Bundessozialgericht Urteil, 22. Aug. 2013 - B 14 AS 78/12 R

bei uns veröffentlicht am22.08.2013

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. September 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für Juni 2007.

2

Die Klägerin zu 1 (geboren 1979) und der Kläger zu 5 (geboren 1975) waren verheiratet. Die Klägerin zu 3 (geboren am 1997) und der Kläger zu 4 (geboren 2000) sind ihre gemeinsamen Kinder, die Klägerin zu 2 (geboren 1994) ist nur ein Kind der Klägerin zu 1. Die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 5 sind Eigentümer einer 105 qm großen, selbst genutzten Wohnung, zu deren Finanzierung sie drei Darlehen aufnahmen, die im Jahr 2007 mit etwa 100 000 Euro valutierten. Für die ersten beiden Darlehen waren im Juni 2007 Schuldzinsen in Höhe von 354,33 Euro und 109,38 Euro sowie für das dritte, ein zinsloses Darlehen, nur ein jährlicher Verwaltungskostenbeitrag von 71,78 Euro neben der Tilgung zu zahlen. Im Jahr 2007 betrugen die Grundsteuer für die Eigentumswohnung 454,02 Euro, die Schornsteinfegergebühr 51,96 Euro, monatlich aufzubringen waren für Wasser und Abwasser 78 Euro, eine Wohngebäudeversicherung 29,06 Euro und die Gasheizung mit Warmwasserbereitung ein Abschlag von 80 Euro. Der Kläger zu 5 hatte zwei Lebensversicherungen, die am 1.6.2007 Rückkaufswerte von 2641,00 Euro bei einer Beitragsleistung von 3435,82 Euro und von 2393,89 Euro bei einer Beitragsleistung von 4591,95 Euro hatten und von denen die Letztere zur Sicherung eines Darlehens abgetreten waren. Die Klägerin zu 1, die im Juni 2007 keine Erwerbseinkünfte hatte, erhielt für die drei in ihrem Haushalt lebenden Kinder Kindergeld in Höhe von 462 Euro monatlich. Der Vater der Klägerin zu 2 zahlte im Jahr 2007 monatlich einen Unterhalt von 71 Euro.

3

Seit dem 1.1.2005 bezog die Klägerin zu 1 zusammen mit den Kindern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von der Rechtsvorgängerin des beklagten Jobcenters (nachfolgend einheitlich Beklagter). Aufgrund eines Antrags der Klägerin zu 1 vom 21.11.2006 bewilligte der Beklagte ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 1.12.2006 bis zum 31.5.2007 in Höhe von zuletzt 883,78 Euro für April und 907,78 Euro für Mai 2007 (Bewilligungsbescheid vom 21.11.2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 14.2.2007).

4

Der Kläger zu 5 war vom 25.3.2004 bis zum 11.4.2007 inhaftiert und zog nach der Haftentlassung wieder in die eheliche Wohnung. Bei seiner Haftentlassung erhielt er insgesamt 2734,42 Euro ausgezahlt, davon 2277 Euro Überbrückungsgeld, 418,77 Euro Eigengeld, 38,65 Euro Hausgeld nach §§ 51, 52, 47 Strafvollzugsgesetz (StVollzG). Ihm wurde Arbeitslosengeld (Alg) bewilligt und ua 1014,90 Euro im Juni 2007 ausgezahlt. Am 12.4.2007 stellte der Kläger zu 5 einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beim Beklagten, am 20.4.2007 die Klägerin zu 1 einen Fortzahlungsantrag für die Zeit ab 1.6.2007.

5

Der Beklagte hob die Bewilligung für April 2007 teilweise und für Mai 2007 ganz auf und lehnte den Fortzahlungsantrag ab 1.6.2007 ab (Bescheid vom 25.4.2007). Der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft sei durch das Einkommen des Klägers zu 5 - dem Alg und dem von der Justizvollzugsanstalt ausgezahlten Betrag in Höhe von 2734,42 Euro, der auf einen angemessenen Zeitraum von sechs Monaten zu verteilen sei, - gedeckt. Nachdem hinsichtlich der Höhe der Leistungen für April noch ein Änderungsbescheid ergangen war, wurden die Widersprüche der Kläger zurückgewiesen (Widerspruchsbescheide vom 8.6.2007 und 4.9.2007). Ab dem 1.11.2007 zahlte der Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Seit dem 29.11.2009 leben die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 5 getrennt.

6

Gegen beide Widerspruchsbescheide wurden Klagen erhoben, die vom Sozialgericht (SG) miteinander verbunden und abgewiesen wurden (Urteil vom 8.12.2009). Im Berufungsverfahren ist die Familienkasse nach § 75 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen worden, außerdem haben sich die Beteiligten für die Monate April, Mai und Juli bis Oktober 2007 verglichen. Hinsichtlich der allein strittig gebliebenen Leistungen für Juni 2007 hat das Landessozialgericht (LSG) die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 24.9.2012) und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zwischen der Klägerin zu 1 und dem Kläger zu 5 habe als Ehepaar eine Bedarfsgemeinschaft bestanden, deren Mitglieder auch die dem Haushalt angehörenden, minderjährigen Kinder ohne ausreichendes Einkommen und Vermögen, die Klägerin zu 3 und der Kläger zu 4 als gemeinsame Kinder sowie die Klägerin zu 2 als Tochter der Klägerin zu 1 gewesen seien. Der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft sei durch das anzurechnende Einkommen vollständig gedeckt gewesen. Der Bedarf habe sich monatlich auf 1386,19 Euro belaufen und zusammengesetzt aus den Regelleistungen für die Kläger, abzüglich des Kindergeldes und des Unterhalts bei dem jeweiligen Kind, sowie den Aufwendungen für die Unterkunft von 614,58 Euro und die Heizung von 61,61 Euro. Ein Anspruch auf einen Mehrbedarf habe nicht bestanden. Der Betrag für die Unterkunft setze sich zusammen aus den Schuldzinsen für die Darlehen in Höhe von 354,33 und 109,38 Euro, zzgl der anteiligen Verwaltungskosten für das dritte Darlehen von (71,58 : 12 =) 5,97 Euro, die monatlichen Nebenkosten bestehend aus der anteiligen Grundsteuer (454,02 : 12 =) 37,84 Euro, der Wohngebäudeversicherung von 29,06 Euro, dem Wasser und Abwasser von 78 Euro und den anteiligen Schornsteinfegergebühren (51,96 : 12 =) 4,33 Euro. Die Tilgungsleistungen seien nicht zu berücksichtigen. Bei der Klägerin zu 2 sei noch das über der Regelleistung liegende Einkommen von 18 Euro abzuziehen.

7

Dieser Bedarf sei durch das zu berücksichtigende Einkommen aus dem um die Versicherungspauschale bereinigten Alg in Höhe von 984,90 Euro und einer anteiligen einmaligen Einnahme in Höhe von 569,25 Euro, insgesamt 1554,15 Euro, gedeckt. Der Betrag von 569,25 Euro ergebe sich aus dem am 11.4.2007 ausgezahlten Überbrückungsgeld in Höhe von 2277 Euro, das als weiteres Einkommen zu berücksichtigen und auf die Zeit vom 1.5. bis 31.8.2007 aufzuteilen sei. Der Kläger zu 5 habe zwar erst am 12.4.2007 einen Leistungsantrag beim Beklagten gestellt, jedoch sei der Fortzahlungsantrag der Klägerin zu 1 vom 21.11.2006 für die Zeit vom 1.12.2006 bis zum 31.5.2007 nach § 38 SGB II auch als Leistungsantrag des Klägers zu 5 zu werten, weil er sowohl zum Zeitpunkt der Antragstellung als auch bis zu seiner Haftentlassung am 11.4.2007 eine Bedarfsgemeinschaft mit der Klägerin zu 1 gebildet habe. Die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 5 seien verheiratet gewesen und hätten nicht dauernd getrennt gelebt, ihre Trennung sei erst im April 2009 erfolgt. Die gesetzliche Vermutung der Bevollmächtigung der Klägerin zu 1 sei auch nicht widerlegt, die langjährige Strafhaft des Klägers zu 5 stehe dem nicht entgegen, ebenso wenig sein Leistungsausschluss nach § 7 Abs 4 Satz 2 SGB II. Für die Vermutung des § 38 SGB II spreche auch, dass das Hinzukommen eines weiteren Mitglieds zur Bedarfsgemeinschaft Auswirkungen auf die Leistungsansprüche der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft habe. Das Übergangsgeld sei als Einkommen zu berücksichtigen, da es kein privilegiertes Einkommen iS des § 11 SGB II sei, zumal es den Zweck der Sicherung des Lebensunterhalts des Haftentlassenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach der Haftentlassung habe. Das Übergangsgeld sei auf die Zeit vom 1.5. bis 31.8.2007 zu verteilen, weil die Leistungen für April 2007 schon am 11.4.2007 ausgezahlt gewesen seien. Das Ende des Verteilzeitraums folge aus der im September erfolgten Nachzahlung des Wohngeldes in Höhe von 1200 Euro, die zusammen mit dem Alg des Klägers zu 5 den Bedarf für September und Oktober 2007 gedeckt habe. Krankenversicherungsschutz für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft habe aufgrund des Alg-Bezugs des Klägers zu 5 bestanden.

8

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügen die Kläger, weder das Übergangsgeld, das auch nicht pfändbar sei, noch das Eigen- oder Hausgeld, das der Kläger zu 5 am 11.4.2007 erhalten habe, seien als Einkommen zu berücksichtigen. Die Gelder seien ihm vor seiner Antragstellung am 12.4.2007 zugeflossen. Der Kläger zu 5 sei aufgrund seiner Strafhaft kein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft der anderen Kläger gewesen und erst mit seiner Haftentlassung und Rückkehr in den Haushalt am 11.4.2007 in die Bedarfsgemeinschaft aufgenommen worden. Davon sei auch der Beklagte ausgegangen und damit sei die Vermutungsregelung des § 38 SGB II widerlegt. Im Übrigen wirke sich die Vermutung belastend aus und führe zu einem Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht (Art 2 Abs 1 Grundgesetz ) des Klägers zu 5, sodass er hierüber eine Mitteilung seitens des Beklagten habe erhalten müssen. Bei den Aufwendungen für die Unterkunft seien auch die Tilgungsleistungen zu berücksichtigen.

9

Die Kläger beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. September 2012 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 8. Dezember 2009 sowie den Bescheid des Beklagten vom 25. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. September 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Juni 2007 ohne Anrechnung der dem Kläger zu 5 am 11. April 2007 ausgezahlten 2734,42 Euro zu zahlen.

10

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision der Kläger gegen das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 24.9.2012 ist insoweit begründet, als das Urteil des LSG aufzuheben und der Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen ist (vgl § 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

13

1. Rechtsgrundlage für den von den Klägern geltend gemachten und von SG und LSG sowie dem Beklagten verneinten Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Juni 2007 sind hinsichtlich der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 5 §§ 19 ff iVm § 7 SGB II in der für die strittige Zeit geltenden Fassung aufgrund des Gesetzes vom 20.4.2007 (BGBl I 554 - im Folgenden: SGB II aF), denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden; hinsichtlich der Klägerinnen zu 2 und 3 sowie des Klägers zu 4 sind es §§ 28, 19 ff SGB II aF.

14

Die Grundvoraussetzungen - bestimmtes Alter, Erwerbsfähigkeit und ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland -, um die genannten Leistungen zu erhalten (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB II), erfüllten die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 5 im Juni 2007, ebenso wenig lag ein Ausschlusstatbestand vor (vgl § 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4, 5 SGB II), wie sich aus den Feststellungen des LSG ergibt.

15

2. Die Hilfebedürftigkeit der Kläger im Juni 2007 kann jedoch aufgrund der derzeitigen Feststellungen des LSG nicht beurteilt werden. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, eine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt des mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind das Einkommen und das Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus ihrem eigenen Einkommen und Vermögen beschaffen können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig (§ 9 Abs 1, 2 SGB II aF).

16

Zur Beurteilung dieser Voraussetzung fehlen ausreichende Feststellungen zu den Aufwendungen der Kläger für die Unterkunft, um zunächst deren Bedarf zu ermitteln (dazu 3.), sowie zu dem zu berücksichtigenden Vermögen der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 5 (dazu 8.). Wenn auch bei der Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens der Kläger (dazu 4.), grundsätzlich davon auszugehen ist, dass das dem Kläger zu 5 im April 2007 ausgezahlte Überbrückungsgeld in diesem Monat Einkommen war (dazu 5.), ist es jedoch im Juni 2007 nicht als Einkommen zu berücksichtigen (dazu 6.), ebenso wenig das Eigengeld und das Hausgeld (dazu 7.).

17

Dass die Kläger im Juni 2007 eine Bedarfsgemeinschaft bildeten, ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten und folgt unmittelbar aus § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a, Nr 4 SGB II für die Klägerin zu 1 und den Kläger zu 5 als nicht getrennt lebende Ehegatten sowie die Kläger zu 2, 3 und 4 als deren ihrem Haushalt angehörende, unverheiratete Kinder vor Vollendung des 25. Lebensjahres, die ihren Bedarf nicht selbst decken können (wegen der Klägerin zu 2 und des Klägers zu 5 vgl nur BSG Urteil vom 14.3.2012 - B 14 AS 17/11 R - BSGE 110, 204 = SozR 4-4200 § 9 Nr 10).

18

3. Wie hoch der Bedarf der Kläger für Juni 2007 war, kann aufgrund der Feststellungen des LSG nicht beurteilt werden, zumal seine Ausführungen zu den Aufwendungen für die Unterkunft nach § 22 Abs 1 SGB II teilweise nicht mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) übereinstimmen.

19

Bei den Aufwendungen für die Unterkunft sind, da die Kläger in einer selbst genutzten Eigentumswohnung leben, die Schuldzinsen zu übernehmen, nicht aber - entgegen der Ansicht der Revision - die Tilgungsleistungen, wie das LSG zu Recht ausgeführt hat, weil die Kläger im Juni 2007 nicht ein "kleines Restdarlehen" im Sinne der Rechtsprechung des Senats zu tilgen hatten (vgl Urteile vom 28.2.2010 - B 14 AS 74/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 31, vom 23.8.2011 - B 14 AS 91/10 R -, vom 7.7.2011 - B 14 AS 79/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 48), sondern nach den Feststellungen des LSG circa 100 000 Euro.

20

Dem LSG kann jedoch nicht gefolgt werden, soweit es einen weiteren Betrag von 71,58 Euro pro Jahr als Verwaltungskosten für das dritte Darlehen festgestellt und davon ein Zwölftel berücksichtigt hat. Das gleiche gilt für die Grundsteuer in Höhe von 454,02 Euro und die Schornsteinfegergebühren in Höhe von 51,96 Euro, bei denen es sich nach den Ausführungen des LSG um Jahresbeträge handelt und die das LSG mit einem Zwölftel berücksichtigt hat.

21

Der Senat hat wiederholt ausgeführt, dass die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung monatsweise zu erfolgen hat, wenn auch zur Prüfung der Angemessenheit bei der Nutzung von Eigenheimen und Eigentumswohnungen auf die im Kalenderjahr anfallenden Kosten abzustellen ist. Eine Rechtsgrundlage für die Berechnung eines Durchschnittsbetrags, der dann der Bedarfs- und Leistungsberechnung in den einzelnen Monaten zugrunde gelegt wird, um zB die Grundsteuer auf das ganze Jahr zu verteilen, ist trotz einer denkbaren Verwaltungsvereinfachung nicht zu erkennen, zumal der ggf erhebliche finanzielle Bedarf aufgrund der Grundsteuer gerade dann zu tragen ist, wenn sie fällig wird (BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 61/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 44 RdNr 20; BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 36/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 63 RdNr 14).

22

Es ist aufzuklären, ob einer dieser Jahresbeträge gerade im Juni 2007 angefallen ist, dann ist er als Aufwendung für die Unterkunft in diesem Monat (voll) zu berücksichtigen, andernfalls nicht, auch nicht anteilig.

23

4. Als im Juni 2007 zu berücksichtigendes Einkommen der Kläger kommt - neben dem Kindergeld und der Unterhaltszahlung - nach den Feststellungen des LSG nur das dem Kläger zu 5 gezahlte Alg, nicht aber ein Teil des Überbrückungsgeldes, Eigengeldes oder Hausgeldes in Betracht.

24

Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und nach anderen Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen, und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schäden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG.

25

Das Alg des Klägers zu 5, das am 29.6.2007 in Höhe von 1014,90 Euro auf das Konto der Klägerin zu 1 gezahlt wurde und mangels weiterer Absetzbeträge nur um die Versicherungspauschale gemäß § 3 Nr 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeldverordnung vom 20.10.2004 (BGBl I 2622 - Alg II-V) von 30 Euro zu bereinigen ist, ist in Höhe von 984,90 Euro als ein solches Einkommen zu berücksichtigen.

26

Der dem Kläger zu 5 am 11.4.2007 bei seiner Haftentlassung ausgezahlte Betrag von insgesamt 2734,42 Euro, der sich zusammensetzte aus 2277 Euro Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG, 418,77 Euro Eigengeld nach § 53 StVollzG, 38,65 Euro Hausgeld nach § 47 StVollzG ist nicht (anteilig) als Einkommen im Juni 2007 zu berücksichtigen. Entgegen der Ansicht der Kläger ist das Überbrückungsgeld als Einnahme anzusehen und nicht als Vermögen, aber entgegen der Ansicht des Beklagten und der Vorinstanzen ist es nicht im Juni 2007 als Einkommen zu berücksichtigen. Gleiches gilt für das Eigengeld und das Hausgeld, obwohl hinsichtlich der einzelnen Beträge entsprechend ihrer verschiedenen Rechtsgrundlagen und der ihrer sich daraus ergebenden rechtlichen Einordnung zu differenzieren ist.

27

Zur Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen ist von Folgendem auszugehen: Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II ist grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte(modifizierte Zuflusstheorie: BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23; BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 18; BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 46/09 R - BSGE 106, 185 = SozR 4-4200 § 11 Nr 30, RdNr 15; BSG Urteil vom 23.8.2011 - B 14 AS 185/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 42 RdNr 10). Auch wenn eine auf Geld oder Geldeswert gerichtete (noch nicht erfüllte) Forderung (zB Gehaltsforderung) einen wirtschaftlichen Wert darstellt und zum Vermögen des Forderungsinhabers gehört und eine Einnahme aus dieser bereits bestehenden Rechtsposition erzielt wird, führt dies nicht zu einer "Konkurrenz" dergestalt, dass die Forderung als Vermögen und daneben die Leistung aus der Forderung (zB Gehaltszahlung) als Einkommen zu berücksichtigen wären. Vielmehr ist nach § 11 SGB II im Falle der Erfüllung einer (Geld-)Forderung grundsätzlich nicht das Schicksal der Forderung von Bedeutung, sondern das Gesetz stellt insofern allein auf die Erzielung von Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen ab. Eine Ausnahme ist allerdings dann zu machen, wenn mit früherem Einkommen Vermögen angespart wurde, zB bei Banken, Sparkassen oder Versicherungen, weil andernfalls der Rückgriff auf das Ersparte bei dessen Auszahlung eine unzulässige erneute Bewertung als Einkommen wäre (BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 57/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 16 RdNr 17 zu einer Zinsgutschrift; Gegenbeispiel: Einkommensteuererstattung: BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 18).

28

5. Das dem Kläger zu 5 am 11.4.2007 ausgezahlte Überbrückungsgeld war zu diesem Zeitpunkt zu berücksichtigendes Einkommen und kein Vermögen.

29

Das Überbrückungsgeld wird seitens der Justizverwaltung aus den Bezügen des Gefangenen gebildet, in dem diese, soweit sie ihm nicht als Hausgeld zur Verfügung stehen, einem für das Überbrückungsgeld gebildeten Konto zugeführt werden; es soll den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern (§ 51 Abs 1 StVollzG). Die Höhe des Überbrückungsgeldes setzt die Justizverwaltung fest und sie soll nach der bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschrift zu § 51 StVollzG das "Vierfache des Regelsatzes nach dem BSHG" nicht unterschreiten, aufgrund der Umstände des Einzelfalls kann ein höherer Betrag festgesetzt werden(abgedruckt zB von Däubler/Galli in Feest/Lesting, StVollzG, 6. Aufl 2012, bei § 51). Das Überbrückungsgeld soll ein gewisses "Polster" bilden, um die Wiedereingliederung des Gefangenen in das normale Leben zu erleichtern (Däubler/Galli, aaO, § 51 RdNr 1), weswegen es auch dem Pfändungsschutz unterliegt (§ 51 Abs 4 Satz 1 StVollzG). Vor der Haftentlassung und Auszahlung durch die Justizverwaltung kann der Gefangene über das Geld nicht verfügen (vgl zur ausnahmsweise vorherigen Inanspruchnahme nach "Gestattung" durch die Justizverwaltung § 51 Abs 3 StVollzG, Arloth, StVollzG, 3. Aufl 2011, § 51 RdNr 10).

30

Ausgehend von dieser zwangsweisen Einbehaltung eines Teils der Bezüge des Gefangenen und seiner mangelnden Verfügungsmacht über das Überbrückungsgeld vor seiner Auszahlung am Tag seiner Entlassung ist von der Maßgeblichkeit des tatsächlichen Zuflusses als Differenzierungskriterium zwischen Einkommen und Vermögen nicht abzuweichen, wovon das LSG in Übereinstimmung mit anderen LSG und der Literatur zu Recht ausgegangen ist (vgl LSG Baden-Württemberg vom 24.4.2009 - L 12 AS 5623/08; LSG Nordrhein-Westfalen vom 22.4.2010 - L 7 AS 107/09; LSG Niedersachsen-Bremen vom 18.5.2010 - L 13 AS 105/09; Geiger in LPK-SGB II, 4. Aufl 2011, § 11a RdNr 10; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand der Einzelkommentierung 6/2010, K § 11 RdNr 256; Klaus in Gemeinschaftskommentar zum SGB II, Stand der Einzelkommentierung 3/2013, § 11a RdNr 118 f; Schmidt in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 11a RdNr 20). Das Überbrückungsgeld-Konto ist nicht einem Sparbuch vergleichbar, auf dem mit bereits erlangten Einkünften, von dem Gefangenen ein gezielter "Vermögensaufbau" betrieben wurde, vielmehr stand dieser Teil seiner Bezüge dem Gefangenen nie zur Verfügung.

31

Zur Bestimmung der für die Abgrenzung maßgeblichen Antragstellung (vgl § 37 SGB II aF sowie oben unter 4.) ist nicht auf den Antrag des Klägers zu 5 am 12.4.2007 abzustellen, weil er schon vor dem 11.4.2007 - dem Tag seiner Haftentlassung und dem Einzug in die eheliche Wohnung - eine Bedarfsgemeinschaft mit den Klägern zu 1 bis 4 bildete. Diese Bedarfsgemeinschaft hatte - vertreten nach § 38 SGB II durch die Klägerin zu 1 - im November 2006 einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt, der zu dem Bewilligungsbescheid vom 21.11.2006 für die Zeit vom 1.12.2006 bis zum 31.5.2007 führte.

32

Angesichts des Urteils des LSG und des Revisionsvorbringens der Kläger ist zunächst klarzustellen, dass die Antragstellung der Klägerin zu 1 auch den Kläger zu 5 umfasste, wie sich aus § 38 Satz 2 SGB II aF ergibt, der lautet: "Leben mehrere erwerbsfähige Hilfebedürftige in einer Bedarfsgemeinschaft, gilt diese Vermutung zugunsten desjenigen, der die Leistungen beantragt." Gründe, warum diese Vermutung widerlegt sein soll, sind keine zu erkennen. Entgegen den Ausführungen der Revision steht die Strafhaft des Klägers zu 5 seiner Mitgliedschaft in einer Bedarfsgemeinschaft mit der Klägerin zu 1 nicht entgegen, sondern führt nur zu einem Leistungsausschluss seinerseits nach § 7 Abs 4 Satz 2 SGB II aF. Ebenso wenig liegt eine Verletzung des Art 2 Abs 1 GG vor, weil nicht ersichtlich ist, inwiefern § 38 Satz 2 SGB II aF ein Eingriff in dieses Grundrecht beinhalten könnte. Die Vorschrift gibt dem Kläger zu 5 keine Rechtspflicht auf und die Nichtgewährung einer staatlichen Leistung ist kein Grundrechtseingriff, da nicht die abwehrrechtliche Dimension der Grundrechte betroffen ist (vgl nur BVerfG Beschluss vom 29.5.2013 - 1 BvR 1083/09 - RdNr 10 mwN).

33

Auf die Vermutung des § 38 SGB II wegen der Antragstellung der Klägerin zu 1 in Bezug auf den Kläger zu 5 kommt es jedoch nicht entscheidend an, sondern auf die Antragstellung der Klägerin zu 1 als solcher und die Bedarfsgemeinschaft zwischen ihr und dem Kläger zu 5. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG bilden Eheleute, solange sie nicht getrennt leben, auch wenn der Ehegatte einer nach dem SGB II leistungsberechtigten Person selbst keine Leistungen nach dem SGB II beziehen kann, weil er zB Altersrentner ist oder eine schwerstpflegebedürftige Person in einem Pflegeheim, eine Bedarfsgemeinschaft und das Einkommen zB des Altersrentners ist auf den Bedarf der leistungsberechtigten Person anzurechnen (BSG Urteil vom 29.3.2007 - B 7b AS 2/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 4; BSG Urteil vom 16.5.2012 - B 4 AS 105/11 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 30; BSG Urteil vom 16.4.2013 - B 14 AS 71/12 R - vorgesehen für SozR, Pflegeheimfall). Dass zwischen der Klägerin zu 1 und dem Kläger zu 5 eine Bedarfsgemeinschaft auch während dessen Strafhaft bestand, folgt aus den Feststellungen des LSG, das ein Getrenntleben des Ehepaars erst ab April 2009 festgestellt und ausführlich begründet, während der Zeit der Strafhaft verneint hat. Auf die von den Klägern angeführte möglicherweise gegenteilige Auffassung des Beklagten kommt es nicht an, da diese keine das Gericht bindende Tatbestandswirkung entfaltet.

34

Andere Gründe, die gegen eine Berücksichtigung des Überbrückungsgeldes im April 2007 als Einkommen sprechen, liegen nicht vor. Insbesondere ist es keine zweckbestimmte Einnahme nach § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II aF, die nicht als Einkommen zu berücksichtigen wäre, weil sie einem anderen Zweck als die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II dient. Vielmehr hat das Überbrückungsgeld denselben in § 51 Abs 1 Satz 1 StVollzG festgeschriebenen Zweck, denn es soll "den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten … sichern"(vgl BSG Urteil vom 6.10.2011 - B 14 AS 94/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 46 RdNr 17 ff; LSG Baden-Württemberg vom 24.4.2009 - L 12 AS 5623/08; LSG Nordrhein-Westfalen vom 22.4.2010 - L 7 AS 107/09; LSG Niedersachsen-Bremen vom 18.5.2010 - L 13 AS 105/09; vgl zur Literatur nur: Geiger in LPK-SGB II, 4. Aufl 2011, K § 11a RdNr 10; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand der Einzelkommentierung 6/2010, § 11a RdNr 205; Klaus in Gemeinschaftskommentar zum SGB II, Stand der Einzelkommentierung 3/2013, § 11a RdNr 118 f; Schmidt in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 11a RdNr 20). Aus dem von der Revision angeführten Umstand, dass das Überbrückungsgeld nach § 51 Abs 4 Satz 1 StVollzG unpfändbar ist, folgt nichts anderes, zumal es hiervon in § 51 Abs 5 Satz 1 StVollzG eine Ausnahme für die Pfändung wegen Unterhaltsansprüchen von Kindern und Ehegatten nach § 850d Abs 1 Satz 1 Zivilprozessordnung gibt, die letztlich das obige Ergebnis - Einsatz des Überbrückungsgeldes als Einkommen für diese Personen im Rahmen des SGB II - bestätigt.

35

6. Das dem Kläger zu 5 am 11.4.2007 ausgezahlte Überbrückungsgeld ist jedoch nicht als einmalige Einnahme auf den Juni 2007 zu verteilen.

36

Nach dem damals geltenden § 2 Abs 3 Alg II-V sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen, und "sind, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen". Die Länge des so genannten Verteilzeitraums war damals nicht geregelt (vgl zB BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 28 ff gegen eine Begrenzung auf den Bewilligungsabschnitt), mittlerweile ist er vom Gesetzgeber auf sechs Monate begrenzt worden (§ 11 Abs 3 SGB II idF vom 13.5.2011, BGBl I 850). Zur Bestimmung des vom Verordnungsgeber genannten "angemessenen Zeitraums" ist auf die vom Gesetzgeber in § 51 Abs 1 StVollzG angegebene Zweckbestimmung für das Überbrückungsgeld zurückzugreifen, "den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern" zu sollen. Angesichts der Offenheit der Verordnung einerseits und der exakten Zeitangabe im Gesetz andererseits kann das "angemessen" bei der Verteilung von Überbrückungsgeld aus systematischen Gründen und aufgrund der Normenhierarchie hier für einen Verteilzeitraum - anders als in anderen Konstellationen (vgl BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 76/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 27 RdNr 19 mwN) - nur mit "vier Wochen" konkretisiert werden.

37

Demgegenüber rechtfertigen weder die Erwägungen des LSG, das aufgrund späterer Einnahmen der Kläger abweichend von dem Beklagten keinen Verteilzeitraum von sechs, sondern vier Monaten annimmt, noch andere Entscheidungen, die einen abweichenden Zeitraum für die Verteilung vornehmen, ein anderes Ergebnis (vgl LSG Sachsen-Anhalt vom 26.1.2012 - L 2 AS 192/09 - RdNr 43: für eine Anrechnung auf "wenigstens auf zwei Monate" aufgrund der dortigen Sachlage). Ein solches Ergebnis (vgl LSG Rheinland-Pfalz vom 15.5.2012 - L 3 AS 87/10 - RdNr 37 ff) kann auch nicht aus allgemeinen Überlegungen für einen Verteilzeitraum, wie insbesondere die Gewährleistung von Versicherungsschutz in der Kranken- und Pflegeversicherung, hergeleitet werden, weil dieser durch eine Nichtverteilung des Überbrückungsgeldes nicht zwingend entfällt, wie der vorliegende Fall zeigt. Ebenso wenig wirft eine Aufteilung des Überbrückungsgeldes auf die ggf zwei Monate, in die die vier Wochen fallen, spezifische Probleme auf. Die am jeweiligen Einzelfall orientierten unterschiedlichen Ergebnisse der LSG sprechen im Gegenteil vielmehr für eine allgemeine, auf der Rechtsgrundlage für die entsprechende Leistung beruhende Auslegung im obigen Sinne.

38

7. Die dem Kläger zu 5 am 11.4.2007 ausgezahlten 418,77 Euro Eigengeld nach § 52 StVollzG sind ebenfalls kein im Juni 2007 zu berücksichtigendes Einkommen.

39

Mangels Zufluss im Juni 2007 kommt eine Berücksichtigung als Einkommen nur in Betracht, wenn es sich bei dem Eigengeld um eine einmalige Einnahme iS des § 2 Abs 3 Alg II-V handelt, die dem Kläger zu 5 vorher zugeflossen und auf die Folgemonate zu verteilen ist.

40

Bei der rechtlichen Beurteilung des Eigengeldes ist zu beachten, dass es "die Bezüge des Gefangenen sind, die nicht als Hausgeld, Haftkostenbeitrag, Unterhaltsbeitrag oder Überbrückungsgeld in Anspruch genommen werden" (§ 52 StVollzG), auf dem Eigengeldkonto auch das vom Gefangenen eingebrachte Geld gutzuschreiben ist (§ 83 StVollzG) und er über das Eigengeld grundsätzlich frei verfügen kann - von bestimmten Beschränkungen abgesehen, wie zB innerhalb der Anstalt für Einkäufe (vgl § 22 StVollzG) oder einer Sperrung, bis das Überbrückungsgeld die festgesetzte Höhe erreicht hat (§ 83 Abs 2 Satz 3 StVollzG; vgl Arloth, StVollzG, aaO, § 52 RdNr 3; Däubler/Galli in Feest/Lesting, StVollzG, aaO, § 52 RdNr 3 ff). Dies spricht gegen einen Zufluss des Eigengeldes am 11.4.2007, sondern möglicherweise früher. Entscheidend ist jedoch, dass angesichts eines Betrags von 418,77 Euro keine Gründe für eine Verteilung auf mehrere Monate zu erkennen sind.

41

Entsprechendes gilt für das Hausgeld nach § 47 StVollzG, weil dieses dem Gefangenen schon während seiner Inhaftierung zur freien Verfügung steht und der am 11.4.2007 ausgezahlte Betrag sich nur auf 38,65 Euro belief.

42

8. Schließlich wird das LSG zu ermitteln haben, inwieweit einer Hilfebedürftigkeit der Kläger im Juni 2007 zu berücksichtigendes Vermögen entgegenstand (vgl §§ 9, 12 SGB II), weil dem Urteil des LSG insoweit keine abschließenden Feststellungen zu entnehmen sind.

43

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.

Urteilsbesprechung zu Bundessozialgericht Urteil, 22. Aug. 2013 - B 14 AS 78/12 R

Urteilsbesprechungen zu Bundessozialgericht Urteil, 22. Aug. 2013 - B 14 AS 78/12 R

Referenzen - Gesetze

Bundessozialgericht Urteil, 22. Aug. 2013 - B 14 AS 78/12 R zitiert 27 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 7 Leistungsberechtigte


(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die1.das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,2.erwerbsfähig sind,3.hilfebedürftig sind und4.ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschla

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 22 Bedarfe für Unterkunft und Heizung


(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Le

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 11 Zu berücksichtigendes Einkommen


(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dies

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 9 Hilfebedürftigkeit


(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer So

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 170


(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision eb

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 12 Zu berücksichtigendes Vermögen


(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind1.angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bür

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 19 Bürgergeld und Leistungen für Bildung und Teilhabe


(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten Bürgergeld. Nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten Bürgergeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 28 Bedarfe für Bildung und Teilhabe


(1) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung we

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 37 Antragserfordernis


(1) Leistungen nach diesem Buch werden auf Antrag erbracht. Leistungen nach § 24 Absatz 1 und 3 und Leistungen für die Bedarfe nach § 28 Absatz 5 sind gesondert zu beantragen. (2) Leistungen nach diesem Buch werden nicht für Zeiten vor der Antrag

Zivilprozessordnung - ZPO | § 850d Pfändbarkeit bei Unterhaltsansprüchen


(1) Wegen der Unterhaltsansprüche, die kraft Gesetzes einem Verwandten, dem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, dem Lebenspartner, einem früheren Lebenspartner oder nach §§ 1615l, 1615n des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem Elternteil zustehen, sind da

Bürgergeld-Verordnung - AlgIIV 2008 | § 2 Berechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit


(1) Bei der Berechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit (§ 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch) ist von den Bruttoeinnahmen auszugehen. (2) (weggefallen) (3) (weggefallen) (4) (weggefallen) (5) Bei der Berechnung des Ei

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 38 Vertretung der Bedarfsgemeinschaft


(1) Soweit Anhaltspunkte dem nicht entgegenstehen, wird vermutet, dass die oder der erwerbsfähige Leistungsberechtigte bevollmächtigt ist, Leistungen nach diesem Buch auch für die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zu beantragen u

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 51 Überbrückungsgeld


(1) Aus den in diesem Gesetz geregelten Bezügen und aus den Bezügen der Gefangenen, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen (§ 39 Abs. 1) oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen (§ 39 Abs. 2), ist ein Überbrückungsgeld zu bi

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 47 Hausgeld


(1) Der Gefangene darf von seinen in diesem Gesetz geregelten Bezügen drei Siebtel monatlich (Hausgeld) und das Taschengeld (§ 46) für den Einkauf (§ 22 Abs. 1) oder anderweitig verwenden. (2) Für Gefangene, die in einem freien Beschäftigungsverhält

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 53 Seelsorge


(1) Dem Gefangenen darf religiöse Betreuung durch einen Seelsorger seiner Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Auf seinen Wunsch ist ihm zu helfen, mit einem Seelsorger seiner Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten. (2) Der Gefangene d

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 83 Persönlicher Gewahrsam. Eigengeld


(1) Der Gefangene darf nur Sachen in Gewahrsam haben oder annehmen, die ihm von der Vollzugsbehörde oder mit ihrer Zustimmung überlassen werden. Ohne Zustimmung darf er Sachen von geringem Wert von einem anderen Gefangenen annehmen; die Vollzugsbehör

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 52 Eigengeld


Bezüge des Gefangenen, die nicht als Hausgeld, Haftkostenbeitrag, Unterhaltsbeitrag oder Überbrückungsgeld in Anspruch genommen werden, sind dem Gefangenen zum Eigengeld gutzuschreiben.

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 22 Einkauf


(1) Der Gefangene kann sich von seinem Hausgeld (§ 47) oder von seinem Taschengeld (§ 46) aus einem von der Anstalt vermittelten Angebot Nahrungs- und Genußmittel sowie Mittel zur Körperpflege kaufen. Die Anstalt soll für ein Angebot sorgen, das auf

Referenzen - Urteile

Bundessozialgericht Urteil, 22. Aug. 2013 - B 14 AS 78/12 R zitiert oder wird zitiert von 27 Urteil(en).

Bundessozialgericht Urteil, 22. Aug. 2013 - B 14 AS 78/12 R zitiert 14 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 16. Apr. 2013 - B 14 AS 71/12 R

bei uns veröffentlicht am 16.04.2013

Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. Februar 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Lande

Bundessozialgericht Urteil, 29. Nov. 2012 - B 14 AS 36/12 R

bei uns veröffentlicht am 29.11.2012

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 23. Januar 2012 wird hinsichtlich höherer Leistungen für die Monate Januar, April und Juni 2005 zurückgewies

Bundessozialgericht Urteil, 16. Mai 2012 - B 4 AS 105/11 R

bei uns veröffentlicht am 16.05.2012

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 20. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.

Landessozialgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 15. Mai 2012 - L 3 AS 87/10

bei uns veröffentlicht am 15.05.2012

Tenor 1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 19.01.2010 aufgehoben, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, dem Kläger Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 22.07.2009 bis zum 30.09.2009 zu gewähren

Bundessozialgericht Urteil, 14. März 2012 - B 14 AS 17/11 R

bei uns veröffentlicht am 14.03.2012

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 06. Okt. 2011 - B 14 AS 94/10 R

bei uns veröffentlicht am 06.10.2011

Tenor Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. April 2010 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 23. Aug. 2011 - B 14 AS 91/10 R

bei uns veröffentlicht am 23.08.2011

Tenor Die Revision der Kläger wird zurückgewiesen, soweit mit ihr eine Leistung von mehr als 321,19 Euro geltend gemacht wird. Im Übrigen wird das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 11. Mai 2010 a

Bundessozialgericht Urteil, 23. Aug. 2011 - B 14 AS 185/10 R

bei uns veröffentlicht am 23.08.2011

Tenor Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 17. September 2010 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 07. Juli 2011 - B 14 AS 79/10 R

bei uns veröffentlicht am 07.07.2011

Tenor Auf die Revision des Beklagten zu 2 wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 19. November 2009 aufgehoben und die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des S

Bundessozialgericht Urteil, 24. Feb. 2011 - B 14 AS 61/10 R

bei uns veröffentlicht am 24.02.2011

Tenor Auf die Revision des Beklagten werden das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. Februar 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 18. März 2009 geändert, soweit

Bundessozialgericht Urteil, 17. Juni 2010 - B 14 AS 46/09 R

bei uns veröffentlicht am 17.06.2010

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, mit dem die Beklagte die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterh

Bundessozialgericht Urteil, 18. Feb. 2010 - B 14 AS 74/08 R

bei uns veröffentlicht am 18.02.2010

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten über die Höhe der den Klägern zustehenden Kosten der Unterkunft (KdU) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites B

Bundessozialgericht Urteil, 18. Feb. 2010 - B 14 AS 76/08 R

bei uns veröffentlicht am 18.02.2010

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, mit dem die Beklagte die Bewilligung von Leistungen der Gr

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 24. Apr. 2009 - L 12 AS 5623/08

bei uns veröffentlicht am 24.04.2009

Tenor 1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Oktober 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass von den für Juli und August 2008 noch zu erbringenden Leistungen die bereits für diesen Zeitr
13 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundessozialgericht Urteil, 22. Aug. 2013 - B 14 AS 78/12 R.

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 27. Feb. 2014 - L 7 AS 642/12

bei uns veröffentlicht am 27.02.2014

Tatbestand Der Kläger begehrt für einen Teil des Septembers 2009 Arbeitslosengeld II, obwohl er am 04.09.2009 zur Haftentlassung Überbrückungsgeld erhalten hatte. Der 1959 geborene alleinstehende Kläger war von September 2008 bis

Sozialgericht Landshut Urteil, 27. Juli 2017 - S 11 AS 170/16

bei uns veröffentlicht am 27.07.2017

Tenor I. Der Bescheid vom 28.01.2016 und der Bescheid vom 07.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2016 werden abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 216,42 Euro zu zahlen. II. Der

Sozialgericht Landshut Urteil, 04. Dez. 2018 - S 11 AS 179/18

bei uns veröffentlicht am 04.12.2018

Tenor I. Der Bescheid vom 13.12.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2018 wird abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 73,36 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Der

Bundessozialgericht Urteil, 09. Aug. 2018 - B 14 AS 20/17 R

bei uns veröffentlicht am 09.08.2018

Tenor Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 6. April 2017 wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Soweit Anhaltspunkte dem nicht entgegenstehen, wird vermutet, dass die oder der erwerbsfähige Leistungsberechtigte bevollmächtigt ist, Leistungen nach diesem Buch auch für die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zu beantragen und entgegenzunehmen. Leben mehrere erwerbsfähige Leistungsberechtigte in einer Bedarfsgemeinschaft, gilt diese Vermutung zugunsten der Antrag stellenden Person.

(2) Für Leistungen an Kinder im Rahmen der Ausübung des Umgangsrechts hat die umgangsberechtigte Person die Befugnis, Leistungen nach diesem Buch zu beantragen und entgegenzunehmen, soweit das Kind dem Haushalt angehört.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Soweit Anhaltspunkte dem nicht entgegenstehen, wird vermutet, dass die oder der erwerbsfähige Leistungsberechtigte bevollmächtigt ist, Leistungen nach diesem Buch auch für die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zu beantragen und entgegenzunehmen. Leben mehrere erwerbsfähige Leistungsberechtigte in einer Bedarfsgemeinschaft, gilt diese Vermutung zugunsten der Antrag stellenden Person.

(2) Für Leistungen an Kinder im Rahmen der Ausübung des Umgangsrechts hat die umgangsberechtigte Person die Befugnis, Leistungen nach diesem Buch zu beantragen und entgegenzunehmen, soweit das Kind dem Haushalt angehört.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Soweit Anhaltspunkte dem nicht entgegenstehen, wird vermutet, dass die oder der erwerbsfähige Leistungsberechtigte bevollmächtigt ist, Leistungen nach diesem Buch auch für die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zu beantragen und entgegenzunehmen. Leben mehrere erwerbsfähige Leistungsberechtigte in einer Bedarfsgemeinschaft, gilt diese Vermutung zugunsten der Antrag stellenden Person.

(2) Für Leistungen an Kinder im Rahmen der Ausübung des Umgangsrechts hat die umgangsberechtigte Person die Befugnis, Leistungen nach diesem Buch zu beantragen und entgegenzunehmen, soweit das Kind dem Haushalt angehört.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung werden nur bei Personen berücksichtigt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten (Schülerinnen und Schüler).

(2) Bei Schülerinnen und Schülern werden die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für

1.
Schulausflüge und
2.
mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.
Für Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, gilt Satz 1 entsprechend.

(3) Für die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit persönlichem Schulbedarf ist § 34 Absatz 3 und 3a des Zwölften Buches mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass der nach § 34 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 3a des Zwölften Buches anzuerkennende Bedarf für das erste Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. August und für das zweite Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. Februar zu berücksichtigen ist.

(4) Bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, werden die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden. Als nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs gilt auch eine Schule, die aufgrund ihres Profils gewählt wurde, soweit aus diesem Profil eine besondere inhaltliche oder organisatorische Ausgestaltung des Unterrichts folgt; dies sind insbesondere Schulen mit naturwissenschaftlichem, musischem, sportlichem oder sprachlichem Profil sowie bilinguale Schulen, und Schulen mit ganztägiger Ausrichtung.

(5) Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Auf eine bestehende Versetzungsgefährdung kommt es dabei nicht an.

(6) Bei Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung werden die entstehenden Aufwendungen berücksichtigt für

1.
Schülerinnen und Schüler und
2.
Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird.
Für Schülerinnen und Schüler gilt dies unter der Voraussetzung, dass die Mittagsverpflegung in schulischer Verantwortung angeboten wird oder durch einen Kooperationsvertrag zwischen Schule und Tageseinrichtung vereinbart ist. In den Fällen des Satzes 2 ist für die Ermittlung des monatlichen Bedarfs die Anzahl der Schultage in dem Land zugrunde zu legen, in dem der Schulbesuch stattfindet.

(7) Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden pauschal 15 Euro monatlich berücksichtigt, sofern bei Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, tatsächliche Aufwendungen entstehen im Zusammenhang mit der Teilnahme an

1.
Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit,
2.
Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und
3.
Freizeiten.
Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, diese aus den Leistungen nach Satz 1 und aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung von höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - für die Zeit vom 1.1.2007 bis zum 30.4.2007.

2

Die am 8.8.1986 geborene Klägerin und ihr am 10.1.1990 geborener Bruder R sind die Kinder von M O Ihr leiblicher Vater lebt mit unbekanntem Aufenthalt in A Die Mutter heiratete 1998 A O, die Klägerin und ihr Bruder tragen den Namen des Stiefvaters. Die Klägerin, ihr Bruder R, die Eheleute sowie deren am 22.1.1995 und am 27.12.1995 geborenen gemeinsamen Kinder P und Ry wohnten im streitigen Zeitraum in einem im Eigentum der Eheleute stehenden Haus mit einer Wohnfläche von 231,58 qm, für das monatliche Wohnkosten (inklusive Heizung) in Höhe von 1120,36 Euro anfielen.

3

Die Klägerin absolvierte ein Berufskolleg und anschließend bis zum 31.12.2006 ein Praktikum. Zum 1.7.2007 zog sie zu einer Freundin, nachdem ihr Stiefvater sie aufgefordert hatte, den gemeinsamen Haushalt zu verlassen. Seit dem 1.8.2007 wohnte sie wieder im Haus der Eltern, wobei nach ihrem Vortrag von diesem Zeitpunkt an die Zahlung von 385 Euro monatlich an die Eltern (185 Euro als Kosten der Unterkunft und 200 Euro als Kostgeld) vereinbart war.

4

Am 5.12.2006 beantragten die Klägerin und ihr Bruder R, die bis dahin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezogen hatten, bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten die Fortzahlung dieser Leistungen ab dem 1.1.2007. Die Mutter gab in diesem Zusammenhang an, sie erhalte von ihrem Ehemann monatlich 650 Euro Haushaltsgeld und 600 Euro für die Klägerin und R als Darlehen, da die Zahlungen des Beklagten nicht immer pünktlich gewesen seien. Sie habe im Übrigen kein eigenes Einkommen. Der Stiefvater erklärte, er habe die Klägerin und ihren Bruder bisher finanziell nicht unterstützt und werde dies auch weiterhin nicht tun.

5

Der Stiefvater bezog im streitigen Zeitraum ein monatliches Bruttoerwerbseinkommen in Höhe von 3819,36 Euro monatlich brutto inklusive eines Gehaltsbestandteils "Besitzstand Kind" von 362,28 Euro. Auf seiner Steuerkarte waren vier Kinderfreibeträge eingetragen. Von dem Nettobetrag in Höhe von 2536,12 Euro (nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen) wurden weitere Beiträge für Vermögensbildung sowie für eine RZVK-Zusatzrente (in Höhe von 150 Euro) und ein Firmenticket (in Höhe von 47,50 Euro) abgezogen. Daneben zahlte der Dienstherr ihm Kindergeld in Höhe von monatlich insgesamt 641 Euro aus, sodass der Auszahlbetrag im Februar 2007 insgesamt 2939,62 Euro betrug. Für die übrigen Monate ergaben sich teilweise geringfügig höhere Beträge. Die Klägerin und ihr Bruder waren im streitigen Zeitraum über ihren Stiefvater in der gesetzlichen Krankenversicherung familienversichert.

6

Der Beklagte lehnte die Anträge der Klägerin und ihres Bruders R unter Hinweis auf die Einbeziehung in die Bedarfsgemeinschaft ihrer Mutter und deren Ehemannes ab, in der der Bedarf durch das Einkommen des Stiefvaters gedeckt sei (Bescheid vom 23.1.2007; Widerspruchsbescheid vom 18.4.2007).

7

Im Laufe der hiergegen von der Klägerin und ihrem Bruder R geführten Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Köln hat der Beklagte mit angenommenem Teilanerkenntnis vom 18.12.2007 die angefochtenen Bescheide geändert und der Klägerin für die Zeit vom 1.1.2007 bis zum 30.6.2007 monatliche Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 3 Euro bewilligt. Im Übrigen hat das SG die Klagen abgewiesen (Urteil vom 18.12.2007). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufungen der Klägerin und ihres Bruders zurückgewiesen (Urteil vom 22.7.2010). Die Klägerin sei Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft, zu der neben ihr ihre Mutter, ihr Stiefvater und ihre (Halb)Geschwister gehörten. Sie könne ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten, da sie außer dem Kindergeld über keine eigenen Einkünfte verfüge. Allerdings sei über § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II das Einkommen des Stiefvaters zu berücksichtigen. Ohne Belang sei, ob sich im Verhältnis des Stiefvaters zu ihr ein Einstandswille feststellen ließe. Die § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II zugrunde liegende Typisierung, dass für die der Bedarfsgemeinschaft angehörenden Kinder ausreichende finanzielle Mittel durch das Zusammenleben mit dem Partner des Elternteils zur Verfügung stehen, treffe auf die Klägerin zu. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Klägerin - wie ihrem Bruder R von ihrem Stiefvater faktisch Unterhalt gewährt worden sei. Sie habe freie Unterkunft erhalten. Der Krankenversicherungsschutz sei im Rahmen der Familienversicherung sichergestellt gewesen. Der Stiefvater habe andererseits die steuerrechtlichen Möglichkeiten durch Eintragung von Steuerfreibeträgen genutzt und einen Gehaltsbestandteil "Besitzstand Kind" erhalten. Darüber hinaus habe die Mutter der Klägerin mit einem Großteil des den Klägern zustehenden Kindergeldes und weiteren 650 Euro Haushaltsgeld für sämtliche Familienmitglieder gewirtschaftet und insbesondere für die Verpflegung der gesamten Familie gesorgt. Der Stiefvater habe stets betont, dass er sich für die gesamte Familie verantwortlich fühle und lediglich finanziell nicht für die Klägerin und ihren Bruder R aufkommen wolle. Ein Indiz für die gelebte Gemeinsamkeit sei auch der gemeinsame Familienname, der nach außen keine Differenzierung zwischen den Kindern der "Patchworkfamilie" mehr möglich mache.

8

Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin. Sie macht geltend, § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II verstoße so, wie ihn das LSG ausgelegt habe, gegen Verfassungsrecht. Ein Haushalt bestehe ausschließlich mit ihrer Mutter. Ihr Recht auf Sicherstellung des Existenzminimums durch den Staat aus Art 1 iVm Art 20 Grundgesetz (GG) werde verletzt. Obwohl ihr der Anspruch auf Sozialleistungen mit Verweis auf das Einkommen ihres Stiefvaters genommen werde, gebe es keine Anspruchsgrundlage zur Geltendmachung von Unterhalt ihm gegenüber. Er gewähre ihr tatsächlich aber keinen Unterhalt. Auch wenn er finanzielle Vorteile durch das Zusammenleben mit ihr habe, kompensierten diese Vorteile die Lasten nicht annähernd. Die gesetzgeberische Annahme einer uneingeschränkten Einstandspflicht des Stiefelternteils für seine Stiefkinder entspreche nicht der Lebenswirklichkeit, insbesondere wenn dieser und seine leiblichen Kinder bei einem finanziellen Einstehen für die Stiefkinder selbst auf Sozialhilfeniveau leben müssten. Die Regelung sei unverhältnismäßig. Es sei nicht ersichtlich, weshalb das gesetzgeberische Ziel, die Besserstellung unverheirateter Partner gegenüber Stiefeltern in § 9 Abs 5 SGB II alte Fassung (aF) zu beseitigen, nicht mit einer Aufnahme der unverheirateten Partner in § 9 Abs 5 SGB II aF hätte erreicht werden können. Ihre allgemeine Handlungsfreiheit werde verletzt. Solange sie mit ihrer Mutter und dem Stiefvater in einem gemeinsamen Haushalt lebe, würden ihr staatliche Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums nicht gewährt. Überdies sei ihre Gleichbehandlung mit leiblichen Kindern unzulässig, weil ihr anders als diesen kein zivilrechtlich statuierter und durchsetzbarer Unterhaltsanspruch gegenüber ihrem Stiefvater zur Seite stehe.

9

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 22. Juli 2010 und des Sozialgerichts Köln vom 18. Dezember 2007 zu ändern sowie den Bescheid des Beklagten vom 23. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. April 2007 in der Fassung durch das Teilanerkenntnis vom 18. Dezember 2007 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 30. April 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 337,89 Euro zu gewähren.

10

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Er ist der Auffassung, die Klägerin sei als Volljährige anders als minderjährige Kinder in der Lage, ihren Verbleib in der Bedarfsgemeinschaft selbstständig zu bestimmen. Falls die Klägerin tatsächlich ihr Existenzminimum in der Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Stiefvater gefährdet gesehen habe, sei sie rechtlich nicht gehindert gewesen, sich eine eigene Wohnung zu suchen. Dann liege jedenfalls ein schwerwiegender sozialer Grund iS des § 22 Abs 2a Satz 2 Nr 1 SGB II vor. Entscheide sie sich dennoch für einen Verbleib in der Bedarfsgemeinschaft, sei dies die Kehrseite der allgemeinen Handlungsfreiheit.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision ist unbegründet. Ein Anspruch auf (höhere) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ergibt sich nicht. Zutreffend hat das LSG entschieden, dass die Klägerin nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft zwischen ihrer Mutter, deren Partner und den übrigen Geschwistern ist. Damit kommt zu ihren Lasten die Regelung des § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II zur Anwendung mit dem Ergebnis, dass ihr Bedarf - wie der Bedarf der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft - durch das Einkommen des Stiefvaters gedeckt ist (im Einzelnen unter 2). Die zur Anwendung kommenden Regelungen verstoßen weder gegen Art 1 iVm Art 20 GG (dazu unter 3) noch gegen Verfassungsrecht im Übrigen (dazu unter 4).

13

1. Streitgegenstand sind allein höhere Leistungen an die Klägerin für den Zeitraum vom 1.1.2007 bis zum 30.4.2007. Soweit der Bruder der Klägerin im Klage- und Berufungsverfahren eigene Ansprüche geltend gemacht hat, ist das Verfahren nach Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den Senat mit Beschluss vom 15.12.2010 rechtskräftig abgeschlossen. Die ursprüngliche Ablehnung der Leistungen zur Gänze hat der Beklagte mit (angenommenem) Teilanerkenntnis vom 18.12.2007 dahin geändert, dass er der Klägerin vom 1.1.2007 bis zum 30.6.2007 Leistungen in Höhe von monatlich 3 Euro gewährt hat. Darüber hinaus hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat den Streitgegenstand weitergehend auf die Zeit vom 1.1.2007 bis zum 30.4.2007 beschränkt, nachdem die Beteiligten zuvor einen Teilvergleich betreffend den Zeitraum vom 1.5.2007 bis zum 30.6.2007 geschlossen haben. Gegenstand des Rechtsstreits ist damit nur (noch) der Bescheid vom 23.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.4.2007. Der auf einen erneuten Antrag für Zeiträume ab dem 1.5.2007 ergangene Bescheid vom 22.6.2007, über den das LSG mitentschieden hat, ist dagegen nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens, denn er trifft keine Regelung für den noch streitigen Zeitraum.

