Bundesgerichtshof Urteil, 19. Dez. 2017 - XI ZR 217/16
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Dezember 2017 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Maihold und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Derstadt und Dr. Dauber
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger machen gegen die Hellenische Republik Zahlungsansprüche aus von dieser emittierten Staatsanleihen geltend, die im März 2012 eingezogen und durch neue Anleihen mit einem niedrigeren Nennwert ersetzt wurden.
- 2
- Im Laufe des Jahres 2011 erwarben die Kläger in unterschiedlichem Umfang verschiedene ISIN-GR-Anleihen, die die Beklagte in den Jahren 1998 bis 2010 emittiert hatte. In den Anleihebedingungen, die keine Umschuldungsklau- seln (sog. Collective Action Clauses) enthielten, war bestimmt, dass die Anleihen griechischem Recht unterfallen. Es handelte sich um dematerialisierte Wertpapiere, die als Wertrechte ausgegeben wurden und im Girosystem der griechischen Zentralbank registriert waren. Das Girosystem der griechischen Zentralbank basiert auf Konten im Namen der jeweiligen Systemteilnehmer (sog. "Träger"), die daran nur mit Zulassung durch die griechische Zentralbank teilnehmen können. Nach Art. 6 Abs. 4 des griechischen Gesetzes 2198/1994 in der durch das Gesetz 2469/1997 geänderten Fassung (nachfolgend: Gesetz 2198/1994 nF) erfolgt die Übertragung des Titels, die gemäß Art. 6 Abs. 2 auch an Dritte ("Investoren") zulässig ist, dann aber nur zwischen den Parteien wirkt und zu keinen Rechtsfolgen zu Gunsten oder zu Lasten des griechischen Staates oder der Bank von Griechenland führt, durch Gutschrift auf dem Konto des Berechtigten. Gemäß Art. 6 Abs. 5 des Gesetzes 2198/1994 nF werden die Konten der Träger im System der Zentralbank und die Konten der Investoren bei den Trägern geführt.
- 3
- Die Kläger zu 3) und zu 4) erwarben die Anleihen über die Sparkasse O. , die Klägerin zu 5) über die Volksbank G. eG und der Kläger zu 6) über C. S.A., Zweigniederlassung Deutschland. Auf den den Klägern erteilten Abrechnungen zu den getätigten Anleihekäufen findet sich jeweils der Hinweis "Wertpapierrechnung Lagerland Griechenland" bzw. "Wertpapierrechnung Griechenland".
- 4
- Im Zuge der Restrukturierung des griechischen Staatshaushaltes wurde durch das griechische Gesetz 4050/2012 vom 23. Februar 2012 geregelt, dass durch Mehrheitsentscheidung der Anleihegläubiger Anleihebedingungen geändert und ein Umtausch von Anleihen gegen neue Anleihen vorgesehen werden können und diese Entscheidung sodann durch Beschluss des Ministerrates der Beklagten für allgemeinverbindlich erklärt werden kann. Nach Art. 1 Abs. 9 des Gesetzes 4050/2012 bewirkt zum einen der Ministerratsbeschluss, dass auch die überstimmte Minderheit der Anleihegläubiger an den Mehrheitsbeschluss gebunden ist und dieser Vorrang vor gegenteiligen Gesetzesbestimmungen, Rechtsvorschriften oder Vereinbarungen hat. Zum anderen führt im Fall eines Austausches der betroffenen Titel die Einbuchung der neuen Titel im Girosystem zur Aufhebung aller Rechte und Verpflichtungen aus den alten Titeln. Gemäß Art. 1 Abs. 4 des Gesetzes 4050/2012 erfordert eine Änderung der betroffenen Anleihen, dass die Anleihegläubiger sich an der Abstimmung über die Änderung bzw. den Umtausch mit einem Quorum von mindestens 50% des ausstehenden Nennbetrages beteiligen und eine qualifizierte Mehrheit von zwei Dritteln des teilnehmenden Kapitals dem Änderungsvorschlag zustimmt.
- 5
- Mit Beschluss vom 24. Februar 2012 entschied der Ministerrat der Beklagten , das im Gesetz 4050/2012 vorgesehene Verfahren in Gang zu setzen. Den Anleihegläubigern wurde angeboten, die betroffenen Anleihen, darunter auch die streitgegenständlichen Anleihen, gegen andere Anleihen mit einem um 53,5% verringerten Nennwert und anderen Laufzeiten umzutauschen. Die Kläger , denen das Umtauschangebot über ihre jeweilige depotführende Bank bzw. Sparkasse zugeleitet wurde, stimmten nicht zu.
- 6
- Die griechische Regierung teilte am 9. März 2012 mit, dass nach der durchgeführten Abstimmung der Anleihegläubiger die nach dem Gesetz 4050/2012 vorgesehenen Voraussetzungen für die Annahme des Änderungsvorschlags erfüllt seien. Mit ihrer Billigung durch Beschluss des Ministerrats der Beklagten vom gleichen Tag wurde diese Mehrheitsentscheidung gemäß den Bestimmungen des Gesetzes 4050/2012 allgemeinverbindlich. Aufgrund dessen wurden am 12. März 2012 die alten Anleihen aus dem bei der griechischen Zentralbank geführten System ausgebucht und gleichzeitig die neuen Anleihen eingebucht. Daraufhin wurden auch in den Depotbeständen der Kläger die alten Anleihen ausgebucht und gleichzeitig die neuen Anleihen mit geringerem Nennwert sowie anderer Stückelung und Laufzeit eingebucht.
- 7
- Die Kläger zu 3) und zu 4) veräußerten die neuen Anleihen vollständig. Der Kläger zu 4) hat überdies, soweit seine ursprünglichen Anleihen bei Klageerhebung noch nicht vertragsgemäß fällig waren, in der Klageschrift die außerordentliche Kündigung dieser Anleihen mit der Begründung erklärt, die Beklagte habe sich durch den Zwangsumtausch grob vertragswidrig verhalten.
- 8
- Mit ihrer Klage verlangen die Kläger im Wesentlichen Zahlung des Nennwerts ihrer ursprünglichen Anleihen zuzüglich Zinsen sowie abzüglich vereinnahmter Zahlungen und Veräußerungserlöse bzw. - soweit die im März 2012 eingebuchten Anleihen nicht veräußert wurden - Zug um Zug gegen Gestattung der Rückbuchung dieser Anleihen. Die Kläger stützen sich in erster Linie auf von ihnen behauptete vertragliche Rückzahlungsansprüche aus den ursprünglich erworbenen Staatsanleihen und hilfsweise auf Schadensersatzansprüche wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung beziehungsweise wegen rechtswidriger Enteignung oder enteignungsgleichen Eingriffs.
- 9
- Das Landgericht, dessen Entscheidung in RIW 2016, 76 veröffentlicht ist, hat die Klage als unzulässig abgewiesen, da der Klage der Grundsatz der Staatenimmunität entgegenstehe. Auf die Frage der internationalen Zuständigkeit komme es somit nicht mehr an. Die Berufung der Kläger hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 10
- Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
- 11
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in WM 2016, 1878 veröffentlichten Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
- 12
- Das Landgericht habe die Klage im Ergebnis mit Recht als unzulässig abgewiesen. Soweit die Kläger hilfsweise deliktische Schadensersatzansprüche geltend machten, stehe der Klage der vorrangig und von Amts wegen zu berücksichtigende Grundsatz der Staatenimmunität entgegen.
- 13
- Dies gelte jedoch nicht für die von den Klägern in erster Linie geltend gemachten vertraglichen Rückzahlungsansprüche aus den Staatsanleihen. Insoweit sei die Beklagte nicht in ihrem hoheitlichen Aufgabenbereich betroffen. Denn die Kapitalaufnahme durch Emission von Staatsanleihen zähle zum Kreis nicht-hoheitlichen Handelns. Die Beklagte könne deshalb einer auf die Staatsanleihen gestützten Inanspruchnahme nicht den Einwand der Staatenimmunität entgegenhalten. Daran änderten die späteren, zum Zweck des Zwangsumtauschs der Anleihen durchgeführten Maßnahmen des griechischen Gesetzgebers und der griechischen Regierung nichts. Ein einmal als nicht-hoheitlich eingestuftes Rechtsverhältnis könne diesen Charakter grundsätzlich nicht durch spätere Maßnahmen verlieren, mögen diese auch hoheitlicher Natur sein.
- 14
- Allerdings sei, soweit die Klage auf vertragliche Rückzahlungsansprüche aus den Staatsanleihen gestützt werde, das angerufene Landgericht Osnabrück international und örtlich nicht zuständig. Zwar handele es sich insoweit um eine Zivil- und Handelssache im Sinne von Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen (nachfolgend: EuGVVO aF). Jedoch seien weder die Voraussetzungen des Verbrauchergerichtsstands gemäß Art. 15 Abs. 1 Buchst. c, Art. 16 Abs. 1 EuGVVO aF gegeben noch liege der gemäß Art. 5 Nr. 1 Buchst. a EuGVVO aF maßgebliche Erfüllungsort im Bezirk des Landgerichts Osnabrück oder des Landgerichts Frankfurt am Main, so dass auch der in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellte Antrag auf Verweisung des Rechtsstreits an dieses Gericht keinen Erfolg habe.
II.
- 15
- Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
- 16
- 1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass die deutsche Gerichtsbarkeit eröffnet ist, soweit die Klage auf vertragliche Rückzahlungsansprüche aus den ursprünglich erworbenen Staatsanleihen gestützt ist. Der Grundsatz der Staatenimmunität steht der Klage insgesamt entgegen.
- 17
- a) Die Frage, ob die deutsche Gerichtsbarkeit nach den Grundsätzen der Staatenimmunität eröffnet ist, ist von Amts wegen (BVerfGE 46, 342, 359; BGH, Urteile vom 9. Juli 2009 - III ZR 46/08, BGHZ 182, 10 Rn. 20 mwN, vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, BGHZ 209, 191 Rn. 11 und vom 24. März 2016 - VII ZR 150/15, BGHZ 209, 290 Rn. 16) und vor Ermittlung der internationalen Zuständigkeit (BGH, Urteil vom 8. März 2016, aaO, und Beschluss vom 26. November 2015 - III ZR 26/15, juris Rn. 3; Stürner, IPRax 2008, 197, 203 mwN; Wagner, RIW 2014, 260, 261) zu prüfen.
- 18
- b) Soweit im Völkerrecht in einem allgemeinen Sinne von Staatenimmunität die Rede ist, bezieht sich diese auf den völkergewohnheitsrechtlich anerkannten Grundsatz, dass ein Staat nicht fremdstaatlicher nationaler Gerichts- barkeit unterworfen ist. Allerdings hat das Recht der allgemeinen Staatenimmunität , nicht zuletzt wegen des zunehmend kommerziellen grenzüberschreitenden Tätigwerdens staatlicher Stellen, einen Wandel von einem absoluten zu einem nur mehr relativen Recht durchlaufen. Es ist keine allgemeine Regel des Völkerrechts mehr, dass ein Staat Immunität auch für nicht-hoheitliches Handeln ("acta iure gestionis") genießt (vgl. BVerfGE 16, 27, 33 ff.; 117, 141, 152 f.; BVerfG, NJW 2014, 1723 Rn. 19; BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, BGHZ 209, 191 Rn. 12). Staatenimmunität besteht aber nach dem als Bundesrecht im Sinne von Art. 25 GG geltenden allgemeinen Völkergewohnheitsrecht auch heute noch weitgehend uneingeschränkt für solche Akte, die hoheitliches Handeln eines Staates darstellen ("acta iure imperii"), soweit der ausländische Staat auf sie nicht verzichtet. Andernfalls könnte die rechtliche Prüfung durch die Gerichte eine Beurteilung des hoheitlichen Handelns erfordern , was mit dem Prinzip der souveränen Gleichheit von Staaten und dem daraus folgenden Rechtsprinzip, dass Staaten nicht übereinander zu Gericht sitzen , nicht vereinbar wäre (vgl. BVerfGE 117, 141, 152 f.; BVerfG, NJW 2014, 1723 Rn. 19 f.; BGH, Urteile vom 26. September 1978 - VI ZR 267/76, WM 1979, 586 und vom 8. März 2016, aaO).
- 19
- Die Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Staatstätigkeit richtet sich nicht nach deren Motiv oder Zweck. Sie kann auch nicht danach vorgenommen werden, ob die Betätigung in erkennbarem Zusammenhang mit hoheitlichen Aufgaben des Staates steht. Dies folgt daraus, dass die Tätigkeit eines Staates, wenn auch nicht insgesamt, aber doch zum weitaus größten Teil hoheitlichen Zwecken und Aufgaben dient und mit ihnen in einem erkennbaren Zusammenhang steht. Maßgebend für die Unterscheidung ist vielmehr die Natur der staatlichen Handlung oder des entstandenen Rechtsverhältnisses. Es kommt darauf an, ob der ausländische Staat in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt und damit öffentlich-rechtlich oder wie eine Privatperson, also privatrechtlich, tätig geworden ist (BVerfGE 16, 27, 61 f.; BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, BGHZ 209, 191 Rn. 14 und Beschluss vom 30. Januar 2013 - III ZB 40/12, WM 2013, 1903 Rn. 11).
- 20
- Mangels völkerrechtlicher Unterscheidungsmerkmale ist die Abgrenzung grundsätzlich nach dem Recht des entscheidenden Gerichts zu beurteilen (BVerfGE 16, 27, 62; BVerfG, NJW 2014, 1723 Rn. 21; BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, BGHZ 209, 191 Rn. 15), hier also nach deutschem Recht. Die Heranziehung nationaler Regelungen zur Unterscheidung hoheitlichen staatlichen Handelns von nicht-hoheitlichem staatlichem Handeln findet erst dort ihre Grenze, wo der unter den Staaten allgemein anerkannte Bereich hoheitlicher Tätigkeit berührt ist. Das betrifft etwa die Betätigung der auswärtigen und militärischen Gewalt, die Gesetzgebung, die Ausübung der Polizeigewalt und die Rechtspflege (vgl. BVerfGE 16, 27, 63; BVerfG, NJW 2014, 1723 Rn. 21; BGH, Urteil vom 8. März 2016, aaO). Insoweit kann es ausnahmsweise geboten sein, eine nach nationalem Recht als privatrechtlich einzuordnende Tätigkeit eines ausländischen Staates gleichwohl als der Staatenimmunität unterfallenden Akt iure imperii zu qualifizieren, wenn dieser zum Kernbereich völkerrechtlich anerkannter Staatsgewalt zu rechnen ist (vgl. BVerfGE 16, 27, 63 f.; BVerfG, NJW 2014, 1723 Rn. 21; BGH, Urteil vom 8. März 2016, aaO).
- 21
- c) Nach diesen Grundsätzen steht - wie das Berufungsgerichtzutreffend und von der Revision unangegriffen angenommen hat - der Klage der Grundsatz der Staatenimmunität entgegen, soweit sie (hilfsweise) auf Schadensersatzansprüche wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung bzw. wegen rechtswidriger Enteignung oder enteignungsgleichen Eingriffs gestützt ist. Insoweit besteht das maßgebliche, potentiell haftungsbegründende Verhalten der Beklagten im Erlass des Gesetzes 4050/2012 vom 23. Februar 2012 sowie dem Beschluss des Ministerrats vom 9. März 2012, aufgrund derer die Mehrheitsentscheidung der Gläubiger über das Umtauschangebot allgemeinverbindlich wurde und bei denen es sich um hoheitliche Maßnahmen handelt, deren Rechtmäßigkeitskontrolle der Grundsatz der Staatenimmunität verhindern will (BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, BGH 209, 191 Rn. 19 ff.).
- 22
- d) Allerdings ist die deutsche Gerichtsbarkeit - wie das Landgericht zutreffend angenommen hat und entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nach den Grundsätzen der Staatenimmunität auch insoweit nicht eröffnet, als die Klage auf vertragliche Rückzahlungsansprüche aus den ursprünglich erworbenen Staatsanleihen gestützt ist (ebenso OLG Schleswig, WM 2017, 285, 289 ff.; OLG München, Urteil vom 8. Dezember 2016 - 14 U 4840/15, juris Rn. 145 ff.; OLG Oldenburg, Urteil vom 26. Mai 2017 - 6 U 1/17, n.v. Umdruck S. 11 ff.; OLG Dresden, Urteil vom 21. Juni 2017 - 5 U 1533/16, n.v. Umdruck S. 7; OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. Juli 2017 - 16 U 85/16, n.v. Umdruck S. 21 ff.; OLG Köln, Urteil vom 1. September 2017 - 6 U 186/16, n.v. Umdruck S. 12 ff.; OLG Hamburg, Urteil vom 1. September 2017 - 1 U 145/16, n.v. Umdruck S. 8 ff.; KG, Urteil vom 11. September 2017 - 10 U 173/15, n.v. Umdruck S. 6 ff.; LG Konstanz, Urteil vom 19. November 2013 - 2 O 132/13, IPRspr. 2013 Nr. 172 S. 370, 372; LG Kempten, Urteil vom 16. November 2015 - 21 O 1342/14, BeckRS 2015, 116949 Rn. 16; LG Bonn, Urteile vom 19. Oktober 2016 - 1 O 216/14, juris Rn. 130 ff. und vom 14. Dezember 2016 - 1 O 317/13, juris Rn. 52 ff.; Freitag in Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 8. Aufl., Rn. 6.657).
- 23
- aa) Zwar stellt die Kapitalaufnahme durch Emission von Staatsanleihen nach ganz überwiegender Ansicht ein nicht-hoheitliches Handeln dar (vgl. nur BVerfGE 117, 141, 153; BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, BGHZ 209, 191 Rn. 17; OLG Köln, WM 2016, 1590, 1594 mwN; OLG Schleswig, ZIP 2015, 1253, 1255 und WM 2017, 285, 287; vgl. auch EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - C-226/13, C-245/13, C-247/13, C-578/13, Fahnenbrock u.a., ZIP 2015, 1250 Rn. 53).
- 24
- Nach der oben dargestellten Rechtsprechung kommt es für die Frage der Immunität aber nicht auf die Rechtsnatur des Grundverhältnisses an, sondern auf die Natur der staatlichen Handlung, also die Rechtsnatur der Maßnahme, über deren Berechtigung die Parteien streiten (BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, BGHZ 209, 191 Rn. 17). Demgemäß hat das Bundesverfassungsgericht in einem Fall, dem eine Lohnzahlungsklage gegen den griechischen Staat zugrunde lag (vgl. BAGE 144, 244 Rn. 6), der den Nettolohn eines bei ihm in Deutschland beschäftigten Staatsbürgers wegen der Einführung einer Quellensteuer in Höhe von 5% des Bruttolohnes gekürzt hatte, die Immunität mit der Begründung bejaht, Gegenstand des Rechtsstreits sei die hoheitlich zu beurteilende Besteuerung mit der ausländischen Quellensteuer durch den beklagten Staat, nicht die unterbliebene vollständige Auszahlung eines im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis vom beklagten Staat als Arbeitgeber geschuldeten (Brutto-)Gehalts (BVerfG, NJW 2014, 1723 Rn. 22). Damit hat das Bundesverfassungsgericht nicht auf die teilweise Nichtzahlung des Arbeitsentgelts abgestellt , sondern auf den Grund für diese Nichtzahlung, nämlich die Steuererhebung (OLG Schleswig, WM 2017, 285, 289).
- 25
- bb) Nach diesen Maßgaben ist für die Beurteilung der Immunität im vorliegenden Fall unabhängig von der rechtlichen Einkleidung der geltend gemachten Zahlungsansprüche nicht die Rechtsnatur der Kapitalaufnahme durch Emission von Staatsanleihen, sondern die Rechtsnatur der hoheitlichen Maßnahmen der Beklagten, die letztlich zur Ausbuchung der Anleihen aus den Wertpapierdepots der Kläger führten, maßgeblich (OLG Schleswig, WM 2017, 285, 289 ff.; OLG München, Urteil vom 8. Dezember 2016 - 14 U 4840/15, juris Rn. 146 ff.; LG Konstanz, Urteil vom 19. November 2013 - 2 O 132/13, IPRspr. 2013 Nr. 172 S. 372; LG Bonn, Urteile vom 19. Oktober 2016 - 1 O 216/14, juris Rn. 131 und vom 14. Dezember 2016 - 1 O 317/13, juris Rn. 53).
- 26
- (1) Auch wenn sich die Kläger darauf berufen, vertragliche Erfüllungsansprüche aus den ursprünglich von ihnen erworbenen Staatsanleihen geltend zu machen, ist zu berücksichtigen, dass Gegenstand des Rechtsstreits nicht einfach die im Zeitpunkt der Fälligkeit verweigerte Erfüllung eines im Rahmen eines privatrechtlichen Vertrages von der Beklagten als Vertragspartnerin geschuldeten Zahlungsanspruchs ist (ebenso OLG Schleswig, WM 2017, 285, 289; OLG München, Urteil vom 8. Dezember 2016 - 14 U 4840/15, juris Rn. 147; LG Bonn, Urteil vom 19. Oktober 2016 - 1 O 216/14, juris Rn. 132; KG, Urteil vom 11. September 2017 - 10 U 173/15, n.v. Umdruck S. 7). Denn bei den streitgegenständlichen Anleihen handelt es sich um (dematerialisierte) Wertpapiere, die griechischem Recht unterlagen, im System der griechischen Zentralbank geführt wurden und unstreitig vor Eintritt ihrer Fälligkeit auf der Grundlage des Gesetzes 4050/2012 und des Ministerratsbeschlusses vom 9. März 2012 zunächst aus diesem System und in der Folge auch aus den Wertpapierdepots der Kläger ausgebucht wurden. Ferner ist in Art. 1 Nr. 9 des Gesetzes 4050/2012 vorgesehen, dass die Einbuchung der neuen Anleihen im Girosystem zur Aufhebung aller Rechte und Verpflichtungen aus den alten Titeln führt.
- 27
- Angesichts dieser Umstände würde die Zuerkennung eines vertraglichen Erfüllungsanspruchs denknotwendig voraussetzen, dass das angerufene Gericht die Rechtswidrigkeit und eine daraus ggf. resultierende Nichtigkeit oder Unbeachtlichkeit des Gesetzes 4050/2012 und des Ministerratsbeschlusses vom 9. März 2012 feststellt (vgl. OLG Schleswig, WM 2017, 285, 289; OLG München, Urteil vom 8. Dezember 2016 - 14 U 4840/15, juris Rn. 149; LG Wuppertal, Urteil vom 26. April 2016 - 5 O 218/14, n.v. Umdruck S. 20).
- 28
- Damit ist aber gerade eine Beurteilung des hoheitlichen Handelns der Beklagten erforderlich, die mit dem Prinzip der souveränen Gleichheit von Staaten und dem daraus folgenden Rechtsprinzip, dass Staaten nicht übereinander zu Gericht sitzen, nicht vereinbar wäre (vgl. Nodoushani, WuB 2016, 481, 485). Denn es geht - ebenso wie im Rahmen außervertraglicher Ansprüche - maßgeblich um die Frage, ob der griechische Gesetzgeber berechtigt war, mit Wirkung gegenüber ausländischen Gläubigern, die beim Erwerb der Anleihen in die Geltung seiner Zivilrechtsordnung eingewilligt hatten, gegen deren Willen neue Vorschriften in seine Rechtsordnung einzufügen, welche früher geltende Normen ersetzen oder ergänzen. Gerade dadurch ist aber der Grundsatz der Staatenimmunität unmittelbar berührt (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, BGHZ 209, 191 Rn. 25; OLG Schleswig, WM 2017, 285, 290 f.; Paulus EWiR 2016, 577, 578).
- 29
- (2) Die Beklagte kann - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts (ebenso OLG Köln, WM 2016, 1590, 1594; Mankowski WuB 2017, 290, 293; M. J. Müller RIW 2016, 80, 81) - auch nicht mit einem sonstigen Schuldner einer privaten Forderung gleichgesetzt werden, der sich darauf beruft, seine Verbindlichkeit sei durch ein Gesetz oder eine andere hoheitliche Maßnahme erloschen , und dessen Einwendung nach dem anwendbaren materiellen Recht zu prüfen ist (OLG Köln, Urteil vom 1. September 2017 - 6 U 186/16, n.v. Umdruck S. 14 f.). Denn die Beklagte hat hier die zum Erlöschen ihrer Verbindlichkeit führenden Maßnahmen selbst in ihrer Eigenschaft als Hoheitsträger durch Parlamentsgesetz und Ministerratsbeschluss erlassen, während einem privaten Schuldner ein gesetzlicher Eingriff in vertragliche Verpflichtungen unmöglich ist (OLG Köln, Urteil vom 1. September 2017, aaO; LG Bonn, Urteil vom 19. Oktober 2016 - 1 O 216/14, juris Rn. 132; Thole, WM 2012, 1793, 1794).
- 30
- cc) Der Einordnung der hier für die Beurteilung der Immunität maßgeblichen Maßnahmen als hoheitlich steht das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (nachfolgend: EuGH) vom 11. Juni 2015 (C-226/13, C-245/13, C-247/13, C-578/13, Fahnenbrock u.a., ZIP 2015, 1250) nicht entgegen. Dieses Urteil ist zur Auslegung von Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (EuZustVO, ABl. L 324, S. 79) ergangen und befasst sich nur mit der Zustellung von Klagen, also mit der Möglichkeit, einen Sachverhalt überhaupt zur gerichtlichen Überprüfung zu bringen und die Gelegenheit zur Klärung komplexer juristischer Fragen zu schaffen. Demgemäß hat der EuGH auf die Besonderheiten des unionsrechtlichen Zustellungsrechts abgestellt , insbesondere auf das mit der EuZustVO verfolgte Ziel der Schnelligkeit bei der Zustellung gerichtlicher Schriftstücke und die damit verbundene Beschränkung auf eine erste Prüfung der vorliegenden Informationen (vgl. EuGH, aaO Rn. 46). Immunitätsfragen stellen sich auf dieser Stufe noch nicht, sondern erst auf der Stufe der Gerichtsbarkeit, die der Zustellung nachgelagert ist (BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, BGHZ 209, 191 Rn. 24; OLG Schleswig , WM 2017, 285, 288; Knöfel, RIW 2015, 503, 504; Mankowski, EWiR 2015, 495, 496).
