Finanzgericht Hamburg Beschluss, 17. Dez. 2015 - 6 V 264/15

bei uns veröffentlicht am17.12.2015

Tatbestand

I.

1

Die Beteiligten streiten im Rahmen des Aussetzungsverfahrens über die Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung. Insbesondere ist streitig, ob der Antragsgegner sachlich zuständig ist.

2

Die Antragstellerin wurde am ... gegründet. Sitz der Antragstellerin ist Hamburg. Der Ort ihrer Geschäftsleitung befindet sich in der X-Straße, ... Hamburg. Seit ... steht sie unter der einheitlichen Leitung der vermögensverwaltend tätigen A GmbH & Co. KG. Wegen der konkreten Beteiligungsstruktur des Konzerns wird auf das Organigramm des Antragsgegners in dem Schriftsatz vom 09.11.2015 verwiesen. Kerngeschäft der Antragstellerin ist die Bereederung und Befrachtung von ... Binnenschiffen.

3

Die Antragstellerin erzielte seit 2005 jeweils einen höheren Umsatz als ... Mio. € im Jahr. Der gesamte Jahresumsatz der Antragstellerin betrug in 2013 ca. ... Mio. €. Davon entfielen ca. ... Mio. € auf das sog. Bunkergeschäft.

4

Die Antragstellerin wurde bis Anfang 2013 vom Finanzamt Hamburg-Mitte unter der Steuernummer .../.../... in einem Körperschaftsteuer-Teilbezirk geführt. Die letzte abgeschlossene Betriebsprüfung umfasste die Jahre 2004 bis 2008.

5

Mit Schreiben vom 04.04.2013 erhielt die Antragstellerin eine maschinell erstellte Mitteilung des Antragsgegners, durch welche die Steuernummer .../.../... zugeteilt wurde. Eine Begründung enthielt das Schreiben nicht. Später erhielten auch andere Gesellschaften des Konzerns Steuernummern des Antragsgegners.

6

Die Antragstellerin wandte sich gegen den Wechsel der Zuständigkeit. Gespräche mit der Antragsgegnerin unter Einschaltung der Finanzbehörde und des bisher zuständigen Finanzamts Hamburg-Mitte führten zu keinem anderen Ergebnis.

7

Mit Datum vom 15.04.2015 erließ der Antragsgegner eine Prüfungsanordnung zur Durchführung einer Außenprüfung für die Jahre 2009 bis 2013 bezüglich Körperschaftsteuer, gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer. Als Prüfungsort wurden die Geschäftsräume der Antragstellerin bestimmt.

8

Mit Datum vom 12.05.2015 legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV).

9

Mit Schreiben vom 31.08.2015 hob der Antragsgegner die Prüfungsanordnung über die Umsatzsteuer 2009 vom 15.04.2015 aufgrund Verjährungseintritts auf. Außerdem hob er die Bestimmung des Prüfungsortes auf und legte die Räumlichkeiten des steuerlichen Beraters als Prüfungsort fest.

10

Durch Einspruchsentscheidung vom 31.08.2015 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Über den Aussetzungsantrag entschied der Antragsgegner nicht.

11

Unabhängig vom eingelegten Rechtsbehelf legte die Antragstellerin mit dem Betriebsprüfer den Beginn der Außenprüfung auf den 17.09.2015 fest. Die Prüfung wurde auch bereits begonnen.

12

Am 05.10.2015 hat die Antragstellerin Klage erhoben und gerichtliche AdV beantragt.

13

Sie kündigte folgenden Klageantrag an:
"unter Aufhebung des Bescheides über die Zurückweisung unseres Einspruchs gegen die Prüfungsanordnung vom 15.04.2015 aufgrund fehlender Zuständigkeit des Finanzamts für Großunternehmen in Hamburg in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.08.2105 festzustellen, dass das Finanzamt Hamburg-Mitte das für die Klägerin sachlich zuständige Finanzamt ist."

14

Die Antragstellerin begründet ihren Antrag mit der Unzuständigkeit des Antragsgegners. Die Zuständigkeit des Finanzamt Hamburg-Mitte ergebe sich aus der Sonderzuständigkeit in Abschnitt XV Abs. 1 Nr. 1 der Anordnung über die Zuständigkeit der Finanzämter vom 28.10.1997 (ZAO). Denn sie, die Antragstellerin, betreibe schwerpunktmäßig Binnenschifferei. Hierfür bestehe in Hamburg eine Sonderregelung, denn der Verordnungsgeber habe erkannt, dass es sich bei der Binnenschifffahrt um eine Sondermaterie handele, für die eine besondere Sachkenntnis über spezielle steuerrechtliche Vorschriften erforderlich sei. Insbesondere sei in diesem Zusammenhang auf folgende Bestimmungen hinzuweisen: Binnenschifffahrtsgesetz, Frachtrecht für Binnenschiffer gem. §§ 407 ff. HGB, spezielle Tankschiff-Transportbedingungen für die Binnenschifffahrt, Verordnung über die Lade- und Löschzeiten sowie das Liegegeld in der Binnenschifffahrt. Es gebe auch zahlreiche Sonderbegriffe zu beachten wie z. B. Partikulier, Befrachter, Verfrachter, Havarie, Demurrage. Steuerlich seien besondere Regelungen für Abschreibungen zu beachten. Die Bearbeitung dieser Fälle erfordere gesondert ausgebildete Finanzbeamte, die nur beim Finanzamt Hamburg-Mitte arbeiteten. Auch gebe es spezielle Regelungen über die Abschreibung der Binnenschiffe.

15

Die Auslegung des Antragsgegners, dass Abschnitt XV Abs. 1 Nr. 1 ZAO nur natürliche Personen umfasse, überzeuge nicht, denn derartige Begriffe in Steuergesetzen seien immer tätigkeitsbezogen und nicht rechtsformbezogen auszulegen. Dies ergebe sich aus mehreren Gesetzen, wie z. B. § 13 GewStG. Allerdings gebe es keine einheitliche Auslegung von Rechtsbegriffen innerhalb der deutschen Rechtsordnung. Stets sei ein Begriff im Zusammenhang mit den Bestimmungen auszulegen, in deren Rahmen er stehe. Auch außerhalb des Steuerrechts existierten für Binnenschiffer Spezialzuständigkeiten. So würden bei Amtsgerichten spezielle Abteilungen für Binnenschiffer, die sog. Schifffahrtsgerichte, eingerichtet.

16

In diesem Sinne habe z. B. auch das Land Bremen in einer aktuelleren Zuständigkeitsregelung vom 09.01.2013 geregelt, dass das Finanzamt Bremen-Nord für die Besteuerung der Betriebe der Binnenschifffahrt zuständig ist. Diese Regelung müsse im Rahmen einer Sinn- und Zweckauslegung auch auf die Regelung in Hamburg übertragen werden.

17

Es sei für die rechtliche Beurteilung irrelevant, dass sie, die Antragstellerin, beim Finanzamt Hamburg-Mitte nicht in dem Spezialbezirk für Binnenschiffer, sondern in einem "normalen" Körperschaftsteuerbezirk geführt worden sei.

18

Zwar lägen auch die Voraussetzungen für die Zuständigkeit des Antragsgegners gem. Abschnitt IV Abs. 1 Nr. 2 b ZAO vor. Aus dem Konkurrenzverhältnis der Vorschriften in der ZAO ergebe sich jedoch die Zuständigkeit des Finanzamt Hamburg-Mitte, da es sich bei der Regelung für die Binnenschifffahrt um die speziellere Regelung handele und diese die umsatzgrößenorientierte Zuständigkeit des Antragsgegners verdränge. Der Antragsgegner verfüge gerade nicht über besondere spezielle Kenntnisse.

19

Dieser Vorrang der Spezialzuständigkeit für Binnenschiffer ergebe sich auch aus der ausdrücklichen Regelung eines anderen Konkurrenzverhältnisses, denn wie Abschnitt IV Abs. 8 der ZAO zeige, habe der Verordnungsgeber gesehen, dass eine konkurrierende Regelung eintreten könne, und diese in dem Fall zu Gunsten des Antragsgegners gelöst. Für Binnenschiffer gebe es eine solche Regelung aber gerade nicht.

20

Zudem sei ... fraglich, wieso die Zuständigkeit erst 2013 gewechselt haben solle. Es könne nicht nachvollzogen werden, wieso bisher keiner der Bearbeiter beim Finanzamt Hamburg-Mitte von der angeblichen Zuständigkeit des Antragsgegners Kenntnis erhalten haben solle. Dies gelte insbesondere, weil bereits mehrere Betriebsprüfungen durchgeführt worden seien. Es müsse deshalb vermutet werden, dass ein anderer Grund für den Zuständigkeitswechsel bestehe, nämlich die personelle Überlastung des eigentlich zuständigen Finanzamts, die mit der Ausdehnung der Hafencity im Zusammenhang stehe.

21

Soweit der Antragsgegner einwende, dass sie, die Antragstellerin, nicht ausschließlich im Bereich der Binnenschifffahrt tätig sei, überzeuge dieses Argument nicht, denn es müsse ausreichend sein, wenn ein nicht unwesentlicher Umfang in dem Bereich der Binnenschifffahrt erreicht werde. Bei ihr, der Antragstellerin, liege der Schwerpunkt der Tätigkeit im Bereich der Binnenschifffahrt. Von ihren ... Mitarbeitern seien ... Mitarbeiter mit der Befrachtung und Bereederung von Öl-Binnenschiffen sowie mit dem Betrieb von eigenen Gas-Binnenschiffen beschäftigt. Der umsatzstarke Handel mit Bunkerölen werde demgegenüber nur von ... Mitarbeitern betrieben. Der Bereich der Binnenschifffahrt stelle mit rund 90 % den überwiegenden Teil des Ertrags dar.

