Finanzgericht München Urteil, 07. Dez. 2017 - 13 K 3477/16

bei uns veröffentlicht am07.12.2017

Gericht

Finanzgericht München

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Streitig ist, ob Aufwendungen für eine Primizfeier Werbungskosten aus nichtselbständiger Tätigkeit als katholischer Pfarrer sind.

Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als katholischer Priester. Er wurde am ... 2013 zum Priester geweiht. Am nächsten Tag fand in seiner Heimat A der Primizgottesdienst mit Primizfeier statt. Ab September 2013 war der Kläger als Kaplan in B eingesetzt.

In seiner Einkommensteuererklärung für 2013 machte der Kläger u.a. Aufwendungen für die Primizfeier i.H.v. 2.308,61 € als Werbungskosten geltend. Diese setzen sich wie folgt zusammen, wobei die Abrechnung über das katholische Pfarramt in A erfolgte:

Verpflegung und Zelt 10.818,23 €

Kostenanteil Pfarrei - 5.317,33 €

Kostenanteil Gemeinde - 1.500,00 €

Fahnenbänder 533,83 €

abzgl. Kollekte - 1.277,02 €

abzgl. Erlös Festzeichen - 949,10 €

verbleiben 2.308,61 €

Von der Pfarrei wurden die weiteren Kosten für Festhefte, Orchester, Buskosten, Kirchen- und Blumenschmuck, sowie Fotograf (insgesamt 2.725,28 €) in voller Höhe getragen.

Die geltend gemachten Aufwendungen erkannte das ... nicht an.

Mit seiner Klage wendet sich der Kläger weiterhin gegen die Nichtberücksichtigung der Aufwendungen für die Primizfeier als Werbungskosten. Er trägt vor, dass die Primizfeier nicht den Charakter einer privaten Feier aufweise, sondern ein entscheidendes Ereignis für den Berufseintritt darstelle. Ein Indiz für die berufliche Veranlassung sei darin zu sehen, dass die Veranstaltung im Wesentlichen nicht vom Kläger organisiert und ausgerichtet worden sei.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2013 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten i.H.v. 2.309 € zu berücksichtigen und die Einkommensteuer auf ... € herabzusetzen.

Das ... beantragt,

die Klage abzuweisen.

II.

Die Klage ist unbegründet.

Das ... hat zu Recht die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für die Primizfeier nicht als Werbungskosten anerkannt.

1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Die Aufwendungen müssen mit einer bestimmten Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und durch den Beruf veranlasst sein. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH, vgl. z. B. Urteile vom 22.06.2006 VI R 61/02, BStBl II 2006, 782; vom 27.08.2013 VIII R 3/11, BFHE 243, 192). Maßgeblich dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die – wertende – Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen „auslösenden Moments“, zum anderen dessen Zuweisung zur einkommensteuerlich relevanten Erwerbssphäre. Dabei bilden die Gründe, die den Steuerpflichtigen zu den Aufwendungen bewogen haben, das auslösende Moment (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 20.01.2016 VI R 24/15, BStBl II 2016, 744).

Dagegen dürfen Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch dann nicht als Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG).

2. Für die Beurteilung, ob Aufwendungen für eine Feier beruflich oder privat veranlasst sind, ist in erster Linie auf den Anlass der Feier abzustellen. Indes ist der Anlass einer Feier nur ein erhebliches Indiz, nicht aber das alleinentscheidende Kriterium für die Beurteilung der beruflichen oder privaten Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen. Herausgehobene Geburtstage oder Dienstjubiläen sind grundsätzlich als persönliche Ereignisse der privaten Sphäre des betreffenden Steuerpflichtigen zuzurechnen. Daher sind die im Zusammenhang mit solchen Ereignissen stehenden Aufwendungen regelmäßig auch durch die gesellschaftliche oder wirtschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen veranlasst und nicht als Werbungskosten anzuerkennen. Trotz eines herausgehobenen persönlichen Ereignisses kann sich aus den übrigen Umständen des Einzelfalls ergeben, dass die Aufwendungen für die Feier beruflich veranlasst sind. Umgekehrt begründet ein Ereignis in der beruflichen Sphäre allein nicht die Annahme, die Aufwendungen für eine Feier seien (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst. Denn auch diese Ereignisse werden häufig im Rahmen eines privaten Festes begangen, zu dem z. B. auch befreundete Arbeitskollegen eingeladen werden. Ob die Aufwendungen Werbungskosten sind, ist daher anhand weiterer Kriterien zu beurteilen. So ist von Bedeutung, wer als Gastgeber auftritt, wer die Gästeliste bestimmt, ob es sich bei den Gästen um Kollegen, Geschäftsfreunde oder Mitarbeiter (des Steuerpflichtigen oder des Arbeitgebers), um Angehörige des öffentlichen Lebens, der Presse, um Verbandsvertreter oder um private Bekannte oder Angehörige des Steuerpflichtigen handelt. Zu berücksichtigen ist außerdem, an welchem Ort die Veranstaltung stattfindet, ob sich die finanziellen Aufwendungen im Rahmen vergleichbarer betrieblicher Veranstaltungen bewegen und ob das Fest den Charakter einer privaten Feier aufweist oder ob das nicht der Fall ist (vgl. BFH-Urteil vom 20.01.2016 VI R 24/15, BStBl II 2016, 744 m.w.N.; BFH-Beschluss vom 24.09.2013 VI R 35/11, BFH/NV 2014, 500).

3. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze hat das ... zu Recht die dem Kläger entstandenen Aufwendungen für die Feier nach der Primiz – Verpflegung, Zelt und Festzeichen – nicht als Werbungskosten anerkannt.

3.1. Durch die Priesterweihe als Sakrament der katholischen Kirche wird der Geweihte beauftragt, in besonderer Weise dem kirchlichen Leben zu dienen, nicht jedoch in ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis oder Beschäftigungsverhältnis im kirchlichen Dienst berufen (vgl. BFH-Urteil vom 20.01.2016 VI R 24/15, BStBl II 2016, 744 Rz. 13). Erst mit seiner bischöflichen Ernennung zum Pfarrer/Kaplan tritt der neu geweihte Priester in ein Dienstbzw. Arbeitsverhältnis ein.

Die Primiz ist die erste heilige Messe, die ein Neupriester wenige Tage nach seiner Weihe selbständig in seiner Heimatgemeinde feiert, die auch von dieser regelmäßig ausgerichtet wird. Nach der Eucharistiefeier entfaltet sich die Primiz zu einem kirchlichen Volksfest, wo beim gemeinsamen Essen und Trinken und in vielen Gratulationen, Grußworten und Geschenken die Freude darüber zum Ausdruck kommt, dass ein Mitglied aus der Heimatgemeinde Priester geworden ist (www...de; www...de). Aus diesem Grunde beteiligt sich die Heimatgemeinde bzw. die Heimatpfarrei an den dadurch anfallenden Kosten.

