Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 19. Mai 2014 - 5 K 1165/10

ECLI:ECLI:DE:FGST:2014:0519.5K1165.10.0A
bei uns veröffentlicht am19.05.2014

Tenor

1. Unter Abänderung der Bescheide vom 23. Dezember 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2010 werden entsprechend herabgesetzt

a) die Einkommensteuer ausgehend von einem Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 46.770 DEM (zuvor 52.270 DEM) und

b) die Umsatzsteuer ausgehend von Lieferungen und Leistungen zu 16% in Höhe von 516.976 DEM (zuvor 521.717 DEM).

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Berechnung der neu festzusetzenden Einkommen- und Umsatzsteuer wird dem Beklagten übertragen.

5. Von den Kosten des Verfahrens hat der Kläger 40% und im Übrigen der Beklagte zu tragen.

6. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung oder Hinterlegung in Höhe der zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe der Hinzuschätzung.

2

Der Kläger war als Einzelunternehmer in der Baubranche tätig. Seinen Gewinn ermittelte er durch Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) i. S. d. § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Seine Steuererklärungen gab der Kläger im Februar 2003 ab.

3

Wegen einer im Jahr 2002 telefonisch angebrachten anonymen Anzeige, wonach der Kläger üblicherweise Bauleistungen ohne Rechnungserstellung erbringen würde, führte das damalige Finanzamt ... vom Februar 2007 bis November 2008 beim Kläger eine Betriebsprüfung (Bp) durch.

4

Der Prüfer stellte fest, dass viele Bargeschäfte getätigt und monatlich Kassenbücher geführt worden sind. Die Tageseinnahmen wurden einzeln ermittelt, die Kassen- und Bankbelege und das Journal in Dateiform aufbewahrt. Ein Rechnungseingangs- und -ausgangsbuch sowie ein Bestandsverzeichnis für das Anlagevermögen wurden geführt. Die Belegführung war geordnet, die Belege enthielten Kontierungsvermerke. Inventuren wurden durchgeführt. Unterlagen über die Bestandsaufnahme des Vorratsvermögens und Saldenlisten für Forderungen lagen vor. Die vom Prüfer durchgeführte Umsatz- und Vorsteuerverprobung blieb ebenso ohne Beanstandung wie die Auswertung von Kontrollmitteilungen über teilweise erfolgte Barzahlungen, die der Kläger als Einnahmen erfasst hatte. Der Prüfer forderte von der Ehefrau des Klägers deren private Girokontounterlagen bei der „N.-Bank“ und das Konto des Klägers bei der „D-Bank“ an. Der Prüfer verneinte die Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen wegen unstreitiger Kassenfehlbeträge sowie Falschbuchungen zu Entnahmen per Scheck. Während sich nach der ersten vom Prüfer erstellten Geldverkehrsrechnung bei einem Privatverbrauch von ca. 84.000 DEM ein Fehlbetrag i.H.v. ca. 60.000 DEM ergeben hatte, verblieb nach der dem Kläger übersandten zweiten Geldverkehrsrechnung u.a. bei Ansatz eines Privatverbrauchs von ca. 56.000 DEM ein Fehlbetrag von ca. 30.000 DEM. Die letzte handschriftliche Geldverkehrsrechnung des Prüfers ergab einen Fehlbetrag i.H.v. 8.700 DEM, wobei im Wesentlichen die dem Kläger zur Verfügung stehenden Barmittel erhöht worden waren. Im Ergebnis der Prüfung blieben ausweislich der vorliegenden Kontoauszüge (Bl. 126 und 127 Bp-Arbeitsakte) die Geldeingänge auf dem Konto des Klägers bei der „D-Bank“ vom 30. März 2001 i.H.v. 2.000 DEM und am 9. April 2001 i.H.v. 1.500 DEM (nicht 1.525 DEM) ungeklärt. Letztlich schätzte der Prüfer für das Streitjahr brutto einen Erlös i.H.v. 9.000 DEM hinzu, wobei es sich um eine von zwei Prüfungsfeststellungen handelte; die andere Prüfungsfeststellung betraf als steuerpflichtig angesehene Einnahmen der Ehefrau.

