besonderen Voraussetzungen vorgelegen hätten, unter denen das Gericht entweder Beweis von Amts wegen zu erheben (§ 144 ZPO) oder auf die Stellung eines Beweisantrags hinzuwirken (§ 139 ZPO) hat (zum Sachverständigenbeweis: BGH, Urt. v. 16. Oktober 1986, III ZR 121/85, NJW 1987, 591), legt die Revision nicht dar.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf RiBGH Prof. Dr. Krüger ist wegen Urlaubsabwesenheit gehindert, zu unterschreiben Karlsruhe, den 09.07.2002 Wenzel Klein Lemke

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.