3.2. Die Priesterweihe und die sich anschließende Primiz waren für den Kläger ohne Zweifel herausragende Ereignisse in seinem Leben. Allerdings eröffnete nur die Priesterweihe dem Kläger die Möglichkeit als Pfarrer/Kaplan tätig zu werden.

Die Primiz hingegen, die der Kläger als neu geweihter Priester in seiner Heimatgemeinde A feierte, ist für die künftige Tätigkeit als Pfarrer nicht Voraussetzung und stand im Streitfall auch nicht mit einem Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis im Zusammenhang, sondern war durch die gesellschaftliche Stellung des Klägers in seiner Heimatgemeinde A veranlasst.

Nach der Einlassung des Klägers im Einspruchsverfahren war Gastgeber der Primizfeier die Pfarrei A, mit der der Kläger kein Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis begründet hatte.

Zwar ist es nicht unüblich, zu einer solchen Feier auch Vertreter der Kirchen, öffentlicher Einrichtungen und Behörden, wie z. B. den Bürgermeister und die Gemeinderäte, einzuladen, jedoch sind regelmäßig auch die Angehörigen, Freunde, Schulkameraden, Studienkollegen usw. als Gäste geladen, die eine persönliche Beziehung zum Primizianten haben. Es handelt sich dabei nicht um Personen, die deshalb eingeladen werden, um berufliche Kontakte und ein gutes Betriebsklima zu pflegen.

Für seinen ersten Gottesdienst sind dem Kläger keine Aufwendungen entstanden. Dieser Gottesdienst wurde vielmehr von der heimatlichen Pfarrgemeinde ausgerichtet und die Kosten hierfür (z.B. Orchester, Blumenschmuck) von ihr übernommen. Für die anschließende Feier mit Verpflegung in einem Zelt und für die Fahnenbänder hat der Kläger nur einen Teil der Kosten übernommen. Ein Großteil dieser Kosten (ca. 80%) wurde von der Pfarrgemeinde getragen und war durch die Kollekte und den Erlös der Festzeichen gedeckt.

Der Auffassung des erkennenden Senats steht die Entscheidung des BFH vom 08.07.2015 (VI R 46/14, BStBl II 2015,1013) nicht entgegen. In dem vom BFH entschiedenen Fall wurde der Bestellung zum Steuerberater der überwiegend berufsbezogene Charakter zugesprochen. Mit der Bestellung zum Steuerberater ist der Steuerpflichtige befähigt, sofort in diesem Beruf tätig zu werden, ohne dass es eines weiteren Aktes, wie die Begründung eines Arbeitsverhältnisses, bedarf. Dies wiederum unterscheidet sich von der Priesterweihe, die nur die Möglichkeit eröffnet, ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis als Pfarrer einzugehen (vgl. BFH-Urteil vom 20.01.2016 VI R 24/15, BStBl II 2016, 744 Rz. 13). Daneben war auch in dem vom BFH entschiedenen Fall durch das Finanzgericht noch zu prüfen, ob die Einladung von Kollegen primär in der bestandenen Steuerberatungsprüfung gründete und nicht von privaten Neigungen bestimmt war. Ob dies zu bejahen ist, ist von den Umständen des Einzelfalles abhängig.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Urteilsbesprechung zu Finanzgericht München Urteil, 07. Dez. 2017 - 13 K 3477/16

Urteilsbesprechungen zu Finanzgericht München Urteil, 07. Dez. 2017 - 13 K 3477/16

Referenzen - Gesetze

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Einkommensteuergesetz - EStG | § 12


Soweit in § 10 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, 7 und 9 sowie Absatz 1a Nummer 1, den §§ 10a, 10b und den §§ 33 bis 33b nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden 1. die für
Finanzgericht München Urteil, 07. Dez. 2017 - 13 K 3477/16 zitiert 3 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Einkommensteuergesetz - EStG | § 12


Soweit in § 10 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, 7 und 9 sowie Absatz 1a Nummer 1, den §§ 10a, 10b und den §§ 33 bis 33b nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden 1. die für

Referenzen - Urteile

Finanzgericht München Urteil, 07. Dez. 2017 - 13 K 3477/16 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Finanzgericht München Urteil, 07. Dez. 2017 - 13 K 3477/16 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesfinanzhof Urteil, 20. Jan. 2016 - VI R 24/15

bei uns veröffentlicht am 20.01.2016

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 3. Dezember 2014  4 K 28/14 aufgehoben und der Einkommensteuerbescheid 2006 vom 16. Juli 2008 in Gestalt

Bundesfinanzhof Urteil, 27. Aug. 2013 - VIII R 3/11

bei uns veröffentlicht am 27.08.2013

Tatbestand 1 I. Die Beteiligten streiten über den Abzug von Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder aus Kapitalvermögen.

Referenzen

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten über den Abzug von Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder aus Kapitalvermögen.

2

Die verheirateten Kläger und Revisionskläger (Kläger) werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist mit 62,5 % an der X GmbH (GmbH) beteiligt und zugleich deren angestellter Geschäftsführer. Die anderen GmbH-Gesellschafter sind seine Mutter zu 30 % und sein Vater zu 7,5 %.

3

Die GmbH nahm 1995 zum Kauf eines Betriebsgrundstücks ein Darlehen bei dem Kreditinstitut Y auf. Der Kläger wurde in das Finanzierungskonzept eingebunden. Dazu heißt es in dem Protokoll einer Gesellschafterversammlung der GmbH vom 1. Dezember 1995:

4

"Herr A beabsichtigt, zwecks Mitfinanzierung des ... käuflich erworbenen Gebäudekomplexes ... für Tilgungszwecke eine Lebensversicherung einzusetzen. Die Gesellschafter sind damit einverstanden, dass er seinen hierfür zu entrichtenden Beitrag jeweils im Darlehenswege von der Gesellschaft erhält. Voraussetzung: Bei Ablauf der Versicherung ist die Auszahlung der Versicherungssumme an ihn zur Tilgung des insgesamt entstandenen Darlehens zu verwenden. Als Zinssatz werden 2 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank vereinbart. Der Mittelzufluss ist zwingend von der Gesellschaft zur Tilgung des Darlehens betreffend 'Gebäudekomplex' zu verwenden."

