Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 13. Juli 2015 - 2 Sa 438/15
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 06.11.2014 – Az: 11 Ca4126/14 – im Zinsausspruch dahin abgeändert, dass Zinsen aus dem Betrag von 239,75 € erst ab 01.01.2014 geschuldet sind.
Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Gegenstandswert 1.810,44 €.
Die Revision wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten darüber, ob in ihrem Arbeitsverhältnis die Vergütungstarifverträge für den Einzelhandel NRW dynamisch anzuwenden sind, sowie um hieraus resultierende Vergütungsansprüche, die die Beklagte nicht erfüllt hat.
3Die Beklagte betreibt ein Einzelhandelskaufhaus. Sie war zu keinem Zeitpunkt Mitglied des Arbeitgeberverbandes. Die Vergütungstarifverträge im Einzelhandel NRW (Gehaltstarifvertrag, Lohntarifvertrag) waren bis zum 31.03.2000 allgemeinverbindlich. Der Manteltarifvertrag für den Einzelhandel NRW war bis zum 25.07.2003 allgemein verbindlich. Der Manteltarifvertrag sah eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Eingruppierung vor. Bei der Beklagten ist ein Betriebsrat gebildet. Die Beklagte hat in allen der zweiten Kammer des LAG Köln vorliegenden Parallelverfahren den gleichen Formulararbeitsvertrag angewandt, unabhängig davon, ob zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch die Vergütungstarifverträge und der Manteltarifvertrag, nur der Manteltarifvertrag oder keiner der Tarifverträge mehr allgemein verbindlich waren.
4Die Beklagte hat auch nach Außerkrafttreten der Allgemeinverbindlichkeit die Vergütungserhöhungen aus den Vergütungstarifverträgen des Einzelhandels NRW vollständig an die Arbeitnehmer weitergegeben. Sie hat dies erst bei der Tariferhöhung (3%), die für den Monat August 2013 rückwirkend im Dezember 2013 in Kraft getreten war, unterlassen. Zum1. Januar 2014 erhöhte die Beklagte die Vergütung ihrer Arbeitnehmer um 2 %. Die weitere tarifvertragliche Vergütungserhöhung zum 01.05.2014 um weitere 2,1 % gab die Beklagte ebenfalls nicht weiter.
5Die klagende Partei trat zum 15.11.2002 in das Arbeitsverhältnis zur Beklagten. Sie übte zuletzt eine Teilzeitbeschäftigung mit 130/163 Monatsstunden aus und ist in Vergütungsgruppe L II b eingruppiert. Zwischenzeitlich hatten die Vertragsparteien die Eingruppierung mit Wirkung zum 01.11.2005 geändert und die klagende Partei in Tarifgruppe G1, 6. Bj. eingruppiert. Die übrigen Bestandteile des Arbeitsvertrages wurden dabei als unverändert bezeichnet. Wann die klagende Partei wieder im Lohntarifvertrag eingruppiert wurde, ist nicht mitgeteilt. Mit Schreiben vom 23.01.2014 wurde der klagenden Partei von Herrn C mitgeteilt, sie erhalte rückwirkend ab 01.08.2013 eine Zulage in Höhe von 47,85 Euro brutto, was der Tariflohnerhöhung entsprochen hätte. Mit Schreiben vom 19.02.2014 wurde diese Zusage widerrufen.
6Die klagende Partei stützt ihre Forderung auf den Arbeitsvertrag. Dort finden sich auf der ersten Seite folgende Erklärungen:
7Tarifliche Einstufung: L II b
8Vergütung: Tarifentgelt 1.364,60 EUR
9Gesamtentgelt 1.586,00 EUR
10In den hieran angefügten Allgemeinen Vertragsbedingen ist weiterhin folgendes vereinbart:
11„2. Vergütung
12Die arbeitsvertraglich vorgesehene Eingruppierung des Mitarbeiters erfolgt vorbehaltlich einer späteren Überprüfung. Sollte sich hierbei eine fehlerhafte Eingruppierung herausstellen, erklärt sich der Mitarbeiter damit einverstanden, dass mit Wirkung ab dem auf die Feststellung folgenden Monats eine Neugruppierung herbeigeführt wird. Über-/Unterzahlungen werden mit der nächsten Vergütungsabrechnung verrechnet, wobei auf die sozialen Belange des Mitarbeiters Rücksicht zu nehmen ist und ggf. Überzahlungen auf mehrere Monate zu verteilen sind.
13….
14Freiwillige übertarifliche Zulagen sonstiger Art können bei Änderung der Tarifbezüge, gleich aus welchem Anlass auf die tariflichen Erhöhungen angerechnet werden.
15…..
1613. Schlussbestimmung: Ergänzend gelten die gesetzlichen und tarifvertraglichen Regelungen, ebenso wie die im Betrieb geltenden Betriebsvereinbarungen.“
17Die klagende Partei stützt sich für ihre Rechtsansicht der dynamischen Tarifgeltung auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.02.2013, 5 AZR 2/12. Danach darf ein durchschnittlicher Arbeitnehmer eine Vergütungsangabe im Arbeitsvertrag i. V. m. der Erklärung “Tarifentgelt“ als Vereinbarung einer dynamischen Tarifgeltung auffassen. Jedenfalls sei eine solche Auslegung nicht fernliegend und der Vertrag damit über § 305 c BGB, der seinem Sinngehalt nach bereits vor der Schuldrechtsreform Anwendung fand, zu Gunsten des Arbeitnehmers auszulegen.
18Die Beklagte vertritt die Ansicht, dass der Arbeitsvertrag eindeutig als statische Verweisung auf den bei Arbeitsvertragsschluss anwendbaren Vergütungstarifvertrag auszulegen sei. Sie stützt sich hierfür auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16.05.2012, 4 AZR 224/10. Danach wolle ein Arbeitgeber nie dynamisch an Tarifverträge gebunden sein, wenn er selber nicht Mitglied im Arbeitgeberverband sei. Dies sei so offensichtlich, dass auch Arbeitnehmer dies erkennen müssten und § 305 c BGB nicht zur Anwendung gelangen könne, da es an einem zweifelhaften Auslegungsergebnis fehle.
19Bei den Arbeitsverträgen, die während der Allgemeinverbindlichkeit der Vergütungstarifverträge geschlossen worden seien, habe die Beklagte nur deklaratorisch auf ihre ohnehin bestehende Verpflichtung zur Zahlung von Tarifvergütung hinweisen wollen. Die Weiterverwendung der Formulare resultiere aus der ursprünglich durch Allgemeinverbindlichkeit gegebenen Tarifbindung. Deshalb habe die Klausel auch für später eingetretene Arbeitnehmer keine andere Bedeutung. Insbesondere dürfe auch die Weiterverwendung des Formulars nach Ende der Allgemeinverbindlichkeit nicht zur Auslegung der zuvor geschlossenen Arbeitsverträge herangezogen werden. Ebenso wenig dürfe die über fast 13 Jahre praktizierte Weitergabe der Tarifergebnisse berücksichtigt werden.
20Unter dem 13.10.2005 vereinbarten die Parteien eine Änderung des Arbeitsvertrages. Auch diese Vertragsänderung enthält zur Vergütung die Angabe:
21„Tariflohn in Tarifgruppe G1, 6. Bj.: 1.410,78 EUR“
22sowie den Zusatz:
23„Die übrigen Bestandteile des o. a. Arbeitsvertrages bleiben unverändert.“
24Die Beklagte zahlte an die klagende Partei für die Monate August bis Dezember 2013 jeweils 1.597,39 EUR brutto Grundvergütung. Bei dynamischer Tarifgeltung wären 1.645,34 EUR brutto geschuldet gewesen.
25Ab Januar 2014 zahlte die Beklagte an die klagende Partei einen Betrag von 1.629,34 EUR Grundvergütung. Ab Mai 2014 hätte der Tariflohn 1.679,63 EUR betragen.
26Die klagende Partei macht mit der Zahlungsklage die Vergütungsdifferenzen der Monatsvergütung von August 2013 bis Oktober 2014 geltend.