- 31
- dd) Der Verneinung der deutschen Gerichtsbarkeit im vorliegenden Fall steht auch nicht das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. Juli 2016 (IV ZR 245/15, WM 2016, 1586) entgegen (ebenso OLG Köln, Urteil vom 1. September 2017 - 6 U 186/16, n.v. Umdruck S. 16). In diesem Urteil hat der Bundesge- richtshof entschieden, dass eine Klage auf Rückzahlung griechischer Staatsanleihen , die von der Hellenischen Republik wegen des Zwangsumtausches der Anleihen aufgrund des Gesetzes 4050/2012 verweigert wird, vom Deckungsschutz in der Rechtschutzversicherung nicht durch eine Klausel ausgeschlossen ist, nach der Rechtsschutz nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in Enteignungs-, Planfeststellungs-, Flurbereinigungs- sowie im Baugesetzbuch geregelten Angelegenheiten besteht (BGH, aaO Rn. 20 ff.). Die Frage der - möglicherweise fehlenden - Erfolgsaussichten einer Klage gegen die Hellenische Republik ist offen gelassen worden, weil dieser Einwand nicht in der gebotenen Form und Frist erhoben worden war (BGH, aaO Rn. 32 ff.).
- 32
- ee) Das Bestehen der deutschen Gerichtsbarkeit ergibt sich auch nicht aus Art. 10 Abs. 1 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit vom 2. Dezember 2004 (ILM 44 (2005), 801, 807), da dieses Übereinkommen bisher nicht in Kraft getreten und weder von Griechenland noch von Deutschland gezeichnet oder ratifiziert worden ist. Anhaltspunkte dafür, dass die in diesem Artikel enthaltene Regelung, die überdies die Feststellung einer internationalen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts voraussetzt (vgl. YILC 1991 II (2) S. 34), die Immunität über die oben dargestellte Rechtsprechung hinaus einschränken würde und insoweit als Völkergewohnheitsrecht gälte (so zu der Regelung für Arbeitsverträge in Art. 11 des Übereinkommens EGMR, Urteile vom 23. März 2010 - 15869/02, Cudak/Litauen, Slg. 2010 - III, 153 Rn. 66 f. und vom 29. Juni 2011 - 34869/05, Sabeh El Leil/Frankreich, NJOZ 2012, 1333 Rn. 54; in Bezug auf Art. 10 offengelassen von BGH, Urteil vom 24. März 2016 - VII ZR 150/15, BGHZ 209, 290 Rn. 21 und 24), sind nicht ersichtlich (vgl. OLG Köln, Urteil vom 1. September 2017 - 6 U 186/16, n.v. Umdruck S. 18).
- 33
- ff) Schließlich steht der Verneinung der deutschen Gerichtsbarkeit im vorliegenden Fall auch nicht das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 26. April 2017 (5 AZR 962/13, RIW 2017, 611 Rn. 15 ff.) entgegen. Die diesem Urteil zugrundeliegende Fallkonstellation ist nicht mit der hier in Rede stehenden vergleichbar , da die streitgegenständlichen Anleihen griechischem Recht unterlagen , im System der griechischen Zentralbank geführt wurden und aufgrund der streitgegenständlichen hoheitlichen Maßnahmen aus diesem System ausgebucht und durch neue Anleihen ersetzt wurden.
- 34
- 2. Da die Klage somit schon deshalb unzulässig ist, weil die deutsche Gerichtsbarkeit nicht eröffnet ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Auffassung des Berufungsgerichts, die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergebe sich weder aus Art. 15 Abs. 1, Art. 16 Abs. 1 EuGVVO aF noch aus Art. 5 Nr. 1 Buchst. a EuGVVO aF, rechtlicher Überprüfung standhält.
Vorinstanzen:
LG Osnabrück, Entscheidung vom 15.05.2015 - 7 O 2995/13 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 18.04.2016 - 13 U 43/15 -
Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 19. Dez. 2017 - XI ZR 217/16
Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 19. Dez. 2017 - XI ZR 217/16
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Bundesgerichtshof Urteil, 19. Dez. 2017 - XI ZR 217/16 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).
Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.
Tenor
1.
Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
2.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1) 14,28 %, der Kläger zu 2) 1,45 %, der Kläger zu 3) 1,08 %, der Kläger zu 4) 20,55 %, die Klägerin zu 5) 0,85 %, der Kläger zu 6) 0,31 %, der Kläger zu 7) 1,60 %, der Kläger zu 8) 28,30 %, der Kläger zu 9) 2,87 %, die Klägerin zu 10) 0,32 %, die Klägerin zu 11) 1,45 %, der Kläger zu 12) 26,39 % und der Kläger zu 13) 0,55 %.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich der Kläger zu 1), 4), 8) und 12) jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Den Klägern zu 2), 3), 5), 6), 7), 9), 10), 11) und 13) bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Kläger machen gegenüber der Beklagten Rückzahlungsansprüche aus Staatsanleihen geltend, die im Zuge des sog. griechischen Schuldenschnitts im Frühjahr 2012 eingezogen wurden. Hilfsweise stützen sie ihre Forderungen auf Schadensersatzansprüche.
3Die Kläger erwarben in der Zeit von 2010 bis 2012 in unterschiedlichem Umfang verschiedene Staatsanleihen der Beklagten. Zwischen den Parteien ist dabei streitig, ob die Kläger selbst Gläubiger der Anleihen wurden (so die Kläger) oder ob sie allenfalls eine wirtschaftliche Position in Bezug auf die Staatsanleihen erlangten, welche durch die jeweilige depotführende Bank bzw. Sparkasse treuhänderisch vermittelt wurde (so die Beklagte).
4Im Einzelnen erwarben die Kläger folgende Anleihen:
5Kaufdatum |
ISIN |
Nennwert |
Zins |
Fälligkeit |
|
Kläger zu 1) |
04.02.2010 |
GR0######### |
100.000,00 € |
4,3 % |
20.03.2012 |
Kläger zu 2) |
15.02.2012 |
GR0######### |
10.000,00 € |
4,3 % |
20.03.2012 |
Kläger zu 3) |
08.10.2010 |
GR0######### |
7.000,00 € |
4,6 % |
20.05.2013 |
Kläger zu 4) |
26.08.2010 |
GR0######### |
123.000,00 € |
6,5 % |
22.10.2019 |
Klägerin zu 5) |
11.10.2010 |
GR0######### |
5.000,00 € |
4,6 % |
20.05.2013 |
Kläger zu 6) |
11.10.2010 |
GR0######## |
2.000,00 € |
4,1 % |
20.08.2012 |
Kläger zu 7) |
21.04.2010 16.03.2010 27.12.2011 |
GR0######### GR0######### |
7.000,00 € 4.000,00 € |
4,1 % 4,3 % |
20.08.2012 20.03.2012 |
Kläger zu 8) |
26.01.2010 29.04.2010 |
GR0######### |
200.000,00 € |
4,3 % |
20.03.2012 |
Kläger zu 9) |
22.12.2011 |
GR0######### |
20.000,00 € |
4,3 % |
20.03.2012 |
Klägerin zu 10) |
04.10.2010 |
GR0######### |
2.000,00 € |
4,6 % |
20.05.2013 |
Klägerin zu 11) |
15.04.2010 |
GR0######### |
10.000,00 € |
4,3 % |
20.03.2012 |
Kläger zu 12) |
08.03.2011 19.09.2011 |
GR0######### |
160.000,00 € |
4,1 % |
20.08.2012 |
Kläger zu 13) |
09.06.2010 |
GR0######### |
3.210,00 € |
7,5 % |
20.03.2012 |
Auf die Kaufbelege der Kläger, die Umtauschangebote der Depotbanken der Kläger sowie die Depotauszüge (Anlagen K 21-23) wird verwiesen.
7Die ursprünglichen Anleihebedingungen aller durch die Kläger erworbenen Anleihen sahen keine Umtauschklausel (sog. collective action clause, CAC) vor.
8Aufgrund der Schuldenkrise der Beklagten führte deren Regierung im Jahr 2012 die Umschuldung einer Vielzahl ihrer Staatsanleihen durch. Hierzu unterbreitete sie zunächst den privaten Gläubigern von Anleiheserien, darunter auch die streitgegenständlichen Anleihen, das Angebot, die Anleihepapiere zu einen um 53,5 % verringerten Nennwert gegen neue Anleihen umzutauschen. Dieses Angebot wurde seitens der Kläger nicht angenommen. Als flankierende Maßnahme verabschiedete das griechische Parlament im Februar 2012 das Gesetz 4050/2012, wonach auch diejenigen Anleihegläubiger, die das Umtauschangebot nicht annehmen sollten, in den Umschuldungsprozess mit einzubeziehen waren (sog. collective action process). Voraussetzung hierfür war, dass die Anleihegläubiger über den Umtausch der teilnehmenden Anleihepapiere mit einem Quorum von 50 % des ausstehenden Nennbetrages dieser Titel abstimmen würden. Ferner musste für die Annahme des Vorschlages eine 2/3 Mehrheit erreicht werden. Damit schuf das Gesetz 4050/2012 den Rahmen für eine nachträgliche Änderung der Anleihebedingungen durch Mehrheitsentscheidung der Anleihegläubiger. In der Folgezeit stimmten die Anleihegläubiger der sogenannten „Eligible Titles“ über die vorgeschlagene Änderung ab. Mit Beschluss vom 09.03.2012 bestätigte der Gouverneur der griechischen Zentralbank, dass mit der Zustimmung von 91,05 % des ausstehenden Gesamtbetrages - die Kläger bestreiten dass die erforderlich Quote tatsächlich erreicht worden ist - das Quorum erreicht wurde. Mit Beschluss vom 09.03.2012 billigte der Ministerrat die durch den Beschluss des Gouverneurs der griechischen Zentralbank mitgeteilte Entscheidung der Anleihegläubiger. Dies hatte zur Folge, dass der Gläubigerbeschluss von Gesetzes wegen allgemeingültig wurde, d. h. dass alle Anleihegläubiger der „Eligible Titles“ an den Gläubigerbeschluss gebunden waren. Am 12.03.2012 wurden deshalb alle betroffenen Anleihepapiere durch die griechische Zentralbank eingezogen und sämtliche aus ihnen resultierende Rechte und Pflichten erloschen. Im Gegenzug wurden die ersatzweise zur Verfügung gestellten neuen Anleihen in das System eingebucht.
9Auch die Anleihen der Kläger wurden im März 2012 aus den jeweiligen Depots ausgebucht.
10Der Kläger zu 8) veräußerte die gegen seinen Willen umgetauschten Anleihen – mit Ausnahme der Anleihen WKN $#$#$$, $#$#$$, $#$#$$ und $#$$$ – im Laufe des 10.04.2012, wobei er die auf Bl.## f d. A. dargestellten Erlöse erzielte und Kosten aufwendete. Der Kläger zu 12) veräußerte die gegen seinen Willen umgetauschten Anleihen im Laufe des 11.04.2012. Hierbei erzielte er die auf Bl. ## d. A. dargestellten Erlöse.
11Mit der Klage machen die Kläger nunmehr den Nominalwert ihrer ursprünglichen Anleihen zuzüglich Zinsen und abzüglich der vereinnahmten Zinszahlungen, Zahlungen auf EFSF-Anleihen und der erlangten Veräußerungserlöse geltend, wobei diejenigen Kläger, welche die neuen Anleihen nicht veräußert haben, lediglich Zahlung Zug um Zug gegen Gestattung der Rückbuchung der neuen Anleihen beanspruchen. Wegen der Einzelheiten der Berechnung der Klageforderungen hinsichtlich der Kläger zu 1) - 12) wird auf die Darstellung auf Seiten ### bis ### der Klageschrift (Bl. ### bis ### Bd. I der Akten) sowie hinsichtlich des Klägers zu 13) auf die Darstellung auf Bl. ### bis ### Bd. II d. A. verwiesen.
12Darüber hinaus begehren die Kläger neben den Prozesszinsen auf die jeweilige Hauptforderung die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch die verauslagten Gerichtskosten zu verzinsen.
13Soweit die ursprüngliche Anleihe des Klägers zu 4) noch nicht vertragsgemäß fällig war, hat der Kläger zu 4) in der Klageschrift die außerordentliche Kündigung der Anleihen mit der Begründung erklärt, dass die Beklagte sich durch den Zwangsumtausch grob vertragswidrig verhalten habe.
14Die Kläger behaupten, in den Anleihebedingungen sei die E Bank neben den Joint-Lead Managern als CO-Manager aufgeführt gewesen. Sie sind der Ansicht, ihre Klage, die sie in erster Linie auf vertragliche Rückzahlungsansprüche aus den Staatsanleihen selbst, hilfsweise aber auch auf Schadensersatzansprüche gemäß § 826 BGB stützen, sei zulässig. Insbesondere sei der von der Beklagten erhobene Einwand der Staatenimmunität unberechtigt. Nach nahezu einhelliger Staatenpraxis werde Immunitätsschutz lediglich für den Kernbereich hoheitlichen Handelns gewährt, hier werde jedoch ein „rein zivilrechtliches Handeln“ der Beklagten angegriffen. Die Kapitalaufnahme eines Staates durch die Emission von Staatsanleihen sei nämlich als rein zivilrechtlich zu qualifizieren. Die neuerliche Entscheidung des BGH, Urteil vom 08.03.2016, Az. VI ZR 516/14, stünde dem nicht entgegen, da sich die Entscheidung nur mit Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung dinglicher Rechte befasse, aber nicht mit vertraglichen Erfüllungsansprüchen. Im Übrigen verzichte ein Staat, der eine Auslandsanleihe begibt, völkerrechtlich konkludent auf seine Immunität in Bezug auf die Rückforderungsansprüche.
15Die Klägerin ist weiter der Ansicht, das Landgericht Bonn sei auch international und örtlich für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig. Dies ergebe sich zum einen aus dem Verbrauchergerichtsstand gemäß Art.15, 16 EuGVVO. Der Anwendungsbereich der EuGVVO sei eröffnet, da die Klage ihren Ursprung im nichthoheitlichen Bereich habe, weil es sich um eine bloße Kapitalaufnahme handele. Im Übrigen lägen auch die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 c EuGVVO vor. Die Kläger seien Verbraucher, während die Beklagte eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt und diese auch auf den Mitgliedsstaat Deutschland „ausgerichtet“ habe, in dem die Kläger ihren Wohnsitz haben. Die Emission habe nämlich, insbesondere aufgrund der Mitwirkung deutscher Banken, speziell (auch) auf deutsche Anleger gezielt. Daneben bestehe, soweit die Klage hilfsweise auf unerlaubte Handlung gestützt wird, der deliktische Gerichtsstand gemäß Art. 5 Ziffer 3 EuGVVO, weil das schädigende Ereignis in Deutschland eingetreten sei. Schließlich bestehe auch der Gerichtsstand nach Art. 5 Ziff. 1a EuGVVO für vertragliche Ansprüche. Hilfsweise werde die Verweisung an das Landgericht Frankfurt am Main beantragt.
16Die Klage sei überdies begründet. Die Umschuldung sei ein rechtswidriger enteignungsgleicher Eingriff, welcher zugleich einen Verstoß gegen den ordre public gemäß Art. 6 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch begründe sowie gegen Art. 14 Abs. 3 des Grundgesetzes, Art. 17 der Verfassung der Beklagten, gegen Art. 17 Abs. 1 Satz 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, gegen Art. 63 AEUV, gegen das Zusatzprotokoll vom 20.03.1952 zur EMRK und gegen allgemeine Grundsätze des Völkerrechts. Weiterhin verstoße die Umschuldung gegen den zwischen der Beklagten und der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Vertrag über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen vom 04.04.1963. Die aufgezeigten Verstöße führten insgesamt dazu, dass gemäß Art. 6 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch das GesetzGreek Bondholder Act nicht angewendet werden dürfe. Die Beklagte habe bei der Durchführung der Umschuldung mit Schädigungsvorsatz gehandelt, weswegen sie den Klägern auch zum Schadensersatz verpflichtet sei.
17Die Kläger haben in der Klageschrift vom 05.06.2014 und nach einer Erweiterung der Klage hinsichtlich des seitens des Klägers zu 12) geltend gemachten Betrages durch Schriftsatz vom 15.10.2015 zunächst angekündigt, im Termin beantragen zu wollen,
18die Beklagte zu verurteilen,
191. An den Kläger zu 1) 83.870,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
202. An den Kläger zu 2) 8.387,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
213. An den Kläger zu 3) 6.248,12 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2013 zu zahlen,
224. An den Kläger zu 4) 120.989,63 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
235. An den Kläger zu 5) 4.747,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2013 zu zahlen,
246. An den Kläger zu 6) 1.711,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2012 zu zahlen,
257. An den Kläger zu 7) 9.344,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2012 zu zahlen,
268. An den Kläger zu 8) 166.741,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
279. An den Kläger zu 9) 16.774,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
2810. An den Kläger zu 10) 1.785,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2012 zu zahlen,
2911. An den Kläger zu 11) 8.387,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
3012. An den Kläger zu 12) 157.500,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2012 zu zahlen,
31Zug um Zug gegen Gestattung der Rückbuchung der am 12.03.2012 umgetauschten und sodann eingebuchten Wertpapiere
32betreffend den Kläger zu 1) je 100 Stück
33betreffend den Kläger zu 2) je 10 Stück
34betreffend den Kläger zu 3) je 7 Stück
35betreffend den Kläger zu 4) je 123 Stück
36betreffend den Kläger zu 5) je 5 Stück
37betreffend den Kläger zu 6) je 2 Stück
38betreffend den Kläger zu 7) je 11 Stück
39betreffend den Kläger zu 9) je 20 Stück
40betreffend den Kläger zu 10) je 2 Stück
41betreffend den Kläger zu 11) je 10 Stück,
42der nachfolgenden näherbezeichneten Anleihen der Beklagten:
43EO-Bonds 2012 (23) SER. 1
44EO-Bonds 2012 (24) SER. 2
45EO-Bonds 2012 (25) SER. 3
46EO-Bonds 2012 (26) SER. 4
47EO-Bonds 2012 (27) SER. 5
48EO-Bonds 2012 (28) SER. 6
49EO-Bonds 2012 (29) SER. 7
50EO-Bonds 2012 (30) SER. 8
51EO-Bonds 2012 (31) SER. 9
52EO-Bonds 2012 (32) SER. 10
53EO-Bonds 2012 (33) SER. 11
54EO-Bonds 2012 (34) SER. 12
55EO-Bonds 2012 (35) SER. 13
56EO-Bonds 2012 (36) SER 14
57EO-Bonds 2012 (37) SER. 15
58EO-Bonds 2012 (38) SER 16
59EO-Bonds 2012 (39) SER. 17
60EO-Bonds 2012 (40) SER 18
61EO-Bonds 2012 (41) SER. 19
62EO-Bonds 2012 (42) SER. 20
63sowie BIP gebundene Wertpapiere der Beklagten $#$#$$ insoweit auch hinsichtlich des Klägers zu 8)
6413. Festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die gezahlten Gerichtskosten die gesetzlichen Rechtshängigkeitszinsen von 5 % - Punkten über dem Basiszinssatz an die Kläger zu zahlen.
65Mit Schriftsatz vom 23.06.2016 ist der Kläger zu 13) dem Rechtsstreit auf Seiten der Kläger beigetreten. Die Kläger haben – mit Ausnahme des Klägers zu 8) - mit selbigen Schriftsatz den Rechtsstreit im Hinblick auf Zinszahlungen in den Jahren 2015 und 2016 teilweise für erledigt erklärt und zwar der Kläger zu 1) in Höhe von 1.260,00 €, der Kläger zu 2) in Höhe von 126,00 €, der Kläger zu 3) in Höhe von 88,20 €, der Kläger zu 4) in Höhe von 1.549,80 €, der Kläger zu 5) in Höhe von 63,00 €, der Kläger zu 6) in Höhe von 25,20 €, der Kläger zu 7) in Höhe von 138,60 €, der Kläger zu 9) in Höhe von 252,00 €, der Kläger zu 10) in Höhe von 25,20 €, der Kläger zu 11) in Höhe von 126,00 € und der Kläger zu 12) in Höhe von 2.016,00 € (Bl. ###f d. A.). Die Beklagte hat der Erledigungserklärung mit Schriftsatz vom 19.08.2016 widersprochen, so dass die Anträge der vorgenannten Kläger dahingehend auszulegen sind, dass sie insoweit die Feststellung der Erledigung beantragen.
66Die Kläger beantragen nunmehr,
67I. die Beklagte zu verurteilen,
681. An den Kläger zu 1) 82.610,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
692. An den Kläger zu 2) 8.261,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
703. An den Kläger zu 3) 6.159,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2013 zu zahlen,
714. An den Kläger zu 4) 119.439,83 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
725. An den Kläger zu 5) 4.684,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2013 zu zahlen,
736. An den Kläger zu 6) 1.686,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2012 zu zahlen,
747. An den Kläger zu 7) 9.205,73 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2012 zu zahlen,
758. An den Kläger zu 8) 166.741,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
769. An den Kläger zu 9) 16.522,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
7710. An den Kläger zu 10) 1.759,98 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2012 zu zahlen,
7811. An den Kläger zu 11) 8.261,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
7912. An den Kläger zu 12) 155.484,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2012 zu zahlen,
8013. An den Kläger zu 13) 3.105,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2013 zu zahlen,
81Zug um Zug gegen Gestattung der Rückbuchung der am 12.03.2012 umgetauschten und sodann eingebuchten Wertpapiere
82betreffend den Kläger zu 1) je 100 Stück
83betreffend den Kläger zu 2) je 10 Stück
84betreffend den Kläger zu 3) je 7 Stück
85betreffend den Kläger zu 4) je 123 Stück
86betreffend den Kläger zu 5) je 5 Stück
87betreffend den Kläger zu 6) je 2 Stück
88betreffend den Kläger zu 7) je 11 Stück
89betreffend den Kläger zu 9) je 20 Stück
90betreffend den Kläger zu 10) je 2 Stück
91betreffend den Kläger zu 11) je 10 Stück
92betreffend den Kläger zu 13) je 3,210 Stück,
93der nachfolgenden näherbezeichneten Anleihen der Beklagten:
94EO-Bonds 2012 (23) SER. 1
95EO-Bonds 2012 (24) SER. 2
96EO-Bonds 2012 (25) SER. 3
97EO-Bonds 2012 (26) SER. 4
98EO-Bonds 2012 (27) SER. 5
99EO-Bonds 2012 (28) SER. 6
100EO-Bonds 2012 (29) SER. 7
101EO-Bonds 2012 (30) SER. 8
102EO-Bonds 2012 (31) SER. 9
103EO-Bonds 2012 (32) SER. 10
104EO-Bonds 2012 (33) SER. 11
105EO-Bonds 2012 (34) SER. 12
106EO-Bonds 2012 (35) SER. 13
107EO-Bonds 2012 (36) SER 14
108EO-Bonds 2012 (37) SER. 15
109EO-Bonds 2012 (38) SER 16
110EO-Bonds 2012 (39) SER. 17
111EO-Bonds 2012 (40) SER 18
112EO-Bonds 2012 (41) SER. 19
113EO-Bonds 2012 (42) SER. 20
114sowie BIP gebundene Wertpapiere der Beklagten $#$#$$ insoweit auch hinsichtlich des Klägers zu 8).
115II. Gegenüber den Klägern, mit Ausnahme des Klägers zu 8) festzustellen, dass sich der Rechtsstreit der Kläger zu 1) in Höhe von 1.260,00 €, der Kläger zu 2) in Höhe von 126,00 €, der Kläger zu 3) in Höhe von 88,20 €, der Kläger zu 4) in Höhe von 1.549,80 €, der Kläger zu 5) in Höhe von 63,00 €, der Kläger zu 6) in Höhe von 25,20 €, der Kläger zu 7) in Höhe von 138,60 €, der Kläger zu 9) in Höhe von 252,00 €, der Kläger zu 10) in Höhe von 25,20 €, der Kläger zu 11) in Höhe von 126,00 € und der Kläger zu 12) in Höhe von 2.016,00 € in der Hauptsache erledigt hat.
116III. Festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die gezahlten Gerichtskosten die gesetzlichen Rechtshängigkeitszinsen von 5 % - Punkten über dem Basiszinssatz an die Kläger zu zahlen.
117Die Beklagte beantragt,
118die Klage insgesamt abzuweisen.
119Die Beklagte ist der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig. Zum einen genieße sie Immunität, weil sie mit dem Erlass des Gesetzes 4050/2012 sowie den darauf gestützten Ministerialbeschlüssen und deren Ausführung hoheitlich tätig geworden sei. Zum anderen sei die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht eröffnet. Der Anwendungsbereich der EuGVVO beschränke sich auf zivil- und handelsrechtliche Streitigkeiten; vorliegend richteten sich die Klagen jedoch - unabhängig von der materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage - gegen eine hoheitliche Maßnahme der Beklagten. Dies gelte auch für den Fall, dass die Kläger vertragliche Ansprüche geltend machten, da Kern des Rechtsstreits das vom Parlament erlassene Gesetz 4050/2010 sei. Ohnedies seien die Voraussetzungen der vom Kläger reklamierten Gerichtsstände nicht gegeben. Schließlich sei die Klage unbegründet. Die Kläger seien schon nicht aktivlegitimiert, weil sie zu keinem Zeitpunkt Gläubiger der streitgegenständlichen Anleihen gewesen seien; dies hätten nur Teilnehmer am Girosystem der griechischen Zentralbank sein können, zu denen die Kläger nicht zählten. Im Übrigen sei die Umschuldungsmaßnahme rechtmäßig, weshalb die Anleihen, auf deren Erfüllung die Klage gerichtet sei, erloschen seien.
120Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
121Entscheidungsgründe
122Die Klage ist unzulässig und war daher durch Prozessurteil abzuweisen.