5

Dementsprechend schloss der Kläger 1995 einen Vertrag über eine Lebensversicherung ab, und die GmbH gewährte ihm sukzessive ein verzinsliches Darlehen (Refinanzierungsdarlehen) in Höhe der für die Lebensversicherung anfallenden Beiträge. Die Ansprüche aus der Lebensversicherung trat der Kläger zur Sicherung des der GmbH gewährten Investitionsdarlehens an das Kreditinstitut Y ab.

6

2002 schloss die GmbH weitere Verträge über die Aufnahme von Darlehen zum Hochbau und zur Erweiterung der Gewerbeimmobilie. Auch insoweit sollte die Tilgung durch Lebensversicherungen erfolgen, die der Kläger persönlich bei zwei anderen Versicherungsgesellschaften abschloss. Wiederum gab die GmbH dem Kläger die zur Leistung der Versicherungsbeiträge erforderlichen Geldmittel als Darlehen.

7

Die Leistung aus dem 1995 abgeschlossenen Versicherungsvertrag wurde im Dezember 2010 fällig. Die Versicherung überwies den Auszahlungsbetrag auf Weisung des Kreditinstituts Y in voller Höhe an dieses.

8

In ihrer Einkommensteuererklärung für 2004 (Streitjahr) erklärten die Kläger im Zusammenhang mit den Lebensversicherungen stehende Schuldzinsen in Höhe von insgesamt 10.615 € als Werbungskosten, die der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) jedoch nicht berücksichtigte. Einspruch und Klage gegen die Steuerfestsetzung blieben erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1054 veröffentlicht.

9

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung von Bundesrecht.

10

Der Refinanzierungsaufwand in Form der Zinsen stehe in einem Veranlassungszusammenhang i.S. des § 9 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit steuerpflichtigen Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen und vorgreiflich solchen aus nichtselbständiger Arbeit. Es genüge ein nur mittelbarer Zusammenhang zwischen Aufwendungen und Einkünften.

11

In Bezug auf die Finanzierung der Investitionsdarlehen bestehe zwischen dem Kläger und der GmbH eine derart enge Verflechtung, dass aufgrund einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung die dem Kläger durch die Auslagerung der Tilgungsansparung auf ihn entstandenen Aufwendungen als Werbungskosten zu berücksichtigen seien. Auf Verlangen des Kreditinstituts Y sei er in das Finanzierungskonzept zum Erwerb der Wirtschaftsgüter durch die GmbH eingebunden worden und habe diesem Konzept ausschließlich zu Gunsten der GmbH zugestimmt. Die steuerliche Berücksichtigung der Refinanzierungskosten sei auch unter dem Gesichtspunkt der Finanzierungsfreiheit geboten.

12

Im Übrigen seien die Aufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig, weil sie im Zusammenhang mit einem unentgeltlich erbrachten Beitrag eines Gesellschafters zum Gesellschaftszweck stünden (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. Mai 2001 VIII R 32/00, BFHE 195, 302, BStBl II 2001, 668).

13

Was die Zuordnung zu einer Einkunftsart angehe, kämen für den Kläger im Zusammenhang mit der GmbH sowohl Einkünfte gemäß § 19 Abs. 1 EStG als auch Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Betracht. Der Zusammenhang mit dem Geschäftsführergehalt sei wirtschaftlich bedeutender. Ausschüttungen der GmbH seien nicht zu erwarten gewesen und könnten folglich nicht das vorrangige Motiv des Klägers gewesen sein.

14

Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil des Schleswig-Holsteinischen FG vom 2. Februar 2011  2 K 287/07 aufzuheben und unter Änderung des Steuerbescheides vom 16. Dezember 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. September 2007 die Steuer unter Berücksichtigung von Schuldzinsen in Höhe von 10.615 € als weitere Werbungskosten neu festzusetzen.

15

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

16

II. Die Revision der Kläger ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das angefochtene Urteil hält im Ergebnis revisionsrechtlicher Prüfung stand.

17

1. Die zwischen dem Kläger und der GmbH vereinbarten Zinsen auf die sukzessive --in Höhe der Beiträge zu den vom Kläger auf sein Leben abgeschlossenen Lebensversicherungen-- gewährten Refinanzierungsdarlehen sind im Streitjahr nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen.

18

a) Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH liegen Werbungskosten dann vor, wenn zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen ein Veranlassungszusammenhang besteht. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Beruf zusammenhängen und subjektiv zu dessen Förderung getätigt werden (zuletzt BFH-Urteile vom 22. Juni 2006 VI R 61/02, BFHE 213, 566, BStBl II 2006, 782; vom 19. Dezember 2005 VI R 65/04, BFH/NV 2006, 1075, und VI R 63/01, BFH/NV 2006, 728, jeweils m.w.N.).

19

Werbungskosten sind auch Schuldzinsen, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG). Dabei kann auch ein mittelbarer Zusammenhang genügen, wenn der wirtschaftliche Zusammenhang mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit gewahrt bleibt; das auslösende Moment für die Aufwendungen muss der einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre zuzuordnen sein (Schmidt/Loschelder, EStG, 32. Aufl., § 9 Rz 8, m.w.N.).

20

b) Im Streitfall kann das auslösende Moment für die Zinsaufwendungen bei wertender Betrachtung nicht der einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre zugeordnet werden.

21

aa) Nach der Gesamtkonzeption der Immobilienfinanzierung sollte nicht die GmbH ihr Immobiliendarlehen in Raten tilgen, sondern der Kläger sollte für die GmbH Vermögen (in Gestalt der Lebensversicherungen) ansparen, das mit Ablauf der Versicherungsverträge dann zur vollständigen Tilgung eingesetzt werden sollte. Teil der diesem Zweck dienenden rechtlichen Konstruktion war es, die Versicherungsbeiträge aus verzinslichen Darlehen zu erbringen, die die GmbH dem Kläger gewährte. Durch die Verwendung der Ablaufleistungen der Lebensversicherungen haben der Kläger --auf abgekürztem Zahlungsweg-- seine Schuld bei der GmbH und gleichzeitig die GmbH das Immobiliendarlehen bei dem Kreditinstitut Y getilgt.

22

Es kann offenbleiben, ob diese Gestaltung als missbräuchlich i.S. von § 42 der Abgabenordnung zu beurteilen ist. Dafür spricht, dass sie zu einer planmäßigen Mehrfachbegünstigung des Klägers durch Sonderausgabenabzug der Versicherungsbeiträge, Steuerbefreiung der Zinsen aus den Versicherungen und Werbungskostenabzug der an die GmbH geleisteten Kreditzinsen führen sollte, ohne dass der Kläger wirtschaftlich mit entsprechenden Aufwendungen belastet war. Zugleich wurde damit der GmbH im Ergebnis der Vorteil der steuerfreien Zinsen aus den Lebensversicherungen zugewendet, obwohl dieser Vorteil nach dem Gesetz nur natürlichen Personen zusteht. Jedenfalls kommt ein Abzug der Schuldzinsen als Werbungskosten aus den nachfolgenden Gründen nicht in Betracht.