27Weiterhin begehrt die klagende Partei die Feststellung, dass die Vergütungsanhebung ab August 2013 nicht als freiwillige Zulage sondern auf Grund Tarifgeltung geschuldet wird.
28Hinsichtlich der Zinsanträge hat die klagende Partei die Verzinsung der rückständigen Vergütung jeweils zur Mitte des jeweiligen Klageabschnitts beantragt. Die Verzinsung für die Vergütungsbestandteile August bis Dezember 2013 begehrt sie deshalb ab 01.11.2013. Insoweit hat die Beklagte eingewandt, dass sie aufgrund der rückwirkenden Tariflohnerhöhung mit den Vergütungsbestandteilen für die Monate August bis Dezember 2013 frühestens am 01.01.2014 in Verzug geraten sein kann. Weiter hat die Beklagte eingewandt, der Vergütungsanteil für August 2013 sei nach dem MTV Einzelhandel NRW verfallen. Dieser sieht in § 24 eine sechsmonatige Geltendmachungsfrist für die hier streitigen Ansprüche vor. Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass die Fälligkeit frühestens mit Abschluss des Tarifvertrages eingetreten sein kann und deshalb die Verfallfrist erst im Dezember begonnen habe zu laufen. Von diesem Termin aus gerechnet ist die Geltendmachung rechtzeitig erfolgt.
29Das Arbeitsgericht hat der klagenden Partei folgende Ansprüche zugesprochen:
301. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 605,49 EUR brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 239,75 EUR seit dem 01.11.2013, aus weiteren 64,00 EUR seit dem 16.03.2014 sowie aus weiteren 301,74 EUR seit dem 16.08.2014.
312. Es wird festgestellt, dass die Klägerin aufgrund der Lohnerhöhungen zum 01.08.2013 ab dem 01.11.2014 einen um 47,91 EUR brutto höheren Vergütungsanspruch hat und es sich nicht um eine freiwillige Zulage handelt.
32Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung und beantragt,
33das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 06.11.2014 Az. 11 Ca 4126/14 abzuändern und die Klage vollständig abzuweisen.
34Die klagende Partei beantragt,
35die Berufung zurückzuweisen.
36Beide Parteien vertiefen in der Berufung ihre Ansichten zur Auslegung des Formulararbeitsvertrages.
37E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
38Die zulässige und fristgerechte Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Vielmehr ist der Feststellungsantrag der klagenden Partei zulässig und begründet, der Zahlungsanspruch mit Ausnahme eines geringen Teils des ausgeurteilten Zinsanspruchs ebenfalls begründet.
39Der Feststellungsantrag ist zulässig. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn die klagende Partei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (sogenannte Elementenfeststellungsklage, BAG vom 21.04.2010, 4 AZR 755/08).
40Der Feststellungsantrag kann dahin ausgelegt werden, dass die klagende Partei die dynamische Geltung der jeweiligen in den Vergütungstarifverträgen für den Einzelhandel in Land Nordrhein-Westfalen vereinbarten Vergütung für die von ihr durchgeführte Tätigkeit festgestellt wissen will. Die Klägerin will insbesondere geklärt wissen, dass eine Vergütungserhöhung ab August 2013 nicht auf der – widerrufenen – Zusage einer Zulage beruht, sondern originär aus dem Arbeitsvertrag folgt. Hierfür besteht unzweifelhaft ein Feststellungsinteresse. Die Leistungsklage ist auch nicht geeignet, hinsichtlich der Weitergabe zukünftiger Vergütungserhöhungen Rechtsicherheit für die klagende Partei zu schaffen.
41Die Feststellungsklage ist auch begründet. Auf das Arbeitsverhältnis sind die Vergütungstarifverträge des Einzelhandels Nordrhein-Westfalen dynamisch anwendbar. Dies ergibt sich durch Auslegung des Arbeitsvertrages nach§§ 133, 157 BGB i. V. m. § 305 c BGB, da es sich bei dem Formularvertrag um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die vom Arbeitgeber gestellt wurde, handelt.
42Das Gericht folgt dabei der Auslegung des 5. Senats vom 13.02.2013, Az. 5 AZR 2/12.
43Die Anwendung anderer Tarifverträge als derjenigen für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen ist bereits deshalb fern liegend, weil die Beklagte bei der Festlegung der Vergütungsgruppe und der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages gegebenen Vergütungshöhe den Gehaltstarifvertrag für Arbeitnehmer im Einzelhandel NRW anwendete. Eine Unklarheit über die zu Grunde liegende Branche oder den räumlichen Anwendungsbereich eines Tarifvertrages besteht damit nicht.
44Nach Ansicht der erkennenden Kammer enthält die Bezeichnung des Zahlbetrages als „Tarifentgelt“ einen hinreichenden Hinweis darauf, dass nicht nur zufällig der gewählte Betrag mit dem bei Vertragsabschluss gerade gültigen Tarifvertrag übereinstimmt, sondern dass die Bezeichnung „Tarifentgelt“ gewählt wurde, um zum Ausdruck zu bringen, dass „nach Tarif“ gezahlt wird, und dies auch in Zukunft (Wortlautauslegung).
45Auch die Regelung in Nummer 2 des Arbeitsvertrages bringt zum Ausdruck, dass im Arbeitsverhältnis auf jeden Fall die richtige Eingruppierung gelten soll. Eine solche ausdrückliche Regelung spielt dann keine Rolle, wenn ein individuell statisch ausgehandeltes Entgelt geschuldet ist. Die besondere Betonung der Bedeutung der richtigen Eingruppierung, insbesondere der Hinweis darauf, dass auch eine Korrektur der Vergütung zulasten des Arbeitnehmers möglich ist, lässt einen Arbeitnehmer erwarten, dass dann auch entsprechend der gefundenen Eingruppierung jeweils die „richtige“ Vergütung gezahlt wird. Die Fixierung auf eine zu Beginn des Arbeitsverhältnisses gegebene Tarifhöhe würde dazu im Widerspruch stehen. Auch soweit die Arbeitgeberin nach dem noch allgemeinverbindlichen Manteltarifvertrag zur Eingruppierung verpflichtet war und wegen des Vorhandensein eines Betriebsrats auch bei späteren Einstellungen die Einordnung in ein im Betrieb angewendetes Vergütungssystem erforderlich war, bedingte dies nach Ende der Allgemeinverbindlichkeit der Vergütungstarifverträge keinen Gleichlauf der individuellen Vergütungshöhe mit der Vergütungshöhe aus den Tarifverträgen. Es hätte nahegelegen hierzu im Arbeitsvertrag klarzustellen, dass aus der Eingruppierung kein Anspruch auf eine konkrete Vergütungshöhe folgt. Der Wortlaut legt aber das Gegenteil nahe.
46Auch der ausdrückliche Hinweis unter Nummer 2 des Arbeitsvertragsformulars, wonach übertarifliche Zulagen möglich sind, diese bei Änderung der Tarifbezüge aber angerechnet werden können, setzt nach dem Empfängerhorizont voraus, dass Änderungen der Tarifbezüge im Arbeitsverhältnis vorkommen können. Bei einer bloß individuell und statisch vereinbarten Vergütung ist eine solche Regelung überflüssig, da der Arbeitgeber in diesem Falle stets frei ist, die Gesamtvergütungshöhe festzusetzen. Die von der Arbeitgeberin angeführte Variante, dass bei einem Eintritt in den Arbeitgeberverband und beiderseitiger Tarifbindung oder bei einer erneuten Allgemeinverbindlichkeit der Vergütungstarifverträge ein Anwendungsbereich für die Klausel eröffnet sei, ist nicht überzeugend. Denn in diesem Fall handelt es sich nicht um eine Änderung der Tarifbezüge sondern eine erstmalige Geltung der Tarifbezüge. Dem Wortlaut nach erfasst die Klausel aber gerade die erstmalige Tarifanwendbarkeit nicht sondern setzt die Änderung in Folge einer vereinbarten Tarifdynamik voraus.