14

2. Ein Anspruch auf (höhere) Leistungen besteht für die Klägerin im streitigen Zeitraum nicht. Nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr 1), erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4). Die Klägerin erfüllt nach den Feststellungen des LSG zwar die in Abs 1 Nr 1, 2 und 4 genannten Voraussetzungen. Sie ist aber nicht hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 Nr 3 iVm § 9 Abs 1 und 2 SGB II, sodass über das die Klägerin (rechtswidrig) begünstigende Anerkenntnis des Beklagten in Höhe von 3 Euro monatlich hinaus ein Anspruch nicht besteht.

15

a) Zur Ermittlung der Hilfebedürftigkeit hat das LSG in einem ersten Schritt den monatlichen Bedarf der Klägerin im streitigen Zeitraum zutreffend ermittelt, indem es gemäß § 20 Abs 2 Satz 2 SGB II in der vorliegend maßgeblichen Fassung durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006 (SGB II-ÄndG ) für die Klägerin als "sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft" (dazu sogleich) 276 Euro als monatliche Regelleistung zu Grunde gelegt und hierzu den auf sie entfallenden Kopfteil der Unterkunftskosten (1/6 von 1120,36 Euro) addiert hat. Von diesem Gesamtbedarf in Höhe von 462,73 Euro ist in einem ersten Schritt das für sie gezahlte Kindergeld (154 Euro abzüglich einer Versicherungspauschale) abzusetzen (vgl § 11 Abs 1 Satz 4 SGB II iVm § 3 Nr 1 Alg II-V), sodass ein ungedeckter Bedarf in Höhe von 338,73 Euro verbleibt.

16

b) Den so ermittelten Bedarf kann die Klägerin zwar nicht durch eigenes Einkommen und Vermögen decken. Zutreffend hat das LSG aber entschieden, dass die Klägerin einer Bedarfsgemeinschaft mit ihrer Mutter, ihrem Stiefvater und ihren (Halb)Geschwistern nach § 7 Abs 3 Nr 1, 3 und 4 SGB II in der ab dem 1.7.2006 geltenden Fassung durch das SGB II-ÄndG angehört und deshalb das Einkommen ihres Stiefvaters nach § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II in der seit dem 1.8.2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen ist.

17

Gemäß § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II gehören zur Bedarfsgemeinschaft die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den § 7 Abs 3 Nr 1 bis 3 SGB II genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen beschaffen können.

18

Eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 Nr 1 und 3 SGB II besteht - insoweit von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen - zwischen den Eheleuten O, die nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG beide im streitigen Zeitraum erwerbsfähig sind, das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und (bei gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland) nicht dauernd getrennt in einem Haushalt leben.

19

Die Klägerin gehört nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II als unter 25-jähriges, leibliches Kind eines der erwerbsfähigen Partner dieser Bedarfsgemeinschaft an, weil sie zum einen - wie bereits dargelegt - in Ansehung ihres eigenen Einkommens und Vermögens hilfebedürftig ist. Daneben ist entscheidend, dass sie dem Haushalt der Mutter (der gemeinsam mit deren Ehemann besteht) angehört, der sich als Schnittstelle von Merkmalen örtlicher (Familienwohnung), materieller (Vorsorge, Unterhalt) und immaterieller Art (Zuwendung, Fürsorge, Begründung eines familienähnlichen Bandes) darstellt (im Einzelnen unter 3).

20

c) Der zu ermittelnde monatliche Gesamtbedarf dieser Bedarfsgemeinschaft beträgt 2097,36 Euro. Neben dem Bedarf der Klägerin umfasst er den Bedarf ihrer Mutter und ihres Stiefvaters in Höhe von jeweils 497,73 Euro (Regelleistung in Höhe von 311 Euro zuzüglich Unterkunftskosten), ihres Bruders R in Höhe von 308,73 Euro, ihres älteren Halbbruders in Höhe von 239,72 Euro und ihres jüngeren Halbbruders in Höhe von 214,72 Euro. Dabei ist auch bei den minderjährigen Kindern, die ihren Bedarf nicht vollständig aus eigenem Einkommen und Vermögen decken können, das für sie gezahlte Kindergeld bereits bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen, anders als bei der volljährigen Klägerin aber keine Versicherungspauschale abzusetzen (vgl zuletzt BSG vom 16.2.2012 - B 4 AS 89/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 19 mwN).

21

d) Dieser Gesamtbedarf ist durch das (bereinigte) Einkommen des erwerbstätigen Partners der Bedarfsgemeinschaft, also des Stiefvaters der Klägerin, vollständig gedeckt. Auszugehen ist vom Nettoerwerbseinkommen in Höhe von 2536,12 Euro (Bruttoeinnahmen abzüglich Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen) bereinigt um die weiteren Absetzungen gemäß § 11 Abs 2 SGB II. Dies sind nach den Feststellungen des LSG die Versicherungspauschale in Höhe von 30 Euro (§ 11 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB II iVm § 3 Abs 1 Nr 1 Alg II-V), die Kosten für die Fahrkarte in Höhe von 47,50 Euro (§ 11 Abs 2 Satz 1 Nr 5 SGB II iVm § 3 Abs 1 Nr 3a Alg II-V) und Beiträge zur Riester-Rente (§ 11 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB II). Offen bleiben kann, ob und ggf inwieweit die Beiträge zur Riester-Rente vorliegend den in § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB II in Bezug genommenen Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes (EStG) übersteigen. Das zu dessen Ermittlung erforderliche Jahreseinkommen des Vorjahres hat das LSG nicht mitgeteilt. Jedenfalls verbleibt nach Abzug des Erwerbstätigen-Freibetrages nach § 30 SGB II in Höhe von 210 Euro ein zu berücksichtigendes Einkommen von 2098,62 Euro, das den Gesamtbedarf übersteigt. Der Freibetrag nach § 11 Abs 2 Satz 2 SGB II in Höhe von 100 Euro geht dabei in den Absetzbeträgen nach Satz 1 Nr 3 bis 5 auf und ist nicht gesondert abzuziehen(vgl § 11 Abs 2 Satz 3 SGB II).

22

3. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art 1 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG, das jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zusichert, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind (dazu Bundesverfassungsgericht Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12), ist durch die Einbeziehung volljähriger Kinder in die Bedarfsgemeinschaft ihres leiblichen Elternteils und dessen Partner und die Folgeregelungen des § 20 Abs 2 Satz 2 SGB II und § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II nicht verletzt.

23

a) Der Gesetzgeber knüpft nicht an jedes Zusammenleben von einander nicht zur materiellen Unterstützung verpflichteten Personen unter einem Dach die dargestellten Rechtsfolgen, sondern lediglich an das Zusammenleben in einer Bedarfsgemeinschaft. Die Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 SGB II ist im Anschluss an die Rechtsprechung des BVerfG zur Bedürftigkeitsprüfung im Recht der Arbeitslosenhilfe bei eheähnlichen Gemeinschaften im Ausgangspunkt als eine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft zu verstehen, die über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht(vgl BVerfG Urteil vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 - BVerfGE 87, 234 = SozR 3-4100 § 137 Nr 3). Im Anschluss an diese Rechtsprechung schließt der Gesetzgeber bei Vorliegen bestimmter typisierter (familiär geprägter) Lebensumstände auf (typisierte) Haushaltseinsparungen und Unterstützungsleistungen innerhalb der Gemeinschaft, die die Gewährung staatlicher Hilfe nicht oder nur noch in eingeschränktem Umfang gerechtfertigt erscheinen lassen. Vor dem Hintergrund der dargestellten staatlichen Verpflichtung aus Art 1 iVm Art 20 GG bedarf es indes einer besonderen Rechtfertigung, weshalb typisierend von so engen Bindungen ausgegangen werden kann, dass von den Mitgliedern dieser Gemeinschaft ein Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann. Eine entsprechende gesetzgeberische Typisierung muss in den Lebensumständen der (ansonsten ggf) hilfebedürftigen Personen im Einzelfall ihren Niederschlag finden.

24

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats genügt bei einem minderjährigen Kind das rechtliche Band zwischen ihm und seinem leiblichen Elternteil als Grundlage für die gesetzgeberische Typisierung, die der Einbeziehung des minderjährigen Kindes in die Bedarfsgemeinschaft zwischen erwachsenen Partnern zugrunde liegt (BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 2/08 R - BSGE 102, 76 = SozR 4-4200 § 9 Nr 7). Die gesteigerte Elternverantwortung des einen Partners gegenüber dem minderjährigen Kind (vgl § 1626 Abs 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch) und das Wissen des anderen Partners um diese Pflicht werden von vornherein Grundlage des Zusammenlebens der Partner und der Lebensgestaltung in der Bedarfsgemeinschaft sein. Hieran darf der Gesetzgeber die Vermutung knüpfen, das gemeinsame Wirtschaften unter diesen Voraussetzungen beeinflusse auch die tatsächlichen Lebensumstände der minderjährigen Kinder der Partner. Kommen die erwachsenen Partner der gesetzgeberischen ("typisierten") Erwartung nicht nach, für das minderjährige Kind zu sorgen, ist (nur) zu prüfen, ob die Bedarfsgemeinschaft zwischen ihnen (fort)besteht. Nur die entsprechende partnerschaftliche Bindung zwischen den Erwachsenen, nicht auch ein gesonderter "Einstandswille" gegenüber den minderjährigen Kindern des Partners, bedarf der Überprüfung im Einzelfall.

25

bb) Auch bei volljährigen Kindern kommt als gesetzgeberische Rechtfertigung für die Einbeziehung in eine Bedarfsgemeinschaft ihrer Eltern bzw eines Elternteils, an die die Rechtsfolgen des § 20 Abs 2 Satz 2 SGB II und (seit dem 1.8.2006) des § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II geknüpft sind, nur das besondere Eltern-Kind-Verhältnis in Betracht. Allerdings reicht im Hinblick auf ein Eltern-Kind-Verhältnis bei volljährigen Kindern der Hinweis auf die elterliche Sorge nicht aus. Die entsprechenden Verpflichtungen der leiblichen Eltern entfallen im Grundsatz mit Vollendung des 18. Lebensjahres, auch wenn die engen Eltern-Kind-Beziehungen im Übrigen nicht kalendermäßig mit dem Eintritt der Volljährigkeit enden.

26

Für das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft eines erwachsenen Kindes im Verhältnis zu seinen (leiblichen) Eltern ist damit entscheidend die Zugehörigkeit zum Haushalt des Elternteils (vgl bereits BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 51/09 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 23 RdNr 19). Das Bundessozialgericht (BSG) hat das Tatbestandsmerkmal der "Haushaltsaufnahme" von Kindern (das sich etwa in § 2 Abs 1 Bundeskindergeldgesetz, in § 56 Abs 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch oder in § 48 Abs 3 Nr 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch findet) im Laufe der Zeit mit unterschiedlichen Formulierungen umschrieben und hat insoweit zuletzt auf das Bestehen einer Familiengemeinschaft abgestellt, die eine Schnittstelle von Merkmalen örtlicher (Familienwohnung), materieller (Vorsorge, Unterhalt) und immaterieller Art (Zuwendung, Fürsorge, Begründung eines familienähnlichen Bandes) darstellt (vgl zu § 48 SGB VI BSG Urteil vom 31.1.2002 - B 5 RJ 34/01 R - SozR 3-2600 § 48 Nr 6 S 33 mwN). Die Herstellung einer lediglich räumlichen Verbindung im Sinne einer Duldung der Anwesenheit in der Wohnung genügt dagegen nicht (vgl bereits BSGE 29, 292, 293; BSGE 45, 67, 69). Dieser Auslegung schließt sich der Senat für das Recht der Grundsicherung an. Ein weitergehendes Verständnis des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II dahin, dass jedes Zusammenwohnen erwachsener Kinder mit ihren Eltern unter einem Dach unterschiedslos ein entsprechendes Einstehen für einander zur Folge hat, kann vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BVerfG zur eheähnlichen Gemeinschaft nicht als verfassungsgemäß angesehen werden.

27

Dabei geht es allerdings ausschließlich um die Beschreibung der Zugehörigkeit eines volljährigen Kindes zum Haushalt des leiblichen Elternteils. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, kommt es zur Auslegung des Begriffes "Kind" in § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II unmittelbar nicht auf die in § 32 Abs 1, § 63 EStG bzw § 2 Abs 1 BKGG normierte Stief- bzw Pflegeelternbeziehung an(BSG Urteil vom 29.3.2007 - B 7b AS 12/06 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 3 RdNr 14 und BSG Urteil vom 27.1.2009 - B 14/7b AS 8/07 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 4 RdNr 14). Ist das Kind also in den Haushalt des leiblichen Elternteils aufgenommen, gehört es der über diesen Elternteil vermittelten Bedarfsgemeinschaft zwischen den Partnern an, ohne dass es einer weitergehenden Prüfung der familienhaften Beziehungen zwischen Kind und Stiefelternteil bedarf. Ein zusätzlicher Einstandswille seitens des Stiefelternteils ist auch bei erwachsenen Stiefkindern nicht zu fordern (vgl zum minderjährigen Kind bereits BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 2/08 R - BSGE 102, 76 = SozR 4-4200 § 9 Nr 7 RdNr 30).

28

Mit dieser Auslegung des Begriffs "dem Haushalt angehörenden" Kinder werden nur solche (auch faktische) Elterngemeinschaften erfasst, in denen einerseits die Bindungen zwischen Elternteil und Partner so eng sind, dass von ihnen ein gegenseitiges - auch wirtschaftliches - Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann (BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 2/08 R - BSGE 102, 76 = SozR 4-4200 § 9 Nr 7 RdNr 46) und in denen andererseits zumindest zwischen leiblichem Elternteil und erwachsenem Kind über das bloße Zusammenleben hinaus eine weitergehende Familienbeziehung erkennbar wird. Dies ist notwendig, aber auch ausreichend für die gesetzgeberische Annahme, dass das Existenzminimum in solchen Gemeinschaften auch durch das Einkommen und Vermögen des Stiefelternteils gesichert ist.

29

cc) Ist die Haushaltsaufnahme einmal erfolgt, kann sie vom Elternteil oder vom volljährigen Kind durch willentliches Verhalten dadurch beendet werden, das die Voraussetzungen mindestens eines der drei genannten Kriterien für die Begründung der Haushaltsaufnahme dauerhaft nicht mehr erfüllt wird (vgl erneut zu § 48 SGB VI BSG Urteil vom 30.8.2001 - B 4 RA 109/00 R - SozR 3-2600 § 48 Nr 5 S 29). Auch bei einem Zusammenleben unter einem Dach (nicht notwendigerweise in getrennten Wohnungen) kann bei erwachsenen Kindern damit von getrennten Haushalten und also zwei Bedarfsgemeinschaften auszugehen sein.

30

Dies macht der vorliegende Fall anschaulich, denn die Konflikte haben hier zumindest vorübergehend zu einer Auflösung des gemeinsamen Haushalts und damit der Bedarfsgemeinschaft geführt. Zutreffend geht der Beklagte davon aus, dass die mit dem SGB II-ÄndG zum 1.4.2006 bzw 1.7.2006 eingeführten, einschränkenden Regelungen des § 22 Abs 2a SGB II(nunmehr § 22 Abs 5 SGB II) und des § 20 Abs 2a SGB II(nunmehr § 20 Abs 3 SGB II) vorliegend für die Zeit ab dem 1.7.2007 keine Anwendung finden konnten. Ein Konflikt zwischen den Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft, der in der (ernstlichen) Weigerung einer materiellen und/oder immateriellen Unterstützung der Eltern für ihre erwachsenen Kinder mündet, berechtigt (volljährige) Kinder und Eltern zur grundsicherungsrechtlich folgenlosen Auflösung des gemeinsamen Haushalts. Nur eine entsprechend enge Auslegung des § 22 Abs 2a SGB II wahrt die von Verfassungs wegen zu schützenden Belange der Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft.

31

b) Die Prüfung des Tatbestandsmerkmals der Zugehörigkeit zum Haushalt ergibt auf Grundlage der Feststellungen des LSG vorliegend, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum in den Haushalt ihrer Mutter aufgenommen war. Diese Feststellungen des LSG hat die Klägerin im Revisionsverfahren nicht mit zulässigen Rügen angegriffen.

32

Das Bestehen einer gemeinsamen Familienwohnung ist von der Klägerin eingeräumt. Die Mutter leistete auch materielle Unterstützung. Sie hat als Miteigentümerin des Hauses gemeinsam mit ihrem Mann der Klägerin dort eine kostenfreie Unterkunft eingeräumt. Sie sorgte mit dem Haushaltsgeld in Höhe von 650 Euro im Einverständnis mit ihrem Partner für die Mahlzeiten der Klägerin. Vorliegend hat im Übrigen auch der Stiefvater einen nicht unerheblichen Teil an materieller Unterstützung durch die Vermittlung eines Krankenversicherungsschutzes geleistet. Soweit er nunmehr vorträgt, die Klägerin (entgegen der Voraussetzung in § 10 Abs 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch) tatsächlich nicht überwiegend unterhalten zu haben, ist dies für die vorliegende Entscheidung im Ergebnis ohne Belang. Für die Leistungsgewährung nach dem SGB II ist (wie auch für die Haushaltsaufnahme im Sinne der zitierten Rechtsprechung) unerheblich, ob und wie Unterhaltsansprüche nach bürgerlichem Recht gegen ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft bestehen und ggf realisiert werden. Folglich können gesetzgeberische Typisierungen im SGB II nicht an das Bestehen von Unterhaltspflichten geknüpft werden (vgl BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 51/09 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 23 RdNr 16). Deshalb ist aber auch unerheblich, ob die Klägerin im vorliegenden Fall ihrer Mutter gegenüber Unterhaltspflichten geltend machen könnte und dass solche Verpflichtungen dem Stiefvater gegenüber (unmittelbar) nicht bestehen.

33

Auch die immaterielle Zuwendung im Sinne eines familienhaften Bandes hat nach den Feststellungen des LSG zwischen der Klägerin und der Mutter über den Eintritt der Volljährigkeit hinaus bestanden. Anzuknüpfen ist insoweit an das bis zum Eintritt der Volljährigkeit bestehende Betreuungs- und Erziehungsverhältnis des leiblichen Elternteils zum Kind, das mit zunehmendem Alter des Kindes abnimmt. Bei gemeinschaftlichem Zusammenleben unter einem Dach nach Eintritt der Volljährigkeit wird gleichwohl eine enge familiäre Verbundenheit mit der entsprechenden elterlichen Zuwendung (etwa eine Unterstützung bei Entscheidungen hinsichtlich der Berufswahl, im Umgang mit Behörden etc) eine gewisse Zeit lang über den Eintritt der Volljährigkeit fortbestehen. Die der Altersgrenze des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II zugrunde liegende gesetzgeberische Typisierung, dies könne bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres regelhaft angenommen werden, hat der Senat nicht beanstandet (vgl bereits BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 51/09 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 23). Die Überprüfung im Einzelfall ergibt nach den Feststellungen des LSG auch vorliegend, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum nicht lediglich im Haus der (Stief)Eltern geduldet, sondern in den Familienverband eingebunden war. Vorliegend ist nach den Feststellungen des LSG eine Verantwortlichkeit nicht nur der Mutter, sondern auch des Stiefvaters für alle Kinder erkennbar geworden. Lediglich der Wille des Stiefvaters, für die Klägerin (und ihren minderjährigen Bruder) uneingeschränkt materiell sorgen zu wollen, ist bestritten worden, was allein das immaterielle Band zwischen der Klägerin und ihrer Mutter nicht entfallen lässt. Erst mit dem Auszug der Klägerin zum 1.7.2007 sind Konflikte mit dem Stiefvater offenbar geworden, die typischerweise auch das Verhältnis zwischen leiblichem Elternteil und Kind nicht unbeeinträchtigt lassen. Im streitigen Zeitraum sind dagegen keine solchen Anhaltspunkte erkennbar geworden, die die entsprechende Verbundenheit zwischen der Klägerin und ihrer Mutter haben entfallen lassen.

34

4. Die Erweiterung der Bedarfsgemeinschaft um erwachsene Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres mit der gesetzlichen Folge des § 20 Abs 2 Satz 2 SGB II (auf 80 vom Hundert abgesenkter Regelbedarf trotz Volljährigkeit) einerseits und die Einbeziehung auch des Einkommens und Vermögens von (echten oder faktischen) Stiefelternteilen in die Bedarfsprüfung bei solchen Bedarfsgemeinschaften nach § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II andererseits erweisen sich auch im Übrigen als verfassungsgemäß. Die allgemeine Handlungsfreiheit der Klägerin (Art 2 Abs 1 GG), der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG und der Schutz von Ehe und Familie (Art 6 Abs 1 GG) sind nicht verletzt. Im Kern ergibt sich kein Unterschied zu den entsprechenden Konstellationen beim minderjährigen Kind (dazu BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 2/08 R - BSGE 102, 76 = SozR 4-4200 § 9 Nr 7) und der Bedarfsgemeinschaft von volljährigen Kindern allein mit ihren leiblichen Eltern (dazu BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 51/09 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 23).

35

a) Die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art 2 Abs 1 GG ist durch § 7 Abs 3 Nr 4 iVm § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II nicht verletzt(dazu bereits BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 2/08 R - BSGE 102, 76 = SozR 4-4200 § 9 Nr 7 RdNr 38 ff). Zwar beeinflusst der über § 7 Abs 3 Nr 4 iVm § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II (mittelbar) ausgeübte finanzielle Druck die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in ihrer gemeinsamen Lebensgestaltung, wobei von der Rechtsordnung Konflikte innerhalb der Bedarfsgemeinschaft in Kauf genommen werden. Diese Beeinträchtigungen der Handlungsfreiheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft durch § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II erweist sich aber vor Hintergrund des mit der Gewährung von Fürsorgeleistungen in sachlichem Zusammenhang stehenden Zwecks, Personen von der Gewährung staatlicher Hilfen zur Sicherung des Existenzminimums auszuschließen, die dieser Hilfe nicht bedürfen, als verhältnismäßig. Mit der Ausgestaltung der Bedarfsgemeinschaft zwischen erwachsenen Partnern in § 7 Abs 3 Nr 3 SGB II zum einen und der Anknüpfung das Tatbestandsmerkmals der Haushaltsaufnahme in § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II zum anderen, führt nicht jede Wohn- und Lebensgemeinschaft zu einer Bedarfsgemeinschaft. Wie bereits dargelegt, ist vor allem § 22 Abs 2a Satz 2 Nr 1 SGB II aF (und damit auch § 20 Abs 2a SGB II aF) dahin auszulegen, dass die ernstliche Weigerung der Verteilung der Mittel durch die Eltern bzw den Elternteil einen schwerwiegenden Konflikt im Sinne dieser Vorschrift darstellt, der zur grundsicherungsrechtlich folgenlosen Auflösung des gemeinsamen Haushalts berechtigt. Macht die junge Erwachsene - wie vorliegend - von diesem Entscheidungsrecht keinen Gebrauch, verknüpft der Gesetzgeber damit zulässig die Vermutung, sie könne ihren Hilfebedarf ganz oder teilweise durch innerhalb der Bedarfsgemeinschaft vorhandenes Einkommen oder Vermögen decken.

36

Die wirtschaftlichen Folgen der Einbeziehung nach § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft werden durch die Regelungen über die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen ausreichend abgemildert, was der Senat bereits im Einzelnen ausgeführt hat(vgl BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 2/08 R - BSGE 102, 76 = SozR 4-4200 § 9 Nr 7 RdNr 42 f). Die weitergehenden, im EStG normierten Vorteile für miteinander verheiratete Partner, die wie § 7 Abs 3 SGB II an die Erwartung der finanziellen Unterstützung des Stiefkindes anknüpfen, hat der Stiefvater für sich in Anspruch genommen. Für die Annahme einer besonderen finanziellen Härte (vgl BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 2/08 R, aaO RdNr 44) gibt auch der vorliegende Sachverhalt keine Anhaltspunkte.

37

b) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist nicht verletzt. Auch insoweit ist auf die Ausführungen des Senats zur Bedarfsgemeinschaft mit minderjährigen Kindern (Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 2/08 R - BSGE 102, 76 = SozR 4-4200 § 9 Nr 7 RdNr 45 ff) sowie zu Bedarfsgemeinschaften zwischen alleinstehenden Elternteilen mit volljährigen Kindern (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 51/09 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 23 RdNr 18 ff) zu verweisen. Die Bedarfsgemeinschaft erweist sich nach der vom Senat vorgenommenen Auslegung des § 7 Abs 3 Nr 1, 3 und 4 SGB II als ein familienähnliches Band, das über die in § 9 Abs 5 SGB II geforderte Haushaltsgemeinschaft hinausgeht (zum Begriff BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 68/07 R - BSGE 102, 258 ff = SozR 4-4225 § 1 Nr 1 RdNr 13; Urteil vom 27.1.2009 - B 14 AS 6/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 6 RdNr 15; Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 9 RdNr 21). Indem § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II - ausgedrückt in dem Merkmal der auch immateriellen Unterstützung - typisierend das Erfordernis einer Kernfamilienbindung zwischen Kind und Elternteil aufstellt, ist der im Verhältnis zu § 9 Abs 5 SGB II erfasste Personenkreis enger. Dies rechtfertigt die Ungleichbehandlung gegenüber den Haushaltsgemeinschaften des § 9 Abs 5 SGB II.

38

c) Art 6 Abs 1 GG stellt die Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Als Freiheitsrecht verpflichtet Art 6 Abs 1 GG den Staat, Eingriffe in die Familie zu unterlassen. Es berechtigt die Familienmitglieder, ihre Gemeinschaft nach innen in familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht frei zu gestalten (BVerfG Beschluss vom 18.4.1989 - 2 BvR 1169/84 - BVerfGE 80, 81, 92). Der Schutz erfasst auch die häusliche Gemeinschaft zwischen Kindern und ihren Stiefeltern.

39

§ 7 Abs 3 Nr 4 iVm § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II verletzt Art 6 Abs 1 GG nicht, weil er nicht imperativ anordnet, dass der Stiefelternteil einen bestimmten Teil seines Einkommens an das Stiefkind weiterleiten muss, sondern - wie dargestellt - den Beteiligten gerade nicht vorgibt, wie die zur Deckung des Existenzminimums notwendigen Gelder verteilt werden. Erfährt das volljährige Kind durch seinen Elternteil (und damit mittelbar durch den Stiefelternteil) überhaupt keine finanzielle Unterstützung, werden die Voraussetzungen des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II nicht vorliegen, sodass auch § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II keine Anwendung findet. Gehört das volljährige Kind dem Haushalt an, wird es also (auch) in materieller Hinsicht unterstützt, spiegelt § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II nur die tatsächliche Lebenssituation wieder. In solchen Bedarfsgemeinschaften, die auf einer Eheschließung der Partner beruhen, räumt der Gesetzgeber vor dem Hintergrund des Art 6 Abs 1 GG weitgehende Möglichkeiten des Ausgleichs der finanziellen Lasten für die Unterstützung der Kinder ein. Dem entsprechend hat der Stiefvater sich nach § 32 Abs 6 Satz 10 EStG den steuerlichen Kinderfreibetrag übertragen lassen. Zudem stammt ein Teil der Einkünfte des Stiefvaters aus einem Gehaltsbestandteil "Besitzstand Kind". Stiefkinder partizipieren schließlich faktisch an dem Anspruch auf Familienunterhalt, der ihrem Elternteil in rechtlich gesicherter Form aus §§ 1360, 1360a BGB gegen den anderen Partner zusteht(vgl BVerfG Beschluss vom 10.12.2004 - 1 BvR 2320/98 - SozR 4-3800 § 1 Nr 6 RdNr 14).

40

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der den Klägern zustehenden Kosten der Unterkunft (KdU) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Insbesondere ist streitig, ob die den Klägern gewährte Eigenheimzulage bei den KdU bedarfsmindernd berücksichtigt werden darf.

2

Der Kläger zu 1 ist 1955 geboren, seine Ehefrau 1966 (Klägerin zu 2) und die gemeinsame Tochter im Jahre 2001 (Klägerin zu 3). Die Kläger wohnen in einer dem Kläger zu 1 und der Klägerin zu 2 je zur Hälfte gehörenden Eigentumswohnung mit einer Größe von 73 qm. Die ihnen zustehende Eigenheimzulage beträgt jährlich 3.527,91 Euro. Die Kläger erhalten seit dem 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

3

Die Agentur für Arbeit Heilbronn bewilligte mit Bescheid vom 11. November 2005 den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 117,40 Euro für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 31. Mai 2006. Die Agentur für Arbeit ging dabei von einem monatlichen Bedarf von 829 Euro aus, auf den das Krankengeld der Klägerin zu 2 und das Kindergeld für die Klägerin zu 3 angerechnet wurde. Bei der Klägerin zu 3 ergab sich ein Einkommensüberhang von 67 Euro monatlich.

4

Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 5. Januar 2006 den Klägern für Dezember 2005 KdU in Höhe von monatlich 210,18 Euro. In dem Bescheid hieß es ua, die Eigenheimzulage in Höhe von 293,99 Euro monatlich sei auf den Bedarf für die KdU anzurechnen. Die Beklagte berücksichtigte einen Wohnbedarf von insgesamt 571,17 Euro, von dem sie die Eigenheimzulage in Höhe von 293,99 Euro und den von der Bundesagentur für Arbeit (BA) ermittelten Einkommensüberhang in Höhe von 67 Euro in Abzug brachte. Wegen Änderungen des den Bedarf übersteigenden Einkommens der Klägerin zu 3 ab Februar 2006 erfolgte mit Bescheid vom 12. April 2006 eine Neuberechnung der Leistungen durch die Beklagte. Die Leistungen wurden nunmehr für Februar 2006 auf 215,41 Euro und für die Monate März bis Mai 2006 auf 203,79 Euro festgesetzt. Dabei wurde die Eigenheimzulage jeweils in Höhe von 293,99 Euro bedarfsmindernd berücksichtigt.

5

Am 9. Januar 2006 bzw 7. Februar 2006 legte der Kläger zu 1 gegen den Bescheid vom 5. Januar 2006 Widerspruch ein und machte dabei höhere KdU geltend. Er wandte sich insbesondere gegen die Berücksichtigung der Eigenheimzulage als Einkommen und legte eine Abtretungsanzeige gegenüber dem Finanzamt vom 13. Dezember 2005 vor. Daraus folgt, dass der Kläger zu 1 die Eigenheimzulage für 2006 in voller Höhe an die Kreissparkasse Heilbronn abgetreten hat. Am 27. April 2006 legte der Kläger zu 1 gegen den Bescheid vom 12. April 2006 Widerspruch ein und verwies auf die Abtretungserklärung. Die Beklagte gab durch Widerspruchsbescheid vom 14. September 2006 den Widersprüchen teilweise statt. Sie bewilligte nunmehr für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 31. Januar 2006 monatlich 382,87 Euro KdU, für den Monat Februar 2006 388,10 Euro und für die Monate März bis Mai 2006 jeweils 376,48 Euro monatlich. Zur Begründung ihrer Entscheidung führte sie im Wesentlichen aus, in der Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 31. Mai 2006 seien durchschnittlich monatlich 602,13 Euro an Schuldzinsen zu berücksichtigen, von denen ein Pauschalbetrag für den Tiefgaragenstellplatz in Höhe von monatlich 35 Euro abzuziehen sei. Hiermit beliefen sich die berücksichtigungsfähigen Aufwendungen für die Schuldzinsen auf 567,13 Euro monatlich. Die Eigenheimzulage von 293,99 Euro monatlich mindere die berücksichtigungsfähigen Schuldzinsen auf 273,14 Euro. Die Nebenkosten seien mit 148,87 Euro monatlich zu veranschlagen und die Kosten für Heizung und Warmwasser beliefen sich auf 39,43 Euro monatlich, wovon die in den Regelleistungen bzw im Sozialgeld enthaltenen Energieanteile für die Warmwasserbereitung in Höhe von insgesamt 11,57 Euro abzuziehen seien, sodass reine Heizkosten von 27,86 Euro monatlich verblieben. Die zu berücksichtigende KdU würden somit 449,87 Euro monatlich betragen, wovon der von der BA ermittelte Einkommensüberhang in Höhe von 67 Euro und 73,39 Euro (für den Zeitraum von März bis Mai 2006) anzurechnen sei.

6

Hiergegen haben die Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Heilbronn erhoben, das durch Urteil vom 22. März 2007 die Bescheide der Beklagten vom 5. Januar 2006 und 12. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2006 abgeändert und die Beklagte verurteilt hat, den Klägern für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 31. Mai 2006 weitere Leistungen für KdU und Heizung in Höhe von monatlich 293,99 Euro zu gewähren. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Eigenheimzulage sei nicht bedarfsmindernd im Rahmen der KdU zu berücksichtigen. Dies gelte sowohl hinsichtlich des Teils der Eigenheimzulage, der zur Tilgung des zur Finanzierung der Eigentumswohnung aufgenommen Darlehens gedient habe, als auch des Teils, der zur Zahlung der Schuldzinsen verwendet worden sei. Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt, die das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg durch Beschluss vom 1. April 2008 zurückgewiesen hat. Zur Begründung hat es zunächst auf den Inhalt des Urteils des SG verwiesen (§ 153 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz). Es sei zwar richtig, dass die Beklagte die Eigenheimzulage formal nicht als Einkommen gewertet, sondern angenommen habe, dass durch die Eigenheimzulage der Bedarf für die KdU verringert worden sei. Dies treffe aber nicht zu, denn durch die Gewährung einer Eigenheimzulage werde der Anspruch der Kreissparkasse gegen die Kläger zu 1 und 2 auf Zahlung von Schuldzinsen nicht berührt, der Bedarf insoweit also gar nicht verändert. Soweit der Zinsanspruch der Bank dadurch erloschen sei, dass die Kläger die Zinsen mit Hilfe der Eigenheimzulage getilgt hätten, beruhe dies auf einer Erfüllung der Zinsforderung mit Einkünften, welche die Bedürftigkeit gerade nicht mindern würden.

7

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer - vom Senat zugelassenen - Revision. Sie rügt eine Verletzung der §§ 9 Abs 1 und 22 Abs 1 Satz 1 SGB II und macht geltend, dass im Rahmen des § 22 Abs 1 SGB II nur der konkrete Wohnbedarf zu decken sei. Durch die Abtretung der Eigenheimzulage an die kreditgebende Kreissparkasse würden monatlich die tatsächlich anfallenden Unterkunftskosten gesenkt. Würde man die Eigenheimzulage nicht als bedarfmindernd berücksichtigen, so würde im Ergebnis die Eigenheimzulage den Klägern doppelt gewährt. Das LSG habe insgesamt gegen den das SGB II prägenden Bedarfsdeckungsgrundsatz verstoßen. Im Übrigen entspreche ihr Vorgehen den in Baden-Württemberg geltenden Richtlinien zum SGB II, die vom Landkreistag Baden-Württemberg und vom Städtetag Baden-Württemberg herausgegeben worden seien. Dort sei eindeutig bestimmt, dass die Eigenheimzulage die Unterkunftskosten senke.

8

Die Beklagte beantragt,

den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 1. April 2008

und das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 22. März 2007 aufzuheben und

die Klage abzuweisen.

9

Die Kläger beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

10

Sie halten die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung in der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Auf Grund der tatsächlichen Feststellungen des LSG ist es nicht möglich, zu überprüfen, in welcher Höhe den Klägern im streitigen Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis zum 31. Mai 2006 KdU zustanden.

12

1. Der Senat kann bereits nicht darüber entscheiden, ob die den Klägern von den Vorinstanzen zugesprochenen KdU "angemessen" iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind. Streitig sind hier allein die KdU gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, für die die Beklagte hier auf Grund des offensichtlich praktizierten Trennungsmodells ausschließlich zuständig ist (§ 6 Abs 1 Nr 2 SGB II). Nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II haben die Leistungsempfänger grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Übernahme der tatsächlich anfallenden angemessenen KdU. LSG und SG haben es versäumt, eine Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten der Kläger vorzunehmen. Dies folgt insbesondere daraus, dass das SG die Beklagte verurteilt hat, den Klägern monatlich weitere 293,99 Euro an KdU zu gewähren. Das LSG hat diesen Tenor des SG durch die Zurückweisung der Berufung der Beklagten bestätigt. Das LSG hat es jedoch - ebenso wie das SG - unterlassen, im Einzelnen zu begründen, inwieweit die den Klägern - unter Zugrundelegung der Verurteilung durch das SG - zugesprochenen KdU noch angemessen waren. Hieran hat der Senat auf Grund des Inhalts der Akten erhebliche Zweifel.

13

Jedenfalls aus dem Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 14. September 2006 geht hervor, dass den Klägern für den streitigen Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis 31. Mai 2006 ein Wohnbedarf in Höhe von 422,01 Euro zuerkannt worden ist, jeweils zuzüglich der tatsächlichen Heizkosten in Höhe von 27,86 Euro. Von diesem anerkannten Wohnbedarf wurde der aus den Leistungsbescheiden der Arbeitsagentur folgende (im Einzelnen wohl nicht angefochtene und unstreitige) Einkommensüberhang der Klägerin zu 3 in Höhe von 67 Euro (Dezember 2005 und Januar 2006) bzw 61,77 Euro (Februar 2006) und 73,39 Euro (März bis Mai 2006) abgezogen. Hieraus folgten für die Kläger Zahlbeträge für die KdU in Höhe von 382,87 Euro für Dezember 2005 und Januar 2006, für Februar 2006 in Höhe von 388,10 Euro und für den Zeitraum März bis Mai 2006 in Höhe von 376,48 Euro. Geht man von dem in dem Widerspruchsbescheid anerkannten Wohnbedarf in Höhe von 422,01 Euro aus, so folgt bei einer Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von weiteren 293,99 Euro monatlich, dass das SG und das LSG mithin von einem Wohnbedarf der Kläger von monatlich 716 Euro zuzüglich der tatsächlichen Heizkosten ausgegangen sind. Weder im Urteil des SG noch im Beschluss des LSG wird aber eine Prüfung vorgenommen, inwieweit diese ausgeurteilten KdU noch angemessen iS des § 22 Abs 1 SGB II gewesen sind.

14

Hierzu hätte insbesondere deshalb Anlass bestanden, weil die zuständigen Senate des Bundessozialgerichts (BSG) bei Haus- oder Wohnungseigentümern grundsätzlich entschieden haben, dass die Schuldzinsen und Nebenkosten nur in Höhe der Miete einer vergleichbaren angemessenen Mietwohnung zu übernehmen sind (bereits BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3; BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, jeweils RdNr 34 ff; Urteil des Senats vom 18. Juni 2008 - B 14/11b AS 67/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 13; vgl auch 4. Senat des BSG, Urteil vom 3. März 2009 - B 4 AS 38/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 17 RdNr 14). In dem Widerspruchsbescheid der Beklagten findet sich der Hinweis, dass im Bereich der Stadt Heilbronn für einen Drei-Personen-Haushalt bei einer maximalen Wohnfläche von 75 qm eine Brutto-Kaltmiete in Höhe von 444 Euro als angemessen betrachtet werde. Ob dieser Betrag eine richtige Grenzziehung bezüglich der Angemessenheit der KdU enthält, kann nur auf Grund der Überprüfung des "schlüssigen Konzepts" des Grundsicherungsträgers entschieden werden (hierzu zuletzt Urteil des Senats vom 20. August 2009 - B 14 AS 65/08 R und Urteil des 4. Senats des BSG vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R). Jedenfalls hätte es einer Prüfung und gegebenenfalls eingehenden Begründung durch das LSG bedurft, wieso die Kläger als Wohnungseigentümer auf Grund des Tenors des SG KdU in Höhe von 716 Euro monatlich als noch angemessen zugesprochen bekommen haben.

15

Das LSG wird mithin nach der Zurückverweisung zunächst einen Vergleich anzustellen haben, welche KdU für Mieter im hier streitigen räumlichen Bereich aufgrund des schlüssigen Konzepts des zuständigen Grundsicherungsträgers als angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II betrachtet werden. Insofern könnte es sich - zu Gunsten der Beklagten und Revisionsführerin - erweisen, dass der insgesamt zugesprochene Betrag über dem für einen Drei-Personen-Haushalt als angemessen geltenden Mietbedarf liegt.

16

2. Der Senat kann des Weiteren nicht abschließend darüber befinden, inwieweit die den Klägern zufließende Eigenheimzulage als bedarfsmindernd bei den KdU abzusetzen ist. Das BSG hat bereits entschieden, dass die Eigenheimzulage nicht als Einkommen zu Lasten der Grundsicherungsempfänger zu berücksichtigen ist, wenn sie nachweislich ihrem Zweck entsprechend verwendet wird (grundlegend Urteil des 4. Senats vom 30. September 2008 - BSGE 101, 281 = SozR 4-4200 § 11 Nr 14; bestätigt in dem Urteil vom 3. März 2009 - B 4 AS 38/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 17). So lagen die Verhältnisse auf Grund der tatsächlichen Feststellungen des LSG jedenfalls hier. Die Kläger haben die Eigenheimzulage direkt an ihren Gläubiger, die Kreissparkasse Heilbronn, abgetreten. Damit war der von ihnen geforderte Nachweis geführt, dass die Eigenheimzulage zur Finanzierung des geschützten Eigenheims - hier der Eigentumswohnung - dient (vgl jetzt den Wortlaut von § 1 Abs 1 Nr 7 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung idF vom 22.8.2005, BGBl I 2499).

17

Andererseits hat der 4. Senat des BSG aber auch zu erkennen gegeben (Urteil vom 3. März 2009 - B 4 AS 38/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 17 RdNr 20), dass die Eigenheimzulage, soweit sie direkt auf die Schuldzinsen verrechnet wird, den Wohnbedarf senken kann. Zu Recht hat insofern die Revisionsführerin vorgetragen, dass im Rahmen der KdU jeweils der tatsächliche Bedarf der Kläger zu decken ist. Würden sich die Vertragsgestaltungen zwischen der Kreissparkasse und den Klägern so darstellen, dass die Eigenheimzulage tatsächlich zu einer monatlichen Reduzierung der real anfallenden Schuldzinsen geführt hätte, so könnten nach der Logik des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II auch nur die tatsächlich anfallenden Schuldzinsen als KdU geltend gemacht werden (zur lediglich ausnahmsweise in besonderen Härtefällen möglichen Übernahme auch von Tilgungsleistungen als KdU vgl BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 13 RdNr 27 ff). Wie sich die Rechtsverhältnisse und die Zahlungsflüsse hier tatsächlich dargestellt haben, insbesondere wie die in einem Betrag ausbezahlte Eigenheimzulage sich auf die monatlichen Schuldzinszahlungen auswirkte, kann der Senat den Feststellungen in dem Beschluss des LSG nicht entnehmen. Das LSG hat zwar ausgeführt, dass durch die Gewährung einer Eigenheimzulage der Anspruch der Kreissparkasse gegen die Kläger auf Zahlung von Schuldzinsen nicht berührt, der Bedarf insoweit also gar nicht verändert werde. Es bleibt unklar, ob es sich hierbei um eine generelle Aussage des LSG handelt oder ob die konkreten Vertragsbeziehungen zwischen der Kreissparkasse und den Klägern berücksichtigt werden. Soweit der Zinsanspruch der Bank tatsächlich monatlich nicht durch die Eigenheimzulage gemindert wird, bestehen die Schuldzinsen und der Anspruch auf KdU aber wohl in ungeminderter Höhe. Wie die Beklagte zu Recht ausführt, geht es bei den KdU um den tatsächlich anfallenden Bedarf. Wird die Eigenheimzulage jährlich einmal auf einem Konto der Kreissparkasse in irgendeiner Form verrechnet, ohne dass dies zu einer Reduzierung der monatlichen Schuldzinszahlung führt, so sind diese real anfallenden Schuldzinsen auch als tatsächlicher Bedarf bis zur Angemessenheitsgrenze anzuerkennen. Eine (fiktive) Umlage der einmalig gezahlten Eigenheimzulage auf die tatsächlichen monatlichen Schuldzinsen ist jedenfalls dann nicht möglich, wenn die Eigenheimzulage nicht zu einer tatsächlichen Reduktion der Schuldzinsen geführt hat. Insofern hat das LSG zutreffend entschieden, dass der Privilegierungscharakter der Eigenheimzulage im Rahmen der Berücksichtigung von Einkommen durch ein solches Vorgehen bei den KdU konterkariert würde.

18

Das LSG wird also im Einzelnen festzustellen haben, in welcher Weise die jährlich gewährte Eigenheimzulage sich auf die monatlich tatsächlich anfallenden Zinszahlungen der Kläger auswirkte. Diese tatsächlich anfallenden Zinszahlungen sind jedenfalls als Schuldzinsen dann bei der Berechnung der angemessenen KdU zu Grunde zu legen. Hierbei ist - worauf bereits oben hingewiesen wurde - jedoch weiterhin zu berücksichtigen, dass die Schuldzinsen - und die KdU insgesamt - nicht in jeder Höhe sondern nur in Höhe der angemessenen Kosten zu übernehmen sind. Die Angemessenheitsgrenze bestimmt sich dabei für Hauseigentümer - worauf auch bereits hingewiesen wurde - nach denselben Kriterien wie für Mieter.

19

Das LSG wird auch über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des Ausgangs des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Tenor

Die Revision der Kläger wird zurückgewiesen, soweit mit ihr eine Leistung von mehr als 321,19 Euro geltend gemacht wird. Im Übrigen wird das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 11. Mai 2010 auf die Revision der Kläger aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Monat Dezember 2008 höhere Leistungen für die Unterkunft und Heizung.

2

Die Kläger zu 1 und 2 bilden zusammen mit ihren Kindern, den Klägern zu 3 und 4, eine Bedarfsgemeinschaft. Sie stehen seit dem Frühjahr 2008 mit Unterbrechungen im Leistungsbezug bei dem Beklagten. Die Familie bewohnt ein 110 qm großes Einfamilienhaus.

3

Mit Schreiben vom 23.4.2008 teilte der Beklagte den Klägern mit, die tatsächlichen Unterkunftskosten entsprächen nicht den anerkennungsfähigen Maximalbeträgen. Als angemessen angesehen werden könnten Kosten der Unterkunft in Höhe von 470 Euro zzgl Heizkosten. Eine Übernahme der tatsächlichen Kosten komme nicht länger als bis zum 31.8.2008 in Betracht. Die Kläger wurden außerdem aufgefordert, sich unverzüglich um eine Senkung der Unterkunftskosten auf ein angemessenes Niveau zu bemühen.

4

Mit Bescheid vom 6.1.2009 bewilligte der Beklagte den Klägern für den Monat Dezember 2008 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 1206 Euro, wobei Kosten der Unterkunft zzgl Heizkosten in Höhe von 555 Euro berücksichtigt wurden. Auf den dagegen eingelegten Widerspruch bewilligte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 13.2.2009 Leistungen für Dezember 2008 in Höhe von insgesamt 1221,02 Euro und legte seiner Berechnung nunmehr Kosten der Unterkunft in Höhe von 470 Euro sowie Heizkosten in Höhe von 100,02 Euro (tatsächliche Heizkosten in Höhe von 119 Euro abzüglich Warmwasserkosten in Höhe von 18,98 Euro) zugrunde. Im Übrigen wies er den Widerspruch der Kläger mit Widerspruchsbescheid vom 6.3.2009 zurück.

5

Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht (SG) Stade erhobenen Klage machen die Kläger geltend, die Befristung der Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten auf sechs Monate sei nicht angemessen und stelle eine unzumutbare Härte für die Bedarfsgemeinschaft dar.

6

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 11.5.2010 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, eine Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten über die Regelhöchstfrist von sechs Monaten hinaus komme hier schon deshalb nicht in Betracht, weil die Kläger keinerlei Bemühungen unternommen hätten, die Kosten der Unterkunft zu senken. Ein Verkauf des Eigenheims sei ebenso wenig in Betracht gezogen worden wie die Vermietung oder andere Maßnahmen. Die Übernahme nur der angemessenen Unterkunftskosten verstoße entgegen der Ansicht der Kläger auch nicht gegen das Gebot des Schutzes von Ehe und Familie. Die Höhe der angemessenen Unterkunftskosten (Kaltmiete inclusive Nebenkosten) habe der Beklagte vorliegend ausgehend von einer Wohnungsgröße von 85 qm für eine vierköpfige Familie zutreffend mit 470 Euro angesetzt. Die vom Beklagten entwickelten Richtlinien zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten erfüllten in allen einzelnen Punkten die Anforderungen des Bundessozialgerichts (BSG) an ein schlüssiges Konzept. Die vom Beklagten festgesetzte Angemessenheitsgrenze von 470 Euro liege auch noch über den durchschnittlichen Kosten von 306 Vergleichswohnungen. Es bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass im streitigen Zeitraum angemessen großer Wohnraum für den errechneten Betrag in Cuxhaven nicht zu erhalten gewesen sei. Entsprechendes hätten die Kläger auch nicht vorgetragen. Sie hätten vielmehr dargelegt, sich um anderweitigen Wohnraum gar nicht bemüht zu haben, weil sie in ihrem Haus wohnen bleiben wollten.

7

Das SG hat in seinem Urteil die Berufung zugelassen. Auf einen Antrag der Kläger hin, dem der Beklagte zugestimmt hat, hat das SG mit Beschluss vom 8.6.2010 die Sprungrevision zugelassen.

8

Zur Begründung ihrer eingelegten Revision tragen die Kläger vor, es treffe nicht zu, dass sie keine Bemühungen zur Kostensenkung unternommen hätten. Der Kläger zu 1 wisse aus früheren Gesprächen mit seinem Baufinanzierer, dass dieser auf uneingeschränkte Einhaltung des unveränderlichen Vertragsinhalts bestehe. Die Erzielung von Mieteinnahmen sei nur möglich, wenn die Familie aus dem Haus ausziehen würde, was nicht in Betracht komme. Entgegen den Feststellungen in dem Urteil sei die Wohnung nicht 110 qm groß, sondern nur 90,6 qm, was nicht wesentlich über der zugestandenen Wohnungsgröße von 85 qm liege. Als das Haus im Jahre 2002 erworben worden sei, habe die Familie finanziell noch besser dagestanden und man habe weitere Kinder mit einkalkuliert. Das Verlangen, jetzt auszuziehen, verstoße gegen das Gebot des Schutzes von Ehe und Familie. Im Übrigen sei das Haus auch deshalb nicht zu verkaufen, weil es Schonvermögen darstelle. Ein Verkauf würde dazu führen, dass erhebliche Schulden zurückblieben. Das Haus sei im Jahre 2002 für 130 000 Euro gekauft worden, wegen Dachreparaturen seien insgesamt 150 000 Euro finanziert worden. Die Restschuld liege bis heute bei 130 000 Euro, bei gutem Verkauf sei aber nur mit einem Erlös in der Größenordnung von 100 000 bis 110 000 Euro zu rechnen, bei einem Notverkauf nur mit 80 000 bis 90 000 Euro. Eine anderweitige Vermietung sei auch nur sinnvoll, wenn dadurch die Aufwendungen für das Haus in Höhe von rund 800 Euro monatlich an Mieteinnahmen erzielt würden. Dies sei aber nicht realistisch, weil das Angebot freistehender Mietwohnungen und zu mietender alter Häuser (wie dieses von 1934) in Cuxhaven groß sei und die Zahl derer, die eine derartige Unterkunft suchen, sehr begrenzt. Aus diesen individuellen Gründen müsse die Sechs-Monats-Frist unter Einbeziehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes so interpretiert werden, dass auch "mittlere Lösungen" möglich seien. Unter Berücksichtigung des Verfassungsrechts sei unangemessen hoher Bedarf über die Sechs-Monats-Frist hinaus weiter anzuerkennen und notfalls der das Angemessene überschreitende Anteil als Darlehen zu gewähren. Die gesetzgeberische Entscheidung der Besserstellung von Hauseigentümern gegenüber Mietern müsse bei den Unterkunftskosten mitberücksichtigt werden, ebenso wie die aus Art 6 Abs 1 Grundgesetz (GG) fließende Verpflichtung, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern.

9

Die Kläger beantragen, das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 11. Mai 2010 aufzuheben und die Bescheide des Beklagten vom 6. Januar 2009 und 13. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2009 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, den Klägern für den Monat Dezember 2008 weitere 326,01 Euro für die Unterkunft zu zahlen, hilfsweise, ihnen für den Monat Dezember 2008 weitere 326,01 Euro für Unterkunft als Darlehen zu gewähren.

10

Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

11

Der Beklagte hält das Urteil des SG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

12

Soweit die Kläger erstmals im Revisionsverfahren statt 321,19 Euro als zusätzliche Kosten der Unterkunft für den Monat Dezember 2008 326,01 Euro beantragt haben, handelt es sich um eine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung (§ 168 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz); der Antrag war insoweit zurückzuweisen.

13

Im Übrigen ist die durch Beschluss des SG vom 8.6.2010 zugelassene Sprungrevision (§ 161 SGG) der Kläger, die diese rechtzeitig eingelegt haben, im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen begründet (§ 170 Abs 2 und 4 SGG). Es kann vorliegend nicht abschließend entschieden werden, ob den Klägern höhere Leistungen für die Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) für den Monat Dezember 2008 zustehen.

14

1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig. Bei dem Jobcenter (§ 6d SGB II idF des Gesetzes vom 3.8.2010, BGBl I 1112) handelt es sich um eine gemeinsame Einrichtung (§ 44b Abs 1 Satz 1 SGB II ebenfalls idF des Gesetzes vom 3.8.2010), die mit Wirkung vom 1.1.2011 kraft Gesetzes entstanden ist und im Laufe des gerichtlichen Verfahrens als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisher beklagten Arbeitsgemeinschaft (; vgl § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II) tritt. Dieser kraft Gesetzes eintretende Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar. Das Passivrubrum war daher von Amts wegen zu berichtigen (vgl dazu insgesamt BSG Urteil vom 18.1.2011 - B 4 AS 99/10 R - SozR 4-4200 § 37 Nr 5).

15

2. Streitgegenstand des Verfahrens sind allein Ansprüche der Kläger auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Monat Dezember 2008 und die diesen Anspruch regelnden Bescheide des Beklagten vom 6.1.2009 und vom 13.2.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.3.2009. An der Zulässigkeit derart beschränkter Rechtsmittel (vgl nur BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18) hat sich durch die Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453), das insofern zum 1.1.2011 in Kraft getreten ist, zumindest für laufende Verfahren über einen vorher abgeschlossenen Bewilligungsabschnitt nichts geändert.

16

3. Es ist trotz der sehr verkürzten Feststellungen des SG davon auszugehen, dass die Kläger dem Grunde nach zum leistungsberechtigten Personenkreis nach § 7 Abs 1 und Abs 2 Satz 1 SGB II zählen. Das SG hat insofern festgestellt, dass die Kläger zu 1 und 2 mit ihren Kindern, den Klägern zu 3 und 4, eine Bedarfsgemeinschaft bilden und seit Frühjahr 2008 mit Unterbrechungen im Leistungsbezug bei dem Beklagten stehen. Aus den Urteilsgründen ergibt sich auch, dass das Lebensalter des Klägers zu 1 innerhalb der maßgeblichen Altersgrenzen liegt und dieser erwerbsfähig und (teilweise) hilfebedürftig ist.