5

Das damalige Finanzamt ... folgte dem Prüfer und erließ unter dem 23. Dezember 2008 die streitgegenständlichen Änderungsbescheide. Im Einspruchsverfahren half das damalige Finanzamt ... dem Einspruch hinsichtlich der Einnahmen der Ehefrau ab und wies in seiner Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2010 den Einspruch im Übrigen, d.h. wegen der vorliegend streitigen Hinzuschätzung, zurück.

6

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner vorliegenden Klage.

7

Der Kläger hat im Klageschriftsatz vom 11. August 2010 (sinngemäß) beantragt,
die Bescheide vom 23. Dezember 2008 über Einkommensteuer 2001 und Umsatzsteuer 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2010 aufzuheben.

8

Der Beklagte hat im Schriftsatz vom 10. Dezember 2010 beantragt,
die Klage abzuweisen.

9

Das während des Klageverfahrens am 1. Juni 2013 durch gesetzlichen Organisationsakt (Fusion) in die Beklagtenstellung eingetretene nunmehr beklagte Finanzamt (FA) hat seinen bisherigen Vortrag vertieft.

10

Die Beteiligten haben im Erörterungstermin am 9. Mai 2014 übereinstimmend ihr Einverständnis erklärt, dass anstelle des Senats der Berichterstatter als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung entscheidet; wegen der weiteren Einzelheiten zum Erörterungstermin wird auf das Protokoll (Bl. 81ff Finanzgerichtsakte) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

11

1. Der Berichterstatter konnte als Einzelrichter i.S.d. § 79a Abs. 3, 4 Finanzgerichtsordnung (FGO) und ohne mündliche Verhandlung i.S.d. § 90 Abs. 2 FGO entscheiden, weil die Beteiligten übereinstimmend Ihr Einverständnis mit einer Einzelrichterentscheidung erklärt und auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben.

12

2. Die zulässige Klage war insoweit begründet, als das FA einen Betrag über die ungeklärten Geldeingänge i.H.v. 3.500 DEM hinaus hinzugeschätzt hat. Das Gericht hält auf Grund der Gesamtumstände des vorliegenden Falles eine über 3.500 DEM hinausgehende Hinzuschätzung nicht für sachgerecht. Im Einzelnen:

13

a) Das Gericht hat gem. § 96 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 162 AO eine eigene, selbstständige Schätzungsbefugnis und kann daher – wie vorliegend – seine Schätzung ganz oder teilweise an die Stelle der Schätzung des FA setzen, ohne die Schätzung des FA als rechtsfehlerhaft einstufen zu müssen (z. B. BFH-Urteil vom 17. Oktober 2001 I R 103/00, BStBl II 2004, 171). Inhaltlich geht es beim Schätzen darum, aus einem unvollständigem Sachverhalt anhand der zugänglichen gewissen Tatsachen und Indizien, zu denen auch die verletzte Mitwirkungspflicht gehört, Schlussfolgerungen zu ziehen und mit Hilfe dieser Schlussfolgerungen zu einem Ergebnis größtmöglicher Wahrscheinlichkeit zu gelangen. Dabei hängt der Grad der Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine Schätzung zutreffend ist, von den Umständen des Einzelfalls (z. B. BFH-Urteil vom 14. August 1991 X R 86/88, BStBl II 1992, 128).

14

b) Vorliegend besteht gem. § 162 Abs. 1 und Abs. 2 Abgabenordnung (AO) dem Grunde nach eine Schätzungsbefugnis wegen der ungeklärt gebliebenen Geldeingänge und der Kassenfehlbeträge. Die anfänglich getroffene Prüfungsfeststellung von Falschbuchungen zu Entnahmen per Scheck ist für das Gericht weder aus den Akten nachvollziehbar noch hat sich der Prüfer im Weiteren Verlauf der Bp darauf gestützt.