23

bb) Die streitbefangenen Schuldzinsen waren nicht durch das Dienstverhältnis des Klägers als Geschäftsführer der GmbH veranlasst. Grundsätzlich steht bei dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft der wirtschaftliche Zusammenhang von Aufwendungen mit den Einkünften aus Kapitalvermögen im Vordergrund und verdrängt die Beziehung zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (Senatsurteil vom 25. Juli 2000 VIII R 35/99, BFHE 193, 264, BStBl II 2001, 698, m.w.N.). Ist der Arbeitnehmer einer GmbH in nicht nur unbedeutendem Umfang an ihr beteiligt, so ist die Übernahme einer Bürgschaft oder anderer Sicherheiten zu Gunsten der GmbH regelmäßig nicht durch die berufliche Tätigkeit, sondern durch die Gesellschafterstellung des Arbeitnehmers veranlasst (Senatsurteil vom 5. Oktober 2004 VIII R 64/02, BFH/NV 2005, 54). Davon ist auch im Streitfall auszugehen. Damit steht im Einklang, dass die Kläger im Klageverfahren selbst ausdrücklich bekundet haben, die Lebensversicherungen seien nur zur Unterstützung der GmbH abgeschlossen worden und der Kläger habe damit keine darüber hinausgehenden eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt.

24

Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus dem sinngemäßen Vortrag der Kläger, das gewählte Finanzierungskonzept sei zum wirtschaftlichen Überleben der GmbH und zur Sicherung des Arbeitsplatzes des Klägers als Geschäftsführer erforderlich gewesen. Offensichtlich verfügte die GmbH über die finanziellen Mittel zur Leistung der Versicherungsbeiträge, während der Kläger hierfür Kreditmittel in Anspruch genommen hat.

25

cc) Ein Abzug der Zinsen als Werbungskosten kommt auch nicht wegen eines Veranlassungszusammenhangs mit Kapitaleinkünften aus der Beteiligung des Klägers an der GmbH (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG) in Betracht.

26

Bei der Ermittlung des für die steuerliche Beurteilung maßgeblichen Veranlassungszusammenhangs kommt es entscheidend auf die tatsächliche Verwendung des aufgenommenen Darlehens an (Senatsurteil in BFHE 193, 264, BStBl II 2001, 698, m.w.N.). Im Streitfall ist dies die Leistung der Versicherungsbeiträge durch den Kläger als Versicherungsnehmer, die ihrerseits zur Abdeckung eines außerbetrieblichen, privaten (Todesfall-)Risikos dienten (vgl. z.B. Senatsurteil vom 19. Mai 2009 VIII R 6/07, BFHE 225, 119, BStBl II 2010, 168) und zur Erwirtschaftung steuerfreier Zinsen auf den Sparanteil führten. Die Steuerfreiheit der Zinsen aus sämtlichen hier in Betracht kommenden Lebensversicherungen ist ausweislich der vorliegenden Akten durch gesonderte Bescheide festgestellt worden. Nach § 3c EStG dürfen mit diesen steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Ausgaben nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Der BFH hat dazu mehrfach entschieden, dass Kreditzinsen für die Fremdfinanzierung von Beiträgen zu einer Lebensversicherung, die nicht zu Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG führt, nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden können (Senatsurteile in BFHE 193, 264, BStBl II 2001, 698; vom 17. Dezember 1996 VIII R 39/95, BFH/NV 1997, 644).

27

Dies gilt auch für den Streitfall. Ist der Werbungskostenabzug wegen des unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs der Zinsen mit steuerfreien Einnahmen durch § 3c EStG ausgeschlossen, kann dieses Abzugsverbot nicht durch einen entfernteren, allenfalls mittelbaren Zusammenhang mit anderen Einnahmen, hier insbesondere im Zusammenhang mit Einkünften aus Kapitalvermögen (Gewinne und sonstige Bezüge aus Anteilen an der GmbH, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG), aufgehoben oder überlagert werden. Der von der Rechtsprechung in anderem Zusammenhang getroffenen Aussage, dass auch ein nur mittelbarer Zusammenhang zwischen Aufwendungen und Einkünften den Abzug der Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten erlauben kann, kommt im Streitfall deshalb keine Bedeutung zu.

28

aaa) Die Kläger können sich nicht mit Erfolg auf die Entscheidung des BFH vom 25. Februar 2009 IX R 62/07 (BFHE 224, 351, BStBl II 2009, 459) berufen. Sie betraf einen nicht vergleichbaren Sachverhalt, aus dem sich auch ein anderer Veranlassungszusammenhang als im Streitfall ergibt. Dort ging es um den Einsatz mehrerer refinanzierter Kapitallebensversicherungen für eigene Investitionen des Steuerpflichtigen und Zinsschuldners, konkret um den Erwerb von Immobilien als Einkunftsquellen.

29

Der Kläger verwendete überdies die Geldmittel aus den Lebensversicherungen nicht einmal zur Finanzierung der Investitionen der GmbH --wie dies bei der Leistung einer offenen oder verdeckten Einlage in die GmbH ggf. der Fall sein könnte--, soweit er mit ihnen tatsächlich nur seine aufgelaufenen Darlehensschulden bei der GmbH tilgte, die GmbH also nur dargeliehene Geldmittel wiedererlangte.

30

Die vorliegende Entscheidung divergiert deshalb nicht von dem angeführten Urteil des IX. Senats (in BFHE 224, 351, BStBl II 2009, 459). Dies gilt im Besonderen hinsichtlich der im Streitfall entscheidenden Vorschrift des § 3c EStG, zu der sich das Urteil des IX. Senats nicht verhält.

31

bbb) Auch der Vortrag der Revision, die Zinsaufwendungen seien im Zusammenhang mit einer unentgeltlichen Hilfestellung für die GmbH erwachsen, rechtfertigt im Hinblick auf § 3c Abs. 1 EStG keine andere Beurteilung.

32

Zudem betrafen die Entscheidungen des BFH, die die Kläger in diesem Zusammenhang zitieren (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86, BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348; BFH-Urteil vom 14. März 1989 I R 8/85, BFHE 156, 452, BStBl II 1989, 633; Senatsurteil in BFHE 195, 302, BStBl II 2001, 668), wiederum Sachverhalte, die sich erheblich vom Streitfall unterscheiden. Dort ging es um Aufwendungen von Gesellschaftern einer GmbH, die im Veranlassungszusammenhang mit der Überlassung von Wirtschaftsgütern oder der Erbringung von Dienstleistungen vom Gesellschafter an die GmbH standen, ohne dass --im Unterschied zum Streitfall-- der Gesellschafter seine Leistungen durch ein Darlehen der Gesellschaft erbracht hat.