17

Es fehlen aber jegliche Feststellungen dazu, welche berücksichtigungsfähigen Kosten seitens der Kläger überhaupt geltend gemacht werden. Zu den Unterkunftskosten für selbst genutzte Hausgrundstücke zählen alle notwendigen Ausgaben, die bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen sind (vgl Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 26). § 7 Abs 2 der Verordnung zur Durchführung des § 82 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch ( juris BSHG§76DV) findet insoweit entsprechende Anwendung (vgl Urteile des Senats vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10 und vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R -), als er Anhaltspunkte dafür liefert, welche Kosten im Rahmen des § 22 Abs 1 SGB II zu berücksichtigen sind (vgl dazu auch BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 61/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Zu den danach berücksichtigungsfähigen Kosten zählen insbesondere auch Darlehenszinsen, grundsätzlich jedoch keine Tilgungsleistungen (vgl dazu insgesamt und zu den Ausnahmen hinsichtlich der Berücksichtigung von Tilgungsleistungen Urteil des Senats vom 7.7.2011 - B 14 AS 79/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Vorliegend ist nicht ersichtlich, welcher Anteil der geltend gemachten Summe ggf auf Darlehenszinsen entfällt und ob auch Tilgungsleistungen darin enthalten sind. Bei der Ermittlung des grundsätzlich anerkennungsfähigen Betrags wird das LSG auch zu berücksichtigen haben, dass die Angemessenheit der Unterkunftskosten für Mieter und Hauseigentümer nach einheitlichen Kriterien zu beantworten ist und die Angemessenheit von mit der Nutzung von Eigentum verbundenen Kosten an den Kosten zu messen ist, die für Mietwohnungen angemessen sind (vgl dazu grundlegend BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10). Die Angemessenheit eines Hausgrundstücks im Sinne der Schutzvorschrift des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II indiziert nicht die Angemessenheit der Unterkunftskosten für dieses Haus nach § 22 Abs 1 SGB II. Geschützt wird von beiden Vorschriften nur "die Wohnung" im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses "Wohnen" als räumlichem Lebensmittelpunkt (vgl BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 32/07 R -), nicht dagegen die Immobilie als Vermögensgegenstand.

18

Die Kläger ziehen aus der Schutzvorschrift des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II zu Unrecht den Schluss, hierbei handele es sich um die "gesetzgeberische Grundentscheidung einer Besserstellung von Eigentümern gegenüber Mietern", die Anlass gebe, auch die Angemessenheitsgrenze unterschiedlich zu bestimmen. Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung deutlich gemacht, dass § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II gerade keine Aussage zu den Kosten der Unterkunft trifft, sondern nur verhindern soll, dass ein selbst genutztes angemessenes Hausgrundstück oder eine solche Eigentumswohnung veräußert werden muss, bevor Grundsicherungsleistungen gewährt werden. Im Rahmen der Hilfegewährung nach dem SGB II sind dann aber nach den Grundsätzen des Art 3 Abs 1 GG alle Leistungsbezieher einheitlichen Kriterien zu unterwerfen, also auch Eigentümer und Mieter hinsichtlich der Leistungen, die dem Erhalt des Wohnraums dienen, gleich zu behandeln.

19

Ungeachtet der Frage, ob das Haus der Kläger tatsächlich eine geringere Wohnfläche aufweist als 110 qm, von denen das SG aufgrund der Angaben des Klägers zu 1 im Verwaltungsverfahren ausgegangen ist, und ob das Haus grundsätzlich unter die Schutzvorschrift des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II fällt (vgl hierzu: BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10), kommt es vorliegend allein darauf an, ob die Kosten für dieses Wohneigentum angemessen iS des § 22 Abs 1 SGB II sind.

20

4. Ungeachtet der Tatsache, dass innerhalb des Komplexes der Unterkunfts- und Heizkosten nicht eine weitere Begrenzung des Streitgegenstandes auf einzelne Elemente des Bedarfs bzw der Angemessenheitsprüfung stattfinden kann (vgl insoweit Urteil des Senats vom 7.7.2011 - B 14 AS 79/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen), wird vorliegend faktisch nur um die Höhe der reinen Unterhaltskosten gestritten, da aufgrund des Änderungsbescheides vom 13.2.2009 die Heizkosten, lediglich bereinigt um die Warmwasserkosten für die vier Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, in tatsächlicher Höhe übernommen wurden und das SG von der Angemessenheit der Heizkosten ausgegangen ist (§ 163 SGG).

21

Nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II werden im Rahmen des Arbeitslosengeldes II Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Zur Ermittlung der Leistung für die Unterkunft, auf die der dem Grunde nach leistungsberechtigte Hilfebedürftige Anspruch hat, ist in mehreren Schritten vorzugehen: Zunächst bedarf es zur Bestimmung der abstrakten Angemessenheit der Wohnkosten der Feststellung, welche Größe die von der Bedarfsgemeinschaft bewohnte Wohnung hat (dazu unter a), sodann ist unter Berücksichtigung des angemessenen einfachen Wohnungsstandards festzustellen, welche Nettokaltmiete pro qm Wohnfläche für die angemessene Wohnungsgröße auf dem Wohnungsmarkt des maßgeblichen Vergleichsraums zu zahlen ist (dazu unter b).

22

a) Zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (stRspr des BSG seit Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 19; zuletzt BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42). Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich grundsätzlich nach den Werten, die die Länder aufgrund des § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.9.2001 (BGBl I 2376) festgelegt haben. Mit Bezug auf die genannte Norm hat das SG eine angemessene Wohnungsgröße für vier Personen vom 85 qm festgestellt. Allerdings ist dabei nicht auf die maßgebliche Richtlinie über die Soziale Wohnraumförderung in Niedersachsen (Wohnraumförderungsbestimmungen ) vom 27.6.2003 idF vom 1.8.2008 (Nds MBl 2003, 580; 2008 862) Bezug genommen worden, sodass die angegebene Quadratmeterzahl aus dem Urteil des SG nicht nachvollzogen werden kann. Aus Nr 11 der WFB ergibt sich allerdings, dass eine Wohnfläche von 85 qm für vier Haushaltsmitglieder als angemessen anzusehen ist.

23

b) Es fehlt aber an Feststellungen zu den übrigen Parametern für die Ermittlung der abstrakten Angemessenheit der Unterkunftskosten. Die vom Beklagten entwickelten "Richtlinien zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten" entsprechen trotz des Bemühens, den Anforderungen gerecht zu werden, die die Rechtsprechung an ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten gestellt hat, in einem wesentlichen Punkt nicht den Vorgaben des BSG (vgl zB Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30; Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27). Der Beklagte geht nämlich von einer unzureichenden Datengrundlage aus bzw zieht aus den herangezogenen Daten nicht die sachlich gebotenen Schlüsse.

24

Zwar hat der Beklagte eine Datenbasis von 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Wohnungsbestands für die Ermittlung der angemessenen Mietwerte herangezogen (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R -), der ausgewählte Wohnungsbestand von 9788 Wohnungen setzt sich allerdings nur aus Wohnungen von Leistungsempfängern nach dem SGB II (zu 78 %), bzw SGB XII (zu 10 %) und Empfängern von Wohngeld (zu 12 %) zusammen. Damit können nur in der Rubrik der Wohngeldempfänger Wohnungen enthalten sein, die auch teurer sind als eine nach SGB II oder SGB XII angemessene Wohnung. Werden aber nur diese Wohnungen von Leistungsempfängern als Datengrundlage herangezogen und wird von den so erhaltenen Werten nochmals der Durchschnitt gebildet, so errechnet sich ein Angemessenheitswert, der unter dem Wert liegt, der für einen Teil der Leistungsempfänger als angemessen akzeptiert wird. Um diesen Zirkelschluss zu vermeiden, kann ein Leistungsträger auf alle Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand abstellen, also neben Wohnungen einfachen Standards auch auf solche mittleren und gehobenen Standards und dann aus den so gewonnenen Mietpreisen einen angemessenen Wert ermitteln (BSGE 104, 192, 197 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 21). Der Leistungsträger kann auch - wie vorliegend - bei der Datenerhebung nur die Wohnungen einfachen Standards zugrunde legen, muss als Angemessenheitsgrenze dann aber die obere Preisgrenze dieses Segments wählen. Das vom Beklagten gewählte Verfahren, die errechneten Durchschnittswerte um einen Sicherheitsaufschlag X zu erhöhen, stellt dagegen kein planmäßiges Vorgehen dar. Weder ist die Erhöhung für alle Wohnungsgrößen gleichmäßig erfolgt, noch ist überhaupt erkennbar und ggf mathematisch nachvollziehbar, wie sich die jeweilige Erhöhung errechnet.

25

Bei der Neujustierung der Angemessenheitsgrenze wird auch zu berücksichtigen sein, dass für die Datenerhebung nicht nur die Daten von tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen in Betracht kommen, sondern auch von bereits vermieteten (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19). Im Rahmen der Leistung für die Unterkunft ist sämtlicher Wohnraum zu berücksichtigen, der auch tatsächlich zu diesem Zweck vermietet wird, so etwa auch Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist (dazu näher und zu Ausnahmen von diesem Grundsatz BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30).

26

5. Sollte sich im wiedereröffneten Verfahren herausstellen, dass die tatsächlichen berücksichtigungsfähigen Unterkunftskosten der Kläger unangemessen hoch sind, so wird zu beachten sein, dass eine Erstattung dieser zu hohen Aufwendungen nur in Betracht kommt, wenn es dem Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs 1 Satz 3 SGB II). Es besteht eine Obliegenheit zur Kostensenkung ab Kenntnis der Unangemessenheit (stRspr vgl nur BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 70/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 8), hier also ab Zugang des Schreibens des Beklagten vom 23.4.2008.

27

Etwas anderes gilt nur, wenn Kostensenkungsmaßnahmen nicht möglich sind (dazu a) oder subjektiv nicht zumutbar (dazu b). Die Kläger verkennen, dass § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II selbst bei Vorliegen von "Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit" vorsieht, dass nach spätestens sechs Monaten nur noch die Aufwendungen in Höhe der Referenzmiete erstattet werden sollen (Regelfall). Die Erstattung nicht angemessener Kosten der Unterkunft bleibt der durch sachliche Gründe begründungspflichtige Ausnahmefall, die Obliegenheit zur Kostensenkung bleibt auch bei Unmöglichkeit oder subjektiver Unzumutbarkeit grundsätzlich bestehen. Wegen des Ausnahmecharakters sind strenge Anforderungen an die Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Unmöglichkeit und der Unzumutbarkeit zu stellen (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19).

28

a) Eine objektive Unmöglichkeit einer Unterkunftsalternative wird bei Abstellen auf hinreichend große Vergleichsräume nur in seltenen Ausnahmefällen zu begründen sein. In Deutschland gibt es derzeit keine allgemeine Wohnungsnot und allenfalls in einigen Regionen Mangel an ausreichendem Wohnraum (vgl schon zum Sozialhilferecht BVerwGE 101, 194). Vorliegend ergibt sich aus den Richtlinien des Beklagten zur konkreten Angemessenheit, dass der Landkreis Cuxhaven innerhalb der letzten fünf Jahre mehr als 3000 Einwohner verloren hat, was bei einer durchschnittlichen Haushaltsgröße von 2,1 Personen fast 1500 Haushalten entspricht. Selbst wenn man davon ausgeht, dass von den hierdurch frei gewordenen Wohnungen nur ein Teil für die Empfänger von Grundsicherungsleistungen in Betracht kommt, spricht dies eher für einen Angebotsüberschuss. Eine objektive Unmöglichkeit, eine angemessene Wohnalternative zu finden, dürfte daher kaum bestehen.

29

b) Auch eine subjektive Unzumutbarkeit ist vorliegend nicht zu erkennen. Zwar wird grundsätzlich respektiert, dass von einem Hilfebedürftigen nicht die Aufgabe seines sozialen Umfeldes verlangt werden kann (BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 21). Dies bedeutet jedoch nicht, dass keinerlei Veränderungen der Wohnraumsituation stattfinden dürfen. Vielmehr sind auch Anfahrtswege mit öffentlichen Verkehrsmitteln hinzunehmen, wie sie ja auch zB erwerbstätigen Pendlern selbstverständlich zugemutet werden (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 33 bis 35).

Tenor

Auf die Revision des Beklagten zu 2 wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 19. November 2009 aufgehoben und die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lüneburg vom 18. Mai 2006 zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander in allen drei Instanzen keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren im vorliegenden Rechtsstreit höhere Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) für den Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005, insbesondere verlangen sie die Berücksichtigung eines von ihnen monatlich zu leistenden Tilgungsbetrags für den Erwerb eines Einfamilienhauses in Höhe von 350 Euro im Rahmen der KdU.

2

Die 1970 geborene Klägerin zu 1 und der 1967 geborene Kläger zu 2 lebten im streitigen Zeitraum mit ihren Kindern, den im Januar 1995 und im Oktober 1996 geborenen Klägern zu 3 und zu 4, in einer Bedarfsgemeinschaft. Der Kläger zu 2 ist im Jahre 2008 umgezogen.

3

Mit notariellem Vertrag vom 19.8.2003 erwarb die Klägerin zu 1 ein im Jahr 1945 bezugsfertig gewordenes Einfamilienhaus in einem an der Elbe im Landkreis Lüchow-Dannenberg gelegenen Dorf, das sie mit den Kindern bis heute bewohnt. Nach Angaben der Klägerin zu 1 beträgt die Wohnfläche 100 qm und verteilt sich auf vier Zimmer. Der vereinbarte Kaufpreis betrug 60 000 Euro. Das Grundstück war in Abteilung III des Grundbuchs lastenfrei. In § 4 des Vertrages heißt es:

4
"Der in § 1 aufgeführte Kaufpreis wird dem Käufer zinslos gestundet und ist in monatlichen Teilbeträgen in Höhe von 350,00 Euro, beginnend ab 01.09.2003, zu tilgen. … Die Kaufgeldforderung des Verkäufers soll durch Eintragung einer Kaufgeldhypothek in das Grundbuch abgesichert werden. … Sondertilgungen sind jederzeit zulässig. Sollte der Käufer mit mehr als 2 Monatsraten in Verzug geraten, ist der noch gegebene Kaufgeldbetrag sofort in einer Summe fällig. Der Käufer unterwirft sich wegen der Kaufgeldforderung der sofortigen Zwangsvollstreckung in den belasteten Grundbesitz. …"
5

Die Übergabe des Kaufobjekts erfolgte am 1.9.2003.

6

Am 21.9.2004 beantragte die Klägerin zu 1 bei der zu 1 beklagten Bundesagentur für Arbeit Leistungen für sich und die Familie. Die Klägerin zu 1, eine ausgebildete Gärtnerin, stand seit 12.9.1990 mit Unterbrechungen im Leistungsbezug der Beklagten zu 1. Vor dem 1.1.2005 bezog sie zuletzt vom 27.6.2001 bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe (Alhi). Der Kläger zu 2, ein ausgebildeter Tischler, bezog zuletzt Alhi in der Zeit vom 27.7.2002 bis zum 31.12.2004. Zum Zeitpunkt der Antragstellung für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im September 2004 erzielte die Klägerin zu 1 im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung monatlich brutto/netto 388,50 Euro. Bei Antragstellung wurden im Übrigen Angaben zu den Hauskosten in der Zeit zwischen 2003 und 2005 gemacht. Mit Bescheid vom 15.12.2004 bewilligte die Beklagte zu 1 für den Zeitraum von Januar bis April 2005 den Klägern insgesamt 729,08 Euro (Regelleistung 684,35 Euro, KdU 44,73 Euro). Über den dagegen von den Klägern eingelegten Widerspruch entschied die Beklagte zu 1 mit Widerspruchsbescheid vom 1.2.2005 hinsichtlich der Regelleistung und verwies darauf, dass für die KdU der kommunale Träger zuständig sei, der auch über den Widerspruch entscheide.

7

Der zu 2 beklagte Landkreis bewilligte mit Bescheid vom 12.4.2005 für den Zeitraum von März bis Juni 2005 monatlich 129 Euro für die KdU (Nebenkosten 65,03 Euro, Heizkosten ohne Warmwasseranteile 63,75 Euro), wogegen ebenfalls Widerspruch eingelegt wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 13.5.2005 half der Beklagte zu 2 dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.12.2004 hinsichtlich der KdU insoweit ab, als er auch für die Monate Januar und Februar 2005 monatlich 129 Euro bewilligte. Der weitergehende Widerspruch, mit dem die Kläger die Übernahme der an die Verkäufer monatlich zu zahlenden 350 Euro als KdU begehrt hatten, blieb erfolglos.

8

Das Sozialgericht (SG) Lüneburg hat die dagegen erhobene Klage mit Gerichtsbescheid vom 18.5.2006 mit der Begründung abgewiesen, die Schuldentilgung diene der Vermögensbildung und sei mit dem Zweck der steuerfinanzierten Leistungen zur Grundsicherung nicht vereinbar. Auf die Berufung der Kläger hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen den Gerichtsbescheid vom 18.5.2006 aufgehoben und den Beklagten zu 2 verurteilt, den Klägern bis zum 30.6.2005 über die erbrachten Leistungen in Höhe von 129 Euro hinaus monatlich 350 Euro an KdU zu zahlen. Diese 350 Euro überstiegen die für eine Mietwohnung anzusetzenden angemessenen Kosten, die sich mangels eigener Erhebungen des Beklagten zu 2 aus den Tabellenwerten des § 8 Wohngeldgesetz ergäben, nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei auch die Übernahme der Tilgungsleistungen unter bestimmten Voraussetzungen anerkannt worden.

9

Dagegen wendet sich der Beklagte zu 2 mit der vom Senat zugelassenen Revision. Zur Begründung wird ausgeführt, in dem Urteil des LSG würden keine bzw unzureichende Feststellungen zu dem Tatbestandsmerkmal der Hilfebedürftigkeit getroffen. Im Übrigen könne das Urteil auch deshalb keinen Bestand haben, weil es hier um den Maximalfall einer Komplettfinanzierung des Eigentumserwerbs durch Sozialleistungen gehe. Die Übernahme der Tilgungsbeträge zweckentfremde die Leistungen der KdU als gezieltes Finanzierungsmodell zur Vermögensbildung. Leistungen an Mieter und Eigentümer seien zudem nicht erst bei einer Endbetrachtung miteinander zu vergleichen, sondern die Unterschiede in der Kostenstruktur in Bezug auf Vermietergewinn, Abschreibung und Erhaltungsaufwendungen müssten dergestalt berücksichtigt werden, dass ein Abschlag von 30 % von der Vergleichsmiete vorzunehmen sei. Im Übrigen sei auch nur eine Wohnfläche von 85 qm für vier Personen angemessen.

10

Der Beklagte zu 2 beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 19. November 2009 aufzuheben und die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lüneburg vom 18. Mai 2006 zurückzuweisen.

11

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

12

Sie halten das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Beklagten zu 2 ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Das angegriffene Urteil des LSG war aufzuheben, denn den Klägern steht kein Anspruch auf höhere Kosten der Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung von monatlichen Tilgungsraten von 350 Euro für das selbst genutzte Einfamilienhaus nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) für den Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005 zu.

14

1. Auf Klägerseite hat das LSG zu Recht die Kläger zu 1 bis 4 als Beteiligte angesehen. Die Kinder der Kläger zu 1 und 2, die Kläger zu 3 und 4, sind im Gerichtsbescheid des SG zwar nicht aufgeführt worden, sie sind aber zutreffend nach dem Meistbegünstigungsprinzip (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1 = SGb 2007, 308)als Kläger in das Rubrum aufgenommen worden. Auf Beklagtenseite hat nur der Beklagte zu 2 Anträge gestellt; die Beklagte zu 1 ist am Rechtsstreit nur insofern beteiligt, als sie aufgrund der Übergangsregelung des § 65a Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II den ersten Bescheid (vom 15.12.2004) erstellt hat.

15

2. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) sind der ursprüngliche Bescheid der Beklagten zu 1 vom 15.12.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten zu 2 vom 13.5.2005 bezüglich der KdU (im Übrigen wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid der Beklagten zu 1 vom 1.2.2005 zurückgewiesen) und der Bescheid des Beklagten zu 2 vom 12.4.2005 ebenfalls in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.5.2005. Mit diesen Bescheiden sind den Klägern im Ergebnis durchgehend von Januar bis Juni 2005 KdU in Höhe von 129 Euro monatlich (Nebenkosten 65,03 Euro, Heizkosten ohne Warmwasseranteile 63,75 Euro) zugestanden worden. Die darüber hinausgehende Berücksichtigung der an die Verkäufer des Eigenheims zur Abtragung des Kaufpreises monatlich zu zahlenden 350 Euro als KdU ist dagegen abgelehnt worden.

16

Die Tatsache, dass vorliegend explizit nur um den Betrag von 350 Euro gestritten wird, führt zwar entgegen der Auffassung des LSG nicht zu einer (weiteren) Begrenzung des Streitgegenstandes, denn eine solche Begrenzung kann - jedenfalls nach der bis Ende 2010 geltenden Rechtslage - nur für den Gesamtkomplex der Unterkunfts- und Heizkosten stattfinden (vgl nur BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 ff). Allerdings hat das LSG vorliegend festgestellt, dass der von den Klägern geforderte Betrag von 350 Euro die für eine Mietwohnung angemessenen Kosten nicht übersteigt, ohne dass dies durch Verfahrensrügen angegriffen worden wäre (§ 163 SGG). Danach ist revisionsrechtlich nur noch im Streit, ob der Betrag von 350 Euro monatlich vom Beklagten zu 2 gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II als KdU zu übernehmen ist, obwohl es sich hierbei um Tilgungsleistungen handelt.

17

3. a) Bei Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen im Übrigen sind gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit sie angemessen sind. Die Angemessenheit von mit der Nutzung von Eigentum verbundenen Kosten ist nach der Rechtsprechung des BSG an den Kosten zu messen, die für Mietwohnungen angemessen sind, dh die Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten ist für Mieter und Hauseigentümer nach einheitlichen Kriterien zu beantworten (vgl dazu grundlegend BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10).

18

b) Zu den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in dem genannten Sinne, für die Leistungen zu erbringen sind, gehören grundsätzlich nicht die von den Klägern verlangten Tilgungsraten (Urteil des erkennenden Senats vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 24). Die Leistungen nach dem SGB II sind auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt und sollen nicht der Vermögensbildung dienen (vgl BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 24 unter Bezugnahme auf BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Oktober 2009, § 22 RdNr 74; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 27 ff). Ausnahmen von diesem Grundsatz sind im Hinblick auf den im SGB II ausgeprägten Schutz des Grundbedürfnisses "Wohnen" nur in besonderen Ausnahmefällen angezeigt, wenn es um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen ist (Urteil des erkennenden Senats vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 67/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 13). Im Übrigen ist der Eigentümer grundsätzlich ebenso wenig wie der Mieter davor geschützt, dass sich die Notwendigkeit eines Wohnungswechsels ergeben kann (vgl Urteile des erkennenden Senats vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 70/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 8 zur Kostensenkungsaufforderung und Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 86 = SozR, aaO, zum Wohnungswechsel wegen unangemessen hoher Unterkunftskosten).

19

c) Ein derartiger Ausnahmefall, wie ihn der Senat im Verfahren B 14/11b AS 67/06 R (Urteil vom 18.6.2008, aaO) angenommen hat, ist hier nicht gegeben. Dort war die mit Hilfe eines Annuitätendarlehens finanzierte Eigentumswohnung bereits weitgehend abgezahlt, sodass die zu zahlende Rate in erster Linie aus einem Tilgungsanteil bestand (Tilgungsanteil im streitgegenständlichen Zeitraum knapp 80 %, zuletzt betrug der Zinsanteil nur noch 2,78 Euro). Für diesen Fall hat der Senat entschieden, dass jedenfalls dann, wenn die Kosten in Form von Tilgungsleistungen unvermeidbar sind, weil ansonsten der Verlust des selbst genutzten Wohneigentums droht, eine Übernahme der Tilgungsleistungen als KdU iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Betracht kommt. Die Entscheidung trägt damit auch der Überlegung Rechnung, dass bei ausschließlicher Berücksichtigung von Schuldzinsen als KdU Bezieher von Arbeitslosengeld II (Alg II), die Wohneigentum gerade erst erworben haben und bei denen die Zinszahlungen gegenüber den Tilgungsraten bei Weitem überwiegen, ungerechtfertigt bevorzugt werden gegenüber denjenigen Hilfebedürftigen, die aufgrund der Besonderheiten eines Annuitätendarlehens durch weitgehende Zahlung der Zinsen in Vorleistung treten mussten und bei denen schließlich die Abzahlungen fast nur noch aus Tilgungsleistungen bestehen. Entscheidend ist, dass es in solchen Fällen in der Regel nur um die Tilgung einer Restschuld geht und die Vermögensbildung bereits weitgehend abgeschlossen ist, sodass der Aspekt des Vermögensaufbaus aus Mitteln der Existenzsicherung gegenüber dem auch vom SGB II verfolgten Ziel, die Beibehaltung der Wohnung zu ermöglichen, zurücktritt.

20

d) Vorliegend geht es nicht darum, dass ein langjährig bewohntes und bereits fast abbezahltes Wohneigentum erhalten bleibt. Die vereinbarten Tilgungsleistungen dienen nicht zur Abtragung eines Restkaufpreises, sondern werden über viele Jahre hinweg zu zahlen sein, um letztlich den Gesamtkaufpreis von 60 000 Euro zu begleichen. Dabei kann hier dahinstehen, ob der Annahme eines Ausnahmefalls bereits entgegensteht, dass die Kläger die Immobilie zu einem Zeitpunkt erworben haben, in dem bereits Hilfebedürftigkeit bestand und sie zur Sicherung ihres Lebensunterhalts auf Alhi angewiesen waren. Es spricht einiges dafür, dass in einem solchen Fall das vom Senat in seiner Entscheidung vom 18.6.2008 beschriebene Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz des Wohneigentums einerseits und der aktuellen Existenzsicherung andererseits, die einer Vermögensbildung durch Alg-II-Leistungen entgegensteht, von vornherein nicht besteht, weil das SGB II beim Schutz des Wohneigentums von der Vorstellung ausgeht, dass der Erwerb der Immobilie außerhalb des Leistungsbezugs eingetreten ist.

21

Jedenfalls fehlen aber in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem Schuldzinsen von vornherein nicht anfallen, weil der Kaufpreis zinslos gestundet wird, und bei Beginn des Bezugs von Grundsicherungsleistungen erst ein geringer Teil des Kaufpreises getilgt worden ist, Anhaltspunkte für die Annahme eines Ausnahmefalls, der die Berücksichtigung von Tilgungsleistungen als Leistungen für Unterkunft und Heizung iS des § 22 Abs 1 SGB II rechtfertigen könnte. In einem derartigen Fall stünde die Vermögensbildung durch öffentliche Mittel ganz im Vordergrund und wäre nicht lediglich Nebenfolge der mit der Kostenübernahme bezweckten Vermeidung eines Verlustes der Unterkunft als räumlichem Lebensmittelpunkt.

22

4. Da der Beklagte zu 2 durch die Aufhebung des zweitinstanzlichen Urteils sein Revisionsbegehren erreicht, war nicht mehr zu klären, ob dem LSG bei der Ermittlung der Hilfebedürftigkeit der Kläger Verfahrensfehler unterlaufen sind.

23

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. Februar 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 18. März 2009 geändert, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, den Klägern mehr als 478,35 Euro der mit Bescheid der Stadt Düren vom 14. Mai 2008 festgesetzten Kosten für die Verlegung von Anschlusskanälen als Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 31. Juli 2008 zu gewähren. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt 4/5 der außergerichtlichen Kosten in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Der Beklagte wendet sich gegen seine Verurteilung zur Übernahme von einmalig angefallenen Kosten in Höhe von 584,65 Euro für die Sanierung des Kanalhausanschlusses als Kosten der Unterkunft durch die Vorinstanzen.

2

Der Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 sind Eigentümer des 390 qm großen Grundstücks S straße in D, das mit einem Wohnhaus (Wohnfläche 180 qm) bebaut ist. Sie leben mit ihren sieben (im streitigen Zeitraum minderjährigen) Kindern, den Klägern zu 3 bis 9, gemeinsam mit zwei weiteren, nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Familienangehörigen in diesem Haus. Sie beziehen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Unter anderem gewährte der Beklagte für die Zeit vom 1.8.2007 bis zum 31.7.2008 Leistungen in Höhe von insgesamt 1545,16 Euro monatlich (Bescheid vom 17.7.2007). Als Kosten der Unterkunft legte er dabei monatliche Gesamtkosten in Höhe von 429,85 Euro (9/11 der Gesamtkosten von 525,37 Euro) sowie monatliche Heizkostenanteile in Höhe von 90 Euro (9/11 von 110 Euro) zugrunde. Für die Zeit ab 1.4.2008 änderte der Beklagte die Bewilligungsentscheidung und bewilligte Leistungen in Höhe von 1562,99 Euro monatlich und dabei ua Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 537,68 Euro, wobei er Hauslasten in Höhe von 423,14 Euro monatlich und Kosten für Heizung in Höhe von 114,54 Euro monatlich berücksichtigte (Bescheid vom 18.4.2008). Für die Zeit ab 1.7.2008 bewilligte er schließlich Leistungen in Höhe von 1591,99 Euro monatlich; die Kosten der Unterkunft und Heizung blieben insoweit unverändert.

3

Mit Bescheid über die Festsetzung und Erhebung der Kosten für die Erneuerung oder Ausbesserung der Anschlusskanäle für das Grundstück vom 14.5.2008 setzte die Stadt Düren gegenüber dem Kläger zu 1 Anschlusskosten für die Verlegung von Anschlusskanälen in Höhe von 584,65 Euro fest. Der Betrag werde einen Monat nach Bekanntgabe fällig. Der Kläger zu 1 beantragte die Übernahme dieser Kosten bei dem Beklagten. Er sei nicht bereit für diese Kosten aufzukommen, da er die Erneuerung bzw Ausbesserung der Anschlusskanäle nicht gewollt habe (Schreiben vom 24.5.2008). Den Antrag lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 23.7.2008; Widerspruchsbescheid vom 14.8.2008).

4

Der hiergegen zum Sozialgericht (SG) Aachen erhobenen Klage hat das SG stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen zur Übernahme der mit Bescheid vom 14.5.2008 festgesetzten Kosten in Höhe von 584,65 Euro verurteilt (Urteil vom 18.3.2009). Die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen zurückgewiesen (Urteil vom 25.2.2010). Zur Begründung hat es ausgeführt, bei den mit Bescheid vom 14.5.2008 festgesetzten Kosten handele es sich um Aufwendungen für Unterkunft und Heizung iS des § 22 Abs 1 SGB II. Zu den erstattungsfähigen Aufwendungen für die Unterkunft bei Eigenheimen gehörten alle mit dem Eigentum verbundenen notwendigen Ausgaben, die bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen seien. § 7 Abs 2 der Verordnung (VO) zu § 82 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) sei - wie schon unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes - insoweit entsprechend anzuwenden(Hinweis auf BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 38 und BVerwGE 77, 232). Bei den im vorliegenden Fall gemäß § 10 Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG NRW) in Verbindung mit der Entwässerungssatzung sowie der Beitragssatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt Düren festgesetzten und erhobenen Kosten handele es sich um einen Kostenersatz, der wie eine sonstige öffentliche Abgabe iS des § 7 Abs 2 Satz 1 Nr 2 VO zu § 82 SGB XII zu werten sei, auch wenn es sich rechtstechnisch (anders als in anderen Bundesländern) nicht um eine Gebühr handele, sondern um eine öffentlich-rechtliche Entgeltleistung besonderer Art. Der Senat halte es für geboten, den Begriff der öffentlichen Abgabe in § 7 Abs 2 Satz 1 Nr 2 VO zu § 82 SGB XII sozialrechtlich auf den vorliegend geltend gemachten Kostenersatzanspruch gemäß § 10 KAG NRW auszudehnen. Für eine je nach Bundesland unterschiedliche Behandlung solcher Kostenersatzansprüche sei ein sachlicher Grund nicht gegeben. Zudem ruhe der Kostenersatzanspruch nach § 10 KAG NRW als öffentliche Last auf dem Grundstück(Hinweis auf OVG NRW Urteil vom 10.8.1998 - 22 A 2059/95). Entgegen der Auffassung des Beklagten komme es damit auf eine Unterscheidung zwischen werterhaltenden und wertsteigernden Ausgaben nicht an. Eine Übernahme der als sonstige öffentliche Abgabe zu qualifizierenden Kosten werde allein durch das Kriterium der Angemessenheit begrenzt. An der Angemessenheit der Kosten bestünden vorliegend keine Zweifel, weil schon die von dem Beklagten als für die Bedarfsgemeinschaft angemessen angesehene Kaltmiete in Höhe von 744,54 Euro monatlich nicht überschritten würde.

5

Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten. Die vom LSG vorgenommene Auslegung unter dem Gesichtspunkt einer einheitlichen Belastung über alle Bundesländer hinweg überzeuge nicht. Eine "sozialrechtliche Ausdehnung" und damit bundeseinheitliche Anwendung der jeweils für den Hilfebedürftigen günstigsten landesrechtlichen Vorschriften sei vom Bundessozialgericht (BSG) schon bei der Bestimmung der Flächenwerte für eine "angemessene Unterkunft" verworfen worden (BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19). Damit habe das BSG bewusst Ungleichbehandlungen von Bundesland zu Bundesland in Kauf genommen. § 7 Abs 2 Satz 1 Nr 2 der VO zu § 82 SGB XII könne keine Anwendung finden, denn sonstige öffentlich-rechtliche Entgeltleistungen besonderer Art seien nicht erfasst.

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. Februar 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 18. März 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie halten die Entscheidungen von SG und LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Beklagten ist nur zu einem Teil begründet, im Übrigen aber unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). SG und LSG sind im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass den Klägern wegen der im laufenden Bewilligungsabschnitt fällig gewordenen Kosten für die Erneuerung oder Ausbesserung der Anschlusskanäle für das Grundstück höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen. Insoweit ist mit Fälligkeit der Kosten im Juni 2008 eine wesentliche Änderung iS von § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gegenüber den Verhältnissen eingetreten, die bei Erlass der Bescheide vom 17.7.2007 und vom 18.4.2008 für den Zeitraum vom 1.8.2007 bis zum 31.7.2008 hinsichtlich der Kosten für Unterkunft und Heizung vorlagen (dazu unter 2 a). Allerdings ist der von diesem Zeitpunkt an geänderte, aktuelle tatsächliche Bedarf der Kläger an Kosten der Unterkunft und Heizung nur in Höhe der auf sie entfallenden Kopfteile an den Gesamtkosten für das von elf Personen bewohnte Haus zu berücksichtigen (dazu unter 2 b). Die danach berücksichtigungsfähigen Kosten in Höhe von 478,35 Euro (9/11 von 584,65 Euro) sind mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse zugunsten der Kläger zu berücksichtigen, denn die Kosten für Unterkunft und Heizung stellen sich auch unter Einschluss dieser weiteren Kosten als angemessen dar (dazu unter 2 c).

10

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 23.7.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.8.2008, mit dem der Beklagte die Übernahme der im Mai 2008 festgesetzten und im Juni 2008 fällig gewordenen Kosten für die Erneuerung und Ausbesserung der Anschlusskanäle als Kosten der Unterkunft und Heizung abgelehnt hat. Gegen diese Bescheide wenden sich die Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG). Bereits mit ihrem Antrag vor dem SG haben die Kläger den Streitstoff inhaltlich ausdrücklich auf höhere Kosten für Unterkunft und Heizung beschränkt (zur Zulässigkeit einer derartigen Beschränkung vgl nur BSGE 97, 217 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18; zur rechtlich nicht möglichen weiteren Aufspaltung des Streitgegenstands, etwa in Unterkunfts- und Heizkosten: BSG, aaO, RdNr 18, 22). Der Höhe nach ist die Überprüfung im Revisionsverfahren auf weitere Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 584,65 Euro begrenzt, weil nur der Beklagte durch die Urteile von SG und LSG beschwert ist und Revision eingelegt hat.

11

2. Die Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides misst sich an § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch und § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X, weil der Beklagte den Klägern mit den vorangegangenen Bewilligungsbescheiden vom 17.7.2007 und vom 18.4.2008 Kosten für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 1.8.2007 bis 31.7.2008 bewilligt hatte und die Fälligkeit der weiteren, streitigen Kosten zeitlich in diesen Bewilligungsabschnitt fällt. Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, hier also der Bescheid vom 17.7.2007 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 18.4.2008, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt. Dabei sind bei der Frage, ob bzw inwieweit eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse - bezogen auf die hier streitigen Kosten der Unterkunft und Heizung - dazu führt, dass die ursprünglichen Bewilligungsbescheide abzuändern sind, grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (vgl nur BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 38 RdNr 12 mwN) .

12

Die Kläger erfüllten im Zeitraum vom 1.8.2007 bis 31.7.2008 die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 iVm § 19 Satz 1, § 22 SGB II. Damit haben sie ua Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen sind. Es ergeben sich nach den Feststellungen des LSG und dem Vortrag der Beteiligten dabei keine Anhaltspunkte dafür, dass die mit Bescheiden vom 17.7.2007 und vom 18.4.2008 für den Zeitraum vom 1.8.2007 bis 31.7.2008 bewilligten Kosten für Unterkunft und Heizung ursprünglich unzutreffend festgesetzt sein könnten.

13

a) Eine gegenüber den ursprünglichen Bewilligungen mit Bescheiden vom 17.7.2007 und vom 18.4.2008 wesentliche Änderung in den Verhältnissen ist mit der Fälligkeit der mit Bescheid der Stadt Düren vom 14.5.2008 festgesetzten und erhobenen Kosten für die Verlegung von Anschlusskanälen im Juni 2008 eingetreten. Für diesen Monat sind höhere tatsächliche Kosten für Unterkunft und Heizung entstanden, die entgegen der Auffassung des Beklagten dem Grunde nach berücksichtigungsfähig im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind.

14

Zu den grundsätzlich berücksichtigungsfähigen Aufwendungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II für die Unterkunft in Eigenheimen gehören neben den zur Finanzierung geleisteten Schuldzinsen auch die Nebenkosten, wie zB Beiträge zur Wohngebäudeversicherung, Grundsteuern, Wasser- und Abwassergebühren und ähnliche Aufwendungen im jeweils maßgebenden Bewilligungszeitraum. Wird ein Eigenheim bewohnt, zählen zu den Kosten der Unterkunft die Aufwendungen, die der Leistungsberechtigte als mit dem Eigentum unmittelbar verbundene Lasten zu tragen hat. Soweit solche Kosten in einer Summe fällig werden, sind sie als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen, nicht aber auf längere Zeiträume zu verteilen (vgl etwa BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 36).

15

Bei den streitigen Anschlusskosten handelt es sich um solche einmalig anfallenden Lasten, die im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II berücksichtigungsfähig sind. Bei der Frage nach den berücksichtigungsfähigen Kosten für Unterkunft und Heizung bei selbst genutzten Eigenheimen geht es nur darum, diejenigen Kosten zu bestimmen, die tatsächlich und untrennbar mit der Nutzung des Hausgrundstücks anfallen. Insoweit hat das LSG im Einzelnen unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen ausgeführt, dass die Anschlusskosten nach § 10 KAG NRW als öffentliche Last auf dem Grundstück liegen. Sie erwachsen nach den Feststellungen des LSG aus dem gemeindlichen Anschluss- und Benutzungszwang, dem der Grundstückseigentümer unterworfen ist, und sind so ausgestaltet, dass sie für den Eigentümer unvermeidbare und unmittelbar mit der Nutzung des Grundstücks verbundene Lasten sind. An diese Auslegung der landesrechtlichen Vorschriften ist der Senat gebunden (§ 162 SGG). Auf die weitergehende landesrechtliche Ausgestaltung solcher Lasten als Gebühr oder öffentlich-rechtliche Entgeltleistung besonderer Art kommt es nach Sinn und Zweck des § 22 SGB II nicht an. Inwieweit eine Übernahme solcher öffentlich-rechtlicher Lasten, denen sich der Hauseigentümer nicht entziehen kann, durch den Träger der Grundsicherung als gerechtfertigt anzusehen ist, ist allein eine Frage der Angemessenheit solcher Kosten, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat.

16

Dagegen ist unerheblich, ob die Einbeziehung dieser Kosten von Wortlaut und Sinn und Zweck des § 7 Abs 2 Satz 1 Nr 2 VO zu § 82 SGB XII gedeckt ist, wie das LSG meint. § 7 VO zu § 82 SGB XII ist für die Feststellung, welche (Neben)Kosten für Eigentümer als berücksichtigungsfähige Kosten anzusehen sind, (nur) entsprechend anzuwenden(BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 38). Die dort genannten Kosten können nur Anhaltspunkt dafür sein, in welchem Umfang berücksichtigungsfähige Kosten im Rahmen des § 22 SGB II entstehen. Bereits aufgrund ihrer systematischen Stellung kommt der Regelung bei der Konkretisierung des Begriffs der Aufwendungen für Unterkunft keine bindende Wirkung zu (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 17 RdNr 16).

17

Schließlich kann dahinstehen, ob die von der Stadt Düren vorgenommenen Kanalausbesserungen, die den streitigen Kosten zugrunde liegen, als notwendige Erhaltungsmaßnahmen auch aus diesem Grund zu den berücksichtigungsfähigen Kosten gehören.

18

b) Allerdings sind auch einmalig anfallende Kosten bei der Nutzung eines Eigenheimes von mehreren Personen nicht in vollem Umfang, sondern nur anteilig pro Kopf zu berücksichtigen. Da nur neun der insgesamt elf Familienmitglieder als Hilfebedürftige nach den Feststellungen des LSG eine Bedarfsgemeinschaft bilden und nur deren Kosten der Unterkunft im vorliegenden Verfahren von dem Beklagten geltend gemacht werden können, belaufen sich die weiteren, im Monat Juni 2008 berücksichtigungsfähigen Kosten auf 478,35 Euro und nicht auf 584,65 Euro, wie die Vorinstanzen meinen. Nutzen Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, so sind die Kosten der Unterkunft im Regelfall unabhängig von Alter oder Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Personen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft sind (stRspr, vgl etwa BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 33 mwN). Unerheblich ist insoweit auch, dass nur der Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 als Grundstückeigentümer von der Stadt Düren wegen der streitigen Kosten in Anspruch genommen worden sind.

19

c) Die danach berücksichtigungsfähigen einmaligen Kosten in Höhe von 478,35 Euro erweisen sich schließlich auch als angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, sodass sich die Verurteilung des Beklagten zu ihrer Übernahme insoweit als zutreffend erweist.

20

Die Angemessenheit von mit der Nutzung von Eigentum verbundenen Kosten ist nach der Rechtsprechung des BSG an den Kosten zu messen, die für Mietwohnungen angemessen sind (im Einzelnen nur BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10). Diese Rechtsprechung ist dahin zu konkretisieren, dass der Vergleich zwischen den Kosten für eine im örtlichen Vergleichsraum abstrakt angemessene Nettokaltmiete und den Kosten, die bei der Nutzung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen entstehen, an Hand der im Kalenderjahr anfallenden Kosten vorzunehmen ist. Dies rechtfertigt sich daraus, dass üblicherweise vor allem die Betriebskosten für Eigenheime (etwa Grundsteuern, Beiträge zur Versicherungen, Wasser- und Abwassergebühren) nicht monatlich, sondern jährlich, halbjährlich oder vierteljährlich anfallen. Um die regelmäßigen Kosten von Eigenheimen realistisch abzubilden, erscheint eine monatliche Betrachtungsweise damit nicht geeignet. Andererseits berücksichtigt die Prüfung der Angemessenheit von Kosten bezogen auf einen Jahreszeitraum, dass nach § 41 Abs 1 Satz 5 SGB II aF Leistungen (wie dies vorliegend geschehen ist) längstens für ein Jahr bewilligt werden dürfen. Längstens für diesen Zeitraum kann davon ausgegangen werden, dass wesentliche Veränderungen in den Lebensverhältnissen eines Hilfebedürftigen nicht eintreten. Die Prüfung der Angemessenheit von Gesamtkosten bezogen auf ein Jahr bedeutet allerdings - wie bereits ausgeführt - nicht, dass tatsächlich einmalig anfallende Kosten vom Träger der Grundsicherung über längere Zeiträume verteilt zu gewähren wären.

21

Nach den Feststellungen des LSG hält der Beklagte eine monatliche Kaltmiete (ohne Nebenkosten) in Höhe von 744,54 Euro, mithin eine Jahreskaltmiete in Höhe von 8934,48 Euro für eine neunköpfige Bedarfsgemeinschaft für angemessen. Diese Kosten, die die üblichen von Mietern zu zahlenden (kalten) Nebenkosten noch nicht enthalten (vgl dazu zuletzt BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - RdNr 33, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), werden mit den auf die Kläger entfallenden, von dem Beklagten als berücksichtigungsfähig anerkannten Anteilen der Gesamtkosten des Hauses im Jahre 2008 (5097,81 Euro zuzüglich Heizkosten) bei weitem nicht erreicht. Der vom LSG mitgeteilte Sachverhalt gibt mithin keinen Anlass an der Angemessenheit der Gesamtkosten des Eigenheimes auch unter Einschluss der einmalig angefallenen Kosten für die Verlegung der Kanalanschlüsse in Höhe von 478,35 Euro zu zweifeln.

22

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 23. Januar 2012 wird hinsichtlich höherer Leistungen für die Monate Januar, April und Juni 2005 zurückgewiesen.

Im Übrigen wird auf die Revision des Klägers das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 23. Januar 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten sind Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), insbesondere höhere Leistungen für die Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1.1. bis zum 30.6.2005.

2

Der im Jahr 1953 geborene Kläger, der bis zum 31.3.2003 Arbeitslosengeld bezog, bewohnt zusammen mit seiner Mutter ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 110 m², das über keine abgeschlossenen Wohnungen verfügt. Alleine bewohnen der Kläger 11,5 m² und seine Mutter 20,5 m², die restliche Wohnfläche von 78 m² nutzen beide. Gemäß notariellem Vertrag vom 28.8.1995 hat die Mutter das Hausgrundstück dem Kläger zum Eigentum überlassen, im Gegenzug übernahm der Kläger die auf dem Grundstück lastenden Grundpfandrechte (damals in Höhe von ca 49 000 DM), räumte seiner Mutter auf Lebenszeit ein unentgeltliches Wohnrecht in einem Teil des Hauses ein und verpflichtete sich, die Kosten für Licht, Heizung, Gas, Wasser, Abwasser auch für die Räume seiner Mutter zu übernehmen. Die Schwester des Klägers verzichtete in demselben Vertrag auf ihre erbrechtlichen Pflichtteilsansprüche wegen des Hausgrundstücks. Seinem Antrag auf Leistungen nach dem SGB II bei der Rechtsvorgängerin des beklagten Jobcenters (im Folgenden auch: Beklagter) fügte der Kläger mehrere Abrechnungen über Nebenkosten in Verbindung mit dem Hausgrundstück bei. Gegen den Bewilligungsbescheid vom 15.12.2004 des Beklagten legte der Kläger Widerspruch ein. Daraufhin bewilligte der Beklagte ihm vom 1.1. bis 30.6.2005 monatlich 75,64 Euro als Kosten der Unterkunft und Heizung (Änderungsbescheid vom 13.5.2005) und wies den Widerspruch im Übrigen zurück (Widerspruchsbescheid vom 30.11.2005). Die Nebenkosten seien nur zur Hälfte zu berücksichtigen, weil der Kläger und seine Mutter jeweils eine eigene Bedarfsgemeinschaft bildeten und die Haushaltsgemeinschaft zwei Personen umfasse.

3

Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten unter Abänderung der genannten Bescheide verurteilt, dem Kläger monatlich vom 1.1. bis zum 30.6.2005 zusätzlich Kosten der Unterkunft in Höhe von 21,55 Euro zu gewähren (Urteil vom 12.12.2007), weil der Kläger auch die für die Mutter in der strittigen Zeit angefallenen Nebenkosten nach dem Vertrag zu übernehmen gehabt habe.

4

Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung gegen dieses Urteil zugelassen, auf die Berufung des Beklagten das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 23.1.2012). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Bewohne die leistungsberechtigte Person ein Eigenheim, umfassten die Kosten der Unterkunft auch die zur Finanzierung zu leistenden Schuldzinsen sowie die Nebenkosten für Gebäudeversicherung, Grundsteuern, Wassergebühren usw. Abzustellen sei auf die im jeweiligen Monat fälligen Kosten. In der strittigen Zeit seien die anfallenden Kosten für Unterkunft und Heizung mit insgesamt 727,79 Euro zu berechnen. Pro Monat ergebe sich ein Betrag von 121,30 Euro, davon die Hälfte seien 60,65 Euro, von denen noch die Warmwasserpauschale von 5,97 Euro abzuziehen sei. Der verbleibende Betrag von 54,68 Euro liege unter dem, den der Beklagte dem Kläger bewilligt habe. Die Verpflichtung des Klägers zur Übernahme weiterer Kosten aufgrund des Vertrages mit seiner Mutter zähle nicht zu den Kosten der Unterkunft und Heizung. Dies könne nur anders gesehen werden, wenn es sich um mit Schuldzinsen vergleichbare Aufwendungen handele. Dies sei jedoch nicht der Fall. Der notarielle Vertrag enthalte keine Regelung, dass ein Teil der Gegenleistung als Schuldzinsen anzusehen sei. Bei wertender Betrachtung sei die vom Kläger übernommene Verpflichtung nicht als Zinsen, sondern als Tilgungsleistung auf eine der Mutter gegenüber bestehende - ursprünglich sittliche - Verpflichtung anzusehen. Die Tatsache, dass aufgrund einer ursprünglich sittlichen Verpflichtung eine rechtliche Verpflichtung zur Tragung von Nebenkosten eingegangen worden sei, die über den Kopfteil hinausgehe, könne nicht dazu führen, diese als ein Teil der Kosten der Unterkunft und Heizung des Klägers anzusehen. Letztlich handele es sich um eine Erhöhung der für den Erwerb des Eigentums an dem Hausgrundstück zu erbringenden Gegenleistung im Sinne des Kaufpreises, nicht aber mit einer Stundung der Erbringung der Gegenleistung zusammenhängenden Verzinsung des in Raten erbrachten Wohnrechts.

5

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger: Das LSG habe bei der Anwendung des § 22 SGB II verkannt, dass die Zahlungen der Mutter zur Tilgung seiner Kreditverbindlichkeiten nach Abschluss des Vertrages nicht durch die Einräumung des Wohnrechts abgegolten werden sollten, sondern dieses im Zusammenhang mit der strittigen Kostenfreistellung die Gegenleistung für die unentgeltliche Überlassung des Hausgrundstücks einschließlich der Übernahme der Grundpfandrechte gewesen sei. Das LSG habe sich nicht damit auseinandergesetzt, dass er keinen Anspruch gegenüber seiner Mutter zur Geltendmachung der umstrittenen Kosten habe. Die Kostenübernahmeregelung sei weder rechtlich noch moralisch anstößig und verstoße auch nicht gegen § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu Lasten des Beklagten aufgrund des zeitlichen Abstandes zwischen dem Vertragsschluss und dem Eintritt seiner Bedürftigkeit.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 23. Januar 2012 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 12. Dezember 2007 zurückzuweisen.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend. Allein entscheidend sei, ob die Übernahme der Kostenfreistellung des Klägers gegenüber seiner Mutter ähnlich wie eine Zinszahlung von ihm - dem Beklagten - zu tragen sei. Die Übernahme dieser Verpflichtung seitens des Klägers sei aber die Gegenleistung für die Übertragung des Hausgrundstücks auf ihn, sei also als Tilgungsleistung anzusehen. Auf die nach dem Vertrag erfolgte Tilgungsleistung der Mutter hinsichtlich der Schulden des Klägers komme es nicht an.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist zum Teil unbegründet, insoweit ist die Revision zurückzuweisen (dazu 3.), und zum Teil begründet, insoweit ist das Urteil des LSG aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (dazu 4.) (§ 170 Abs 1 Satz 1, Abs 2 Sozialgerichtsgesetz).

10

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist die vom Kläger begehrte Aufhebung des Urteils des LSG und die Zurückweisung der Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG, das den Beklagten unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt hat, dem Kläger von Januar bis Juni 2005 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 21,55 Euro monatlich zu zahlen. Die Beschränkung des Streitgegenstandes in materiell-rechtlicher Hinsicht allein auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung ist zulässig (vgl nur Bundessozialgericht vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18). Hieran hat sich durch die Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453; im Folgenden: SGB II nF) zumindest für laufende Verfahren nichts geändert (BSG vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 mwN).

11

2. Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrten und vom SG zugesprochenen über die vom Beklagten monatlich bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung von 75,64 Euro hinausgehenden weiteren 21,55 Euro, also insgesamt 97,19 Euro, ist § 22 Abs 1 Satz 1 iVm § 7 SGB II in der für die strittige Zeit geltenden, da über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte gestritten wird, hier anzuwendenden Fassung aufgrund des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954 idF des Vierten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.11.2004, BGBl I 2902, im Folgenden: SGB II aF), der abgesehen von sprachlichen Anpassungen bis heute nicht grundlegend geändert wurde.

12

Ob der Kläger die Grundvoraussetzungen für Leistungen nach dem SGB II im streitigen Zeitraum erfüllte (vgl § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II), kann aufgrund der Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilt werden: Er hatte zwar das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht, zudem hatte er seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Anhaltspunkte für einen Ausschlusstatbestand (vgl § 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4, 5 SGB II) sind nicht zu erkennen. Offen ist jedoch, ob er erwerbsfähig war und insbesondere seine Hilfebedürftigkeit. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält (§ 9 Abs 1 SGB II). Zur Bestimmung der Hilfebedürftigkeit ist zunächst der Bedarf zu ermitteln und anschließend ist zu prüfen, inwieweit dieser durch das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen gedeckt ist (vgl § 19 Abs 3 Satz 1 SGB II nF).

13

Die vorliegend nur umstrittenen Leistungen (heute Bedarfe) für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II). Zur Ermittlung dieser Bedarfe sind zunächst die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers für Unterkunft und Heizung zu bestimmen, anschließend die Angemessenheit dieser Aufwendungen, dann die Verteilung dieser Kosten auf die in der Wohnung - oder wie vorliegend Haus - wohnenden Person sowie die Prüfung weiterer möglicher Einwände.

14

Die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung hat monatsweise zu erfolgen, obwohl zur Prüfung der Angemessenheit bei der Nutzung von Eigenheimen und Eigentumswohnungen auf die im Kalenderjahr anfallenden Kosten abzustellen ist, weil vor allem die Betriebskosten für Eigenheime (etwa Grundsteuern, Beiträge zu Versicherungen) nicht monatlich, sondern ggf jährlich, halbjährlich oder vierteljährlich anfallen (BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 61/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 44 RdNr 20; ebenso der zum 1.1.2011 neu eingefügte § 22 Abs 2 SGB II nF). Eine Rechtsgrundlage für die Berechnung eines Durchschnittsbetrags, der dann der Bedarfs- und Leistungsberechnung in den einzelnen Monaten zugrunde gelegt wird, um zB die Kosten des Heizöls bei einer einmaligen Betankung auf das ganze Jahr zu verteilen, ist trotz einer denkbaren Verwaltungsvereinfachung nicht zu erkennen (BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 36; anders zB für Hausrat § 20 Abs 1, § 24 Abs 1, § 12 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB II nF). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der ggf erhebliche finanzielle Bedarf aufgrund einer Heizölbetankung gerade dann anfällt, wenn Heizöl gekauft wird (BSG vom 16.5.2007 - B 7b AS 40/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 4 RdNr 16). Die "Verrechnung" von Monaten, in denen seitens des Jobcenters an die leistungsberechtigte Person zu viel gezahlt wurde, mit solchen, in denen zu wenig gezahlt wurde, scheidet ebenfalls mangels Rechtsgrundlage aus (vgl zum Monat als Bezugsrahmen: § 41 SGB II, § 2 Abs 2, 3 Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld vom 20.10.2004, BGBl I 2622, heute § 11 Abs 2, 3 SGB II nF).