15

Die Kassenführung ist – was der Kläger eingeräumt hat – nicht ordnungsgemäß, weil mehrfach und betragsmäßig vereinzelt erhebliche Kassenfehlbeträge zu verzeichnen sind. Auch wenn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) eine Pflicht zur Führung eines Kassenbuchs nicht besteht, wenn ein Steuerpflichtiger zulässigerweise seinen Gewinn durch EÜR ermittelt (z.B. Entscheidungen vom 13. März 2013 X B 16/12, BFH/NV 2013, 902; vom 16. Februar 2006 X B 57/05, BFH/NV 2006, 940), existieren offenkundig solche Aufzeichnungen. Deshalb kann offenbleiben, ob – woran wegen der Art des Betriebes und im Hinblick auf die Höhe der Umsätze Zweifel bestehen – der Kläger seinen Gewinn nach den Grundsätzen der EÜR zulässigerweise ermitteln durfte. Soweit der Kläger eingewandt hat, dass die Kasse Mutter unzulänglich geführt worden ist, ändert dies an der fehlenden Ordnungsmäßigkeit nichts [siehe aber unter 2. c)].

16

c) Soweit gem. § 162 Abs. 1 Satz 2 AO bei einer Schätzung alle Umstände zu berücksichtigen sind, die für die Schätzung von Bedeutung sind, ist vorliegend zu berücksichtigen, dass angesichts der Höhe der Umsätze im Streitjahr von über einer halben Million DEM die Buchführung im Übrigen ohne jegliche Beanstandungen geblieben ist und sich dagegen auch die vom FA vorgenommene Hinzuschätzung von 9.000 DEM als gering darstellt. Ausgehend vom Anlass der Bp, d.h. der anonymen Anzeige über üblicherweise Bargeschäfte ohne Rechnungen, haben sich dafür während der fast zwei Jahre andauernden Bp mit Ausnahme der beiden ungeklärten Geldeingänge weder Anhaltspunkte geschweige denn irgendwelche andere Prüfungsfeststellungen ergeben. Daher kommt dem unbestritten gebliebenen Einwand des Klägers, seine in solchen Dingen unbedarfte Mutter habe die Kassenführung unzulänglich gestaltet, vorliegend bei der vom Gericht für sachgerecht gehaltenen Höhe der Hinzuschätzung eine relevante Bedeutung zu. Auch die Geldverkehrsrechnung des FA mit einem zuletzt verbliebenen Fehlbetrag i.H.v. 8.700 DEM (von ehemals ca. 60.000 DEM) lässt keinen Raum für die Annahme zu, der Kläger habe über die ungeklärt gebliebenen 3.500 DEM hinaus Schwarzgelder vereinnahmt, die eine höhere Hinzuschätzung rechtfertigen könnten.

17

c)  Die im Tenor genannten Beträge errechnen sich wie folgt:

18

Gewinn aus Gewerbetrieb vor Bp

43.270 DEM

Erhöhung brutto (Hinzuschätzung) lt. FG

3.500 DEM

Gewinn aus Gewerbetrieb lt. FG

46.770 DEM

19

Lieferungen + Leistungen zu 16% vor Bp

513.959 DEM

Erhöhung netto (Hinzuschätzung) lt. FG

3.017 DEM

Lieferungen + Leistungen zu 16% lt. FG

516.976 DEM

20

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz1 FGO. Der Kläger begehrte eine Aufhebung der Hinzuschätzung i.H.v. 9.000 DEM (100%). Da eine Hinzuschätzung i.H.v. 3.500 DEM verblieben ist, ist der Kläger mit seiner Klage zu rund 40% unterlegen.