123Der Rechtsstreit unterliegt nicht der deutschen Gerichtsbarkeit, weil die Beklagte Staatenimmunität genießt. Es kann daher dahinstehen, ob nach den Regelungen der EuGVVO über die internationale Zuständigkeit ein Gerichtsstand beim Landgericht Bonn, hilfsweise beim Landgericht Frankfurt am Main begründet wäre und ob den Klägern materiell-rechtliche Ansprüche gegen die Beklagte zustehen.
124I.
125Eine Entscheidung in der Sache ist dem Gericht von vornherein verwehrt, weil sie gegen den Grundsatz der Staatenimmunität als allgemeine Regel des Völkerrechts verstieße, welche über Art. 25 GG Bestandteil des Bundesrechts mit Verfassungsrang ist und einfachgesetzlich in § 20 Abs. 2 GVG ihren Niederschlag gefunden hat. Gemäß § 20 Abs. 2 GVG erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit nicht auf ausländische Staaten, soweit sie nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts von ihr befreit sind. Dies ist hier jedoch der Fall. Die Beklagte hat sich ausdrücklich auf die Staatenimmunität berufen, die das Gericht allerdings auch von Amts wegen zu berücksichtigen hat.
1261.
127Eine mögliche Staatenimmunität ist vorrangig vor anderen Prozessvoraussetzungen, also auch der internationalen und örtlichen Zuständigkeit des angegangenen Gerichts zu prüfen. (s. zur vorrangigen Prüfung der Staatenimmunität auch OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 07.07.2016, Az. 5 U 84/15 zit. nach juris; OLG Köln, Urt. v. 12.05.2016, Az. 8 U 44/15 zit. nach juris).
1282.
129Aufgrund des Prinzips der souveränen Gleichheit der Staaten ist völkergewohnheitsrechtlich seit jeher im Grundsatz anerkannt, dass ein Staat nicht der nationalen Gerichtsbarkeit eines fremden Staates unterworfen ist, d. h. dass Staaten nicht über einen anderen Staat zu Gericht sitzen.
130Dies gilt allerdings insbesondere in der heutigen Zeit nicht mehr generell, vielmehr wird eine uneingeschränkte Staatenimmunität im Wesentlichen nur noch für den Kernbereich hoheitlichen Handelns eines Staates anerkannt. Im Einklang mit der völkerrechtlichen Praxis geht auch das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass Hoheitsakte fremder Staaten (sog. acta iure imperii im Gegensatz zu sog. acta iure gestionis) grundsätzlich immer der Staatenimmunität unterfallen, es sei denn, der ausländische Staat verzichtet auf seine diesbezügliche Immunität (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.12.2006, Az. 2 BvM 9/03 = BVerfGE 117, 141).
1313.
132Die Abgrenzung, ob eine Maßnahme hoheitlichen oder nichthoheitlichen Charakter hat, ist grundsätzlich nach nationalem Recht vorzunehmen. Diese Beurteilung nach nationalem Recht ist lediglich insoweit eingeschränkt, als das Völkerrecht es gebietet, jedenfalls solche Tätigkeiten ausländischer Staaten als hoheitlich einzuordnen, die nach der von den Staaten überwiegend vertretenen Auffassung zum Bereich der Staatsgewalt im engeren und eigentlichen Sinne gehören, selbst wenn sie nach dem nationalen Recht eines Staates als privatrechtliche und nicht als öffentlich-rechtliche Betätigung anzusehen wären. Zu diesen von der Staatengemeinschaft allgemein als hoheitlich qualifizierten Tätigkeiten gehört neben der Ausübung der militärischen oder der polizeilichen Gewalt und der Rechtspflege insbesondere auch die Gesetzgebung
133(Landgericht München I, Urt. v. 18.03.2014, Az. 10 O 22385/12 zit. nach juris; Landgericht Osnabrück, Urt. v. 15.05.2015, Az. 7 O 2995/13 zit. nach juris). Der hoheitliche Charakter richtet sich nicht nach dem Motiv oder Zweck, sondern nach der Art und Natur der zu beurteilenden staatlichen Handlung. Zu fragen ist somit, ob der ausländische Staat objektiv in Ausübung ihm zustehender Hoheitsgewalt oder wie ein Privatmann tätig geworden ist.
1344.
135Bei Anwendung dieser Grundsätze ist der von der Beklagten im Zuge ihrer Sanierungsbemühungen vorgenommene Austausch der in Rede stehenden Anleihetitel hoheitlichem Handeln zuzuordnen. Die Beklagte genießt somit Staatenimmunität.
136Der BGH hat mit Urteil vom 08.03.2016, Az. VI ZR 516/14 entschieden, dass eine Klage auf Schadensersatz eines deutschen Gläubigers gegen die Republik Griechenland wegen der Umschuldung von Staatsanleihen aufgrund des Erlasses eines die Umschuldung ermöglichenden Gesetzes und der Allgemeinverbindlichkeitserklärung einer entsprechenden Mehrheitsentscheidung der Gläubiger unzulässig ist, weil die deutsche Gerichtsbarkeit nach den Grundsätzen der Staatenimmunität nicht eröffnet ist. Die Frage, ob ein hoheitliches Handeln und damit Staatenimmunität auch anzunehmen ist, wenn die Kläger aus den ursprünglichen Staatsanleihen Erfüllungs- oder Nichterfüllungsansprüche geltend machen, hat der Bundesgerichtshof in diesem Urteil ausdrücklich offengelassen. In Randnummer 18 des Urteils wird explizit darauf hingewiesen, dass die Kläger im dortigen Verfahren sich nicht auf Ansprüche aus den erworbenen Schuldverschreibungen oder auf Ersatzansprüche wegen deren Nichterfüllung stützen, sondern auf die „Nichterfüllung von Besitz- und Eigentumsansprüchen“, die ihre Grundlage im Zwangsumtausch der Anleihen fänden.
137Die Oberlandesgerichte Oldenburg und Köln haben im Anschluss daran entschieden, dass sich die Beklagte insoweit nicht auf Staatenimmunität berufen könne, soweit die klägerische Partei Erfüllungs- oder Nichterfüllungsansprüche geltend mache (OLG Oldenburg, Urteil v. 18.04.2016, Az. 13 U 43/15 zit. nach juris; OLG Köln, Urt. v. 12.05.2016, Az. 8 U 44/15 zit. nach juris). Nach der abweichenden Rechtsprechung des OLG Schleswig-Holstein (Urt. v. 07.07.2016, Az. 5 U 84/15), des OLG Frankfurt am Main (Urt. v. 18.09.2014, Az. 16 U 32/14) und des LG Osnabrück (Urt. v. 15.05.2015, Az.7 O 2995/13) kann sich die Beklagte hingegen auch mit Blick auf vertragliche Erfüllungs- und Nichterfüllungsansprüche auf die Staatenimmunität berufen.
138Die Kammer schließt sich der überzeugenderen Argumentation der letztgenannten Rechtsprechung an. Auch wenn die Kläger primär einen schuldrechtlichen Zahlungsanspruch aus den (alten) Anleihen selbst, d.h. letztlich einen Darlehensrückzahlungsanspruch geltend machen, steht der Grundsatz der Staatenimmunität der Zulässigkeit der Klage entgegen.
139a)
140Nach der bereits dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung kommt es für die Frage der Immunität nicht auf die Rechtsnatur des Grundverhältnisses an, sondern auf die Natur der staatlichen Handlung, also die Rechtsnatur der Maßnahme, über deren Berechtigung die Parteien streiten. Vorliegend geht es damit nicht um die Rechtsnatur der Kapitalaufnahme durch Emission von Staatsanleihen, sondern um die Rechtsnatur der Maßnahmen der Beklagten, die letztlich Erfüllungsansprüche aus den ursprünglichen Anleihen beeinträchtigt haben sollen, also die zur Ausbuchung der - ursprünglichen - Schuldverschreibungen aus dem Wertpapierdepot der Kläger führenden Maßnahmen (LG Konstanz, Urt. v. 19. 11. 2013 , Az. 2 O 132/13; LG Osnabrück, Urt. v. 15. 05.2015, Az. 7 O 2995/13; OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 07.07.2016, Az. 5 U 84/15; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 17 unter Hinweis auf LG Osnabrück). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Kläger Ansprüche aus dem ursprünglichen Grundverhältnis herleiten, namentlich vertragliche (Nicht)Erfüllungsansprüche.
141Gegenstand des Rechtsstreits ist vorliegend die hoheitlich zu beurteilende Umschuldungsmaßnahme der Beklagten durch das Gesetz 4050/2012, die dazu führte, dass etwaige Ansprüche der Kläger aus den ursprünglichen Schuldverschreibungen erloschen sind, nicht aber die verweigerte Erfüllung eines im Rahmen eines privatrechtlichen Vertrages von der Beklagten als Vertragspartnerin geschuldeten Zahlungsanspruchs. Es wäre zu kurz gegriffen, auf die bloße Nichtzahlung bzw. Nichterfüllung durch die Beklagte abzustellen, denn diese beruhte auf dem Zwangsumtausch der Anleihen und damit auf einer hoheitlichen Maßnahme. Der von den Klägern der Beklagten vorgeworfene Eingriff in ihre Rechte war Folge des Gesetzes Nr. 4050/2010 und findet seine Rechtfertigung alleine in diesem Gesetz. Schon dies zeigt, dass die Beklagte bei dem von ihr vorgenommenen Umtausch der Titel gerade nicht wie ein Privatmann tätig geworden ist. Einem privaten Schuldner wäre der Eingriff in vertragliche Verpflichtungen per Gesetz gerade nicht möglich (vgl. LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 08.04.2016, Az. 10 O 5444/14).
142Dass sich die Beklagte auf ihre Staatenimmunität berufen kann, zeigt sich insbesondere auch darin, dass bei einer Entscheidung über Ansprüche aus dem Grundverhältnis über die Rechtmäßigkeit von der Beklagten durchgeführter Umschuldungsmaßnahmen zu befinden wäre (vgl. auch OLG München, Urteil v. 16.10.2014, Az. 8 U 1308/14; LG Osnabrück, Urt. v. 15.05.2015, Az. 7 O 2995/13; OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 07.07.2016, Az. 5 U 84/15). Denn ein Erfüllungsanspruch existiert gerade infolge des hoheitlichen Handelns der Beklagten, nämlich der Verabschiedung des Gesetzes 4050/2012 durch das griechische Parlament sowie dessen Ausführung durch die zuständigen Regierungsorgane, nicht mehr (Schleswig-Holsteinisches OLG, Urt. v. 07.07.2016, Az. 5 U 84/15). So gehen auch die Kläger davon aus, dass Erfüllungsansprüche aus den ursprünglichen Anleihen nur dann noch existieren können, wenn das Gesetz „rechtswidrig“ ist. Das heißt aber, dass der Klageanspruch - inzident - gerade auf eine behauptete Rechtswidrigkeit des unstreitig hoheitlichen Handelns der Beklagten gestützt wird.
143Überdies ist, auch wenn die Emission einer Schuldverschreibung durch einen Staat die Vornahme einer Handlung iure gestionis darstellt, die spätere Ausübung der Gesetzgebungsbefugnis durch den Staat, die zu den Handlungen iure imperii gehört (BVerfGE 16, 27, 63), ebenfalls zu berücksichtigen; es liegt auf der Hand, dass Grundlage der Klagen gegen die Beklagte nicht nur die ursprünglichen Wertpapiere sind, sondern auch und vor allem das Gesetz 4050/2012, das den Umtausch der Wertpapiere und infolgedessen die Verringerung der Schuld ermöglichte, indem in die Bedingungen der Schuldverschreibungen eine Umschuldungsklausel eingefügt wurde (EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 9. Dezember 2014 - C-226/13 u.a., Fahnenbrock u.a., Rn. 63). Nutzt der emittierende Staat seine Hoheitsgewalt aber dazu, durch eine spezielle und konkrete Norm die Ausgestaltung der emittierten Schuldverschreibungen gezielt zu beeinträchtigen, so kann sein Handeln in Ausübung hoheitlicher Rechte nicht von seinem Handeln als Vertragspartei getrennt werden. In diesem Fall macht der vertragschließende Staat von seiner Hoheitsgewalt unmittelbar in Bezug auf den Vertrag Gebrauch. Ein solches Tätigwerden liegt hier vor: Die Beklagte hat einseitig, rückwirkend und bindend die Emissionsbedingungen der Schuldverschreibungen - durch hoheitlichen Akt - geändert, indem sie eine Umschuldungsklausel eingefügt hat, die es erlaubte, der Minderheit von Wertpapierinhaberinnen und -inhabern vorzuschreiben, sich dem Willen der Mehrheit zu unterwerfen (vgl. zum Ganzen OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 07.07.2016, Az. 5 U 84/15).
144Der entgegengesetzten Auffassung der Oberlandesgerichte Oldenburg und Köln (OLG Oldenburg, Urt. v. 18.04.2016, Az. 13 U 43/15; OLG Köln, Urt. v. 12.05.2016, Az. 8 U 44/15), die ihre Entscheidungen im Wesentlichen damit begründen, dass ein einmal als nicht-hoheitlich eingestuftes Rechtsverhältnis diesen Charakter grundsätzlich durch spätere Maßnahmen, auch hoheitlicher Natur, nicht mehr verlieren könne und die Beklagte nicht anders zu behandeln sei als jeder Schuldner einer privaten Forderung, der sich darauf berufe, seine Verbindlichkeit sei durch Gesetz erloschen, vermag die Kammer nicht zu folgen. Die Ansicht stellt zu einseitig auf das Grundverhältnis ab, ohne dabei zu berücksichtigen, dass es für die Frage der Immunität auf die Natur des staatlichen Handelns ankommt, über deren Berechtigung die Parteien streiten (BGH, Urt. v. 08.03.2016, Az. VI ZR 516/14). Zwar rühren die geltend gemachten Ansprüche aus dem als nicht-hoheitlich zu qualifizierenden Grundverhältnis. Allerdings stützen die Kläger ihre Ansprüche auch insoweit gerade darauf, dass der Zwangsumtausch „rechtswidrig“ war und sie aus diesem Grund weiterhin Erfüllungsansprüche aus den ursprünglichen Schuldverschreibungen haben.
145Die Argumentation der Kläger in dem Schriftsatz vom 26.08.2016, dass der IV. Zivilsenat mit Urteil v. 20.07.2016, Az. IV ZR 245/15, festgestellt habe, dass sich Griechenland gegenüber der Klage nicht mit dem Einwand der Immunität verteidigen kann, verfängt nicht. In dem zugrunde liegend Verfahren hat der BGH keine Aussage über das Eingreifen der Immunität im vorliegenden Fall getroffen, sondern vielmehr die Verurteilung der Rechtsschutzversicherung zur Übernahme der Kosten für eine Klage bestätigt, weil der versicherungsvertragliche Leistungsausschlussgrund für Enteignungsangelegenheiten nur solche im Zusammenhang mit Grundeigentum erfasse.
146b)
147Soweit die Kläger ihre Ansprüche hilfsweise auf eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB bzw. der gleichlautenden Norm in Art. 919 des griechischen Zivilgesetzbuches stützen, steht ihnen ebenfalls der Grundsatz der Staatenimmunität entgegen. Abgesehen von der unter Berücksichtigung der Hintergründe und Umstände des griechischen Schuldenschnittes sehr zweifelhaften Frage der Sittenwidrigkeit kommt als maßgebliche Schädigungshandlung allein der Zwangsumtausch in Betracht, der wie oben ausgeführt, hoheitlich zu beurteilen ist. Es kann aber aus den genannten Gründen nicht festgestellt werden, dass diese „Schädigungshandlung“ rechtswidrig oder gar sittenwidrig war.
148c)
149Ein Verzicht der Beklagten auf ihre Staatenimmunität in Bezug auf die hier streitgegenständlichen Anleihen ist vorliegend nicht ersichtlich. Die Beklagte hat im gesamten Verlauf des Rechtsstreites immer wieder deutlich auf ihre Staatenimmunität hingewiesen. Dass sie zuvor auf diese verzichtet hätte, ist nicht ersichtlich. Die Kläger haben nicht konkret vorgetragen, in welcher Erklärung der Beklagten ein solcher Immunitätsverzicht zu erblicken sein soll. Um Auslandsanleihen im Sinne der von den Klägern auf Seite 55 der Klageschrift genannten Literatur, nach der bei solchen Anleihen ein konkludenter Verzicht auf die Immunität in Bezug auf Rückforderungsansprüche anzunehmen sein soll, handelt es sich jedenfalls nicht. Vorliegend geht es nicht um Auslandsanleihen im Sinne von Anleihen, die ein Emittent in einem anderen Staat als seinem Heimatstatt begeben hat, sondern um von einem Emittenten (der hellenischen Republik) in seinem Heimatstaat (Griechenland) nach lokalem (griechischem) Recht emittierte Anleihen, die kraft anwendbaren griechischen Rechts erloschen sind.
150II.
151Da somit bereits der vorrangig zu prüfende Grundsatz der Staatenimmunität einer Sachentscheidung zwingend entgegensteht, kommt es auf die Frage der internationalen Zuständigkeit nicht mehr an
152III.
153Zur Frage der Begründetheit der Klage ist nichts auszuführen, und zwar auch nicht hilfsweise oder vorsorglich, weil dem Gericht aufgrund des Grundsatzes der Staatenimmunität der Eintritt in eine Sachprüfung untersagt ist. Das Gericht hat sich daher auch jeglicher Äußerung dazu zu enthalten, ob die Umschuldungsmaßnahme rechtmäßig oder rechtswidrig war. Es kann deshalb auch nicht festgestellt werden, ob sich der Rechtsstreit in der Hauptsache teilweise erledigt hat.
154IV.
155Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 100 Abs. 2 ZPO. Aufgrund der erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung der einzelnen Kläger am Rechtsstreit hat das Gericht nach seinem Ermessen gem. § 100 Abs. 2 ZPO die Beteiligung zum Maßstab der Kostenverteilung auf die einzelnen Kläger genommen. Es erschiene unbillig, die Kläger gem. § 100 Abs. 1 ZPO für die Kostenerstattung nach Kopfteilen haften zu lassen, d. h. ihnen jeweils 1/13 der Kosten aufzuerlegen. Den Klägern wurde daher jeweils der Anteil der Kosten auferlegt, der ihrem prozentualen Anteil an der Summe der Hauptforderungen entspricht.
156Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt, soweit die Beklagte gegen den Kläger zu 1), 4), 8) und 12) wegen ihrer Kosten vollstrecken kann, aus § 709 ZPO, im Übrigen aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
157Streitwert: 589.592,59 €
Tenor
1.
Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
2.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1) 14,28 %, der Kläger zu 2) 1,45 %, der Kläger zu 3) 1,08 %, der Kläger zu 4) 20,55 %, die Klägerin zu 5) 0,85 %, der Kläger zu 6) 0,31 %, der Kläger zu 7) 1,60 %, der Kläger zu 8) 28,30 %, der Kläger zu 9) 2,87 %, die Klägerin zu 10) 0,32 %, die Klägerin zu 11) 1,45 %, der Kläger zu 12) 26,39 % und der Kläger zu 13) 0,55 %.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich der Kläger zu 1), 4), 8) und 12) jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Den Klägern zu 2), 3), 5), 6), 7), 9), 10), 11) und 13) bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Kläger machen gegenüber der Beklagten Rückzahlungsansprüche aus Staatsanleihen geltend, die im Zuge des sog. griechischen Schuldenschnitts im Frühjahr 2012 eingezogen wurden. Hilfsweise stützen sie ihre Forderungen auf Schadensersatzansprüche.
3Die Kläger erwarben in der Zeit von 2010 bis 2012 in unterschiedlichem Umfang verschiedene Staatsanleihen der Beklagten. Zwischen den Parteien ist dabei streitig, ob die Kläger selbst Gläubiger der Anleihen wurden (so die Kläger) oder ob sie allenfalls eine wirtschaftliche Position in Bezug auf die Staatsanleihen erlangten, welche durch die jeweilige depotführende Bank bzw. Sparkasse treuhänderisch vermittelt wurde (so die Beklagte).
4Im Einzelnen erwarben die Kläger folgende Anleihen:
5Kaufdatum |
ISIN |
Nennwert |
Zins |
Fälligkeit |
|
Kläger zu 1) |
04.02.2010 |
GR0######### |
100.000,00 € |
4,3 % |
20.03.2012 |
Kläger zu 2) |
15.02.2012 |
GR0######### |
10.000,00 € |
4,3 % |
20.03.2012 |
Kläger zu 3) |
08.10.2010 |
GR0######### |
7.000,00 € |
4,6 % |
20.05.2013 |
Kläger zu 4) |
26.08.2010 |
GR0######### |
123.000,00 € |
6,5 % |
22.10.2019 |
Klägerin zu 5) |
11.10.2010 |
GR0######### |
5.000,00 € |
4,6 % |
20.05.2013 |
Kläger zu 6) |
11.10.2010 |
GR0######## |
2.000,00 € |
4,1 % |
20.08.2012 |
Kläger zu 7) |
21.04.2010 16.03.2010 27.12.2011 |
GR0######### GR0######### |
7.000,00 € 4.000,00 € |
4,1 % 4,3 % |
20.08.2012 20.03.2012 |
Kläger zu 8) |
26.01.2010 29.04.2010 |
GR0######### |
200.000,00 € |
4,3 % |
20.03.2012 |
Kläger zu 9) |
22.12.2011 |
GR0######### |
20.000,00 € |
4,3 % |
20.03.2012 |
Klägerin zu 10) |
04.10.2010 |
GR0######### |
2.000,00 € |
4,6 % |
20.05.2013 |
Klägerin zu 11) |
15.04.2010 |
GR0######### |
10.000,00 € |
4,3 % |
20.03.2012 |
Kläger zu 12) |
08.03.2011 19.09.2011 |
GR0######### |
160.000,00 € |
4,1 % |
20.08.2012 |
Kläger zu 13) |
09.06.2010 |
GR0######### |
3.210,00 € |
7,5 % |
20.03.2012 |
Auf die Kaufbelege der Kläger, die Umtauschangebote der Depotbanken der Kläger sowie die Depotauszüge (Anlagen K 21-23) wird verwiesen.
7Die ursprünglichen Anleihebedingungen aller durch die Kläger erworbenen Anleihen sahen keine Umtauschklausel (sog. collective action clause, CAC) vor.
8Aufgrund der Schuldenkrise der Beklagten führte deren Regierung im Jahr 2012 die Umschuldung einer Vielzahl ihrer Staatsanleihen durch. Hierzu unterbreitete sie zunächst den privaten Gläubigern von Anleiheserien, darunter auch die streitgegenständlichen Anleihen, das Angebot, die Anleihepapiere zu einen um 53,5 % verringerten Nennwert gegen neue Anleihen umzutauschen. Dieses Angebot wurde seitens der Kläger nicht angenommen. Als flankierende Maßnahme verabschiedete das griechische Parlament im Februar 2012 das Gesetz 4050/2012, wonach auch diejenigen Anleihegläubiger, die das Umtauschangebot nicht annehmen sollten, in den Umschuldungsprozess mit einzubeziehen waren (sog. collective action process). Voraussetzung hierfür war, dass die Anleihegläubiger über den Umtausch der teilnehmenden Anleihepapiere mit einem Quorum von 50 % des ausstehenden Nennbetrages dieser Titel abstimmen würden. Ferner musste für die Annahme des Vorschlages eine 2/3 Mehrheit erreicht werden. Damit schuf das Gesetz 4050/2012 den Rahmen für eine nachträgliche Änderung der Anleihebedingungen durch Mehrheitsentscheidung der Anleihegläubiger. In der Folgezeit stimmten die Anleihegläubiger der sogenannten „Eligible Titles“ über die vorgeschlagene Änderung ab. Mit Beschluss vom 09.03.2012 bestätigte der Gouverneur der griechischen Zentralbank, dass mit der Zustimmung von 91,05 % des ausstehenden Gesamtbetrages - die Kläger bestreiten dass die erforderlich Quote tatsächlich erreicht worden ist - das Quorum erreicht wurde. Mit Beschluss vom 09.03.2012 billigte der Ministerrat die durch den Beschluss des Gouverneurs der griechischen Zentralbank mitgeteilte Entscheidung der Anleihegläubiger. Dies hatte zur Folge, dass der Gläubigerbeschluss von Gesetzes wegen allgemeingültig wurde, d. h. dass alle Anleihegläubiger der „Eligible Titles“ an den Gläubigerbeschluss gebunden waren. Am 12.03.2012 wurden deshalb alle betroffenen Anleihepapiere durch die griechische Zentralbank eingezogen und sämtliche aus ihnen resultierende Rechte und Pflichten erloschen. Im Gegenzug wurden die ersatzweise zur Verfügung gestellten neuen Anleihen in das System eingebucht.
9Auch die Anleihen der Kläger wurden im März 2012 aus den jeweiligen Depots ausgebucht.
10Der Kläger zu 8) veräußerte die gegen seinen Willen umgetauschten Anleihen – mit Ausnahme der Anleihen WKN $#$#$$, $#$#$$, $#$#$$ und $#$$$ – im Laufe des 10.04.2012, wobei er die auf Bl.## f d. A. dargestellten Erlöse erzielte und Kosten aufwendete. Der Kläger zu 12) veräußerte die gegen seinen Willen umgetauschten Anleihen im Laufe des 11.04.2012. Hierbei erzielte er die auf Bl. ## d. A. dargestellten Erlöse.
11Mit der Klage machen die Kläger nunmehr den Nominalwert ihrer ursprünglichen Anleihen zuzüglich Zinsen und abzüglich der vereinnahmten Zinszahlungen, Zahlungen auf EFSF-Anleihen und der erlangten Veräußerungserlöse geltend, wobei diejenigen Kläger, welche die neuen Anleihen nicht veräußert haben, lediglich Zahlung Zug um Zug gegen Gestattung der Rückbuchung der neuen Anleihen beanspruchen. Wegen der Einzelheiten der Berechnung der Klageforderungen hinsichtlich der Kläger zu 1) - 12) wird auf die Darstellung auf Seiten ### bis ### der Klageschrift (Bl. ### bis ### Bd. I der Akten) sowie hinsichtlich des Klägers zu 13) auf die Darstellung auf Bl. ### bis ### Bd. II d. A. verwiesen.