47Schon die Differenzierung zwischen Tarifentgelt und Zulagen lässt erwarten, dass die verschiedenen Entgeltbestandteile auch verschiedene Entwicklungen nehmen können. Selbst während der Allgemeinverbindlichkeit der Vergütungstarifverträge hätte die Arbeitgeberin den im Arbeitsvertrag genannten Zahlungsbetrag nicht als Tarifentgelt bezeichnen müssen. Ausreichend wäre die Bekanntgabe einer Summe gewesen, deren Höhe nicht unter der Höhe der auf Grund Allgemeinverbindlichkeit geschuldeten Vergütung LAG. Tarif ist demgegenüber etwas, das seine Höhe aus der Einbindung in ein System zusammenhängender Leistungsbestimmungen herleitet und speziell im Arbeitsrecht Tarifverträge meint.
48Auch der Hinweis unter Nummer 13 des Vertrages, dass ergänzend die tarifvertraglichen Regelungen gelten, kann vom Empfängerhorizont eines durchschnittlichen Arbeitnehmers dahin verstanden werden, dass bei Änderung der Vergütungstarifverträge die bisherigen Abreden durch die neuen Tarifverträge zu ergänzen sind. Auch dies spricht für die Auslegungsmöglichkeit einer dynamischen Tarifgeltung.
49Als weiteres Auslegungskriterium kann zudem die sog. „Selbstinterpretation“ des Vertrags herangezogen werden. Das nachvertragliche Verhalten der Parteien ist Indiz dafür, wie die Parteien den Vertrag bei Abschluss verstanden haben (vergl. BGH 06.11.2003, III ZR 376/02; Busemann: Arbeitsvertrag, Vertragspraxis und Konkretisierung, NZA 2015,S. 705). Die Beklagte hat weder nach Ende der Allgemeinverbindlichkeit der Vergütungstarifverträge, noch nach Ende der Allgemeinverbindlichkeit des Manteltarifvertrags noch bei späteren Vertragsänderungen den Wortlaut des Arbeitsvertrages klargestellt oder geändert, sondern die Formulare lange Zeit weiter verwandt. Sie hat ohne Vorbehalt die jeweiligen Tariferhöhungen bis zum Jahr 2013 vollständig weiter gegeben. Auch dies kann als Hinweis gewertet werden, dass sie den Vertrag zunächst selbst als dynamisch verstanden hat.
50Bei der Auslegung ist auch zu berücksichtigen, dass Arbeitsverträge als Dauerschuldverhältnis regelmäßig von beiden Parteien auf eine lange Dauer angelegt werden. Für langfristige Vertragsbindungen ist aber Flexibilität in den Vertragsbedingungen besonders bedeutsam und z.B. im Fall des § 106 GewO ausdrücklich kodifiziert. Eine dynamische Geltung von Vertragsregeln, die sich automatisch anpassen, ist deshalb auch im Hinblick auf die Vergütung nicht fernliegend. Eine nicht in die Zukunft schauende, den Anpassungsbedarf nicht antizipierende Regelung einer statisch fixen Vergütung wird den Bedürfnissen eines Dauerschuldverhältnisses aus Sicht beider Vertragsparteien eher weniger gerecht.
51In Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des 4. Senats des BAG ist nach Ansicht der Kammer noch weiteres bei der Auslegung zu berücksichtigen: Der Anwendungsbereich des § 305 c BGB ist dann eröffnet, wenn eine Formulierung unklar ist und mehrere Auslegungsmöglichkeiten bestehen. Dies ist nach Ansicht der Kammer dann der Fall, wenn ein Arbeitgeber die von ihm gewollte Rechtsfolge mit wenigen klaren Worten eindeutig hätte formulieren können, dies aber nicht geschehen ist. So hätte sich im vorliegenden Fall angeboten, unter die Vergütungsregelung den Satz anzufügen: „Eine Tarifdynamik ist nicht vereinbart.“ Alternativ hätte die Arbeitgeberin folgenden Satz verwenden können: „Vergütungserhöhungen liegen in unserem Ermessen“ oder: „Es gelten nur die am Tag des Arbeitsvertragsschlusses anwendbaren Tarifverträge“. Mit diesen kurzen eindeutigen Sätzen hätte die Arbeitgeberin den Inhalt des Arbeitsvertrages von vorneherein klarstellen können. Dies gilt auch hinsichtlich der Arbeitnehmer, die zur Zeit der Allgemeinverbindlicherklärung der Vergütungstarifverträge eingestellt wurden. Bei diesen hätte die Arbeitgeberin wie folgt formulieren können: „Die Vergütung entspricht solange den Vergütungstarifverträgen für den Einzelhandel Nordrhein-Westfalen, solange diese allgemeinverbindlich sind. Danach erfolgt keine Weitergabe von Tariferhöhungen“.
52Da die Arbeitgeberin nicht tarifgebunden war, ist zudem die Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede nicht anwendbar. Es war ohne weiteres möglich, die Arbeitnehmer klar über die Frage, ob eine Tarifdynamik gewollt ist, in Kenntnis zu setzen. Denn dies liegt beim nicht tarifgebunden Arbeitgeber allein in dessen Entscheidung und setzt keine „verbotene“ Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit voraus.
53Die erkennende Kammer meint auch, dass ein Arbeitgeber auf die Vergütungsvereinbarung in gleicher Weise Sorgfalt verwenden muss, wie auf Freiwilligkeits- oder Wiederrufklauseln in Arbeitsverträgen. Die gewählte Formulierung hält die Arbeitnehmer bewusst im Unklaren über die im Vertrag geltenden Regelungen.
54Die erkennende Kammer stimmt mit dem 4. Senat des BAG aber insbesondere in der Frage, welche Vorstellungen sich Arbeitnehmer in einer Bewerbungssituation bei Abschluss des Arbeitsvertrages über die Motive ihres zukünftigen Arbeitgebers zur Verwendung von statischen oder dynamischen Vertragsklauseln machen, nicht überein. Es ist schon zweifelhaft ob Arbeitnehmer regelmäßig darüber Kenntnis haben, ob Tarifverträge allgemeinverbindlich sind oder nicht, wenn sie selber nicht Gewerkschaftsmitglied sind. Erst recht erscheint es fernliegend, dass ein Arbeitnehmer erraten kann, ob der ihm gegenüber sitzende Arbeitgeber zur Zeit in einem Arbeitgeberverband organisiert ist oder nicht. Nach Ansicht der Kammer trifft aber insbesondere die Annahme nicht zu, ein Arbeitnehmer gehe davon aus oder müsse davon ausgehen, ein Arbeitgeber wolle immer eine statische Vergütungsvereinbarung abschließen, insbesondere der nicht im Arbeitgeberverband organisierte Arbeitgeber wolle sich einer Tarifdynamik nicht unterwerfen.