33

2. Offenbleiben kann ferner, ob die streitbefangenen Zinsen im Streitjahr i.S. von § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG geleistet worden sind, was angesichts des Klägervortrags im Revisionsverfahren fragwürdig erscheint, wonach die GmbH dem Kläger auch die Zinsen als Darlehen zur Verfügung gestellt hat.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 3. Dezember 2014  4 K 28/14 aufgehoben und der Einkommensteuerbescheid 2006 vom 16. Juli 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2014 insoweit abgeändert, als Aufwendungen in Höhe von 833,73 € als weitere Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden.

Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Aufwendungen für eine Feier anlässlich eines 40-jährigen Dienstjubiläums als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar sind.

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war im Streitjahr (2006) als Beamter beim Finanzamt A beschäftigt. Im April 2006 beging er sein 40-jähriges Dienstjubiläum und lud aus diesem Anlass an einem Montag für die Zeit von 11 Uhr bis 13 Uhr zu einer Feier in den Sozialraum des Finanzamtes A ein. Die Einladung richtete er per E-Mail an alle Amtsangehörigen des Finanzamts A sowie an die in dem Amtsgebäude ebenfalls tätigen Bediensteten des Finanzamts für Großbetriebsprüfung. Zur Bewirtung der Gäste bestellte er für 50 Personen Häppchen und kaufte Wein und Sekt ein. Die ihm durch die Feier entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 833,73 € machte er im Streitjahr als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.

3

Das Finanzamt A erkannte die Aufwendungen nicht als Werbungskosten an. Den hiergegen erhobenen Einspruch wies der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt B --FA--), in dessen Zuständigkeitsbereich der Kläger während des Einspruchsverfahrens verzogen ist, als unbegründet zurück. Die Klage wies das Finanzgericht (FG) ab.

4

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

5

Er beantragt,
das Urteil des Niedersächsischen FG vom 3. Dezember 2014  4 K 28/14 sowie die Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2014 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 16. Juli 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2014 dahingehend zu ändern, dass Aufwendungen für ein Dienstjubiläum in Höhe von insgesamt 833,73 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden.

6

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die von dem Kläger geltend gemachten Aufwendungen für die Feier anlässlich seines 40-jährigen Dienstjubiläums zu Unrecht nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.

8

1. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liegen Werbungskosten vor, wenn zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen ein Veranlassungszusammenhang besteht. Davon ist auszugehen, wenn die Aufwendungen mit der Einkünfteerzielung objektiv zusammenhängen und ihr subjektiv zu dienen bestimmt sind, d.h. wenn sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit stehen. Maßgeblich dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die --wertende-- Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen "auslösenden Moments", zum anderen dessen Zuweisung zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre. Dabei bilden die Gründe, die den Steuerpflichtigen zu den Aufwendungen bewogen haben, das auslösende Moment (Senatsurteil vom 8. Juli 2015 VI R 46/14, BFHE 250, 392, BStBl II 2015, 1013).

9

2. Nach diesen Grundsätzen ist auch zu klären, ob und in welchem Umfang die von einem Arbeitnehmer für die Durchführung einer Veranstaltung oder Feier getragenen Kosten als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Abzug gebracht werden können.

10

a) Für die danach erforderliche Beurteilung, ob die Aufwendungen beruflich oder privat veranlasst sind, ist nach der Rechtsprechung des Senats in erster Linie auf den Anlass der Feier abzustellen. Indes ist der Anlass einer Feier nur ein erhebliches Indiz, nicht aber das alleinentscheidende Kriterium für die Beurteilung der beruflichen oder privaten Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen. Trotz eines herausgehobenen persönlichen Ereignisses kann sich aus den übrigen Umständen des Einzelfalls ergeben, dass die Aufwendungen für die Feier beruflich veranlasst sind. Umgekehrt begründet ein Ereignis in der beruflichen Sphäre allein nicht die Annahme, die Aufwendungen für eine Feier seien (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst. Denn auch diese Ereignisse werden häufig im Rahmen eines privaten Festes unter Einschluss befreundeter Arbeitskollegen begangen. Ob die Aufwendungen Werbungskosten sind, ist daher anhand weiterer Kriterien zu beurteilen. So ist von Bedeutung, wer als Gastgeber auftritt, wer die Gästeliste bestimmt, ob es sich bei den Gästen um Kollegen, Geschäftsfreunde oder Mitarbeiter (des Steuerpflichtigen oder des Arbeitgebers), um Angehörige des öffentlichen Lebens, der Presse, um Verbandsvertreter oder um private Bekannte oder Angehörige des Steuerpflichtigen handelt. Zu berücksichtigen ist außerdem, an welchem Ort die Veranstaltung stattfindet, ob sich die finanziellen Aufwendungen im Rahmen vergleichbarer betrieblicher Veranstaltungen bewegen und ob das Fest den Charakter einer privaten Feier aufweist oder ob das nicht der Fall ist (Senatsurteile vom 11. Januar 2007 VI R 52/03, BFHE 216, 320, BStBl II 2007, 317; vom 1. Februar 2007 VI R 25/03, BFHE 216, 522, BStBl II 2007, 459; vom 10. Juli 2008 VI R 26/07, BFH/NV 2008, 1831; in BFHE 250, 392, BStBl II 2015, 1013; Senatsbeschluss vom 24. September 2013 VI R 35/11, BFH/NV 2014, 500).

11

b) Da Personen, die zusammen arbeiten, häufig auch private Kontakte untereinander pflegen, kann für die Zuordnung der Aufwendungen zum beruflichen oder privaten Bereich ferner bedeutsam sein, ob nur ausgesuchte Arbeitskollegen eingeladen werden oder ob die Einladung nach allgemeinen Kriterien ausgesprochen wird. Werden Arbeitskollegen wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten betrieblichen Einheit (z.B. alle Arbeitnehmer einer Abteilung) oder nach ihrer Funktion, die sie innerhalb des Betriebes ausüben (z.B. alle Außendienstmitarbeiter oder Auszubildenden), eingeladen, legt dies den Schluss nahe, dass die Aufwendungen für diese Gäste (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst sind, und zwar auch dann, wenn der Steuerpflichtige zu einzelnen dieser nach abstrakten berufsbezogenen Gründen eingeladenen Kollegen freundschaftlichen Kontakt pflegen sollte. Werden demgegenüber nur einzelne Arbeitskollegen eingeladen, kann dies auf eine nicht nur unerhebliche private Mitveranlassung der Aufwendungen für diese Gäste schließen lassen und ein Abzug deshalb ausscheiden (Senatsurteil in BFHE 250, 392, BStBl II 2015, 1013).