22

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Antragstellerin vom 21.10.2015 und vom 09.12.2015 verwiesen.

23

Die Antragstellerin beantragt,
die Vollziehung der Prüfungsanordnung vom 15.04.2015 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.08.2015 auszusetzen.

24

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag auf AdV abzulehnen.

25

Zur Begründung seines Antrags trägt der Antragsgegner vor, dass keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung bestünden. Insbesondere sei die sachliche Zuständigkeit gegeben. Dies ergebe sich aus Abschnitt IV Abs. 1 Nr. 2 b ZAO. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien auch unstreitig gegeben.

26

Hingegen fehle es an den Voraussetzungen für die Zuständigkeit des Finanzamts Hamburg-Mitte. Insbesondere seien nicht die Voraussetzungen des Abschnitts XV Abs. 1 Nr. 1 ZAO erfüllt. Die Antragstellerin sei kein Binnenschiffer im Sinne dieser Regelung. Denn dies könne nur eine natürliche Person sein. Die Abgrenzung erfolge gerade nicht über die Tätigkeit. Die Regelungen in Abschnitt XV Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ZAO gelten alle ausschließlich für natürliche Personen, nur die Nr. 5 und 6 seien auch auf andere Rechtsformen anwendbar. Dies zeige sich auch in der internen Organisation des Finanzamts Hamburg-Mitte. Die Besteuerung der Binnenschiffer, Lotsen und Seeleuten sei bestimmten Dienststellen der Einkommensteuerveranlagung zugeordnet, während die für die Besteuerung der Antragstellerin zuständige Dienststelle ein allgemeiner Buchstabenbezirk im Körperschaftsteuersteuerrecht gewesen sei. Dementsprechend seien in diesem Bezirk gerade keine speziellen Kenntnisse über die Binnenschifffahrt vorhanden und trotzdem habe sich die Antragstellerin gut betreut gefühlt.

27

Es könne auch nicht nachvollzogen werden, welche besonderen steuerrechtlichen Kenntnisse überhaupt gemeint seien. Sofern die Antragstellerin sich für ihre Auslegung darauf berufe, dass der Begriff des Binnenschiffers tätigkeitsbezogen ausgelegt werden müsse, und hierzu auf andere gesetzliche Regelungen verweise, könne dieses nicht überzeugen, denn in anderen Gesetzen werde der Begriff des Binnenschiffers nur für natürliche Personen verwandt. Auf § 25 des Berufsbildungsgesetzes, § 21 Hamburger Meldegesetz und § 28 Bundesmeldegesetz werde verwiesen.

28

Es spiele für die Frage der Zuständigkeit keine Rolle, ob bereits vor 2013 die relevanten Umsatzgrößen überschritten worden seien.

29

Selbst wenn der Begriff des Binnenschiffers in XV Abs. 1 Nr. 1 ZAO im Sinne der Antragstellerin zu verstehen sei, sei trotzdem nicht die Zuständigkeit des Finanzamts Hamburg-Mitte gegeben, denn die Antragstellerin werde nicht ausschließlich im Bereich der Binnenschifffahrt tätig. Den überwiegenden Teil ihres Umsatzes erwirtschafte sie gerade nicht in diesem Bereich.

30

Zudem bestehe bei einer Kollision der zwei Zuständigkeiten auch ein Vorrang der Zuständigkeit des Antragsgegners, denn gerade der Streitfall zeige, dass es sinnvoll sei, einen Konzern einheitlich steuerlich zu führen.

31

Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsvereinbarung gem. Abschnitt IV Abs. 7 ZAO lägen nicht vor, denn die Finanzbehörde habe diese Möglichkeit geprüft und wegen der personellen Ausstattung des Finanzamts Hamburg-Mitte abgelehnt.

32

Auch die weiteren Voraussetzungen für eine rechtmäßige Prüfungsanordnung seien gegeben.

33

Durch die Vollziehung ergebe sich keine unbillige Härte für die Antragstellerin.

34

Dem Gericht haben zwei Bände Akten Allgemeines, die Bilanz- und Bilanzberichtsakten, eine Akte "Zuständigkeit", die BP-Akte und die Rechtsbehelfsakte zu der Steuernummer .../.../... vorgelegen.

Entscheidungsgründe

II.

35

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

36

1. Der Antrag ist zulässig.

37

Nach § 69 Abs. 4 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) ist zwar ein gerichtlicher AdV-Antrag nur zulässig, wenn die Behörde einen AdV-Antrag ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Der Antragsgegner hat den Antrag der Antragstellerin nicht ausdrücklich abgelehnt. Er hat aber bereits mit der Durchführung der Betriebsprüfung begonnen, so dass die Voraussetzung der Ausnahme gem. § 69 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 FGO gegeben ist.

38

Auch die weitere Voraussetzung, dass der Verwaltungsakt, der ausgesetzt werden soll, angefochten worden ist, liegt vor. Die Antragstellerin hat eine Klage erhoben. Diese Klageerhebung ist fristgemäß erfolgt, denn der Tag des Fristablaufs (03.10.2015) war ein Sonnabend, so dass die am Montag, dem 05.10.2015, eingereichte Klage innerhalb der Frist erfolgte. Außerdem muss durch die Klage die Prüfungsanordnung angefochten sein. Hiergegen spricht zwar der Wortlaut des angekündigten Klageantrags, denn die Antragstellerin hat in diesem Klageantrag eine Feststellung beantragt. Allerdings beinhaltet dieser Antrag auch die Aufhebung der Prüfungsanordnung. Im summarischen Verfahren wird im Wege einer rechtsschutzgewährenden Auslegung davon ausgegangen, dass die Antragstellerin zumindest auch eine Anfechtungsklage erheben wollte.

39

2. Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.

40

Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen oder seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sind anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung neben Umständen, die für die Rechtmäßigkeit sprechen, gewichtige Umstände zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen auslösen (BFH-Beschlüsse vom 05.02.2014 V B 2/14, juris; vom 11.04.2012 IX B 14/12, juris; vom 19.05.2010 I B 191/09, BFH/NV 2010, 1554). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (BFH-Beschlüsse vom 10.12.2013 IV B 63/13, juris; vom 03.04.2013 V B 125/12, DStR 2013, 1025). Es ist Sache der Beteiligten, die entscheidungserheblichen Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 155 FGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung -ZPO-), soweit ihre Mitwirkungspflicht reicht (BFH-Beschlüsse vom 10.02.2010 V S 24/09, BFH/NV 2010, 930; vom 20.03.2002 IX S 27/00, BFH/NV 2002, 809).

41

a) Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides, denn der Antragsgegner ist sachlich zuständig.

42

Die sachliche Zuständigkeit der Finanzbehörden richtet sich gem. § 16 Abgabenordnung (AO) grundsätzlich nach den Gesetz über die Finanzverwaltung (FVG). § 17 Abs. 2 Satz 3 FVG sieht vor, dass die zuständige Landesregierung durch Rechtsverordnung einem Finanzamt Zuständigkeiten übertragen kann. Für Hamburg ist die Zuständigkeit für die Finanzämter in der "Anordnung über die Zuständigkeiten für Finanzämter" vom 28.10.1997 geregelt (ZAO).

43

aa) Die Zuständigkeit des Antragsgegners ergibt sich aus Abschnitt IV Abs. 1 Nr. 2b ZAO.

44

Gem. Abschnitt IV Abs. 1 Nr. 2b ZAO ist das Finanzamt für Großunternehmen zuständig für die Besteuerung von Unternehmen, die unter einer einheitlichen Leitung stehen, und von Unternehmen, die durch eine umsatzsteuerliche Organschaft im Sinne des Abschnitts III Absatz 1 verbunden sind, wenn die Umsatzerlöse im Sinne des § 277 Absatz 1 HGB eines verbundenen inländischen Unternehmens 250 Millionen Euro im Wirtschaftsjahr übersteigen. Die Voraussetzungen liegen unstreitig vor.

45

Die Umsatzerlöse der Antragstellerin haben in allen Jahren, sowohl in den Jahren, für die die Prüfungsanordnung ergangen ist, als auch im Jahr des Erlasses der Prüfungsanordnung, jeweils mehr als 250 Mio. € betragen.

46

Die Voraussetzung der einheitlichen Leistung ist ebenfalls unstreitig gegeben, denn gem. IV Abs. 2 der ZAO stehen Unternehmen unter einheitlicher Leitung im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 insbesondere dann, wenn eine natürliche oder juristische Person, eine Mehrheit von Personen, eine Stiftung oder ein anderes Zweckvermögen unmittelbar oder mittelbar oder über einen Treuhänder auf Grund der Beteiligung, der Stimmrechte oder auf Grund einer sonstigen gesellschaftsrechtlichen Position einen beherrschenden Einfluss auf ein oder mehrere Unternehmen ausüben kann. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, denn die Antragstellerin und die anderen Gesellschaften des Konzerns stehen unter der einheitlichen Leitung der A GmbH & Co. KG.

47

Der Antragsgegner hat spätestens in 2013 Kenntnis von seiner Zuständigkeit erhalten, so dass spätestens gem. Abschnitt IV Abs. 6 ZAO ab der Mitteilung der neuen Steuernummer die Zuständigkeit übergangen ist.

48

bb) Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeit des Finanzamt Hamburg-Mitte gem. Abschnitt XVI Abs. 1 Nr. 1 ZAO liegen nicht vor.

49

Hiernach ist das Finanzamt Hamburg-Mitte zuständig für die Besteuerung der Binnenschiffer, deren Schiffe beim Amtsgericht Hamburg im Binnenschiffsregister eingetragen sind.

50

Die Antragstellerin ist eine Körperschaft und kann daher kein Binnenschiffer im Sinne dieser Vorschrift sein, denn mit dem Begriff des Binnenschiffers ist eine natürliche Person gemeint.