15

3. Für die Monate Januar, April und Juni ist die Revision des Klägers zurückzuweisen und das Urteil des LSG zu bestätigen, weil der Kläger für keinen dieser Monate einen Anspruch auf höhere Leistungen für die Unterkunft und Heizung als die vom Beklagten bewilligten 75,64 Euro hat, da seine tatsächlichen Aufwendungen in jedem der Monate unter diesem Betrag lagen.

16

Ausgehend von den seitens der Beteiligten nicht gerügten, bindenden Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG)hatte der Kläger in diesen Monaten als tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nur insgesamt 40,72 Euro aufzubringen, die sich aus den Kosten des Heizungsstroms von 24,70 Euro und den Wasserkosten von 16,02 Euro zusammensetzten.

17

Die Wasserkosten sind als Kosten der Unterkunft anzuerkennen. Zu den tatsächlichen Aufwendungen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II gehören auch die Nebenkosten der Unterkunft, soweit es sich um die ihrer Art nach in § 2 Betriebskostenverordnung vom 25.11.2003 (BGBl I 2346 - BetrKV) aufgeführten Betriebskosten handelt, weil der Vermieter sie auf die Mieter umlegen kann, ohne dass Letzterer diese Kosten senken oder gar vermeiden kann (vgl nur BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 16). Zu diesen Betriebskosten gehören nach § 2 Nr 2 BetrKV auch die Kosten der Wasserversorgung, die die Kosten des Wasserverbrauchs, die Grundgebühren, die Kosten der Anmietung oder anderer Arten der Gebrauchsüberlassung von Wasserzählern usw umfassen und die einer weiteren Aufteilung nicht zugänglich sind(vgl ähnlich schon zu Eigentümern von Eigenheimen BSG vom 3.3.2009 - B 4 AS 38/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 17 RdNr 16; BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 61/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 44 in RdNr 20).

18

4. Für die Monate Februar, März und Mai ist auf die Revision des Klägers das Urteil des LSG aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, weil nicht abschließend beurteilt werden kann, ob der Kläger für einen dieser Monate einen Anspruch auf höhere Leistungen für die Unterkunft und Heizung als die vom Beklagten bewilligten 75,64 Euro hat.

19

a) Die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers berechnen sich wie folgt: Im März hatte er zu berücksichtigende Aufwendungen von insgesamt 87,19 Euro, die sich zusammensetzten aus den Kosten für Heizungsstrom und Wasser von 40,72 Euro und denen für den Schornsteinfeger von 52,23 Euro, abzüglich von 5,76 Euro für die Kosten der Warmwasserbereitung. Der Abzug dieser Kosten für die Warmwasserbereitung ergibt sich auf der tatsächlichen Ebene aus den nichtgerügten dahingehenden Feststellungen des LSG und im Übrigen aus der Rechtsprechung des BSG, nach der ein entsprechender Betrag in der Regelleistung des Klägers von 331 Euro enthalten ist (BSG vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R - BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5, RdNr 21 ff mwN).

20

Für die Monate Februar und Mai sind - vorbehaltlich der noch vom LSG zu treffenden Feststellungen - die jeweils vom SG zugesprochenen weiteren 21,55 Euro pro Monat zu berücksichtigen, weil die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers oberhalb des Gesamtbetrags von 97,19 Euro (vom Beklagten bewilligte 75,64 Euro plus vom SG zugesprochene 21,55 Euro) liegen. Selbst wenn der jeweilige Gesamtbetrag der zu berücksichtigenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung über die dem Kläger vom SG jeweils zugesprochenen 21,55 Euro pro Monat hinausgehen, kann dem Kläger für keinen Monat mehr zugesprochen werden, weil er gegen das Urteil des SG keine Berufung eingelegt hat und der Streitgegenstand im weiteren Verfahren auf diesen vom SG ausgeurteilten und allein vom Beklagten mit seiner Berufung angegriffenen Betrag begrenzt ist.

21

Im Februar hatte der Kläger tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung von 141,70 Euro, weil zu den Kosten für Heizungsstrom und Wasser von 40,72 Euro die Grundabgaben für das Hausgrundstück von 106,74 Euro hinzukamen, während zumindest 5,76 Euro für die Kosten der Warmwasserbereitung abzuziehen sind.

22

Im Mai hatte der Kläger tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung von 310,65 Euro, weil zu den Kosten für den Heizungsstrom und Wasser von 40,72 Euro die Grundabgaben für das Hausgrundstück von 145,40 Euro und der halbe Jahresbeitrag für die Wohngebäudeversicherung von 130,29 Euro hinzukamen (vgl zur Berücksichtigung dieser Positionen schon BSG vom 3.3.2009 - B 4 AS 38/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 17 RdNr 16), während zumindest 5,76 Euro für die Kosten der Warmwasserbereitung abzuziehen sind.

23

Eine Rechtfertigung für die Übernahme der Grundabgaben für das Nebengrundstück als Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung ist mangels entsprechender dahingehender tatsächlicher Feststellungen seitens des LSG nicht gegeben.

24

b) Die Frage der Angemessenheit dieser Aufwendungen für die verbliebenen strittigen Monate Februar, März und Mai 2005 nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II aF kann auf Grundlage der bisherigen Feststellungen des LSG dahinstehen, weil es für eine nur teilweise Übernahme der tatsächlichen Kosten durch den Beklagten an einem vorangegangenen Kostensenkungsverfahren fehlt(vgl nur BSG vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - BSGE 105, 188 = SozR 4-4200 § 22 Nr 28; BSG vom 6.4.2011 - B 4 AS 12/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 45).

25

c) Diese tatsächlichen, angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sind vorliegend nicht nach Kopfteilen zwischen dem Kläger und seiner Mutter aufzuteilen.

26

Nach gefestigter Rechtsprechung sind die Kosten der Unterkunft und Heizung im Regelfall unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen, wenn Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, insbesondere anderen Familienangehörigen, nutzen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Personen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft sind oder nicht (stRspr BSG vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3, RdNr 28; BSG vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 55/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 9 = SGb 2010, 163 ff, RdNr 18 f; BSG vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 61/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 12 = SGb 2009, 614 ff; BSG vom 27.1.2009 - B 14/7b AS 8/07 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 4 RdNr 19; BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 61/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 44 RdNr 18). Dem ist die Literatur gefolgt (vgl nur: Berlit in Lehr- und Praxiskommentar SGB II, 4. Aufl 2011, § 22 RdNr 3 f; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 10/2012, K § 22 RdNr 49 f). Hintergrund für dieses auf das Bundesverwaltungsgericht ( vom 21.1.1988 - 5 C 68/85 - BVerwGE 79, 17) zurückgehende "Kopfteilprinzip" sind Gründe der Verwaltungsvereinfachung sowie die Überlegung, dass die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen deren Unterkunftsbedarf dem Grunde nach abdeckt und in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen nicht zulässt.

27

Das BVerwG (aaO) und das BSG haben Abweichungen vom Kopfteilprinzip als möglich angesehen, zB bei einem über das normale Maß hinausgehenden Bedarf einer der in der Wohnung lebenden Person wegen Behinderung oder Pflegebedürftigkeit (BSG vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3, RdNr 28 f; BSG vom 27.1.2009 - B 14/7b AS 8/07 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 4 RdNr 19) oder aufgrund eines Vertrages (BSG vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 61/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 12; vgl zur zustimmenden Literatur nur Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 10/2012, K § 22 RdNr 51 f). In den entschiedenen Fällen wurde eine solche Abweichung allerdings nicht bejaht.

28

Vorliegend sind die Voraussetzungen für eine solche Abweichung vom Kopfteilprinzip erfüllt. Der Kläger lebt zusammen mit seiner Mutter in einer gemeinsamen Wohnung, weil das von ihnen bewohnte Haus über keine getrennten Wohnungen verfügt und abgesehen von einzelnen Räumen, die alleine vom Kläger (ca 11,5 m²) bzw seiner Mutter (ca 20,5 m²) genutzt werden, der größte Teil der Fläche (ca 78 m²) gemeinsam genutzt wird. An dem besonderen, vom Kopfteilprinzip abweichenden Bedarf des Klägers für Unterkunft und Heizung bestehen aufgrund des notariellen Vertrages vom 28.8.1995 keine Zweifel. Der Kläger hat sich in diesem Vertrag gegenüber seiner Mutter verpflichtet, die Kosten für Licht, Heizung, Wasser, Abwasser auch für die Räume der Mutter zu übernehmen und ihr ein unentgeltliches Wohnrecht auf Lebenszeit in der oberen Etage zur alleinigen Benutzung eingeräumt. Dementsprechend kann er die sich aus gesetzlichen Vorschriften ergebenden tatsächlichen Aufwendungen für das Haus, wie zB die Grundabgaben, oder die üblichen Vorsorgeaufwendungen eines Vermieters, wie eine Wohngebäudeversicherung, die von ihm als Eigentümer aufzubringen sind, nicht vermeiden und auch nicht auf seine Mutter wie auf eine Mieterin umlegen. An der Objektivierbarkeit dieses schon im Jahr 1995 abgeschlossenen notariellen Vertrages bestehen nach den Feststellungen des LSG keine Zweifel. Schon aus dem Datum des Vertrages folgt, dass dieser kein Vertrag zu Lasten des beklagten Jobcenters war.

29

d) Die vom LSG und dem Beklagten angeführten Bedenken greifen nicht durch. Aus dem Urteil des 4. Senats vom 22.9.2009 (- B 4 AS 8/09 R - BSGE 104, 179 = SozR 4-4200 § 22 Nr 24 = SGb 2010, 422 ff) zu einer ggf unwirksamen mietvertraglichen Vereinbarung und einem ggf vom Jobcenter zu betreibenden Kostensenkungsverfahren folgt nichts anderes, weil vorliegend nicht ersichtlich ist, dass die angeführten vertraglichen Vereinbarungen unwirksam sind und der Kläger den Vertrag wirksam kündigen oder einen Anspruch auf dessen Anpassung haben könnte. Ebenso wenig ist ersichtlich, wie der Kläger auf andere Weise die ihm als Eigentümer des Hauses tatsächlich entstehenden Aufwendungen zur Begleichung des Heizungsstroms, der Grundabgaben, für den Schornsteinfeger und der grundsätzlich als angemessen anzusehenden Gebäudeversicherung vermeiden soll.

30

Einer Berücksichtigung der Aufwendungen stehen auch nicht Überlegungen entgegen, nach denen im Rahmen des SGB II keine Übernahme von Schulden zu erfolgen hat (vgl als gegenteilige Regelung § 22 Abs 8 SGB II nF). Denn bei den oben aufgeführten Aufwendungen handelt es sich nicht um Schulden aus der Vergangenheit, sondern um die Befriedigung laufender Verpflichtungen des Klägers gegenüber Dritten zur Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen. Dementsprechend kann auch aus der Rechtsprechung des Senats zu Tilgungsleistungen (vgl zusammenfassend BSG vom 7.7.2011 - B 14 AS 79/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 48 RdNr 17 ff mwN) nichts hergeleitet werden. Denn die Übernahme der gesamten Aufwendungen durch den Kläger dient nicht der Übernahme von Tilgungsraten seinerseits oder der Vermehrung seines Vermögens. Vielmehr ist er schon aufgrund des notariellen Vertrages und der anschließenden Änderungen im Grundbuch im Jahr 1995 Eigentümer des Hauses geworden.

31

Die erst nach dem Abschluss des notariellen Vertrags erfolgte und in keinem ersichtlichen Zusammenhang mit diesem stehende Tilgung von Kreditverpflichtungen des Klägers durch dessen Mutter ist ohne Bedeutung für die zuvor übernommenen und heute noch bestehenden vertraglichen Verpflichtungen des Klägers und dessen tatsächliche Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung aufgrund seiner Stellung als Eigentümer des Hauses.

32

5. Nach Ermittlung des Bedarfs des Klägers für Unterkunft und Heizung wird das LSG zu prüfen haben, inwieweit der Kläger hilfebedürftig ist und der ermittelte Bedarf nicht aus zu berücksichtigendem Einkommen oder Vermögen gedeckt werden kann. Ebenso wird das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Aus den in diesem Gesetz geregelten Bezügen und aus den Bezügen der Gefangenen, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen (§ 39 Abs. 1) oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen (§ 39 Abs. 2), ist ein Überbrückungsgeld zu bilden, das den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern soll.

(2) Das Überbrückungsgeld wird dem Gefangenen bei der Entlassung in die Freiheit ausgezahlt. Die Vollzugsbehörde kann es auch ganz oder zum Teil dem Bewährungshelfer oder einer mit der Entlassenenbetreuung befaßten Stelle überweisen, die darüber entscheiden, wie das Geld innerhalb der ersten vier Wochen nach der Entlassung an den Gefangenen ausgezahlt wird. Der Bewährungshelfer und die mit der Entlassenenbetreuung befaßte Stelle sind verpflichtet, das Überbrückungsgeld von ihrem Vermögen gesondert zu halten. Mit Zustimmung des Gefangenen kann das Überbrückungsgeld auch dem Unterhaltsberechtigten überwiesen werden.

(3) Der Anstaltsleiter kann gestatten, daß das Überbrückungsgeld für Ausgaben in Anspruch genommen wird, die der Eingliederung des Gefangenen dienen.

(4) Der Anspruch auf Auszahlung des Überbrückungsgeldes ist unpfändbar. Erreicht es nicht die in Absatz 1 bestimmte Höhe, so ist in Höhe des Unterschiedsbetrages auch der Anspruch auf Auszahlung des Eigengeldes unpfändbar. Bargeld des entlassenen Gefangenen, an den wegen der nach Satz 1 oder Satz 2 unpfändbaren Ansprüche Geld ausgezahlt worden ist, ist für die Dauer von vier Wochen seit der Entlassung insoweit der Pfändung nicht unterworfen, als es dem Teil der Ansprüche für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf der vier Wochen entspricht.

(5) Absatz 4 gilt nicht bei einer Pfändung wegen der in § 850d Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Unterhaltsansprüche. Dem entlassenen Gefangenen ist jedoch so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner sonstigen gesetzlichen Unterhaltspflichten für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf von vier Wochen seit der Entlassung bedarf.

(1) Dem Gefangenen darf religiöse Betreuung durch einen Seelsorger seiner Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Auf seinen Wunsch ist ihm zu helfen, mit einem Seelsorger seiner Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten.

(2) Der Gefangene darf grundlegende religiöse Schriften besitzen. Sie dürfen ihm nur bei grobem Mißbrauch entzogen werden.

(3) Dem Gefangenen sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang zu belassen.

(1) Der Gefangene darf von seinen in diesem Gesetz geregelten Bezügen drei Siebtel monatlich (Hausgeld) und das Taschengeld (§ 46) für den Einkauf (§ 22 Abs. 1) oder anderweitig verwenden.

(2) Für Gefangene, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen (§ 39 Abs. 1) oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen (§ 39 Abs. 2), wird aus ihren Bezügen ein angemessenes Hausgeld festgesetzt.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, mit dem die Beklagte die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 1.12.2006 bis zum 28.2.2007 teilweise aufgehoben und von ihr die Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von 1410 Euro gefordert hat.

2

Die 1983 geborene, alleinstehende Klägerin erhielt nach vorangehendem Bezug von Arbeitslosengeld (Alg) nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) seit März 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von der Beklagten. Zuletzt bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 10.8.2006 für den Zeitraum vom 1.9.2006 bis zum 28.2.2007 Alg II in Höhe von monatlich 588 Euro (345 Euro Regelleistung, 240 Euro Kosten für Unterkunft und Heizung und 3 Euro befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II). Seit dem 15.3.2007 war sie als Erzieherin beschäftigt und damit nicht mehr hilfebedürftig nach dem SGB II.

3

Im Februar 2007 reichte die Klägerin bei der Beklagten Kontoauszüge ein, aus denen ein Zahlungseingang am 19.12.2006 von ihrem Onkel in Höhe von 1500 Euro hervorging. Auf Rückfrage legte sie dazu ein an sie gerichtetes, undatiertes Schreiben mit folgendem Inhalt vor: "Liebe J, am 19. Dezember.2006 habe ich Dir Euro 1500 als Darlehen auf Dein Konto überwiesen. Wir haben vereinbart, dass Du mir den Betrag am 01.07.2007 zurückzahlst. Beste Grüße. Dein Onkel J".

4

Nach Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 5.3.2007 hob die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 10.8.2006 für den Zeitraum vom 1.12.2006 bis 28.2.2007 teilweise in Höhe von 1410 Euro nach § 48 Abs 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf. Die Klägerin habe nach Erlass des Bescheides Einkommen erzielt, das zur Minderung des Anspruchs geführt habe (§ 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X). Mit dem Zufluss der Darlehenssumme im Dezember 2006 habe sich eine Änderung der Verhältnisse ergeben (§ 48 Abs 1 Satz 3 SGB X). Der auf dem Girokonto eingegangene Betrag von 1500 Euro sei ab dem Zuflussmonat als sonstiges Einkommen nach § 11 SGB II zu berücksichtigen und anteilig in Höhe von monatlich 470 Euro (500 Euro abzüglich des Pauschbetrages in Höhe von 30 Euro) auf den restlichen Bewilligungsabschnitt zu verteilen. Die Aufhebungsentscheidung sei nach § 40 Abs 1 Nr 1 SGB II iVm § 330 SGB III als gebundene Entscheidung zu erlassen. Die erbrachten Leistungen seien nach § 40 Abs 2 SGB II in Verbindung mit § 50 SGB X zu erstatten, wobei der Klägerin unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Möglichkeit einer Ratenzahlung eingeräumt werde(Bescheid vom 13.3.2007; Widerspruchsbescheid vom 21.6.2007).

5

Die hiergegen gerichtete Klage zum Sozialgericht (SG) Dortmund begründete die Klägerin wie bereits den Widerspruch damit, es sei ihr von ihrem Onkel ein Darlehen gewährt worden, um (von ihr im Einzelnen belegte) Ausgaben zu tätigen, die sie nicht aus dem Regelsatz habe bestreiten können. Ihrer Verpflichtung zur Rückzahlung der Darlehenssumme sei sie am 17.7.2007 durch Überweisung des Betrages in voller Höhe nachgekommen. Die Klage blieb ohne Erfolg (Urteil vom 26.5.2008).

6

Auf die Berufung der Klägerin hin hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen das Urteil des SG und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Die Klägerin sei im Zeitraum von Dezember 2006 bis Februar 2007 weiterhin in dem zuvor bestehenden Umfang hilfebedürftig gewesen. Ihrem Bedarf von monatlich 588 Euro habe kein zu berücksichtigendes Einkommen gegenübergestanden. Durch die Gutschrift auf dem Girokonto am 19.12.2006 sei eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vom 10.8.2006 vorgelegen hätten, nicht eingetreten. Die von ihrem Onkel überwiesene Summe sei nicht als einmalige Einnahme bedarfsmindernd zu berücksichtigen gewesen, da es sich zur Überzeugung des Senats nicht um eine Schenkung, sondern ein Darlehen gehandelt habe. Bei Mitteln aus einem Darlehen handele es sich nicht um Einkommen iS des § 11 SGB II, da sie mit Rücksicht auf die Rückzahlungsverpflichtung die Vermögenssituation des Hilfebedürftigen nicht veränderten, es sei denn, die Verpflichtung zur Rückzahlung entfalle(Hinweis auf BSGE 58, 160 ff = SozR 4100 § 138 Nr 11; BSG SozR 4100 § 138 Nr 25 zur Arbeitslosenhilfe; BVerwGE 54, 358, 361 ff; 69, 247 ff; 69, 252 ff für das Wohngeldrecht). Für den Senat sei nach Anhörung der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung und auf Grundlage der Angaben des Onkels, der Rechtsanwalt sei, nachgewiesen, dass von vornherein die Rückzahlung des Betrages von 1500 Euro vereinbart worden sei. Unschädlich für diese Annahme sei, dass bei Vereinbarung der darlehensweisen Überlassung der Zeitpunkt für die Rückzahlung (noch) offen gelassen worden sei.

7

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 11 SGB II. Zwar spreche einiges für die vom LSG vertretene Auffassung, dass Darlehen, die mit einer Rückzahlungsverpflichtung belastet seien, nicht als Einkommen angesehen werden könnten. Dies könne jedoch nur für solche Darlehenssummen gelten, die noch im laufenden Bewilligungsabschnitt zurückzuzahlen seien (Hinweis auf SG Reutlingen Urteil vom 24.4.2007 - S 2 AS 4151/06, info also 2007, 227 = ZFSH/SGB 2007, 672). Dies berücksichtige die unmittelbare wirtschaftliche Situation des Hilfebedürftigen angemessen. Zugleich könne so ein Maßstab zur Bewertung von Fällen wie dem Vorliegenden gefunden werden, der den Anforderungen einer Massenverwaltung gerecht werde. Darlehensvereinbarungen müssten schließlich in allen wesentlichen Punkten dem entsprechen, was auch zwischen Dritten vereinbart werde und damit dem sog Fremdvergleich standhalten.

8

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. Dezember 2008 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 26. Mai 2008 zurückzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

10

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Die Voraussetzungen für eine (teilweise) Aufhebung der ursprünglichen Bewilligung liegen nicht vor. Bei der nach Antragstellung im Bedarfszeitraum zugeflossenen Darlehenssumme handelt es sich nicht um berücksichtigungsfähiges Einkommen, wie das LSG zutreffend entschieden hat.

12

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 13.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.6.2007, den die Klägerin mit ihrer Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) angegriffen hat.

13

2. Als Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung kommt nur § 40 Abs 1 SGB II iVm § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X in Betracht. Hiernach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 3 SGB III ist dabei mit Wirkung vom Zeitpunkt der Veränderung der Verhältnisse der Verwaltungsakt aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt hat(§ 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X). Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes (§ 48 Abs 1 Satz 3 SGB X); dies ist im SGB II nach § 13 SGB II iVm § 2 Abs 3 Satz 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) idF vom 20.10.2004 (BGBl I 2622) iVm § 6 Alg II-V idF vom 22.8.2005 (BGBl I 2499) der Beginn des Monats, in dem das Einkommen zufließt.

14

3. Eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne ist entgegen der Auffassung der Beklagten durch den Zufluss der Darlehenssumme nicht eingetreten. Die erwerbsfähige Klägerin war während des gesamten Bewilligungsabschnitts vom 1.9.2006 bis zum 28.2.2007, in den auch der streitige Zeitraum fällt, hilfebedürftig iS der §§ 7, 9 SGB II. Sie erfüllte nach den bindenden Feststellungen des LSG durchgehend die Voraussetzungen für den Bezug von Alg II. Dabei war zum Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheides vom 10.8.2006 von einem monatlichen Bedarf in Höhe von jeweils 588 Euro auszugehen. Auf diesen monatlichen Bedarf war auch in den Monaten Dezember 2006 sowie Januar und Februar 2007 kein Einkommen bedarfsmindernd anzurechnen.

15

Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden. Dabei ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte(vgl nur BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23; BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15 RdNr 18). Vorliegend kommt damit - wovon auch die Beteiligten und die Vorinstanzen ausgehen - nur die Berücksichtigung der Zahlung als Einkommen im Bedarfszeitraum, nicht dagegen als Vermögen in Betracht.

16

a) Aus dem Wortlaut des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II folgt keine weitergehende Definition dessen, was Einkommen ist. Lediglich die im zweiten Satzteil genannten Leistungen sind von vornherein von der Berücksichtigung ausgenommen. Mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Arbeitslosenhilfe (BSGE 58, 160 = SozR 4100 § 138 Nr 11; SozR 4100 § 138 Nr 25) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zum Einkommensbegriff im Wohngeldrecht (stRspr seit BVerwGE 54, 358, juris RdNr 21; BVerwGE 69, 247, juris RdNr 15) kann auch im Anwendungsbereich des § 11 Abs 1 SGB II nach Sinn und Zweck der Norm eine von einem Dritten lediglich vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung nicht als Einkommen qualifiziert werden. Nur der "wertmäßige Zuwachs" stellt Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II dar; als Einkommen sind nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert anzusehen, die eine Veränderung des Vermögensstandes dessen bewirken, der solche Einkünfte hat. Dieser Zuwachs muss dem Hilfebedürftigen zur endgültigen Verwendung verbleiben, denn nur dann lässt er seine Hilfebedürftigkeit dauerhaft entfallen. Ein Darlehen, das an den Darlehensgeber zurückzuzahlen ist, stellt damit als nur vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung kein Einkommen dar, auch wenn es als "bereites Mittel" zunächst zur Deckung des Lebensunterhalts verwandt werden könnte (ebenso Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 11 RdNr 29; Söhngen in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 11 RdNr 42; Armborst, info also 2007, 227; Berlit, NZS 2009, 537, 542; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Mai 2010, § 11 RdNr 42d und 206; anders Adolph in Linhart/Adolph, SGB II, SGB XII und Asylbewerberleistungsgesetz, Stand Februar 2010, § 11 SGB II RdNr 8; LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 14.7.2008 - L 13 AS 97/08 ER, FEVS 60, 87; 10.12.2009 - L 13 AS 366/09 B ER, juris RdNr 22). Ob für die darlehensweise Gewährung staatlicher Leistungen zur Existenzsicherung (zB - sog Meister-BAföG nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz) anderes gilt, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden.

17

b) Soweit das BVerwG hinsichtlich der Anrechenbarkeit von Darlehensmitteln im Anwendungsbereich des Bundessozialhilfegesetzes danach differenziert hat, ob der Dritte vorläufig - anstelle des Sozialhilfeträgers und unter Vorbehalt des Erstattungsverlangens - nur deshalb einspringt, weil der Träger der Sozialhilfe nicht rechtzeitig geholfen oder Hilfe abgelehnt hat (vgl BVerwGE 26, 217, 219; 90, 154, 156; 94, 127, 135; 96, 152; in diesem Sinne für das Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl 2008, § 82 RdNr 27), ist die Grundlage dieser Rechtsprechung entfallen. Die zugrunde liegende Annahme, ein Anspruch auf Sozialhilfe komme nur bei tatsächlich (fort-)bestehendem Bedarf nach Antragstellung in Betracht, lässt sich auf das SGB II nicht übertragen. Ein solches normatives Strukturprinzip ("keine Leistungen für die Vergangenheit"; Bedarfsdeckungsgrundsatz) kennt das SGB II - wie das SGB XII - nicht (vgl für das SGB XII BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 15 RdNr 19). Auf eine "faktische" Bedarfsdeckung, die Hilfebedürftigkeit entfallen lässt, kommt es nicht an; entscheidend ist allein, ob im Bedarfszeitraum Einkommen in bedarfsdeckender Höhe tatsächlich und zur endgültigen Verwendung zur Verfügung steht (so bereits Urteil des Senats vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, juris RdNr 19). Aus diesem Grund ist bei der Qualifizierung einer Darlehenszahlung als Einkommen nicht danach zu unterscheiden, ob es sich um eine "Nothilfeleistung" des Dritten handelt.

18

c) Eine Differenzierung danach, ob die durch den Darlehensvertrag vereinbarte Verpflichtung zur vollständigen Rückerstattung in denjenigen Bewilligungsabschnitt fällt, in dem die Darlehenssumme dem Hilfebedürftigen zugeflossen ist (so SG Reutlingen Urteil vom 24.4.2007, info also 2007, 227 = ZFSH/SGB 2007, 672; Hohm/Klaus in GK-SGB II, Stand Oktober 2008, § 11 SGB II RdNr 89 ff), scheidet entgegen der Auffassung der Beklagten ebenfalls aus. Weil Hilfebedürftigkeit als Leistungsvoraussetzung über den Bewilligungszeitraum hinaus und unabhängig von einer (erneuten) Antragstellung vorliegen kann, ist der Bewilligungsabschnitt als solcher weder geeigneter "Verteilzeitraum" für einmalige Einnahmen (dazu BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, jeweils RdNr 30), noch kommt es für die Prüfung von Hilfebedürftigkeit darauf an, ob diese bis zum Ende des bei Antragstellung in Blick genommenen Bewilligungsabschnitts oder darüber hinaus fortbesteht. Die von der Beklagten angestrebte Differenzierung mag aus Sicht des Trägers der Grundsicherung die Prüfung einer ernstlichen Rückzahlungsvereinbarung als Voraussetzung für die Qualifizierung eines Zuflusses als Darlehen vereinfachen, lässt sich aus der Systematik des SGB II heraus aber nicht begründen.

19

d) Stellt eine darlehensweise gewährte Zahlung schon kein Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II dar, ist schließlich eine zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Dritten getroffene Zweckbestimmung(vgl § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II)unerheblich (in diesem Sinne differenzierend Brühl in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 11 RdNr 24 und RdNr 68; LSG Berlin-Brandenburg 1.7.2009 - L 32 AS 316/09, juris RdNr 19).

20

e) Entscheidend für die Abgrenzung ist damit allein, ob ein Darlehensvertrag entsprechend § 488 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist. Die Aufklärung der Umstände und ihre abschließende Würdigung obliegen dabei dem Tatsachengericht. Soweit die Beklagte im Revisionsverfahren vorträgt, dass eine wirksam vereinbarte Rückzahlungsverpflichtung zwischen der Klägerin und ihrem Onkel als Hauptpflicht des Darlehensnehmers aus einem Darlehensvertrag nicht nachvollziehbar sei, hat sie die entgegenstehenden Feststellungen des LSG nicht mit einer zulässigen Verfahrensrüge angegriffen.

21

Um der Gefahr eines Missbrauchs von Steuermitteln entgegenzuwirken, ist es allerdings geboten, an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Darlehensvertrages unter Verwandten strenge Anforderungen zu stellen. Dies setzt voraus, dass sich die Darlehensgewährung auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt. Weil und soweit der für den Hilfebedürftigen günstige Umstand, dass ein nachgewiesener Zufluss gleichwohl als Einkommen nicht zu berücksichtigen ist, seine Sphäre betrifft, obliegen ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen Mitwirkungspflichten; die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht zu seinen Lasten.Bei der vorzunehmenden Prüfung, ob überhaupt ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden ist, können einzelne Kriterien des sog Fremdvergleichs (vgl dazu im Einzelnen nur BFHE 165, 53) herangezogen und bei der abschließenden, umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles mit eingestellt werden (vgl schon BSGE 96, 238 = SozR 4-4220 § 6 Nr 4 für eine behauptete Abtretung und BSG Urteil vom 24.5.2006 - B 11a AL 49/05 R für eine verdeckte Treuhandabrede). Dies scheidet bei der Beurteilung von Hilfebedürftigkeit nach §§ 9, 11 SGB II - anders als bei der Prüfung berücksichtigungsfähiger Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs 1 SGB II aus Mietverhältnissen unter Verwandten(dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 15 RdNr 27 und Urteil des Senats vom 7.5.2009 - B 14 AS 31/07 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, juris RdNr 20) - nicht schon aufgrund struktureller Unterschiede zum Steuerrecht aus, denn auch im Steuerrecht geht es bei der Beurteilung von Darlehensverträgen unter Familienangehörigen im Kern um die Abgrenzung zu Schenkung bzw verdeckter Unterhaltsgewährung.

22

Die Wahrung von im Geschäftsverkehr üblichen Modalitäten (wie der Vereinbarung der in § 488 Abs 1 BGB genannten weiteren Vertragspflichten) kann damit als ein Indiz dafür gewertet werden, dass ein Darlehensvertrag tatsächlich geschlossen worden ist. Demgegenüber spricht es etwa gegen die Glaubhaftigkeit einer solchen Behauptung, wenn der Inhalt der Abrede (insbesondere die Darlehenshöhe sowie die Rückzahlungsmodalitäten) und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht substanziiert dargelegt werden oder ein plausibler Grund für den Abschluss des Darlehensvertrages nicht genannt werden kann. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist aber nicht erforderlich, dass sowohl die Gestaltung (zB Schriftform, Zinsabrede oder Gestellung von Sicherheiten) als auch die Durchführung des Vereinbarten in jedem Punkte dem zwischen Fremden - insbesondere mit einem Kreditinstitut - Üblichen zu entsprechen hat. Ein solches gesondertes, neben die zivilrechtlichen Anforderungen tretendes Erfordernis (als weitere Tatbestandsvoraussetzung) ergibt sich weder aus dem Gesetz noch aus oder in Verbindung mit allgemeinen Grundsätzen. Vielmehr würden die mit dem strengen Fremdvergleich verbundenen Beschränkungen für die Vertragsgestaltung bei Darlehensgewährung, der im Übrigen auch in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nur auf bestimmte Fallgruppen angewendet wird, weder den tatsächlichen Verhältnissen noch der grundsätzlich gebotenen Respektierung familiärer Vertrauensbeziehungen gerecht (vgl auch BVerwGE 132, 10 RdNr 26 zur Wertbestimmung von Vermögen nach § 28 Abs 1 und 3 Bundesausbildungsförderungsgesetz).

23

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 17. September 2010 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand

1

Umstritten sind Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), insbesondere die Berücksichtigung einer Stromkostenerstattung als Einkommen.

2

Die Klägerin bewohnt zusammen mit ihrer im Jahr 1978 geborenen Tochter H. (Klägerin des Parallelverfahrens B 14 AS 186/10 R) eine Drei-Zimmer-Wohnung und bezieht seit dem 1.1.2005 ununterbrochen Leistungen nach dem SGB II. Für Januar bis Juni 2007 wurde ihr vom beklagten Landkreis als Grundsicherungsträger Arbeitslosengeld II (Alg II) in Höhe von 257,11 Euro monatlich unter Berücksichtigung einer Hinterbliebenenrente bewilligt (Bescheid vom 4.12.2006). Am 15.5.2007 teilte die Klägerin mit, aufgrund der Stromabrechnung der Stadtwerke für 2006 sei ihr und ihrer Tochter am 23.2.2007 ein Guthaben von 164,35 Euro ausgezahlt worden. Der Beklagte hob daraufhin den Bewilligungsbescheid vom 4.12.2006 teilweise auf, bewilligte für den Februar 2007 unter Anrechnung von 82,17 Euro als der Hälfte des Guthabens Alg II in Höhe von 174,94 Euro und forderte 82,17 Euro zurück (Bescheid vom 11.6.2007; Widerspruchsbescheid vom 2.10.2007).

3

Das Sozialgericht (SG) hat diesen Änderungs- und Erstattungsbescheid aufgehoben und die Revision zugelassen (Urteil vom 17.9.2010). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Durch die Stromkostenerstattung sei entgegen der Auffassung des Beklagten keine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten. Nach Sinn und Zweck des § 11 SGB II über das zu berücksichtigende Einkommen könne eine Stromkostenerstattung in Folge einer periodischen Stromkostenabrechnung, deren Vorauszahlung der Hilfebedürftige zuvor aus Mitteln der Grundsicherung geleistet habe, nicht als Einkommen qualifiziert werden. Dies folge aus dem System der ausnahmslosen Pauschalierung der Leistungen nach dem SGB II. Die Regelleistung decke den gesamten laufenden Bedarf, einschließlich der Haushaltsenergie ab. Würde eine aus der Regelleistung erbrachte Stromkostenvorauszahlung im Monat der Erstattung zu einer Verringerung der Regelleistung führen, komme es zu einer "Doppelberücksichtigung", die weder dem Sinn und Zweck von Pauschalierung und Eigenverantwortung noch dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums gerecht werde. Soweit der 8. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) für das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) eine Stromkostenerstattung als anrechenbares Einkommen angesehen habe (Urteil vom 19.5.2009 - B 8 SO 35/07 R - SozR 4-3500 § 82 Nr 5), könne dies nicht auf das SGB II übertragen werden. Denn das SGB XII unterliege einer deutlich weniger rigiden Pauschalierung als das SGB II und folge zudem dem Individualisierungsgrundsatz. Die Stromkostenerstattung sei auch nicht mit der Betriebskosten- und Heizkostenerstattung vergleichbar, und deren Regelung in § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II aF(eingeführt durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706, und verschoben in den § 22 Abs 3 durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453 - RBEG) sei weder direkt noch analog auf die Stromkostenerstattung anwendbar, zumal eine Stromkostennachforderung vom Grundsicherungsträger nicht übernommen werde. Die Stromkostenerstattung sei auch nicht mit der Einkommensteuererstattung vergleichbar.

4

Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung materiellen Rechts und macht geltend: Die Stromkostenerstattung sei Einkommen iS des § 11 SGB II. Es gebe keine Rechtsgrundlage, die die Anrechnung von Stromkostenguthaben als Einkommen ausschließe. Aus dem § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II aF ergebe sich, dass der Gesetzgeber Stromkosten anders als Betriebskosten nach wie vor als Einkommen ansehe. Die Stromkostenerstattung könne nicht als Vermögen angesehen werden, wie sich aus der Zuflusstheorie ergebe. Höhere Abschlagszahlungen für Stromkosten, als letztlich an Strom verbraucht werde, seien kein bewusstes und freiwilliges Ansparen. Vor der Abrechnung der Stromkosten könne die Klägerin nicht über den entsprechenden Betrag verfügen. Bei einer Nichtanrechnung der Stromkostenerstattung würden die entsprechenden Hilfebedürftigen privilegiert, weil sie Einkommen, das sie erhielten, nicht zur Deckung ihres Bedarfes verwenden müssten, obwohl sparsames Haushalten und die Deckung des Bedarfs möglichst aus eigener Kraft von einem Hilfebedürftigen zu erwarten sei.

5

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 17. September 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Sprungrevision des Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Die Voraussetzungen für eine (teilweise) Aufhebung der ursprünglichen Bewilligung von Leistungen liegen nicht vor. Bei der nach Antragstellung im Bedarfszeitraum zugeflossenen Rückzahlung nach Abrechnung der in den vorangegangenen Bewilligungsabschnitten gezahlten Stromkosten handelt es sich nicht um berücksichtigungsfähiges Einkommen, wie das SG zutreffend entschieden hat. Da der Bewilligungsbescheid nicht aufzuheben ist, scheidet auch eine Erstattung nach § 50 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aus.

8

Als Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung des Bescheides vom 4.12.2006 über die Bewilligung von Leistungen kommt nur § 40 Abs 1 SGB II iVm § 330 Abs 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) iVm § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X in Betracht. Hiernach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung vom Zeitpunkt der Veränderung der Verhältnisse der Verwaltungsakt aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt hat. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum aufgrund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes (§ 48 Abs 1 Satz 3 SGB X). Beginn des Anrechnungszeitraums ist im SGB II nach § 13 SGB II iVm § 2 Abs 3 Satz 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) idF vom 20.10.2004 (BGBl I 2622) iVm § 6 Alg II-V idF vom 22.8.2005 (BGBl I 2499) der Beginn des Monats, in dem das Einkommen zufließt.

9

Durch die am 23.2.2007 zugeflossene Rückzahlung der abgerechneten Stromkosten ist entgegen der Auffassung des Beklagten zum 1.2.2007 eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen der Klägerin, die dem Bewilligungsbescheid vom 4.12.2006 zugrunde lagen, nicht eingetreten. Die Rückzahlung war im Februar 2007 zwar Einkommen und nicht Vermögen (dazu 1.), als solches ist sie aber nicht zu berücksichtigen (dazu 2.).

10

1. Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen, und Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden. Dabei ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen, was er vor Antragstellung bereits hatte. Es ist vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (modifizierte Zuflusstheorie: BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23; BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15 RdNr 18; BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 46/09 R - BSGE 106, 185 = SozR 4-4200 § 11 Nr 30 RdNr 15; BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 45/09 R; anknüpfend an die Rechtsprechung des BSG zur Arbeitslosenhilfe: Urteil vom 11.2.1976 - 7 RAr 159/74 - BSGE 41, 187 = SozR 4100 § 137 Nr 1; Urteil vom 20.6.1978 - 7 RAr 47/77 - BSGE 46, 271 = SozR 4100 § 138 Nr 3; Urteil vom 12.12.1996 - 11 RAr 57/96 - BSGE 79, 297 = SozR 3-4100 § 138 Nr 9; und die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Sozialhilfe: Urteile vom 18.2.1999 - 5 C 35/97 - BVerwGE 108, 296 = NJW 1999, 3649, juris RdNr 13 ff; 5 C 14/98 - NJW 1999, 3137; 5 C 16/98 - NJW 1999, 3210 ff).

11

Auch wenn Einnahmen aus bereits bestehenden Rechtspositionen erzielt werden (zB Auszahlung des Gehalts als Erfüllung der Gehaltsforderung) und eine auf Geld oder Geldeswert gerichtete (noch nicht erfüllte) Forderung einen wirtschaftlichen Wert darstellt, gehört die Forderung, wenn sie dem Inhaber bereits zusteht (zB noch nicht erfüllte Gehaltsforderungen für zurückliegende Monate), zu seinem Vermögen. Das führt jedoch nicht zu einer Konkurrenz dergestalt, dass die Forderung als Vermögen und daneben die Leistung aus der Forderung als Einkommen zu berücksichtigen wären. Vielmehr ist nach § 11 SGB II im Falle der Erfüllung einer (Geld-) Forderung grundsätzlich nicht das Schicksal der Forderung von Bedeutung, sondern das Gesetz stellt insofern allein auf die Erzielung von Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen ab. Das gilt allerdings nicht für Fälle, in denen mit bereits erlangten Einkünften Vermögen angespart wurde, zB bei Banken, Sparkassen oder Versicherungen. Denn andernfalls wertete man den Rückgriff auf Erspartes unzulässig erneut als Einkommen. Dementsprechend bleibt ein Sparguthaben bei seiner Auszahlung Vermögen (BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 57/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 16 RdNr 17 zu einer Zinsgutschrift unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BVerwG zu § 76 BSHG und dessen Urteile vom 18.2.1999 aaO; Gegenbeispiel Einkommensteuererstattung: BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15 RdNr 18).

12

Bei der Rückerstattung von Vorauszahlungen auf der Grundlage von Energielieferverträgen ist von der Maßgeblichkeit des tatsächlichen Zuflusses als Differenzierungskriterium zwischen Einkommen und Vermögen nicht abzuweichen, wovon das SG und die Beteiligten zutreffend ausgehen. Solche Rückzahlungen erfolgen nicht aus bereits erlangten Einkünften, mit denen ein gezielter "Vermögensaufbau" betrieben wurde. Im Ergebnis kommt damit nur die Berücksichtigung der Rückzahlung als Einkommen im Bedarfszeitraum, nicht dagegen als Vermögen in Betracht (ebenso zur Stromkostenerstattung im Anwendungsbereich des SGB XII: BSG Urteil vom 19.5.2009 - B 8 SO 35/07 R - SozR 4-3500 § 82 Nr 5 RdNr 16 und - insoweit ohne weitergehende Begründung - zur Betriebskostenerstattung: BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 37).

13

2. Die Stromkostenerstattung war zwar eine Einnahme der Klägerin und ihrer Tochter im Februar 2007, ist jedoch nicht als Einkommen nach § 11 Abs 1 SGB II zu berücksichtigen. Für die Definition des Begriffs "Einkommen" ist - über die obige Abgrenzung "alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält," hinaus - dem Wortlaut des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II lediglich zu entnehmen, dass ua "Leistungen nach diesem Buch" von vornherein von der Berücksichtigung ausgenommen sind.

14

a) Ein unmittelbarer Anwendungsbereich dieser Alternative des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II ist vorliegend nicht gegeben. Unabhängig davon, ob die Vorauszahlungen für die Stromkosten von der Klägerin aus ihrer Hinterbliebenenrente oder ihren SGB II-Leistungen erbracht wurden, erfolgte die Rückzahlung jedenfalls nicht auf Grundlage der Vorschriften des SGB II durch den Träger der Grundsicherung, sondern aufgrund der Regelungen in dem Energieliefervertrag.

15

b) Eine Rückzahlung von Stromkosten, die auf Vorauszahlungen in Zeiträumen beruht, in denen Hilfebedürftigkeit nach §§ 7, 9 SGB II bestand, kann aber nach Sinn und Zweck des § 11 Abs 1 und § 20 SGB II nicht als Einkommen berücksichtigt werden.

16

Dies folgt zum einen aus der Wertung, die dem Ausschluss von "Leistungen nach diesem Buch" von der Berücksichtigung als Einkommen in § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II zu entnehmen ist(in diesem Sinne Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 11 RdNr 273; Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 11 RdNr 33; Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit für die Anwendung des SGB II zu § 11 Nr 11.61). Zum anderen handelt es sich bei den Zahlungen für Haushaltsenergie um die Befriedigung eines dem § 20 SGB II zuzuordnenden Grundbedarfs. Der Bemessung dieses Grundbedarfs nach dem Statistikmodell liegt der verfassungsrechtlich zulässige Gedanke zugrunde, dass die regelbedarfsrelevanten Ausgabepositionen und -beträge von vornherein als abstrakte Rechengrößen konzipiert sind und den Ausgleich zwischen verschiedenen Bedarfspositionen ermöglichen. Der Hilfebedürftige soll über den Einsatz seiner Mittel (sei es aus der Regelleistung, sei es aus zu berücksichtigendem Einkommen) hinsichtlich des Regelbedarfs im Einzelnen selbst bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen ausgleichen können (dazu BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 41 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175, RdNr 205). Dementsprechend schließt der Regelbedarf ausdrücklich einen Ansparbetrag ein, der seine Entsprechung in dem Vermögensfreibetrag nach § 12 Abs 1 Nr 4 SGB II findet(vgl BT-Drucks 15/1516 S 53). Damit ist es aber auch geboten, Einnahmen, die aus Einsparungen bei den Regelbedarfen resultieren, über den jeweiligen Bezugszeitraum hinweg von der Berücksichtigung als Einkommen freizustellen.

17

Von daher ist es unerheblich, ob die Klägerin die Vorauszahlungen für die Stromkosten aus ihrer Hinterbliebenenrente oder ihren SGB II-Leistungen erbracht hat. Entscheidend ist alleine, dass sie während dieser Zeit hilfebedürftig nach dem SGB II war und sich durch die Berücksichtigung ihres Einkommens aus der Hinterbliebenenrente nichts an der Zusammensetzung ihres verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums nach §§ 20 ff SGB II änderte.

18

c) Soweit der Beklagte dagegen einwendet, das SGB II enthalte kein Belohnungssystem, um Hilfebedürftige durch die Nichtberücksichtigung der Rückzahlung zu privilegieren, vielmehr sei sparsames Haushalten von einem Hilfebedürftigen zu erwarten, um den Bedarf möglichst aus eigener Kraft zu decken, führt diese Argumentation im Kern zu einer Anwendung des "Bedarfsdeckungsgrundsatzes", wie er zum Recht der Sozialhilfe nach dem BSHG entwickelt worden ist. Diesen Bedarfsdeckungsgrundsatz des BSHG hat der Gesetzgeber in das SGB II jedoch nicht übernommen.

19

Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass es konstitutiver Bestandteil des Systems des SGB II ist, eine abweichende Festsetzung der Regelbedarfe gerade nicht vorzusehen (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14 AS 22/07 R - BSGE 101, 70 = SozR 4-4200 § 11 Nr 11 RdNr 22 zur Verköstigung während eines Krankenhausaufenthalts; BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14 AS 46/07 R - zur kostenlosen Verpflegung durch Familienangehörige; BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 9 RdNr 20 zu nicht bezifferbaren Unterstützungsleistungen von Verwandten oder Verschwägerten). Im Rahmen der durch § 20 Abs 1 SGB II genannten Grundbedürfnisse ist es mit dem Sinn und Zweck der Pauschalierung nicht vereinbar, eine individuelle Bedarfsprüfung vorzunehmen.

20

Damit ist es nach dem SGB II nicht zulässig, zusätzliche Bedarfe, wie etwa erhöhte Stromkosten (so ausdrücklich: BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18 RdNr 27), im Rahmen des Regelbedarfs bedarfserhöhend geltend zu machen. Abweichende laufende Bedarfe können lediglich im Anwendungsbereich des § 21 SGB II Berücksichtigung finden. Für die Kürzung der Regelleistung besteht aber ebenso wenig eine Rechtsgrundlage. Hätten die Klägerin und ihre Tochter die Herabsetzung der Abschlagszahlungen gegenüber dem Stromversorger zu einem früheren Zeitpunkt erreicht, wären solche Einsparungen ihnen (und nicht dem Träger der Grundsicherung) zugute gekommen. Ebenso wie dem Hilfebedürftigen zB zu berücksichtigendes Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit bei einer anderen steuerrechtlichen Gestaltung im Bedarfszeitraum bedarfsmindernd zur Verfügung gestanden hätte und es deshalb auch bei Zufluss erst mit der Steuererstattung zu berücksichtigendes Einkommen bleibt (vgl BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 18 am Ende), kann ein anderer Mitteleinsatz für die Regelbedarfe nicht zur Gewährung einer nur verminderten Regelleistung (bzw dem Ansatz eines niedrigeren Bedarfs) führen.

21

Da § 20 SGB II - anders als § 28 SGB XII - die Berücksichtigung abweichender Bedarfe beim Regelbedarf von vornherein ausschließt, lässt sich aus dem sogenannten Nachranggrundsatz nicht der Schluss ziehen, dass die Berücksichtigung von ersparten Aufwendungen als Einkommen geboten ist(zur abweichenden Rechtslage nach dem SGB XII: BSG Urteil vom 19.5.2009 - B 8 SO 35/07 R - SozR 4-3500 § 82 Nr 5, RdNr 19 und nunmehr die Neuregelung in § 82 Abs 1 Satz 2 SGB XII durch das RBEG).

22

d) Diesem Ergebnis stehen schließlich die Entscheidung des Senats vom 15.4.2008 (B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 37), wonach Rückzahlungen von Betriebskosten, die den Kosten der Unterkunft zuzurechnen sind, als Einkommen zu berücksichtigen sind, und die durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) zum 1.8.2006 getroffene Regelung in § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II aF(jetzt § 22 Abs 3 SGB II idF des RBEG) nicht entgegen.

23

Denn ebenso wie heute bestand nach der alten Rechtslage zwischen Betriebs- und Heizkosten einerseits und Stromkosten andererseits insofern ein gravierender Unterschied, als die Betriebs- und Heizkosten - vorbehaltlich ihrer Angemessenheit - in tatsächlicher Höhe zu übernehmen waren (§ 22 Abs 1 SGB II), während die Stromkosten, soweit sie nicht ausnahmsweise für die Heizung benötigt wurden, nicht gesondert übernommen wurden, sondern, wie ausgeführt, als Haushaltsenergie pauschaliert in der Regelleistung enthalten waren. Auch die Einfügung des § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II aF(jetzt § 22 Abs 3 SGB II idF des RBEG)spricht für diese Differenzierung, weil er auf Rückzahlungen und Guthaben beschränkt ist, die den Kosten für Unterkunft zuzuordnen sind, und auch nach der Gesetzesbegründung für die Regelung (Bericht des Bundestagsausschusses, BT-Drucks 16/1696 S 7, 26 f) Kosten für Haushaltsenergie ausdrücklich ausgenommen sind.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Aus den in diesem Gesetz geregelten Bezügen und aus den Bezügen der Gefangenen, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen (§ 39 Abs. 1) oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen (§ 39 Abs. 2), ist ein Überbrückungsgeld zu bilden, das den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern soll.

(2) Das Überbrückungsgeld wird dem Gefangenen bei der Entlassung in die Freiheit ausgezahlt. Die Vollzugsbehörde kann es auch ganz oder zum Teil dem Bewährungshelfer oder einer mit der Entlassenenbetreuung befaßten Stelle überweisen, die darüber entscheiden, wie das Geld innerhalb der ersten vier Wochen nach der Entlassung an den Gefangenen ausgezahlt wird. Der Bewährungshelfer und die mit der Entlassenenbetreuung befaßte Stelle sind verpflichtet, das Überbrückungsgeld von ihrem Vermögen gesondert zu halten. Mit Zustimmung des Gefangenen kann das Überbrückungsgeld auch dem Unterhaltsberechtigten überwiesen werden.

(3) Der Anstaltsleiter kann gestatten, daß das Überbrückungsgeld für Ausgaben in Anspruch genommen wird, die der Eingliederung des Gefangenen dienen.

(4) Der Anspruch auf Auszahlung des Überbrückungsgeldes ist unpfändbar. Erreicht es nicht die in Absatz 1 bestimmte Höhe, so ist in Höhe des Unterschiedsbetrages auch der Anspruch auf Auszahlung des Eigengeldes unpfändbar. Bargeld des entlassenen Gefangenen, an den wegen der nach Satz 1 oder Satz 2 unpfändbaren Ansprüche Geld ausgezahlt worden ist, ist für die Dauer von vier Wochen seit der Entlassung insoweit der Pfändung nicht unterworfen, als es dem Teil der Ansprüche für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf der vier Wochen entspricht.

(5) Absatz 4 gilt nicht bei einer Pfändung wegen der in § 850d Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Unterhaltsansprüche. Dem entlassenen Gefangenen ist jedoch so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner sonstigen gesetzlichen Unterhaltspflichten für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf von vier Wochen seit der Entlassung bedarf.

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Oktober 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass von den für Juli und August 2008 noch zu erbringenden Leistungen die bereits für diesen Zeitraum gewährten Leistungen in Abzug zu bringen sind.