21

5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.


Urteilsbesprechung zu Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 19. Mai 2014 - 5 K 1165/10

Urteilsbesprechungen zu Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 19. Mai 2014 - 5 K 1165/10

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 151


(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; §
Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 19. Mai 2014 - 5 K 1165/10 zitiert 9 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 151


(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; §

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 155


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 90


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Ger

Abgabenordnung - AO 1977 | § 162 Schätzung von Besteuerungsgrundlagen


(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. (2) Zu schätzen ist insbesondere dann, we

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 79a


(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht, 1. über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;2. bei Zurücknahme der Klage, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;3. bei Erledigung des Rechtsstr

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Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 19. Mai 2014 - 5 K 1165/10 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bundesfinanzhof Beschluss, 13. März 2013 - X B 16/12

bei uns veröffentlicht am 13.03.2013

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betreibt einen Kiosk und erzielt daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Seinen Gewinn ermittelt er nach § 4 Abs. 3

Referenzen

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Der Vorsitzende kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid (§ 90a) entscheiden. Dagegen ist nur der Antrag auf mündliche Verhandlung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides gegeben.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betreibt einen Kiosk und erzielt daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Seinen Gewinn ermittelt er nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG). In diesen Jahren führte der Kläger eine offene Ladenkasse, seine Tageseinnahmen trug er in Kassenberichte ein.

2

Im Rahmen einer Außenprüfung stellte die Prüferin fest, dass der Kläger die Eintragungen in den Kassenberichten wiederholt --auch mehrfach-- durchgestrichen und durch andere Zahlen ersetzt oder die Tageseinnahmen mit einem anderen Stift als die übrigen Angaben geschrieben hatte. Der Versuch der Prüferin, eine Nachkalkulation durchzuführen, scheiterte daran, dass der Kläger keine den Prüfungszeitraum betreffenden, sondern nur aktuelle Preislisten zur Verfügung stellte. Anhand dieser ermittelte sie Rohgewinnaufschlagsätze für die verschiedenen Warengruppen, rundete diese jedoch aufgrund verschiedener Unsicherheiten erheblich ab und gelangte so zu einer Hinzuschätzung in Höhe von 4.000 € netto jährlich. Für das Jahr 2006 hatte sie eine Nachkalkulationsdifferenz von über 9.000 € und so einen Unsicherheitsabschlag in Höhe von 56 % vorgenommen.

3

Die Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) sah den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) infolge der in sich inkonsistenten und teilweise widersprüchlichen Aufzeichnungen der Bareinnahmen im Rahmen der Kassenberichte dem Grunde nach als zur Schätzung der Einkünfte des Klägers befugt an. Auch hinsichtlich der Höhe der Schätzung hatte das FG letztlich aufgrund der erheblichen Unsicherheitsabschläge keine Bedenken.

4

Mit Schriftsatz vom 21. Februar 2012 begründete der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Zulassung der Revision mit dem Erfordernis einer Entscheidung durch den Bundesfinanzhof (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Am 16. März 2012 ging ein von dem Vater des Klägers verfasster Schriftsatz ein, in dem dieser geltend machte, die Revision sei zudem nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 FGO zuzulassen.

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde ist unzulässig.

6

1. Eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist geboten, wenn das angefochtene FG-Urteil in seinen tragenden Gründen von einer Entscheidung des BFH oder eines anderen Gerichts abweicht (z.B. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2007 X B 116/06, BFH/NV 2007, 1705).

7

a) Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes sind die tragenden Erwägungen der FG-Entscheidung und der (angeblichen) Divergenzentscheidung des anderen Gerichts so herauszuarbeiten und gegenüberzustellen, dass eine Abweichung im grundsätzlichen Ansatz erkennbar wird, der sich auf die Entscheidung bei einem gleichen oder vergleichbaren Sachverhalt bezieht (Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 40 ff., m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).