12

c) In Bezug auf den Anlass einer Feier ist zu berücksichtigen, dass ein Dienstjubiläum ein berufsbezogenes Ereignis ist. Denn der Beschäftigte wird im Rahmen eines Dienstjubiläums für seine langjährige, treue Pflichterfüllung gegenüber dem Dienstherrn geehrt (vgl. Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz Kommentar, BBG 2009, § 84 Rz 4 ff. zur Ehrung von Dienstjubilaren im Bundesdienst). Mit dem Dienstjubiläum spricht der Dienstherr dem Beamten Dank und Anerkennung für treu geleistete Dienste aus (Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Februar 1994  4 S 2410/93, Informationsdienst Öffentliches Dienstrecht 1994, 174). Bei einem Dienstjubiläum steht mithin die Würdigung der vom Beamten für den Dienstherrn geleisteten Dienste im Vordergrund. Es ist damit Teil der Berufstätigkeit des Beamten.

13

Dieser Erkenntnis steht der Senatsbeschluss in BFH/NV 2014, 500 zum "Priesterjubiläum" nicht entgegen. Denn eine Feier aus Anlass der Priesterweihe vor 25 Jahren erinnert an das empfangene Weihesakrament und hat keinen Berufsbezug. Durch die Priesterweihe wird der Geweihte beauftragt, in besonderer Weise dem kirchlichen Leben zu dienen (www.bistummainz.de), nicht jedoch in ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis oder Beschäftigungsverhältnis als Arbeitnehmer (Tarifbeschäftigter) im kirchlichen Dienst berufen.

14

Auch weicht der Senat mit der Auffassung, dass ein Dienstjubiläum ein berufsbezogenes Ereignis ist, nicht vom BFH-Urteil vom 8. März 1990 IV R 108/88 (BFH/NV 1991, 436) ab. Zwar hat der BFH dort Aufwendungen eines Beamten anlässlich eines Dienstjubiläums als Kosten der Lebensführung und nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit beurteilt. Dem liegt aber nicht die Rechtsauffassung zugrunde, dass ein Dienstjubiläum ein privates Ereignis sei. Vielmehr hat der BFH den Abzug als Werbungskosten wegen der Besonderheiten des dortigen Streitfalls versagt. Es handelte sich bei der in dem BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 436 zu beurteilenden Feier um eine gesellschaftliche Veranstaltung (Empfang) mit rund 250 geladenen Personen des öffentlichen Lebens, die vom dortigen Kläger --ebenfalls einer Persönlichkeit des öffentlichen Lebens-- zur Erfüllung seiner Repräsentationspflichten, die die gehobene berufliche Position mit sich brachte, ausgerichtet wurde. So verhält es sich im Streitfall jedoch gerade nicht.

15

3. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil kann deshalb keinen Bestand haben. Zum einen hat es seiner Entscheidung die unzutreffende Prämisse zugrunde gelegt, dass die Begehung eines Dienstjubiläums ein privates und kein dienstliches (berufliches) Ereignis ist. Zum anderen hat es außer Acht gelassen, dass nach der Senatsentscheidung in BFHE 250, 392, BStBl II 2015, 1013, die das FG bei seiner Entscheidung allerdings noch nicht kennen konnte, der Schluss naheliegt, dass Aufwendungen für eine Feier (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst sind, wenn nicht nur ausgesuchte Gäste aus dem beruflichen Umfeld eingeladen, sondern die Einladungen nach abstrakten berufsbezogenen Kriterien (z.B. alle Auszubildenden, alle Zugehörigen einer bestimmten Abteilung) ausgesprochen werden.

16

4. Die Sache ist entscheidungsreif. Zwar ist der BFH grundsätzlich daran gehindert, die festgestellten Tatsachen selbst zu würdigen. Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn das FG alle für die Tatsachenwürdigung erforderlichen Tatsachen festgestellt hat und diese Feststellungen nach den Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungssätzen für eine bestimmte Schlussfolgerung sprechen, die das FG nicht gezogen hat (BFH-Urteil vom 5. November 2013 VIII R 20/11, BFHE 243, 481, BStBl II 2014, 275; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 118 Rz 57). Dies ist vorliegend der Fall.

17

a) Nach den --mangels zulässiger und begründeter Revisionsrügen-- gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG beruhen die streitigen Bewirtungsaufwendungen des Klägers nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf privaten, der Lebensführung des Steuerpflichtigen zuzurechnenden Umständen. Sie sind vielmehr ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich veranlasst.

18

aa) Dies folgt zum einen aus dem dienstlichen (beruflichen) Anlass der Feier. Zum anderen wird dieser Schluss von dem Umstand getragen, dass der Kläger unterschiedslos alle Amtsangehörigen eingeladen hat.

19

bb) Schließlich sind im Streitfall auch keine durchgreifenden Umstände ersichtlich, die für eine private Veranlassung der vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen streiten. Vielmehr sprechen die maßvollen Kosten (ca. 830 € bei 50 Gästen), Veranstaltungsort (Sozialraum des Finanzamts) und -zeit (Montag von 11 Uhr bis 13 Uhr und damit zumindest teilweise während der Dienstzeit) sowie die "Genehmigung" der Feier durch die Amtsleitung gegen einen privaten Charakter der Feier.

20

b) Nach den auch insoweit --mangels zulässiger und begründeter Revisionsrügen-- gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG hat der Kläger den streitigen Betrag für Häppchen, Sekt und Wein tatsächlich verausgabt. Die Abzugsbeschränkung gemäß § 9 Abs. 5 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG kommt nicht zur Anwendung, wenn --wie vorliegend-- ein Arbeitnehmer aus beruflichem Anlass Aufwendungen für die Bewirtung von Arbeitskollegen trägt (Senatsurteil in BFH/NV 2008, 1831). Damit war der Klage im beantragten Umfang stattzugeben.

21

5. Da die Revision in der Sache Erfolg hat, kann offenbleiben, ob dem FG die von der Revision gerügten Verfahrensfehler unterlaufen sind (dazu Senatsurteil vom 18. Juni 2015 VI R 77/12, BFHE 250, 132, BStBl II 2015, 903, m.w.N.).