55Auch aus Sicht eines verständigen Arbeitnehmers ergeben sich durchaus Gesichtspunkte, die die Vereinbarung einer Tarifdynamik durch nicht im Arbeitgeberverband organisierte Arbeitgeber sinnvoll erscheinen lassen. Auch ein nicht im Arbeitgeberverband organisierter Arbeitgeber kann ein Interesse daran haben, den gewerkschaftlichen Organisationsgrad seiner Arbeitnehmer gering zu halten, um insgesamt die Gewerkschaft aus dem Betrieb zu halten und auch den Streik um einen Haustarifvertrag zu vermeiden. Die Vereinbarung einer dynamischen Weitergabe des Ergebnisses von Tarifverhandlungen ist deshalb für einen nicht im Arbeitgeberverband organisierten Arbeitgeber die günstigste Möglichkeit, den Organisationsgrad und das gewerkschaftliche Engagement seiner Arbeitnehmer gering zu halten. Da zudem die abgeschlossenen Tarifverträge in der Regel die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Konkurrenz widerspiegeln, ist die Vereinbarung einer Tarifdynamik die einfachste Möglichkeit, innerbetriebliche Diskussionen über die richtige Vergütungshöhe und die richtigen Vergütungsabstände zwischen Arbeitnehmergruppen im Keim zu ersticken, solange der Arbeitgeber gleich leistungsstark ist, wie seine Konkurrenz. Auch verhindert die Zahlung von Tariflohn die Abwanderung gerade der leistungsstärkeren Arbeitnehmer zur Konkurrenz. Arbeitnehmer, die sich innerhalb einer Vergütungsstruktur richtig eingeordnet sehen und gerecht bezahlt fühlen, sind zudem mit ihrem Arbeitsplatz zufriedener, erbringen bessere Leistungen und fühlen sich dem Betrieb besser verbunden und verpflichtet. Tarifvertraglich ausgehandelte Vergütungsordnungen vermitteln dieses Gefühl einer gerechten Bezahlung und beugen der inneren Kündigung vor. Eine statische Vergütungsvereinbarung hat weiter den Nachteil, dass einzelne Arbeitnehmer oder auch Arbeitnehmergruppen einzelner Abteilungen nicht gehindert sind, zu jedem beliebigen Zeitpunkt Vergütungserhöhungen zu verlangen und Gehaltsgespräche zu führen. Es ergeben sich damit auch aus Sicht eines nicht im Arbeitgeberverband gebundenen Arbeitgebers Gesichtspunkte, die die Vereinbarung einer dynamischen Tarifgeltung vorteilhaft erscheinen lassen. Erst recht können dann Arbeitnehmer annehmen, dass diese Vorteile ihren Arbeitgeber dazu bewogen haben mögen, im Arbeitsvertrag die gezahlte Vergütung als „Tarifentgelt“ zu bezeichnen und eine dynamische Vergütung zu vereinbaren.
56Nach alledem ist nach Ansicht der erkennenden Kammer der Anwendungsbereich des § 305 c BGB eröffnet. Er führt im vorliegenden Fall dazu, dass der Arbeitsvertrag so auszulegen ist, dass eine dynamische Anwendung der Vergütungstarifverträge für den Einzelhandel in NRW vereinbart ist.
57Damit ist auch der Zahlungsanspruch begründet. Die Zahlungshöhe ergibt sich aus der Differenz zwischen der Tarifvergütung der Tarifgruppe L II b bei einer arbeitsvertraglichen Teilzeit von 130/163 Monatsstunden und der bereits gezahlten Bruttovergütung.
58Aufgrund des Abschlusses des Tarifvertrages am 10.12.2013 und der rückwirkenden Tarifgeltung ist der Zinsanspruch für die Vergütungsnachzahlung für die Monate August bis Dezember 2013 frühestens ab 01.01.2014 schlüssig. Zuvor bestand kein Annahmeverzug. Im Übrigen folgt der Zinsanspruch aus§§ 286, 288 Abs.1 BGB. Die Klägerin hat dabei für die einzelnen durch Klageerweiterungen eingeführten Gehaltsbestandteile ein mittleres Verzinsungsdatum gewählt, wodurch die Summe der Zinsen bei monatlicher Verzinsung ab dem ersten des Folgemonats nicht überschritten wird.
59Der Vergütungsanteil für August 2013 ist nicht verfallen. Da der Tarifvertrag erst im Dezember 2013 abgeschlossen wurde und die Nachzahlungen frühestens zum 01.01.2014 fällig werden konnten, hat die klagende Partei die Geltendmachungsfrist aus § 24 MTV Einzelhandel NRW eingehalten.
60Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die relativ geringfügige Zuvielforderung rechtfertigt keine Kostenteilung § 92 Abs.2 ZPO.
61Die Revision wurde zugelassen, da angesichts der Auslegungsdifferenzen zwischen dem 4. und 5. Senat eine Klärung von allgemeiner Bedeutung erscheint.
62Rechtsmittelbelehrung
63Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei
64R E V I S I O N
65eingelegt werden.
66Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
67Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
68Bundesarbeitsgericht
69Hugo-Preuß-Platz 1
7099084 Erfurt
71Fax: 0361-2636 2000
72eingelegt werden.
73Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
74Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
75- 76
1. Rechtsanwälte,
- 77
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
- 78
3. Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
80Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
81Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
82* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 13. Juli 2015 - 2 Sa 438/15
Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 13. Juli 2015 - 2 Sa 438/15
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 13. Juli 2015 - 2 Sa 438/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
Tenor
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1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 17. Juli 2008 - 10 Sa 1234/07 - aufgehoben.
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2. Die Berufungen der klagenden Parteien gegen die Urteile des Arbeitsgerichts Köln vom 23. August 2007 - 1 Ca 3023/07, 1 Ca 3024/07, 1 Ca 3025/07, 1 Ca 3026/07 - und 30. August 2007 - 22 Ca 2394/07, 22 Ca 2395/07 - werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klagen als unzulässig abgewiesen werden.
-
3. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten in der Berufungs- und der Revisionsinstanz haben die Kläger zu 1) und 3) jeweils 15%, die Klägerin zu 2) 14%, die Kläger zu 4) und 5) jeweils 19% und der Kläger zu 6) 18% zu tragen. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die klagenden Parteien selbst.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über eine Verpflichtung der Beklagten, an die Klägerin zu 2) sowie an den Kläger zu 1) und zu 3) bis 6) nach § 4c des Tarifvertrages ERA-Anpassungsfonds vom 18. Dezember 2003 idF vom 5. März 2004 für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens(TV ERA-APF) Einmalzahlungen aus den sogenannten ERA-Strukturkomponenten zu zahlen.
- 2
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Die klagenden Parteien waren zunächst bei der KHD GmbH und deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Diese Arbeitgeber waren kraft Verbandsmitgliedschaft an die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen gebunden. Die Arbeitsverträge der klagenden Parteien aus den Jahren 1980 bis 2004 enthalten Bezugnahmeklauseln auf die jeweils geltenden Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen.
- 3
-
Am 18. Dezember 2003 schlossen der Verband der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen(METALL NRW) und die IG Metall das Entgeltrahmenabkommen (ERA), mit dem die tarifliche Entgeltfindung für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte vereinheitlicht wurde. Ferner vereinbarten sie den zum 1. März 2004 in Kraft getretenen ERA-Einführungstarifvertrag (ERA-ETV), und den TV ERA-APF.
-
Das ERA enthält ua. folgende Regelung:
-
„§ 12
1.
Dieses Entgeltrahmenabkommen tritt am 1. März 2004 in Kraft.
2.
Die betriebliche Geltung richtet sich nach den Regelungen des ERA-Einführungstarifvertrages (ERA-ETV).
3.
Mit seiner Einführung im Betrieb ersetzt das Entgeltrahmenabkommen die folgenden Tarifverträge:
-
Lohnrahmenabkommen
-
Gehaltsrahmenabkommen
-
Tarifvertrag zur Leistungsbeurteilung von Zeitlohnarbeitern
-
Tarifvertrag zur Leistungsbeurteilung von Angestellten
-
Abkommen über die Analytische Arbeitsbewertung
4.
Ab 1. März 2009 gilt das Entgeltrahmenabkommen verbindlich für alle Betriebe. …
…“
-
Der ERA-ETV lautet auszugsweise:
-
„§ 1 Einführungszeitraum
1.
Bis zum 1. März 2005 kann das ERA nur mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien eingeführt werden (Vorbereitungsphase).
2.
Die Einführungsphase beginnt am 1. März 2005 und dauert vier Jahre. In dieser Phase soll der Arbeitgeber das ERA stichtagsbezogen im Betrieb einführen.
Ab dem 1. März 2009 gilt das ERA verbindlich für alle Betriebe.