2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), insbesondere die Frage der Anrechnung von Einkommen.
Dem 1977 geborenen Kläger wurden bei seiner Haftentlassung am 3. Juni 2008 1.366,13 EUR ausgezahlt, davon 1.075,27 EUR Überbrückungsgeld nach § 51 des Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung (Strafvollzugsgesetz - StVollzG). Vom 3. Juni bis 22. September 2008 führte der Kläger eine stationäre Behandlung wegen einer Suchterkrankung im Therapiezentrum M. durch, bei welcher er voll verpflegt wurde.
Am 5. Juni 2008 beantragte der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Beklagte, welche mit dem Landkreis K. keine Arbeitsgemeinschaft gegründet hat, bewilligte ihm mit Bescheid vom 20. Juni 2008 vorläufig für die Zeit vom 5. bis 30. Juni 2008 30,17 EUR und für Juli bis September 2008 monatlich jeweils 37,41 EUR. Hierbei ging die Beklagte von der Regelleistung von 347,00 EUR bzw. ab Juli von 351,00 EUR aus und bewertete das Überbrückungsgeld als anrechenbares Einkommen, welches sie auf fünf Monate verteilte und daraus unter Abzug der Versicherungspauschale von 30,00 EUR im Juni anteilig 173,33 EUR und in den Folgemonaten jeweils 170,00 EUR anrechnete. Weiter rechnete sie die Naturalverpflegung im Therapiezentrum als Einkommen an in Höhe von monatlich 121,45 EUR. Zusätzlich rechnete sie Einkommen von weiteren 20,47 EUR an, weil auch Strom und Warmwasser, welches der Kläger während der Therapie in natura erhalte, Einkommen sei. Die Vorläufigkeit der Bewilligung begründete die Beklagte damit, dass der genaue Termin für die Entlassung aus der Therapie noch nicht feststehe.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass er am 24. Juni 2008 1.000,00 EUR zur Schuldentilgung verwendet habe und legte hierzu einen Überweisungsbeleg vor. Ferner wandte er sich gegen die Anrechnung der Naturalverpflegung und der Versorgung mit Strom und Wasser während der Therapie als Einkommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das Überbrückungsgeld sei als einmalige Einnahme im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 2 Abs. 4 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) auf einen angemessenen Zeitraum verteilt ab dem Zuflussmonat Juni 2008 anzurechnen. Die Verteilung auf einen Zeitraum von fünf Monaten und sich daraus ergebende Anrechnung von monatlich 200,00 EUR (im Juni 2008 anteilig 173,33 EUR) sei nicht zu beanstanden. Ob der Kläger die erhaltene Summe zur Tilgung von Verbindlichkeiten verwendet habe, sei für die Anrechnung irrelevant. Es sei nicht Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die privaten Verbindlichkeiten der Leistungsempfänger zu tilgen. Schulden seien bei der Berechnung des anzurechnenden Einkommens grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Weiter sei, da der Kläger stationär im Therapiezentrum M. untergebracht sei, Einkommen in Höhe von insgesamt 143,59 EUR monatlich für ersparte Aufwendungen für Verpflegung, Warmwasser und Haushaltsstrom anzurechnen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 21. Oktober 2008 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage. Er verweist darauf, dass das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 18. Juni 2008 (- B 14 AS 22/07 R -) die Rechtswidrigkeit des Abzugs der sogenannten Ernährungspauschale festgestellt und erhebliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Änderungen der Alg II-V geäußert habe. Nach dem Ende der stationären Therapie sei er am 22. September 2008 zu seiner Frau nach B. zurückgekehrt.
Die Beklagte hat mit Änderungsbescheid vom 22. September 2008 dem Kläger und seiner Ehefrau als Bedarfsgemeinschaft für September und Oktober 2008 Leistungen in Höhe von insgesamt 437,23 EUR und für November 2008 in Höhe von 632,00 EUR bewilligt.
Mit Urteil vom 21. Oktober 2008 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 20. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2008 dazu verurteilt, dem Kläger für Juli bis September 2008 die Regelleistung nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen aus Überbrückungsgeld und Naturalverpflegung zu gewähren und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es darauf verwiesen, dass es über die Leistungsansprüche des Klägers für den Zeitraum 5. Juni bis 30. September 2008 endgültig entscheiden könne, auch wenn die Beklagte bislang nur vorläufig bewilligt habe, da der Zeitraum abgelaufen sei und der angegebene Grund für die Vorläufigkeit nicht mehr bestehe, da der stationäre Aufenthalt des Klägers am 22. September 2008 geendet habe. Das Überbrückungsgeld des Klägers habe die Beklagte nur im Juni, nicht aber in den folgenden Monaten als Einkommen anrechnen dürfen. Zum einen sei das Überbrückungsgeld ab Juli nicht mehr vorhanden gewesen, da es der Kläger fast vollständig am 24. Juni 2008 zur Schuldentilgung verwendet habe. Zum anderen sei die Beklagte nicht befugt gewesen, diese Einnahme nach § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V auf einen längeren Zeitraum zu verteilen. Zwar sei das Überbrückungsgeld nach der Strafhaft grundsätzlich anrechenbares Einkommen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Den Zweck zur Sicherung des Lebensunterhalts habe das Überbrückungsgeld jedoch nach § 51 Abs. 1 StVollzG nur für die ersten vier Wochen nach der Entlassung aus der Strafhaft. Dies führe dazu, dass noch vorhandenes Überbrückungsgeld - das es beim Kläger nicht gegeben habe - ab der fünften Woche als zweckbestimmte Einnahme oder als Vermögen nach § 12 Abs. 1 SGB II eingestuft werden müsse, jedenfalls nicht mehr angerechnet werden könne. § 51 Abs. 1 StVollzG sei spezieller als § 11 Abs. 1 und 3 SGB II, weil es die sozialrechtliche Bedeutung einer bestimmten Einkommensart regele. Der Vorrang des spezielleren Gesetzes gehe dem Vorrang des jüngeren vor. Zumindest bis zum 7. Juli 2008 sei die Beklagte selbst der Auffassung gewesen, Überbrückungsgeld nach § 51 Abs. 1 StVollzG könne nur für vier Wochen als Einkommen angesetzt werden, wenn auch der entsprechende Eintrag in der Wissensdatenbank der Beklagten nicht mehr vorhanden sei. Die Beklagte habe auch die Naturalverpflegung aus der stationären Therapie vom 5. Juni bis 22. September 2008 nicht als Einkommen anrechnen dürfen. Das SG halte die seit dem 1. Januar 2008 geltende Neuregelung in § 2 Abs. 5 Satz 1 Alg II-V für unwirksam und lasse sie daher außer Anwendung. Naturalverpflegung sei kein Einkommen und der Wortlaut der Ermächtigungsgrundlage in § 13 Nr. 1 SGB II lasse es nicht zu, dass der Verordnungsgeber Zuflüsse, die nach der Auslegung des formell gesetzlichen Begriffs in § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II kein Einkommen seien, hierzu deklariere. Für den Abzug weiterer 20,74 EUR als Strom- und Warmwasserzubereitungspauschale gebe es nicht einmal eine eindeutige Rechtsgrundlage; es handele sich nicht um Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Für Juli bis September sei keinerlei anrechenbares Einkommen mehr vorhanden, so dass Anspruch auf die volle Regelleistung bestehe.
Gegen das ihr am 10. November 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 3. Dezember 2008 eingelegte Berufung der Beklagten. Sie vertritt die Auffassung, dass das Überbrückungsgeld als Einkommen zu berücksichtigen sei. Ob und in welchem Umfang Einkommen anzurechnen sei, bestimme sich allein nach den Regelungen im SGB II bzw. in der Alg II-V und nicht nach dem StVollzG. § 51 StVollzG und § 11 Abs. 1 und 3 SGB II hätten gänzlich unterschiedliche Regelungsinhalte, so dass § 51 StVollzG keineswegs als speziellere und damit vorrangige Vorschrift anzusehen sei. Bei der Ausnahmeregelung in § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V, wonach im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt sein könne, handele es sich um keine Öffnungsklausel für die abweichende Beurteilung bestimmter Einkommensarten. Diese Regelung ermögliche vielmehr, in begründeten Einzelfällen von der Einkommensaufteilung abzusehen, wenn diese eine besondere Härte für den Hilfebedürftigen bedeuten würde. Eine generelle Herausnahme des Überbrückungsgeldes aus dem Anwendungsbereich des § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V könne hieraus keinesfalls abgeleitet werden. Die im Urteil zitierte Rechtsauffassung in einem gelöschten Eintrag in der Wissensdatenbank werde von der Beklagten nicht mehr vertreten. Nicht mehr strittig sei die Anrechnung von Verpflegungsleistungen während des stationären Aufenthalts im Hinblick auf die zwischenzeitliche Änderung der Alg II-V. Die Beklagte habe insoweit den Änderungsbescheid vom 26. Januar 2009 erlassen. Hiermit habe die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 5. bis 30. Juni 135,43 EUR und für Juli und August 2008 jeweils 160,26 EUR bewilligt. Weiter werde auf den Änderungsbescheid vom 22. September 2008 verwiesen, dort sei eine Anrechnung der bereitgestellten Verpflegung nicht erfolgt. Soweit weiterhin die Warmwasser- und Strompauschale in Abzug gebracht worden sei, werde dies nicht für zulässig gehalten. Die Beklagte gebe deshalb ein Teilanerkenntnis dahingehend ab, dass sich der Leistungsanspruch des Klägers in den Monaten Juli und August 2008 um jeweils 20,74 EUR erhöhe.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Oktober 2008 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen, hilfsweise
12 
die Revision zuzulassen.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er das Teilanerkenntnis der Beklagten vom 11. März 2009 angenommen.
16 
Zudem haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung einen Verfahrensvergleich dahingehend abgeschlossen, dass die Beklagte über die Anrechnung des Überbrückungsgeldes ab September 2008 nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens neu entscheidet und insoweit allein noch bezüglich des Zeitraums Juli und August 2008 streitig entschieden wird.
17 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
19 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist nur noch der Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Kosten der Unterkunft und Heizung für Juli und August 2008. Für Juni 2008 hat das SG die Klage abgewiesen, dies ist mit der Berufung nicht angegriffen worden. Für September 2008 haben die Verfahrensbeteiligten einen Verfahrensvergleich geschlossen, so dass dieser Zeitraum ebenfalls nicht mehr im Berufungsverfahren zu beurteilen ist.
20 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz) ist zulässig, sie ist insbesondere statthaft (§ 143 SGG), da der Beschwerdewert von 750,00 EUR überschritten wird (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist indes nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, dem Kläger für Juli und August 2008 die Regelleistung nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen aus Überbrückungsgeld zu gewähren.
21 
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die (1.) das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, (2.) erwerbsfähig sind, (3.) hilfebedürftig sind (4.) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Der im Streitzeitraum 31-jährige, erwerbsfähige Kläger deutscher Staatsangehörigkeit hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und ist auch hilfebedürftig. Damit gehört er zum leistungsberechtigten Personenkreis. Auch der stationäre Aufenthalt des Klägers im Therapiezentrum M., einem Fachkrankenhaus für suchtkranke Männer, steht dem Anspruch nicht entgegen, denn die Dauer der Unterbringung in dem Krankenhaus war von Anfang an für weniger als sechs Monate vorgesehen (vgl. § 7 Abs. 4 Satz 1 und Satz 3 Nr. 1 SGB II).
22 
Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht (1.) durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, (2.) aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Der im streitigen Zeitraum alleinstehende Kläger verfügte im Juli und August 2008 weder über Einkommen noch über Vermögen. Das ihm bei Haftentlassung ausbezahlte Überbrückungsgeld in Höhe von 1.075,27 EUR ist auf den hier streitigen Hilfebedarf nicht anzurechnen.
23 
Grundsätzlich stellt das Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II dar, denn es handelt sich um eine Einnahme in Geld. Zwar wird das Überbrückungsgeld aus Teilen der Bezüge, insbesondere des Arbeitsentgelts (§ 43 StVollzG) des Gefangenen gebildet, seiner Verfügung entzogen und einem für ihn geführten Konto gut geschrieben. Gleichwohl gehören die so zwangsweise angesparten Beträge nicht zum Vermögen des Gefangenen, denn nach der Rechtsprechung des BSG ist Einkommen alles, was der Hilfebedürftige während eines Zahlungszeitraums wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was er bei Beginn eines Zahlungszeitraums bereits hat (Zuflusstheorie, vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R - zu nachträglich gezahltem Lohn und Urteil vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R - zu Steuererstattung ). Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat in einer Entscheidung zum Sozialhilferecht vom 21. Juni 1990 (- 5 C 64/86 - FEVS 41, 1) zwar noch offen gelassen, ob es sich bei dem Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG um Einkommen oder Vermögen handelt; das BVerwG hat sich in der Folgezeit jedoch in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung (vgl. zur sogenannten Identitätstheorie BVerwGE 29, 295 ff.) mit Urteilen vom 18. Februar 1999 der Zuflusstheorie zugewandt (vgl. BVerwGE 108, 296 ff.; so bereits zuvor zum Arbeitslosenhilferecht BSGE 41, 187, 188 = SozR 4100 § 137 Nr. 1). Auch aus der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zur vergleichbaren Problematik im Sozialhilferecht lassen sich somit keine Gesichtspunkte entnehmen, die gegen die Behandlung des Überbrückungsgeldes als Einkommen sprechen.
24 
Das Überbrückungsgeld ist auch nicht von der Berücksichtigung ausgenommen nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II, denn es handelt sich nicht um eine zweckbestimmte Einnahme, die einem anderen Zweck als die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II dient und die Leistung des Empfängers nicht so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. § 51 Abs. 1 StVollzG enthält eine ausdrückliche Zweckbestimmung. Dort ist ausgeführt, dass ein Überbrückungsgeld zu bilden ist, das den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern soll. Damit steht fest, dass Zweck des Überbrückungsgeldes gerade die Sicherung des Lebensunterhalts ist und somit Zweckidentität mit den Leistungen nach dem SGB II besteht.
25 
Nicht beantwortet ist damit indes die Frage, auf welche Weise das als Einkommen zu berücksichtigende Überbrückungsgeld anzurechnen ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt hier eine Aufteilung auf fünf Monate und Anrechnung in jedem Monat nicht in Betracht. Zur Frage, wie einmalige Einnahmen wie das Überbrückungsgeld im Einzelnen anzurechnen sind, enthält die auf § 13 SGB II beruhende Alg II-V nähere Regelungen. Nach § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V sind einmalige Einnahmen, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen. Sinn dieses Anrechnungsverfahrens ist, dass das vorübergehende vollständige Entfallen des Leistungsanspruchs und damit des Krankenversicherungsschutzes vermieden wird (vgl. Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 11 Rdnr. 66). Vorliegend ist indes nicht eine Aufteilung auf einen angemessenen Zeitraum, sondern eine andere Regelung, wie sie § 2 Abs. 3 Satz 3 Alg II-V durchaus ermöglicht, angezeigt. Insoweit hält der Senat die Vorschrift des § 51 Abs. 1 StVollzG für die speziellere Regelung, welche bei der Auslegung des allgemeinen Gesetzes zu berücksichtigen ist. Nach § 51 Abs. 1 StVollzG soll das Überbrückungsgeld den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern. Dieser soll seinen Lebensunterhalt nach der Entlassung mit eigenen Mitteln bestreiten können und nicht auf Sozialhilfe oder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II angewiesen sein, die dem Mittellosen sonst den notwendigen Lebensunterhalt sichern. Durch die gesetzlich vorgesehene Unterhaltssicherungsfunktion für die Dauer von vier Wochen ist es geboten, die Einnahme auch im Rahmen der Prüfung einer Leistungsberechtigung nach dem SGB II entsprechend zu berücksichtigen und nicht als Einkommen auf einen längeren Zeitraum aufzuteilen. Ansonsten hätte dies zur Folge, dass der Gesetzeszweck verfehlt würde, denn bei Anrechnung des Überbrückungsgeldes auf einen längeren Zeitraum wäre der Strafgefangene nach Entlassung aus der Haft entgegen dem Gesetzeszweck von § 51 Abs. 1 StVollzG auch in den ersten vier Wochen nach der Entlassung auf Sozialhilfe bzw. Leistungen nach dem SGB II angewiesen.
26 
Dem steht nicht entgegen, dass die hier vertretene Auffassung zur Folge hat, dass durch die Anrechnung des Überbrückungsgeldes allein auf einen Monat in der Regel die Hilfebedürftigkeit in diesem Monat ganz entfällt und folglich kein Krankenversicherungsschutz über den Bezug der SGB II-Leistungen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) besteht. Während der Strafhaft besteht Anspruch auf Gesundheitsfürsorge nach §§ 56 ff. StVollzG; dieser Anspruch endet mit der Entlassung. Anschließend besteht indes, sofern der Betreffende vor der Haft gesetzlich krankenversichert war, Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. Februar 2009 - L 11 KR 497/09 ER-B - m.w.N.), so dass nicht zu befürchten steht, dass überhaupt kein Krankenversicherungsschutz vorliegt. Im konkreten Fall war der Kläger ohnehin seit Juni 2008 versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB II, da die Beklagte aufgrund der von ihr vorgenommenen Aufteilung des Überbrückungsgeldes auch im Juni 2008 Leistungen gewährt hat.
27 
Entgegen der Befürchtung der Beklagten besteht auch nicht die Gefahr, dass bei längerer Haft Überbrückungsgeld in erheblicher Höhe angespart wird. Nach der Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums Baden-Württemberg über die Behandlung und Verwendung der Gelder der Gefangenen (VwV-Gelder der Gefangenen, 4523/0348 vom 29. Dezember 2005, Die Justiz 2006 S. 122 in der Fassung vom 21. Dezember 2006, Die Justiz 2007 S. 136) wird unter Ziff. 1.2.2 die angemessene Höhe des Überbrückungsgeldes auf den 150-fachen Tagessatz der Eckvergütung (§ 43 Abs 2 StVollzG) festgesetzt. Die Eckvergütung nach § 43 Abs. 2 StVollzG beläuft sich auf 9 v.H. der Bezugsgröße nach § 18 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV); ein Tagessatz ist der 250. Teil der Eckvergütung. Für das Jahr 2008 bedeutet dies, dass die angemessene Höhe des Überbrückungsgeldes bei maximal 1.611,00 EUR liegt (Bezugsgröße alte Bundesländer 2008: 29.820 EUR; davon 9 v.H.: 2.683,80 EUR ; Tagessatz 10,74 EUR; 150-facher Tagessatz 1.611 EUR). Damit hat der Gesetz- und Verordnungsgeber genau geregelt, bis zu welcher Höhe der Gefangene aus seinem Arbeitsentgelt Überbrückungsgeld ansparen muss, welches in den ersten vier Wochen nach der Haftentlassung für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehen soll. Diese speziellen Regelungen sind bei der Auslegung des § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V zu berücksichtigen und verbieten eine Aufteilung des Überbrückungsgeldes auf einen längeren Zeitraum. Dies hat zur Folge, dass das Überbrückungsgeld nur in den ersten vier Wochen nach Haftentlassung, hier also im Juni 2008 als Einkommen zu berücksichtigen ist und danach, soweit noch vorhanden, als Vermögen im Sinne von § 12 SGB II Berücksichtigung findet. Sofern der Strafgefangene bei längerer Haftdauer Eigengeld (§ 83 StVollzG) in größerem Umfang angesammelt hat, bestehen keine Bedenken, derartige Beträge bei Haftentlassung auf einen längeren Zeitraum aufzuteilen. Dies gilt indes wegen der gesetzgeberischen Zuordnung des Überbrückungsgeldes zum Bedarf für die ersten vier Wochen nach Haftentlassung für dieses nicht.
28 
Hinsichtlich der Anrechnung weiteren Einkommens aufgrund der während der stationären Behandlung erhaltenen Vollverpflegung sowie der dortigen Versorgung mit Strom und Warmwasser besteht zwischen den Beteiligten kein Streit mehr, die Beklagte hat insoweit mit Bescheid vom 26. Januar 2009 bereits für Juli und August 2008 Leistungen ohne Anrechnung der Verpflegung bewilligt und zudem mit Teilanerkenntnis vom 11. März 2009 für Juli und August 2008 um 20,74 EUR höhere Leistungen (Strom- und Warmwasserpauschale) angeboten. Dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 24. April 2009 angenommen.
29 
Vermögen, welches die Freigrenzen des § 12 Abs. 2 SGB II übersteigt, war im streitigen Zeitraum nicht vorhanden, zumal der Kläger Ende Juni 2008 1.000,00 EUR zur Tilgung von Schulden aufgewendet hat.
30 
Nur zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass die Beklagte die bereits gewährten Leistungen in Anrechnung bringen darf.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
32 
Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.

Gründe

 
18 
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
19 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist nur noch der Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Kosten der Unterkunft und Heizung für Juli und August 2008. Für Juni 2008 hat das SG die Klage abgewiesen, dies ist mit der Berufung nicht angegriffen worden. Für September 2008 haben die Verfahrensbeteiligten einen Verfahrensvergleich geschlossen, so dass dieser Zeitraum ebenfalls nicht mehr im Berufungsverfahren zu beurteilen ist.
20 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz) ist zulässig, sie ist insbesondere statthaft (§ 143 SGG), da der Beschwerdewert von 750,00 EUR überschritten wird (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist indes nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, dem Kläger für Juli und August 2008 die Regelleistung nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen aus Überbrückungsgeld zu gewähren.
21 
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die (1.) das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, (2.) erwerbsfähig sind, (3.) hilfebedürftig sind (4.) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Der im Streitzeitraum 31-jährige, erwerbsfähige Kläger deutscher Staatsangehörigkeit hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und ist auch hilfebedürftig. Damit gehört er zum leistungsberechtigten Personenkreis. Auch der stationäre Aufenthalt des Klägers im Therapiezentrum M., einem Fachkrankenhaus für suchtkranke Männer, steht dem Anspruch nicht entgegen, denn die Dauer der Unterbringung in dem Krankenhaus war von Anfang an für weniger als sechs Monate vorgesehen (vgl. § 7 Abs. 4 Satz 1 und Satz 3 Nr. 1 SGB II).
22 
Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht (1.) durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, (2.) aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Der im streitigen Zeitraum alleinstehende Kläger verfügte im Juli und August 2008 weder über Einkommen noch über Vermögen. Das ihm bei Haftentlassung ausbezahlte Überbrückungsgeld in Höhe von 1.075,27 EUR ist auf den hier streitigen Hilfebedarf nicht anzurechnen.
23 
Grundsätzlich stellt das Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II dar, denn es handelt sich um eine Einnahme in Geld. Zwar wird das Überbrückungsgeld aus Teilen der Bezüge, insbesondere des Arbeitsentgelts (§ 43 StVollzG) des Gefangenen gebildet, seiner Verfügung entzogen und einem für ihn geführten Konto gut geschrieben. Gleichwohl gehören die so zwangsweise angesparten Beträge nicht zum Vermögen des Gefangenen, denn nach der Rechtsprechung des BSG ist Einkommen alles, was der Hilfebedürftige während eines Zahlungszeitraums wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was er bei Beginn eines Zahlungszeitraums bereits hat (Zuflusstheorie, vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R - zu nachträglich gezahltem Lohn und Urteil vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R - zu Steuererstattung ). Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat in einer Entscheidung zum Sozialhilferecht vom 21. Juni 1990 (- 5 C 64/86 - FEVS 41, 1) zwar noch offen gelassen, ob es sich bei dem Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG um Einkommen oder Vermögen handelt; das BVerwG hat sich in der Folgezeit jedoch in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung (vgl. zur sogenannten Identitätstheorie BVerwGE 29, 295 ff.) mit Urteilen vom 18. Februar 1999 der Zuflusstheorie zugewandt (vgl. BVerwGE 108, 296 ff.; so bereits zuvor zum Arbeitslosenhilferecht BSGE 41, 187, 188 = SozR 4100 § 137 Nr. 1). Auch aus der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zur vergleichbaren Problematik im Sozialhilferecht lassen sich somit keine Gesichtspunkte entnehmen, die gegen die Behandlung des Überbrückungsgeldes als Einkommen sprechen.
24 
Das Überbrückungsgeld ist auch nicht von der Berücksichtigung ausgenommen nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II, denn es handelt sich nicht um eine zweckbestimmte Einnahme, die einem anderen Zweck als die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II dient und die Leistung des Empfängers nicht so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. § 51 Abs. 1 StVollzG enthält eine ausdrückliche Zweckbestimmung. Dort ist ausgeführt, dass ein Überbrückungsgeld zu bilden ist, das den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern soll. Damit steht fest, dass Zweck des Überbrückungsgeldes gerade die Sicherung des Lebensunterhalts ist und somit Zweckidentität mit den Leistungen nach dem SGB II besteht.
25 
Nicht beantwortet ist damit indes die Frage, auf welche Weise das als Einkommen zu berücksichtigende Überbrückungsgeld anzurechnen ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt hier eine Aufteilung auf fünf Monate und Anrechnung in jedem Monat nicht in Betracht. Zur Frage, wie einmalige Einnahmen wie das Überbrückungsgeld im Einzelnen anzurechnen sind, enthält die auf § 13 SGB II beruhende Alg II-V nähere Regelungen. Nach § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V sind einmalige Einnahmen, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen. Sinn dieses Anrechnungsverfahrens ist, dass das vorübergehende vollständige Entfallen des Leistungsanspruchs und damit des Krankenversicherungsschutzes vermieden wird (vgl. Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 11 Rdnr. 66). Vorliegend ist indes nicht eine Aufteilung auf einen angemessenen Zeitraum, sondern eine andere Regelung, wie sie § 2 Abs. 3 Satz 3 Alg II-V durchaus ermöglicht, angezeigt. Insoweit hält der Senat die Vorschrift des § 51 Abs. 1 StVollzG für die speziellere Regelung, welche bei der Auslegung des allgemeinen Gesetzes zu berücksichtigen ist. Nach § 51 Abs. 1 StVollzG soll das Überbrückungsgeld den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern. Dieser soll seinen Lebensunterhalt nach der Entlassung mit eigenen Mitteln bestreiten können und nicht auf Sozialhilfe oder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II angewiesen sein, die dem Mittellosen sonst den notwendigen Lebensunterhalt sichern. Durch die gesetzlich vorgesehene Unterhaltssicherungsfunktion für die Dauer von vier Wochen ist es geboten, die Einnahme auch im Rahmen der Prüfung einer Leistungsberechtigung nach dem SGB II entsprechend zu berücksichtigen und nicht als Einkommen auf einen längeren Zeitraum aufzuteilen. Ansonsten hätte dies zur Folge, dass der Gesetzeszweck verfehlt würde, denn bei Anrechnung des Überbrückungsgeldes auf einen längeren Zeitraum wäre der Strafgefangene nach Entlassung aus der Haft entgegen dem Gesetzeszweck von § 51 Abs. 1 StVollzG auch in den ersten vier Wochen nach der Entlassung auf Sozialhilfe bzw. Leistungen nach dem SGB II angewiesen.
26 
Dem steht nicht entgegen, dass die hier vertretene Auffassung zur Folge hat, dass durch die Anrechnung des Überbrückungsgeldes allein auf einen Monat in der Regel die Hilfebedürftigkeit in diesem Monat ganz entfällt und folglich kein Krankenversicherungsschutz über den Bezug der SGB II-Leistungen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) besteht. Während der Strafhaft besteht Anspruch auf Gesundheitsfürsorge nach §§ 56 ff. StVollzG; dieser Anspruch endet mit der Entlassung. Anschließend besteht indes, sofern der Betreffende vor der Haft gesetzlich krankenversichert war, Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. Februar 2009 - L 11 KR 497/09 ER-B - m.w.N.), so dass nicht zu befürchten steht, dass überhaupt kein Krankenversicherungsschutz vorliegt. Im konkreten Fall war der Kläger ohnehin seit Juni 2008 versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB II, da die Beklagte aufgrund der von ihr vorgenommenen Aufteilung des Überbrückungsgeldes auch im Juni 2008 Leistungen gewährt hat.
27 
Entgegen der Befürchtung der Beklagten besteht auch nicht die Gefahr, dass bei längerer Haft Überbrückungsgeld in erheblicher Höhe angespart wird. Nach der Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums Baden-Württemberg über die Behandlung und Verwendung der Gelder der Gefangenen (VwV-Gelder der Gefangenen, 4523/0348 vom 29. Dezember 2005, Die Justiz 2006 S. 122 in der Fassung vom 21. Dezember 2006, Die Justiz 2007 S. 136) wird unter Ziff. 1.2.2 die angemessene Höhe des Überbrückungsgeldes auf den 150-fachen Tagessatz der Eckvergütung (§ 43 Abs 2 StVollzG) festgesetzt. Die Eckvergütung nach § 43 Abs. 2 StVollzG beläuft sich auf 9 v.H. der Bezugsgröße nach § 18 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV); ein Tagessatz ist der 250. Teil der Eckvergütung. Für das Jahr 2008 bedeutet dies, dass die angemessene Höhe des Überbrückungsgeldes bei maximal 1.611,00 EUR liegt (Bezugsgröße alte Bundesländer 2008: 29.820 EUR; davon 9 v.H.: 2.683,80 EUR ; Tagessatz 10,74 EUR; 150-facher Tagessatz 1.611 EUR). Damit hat der Gesetz- und Verordnungsgeber genau geregelt, bis zu welcher Höhe der Gefangene aus seinem Arbeitsentgelt Überbrückungsgeld ansparen muss, welches in den ersten vier Wochen nach der Haftentlassung für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehen soll. Diese speziellen Regelungen sind bei der Auslegung des § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V zu berücksichtigen und verbieten eine Aufteilung des Überbrückungsgeldes auf einen längeren Zeitraum. Dies hat zur Folge, dass das Überbrückungsgeld nur in den ersten vier Wochen nach Haftentlassung, hier also im Juni 2008 als Einkommen zu berücksichtigen ist und danach, soweit noch vorhanden, als Vermögen im Sinne von § 12 SGB II Berücksichtigung findet. Sofern der Strafgefangene bei längerer Haftdauer Eigengeld (§ 83 StVollzG) in größerem Umfang angesammelt hat, bestehen keine Bedenken, derartige Beträge bei Haftentlassung auf einen längeren Zeitraum aufzuteilen. Dies gilt indes wegen der gesetzgeberischen Zuordnung des Überbrückungsgeldes zum Bedarf für die ersten vier Wochen nach Haftentlassung für dieses nicht.
28 
Hinsichtlich der Anrechnung weiteren Einkommens aufgrund der während der stationären Behandlung erhaltenen Vollverpflegung sowie der dortigen Versorgung mit Strom und Warmwasser besteht zwischen den Beteiligten kein Streit mehr, die Beklagte hat insoweit mit Bescheid vom 26. Januar 2009 bereits für Juli und August 2008 Leistungen ohne Anrechnung der Verpflegung bewilligt und zudem mit Teilanerkenntnis vom 11. März 2009 für Juli und August 2008 um 20,74 EUR höhere Leistungen (Strom- und Warmwasserpauschale) angeboten. Dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 24. April 2009 angenommen.
29 
Vermögen, welches die Freigrenzen des § 12 Abs. 2 SGB II übersteigt, war im streitigen Zeitraum nicht vorhanden, zumal der Kläger Ende Juni 2008 1.000,00 EUR zur Tilgung von Schulden aufgewendet hat.
30 
Nur zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass die Beklagte die bereits gewährten Leistungen in Anrechnung bringen darf.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
32 
Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.

(1) Leistungen nach diesem Buch werden auf Antrag erbracht. Leistungen nach § 24 Absatz 1 und 3 und Leistungen für die Bedarfe nach § 28 Absatz 5 sind gesondert zu beantragen.

(2) Leistungen nach diesem Buch werden nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht. Der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wirkt auf den Ersten des Monats zurück. Wird ein Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für einen einzelnen Monat gestellt, in dem aus Jahresabrechnungen von Heizenergiekosten oder aus der angemessenen Bevorratung mit Heizmitteln resultierende Aufwendungen für die Heizung fällig sind, wirkt dieser Antrag, wenn er bis zum Ablauf des dritten Monats nach dem Fälligkeitsmonat gestellt wird, auf den Ersten des Fälligkeitsmonats zurück. Satz 3 gilt nur für Anträge, die bis zum 31. Dezember 2023 gestellt werden.

(1) Soweit Anhaltspunkte dem nicht entgegenstehen, wird vermutet, dass die oder der erwerbsfähige Leistungsberechtigte bevollmächtigt ist, Leistungen nach diesem Buch auch für die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zu beantragen und entgegenzunehmen. Leben mehrere erwerbsfähige Leistungsberechtigte in einer Bedarfsgemeinschaft, gilt diese Vermutung zugunsten der Antrag stellenden Person.

(2) Für Leistungen an Kinder im Rahmen der Ausübung des Umgangsrechts hat die umgangsberechtigte Person die Befugnis, Leistungen nach diesem Buch zu beantragen und entgegenzunehmen, soweit das Kind dem Haushalt angehört.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Soweit Anhaltspunkte dem nicht entgegenstehen, wird vermutet, dass die oder der erwerbsfähige Leistungsberechtigte bevollmächtigt ist, Leistungen nach diesem Buch auch für die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zu beantragen und entgegenzunehmen. Leben mehrere erwerbsfähige Leistungsberechtigte in einer Bedarfsgemeinschaft, gilt diese Vermutung zugunsten der Antrag stellenden Person.

(2) Für Leistungen an Kinder im Rahmen der Ausübung des Umgangsrechts hat die umgangsberechtigte Person die Befugnis, Leistungen nach diesem Buch zu beantragen und entgegenzunehmen, soweit das Kind dem Haushalt angehört.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 20. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II an die Klägerin für die Zeit ab dem 1.7.2008 bis zum 20.12.2010.

2

Die im Juni 1947 geborene Klägerin ist litauische Staatsangehörige. Sie lebt zusammen mit ihrem Ehemann, der als Altersrentner Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit nach dem SGB XII bezieht, in Deutschland. Am 13.12.2007 gab die Klägerin gegenüber dem Beklagten eine Erklärung nach §§ 65 Abs 4 SGB II iVm 428 SGB III ab. Bis 30.6.2008 erhielt sie Alg II von dem Beklagten. Den Fortzahlungsantrag beschied der Beklagte mit der Begründung abschlägig, dass die Klägerin ab dem 1.7.2008 (Anm: mit 61 Jahren) eine litauische Altersrente beziehe (Bescheid vom 22.7.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.1.2009). Die Klägerin erhielt vom Beigeladenen ab dem 1.7.2008 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB XII.

3

Im Klageverfahren ist die Klägerin erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid vom 4.6.2009). Das LSG hat im Berufungsurteil vom 20.12.2010 unter Hinweis insbesondere auf die Rechtsprechung des BSG zum Recht der Arbeitslosenversicherung (Ruhen der Arbeitslosenhilfe bei Bezug einer ausländischen Altersrente, insb BSG Urteil vom 29.10.1997 - 7 RAr 10/97, BSGE 81, 134 = SozR 3-4100 § 142 Nr 2) die Rechtsauffassung des Beklagten bestätigt. Die Klägerin sei wegen des Bezugs der litauischen Altersrente nach § 7 Abs 4 SGB II von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen. Die litauische Altersrente stelle im Sinne dieser Vorschrift eine der deutschen Altersrente von ihrer Grundstruktur und den Leistungsvoraussetzungen ähnliche öffentlich-rechtliche Leistung dar. Auch die litauische Altersrente werde von einem öffentlich-rechtlichen Träger gewährt und sei durch Beiträge finanziert. Voraussetzung sei eine Mindestversicherungszeit und das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze - bei Männern 62,5 Jahre und bei Frauen 60 Jahre. Die Rentenleistung bestehe aus einer für alle gleichen Grundrente und einer Zusatzrente und es sei ein Anpassungsmechanismus im Hinblick auf die Höhe vorhanden. Die Unterschiede zwischen deutschem und litauischem Recht im Hinblick auf das Renteneintrittsalter allein rechtfertigten keine Verneinung der Vergleichbarkeit. Auf Vertrauensschutz könne die Klägerin sich nicht berufen. Die aus § 65 Abs 4 SGB II iVm § 428 Abs 2 SGB III folgende Vertrauensschutzregelung betreffe nicht den Fall, dass die Rente ohne Aufforderung durch den Träger beantragt worden sei. So liege der Fall jedoch hier. § 12a S 2 SGB II gewährleiste zudem nach seinem Sinn und Zweck nur den Schutz vor einer Rentenminderung bei Eintritt des Regelrentenalters. Dies treffe auf die Klägerin jedoch nicht zu, da sie das nach litauischem Recht vorgesehene Regelrentenalter zu Beginn des Rentenbezugs bereits erreicht gehabt habe.

4

Mit der vom Senat zugelassenen Revision trägt die Klägerin vor, die litauische Rente beantragt zu haben, um den Anforderungen des § 2 Abs 1 SGB II zu entsprechen, also ihre Hilfebedürftigkeit zu mindern. Sie habe den Antrag auf diese Rente daher nicht freiwillig gestellt. Sie sei zudem trotz ihrer eigentlichen Erwerbsfähigkeit und ihres Erwerbswillens aus dem Grundsicherungssystem ausgeschlossen worden, was dem Vertrauensschutz widerspreche. Sie habe zu keinem Zeitpunkt ihr Ausscheiden aus dem Erwerbsleben erklärt. Es sei ferner gleichheitswidrig, wenn erwerbsfähigen Personen unter 65 Jahren, die Kontigentflüchtlinge oder EU-Bürger seien, der Zugang zum Arbeitsmarkt durch Verweigerung von Unterstützung und der Förderung verwehrt werde.

5

Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gießen vom 4. Juni 2009 und das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 20. Dezember 2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 22. Juli 2008 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Leistungen nach dem SGB II unter Anrechnung der Leistungen nach dem SGB XII für den Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis zum 20. Dezember 2010 zu gewähren.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die Ausführungen des Berufungsgerichts für zutreffend.

8

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

10

Das LSG hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Leistungen nach dem SGB II verneint. Die Klägerin ist von diesen Leistungen nach § 7 Abs 4 SGB II wegen des Bezugs der litauischen Altersrente ausgeschlossen (4.). Dem Ausschluss stehen weder die Erklärung nach § 65 Abs 4 SGB II iVm § 428 Abs 1 SGB III oder ein daraus zu ziehender Vertrauensschutzgedanke (5.), noch die Regelung des § 12a S 2 SGB II entgegen (6.). Eine verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung zwischen Kontingentflüchtlingen bzw EU-Bürgern und Deutschen im Hinblick auf den Ausschluss von Arbeitsmarktleistungen durch den Bezug einer ausländischen Altersrente vermag der Senat ebenfalls nicht zu erkennen (7.).

11

1. Die Klage ist zulässig. Es mangelt insbesondere nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis. Hierzu brauchte nicht ermittelt zu werden, ob die beanspruchte Grundsicherungsleistung nach dem SGB II höher gewesen wäre als die an ihrer Stelle bezogene Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB XII. Denn selbst wenn ein Prozesserfolg keine höhere Geldleistung für die Klägerin und lediglich eine Erstattungsforderung des beigeladenen kommunalen Trägers nach § 105 SGB X begründen würde, wäre der Klage das Rechtsschutzbedürfnis nicht abzusprechen(vgl für den Fall des Erhalts von Alg anstatt Krankengeld: BSG Urteil vom 30.3.2004 - B 1 KR 30/02 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 1). Die Klägerin hat ein rechtlich schützenswertes Interesse daran, welche der beiden möglicherweise aktuell gleich hohen Leistungen ihr zustehen. Dies gilt wegen der hieran geknüpften Fernwirkungen auch für den Fall, dass bereits vor Abschluss des Verfahrens feststeht, dass die Leistungsberechtigte durch die Ablehnung der SGB II-Leistung unmittelbar keine wirtschaftliche Einbuße erlitten hat. Mit einem Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II sind im streitigen Zeitraum jedenfalls die Annexleistungen der Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 3 S 1 Nr 3a SGB VI) verknüpft. Insoweit kann dahinstehen, ob ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin auch im Hinblick auf die beim Verbleib im System des SGB II zu beanspruchenden möglichen Eingliederungsleistungen besteht.

12

Die Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 4 SGG und die - im Falle des Bestehens des Anspruchs - darauf beruhende Verurteilung des Beklagten dem Grunde nach(§ 130 SGG) ist ebenfalls zulässig. Der Senat verkennt nicht, dass diese Klageart grundsätzlich unzulässig ist, wenn jeglicher Zahlungsanspruch der Klägerin von vornherein ausscheidet (BSG Urteil vom 14.2.1978 - 7 RAr 65/76, SozR 1500 § 130 Nr 2 S 2 mwN). Das LSG hat daher zwar auch zu Recht erörtert, inwieweit die Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten durch die Leistungserbringung des Sozialhilfeträgers bereits (teilweise) als erfüllt iS des § 107 Abs 1 SGB X gelten können. Der 11. Senat des BSG hat aber bereits entschieden, dass eine rechtskräftige Verurteilung dem Grunde nach nicht den Einwand ausschließt, der ausgeurteilte Leistungsanspruch sei durch die Gewährung einer den Anspruch ausschließenden Sozialleistung und den dadurch begründeten Erstattungsanspruch des subsidiär zuständigen Leistungsträgers gemäß § 107 SGB X als erfüllt anzusehen. Dabei ist das BSG davon ausgegangen, dass es im Ermessen des erkennenden Gerichts liegt, ob es die Frage der Erfüllung durch eine anderweitige Leistung im Rahmen des Streits um den Grund des Anspruchs klärt oder dem Betragsverfahren vorbehält; nur sollte es das im Grundurteil eindeutig klarstellen (BSG Urteil vom 8.8.1990 - 11 RAr 79/88, SozR 3-1300 § 104 Nr 3 S 4 f). Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an; eine anstelle der Leistungsklage in Betracht zu ziehende Feststellungsklage würde dem Umstand nicht gerecht, dass die umstrittene Leistungsverpflichtung des Beklagten durch die Gewährung seitens der Beigeladenen trotz der im Verhältnis zur Klägerin eingetretenen Erfüllungsfiktion nicht erledigt ist (vgl auch BSG Urteil vom 9.9.1993 - 7/9b RAr 28/92, BSGE 73, 83, 84 f = SozR 3-4100 § 58 Nr 5 S 11). Insgesamt bestehen infolgedessen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Leistungsklage und gegen die damit zusammenhängende potenzielle Verurteilung dem Grunde nach, selbst wenn auszuschließen sein sollte, dass die Klägerin von dem Beklagten für den hier streitigen Zeitraum noch einen Anspruch auf einen Zahlbetrag an Alg II haben sollte.

13

2. Streitgegenstand sind der Bescheid des Beklagten vom 22.7.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.1.2009, mit denen der Beklagte Leistungen nach dem SGB II versagt hat. Der streitige Zeitraum erstreckt sich in Fällen ablehnender Verwaltungsentscheidungen bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht - hier dem LSG (vgl nur SozR 4-4200 § 26 Nr 2, RdNr 17; SozR 4-4200 § 11 Nr 28, RdNr 13; BSGE 102, 60 = SozR 4-4200 § 7 Nr 10, RdNr 13; BSG Urteile vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 59/0AS 59/06 R, RdNr 13, und 15.4.2008 - B 14/7b AS 52/06 R, RdNr 12). Streitig sind mithin Leistungen für den Zeitraum vom 1.7.2008 bis zum 20.12.2010.

14

3. Ob die Klägerin die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 SGB II erfüllt, konnte der Senat nach den Feststellungen des LSG zwar nicht entscheiden. Allerdings bedurfte es hier keiner näheren Ausführungen zu den Voraussetzungen des § 7 Abs 1 SGB II. Die Klägerin hat bereits aus anderen Gründen keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II.

15

4. Die Klägerin ist nach § 7 Abs 4 S 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706, mit Wirkung vom 1.8.2006) von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Danach erhält ua keine Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, wer Rente wegen Alters (2. Alt) oder Knappschaftsausgleichsleistung (3. Alt) oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art (4. Alt) bezieht. Bei einer ausländischen Altersrente handelt es sich unter Berücksichtigung von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, systematischem Zusammenhang und dem Sinn und Zweck des § 7 Abs 4 S 1 SGB II um eine Leistungen des SGB II ausschließende Leistung, wenn sie die gleichen typischen Merkmale aufweist wie die ausdrücklich benannte deutsche Altersrente(a). Dies ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG hier wegen der bezogenen litauischen Altersrente der Fall (b).

16

a) Dem Wortlaut des § 7 Abs 4 S 1 SGB II kann zwar nicht eindeutig entnommen werden, ob der dortige Ausschlussgrund in der zweiten Alternative nur dann eintritt, wenn eine Rente nach deutschem Recht bezogen wird oder ob der Begriff der "Altersrente" auch eine ausländische Rentenleistung umfasst. Soll eine andere Leistung als eine Altersrente zum Leistungsausschluss führen, muss sie jedoch nach der vierten Alternative der Altersrente oder der Knappschaftsausgleichsleistung ähnlich sein. Wörtlich ist von "ähnlicher Leistung öffentlich-rechtlicher Art" die Rede. Eine ausländische Rente kann somit nach dem Wortlaut des § 7 Abs 4 SGB II sowohl dem Begriff der Altersrente, als auch dem einer "ähnlichen Leistung öffentlich-rechtlicher Art" zugeordnet werden. Welches der beiden Tatbestandsmerkmale insoweit einschlägig ist, kann hier dahinstehen. Denn aus der zuvor dargelegten Verknüpfung folgt, dass selbst dann, wenn eine ausländische Rente unter den Begriff der "Leistung öffentlich-rechtlicher Art" zu subsumieren sein sollte, es sich in jedem Fall um eine Leistung handeln muss, die einer Altersrente oder Knappschaftsausgleichsleistung nach dem Vorbild des SGB VI entspricht - diesem Vorbild "ähnlich" ist. Dies gilt auch für den Fall des Bezugs einer ausländischen Rente, wie durch die Rechtsentwicklung, den systematischen Zusammenhang und den Sinn und Zweck des § 7 Abs 4 S 1 SGB II bestätigt wird.

17

Bereits im Arbeitsförderungsrecht des AFG und fortgeführt im SGB III führte der Bezug einer ausländischen Altersrente zum Ruhen des Alg oder der Alhi. In der Rechtsprechung des BSG hierzu ist die Zuordnung der ausländischen Altersrenten - bedingt durch die unterschiedlichen Formulierungen der jeweiligen Gesetzesfassungen des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG und § 142 AFG ab dem 1.1.1983 (anwendbar auf die Alhi-Leistung nach Maßgabe des § 242m Abs 9 AFG, durch das Gesetz zur Änderung der Fördervoraussetzungen im Arbeitsförderungsgesetz und in anderen Gesetzen vom 18.12.1992, BGBl I 2044) sowie § 142 Abs 1 Nr 4 SGB III ab dem 1.1.1998 - zunächst zu den "ähnlichen Leistungen öffentlich-rechtlicher Art" (s zu § 118 Abs 1 Nr 4 AFG: SozR 4100 § 118 Nr 9, S 49 f; BSGE 73, 10, 15 = SozR 3-4100 § 118 Nr 4, S 20)und später der zu "Altersrente" (zu § 142 AFG s BSGE 81, 134, 137 f = SozR 3-4100 § 142 Nr 2, S 9 f)erfolgt. Die inhaltlichen Anforderungen, die an die ausländische Leistung gestellt worden sind, um das Ruhen des Alg oder der Alhi herbeizuführen, sind dabei jedoch unverändert geblieben. Denn durch § 142 AFG und § 142 Abs 3 SGB III war eine Änderung der Rechtslage insoweit gegenüber der des § 118 AFG nicht eingetreten. Den Gesetzesmaterialien ist hierzu der zutreffende Hinweis zu entnehmen, die Neuregelung entspreche im Wesentlichen dem geltenden Recht (BT-Drucks 13/4941, S 180 zu § 142). Letztlich ist durch die Einführung des § 142 AFG die unmittelbare Anwendung des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG auch auf ausländische vergleichbare Leistungen, die unter Hinweis auf den Gleichheitsgrundsatz vorgenommen worden ist, nur bestätigt worden(BSGE 73, 10, 14 = SozR 3-4100 § 118 Nr 4 S 20; BSGE 102, 211 = SozR 4-4300 § 142 Nr 4, RdNr 11).

18

Das SGB II knüpft konzeptionell, abgestimmt darauf, dass es sich bei den Leistungen aus dem Grundsicherungsrecht nicht um Sozialversicherungsleistungen, sondern solche aus einem steuerfinanzierten Existenzsicherungssystem handelt, an die Regelungen des Arbeitsförderungsrechts an. Die Formulierung des § 118 AFG in der Fassung des Rentenreformgesetzes 1992(vom 18.12.1989, BGBl I 2261 mit Wirkung vom 1.1.1992) entspricht mit Ausnahme der zwischenzeitlich überholten Differenzierung nach den unterschiedlichen Arten der deutschen Rentenleistungen und der Rechtsfolge des Ruhens des Arbeitslosengeld- bzw Arbeitslosenhilfeanspruchs (zur Arbeitslosenhilfe s § 134 Abs 4 AFG und § 202 Abs 2 SGB III), die im SGB II durch den Ausschluss von den dortigen Leistungen ersetzt wird, auch der des § 7 Abs 4 S 1 Alt 2 bis 4 SGB II. § 118 Abs 1 Nr 4 AFG sah vor, dass der Anspruch auf Alg während der Zeit ruhte, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch auf Altersruhegeld aus der Rentenversicherung der Arbeiter oder Rentenversicherung der Angestellten, Knappschaftsruhegeld oder Knappschaftsausgleichleistungen aus der knappschaftlichen Rentenversicherung oder ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art für eine Zeit vor Vollendung des 65. Lebensjahres zuerkannt waren. Der Ausschluss der Bezieher ähnlicher Leistungen öffentlich-rechtlicher Art aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706, mit Wirkung vom 1.8.2006) eingefügt worden. Begründet wurde diese Änderung mit einer "Klarstellung" - der Klarstellung, dass der Bezug von Altersbezügen, die der Altersrente vergleichbar seien, ebenfalls zum Leistungsausschluss führen solle (BT-Drucks 16/1410, S 20; s auch BT-Drucks 16/1410, S 5). Angesichts der Formulierung "Klarstellung" ist davon auszugehen, dass die "Altersrente" ursprünglich Synonym auch für ähnliche Leistungen sein sollte, also anknüpfend an die Rechtsentwicklung und Rechtsprechung zum AFG/SGB III auch ausländische Renten, die der deutschen Altersrente vergleichbar sind, hiervon umfasst sein sollten (so auch Spellbrink in Eicher/Spellbrink mit dem Hinweis, dass § 7 Abs 4 SGB II keine Einengung auf deutsche Altersrenten zu entnehmen sei, SGB II, 1. Aufl 2005, § 7 RdNr 39; so wohl Hänlein in Gagel, SGB II/SGB III, Stand I/09, § 7 RdNr 81; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IV/10, § 7 RdNr 201, der allerdings ebenso wie Knickrehm in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl 2011, § 7 RdNr 27 auf den vom Wortlaut her nicht gänzlich einschlägigen § 142 SGB III Bezug nimmt).

19

Aus der Rechtsentwicklung ergibt sich, dass der Gesetzgeber im SGB II keine ausdrückliche Regelung zur Gleichstellung von Sozialleistungen eines ausländischen Trägers treffen musste. § 142 AFG geht darauf zurück, dass der Gesetzgeber in Ansehung der Rechtsprechung des EuGH davon ausgegangen ist, Art 12 Abs 2 EWG VO 1408/71 sei nur auf Leistungsansprüche anzuwenden, deren Konkurrenz auf der Anwendung von Gemeinschaftsrecht beruhten, also insbesondere auf der Kumulierung. Nach Art 12 Abs 2 EWG VO 1408/71 waren die Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaats über die Kürzung, das Ruhen oder den Entzug einer Leistung auch dann anzuwenden, wenn es sich um Leistungen handelte, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedsstaates erworben wurden. Die Regelung des Art 12 Abs 2 EWG VO 1498/71 traf die Situation des Zusammentreffens einer ausländischen Altersrente mit dem deutschen Arbeitslosengeld daher nicht. Nach der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Fördervoraussetzungen im Arbeitsförderungsgesetz und in anderen Gesetzen vom 7.9.1992 (BT-Drucks 12/3211, S 27) wurde der weiteren Rechtsprechung des EuGH jedoch die Zulässigkeit einer nationalen Regelung für den soeben beschriebenen Fall des Zusammentreffens einer ausländischen Altersrente mit deutschem Alg oder deutscher Alhi entnommen. Eine solche ausdrückliche nationale Regelung wurde mit § 142 AFG geschaffen. Dies wäre jedoch nicht erforderlich gewesen, denn schon der 7. Senat des BSG hatte im Jahre 1993 festgestellt, dass § 118 Abs 1 S 1 Nr 4 AFG bereits als eine insoweit ausreichende nationale Regelung anzusehen war(BSGE 73, 10, 13 ff = SozR 3-4100 § 118 Nr 4 S 19 ff). Zudem hat der 7. Senat Gleichbehandlungsgesichtspunkte angeführt, denn ohne eine Gleichstellung von deutschen und ausländischen Altersrenten wäre eine Begünstigung von Empfängern ausländischer Renten gegenüber solchen deutscher Renten zu befürchten.

20

Die vorstehenden Überlegungen gelten für das SGB II in noch stärkerem Maße. Zum einen wurde das Alg II, das nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats als beitragsunabhängige Geldleistung im Sinne der EWG VO 1408/71 zu qualifizieren ist (vgl BSGE 107, 206 = SozR 4-4200 § 7 Nr 22, RdNr 17 ff unter Hinweis auf BSGE 107, 66 = SozR 4-4200 § 7 Nr 21, RdNr 29), nach dieser VO nur in begrenztem Maße der Koordinierung unterworfen. Art 10a Abs 1 S 2 EWG VO 1408/71 sah vor, dass Personen, für die die VO gilt, die beitragsunabhängigen Geldleistungen … nach den Rechtsvorschriften des Wohnortsstaates erhalten. Art 70 Abs 3 VO 883/2004 normiert eine Nichtanwendbarkeit der Koordinierungsregelungen des Titels III der VO für beitragsunabhängige Geldleistungen (vgl hierzu Fuchs in Fuchs, europäisches Sozialrecht, 5. Aufl 2010, Art 70 RdNr 17). Als steuerfinanzierte Geldleistungen zur Existenzsicherung sollen die Voraussetzungen für ihre Gewährung durch die nationalen Gesetzgeber gesteuert werden. Dies betrifft insbesondere auch die Frage, wer in den Kreis der Leistungsberechtigten einzubeziehen bzw von ihm auszunehmen ist (vgl auch Fuchs in Gagel, SGB II/SGB III, Stand 07/2010, VO (EG) 987/2009, RdNr 25). Zumindest ist angesichts dessen nichts dagegen einzuwenden, wenn die nationalen Regelungen den Leistungsausschluss durch den Bezug von bestimmten deutschen Sozialleistungen dem Bezug von vergleichbaren ausländischen Leistungen gleichstellen. Zudem bedingt im SGB II der Leistungsausschluss wegen einer ggf niedrigen ausländischen Altersrente keinen Verlust einer aus eigenen Mitteln durch Beiträge mitfinanzierten Leistung, sondern lediglich einen Wechsel des steuerfinanzierten Fürsorgesystems. Insoweit unterscheidet sich die Situation im Grundsicherungsrecht auch grundlegend von der im Kranken-, Renten- und Unfallversicherungsrecht, die mit § 49 Abs 1 SGB V, § 93 Abs 4 S 1 Nr 4 SGB VI und § 98 SGB VII dem § 142 SGB III vergleichbare Regelungen enthalten. Wenn ein Leistungsberechtigter nach § 7 Abs 4 SGB II keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aus Grundsicherung für Arbeitsuchende mehr erhält, ist er iS des § 21 SGB XII nach dem SGB II dem Grunde nach nicht mehr leistungsberechtigt und kann bei Bedürftigkeit die auf gleicher Grundlage wie im SGB II bemessenen und daher vom Umfang im Wesentlichen identische Leistungen der Sozialhilfe beanspruchen.

21

Die Erfassung ausländischer Altersrenten, soweit sie deutschen Rentenleistungen vergleichbar sind, von § 7 Abs 4 SGB II wird durch Überlegungen zur grundsätzlichen systematischen Einordnung dieses Leistungsausschlusses sowie seines Sinns und Zwecks bestätigt.

22

Leistungen nach dem SGB II werden nach § 3 Abs 3 S 1 SGB II bedürftigkeitsabhängig erbracht. Zum nach § 9 Abs 1 Nr 2 SGB II zu berücksichtigenden Einkommen rechnen auch Leistungen anderer Sozialleistungsträger oder Leistungen anderer öffentlicher Träger(vgl nur zur Berufsunfähigkeitsrente: SozR 4-4200 § 11 Nr 6, RdNr 17; Verletztenrente: BSGE 99, 47 = SozR 4-4200 § 11 Nr 5, RdNr 20; Existenzgründungszuschuss: BSGE 99, 240 = SozR 4-4200 § 11 Nr 8, RdNr 13 f; Arbeitslosenhilfe: BSG Urteil vom 21.12.2009 - B 14 AS 46/08 R -; Arbeitslosengeld: BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 43, RdNr 22; Überbrückungsgeld: SozR 4-4200 § 11 Nr 28, RdNr 17; Krankengeld: SozR 4-4200 § 11 Nr 19, RdNr 16 ff; Insolvenzgeld: SozR 4-4200 § 11 Nr 22, RdNr 13 ff; Kurzarbeitergeld: BSG Urteil vom 14.3.2012 - B 14 AS 18/11 R - zur Veröffentlichung vorgesehen), es sei denn, sie sind ausnahmsweise von der Einkommensberücksichtigung ausgenommen. Dies bedeutet, dass die Einkommensberücksichtigung nach den Regeln des § 11 SGB II erfolgt und ggf zum Wegfall der Hilfebedürftigkeit und damit des Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts führen kann.