22

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Soweit in § 10 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, 7 und 9 sowie Absatz 1a Nummer 1, den §§ 10a, 10b und den §§ 33 bis 33b nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden

1.
die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge.2Dazu gehören auch die Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen;
2.
freiwillige Zuwendungen, Zuwendungen auf Grund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht und Zuwendungen an eine gegenüber dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gesetzlich unterhaltsberechtigte Person oder deren Ehegatten, auch wenn diese Zuwendungen auf einer besonderen Vereinbarung beruhen;
3.
die Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern sowie die Umsatzsteuer für Umsätze, die Entnahmen sind, und die Vorsteuerbeträge auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot der Nummer 1 oder des § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 bis 5, 7 oder Absatz 7 gilt; das gilt auch für die auf diese Steuern entfallenden Nebenleistungen;
4.
in einem Strafverfahren festgesetzte Geldstrafen, sonstige Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt, und Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen;
5.
(weggefallen)

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 3. Dezember 2014  4 K 28/14 aufgehoben und der Einkommensteuerbescheid 2006 vom 16. Juli 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2014 insoweit abgeändert, als Aufwendungen in Höhe von 833,73 € als weitere Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden.

Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Aufwendungen für eine Feier anlässlich eines 40-jährigen Dienstjubiläums als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar sind.

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war im Streitjahr (2006) als Beamter beim Finanzamt A beschäftigt. Im April 2006 beging er sein 40-jähriges Dienstjubiläum und lud aus diesem Anlass an einem Montag für die Zeit von 11 Uhr bis 13 Uhr zu einer Feier in den Sozialraum des Finanzamtes A ein. Die Einladung richtete er per E-Mail an alle Amtsangehörigen des Finanzamts A sowie an die in dem Amtsgebäude ebenfalls tätigen Bediensteten des Finanzamts für Großbetriebsprüfung. Zur Bewirtung der Gäste bestellte er für 50 Personen Häppchen und kaufte Wein und Sekt ein. Die ihm durch die Feier entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 833,73 € machte er im Streitjahr als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.

3

Das Finanzamt A erkannte die Aufwendungen nicht als Werbungskosten an. Den hiergegen erhobenen Einspruch wies der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt B --FA--), in dessen Zuständigkeitsbereich der Kläger während des Einspruchsverfahrens verzogen ist, als unbegründet zurück. Die Klage wies das Finanzgericht (FG) ab.

4

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

5

Er beantragt,
das Urteil des Niedersächsischen FG vom 3. Dezember 2014  4 K 28/14 sowie die Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2014 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 16. Juli 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2014 dahingehend zu ändern, dass Aufwendungen für ein Dienstjubiläum in Höhe von insgesamt 833,73 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden.

6

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die von dem Kläger geltend gemachten Aufwendungen für die Feier anlässlich seines 40-jährigen Dienstjubiläums zu Unrecht nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.

8

1. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liegen Werbungskosten vor, wenn zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen ein Veranlassungszusammenhang besteht. Davon ist auszugehen, wenn die Aufwendungen mit der Einkünfteerzielung objektiv zusammenhängen und ihr subjektiv zu dienen bestimmt sind, d.h. wenn sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit stehen. Maßgeblich dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die --wertende-- Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen "auslösenden Moments", zum anderen dessen Zuweisung zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre. Dabei bilden die Gründe, die den Steuerpflichtigen zu den Aufwendungen bewogen haben, das auslösende Moment (Senatsurteil vom 8. Juli 2015 VI R 46/14, BFHE 250, 392, BStBl II 2015, 1013).

9

2. Nach diesen Grundsätzen ist auch zu klären, ob und in welchem Umfang die von einem Arbeitnehmer für die Durchführung einer Veranstaltung oder Feier getragenen Kosten als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Abzug gebracht werden können.

10

a) Für die danach erforderliche Beurteilung, ob die Aufwendungen beruflich oder privat veranlasst sind, ist nach der Rechtsprechung des Senats in erster Linie auf den Anlass der Feier abzustellen. Indes ist der Anlass einer Feier nur ein erhebliches Indiz, nicht aber das alleinentscheidende Kriterium für die Beurteilung der beruflichen oder privaten Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen. Trotz eines herausgehobenen persönlichen Ereignisses kann sich aus den übrigen Umständen des Einzelfalls ergeben, dass die Aufwendungen für die Feier beruflich veranlasst sind. Umgekehrt begründet ein Ereignis in der beruflichen Sphäre allein nicht die Annahme, die Aufwendungen für eine Feier seien (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst. Denn auch diese Ereignisse werden häufig im Rahmen eines privaten Festes unter Einschluss befreundeter Arbeitskollegen begangen. Ob die Aufwendungen Werbungskosten sind, ist daher anhand weiterer Kriterien zu beurteilen. So ist von Bedeutung, wer als Gastgeber auftritt, wer die Gästeliste bestimmt, ob es sich bei den Gästen um Kollegen, Geschäftsfreunde oder Mitarbeiter (des Steuerpflichtigen oder des Arbeitgebers), um Angehörige des öffentlichen Lebens, der Presse, um Verbandsvertreter oder um private Bekannte oder Angehörige des Steuerpflichtigen handelt. Zu berücksichtigen ist außerdem, an welchem Ort die Veranstaltung stattfindet, ob sich die finanziellen Aufwendungen im Rahmen vergleichbarer betrieblicher Veranstaltungen bewegen und ob das Fest den Charakter einer privaten Feier aufweist oder ob das nicht der Fall ist (Senatsurteile vom 11. Januar 2007 VI R 52/03, BFHE 216, 320, BStBl II 2007, 317; vom 1. Februar 2007 VI R 25/03, BFHE 216, 522, BStBl II 2007, 459; vom 10. Juli 2008 VI R 26/07, BFH/NV 2008, 1831; in BFHE 250, 392, BStBl II 2015, 1013; Senatsbeschluss vom 24. September 2013 VI R 35/11, BFH/NV 2014, 500).

11

b) Da Personen, die zusammen arbeiten, häufig auch private Kontakte untereinander pflegen, kann für die Zuordnung der Aufwendungen zum beruflichen oder privaten Bereich ferner bedeutsam sein, ob nur ausgesuchte Arbeitskollegen eingeladen werden oder ob die Einladung nach allgemeinen Kriterien ausgesprochen wird. Werden Arbeitskollegen wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten betrieblichen Einheit (z.B. alle Arbeitnehmer einer Abteilung) oder nach ihrer Funktion, die sie innerhalb des Betriebes ausüben (z.B. alle Außendienstmitarbeiter oder Auszubildenden), eingeladen, legt dies den Schluss nahe, dass die Aufwendungen für diese Gäste (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst sind, und zwar auch dann, wenn der Steuerpflichtige zu einzelnen dieser nach abstrakten berufsbezogenen Gründen eingeladenen Kollegen freundschaftlichen Kontakt pflegen sollte. Werden demgegenüber nur einzelne Arbeitskollegen eingeladen, kann dies auf eine nicht nur unerhebliche private Mitveranlassung der Aufwendungen für diese Gäste schließen lassen und ein Abzug deshalb ausscheiden (Senatsurteil in BFHE 250, 392, BStBl II 2015, 1013).