…“
-
Der TV ERA-APF, der zum 22. Dezember 2003 in Kraft trat und am 5. März 2004 geändert wurde, enthält Bestimmungen zum ERA-Anpassungsfonds und zur Einmalzahlung aus den ERA-Strukturkomponenten. Nach den Lohn-, Gehalts- und Ausbildungsvergütungsabkommen in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 23. Mai 2002 und 16. Mai 2004 wurden die Erhöhungen des Tarifvolumens auf zwei Komponenten verteilt. Hierzu bestimmt der TV ERA-APF:
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„§ 2 Präambel
Der ERA-Anpassungsfonds dient der Sicherstellung eines gleitenden Übergangs vom heutigen Tarifsystem auf das ERA-Entgeltsystem für alle Beteiligten. Insbesondere sollen durch die vorübergehende Einbehaltung nicht ausgezahlter ERA-Strukturkomponenten und deren spätere Verwendung entweder
-
zum Ausgleich von betrieblichen Kosten, die eine bestimmte Schwelle überschreiten
oder
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zur unmittelbaren Auszahlung an die Beschäftigten/Auszubildenden nach der betrieblichen ERA-Einführung
spätere Verwerfungen bei der Umstellung vermieden werden.“
-
In § 3 TV ERA-APF mit der Überschrift „Aufbau und Verwendung des ERA-Anpassungsfonds“ wird erläutert, wie die Erhöhungen des Tarifvolumens ua. in den Entgeltabkommen der Jahre 2002 und 2004 auf zwei Komponenten verteilt werden. Dazu heißt es in Abs. 1 Satz 2 der Bestimmung:
-
„Eine Komponente dient der dauerhaften Erhöhung der Tabellenwerte der jeweiligen Entgelte (Löhne und Gehälter; ‚lineares Volumen’). Die andere Komponente (‚restliches Erhöhungsvolumen’) fließt in ERA-Strukturkomponenten, die in der ersten Tarifperiode ausgezahlt, in den folgenden Tarifperioden jedoch nicht fällig werden.“
-
§ 4 TV ERA-APF enthält hierzu ua. folgende Regelung:
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„b)
In den jeweils folgenden Tarifperioden nach ihrer erstmaligen Begründung/Entstehung werden die jeweiligen ERA-Strukturkomponenten aus den vorhergehenden Tarifperioden zwar ebenfalls als Teil der Vergütung ermittelt, aber nicht ausgezahlt, sondern zunächst einbehalten und für die Monate bis einschließlich Februar 2006 nach Maßgabe des § 4 d) dem ERA-Anpassungsfonds zugeführt.
Die bei der betrieblichen ERA-Einführung in dem ERA-Anpassungsfonds befindlichen Beträge müssen entweder zur Deckung betrieblicher Mehrkosten aus der ERA-Einführung oder zur Auszahlung an die Beschäftigten/Auszubildenden verwendet werden.
…
c)
Ist das ERA im Betrieb noch nicht eingeführt worden, werden ab März 2006 bis zur betrieblichen ERA-Einführung die ERA-Strukturkomponenten in Höhe von 2,79% als Einmalzahlungen geleistet. Die Berechnung erfolgt entsprechend der Methode für die Auszahlung der ERA-Strukturkomponente aus den Entgeltabkommen vom 16. Februar 2004.1
1 Die Tarifvertragsparteien werden Auszahlungszeitpunkte, die aktuelle Bezugsbasis und ggf. weitere Einzelheiten auf Basis der Ergebnisse der Entgeltabkommen 2006 regeln.
…“
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In den Entgeltabkommen 2004 waren die Auszahlungszeitpunkte und die Berechnung der Einmalzahlungen aus den Strukturkomponenten für den Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis zum 28. Februar 2006 geregelt. Mit Wirkung zum 15. September 2004 wurde die KHD GmbH auf die nicht tarifgebundene Beklagte verschmolzen. Die Arbeitsverhältnisse der klagenden Parteien gingen zu diesem Zeitpunkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte über.
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Am 23. November 2005 trafen die IG Metall und METALL NRW eine „Vereinbarung zum Umgang mit den ERA-Strukturkomponenten ab März 2006“ die nähere Regelungen über die Berechnung und die Auszahlungsmodalitäten für die Einmalzahlungen aus den ERA-Strukturkomponenten für den Zeitraum März 2006 bis Dezember 2006 festlegt und die Bestandteil der Entgeltabkommen des Jahres 2006 werden sollen. Nr. 4 der Vereinbarung lautet:
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„„Die Berechnung der auszuzahlenden Einmalzahlung bzw. der dem ERA-Anpassungsfonds zuzuführenden Beträge erfolgt auf Basis folgender Formel:
2,79% x von der Einmalzahlung/Zuführung erfasste Monate des Jahres 2006 x Tarifeinkommen des Auszahlungsmonats.
Für die Monate März bis Juni 2006 ist der Monatsfaktor jeweils um 0,17% - Punkte (zur Einbeziehung der zusätzlichen Urlaubsvergütung) und für die Monate Juli bis Dezember 2006 jeweils um 0,09% - Punkte (zur Einbeziehung der betrieblichen Sonderzahlung) anzuheben.“
-
Regelungen über die Auszahlungszeitpunkte und zur Berechnung der Einmalzahlungen aus den ERA-Strukturkomponenten für die Zeit ab 1. März 2006 bis zur betrieblichen ERA-Einführung finden sich dementsprechend in den Entgeltabkommen für das Jahr 2006. § 6 Nr. 4 des Gehaltsabkommens 2006, welches am 1. März 2006 in Kraft trat, bestimmt:
-
„Die Berechnung der auszuzahlenden Einmalzahlung bzw. der dem ERA-Anpassungsfonds zuzuführenden Beträge erfolgt auf Basis folgender Formel:
2,79% x von der Einmalzahlung/Zuführung erfasste Monate des Jahres x Tarifeinkommen des Auszahlungsmonats.
Der Monatsfaktor ist für die Monate März bis Juni 2006 jeweils um 0,17 auf 1,17 (zur Einbeziehung der zusätzlichen Urlaubsvergütung) und für die Monate Juli bis Dezember jeweils um 0,09 auf 1,09 (zur Einbeziehung der betrieblichen Sonderzahlung) anzuheben.
Tarifeinkommen ist das individuelle regelmäßige Arbeitsentgelt des Auszahlungsmonats (feste sowie leistungs- und zeitabhängige variable Bestandteile ohne Mehrarbeitsvergütung), soweit es Gegenstand der Erhöhung gemäß § 2 Nr. 3 war.“
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Die Beklagte zahlte den klagenden Parteien im November des Jahres 2006 einen als freiwillige Sonderzahlung bezeichneten Betrag, dessen Höhe der Einmalzahlung nach § 4c TV ERA-APF auf Basis des Gehaltsabkommens 2006 entsprach. Gleichzeitig teilte sie den klagenden Parteien mit, dass kein Anspruch auf eine Einmalzahlung aus der ERA-Strukturkomponente bestehe, da sie als tarifungebundene Betriebserwerberin nicht verpflichtet sei, das ERA betrieblich einzuführen.
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Mit ihren Klagen begehren die klagenden Parteien die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einmalzahlung aus den ERA-Strukturkomponenten nach § 4c TV ERA-APF bis zur betrieblichen Einführung von ERA zu zahlen. Die klagenden Parteien zu 1) bis 4) sind der Auffassung, die Regelung in § 4c TV ERA-APF sei nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB Inhalt ihrer Arbeitsverhältnisse geworden. § 4c TV ERA-APF stelle eine in sich geschlossene Norm dar, die auch die Berechnung der Einmalzahlung festlege. Für einen Anspruch auf die Einmalzahlung aus der Strukturkomponente reiche es aus, wenn das ERA im Betrieb tatsächlich nicht eingeführt werde. Die Kläger zu 5) und 6) meinen ebenfalls, der Anspruch sei nach dem Betriebsübergang Inhalt ihrer Arbeitsverhältnisse mit der Beklagten geworden. § 4c TV ERA-APF regele ihren Zahlungsanspruch auch hinsichtlich der Berechnungsmethode abschließend. Die dortige Fußnote beinhalte lediglich eine Absichtserklärung, mit der die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck hätten bringen wollen, dass nach Abschluss der Entgeltabkommen 2006 Neuregelungen über die Höhe und die Berechnungsmethode in Betracht kommen könnten. Die Beklagte sei verpflichtet, das ERA einzuführen, da sowohl dieses als auch der ERA-ETV vor Betriebsübergang in Kraft getreten seien.