51

aaa) Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut. Ein Binnenschiffer ist eine natürliche Person, die die Ausbildung zum Binnenschiffer absolviert hat. Eine Gesellschaft kann keine Ausbildung absolvieren. Eine Gesellschaft kann auch kein Binnenschiffer sein.

52

bbb) Diese Auslegung wird durch die Systematik des Abschnitts XVI ZAO bestätigt, denn auch die nachfolgenden Regelungen in Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 4 betreffen ausschließlich natürliche Person. Sofern sich die Antragstellerin darauf beruft, dass die Nr. 5 und 6, auch andere Organisationsformen umfassen, kann sie hiermit nicht überzeugen, denn entscheidend ist, dass die der streitrelevanten Regelung Nr. 1 folgenden Nummern (Nr. 2 bis 4) nicht andere als natürliche Person betreffen können. Das Argument der Antragstellerin hätte systematisch deswegen allenfalls dann greifen können, wenn die Regelung für die Binnenschiffer unmittelbar vor der Nr. 5 und 6 geregelt worden wäre, was nicht der Fall ist.

53

Auf die Regelung in der ZAO für Bremen kann nicht zurückgegriffen werden, denn dort ist eine andere Formulierung gewählt worden. Hier wurde gerade nicht an den Begriff des Binnenschiffers, sondern an die Betriebe der Binnenschifffahrt angeknüpft. Hätte der Hamburgische Verordnungsgeber diese Anknüpfung gewollte, hätte er die ZAO ändern können. Dieses ist aber nicht geschehen.

54

ccc) Die historische Auslegung spricht auch für die hier durchgeführte Auslegung, denn Hintergrund für die Einführung der Sonderregelung war vermutlich, dass bei den drei Berufsgruppen (Nr. 1 bis 3) und bei den Personen ohne festen Wohnsitz (Nr. 4) Probleme bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts gesehen wurden. Bestätigt wird diese Vermutung durch die Regelung in § 29 Meldegesetz, denn auch hier sah der Gesetzgeber Regelungsbedarf hinsichtlich der Meldepflichten von Binnenschiffern und Seeleuten, da diese ihren gewöhnlichen Aufenthalt an Bord eines Schiffes haben.

55

ddd) Auch die Auslegung nach dem Sinn und Zweck führt zum selben Ergebnis. Die steuerrechtlichen Besonderheiten einer Gesellschaft, die (auch) Binnenschifffahrt betreibt, sind relativ gering. Die Antragstellerin hat nur abweichende Abschreibungsregelungen explizit erwähnt. Die anderen von ihr in diesem Zusammenhang genannten Normen sind keine steuerrechtlichen Regelungen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass diese Sonderreglungen Auswirkungen auf die Besteuerung der Gesellschaft haben könnten. Sollte sich wirklich einmal ein besonderes Problem ergeben, besteht die Möglichkeit, sowohl innerhalb von Hamburg als auch bundesweit Hilfe in Rechtsfragen zu holen. Hierfür ist es aber nicht erforderlich, die Zuständigkeit insgesamt zu verlagern.

56

Hingegen unterscheidet sich die Besteuerung einer Körperschaft maßgeblich von der Besteuerung einer natürlichen Person oder Personengesellschaft. Deswegen werden die Körperschaften in den Hamburger Finanzämtern auch in eigenen Veranlagungsstellen geführt.

57

Bei der Auslegung, die die Antragstellerin vorträgt, würden sich zudem viele Fragen stellen, die bei der Auslegung, die das Gericht vornimmt, weitestgehend vermieden werden können. Es würde sich z. B. das Abgrenzungsproblem stellen, welches auch jetzt bereits zwischen den Beteiligten streitig ist: In welchem Umfang müssten die Erträge oder Umsätze aus der Binnenschifffahrt stammen? Sind die Erträge oder die Umsätze maßgeblich? Wann ist eine schädliche Grenze überschritten? Bei einer natürlichen Person stellt sich diese Frage nicht in dem gleichen Umfang, denn eine natürliche Person kann nur einmal ihre Arbeitskraft einsetzen und dementsprechend gerade nicht in mehreren Bereichen zeitgleich tätig werden, wie es der Antragstellerin möglich ist, weil sie über 50 Arbeitnehmer einsetzen kann.

58

Eine weitere Frage, die sich stellen würde, ist: Gilt die Sonderregelung auch dann, wenn nur einige oder sogar nur ein Schiff der Gesellschaft im Hamburger Schifffahrtsregister eingetragen ist, die anderen aber in anderen Schifffahrtsregistern eingetragen sind?

59

eee) Aus diesem Grund hat sich auch das Finanzamt Hamburg-Mitte entschieden, die Zuständigkeit in der Weise zu organisieren, dass die Sonderzuständigkeit der Binnenschiffer in einem Bezirk liegt, der für die Einkommensbesteuerung und Feststellung zuständig ist. Die Antragstellerin wurde hingegen in einem Körperschaftsteuerbezirk geführt, der keine besondere Zuständigkeit für Binnenschiffer hat.

60

Grundsätzlich muss die Finanzbehörde zunächst selbst die Zuständigkeitsregelungen auslegen, denn dieses ist die Voraussetzung für die Organisation der Finanzverwaltung. Die von der Finanzverwaltung praktizierte Auslegung kann deswegen nur dann rechtswidrig sein, wenn die Auslegung die Grenzen einer vertretbaren Auslegung überschreitet. Diese Grenze wurde im Streitfall nicht überschritten. Dies behauptet selbst die Antragstellerin nicht. Für den Steuerpflichtigen kann es indes nicht erheblich sein, wo er steuerlich geführt wird.

61

cc) Es kommt daher nicht mehr auf die Frage an, welche der beiden Zuständigkeitsregelungen die speziellere Regelung enthält und deshalb vorgeht.

62

dd) Die weiteren Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung liegen vor. Insbesondere sind keine Ermessensfehler gem. § 102 FGO ersichtlich. Dies behauptet auch die Antragstellerin nicht.

63

b) Die Antragstellerin hat nicht dargelegt, dass durch die Vollziehung der angefochtenen Verwaltungsakte für sie eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte entstehen würde. Solche sind auch nicht aus den vorliegenden Akten ersichtlich.

3.

64

Die Kostentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

65

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Beschwerde gemäß § 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor, da es sich bei der maßgeblichen Frage um Landesrecht handelt (vgl. z. B. BFH, Urteil vom 26.03.1991, IX R 39/88, BStBl II 1991, 439; BFH, Beschluss vom 02.03.1982 VII B 148/81, BStBl II 1982, 327).

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(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

Tatbestand

1

I. Der in der Schweiz ansässige Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) ist Einzelunternehmer und als Bauträger tätig.

2

Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass der Antragsteller im Inland drei Mehrfamilienhäuser mit 30 Wohnungen erstellen ließ, von denen er 28 vor der Fertigstellung veräußert habe. Insoweit lägen Werklieferungen vor, so dass der Antragsteller für die von ihm bezogenen Bauleistungen Steuerschuldner nach § 13b Abs. 5 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG) sei. Dem stehe nicht entgegen, dass die Lieferung der Wohnungen nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei gewesen sei. Der Antragsteller sei aus den von ihm bezogenen Leistungen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Dementsprechend setzte das FA gemäß § 164 der Abgabenordnung durch die Umsatzsteuerbescheide vom 30. Juli 2012 Umsatzsteuer in Höhe von 116.782,33 € (2009) und 55.483,19 € (2010) fest. Die nicht streitige Umsatzsteuer belief sich dabei auf 45.912,33 € (2009) und 55.483,19 € (2010). Der Antragsteller legte hiergegen Einspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.

3

Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) lehnte zunächst das FA und dann das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.

Entscheidungsgründe

4

II. Die gemäß § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Der Beschluss des FG ist aufzuheben und dem Antragsteller AdV zu gewähren.

5

1. Nach § 128 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO ist die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen bereits dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheides neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung seit dem Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182; BFH-Beschluss vom 8. April 2009 I B 223/08, BFH/NV 2009, 1437). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (vgl. BFH-Beschluss vom 7. September 2011 I B 157/10, BFHE 235, 215, BStBl II 2012, 590, unter II.2., m.w.N.). Zur Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen (BFH-Beschluss in BFHE 235, 215, BStBl II 2012, 590, unter II.2.).

6

2. Entgegen dem Beschluss des FG bestehen ernstliche Zweifel an einer Steuerschuldnerschaft des Antragstellers gemäß § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG in seiner in den Streitjahren geltenden Fassung.

7

a) Nach dem Senatsurteil vom 22. August 2013 V R 37/10 (BStBl II 2014, 128, BFH/NV 2014, 130) ist § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG entgegen Abschn. 182a Abs. 11 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 einschränkend dahingehend auszulegen, dass es für die Entstehung der Steuerschuld darauf ankommt, ob der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. Auf den Anteil der vom Leistungsempfänger ausgeführten bauwerksbezogenen Werklieferungen oder sonstigen Leistungen i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG an den insgesamt von ihm erbrachten steuerbaren Umsätzen kommt es entgegen Abschn. 182a Abs. 10 UStR 2005 nicht an. Danach ist ein Bauträger nicht Steuerschuldner gemäß § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG, wenn er eine von ihm bezogene bauwerksbezogene Werklieferung für nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreie Grundstückslieferungen, nicht aber zur Erbringung einer eigenen bauwerksbezogenen Werklieferung verwendet (II.3.c der Entscheidungsgründe im BFH-Urteil in BStBl II 2014, 128, BFH/NV 2014, 130).