23

Anspruch auf Leistungen haben allerdings grundsätzlich nur erwerbsfähige Hilfebedürftige. Nicht leistungsberechtigt ist, wer nicht erwerbsfähig iS des § 8 Abs 1 SGB II ist. Letzteres ist bei Personen in einer stationären Einrichtung (BSGE 99, 88 = SozR 4-4200 § 7 Nr 7, RdNr 13 f; SozR 4-4200 § 7 Nr 24, RdNr 20)und beim Bezug einer Altersrente (Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 7 RdNr 71)nicht unbedingt der Fall. Bei Beziehern von Altersrenten vor Erreichen des Regelrentenalters - danach sind sie bereits aus Gründen des § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II nicht mehr leistungsberechtigt - wird jedoch nach der Begründung zur Regelung des § 7 Abs 4 S 1 SGB II typisierend angenommen, sie seien endgültig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden und müssten daher nicht mehr in Arbeit eingegliedert werden(vgl BT-Drucks 15/1749, S 31). Sie benötigen aus diesem Grunde keine Leistungen aus dem System des SGB II mehr. Für den Fall, dass die Rente nicht ausreicht um den Lebensunterhalt zu sichern, sind sie vor dem Eintritt in das Regelrentenalter dem System des SGB XII - außerhalb der Leistungen für Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Viertes Kapitel SGB XII) - zuzuordnen, aus dem sie aufstockend Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten können. Verzichtete man auf eine Regelung mit dem Inhalt des § 7 Abs 4 S 1 SGB II, würde der Ausschluss von den SGB II-Leistungen diesen Personenkreis bei gleichwohl vorhandenem Hilfebedarf ohne Leistungsanspruch nach dem SGB XII belassen, denn Erwerbsfähigkeit schließt Leistungen nach dem System des SGB XII gemäß § 21 S 1 SGB XII grundsätzlich aus. Nach § 21 S 1 SGB XII erhalten Personen, die nach dem SGB II als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Wenn jedoch vor dem Hintergrund des systematischen "Wechselspiels" zwischen SGB II und SGB XII Altersrentner vor Vollendung des Regelrentenalters nach deutschem Recht nicht als Erwerbsfähige leistungsberechtigt iS des SGB II sind, kann unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten für Bezieher ausländischer Altersrenten nichts Anderes gelten.

24

Zu prüfen ist deshalb, ob die ausländische Rente von Funktion und Struktur als der deutschen Altersrente vergleichbar zu qualifizieren ist. Nach der Rechtsprechung des BSG zum Arbeitsförderungsrecht liegt eine Vergleichbarkeit dann vor, wenn die ausländischen Leistungen in ihrem Kerngehalt den gemeinsamen und typischen Merkmalen der inländischen Leistung entsprechen, dh nach Motivation und Funktion gleichwertig sind (BSGE 68, 184, 186 = SozR 3-2400 § 18a Nr 2; BSGE 73, 10, 16 = SozR 3-4100 § 118 Nr 4). Das BSG führt hierzu unter Hinweis darauf, dass eine völlige Identität kaum denkbar sei aus, dass sich die Beurteilung notwendigerweise auf bestimmte Eigenschaften beider Leistungsarten beschränken müsse und andere als unwesentlich für den Vergleich ausschieden. Maßgeblicher Gesichtspunkt seien daher die Essentialia der nationalen Norm, also deren Funktion und Struktur nach nationalem Verständnis (BSGE 68, 184, 187 = SozR 3-2400 § 18a Nr 2 mwN; BSGE 73, 10, 16 = SozR 3-4100 § 118 Nr 4; BSGE 80, 295, 297 = SozR 3-4100 § 142 Nr 1; BSGE 81, 134, 141 = SozR 3-4100 § 142 Nr 2, RdNr 20). Entscheidende Kriterien für die Vergleichbarkeit sind demnach: die Leistungsgewährung durch einen öffentlichen Träger, das Anknüpfen der Leistung an das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze und der Lohnersatz nach einer im allgemeinen den Lebensunterhalt sicherstellenden Gesamtkonzeption (BSGE 41, 177, 179 = SozR 4100 § 118 Nr 2; BSG Urteil vom 29.10.1997 - 7 RAr 10/97 - BSGE 81, 134, 141 = SozR 3-4100 § 142 Nr 2, RdNr 21).

25

Soweit die ausländische Altersrente bereits bezogen werden kann, bevor dies im Hinblick auf das Renteneintrittsalter nach deutschem Recht möglich wäre, ändert dies nichts an der Gleichbehandlung der Rentenleistungen (vgl zum Überbrückungsgeld aus der Seemannskasse nach Vollendung des 55. Lebensjahres: SozR 4100 § 118 Nr 12 S 65 f). Entscheidend ist vielmehr, dass auch die ausländische Leistung von dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters abhängig und von ihrer Grundkonzeption her einer deutschen Rentenleistung vergleichbar ist (vgl zur französischen pension proportionelle de vieillesse: BSGE 43, 26, 31 ff = SozR 4100 § 118 Nr 3). Da es eine Übereinstimmung der Voraussetzungen für die Leistungsgewährung in den unterschiedlichen Ländern - auch in der europäischen Union - nicht gibt, kann es für die Vergleichbarkeit und den daraus folgenden Leistungsausschluss nur auf die Übereinstimmung abstrakter, für das betreffende System und das zu sichernde Risiko maßgeblicher Kriterien ankommen. Welches konkrete Lebensalter dabei die Leistungsgewährung nach dem Recht des jeweiligen Mitgliedsstaates auslöst, ist jedoch ebenso wenig von Bedeutung, wie die Höhe der Leistung, insbesondere, ob sie auch ausreicht, um in dem Staat des Aufenthalts (Wohnortstaat), in den die Leistung exportiert wird, den Lebensunterhalt sicher zu stellen.

26

Insoweit folgt der Senat der Rechtsauffassung des BSG zum Arbeitsförderungsrecht, das anknüpfend an die Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 5.7.1983 -171/82, SlG 1983, 2157) entschieden hat, dass es für das Ruhen des Alg- oder Alhi-Anspruchs nicht darauf ankommt, ob die ausländische Rentenleistung individuell den Lebensunterhalt sicherstellt (BSGE 41, 177, 183 f = SozR § 118 Nr 2; BSGE 43, 26, 34 = SozR 4100 § 118 Nr 3; BSG Urteil vom 3.11.1976 - 7 RAr 115/75; SozR 4100 § 118 Nr 12 S 66 f; BSGE 73, 10, 17 = SozR 3-4100 § 118 Nr 4). Es hat dies auf einfachrechtlicher Ebene daraus gefolgert, dass das Gesetz selbst das Ruhen allein aufgrund des äußeren Tatbestandes der Zuerkennung einer anderweitigen Versorgungsleistung ausspreche (BSGE 43, 26, 28 = SozR 4100 § 118 Nr 3). Diesem Verzicht des Gesetzgebers auf eine individualisierte Betrachtungsweise entspreche es jedoch, auch in der Gesamtbewertung der Versicherungssysteme zueinander gewissen Struktur- und Niveauunterschieden keine durchgreifende Bedeutung einzuräumen. Zwar zeigten die Motive zum Entwurf des AFG, dass sich der Gesetzgeber bei der Regelung des § 118 Nr 4 AFG speziell von dem Leistungsniveau des deutschen Versicherungssystems habe leiten lassen, wenn er zB die Anordnung des Ruhens bei Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente oder eines vorgezogenen Altersruhegeldes deshalb als gerechtfertigt angesehen habe, weil sie vom gleichen Vomhundertsatz der Bemessungsgrundlage berechnet würden, wie das nach Vollendung des 65. Lebensjahres gewährte Ruhegeld (unter Hinweis auf BT-Drucks V/2291 S 82 zu § 108). Der Gesetzgeber habe deshalb aber nicht eine am Einzelfall orientierte Entscheidung und somit auch keine bestimmte Qualität der Leistung in § 118 Nr 4 AFG verlangt. Abgesehen davon, dass auch die von § 118 Nr 4 AFG einbezogenen Leistungen deutscher Versicherungsträger insoweit nicht gleich, sondern allenfalls vergleichbar seien, müsse es als unzulässige Privilegierung angesehen werden, ganze Versicherungssysteme von der Ruhensregelung des § 118 Nr 4 AFG auszunehmen, nur weil das Konzept der sozialen Sicherheit auf andere Weise verwirklicht werde als in Deutschland. Nichts Anderes gilt für das SGB II, wenn auch die deutsche vorgezogene Altersrente Hilfebedürftigkeit iS des § 9 SGB II nicht beseitigt, sie jedoch gleichwohl zum Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II führt und ggf einen Leistungsanspruch nach dem SGB XII auslöst.

27

b) Die von der Klägerin bezogene litauische Altersrente in Höhe von monatlich 599,95 Litas (ca 173 Euro) erfüllt nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen des LSG die zuvor dargelegten Kriterien für eine zum Ausschluss von SGB II-Leistungen führende Altersrente bzw ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art. Bei der gebotenen rechtsvergleichenden Qualifizierung sind die von der Tatsacheninstanz zum ausländischen Recht getroffenen Feststellungen und die darauf beruhende Rechtsauslegung grundsätzlich für das Revisionsgericht bindend(§ 202 SGG iVm § 560 ZPO und § 162 SGG; vgl dazu im Einzelnen: BSG Urteil vom 21.7.2009 - B 7/7a AL 36/07 R - unter Hinweis auf BSGE 68, 184, 187 = SozR 3-2400 § 18a Nr 2 S 13; BSGE 80, 295, 299 = SozR 3-4100 § 142 Nr 1 S 4; SozR 4-4200 § 11 Nr 7). So liegt der Fall hier. Das LSG hat festgestellt, dass die litauische Rente durch einen öffentlich-rechtlichen Träger gewährt und durch Beiträge finanziert wird. Das Leistungssystem erfasst Arbeitnehmer und Selbständige gleichermaßen und zieht die erwerbstätige Bevölkerung für eine Mindestversicherungsdauer zur Beitragszahlung heran. Erst wenn für diese Mindestdauer Beiträge gezahlt worden sind, entsteht der Leistungsanspruch. Die Altersgrenze zur Inanspruchnahme der Altersrente für Männer beträgt 62 Jahre und 6 Monate, diejenige für Frauen beträgt 60 Jahre. Der Höhe nach setzt sich die litauische Altersrentenleistung aus einer Grund- und einer Zusatzrente zusammen. Die Grundaltersrente entspricht der Grundrente und ist für alle Versicherten gleich, die die Pflichtbeitragszeit zur staatlichen Altersrentenversicherung zurückgelegt haben. Die Zusatzaltersrente wird Arbeitnehmern und Selbständigen gewährt, die entsprechend versichert waren. Die Höhe der Vollaltersrente wird nach einer besonderen Formel berechnet. Bei einer Person, die beide Renten bezieht, verringert sich die Zusatzrente der Sozialversicherung je nach Kumulierungsgrad und den Zusatzrentensätzen der Rentenversicherungsbeiträge. Die Grundrente kann durch Regierungsbeschluss erhöht werden. Die Zusatzrente wird je nach dem versicherten Durchschnittseinkommen des laufenden Jahres angepasst (Feststellungen des LSG unter Hinweis auf die Informationen der Europäische Kommission, Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit, Mobilität in Europa unter http://ec.europa.eu/ ; Broschüre der Deutschen Rentenversicherung Nord, Nr 719, 2. Aufl 5/2010).

28

5. a) Der Erklärung der Klägerin nach § 65 Abs 4 SGB II iVm § 428 Abs 1 SGB III kommt für den Leistungsausschluss keine rechtliche Bedeutung zu. Nach § 65 Abs 4 S 1 SGB II idF des 5. Gesetzes zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze (22.12.2005, BGBl I 3676 mit Wirkung vom 31.12.2005) haben abweichend von § 2 SGB II auch erwerbsfähige Hilfebedürftige Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, die das 58. Lebensjahr vollendet haben und die Regelvoraussetzungen des Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts allein deshalb nicht erfüllen, weil sie nicht arbeitsbereit sind und nicht alle Möglichkeiten nutzen und nutzen wollen, ihre Hilfebedürftigkeit durch Aufnahme einer Arbeit zu beenden. Unabhängig davon, ob mit einer solchen Erklärung ein Ausscheiden aus dem Erwerbsleben bekundet wird und die Klägerin trotz der Erklärung weiterhin erwerbstätig sein wollte oder es auch tatsächlich war, steht der Leistungsberechtigung der Leistungsausschluss allein durch den Bezug der litauischen Rente entgegen. Der Wille, eine Erwerbstätigkeit weiterhin ausüben zu wollen, ist angesichts des systemgerechten Ausschlusses von Leistungen nach dem SGB II ohne rechtliche Bedeutung. § 65 Abs 4 SGB II iVm § 428 Abs 1 SGB III gewährleistet lediglich den Bezug von Alg II unter erleichterten Bedingungen. Erwerbsfähige Hilfebedürftige brauchen sich ab der Vollendung des 58. Lebensjahres keinen Maßnahmen des "Forderns" mehr zu unterwerfen, um den Leistungsanspruch zu erhalten und müssen sich in entsprechender Anwendung von § 428 Abs 2 S 1 Halbs 2 SGB III(idF des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003, BGBl I 2848) keiner Aufforderung des Grundsicherungsträgers ausgesetzt sehen, eine Altersrente zu beantragen, die vor dem für den Leistungsberechtigten maßgebenden Rentenalter in Anspruch genommen werden kann. Eine derartige Aufforderung hat der Beklagte hier nicht an die Klägerin gerichtet; sie hat die litauische Altersrente aus eigenem Antrieb beansprucht.

29

b) Ebenso wenig rechtfertigt ein aus den Vorschriften des § 65 Abs 4 SGB II iVm § 428 Abs 1 SGB III zu ziehender Vertrauensschutzgedanke eine Aushebelung des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs 4 S 1 Alt 2 oder Alt 4 SGB II. Nach der Begründung zum Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt war es das Ziel des Gesetzgebers, den betroffenen Arbeitsuchenden eine Änderung ihrer Lebensplanung zu ersparen (BT-Drucks 15/1749, S 34), soweit sie eine Erklärung zur Beendigung der Arbeitsbereitschaft im Vertrauen auf die Regelung des § 428 SGB III abgegeben hatten. Abgesehen davon, dass auch nach einer Erklärung iS des § 65 Abs 4 SGB II für den Weiterbezug von Alg II alle Leistungsvoraussetzungen gegeben sein müssen, also auch kein Leistungsausschlussgrund iS des § 7 Abs 4 S 1 SGB II vorliegen darf, kann § 65 Abs 4 SGB II über die Möglichkeit hinaus, keiner Eingliederungsaufforderung nachkommen zu müssen, kein Vertrauensschutz auf Weitergewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bis zur Inanspruchnahme der Regelaltersrente entnommen werden. Nach der Rechtsprechung des BSG kann der Vorschrift des § 65 Abs 4 SGB II keine Bedeutung für die Anspruchsvoraussetzungen des Alg II entnommen werden. Die Vorschrift verhindert vielmehr allein die Absenkung bzw den Wegfall des Alg II nach §§ 31 ff SGB II, weil der erwerbsfähige Hilfebedürftige wegen des zulässigen Verzichts auf die Arbeitsbereitschaft ein Arbeitsangebot oder eine andere Eingliederungsmaßnahme der Beklagten nicht annehmen muss(SozR 4-4300 § 428 Nr 3, RdNr 33; SozR 4-4200 § 11 Nr 2, RdNr 40; BSG Urteil vom 21.3.2007 - B 11a AL 43/06 R; BSG Urteil vom 29.3.2007 - B 7b AS 4/06 R).

30

Unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des § 428 SGB III sowie die Rechtsprechung des BSG zum Arbeitsförderungsrecht(BSG SozR 3-4100 § 103 Nr 16; BSGE 95, 43 = SozR 4-4300 § 428 Nr 2)hat der 11b. Senat überzeugend die Begrenzung der Vertrauensschutzwirkung des § 65 Abs 4 SGB II dargelegt(BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/06 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 2). Die in § 428 SGB III getroffene gesetzliche Regelung habe demnach allenfalls ein Vertrauen darauf begründen können, dass der Arbeitslose (voraussichtlich bis zur Inanspruchnahme einer Altersrente) von der Leistungsvoraussetzung der Arbeitsbereitschaft entlastet werde.

31

6. Auch aus der Regelung des § 12a SGB II kann die Klägerin keinen Anspruch auf Fortzahlung des Alg II trotz des Bezugs der litauischen Altersrente herleiten. Nach § 12a S 1 SGB II sind Leistungsberechtigte verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist. Abweichend hiervon sind sie nach S 2 nicht verpflichtet, bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen. Bereits aus dem Wortlaut des § 12a S 2 SGB II ergibt sich jedoch, dass Vertrauensschutz nur im Hinblick auf das Aussetzen der Verpflichtung, eine vorzeitige Altersrente in Anspruch zu nehmen, gegeben sein soll. Regelungsgegenstand ist mithin das Absehen von der grundsätzlichen Verpflichtung, die Hilfebedürftigkeit durch den Bezug einer Altersrente mit Abschlägen zu mindern oder zu beheben. In der Gesetzesbegründung zu § 12a SGB II wird darauf hingewiesen, dass die Altersrente als vorrangige Leistung grundsätzlich ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt in Anspruch zu nehmen wäre, also bereits dann, wenn sie vor dem für den Versicherten maßgeblichen Rentenalter bezogen werden könne(BT-Drucks 16/7460, S 12). Dies führt vor der Vollendung des 63. Lebensjahres jedoch zu einer Rente mit erheblichen Abschlägen. In § 12a S 2 SGB II soll daher zur Abmilderung dessen einheitlich für alle Hilfebedürftigen ein Alter festgelegt werden, ab dem sie eine vorzeitige Altersrente mit Abschlägen in Anspruch zu nehmen haben. Der Hilfebedürftige soll demnach lediglich bis zu diesem Zeitpunkt nicht gehalten sein, einen Abschlag zu akzeptieren. Etwas Anderes könne nur unter den Bedingungen des § 65 Abs 4 SGB II gelten. Der Gesetzesbegründung ist insoweit zwar die Vorstellung zu entnehmen, dass bei Vorliegen einer Erklärung des Leistungsberechtigten nach § 65 Abs 4 SGB II von ihm ebenfalls keine Inanspruchnahme einer Altersrente mit Abschlägen vom Grundsicherungsträger verlangt werden könne(vgl hierzu auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 12a RdNr 29, Stand VI/2008). Allerdings wird dort zugleich darauf hingewiesen, dass das Recht der Hilfebedürftigen, selbst einen Rentenantrag zu stellen, davon unberührt bleibe. So liegt der Fall nach den bindenden Feststellungen des LSG hier.

32

Die Klägerin hat den Antrag beim litauischen Träger der sozialen Sicherung ohne eine entsprechende Aufforderung des Leistungsträgers gestellt. § 12a S 2 SGB II soll zudem ebenso wenig wie § 65 Abs 4 SGB II den Bezug von SGB II-Leistungen trotz eines Bezuges von Altersrentenleistungen sicherstellen. Schutzzweck des § 12a S 2 SGB II ist es zu verhindern, dass der Leistungsberechtigte, nur weil er vor dem Eintritt in das zu dem Bezug einer Altersrente berechtigenden Alter existenzsichernde Leistungen bezieht, im Alter eine niedrigere, mit Abschlägen versehene Rente hinnehmen muss, die möglicherweise zugleich die Inanspruchnahme weiterer existenzsichernder Leistungen erforderlich macht. Dieser Schutzgedanke greift jedoch nicht beim Bezug einer ausländischen Altersrente, die erst nach dem Eintritt in das dort maßgebende Rentenalter in Anspruch genommen wird.

33

7. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin im Hinblick auf eine Ungleichbehandlung von unter 65jährigen erwerbsfähigen Kontingentflüchtlingen oder EU-Bürgern gegenüber deutschen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen durch die Regelung des § 7 Abs 4 S 1 SGB II teilt der Senat nicht.

34

Art 3 Abs 1 GG verbietet es, verschiedene Gruppen von Normadressaten ungleich zu behandeln, wenn zwischen ihnen nicht Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG vom 7.10.1980 - 1 BvL 50/79, 1 BvL 89/79, 1 BvR 240/79 - BVerfGE 55, 72, 88; BVerfG vom 11.5.2005 - 1 BvR 368/97, 1 BvR 1304/98, 1 BvR 2300/98, 1 BvR 2144/00 - BVerfGE 112, 368, 401; BVerfG vom 11.7.2006 - 1 BvR 293/05 - BVerfGE 116, 229, 238). Es fehlt hier bereits an der unterschiedlichen Behandlung der benannten Personengruppen.

35

§ 7 Abs 4 SGB II differenziert nicht zwischen den von der Klägerin benannten Normadressaten. Wie zuvor dargelegt, führt der tatsächliche Bezug einer Altersrente - unabhängig davon, ob es sich um eine der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung oder eines ausländischen Sozialleistungsträgers handelt - zum Leistungsausschluss nach dem SGB II. Beide Personengruppen sind dann gleichermaßen auch von den Eingliederungsleistungen ausgeschlossen. Ihnen wird, wegen der Fiktion der Erwerbsunfähigkeit und damit einhergehend der typisierenden Annahme des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben, lediglich keine Förderung zur Integration in den Arbeitsmarkt durch eine steuerfinanzierte Leistung mehr gewährt. Weder ist ihnen wegen des Altersrentenbezugs der Zugang zum Arbeitsmarkt verschlossen, noch wird im Falle von Hilfebedürftigkeit - wie eingangs dargelegt - eine Leistung zur Existenzsicherung versagt.

36

Soweit der Bezug einer ausländischen Altersrente bereits ab einem jüngeren Lebensalter als nach deutschem Recht möglich ist, kann hierin ebenfalls keine Ungleichbehandlung erblickt werden. Hier stellt auf einfachrechtlicher Ebene das Kriterium der Vergleichbarkeit der ausländischen Rentenleistung mit der deutschen Altersrente die Verhältnismäßigkeit des Ausschlusses sicher. Hierauf kommt es im konkreten Fall jedoch ohnehin nicht an, denn worauf das LSG zutreffend hingewiesen hat, unterscheidet sich das Renteneintrittsalter für Frauen nach litauischem Recht mit der Vollendung des 60. Lebensjahres nicht von dem nach deutschem Recht. Nach § 237a Abs 1 SGB VI können Frauen, die - wie die Klägerin - vor dem 1.1.1952 geboren sind, weiterhin mit Vollendung des 60. Lebensjahres eine Altersrente - mit Abschlägen - beanspruchen, wenn die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen gegeben sind. Die Frage, wie sich die Rechtslage darstellt, wenn der Hilfebedürftige die ausländische Rentenleistung auf Aufforderung des Grundsicherungsträgers in Anspruch nimmt, stellt sich nach den bindenden Feststellungen des LSG vorliegend ebenfalls nicht. Sie wäre auch nur dann verfassungsrechtlich relevant, wenn sie keiner Lösung zu Gunsten des Leistungsberechtigten auf einfachrechtlicher Ebene zugänglich wäre.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. Februar 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin ein Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1.11.2007 bis zum 30.4.2008 zusteht.

2

Die 1949 geborene Klägerin lebte bis zum 13.4.2007 gemeinsam mit ihrem 1945 geborenen Ehemann in einem ursprünglich ihr allein gehörenden Wohnhaus. Im Jahre 2004 hatte die Klägerin ihrem Sohn das Haus zur Hälfte übertragen. Das Grundstück war seither mit einem lebenslänglichen dinglich gesicherten Wohnrecht zugunsten der Klägerin und ihres Ehemanns belastet. Die Eheleute zahlten auf ein Bauspardarlehen monatlich 420 Euro, wobei darin zum Darlehensrückzahlungsbeginn im September 2007 130,26 Euro auf Zinszahlungen entfielen. Die Nebenkosten wurden mit 137,52 Euro, die Heizkosten mit 142 Euro monatlich nachgewiesen. Die Angaben bezogen sich auf das gesamte Haus.

3

Am 13.4.2007 erlitt der Ehemann der Klägerin einen Herzinfarkt. Er befand sich seither im Wachkoma und wurde zunächst im Krankenhaus und seit dem 17.7.2007 in einem Pflegeheim betreut. Der Ehemann erhielt in dem streitgegenständlichen Zeitraum eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung sowie eine Betriebsrente in Höhe von zusammen 1466,08 Euro monatlich. Die Pflegekasse gewährte ihm Leistungen in Höhe von 1432 Euro monatlich.

4

Der Heimvertrag zwischen dem Pflegeheim und dem Ehemann sah ein Gesamtentgelt in Höhe von 2696,70 Euro vor. Dieses schlüsselte sich auf in ein Einzelentgelt für Unterkunft und Verpflegung in Höhe von 470,40 Euro, ein Einzelentgelt für allgemeine Pflegeleistungen in Höhe von 1911,30 Euro und ein Einzelentgelt für nicht geförderte Investitionskosten in Höhe von 315 Euro. Das Pflegeheim verlangte von dem Ehemann monatlich den Differenzbetrag zwischen dem Gesamtentgelt und den von der Pflegekasse gezahlten Leistungen. Einen bei dem Beigeladenen gestellten Antrag auf Übernahme der ungedeckten Pflegekosten hat dieser mit Bescheid vom 2.1.2008 abgelehnt, der Bescheid ist bestandskräftig geworden. Am 25.4.2011 verstarb der Ehemann der Klägerin.

5

Die Klägerin, die über keine eigenen Einnahmen verfügte, beantragte am 5.11.2007 bei dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 23.11.2007 ab, der hiergegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21.12.2007).

6

Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 23.11.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.12.2007 verurteilt, der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1.11.2007 bis zum 30.4.2008 zu gewähren. Das Landessozialgericht (LSG) hat das Land Berlin beigeladen und sodann die gegen das Urteil des SG gerichtete Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin und ihr Ehemann im streitgegenständlichen Zeitraum noch eine Bedarfsgemeinschaft gebildet hätten, denn selbst in diesem Falle übersteige der Bedarf die zur Verfügung stehenden Einnahmen. Gehe man von einer gemischten Bedarfsgemeinschaft aus, richte sich der maßgebliche Bedarf auch des Ehemanns nach dem SGB II. Als Einkommen des Ehemanns seien die Rentenzahlungen anzurechnen, die Leistungen der Pflegekasse blieben dagegen als zweckbestimmte Leistungen zur Mitfinanzierung der Pflege unberücksichtigt. Als Einkommen sei aber noch die bereitgestellte Vollverpflegung im Heim zu berücksichtigen. Nach Abzug der Versicherungspauschale habe der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 1641,08 Euro zur Verfügung gestanden. Unter Berücksichtigung der zu tragenden Heimkosten sei anrechenbares Einkommen des Ehemanns nicht verblieben. Welche Leistungen der Klägerin in welcher Höhe konkret zu gewähren seien, was von den genauen Wohnverhältnissen abhänge, könne dahingestellt bleiben. Das SG habe den Beklagten nur dem Grunde nach zur Leistung verpflichtet, deren Höhe noch nicht feststehe.

7

Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Beklagten, mit der er eine Verletzung des § 19 Abs 1 SGB II rügt. Der Bedarf eines nach § 7 Abs 4 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossenen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft zur Deckung der Pflegekosten sei beim kommunalen Sozialleistungsträger nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) geltend zu machen, weil Pflegekosten keinen Bedarf iS von § 19 Abs 1 SGB II darstellten. Da der Ehemann der Klägerin Mitglied der Bedarfsgemeinschaft gewesen sei, ergebe sich ein Bedarf in Höhe von insgesamt 1493,74 Euro (2 x 312 Euro Regelleistung, Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 399,34 Euro und Kosten der Unterkunft des Ehemanns in Höhe von 470,40 Euro). Das Gesamteinkommen habe 1529,68 Euro betragen (1436,08 Euro bereinigte Renteneinkünfte und 93,60 Euro bereitgestellte Verpflegung), sodass der Bedarf nach dem SGB II habe gedeckt werden können.

8

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. Februar 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Mai 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie hält das angegriffene Urteil des LSG für zutreffend.

11

Der Beigeladene hat sich nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Beklagten hat im Sinne der Aufhebung der zweitinstanzlichen Entscheidung und der Zurückverweisung der Sache an das LSG Erfolg (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Auf der Grundlage der Feststellungen des LSG konnte nicht entschieden werden, ob der Klägerin ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II zusteht.

13

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 23.11.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.12.2007, mit dem der Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.11.2007 bis zum 30.4.2008 abgelehnt worden ist. Inwieweit hinsichtlich des Leistungszeitraums Korrekturen anzubringen sind, weil die Antragstellung erst am Montag, den 5.11.2007 erfolgte, wird das LSG dabei - auch unter dem Aspekt der Erreichbarkeit des Jobcenters - zu prüfen haben.

14

Gegen die genannten Bescheide hat sich die Klägerin in zulässiger Weise mit einer Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG) gewandt, wobei sie allerdings keinen bezifferten Antrag gestellt, sondern nur eine Verurteilung dem Grunde nach beantragt hat. Das SG hat, wie sich aus der Begründung seiner Entscheidung ergibt, zur Zahlung eines konkreten monatlichen Betrages verurteilt und ist damit zu Unrecht über den Antrag der Klägerin hinausgegangen. Dies hat das LSG korrigiert, indem es nach Maßgabe der Entscheidungsgründe nur zu einer Leistung dem Grunde nach verurteilt hat, wozu es aufgrund des nur von dem Beklagten eingelegten Rechtsmittels befugt war.

15

2. Die Feststellungen des LSG reichen nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob der Klägerin die geltend gemachte Leistung dem Grunde nach zusteht. Nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II(idF des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30.7.2004 - BGBl I 2014) erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr 1), die erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4). Dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen im angefochtenen Urteil kann zwar entnommen werden, dass die Klägerin die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II hinsichtlich des Lebensalters und des gewöhnlichen Aufenthalts erfüllt. Auch eine Erwerbsfähigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum liegt nahe, wenngleich hierzu keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen wurden. Ausreichende Feststellungen fehlen in jedem Fall zur Hilfebedürftigkeit der Klägerin nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II.

16

3. Nach § 9 Abs 1 SGB II(idF des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30.7.2004 - BGBl I 2014) ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus zu berücksichtigendem Einkommen und Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält. Nach § 9 Abs 2 Satz 1 SGB II ist bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ua auch das Einkommen des Partners zu berücksichtigen. Nach § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II gilt schließlich (im Grundsatz) jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, wenn in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt ist. Wegen dieser gesetzlichen Vorgaben, wonach Hilfebedürftigkeit ausnahmslos vom Bedarf aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft einerseits und des der Bedarfsgemeinschaft zufließenden Einkommens und des vorhandenen Vermögens andererseits abhängig ist, darf bei Prüfung der Hilfebedürftigkeit als Teil der Anspruchsvoraussetzungen nicht offenbleiben, welche Personen der Bedarfsgemeinschaft angehören. Eine wahlweise Feststellung, wie sie das LSG vorgenommen hat, genügt zur Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen auch dann nicht, wenn es lediglich um die Verurteilung dem Grunde nach geht.

17

Die Klägerin bildete mit ihrem Ehemann im streitigen Zeitraum eine Bedarfsgemeinschaft, wenn sie auch während der Zeit, in der dieser stationär versorgt wurde, von ihm nicht dauernd getrennt lebte. Die Auslegung des Begriffs "Getrenntleben" richtet sich auch im Rahmen des SGB II nach familienrechtlichen Grundsätzen (Bundessozialgericht Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 49/09 R - BSGE 105, 291 = SozR 4-4200 § 7 Nr 16, RdNr 13 ff; Urteil des Senats vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 17). Gemäß § 1567 Bürgerliches Gesetzbuch leben Ehegatten getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Maßgebend ist also ein objektiv hervortretender Trennungswille. Demgegenüber können Ehegatten zwar häuslich getrennt sein und dennoch - mit den Einbußen, die sich aus dem Fehlen der häuslichen Gemeinschaft notwendig ergeben - die eheliche Lebensgemeinschaft bejahen und verwirklichen (Bundesgerichtshof Urteil vom 25.1.1989 - IVb ZR 34/88 - FamRZ 1989, 479 = juris RdNr 8). Auch wenn sich bei einer unfreiwilligen Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft die allein noch mögliche Kontaktpflege auf Besuche beschränkt, so ist dies doch der Restbestand der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft (BGH, aaO). Zur Aufgabe einer solchen, wenn auch nur rudimentär verwirklichten Lebensgemeinschaft und damit zum Getrenntleben kommt es nur, wenn der trennungswillige Ehegatte seine Verhaltensabsicht unmissverständlich zu erkennen gibt. Da es sich dabei nicht um eine Willenserklärung handelt, kann auch ein Geschäftsunfähiger diesen Willen äußern (BGH, aaO, juris RdNr 9 mwN; vgl zum Begriff des Getrenntlebens auch OLG Bamberg, FamRZ 1981, 52).

18

Daran anschließend ist das BSG auch für den Bereich des SGB II davon ausgegangen, dass eine Bedarfsgemeinschaft bei Eheleuten (noch) bestehen kann, wenn diese wegen des pflegebedingten Aufenthalts eines Ehegatten in einem Heim räumlich voneinander getrennt leben (BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 49/09 R - BSGE 105, 291 = SozR 4-4200 § 7 Nr 16, RdNr 14 mwN; mit anderen Akzenten, aber im Wesentlichen mit gleichem Ergebnis zum SGB XII Coseriu, juris PK, SGB XII, 1. Aufl 2011, § 19, RdNr 14 f). Das LSG wird hierzu weitere Feststellungen zu treffen und dabei zu berücksichtigen haben, dass nach den dargelegten Grundsätzen der Trennungswille "unmissverständlich" zum Ausdruck gekommen sein muss und dass insofern die bloße Erklärung des Getrenntlebens für sich genommen ohne weitere objektive Anhaltspunkte nicht genügt.

19

Die Tatsache, dass der Ehemann wegen seiner Unterbringung in einer stationären Einrichtung einerseits und als Bezieher einer Rente wegen Alters andererseits aufgrund der Regelung des § 7 Abs 4 Satz 1 SGB II selbst keine Leistungen nach dem SGB II erhalten konnte, steht seiner Einbeziehung in die Bedarfsgemeinschaft nicht entgegen(vgl nur BSG Urteile vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 11 und 15; vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 31).

20

4. Hat zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann im streitgegenständlichen Zeitraum eine Bedarfsgemeinschaft bestanden, so richtet sich die Prüfung der Hilfebedürftigkeit der Klägerin nach den Grundsätzen, die das BSG für derartige "gemischte Bedarfsgemeinschaften" entwickelt hat (vgl grundlegend BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 29 ff). Danach ist in einem ersten Schritt der Bedarf der Klägerin zu bestimmen und in einem zweiten Schritt zu prüfen, in welchem Umfang dem Bedarf der Klägerin eigenes Einkommen oder Einkommen ihres Ehemanns gegenübersteht (dazu unter 5.). In einem letzten Schritt ist zu erörtern, ob der Hilfebedürftigkeit der Klägerin verwertbares Vermögen entgegensteht (dazu unter 6.).

21

Der Bedarf der Klägerin setzt sich zusammen aus dem Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 20 SGB II, dazu unter a)und den Bedarfen für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II, dazu unter b).

22

a) Auch wenn die Feststellungen des LSG ergeben, dass mangels Trennungswillens ein "dauerndes Getrenntleben" nicht vorgelegen hat, ist gleichwohl der für die Klägerin maßgebliche Regelbedarf in Höhe der Regelleistung für Alleinstehende oder alleinerziehende anzusetzen, der im Streitzeitraum nach § 20 Abs 2 SGB II(idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 - BGBl I 2954) iVm § 20 Abs 4 Satz 3 SGB II in Verbindung mit der Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 18.6.2007 (BGBl I 1139) damals 347 Euro betrug. Nach den Grundsätzen, die der Senat im Urteil vom 6.10.2011 (B 14 AS 171/10 R - BSGE 109, 176 = SozR 4-4200 § 20 Nr 16) aufgestellt hat, ist eine Regelleistung von 90 vH nur dann gerechtfertigt, wenn beide Partner in einer Haushaltsgemeinschaft umfassend "aus einem Topf" wirtschaften mit der Folge, dass zwei zusammenlebende Partner einen finanziellen Mindestbedarf haben, der unter dem doppelten des Bedarfs eines Alleinwirtschaftenden liegt (vgl auch Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 20 RdNr 67, Stand: 4/2010 mwN). Wenn dagegen nicht mehr "aus einem Topf" gewirtschaftet werden kann, besteht zwar weiterhin eine Bedarfsgemeinschaft, die genannten Einsparmöglichkeiten durch das gemeinsame Wirtschaften entfallen jedoch. Es ergibt sich deshalb ein Anspruch der Klägerin auf Berücksichtigung der vollen Regelleistung aus der analogen Anwendung des § 20 Abs 2 SGB II, denn ihre Bedarfslage entspricht der einer Alleinstehenden. Dies entspricht auch verfassungsrechtlichen Vorgaben, weil im Referenzsystem des SGB XII in der hier maßgeblichen Fassung der Regelsatzverordnung (RSV) in § 3 Abs 3 RSV eine Regelleistung in Höhe von jeweils 90 vH ausdrücklich nur für zusammenlebende Ehegatten oder Lebenspartner vorgesehen war und eine vom Eckregelsatz abweichende noch niedrigere Regelleistung nur für Haushaltsangehörige normiert war(vgl dazu im Einzelnen BSG Urteil vom 6.10.2011 - B 14 AS 171/10 R - BSGE 109, 176 = SozR 4-4200 § 20, RdNr 24, 25), sodass eine Regelleistung von 90 vH in Fällen wie dem vorliegenden unter Gleichheitsgesichtspunkten (Art 3 Abs 1 Grundgesetz) nicht vertretbar wäre. Dementsprechend hat der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1.1.2011 die Regelung des § 8 Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz in seinem Abs 1 Nr 2 dahingehend gefasst, dass sich der Regelbedarf von jeweils 90 vH - wie in § 3 Abs 3 RSV - ausdrücklich auf zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Ehegatten … einen gemeinsamen Haushalt führen, bezieht.

23

b) Hinzu kommen für die Bedarfsberechnung die Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Danach werden die Leistungen grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind. Die tatsächlich aufgewandten Kosten für Unterkunft und Heizung sind für die Klägerin berücksichtigungsfähig jedoch nur in dem Umfang, in dem sie auf ihre Nutzung des Wohnhauses entfallen. Wenn neben der Klägerin auch ihr Sohn das Haus bewohnt hat, sind die Kosten für die Nutzung des Wohnhauses (regelmäßig) unabhängig von Alter, Nutzungsintensität oder Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft pro Kopf aufzuteilen (vgl BSG Urteile vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 55/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 9; vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 7/07 R; vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R- BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3, RdNr 28 unter Hinweis auf BVerwGE 79, 17 zur Sozialhilfe). Die tatsächlichen Verhältnisse werden im wiedereröffneten Berufungsverfahren weiter aufzuklären sein. Dagegen ist für die Anwendung des Kopfteilprinzips auch in Bezug auf den im Pflegeheim lebenden Ehemann der Klägerin kein Raum. Die Aufteilung der Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem Kopfteilprinzip setzt nach der Rechtsprechung des BSG voraus, dass die Wohnung gemeinsam mit anderen Personen genutzt wird, also den aktuellen Unterkunftsbedarf weiterer Personen abdeckt. Daran fehlt es, wenn ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft die Wohnung über einen Zeitraum nicht nutzt, der auch zu einem Ausschluss von Leistungen nach § 7 Abs 4, 4a SGB II führt(vgl dazu BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42). Inwieweit es bei einer solchen Konstellation dem verbliebenen Partner zugemutet werden kann, die Gesamtkosten der Unterkunft zu mindern und die Wohnverhältnisse einer dauerhaften alleinigen Nutzung der Wohnung anzupassen, braucht hier nicht entschieden zu werden, denn es fehlt bereits an einer Kostensenkungsaufforderung seitens des Beklagten. Es kann somit auch weiter offenbleiben, ab welchem Zeitpunkt bei mehr als sechsmonatiger Abwesenheit Maßnahmen zur Kostensenkung verlangt werden können.

24

5. Da die Klägerin selbst nicht über Einkommen verfügte, bleibt bei Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft zu klären, ob und ggf in welchem Umfang Einkommen ihres Ehemanns zu berücksichtigen ist. Da nur eine sog "gemischte Bedarfsgemeinschaft" in Betracht kommt, ist in Modifikation der Grundregel des § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II nur das den Bedarf des nicht leistungsberechtigten Mitglieds übersteigende Einkommen auf die hilfebedürftigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft entsprechend dem Anteil ihres individuellen Bedarfs am Gesamtbedarf zu verteilen(Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 49).

25

Wenn der Ehemann im streitigen Zeitraum dauerhaft in einer stationären Einrichtung iS des § 13 SGB XII untergebracht war, wofür nach den bisherigen Feststellungen des LSG vieles spricht, ist sein Bedarf - abweichend vom Regelfall einer gemischten Bedarfsgemeinschaft(vgl BSG, aaO, RdNr 40) - nicht nach dem SGB II zu bestimmen, sondern nach dem SGB XII. Zwar ist in gemischten Bedarfsgemeinschaften grundsätzlich auch der Bedarf des anderen - von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossenen - Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II zu ermitteln (BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 40 unter Hinweis auf BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3, RdNr 24; BSG Urteil vom 29.3.2007 - B 7b AS 2/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 4). Der Senat hat in der genannten Entscheidung aber bereits angedeutet, dass in besonderen Fällen eine Abweichung von diesem Grundsatz geboten sein kann. Eine abweichende Bedarfsbestimmung ist insbesondere dann erforderlich, wenn Besonderheiten vorliegen, die mit einer fiktiven Bedarfsberechnung nach dem SGB II nicht abgebildet werden können. Dies ist der Fall, wenn der von Leistungen nach dem SGB II Ausgeschlossene in einer stationären Einrichtung versorgt wird und sein notwendiger Lebensunterhalt daher nach den besonderen Vorschriften des § 35 SGB XII(ab dem 1.1.2011: § 27b SGB XII) ermittelt wird, die wiederum in engem Zusammenhang mit den §§ 75 ff SGB XII stehen. Für diese besondere Bedarfssituation enthält das SGB II keine Grundlage, weil die Grundsicherung für Arbeitsuchende eine Hilfe in Einrichtungen nicht kennt (vgl Behrend, juris PK, SGB XII, Stand 4.2.2013, § 27b, RdNr 5)und den Fall eines solchen nur im SGB XII berücksichtigten Bedarfs als Teil des Gesamtbedarfs bei fortbestehender Bedarfsgemeinschaft nicht regelt. Die unzulängliche Abstimmung der Leistungssysteme des SGB II und des SGB XII machen an dieser Schnittstelle deshalb eine nach dem SGB XII vergleichende Berechnung des Bedarfs und des Einkommens erforderlich (ähnlich bereits BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 20/09 R - BSGE 108, 241 = SozR 4-3500 § 82 Nr 8, RdNr 20 unter Hinweis auf BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 49). Das LSG wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren also im Falle der Betreuung in einer stationären Einrichtung den Bedarf des Ehemanns nach den Maßstäben des § 35 SGB XII zu ermitteln haben, nach dessen Abs 1 Satz 1 der notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen den darin erbrachten sowie in stationären Einrichtungen zusätzlich den weiteren notwendigen Lebensunterhalt umfasst.

26

Auch die Frage, inwieweit der Ehemann sein Einkommen aus Rentenzahlungen sowie den Leistungen der Pflegekasse nach den Regelungen des SGB XI für die genannten Bedarfe nach § 35 SGB XII einzusetzen hat, ist nach den allgemeinen Regelungen zur Einkommensberücksichtigung gemäß §§ 82 ff, 92, 92a SGB XII zu entscheiden. Danach erfolgt ein Einsatz seines Einkommens für die stationären Leistungen der Einrichtung nur bis zur Höhe des (fiktiven) Anteils der Hilfe zum Lebensunterhalt an dem notwendigen Lebensunterhalt in Einrichtungen (vgl Behrend, juris PK, SGB XII, Stand 4.2.2013, § 27b, RdNr 34). Soweit im Übrigen eine fiktive Zuordnung zu den Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII erfolgt, sind die besonderen Regelungen der §§ 85 ff SGB XII maßgebend. Hierbei ist zu beachten, dass bei der Klägerin Einkommen ihres Ehemanns nur insoweit berücksichtigt werden darf, als es nach sozialhilferechtlichen Maßstäben einzusetzen ist (vgl BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 20/09 R - BSGE 108, 241 = SozR 4-3500 § 82 Nr 8, RdNr 24).

27

6. Bei der Prüfung, ob die Klägerin einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hat, ist neben der Berücksichtigung eigenen Einkommens und ggf (überschießenden) Einkommens ihres Ehemanns zu ermitteln, ob der Hilfebedürftigkeit der Klägerin verwertbares Vermögen entgegengestanden hat. Als einzusetzendes Vermögen gemäß § 12 Abs 1 SGB II könnte vorbehaltlich einer Privilegierung gemäß § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II das der Klägerin gehörende hälftige Hausgrundstück zählen. Ob ausgehend von der Gesamtwohnfläche des Hauses und der Gesamtgrundstücksfläche sowie nach der Bewohnerzahl eine Berücksichtigung als Vermögen in Betracht kommt, kann aufgrund fehlender tatsächlicher Feststellungen nicht entschieden werden. Auch zur Verwertbarkeit des Miteigentumsanteils sind keine Feststellungen getroffen worden. Ggf wäre auch zu klären, ob eine mögliche Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich wäre oder eine besondere Härte darstellen würde (§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II). Ferner ist auch ein möglicher Schenkungsrückforderungsanspruch als Vermögenswert in Betracht zu ziehen (zur Berücksichtigung eines Schenkungsrückforderungsanspruchs im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung nach dem SGB XII BSG Urteil vom 2.2.2010 - B 8 SO 21/08 R - juris RdNr 13 ff).

28

Das LSG wird über die Kosten des Verfahrens einschließlich des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Aus den in diesem Gesetz geregelten Bezügen und aus den Bezügen der Gefangenen, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen (§ 39 Abs. 1) oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen (§ 39 Abs. 2), ist ein Überbrückungsgeld zu bilden, das den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern soll.

(2) Das Überbrückungsgeld wird dem Gefangenen bei der Entlassung in die Freiheit ausgezahlt. Die Vollzugsbehörde kann es auch ganz oder zum Teil dem Bewährungshelfer oder einer mit der Entlassenenbetreuung befaßten Stelle überweisen, die darüber entscheiden, wie das Geld innerhalb der ersten vier Wochen nach der Entlassung an den Gefangenen ausgezahlt wird. Der Bewährungshelfer und die mit der Entlassenenbetreuung befaßte Stelle sind verpflichtet, das Überbrückungsgeld von ihrem Vermögen gesondert zu halten. Mit Zustimmung des Gefangenen kann das Überbrückungsgeld auch dem Unterhaltsberechtigten überwiesen werden.

(3) Der Anstaltsleiter kann gestatten, daß das Überbrückungsgeld für Ausgaben in Anspruch genommen wird, die der Eingliederung des Gefangenen dienen.

(4) Der Anspruch auf Auszahlung des Überbrückungsgeldes ist unpfändbar. Erreicht es nicht die in Absatz 1 bestimmte Höhe, so ist in Höhe des Unterschiedsbetrages auch der Anspruch auf Auszahlung des Eigengeldes unpfändbar. Bargeld des entlassenen Gefangenen, an den wegen der nach Satz 1 oder Satz 2 unpfändbaren Ansprüche Geld ausgezahlt worden ist, ist für die Dauer von vier Wochen seit der Entlassung insoweit der Pfändung nicht unterworfen, als es dem Teil der Ansprüche für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf der vier Wochen entspricht.

(5) Absatz 4 gilt nicht bei einer Pfändung wegen der in § 850d Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Unterhaltsansprüche. Dem entlassenen Gefangenen ist jedoch so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner sonstigen gesetzlichen Unterhaltspflichten für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf von vier Wochen seit der Entlassung bedarf.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. April 2010 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist (noch) umstritten, ob dem Kläger Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in dem Zeitraum vom 28.3. bis zum 22.4.2008 zustehen.

2

Der 1974 geborene Kläger befand sich zwischen dem 19.8.2005 und dem 26.3.2008 in Strafhaft. Am Tage der Haftentlassung wurde dem Kläger ein Betrag von 2126,32 Euro ausgezahlt, in dem ein Überbrückungsgeld in Höhe von 1794 Euro enthalten war. Direkt nach seiner Entlassung bezog der Kläger eine kostenlose Unterkunft in dem Projekt Wohngemeinschaft e.V. K, Fachklinik für medizinische Rehabilitation zu einer Entwöhnungsbehandlung. In der Klinik wurde ihm kostenlose Vollverpflegung zur Verfügung gestellt.

3

Am 28.3.2008 beantragte der Kläger bei dem Beklagten Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende. Mit Bescheid vom 20.5.2008 lehnte der Beklagte den SGB II-Antrag mit Hinweis auf das Überbrückungsgeld wegen mangelnder Hilfebedürftigkeit ab. Auf den Widerspruch des Klägers lehnte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 24.6.2008 den Leistungsantrag nunmehr noch für den Zeitraum vom 28.3. bis zum 22.4.2008 ab und bewilligte mit einem weiteren Bescheid vom selben Tage dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 23.4. bis 30.9.2008 unter Anrechnung des verbleibenden Überbrückungsgeldes als einmaliges Einkommen in Höhe von 1430,79 Euro. Außerdem kürzte der Beklagte die dem Kläger bewilligte Regelleistung um 35 % wegen der dem Kläger zur Verfügung gestellten kostenlosen Vollverpflegung. Auch hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 7.8.2008 wies der Beklagte die Widersprüche des Klägers insgesamt als unbegründet zurück.

4

Zur Begründung seiner dagegen erhobenen Klage führt der Kläger aus, das Überbrückungsgeld sei ihm bereits vor Antragstellung zugeflossen, weshalb es sich um geschütztes Vermögen handele. Zudem habe er vor Beantragung der SGB II-Leistungen seinem Bruder zur Begleichung der während der zwei Jahre und acht Monate andauernden Haftzeit von diesem verauslagte Gelder für Tabakwaren, Lebensmittel, Hygieneartikel etc in Höhe von 1730 Euro zurückgezahlt. Mit dem restlichen Geld habe er notwendige Kleidungsstücke angeschafft.

5

Unter dem 24.9.2008 hat der Beklagte einen Änderungsbescheid erlassen und dem Kläger für die Zeit vom 23.4. bis 31.8.2008 SGB II-Leistungen ohne Anrechnung des Überbrückungsgeldes bewilligt. Als zu berücksichtigendes Einkommen wurden 91,45 Euro angerechnet (35 % von 347 Euro = 121,45 Euro abzüglich eines Pauschbetrages in Höhe von 30 Euro für private Versicherungen).

6

In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht (SG) vom 2.3.2009 hat der Beklagte den Klageanspruch dann insoweit teilweise anerkannt, als er sich verpflichtet hat, dem Kläger für die Leistungszeit vom 23.4. bis 31.8.2008 Leistungen zur Grundsicherung ohne Berücksichtigung der bereitgestellten Vollverpflegung zu bewilligen. Dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger angenommen. Bezüglich des danach noch streitigen Zeitraums vom 28.3. bis zum 22.4.2008 hat das SG mit Urteil vom selben Tage den Beklagten verurteilt, dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für diesen Zeitraum zu bewilligen. Bei dem Überbrückungsgeld handele es sich um Vermögen, das im Hinblick auf den Grundfreibetrag in Höhe von mindestens 3100 Euro nicht zu berücksichtigen sei.

7

Auf die vom Beklagten eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat das Landessozialgericht (LSG) die Berufung zugelassen. Nach Beweiserhebung durch Vernehmung des Bruders des Klägers hat das LSG mit dem angegriffenen Urteil vom 22.4.2010 die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zwar sei das Überbrückungsgeld grundsätzlich in den ersten vier Wochen nach der Haftentlassung als Einkommen zu berücksichtigen, vorliegend seien aber zum Zeitpunkt der Antragstellung die Mittel bereits verbraucht gewesen. Der Kläger habe das Überbrückungsgeld noch vor Antragstellung zur Begleichung von Schulden verwendet, dies hätten die Beweisaufnahme und die vorgelegten Belege ergeben. Im Übrigen sei eine Neueinkleidung erforderlich gewesen, da der Kläger in der Haft 15 kg an Gewicht verloren habe.

8

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der vom LSG zugelassenen Revision. Er ist der Auffassung, dass das ausgezahlte Überbrückungsgeld nach dem Strafvollzugsgesetz (StVollzG) den Lebensunterhalt für die ersten vier Wochen nach der Haftentlassung sichern solle und dementsprechend in der Zeit vom 28.3. bis zum 22.4.2008 kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II bestanden habe. Das Überbrückungsgeld stelle eine vorrangige Leistung dar. Aber selbst wenn man davon ausgehe, dass das Überbrückungsgeld als Einkommen bzw einmalige Einnahme anzusehen sei, so bestehe bei vorzeitigem Verbrauch dennoch keine Hilfebedürftigkeit, da Einkommen in erster Linie zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen sei, ein Verbrauch zur Schuldentilgung sei unbeachtlich.

9

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. April 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 2. März 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

10

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Er hält die angegriffenen Urteile für zutreffend.

Entscheidungsgründe

12

Die in dem Urteil des LSG vom 22.4.2010 zugelassene Revision (§ 160 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz), die der Beklagte rechtzeitig eingelegt hat, ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 SGG). Das LSG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass dem Kläger für den Zeitraum vom 28.3. bis zum 22.4.2008 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) ohne Berücksichtigung des Überbrückungsgeldes als Einkommen zustehen.

13

1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig. Bei dem Jobcenter (§ 6d SGB II idF des Gesetzes vom 3.8.2010, BGBl I 1112) handelt es sich um eine gemeinsame Einrichtung (§ 44b Abs 1 Satz 1 SGB II, ebenfalls idF des Gesetzes vom 3.8.2010), die mit Wirkung vom 1.1.2011 kraft Gesetzes entstanden und im Laufe des gerichtlichen Verfahrens als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisher beklagten Arbeitsgemeinschaft (, vgl § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II) getreten ist. Dieser kraft Gesetzes eintretende Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar. Das Passivrubrum war daher von Amts wegen zu berichtigen (vgl dazu insgesamt BSG Urteil vom 18.1.2011 - B 4 AS 99/10 R - SozR 4-4200 § 37 Nr 5).

14

2. Gegenstand des Verfahrens sind vorliegend die Bescheide des Beklagten vom 20.5. und vom 24.6.2008, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.8.2008 und in der Modifizierung durch das Anerkenntnis in der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 2.3.2009. Umstritten ist dabei nur noch, ob der Kläger Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum ab Antragstellung am 28.3. bis zum 22.4.2008 hat. Das Ende des streitigen Zeitraums ergibt sich nach der Berechnung des Beklagten daraus, dass das Überbrückungsgeld für die Sicherung des Lebensunterhalts in den ersten vier Wochen nach Haftentlassung gedacht sei. Dementsprechend legt er für die Leistungsbemessung den Entlassungstag (26.3.2008) zugrunde, der Vier-Wochen-Zeitraum endet dann mit dem 22.4.2008.

15

3. Dem Kläger steht gemäß §§ 7, 9 und 19 SGB II für den streitigen Zeitraum Arbeitslosengeld II ohne Berücksichtigung des ihm am 26.3.2008 zugeflossenen Überbrückungsgeldes zu. Das Überbrückungsgeld stellt im Zeitpunkt der Antragstellung am 28.3.2008 Vermögen dar, das den Grundfreibetrag nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II nicht übersteigt und bei der Leistungsberechnung nicht als Einkommen iS von § 11 SGB II berücksichtigt werden durfte.