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Die klagenden Parteien haben zuletzt jeweils beantragt
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festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die ERA-Strukturkomponente gemäß § 4c des Tarifvertrages ERA-Anpassungsfonds vom 18. Dezember 2003 in der Fassung vom 5. März 2004 bis zur betrieblichen ERA-Einführung zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klagen abzuweisen.
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Sie meint, die Feststellungsklagen seien unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Zum einen sei es den klagenden Parteien möglich, gegenüber den Feststellungsklagen vorrangige Leistungsklagen zu erheben. Die Feststellungsanträge seien nicht geeignet, hinsichtlich der Einmalzahlung eine endgültige Klärung etwaiger Zahlungsverpflichtungen herbeizuführen. Der Verweis auf die Entgeltabkommen des Jahres 2004 gehe ins Leere, denn diese enthielten keine Regelungen zum maßgeblichen Tarifeinkommen, des einschlägigen Berechnungsfaktors sowie zur Fälligkeit. Eine Zahlungspflicht nach § 4c TV ERA-APF setze zudem die Verpflichtung zur betrieblichen Einführung von ERA voraus, die nicht bestehe. Ihr verbleibe weiterhin die Anrechnung etwaiger Zahlungsverpflichtungen mit übertariflichen Zulagen.
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Das Arbeitsgericht hat die Klagen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufungen der klagenden Parteien, nachdem es die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat, den Klagen stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidungen. Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Berufungen der klagenden Parteien zu Unrecht stattgegeben. Die Klagen sind unzulässig. Für die Feststellungsanträge besteht nicht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.
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I. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage -. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerkes auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein(st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 66 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 39 ).
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Eine Feststellungsklage setzt nach § 256 Abs. 1 ZPO weiterhin ein rechtliches Interesse des Klägers voraus, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Dieses besondere Feststellungsinteresse muss als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Revisionsinstanz gegeben sein. Sein Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen (st. Rspr., etwa BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 14, BAGE 124, 240).
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Das Feststellungsinteresse ist nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann(st. Rspr., etwa BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 522/04 - Rn. 12, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 94 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 7; 29. November 2001 - 4 AZR 757/00 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 100, 43). Es fehlt, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen wird, weil nur einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen (st. Rspr., etwa BAG 9. November 2001 - 4 AZR 757/00 - zu I 2 b der Gründe, aaO) . Das ist bei einem auf Feststellung einer Zahlungsverpflichtung gerichteten Antrag in der hier gewählten Form dann der Fall, wenn insbesondere über weitere Faktoren, die die Zahlungshöhe bestimmen, kein Streit besteht und die konkrete Bezifferung dann lediglich eine einfache Rechenaufgabe ist, die von den Parteien in einem unstreitigen Verfahren ebenso selbst umgesetzt werden können wie die weiteren Zahlungsmodalitäten. Anderenfalls müssen auch die weiteren Berechnungskriterien zum Gegenstand des Feststellungsantrages gemacht werden, damit nicht lediglich eine Vorfrage geklärt wird, die die Rechtsgrundlagen für den Entgeltanspruch nicht abschließend klärt (so zur Eingruppierungsfeststellungsklage BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 15, BAGE 124, 240; weiterhin BAG 9. November 2001 - 4 AZR 757/00 - zu I 2 b der Gründe, aaO). Allerdings sind die Gerichte gehalten, Klageanträge nach Möglichkeit auszulegen, damit hierdurch eine vom Antragsteller erkennbar erstrebte Sachentscheidung ermöglicht wird (BAG 12. August 2009 - 7 ABR 15/08 - Rn. 12, AP BetrVG 1972 § 34 Nr. 2 = EzA BetrVG 2001 § 34 Nr. 1).
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II. Hiervon ausgehend sind die Klageanträge unzulässig. Sie sind auch keiner Auslegung zugänglich, die eine Sachentscheidung ermöglichen würde, für die das erforderliche Rechtsschutzinteresse vorliegt.
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1. Der Gegenstand der Feststellungsanträge ist die Verpflichtung der Beklagten, die Einmalzahlungen aus den ERA-Strukturkomponenten gemäß § 4c des TV ERA-APF in der Fassung vom 5. März 2004 bis zur betrieblichen ERA-Einführung zu leisten. Dabei handelt es sich um eine zwischen den Parteien streitige Vorfrage, die nicht geeignet ist, das zwischen den Parteien streitige Rechtsverhältnis abschließend zu klären. Durch die zur Entscheidung gestellten Anträge würde nur die Vorfrage geklärt, ob die Beklagte überhaupt verpflichtet ist, eine Einmalzahlung aus den ERA-Strukturkomponenten zu zahlen. Ungeklärt und ggf. einem weiteren Rechtsstreit vorbehalten bliebe, wie die von den klagenden Parteien begehrten Zahlungen zu berechnen und wann sie zu leisten sind.
- 24
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a) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts und der der klagenden Parteien lässt sich die erforderliche Feststellung über die konkrete Berechnung der Einmalzahlungen für die Jahre ab 2006 bis zur betrieblichen Einführung des ERA sowie ihre Auszahlungszeitpunkte nicht dem in dem Klageantrag aufgenommenen § 4c TV ERA-APF entnehmen. Das gilt auch dann, wenn man davon ausgeht, es handele sich bei § 4c ERA-APF für die Auszahlungszeiträume nach dem 28. Februar 2006 nicht lediglich um eine schuldrechtliche Abrede der Tarifvertragsparteien, sondern bereits um eine tarifliche Inhaltsnorm iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 TVG, die die Verpflichtung des Arbeitgebers jedoch lediglich dem Grunde nach regelt(so BAG 14. Januar 2009 - 5 AZR 175/08 - Rn. 18, EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 134 für den gleichlautenden § 4c TV ERA-APF Berlin-Brandenburg). Auch dann enthält § 4c TV ERA-APF keine Regelung zur Berechnung und zu den weiteren Zahlungsmodalitäten der Einmalzahlung für die Zeit ab dem 1. März 2006. Das ergibt die Auslegung des Tarifvertrages (zu den Maßstäben der Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages s. nur BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 40, BAGE 124, 240).
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aa) Aus dem Wortlaut der in den Text des Tarifvertrages aufgenommenen Fußnote zu § 4c Satz 2 TV ERA-APF ergibt sich, dass die Tarifvertragsparteien die Auszahlungszeitpunkte, die aktuelle Bezugsbasis sowie etwaige weitere Einzelheiten für die Einmalzahlungen aus den ERA-Strukturkomponenten ab März 2006 erst auf Basis der zukünftigen Entgeltabkommen des Jahres 2006 regeln wollten. Diese waren weder bei Abschluss des TV ERA-APF am 18. Dezember 2003 noch bei seiner Modifikation am 5. März 2004 geschlossen. Erst durch die „Vereinbarung zum Umgang mit den ERA-Strukturkomponenten ab März 2006“ vom 23. November 2005 haben die Tarifvertragsparteien für den Zeitraum von März 2006 bis Dezember 2006 eine Einigung über die für die Berechnung zugrundezulegende Bezugsbasis, den für die jeweiligen Monate anzuwendenden Faktor sowie die Fälligkeitszeitpunkte getroffen. In Nr. 2 des Verhandlungsergebnisses der Tarifvertragsparteien vom 23. November 2005 haben sie ausdrücklich niedergelegt, dass für die Betriebe die genannte Vereinbarung über den Umgang mit den ERA-Strukturkomponenten getroffen wird und die dortigen Regelungen Bestandteile der Entgeltabkommen des Jahres 2006 werden sollen, damit für die Betriebe rechtzeitig Planungssicherheit besteht. Damit haben die Tarifvertragsparteien erst zu diesem Zeitpunkt diejenigen Punkte festgelegt, die nach ihrer übereinstimmenden Ansicht noch regelungsbedürftig waren. Solche Regelungen für die Einmalzahlungen aus den ERA-Strukturkomponenten ab dem 1. März 2006 wurden dann auch Inhalt der später geschlossenen Entgeltabkommen vom 22. April 2006(§ 7, insb. Nr. 4 Lohnabkommen 2006 und § 6, insb. Nr. 4 Gehaltsabkommen 2006).