8

b) Im Streitfall hat der Antragsteller die von ihm bezogenen bauwerksbezogenen Leistungen als Bauträger für nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreie Grundstückslieferungen verwendet. Es ist daher zumindest ernstlich zweifelhaft, ob er gemäß § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG in seiner in den Streitjahren geltenden Fassung Steuerschuldner für bauwerksbezogene Leistungen ist, die er als Leistungsempfänger bezogen hat.

Tatbestand

1

I. Die Antragsteller und Beschwerdegegner (Antragsteller) sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Antragsteller erwarb 1996 ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück, das er 2004 wieder veräußerte. Im Rahmen der vom Antragsteller erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurden für das Objekt Sonderabschreibungen sowie Absetzungen für Abnutzung (AfA) berücksichtigt.

2

Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2004) ermittelte der Antragsteller einen rechnerischen Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 91.596 €, der sich aus einem gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG gebildeten negativen Saldo in Höhe von./. 739 € --bestehend aus Veräußerungspreis abzüglich Anschaffungs-, Anschaffungsneben-, nachträglichen Herstellungs- und Veräußerungskosten-- einerseits sowie den nach § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG gegenläufig (d.h. anschaffungskostenmindernd) zu berücksichtigenden Beträgen --Sonderabschreibungen sowie AfA-- andererseits zusammensetzt. Die Antragsteller vertreten insoweit die Auffassung, die in Anspruch genommenen Sonderabschreibungen sowie die AfA seien den einzelnen Veranlagungszeiträumen, in denen sie sich steuerlich ausgewirkt haben, zuzuordnen und dort wie "Wertzuwächse" zu berücksichtigen. Die bis zur Verkündung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) am 31. März 1999 entstandenen Wertzuwächse (in Form von Sonderabschreibungen bzw. AfA) könnten mit Blick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 7. Juli 2010  2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05 (BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76) steuerlich nicht erfasst werden. Im Ergebnis dürften von dem rechnerischen Gewinn in Höhe von 91.596 € daher nur 14.753 € --dieser Betrag entspreche der im Zeitraum vom 1. April 1999 bis zur Veräußerung der Immobilie in Anspruch genommenen AfA-- besteuert werden, während ein "Wertzuwachs" in Höhe von 76.843 € --entsprechend den vom Zeitpunkt der Anschaffung bis zum 31. März 1999 in Anspruch genommenen Sonderabschreibungen und AfA-- dem Antragsteller steuerfrei verbleiben müsse.

3

Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) ermittelte die Einkünfte des Antragstellers aus privaten Veräußerungsgeschäften im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 22. Mai 2006 (in der Fassung durch die Einspruchsentscheidung vom 25. August 2011) nach der in Ziff. II. 1 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 20. Dezember 2010 IV C 1-S 2256/07/10001:006, 2010/1015920 (BStBl I 2011, 14) vorgegebenen Vereinfachungsregelung, welche eine lineare Wertentwicklung der Immobilie unterstellt, mit 62.451 €.

4

Das Finanzgericht (FG) gab einem Antrag der Antragsteller auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids vom 22. Mai 2006 statt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des FA.

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde des FA ist unbegründet. Das FG hat den angefochtenen Einkommensteuerbescheid im Ergebnis zu Recht von der Vollziehung ausgesetzt.

6

1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 und Satz 7 der Finanzgerichtsordnung (FGO) soll die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aufgehoben werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. Das ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) der Fall, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsakts gewichtige Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2009 IX B 171/09, BFH/NV 2010, 409, m.w.N.).

7

2. Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen im Streitfall ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheids.

8

Unentschieden ist zunächst die Rechtsfrage, ob es sich bei den gemäß § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG im Rahmen der Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften zu berücksichtigenden Abschreibungs- bzw. Absetzungsbeträgen --ggf. anteilig-- um (typisierte) "Wertzuwächse" im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG handelt und der Antragsteller zudem darauf vertrauen durfte, diese --ggf. anteilig-- steuerfrei vereinnahmen zu können. Im Hauptsacheverfahren wird zudem die Rechtsgrundlage zu klären sein, auf der das BMF-Schreiben in BStBl I 2011, 14 eine lineare Wertentwicklung der veräußerten Wirtschaftsgüter des Privatvermögens unterstellt (vgl. hierzu auch Senatsbeschluss vom 24. Februar 2012 IX B 146/11, Deutsches Steuerrecht 2012, 599, Der Betrieb 2012, 719, zur gleich gelagerten Problematik im BMF-Schreiben vom 20. Dezember 2010 IV C 6-S 2244/10/10001, 2010/1006836, BStBl I 2011, 16, betreffend § 17 EStG).

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob Gewinne aus der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung vom 5. Dezember 1966 --DBA-Spanien-- (BGBl II 1968, 10, BStBl I 1968, 297) in Deutschland besteuert werden dürfen.

2

Die Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) sind Eheleute, die für das Streitjahr (2003) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Sie waren bis zum Streitjahr an der X beteiligt, einer spanischen Gesellschaft in der Rechtsform einer Sociedad en Commandita (S.C.), deren Struktur der einer deutschen Kommanditgesellschaft entspricht. Persönlich haftende Gesellschafterin der X war die Y, eine ebenfalls spanische Gesellschaft in der Rechtsform der Sociedad Anónima (S.A.), die mit einer deutschen Aktiengesellschaft vergleichbar ist. Die Antragsteller zählten zu den Gesellschaftern der Y und hielten ihre Beteiligungen jeweils im Sonderbetriebsvermögen der X.

3

Das Gesellschaftsvermögen der X bestand im Wesentlichen aus einem Hotelbetrieb in Spanien, der auf Grund eines von Y eingeräumten Erbbaurechts errichtet worden und ganz überwiegend verpachtet war. X selbst betrieb in der Hotelanlage eine Boutique; zudem überwachte sie mit der Bewirtschaftung, Unterhaltung und Instandsetzung des Hotelgebäudes beschäftigte Personen. Ob die Geschäftsleitung der Gesellschaften in der Hotelanlage oder im Inland ausgeübt wurde, ist zwischen den Beteiligten streitig. Nach dem Vortrag des Antragsgegners und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) hat Y in Spanien Steuererklärungen abgegeben, ausweislich derer sie keine Aktivitäten entfaltet hat.

4

Im Streitjahr veräußerten die Antragsteller ihre Anteile an X und Y. In der für X abgegebenen Feststellungserklärung für das Streitjahr wurde der dabei erzielte Gewinn als nach dem DBA-Spanien steuerfrei erklärt. Dem folgte das FA im Bescheid zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte nicht; es stellte in Höhe des erklärten Betrags einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn fest. Über den Einspruch gegen den Feststellungsbescheid ist nach Aktenlage noch nicht entschieden worden.

5

Die Antragsteller beantragten, nachdem das FA zuvor einen entsprechenden Antrag abgelehnt hatte, beim Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg eine Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Feststellungsbescheids im Hinblick auf die Veräußerungsgewinne. Das FG lehnte diesen Antrag ab (Beschluss vom 2. November 2009  6 V 2234/09). Dagegen richtet sich die vom FG zugelassene Beschwerde der Antragsteller.

6

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Es bedarf in mehrfacher Hinsicht weiterer Sachaufklärung, dies vor allem dazu, ob es sich bei den veräußerten Beteiligungen an der X als auch der Anteile an der Y tatsächlich um Betriebsvermögen bzw. Sonderbetriebsvermögen der Antragsteller handelte oder aber, ob die Beteiligungen in deren Privatvermögen gehalten wurden, weil die X im Streitjahr einer lediglich vermögensverwaltenden Tätigkeit nachging. Davon kann im Ausgangspunkt die Antwort auf die Frage abhängen, ob Deutschland oder aber Spanien das Besteuerungsrecht an den Veräußerungsgewinnen zusteht. Davon hängt es wiederum maßgeblich ab, ob die in Rede stehenden Einkünfte nach dem DBA-Spanien in Deutschland besteuert werden dürfen und ob die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ernstlich zweifelhaft i.S. des § 69 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist.

8

1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Sätze 2 bis 6 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Vollziehung soll ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Das wiederum ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) der Fall, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsaktes gewichtige Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (BFH-Beschluss vom 11. Juni 2003 IX B 16/03, BFHE 202, 53, BStBl II 2003, 663, m.w.N.).

9

Die AdV setzt nicht voraus, dass die gegen die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründe überwiegen. Ist die Rechtslage nicht eindeutig, so ist im summarischen Verfahren nicht abschließend zu entscheiden, sondern im Regelfall die Vollziehung auszusetzen (BFH-Beschluss vom 25. August 2009 VI B 69/09, BFHE 226, 85, BStBl II 2009, 826).

10

2. Die Beteiligten gehen im Streitfall übereinstimmend davon aus, dass die im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Antragsteller sowohl durch die Veräußerung ihrer Beteiligungen an der X als auch durch die Veräußerung der Anteile an der Y Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. des § 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) erzielt haben. Diese Annahme einer Gewerblichkeit wird zwar nicht abschließend durch Tatsachen und eine dahingehende Subsumtion unter die einschlägigen Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG 2002 gestützt. Sie steht aber in Einklang damit, dass es sich nach Aktenlage bei der X um eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG 2002 gehandelt hat. Dass Y eine Kapitalgesellschaft spanischen Rechts ist, hindert die gewerbliche Prägung der X nicht, da diese auch durch eine ausländische Kapitalgesellschaft vermittelt werden kann (BFH-Urteil vom 14. März 2007 XI R 15/05, BFHE 217, 438, BStBl II 2007, 924).

11

3. Bei der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist jedoch nicht auszuschließen, dass die Gewinne der Antragsteller aus der Veräußerung der Anteile an der X nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 DBA-Spanien von der deutschen Besteuerung befreit sind. Eine abschließende Entscheidung bedarf jedoch weiterer Sachaufklärung und muss dem FG vorbehalten bleiben.