16

a) Nach den Feststellungen des LSG erfüllt der Kläger als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II. Insbesondere war er im streitgegenständlichen Zeitraum hilfebedürftig iS von § 7 Abs 1 Nr 3 iVm § 9 Abs 1 SGB II. Als monatlicher Gesamtbedarf ergibt sich ein Betrag in Höhe von 480,60 Euro (347 Euro Regelleistung, 118,31 Euro Krankenversicherung und 15,29 Euro Pflegeversicherung). Diesen Bedarf konnte der Kläger nicht aus eigenen Kräften und Mitteln decken.

17

b) Der Hilfebedürftigkeit des Klägers steht nicht entgegen, dass ihm zwei Tage vor Antragstellung Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG in Höhe von 1794 Euro ausgezahlt worden ist. Nach den allgemeinen Grundsätzen des Leistungsrechts des SGB II stellt das Überbrückungsgeld hier Vermögen dar (dazu unter aa). Die gesetzliche Zweckbestimmung des § 51 StVollzG führt nicht zu einem Ausschluss des Leistungsanspruchs(dazu unter bb). Auf die Rechtsauffassung des LSG, dass jedenfalls das vor Antragstellung zur Schuldentilgung verwandte Überbrückungsgeld nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist, kommt es danach nicht mehr an (dazu unter c).

18

aa) Das nach § 51 StVollzG gewährte Überbrückungsgeld ist vorliegend, ausgehend von den von den Grundsicherungssenaten des Bundessozialgerichts (BSG) entwickelten Kriterien, als Vermögen einzuordnen. Maßgeblich für diese Abgrenzung ist allein der Zeitpunkt der Antragstellung gemäß § 37 SGB II. Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II ist grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte(stRspr grundlegend BSG Urteile vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 und vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15). Da das Überbrückungsgeld nach den Feststellungen des LSG vor Antragstellung zugeflossen ist und der Höhe nach die Freibeträge nach § 12 Abs 2 SGB II nicht überschreitet, war es nicht leistungsmindernd zu berücksichtigen.

19

bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der allgemeinen Zweckbestimmung des Überbrückungsgeldes. Nach § 51 Abs 1 StVollzG ist das Überbrückungsgeld aus Bezügen des Gefangenen zu bilden, die dieser während der Haftzeit, zB durch Beschäftigungsverhältnisse, erhält. Es soll den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach der Haftentlassung sichern. Durch § 51 StVollzG ist die Verfügungsbefugnis des Gefangenen über seine Bezüge eingeschränkt, diese werden aber zugleich vor dem Zugriff der Gläubiger geschützt, um den Gesetzeszweck sicherzustellen(vgl zu diesem Komplex Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl 2008, § 51 RdNr 1 ff). Eine vorzeitige Inanspruchnahme des Überbrückungsgeldes ist nur unter engen Einschränkungen möglich (vgl hierzu Arloth, StVollzG, 3. Aufl 2011, § 51 Nr 10 mwN).

20

Aus dem genannten Normzweck des § 51 StVollzG hat das Bundesverwaltungsgericht(Urteil vom 21.6.1990 - 5 C 64/86 - Buchholz 436.0 § 88 BSHG Nr 19) den Schluss gezogen, dass - unabhängig von der Einordnung des Überbrückungsgeldes als Einkommen oder Vermögen - dieses der Freistellung von der Sozialhilfe diene. Der Festlegung einer bestimmten Höhe des Überbrückungsgeldes komme die Funktion zu, einen ohne Überbrückungsgeld bestehenden Sozialhilfeanspruch zu beseitigen. Demgegenüber hat die Rechtsprechung des BSG unter dem im Vergleich zum Bundessozialhilfegesetz veränderten Blickwinkel des SGB II den Grundsatz entwickelt, dass es nicht auf die Funktion der Leistung ankommt, sondern die Berücksichtigungsfähigkeit unter Zuordnung der erhaltenen Summe als Einkommen oder Vermögen allein an das konstitutive Antragserfordernis gemäß § 37 SGB II gekoppelt ist(BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R SozR, aaO). Dementsprechend werden auch Leistungen nach dem Zeitpunkt des Zuflusses als Einkommen oder Vermögen gewertet, deren Zweck die Sicherung des Lebensunterhalts ist (vgl zum Krankengeld BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 70/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 19; zu Abfindungszahlungen aus arbeitsgerichtlichem Vergleich BSG Urteil vom 3.3.2009 - B 4 AS 47/08 R - BSGE 102, 295 = SozR 4-4200 § 11 Nr 24; zum Insolvenzgeld BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 29/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 22; für das Überbrückungsgeld nach § 57 Sozialgesetzbuch Drittes Buch in der bis zum 31.7.2006 geltenden Fassung BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14/11b AS 17/07 R). Der Senat sieht keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Die Zweckbestimmung des § 51 StVollzG geht nicht über das hinaus, was bei Entgeltersatzleistungen (etwa im Anschluss an Beschäftigung oder bei Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit) als Zweck dient, nämlich letztlich die Sicherung des Lebensunterhalts.

21

c) Da im vorliegenden Fall der Geldzufluss vor Antragstellung lag, kommt es auf die vom LSG aufgeworfene Frage, ob das wegen seiner besonderen Zweckbestimmung die Hilfebedürftigkeit für einen bestimmten Zeitraum grundsätzlich ausschließende Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG dann ausnahmsweise nicht zu berücksichtigen ist, wenn dieses vor Antragstellung zur Schuldentilgung verwendet wird, nicht mehr an.

22

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Oktober 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass von den für Juli und August 2008 noch zu erbringenden Leistungen die bereits für diesen Zeitraum gewährten Leistungen in Abzug zu bringen sind.

2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), insbesondere die Frage der Anrechnung von Einkommen.
Dem 1977 geborenen Kläger wurden bei seiner Haftentlassung am 3. Juni 2008 1.366,13 EUR ausgezahlt, davon 1.075,27 EUR Überbrückungsgeld nach § 51 des Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung (Strafvollzugsgesetz - StVollzG). Vom 3. Juni bis 22. September 2008 führte der Kläger eine stationäre Behandlung wegen einer Suchterkrankung im Therapiezentrum M. durch, bei welcher er voll verpflegt wurde.
Am 5. Juni 2008 beantragte der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Beklagte, welche mit dem Landkreis K. keine Arbeitsgemeinschaft gegründet hat, bewilligte ihm mit Bescheid vom 20. Juni 2008 vorläufig für die Zeit vom 5. bis 30. Juni 2008 30,17 EUR und für Juli bis September 2008 monatlich jeweils 37,41 EUR. Hierbei ging die Beklagte von der Regelleistung von 347,00 EUR bzw. ab Juli von 351,00 EUR aus und bewertete das Überbrückungsgeld als anrechenbares Einkommen, welches sie auf fünf Monate verteilte und daraus unter Abzug der Versicherungspauschale von 30,00 EUR im Juni anteilig 173,33 EUR und in den Folgemonaten jeweils 170,00 EUR anrechnete. Weiter rechnete sie die Naturalverpflegung im Therapiezentrum als Einkommen an in Höhe von monatlich 121,45 EUR. Zusätzlich rechnete sie Einkommen von weiteren 20,47 EUR an, weil auch Strom und Warmwasser, welches der Kläger während der Therapie in natura erhalte, Einkommen sei. Die Vorläufigkeit der Bewilligung begründete die Beklagte damit, dass der genaue Termin für die Entlassung aus der Therapie noch nicht feststehe.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass er am 24. Juni 2008 1.000,00 EUR zur Schuldentilgung verwendet habe und legte hierzu einen Überweisungsbeleg vor. Ferner wandte er sich gegen die Anrechnung der Naturalverpflegung und der Versorgung mit Strom und Wasser während der Therapie als Einkommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das Überbrückungsgeld sei als einmalige Einnahme im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 2 Abs. 4 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) auf einen angemessenen Zeitraum verteilt ab dem Zuflussmonat Juni 2008 anzurechnen. Die Verteilung auf einen Zeitraum von fünf Monaten und sich daraus ergebende Anrechnung von monatlich 200,00 EUR (im Juni 2008 anteilig 173,33 EUR) sei nicht zu beanstanden. Ob der Kläger die erhaltene Summe zur Tilgung von Verbindlichkeiten verwendet habe, sei für die Anrechnung irrelevant. Es sei nicht Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die privaten Verbindlichkeiten der Leistungsempfänger zu tilgen. Schulden seien bei der Berechnung des anzurechnenden Einkommens grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Weiter sei, da der Kläger stationär im Therapiezentrum M. untergebracht sei, Einkommen in Höhe von insgesamt 143,59 EUR monatlich für ersparte Aufwendungen für Verpflegung, Warmwasser und Haushaltsstrom anzurechnen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 21. Oktober 2008 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage. Er verweist darauf, dass das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 18. Juni 2008 (- B 14 AS 22/07 R -) die Rechtswidrigkeit des Abzugs der sogenannten Ernährungspauschale festgestellt und erhebliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Änderungen der Alg II-V geäußert habe. Nach dem Ende der stationären Therapie sei er am 22. September 2008 zu seiner Frau nach B. zurückgekehrt.
Die Beklagte hat mit Änderungsbescheid vom 22. September 2008 dem Kläger und seiner Ehefrau als Bedarfsgemeinschaft für September und Oktober 2008 Leistungen in Höhe von insgesamt 437,23 EUR und für November 2008 in Höhe von 632,00 EUR bewilligt.
Mit Urteil vom 21. Oktober 2008 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 20. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2008 dazu verurteilt, dem Kläger für Juli bis September 2008 die Regelleistung nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen aus Überbrückungsgeld und Naturalverpflegung zu gewähren und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es darauf verwiesen, dass es über die Leistungsansprüche des Klägers für den Zeitraum 5. Juni bis 30. September 2008 endgültig entscheiden könne, auch wenn die Beklagte bislang nur vorläufig bewilligt habe, da der Zeitraum abgelaufen sei und der angegebene Grund für die Vorläufigkeit nicht mehr bestehe, da der stationäre Aufenthalt des Klägers am 22. September 2008 geendet habe. Das Überbrückungsgeld des Klägers habe die Beklagte nur im Juni, nicht aber in den folgenden Monaten als Einkommen anrechnen dürfen. Zum einen sei das Überbrückungsgeld ab Juli nicht mehr vorhanden gewesen, da es der Kläger fast vollständig am 24. Juni 2008 zur Schuldentilgung verwendet habe. Zum anderen sei die Beklagte nicht befugt gewesen, diese Einnahme nach § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V auf einen längeren Zeitraum zu verteilen. Zwar sei das Überbrückungsgeld nach der Strafhaft grundsätzlich anrechenbares Einkommen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Den Zweck zur Sicherung des Lebensunterhalts habe das Überbrückungsgeld jedoch nach § 51 Abs. 1 StVollzG nur für die ersten vier Wochen nach der Entlassung aus der Strafhaft. Dies führe dazu, dass noch vorhandenes Überbrückungsgeld - das es beim Kläger nicht gegeben habe - ab der fünften Woche als zweckbestimmte Einnahme oder als Vermögen nach § 12 Abs. 1 SGB II eingestuft werden müsse, jedenfalls nicht mehr angerechnet werden könne. § 51 Abs. 1 StVollzG sei spezieller als § 11 Abs. 1 und 3 SGB II, weil es die sozialrechtliche Bedeutung einer bestimmten Einkommensart regele. Der Vorrang des spezielleren Gesetzes gehe dem Vorrang des jüngeren vor. Zumindest bis zum 7. Juli 2008 sei die Beklagte selbst der Auffassung gewesen, Überbrückungsgeld nach § 51 Abs. 1 StVollzG könne nur für vier Wochen als Einkommen angesetzt werden, wenn auch der entsprechende Eintrag in der Wissensdatenbank der Beklagten nicht mehr vorhanden sei. Die Beklagte habe auch die Naturalverpflegung aus der stationären Therapie vom 5. Juni bis 22. September 2008 nicht als Einkommen anrechnen dürfen. Das SG halte die seit dem 1. Januar 2008 geltende Neuregelung in § 2 Abs. 5 Satz 1 Alg II-V für unwirksam und lasse sie daher außer Anwendung. Naturalverpflegung sei kein Einkommen und der Wortlaut der Ermächtigungsgrundlage in § 13 Nr. 1 SGB II lasse es nicht zu, dass der Verordnungsgeber Zuflüsse, die nach der Auslegung des formell gesetzlichen Begriffs in § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II kein Einkommen seien, hierzu deklariere. Für den Abzug weiterer 20,74 EUR als Strom- und Warmwasserzubereitungspauschale gebe es nicht einmal eine eindeutige Rechtsgrundlage; es handele sich nicht um Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Für Juli bis September sei keinerlei anrechenbares Einkommen mehr vorhanden, so dass Anspruch auf die volle Regelleistung bestehe.
Gegen das ihr am 10. November 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 3. Dezember 2008 eingelegte Berufung der Beklagten. Sie vertritt die Auffassung, dass das Überbrückungsgeld als Einkommen zu berücksichtigen sei. Ob und in welchem Umfang Einkommen anzurechnen sei, bestimme sich allein nach den Regelungen im SGB II bzw. in der Alg II-V und nicht nach dem StVollzG. § 51 StVollzG und § 11 Abs. 1 und 3 SGB II hätten gänzlich unterschiedliche Regelungsinhalte, so dass § 51 StVollzG keineswegs als speziellere und damit vorrangige Vorschrift anzusehen sei. Bei der Ausnahmeregelung in § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V, wonach im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt sein könne, handele es sich um keine Öffnungsklausel für die abweichende Beurteilung bestimmter Einkommensarten. Diese Regelung ermögliche vielmehr, in begründeten Einzelfällen von der Einkommensaufteilung abzusehen, wenn diese eine besondere Härte für den Hilfebedürftigen bedeuten würde. Eine generelle Herausnahme des Überbrückungsgeldes aus dem Anwendungsbereich des § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V könne hieraus keinesfalls abgeleitet werden. Die im Urteil zitierte Rechtsauffassung in einem gelöschten Eintrag in der Wissensdatenbank werde von der Beklagten nicht mehr vertreten. Nicht mehr strittig sei die Anrechnung von Verpflegungsleistungen während des stationären Aufenthalts im Hinblick auf die zwischenzeitliche Änderung der Alg II-V. Die Beklagte habe insoweit den Änderungsbescheid vom 26. Januar 2009 erlassen. Hiermit habe die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 5. bis 30. Juni 135,43 EUR und für Juli und August 2008 jeweils 160,26 EUR bewilligt. Weiter werde auf den Änderungsbescheid vom 22. September 2008 verwiesen, dort sei eine Anrechnung der bereitgestellten Verpflegung nicht erfolgt. Soweit weiterhin die Warmwasser- und Strompauschale in Abzug gebracht worden sei, werde dies nicht für zulässig gehalten. Die Beklagte gebe deshalb ein Teilanerkenntnis dahingehend ab, dass sich der Leistungsanspruch des Klägers in den Monaten Juli und August 2008 um jeweils 20,74 EUR erhöhe.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Oktober 2008 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen, hilfsweise
12 
die Revision zuzulassen.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er das Teilanerkenntnis der Beklagten vom 11. März 2009 angenommen.
16 
Zudem haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung einen Verfahrensvergleich dahingehend abgeschlossen, dass die Beklagte über die Anrechnung des Überbrückungsgeldes ab September 2008 nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens neu entscheidet und insoweit allein noch bezüglich des Zeitraums Juli und August 2008 streitig entschieden wird.
17 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
19 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist nur noch der Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Kosten der Unterkunft und Heizung für Juli und August 2008. Für Juni 2008 hat das SG die Klage abgewiesen, dies ist mit der Berufung nicht angegriffen worden. Für September 2008 haben die Verfahrensbeteiligten einen Verfahrensvergleich geschlossen, so dass dieser Zeitraum ebenfalls nicht mehr im Berufungsverfahren zu beurteilen ist.
20 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz) ist zulässig, sie ist insbesondere statthaft (§ 143 SGG), da der Beschwerdewert von 750,00 EUR überschritten wird (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist indes nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, dem Kläger für Juli und August 2008 die Regelleistung nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen aus Überbrückungsgeld zu gewähren.
21 
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die (1.) das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, (2.) erwerbsfähig sind, (3.) hilfebedürftig sind (4.) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Der im Streitzeitraum 31-jährige, erwerbsfähige Kläger deutscher Staatsangehörigkeit hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und ist auch hilfebedürftig. Damit gehört er zum leistungsberechtigten Personenkreis. Auch der stationäre Aufenthalt des Klägers im Therapiezentrum M., einem Fachkrankenhaus für suchtkranke Männer, steht dem Anspruch nicht entgegen, denn die Dauer der Unterbringung in dem Krankenhaus war von Anfang an für weniger als sechs Monate vorgesehen (vgl. § 7 Abs. 4 Satz 1 und Satz 3 Nr. 1 SGB II).
22 
Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht (1.) durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, (2.) aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Der im streitigen Zeitraum alleinstehende Kläger verfügte im Juli und August 2008 weder über Einkommen noch über Vermögen. Das ihm bei Haftentlassung ausbezahlte Überbrückungsgeld in Höhe von 1.075,27 EUR ist auf den hier streitigen Hilfebedarf nicht anzurechnen.
23 
Grundsätzlich stellt das Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II dar, denn es handelt sich um eine Einnahme in Geld. Zwar wird das Überbrückungsgeld aus Teilen der Bezüge, insbesondere des Arbeitsentgelts (§ 43 StVollzG) des Gefangenen gebildet, seiner Verfügung entzogen und einem für ihn geführten Konto gut geschrieben. Gleichwohl gehören die so zwangsweise angesparten Beträge nicht zum Vermögen des Gefangenen, denn nach der Rechtsprechung des BSG ist Einkommen alles, was der Hilfebedürftige während eines Zahlungszeitraums wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was er bei Beginn eines Zahlungszeitraums bereits hat (Zuflusstheorie, vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R - zu nachträglich gezahltem Lohn und Urteil vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R - zu Steuererstattung ). Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat in einer Entscheidung zum Sozialhilferecht vom 21. Juni 1990 (- 5 C 64/86 - FEVS 41, 1) zwar noch offen gelassen, ob es sich bei dem Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG um Einkommen oder Vermögen handelt; das BVerwG hat sich in der Folgezeit jedoch in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung (vgl. zur sogenannten Identitätstheorie BVerwGE 29, 295 ff.) mit Urteilen vom 18. Februar 1999 der Zuflusstheorie zugewandt (vgl. BVerwGE 108, 296 ff.; so bereits zuvor zum Arbeitslosenhilferecht BSGE 41, 187, 188 = SozR 4100 § 137 Nr. 1). Auch aus der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zur vergleichbaren Problematik im Sozialhilferecht lassen sich somit keine Gesichtspunkte entnehmen, die gegen die Behandlung des Überbrückungsgeldes als Einkommen sprechen.
24 
Das Überbrückungsgeld ist auch nicht von der Berücksichtigung ausgenommen nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II, denn es handelt sich nicht um eine zweckbestimmte Einnahme, die einem anderen Zweck als die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II dient und die Leistung des Empfängers nicht so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. § 51 Abs. 1 StVollzG enthält eine ausdrückliche Zweckbestimmung. Dort ist ausgeführt, dass ein Überbrückungsgeld zu bilden ist, das den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern soll. Damit steht fest, dass Zweck des Überbrückungsgeldes gerade die Sicherung des Lebensunterhalts ist und somit Zweckidentität mit den Leistungen nach dem SGB II besteht.
25 
Nicht beantwortet ist damit indes die Frage, auf welche Weise das als Einkommen zu berücksichtigende Überbrückungsgeld anzurechnen ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt hier eine Aufteilung auf fünf Monate und Anrechnung in jedem Monat nicht in Betracht. Zur Frage, wie einmalige Einnahmen wie das Überbrückungsgeld im Einzelnen anzurechnen sind, enthält die auf § 13 SGB II beruhende Alg II-V nähere Regelungen. Nach § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V sind einmalige Einnahmen, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen. Sinn dieses Anrechnungsverfahrens ist, dass das vorübergehende vollständige Entfallen des Leistungsanspruchs und damit des Krankenversicherungsschutzes vermieden wird (vgl. Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 11 Rdnr. 66). Vorliegend ist indes nicht eine Aufteilung auf einen angemessenen Zeitraum, sondern eine andere Regelung, wie sie § 2 Abs. 3 Satz 3 Alg II-V durchaus ermöglicht, angezeigt. Insoweit hält der Senat die Vorschrift des § 51 Abs. 1 StVollzG für die speziellere Regelung, welche bei der Auslegung des allgemeinen Gesetzes zu berücksichtigen ist. Nach § 51 Abs. 1 StVollzG soll das Überbrückungsgeld den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern. Dieser soll seinen Lebensunterhalt nach der Entlassung mit eigenen Mitteln bestreiten können und nicht auf Sozialhilfe oder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II angewiesen sein, die dem Mittellosen sonst den notwendigen Lebensunterhalt sichern. Durch die gesetzlich vorgesehene Unterhaltssicherungsfunktion für die Dauer von vier Wochen ist es geboten, die Einnahme auch im Rahmen der Prüfung einer Leistungsberechtigung nach dem SGB II entsprechend zu berücksichtigen und nicht als Einkommen auf einen längeren Zeitraum aufzuteilen. Ansonsten hätte dies zur Folge, dass der Gesetzeszweck verfehlt würde, denn bei Anrechnung des Überbrückungsgeldes auf einen längeren Zeitraum wäre der Strafgefangene nach Entlassung aus der Haft entgegen dem Gesetzeszweck von § 51 Abs. 1 StVollzG auch in den ersten vier Wochen nach der Entlassung auf Sozialhilfe bzw. Leistungen nach dem SGB II angewiesen.
26 
Dem steht nicht entgegen, dass die hier vertretene Auffassung zur Folge hat, dass durch die Anrechnung des Überbrückungsgeldes allein auf einen Monat in der Regel die Hilfebedürftigkeit in diesem Monat ganz entfällt und folglich kein Krankenversicherungsschutz über den Bezug der SGB II-Leistungen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) besteht. Während der Strafhaft besteht Anspruch auf Gesundheitsfürsorge nach §§ 56 ff. StVollzG; dieser Anspruch endet mit der Entlassung. Anschließend besteht indes, sofern der Betreffende vor der Haft gesetzlich krankenversichert war, Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. Februar 2009 - L 11 KR 497/09 ER-B - m.w.N.), so dass nicht zu befürchten steht, dass überhaupt kein Krankenversicherungsschutz vorliegt. Im konkreten Fall war der Kläger ohnehin seit Juni 2008 versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB II, da die Beklagte aufgrund der von ihr vorgenommenen Aufteilung des Überbrückungsgeldes auch im Juni 2008 Leistungen gewährt hat.
27 
Entgegen der Befürchtung der Beklagten besteht auch nicht die Gefahr, dass bei längerer Haft Überbrückungsgeld in erheblicher Höhe angespart wird. Nach der Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums Baden-Württemberg über die Behandlung und Verwendung der Gelder der Gefangenen (VwV-Gelder der Gefangenen, 4523/0348 vom 29. Dezember 2005, Die Justiz 2006 S. 122 in der Fassung vom 21. Dezember 2006, Die Justiz 2007 S. 136) wird unter Ziff. 1.2.2 die angemessene Höhe des Überbrückungsgeldes auf den 150-fachen Tagessatz der Eckvergütung (§ 43 Abs 2 StVollzG) festgesetzt. Die Eckvergütung nach § 43 Abs. 2 StVollzG beläuft sich auf 9 v.H. der Bezugsgröße nach § 18 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV); ein Tagessatz ist der 250. Teil der Eckvergütung. Für das Jahr 2008 bedeutet dies, dass die angemessene Höhe des Überbrückungsgeldes bei maximal 1.611,00 EUR liegt (Bezugsgröße alte Bundesländer 2008: 29.820 EUR; davon 9 v.H.: 2.683,80 EUR ; Tagessatz 10,74 EUR; 150-facher Tagessatz 1.611 EUR). Damit hat der Gesetz- und Verordnungsgeber genau geregelt, bis zu welcher Höhe der Gefangene aus seinem Arbeitsentgelt Überbrückungsgeld ansparen muss, welches in den ersten vier Wochen nach der Haftentlassung für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehen soll. Diese speziellen Regelungen sind bei der Auslegung des § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V zu berücksichtigen und verbieten eine Aufteilung des Überbrückungsgeldes auf einen längeren Zeitraum. Dies hat zur Folge, dass das Überbrückungsgeld nur in den ersten vier Wochen nach Haftentlassung, hier also im Juni 2008 als Einkommen zu berücksichtigen ist und danach, soweit noch vorhanden, als Vermögen im Sinne von § 12 SGB II Berücksichtigung findet. Sofern der Strafgefangene bei längerer Haftdauer Eigengeld (§ 83 StVollzG) in größerem Umfang angesammelt hat, bestehen keine Bedenken, derartige Beträge bei Haftentlassung auf einen längeren Zeitraum aufzuteilen. Dies gilt indes wegen der gesetzgeberischen Zuordnung des Überbrückungsgeldes zum Bedarf für die ersten vier Wochen nach Haftentlassung für dieses nicht.
28 
Hinsichtlich der Anrechnung weiteren Einkommens aufgrund der während der stationären Behandlung erhaltenen Vollverpflegung sowie der dortigen Versorgung mit Strom und Warmwasser besteht zwischen den Beteiligten kein Streit mehr, die Beklagte hat insoweit mit Bescheid vom 26. Januar 2009 bereits für Juli und August 2008 Leistungen ohne Anrechnung der Verpflegung bewilligt und zudem mit Teilanerkenntnis vom 11. März 2009 für Juli und August 2008 um 20,74 EUR höhere Leistungen (Strom- und Warmwasserpauschale) angeboten. Dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 24. April 2009 angenommen.
29 
Vermögen, welches die Freigrenzen des § 12 Abs. 2 SGB II übersteigt, war im streitigen Zeitraum nicht vorhanden, zumal der Kläger Ende Juni 2008 1.000,00 EUR zur Tilgung von Schulden aufgewendet hat.
30 
Nur zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass die Beklagte die bereits gewährten Leistungen in Anrechnung bringen darf.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
32 
Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.

Gründe

 
18 
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
19 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist nur noch der Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Kosten der Unterkunft und Heizung für Juli und August 2008. Für Juni 2008 hat das SG die Klage abgewiesen, dies ist mit der Berufung nicht angegriffen worden. Für September 2008 haben die Verfahrensbeteiligten einen Verfahrensvergleich geschlossen, so dass dieser Zeitraum ebenfalls nicht mehr im Berufungsverfahren zu beurteilen ist.
20 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz) ist zulässig, sie ist insbesondere statthaft (§ 143 SGG), da der Beschwerdewert von 750,00 EUR überschritten wird (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist indes nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, dem Kläger für Juli und August 2008 die Regelleistung nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen aus Überbrückungsgeld zu gewähren.
21 
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die (1.) das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, (2.) erwerbsfähig sind, (3.) hilfebedürftig sind (4.) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Der im Streitzeitraum 31-jährige, erwerbsfähige Kläger deutscher Staatsangehörigkeit hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und ist auch hilfebedürftig. Damit gehört er zum leistungsberechtigten Personenkreis. Auch der stationäre Aufenthalt des Klägers im Therapiezentrum M., einem Fachkrankenhaus für suchtkranke Männer, steht dem Anspruch nicht entgegen, denn die Dauer der Unterbringung in dem Krankenhaus war von Anfang an für weniger als sechs Monate vorgesehen (vgl. § 7 Abs. 4 Satz 1 und Satz 3 Nr. 1 SGB II).
22 
Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht (1.) durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, (2.) aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Der im streitigen Zeitraum alleinstehende Kläger verfügte im Juli und August 2008 weder über Einkommen noch über Vermögen. Das ihm bei Haftentlassung ausbezahlte Überbrückungsgeld in Höhe von 1.075,27 EUR ist auf den hier streitigen Hilfebedarf nicht anzurechnen.
23 
Grundsätzlich stellt das Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II dar, denn es handelt sich um eine Einnahme in Geld. Zwar wird das Überbrückungsgeld aus Teilen der Bezüge, insbesondere des Arbeitsentgelts (§ 43 StVollzG) des Gefangenen gebildet, seiner Verfügung entzogen und einem für ihn geführten Konto gut geschrieben. Gleichwohl gehören die so zwangsweise angesparten Beträge nicht zum Vermögen des Gefangenen, denn nach der Rechtsprechung des BSG ist Einkommen alles, was der Hilfebedürftige während eines Zahlungszeitraums wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was er bei Beginn eines Zahlungszeitraums bereits hat (Zuflusstheorie, vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R - zu nachträglich gezahltem Lohn und Urteil vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R - zu Steuererstattung ). Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat in einer Entscheidung zum Sozialhilferecht vom 21. Juni 1990 (- 5 C 64/86 - FEVS 41, 1) zwar noch offen gelassen, ob es sich bei dem Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG um Einkommen oder Vermögen handelt; das BVerwG hat sich in der Folgezeit jedoch in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung (vgl. zur sogenannten Identitätstheorie BVerwGE 29, 295 ff.) mit Urteilen vom 18. Februar 1999 der Zuflusstheorie zugewandt (vgl. BVerwGE 108, 296 ff.; so bereits zuvor zum Arbeitslosenhilferecht BSGE 41, 187, 188 = SozR 4100 § 137 Nr. 1). Auch aus der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zur vergleichbaren Problematik im Sozialhilferecht lassen sich somit keine Gesichtspunkte entnehmen, die gegen die Behandlung des Überbrückungsgeldes als Einkommen sprechen.
24 
Das Überbrückungsgeld ist auch nicht von der Berücksichtigung ausgenommen nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II, denn es handelt sich nicht um eine zweckbestimmte Einnahme, die einem anderen Zweck als die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II dient und die Leistung des Empfängers nicht so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. § 51 Abs. 1 StVollzG enthält eine ausdrückliche Zweckbestimmung. Dort ist ausgeführt, dass ein Überbrückungsgeld zu bilden ist, das den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern soll. Damit steht fest, dass Zweck des Überbrückungsgeldes gerade die Sicherung des Lebensunterhalts ist und somit Zweckidentität mit den Leistungen nach dem SGB II besteht.
25 
Nicht beantwortet ist damit indes die Frage, auf welche Weise das als Einkommen zu berücksichtigende Überbrückungsgeld anzurechnen ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt hier eine Aufteilung auf fünf Monate und Anrechnung in jedem Monat nicht in Betracht. Zur Frage, wie einmalige Einnahmen wie das Überbrückungsgeld im Einzelnen anzurechnen sind, enthält die auf § 13 SGB II beruhende Alg II-V nähere Regelungen. Nach § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V sind einmalige Einnahmen, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen. Sinn dieses Anrechnungsverfahrens ist, dass das vorübergehende vollständige Entfallen des Leistungsanspruchs und damit des Krankenversicherungsschutzes vermieden wird (vgl. Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 11 Rdnr. 66). Vorliegend ist indes nicht eine Aufteilung auf einen angemessenen Zeitraum, sondern eine andere Regelung, wie sie § 2 Abs. 3 Satz 3 Alg II-V durchaus ermöglicht, angezeigt. Insoweit hält der Senat die Vorschrift des § 51 Abs. 1 StVollzG für die speziellere Regelung, welche bei der Auslegung des allgemeinen Gesetzes zu berücksichtigen ist. Nach § 51 Abs. 1 StVollzG soll das Überbrückungsgeld den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern. Dieser soll seinen Lebensunterhalt nach der Entlassung mit eigenen Mitteln bestreiten können und nicht auf Sozialhilfe oder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II angewiesen sein, die dem Mittellosen sonst den notwendigen Lebensunterhalt sichern. Durch die gesetzlich vorgesehene Unterhaltssicherungsfunktion für die Dauer von vier Wochen ist es geboten, die Einnahme auch im Rahmen der Prüfung einer Leistungsberechtigung nach dem SGB II entsprechend zu berücksichtigen und nicht als Einkommen auf einen längeren Zeitraum aufzuteilen. Ansonsten hätte dies zur Folge, dass der Gesetzeszweck verfehlt würde, denn bei Anrechnung des Überbrückungsgeldes auf einen längeren Zeitraum wäre der Strafgefangene nach Entlassung aus der Haft entgegen dem Gesetzeszweck von § 51 Abs. 1 StVollzG auch in den ersten vier Wochen nach der Entlassung auf Sozialhilfe bzw. Leistungen nach dem SGB II angewiesen.
26 
Dem steht nicht entgegen, dass die hier vertretene Auffassung zur Folge hat, dass durch die Anrechnung des Überbrückungsgeldes allein auf einen Monat in der Regel die Hilfebedürftigkeit in diesem Monat ganz entfällt und folglich kein Krankenversicherungsschutz über den Bezug der SGB II-Leistungen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) besteht. Während der Strafhaft besteht Anspruch auf Gesundheitsfürsorge nach §§ 56 ff. StVollzG; dieser Anspruch endet mit der Entlassung. Anschließend besteht indes, sofern der Betreffende vor der Haft gesetzlich krankenversichert war, Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. Februar 2009 - L 11 KR 497/09 ER-B - m.w.N.), so dass nicht zu befürchten steht, dass überhaupt kein Krankenversicherungsschutz vorliegt. Im konkreten Fall war der Kläger ohnehin seit Juni 2008 versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB II, da die Beklagte aufgrund der von ihr vorgenommenen Aufteilung des Überbrückungsgeldes auch im Juni 2008 Leistungen gewährt hat.
27 
Entgegen der Befürchtung der Beklagten besteht auch nicht die Gefahr, dass bei längerer Haft Überbrückungsgeld in erheblicher Höhe angespart wird. Nach der Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums Baden-Württemberg über die Behandlung und Verwendung der Gelder der Gefangenen (VwV-Gelder der Gefangenen, 4523/0348 vom 29. Dezember 2005, Die Justiz 2006 S. 122 in der Fassung vom 21. Dezember 2006, Die Justiz 2007 S. 136) wird unter Ziff. 1.2.2 die angemessene Höhe des Überbrückungsgeldes auf den 150-fachen Tagessatz der Eckvergütung (§ 43 Abs 2 StVollzG) festgesetzt. Die Eckvergütung nach § 43 Abs. 2 StVollzG beläuft sich auf 9 v.H. der Bezugsgröße nach § 18 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV); ein Tagessatz ist der 250. Teil der Eckvergütung. Für das Jahr 2008 bedeutet dies, dass die angemessene Höhe des Überbrückungsgeldes bei maximal 1.611,00 EUR liegt (Bezugsgröße alte Bundesländer 2008: 29.820 EUR; davon 9 v.H.: 2.683,80 EUR ; Tagessatz 10,74 EUR; 150-facher Tagessatz 1.611 EUR). Damit hat der Gesetz- und Verordnungsgeber genau geregelt, bis zu welcher Höhe der Gefangene aus seinem Arbeitsentgelt Überbrückungsgeld ansparen muss, welches in den ersten vier Wochen nach der Haftentlassung für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehen soll. Diese speziellen Regelungen sind bei der Auslegung des § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V zu berücksichtigen und verbieten eine Aufteilung des Überbrückungsgeldes auf einen längeren Zeitraum. Dies hat zur Folge, dass das Überbrückungsgeld nur in den ersten vier Wochen nach Haftentlassung, hier also im Juni 2008 als Einkommen zu berücksichtigen ist und danach, soweit noch vorhanden, als Vermögen im Sinne von § 12 SGB II Berücksichtigung findet. Sofern der Strafgefangene bei längerer Haftdauer Eigengeld (§ 83 StVollzG) in größerem Umfang angesammelt hat, bestehen keine Bedenken, derartige Beträge bei Haftentlassung auf einen längeren Zeitraum aufzuteilen. Dies gilt indes wegen der gesetzgeberischen Zuordnung des Überbrückungsgeldes zum Bedarf für die ersten vier Wochen nach Haftentlassung für dieses nicht.
28 
Hinsichtlich der Anrechnung weiteren Einkommens aufgrund der während der stationären Behandlung erhaltenen Vollverpflegung sowie der dortigen Versorgung mit Strom und Warmwasser besteht zwischen den Beteiligten kein Streit mehr, die Beklagte hat insoweit mit Bescheid vom 26. Januar 2009 bereits für Juli und August 2008 Leistungen ohne Anrechnung der Verpflegung bewilligt und zudem mit Teilanerkenntnis vom 11. März 2009 für Juli und August 2008 um 20,74 EUR höhere Leistungen (Strom- und Warmwasserpauschale) angeboten. Dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 24. April 2009 angenommen.
29 
Vermögen, welches die Freigrenzen des § 12 Abs. 2 SGB II übersteigt, war im streitigen Zeitraum nicht vorhanden, zumal der Kläger Ende Juni 2008 1.000,00 EUR zur Tilgung von Schulden aufgewendet hat.
30 
Nur zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass die Beklagte die bereits gewährten Leistungen in Anrechnung bringen darf.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
32 
Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.

(1) Aus den in diesem Gesetz geregelten Bezügen und aus den Bezügen der Gefangenen, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen (§ 39 Abs. 1) oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen (§ 39 Abs. 2), ist ein Überbrückungsgeld zu bilden, das den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern soll.

(2) Das Überbrückungsgeld wird dem Gefangenen bei der Entlassung in die Freiheit ausgezahlt. Die Vollzugsbehörde kann es auch ganz oder zum Teil dem Bewährungshelfer oder einer mit der Entlassenenbetreuung befaßten Stelle überweisen, die darüber entscheiden, wie das Geld innerhalb der ersten vier Wochen nach der Entlassung an den Gefangenen ausgezahlt wird. Der Bewährungshelfer und die mit der Entlassenenbetreuung befaßte Stelle sind verpflichtet, das Überbrückungsgeld von ihrem Vermögen gesondert zu halten. Mit Zustimmung des Gefangenen kann das Überbrückungsgeld auch dem Unterhaltsberechtigten überwiesen werden.

(3) Der Anstaltsleiter kann gestatten, daß das Überbrückungsgeld für Ausgaben in Anspruch genommen wird, die der Eingliederung des Gefangenen dienen.

(4) Der Anspruch auf Auszahlung des Überbrückungsgeldes ist unpfändbar. Erreicht es nicht die in Absatz 1 bestimmte Höhe, so ist in Höhe des Unterschiedsbetrages auch der Anspruch auf Auszahlung des Eigengeldes unpfändbar. Bargeld des entlassenen Gefangenen, an den wegen der nach Satz 1 oder Satz 2 unpfändbaren Ansprüche Geld ausgezahlt worden ist, ist für die Dauer von vier Wochen seit der Entlassung insoweit der Pfändung nicht unterworfen, als es dem Teil der Ansprüche für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf der vier Wochen entspricht.

(5) Absatz 4 gilt nicht bei einer Pfändung wegen der in § 850d Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Unterhaltsansprüche. Dem entlassenen Gefangenen ist jedoch so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner sonstigen gesetzlichen Unterhaltspflichten für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf von vier Wochen seit der Entlassung bedarf.

(1) Wegen der Unterhaltsansprüche, die kraft Gesetzes einem Verwandten, dem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, dem Lebenspartner, einem früheren Lebenspartner oder nach §§ 1615l, 1615n des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem Elternteil zustehen, sind das Arbeitseinkommen und die in § 850a Nr. 1, 2 und 4 genannten Bezüge ohne die in § 850c bezeichneten Beschränkungen pfändbar. Dem Schuldner ist jedoch so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber den dem Gläubiger vorgehenden Berechtigten oder zur gleichmäßigen Befriedigung der dem Gläubiger gleichstehenden Berechtigten bedarf; von den in § 850a Nr. 1, 2 und 4 genannten Bezügen hat ihm mindestens die Hälfte des nach § 850a unpfändbaren Betrages zu verbleiben. Der dem Schuldner hiernach verbleibende Teil seines Arbeitseinkommens darf den Betrag nicht übersteigen, der ihm nach den Vorschriften des § 850c gegenüber nicht bevorrechtigten Gläubigern zu verbleiben hätte. Für die Pfändung wegen der Rückstände, die länger als ein Jahr vor dem Antrag auf Erlass des Pfändungsbeschlusses fällig geworden sind, gelten die Vorschriften dieses Absatzes insoweit nicht, als nach Lage der Verhältnisse nicht anzunehmen ist, dass der Schuldner sich seiner Zahlungspflicht absichtlich entzogen hat.

(2) Mehrere nach Absatz 1 Berechtigte sind mit ihren Ansprüchen in der Reihenfolge nach § 1609 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und § 16 des Lebenspartnerschaftsgesetzes zu berücksichtigen, wobei mehrere gleich nahe Berechtigte untereinander den gleichen Rang haben.

(3) Bei der Vollstreckung wegen der in Absatz 1 bezeichneten Ansprüche sowie wegen der aus Anlass einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu zahlenden Renten kann zugleich mit der Pfändung wegen fälliger Ansprüche auch künftig fällig werdendes Arbeitseinkommen wegen der dann jeweils fällig werdenden Ansprüche gepfändet und überwiesen werden.

(1) Bei der Berechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit (§ 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch) ist von den Bruttoeinnahmen auszugehen.

(2) (weggefallen)

(3) (weggefallen)

(4) (weggefallen)

(5) Bei der Berechnung des Einkommens ist der Wert der vom Arbeitgeber bereitgestellten Vollverpflegung mit täglich 1 Prozent des nach § 20 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch maßgebenden monatlichen Regelbedarfs anzusetzen. Wird Teilverpflegung bereitgestellt, entfallen auf das Frühstück ein Anteil von 20 Prozent und auf das Mittag- und Abendessen Anteile von je 40 Prozent des sich nach Satz 1 ergebenden Betrages.

(6) Sonstige Einnahmen in Geldeswert sind mit ihrem Verkehrswert als Einkommen anzusetzen.

(7) Das Einkommen kann nach Anhörung geschätzt werden, wenn

1.
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einmalig oder für kurze Zeit zu erbringen sind oder Einkommen nur für kurze Zeit zu berücksichtigen ist oder
2.
die Entscheidung über die Erbringung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Einzelfall keinen Aufschub duldet.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Aus den in diesem Gesetz geregelten Bezügen und aus den Bezügen der Gefangenen, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen (§ 39 Abs. 1) oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen (§ 39 Abs. 2), ist ein Überbrückungsgeld zu bilden, das den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern soll.

(2) Das Überbrückungsgeld wird dem Gefangenen bei der Entlassung in die Freiheit ausgezahlt. Die Vollzugsbehörde kann es auch ganz oder zum Teil dem Bewährungshelfer oder einer mit der Entlassenenbetreuung befaßten Stelle überweisen, die darüber entscheiden, wie das Geld innerhalb der ersten vier Wochen nach der Entlassung an den Gefangenen ausgezahlt wird. Der Bewährungshelfer und die mit der Entlassenenbetreuung befaßte Stelle sind verpflichtet, das Überbrückungsgeld von ihrem Vermögen gesondert zu halten. Mit Zustimmung des Gefangenen kann das Überbrückungsgeld auch dem Unterhaltsberechtigten überwiesen werden.

(3) Der Anstaltsleiter kann gestatten, daß das Überbrückungsgeld für Ausgaben in Anspruch genommen wird, die der Eingliederung des Gefangenen dienen.

(4) Der Anspruch auf Auszahlung des Überbrückungsgeldes ist unpfändbar. Erreicht es nicht die in Absatz 1 bestimmte Höhe, so ist in Höhe des Unterschiedsbetrages auch der Anspruch auf Auszahlung des Eigengeldes unpfändbar. Bargeld des entlassenen Gefangenen, an den wegen der nach Satz 1 oder Satz 2 unpfändbaren Ansprüche Geld ausgezahlt worden ist, ist für die Dauer von vier Wochen seit der Entlassung insoweit der Pfändung nicht unterworfen, als es dem Teil der Ansprüche für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf der vier Wochen entspricht.

(5) Absatz 4 gilt nicht bei einer Pfändung wegen der in § 850d Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Unterhaltsansprüche. Dem entlassenen Gefangenen ist jedoch so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner sonstigen gesetzlichen Unterhaltspflichten für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf von vier Wochen seit der Entlassung bedarf.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, mit dem die Beklagte die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 1. August 2005 bis 31. Oktober 2005 aufgehoben und die Erstattung von 1.442,50 Euro gefordert hat. In der Sache streiten die Beteiligten darum, ob die dem Kläger gewährte Übergangsleistung gemäß § 3 Abs 2 Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) als Einkommen zu berücksichtigen ist.

2

Der im Jahre 1972 geborene Kläger stand bis zum 31. Dezember 2004 in Bezug von Arbeitslosenhilfe (Alhi) nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Ab 1. Januar 2005 erhielt er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Beklagte bewilligte dem Kläger durch Bescheid vom 21. April 2005 Leistungen für den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis 30. September 2005 in Höhe von 637 Euro monatlich. Durch Bescheid vom 8. September 2005 bewilligte sie auf Grund des Weiterzahlungsantrages des Klägers vom 5. September 2005 Leistungen ab dem 1. Oktober 2005 in Höhe von 377,12 Euro monatlich. Die Beklagte legte dabei die Regelleistung in Höhe von 345 Euro, Kosten der Unterkunft in Höhe von 486,66 Euro sowie einen Zuschlag gemäß § 24 SGB II in Höhe von monatlich 49 Euro als Bedarf zu Grunde. Weiterhin wurde erzieltes Nebeneinkommen des Klägers berücksichtigt. Der Leistungsbezug endete ab 1. November 2005, weil der Kläger zu diesem Zeitpunkt eine Vollzeitbeschäftigung aufnahm.

3

Bereits durch Bescheid vom 11. April 2002 hatte die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten (BGN) dem Kläger eine Übergangsleistung nach § 3 Abs 2 BKV für die Dauer von fünf Jahren bewilligt. Zur Begründung wurde in dem Bescheid ausgeführt, der Kläger habe wegen einer Berufskrankheit seine Tätigkeit aufgegeben, sodass ihm die Übergangsleistung zu gewähren sei. Bei der Ermessensentscheidung über Art, Dauer und Höhe der Übergangsleistung sei berücksichtigt worden, dass der Kläger zukünftig wieder im Erwerbsleben tätig sein wolle. Er erhalte daher ab 5. März 2001, dem Tag nach Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit, eine laufende Leistung als Übergangsleistung, die spätestens fünf Jahre nach Unterlassen der gefährdenden Tätigkeit ende. Die Übergangsleistung sei in der Höhe nicht gleichbleibend. Im ersten Jahr würden die wirtschaftlichen Nachteile im Rahmen der Höchstgrenze voll ersetzt, im zweiten bis fünften Jahr erfolge eine Staffelung der Übergangsleistung. Für den Zeitraum vom 5. März 2001 bis 4. März 2002 wurden dem Kläger 6.134,08 Euro gewährt. Mit weiterem Bescheid vom 1. April 2003 zahlte die BGN eine Übergangsleistung für den Zeitraum vom 5. März 2002 bis 4. März 2003 in Höhe von 4.853,26 Euro. Im dritten Abrechnungsjahr (2003 bis 2004) belief sich die Höhe der Übergangsleistung gemäß dem Bescheid vom 5. Mai 2004 auf 4.721,78 Euro. Im vierten Abrechnungsjahr erhielt der Kläger eine Leistung in Höhe von 3.259,76 Euro (Bescheid vom 12. April 2006).

4

Die BGN erteilte dem Kläger am 18. Juli 2005 einen Bescheid über eine Vorschusszahlung (§ 42 Abs 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) in Höhe von 2.500 Euro auf die Übergangsleistung im vierten Laufjahr (Zeitraum vom 5. März 2004 bis 4. März 2005). In dem Bescheid heißt es weiterhin: "Mit dem Eingang des Geldes können Sie in etwa 10 - 12 Tagen rechnen."

5

Erst durch eine Mitteilung des Klägers vom 29. März 2006 erfuhr die Beklagte von der Gewährung der Leistungen durch die BGN. Daraufhin hob die Beklagte nach Anhörung des Klägers mit Bescheid vom 30. Mai 2006 die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum ab 1. August 2005 auf und forderte Erstattung des gezahlten Arbeitslosengeldes (Alg) II. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe von der BGN Ende Juli 2005 einen Vorschuss auf Übergangsleistungen in Höhe von 2.500 Euro erhalten. Diese einmalige Zahlung sei als Einkommen anzurechnen, sodass für den Zeitraum vom 1. August 2005 bis 31. Oktober 2005 kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II bestanden habe. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 29. August 2006). Der Kläger machte mit seiner Klage insbesondere geltend, die Übergangsleistung der Berufsgenossenschaft sei bislang bei der Gewährung von Alhi nicht als Einkommen angerechnet worden. Er habe sich die Vorschusszahlung in Höhe von 2.500 Euro auszahlen lassen, um sie zur Tilgung eines privaten Darlehens einzusetzen. Die Berufsgenossenschaft habe erst am 12. April 2006 die Übergangsleistung für den Zeitraum ab dem 5. März 2004 abgerechnet und einen Anspruch bis zum 31. Dezember 2004 in Höhe von 3.259,76 Euro errechnet. Hierauf sei die erhaltene Alhi angerechnet worden, die Vorschusszahlung sei in Abzug gebracht und für diese Zeit ein weiterer Betrag in Höhe von 759,76 Euro ausgezahlt worden. Die als "Vorschuss" deklarierte Leistung der Berufsgenossenschaft sei für den Zeitraum vom 5. März bis 31. Dezember 2004 bestimmt gewesen und falle insofern nicht in den Zeitraum der Leistungsgewährung durch die Beklagte. Des Weiteren handele es sich bei der strittigen Leistung um gemäß § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II geschütztes Einkommen. Es widerspreche Sinn und Zweck der Leistung nach § 3 Abs 2 BKV, wenn diese auf das Alg II als Einkommen angerechnet werde. Da ihm die Übergangsleistung bereits zugestanden habe, bevor er Leistungen nach dem SGB II von der Beklagten in Anspruch genommen habe, habe bereits eine vermögensrechtliche Position bestanden. Als Vermögen seien die Zahlungen der Berufsgenossenschaft jedenfalls geschützt. Zudem genieße er Vertrauensschutz.

6

Das Sozialgericht (SG) Trier hat durch Urteil vom 4. September 2008 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, soweit die Leistungsbewilligung für den Zeitraum vom 1. August 2005 bis 30. September 2005 aufgehoben worden sei, sei Rechtsgrundlage § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Für den Monat Oktober 2005 sei hingegen auf § 45 SGB X abzustellen. Die Hilfebedürftigkeit des Klägers sei nachträglich mit der Auszahlung der Übergangsleistung nach § 3 Abs 2 BKV entfallen. Diese stelle kein privilegiertes Einkommen gemäß § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II dar. Gemäß § 2 Abs 3 Satz 1 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) seien einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zuflössen. Da die Vorschusszahlung dem Kläger Ende Juli/Anfang August 2005 zugeflossen sei, sei sie ab diesem Zeitpunkt als Einkommen zu berücksichtigen. Die Leistungsbewilligung für den Monat Oktober 2005 auf Grund des Bewilligungsbescheides vom 8. September 2005 sei von Anfang an rechtswidrig gewesen, sodass § 45 SGB X Anwendung finde. Vorliegend seien die Voraussetzungen des § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 SGB X erfüllt. Der Kläger habe in seinem Fortzahlungsantrag vom 5. September 2005 bei der Frage nach der Änderung in seinen Einkommensverhältnissen zwar eine Arbeitsaufnahme im Rahmen einer Nebenbeschäftigung angegeben, nicht jedoch die Auszahlung des Vorschusses aus der Übergangsleistung nach § 3 Abs 2 BKV. Der Kläger habe seit der ersten Antragstellung im Juli 2004 mehrfach unterschriftlich bestätigt, dass er Änderungen insbesondere auch hinsichtlich der Einkommensverhältnisse unaufgefordert und unverzüglich mitteilen werde. Damit sei ihm bekannt gewesen, dass jede Einkommensänderung der Beklagten mitzuteilen gewesen sei. Dieser Verpflichtung sei er nicht nachgekommen. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung auf die erkennende Kammer den Eindruck gemacht, dass er ohne große geistige Anstrengungen in der Lage gewesen sei, diese Belehrungen zu verstehen und ihnen zu folgen, sodass insgesamt vom Vorliegen grober Fahrlässigkeit auszugehen sei. An der Höhe der Erstattungsforderung bestünden keine Zweifel.

7

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Sprungrevision. Er rügt eine Verletzung des § 11 SGB II sowie der §§ 45, 48 SGB X. Der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 30. Mai 2006 sei inhaltlich nicht hinreichend bestimmt genug iS des § 33 Abs 1 SGB X. Er enthalte lediglich den Verfügungssatz, dass die Bewilligung der Leistungen für die Zeit ab 1. August 2005 aufgehoben werde. Weder werde der genaue Zeitraum der Aufhebung angegeben, noch würden die den Bewilligungen zu Grunde liegenden Verwaltungsakte vom 21. April 2005 und vom 8. September 2005 mit den jeweiligen Leistungszeiträumen und den zur Berechnung der Erstattungsforderung erforderlichen einzelnen Beträgen genauer bezeichnet. Bei der gewährten Vorschusszahlung in Höhe von 2.500 Euro handele es sich um zweckbestimmtes Einkommen iS des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II. Die Leistungen nach § 3 Abs 2 BKV würden einen Ausgleich für den gesundheitlich bedingten Verlust des Arbeitsplatzes des Betroffenen schaffen. Die Zahlung solle also gerade den Einkommensverlust ausgleichen, den ein Betroffener infolge der Aufgabe des Berufes dadurch erleide, dass er entweder gezwungen sei, Entgeltersatzleistungen in Anspruch zu nehmen oder eine Tätigkeit auszuüben, die geringer vergütet werde. Die Zweckbestimmung dieser Leistung liege also gerade darin, Leistungen zur Grundsicherung des Lebensunterhalts über das Existenzminimum hinaus aufzustocken. Weiterhin führe das Zuflussprinzip hier zu Wertungswidersprüchen. Die Beklagte habe sich hier im Wege des Erstattungsanspruches aus Leistungen der BGN "bedienen" können, obschon diese ihm - dem Kläger - erst im April des Jahres 2006 zugeflossen seien, mithin zu einem Zeitpunkt, in dem er bereits seit längerer Zeit keine Leistungen nach dem SGB II mehr erhalten habe. Weiterhin habe das SG zu Unrecht auch die Frage nicht problematisiert, ob die Vorschussleistungen in Höhe von 2.500 Euro auf die drei Monate August, September und Oktober 2005 habe aufgeteilt werden dürfen. Es sei zu prüfen gewesen, was ein angemessener Zeitraum iS des § 2 Abs 3 Satz 3 Alg II-V sei. Das SG sei auch nicht dem Argument nachgegangen, er habe das Geld bereits verbraucht gehabt. Schließlich könne ihm keine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, zumal selbst der Hauptverband der Gewerblichen Berufsgenossenschaften im Jahre 2005 noch die Auffassung vertreten habe, bei der Übergangsleistung nach § 3 Abs 2 BKV handele es sich um iS des § 11 Abs 3 SGB II privilegiertes Einkommen. Deshalb sei zumindest die Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung für den Monat Oktober 2005 rechtswidrig.

8

Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,

das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 4. September 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2006 aufzuheben.

9

Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

die Revision zurückzuweisen.

10

Sie beruft sich auf den Inhalt des angefochtenen Urteils.

11

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz) erklärt.

Entscheidungsgründe

12

Die im Übrigen zulässige und statthafte (§ 161 SGG) Sprungrevision des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG entschieden, dass die Beklagte die Bewilligungen von Alg II für den Zeitraum vom 1. August bis 30. September 2009 aufheben durfte, weil der Kläger mit der Vorschusszahlung der BGN auf Übergangsleistungen gemäß § 3 Abs 2 BKV über 2.500 Euro zu berücksichtigendes Einkommen erzielt hat, das im streitigen Zeitraum seinen Bedarf deckte.