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bb) Ein anderes folgt nicht aus dem Verweis in § 4c Satz 2 TV ERA-APF, wonach für die „Berechnung“ der Einmalzahlungen auf die„Methode für die Auszahlung der ERA-Strukturkomponenten in den Entgeltabkommen vom 16. Februar 2004“ verwiesen wird. Die Bestimmungen in den Entgeltabkommen 2004 - § 5 Nr. 1 Gehaltsabkommen 2004, § 6 Nr. 1 Lohnabkommen 2004 - galten nur für die Zeit bis zum 28. Februar 2006. Der Verweis auf die „Methode für die Auszahlung“ bedeutet lediglich, dass sich die Tarifvertragsparteien darüber einig waren, die Höhe der Einmalzahlungen nach einem tariflich noch festzulegenden Faktor und einer tariflich noch zu bestimmenden Bezugsbasis zu berechnen. Hätten die Tarifvertragsparteien die Bezugnahme auf die Entgeltabkommen hingegen als abschließend verstanden, wäre die Fußnote zu § 4c Satz 2 TV ERA-APF überflüssig gewesen. Weiterhin wäre es auch nicht erforderlich gewesen, im Interesse einer rechtzeitigen Planungssicherheit bereits im November 2005 eine Vereinbarung über die Berechnung der „auszuzahlenden Einmalzahlung“ zu treffen und in Nr. 4 des Verhandlungsergebnisses zu vereinbaren, dass für „die Zeit ab 2007 ... entsprechende Regelungen“ noch getroffen werden.
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b) Zwischen den klagenden Parteien und der Beklagten steht nicht außer Streit, nach welchen Berechnungsregeln die Einmalzahlung im Falle einer entsprechenden Zahlungsverpflichtung nach § 4c TV ERA-APF zu erfolgen hat. Die klagenden Parteien sind der Auffassung, bereits durch § 4c TV ERA-APF und dem Verweis auf die Entgeltabkommen für das Jahr 2004 seien die erforderlichen Regelungen erfolgt. Demgegenüber hat die Beklagte bereits in den Tatsacheninstanzen geltend gemacht, dass eine Regelung für Zahlungen aus der ERA-Strukturkomponente für das Jahr 2006 erst durch die Entgeltabkommen für dieses Jahr erfolgt sei. Zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Entgeltabkommen sei sie aber nicht tarifgebunden gewesen, sodass dieses für sie nicht mehr maßgebend sein könne.
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c) Ob für die klagenden Parteien darüber hinaus hinsichtlich einer Feststellung für das Jahr 2006 auch deshalb kein Rechtsschutzinteresse besteht, weil sie selbst davon ausgehen, sie könnten für das Jahr 2006 keine Ansprüche auf eine Einmalzahlung aus den ERA-Strukturkomponenten mehr geltend machen, da die Beklagte im November 2006 eine von ihr als freiwillige Sonderzahlung bezeichnete Vergütungszahlung in Höhe des Anspruchs nach § 4c TV ERA-APF erbracht habe und diese mit ihren Ansprüchen nach dieser Bestimmung verrechnen könne, muss der Senat daher nicht entscheiden.
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2. Der Senat ist daran gehindert, die Anträge unter Berücksichtigung des Vortrags der klagenden Parteien dahin auszulegen, dass sie den Anforderungen an das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse genügen.
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a) Nach dem Vortrag der klagenden Parteien zu 1) bis 4) ist eine solche Auslegung nicht möglich. Sie haben, nachdem die Beklagte bereits erstinstanzlich eingewendet hatte, § 4c TV ERA-APF enthalte für eine ab dem 1. März 2006 zu leistende Einmalzahlung keine Berechnungsregelungen, in ihren Schriftsätzen vom 13. Juli 2007 ausgeführt, die Bestimmung enthalte „eine abschließende anwendbare Regelung“. In ihrer Berufungsbegründung vom 14. Dezember 2007 machen die klagenden Parteien ausdrücklich geltend, dass „einzig und allein die Verpflichtung“ der Beklagten „zur Zahlung der Strukturkomponente“ streitgegenständlich ist, hingegen „nicht die Zahlungsmodalitäten“. Eine Auslegung der Klageanträge, dass auch die Berechnungsgrundlagen und die Zahlungsmodalitäten von ihnen erfasst werden, ist daher ohne Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO nicht möglich.
- 31
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b) Auch in Bezug auf die Feststellungsanträge der Kläger zu 5) und zu 6) scheidet entsprechende Auslegung ihrer Feststellungsanträge aus. Ihrem Vorbringen ist weder zu entnehmen, auf welcher tariflichen Grundlage die Einmalzahlung für die Zeit ab dem 1. März 2006 bis zum 31. Dezember 2006 und in den Jahren 2007 sowie 2008 zu berechnen ist, wenn - wie vorliegend der Fall - § 4c TV ERA-APF entgegen ihrer Auffassung nicht allein maßgebend ist.
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III. Entgegen der Auffassung der Kläger zu 5) und zu 6) ist der Senat nicht gehindert, nach § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden und die Revision mit der Maßgabe zurückweisen, dass die Klagen unzulässig sind. Eine Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts nach § 562 Abs. 1 ZPO und die Zurückverweisung nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht ist nur dann geboten, wenn die klagenden Parteien nach dem Verfahrensverlauf nicht ausreichend Gelegenheit und Veranlassung gehabt hätten, einen Antrag zu stellen, der den Erfordernissen des § 256 Abs. 1 ZPO entspricht(vgl. BAG 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 16, EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Die Beklagte hat bereits in den Tatsacheninstanzen darauf hingewiesen, dass sich allein aus der Bestimmung des § 4c TV ERA-APF die erforderliche Berechnung und die weiteren Zahlungsmodalitäten des Anspruchs nicht ergeben, namentlich seien die Entgeltabkommen des Jahres 2004 nicht maßgebend. Aufgrund dieses Vortrages der Beklagten hatten die klagenden Parteien ausreichend Anlass, ihren Antrag, ggf. in Form eines Hilfsantrages, und ihren Vortrag weiter zu konkretisieren, ohne dass ein richterlicher Hinweis nach § 139 Abs. 1 ZPO geboten gewesen wäre(vgl. BAG 24. Januar 2007 - 4 AZR 28/06 - Rn. 37 ff. mwN, NZA-RR 2007, 495).
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Ein anderes folgt nicht aus der in der Revisionsinstanz von den Klägern zu 5) und zu 6) angeführten Entscheidung des Siebten Senats vom 11. November 2009. Der Siebte Senat hat den bei ihm anhängigen Rechtsstreit deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, weil der Kläger ursprünglich einen grundsätzlich sachdienlichen und zulässigen Klageantrag gestellt hatte, diesen jedoch auf Anregung des Arbeitsgerichts in einen unzulässigen Feststellungsantrag abgeändert hatte(- 7 AZR 387/08 - Rn. 16, EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3). Eine solche Fallgestaltung ist vorliegend nicht gegeben.
-
IV. Die klagenden Parteien haben die Kosten des Revisionsverfahrens und der Berufung im Umfang ihrer Beteiligung zu tragen (§ 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 2 ZPO).
-
Bepler
Creutzfeldt
Treber
Hannig
Drechsler
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Tenor
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I. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 30. November 2011 - 5 Sa 49/10 - wird zurückgewiesen.
-
II. Auf die Revision des Klägers wird unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 30. November 2011 - 5 Sa 49/10 - auf die Berufung des Klägers unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg vom 4. Mai 2010 - 21 Ca 35/10 - die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 675,73 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 116,00 Euro seit dem 1. November 2008, 1. Dezember 2008, 1. Januar 2009, 1. Februar 2009 und 1. März 2009 sowie aus 95,73 Euro seit dem 1. April 2009 zu zahlen.
-
III. Im Übrigen werden die Berufung und die Revision des Klägers zurückgewiesen.
-
IV. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die Auslegung einer einzelvertraglichen Vergütungsabrede.