12

a) Nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 DBA-Spanien werden bei einer in Deutschland (nach Art. 4 Abs. 1 DBA-Spanien) ansässigen Person u.a. die Einkünfte aus Quellen innerhalb Spaniens ausgenommen, die nach dem DBA-Spanien in Spanien besteuert werden können. Das gilt nicht für Einkünfte, auf die Art. 23 Abs. 1 Buchst. b DBA-Spanien anzuwenden ist. Es gilt ferner nur mit Einschränkungen für Dividenden (Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 3 DBA-Spanien).

13

b) Ob die in Rede stehenden Einkünfte i.S. des Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 DBA-Spanien "in Spanien besteuert werden können", ist ernstlich zweifelhaft i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO. Der entgegenstehenden Ansicht des FG pflichtet der Senat nicht bei.

14

aa) Nach Art. 13 Abs. 1 DBA-Spanien können Gewinne aus der Veräußerung unbeweglichen Vermögens i.S. des Art. 6 Abs. 2 DBA-Spanien in dem Vertragstaat besteuert werden, in dem dieses Vermögen liegt. Ferner können nach Art. 13 Abs. 2 Satz 1 DBA-Spanien Gewinne aus der Veräußerung beweglichen Vermögens, das Betriebsvermögen einer Betriebstätte darstellt, die ein Unternehmen eines Vertragstaates in dem anderen Vertragstaat hat, sowie derartige Gewinne aus der Veräußerung einer solchen Betriebstätte in dem anderen Staat besteuert werden. Art. 13 Abs. 3 DBA-Spanien, der das alleinige Besteuerungsrecht demgegenüber demjenigen Vertragstaat zuweist, in dem der Veräußerer ansässig ist, betrifft nur die Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von Vermögen, das nicht in den Abs. 1 und 2 der Vorschrift genannt ist. Die in Art. 13 Abs. 1 und 2 DBA-Spanien getroffenen Regelungen gehen daher der Regelung in Art. 13 Abs. 3 DBA-Spanien vor.

15

bb) Der Anwendungsvorrang von Art. 13 Abs. 2 DBA-Spanien setzt allerdings (zunächst und unbeschadet der nachfolgend anzustellenden Erwägungen) voraus, dass es sich bei den betreffenden Gewinnen aus der Veräußerung beweglichen Vermögens nicht nur aus innerstaatlicher, sondern auch aus abkommensrechtlicher Sicht um die Veräußerung von Betriebsvermögen handelt. Daran mangelt es bereits im Ausgangspunkt, wenn aus Abkommenssicht (bewegliches) Privatvermögen veräußert wird. Unter den im Streitfall in Rede stehenden Gegebenheiten ist Letzteres jedenfalls dann zu bejahen, sollte die X tatsächlich lediglich vermögensverwaltend und nicht gewerblich tätig gewesen sein. Davon gehen die Beteiligten zwar nicht aus (s. unter II.2.), es ist indes nach Aktenlage nicht von vornherein auszuschließen. Dass es sich nach Lage der Dinge bei der X nach den Maßstäben des § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG 2002 um eine --durch die Y-- gewerblich geprägte Personengesellschaft handelt, schlösse eine bloße Vermögensverwaltung der X nicht aus; die innerstaatliche Gewerbeprägung schlägt auf die Abkommensrechtslage nicht durch. Der gegenteiligen Rechtsauffassung der Finanzverwaltung (vgl. Bundesministerium der Finanzen --BMF--, Schreiben vom 24. Dezember 1999, BStBl I 1999, 1076 Tz. 1.1.5.1, jetzt BMF-Schreiben vom 16. April 2010, BStBl I 2010, 354 Tz. 4.2.1) ist insoweit nicht beizupflichten. Im Einzelnen verweist der Senat dazu auf sein Urteil vom 28. April 2010 I R 81/09 (BFHE 229, 252). Es ist Sache des FG, die tatsächlichen Verhältnisse weiter aufzuklären. Ggf. sind jene Gewinnanteile, welche auf die Veräußerung unbeweglichen und in Spanien belegenen Vermögens herrühren, anteilig zu ermitteln. Ansonsten gebührt das Besteuerungsrecht nach Art. 13 Abs. 3 DBA-Spanien von vornherein Deutschland.

16

cc) Sollte sich hiernach jedoch bestätigen, dass die X unbeschadet der besagten innerstaatlichen Gewerbeprägung tatsächlich gewerblich tätig war, ist weiter zu prüfen, ob Art. 13 Abs. 1 und 2 DBA-Spanien der Besteuerungszuweisung in Art. 13 Abs. 3 DBA-Spanien aus anderen Gründen vorgeht. Das FG hat das verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sich die Veräußerung auf Anteile an der X bezogen habe und dass X eine Personengesellschaft gewesen sei, die --wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist-- nach spanischem Steuerrecht wie eine juristische Person behandelt wurde. Die Veräußerung von Anteilen an einer solchen nach spanischem Recht "intransparenten" Personengesellschaft unterfalle stets Art. 13 Abs. 3 DBA-Spanien. Diese Ansicht wird zwar von der deutschen Finanzverwaltung vertreten (BMF-Schreiben vom 28. Mai 1998, BStBl I 1998, 557, zwischenzeitlich aufgehoben durch BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 354 Tz. 4.2.1 i.V.m. Tz. 4.1.3.3.2) und findet auch im Schrifttum Gefolgschaft (z.B. Herlinghaus in Debatin/ Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 23 Spanien Rz 15). Sie ist aber nicht unbestritten (a.A. z.B. FG Hamburg, Urteil vom 22. August 2006  7 K 139/03, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2007, 101; Lüdemann/Hruschka, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2000, 25, 27) und bei summarischer Betrachtung nicht zweifelsfrei zutreffend.

17

Denn Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 DBA-Spanien greift im Streitfall nur dann nicht ein, wenn X den Antragstellern weder unbewegliches Vermögen i.S. des Art. 6 DBA-Spanien noch eine in Spanien belegene Betriebstätte vermittelt hat. Letzteres hat das FG mit der Begründung angenommen, dass sowohl ein vorhandenes unbewegliches Vermögen als auch eine etwa in der Hotelanlage belegene Betriebstätte abkommensrechtlich nicht den Antragstellern, sondern der X zuzuordnen sei. Diese sei selbst "Person" i.S. des Art. 1 DBA-Spanien und als solche abkommensberechtigt, so dass die Veräußerung der Anteile an der X wie eine Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft zu behandeln sei. Diese Beurteilung begegnet ernstlichen Zweifeln, da die Einstufung der X als "Person" von der Auslegung des Art. 3 Abs. 1 Buchst. f DBA-Spanien abhängt und diese Vorschrift in dem hier maßgeblichen Punkt nicht eindeutig ist.

18

aaa) Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. e DBA-Spanien umfasst der Begriff "Person" natürliche Personen und Gesellschaften. Als "Gesellschaft" bezeichnet das DBA-Spanien eine juristische Person oder einen anderen Rechtsträger, der für die Besteuerung wie eine juristische Person behandelt wird (Art. 3 Abs. 1 Buchst. f DBA-Spanien). Diese Definitionen sind für die Auslegung des DBA-Spanien bindend. Streitig ist aber, ob bei der Frage nach dem Vorliegen einer "juristischen Person" oder eines "wie eine juristische Person besteuerten Rechtsträgers" für Zwecke der deutschen Besteuerung stets auf das deutsche Recht (so z.B. Senatsurteil vom 20. August 2008 I R 34/08, BFHE 222, 521, BStBl II 2009, 263 zum Abkommen mit den USA; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 3 MA Rz 18; Gaffron in Haase, Außensteuergesetz, Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 3 MA Rz 25; Rosenthal, IStR 2007, 610, 611; ebenso wohl FG Hamburg, Urteil in EFG 2007, 101; Suchanek, IStR 2007, 654, 655 f.) oder ggf. auf das Recht des anderen Vertragstaates abzustellen ist (so. z.B. Reimer in Vogel/Lehner, DBA, 5. Aufl., Art. 13 Rz 83; Wilke in Gosch/Kroppen/Grotherr, DBA-Kommentar, Art. 3 OECD-MA Rz 14; Strunk/Kaminski in Strunk/ Kaminski/Köhler, Außensteuergesetz, Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 3 OECD-MA Rz 15; vgl. auch Schaumburg, IStR, 2. Aufl., Rz 16.171, m.w.N.). Zur Auslegung des --insoweit mit Art. 3 DBA-Spanien vergleichbaren-- Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (OECD-MustAbk) folgt der dazu ergangene einschlägige Kommentar (OECD-MustKomm) der zuletzt genannten Ansicht (OECD-MustKomm Nr. 3 zu Art. 3). Die Finanzverwaltung hat sich dem angeschlossen. Der Senat hält jedoch angesichts des Umstands, dass Art. 3 Abs. 2 DBA-Spanien zur Auslegung von im Abkommen nicht definierten Ausdrücken, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert, auf das Recht des Rechtsanwenderstaates verweist, die erstgenannte Deutung (auch) im Hinblick auf dieses Abkommen für nicht von vornherein fernliegend.