8

b) Dem entspricht die Beschwerdebegründung nicht. Der Kläger macht lediglich geltend, der BFH führe in seinem Beschluss vom 16. Februar 2006 X B 57/05 (BFH/NV 2006, 940) aus, dass es bei der Einnahmen-Überschussrechnung keine Bestandskonten und somit auch kein Kassenkonto gebe, die Feststellung eines Kassenbestandes somit nicht in Betracht komme. Hiervon (angeblich) abweichende Rechtssätze des FG-Urteils führt er nicht an. Vielmehr bemängelt er, das FG habe sich zur Begründung der Schätzungsbefugnis zu Unrecht auf den Senatsbeschluss vom 7. Februar 2008 X B 189/07 (nicht veröffentlicht, juris) berufen. Insoweit wendet der Kläger sich gegen die materielle Richtigkeit des Urteils. Hiermit kann jedoch die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht begründet werden (z.B. BFH-Beschluss vom 4. November 2010 VII B 60/10, BFH/NV 2011, 869).

9

Der Kläger lässt auch außer Acht, dass der erkennende Senat aus der wiedergegebenen Passage lediglich gefolgert hat, ein Steuerpflichtiger, der seinen Gewinn zulässigerweise nach § 4 Abs. 3 EStG ermittele, sei nicht verpflichtet, ein Kassenbuch zu führen (Senatsbeschluss in BFH/NV 2006, 940, m.w.N.). Hiervon ist das FG ersichtlich ausgegangen. Der Kläger setzt sich dagegen nicht damit auseinander, dass ein Steuerpflichtiger auch im Fall der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG selbstredend seine Betriebseinnahmen und -ausgaben --sei es durch entsprechende Aufzeichnungen einschließlich Belegsammlung oder im Wege einer geordneten Belegablage-- so festhalten muss, dass das FA diese auf Richtigkeit und Vollständigkeit überprüfen kann (vgl. Schmidt/Heinicke, EStG, 31. Aufl., § 4 Rz 375). Letzteres hatte die Klägerin in dem --dem Beschluss in BFH/NV 2006, 940 zugrunde liegenden-- Fall durch chronologische Ablage der Ausgangsrechnungen getan. Erfasst der Steuerpflichtige --wie zulässigerweise der Kläger-- seine Tageseinnahmen in einer Summe, muss er das Zustandekommen der Summe (bspw. durch einen Kassenbericht) auch nachweisen können (Klein/Rätke, AO, 11. Aufl., § 146 Rz 8).

10

Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und deshalb bindenden Feststellungen des FG wird die von dem Kläger gewählte Dokumentation seiner Tageseinnahmen in Form der Kassenberichte den Anforderungen der Rechtsprechung an eine nachprüfbare vollständige und richtige Aufzeichnung nicht gerecht. Ausgehend von dieser materiell-rechtlich maßgebenden Auffassung des FG hat dieses die Schätzungsbefugnis des FA gemäß § 162 Abs. 2 der Abgabenordnung dem Grunde nach zu Recht bejaht.

11

2. Unabhängig davon, dass nicht ersichtlich ist, dass es sich bei dem Vater des Klägers um eine Person i.S. des § 62 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 FGO handelt, kommt eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 FGO bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und eines Verfahrensfehlers erstmals nach Ablauf der Begründungsfrist und damit verspätet geltend gemacht wurden. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde hinsichtlich der Anforderungen an ihre Begründung nur nach den innerhalb der Begründungsfrist vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen. Spätere Darlegungen sind --abgesehen von bloßen Erläuterungen und Ergänzungen des fristgemäßen Vorbringens-- nicht zu berücksichtigen (z.B. Senatsbeschluss in BFH/NV 2007, 1705). Der Vollständigkeit halber merkt der Senat an, dass eine Revisionszulassung auch unter Berücksichtigung des Schriftsatzes vom 11. März 2012 nicht in Betracht käme.

12

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.