13

Die Beklagte hat zumindest in dem Widerspruchsbescheid vom 29. August 2006 ihren Aufhebungsbescheid hinsichtlich des Zeitraums vom 1. August bis 30. September 2005 auf § 48 SGB X (im Übrigen hierzu unter 1.) und hinsichtlich des Zeitraums vom 1. Oktober bis 31. Oktober 2005 auf § 45 SGB X (hierzu unter 2.) gestützt und jeweils auch hinreichend deutlich gemacht, welche zu Grunde liegenden Bewilligungsbescheide (vom 21. April 2005 und 8. September 2005) aufgehoben bzw geändert werden sollen. Insofern bestehen - entgegen dem Revisionsvorbringen - an der inhaltlichen Bestimmtheit des Aufhebungsbescheides keine Zweifel, zumal auch die Höhe der Erstattungsforderung sich unschwer aus den im Aufhebungszeitraum gewährten Leistungen errechnen lässt (und vom Kläger insofern bislang auch keine Bedenken hinsichtlich der Höhe geltend gemacht wurden).

14

1. Die Leistungsbewilligung vom 21. April 2005 ist gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X wegen einer wesentlichen Änderung der rechtlichen Verhältnisse rechtswidrig geworden. Aus § 40 Abs 1 Nr 1 SGB II iVm § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X und § 330 Abs 3 SGB III folgt, dass ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben ist, soweit nach Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. So lagen die Verhältnisse hier. Der Kläger hat mit dem Zufluss des Vorschusses auf die Übergangsleistung gemäß § 3 Abs 2 BKV zu berücksichtigendes Einkommen iS des § 11 SGB II erzielt, das zum Wegfall der Hilfebedürftigkeit gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 iVm § 9 SGB II führte.

15

Die Übergangsleistung gemäß § 3 Abs 2 BKV stellte zunächst Einkommen iS des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II dar. Hiernach sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) oder nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Bei der Übergangsleistung nach § 3 Abs 2 BKV handelt es sich nicht um eine Leistung nach einem Gesetz, das eine entsprechende Anwendung des BVG vorsieht. Bei der Übergangsleistung handelt es sich auch nicht um Vermögen des Klägers. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist Einkommen iS des § 11 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was er bei Antragstellung bereits hatte (Urteil des Senats vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17; BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, jeweils RdNr 18). Dabei kommt es auf den tatsächlichen Zufluss an.

16

Auch eine Privilegierung der Übergangsleistung gemäß § 11 Abs 3 SGB II kommt nicht in Betracht. Hiernach sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären (§ 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II). Wie das BSG bereits hinsichtlich der Einkommensberücksichtigung der Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß § 56 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) entschieden hat, ist erforderlich, dass sich die Zweckbestimmung der betreffenden Leistung eindeutig aus der jeweiligen gesetzlichen Vorschrift ergibt (vgl BSGE 99, 47, 51 = SozR 4-4200 § 11 Nr 5, jeweils RdNr 28).

17

Ebenso wie bei der Verletztenrente fehlt der Übergangsleistung eine entsprechende eindeutige normative Zweckbestimmung. § 3 Abs 2 BKV bestimmt: Versicherte, die die gefährdende Tätigkeit unterlassen, weil die Gefahr fortbesteht, haben zum Ausgleich hierdurch verursachter Minderungen des Verdienstes oder sonstiger wirtschaftlicher Nachteile gegen den Unfallversicherungsträger Anspruch auf Übergangsleistungen. Damit folgt bereits aus dem Wortlaut des § 3 Abs 2 BKV, dass es sich bei dieser Leistung gerade einen Ausgleich für Minderungen des Verdienstes handelt, sodass die Übergangsleistung ebenso wie die Leistungen nach dem SGB II insbesondere der Existenzsicherung des Begünstigten dient. Zwar hat die Übergangsleistung gemäß § 3 Abs 2 BKV ebenso wie die Verletztenrente auch zumindest partiell die Funktion des Ausgleichs immaterieller Schäden zugeschrieben (zur sog Ausgleichsfunktion der Übergangsleistung vgl Koch in Lauterbach, SGB VII, § 9 Anh III RdNr 94 ff, Stand Februar 2008). Bereits in den Materialien zur BKV vom 31. Oktober 1997 (BR-Drucks 642/97) wird die präventive Zielrichtung der Vorschrift (Vermeiden von Gesundheitsschäden) betont (vgl hierzu Becker, SGB VII-Komm, § 9 RdNr 374 ff, Stand Januar 2006). Andererseits folgt gerade aus dem zitierten Wortlaut des § 3 Abs 2 BKV, dass der Übergangsleistung Lohnersatzfunktion für den Bewilligungszeitraum zukommt. Dass der Gesetzgeber aber im Rahmen der Berücksichtigung von Einkommen nach dem SGB II grundsätzlich sämtliche Zahlungen mit Entgeltfunktion erfassen will, auch soweit sie im Zusammenhang mit erlittenen Körperschäden oder zur Gesundheitsprävention gewährt werden, zeigt insbesondere die Ausnahmevorschrift des § 11 Abs 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II. Auch im Hinblick auf die dort aufgeführten Renten und Beihilfen werden nur die Grundrenten von einer Einkommensanrechnung ausgenommen, nicht aber die nach den genannten Gesetzen zu zahlenden Ausgleichsrenten, die - abstellend auf die betreffende Einkommensminderung - ihrerseits erkennbar Entgeltersatzfunktion haben. Die Übergangsleistung nach § 3 Abs 2 BKV ist auch keine Entschädigung iS des § 11 Abs 3 Nr 2 SGB II, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nach § 253 Abs 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches geleistet wird (vgl hierzu auch BSGE 99, 47, 52 = SozR 4-4200 § 11 Nr 5, jeweils RdNr 30).

18

Die Beklagte durfte auch zum Zeitpunkt 1. August 2005 die Leistungen des Klägers gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X aufheben, weil ab diesem Zeitpunkt Einkommen vorlag, das die Hilfebedürftigkeit des Klägers ausschloss. Die Berechnung des Einkommens erfolgt nach § 2 der Alg II-V vom 20. Oktober 2004 (BGBl I 2622). Es kann hierbei zunächst dahinstehen, ob es sich bei der Übergangsleistung gemäß § 3 Abs 2 BKV um eine laufende Einnahme iS des § 2 Abs 2 Alg II-V oder um eine einmalige Einnahme iS des § 2 Abs 3 Alg II-V (idF vom 20. Oktober 2004, aaO) handelte (vgl hierzu BSG, Urteil vom 7. Mai 2009 - B 14 AS 4/08 R). Der Wortlaut des § 3 Abs 2 Nr 2 BKV spricht dafür, dass die Übergangsleistung eigentlich monatlich wiederkehrend zu zahlen gewesen wäre. Allerdings ergibt sich aus den Feststellungen des SG und dem Gesamtzusammenhang der Akten, dass die Übergangsleistung hier an den Kläger jeweils in größeren Zeitabständen und in Beträgen mit unterschiedlicher Höhe ausbezahlt wurde. § 2 Abs 2 Satz 2 Alg II-V bestimmt, dass für laufende Einnahmen, die in größeren als monatlichen Zeitabständen oder in unterschiedlicher Höhe zufließen, § 2 Abs 3 Alg II-V entsprechend gilt, sodass in jedem Falle § 2 Abs 3 Alg II-V zur Anwendung gelangt. Nach § 2 Abs 3 Alg II-V sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dabei kann hierbei zunächst auch dahinstehen, ob die Vorschusszahlung im Monat Juli oder erst im Monat August zugeflossen ist. Der genaue Zeitpunkt des Zuflusses beim Kläger ist jedenfalls nicht festgestellt iS des § 163 SGG. Wäre der Zufluss bereits im Juli erfolgt, so wäre gemäß § 2 Abs 3 Satz 1 Alg II-V diese Einnahme bereits bei den Leistungen im Juli zu berücksichtigen gewesen. Dies kann aber letztlich offen bleiben, weil eine Nichtberücksichtigung einer möglicherweise bereits im Juli 2005 zugeflossenen einmaligen Einnahme nur zu Gunsten des Klägers geht, dem die Juli-Leistungen von der Beklagten ungekürzt belassen wurden. Angesichts der Höhe der Einnahme (2.500 Euro) wäre im Übrigen die Hilfebedürftigkeit für den gesamten streitigen Zeitraum bis Ende Oktober 2005 auch dann entfallen, wenn ihre Berücksichtigung bereits im Monat Juli erfolgt wäre.

19

Jedenfalls im Monat August 2005 kann unterstellt werden, dass die Übergangsleistung dem Kläger zugeflossen ist. Damit durfte die Beklagte die einmalige Einnahme des Klägers ab August auch berücksichtigen. Der Senat hat bereits entschieden, dass es insofern nicht darauf ankommt, für welchen Zeitraum die Leistung bestimmt war oder in welchem Zeitraum sie (beispielsweise bei einer Abfindung oder nach täglich gezahltem Arbeitsentgelt) erarbeitet war. Insofern spielt es keine Rolle, dass die Übergangsleistung für vergangene Zeiträume bestimmt war, zu denen der Kläger zumindest teilweise noch nicht in Bezug von Alg II gestanden hat (vgl hierzu das Urteil des Senats vom 18. Februar 2010 - B 14 AS 86/08 R - und BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 17). Maßgebend ist allein, dass die zufließende Einnahme ab dem hier unterstellbaren Zeitpunkt des Zuflusses zur Bedürfnisbefriedigung des Klägers zur Verfügung stand. Nach § 2 Abs 3 Satz 2 Alg II-V sind einmalige Einnahmen sodann auf einen sog Verteilzeitraum umzurechnen (vgl BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15). § 2 Abs 3 Satz 2 Alg II-V in der hier maßgeblichen Fassung vom 20. Oktober 2004 (aaO) bestimmte, dass Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zahl von ganzen Tagen nicht erbracht werden sollen, die sich unter Berücksichtigung der monatlichen Einnahmen nach Abzug von Freibeträgen und Absetzbeträgen bei Teilung der Gesamteinnahmen durch den ermittelten täglichen Bedarf einschließlich der zu zahlenden Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung ergibt. Angesichts der Höhe des Zuflusses (2.500 Euro) ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte davon ausging, dass durch die Einnahme der Bedarf des Klägers für den hier streitigen Zeitraum von drei Monaten bis zum 31. Oktober 2005 gedeckt war.

20

2. Zu Recht ist die Beklagte davon ausgegangen, dass für den Zeitraum ab 1. Oktober 2005 maßgebliche Rechtsgrundlage für eine Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 8. September 2005 § 45 SGB X war. Gemäß § 40 Abs 1 SGB II iVm § 45 SGB X erwies sich die Bewilligung von Alg II als ursprünglich rechtswidrig, weil bereits bei ihrem Erlass im September 2005 eine Hilfebedürftigkeit des Klägers auf Grund des vorher zugeflossenen zu berücksichtigenden Einkommens nicht gegeben war. Der Kläger kann sich hier nicht auf Vertrauen berufen, weil gemäß § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 SGB X der Verwaltungsakt auf Angaben beruhte, die er zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Das SG ist auf Grund einer Würdigung der Persönlichkeit des Klägers rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung gelangt, bei diesem habe grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich der Nichtangabe der ihm gewährten Vorschusszahlung in Höhe von 2.500 Euro bestanden. Die Frage des Vorliegens grober Fahrlässigkeit stellt eine der revisionsgerichtlichen Prüfung weitgehend entzogene tatrichterliche Würdigung dar (vgl bereits BSGE 47, 180 = SozR 2200 § 1301 Nr 8). Insofern verfangen die Angriffe der Revision gegen den vom SG zu Grunde gelegten Begriff der groben Fahrlässigkeit nicht. Maßgeblich ist hier allein, dass der Kläger bei einer Parallelwertung in der Laiensphäre in der Lage gewesen war, zu erkennen, dass er den Zufluss von 2.500 Euro anzugeben hatte. Eine rechtliche Subsumtion hinsichtlich dieses Einkommenszuflusses war von ihm gerade nicht gefordert. Insofern bestehen keine Bedenken, dass die Beklagte für den Zeitraum Oktober 2005 die Bewilligung vom 8. September 2005 gemäß § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 SGB X zurückgenommen hat.

21

Schließlich kann auch nicht zu Gunsten des Klägers berücksichtigt werden, dass er behauptet, die Vorschusszahlung zur Tilgung von Schulden verwendet zu haben. Der erkennende Senat hat bereits entschieden (vgl BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 18), dass innerhalb des fürsorgerechtlichen Systems des SGB II eine grundsätzliche Pflicht des Leistungsempfängers besteht, bedarfssteigernde Schuldentilgungen zu unterlassen. Letztlich kann dies aber hier dahinstehen, weil bei Vorliegen grober Fahrlässigkeit gemäß § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X im Rahmen einer Rücknahmeentscheidung gemäß § 45 SGB X der Leistungsempfänger sich nicht auf den Verbrauch der Sozialleistung berufen kann.

22

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.


Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 19.01.2010 aufgehoben, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, dem Kläger Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 22.07.2009 bis zum 30.09.2009 zu gewähren. Die diesen Zeitraum betreffende Klage wird abgewiesen.

2. Der Beklagte hat dem Kläger 1/5 seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist noch streitig, in welcher Höhe der Kläger in der Zeit vom 22.07.2009 bis zum 30.09.2009 Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II hatte.

2

Der 1983 geborene Kläger befand sich in der Zeit vom 15.06.2007 bis zum 22.06.2009 zur Verbüßung einer Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt in W . Die Kreisverwaltung Westerwaldkreis gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 23.04.2009 Leistungen der medizinischen Rehabilitation nach § 54 Abs 1 S 1 SGB XII iVm § 26 SGB IX für eine stationäre Drogenentwöhnung sowie einen Barbetrag nach § 35 Abs 2 SGB XII in Höhe von 95,00 € monatlich. Die Leistung wurde unter der Bedingung gewährt, dass der Kläger umgehend einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) stellte. Am 05.05.2009 stellte der Kläger beim Jobcenter für den Westerwaldkreis einen entsprechenden Antrag, der an die damals zuständige Agentur für Arbeit (AA) in Bad Neuenahr-Ahrweiler (im Folgenden als Beklagter bezeichnet) weitergeleitet wurde. Der Kläger wies darin darauf hin, dass er am 22.06.2009 mit einer medizinischen Reha-Maßnahme beginnen werde und ihm eine Kostenzusage der Kreisverwaltung Westerwaldkreis für zunächst 21 Wochen vorliege.

3

Der Kläger wurde am 22.06.2009 gemäß § 35 des Betäubungsmittelgesetzes (BTMG) aus der Haft entlassen und am Entlassungstag zur stationären Drogenentwöhnungsbehandlung in der Fachklinik H in R aufgenommen. Die voraussichtliche Dauer der Basistherapie wurde vom Träger der Einrichtung in einer Mitteilung vom 14.07.2009 mit 26 Wochen (Therapieende am 22.12.2009) und in einer weiteren, auf Nachfrage des Beklagten erteilten Auskunft vom 15.07.2009 mit 21 Wochen (bis einschließlich 16.11.2009) angegeben. Die Therapie dauerte letztlich bis zum 16.02.2010.

4

Bei seiner Entlassung aus der Haft wurde dem Kläger ein Betrag in Höhe von 1.516,32 € bar ausgezahlt. Darin war Überbrückungsgeld in Höhe von 1.404,00 € enthalten.

5

Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 16.07.2009 für die Zeit vom 22.06.2009 bis zum 30.06.2009 einen Betrag in Höhe von 0,01 €. Im Übrigen wurde dem Kläger für den Zeitraum vom 01.07.2009 bis zum 31.10.2009 ein Betrag in Höhe von 0,01 € monatlich und für den Zeitraum vom 01.11.2009 bis zum 16.11.2009 ebenfalls ein Betrag von 0,01 € bewilligt. Bei der Bedarfsberechnung berücksichtigte der Beklagte einen Minderungsbetrag von 82,57 € mit der Begründung, während seines Aufenthaltes im H benötige der Kläger keine Kosten für Wohnung, Strom, Möbel, Haushaltsgeräte, Gesundheitspflege und Verkehr. Das dem Kläger ausbezahlte Überbrückungsgeld wurde im Juni 2009 in Höhe von 81,07 €, in den Monaten Juli bis Oktober in Höhe von 276,42 € und im November mit 147,42 € als Einkommen berücksichtigt.

6

Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10.08.2009 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Überbrückungsgeld, das dem Kläger bar ausgezahlt worden sei, sei als einmalige Einnahme und nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Es sei dem Kläger auch im Bewilligungszeitraum zugeflossen. Die monatliche Verteilung und Anrechnung des Einkommens auf den Bewilligungszeitraum vom 22.06.2009 bis 16.11.2009 erfolge derart, dass dem Kläger ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 0,01 € und damit der Krankenversicherungsschutz verbleibe.

7

Der Kläger hat am 09.09.2009 zum Sozialgericht (SG) Koblenz Klage erhoben und vorgetragen, das Überbrückungsgeld habe er bereits bis zum 04.03.2009 angespart gehabt.

8

Durch Urteil vom 19.01.2010 hat das SG unter Änderung des Bescheides vom 16.07.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2009 den Beklagten dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger in der Zeit vom 22.07.2009 bis zum 16.11.2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Maßgabe des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch zu gewähren und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, es handele sich bei dem Überbrückungsgeld, dessen Gewährung in § 51 des Strafvollzugsgesetzes (StVollzG) geregelt sei, um zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Obwohl es aus Teilen der Bezüge des Strafgefangenen gebildet werde, sei das Überbrückungsgeld aufgrund der Vorschriften des StVollzG dessen Verfügungsgewalt entzogen. Bei dem Überbrückungsgeld handele es sich nicht um eine zweckbestimmte Einnahme nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II, da es nicht einem anderen Zweck als das ALG II diene. Es solle den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern. Wegen der zeitlichen Begrenzung auf vier Wochen komme die Verteilungsregel des § 2 Abs 4 S 3 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-Verordnung [Alg II-V]) in der seit dem 01.01.2008 geltenden Fassung nicht zur Anwendung. § 51 Abs 1 StVollzG stelle eine "andere Regelung" iSd § 2 Abs 4 S 3 Alg II-V dar. Das Überbrückungsgeld in Höhe von 1.404,00 €, das der Kläger am 22.06.2009 erhalten habe, sei im Zeitraum vom 22.06.2009 bis zum 22.07.2009 leistungsmindernd zu berücksichtigen. Zutreffend sei der Beklagte davon ausgegangen, dass der Bedarf des Klägers bezogen auf die Regelleistung anteilig zu kürzen sei, da sich der Kläger in der Einrichtung H befunden habe und insoweit ganz erhebliche Kostenpositionen eingespart habe, die grundsätzlich Teil der Regelleistung seien.

9

Das SG hat in seinem Urteil vom 19.01.2010 die Berufung zugelassen, die der Beklagte am 19.02.2010 eingelegt hat.

10

Der Beklagte trägt vor, beim Überbrückungsgeld handele es sich nicht um eine zweckbestimmte Leistung iSd § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II, da es keinem anderen Zweck diene als die Leistungen nach dem SGB II. Das gezahlte Überbrückungsgeld sei eine einmalige Einnahme, auf die § 2 AlgII-VO anzuwenden sei. Der Anrechnungszeitraum könne entgegen der Auffassung des Sozialgerichts auch nicht wegen § 51 Abs. 1 StVollzG auf die vier Wochen nach der Haftentlassung beschränkt werden, denn Sinn der Aufteilung auf einen angemessenen Zeitraum sei, dass das vollständige vorübergehende Entfallen des Leistungsanspruchs und damit des Krankenversicherungsschutzes vermieden werde. Auch führe die Anrechnung des Überbrückungsgeldes für den Kläger nicht zu einer besonderen Härte. § 51 StVollzG sei auch keine höherrangige Norm oder speziellere Regelung als das Zuflussprinzip, das letztlich zur Anrechnung einmaliger Einnahmen ab dem Zuflusszeitpunkt führe. Seine Verankerung finde es nicht in den Vorschriften der Alg II-VO, sondern in § 11 SGB II. Im Übrigen sei die in § 51 Abs. 1 StVollzG gewählte Formulierung im Zusammenhang mit den in den Abs. 4 und 5 geregelten Pfändungsschutzvorschriften zu verstehen und könne das aufgrund § 11 SGB II bestehende Zuflussprinzip, das in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sehr weit ausgelegt werde, nicht wirksam einschränken. Darüber hinaus führe die Lösung des Sozialgerichts zu für die Betroffenen nicht nur vorteilhaften Ergebnissen, da diese für die ersten vier Wochen nach der Haftentlassung auch von den Leistungen zur Eingliederung nach §§ 16ff SGB II ausgeschlossen würden.

11

Der Beklagte hat die Berufung insoweit zurückgenommen, als er zur Erbringung von Leistungen an den Kläger für die Monate Oktober und November 2009 verurteilt worden ist.

12

Der Beklagte beantragt,

13

das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 19.01.2010 aufzuheben, soweit er verurteilt worden ist, dem Kläger Leistungen bis zum 30.09.2009 zu gewähren und die Klage insoweit abzuweisen.

14

Der Kläger beantragt,

15

die Berufung zurückzuweisen.

16

Er hat in der mündlichen Verhandlung vom 23.08.2011 auf Befragen vorgetragen, er sei schon vor seiner Haftentlassung mit seiner Betreuerin einkaufen gegangen, um sich vor allem Kleidung zu beschaffen. Er habe 4 Wochen nach seiner Haftentlassung noch einen Betrag von 700,00 € bis 800,00 € übrig gehabt, genauere Angaben könne er nicht machen. Das Geld sei auf das Konto des H eingezahlt worden, er selbst habe darüber nicht verfügen dürfen.

17

Der DO als Träger des H hat auf Nachfrage des Senats in zwei Auskünften vom 29.08.2011 und vom 12.09.2011 mitgeteilt, der Kläger habe am 22.07.2009 noch etwa 880,00 € in bar zur Verfügung gehabt. Bei Stellung des ALG II-Antrags habe er in der Anlage VM ein Bargeldvermögen von 930,00 € angegeben. Die Richtigkeit der Angaben werde von der Klinik anhand des Patientenkontoblattes überprüft. Dieses liege nicht mehr vor, da es ein Jahr nach Entlassung vernichtet worden sei. Im ersten Monat der Therapie hätten die Patienten erfahrungsgemäß ca. 50,00 bis 80,00 € Ausgaben für Bedarfsgegenstände. In der Orientierungsphase hätten die Patienten keine Ausgänge, die eingekauften Artikel würden von der Klinik besorgt. Die Patienten erhielten Anleitung und Unterstützung in finanziellen Angelegenheiten, auch Schuldnerberatung, so dass ein Überblick über die Finanzen der Patienten bestehe.

18

Weiter hat der Klinikträger in einer Auskunft vom 29.09.2011 mitgeteilt, dass der Kläger sich vom 22.06. bis zum 16.02.2012 in stationärer Behandlung befunden hat. Er sei während der gesamten Therapiezeit nicht erwerbstätig, aber in der Lage gewesen, mindestens 15 Stunden wöchentlich zu arbeiten.

19

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten. Er ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen.

Entscheidungsgründe

20

Die noch anhängige Berufung des Beklagten ist begründet. Das SG hat den Beklagten zu Unrecht unter Änderung des streitgegenständlichen Bescheids verurteilt, dem Kläger ab dem 22.07.2009 bis zum 30.09.2009 höheres ALG II zu zahlen.

21

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 16.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.08.2009. Dabei ist nur noch streitig, ob dem Kläger in der Zeit vom 22.07.2009 bis zum 30.09.2009 ein Anspruch auf höheres ALG II als 0,01 € monatlich zustand. Da lediglich die Beklagte Berufung eingelegt hat, ist die Abweisung der Klage hinsichtlich des davor liegenden Zeitraums rechtskräftig geworden. Durch die teilweise Rücknahme der Berufung ist auch hinsichtlich der Verurteilung zu höheren Leistungen für die Monate Oktober und November 2009 Rechtskraft eingetreten.

22

Höhere Leistungen stehen dem Kläger im streitigen Zeitraum nicht zu, so dass der Berufung des Beklagten stattzugeben ist.

23

Der Anspruch des Klägers richtet sich nach den Vorschriften der §§ 7 und 19 SGB II. Gem § 19 Abs 1 S 1 SGB II in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 20.07.2006 (BGBl I S 1706) erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Hierfür müssen die Voraussetzungen der Leistungsberechtigung nach § 7 Abs 1 SGB II in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung vom 23.12.2007 (BGBl I S 3254) vorliegen und es darf keiner der gesetzlichen Ausschlusstatbestände eingreifen.

24

Der Kläger war während seines stationären Aufenthalts in einer Entwöhnungsbehandlung im H in R nicht schon nach § 7 Abs 4 SGB II von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift erhält Leistungen nach dem SGB II nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist (S 1). Abweichend davon erhält aber Leistungen, wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder wer in einer stationären Einrichtung untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist (S 3).

25

Zwar handelte es sich bei dem H , in dem die Entwöhnungstherapie durchgeführt wurde, nicht um ein Krankenhaus iSd § 107 Abs 1 SGB V, sondern um eine Rehabilitationseinrichtung iSd § 107 Abs 2 SGB V. Der Gesetzgeber wollte aber auch Aufenthalte in Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation von unter 6 Monaten vom Leistungsausschluss ausnehmen (vgl die Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drs 16/1410, S 20; so auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.10.2006 - L 13 AS 4113/06 ER-B -, zit nach Juris). Der Kläger sollte auch "voraussichtlich" für weniger als 6 Monate in der Einrichtung bleiben. Dabei ist auf die Prognose zum Zeitpunkt der Aufnahme in die stationäre Einrichtung abzustellen. Der Senat entnimmt wie der Beklagte aus der Auskunft des H vom 15.07.2009, dass die stationäre Behandlung des Klägers "voraussichtlich 21 Wochen; bis einschließlich 16.11.2009", also vorerst weniger als 6 Monate dauern sollte. Die Auskunft vom 15.07.2009 wurde von der Therapieeinrichtung auf eine konkrete Nachfrage des Beklagten erteilt. Die zuvor erteilte Auskunft vom 14.07.2011, in der das Ende der Basistherapie auf den 22.12.2009 datiert und somit die Dauer der Behandlung mit genau 6 Monaten angegeben wurde, bezieht sich auf ein allgemeines "Therapiekonzept" ohne Bezug auf die individuelle Behandlungsdauer des Klägers und kann daher der Prognoseentscheidung nicht zugrunde gelegt werden. Der Umstand, dass der Kläger schließlich bis zum 16.02.2010 in stationärer Behandlung verblieben ist, spielt für die bei Leistungsgewährung zu treffende Prognoseentscheidung keine Rolle.

26

Weitere Gründe, aus denen der Kläger von der Leistungsberechtigung nach dem SGB II ausgeschlossen gewesen sein könnte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere wurde er durch den Erhalt des Überbrückungsgeldes am 22.06.2009 nicht für die ersten vier Wochen nach der Haftentlassung vom Kreis der Leistungsberechtigten ausgeschlossen. Der leistungsberechtigte Personenkreis sowie die Ausschlusstatbestände werden in § 7 iVm § 7a SGB II abschließend geregelt. Die Empfänger von Überbrückungsgeld nach § 51 Abs. 1 StVollzG sind darin nicht erwähnt. Die zum Recht der Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - (Urteil vom 21.06.1990 - 5 C 64.86 - zit nach Juris), nach der das Überbrückungsgeld zumindest auch der Freistellung von staatlichen Transferleistungen für einen überschaubaren Zeitraum dient, betrifft lediglich die Art und Weise seiner Berücksichtigung bei der Bedarfsberechnung. So ist auch der Hinweis des BSG in seinem Urteil vom 06.10.2011 (B 14 AS 94/10 R, zit nach Juris) zu verstehen, es bleibe offen, ob das Überbrückungsgeld wegen seiner besonderen Zweckbestimmung die Hilfebedürftigkeit grundsätzlich ausschließt.

27

Der Kläger erfüllte im streitigen Zeitraum die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 Nr 1, 2 und 4 SGB II in der vom 01.01.2008 bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung vom 23.12.2007 (BGBl I S 3254). Er hatte das 15. Lebensjahr überschritten und die Altergrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht, hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und konnte nach Einschätzung der Therapieeinrichtung H für mindestens 15 Stunden pro Woche erwerbstätig sein, war also erwerbsfähig iSd § 8 Abs 1 SGB II.

28

Der Kläger war im streitigen Zeitraum auch hilfebedürftig iSd § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II, da das bei seiner Entlassung aus der Haft am 22.06.2009 an ihn ausgezahlte Überbrückungsgeld als einmaliges Einkommen auf die folgenden Monate zu verteilen war und infolge dessen die Hilfebedürftigkeit nicht entfallen ließ.

29

Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II in der hier anzuwendenden, bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung vom 24.03.2006 (BGBl I S 558), wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

30

Zur anderweitigen Deckung seines Hilfebedarfs standen dem Kläger die Mittel aus der am Tag seiner Haftentlassung erhaltenen Zahlung von 1.516,32 € zur Verfügung. Davon wurden vom Beklagten und vom SG bislang nur das darin enthaltene Überbrückungsgeld von 1.404,00 € in Betracht gezogen. Nicht berücksichtigt wurde bisher die Differenz von 112,32 € sowie die Mittel, die dem Kläger vor seiner Haftentlassung für die Anschaffung von Kleidung und Bedarfsgegenständen zur Verfügung gestellt wurden. Eine weitere Sachaufklärung in diese Richtung ist allerdings nicht angezeigt. Ein höherer Geldzufluss nach Antragsstellung würde zu keiner anderen Entscheidung führen, da die Berücksichtigung höherer Einkommensbeträge zu keiner weitergehenden Aufhebung des angefochtenen Urteils zugunsten des Beklagten und Berufungsklägers führen könnte.

31

Bei dem am 22.06.2009 an den Kläger ausgezahlten Überbrückungsgeld handelte es sich um Einkommen iSd § 11 Abs 1 S 1 SGB II in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 30.07.2004 (BGBl I S 2014). Danach sind als Einkommen zu berücksichtigen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Als Vermögen sind gem § 12 Abs 1 SGB II in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung vom 20.04.2007 (BGBl I S 554) alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen, wobei nur der die Freibeträge nach § 12 Abs 2 SGB II übersteigende Teil des Vermögens einzusetzen ist. Eine Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen nimmt das SGB II selbst nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (nochmals bestätigt durch Urteil vom 06.10.2011 - B 14 AS 94/10 R - mwN, zit nach Juris) ist Einkommen i. S. d. § 11 Abs. 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte. Hierbei ist auszugehen vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, dass rechtlich ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt wird.

32

Diese Grundsätze sind auch auf das Überbrückungsgeld nach § 51 Abs 1 StVollzG abzuwenden. Es ist je nach dem Zeitpunkt des Zuflusses vor oder nach der Antragstellung als Vermögen nach § 12 SGB II oder als Einkommen nach § 11 SGB II zu berücksichtigen. Aus der allgemeinen Zweckbestimmung des Überbrückungsgeldes ergibt sich nichts anderes. Das Überbrückungsgeld soll nach § 51 Abs 1 StVollzG den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern. Daraus folgt nicht, dass das Überbrückungsgeld unabhängig von seiner Einordnung als Einkommen oder Vermögen in jedem Fall der Freistellung von Sozialhilfe oder Grundsicherungsleistungen dient und im Ergebnis immer wie Einkommen zu berücksichtigen ist (so noch BVerwG, Urteil vom 21.06.1990, aaO, zum Recht der Sozialhilfe nach dem früheren BSHG). Die Zuordnung des Überbrückungsgeld zu Einkommen oder Vermögen ist ebenso wie bei anderen zur Sicherung des Unterhalts dienende Leistungen allein an das konstitutive Antragserfordernis nach § 37 SGB II gekoppelt (BSG, Urteil vom 06.10.2011, aaO).

33

Dem Kläger ist das Überbrückungsgeld nach Stellung seines Antrages auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, nämlich am Tag seiner Entlassung aus der Haft am 22.06.2009, zugeflossen. In der Auszahlung des Überbrückungsgeldes liegt nicht lediglich die Realisierung eines zuvor schon erlangten Vermögenswerts, der mit einem Sparguthaben vergleichbar und deswegen, soweit er vor Antragstellung erlangt wurde, als Vermögen zu behandeln wäre (vgl dazu BSG, Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 57/07 R - Rn 17 f, zit nach Juris). Das Überbrückungsgeld wird nach § 51 Abs. 1 StVollzG aus den in diesem Gesetz geregelten Bezügen und aus den Bezügen der Gefangenen, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen (§ 39 Abs 1 StVollzG) oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen (§ 39 Abs 2 StVollzG), gebildet. Seine Höhe wird von der Anstaltsleitung nach dem sich aus § 53 Abs 1 StVollzG ergebenden voraussichtlichen Bedarf durch Verwaltungsakt (Arloth, StVollzG, 2. Aufl, § 51 Rn 4) festgelegt, ohne dass ihr dabei Ermessen zusteht (Arloth aaO, Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl, § 52 Rn 2, jeweils mwN). Die Verwaltungspraxis wird durch bundeseinheitliche Verwaltungsvorschriften (VV) oder ggf vom Land erlassene Ausführungsvorschriften geleitet (vgl dazu Kammergericht Berlin, Beschluss vom 12.09.2011 - 2 Ws 294/11 Vollz - zit nach Juris). Nach Nr 1 Abs 2 der VV zu § 51 StVollzG wird die angemessene Höhe des Überbrückungsgeldes von der Landesjustizverwaltung festgesetzt. Sie soll das Vierfache des nach § 22 des Bundessozialhilfegesetzes festgesetzten monatlichen Mindestbetrags des Regelsatzes nicht unterschreiten. Der Anstaltsleiter kann unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls einen höheren Betrag festsetzen. Darüber, ob und auf welche Weise das Überbrückungsgeld verzinslich angelegt wird, entscheidet die Anstaltsleitung nach Ermessen. Gläubiger des Geldinstituts ist in diesem Fall das die Anstalt tragende Land, nicht der Gefangene (Calliess/Müller-Dietz aaO, Rn 1). Ein Anspruch auf Auszahlung des Überbrückungsgeldes besteht nur bei Entlassung in die Freiheit (§ 51 Abs 2 StVollzG). Es wird nicht ausgezahlt, wenn sich an die Strafhaft eine weitere Freiheitsentziehung, zB Untersuchungshaft oder Unterbringung, anschließt (Arloth, aaO, Rn 7, Calliess/Müller-Dietz aaO, Rn 1). Eine Inanspruchnahme des Überbrückungsgeldes während der Haftzeit ist nur ausnahmsweise aufgrund einer im Ermessen des Anstaltsleiters stehenden Entscheidung für Ausgaben, die der Eingliederung des Gefangenen dienen, zulässig (§ 51 Abs 3 StVollzG). Nach § 83 Abs 2 S 3 StVollzG ist dem Gefangenen auch die Verfügung über sein Eigengeld entzogen, soweit dies zur Bildung des Überbrückungsgeldes erforderlich ist. Der Anspruch auf Auszahlung des Überbrückungsgelds ist nach § 51 Abs 4 S 1 StVollzG unpfändbar und damit auch nicht abtretbar (§ 400 BGB).

34

Das Überbrückungsgeld ist durch diese Regelungen während der Haftzeit der Verfügungsbefugnis des Gefangenen völlig entzogen. Darüber hinaus kann der Betroffene auch nach Erreichen des Haftendes darüber nicht verfügen wie über eine Spareinlage. Anders als durch Auszahlung an den Gefangenen kann über das Guthaben nur in den Fällen des § 51 Abs 2 S 2 und 4 StVollzG durch Auszahlung an den Bewährungshelfer oder an die Unterhaltsberechtigten verfügt werden. In Anbetracht dieser rechtlichen Ausgestaltung ist das zum Ende der Haftzeit vorhandene Guthaben nicht als eine aus den Einkünften des Gefangenen angelegte Spareinlage anzusehen, die lediglich für einen begrenzten Zeitraum festgelegt ist und bei Entlassung für ihn verfügbar wird. Es handelt sich rechtlich vielmehr um einen Zahlungsanspruch des Gefangenen gegen das Land, der grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Entlassung in die Freiheit fällig wird (Calliess/Müller-Dietz, aaO, Rn 1). Die Auszahlung des Überbrückungsgeldes ist, da der Anspruch darauf durch die Einbehaltung von Lohn entsteht, der dem Gefangenen aus freien Beschäftigungsverhältnissen, anstaltsintern zugewiesenen Arbeiten oder einer erlaubten freiberuflichen Tätigkeit zusteht, vergleichbar mit Nachzahlungen von Arbeitsentgelt für einen vor der Antragstellung liegenden Zeitraum, die grundsicherungsrechtlich als Einkommen zu behandeln sind (BSG, Urteil vom 18.02.2010 - B 14 AS 86/08 R - zit nach Juris).

35

Das dem Kläger ausgezahlte Überbrückungsgeld stellte eine einmalige Einnahme dar. Diese sind gem § 13 SGB II iVm § 2 Abs 4 S 1 ALG II-V in der hier anzuwendenden Fassung vom 18.12.2008 (BGBl I S 2780) von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Abweichend davon ist eine Berücksichtigung der Einnahmen ab dem Monat, der auf den Monat des Zuflusses folgt, zulässig, wenn Leistungen für den Monat des Zuflusses bereits erbracht worden sind (S 2). Einmalige Einnahmen sind, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen (S 3).

36

Demnach war das Überbrückungsgeld des Klägers auf mehrere Monate aufzuteilen. § 51 Abs. 1 StVollzG enthält keine andere Regelung iSd § 2 Abs 4 Satz 3 ALG II-V. Die besondere Zweckbindung des Überbrückungsgeldes, in den ersten 4 Wochen nach der Haftentlassung den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten zu sichern, führt nicht dazu, dass keine Verteilung der einmaligen Einnahme erfolgt.

37

Die Verteilungsregelung soll verhindern, dass die einmaligen Einnahmen den Bedarf im Zuflussmonat übersteigen und die Hilfebedürftigkeit entfallen lassen, was zum Wegfall der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung führt mit der Folge, dass der Arbeitsuchende sich in diesem Monat freiwillig versichern muss (BSG, Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 57/07 R - Rn 29, Juris; Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl, Rn 16b zu § 13). Vor diesem Hintergrund schließt der sich aus dem Wortlaut des § 51 Abs 1 StVollzG ergebende Zweck des Überbrückungsgeldes eine Verteilung des Überbrückungsgeldes auf einen angemessenen Zeitraum nicht aus. Zwar mag richtig sein, dass das Überbrückungsgeld zumindest auch der Freistellung von staatlichen Transferleistungen für einen überschaubaren Zeitraum dient (BVerwG aaO, LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18.05.2010 - L 13 AS 105/09 -, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.04.2009 - L 12 AS 5623/08). Die Regelung verfolgt aber erkennbar nicht den Zweck, das Entstehen einer Versicherungspflicht des Haftentlassenen in der Gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu verhindern. Zwar kann ein Haftentlassener auch ohne den Bezug von ALG II nach § 5 Abs 1 Nr. 13 Buchst a und b SGB V versicherungspflichtig werden (vgl dazu BSG, Urteil vom 21.12.2011 - B 12 KR 13/10 R - zit nach Juris). Die als mittelbare Folge der Verteilung des Überbrückungsgeldes als einmalige Einnahme auf einen angemessenen Zeitraum eintretende Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 2a SGB V ist jedoch für den Betroffenen vorteilhafter als ein andernfalls mögliches Versicherungsverhältnis nach § 5 Abs 1 Nr. 13 Buchst a und b SGB V. Der Betroffene hat zum einen in diesem Versicherungsverhältnis die Beiträge selber zu tragen. Zum anderen gelten nach § 227 iVm § 240 SGB V die Vorschriften über die beitragspflichtigen Einnahmen freiwillig versicherter Mitglieder entsprechend mit der Folge, dass höhere Beiträge als im Fall der Pflichtversicherung wegen des Bezugs von ALG II (vgl dazu § 232a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB V) zu zahlen sind.

38

Daneben wird durch die Verteilung des Überbrückungsgeldes auf einen Verteilzeitraum der Zweck der Leistung, den Staat für einen gewissen Zeitraum von Transferleistungen freizustellen, im Ergebnis verwirklicht, wenn die Teilbeträge für die Monate im Verteilzeitraum, wie es nach der hier anwendbaren Fassung des § 2 Abs 4 S 3 ALG-IIV noch möglich war, so bemessen werden, dass der Leistungsbetrag auf 0,01 € sinkt. Der Haftentlassene erhält in diesem Fall faktisch keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, er muss seinen Lebensunterhalt aus seinem Überbrückungsgeld decken. Dass er gleichwohl in den Genuss einer Pflichtversicherung in der GKV kommt, wirkt sich nur zu seinem Vorteil aus.

39

Eine Berücksichtigung des Überbrückungsgeldes für den in § 51 Abs. 1 StVollzG vorgesehenen Zeitraum von "4 Wochen" wäre zudem mit der Systematik der Bedarfsberechnung nach dem SGB II nicht zu vereinbaren. Der Anspruch auf ALG II besteht gem § 41 Abs 1 S 1 SGB II für jeden Kalendertag. Die Leistungsbewilligung erfolgt für ganze Kalendermonate bzw Teile davon, wobei der Monat mit 30 Tagen berechnet wird (§ 41 Abs 1 S 2 und 3 SGB II). Dementsprechend erfolgt die Bedarfsberechnung nach den Vorgaben der §§ 20 Abs 2, 11, 13 SGB II iVm § 2 ALG II-V (seit 01.04.2011 § 11 Abs 2 und 3 SGB II) jeweils für ganze Kalendermonate. Laufende Einnahmen sind für den Monat des Zuflusses zu berücksichtigen (§ 2 Abs 2 S 1 ALG II-V bzw § 11 Abs 2 S 1 SGB II nF). Auch die Verteilungsregelung für einmalige Einnahmen nach § 2 Abs 4 ALG II-V (jetzt § 11 Abs 3 S 3 SGB II) beruht auf dem Monatsprinzip. Eine Berechnung der Leistung nach Wochen sieht das SGB II nicht vor. Dieser rechtliche Rahmen wird durch die zeitliche Beschränkung der Unterhaltssicherungsfunktion auf "4 Wochen" in § 51 Abs. 1 StVollzG nicht modifiziert.

40

Eine "andere Regelung" der Berücksichtigung des Überbrückungsgeldes auf der Grundlage von § 51 Abs. 1 StVollzG könnte daher bei Beachtung der rechtlichen Vorgaben des SGB II und der ALG-IIV nur so erfolgen, dass je nach Beginn und Ende der 4-Wochenfrist des § 51 Abs. 1 StVollzG das Überbrückungsgeld entweder nur im Monat des Zuflusses oder in diesem und dem folgenden Monat berücksichtigt wird. Unabhängig davon, ob sich die 4-Wochenfrist auf einen oder 2 Monate erstreckt, könnten bei diesem Vorgehen Reste des Überbrückungsgeldes ebensowenig wie bei laufenden Einnahmen in den auf das Fristende folgenden Monat übertragen werden. Dieser Übertrag wird erst durch die Verteilungsvorschrift des § 2 Abs 4 Satz 3 ALG II-V ermöglicht. Je nach dem, an welchem Tag eines Monats ein Gefangener entlassen wird und sein Überbrückungsgeld erhält, müsste er entweder einen geringeren oder einen größeren Teil davon für seinen Lebensunterhalt verwenden. Diese Ungleichbehandlung verschiedener Gruppen von Hilfebedürftigen würde nur vom Zufall des Entlassungstages abhängen und wäre demnach nicht sachlich gerechtfertigt. Es kann auf nicht angenommen werden, dass § 51 Abs. 1 StVollzG eine solche Besserstellung der Empfänger von Überbrückungsgeld bezweckt.

41

Eine von der Verteilungsregelung des § 2 Abs 4 Satz 3 ALG II-V abweichende Behandlung des Überbrückungsgeldes ist daher nicht angezeigt.

42

Nach alldem kommt es nicht darauf an, ob der Kläger, wie der Beklagte meint, im Falle eines an die Haftentlassung anschließenden vierwöchigen Ausschlusses von den Leistungen SGB II keine Leistungen der Eingliederung nach §§ 16 bis 16g SGB II hätte erhalten können.

43

Rechtlich ist daher im Ausgangspunkt nichts dagegen einzuwenden, dass der Beklagte das dem Kläger zugeflossene Überbrückungsgeld ab dem Zuflussmonat auf mehrere Monate verteilt hat. Der Beklagte ist jedoch dabei von einem zu niedrig bemessenen Bedarf des Klägers ausgegangen. Dem Kläger stand im streitigen Zeitraum nur der gesetzliche Regelbedarf zu. Anhaltspunkte für Mehrbedarfe sind nicht ersichtlich. Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) sind dem Kläger nicht entstanden, da er während des gesamten streitigen Zeitraums stationär untergebracht war und keine eigene Wohnung unterhielt. Der gesetzliche Regelbedarf nach § 20 Abs 2 SGB II betrug im Juni 2009 351,00 € und ab Juli 2009 359,00 €. Der Bedarf des Klägers minderte sich nicht, wie der Beklagte meint, dadurch, dass er stationär untergebracht war und dort Vollverpflegung erhielt sowie mangels einer eigenen Wohnung keine Kosten für Energie, Möbel, Haushaltsgeräte, Medikamente oder Verkehr hatte. Eine Kürzung des Regelbedarfs kann nur aufgrund einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage erfolgen (BSG, Urteil vom 18.06.2008 - B 14 AS 22/07 R -). Vorliegend kommen nur § 2 Abs 5 und 6 der ALG II-V in der ab 01.01.2009 geltenden Fassung als rechtliche Grundlage in Betracht. Unabhängig von der Frage, ob diese Regelungen noch von der Ermächtigungsgrundlage des § 13 SGB II gedeckt sind (zur Vorfassung zweifelnd BSG aaO), war der Bedarf des Klägers im streitigen Zeitraum nicht nach § 2 Abs 5 und 6 ALG II-V gemindert. Nach § 2 Abs 5 ALG II-V ist nur der Wert der "vom Arbeitgeber bereitgestellten Vollverpflegung" zu berücksichtigen. Die dem Kläger in der stationären Entzugstherapie gewährte Vollverpflegung fällt nicht darunter. Sonstige Einnahmen in Geldeswert nach § 2 Abs 6 ALG II-V waren mit dem stationären Klinikaufenthalt nicht verbunden. Allein der Umstand, dass der Kläger während der Therapie keine eigene Wohnung unterhielt und deswegen keine Kosten für Energie hatte und andere Bedarfe ebenfalls nicht im üblichen Umfang anfielen, stellt keine "Einnahme" dar und berechtigt nicht zur Kürzung der Regelleistung.

44

Der Senat ist nicht dadurch an die fehlerhafte Bedarfsberechnung des Beklagten gebunden, dass das SG ebenfalls von einem verminderten Regelbedarf des Klägers ausgegangen ist und nur der Beklagte Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt hat. Das SG hat nur ein - nicht vollstreckbares und daher unstatthaftes - Grundurteil erlassen und deswegen gerade keine Bedarfsberechnung vorgenommen. Seine Erwägungen zur Verminderung des Regelbedarfs des Klägers sind nur als ein Hinweis auf die Rechtsauffassung des Gerichts im Hinblick auf die weitere Sachbearbeitung durch den Beklagten zu verstehen.

45

Der monatliche Bedarf des Klägers ab dem Tag seiner Entlassung aus der Haft am 22.06.2009 entsprach daher dem gesetzlichen Regelbedarf. Für Juni war nach § 41 Abs 1 S 1-3 SGB II in der hier anzuwendenden Fassung vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) ein Teilbedarf für 9 Tage zu errechnen. Dieser belief sich auf (351 : 30 x 9 =) 105,30 €. In den Monaten Juli bis September war der volle Regelbedarf von 359,00 € anzusetzen. Dem Bedarf des Klägers stand das am 22.06.2009 ausgezahlte Überbrückungsgeld von 1.404,00 € gegenüber. Von diesem waren im Zuflussmonat die Absetzbeträge nach § 11 Abs 2 SGB II abzusetzen und der Rest auf den Verteilzeitraum umzulegen (BSG, Urteil vom 27.09.2011 - B 4 AS 180/10 R - zit nach Juris). Vorliegend kommt als Absetzbetrag nur die Pauschale von 30,00 € für private Versicherungen nach § 6 Abs 1 Nr 1 ALG II-V in der hier anzuwendenden Fassung vom 17.12.2007 (BGBl I S 2942) in Betracht. Zu verteilen war daher ein Betrag von 1.374,00 €.

46

Dieser war nach den Vorgaben des § 2 Abs 4 Satz 3 ALG II-V in der damals geltenden Fassung auf einen angemessene Zeitraum zu verteilen. In Anbetracht des oben dargelegten Zwecks der Erhaltung der Pflichtversicherung in der GKV können die Teilbeträge so bemessen werden, dass lediglich ein Restleistungsbetrag von 0,01 € verbleibt, der Kläger also zur Deckung seines Lebensunterhalts faktisch auf das Überbrückungsgeld verwiesen wird. Der Verteilzeitraum begann nach § 2 Abs 4 S 1 ALG II-V am 22.06.2009. Im Juni war vom Überbrückungsgeld von 1.374,00 € ein Teilbetrag von 105,29 € zu berücksichtigen, im Juli, August und September 2009 jeweils 358,99 €. Mit Ablauf des Monats September 2009 waren damit 1182,26 € verteilt, mithin das Überbrückungsgeld noch nicht erschöpft.

47

Der Beklagte war demnach nicht verpflichtet, dem Kläger im streitigen Zeitraum vom 22.07. bis zum 30.09.2009 mehr Leistungen zu erbringen als er mit dem angegriffenen Bescheid bewilligt hat. Seiner Berufung war deswegen stattzugeben.

48

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 S 1 SGG.

49

Der Senat lässt die Revision gegen dieses Urteil nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zu.

Bezüge des Gefangenen, die nicht als Hausgeld, Haftkostenbeitrag, Unterhaltsbeitrag oder Überbrückungsgeld in Anspruch genommen werden, sind dem Gefangenen zum Eigengeld gutzuschreiben.

(1) Bei der Berechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit (§ 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch) ist von den Bruttoeinnahmen auszugehen.

(2) (weggefallen)

(3) (weggefallen)

(4) (weggefallen)

(5) Bei der Berechnung des Einkommens ist der Wert der vom Arbeitgeber bereitgestellten Vollverpflegung mit täglich 1 Prozent des nach § 20 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch maßgebenden monatlichen Regelbedarfs anzusetzen. Wird Teilverpflegung bereitgestellt, entfallen auf das Frühstück ein Anteil von 20 Prozent und auf das Mittag- und Abendessen Anteile von je 40 Prozent des sich nach Satz 1 ergebenden Betrages.

(6) Sonstige Einnahmen in Geldeswert sind mit ihrem Verkehrswert als Einkommen anzusetzen.

(7) Das Einkommen kann nach Anhörung geschätzt werden, wenn

1.
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einmalig oder für kurze Zeit zu erbringen sind oder Einkommen nur für kurze Zeit zu berücksichtigen ist oder
2.
die Entscheidung über die Erbringung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Einzelfall keinen Aufschub duldet.

Bezüge des Gefangenen, die nicht als Hausgeld, Haftkostenbeitrag, Unterhaltsbeitrag oder Überbrückungsgeld in Anspruch genommen werden, sind dem Gefangenen zum Eigengeld gutzuschreiben.

(1) Der Gefangene darf nur Sachen in Gewahrsam haben oder annehmen, die ihm von der Vollzugsbehörde oder mit ihrer Zustimmung überlassen werden. Ohne Zustimmung darf er Sachen von geringem Wert von einem anderen Gefangenen annehmen; die Vollzugsbehörde kann Annahme und Gewahrsam auch dieser Sachen von ihrer Zustimmung abhängig machen.

(2) Eingebrachte Sachen, die der Gefangene nicht in Gewahrsam haben darf, sind für ihn aufzubewahren, sofern dies nach Art und Umfang möglich ist. Geld wird ihm als Eigengeld gutgeschrieben. Dem Gefangenen wird Gelegenheit gegeben, seine Sachen, die er während des Vollzuges und für seine Entlassung nicht benötigt, abzusenden oder über sein Eigengeld zu verfügen, soweit dieses nicht als Überbrückungsgeld notwendig ist.

(3) Weigert sich ein Gefangener, eingebrachtes Gut, dessen Aufbewahrung nach Art und Umfang nicht möglich ist, aus der Anstalt zu verbringen, so ist die Vollzugsbehörde berechtigt, diese Gegenstände auf Kosten des Gefangenen aus der Anstalt entfernen zu lassen.

(4) Aufzeichnungen und andere Gegenstände, die Kenntnisse über Sicherungsvorkehrungen der Anstalt vermitteln, dürfen von der Vollzugsbehörde vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden.

(1) Der Gefangene kann sich von seinem Hausgeld (§ 47) oder von seinem Taschengeld (§ 46) aus einem von der Anstalt vermittelten Angebot Nahrungs- und Genußmittel sowie Mittel zur Körperpflege kaufen. Die Anstalt soll für ein Angebot sorgen, das auf Wünsche und Bedürfnisse der Gefangenen Rücksicht nimmt.

(2) Gegenstände, die die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden, können vom Einkauf ausgeschlossen werden. Auf ärztliche Anordnung kann dem Gefangenen der Einkauf einzelner Nahrungs- und Genußmittel ganz oder teilweise untersagt werden, wenn zu befürchten ist, daß sie seine Gesundheit ernsthaft gefährden. In Krankenhäusern und Krankenabteilungen kann der Einkauf einzelner Nahrungs- und Genußmittel auf ärztliche Anordnung allgemein untersagt oder eingeschränkt werden.

(3) Verfügt der Gefangene ohne eigenes Verschulden nicht über Haus- oder Taschengeld, wird ihm gestattet, in angemessenem Umfang vom Eigengeld einzukaufen.

(1) Der Gefangene darf nur Sachen in Gewahrsam haben oder annehmen, die ihm von der Vollzugsbehörde oder mit ihrer Zustimmung überlassen werden. Ohne Zustimmung darf er Sachen von geringem Wert von einem anderen Gefangenen annehmen; die Vollzugsbehörde kann Annahme und Gewahrsam auch dieser Sachen von ihrer Zustimmung abhängig machen.

(2) Eingebrachte Sachen, die der Gefangene nicht in Gewahrsam haben darf, sind für ihn aufzubewahren, sofern dies nach Art und Umfang möglich ist. Geld wird ihm als Eigengeld gutgeschrieben. Dem Gefangenen wird Gelegenheit gegeben, seine Sachen, die er während des Vollzuges und für seine Entlassung nicht benötigt, abzusenden oder über sein Eigengeld zu verfügen, soweit dieses nicht als Überbrückungsgeld notwendig ist.

(3) Weigert sich ein Gefangener, eingebrachtes Gut, dessen Aufbewahrung nach Art und Umfang nicht möglich ist, aus der Anstalt zu verbringen, so ist die Vollzugsbehörde berechtigt, diese Gegenstände auf Kosten des Gefangenen aus der Anstalt entfernen zu lassen.

(4) Aufzeichnungen und andere Gegenstände, die Kenntnisse über Sicherungsvorkehrungen der Anstalt vermitteln, dürfen von der Vollzugsbehörde vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden.

(1) Der Gefangene darf von seinen in diesem Gesetz geregelten Bezügen drei Siebtel monatlich (Hausgeld) und das Taschengeld (§ 46) für den Einkauf (§ 22 Abs. 1) oder anderweitig verwenden.

(2) Für Gefangene, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen (§ 39 Abs. 1) oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen (§ 39 Abs. 2), wird aus ihren Bezügen ein angemessenes Hausgeld festgesetzt.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.