19

bbb) Dagegen spricht nicht, dass Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spanien die von einer sociedad de personas --also einer spanischen Personengesellschaft-- an ihre Gesellschafter ausgeschütteten Gewinne den Dividenden zuordnet. Darin kommt zwar zum Ausdruck, dass das Abkommensrecht sich insoweit an der Behandlung jener Gesellschaften im spanischen Steuerrecht orientiert. Es ist aber offen, ob diese Regelung klarstellender Natur ist oder ob sie im Gegenteil von der Annahme ausgeht, dass ohne eine solche Sonderbestimmung die dort behandelten Ausschüttungen in Deutschland --dem System des deutschen Einkommensteuerrechts entsprechend-- als Entnahmen und folglich nicht als Dividenden zu behandeln wären. Letzterenfalls könnte die Vorschrift sogar als Beleg dafür herangezogen werden, dass für Zwecke der Besteuerung in Deutschland die Frage der "Besteuerung wie eine juristische Person" i.S. des Art. 3 Abs. 1 Buchst. f DBA-Spanien ausschließlich nach deutschem Steuerrecht zu beantworten, eine spanische Personengesellschaft also unabhängig von ihrer steuerrechtlichen Behandlung in Spanien nicht als "Gesellschaft" anzusehen ist. Daher muss diese Frage bei summarischer Prüfung als offen angesehen werden.

20

dd) Richtet sich im Streitfall die abkommensrechtliche Behandlung nach den Maßstäben des deutschen Steuerrechts, so ist im Hinblick auf die Anwendung des Art. 13 DBA-Spanien maßgeblich, dass in Deutschland Personengesellschaften nicht nach den für juristische Personen geltenden Regeln besteuert werden.

21

Das deutsche Recht geht vielmehr davon aus, dass die von einer Personengesellschaft erzielten Einkünfte stets deren Gesellschaftern zuzurechnen und bei diesen zu besteuern sind. Das hat abkommensrechtlich zur Folge, dass sowohl ein von einer Personengesellschaft betriebenes Unternehmen als auch die Betriebstätten eines solchen Unternehmens unmittelbar den Gesellschaftern der Personengesellschaft zugeordnet werden (vgl. Senatsurteile vom 18. Dezember 2002 I R 92/01, BFHE 201, 447; vom 17. Oktober 2007 I R 96/06, BFHE 219, 534, BStBl II 2008, 953; in BFHE 222, 521, BStBl II 2009, 263, m.w.N.).

22

Daraus würde zunächst folgen, dass das von X betriebene Unternehmen für die Beurteilung des Streitfalls als deutsches Unternehmen i.S. des Art. 13 Abs. 2 DBA-Spanien anzusehen wäre. Denn dann wären die in Rede stehenden Gewinne aus abkommensrechtlicher Sicht von einem Unternehmen erzielt worden, das von den im Inland ansässigen Antragstellern betrieben wurde, und nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. g DBA-Spanien richtet sich die territoriale Zuordnung eines Unternehmens nach der Ansässigkeit der das Unternehmen betreibenden Person. Das Besteuerungsrecht Spaniens hinge dann davon ab, ob und inwieweit die veräußerten Anteile an der X entweder in Spanien belegenes unbewegliches Vermögen (Art. 13 Abs. 1 DBA-Spanien) oder Betriebsvermögen einer in Spanien unterhaltenen Betriebstätte (Art. 13 Abs. 2 Satz 1 DBA-Spanien) verkörperten. Das kann im summarischen Verfahren wiederum nicht abschließend beurteilt werden.

23

aaa) Zunächst ist aufklärungsbedürftig, inwieweit der bei der Veräußerung der Anteile erzielte Kaufpreis auf den Wert eines in Spanien belegenen unbeweglichen Vermögens entfällt. Das unbewegliche Vermögen der X bestand nach Aktenlage ursprünglich in einem von Y eingeräumten Erbbaurecht. Dieses Erbbaurecht war aber im Jahre 1988 bestellt und dabei auf 15 Jahre befristet worden; es könnte daher im Zeitpunkt der Veräußerung abgelaufen gewesen sein oder zumindest kurz vor dem Ablauf gestanden haben. Das wiederum lässt unklar erscheinen, ob die Anteile an der X im Zeitpunkt ihrer Veräußerung unbewegliches Vermögen i.S. des Art. 13 Abs. 1 DBA-Spanien repräsentiert haben. Dies aber wäre Voraussetzung dafür, dass die Veräußerung als "Veräußerung unbeweglichen Vermögens" i.S. jener Vorschrift angesehen werden könnte.

24

bbb) In Hinblick auf die Anwendung des Art. 13 Abs. 2 DBA-Spanien ist zwischen den Beteiligten streitig, ob im Zusammenhang mit dem Betrieb der X in Spanien eine Betriebstätte unterhalten worden ist, der ein veräußertes bewegliches Vermögen zugeordnet werden könnte. Insoweit hat das FA zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass die von X errichtete Hotelanlage verpachtet war und dass ein verpachteter Betrieb regelmäßig nicht als Betriebstätte des Verpächters angesehen werden kann (Senatsurteil vom 13. Juni 2006 I R 84/05, BFHE 214, 178, BStBl II 2007, 94, m.w.N.). Ferner ist dem FA dahin zu folgen, dass bei summarischer Beurteilung zwar die von X in der Hotelanlage betriebene Boutique aus abkommensrechtlicher Sicht eine Betriebstätte der Antragsteller darstellte, dieser Betriebstätte aber zweifelsfrei nicht das gesamte Vermögen der X zuzurechnen ist. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass sich in der verpachteten Anlage eine weitere den Antragstellern zuzurechnende Betriebstätte befand und dass die veräußerten beweglichen Vermögenswerte dieser Betriebstätte als "Betriebsvermögen" i.S. des Art. 13 Abs. 2 Satz 1 DBA-Spanien zuzuordnen sind.

25

aaaa) Der Begriff "Betriebstätte" wird für Zwecke des DBA-Spanien in Art. 5 DBA-Spanien definiert. Danach umfasst er u.a. einen Ort der Leitung (Art. 5 Abs. 2 Buchst. a DBA-Spanien). Dieser liegt dort, wo eine das Unternehmen leitende Person Leitungsaufgaben wahrnimmt und in diesem Zusammenhang Entscheidungen von einigem Gewicht trifft (Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 5 MA Rz 67). Im Streitfall ist in tatsächlicher Hinsicht unklar, ob sich in Spanien ein solcher Ort befunden hat.

26

Die Antragsteller haben dazu vorgetragen, dass in der Hotelanlage ein der X vorbehaltenes Büro vorhanden war und dass dieses Büro für Zwecke der Leitung der X genutzt wurde. Sie haben ferner behauptet, dass der Antragsteller und ein weiterer Gesellschafter der X anstehende Entscheidungen im Zusammenhang mit der Hotelanlage stets vor Ort getroffen haben. Das FA hat diese Angabe zwar in Zweifel gezogen. Die insoweit maßgeblichen Umstände können aber im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht näher aufgeklärt werden. Zudem hat das FG ausdrücklich unterstellt, dass sich in Spanien eine den Antragstellern zuzurechnende Betriebstätte befand; dem Gesamtzusammenhang seiner Entscheidung ist zu entnehmen, dass es damit nicht die von X betriebene Boutique, sondern einen Leitungsort gemeint hat. Daher geht der Senat im vorliegenden Verfahren davon aus, dass in Spanien ein solcher Leitungsort vorhanden war. Ob die genannten Angaben der Antragsteller zutreffen, welche Aufgaben im Zusammenhang mit dem Betrieb der X ggf. in Spanien wahrgenommen wurden und was daraus für die Zuordnung des Betriebsvermögens folgt, wird im Verfahren zur Hauptsache aufgeklärt und entschieden werden müssen.

27

bbbb) Im Streitfall ist daher zu Gunsten der Antragsteller davon auszugehen, dass der hier angenommene Betrieb der X insgesamt in Spanien geleitet worden ist und dass sich außerhalb Spaniens keine weitere Betriebstätte der X befunden hat. Unter dieser Voraussetzung liegt einerseits die Annahme nahe, dass das gesamte Betriebsvermögen der X abkommensrechtlich einer in Spanien belegenen Betriebstätte der Antragsteller zuzuordnen ist. Das würde wiederum dazu führen, dass der Gewinn aus der Veräußerung des beweglichen Betriebsvermögens gemäß Art. 13 Abs. 2 Satz 1 DBA-Spanien insgesamt in Spanien besteuert werden dürfte.

28

c) Eine sich daraus ergebende Befreiung des Gewinns von der deutschen Steuer (Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 DBA-Spanien) würde nicht notwendig durch Art. 23 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. ee DBA-Spanien ausgeschlossen oder beschränkt. Zum einen bezieht sich Art. 23 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. ee DBA-Spanien lediglich auf Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen und aus diesem Vermögen selbst und damit auf Einkünfte gemäß Art. 6 Abs. 1 DBA-Spanien, Veräußerungsgewinne gemäß Art. 13 Abs. 1 DBA-Spanien werden hingegen nicht in Bezug genommen (vgl. Senatsurteil vom 19. Mai 1982 I R 257/78, BFHE 136, 363, BStBl II 1982, 768; FG Münster, Urteil vom 16. Februar 2009  9 K 463/04 K,F, EFG 2009, 1222; Herlinghaus in Debatin/ Wassermeyer, a.a.O., Art. 23 Spanien Rz 25; Suchanek, IStR 2007, 654, 657; Lemaitre/Lüdemann in Wassermeyer/Richter/ Schnittker, Personengesellschaften im Internationalen Steuerrecht, 2010, Rz 7.73; Mensching/Tyarks, daselbst, Rz 10.14; anders Oberfinanzdirektion --OFD-- Frankfurt, Verfügung vom 15. März 2001, Betriebs-Berater 2001, 869; OFD Münster, Verfügung vom 29. November 1999, Deutsches Steuerrecht 2000, 522). Zum anderen nimmt die Vorschrift unbewegliches Vermögen, das zu einer in Spanien gelegenen Betriebstätte gehört, von der dort vorgesehenen Steueranrechnung aus; soweit es um in Spanien zu besteuernde Betriebstätteneinkünfte geht, bleibt es mithin auch im Bereich des unbeweglichen Vermögens bei der Steuerbefreiung nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a DBA-Spanien. Um solche Einkünfte würde es indessen im Streitfall zumindest dann gehen, wenn sich in Spanien die einzige Betriebstätte der Antragsteller im Zusammenhang mit dem Betrieb der X befunden hätte.