12

c) In Bezug auf den Anlass einer Feier ist zu berücksichtigen, dass ein Dienstjubiläum ein berufsbezogenes Ereignis ist. Denn der Beschäftigte wird im Rahmen eines Dienstjubiläums für seine langjährige, treue Pflichterfüllung gegenüber dem Dienstherrn geehrt (vgl. Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz Kommentar, BBG 2009, § 84 Rz 4 ff. zur Ehrung von Dienstjubilaren im Bundesdienst). Mit dem Dienstjubiläum spricht der Dienstherr dem Beamten Dank und Anerkennung für treu geleistete Dienste aus (Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Februar 1994  4 S 2410/93, Informationsdienst Öffentliches Dienstrecht 1994, 174). Bei einem Dienstjubiläum steht mithin die Würdigung der vom Beamten für den Dienstherrn geleisteten Dienste im Vordergrund. Es ist damit Teil der Berufstätigkeit des Beamten.

13

Dieser Erkenntnis steht der Senatsbeschluss in BFH/NV 2014, 500 zum "Priesterjubiläum" nicht entgegen. Denn eine Feier aus Anlass der Priesterweihe vor 25 Jahren erinnert an das empfangene Weihesakrament und hat keinen Berufsbezug. Durch die Priesterweihe wird der Geweihte beauftragt, in besonderer Weise dem kirchlichen Leben zu dienen (www.bistummainz.de), nicht jedoch in ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis oder Beschäftigungsverhältnis als Arbeitnehmer (Tarifbeschäftigter) im kirchlichen Dienst berufen.

14

Auch weicht der Senat mit der Auffassung, dass ein Dienstjubiläum ein berufsbezogenes Ereignis ist, nicht vom BFH-Urteil vom 8. März 1990 IV R 108/88 (BFH/NV 1991, 436) ab. Zwar hat der BFH dort Aufwendungen eines Beamten anlässlich eines Dienstjubiläums als Kosten der Lebensführung und nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit beurteilt. Dem liegt aber nicht die Rechtsauffassung zugrunde, dass ein Dienstjubiläum ein privates Ereignis sei. Vielmehr hat der BFH den Abzug als Werbungskosten wegen der Besonderheiten des dortigen Streitfalls versagt. Es handelte sich bei der in dem BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 436 zu beurteilenden Feier um eine gesellschaftliche Veranstaltung (Empfang) mit rund 250 geladenen Personen des öffentlichen Lebens, die vom dortigen Kläger --ebenfalls einer Persönlichkeit des öffentlichen Lebens-- zur Erfüllung seiner Repräsentationspflichten, die die gehobene berufliche Position mit sich brachte, ausgerichtet wurde. So verhält es sich im Streitfall jedoch gerade nicht.

15

3. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil kann deshalb keinen Bestand haben. Zum einen hat es seiner Entscheidung die unzutreffende Prämisse zugrunde gelegt, dass die Begehung eines Dienstjubiläums ein privates und kein dienstliches (berufliches) Ereignis ist. Zum anderen hat es außer Acht gelassen, dass nach der Senatsentscheidung in BFHE 250, 392, BStBl II 2015, 1013, die das FG bei seiner Entscheidung allerdings noch nicht kennen konnte, der Schluss naheliegt, dass Aufwendungen für eine Feier (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst sind, wenn nicht nur ausgesuchte Gäste aus dem beruflichen Umfeld eingeladen, sondern die Einladungen nach abstrakten berufsbezogenen Kriterien (z.B. alle Auszubildenden, alle Zugehörigen einer bestimmten Abteilung) ausgesprochen werden.

16

4. Die Sache ist entscheidungsreif. Zwar ist der BFH grundsätzlich daran gehindert, die festgestellten Tatsachen selbst zu würdigen. Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn das FG alle für die Tatsachenwürdigung erforderlichen Tatsachen festgestellt hat und diese Feststellungen nach den Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungssätzen für eine bestimmte Schlussfolgerung sprechen, die das FG nicht gezogen hat (BFH-Urteil vom 5. November 2013 VIII R 20/11, BFHE 243, 481, BStBl II 2014, 275; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 118 Rz 57). Dies ist vorliegend der Fall.

17

a) Nach den --mangels zulässiger und begründeter Revisionsrügen-- gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG beruhen die streitigen Bewirtungsaufwendungen des Klägers nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf privaten, der Lebensführung des Steuerpflichtigen zuzurechnenden Umständen. Sie sind vielmehr ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich veranlasst.

18

aa) Dies folgt zum einen aus dem dienstlichen (beruflichen) Anlass der Feier. Zum anderen wird dieser Schluss von dem Umstand getragen, dass der Kläger unterschiedslos alle Amtsangehörigen eingeladen hat.

19

bb) Schließlich sind im Streitfall auch keine durchgreifenden Umstände ersichtlich, die für eine private Veranlassung der vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen streiten. Vielmehr sprechen die maßvollen Kosten (ca. 830 € bei 50 Gästen), Veranstaltungsort (Sozialraum des Finanzamts) und -zeit (Montag von 11 Uhr bis 13 Uhr und damit zumindest teilweise während der Dienstzeit) sowie die "Genehmigung" der Feier durch die Amtsleitung gegen einen privaten Charakter der Feier.

20

b) Nach den auch insoweit --mangels zulässiger und begründeter Revisionsrügen-- gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG hat der Kläger den streitigen Betrag für Häppchen, Sekt und Wein tatsächlich verausgabt. Die Abzugsbeschränkung gemäß § 9 Abs. 5 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG kommt nicht zur Anwendung, wenn --wie vorliegend-- ein Arbeitnehmer aus beruflichem Anlass Aufwendungen für die Bewirtung von Arbeitskollegen trägt (Senatsurteil in BFH/NV 2008, 1831). Damit war der Klage im beantragten Umfang stattzugeben.

21

5. Da die Revision in der Sache Erfolg hat, kann offenbleiben, ob dem FG die von der Revision gerügten Verfahrensfehler unterlaufen sind (dazu Senatsurteil vom 18. Juni 2015 VI R 77/12, BFHE 250, 132, BStBl II 2015, 903, m.w.N.).

22

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.