12Darüber hinaus begehren die Kläger neben den Prozesszinsen auf die jeweilige Hauptforderung die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch die verauslagten Gerichtskosten zu verzinsen.
13Soweit die ursprüngliche Anleihe des Klägers zu 4) noch nicht vertragsgemäß fällig war, hat der Kläger zu 4) in der Klageschrift die außerordentliche Kündigung der Anleihen mit der Begründung erklärt, dass die Beklagte sich durch den Zwangsumtausch grob vertragswidrig verhalten habe.
14Die Kläger behaupten, in den Anleihebedingungen sei die E Bank neben den Joint-Lead Managern als CO-Manager aufgeführt gewesen. Sie sind der Ansicht, ihre Klage, die sie in erster Linie auf vertragliche Rückzahlungsansprüche aus den Staatsanleihen selbst, hilfsweise aber auch auf Schadensersatzansprüche gemäß § 826 BGB stützen, sei zulässig. Insbesondere sei der von der Beklagten erhobene Einwand der Staatenimmunität unberechtigt. Nach nahezu einhelliger Staatenpraxis werde Immunitätsschutz lediglich für den Kernbereich hoheitlichen Handelns gewährt, hier werde jedoch ein „rein zivilrechtliches Handeln“ der Beklagten angegriffen. Die Kapitalaufnahme eines Staates durch die Emission von Staatsanleihen sei nämlich als rein zivilrechtlich zu qualifizieren. Die neuerliche Entscheidung des BGH, Urteil vom 08.03.2016, Az. VI ZR 516/14, stünde dem nicht entgegen, da sich die Entscheidung nur mit Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung dinglicher Rechte befasse, aber nicht mit vertraglichen Erfüllungsansprüchen. Im Übrigen verzichte ein Staat, der eine Auslandsanleihe begibt, völkerrechtlich konkludent auf seine Immunität in Bezug auf die Rückforderungsansprüche.
15Die Klägerin ist weiter der Ansicht, das Landgericht Bonn sei auch international und örtlich für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig. Dies ergebe sich zum einen aus dem Verbrauchergerichtsstand gemäß Art.15, 16 EuGVVO. Der Anwendungsbereich der EuGVVO sei eröffnet, da die Klage ihren Ursprung im nichthoheitlichen Bereich habe, weil es sich um eine bloße Kapitalaufnahme handele. Im Übrigen lägen auch die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 c EuGVVO vor. Die Kläger seien Verbraucher, während die Beklagte eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt und diese auch auf den Mitgliedsstaat Deutschland „ausgerichtet“ habe, in dem die Kläger ihren Wohnsitz haben. Die Emission habe nämlich, insbesondere aufgrund der Mitwirkung deutscher Banken, speziell (auch) auf deutsche Anleger gezielt. Daneben bestehe, soweit die Klage hilfsweise auf unerlaubte Handlung gestützt wird, der deliktische Gerichtsstand gemäß Art. 5 Ziffer 3 EuGVVO, weil das schädigende Ereignis in Deutschland eingetreten sei. Schließlich bestehe auch der Gerichtsstand nach Art. 5 Ziff. 1a EuGVVO für vertragliche Ansprüche. Hilfsweise werde die Verweisung an das Landgericht Frankfurt am Main beantragt.
16Die Klage sei überdies begründet. Die Umschuldung sei ein rechtswidriger enteignungsgleicher Eingriff, welcher zugleich einen Verstoß gegen den ordre public gemäß Art. 6 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch begründe sowie gegen Art. 14 Abs. 3 des Grundgesetzes, Art. 17 der Verfassung der Beklagten, gegen Art. 17 Abs. 1 Satz 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, gegen Art. 63 AEUV, gegen das Zusatzprotokoll vom 20.03.1952 zur EMRK und gegen allgemeine Grundsätze des Völkerrechts. Weiterhin verstoße die Umschuldung gegen den zwischen der Beklagten und der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Vertrag über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen vom 04.04.1963. Die aufgezeigten Verstöße führten insgesamt dazu, dass gemäß Art. 6 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch das GesetzGreek Bondholder Act nicht angewendet werden dürfe. Die Beklagte habe bei der Durchführung der Umschuldung mit Schädigungsvorsatz gehandelt, weswegen sie den Klägern auch zum Schadensersatz verpflichtet sei.
17Die Kläger haben in der Klageschrift vom 05.06.2014 und nach einer Erweiterung der Klage hinsichtlich des seitens des Klägers zu 12) geltend gemachten Betrages durch Schriftsatz vom 15.10.2015 zunächst angekündigt, im Termin beantragen zu wollen,
18die Beklagte zu verurteilen,
191. An den Kläger zu 1) 83.870,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
202. An den Kläger zu 2) 8.387,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
213. An den Kläger zu 3) 6.248,12 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2013 zu zahlen,
224. An den Kläger zu 4) 120.989,63 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
235. An den Kläger zu 5) 4.747,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2013 zu zahlen,
246. An den Kläger zu 6) 1.711,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2012 zu zahlen,
257. An den Kläger zu 7) 9.344,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2012 zu zahlen,
268. An den Kläger zu 8) 166.741,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
279. An den Kläger zu 9) 16.774,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
2810. An den Kläger zu 10) 1.785,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2012 zu zahlen,
2911. An den Kläger zu 11) 8.387,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
3012. An den Kläger zu 12) 157.500,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2012 zu zahlen,
31Zug um Zug gegen Gestattung der Rückbuchung der am 12.03.2012 umgetauschten und sodann eingebuchten Wertpapiere
32betreffend den Kläger zu 1) je 100 Stück
33betreffend den Kläger zu 2) je 10 Stück
34betreffend den Kläger zu 3) je 7 Stück
35betreffend den Kläger zu 4) je 123 Stück
36betreffend den Kläger zu 5) je 5 Stück
37betreffend den Kläger zu 6) je 2 Stück
38betreffend den Kläger zu 7) je 11 Stück
39betreffend den Kläger zu 9) je 20 Stück
40betreffend den Kläger zu 10) je 2 Stück
41betreffend den Kläger zu 11) je 10 Stück,
42der nachfolgenden näherbezeichneten Anleihen der Beklagten:
43EO-Bonds 2012 (23) SER. 1
44EO-Bonds 2012 (24) SER. 2
45EO-Bonds 2012 (25) SER. 3
46EO-Bonds 2012 (26) SER. 4
47EO-Bonds 2012 (27) SER. 5
48EO-Bonds 2012 (28) SER. 6
49EO-Bonds 2012 (29) SER. 7
50EO-Bonds 2012 (30) SER. 8
51EO-Bonds 2012 (31) SER. 9
52EO-Bonds 2012 (32) SER. 10
53EO-Bonds 2012 (33) SER. 11
54EO-Bonds 2012 (34) SER. 12
55EO-Bonds 2012 (35) SER. 13
56EO-Bonds 2012 (36) SER 14
57EO-Bonds 2012 (37) SER. 15
58EO-Bonds 2012 (38) SER 16
59EO-Bonds 2012 (39) SER. 17
60EO-Bonds 2012 (40) SER 18
61EO-Bonds 2012 (41) SER. 19
62EO-Bonds 2012 (42) SER. 20
63sowie BIP gebundene Wertpapiere der Beklagten $#$#$$ insoweit auch hinsichtlich des Klägers zu 8)
6413. Festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die gezahlten Gerichtskosten die gesetzlichen Rechtshängigkeitszinsen von 5 % - Punkten über dem Basiszinssatz an die Kläger zu zahlen.
65Mit Schriftsatz vom 23.06.2016 ist der Kläger zu 13) dem Rechtsstreit auf Seiten der Kläger beigetreten. Die Kläger haben – mit Ausnahme des Klägers zu 8) - mit selbigen Schriftsatz den Rechtsstreit im Hinblick auf Zinszahlungen in den Jahren 2015 und 2016 teilweise für erledigt erklärt und zwar der Kläger zu 1) in Höhe von 1.260,00 €, der Kläger zu 2) in Höhe von 126,00 €, der Kläger zu 3) in Höhe von 88,20 €, der Kläger zu 4) in Höhe von 1.549,80 €, der Kläger zu 5) in Höhe von 63,00 €, der Kläger zu 6) in Höhe von 25,20 €, der Kläger zu 7) in Höhe von 138,60 €, der Kläger zu 9) in Höhe von 252,00 €, der Kläger zu 10) in Höhe von 25,20 €, der Kläger zu 11) in Höhe von 126,00 € und der Kläger zu 12) in Höhe von 2.016,00 € (Bl. ###f d. A.). Die Beklagte hat der Erledigungserklärung mit Schriftsatz vom 19.08.2016 widersprochen, so dass die Anträge der vorgenannten Kläger dahingehend auszulegen sind, dass sie insoweit die Feststellung der Erledigung beantragen.
66Die Kläger beantragen nunmehr,
67I. die Beklagte zu verurteilen,
681. An den Kläger zu 1) 82.610,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
692. An den Kläger zu 2) 8.261,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
703. An den Kläger zu 3) 6.159,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2013 zu zahlen,
714. An den Kläger zu 4) 119.439,83 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
725. An den Kläger zu 5) 4.684,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2013 zu zahlen,
736. An den Kläger zu 6) 1.686,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2012 zu zahlen,
747. An den Kläger zu 7) 9.205,73 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2012 zu zahlen,
758. An den Kläger zu 8) 166.741,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
769. An den Kläger zu 9) 16.522,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
7710. An den Kläger zu 10) 1.759,98 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2012 zu zahlen,
7811. An den Kläger zu 11) 8.261,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
7912. An den Kläger zu 12) 155.484,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2012 zu zahlen,
8013. An den Kläger zu 13) 3.105,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2013 zu zahlen,
81Zug um Zug gegen Gestattung der Rückbuchung der am 12.03.2012 umgetauschten und sodann eingebuchten Wertpapiere
82betreffend den Kläger zu 1) je 100 Stück
83betreffend den Kläger zu 2) je 10 Stück
84betreffend den Kläger zu 3) je 7 Stück
85betreffend den Kläger zu 4) je 123 Stück
86betreffend den Kläger zu 5) je 5 Stück
87betreffend den Kläger zu 6) je 2 Stück
88betreffend den Kläger zu 7) je 11 Stück
89betreffend den Kläger zu 9) je 20 Stück
90betreffend den Kläger zu 10) je 2 Stück
91betreffend den Kläger zu 11) je 10 Stück
92betreffend den Kläger zu 13) je 3,210 Stück,
93der nachfolgenden näherbezeichneten Anleihen der Beklagten:
94EO-Bonds 2012 (23) SER. 1
95EO-Bonds 2012 (24) SER. 2
96EO-Bonds 2012 (25) SER. 3
97EO-Bonds 2012 (26) SER. 4
98EO-Bonds 2012 (27) SER. 5
99EO-Bonds 2012 (28) SER. 6
100EO-Bonds 2012 (29) SER. 7
101EO-Bonds 2012 (30) SER. 8
102EO-Bonds 2012 (31) SER. 9
103EO-Bonds 2012 (32) SER. 10
104EO-Bonds 2012 (33) SER. 11
105EO-Bonds 2012 (34) SER. 12
106EO-Bonds 2012 (35) SER. 13
107EO-Bonds 2012 (36) SER 14
108EO-Bonds 2012 (37) SER. 15
109EO-Bonds 2012 (38) SER 16
110EO-Bonds 2012 (39) SER. 17
111EO-Bonds 2012 (40) SER 18
112EO-Bonds 2012 (41) SER. 19
113EO-Bonds 2012 (42) SER. 20
114sowie BIP gebundene Wertpapiere der Beklagten $#$#$$ insoweit auch hinsichtlich des Klägers zu 8).
115II. Gegenüber den Klägern, mit Ausnahme des Klägers zu 8) festzustellen, dass sich der Rechtsstreit der Kläger zu 1) in Höhe von 1.260,00 €, der Kläger zu 2) in Höhe von 126,00 €, der Kläger zu 3) in Höhe von 88,20 €, der Kläger zu 4) in Höhe von 1.549,80 €, der Kläger zu 5) in Höhe von 63,00 €, der Kläger zu 6) in Höhe von 25,20 €, der Kläger zu 7) in Höhe von 138,60 €, der Kläger zu 9) in Höhe von 252,00 €, der Kläger zu 10) in Höhe von 25,20 €, der Kläger zu 11) in Höhe von 126,00 € und der Kläger zu 12) in Höhe von 2.016,00 € in der Hauptsache erledigt hat.
116III. Festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die gezahlten Gerichtskosten die gesetzlichen Rechtshängigkeitszinsen von 5 % - Punkten über dem Basiszinssatz an die Kläger zu zahlen.
117Die Beklagte beantragt,
118die Klage insgesamt abzuweisen.
119Die Beklagte ist der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig. Zum einen genieße sie Immunität, weil sie mit dem Erlass des Gesetzes 4050/2012 sowie den darauf gestützten Ministerialbeschlüssen und deren Ausführung hoheitlich tätig geworden sei. Zum anderen sei die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht eröffnet. Der Anwendungsbereich der EuGVVO beschränke sich auf zivil- und handelsrechtliche Streitigkeiten; vorliegend richteten sich die Klagen jedoch - unabhängig von der materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage - gegen eine hoheitliche Maßnahme der Beklagten. Dies gelte auch für den Fall, dass die Kläger vertragliche Ansprüche geltend machten, da Kern des Rechtsstreits das vom Parlament erlassene Gesetz 4050/2010 sei. Ohnedies seien die Voraussetzungen der vom Kläger reklamierten Gerichtsstände nicht gegeben. Schließlich sei die Klage unbegründet. Die Kläger seien schon nicht aktivlegitimiert, weil sie zu keinem Zeitpunkt Gläubiger der streitgegenständlichen Anleihen gewesen seien; dies hätten nur Teilnehmer am Girosystem der griechischen Zentralbank sein können, zu denen die Kläger nicht zählten. Im Übrigen sei die Umschuldungsmaßnahme rechtmäßig, weshalb die Anleihen, auf deren Erfüllung die Klage gerichtet sei, erloschen seien.
120Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
121Entscheidungsgründe
122Die Klage ist unzulässig und war daher durch Prozessurteil abzuweisen.
123Der Rechtsstreit unterliegt nicht der deutschen Gerichtsbarkeit, weil die Beklagte Staatenimmunität genießt. Es kann daher dahinstehen, ob nach den Regelungen der EuGVVO über die internationale Zuständigkeit ein Gerichtsstand beim Landgericht Bonn, hilfsweise beim Landgericht Frankfurt am Main begründet wäre und ob den Klägern materiell-rechtliche Ansprüche gegen die Beklagte zustehen.
124I.
125Eine Entscheidung in der Sache ist dem Gericht von vornherein verwehrt, weil sie gegen den Grundsatz der Staatenimmunität als allgemeine Regel des Völkerrechts verstieße, welche über Art. 25 GG Bestandteil des Bundesrechts mit Verfassungsrang ist und einfachgesetzlich in § 20 Abs. 2 GVG ihren Niederschlag gefunden hat. Gemäß § 20 Abs. 2 GVG erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit nicht auf ausländische Staaten, soweit sie nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts von ihr befreit sind. Dies ist hier jedoch der Fall. Die Beklagte hat sich ausdrücklich auf die Staatenimmunität berufen, die das Gericht allerdings auch von Amts wegen zu berücksichtigen hat.
1261.
127Eine mögliche Staatenimmunität ist vorrangig vor anderen Prozessvoraussetzungen, also auch der internationalen und örtlichen Zuständigkeit des angegangenen Gerichts zu prüfen. (s. zur vorrangigen Prüfung der Staatenimmunität auch OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 07.07.2016, Az. 5 U 84/15 zit. nach juris; OLG Köln, Urt. v. 12.05.2016, Az. 8 U 44/15 zit. nach juris).
1282.
129Aufgrund des Prinzips der souveränen Gleichheit der Staaten ist völkergewohnheitsrechtlich seit jeher im Grundsatz anerkannt, dass ein Staat nicht der nationalen Gerichtsbarkeit eines fremden Staates unterworfen ist, d. h. dass Staaten nicht über einen anderen Staat zu Gericht sitzen.
130Dies gilt allerdings insbesondere in der heutigen Zeit nicht mehr generell, vielmehr wird eine uneingeschränkte Staatenimmunität im Wesentlichen nur noch für den Kernbereich hoheitlichen Handelns eines Staates anerkannt. Im Einklang mit der völkerrechtlichen Praxis geht auch das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass Hoheitsakte fremder Staaten (sog. acta iure imperii im Gegensatz zu sog. acta iure gestionis) grundsätzlich immer der Staatenimmunität unterfallen, es sei denn, der ausländische Staat verzichtet auf seine diesbezügliche Immunität (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.12.2006, Az. 2 BvM 9/03 = BVerfGE 117, 141).
1313.
132Die Abgrenzung, ob eine Maßnahme hoheitlichen oder nichthoheitlichen Charakter hat, ist grundsätzlich nach nationalem Recht vorzunehmen. Diese Beurteilung nach nationalem Recht ist lediglich insoweit eingeschränkt, als das Völkerrecht es gebietet, jedenfalls solche Tätigkeiten ausländischer Staaten als hoheitlich einzuordnen, die nach der von den Staaten überwiegend vertretenen Auffassung zum Bereich der Staatsgewalt im engeren und eigentlichen Sinne gehören, selbst wenn sie nach dem nationalen Recht eines Staates als privatrechtliche und nicht als öffentlich-rechtliche Betätigung anzusehen wären. Zu diesen von der Staatengemeinschaft allgemein als hoheitlich qualifizierten Tätigkeiten gehört neben der Ausübung der militärischen oder der polizeilichen Gewalt und der Rechtspflege insbesondere auch die Gesetzgebung
133(Landgericht München I, Urt. v. 18.03.2014, Az. 10 O 22385/12 zit. nach juris; Landgericht Osnabrück, Urt. v. 15.05.2015, Az. 7 O 2995/13 zit. nach juris). Der hoheitliche Charakter richtet sich nicht nach dem Motiv oder Zweck, sondern nach der Art und Natur der zu beurteilenden staatlichen Handlung. Zu fragen ist somit, ob der ausländische Staat objektiv in Ausübung ihm zustehender Hoheitsgewalt oder wie ein Privatmann tätig geworden ist.
1344.
135Bei Anwendung dieser Grundsätze ist der von der Beklagten im Zuge ihrer Sanierungsbemühungen vorgenommene Austausch der in Rede stehenden Anleihetitel hoheitlichem Handeln zuzuordnen. Die Beklagte genießt somit Staatenimmunität.
136Der BGH hat mit Urteil vom 08.03.2016, Az. VI ZR 516/14 entschieden, dass eine Klage auf Schadensersatz eines deutschen Gläubigers gegen die Republik Griechenland wegen der Umschuldung von Staatsanleihen aufgrund des Erlasses eines die Umschuldung ermöglichenden Gesetzes und der Allgemeinverbindlichkeitserklärung einer entsprechenden Mehrheitsentscheidung der Gläubiger unzulässig ist, weil die deutsche Gerichtsbarkeit nach den Grundsätzen der Staatenimmunität nicht eröffnet ist. Die Frage, ob ein hoheitliches Handeln und damit Staatenimmunität auch anzunehmen ist, wenn die Kläger aus den ursprünglichen Staatsanleihen Erfüllungs- oder Nichterfüllungsansprüche geltend machen, hat der Bundesgerichtshof in diesem Urteil ausdrücklich offengelassen. In Randnummer 18 des Urteils wird explizit darauf hingewiesen, dass die Kläger im dortigen Verfahren sich nicht auf Ansprüche aus den erworbenen Schuldverschreibungen oder auf Ersatzansprüche wegen deren Nichterfüllung stützen, sondern auf die „Nichterfüllung von Besitz- und Eigentumsansprüchen“, die ihre Grundlage im Zwangsumtausch der Anleihen fänden.
137Die Oberlandesgerichte Oldenburg und Köln haben im Anschluss daran entschieden, dass sich die Beklagte insoweit nicht auf Staatenimmunität berufen könne, soweit die klägerische Partei Erfüllungs- oder Nichterfüllungsansprüche geltend mache (OLG Oldenburg, Urteil v. 18.04.2016, Az. 13 U 43/15 zit. nach juris; OLG Köln, Urt. v. 12.05.2016, Az. 8 U 44/15 zit. nach juris). Nach der abweichenden Rechtsprechung des OLG Schleswig-Holstein (Urt. v. 07.07.2016, Az. 5 U 84/15), des OLG Frankfurt am Main (Urt. v. 18.09.2014, Az. 16 U 32/14) und des LG Osnabrück (Urt. v. 15.05.2015, Az.7 O 2995/13) kann sich die Beklagte hingegen auch mit Blick auf vertragliche Erfüllungs- und Nichterfüllungsansprüche auf die Staatenimmunität berufen.
138Die Kammer schließt sich der überzeugenderen Argumentation der letztgenannten Rechtsprechung an. Auch wenn die Kläger primär einen schuldrechtlichen Zahlungsanspruch aus den (alten) Anleihen selbst, d.h. letztlich einen Darlehensrückzahlungsanspruch geltend machen, steht der Grundsatz der Staatenimmunität der Zulässigkeit der Klage entgegen.
139a)
140Nach der bereits dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung kommt es für die Frage der Immunität nicht auf die Rechtsnatur des Grundverhältnisses an, sondern auf die Natur der staatlichen Handlung, also die Rechtsnatur der Maßnahme, über deren Berechtigung die Parteien streiten. Vorliegend geht es damit nicht um die Rechtsnatur der Kapitalaufnahme durch Emission von Staatsanleihen, sondern um die Rechtsnatur der Maßnahmen der Beklagten, die letztlich Erfüllungsansprüche aus den ursprünglichen Anleihen beeinträchtigt haben sollen, also die zur Ausbuchung der - ursprünglichen - Schuldverschreibungen aus dem Wertpapierdepot der Kläger führenden Maßnahmen (LG Konstanz, Urt. v. 19. 11. 2013 , Az. 2 O 132/13; LG Osnabrück, Urt. v. 15. 05.2015, Az. 7 O 2995/13; OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 07.07.2016, Az. 5 U 84/15; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 17 unter Hinweis auf LG Osnabrück). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Kläger Ansprüche aus dem ursprünglichen Grundverhältnis herleiten, namentlich vertragliche (Nicht)Erfüllungsansprüche.
141Gegenstand des Rechtsstreits ist vorliegend die hoheitlich zu beurteilende Umschuldungsmaßnahme der Beklagten durch das Gesetz 4050/2012, die dazu führte, dass etwaige Ansprüche der Kläger aus den ursprünglichen Schuldverschreibungen erloschen sind, nicht aber die verweigerte Erfüllung eines im Rahmen eines privatrechtlichen Vertrages von der Beklagten als Vertragspartnerin geschuldeten Zahlungsanspruchs. Es wäre zu kurz gegriffen, auf die bloße Nichtzahlung bzw. Nichterfüllung durch die Beklagte abzustellen, denn diese beruhte auf dem Zwangsumtausch der Anleihen und damit auf einer hoheitlichen Maßnahme. Der von den Klägern der Beklagten vorgeworfene Eingriff in ihre Rechte war Folge des Gesetzes Nr. 4050/2010 und findet seine Rechtfertigung alleine in diesem Gesetz. Schon dies zeigt, dass die Beklagte bei dem von ihr vorgenommenen Umtausch der Titel gerade nicht wie ein Privatmann tätig geworden ist. Einem privaten Schuldner wäre der Eingriff in vertragliche Verpflichtungen per Gesetz gerade nicht möglich (vgl. LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 08.04.2016, Az. 10 O 5444/14).
142Dass sich die Beklagte auf ihre Staatenimmunität berufen kann, zeigt sich insbesondere auch darin, dass bei einer Entscheidung über Ansprüche aus dem Grundverhältnis über die Rechtmäßigkeit von der Beklagten durchgeführter Umschuldungsmaßnahmen zu befinden wäre (vgl. auch OLG München, Urteil v. 16.10.2014, Az. 8 U 1308/14; LG Osnabrück, Urt. v. 15.05.2015, Az. 7 O 2995/13; OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 07.07.2016, Az. 5 U 84/15). Denn ein Erfüllungsanspruch existiert gerade infolge des hoheitlichen Handelns der Beklagten, nämlich der Verabschiedung des Gesetzes 4050/2012 durch das griechische Parlament sowie dessen Ausführung durch die zuständigen Regierungsorgane, nicht mehr (Schleswig-Holsteinisches OLG, Urt. v. 07.07.2016, Az. 5 U 84/15). So gehen auch die Kläger davon aus, dass Erfüllungsansprüche aus den ursprünglichen Anleihen nur dann noch existieren können, wenn das Gesetz „rechtswidrig“ ist. Das heißt aber, dass der Klageanspruch - inzident - gerade auf eine behauptete Rechtswidrigkeit des unstreitig hoheitlichen Handelns der Beklagten gestützt wird.