29

4. Im Ergebnis geht der Senat mithin davon aus, dass die von den Antragstellern erzielten Veräußerungsgewinne möglicherweise nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 DBA-Spanien von der deutschen Steuer freizustellen sind. Vorausgesetzt, die X war eigengewerblich und nicht lediglich vermögensverwaltend tätig, rechtfertigt das die beantragte AdV. Dem steht § 50d Abs. 9 i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 (JStG 2007), BGBl I 2006, 2878, BStBl I 2007, 28 --EStG 2002 n.F.-- nicht entgegen.

30

a) Nach § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. wird eine in einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vorgesehene Steuerbefreiung nicht gewährt, wenn der andere Vertragstaat das Abkommen so anwendet, dass die in diesem Staat erzielten Einkünfte von der dortigen Besteuerung auszunehmen sind. Diese Situation liegt im Streitfall vor. Denn da das spanische Steuerrecht Personengesellschaften nach Art der X wie Kapitalgesellschaften behandelt, unterliegen Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer solchen Gesellschaft aus der Sicht Spaniens grundsätzlich Art. 13 Abs. 3 DBA-Spanien. Anderes gilt allenfalls dann, wenn die Anteile ihrerseits zu einer in Spanien belegenen Betriebstätte eines weiteren Unternehmens gehören; um einen solchen Sachverhalt geht es im Streitfall nicht. In der hier gegebenen Situation weist das DBA-Spanien deshalb nach dem Verständnis Spaniens das Besteuerungsrecht ausschließlich der Bundesrepublik Deutschland zu. Dem entsprechend sind denn auch im Streitfall die Gewinne der Antragsteller aus der Veräußerung der Anteile an der X in Spanien nicht besteuert worden. Das FA macht deshalb zu Recht geltend, dass die in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. genannte Voraussetzung im Streitfall erfüllt ist.

31

b) Indessen ist § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. erst durch das Jahressteuergesetz 2007 geschaffen worden. Dieses Gesetz ist am 14. Dezember 2006 --und damit nach dem Ende des Streitjahres-- in Kraft getreten (Art. 20 Abs. 1 JStG 2007). Nach § 52 Abs. 59a Satz 6 EStG 2002 n.F. ist § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. zwar für alle Veranlagungszeiträume anzuwenden, soweit Steuerbescheide noch nicht bestandskräftig sind. Es ist aber ernstlich zweifelhaft, ob die hiernach vorgesehene Anwendung der Neuregelung auf den Streitfall mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar ist.

32

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) bedarf es vor dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolgen eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. Insbesondere ist eine steuerbegründende oder steuererhöhende Bestimmung in der Regel mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar, wenn und soweit sie für einen Veranlagungszeitraum gelten soll, der im Zeitpunkt der Verkündung des Gesetzes bereits abgeschlossen war (BVerfG-Entscheidung vom 19. Dezember 1961  2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261). Das gilt auch im Zusammenhang mit Rechtsänderungen im Bereich der DBA (BVerfG-Beschlüsse vom 10. März 1971  2 BvL 3/68, BStBl II 1973, 431; vom 14. Mai 1986  2 BvL 2/83, BStBl II 1986, 628).

33

bb) § 52 Abs. 59a Satz 6 EStG 2002 n.F. entfaltet, soweit er eine Anwendung des § 50d Abs. 9 EStG 2002 n.F. für das Streitjahr anordnet, möglicherweise eine "echte" Rückwirkung in diesem Sinne. Diese könnte darin bestehen, dass die Regelung mit Wirkung für abgelaufene Veranlagungszeiträume eine Steuerbefreiung ausschließt, die sich vor ihrer Geltung u.a. aus Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 DBA-Spanien ergab.

34

aaa) Ausweislich der Gesetzesmaterialien hat der Gesetzgeber allerdings angenommen, dass die in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. getroffene Regelung klarstellender Natur sei (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 16/2712, S. 61). Er ist mithin davon ausgegangen, dass jene Regelung nur verdeutliche, was ohnehin aus den einzelnen DBA abzuleiten sei. Dies entspricht dem Verständnis des OECD-Musterkommentars, der die in den DBA verwendete Formulierung "nach diesem Abkommen besteuert werden können" nicht allein auf die Auslegung des jeweiligen Abkommens durch den Rechtsanwenderstaat bezieht, sondern darüber hinaus die Sicht des jeweils anderen Vertragstaates berücksichtigt (OECD-MustKomm Nr. 32.1 ff. zu Art. 23). Nach diesem Regelungsverständnis soll namentlich dann, wenn beide Vertragstaaten einen bestimmten Abkommensbegriff auf Grund unterschiedlicher systematischer Vorverständnisse unterschiedlich auslegen und deshalb im Ausgangspunkt sich keiner von beiden für steuerberechtigt hält ("negativer Qualifikationskonflikt"), der betreffende Vorgang nicht "nach dem Abkommen besteuert werden können" und mithin eine an diese Voraussetzung geknüpfte Steuerbefreiung ausscheiden (OECD-MustKomm Nr. 32.6 zu Art. 23). Folgt man dem, so stellt § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. nur die unmittelbar in den entsprechenden Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung verankerte Rechtslage klar (so z.B. Vogel, IStR 2007, 225, 228; Thiel in Kessler/Förster/Watrin [Hrsg.], Unternehmensbesteuerung, Festschrift für Herzig, 2010, S. 1023). Das gilt auch im Hinblick auf Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 DBA-Spanien.

35

bbb) Eine solche Sicht der Dinge begegnet indessen bei summarischer Betrachtung ernstlichen Zweifeln. Denn in der Zeit vor der Geltung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. sind Rechtsprechung und Schrifttum stets davon ausgegangen, dass eine abkommensrechtliche Steuerfreistellung regelmäßig auch dann eingreift, wenn die in Deutschland freigestellten Einkünfte im anderen Vertragstaat nicht besteuert werden. Es sollte insoweit ein "Verbot der virtuellen Doppelbesteuerung" gelten (Senatsurteile vom 14. Dezember 1988 I R 148/87, BFHE 155, 374, BStBl II 1989, 319; vom 17. Dezember 2003 I R 14/02, BFHE 204, 263, BStBl II 2004, 260; Schaumburg, a.a.O., Rz 16.534). Vor diesem Hintergrund stellt sich nunmehr die Frage, ob dieser Grundsatz u.a. die hier in Rede stehende Situation des (negativen) Qualifikationskonflikts erfasst oder ob er nur dann eingreift, wenn der andere Vertragstaat aus anderen als abkommensrechtlichen Gründen von einer Besteuerung absieht. Nimmt man ersteres an, so führt die in § 52 Abs. 59a Satz 6 EStG 2002 n.F. getroffene Anwendungsregelung zu einer "echten" Rückwirkung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F.

36

Im Schrifttum ist die damit angesprochene Frage streitig. Das u.a. im OECD-Musterkommentar vertretene Verständnis des Ausdrucks "nach diesem Abkommen besteuert werden können" wird von zahlreichen Stimmen angezweifelt (z.B. Jankowiak, Doppelte Nichtbesteuerung im Internationalen Steuerrecht, 2009, S. 235 ff.; Gosch in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 50d Rz 41; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 1 MA Rz 28g; M. Lang, IStR 2007, 606, 608; vgl. auch ders., IStR 2010, 114). Darüber hinaus wird die Ansicht vertreten, dass die im Jahr 2000 veröffentlichte Passage des OECD-Musterkommentars (Nr. 32.6 zu Art. 23 OECD-MustAbk) jedenfalls nicht für die "dynamische" Auslegung von schon zuvor in Kraft getretenen DBA maßgeblich sei (z.B. Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 23A MA Rz 46; ders., IStR 2007, 413, 414; Gosch in Schaumburg/Piltz [Hrsg.], Veräußerungsgewinne im Internationalen Steuerrecht, 2004, S. 103, 117; ders. in Kirchhof, a.a.O., § 50d Rz 41). Vor diesem Hintergrund ist die Annahme verbreitet, dass die in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 59a Satz 6 EStG 2002 n.F. getroffene Regelung rechtsändernd wirke (so z.B. Suchanek/Herbst, Finanz-Rundschau 2006, 1112, 1118; Rosenthal, IStR 2007, 610, 612; Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 50d Rz 40; Schönfeld in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, § 50d Abs. 9 EStG Rz 33; zweifelnd auch Loschelder in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 29. Aufl., § 50d Rz 56) und eine rückwirkende Anwendung daher aus verfassungsrechtlichen Gründen unzulässig sei (Gosch, IStR 2008, 413, 416).

37

ccc) Unabhängig davon ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht ernstlich zu bezweifeln, ob § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die nicht nur durch Art. 20 Abs. 3 GG, sondern auch durch den prinzipiellen Vorrang des Völkervertragsrechts vor "einfachem" Recht zu verlangen sind, uneingeschränkt gerecht wird. Denn aufgrund des vorstehend unter II.4.b bb aaa beschriebenen Abkommensverständnisses spricht manches dafür, dass § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. unilateral und konstitutiv die mit Spanien in Art. 23 Abs. 1 DBA-Spanien vereinbarte Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mittels "virtueller" Freistellung (als sog. treaty override) "überschreibt". Das mag prinzipiell in Einklang damit stehen, dass sowohl das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung infolge dessen Transformation in nationales Recht (vgl. im Hinblick auf das DBA-Spanien: Zustimmungsgesetz vom 16. Januar 1968, BGBl II 1968, 9) als auch das Einkommensteuergesetz in der Normenhierarchie gleichrangig auf derselben Stufe stehen (vgl. z.B. Senatsurteil vom 13. Juli 1994 I R 120/93, BFHE 175, 351, BStBl II 1995, 129). Es fragt sich indessen, ob nicht gleichwohl abkommensrechtlich und verfassungsrechtlich durchschlagende Gründe dafür ersichtlich sein müssen, die die Durchbrechung der völkerrechtlich verbindlich getroffenen Vereinbarungen (Art. 59 Abs. 2 GG) erzwingen und (ausnahmsweise) rechtfertigen können (vgl. jeweils m.w.N. z.B. Vogel in Vogel/Lehner, a.a.O., Einl. Rz 193 ff.; Gosch, IStR 2008, 413).

38

ddd) Die verfassungsrechtliche Beurteilung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 59a Satz 6 EStG 2002 n.F. kann im summarischen Verfahren nicht abschließend vorgenommen werden. Gegen einen lediglich klarstellenden Charakter der Vorschrift könnte u.a. sprechen, dass die für die Steuerfreistellung maßgebliche Regelung im OECD-Musterabkommen im Jahr 2000 um eine ausdrückliche Bestimmung (Art. 23A Abs. 4 OECD-MustAbk) ergänzt worden ist, die inhaltlich § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. entspricht; das könnte darauf hindeuten, dass es nach den allgemeinen Grundsätzen der Abkommensauslegung einer solchen positiven Bestimmung bedarf, wenn ein negativer Qualifikationskonflikt zu einem ansonsten nicht bestehenden Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates führen soll. Nicht zuletzt deshalb sind die im Schrifttum geäußerten Bedenken gegen die rückwirkende Anwendung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. so gewichtig, dass deren verfassungsrechtliche Zulässigkeit ernstlich zweifelhaft erscheint. Damit erscheint gleichermaßen zweifelhaft, ob diese Vorschrift im Streitfall berücksichtigt werden kann. Sie kann daher die aus abkommensrechtlichen Gründen gebotene AdV nicht hindern; nach den Umständen des Einzelfalles kommt dem Interesse der Antragsteller an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes der Vorrang vor dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Gesetzes zu (vgl. zu diesem Abwägungsmaßstab zuletzt BFH, Beschluss vom 1. April 2010 II B 168/09, BFH/NV 2010, 1033 --zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt--, m.w.N.).

39

5. Im Ergebnis dasselbe gilt im Hinblick auf die Gewinne aus der Veräußerung der Anteile an der Y. Denn nach Aktenlage ist davon auszugehen, dass erstens die Antragsteller nicht nur an X, sondern auch an Y beteiligt waren und dass zweitens Y sich auf die Leitung der X beschränkt und keinen eigenen operativen Geschäftsbetrieb unterhalten hat. Bei einem solchen Sachverhalt gehören nach deutschem Steuerrecht die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft (Y) zum Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters der Personengesellschaft (X). Das wiederum hat nach der Rechtsprechung des Senats zur Folge, dass die Beteiligung abkommensrechtlich einer durch die Personengesellschaft vermittelten Betriebstätte des Gesellschafters zuzurechnen ist (Senatsurteil vom 13. Februar 2008 I R 63/06, BFHE 220, 415, BStBl II 2009, 414; Gosch in Gosch/Kroppen/Grotherr, a.a.O., Art. 13 OECD-MA Rz 80, jeweils m.w.N.). Dieser Grundsatz muss möglicherweise auch im Streitfall gelten. Daraus würde wiederum folgen, dass die Anteile der Antragsteller an der Y einer in Spanien belegenen Betriebstätte zuzuordnen sind und die Gewinne aus ihrer Veräußerung daher gemäß Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 i.V.m. Art. 13 Abs. 2 Satz 1 DBA-Spanien in Deutschland nicht besteuert werden dürfen. Bis zur abschließenden Klärung dieser Frage ist auch insoweit die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids als ernstlich zweifelhaft anzusehen und deshalb seine Vollziehung auszusetzen.

40

Auch insoweit muss der Sachverhalt --vorausgesetzt, X ist tatsächlich einer gewerblichen Betätigung nachgegangen-- weiter aufgeklärt werden. Andernfalls greift abermals die Besteuerungszuordnung des Art. 13 Abs. 3 DBA-Spanien.

41

6. Der Beschluss der Vorinstanz, die verschiedentlich abweichende Rechtsauffassungen vertreten hat, ist aufzuheben. Es bedarf für eine abschließende Entscheidung aus den ausgeführten Gründen umfangreicher weiterer Sachaufklärung, insbesondere zu der vorrangig zu prüfenden Frage danach, ob die X tatsächlich gewerblich oder aber nur vermögensverwaltend tätig war. Davon hängt die Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schon im weichenstellenden Ausgangspunkt ab. Der Senat hält es angesichts dessen für sachgerecht, die Sache an das FG zurückzuverweisen (zur Zurückverweisung im Verfahren auf AdV s. z.B. Gosch in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 69 FGO Rz 309; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 69 FGO Rz 998 ff., jeweils m.w.N.).

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

Die sachliche Zuständigkeit der Finanzbehörden richtet sich, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz über die Finanzverwaltung.

(1) Die für die Finanzverwaltung zuständige oberste Landesbehörde bestimmt den Bezirk und den Sitz der Finanzämter.

(2) Die Finanzämter sind als örtliche Landesbehörden für die Verwaltung der Steuern mit Ausnahme der Kraftfahrzeugsteuer, der sonstigen auf motorisierte Verkehrsmittel bezogenen Verkehrsteuern, der Zölle und der bundesgesetzlich geregelten Verbrauchsteuern (§ 12) zuständig, soweit die Verwaltung nicht auf Grund des Artikels 108 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes den Bundesfinanzbehörden oder auf Grund des Artikels 108 Absatz 4 Satz 2 des Grundgesetzes den Gemeinden (Gemeindeverbänden) übertragen worden ist. Sie sind ferner für die ihnen sonst übertragenen Aufgaben zuständig. Soweit es sich um Aufgaben der Finanzverwaltung handelt und der Vollzug der Aufgaben verbessert oder erleichtert wird, kann die zuständige Landesregierung durch Rechtsverordnung

1.
die Zuständigkeit eines Finanzamts oder einer besonderen Landesfinanzbehörde (§ 2 Absatz 3) auf einzelne Aufgaben beschränken,
2.
einem Finanzamt oder einer besonderen Landesfinanzbehörde (§ 2 Absatz 3) Zuständigkeiten für die Bezirke mehrerer Finanzämter übertragen oder
3.
einer Landesoberbehörde (§ 6) die landesweite Zuständigkeit für Kassengeschäfte und das Erhebungsverfahren einschließlich der Vollstreckung übertragen.
Die Landesregierung kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die für die Finanzverwaltung zuständige oberste Landesbehörde übertragen.

(3) Wenn im Besteuerungsverfahren automatische Einrichtungen eingesetzt werden, können durch Rechtsverordnung der zuständigen Landesregierung damit zusammenhängende Steuerverwaltungstätigkeiten auf ein nach § 2 Abs. 2 eingerichtetes Rechenzentrum übertragen werden. Dieses handelt insoweit für das jeweils örtlich zuständige Finanzamt. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend.

(4) Auf Grund eines Staatsvertrages zwischen mehreren Ländern können Zuständigkeiten nach Absatz 2 Satz 1 und 2 auf ein Finanzamt, ein nach § 2 Abs. 2 eingerichtetes Rechenzentrum der Landesfinanzverwaltung oder eine besondere Landesfinanzbehörde (§ 2 Abs. 3) außerhalb des Landes übertragen werden.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann zur Effizienzsteigerung im Verwaltungsvollzug auf Antrag von und im Einvernehmen mit allen unmittelbar betroffenen Ländern durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates jeweils Zuständigkeiten nach Absatz 2 Satz 1 eines Landes oder mehrerer Länder auf ein Finanzamt, ein nach § 2 Absatz 2 eingerichtetes Rechenzentrum der Landesfinanzverwaltung oder eine besondere Landesfinanzbehörde (§ 2 Absatz 3) eines anderen Landes übertragen. Absatz 4 bleibt unberührt. Durch die Rechtsverordnung nach Satz 1 kann zugleich die Kostentragung geregelt werden.

(1) Als Umsatzerlöse sind die Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung von Produkten sowie aus der Erbringung von Dienstleistungen der Kapitalgesellschaft nach Abzug von Erlösschmälerungen und der Umsatzsteuer sowie sonstiger direkt mit dem Umsatz verbundener Steuern auszuweisen.

(2) Als Bestandsveränderungen sind sowohl Änderungen der Menge als auch solche des Wertes zu berücksichtigen; Abschreibungen jedoch nur, soweit diese die in der Kapitalgesellschaft sonst üblichen Abschreibungen nicht überschreiten.

(3) Außerplanmäßige Abschreibungen nach § 253 Absatz 3 Satz 5 und 6 sind jeweils gesondert auszuweisen oder im Anhang anzugeben. Erträge und Aufwendungen aus Verlustübernahme und auf Grund einer Gewinngemeinschaft, eines Gewinnabführungs- oder eines Teilgewinnabführungsvertrags erhaltene oder abgeführte Gewinne sind jeweils gesondert unter entsprechender Bezeichnung auszuweisen.

(4) (weggefallen)

(5) Erträge aus der Abzinsung sind in der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert unter dem Posten „Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge“ und Aufwendungen gesondert unter dem Posten „Zinsen und ähnliche Aufwendungen“ auszuweisen. Erträge aus der Währungsumrechnung sind in der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert unter dem Posten „Sonstige betriebliche Erträge“ und Aufwendungen aus der Währungsumrechnung gesondert unter dem Posten „Sonstige betriebliche Aufwendungen“ auszuweisen.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.