143Überdies ist, auch wenn die Emission einer Schuldverschreibung durch einen Staat die Vornahme einer Handlung iure gestionis darstellt, die spätere Ausübung der Gesetzgebungsbefugnis durch den Staat, die zu den Handlungen iure imperii gehört (BVerfGE 16, 27, 63), ebenfalls zu berücksichtigen; es liegt auf der Hand, dass Grundlage der Klagen gegen die Beklagte nicht nur die ursprünglichen Wertpapiere sind, sondern auch und vor allem das Gesetz 4050/2012, das den Umtausch der Wertpapiere und infolgedessen die Verringerung der Schuld ermöglichte, indem in die Bedingungen der Schuldverschreibungen eine Umschuldungsklausel eingefügt wurde (EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 9. Dezember 2014 - C-226/13 u.a., Fahnenbrock u.a., Rn. 63). Nutzt der emittierende Staat seine Hoheitsgewalt aber dazu, durch eine spezielle und konkrete Norm die Ausgestaltung der emittierten Schuldverschreibungen gezielt zu beeinträchtigen, so kann sein Handeln in Ausübung hoheitlicher Rechte nicht von seinem Handeln als Vertragspartei getrennt werden. In diesem Fall macht der vertragschließende Staat von seiner Hoheitsgewalt unmittelbar in Bezug auf den Vertrag Gebrauch. Ein solches Tätigwerden liegt hier vor: Die Beklagte hat einseitig, rückwirkend und bindend die Emissionsbedingungen der Schuldverschreibungen - durch hoheitlichen Akt - geändert, indem sie eine Umschuldungsklausel eingefügt hat, die es erlaubte, der Minderheit von Wertpapierinhaberinnen und -inhabern vorzuschreiben, sich dem Willen der Mehrheit zu unterwerfen (vgl. zum Ganzen OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 07.07.2016, Az. 5 U 84/15).
144Der entgegengesetzten Auffassung der Oberlandesgerichte Oldenburg und Köln (OLG Oldenburg, Urt. v. 18.04.2016, Az. 13 U 43/15; OLG Köln, Urt. v. 12.05.2016, Az. 8 U 44/15), die ihre Entscheidungen im Wesentlichen damit begründen, dass ein einmal als nicht-hoheitlich eingestuftes Rechtsverhältnis diesen Charakter grundsätzlich durch spätere Maßnahmen, auch hoheitlicher Natur, nicht mehr verlieren könne und die Beklagte nicht anders zu behandeln sei als jeder Schuldner einer privaten Forderung, der sich darauf berufe, seine Verbindlichkeit sei durch Gesetz erloschen, vermag die Kammer nicht zu folgen. Die Ansicht stellt zu einseitig auf das Grundverhältnis ab, ohne dabei zu berücksichtigen, dass es für die Frage der Immunität auf die Natur des staatlichen Handelns ankommt, über deren Berechtigung die Parteien streiten (BGH, Urt. v. 08.03.2016, Az. VI ZR 516/14). Zwar rühren die geltend gemachten Ansprüche aus dem als nicht-hoheitlich zu qualifizierenden Grundverhältnis. Allerdings stützen die Kläger ihre Ansprüche auch insoweit gerade darauf, dass der Zwangsumtausch „rechtswidrig“ war und sie aus diesem Grund weiterhin Erfüllungsansprüche aus den ursprünglichen Schuldverschreibungen haben.
145Die Argumentation der Kläger in dem Schriftsatz vom 26.08.2016, dass der IV. Zivilsenat mit Urteil v. 20.07.2016, Az. IV ZR 245/15, festgestellt habe, dass sich Griechenland gegenüber der Klage nicht mit dem Einwand der Immunität verteidigen kann, verfängt nicht. In dem zugrunde liegend Verfahren hat der BGH keine Aussage über das Eingreifen der Immunität im vorliegenden Fall getroffen, sondern vielmehr die Verurteilung der Rechtsschutzversicherung zur Übernahme der Kosten für eine Klage bestätigt, weil der versicherungsvertragliche Leistungsausschlussgrund für Enteignungsangelegenheiten nur solche im Zusammenhang mit Grundeigentum erfasse.
146b)
147Soweit die Kläger ihre Ansprüche hilfsweise auf eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB bzw. der gleichlautenden Norm in Art. 919 des griechischen Zivilgesetzbuches stützen, steht ihnen ebenfalls der Grundsatz der Staatenimmunität entgegen. Abgesehen von der unter Berücksichtigung der Hintergründe und Umstände des griechischen Schuldenschnittes sehr zweifelhaften Frage der Sittenwidrigkeit kommt als maßgebliche Schädigungshandlung allein der Zwangsumtausch in Betracht, der wie oben ausgeführt, hoheitlich zu beurteilen ist. Es kann aber aus den genannten Gründen nicht festgestellt werden, dass diese „Schädigungshandlung“ rechtswidrig oder gar sittenwidrig war.
148c)
149Ein Verzicht der Beklagten auf ihre Staatenimmunität in Bezug auf die hier streitgegenständlichen Anleihen ist vorliegend nicht ersichtlich. Die Beklagte hat im gesamten Verlauf des Rechtsstreites immer wieder deutlich auf ihre Staatenimmunität hingewiesen. Dass sie zuvor auf diese verzichtet hätte, ist nicht ersichtlich. Die Kläger haben nicht konkret vorgetragen, in welcher Erklärung der Beklagten ein solcher Immunitätsverzicht zu erblicken sein soll. Um Auslandsanleihen im Sinne der von den Klägern auf Seite 55 der Klageschrift genannten Literatur, nach der bei solchen Anleihen ein konkludenter Verzicht auf die Immunität in Bezug auf Rückforderungsansprüche anzunehmen sein soll, handelt es sich jedenfalls nicht. Vorliegend geht es nicht um Auslandsanleihen im Sinne von Anleihen, die ein Emittent in einem anderen Staat als seinem Heimatstatt begeben hat, sondern um von einem Emittenten (der hellenischen Republik) in seinem Heimatstaat (Griechenland) nach lokalem (griechischem) Recht emittierte Anleihen, die kraft anwendbaren griechischen Rechts erloschen sind.
150II.
151Da somit bereits der vorrangig zu prüfende Grundsatz der Staatenimmunität einer Sachentscheidung zwingend entgegensteht, kommt es auf die Frage der internationalen Zuständigkeit nicht mehr an
152III.
153Zur Frage der Begründetheit der Klage ist nichts auszuführen, und zwar auch nicht hilfsweise oder vorsorglich, weil dem Gericht aufgrund des Grundsatzes der Staatenimmunität der Eintritt in eine Sachprüfung untersagt ist. Das Gericht hat sich daher auch jeglicher Äußerung dazu zu enthalten, ob die Umschuldungsmaßnahme rechtmäßig oder rechtswidrig war. Es kann deshalb auch nicht festgestellt werden, ob sich der Rechtsstreit in der Hauptsache teilweise erledigt hat.
154IV.
155Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 100 Abs. 2 ZPO. Aufgrund der erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung der einzelnen Kläger am Rechtsstreit hat das Gericht nach seinem Ermessen gem. § 100 Abs. 2 ZPO die Beteiligung zum Maßstab der Kostenverteilung auf die einzelnen Kläger genommen. Es erschiene unbillig, die Kläger gem. § 100 Abs. 1 ZPO für die Kostenerstattung nach Kopfteilen haften zu lassen, d. h. ihnen jeweils 1/13 der Kosten aufzuerlegen. Den Klägern wurde daher jeweils der Anteil der Kosten auferlegt, der ihrem prozentualen Anteil an der Summe der Hauptforderungen entspricht.
156Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt, soweit die Beklagte gegen den Kläger zu 1), 4), 8) und 12) wegen ihrer Kosten vollstrecken kann, aus § 709 ZPO, im Übrigen aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
157Streitwert: 589.592,59 €
Tenor
1.
Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
2.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1) 14,28 %, der Kläger zu 2) 1,45 %, der Kläger zu 3) 1,08 %, der Kläger zu 4) 20,55 %, die Klägerin zu 5) 0,85 %, der Kläger zu 6) 0,31 %, der Kläger zu 7) 1,60 %, der Kläger zu 8) 28,30 %, der Kläger zu 9) 2,87 %, die Klägerin zu 10) 0,32 %, die Klägerin zu 11) 1,45 %, der Kläger zu 12) 26,39 % und der Kläger zu 13) 0,55 %.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich der Kläger zu 1), 4), 8) und 12) jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Den Klägern zu 2), 3), 5), 6), 7), 9), 10), 11) und 13) bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Kläger machen gegenüber der Beklagten Rückzahlungsansprüche aus Staatsanleihen geltend, die im Zuge des sog. griechischen Schuldenschnitts im Frühjahr 2012 eingezogen wurden. Hilfsweise stützen sie ihre Forderungen auf Schadensersatzansprüche.
3Die Kläger erwarben in der Zeit von 2010 bis 2012 in unterschiedlichem Umfang verschiedene Staatsanleihen der Beklagten. Zwischen den Parteien ist dabei streitig, ob die Kläger selbst Gläubiger der Anleihen wurden (so die Kläger) oder ob sie allenfalls eine wirtschaftliche Position in Bezug auf die Staatsanleihen erlangten, welche durch die jeweilige depotführende Bank bzw. Sparkasse treuhänderisch vermittelt wurde (so die Beklagte).
4Im Einzelnen erwarben die Kläger folgende Anleihen:
5Kaufdatum |
ISIN |
Nennwert |
Zins |
Fälligkeit |
|
Kläger zu 1) |
04.02.2010 |
GR0######### |
100.000,00 € |
4,3 % |
20.03.2012 |
Kläger zu 2) |
15.02.2012 |
GR0######### |
10.000,00 € |
4,3 % |
20.03.2012 |
Kläger zu 3) |
08.10.2010 |
GR0######### |
7.000,00 € |
4,6 % |
20.05.2013 |
Kläger zu 4) |
26.08.2010 |
GR0######### |
123.000,00 € |
6,5 % |
22.10.2019 |
Klägerin zu 5) |
11.10.2010 |
GR0######### |
5.000,00 € |
4,6 % |
20.05.2013 |
Kläger zu 6) |
11.10.2010 |
GR0######## |
2.000,00 € |
4,1 % |
20.08.2012 |
Kläger zu 7) |
21.04.2010 16.03.2010 27.12.2011 |
GR0######### GR0######### |
7.000,00 € 4.000,00 € |
4,1 % 4,3 % |
20.08.2012 20.03.2012 |
Kläger zu 8) |
26.01.2010 29.04.2010 |
GR0######### |
200.000,00 € |
4,3 % |
20.03.2012 |
Kläger zu 9) |
22.12.2011 |
GR0######### |
20.000,00 € |
4,3 % |
20.03.2012 |
Klägerin zu 10) |
04.10.2010 |
GR0######### |
2.000,00 € |
4,6 % |
20.05.2013 |
Klägerin zu 11) |
15.04.2010 |
GR0######### |
10.000,00 € |
4,3 % |
20.03.2012 |
Kläger zu 12) |
08.03.2011 19.09.2011 |
GR0######### |
160.000,00 € |
4,1 % |
20.08.2012 |
Kläger zu 13) |
09.06.2010 |
GR0######### |
3.210,00 € |
7,5 % |
20.03.2012 |
Auf die Kaufbelege der Kläger, die Umtauschangebote der Depotbanken der Kläger sowie die Depotauszüge (Anlagen K 21-23) wird verwiesen.
7Die ursprünglichen Anleihebedingungen aller durch die Kläger erworbenen Anleihen sahen keine Umtauschklausel (sog. collective action clause, CAC) vor.
8Aufgrund der Schuldenkrise der Beklagten führte deren Regierung im Jahr 2012 die Umschuldung einer Vielzahl ihrer Staatsanleihen durch. Hierzu unterbreitete sie zunächst den privaten Gläubigern von Anleiheserien, darunter auch die streitgegenständlichen Anleihen, das Angebot, die Anleihepapiere zu einen um 53,5 % verringerten Nennwert gegen neue Anleihen umzutauschen. Dieses Angebot wurde seitens der Kläger nicht angenommen. Als flankierende Maßnahme verabschiedete das griechische Parlament im Februar 2012 das Gesetz 4050/2012, wonach auch diejenigen Anleihegläubiger, die das Umtauschangebot nicht annehmen sollten, in den Umschuldungsprozess mit einzubeziehen waren (sog. collective action process). Voraussetzung hierfür war, dass die Anleihegläubiger über den Umtausch der teilnehmenden Anleihepapiere mit einem Quorum von 50 % des ausstehenden Nennbetrages dieser Titel abstimmen würden. Ferner musste für die Annahme des Vorschlages eine 2/3 Mehrheit erreicht werden. Damit schuf das Gesetz 4050/2012 den Rahmen für eine nachträgliche Änderung der Anleihebedingungen durch Mehrheitsentscheidung der Anleihegläubiger. In der Folgezeit stimmten die Anleihegläubiger der sogenannten „Eligible Titles“ über die vorgeschlagene Änderung ab. Mit Beschluss vom 09.03.2012 bestätigte der Gouverneur der griechischen Zentralbank, dass mit der Zustimmung von 91,05 % des ausstehenden Gesamtbetrages - die Kläger bestreiten dass die erforderlich Quote tatsächlich erreicht worden ist - das Quorum erreicht wurde. Mit Beschluss vom 09.03.2012 billigte der Ministerrat die durch den Beschluss des Gouverneurs der griechischen Zentralbank mitgeteilte Entscheidung der Anleihegläubiger. Dies hatte zur Folge, dass der Gläubigerbeschluss von Gesetzes wegen allgemeingültig wurde, d. h. dass alle Anleihegläubiger der „Eligible Titles“ an den Gläubigerbeschluss gebunden waren. Am 12.03.2012 wurden deshalb alle betroffenen Anleihepapiere durch die griechische Zentralbank eingezogen und sämtliche aus ihnen resultierende Rechte und Pflichten erloschen. Im Gegenzug wurden die ersatzweise zur Verfügung gestellten neuen Anleihen in das System eingebucht.
9Auch die Anleihen der Kläger wurden im März 2012 aus den jeweiligen Depots ausgebucht.
10Der Kläger zu 8) veräußerte die gegen seinen Willen umgetauschten Anleihen – mit Ausnahme der Anleihen WKN $#$#$$, $#$#$$, $#$#$$ und $#$$$ – im Laufe des 10.04.2012, wobei er die auf Bl.## f d. A. dargestellten Erlöse erzielte und Kosten aufwendete. Der Kläger zu 12) veräußerte die gegen seinen Willen umgetauschten Anleihen im Laufe des 11.04.2012. Hierbei erzielte er die auf Bl. ## d. A. dargestellten Erlöse.
11Mit der Klage machen die Kläger nunmehr den Nominalwert ihrer ursprünglichen Anleihen zuzüglich Zinsen und abzüglich der vereinnahmten Zinszahlungen, Zahlungen auf EFSF-Anleihen und der erlangten Veräußerungserlöse geltend, wobei diejenigen Kläger, welche die neuen Anleihen nicht veräußert haben, lediglich Zahlung Zug um Zug gegen Gestattung der Rückbuchung der neuen Anleihen beanspruchen. Wegen der Einzelheiten der Berechnung der Klageforderungen hinsichtlich der Kläger zu 1) - 12) wird auf die Darstellung auf Seiten ### bis ### der Klageschrift (Bl. ### bis ### Bd. I der Akten) sowie hinsichtlich des Klägers zu 13) auf die Darstellung auf Bl. ### bis ### Bd. II d. A. verwiesen.
12Darüber hinaus begehren die Kläger neben den Prozesszinsen auf die jeweilige Hauptforderung die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch die verauslagten Gerichtskosten zu verzinsen.
13Soweit die ursprüngliche Anleihe des Klägers zu 4) noch nicht vertragsgemäß fällig war, hat der Kläger zu 4) in der Klageschrift die außerordentliche Kündigung der Anleihen mit der Begründung erklärt, dass die Beklagte sich durch den Zwangsumtausch grob vertragswidrig verhalten habe.
14Die Kläger behaupten, in den Anleihebedingungen sei die E Bank neben den Joint-Lead Managern als CO-Manager aufgeführt gewesen. Sie sind der Ansicht, ihre Klage, die sie in erster Linie auf vertragliche Rückzahlungsansprüche aus den Staatsanleihen selbst, hilfsweise aber auch auf Schadensersatzansprüche gemäß § 826 BGB stützen, sei zulässig. Insbesondere sei der von der Beklagten erhobene Einwand der Staatenimmunität unberechtigt. Nach nahezu einhelliger Staatenpraxis werde Immunitätsschutz lediglich für den Kernbereich hoheitlichen Handelns gewährt, hier werde jedoch ein „rein zivilrechtliches Handeln“ der Beklagten angegriffen. Die Kapitalaufnahme eines Staates durch die Emission von Staatsanleihen sei nämlich als rein zivilrechtlich zu qualifizieren. Die neuerliche Entscheidung des BGH, Urteil vom 08.03.2016, Az. VI ZR 516/14, stünde dem nicht entgegen, da sich die Entscheidung nur mit Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung dinglicher Rechte befasse, aber nicht mit vertraglichen Erfüllungsansprüchen. Im Übrigen verzichte ein Staat, der eine Auslandsanleihe begibt, völkerrechtlich konkludent auf seine Immunität in Bezug auf die Rückforderungsansprüche.
15Die Klägerin ist weiter der Ansicht, das Landgericht Bonn sei auch international und örtlich für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig. Dies ergebe sich zum einen aus dem Verbrauchergerichtsstand gemäß Art.15, 16 EuGVVO. Der Anwendungsbereich der EuGVVO sei eröffnet, da die Klage ihren Ursprung im nichthoheitlichen Bereich habe, weil es sich um eine bloße Kapitalaufnahme handele. Im Übrigen lägen auch die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 c EuGVVO vor. Die Kläger seien Verbraucher, während die Beklagte eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt und diese auch auf den Mitgliedsstaat Deutschland „ausgerichtet“ habe, in dem die Kläger ihren Wohnsitz haben. Die Emission habe nämlich, insbesondere aufgrund der Mitwirkung deutscher Banken, speziell (auch) auf deutsche Anleger gezielt. Daneben bestehe, soweit die Klage hilfsweise auf unerlaubte Handlung gestützt wird, der deliktische Gerichtsstand gemäß Art. 5 Ziffer 3 EuGVVO, weil das schädigende Ereignis in Deutschland eingetreten sei. Schließlich bestehe auch der Gerichtsstand nach Art. 5 Ziff. 1a EuGVVO für vertragliche Ansprüche. Hilfsweise werde die Verweisung an das Landgericht Frankfurt am Main beantragt.
16Die Klage sei überdies begründet. Die Umschuldung sei ein rechtswidriger enteignungsgleicher Eingriff, welcher zugleich einen Verstoß gegen den ordre public gemäß Art. 6 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch begründe sowie gegen Art. 14 Abs. 3 des Grundgesetzes, Art. 17 der Verfassung der Beklagten, gegen Art. 17 Abs. 1 Satz 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, gegen Art. 63 AEUV, gegen das Zusatzprotokoll vom 20.03.1952 zur EMRK und gegen allgemeine Grundsätze des Völkerrechts. Weiterhin verstoße die Umschuldung gegen den zwischen der Beklagten und der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Vertrag über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen vom 04.04.1963. Die aufgezeigten Verstöße führten insgesamt dazu, dass gemäß Art. 6 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch das GesetzGreek Bondholder Act nicht angewendet werden dürfe. Die Beklagte habe bei der Durchführung der Umschuldung mit Schädigungsvorsatz gehandelt, weswegen sie den Klägern auch zum Schadensersatz verpflichtet sei.
17Die Kläger haben in der Klageschrift vom 05.06.2014 und nach einer Erweiterung der Klage hinsichtlich des seitens des Klägers zu 12) geltend gemachten Betrages durch Schriftsatz vom 15.10.2015 zunächst angekündigt, im Termin beantragen zu wollen,
18die Beklagte zu verurteilen,
191. An den Kläger zu 1) 83.870,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
202. An den Kläger zu 2) 8.387,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
213. An den Kläger zu 3) 6.248,12 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2013 zu zahlen,
224. An den Kläger zu 4) 120.989,63 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
235. An den Kläger zu 5) 4.747,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2013 zu zahlen,
246. An den Kläger zu 6) 1.711,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2012 zu zahlen,
257. An den Kläger zu 7) 9.344,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2012 zu zahlen,
268. An den Kläger zu 8) 166.741,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
279. An den Kläger zu 9) 16.774,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
2810. An den Kläger zu 10) 1.785,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2012 zu zahlen,
2911. An den Kläger zu 11) 8.387,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
3012. An den Kläger zu 12) 157.500,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2012 zu zahlen,
31Zug um Zug gegen Gestattung der Rückbuchung der am 12.03.2012 umgetauschten und sodann eingebuchten Wertpapiere
32betreffend den Kläger zu 1) je 100 Stück
33betreffend den Kläger zu 2) je 10 Stück
34betreffend den Kläger zu 3) je 7 Stück
35betreffend den Kläger zu 4) je 123 Stück
36betreffend den Kläger zu 5) je 5 Stück
37betreffend den Kläger zu 6) je 2 Stück
38betreffend den Kläger zu 7) je 11 Stück
39betreffend den Kläger zu 9) je 20 Stück
40betreffend den Kläger zu 10) je 2 Stück
41betreffend den Kläger zu 11) je 10 Stück,
42der nachfolgenden näherbezeichneten Anleihen der Beklagten:
43EO-Bonds 2012 (23) SER. 1
44EO-Bonds 2012 (24) SER. 2
45EO-Bonds 2012 (25) SER. 3
46EO-Bonds 2012 (26) SER. 4
47EO-Bonds 2012 (27) SER. 5
48EO-Bonds 2012 (28) SER. 6
49EO-Bonds 2012 (29) SER. 7
50EO-Bonds 2012 (30) SER. 8
51EO-Bonds 2012 (31) SER. 9
52EO-Bonds 2012 (32) SER. 10
53EO-Bonds 2012 (33) SER. 11
54EO-Bonds 2012 (34) SER. 12
55EO-Bonds 2012 (35) SER. 13
56EO-Bonds 2012 (36) SER 14
57EO-Bonds 2012 (37) SER. 15
58EO-Bonds 2012 (38) SER 16
59EO-Bonds 2012 (39) SER. 17
60EO-Bonds 2012 (40) SER 18
61EO-Bonds 2012 (41) SER. 19
62EO-Bonds 2012 (42) SER. 20
63sowie BIP gebundene Wertpapiere der Beklagten $#$#$$ insoweit auch hinsichtlich des Klägers zu 8)
6413. Festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die gezahlten Gerichtskosten die gesetzlichen Rechtshängigkeitszinsen von 5 % - Punkten über dem Basiszinssatz an die Kläger zu zahlen.
65Mit Schriftsatz vom 23.06.2016 ist der Kläger zu 13) dem Rechtsstreit auf Seiten der Kläger beigetreten. Die Kläger haben – mit Ausnahme des Klägers zu 8) - mit selbigen Schriftsatz den Rechtsstreit im Hinblick auf Zinszahlungen in den Jahren 2015 und 2016 teilweise für erledigt erklärt und zwar der Kläger zu 1) in Höhe von 1.260,00 €, der Kläger zu 2) in Höhe von 126,00 €, der Kläger zu 3) in Höhe von 88,20 €, der Kläger zu 4) in Höhe von 1.549,80 €, der Kläger zu 5) in Höhe von 63,00 €, der Kläger zu 6) in Höhe von 25,20 €, der Kläger zu 7) in Höhe von 138,60 €, der Kläger zu 9) in Höhe von 252,00 €, der Kläger zu 10) in Höhe von 25,20 €, der Kläger zu 11) in Höhe von 126,00 € und der Kläger zu 12) in Höhe von 2.016,00 € (Bl. ###f d. A.). Die Beklagte hat der Erledigungserklärung mit Schriftsatz vom 19.08.2016 widersprochen, so dass die Anträge der vorgenannten Kläger dahingehend auszulegen sind, dass sie insoweit die Feststellung der Erledigung beantragen.
66Die Kläger beantragen nunmehr,
67I. die Beklagte zu verurteilen,
681. An den Kläger zu 1) 82.610,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
692. An den Kläger zu 2) 8.261,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
703. An den Kläger zu 3) 6.159,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2013 zu zahlen,
714. An den Kläger zu 4) 119.439,83 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
725. An den Kläger zu 5) 4.684,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2013 zu zahlen,
736. An den Kläger zu 6) 1.686,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2012 zu zahlen,
747. An den Kläger zu 7) 9.205,73 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2012 zu zahlen,
758. An den Kläger zu 8) 166.741,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
769. An den Kläger zu 9) 16.522,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
7710. An den Kläger zu 10) 1.759,98 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2012 zu zahlen,
7811. An den Kläger zu 11) 8.261,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2012 zu zahlen,
7912. An den Kläger zu 12) 155.484,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2012 zu zahlen,
8013. An den Kläger zu 13) 3.105,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2013 zu zahlen,
81Zug um Zug gegen Gestattung der Rückbuchung der am 12.03.2012 umgetauschten und sodann eingebuchten Wertpapiere
82betreffend den Kläger zu 1) je 100 Stück
83betreffend den Kläger zu 2) je 10 Stück
84betreffend den Kläger zu 3) je 7 Stück
85betreffend den Kläger zu 4) je 123 Stück
86betreffend den Kläger zu 5) je 5 Stück
87betreffend den Kläger zu 6) je 2 Stück
88betreffend den Kläger zu 7) je 11 Stück
89betreffend den Kläger zu 9) je 20 Stück
90betreffend den Kläger zu 10) je 2 Stück
91betreffend den Kläger zu 11) je 10 Stück
92betreffend den Kläger zu 13) je 3,210 Stück,
93der nachfolgenden näherbezeichneten Anleihen der Beklagten:
94EO-Bonds 2012 (23) SER. 1
95EO-Bonds 2012 (24) SER. 2
96EO-Bonds 2012 (25) SER. 3
97EO-Bonds 2012 (26) SER. 4
98EO-Bonds 2012 (27) SER. 5
99EO-Bonds 2012 (28) SER. 6
100EO-Bonds 2012 (29) SER. 7
101EO-Bonds 2012 (30) SER. 8
102EO-Bonds 2012 (31) SER. 9
103EO-Bonds 2012 (32) SER. 10
104EO-Bonds 2012 (33) SER. 11
105EO-Bonds 2012 (34) SER. 12
106EO-Bonds 2012 (35) SER. 13
107EO-Bonds 2012 (36) SER 14
108EO-Bonds 2012 (37) SER. 15
109EO-Bonds 2012 (38) SER 16
110EO-Bonds 2012 (39) SER. 17
111EO-Bonds 2012 (40) SER 18
112EO-Bonds 2012 (41) SER. 19
113EO-Bonds 2012 (42) SER. 20
114sowie BIP gebundene Wertpapiere der Beklagten $#$#$$ insoweit auch hinsichtlich des Klägers zu 8).
115II. Gegenüber den Klägern, mit Ausnahme des Klägers zu 8) festzustellen, dass sich der Rechtsstreit der Kläger zu 1) in Höhe von 1.260,00 €, der Kläger zu 2) in Höhe von 126,00 €, der Kläger zu 3) in Höhe von 88,20 €, der Kläger zu 4) in Höhe von 1.549,80 €, der Kläger zu 5) in Höhe von 63,00 €, der Kläger zu 6) in Höhe von 25,20 €, der Kläger zu 7) in Höhe von 138,60 €, der Kläger zu 9) in Höhe von 252,00 €, der Kläger zu 10) in Höhe von 25,20 €, der Kläger zu 11) in Höhe von 126,00 € und der Kläger zu 12) in Höhe von 2.016,00 € in der Hauptsache erledigt hat.
116III. Festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die gezahlten Gerichtskosten die gesetzlichen Rechtshängigkeitszinsen von 5 % - Punkten über dem Basiszinssatz an die Kläger zu zahlen.
117Die Beklagte beantragt,
118die Klage insgesamt abzuweisen.
119Die Beklagte ist der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig. Zum einen genieße sie Immunität, weil sie mit dem Erlass des Gesetzes 4050/2012 sowie den darauf gestützten Ministerialbeschlüssen und deren Ausführung hoheitlich tätig geworden sei. Zum anderen sei die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht eröffnet. Der Anwendungsbereich der EuGVVO beschränke sich auf zivil- und handelsrechtliche Streitigkeiten; vorliegend richteten sich die Klagen jedoch - unabhängig von der materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage - gegen eine hoheitliche Maßnahme der Beklagten. Dies gelte auch für den Fall, dass die Kläger vertragliche Ansprüche geltend machten, da Kern des Rechtsstreits das vom Parlament erlassene Gesetz 4050/2010 sei. Ohnedies seien die Voraussetzungen der vom Kläger reklamierten Gerichtsstände nicht gegeben. Schließlich sei die Klage unbegründet. Die Kläger seien schon nicht aktivlegitimiert, weil sie zu keinem Zeitpunkt Gläubiger der streitgegenständlichen Anleihen gewesen seien; dies hätten nur Teilnehmer am Girosystem der griechischen Zentralbank sein können, zu denen die Kläger nicht zählten. Im Übrigen sei die Umschuldungsmaßnahme rechtmäßig, weshalb die Anleihen, auf deren Erfüllung die Klage gerichtet sei, erloschen seien.
120Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
121Entscheidungsgründe
122Die Klage ist unzulässig und war daher durch Prozessurteil abzuweisen.
123Der Rechtsstreit unterliegt nicht der deutschen Gerichtsbarkeit, weil die Beklagte Staatenimmunität genießt. Es kann daher dahinstehen, ob nach den Regelungen der EuGVVO über die internationale Zuständigkeit ein Gerichtsstand beim Landgericht Bonn, hilfsweise beim Landgericht Frankfurt am Main begründet wäre und ob den Klägern materiell-rechtliche Ansprüche gegen die Beklagte zustehen.
124I.
125Eine Entscheidung in der Sache ist dem Gericht von vornherein verwehrt, weil sie gegen den Grundsatz der Staatenimmunität als allgemeine Regel des Völkerrechts verstieße, welche über Art. 25 GG Bestandteil des Bundesrechts mit Verfassungsrang ist und einfachgesetzlich in § 20 Abs. 2 GVG ihren Niederschlag gefunden hat. Gemäß § 20 Abs. 2 GVG erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit nicht auf ausländische Staaten, soweit sie nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts von ihr befreit sind. Dies ist hier jedoch der Fall. Die Beklagte hat sich ausdrücklich auf die Staatenimmunität berufen, die das Gericht allerdings auch von Amts wegen zu berücksichtigen hat.
1261.
127Eine mögliche Staatenimmunität ist vorrangig vor anderen Prozessvoraussetzungen, also auch der internationalen und örtlichen Zuständigkeit des angegangenen Gerichts zu prüfen. (s. zur vorrangigen Prüfung der Staatenimmunität auch OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 07.07.2016, Az. 5 U 84/15 zit. nach juris; OLG Köln, Urt. v. 12.05.2016, Az. 8 U 44/15 zit. nach juris).
1282.
129Aufgrund des Prinzips der souveränen Gleichheit der Staaten ist völkergewohnheitsrechtlich seit jeher im Grundsatz anerkannt, dass ein Staat nicht der nationalen Gerichtsbarkeit eines fremden Staates unterworfen ist, d. h. dass Staaten nicht über einen anderen Staat zu Gericht sitzen.
130Dies gilt allerdings insbesondere in der heutigen Zeit nicht mehr generell, vielmehr wird eine uneingeschränkte Staatenimmunität im Wesentlichen nur noch für den Kernbereich hoheitlichen Handelns eines Staates anerkannt. Im Einklang mit der völkerrechtlichen Praxis geht auch das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass Hoheitsakte fremder Staaten (sog. acta iure imperii im Gegensatz zu sog. acta iure gestionis) grundsätzlich immer der Staatenimmunität unterfallen, es sei denn, der ausländische Staat verzichtet auf seine diesbezügliche Immunität (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.12.2006, Az. 2 BvM 9/03 = BVerfGE 117, 141).
1313.
132Die Abgrenzung, ob eine Maßnahme hoheitlichen oder nichthoheitlichen Charakter hat, ist grundsätzlich nach nationalem Recht vorzunehmen. Diese Beurteilung nach nationalem Recht ist lediglich insoweit eingeschränkt, als das Völkerrecht es gebietet, jedenfalls solche Tätigkeiten ausländischer Staaten als hoheitlich einzuordnen, die nach der von den Staaten überwiegend vertretenen Auffassung zum Bereich der Staatsgewalt im engeren und eigentlichen Sinne gehören, selbst wenn sie nach dem nationalen Recht eines Staates als privatrechtliche und nicht als öffentlich-rechtliche Betätigung anzusehen wären. Zu diesen von der Staatengemeinschaft allgemein als hoheitlich qualifizierten Tätigkeiten gehört neben der Ausübung der militärischen oder der polizeilichen Gewalt und der Rechtspflege insbesondere auch die Gesetzgebung
133(Landgericht München I, Urt. v. 18.03.2014, Az. 10 O 22385/12 zit. nach juris; Landgericht Osnabrück, Urt. v. 15.05.2015, Az. 7 O 2995/13 zit. nach juris). Der hoheitliche Charakter richtet sich nicht nach dem Motiv oder Zweck, sondern nach der Art und Natur der zu beurteilenden staatlichen Handlung. Zu fragen ist somit, ob der ausländische Staat objektiv in Ausübung ihm zustehender Hoheitsgewalt oder wie ein Privatmann tätig geworden ist.
1344.
135Bei Anwendung dieser Grundsätze ist der von der Beklagten im Zuge ihrer Sanierungsbemühungen vorgenommene Austausch der in Rede stehenden Anleihetitel hoheitlichem Handeln zuzuordnen. Die Beklagte genießt somit Staatenimmunität.
136Der BGH hat mit Urteil vom 08.03.2016, Az. VI ZR 516/14 entschieden, dass eine Klage auf Schadensersatz eines deutschen Gläubigers gegen die Republik Griechenland wegen der Umschuldung von Staatsanleihen aufgrund des Erlasses eines die Umschuldung ermöglichenden Gesetzes und der Allgemeinverbindlichkeitserklärung einer entsprechenden Mehrheitsentscheidung der Gläubiger unzulässig ist, weil die deutsche Gerichtsbarkeit nach den Grundsätzen der Staatenimmunität nicht eröffnet ist. Die Frage, ob ein hoheitliches Handeln und damit Staatenimmunität auch anzunehmen ist, wenn die Kläger aus den ursprünglichen Staatsanleihen Erfüllungs- oder Nichterfüllungsansprüche geltend machen, hat der Bundesgerichtshof in diesem Urteil ausdrücklich offengelassen. In Randnummer 18 des Urteils wird explizit darauf hingewiesen, dass die Kläger im dortigen Verfahren sich nicht auf Ansprüche aus den erworbenen Schuldverschreibungen oder auf Ersatzansprüche wegen deren Nichterfüllung stützen, sondern auf die „Nichterfüllung von Besitz- und Eigentumsansprüchen“, die ihre Grundlage im Zwangsumtausch der Anleihen fänden.
137Die Oberlandesgerichte Oldenburg und Köln haben im Anschluss daran entschieden, dass sich die Beklagte insoweit nicht auf Staatenimmunität berufen könne, soweit die klägerische Partei Erfüllungs- oder Nichterfüllungsansprüche geltend mache (OLG Oldenburg, Urteil v. 18.04.2016, Az. 13 U 43/15 zit. nach juris; OLG Köln, Urt. v. 12.05.2016, Az. 8 U 44/15 zit. nach juris). Nach der abweichenden Rechtsprechung des OLG Schleswig-Holstein (Urt. v. 07.07.2016, Az. 5 U 84/15), des OLG Frankfurt am Main (Urt. v. 18.09.2014, Az. 16 U 32/14) und des LG Osnabrück (Urt. v. 15.05.2015, Az.7 O 2995/13) kann sich die Beklagte hingegen auch mit Blick auf vertragliche Erfüllungs- und Nichterfüllungsansprüche auf die Staatenimmunität berufen.
138Die Kammer schließt sich der überzeugenderen Argumentation der letztgenannten Rechtsprechung an. Auch wenn die Kläger primär einen schuldrechtlichen Zahlungsanspruch aus den (alten) Anleihen selbst, d.h. letztlich einen Darlehensrückzahlungsanspruch geltend machen, steht der Grundsatz der Staatenimmunität der Zulässigkeit der Klage entgegen.
139a)
140Nach der bereits dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung kommt es für die Frage der Immunität nicht auf die Rechtsnatur des Grundverhältnisses an, sondern auf die Natur der staatlichen Handlung, also die Rechtsnatur der Maßnahme, über deren Berechtigung die Parteien streiten. Vorliegend geht es damit nicht um die Rechtsnatur der Kapitalaufnahme durch Emission von Staatsanleihen, sondern um die Rechtsnatur der Maßnahmen der Beklagten, die letztlich Erfüllungsansprüche aus den ursprünglichen Anleihen beeinträchtigt haben sollen, also die zur Ausbuchung der - ursprünglichen - Schuldverschreibungen aus dem Wertpapierdepot der Kläger führenden Maßnahmen (LG Konstanz, Urt. v. 19. 11. 2013 , Az. 2 O 132/13; LG Osnabrück, Urt. v. 15. 05.2015, Az. 7 O 2995/13; OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 07.07.2016, Az. 5 U 84/15; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 17 unter Hinweis auf LG Osnabrück). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Kläger Ansprüche aus dem ursprünglichen Grundverhältnis herleiten, namentlich vertragliche (Nicht)Erfüllungsansprüche.
141Gegenstand des Rechtsstreits ist vorliegend die hoheitlich zu beurteilende Umschuldungsmaßnahme der Beklagten durch das Gesetz 4050/2012, die dazu führte, dass etwaige Ansprüche der Kläger aus den ursprünglichen Schuldverschreibungen erloschen sind, nicht aber die verweigerte Erfüllung eines im Rahmen eines privatrechtlichen Vertrages von der Beklagten als Vertragspartnerin geschuldeten Zahlungsanspruchs. Es wäre zu kurz gegriffen, auf die bloße Nichtzahlung bzw. Nichterfüllung durch die Beklagte abzustellen, denn diese beruhte auf dem Zwangsumtausch der Anleihen und damit auf einer hoheitlichen Maßnahme. Der von den Klägern der Beklagten vorgeworfene Eingriff in ihre Rechte war Folge des Gesetzes Nr. 4050/2010 und findet seine Rechtfertigung alleine in diesem Gesetz. Schon dies zeigt, dass die Beklagte bei dem von ihr vorgenommenen Umtausch der Titel gerade nicht wie ein Privatmann tätig geworden ist. Einem privaten Schuldner wäre der Eingriff in vertragliche Verpflichtungen per Gesetz gerade nicht möglich (vgl. LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 08.04.2016, Az. 10 O 5444/14).
142Dass sich die Beklagte auf ihre Staatenimmunität berufen kann, zeigt sich insbesondere auch darin, dass bei einer Entscheidung über Ansprüche aus dem Grundverhältnis über die Rechtmäßigkeit von der Beklagten durchgeführter Umschuldungsmaßnahmen zu befinden wäre (vgl. auch OLG München, Urteil v. 16.10.2014, Az. 8 U 1308/14; LG Osnabrück, Urt. v. 15.05.2015, Az. 7 O 2995/13; OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 07.07.2016, Az. 5 U 84/15). Denn ein Erfüllungsanspruch existiert gerade infolge des hoheitlichen Handelns der Beklagten, nämlich der Verabschiedung des Gesetzes 4050/2012 durch das griechische Parlament sowie dessen Ausführung durch die zuständigen Regierungsorgane, nicht mehr (Schleswig-Holsteinisches OLG, Urt. v. 07.07.2016, Az. 5 U 84/15). So gehen auch die Kläger davon aus, dass Erfüllungsansprüche aus den ursprünglichen Anleihen nur dann noch existieren können, wenn das Gesetz „rechtswidrig“ ist. Das heißt aber, dass der Klageanspruch - inzident - gerade auf eine behauptete Rechtswidrigkeit des unstreitig hoheitlichen Handelns der Beklagten gestützt wird.
143Überdies ist, auch wenn die Emission einer Schuldverschreibung durch einen Staat die Vornahme einer Handlung iure gestionis darstellt, die spätere Ausübung der Gesetzgebungsbefugnis durch den Staat, die zu den Handlungen iure imperii gehört (BVerfGE 16, 27, 63), ebenfalls zu berücksichtigen; es liegt auf der Hand, dass Grundlage der Klagen gegen die Beklagte nicht nur die ursprünglichen Wertpapiere sind, sondern auch und vor allem das Gesetz 4050/2012, das den Umtausch der Wertpapiere und infolgedessen die Verringerung der Schuld ermöglichte, indem in die Bedingungen der Schuldverschreibungen eine Umschuldungsklausel eingefügt wurde (EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 9. Dezember 2014 - C-226/13 u.a., Fahnenbrock u.a., Rn. 63). Nutzt der emittierende Staat seine Hoheitsgewalt aber dazu, durch eine spezielle und konkrete Norm die Ausgestaltung der emittierten Schuldverschreibungen gezielt zu beeinträchtigen, so kann sein Handeln in Ausübung hoheitlicher Rechte nicht von seinem Handeln als Vertragspartei getrennt werden. In diesem Fall macht der vertragschließende Staat von seiner Hoheitsgewalt unmittelbar in Bezug auf den Vertrag Gebrauch. Ein solches Tätigwerden liegt hier vor: Die Beklagte hat einseitig, rückwirkend und bindend die Emissionsbedingungen der Schuldverschreibungen - durch hoheitlichen Akt - geändert, indem sie eine Umschuldungsklausel eingefügt hat, die es erlaubte, der Minderheit von Wertpapierinhaberinnen und -inhabern vorzuschreiben, sich dem Willen der Mehrheit zu unterwerfen (vgl. zum Ganzen OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 07.07.2016, Az. 5 U 84/15).
144Der entgegengesetzten Auffassung der Oberlandesgerichte Oldenburg und Köln (OLG Oldenburg, Urt. v. 18.04.2016, Az. 13 U 43/15; OLG Köln, Urt. v. 12.05.2016, Az. 8 U 44/15), die ihre Entscheidungen im Wesentlichen damit begründen, dass ein einmal als nicht-hoheitlich eingestuftes Rechtsverhältnis diesen Charakter grundsätzlich durch spätere Maßnahmen, auch hoheitlicher Natur, nicht mehr verlieren könne und die Beklagte nicht anders zu behandeln sei als jeder Schuldner einer privaten Forderung, der sich darauf berufe, seine Verbindlichkeit sei durch Gesetz erloschen, vermag die Kammer nicht zu folgen. Die Ansicht stellt zu einseitig auf das Grundverhältnis ab, ohne dabei zu berücksichtigen, dass es für die Frage der Immunität auf die Natur des staatlichen Handelns ankommt, über deren Berechtigung die Parteien streiten (BGH, Urt. v. 08.03.2016, Az. VI ZR 516/14). Zwar rühren die geltend gemachten Ansprüche aus dem als nicht-hoheitlich zu qualifizierenden Grundverhältnis. Allerdings stützen die Kläger ihre Ansprüche auch insoweit gerade darauf, dass der Zwangsumtausch „rechtswidrig“ war und sie aus diesem Grund weiterhin Erfüllungsansprüche aus den ursprünglichen Schuldverschreibungen haben.
145Die Argumentation der Kläger in dem Schriftsatz vom 26.08.2016, dass der IV. Zivilsenat mit Urteil v. 20.07.2016, Az. IV ZR 245/15, festgestellt habe, dass sich Griechenland gegenüber der Klage nicht mit dem Einwand der Immunität verteidigen kann, verfängt nicht. In dem zugrunde liegend Verfahren hat der BGH keine Aussage über das Eingreifen der Immunität im vorliegenden Fall getroffen, sondern vielmehr die Verurteilung der Rechtsschutzversicherung zur Übernahme der Kosten für eine Klage bestätigt, weil der versicherungsvertragliche Leistungsausschlussgrund für Enteignungsangelegenheiten nur solche im Zusammenhang mit Grundeigentum erfasse.
146b)
147Soweit die Kläger ihre Ansprüche hilfsweise auf eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB bzw. der gleichlautenden Norm in Art. 919 des griechischen Zivilgesetzbuches stützen, steht ihnen ebenfalls der Grundsatz der Staatenimmunität entgegen. Abgesehen von der unter Berücksichtigung der Hintergründe und Umstände des griechischen Schuldenschnittes sehr zweifelhaften Frage der Sittenwidrigkeit kommt als maßgebliche Schädigungshandlung allein der Zwangsumtausch in Betracht, der wie oben ausgeführt, hoheitlich zu beurteilen ist. Es kann aber aus den genannten Gründen nicht festgestellt werden, dass diese „Schädigungshandlung“ rechtswidrig oder gar sittenwidrig war.
148c)
149Ein Verzicht der Beklagten auf ihre Staatenimmunität in Bezug auf die hier streitgegenständlichen Anleihen ist vorliegend nicht ersichtlich. Die Beklagte hat im gesamten Verlauf des Rechtsstreites immer wieder deutlich auf ihre Staatenimmunität hingewiesen. Dass sie zuvor auf diese verzichtet hätte, ist nicht ersichtlich. Die Kläger haben nicht konkret vorgetragen, in welcher Erklärung der Beklagten ein solcher Immunitätsverzicht zu erblicken sein soll. Um Auslandsanleihen im Sinne der von den Klägern auf Seite 55 der Klageschrift genannten Literatur, nach der bei solchen Anleihen ein konkludenter Verzicht auf die Immunität in Bezug auf Rückforderungsansprüche anzunehmen sein soll, handelt es sich jedenfalls nicht. Vorliegend geht es nicht um Auslandsanleihen im Sinne von Anleihen, die ein Emittent in einem anderen Staat als seinem Heimatstatt begeben hat, sondern um von einem Emittenten (der hellenischen Republik) in seinem Heimatstaat (Griechenland) nach lokalem (griechischem) Recht emittierte Anleihen, die kraft anwendbaren griechischen Rechts erloschen sind.
150II.
151Da somit bereits der vorrangig zu prüfende Grundsatz der Staatenimmunität einer Sachentscheidung zwingend entgegensteht, kommt es auf die Frage der internationalen Zuständigkeit nicht mehr an
152III.
153Zur Frage der Begründetheit der Klage ist nichts auszuführen, und zwar auch nicht hilfsweise oder vorsorglich, weil dem Gericht aufgrund des Grundsatzes der Staatenimmunität der Eintritt in eine Sachprüfung untersagt ist. Das Gericht hat sich daher auch jeglicher Äußerung dazu zu enthalten, ob die Umschuldungsmaßnahme rechtmäßig oder rechtswidrig war. Es kann deshalb auch nicht festgestellt werden, ob sich der Rechtsstreit in der Hauptsache teilweise erledigt hat.
154IV.
155Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 100 Abs. 2 ZPO. Aufgrund der erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung der einzelnen Kläger am Rechtsstreit hat das Gericht nach seinem Ermessen gem. § 100 Abs. 2 ZPO die Beteiligung zum Maßstab der Kostenverteilung auf die einzelnen Kläger genommen. Es erschiene unbillig, die Kläger gem. § 100 Abs. 1 ZPO für die Kostenerstattung nach Kopfteilen haften zu lassen, d. h. ihnen jeweils 1/13 der Kosten aufzuerlegen. Den Klägern wurde daher jeweils der Anteil der Kosten auferlegt, der ihrem prozentualen Anteil an der Summe der Hauptforderungen entspricht.
156Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt, soweit die Beklagte gegen den Kläger zu 1), 4), 8) und 12) wegen ihrer Kosten vollstrecken kann, aus § 709 ZPO, im Übrigen aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
157Streitwert: 589.592,59 €
BUNDESGERICHTSHOF
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richter Felsch, Lehmann, die Richterinnen Dr. Brockmöller und Dr. Bußmann auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2016
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger unterhält eine Rechtsschutzversicherung. Dem Versicherungsvertrag liegen Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2004) des Versicherers (im Folgenden nur: ARB) zugrunde , deren §§ 2 und 3 auszugsweise wie folgt lauten: "§ 2 Leistungsarten Der Umfang des Versicherungsschutzes kann in den Formen des § 21 bis § 29 vereinbart werden. Je nach Vereinbarung umfaßt der Versicherungsschutz …
d) Rechtsschutz im Vertrags- und Sachenrecht (auch über Internet geschlossene Verträge) für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus privatrechtlichen Schuldverhältnissen und dinglichen Rechten, … … § 3 Ausgeschlossene Rechtsangelegenheiten Rechtsschutz besteht, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen … (3) a) in Verfahren vor Verfassungsgerichten;
b) in Verfahren vor internationalen oder supranationalen Gerichtshöfen, soweit es sich nicht um die Wahrnehmung rechtlicher Interessen von Bediensteten internationaler oder supranationaler Organisationen aus Arbeitsverhältnissen oder öffentlichrechtlichen Dienstverhältnissen handelt;
c) in ursächlichem Zusammenhang mit einem über das Vermögen des Versicherungsnehmers beantragten oder eröffneten Konkurs- oder Vergleichsverfahren;
d) in Enteignungs-, Planfeststellungs-, Flurbereinigungs - sowie im Baugesetzbuch geregelten Angelegenheiten ;
e) in Ordnungswidrigkeiten- und Verwaltungsverfahren wegen des Vorwurfes eines Halt- oder Parkverstoßes ; …"
- 2
- Die Beklagte ist das vom Versicherer beauftragte Schadenabwicklungsunternehmen.
- 3
- Der Kläger begehrt Rechtsschutz für eine Klage gegen die Hellenische Republik. Er hatte im Jahre 2010 Staatsanleihen des griechischen Staates erworben, deren Nominalwert 10.000 € betrug, bevor sie auf Grundlage des griechischen Gesetzes Nr. 4050/2012 vom 23. Februar 2012, dem sogenannten Greek Bondholder Act, konvertiert und gegen neue Staatsanleihen mit einem niedrigeren Nominalwert ausgetauscht wurden.
- 4
- Der Kläger akzeptiert den Zwangsumtausch nicht und will mit der beabsichtigten Klage gegen die Hellenische Republik, die die Rückzahlung der ursprünglich am 20. August 2012 fälligen Anleihen verweigert, einen Zahlungsanspruch Zug um Zug gegen Gestattung der Rückbuchung der zugunsten des Klägers im Zuge des Umtausches eingebuchten Wertpapiere geltend machen.
- 5
- Dazu führen der Klageentwurf und das Begleitschreiben seiner Bevollmächtigten an den Versicherer aus, es würden Zahlungsansprüche aus den 2010 erworbenen, zur Rückzahlung fälligen Anleihen verfolgt. Hilfsweise sollen Ansprüche aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung geltend gemacht werden. Im Klageentwurf wird die Umschuldung als rechtswidriger enteignungsgleicher Eingriff gewürdigt. Die angenommenen Verstöße gegen die Griechische Verfassung, die Grundrechtecharta der Europäischen Union und das Völkergewohnheitsrecht bewirkten einen Verstoß gegen den ordre public, der dazu führe, dass der Greek Bondholder Act nicht angewendet werden dürfe.
- 6
- Die Beklagte hat die erbetene Kostenzusage unter Berufung auf § 3 (3) d) der ARB abgelehnt. In Enteignungsangelegenheiten genieße der Kläger keinen Rechtsschutz.
- 7
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
- 8
- In der Revisionsverhandlung hat sich die Beklagte ergänzend darauf berufen, dass es im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8. März 2016 (VI ZR 516/14) nunmehr auch an der hinreichenden Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Klagefehle.
Entscheidungsgründe:
- 9
- Die Revision hat keinen Erfolg.
- 10
- I. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in VersR 2015, 1159 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, die beabsichtigte Klage falle unter das versicherte Risiko. Der Versicherungsschutz umfasse nach § 26 (3) der ARB auch Vertragsrecht im Sinne des § 2 d) der ARB. Der Anspruch, den der Kläger geltend zu machen beabsichtige, habe seine Grundlage in einem schuldrechtlichen Vertragsverhältnis.
- 11
- Die Klausel des § 3 (3) d) der ARB schließe die Rechtsangelegenheit nicht vom Versicherungsschutz aus. Dabei könne offen bleiben, ob es sich bei der beabsichtigten Klage allein um die Geltendmachung eines Darlehensrückzahlungsanspruchs handele oder um eine einen schuldrechtlichen Anspruch betreffende Enteignungsangelegenheit. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer, dessen Sicht maßgeblich sei, werde unter Berücksichtigung der Verklammerung der in § 3 (3) d) der ARB aufgeführten Begriffe den Schluss ziehen, dass hier ein Leistungsausschluss nur für Enteignungen im Zusammenhang mit Grundeigentum vorgenommen werde. Im allgemeinen Sprachgebrauch werde der Begriff Enteignung typischerweise bezogen auf körperliche Gegenstände verwendet. Dass sich nach juristischen Kriterien Enteignungen auch auf schuldrechtliche Ansprüche beziehen könnten, sei dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht geläufig.
- 12
- Der Bezug zu Grundstücksangelegenheiten ergebe sich aus der Verwendung des Enteignungsbegriffs gemeinsam mit den Begriffen Planfeststellungs -, Flurbereinigungs- und im Baugesetzbuch geregelte Angelegenheiten. Letztere drei beträfen eindeutig Grundstücksangelegenheiten. Die sprachliche Verknüpfung durch den gemeinsamen Begriff "Angelegenheiten" begründe dabei einen besonders engen Zusammenhang.
- 13
- Ein solches Verständnis lege auch der systematische Aufbau von § 3 (3) der ARB nahe. Die dort unter den jeweiligen Alternativen a) bis e) geregelten Ausschlüsse bezögen sich jeweils auf einen einheitlichen Regelungsgegenstand , der bei Buchstabe d) in "Grundstücksangelegenheiten" bestehe.
- 14
- Im Übrigen ergebe sich aus der gebotenen engen Auslegung von Ausschlussklauseln, dass Enteignungen oder enteignungsgleiche Eingriffe bezogen auf schuldrechtliche Ansprüche nicht erfasst würden. Selbst wenn man eine gegenteilige Auslegung für möglich erachtete, verbliebe es als Folge des Günstigkeitsprinzips dabei, dass § 3 (3) d) der ARB nicht zum Ausschluss des Versicherungsschutzes führt.
- 15
- II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
- 16
- 1. Der Antrag des Klägers, die Beklagte zu verurteilen, ihm "Rechtsschutz zu bewilligen", ist so auszulegen, dass die Feststellung begehrt wird, die Beklagte sei zur Gewährung von Versicherungsschutz verpflichtet (vgl. Senatsurteil vom 20. Oktober 1982 - IVa ZR 48/81, VersR 1983, 125 unter I).
- 17
- 2. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, die beabsichtigte Rechtsverfolgung falle unter die Leistungsart "Vertragsrecht" im Sinne des § 2 d) der ARB.
- 18
- a) Als Voraussetzung für das Bestehen von Versicherungsschutz muss der Versicherungsnehmer schlüssig darlegen, dass der von ihm verfolgte Anspruch aus einem Rechtsverhältnis herrührt, das in den Schutzbereich seines Versicherungsvertrages fällt (Harbauer/Stahl, Rechtsschutzversicherung 8. Aufl. § 2 ARB 2000 Rn. 4; vgl. auch BGH, Urteil vom 12. Januar 1961 - II ZR 249/58, VersR 1961, 121 m.w.N. zur Haftpflichtversicherung). Der Rechtsschutz nach § 2 d) der ARB umfasst privatrechtliche Schuldverhältnisse aller Art (Harbauer/Stahl, Rechtsschutzversicherung 8. Aufl. § 2 ARB 2000 Rn. 160).
- 19
- b) Diese Anforderungen hat der Kläger erfüllt. Er hat vorgetragen, fällige privatrechtliche Zahlungsansprüche gegen die Hellenische Republik aus von ihr begebenen Inhaberschuldverschreibungen zu verfolgen (zur Leistungsart Vertrags-Rechtsschutz in § 2 d) ARB 2000 bei Wertpapierrechtsverhältnissen vgl. Harbauer/Stahl, Rechtsschutzversicherung 8. Aufl. § 2 ARB 2000 Rn. 165). Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus dem Klägervortrag nicht, dass er seinen schuldrechtli- chen Anspruch aus den erworbenen Anleihen als erloschen betrachtet und Entschädigungsansprüche aus einem enteignungsgleichen Eingriff geltend macht. Nach der im Klageentwurf und im Begleitschreiben an den Versicherer geäußerten Auffassung besteht der schuldrechtliche Anspruch fort, weil der Greek Bondholder Act wegen Verstoßes gegen den ordre public nicht angewendet werden dürfe und überdies die für die Durchführung des Umtauschs erforderliche Quote nicht erreicht worden sei. Die beabsichtigte Verfolgung vertragsrechtlicher Ansprüche ist nicht deshalb zu verneinen, weil der Kläger inseinem Entwurf der Klageschrift bereits in großem Umfang zu auf den Greek Bondholder Act gestützten Einwendungen der Hellenischen Republik Stellung nimmt und im Hinblick hierauf sowohl dieses Gesetz als auch den Umtausch der Anleihen einer rechtlichen Bewertung unterzieht.
- 20
- 3. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Anspruch nicht durch § 3 (3) d) der ARB des Versicherers ausgeschlossen ist.
- 21
- a) Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, ist der Begriff "Enteignungsangelegenheiten" aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers so zu verstehen, dass er nur Enteignungen erfasst, die - anders als im Streitfall - einen Grundstücksbezug aufweisen (a.A. LG Düsseldorf r+s 2013, 550, 551 f. und LG Hannover r+s 2015, 135).
- 22
- aa) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht (Se- natsurteil vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85; st. Rspr.). Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an. Dieser Grundsatz erfährt jedoch eine Ausnahme, wenn die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriff verbindet. In diesen Fällen ist anzunehmen , dass auch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen darunter nichts anderes verstehen wollen. Ein von der Rechtssprache abweichendes Verständnis kann allerdings dann in Betracht kommen, wenn das allgemeine Sprachverständnis von der Rechtssprache in einem Randbereich deutlich abweicht oder wenn der Sinnzusammenhang der Versicherungsbedingungen etwas anderes ergibt (Senatsurteile vom 21. Mai 2003 - IV ZR 327/02, r+s 2003, 362 unter 2 a; vom 8. Dezember 1999 - IV ZR 40/99, VersR 2000, 311 unter II 4 b aa).
- 23
- bb) (1) Ausgangspunkt der Auslegung ist der Klauselwortlaut (Senatsurteil vom 11. Dezember 2002 - IV ZR 226/01, BGHZ 153, 182,186). Der verwendete Begriff "Enteignung" verweist zwar auf rechtliche Kategorien. Der zusätzliche, in hohem Maße interpretationsbedürftige und interpretationsfähige Ausdruck "Angelegenheiten" führt aber dazu, dass ein fest umrissener Begriff der Rechtssprache nicht anzunehmen ist (vgl. Senatsurteil vom 21. Mai 2003 - IV ZR 327/02, r+s 2003, 362 unter 2 b aa zum Ausdruck "Bereich").
- 24
- (2) Demgemäß kommt es für die Auslegung auf die Verständnismöglichkeiten und auch auf die Interessen des durchschnittlichen Versicherungsnehmers an. Bei Risikoausschlüssen geht das Interesse des Versicherungsnehmers regelmäßig dahin, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck der Klausel dies gebietet. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht mit Lücken im Versicherungsschutz zu rechnen, ohne dass eine Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht (Senatsurteile vom 28. Oktober 2015 - IV ZR 269/14, VersR 2016, 41 Rn. 38 und vom 8. Mai 2013 - IV ZR 233/11, VersR 2013, 853 Rn. 41; Senatsbeschluss vom 11. September 2013 - IV ZR 259/12, VersR 2013, 1395 Rn. 12; jeweils m.w.N.).
- 25
- (3) Die Ausschlussklausel verfolgt den - für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbaren - Zweck, die erfahrungsgemäß besonders kostenträchtigen und im Kostenrisiko schwer überschaubaren Streitigkeiten von der Versicherung auszunehmen, von denen nur ein regional begrenzter Kreis von Rechtsinhabern betroffen ist (vgl. Harbauer/ Maier, Rechtsschutzversicherung 8. Aufl. § 3 ARB 2000 Rn. 161; OLG Karlsruhe r+s 1999, 70, 72 zu § 4 (1) r) ARB 1984), weil sich die aufgezählten hoheitlichen Maßnahmen oder Planungen nachteilig auf Grundstücke oder Rechte an Grundstücken auswirken (vgl. Looschelders in Looschelders/Paffenholz, ARB § 3 ARB 2010 Rn. 156; Obarowski in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl. § 37 Rn. 338). Das nur dieser Minderheit drohende hohe Kostenrisiko soll nicht der Risikogemeinschaft aller Versicherten aufgebürdet werden (vgl. Harbauer/Maier aaO Rn. 147).
- 26
- (4) Die gewählte Ausdrucksweise und Systematik sprechen ebenfalls für diese Begrenzung des Anwendungsbereiches der Ausschlussklausel. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer erkennt, dass die in § 3 der ARB vom Versicherungsschutz ausgenommenen Risiken zu Gruppen zusammengefasst sind. Die Zusammenfassung wird bei § 3 (3)
d) der ARB neben der Aufzählung unter einem gemeinsamen Buchsta- ben durch die sprachliche Verknüpfung mit dem Begriff "Angelegenheiten" vorgenommen. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird davon ausgehen, dass die Angelegenheiten wegen einer allen Elementen der jeweiligen Aufzählung innewohnenden Gemeinsamkeit zusammengefasst wurden. Als die Aufzählung in § 3 (3) d) der ARB verbindende Gemeinsamkeit wird er den Grundstücksbezug ausmachen, der bei Planfeststellungs -, Flurbereinigungs- und im Baugesetzbuch geregelten Angelegenheiten gegeben ist. Anders als die Revision meint, wird er nicht annehmen, dass die Zusammenfassung auf dem Enteignungscharakter beruht, weil Enteignungen mit im Baugesetzbuch geregelten Angelegenheiten nicht typischerweise verbunden sind.
- 27
- (5) Das Geltendmachen von Zahlungsansprüchen im Zusammenhang mit einem gesetzlich angeordneten Umtausch von Inhaberschuldverschreibungen eines Staates ist deshalb bei der gebotenen engen Auslegung von Risikoausschlussklauseln nicht als Wahrnehmung rechtlicher Interessen in Enteignungsangelegenheiten im Sinne des § 3 (3) d) der ARB des Versicherers anzusehen (so zu wortgleichen Bedingungen LG Bonn r+s 2015, 232; Cornelius-Winkler, jurisPR-VersR 2/2014 Anm. 6; Schimikowski, r+s 2013, 552; a.A. LG Hannover r+s 2015, 135 zu § 4 (1) r) ARB 1975/2002; LG Düsseldorf r+s 2013, 550, 551; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. § 3 ARB 2010 Rn. 72; Obarowski in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl. § 37 Rn. 344a).
- 28
- b) Unabhängig hiervon könnte die in Rede stehende Ausschlussklausel im Streitfall selbst dann nicht zum Zuge kommen, wenn man ihr Eingreifen grundsätzlich auch außerhalb der Enteignung von Grundstücken für möglich hielte.
- 29
- Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird die Regelung bei der gebotenen engen Auslegung nämlich jedenfalls so verstehen, dass eine Enteignungsangelegenheit nur dann vorliegt, wenn er sich unmittelbar gegen eine enteignende oder enteignungsgleiche Maßnahme zur Wehr setzen will, wie z.B. durch Feststellungs- oder Anfechtungsklagen vor den Verwaltungsgerichten, oder wenn er Ansprüche (etwa auf Entschädigung ) geltend machen will, die erst auf dieser hoheitlichen Maßnahme beruhen, nicht aber, wenn er einen Anspruch verfolgen und durchsetzen will, der bereits unabhängig von der enteignenden Maßnahme entstanden ist und durchgesetzt werden soll und dem eine hoheitliche Maßnahme lediglich im Wege einer Einwendung entgegengehalten wird. Er wird nicht annehmen, dass sich das Vorliegen einer Enteignungsangelegenheit nach den Einwendungen bestimmt, mit denen der Gegner sich gegenüber dem Anspruch, den der Versicherungsnehmer im Aktivprozess zu verfolgen beabsichtigt, verteidigt.
- 30
- Dementsprechend ist auch nach der neueren Senatsrechtsprechung für die Bestimmung der Angelegenheit, in der der Versicherungsnehmer seine rechtlichen Interessen verfolgen will, nur der Tatsachenvortrag entscheidend, mit dem er seinen Anspruch begründet. Darauf, welche Einwendungen der Gegner dem entgegenhält, kommt es für die Bestimmung des Versicherungsfalles nicht an (Senatsurteil vom 25. Februar 2015 - IV ZR 214/14, VersR 2015, 485 Rn. 14 ff.). Anderenfalls hätte es der am Rechtsschutzversicherungsvertrag nicht beteiligte Dritte als Außenstehender in der Hand, durch die Wahl seiner Verteidigung dem Versicherungsnehmer den Rechtsschutz zu entziehen (Senat aaO Rn. 16).
- 31
- Im Streitfall verlangt der Kläger, wie ausgeführt, eine Zahlung aus den 2010 erworbenen Anleihen und begründet diesen Zahlungsanspruch nicht damit, eine Entschädigung wegen der Enteignung im Hinblick auf diese Wertpapiere zu verfolgen. Gegenstand seines Begehrens, für das er Deckung begehrt, ist danach gerade nicht die hoheitliche Maßnahme, die dem Anspruch als Einwendung entgegengehalten wird, hier der Greek Bondholder Act, auf den sich die Hellenische Republik beruft, um den Erfüllungsanspruch aus der ursprünglich begebenen Anleihe nicht erfüllen zu müssen.
- 32
- III. Schließlich scheitert der Klageanspruch nicht an einer fehlenden Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage.
- 33
- 1. Nach § 18 (1) b) der ARB ist ein derartiger Einwand dem Versicherungsnehmer unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Das ist hier nicht geschehen; die Beklagte hat ihre Leistungsablehnung in ihren Schreiben vom 13. Januar 2014 und vom 28. Januar 2014 ausschließlich darauf gestützt, dass es sich um eine Enteignungsangelegenheit im Sinne der Ausschlussklausel handele. Wird der Einwand fehlender Erfolgsaussicht nicht in der gebotenen Form und Frist erhoben, so hat dies den Verlust dieses Ablehnungsrechts zur Folge (Senatsurteil vom 19. März 2003 - IV ZR 139/01, VersR 2003, 638 unter 2 a aa, juris Rn. 13).
- 34
- 2. Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. März 2016 (VI ZR 516/14), mit dem eine Schadensersatzklage gegen die Hellenische Republik für unzulässig erachtet wurde, ändert daran für den Streitfall nichts.
- 35
- a) Insoweit kann es dahinstehen, ob hierin eine auch den Streitfall erfassende Umgestaltung der Rechtslage erblickt werden kann - was zweifelhaft sein könnte, weil dort nicht über vertragliche Ansprüche entschieden wurde - und ob eine eventuelle Umgestaltung durch eine höchstrichterliche Entscheidung auch die nachträgliche Erhebung des Einwands rechtfertigen kann (vgl. dazu LG Bonn r+s 2015, 232, 233 juris Rn. 46). Ebenso kann offen bleiben, ob ein hierauf gestützter Einwand gegebenenfalls auch noch im Revisionsverfahren vorgebracht werden kann (vgl. zu einer ähnlichen Problematik Senatsurteil vom 20. Februar 2013 - IV ZR 17/12, juris Rn. 26).
- 36
- b) Denn selbst wenn man beides zugunsten der Beklagten unterstellt , so hätte sie jedenfalls nach Bekanntwerden des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 8. März 2016 den Einwand nunmehr unverzüglich in der gebotenen Form erheben müssen.
- 37
- Insoweit fehlt es zum einen an der erforderlichen Form, weil der Einwand dem Kläger entgegen § 18 (1) b) der ARB nicht schriftlich und mit dem nach § 128 Satz 2 VVG sowie auch § 18 (2) der ARB zwingend vorgeschriebenen Hinweis auf ein Gutachterverfahren mitgeteilt wurde, weshalb das Rechtsschutzbedürfnis des Versicherungsnehmers nach § 128 Satz 3 VVG weiterhin als anerkannt gilt.
- 38
- Letztlich kommt es aber auch hierauf nicht an, weshalb sich ein Hinweis des Senats nach § 139 ZPO auf die fehlende Form erübrigte, weil der Einwand - worauf der Senat in der Revisionsverhandlung hingewiesen hat - zum anderen nicht mehr unverzüglich erfolgte. Unverzüglich bedeutet, dass die Ablehnung innerhalb des Zeitraums erfolgen muss und auch nur erfolgen kann, den der Versicherer bei sachgerechter, nicht schuldhaft verzögerter Prüfung für seine Entschließung benötigt (Senatsurteil vom 19. März 2003 - IV ZR 139/01, VersR 2003, 638 unter 2 a aa, juris Rn. 13). Insoweit wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum regelmäßig eine Frist von zwei bis drei Wochen angenommen (OLG Frankfurt NJW-RR 1997, 1386, 1387; OLG Köln r+s 1991, 419, 420; 1988, 334, 335; Harbauer/Bauer, ARB 8. Aufl. Vor § 18 ARB 2000 Rn. 8). Diese Frist ist auch im vorliegenden Zusammenhang jedenfalls nicht länger zu bemessen, da es nicht um die vollständige erstmalige Prüfung der Erfolgsaussichten nach Geltendmachung des Versicherungsfalles ging, sondern allenfalls um die isolierte Prüfung der einzelnen Frage, ob durch ein höchstrichterliches Urteil eine maßgebliche Umgestaltung der Rechtslage herbeigeführt wurde.
- 39
- Zu dem in Rede stehenden Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. März 2016 ist noch am selben Tage eine Pressemitteilung veröffentlicht worden. Seit dem 13. April 2016 war es in vollem Wortlaut bei juris abrufbar. Am 22. bzw. 23. April 2016 ist es in einschlägigen juristischen Fachzeitschriften veröffentlicht worden (ZIP 2016, 789; WM 2016, 734).
Spätestens zu diesem Zeitpunkt wäre eine Prüfung durch die Beklagte veranlasst gewesen. Danach war der Einwand fehlender Erfolgsaussicht unter Berufung auf dieses Urteil in der Revisionsverhandlung vom 22. Juni 2016 verspätet.
Mayen Felsch Lehmann
Dr. Brockmöller Dr. Bußmann
Vorinstanzen:
LG München II, Entscheidung vom 03.07.2014- 10 O 1009/14 Ver -
OLG München, Entscheidung vom 17.04.2015 - 25 U 2925/14 -
Tenor
-
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 25. September 2013 - 2 Sa 253/12 - wird zurückgewiesen.
-
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob die Vergütung des Klägers durch griechische Gesetze gekürzt worden ist.
- 2
-
Die beklagte Republik Griechenland betreibt in N eine nach bayerischem Schulrecht als Ersatzschule genehmigte private Grund- und Teilhauptschule. An dieser ist der Kläger als Lehrer beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist zuletzt der Formulararbeitsvertrag vom 29. September 1998, in dem es auszugsweise heißt:
-
„§ 1
…
Das Arbeitsverhältnis lehnt sich an den Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23.02.1961 und an die diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge und Sonderregelungen an.
…
§ 4
Tätigkeit:
Unterrichtserteilung im Rahmen der Lehrbefähigung in deutscher/griechischer Sprache nach Maßgabe der hierfür bestehenden Gesetze, Verordnungen, Dienstvorschriften und Lehrpläne.
Die volle Vergütung steht der Lehrkraft bei Erteilung von 28 Wochenstunden im Grundschulbereich und 27 Wochenstunden im Hauptschulbereich zu. VergGr. nach BAT: IVb.
Hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung einer Weihnachtsgratifikation gelten die entsprechenden Bestimmungen des BAT in der jeweils gültigen Form, sei es dem Grunde wie der Höhe nach.“
- 3
-
Am 9. April 2008 schlossen die Parteien eine „Nachtragsvereinbarung“, die lautet:
-
„Die Parteien hatten im Arbeitsvertrag vom 02.06.1997 vereinbart, dass sich ihr Arbeitsverhältnis an den Bundes-Angestelltentarif (BAT) anlehnen soll.
Angesichts der Novellierung des Tarifrechts für den öffentlichen Dienst vereinbaren die Parteien hiermit deklaratorisch, dass sich ihr Arbeitsverhältnis ab dem 01.11.2006 an den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) anlehnen soll.“
- 4
-
Die monatliche Vergütung des Klägers betrug ab März 2010 3.861,94 Euro brutto. Abrechnungen des gezahlten Arbeitsentgelts nach § 108 GewO erteilte ihm die Beklagte nicht.
- 5
-
Die Republik Griechenland erließ aufgrund der mit der Europäischen Union (EU), der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfond (IWF) getroffenen Vereinbarungen ua. das Gesetz Nr. 3833/2010 über dringende Maßnahmen zur Bewältigung der Krise der Staatsfinanzen, das in den hier wiedergegebenen Teilen zum 1. Januar 2010 in Kraft gesetzt wurde (Regierungsblatt der Republik Griechenland Teil I Blatt Nr. 40 vom 15. März 2010). Nach der dem Berufungsgericht vorgelegten Übersetzung des Normtextes enthält es ua. folgende Regelungen:
-
„Artikel 1
Kürzung der Bezüge im weiteren öffentlichen Sektor
…
§ 2
Die Zulagen jeder Art, die Entschädigungen und Entgelte im allgemeinen, sowie alles mit jeder anderen Bezeichnung Bestimmte und alles in welcher auch immer allgemeinen oder besonderen Bestimmung Vorgesehene für die Amtsträger und Angestellten der öffentlichen Hand, der juristischen Personen des öffentlichen Rechts und der kommunalen Gebietskörperschaften, der ständigen Mitglieder der Streitkräfte und der griechischen Polizei sowie auch der Feuerwehr und der Hafenpolizei werden um einen Anteil von zwölf vom Hundert (12%) gekürzt.
Die Zulagen der Paragraphen A3 der Art. 30 und 33 des Gesetzes 3205/2003 (Regierungsblatt 297 Teil A) in der geltenden Fassung, werden um einen Anteil von zwanzig vom Hundert (20%) gekürzt und die Zulagen für Weihnachten, Ostern und Urlaub werden um einen Anteil von dreißig vom Hundert (30%) gekürzt.
Die Bestimmungen des vorliegenden Paragraphen werden auch auf das Personal angewendet, welches sich in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis mit der öffentlichen Hand, den juristischen Personen des öffentlichen Rechts und der kommunalen Gebietskörperschaften, den Streitkräften, der griechischen Polizei, der Feuerwehr und der Hafenpolizei befindet und haben Vorrang vor jeder allgemeinen oder besonderen Bestimmung oder Klausel oder Bedingung eines Tarifvertrags, eines Schiedsspruchs oder eines Arbeitsvertrags oder einer (sonstigen) Vereinbarung.
…
§ 4
Bei dem Personal mit einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis des § 2, auf welches die Bestimmungen des Gesetzes 3205/2003 nicht anzuwenden sind, sind von der in § 2 vorgesehenen Kürzung die Zulagen ausgenommen, die mit dem Familienstand oder der dienstlichen Laufbahn zusammenhängen, sowie auch die an die Gesundheitsschädlichkeit oder Gefährlichkeit der Arbeit oder mit postgradualen Studienabschlüssen verbundenen. Wenn an das vorgenannte Personal keine Zulagen, Entschädigungen oder Entgelte im Sinn des ersten Absatzes des § 2 des vorliegenden (Artikels) geleistet werden, sind die Bezüge jeder Art um sieben vom Hundert (7%) zu kürzen.“
- 6
-
Darüber hinaus erließ die Republik Griechenland das Gesetz Nr. 3845/2010 über Maßnahmen für die Anwendung des Stützungsmechanismus für die griechische Wirtschaft von Seiten der Mitgliedsländer der Eurozone und des Internationalen Währungsfonds, das in den hier wiedergegebenen Teilen zum 1. Juni 2010 in Kraft gesetzt wurde (Regierungsblatt der Republik Griechenland Teil I Blatt Nr. 65 vom 6. Mai 2010). Nach der dem Berufungsgericht vorgelegten Übersetzung des Normtextes heißt es in diesem ua.:
-
„Dritter Artikel
Maßnahmen für die Kürzung der öffentlichen Ausgaben
…
§ 3
Bei dem Personal mit einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis des § 2 des Artikels 1 des Gesetzes 3833/2010, auf welches die Bestimmungen des Gesetzes 3205/2003 nicht anzuwenden sind, sind von der in § 1 vorgesehenen Kürzung die Zulagen ausgenommen, die mit dem Familienstand oder der dienstlichen Laufbahn zusammenhängen, sowie auch die an die Gesundheitsschädlichkeit oder Gefährlichkeit der Arbeit oder mit postgradualen Studienabschlüssen verbundenen. Wenn an das vorgenannte Personal keine Zulagen, Entschädigungen oder Entgelte im Sinn des § 1 geleistet werden, sind die Bezüge jeder Art um drei vom Hundert (3%) zu kürzen. Die ordentlichen Bezüge, die Zulagen, Entschädigungen und Entgelte im allgemeinen, sowie alles mit jeder anderen Bezeichnung Bestimmte und alles in welcher auch immer allgemeinen oder besonderen Bestimmung oder Klausel oder Bedingungen eines Tarifvertrags, eines Schiedsspruchs oder eines Arbeitsvertrags oder einer (sonstigen) Vereinbarung vorgesehene für ausnahmslos alle Arbeitstätigen bei Rechtsträgern des ersten Absatzes des § 5 des Art. 1 des Gesetzes 3833/2010 in der geltenden Fassung, werden um einen Anteil von drei vom Hundert (3%) gekürzt.
Von der Kürzung des vorausgegangenen Absatzes sind ausgenommen die Zulagen, die mit dem Familienstand oder der dienstlichen Laufbahn zusammenhängen, sowie auch die an die Gesundheitsschädlichkeit oder Gefährlichkeit der Arbeit oder mit postgradualen Studienabschlüssen verbundenen.“
- 7
-
Die Beklagte kürzte unter Berufung auf die vorgenannten Gesetze für die Zeit ab August 2010 die Vergütung des Klägers einschließlich der Jahressonderzuwendungen.
- 8
-
Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat der Kläger mit der am 31. Dezember 2010 eingereichten und mehrfach - zuletzt in der Berufungsinstanz - erweiterten Klage für den Zeitraum August 2010 bis Dezember 2012 die Differenz zwischen der arbeitsvertraglich vereinbarten und der tatsächlich gezahlten Vergütung verlangt. Er hat gemeint, die griechischen Gesetze könnten den Inhalt seines in Deutschland zu erfüllenden, deutschem Recht unterliegenden Arbeitsverhältnisses nicht ändern. Die Beklagte habe ihm für die geleisteten Zahlungen Abrechnungen nach § 108 GewO zu erteilen.
- 9
-
Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,
-
1.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 20.232,32 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter Staffelung zu zahlen;
2.
die Beklagte zu verurteilen, ihm für den Zeitraum Mai 2010 bis Dezember 2012 für jeden einzelnen Monat jeweils eine Abrechnung des Entgelts in Textform zu erteilen, die Angaben über den Abrechnungszeitraum und die Zusammensetzung des Arbeitsentgelts, insbesondere über Art und Höhe von Zuschlägen, Zulagen, sonstigen Vergütungen, Art und Höhe von Abzügen, Abschlagszahlungen und Vorschüssen enthält;
3.
die Beklagte für den Fall, dass sie die Verpflichtung nach Ziff. 2 nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt, zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 50,00 Euro je nicht erteilter Abrechnung zu verurteilen.
- 10
-
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Klage sei unzulässig, weil sie wegen ihrer Staatenimmunität nicht vor deutschen Gerichten verklagt werden könne. Die Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 wirkten unmittelbar auf das Arbeitsverhältnis des Klägers ein und führten ohne jeden weiteren Umsetzungsakt zu einer Verminderung seiner Vergütung. Zudem finde der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) auf das Arbeitsverhältnis sowie § 108 GewO auf ausländische Staaten keine Anwendung.
- 11
-
Das Arbeitsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr - soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist - stattgegeben. Der Kläger hat nach Verkündung des Berufungsurteils mit Einwilligung der Beklagten die Klage in Höhe eines Teilbetrags von 560,30 Euro brutto nebst Zinsen zurückgenommen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Senat hat mit Beschluss vom 25. Februar 2015 (- 5 AZR 962/13 (A) - BAGE 151, 75) dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV Fragen zur Anwendung der Rom I-VO und dem in Art. 4 Abs. 3 EUV verankerten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit vorgelegt, die dieser mit Urteil vom 18. Oktober 2016 (- C-135/15 -) wie dort ersichtlich beantwortet hat.
Entscheidungsgründe
- 12
-
Die Revision ist unbegründet. Die Klage ist zulässig und in dem in die Revisionsinstanz gelangten Umfang begründet. Das hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt.
- 13
-
I. Im Umfang der mit Einwilligung der Beklagten (§ 269 Abs. 1 ZPO) erfolgten Teilklagerücknahme ist das Berufungsurteil wirkungslos geworden, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO.
- 14
-
II. Die Klage ist zulässig.
- 15
-
1. Die beklagte Republik Griechenland genießt in Bezug auf das Arbeitsverhältnis des Klägers keine Staatenimmunität.
- 16
-
a) Nach § 20 Abs. 2 GVG iVm. dem als Bundesrecht geltenden Allgemeinen Völkergewohnheitsrecht (Art. 25 GG) sind Staaten der Gerichtsbarkeit anderer Staaten insoweit nicht unterworfen, als ihre hoheitliche Tätigkeit von einem Rechtsstreit betroffen ist. Es ist mit dem Prinzip der souveränen Gleichheit von Staaten (sovereign equality of states) und dem daraus abgeleiteten Rechtsprinzip, dass Staaten nicht übereinander zu Gericht sitzen, nicht zu vereinbaren, wenn ein deutsches Gericht hoheitliches Handeln eines anderen Staates rechtlich überprüfen würde. Die insoweit für den Senat maßgebliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterscheidet allerdings zwischen der völkerrechtlich allgemein anerkannten Immunität von Hoheitsakten ausländischer Staaten und nicht-hoheitlichen Akten ausländischer Staaten. Danach unterfallen Hoheitsakte ausländischer Staaten (sog. acta iure imperii) grundsätzlich immer der Staatenimmunität. Dagegen ist es keine allgemeine Regel des Völkerrechts mehr, dass ein Staat Immunität auch für nicht-hoheitliches Handeln genießt. Allerdings ist dem allgemeinen Völkerrecht - so das Bundesfassungsgericht - eine Kategorisierung staatlicher Tätigkeiten als hoheitlich oder nicht-hoheitlich fremd, weshalb diese Abgrenzung grundsätzlich nach nationalem Recht zu erfolgen hat (BVerfG 17. März 2014 - 2 BvR 736/13 - Rn. 19 ff.).
- 17
-
b) Geht es - wie hier - um eine Streitigkeit aus einem privatrechtlich begründeten Arbeitsverhältnis, kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich darauf an, ob die dem Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben ihrer Natur nach hoheitlich oder nicht-hoheitlich sind; entscheidend ist der Inhalt der ausgeübten Tätigkeit (BAG 18. Dezember 2014 - 2 AZR 1004/13 - Rn. 18 mwN; 10. April 2013 - 5 AZR 78/12 - Rn. 16 mwN). Diese Sichtweise steht im Einklang mit Art. 11 des noch nicht in Kraft getretenen UN-Übereinkommens zur Staatenimmunität vom 2. Dezember 2004, der nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aber als Völkergewohnheitsrecht auch für einen Staat gilt, der die Konvention nicht ratifiziert hat, es sei denn, er hätte dem widersprochen (EGMR 29. Juni 2011 - 34869/05 - Rn. 54; vgl. auch BAG 18. Dezember 2014 - 2 AZR 1004/13 - Rn. 18).
- 18
-
c) Nach diesen Grundsätzen ist die beklagte Republik Griechenland im Streitfall nicht wegen ihrer Staatenimmunität von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit. Nach den von der Beklagten nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat daher nach § 559 Abs. 2 ZPO bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nimmt der Kläger als Lehrkraft an der griechischen Schule in N nach dem für die Beurteilung seiner Tätigkeit maßgeblichen deutschen Recht keine hoheitlichen Aufgaben wahr. Vielmehr handelt die Beklagte wie eine inländische Privatperson. Dies entspricht zudem der Rechtsprechung der Senate des Bundesarbeitsgerichts zum Inhalt der Arbeitsverhältnisse der von der Beklagten in Deutschland im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses an ihren Inlandsschulen beschäftigten Lehrkräften (etwa BAG 10. April 2013 - 5 AZR 78/12 - Rn. 17 ff.; 25. April 2013 - 2 AZR 960/11 - Rn. 16 ff.). Hiervon ist - zumindest in der Vergangenheit - auch die Beklagte ausgegangen, die sich gegenüber den erhobenen arbeitsrechtlichen Ansprüchen nicht auf eine Staatenimmunität berufen hat.
- 19
-
d) Der vorstehenden Auffassung steht auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. März 2014 nicht entgegen. Gegenstand des dieser zugrunde liegenden Rechtsstreits war - jedenfalls aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts - die Besteuerung des dortigen Klägers mit der griechischen Quellensteuer durch den griechischen Staat, nicht die unterbliebene vollständige Auszahlung eines im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber geschuldeten (Brutto-)Gehalts (BVerfG 17. März 2014 - 2 BvR 736/13 - Rn. 22).
- 20
-
aa) Um einen solchen actus iure imperii geht es nach den Wertungen der insoweit maßgeblichen deutschen Rechtsordnung indes im Streitfall nicht. Die griechischen Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 erheben keine Steuer, sondern kürzen das Entgelt der im öffentlichen Dienst der Republik Griechenland Beschäftigten um bestimmte Prozentsätze, wobei den Kürzungsbestimmungen Vorrang vor jeder individual- oder kollektivrechtlichen Vereinbarung verliehen wird. Dementsprechend wehrt sich der Kläger nicht gegen eine Besteuerung (zur Prägung des zivilrechtlichen Entgeltanspruchs durch das Steuerrecht vgl. BAG 21. Dezember 2016 - 5 AZR 273/16 - Rn. 12 ff.), sondern ausschließlich gegen die Kürzung des arbeitsvertraglich vereinbarten und von der Beklagten als Arbeitgeberin geschuldeten Bruttoentgelts. Für solche Streitigkeiten um die Gegenleistung aus einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis geht offenbar auch das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass es keine allgemeine Regel des Völkerrechts gebe, wonach ein Staat Immunität für nicht-hoheitliches Handeln genießt (BVerfG 17. März 2014 - 2 BvR 736/13 - Rn. 22).
- 21
-
bb) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Kürzung der Vergütung des Klägers nicht deshalb als der Staatenimmunität unterfallender actus iure imperii zu qualifizieren, weil diese unmittelbar durch Hoheitsakt erfolgt sein soll. Der Gegenstand des Rechtsstreits berührt nicht die Souveränität der Republik Griechenland oder ihrer Gesetzgebung und damit den allgemein anerkannten Bereich hoheitlicher Tätigkeit (BVerfG 17. März 2014 - 2 BvR 736/13 - Rn. 21). Streitgegenständlich sind allein Ansprüche aus einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis. Vielmehr hat der Senat lediglich zu beurteilen, ob die von der Republik Griechenland erlassenen Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 unmittelbar den Inhalt eines auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland begründeten und durchgeführten privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses ausgestalten können. Wäre dies anders zu beurteilen, könnte ein anderer Staat im Bereich seiner nicht-hoheitlichen Tätigkeit allein durch seine legislativen Akte und ungeachtet des inländischen Rechts den Inhalt der von ihm in der Bundesrepublik Deutschland eingegangenen Verpflichtungen ausgestalten.
- 22
-
e) Eine Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes nach § 2 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes ist nicht veranlasst. Der Senat weicht nicht von der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25. Juni 2014 (- VII ZB 23/13 -) ab. Dessen Qualifikation der griechischen Schule in N als kulturelle Einrichtung, die hoheitlichen Tätigkeiten dient, besagt nichts über die Einordnung des Vertragsverhältnisses der Parteien und der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof seinerseits angenommen, eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liege nicht vor (BGH 25. Juni 2014 - VII ZB 23/13 - Rn. 17).
- 23
-
2. Andere Zulässigkeitshindernisse bestehen - auch nach dem Vorbringen der Beklagten - nicht. Insbesondere sind die deutschen Gerichte für die Klage international zuständig nach Art. 18, Art. 19 Nr. 2 Buchst. a Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO, nunmehr - inhaltsgleich - Art. 20, Art. 21 Abs. 1 Buchst. b i) der durch die Verordnung Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 neu gefassten EuGVVO; nach deren Art. 66 Abs. 2 gilt die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 für vor dem 10. Januar 2015 eingeleitete gerichtliche Verfahren weiter). Gewöhnlicher Arbeitsort des Klägers ist N. Der für die Anwendung der EuGVVO erforderliche Auslandsbezug (dazu EuGH 17. November 2011 - C-327/10 - [Lindner] Rn. 29, Slg. 2011, I-11543; BAG 13. Dezember 2012 - 6 AZR 752/11 - Rn. 21) ergibt sich daraus, dass die Beklagte ein ausländischer Staat ohne „Sitz“ im Inland ist (BAG 10. April 2013 - 5 AZR 78/12 - Rn. 21).
- 24
-
III. Die Klage ist begründet.
- 25
-
Die griechischen Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 haben die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung des Klägers nicht gekürzt. Dementsprechend steht ihm für den Streitzeitraum die Differenz zwischen der vereinbarten und der von der Beklagten tatsächlich gezahlten Vergütung zu. Außerdem hat er Anspruch auf Gehaltsabrechnungen.
- 26
-
1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet deutsches Recht Anwendung. Das steht zwischen den Parteien außer Streit, davon ist der Senat schon im Vorlagebeschluss vom 25. Februar 2015 (- 5 AZR 962/13 (A) - Rn. 2, BAGE 151, 75) ausgegangen (vgl. auch - zu einem Parallelverfahren - BAG 10. April 2013 - 5 AZR 78/12 - Rn. 24). Eine ausdrückliche Abrede über die Rechtswahl haben die Parteien nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht getroffen. Mit der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf einen deutschen Tarifvertrag haben sie konkludent die Anwendung deutschen Rechts vereinbart (BAG 25. April 2013 - 2 AZR 960/11 - Rn. 26). Die auf diese Weise getroffene Rechtswahl entspricht im Ergebnis sowohl der Regelung des Art. 30 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB aF als auch der des Art. 8 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I). Nach beiden Bestimmungen unterliegen Arbeitsverträge bei Fehlen einer Rechtswahl dem Recht des Staates, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrags gewöhnlich seine Arbeit verrichtet (zum „gewöhnlichen Arbeitsort“ vgl.: EuGH 15. März 2011 - C-29/10 - [Koelzsch] Rn. 43 ff., Slg. 2011, I-1595; BAG 19. März 2014 - 5 AZR 252/12 (B) - Rn. 25, BAGE 147, 342). Arbeitsort des Klägers ist ausschließlich die Schule der Beklagten in N.
- 27
-
2. Der Kläger hat nach § 611 Abs. 1 BGB Anspruch auf die vereinbarte Vergütung. Diese ist durch die griechischen Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 nicht gekürzt worden.
- 28
-
a) Das deutsche Recht lässt - für sich betrachtet - eine einseitige Änderung arbeitsvertraglich vereinbarter Arbeitsbedingungen ohne Änderungsvertrag oder Änderungskündigung nicht zu (BAG 25. Februar 2015 - 5 AZR 962/13 (A) - Rn. 10, BAGE 151, 75). Es gilt der Grundsatz pacta sunt servanda. Auch in einer finanziellen Notlage kann der Arbeitgeber die vereinbarte Vergütung nicht einseitig kürzen.
- 29
-
b) Selbst wenn die Republik Griechenland den Staatsnotstand wegen Zahlungsunfähigkeit erklärt hätte, gibt es keine nach Art. 25 GG als Bundesrecht zu berücksichtigende Regel des Völkerrechts, die sie berechtigte, die Erfüllung fälliger Zahlungsansprüche in Privatrechtsverhältnissen gegenüber privaten Gläubigern (zeitweise) zu verweigern(vgl. BVerfG 8. Mai 2007 - 2 BvM 1/03 ua. - Rn. 29 ff., BVerfGE 118, 124; BGH 24. Februar 2015 - XI ZR 47/14 - Rn. 17).
- 30
-
c) Die griechischen Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 haben entgegen der Auffassung der Revision das Entgelt des Klägers nicht unmittelbar gekürzt. Denn sie gelten auf dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland nicht, ihre zwingende Wirkung ist grundsätzlich auf das Staatsgebiet der Republik Griechenland beschränkt. Dass ihre Schule in N sich auf griechischem Territorium befände, hat die Beklagte indes nicht behauptet.
- 31
-
d) Weil die genannten Gesetze weder der Rechtsordnung, die das Vertragsstatut stellt, noch der lex fori angehören, können sie nur als sog. drittstaatliche Eingriffsnormen Beachtung beanspruchen.
- 32
-
aa) Die Anwendung drittstaatlicher Eingriffsnormen bemisst sich im Streitfall nicht nach Art. 9 Rom I-VO, sondern nach Art. 27 ff. EGBGB aF. Denn die Rom I-VO findet nach ihrem Art. 28 erst auf Verträge Anwendung, die ab dem 17. Dezember 2009 geschlossen worden sind oder nach diesem Zeitpunkt im gegenseitigen Einvernehmen der Vertragsparteien in einem solchen Umfang geändert wurden, dass davon auszugehen ist, dass ab diesem Zeitpunkt ein neuer Arbeitsvertrag geschlossen wurde (EuGH 18. Oktober 2016 - C-135/15 - Rn. 31 ff.). Eine solche wesentliche Vertragsänderung haben die Parteien nach dem maßgeblichen Zeitpunkt nicht vereinbart.
- 33
-
bb) Art. 34 EGBGB aF schloss nach Rechtsprechung und Lehre die Anwendung ausländischer Eingriffsnormen nicht gänzlich aus, sie konnten zumindest als tatsächliche Umstände im Rahmen ausfüllungsbedürftiger Rechtsnormen berücksichtigt werden(BAG 25. Februar 2015 - 5 AZR 962/13 (A) - Rn. 5 mwN; BGH 24. Februar 2015 - XI ZR 47/14 - Rn. 52 ff. mwN; vgl. auch die Rechtsprechungsübersicht bei Siehr RdA 2014, 206, 209 ff.; zur Rechtslage nach Art. 9 Rom I-VO sh. EuGH 18. Oktober 2016 - C-135/15 - Rn. 50; insoweit kritisch Maultzsch EuZA 2017, 241).
- 34
-
cc) Als „Einfallstor“ für die griechischen Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 kommt im Streitfall allenfalls § 241 Abs. 2 BGB in Betracht. Danach ist jeder Teil eines Schuldverhältnisses zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet. Deshalb kann eine Pflicht zu leistungssichernden Maßnahmen - bis hin zur Vertragsanpassung - bestehen, insbesondere, wenn anderenfalls in Dauerschuldverhältnissen Unvermögen des Schuldners droht (BAG 28. September 2016 - 5 AZR 224/16 - Rn. 28 mwN; 24. September 2015 - 2 AZR 3/14 - Rn. 29, BAGE 152, 337). Dabei ist aber keine Vertragspartei verpflichtet, gleich- oder höherrangige Interessen hinter die des anderen Teils zurückzustellen (BGH 24. Februar 2015 - XI ZR 47/14 - Rn. 45).
- 35
-
dd) Die Berücksichtigung der Umstände, dass die Griechische Republik zur Vermeidung eines Staatsbankrotts massiv auf Hilfsgelder von außen angewiesen war (und noch immer ist) und sie auf Druck der sog. Troika mit den Gesetzen Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 die Entgelte im griechischen öffentlichen Dienst gekürzt hat, führt nicht dazu, dass der Kläger in seinem deutschen Arbeitsrecht unterliegenden Arbeitsverhältnis nach § 241 Abs. 2 BGB einseitige Gehaltskürzungen ohne entsprechende Änderungskündigung hinnehmen müsste.
- 36
-
(1) Ob die Rücksichtnahmepflicht so weit gehen kann, dass der Arbeitnehmer gleichsam einen Sanierungsbeitrag für den in der Fortexistenz bedrohten Arbeitgeber leisten muss (zu einem „Bonus Null“ in der Bankenkrise als billigem Ermessen entsprechend vgl. BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 44 ff.), braucht der Senat nicht abschließend zu entscheiden. Jedenfalls kennt das deutsche Arbeitsrecht keine Verpflichtung des Arbeitnehmers, aus Rücksicht auf die finanzielle Lage des Arbeitgebers dauerhafte Gehaltskürzungen ohne eine wirksame Vertragsänderung hinzunehmen. Vielmehr stellt es dem Arbeitgeber mit der betriebsbedingten Änderungskündigung ein Mittel zur einseitigen Vertragsänderung zur Verfügung. Zudem dürfte in einer solchen Situation aufgrund der auch den Arbeitgeber treffenden Rücksichtnahmepflicht allenfalls eine in ihrer Höhe dem Arbeitnehmer zumutbare Stundung bis zur Überwindung der Krise, nicht jedoch ein dauerhafter „Gehaltsverzicht“, in Betracht kommen.
- 37
-
(2) Gemessen daran kann der Kläger nicht über § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet werden, die streitgegenständliche Kürzung seines Entgelts hinzunehmen. Der Beklagten steht die - gegebenenfalls außerordentliche - Änderungskündigung als Mittel zur einseitigen Änderung des Inhalts des Arbeitsverhältnisses zur Verfügung. Dieses nimmt mit dem Erfordernis des wichtigen Grundes (§ 626 BGB) bzw. der sozialen Rechtfertigung (§ 2 KSchG) zugleich auf die berechtigten Belange des betroffenen Arbeitnehmers Rücksicht (vgl. zur Änderungskündigung zum Zwecke der Gehaltsreduzierung etwa: BAG 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - BAGE 115, 149; 26. Juni 2008 - 2 AZR 139/07 -).
- 38
-
ee) Der in Art. 4 Abs. 3 EUV niedergelegte Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Dieser Grundsatz gestattet es dem Senat nicht, entgegen Art. 34 EGBGB aF aus interlokaler Sicht „ausländische“, nicht der lex fori angehörende Eingriffsnormen anzuwenden und anders denn als tatsächliche Umstände zu berücksichtigen(zu Art. 9 Abs. 3 Rom I-VO: EuGH 18. Oktober 2016 - C-135/15 - Rn. 54; Duden EuZW 2016, 943).
- 39
-
e) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass sich das Arbeitsverhältnis der Parteien nach dem TV-L in seiner jeweiligen Fassung bestimmt.
- 40
-
aa) Die Parteien haben arbeitsvertraglich die Geltung des BAT und die diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge vereinbart und den Kläger in VergGr. IVb eingereiht. Damit haben sie eine dynamische Vergütung auf die Vorschriften des BAT vereinbart (vgl. BAG 17. November 2011 - 5 AZR 409/10 - Rn. 13), die nach der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die den BAT ersetzenden Tarifverträge erfasst (im Einzelnen BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 -, seither st. Rspr.).
- 41
-
bb) Dem steht nicht entgegen, dass sich das Arbeitsverhältnis nach § 1 Arbeitsvertrag an den BAT „anlehnen“ soll. Dies stellt keine Einschränkung dar, sondern ist dahin zu verstehen, dass die Beklagte als nicht tarifgebundene Arbeitgeberin auf ein intern von ihr praktiziertes System verweist, welches sich in seiner Struktur an den genannten Tarifverträgen ausrichtet (BAG 17. November 2011 - 5 AZR 409/10 - Rn. 16; 17. November 2010 - 4 AZR 127/09 - Rn. 38).
- 42
-
cc) Wegen der Aufspaltung der bis zum 30. September 2005 gleichlautenden Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes bei Bund und Ländern ist durch ergänzende Vertragsauslegung weiter zu bestimmen, welche Nachfolgeregelung für die Vergütung des Klägers maßgebend sein soll; es ist zu fragen, welches der dem BAT nachfolgenden Tarifwerke die Parteien in Bezug genommen hätten, wenn sie eine Tarifsukzession bedacht hätten (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 25 f.). Die Nachtragsvereinbarung vom 9. April 2008 bestätigt, dass dies der TV-L und nicht der TVöD in einer seiner Fassungen ist. Wenn dort im zweiten Absatz von „deklaratorisch“ die Rede ist, bedeutet dies nicht „unverbindlich“, sondern hält in Zusammenschau mit dem ersten Absatz gleichsam als Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung fest, dass das Arbeitsverhältnis - und insbesondere auch das Entgelt - sich nunmehr nach dem TV-L richten soll. Dementsprechend hat die Beklagte den Kläger unstreitig bis zur Entgeltkürzung nach dem TV-L vergütet. Ein „Einfrieren“ der Vergütung auf dem Niveau des (letzten) Vergütungstarifvertrags Nr. 35 zum BAT vom 31. Januar 2003 ist weder erfolgt, noch hätte dies dem Interesse der Beklagten entsprochen. Sie hätte befürchten müssen, den Vorgaben des Art. 7 Abs. 4 GG iVm. Art. 97 BayEUG, wonach die Gehälter und Vergütungen hinter den Gehältern der Lehrkräfte an vergleichbaren öffentlichen Schulen nicht wesentlich zurückbleiben dürfen, nicht mehr gerecht zu werden(zu den Folgen BAG 19. August 2015 - 5 AZR 500/14 - BAGE 152, 228).
- 43
-
dd) Dass dem Berufungsgericht bei der Berechnung der Entgeltdifferenzen Fehler unterlaufen sind, wird von der Revision nicht aufgezeigt und ist auch sonst nicht ersichtlich.
- 44
-
f) Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
- 45
-
3. Der Kläger hat für das gezahlte Arbeitsentgelt Anspruch auf Abrechnungen nach § 108 Abs. 1 GewO.
- 46
-
a) Der Abrechnungsanspruch ist klagbar. Denn die Beklagte hat im insoweit in die Revisionsinstanz gelangten Streitzeitraum Mai 2010 bis Dezember 2012 Vergütung an den Kläger gezahlt, ihm aber nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine Abrechnungen erteilt (vgl. BAG 16. Dezember 2015 - 5 AZR 567/14 - Rn. 34 ff., BAGE 154, 8; 13. Oktober 2015 - 1 AZR 130/14 - Rn. 29).
- 47
-
b) § 108 GewO ist Bestandteil des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren deutschen Rechts. Die Verpflichtung zur Abrechnung trifft jeden im Inland tätigen Arbeitgeber, unabhängig davon, ob er ein privater oder öffentlicher ist. Die Republik Griechenland ist entgegen der nicht näher begründeten Auffassung der Revision davon nicht ausgenommen.
- 48
-
c) Der Abrechnungsanspruch besteht für alle Monate, für die die Beklagte Arbeitsentgelt gezahlt hat. Zwar entfällt nach § 108 Abs. 2 GewO die Pflicht des Arbeitgebers zur Abrechnung, wenn sich die Angaben gegenüber der letzten ordnungsgemäßen Abrechnung nicht geändert haben. Doch begründet die Norm eine Einwendung des Arbeitgebers. Eine solche hat die Beklagte nicht erhoben und nicht dargetan, für welche Monate des Streitzeitraums ihre Verpflichtung zur Abrechnung nach § 108 Abs. 2 GewO entfallen sein könnte.
- 49
-
4. Gegen die auf § 61 Abs. 2 Satz 1 ArbGG beruhende Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung für den Fall, dass sie der Verpflichtung zur Erteilung von Abrechnungen nicht nachkommt, hat die Revision keine Angriffe erhoben. Sie ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (zur eingeschränkten Überprüfbarkeit der Festsetzung einer Entschädigung nach § 61 Abs. 2 ArbGG BAG 28. Juli 2004 - 10 AZR 580/03 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 111, 302).
- 50
-
IV. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
-
Koch
Biebl
Weber
Jungbluth
Zorn