- 2
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Der 1979 geborene Kläger ist seit August 2003 bei der Beklagten, die mit Schreibwaren und Kommunikationsartikeln handelt, in H als Verkäufer beschäftigt, zunächst in Teilzeit mit jahresdurchschnittlich 25 Wochenstunden, ab Juli 2004 in Vollzeit mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 37,5 Wochenstunden. Seither erhält der Kläger eine Vergütung von 1.458,00 Euro brutto monatlich.
-
Zur Vergütung heißt es im Anstellungsvertrag vom 1. August 2003:
-
„3.2
In Anlehnung an den Tarifvertrag erhält der Mitarbeiter ein Bruttogehalt von
Tarifentgelt:
954,75
Übertarifliche Zulage:
0,00
Monatsentgelt insgesamt:
954,75.
3.3
Das Monatsentgelt wird jeweils nachträglich am Monatsende gezahlt. Die Zahlung erfolgt bargeldlos.“
- 4
-
Der Betrag von 954,75 Euro entsprach zum damaligen Zeitpunkt 25/37,5 des Tarifgehalts nach der Gehaltsgruppe 2a, 1. und 2. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel.
-
Die Vergütungsregelung in der Fassung der von der Beklagten vorformulierten Vertragsänderung vom 16. Juli 2004 (fortan: Vertragsänderung) lautet:
-
„3.2
Für seine Tätigkeit erhält der Mitarbeiter ein monatliches Bruttogehalt von
Tarifentgelt:
€ 1.458,00
Übertarifliche Zulage:
€ 0,00
Monatsentgelt insgesamt:
€ 1.458,00“
- 6
-
Der Betrag von 1.458,00 Euro entsprach dem seinerzeitigen Entgelt nach der Gehaltsgruppe 2a, 1. und 2. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel.
- 7
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Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat der Kläger zuletzt für den Zeitraum Oktober 2008 bis März 2009 die Differenz zwischen der von der Beklagten gezahlten Vergütung und dem nach dem Gehaltstarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel vom 12. September 2008 in Gehaltsgruppe 2a nach dem 5. Berufsjahr vorgesehenen Betrag von 2.066,00 Euro brutto verlangt und die Auffassung vertreten, die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede enthalte eine dynamische Bezugnahme auf den einschlägigen Gehaltstarifvertrag.
-
Der Kläger hat beantragt,
-
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.648,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen.
- 9
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Vergütungsabrede der Parteien sei nicht dynamisch ausgestaltet.
-
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage nach ergebnisloser Durchführung eines Mediationsverfahrens iHv. 2.952,00 Euro brutto nebst Zinsen stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen ursprünglichen Zahlungsantrag weiter, die Beklagte begehrt die vollständige Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist unbegründet, die des Klägers im Wesentlichen begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung mit dem nach der Gehaltsgruppe 2a nach dem 5. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel vom 12. September 2008 (im Folgenden: GTV) vorgesehenen Betrag. Das ergibt die Auslegung der Vergütungsabrede der Parteien.
- 12
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I. Die für den Streitzeitraum maßgebende Vergütungsabrede in der Fassung der Vertragsänderung ist nicht eindeutig. Die Verknüpfung eines festen Euro-Betrags mit dem Begriff „Tarifentgelt“ lässt mehrere Deutungen zu. Es könnte damit ein fester und statischer Euro-Betrag vereinbart sein. Der Bezeichnung „Tarifentgelt“ käme nur die Funktion eines Hinweises darauf zu, wie der in der Vereinbarung festgehaltene Euro-Betrag gefunden wurde. Die Verknüpfung von festem Euro-Betrag mit der Bezeichnung „Tarifentgelt“ kann aber - ohne dass es auf die von der Beklagten vermisste Bezugnahme auf einen Tarifvertrag in dessen Gänze und jeweiligen Fassung ankäme - auch bedeuten, es solle zwar ein bestimmter Euro-Betrag vereinbart, dieser aber dynamisch gestaltet sein. Dabei sind verschiedene Arten der Dynamisierung denkbar, etwa eine Erhöhung des in der Vergütungsabrede festgehaltenen Euro-Betrags entsprechend den einschlägigen jeweiligen Tariferhöhungen oder die Vereinbarung einer Vergütung nach einer bestimmten tariflichen Vergütungsgruppe und damit eine Dynamik innerhalb und außerhalb der Vergütungsgruppe.
- 13
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II. Die Auslegung der Vergütungsabrede ergibt, dass in Ziff. 3.2 Arbeitsvertrag in der Fassung der Vertragsänderung eine Vergütung nach der Gehaltsgruppe 2a des jeweils geltenden Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel vereinbart ist.
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1. Die Vergütungsabrede ist wie eine Allgemeine Geschäftsbedingung anhand von § 305c Abs. 2, §§ 306, 307 bis 309 BGB zu beurteilen. Die Beklagte hat nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sowohl den Arbeitsvertrag als auch die Vertragsänderung vorformuliert, dem Kläger in dieser Form angeboten und damit im Rechtssinne gestellt. Ob es sich dabei um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen handelte (§ 305 Abs. 1 BGB), bedarf keiner weiteren Aufklärung, denn der Arbeitsvertrag ist ein Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB(vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 20 ff., AP BGB § 310 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10; 27. Juni 2012 - 5 AZR 530/11 - Rn. 14, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 14). Auf die vorformulierte Vergütungsregelung konnte der Kläger keinen Einfluss nehmen.
- 15
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Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Dabei unterliegt die Auslegung der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (st. Rspr., vgl. BAG 14. Dezember 2011 - 5 AZR 457/10 - Rn. 14 mwN, EzA TzBfG § 4 Nr. 22; 17. Oktober 2012 - 5 AZR 697/11 - Rn. 15).
- 16
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2. Danach beschränkt sich die Vergütungsabrede nicht auf die Vereinbarung eines festen und statischen Euro-Betrags, sondern enthält zumindest eine Dynamik entsprechend den Tariferhöhungen für den Hamburger Einzelhandel.
- 17
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a) Nach dem Wortlaut der Klausel erhält der Mitarbeiter nicht nur einen festen Euro-Betrag, vielmehr soll dieser ein „Tarifentgelt“ sein. Damit sendet die Beklagte entgegen ihrer Auffassung nicht nur ein Signal, sie zahle ein „seinerzeit marktübliches“ Gehalt. Vielmehr verdeutlicht die Beklagte als Klauselverwenderin - zumal sie in der Klausel zwischen Tarifentgelt und übertariflicher Zulage differenziert -, sie vergüte „nach Tarif“. Der durchschnittliche Arbeitnehmer darf eine derartige Verknüpfung von festem Euro-Betrag und dessen Bezeichnung als Tarifentgelt redlicherweise so verstehen, dass der in der Klausel festgehaltene Euro-Betrag nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern sich entsprechend den Tariferhöhungen entwickeln soll. Ein redlicher Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte - die Bezeichnung als Tarifentgelt unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass er nicht „nach Tarif“ zahlt und sich das vereinbarte Gehalt nur durch Parteivereinbarung erhöhen wird.
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Die in der ursprünglichen Fassung des Arbeitsvertrags enthaltene Formulierung „in Anlehnung an den Tarifvertrag“ enthält keine Einschränkung, sondern verdeutlicht nur zusätzlich, dass die Beklagte als nicht tarifgebundene Arbeitgeberin auf ein intern von ihr praktiziertes System verweist (vgl. BAG 17. November 2011 - 5 AZR 409/10 - Rn. 16 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 96).
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b) Auch wenn die Klausel nicht angibt, welches Tarifentgelt der Arbeitnehmer erhalten soll, darf dieser redlicherweise annehmen, es solle das Tarifentgelt des für den Betrieb des Arbeitgebers räumlich und fachlich sowie für den Arbeitnehmer persönlich einschlägigen Tarifvertrags vereinbart sein, und zwar nach der Entgeltgruppe, der der in der Klausel festgehaltene Euro-Betrag zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entspricht. Das war unstreitig das Tarifentgelt nach der Gehaltsgruppe 2a, 1. und 2. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel in der damals geltenden Fassung vom 17. Juli 2003.
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3. Mit der Vergütungsabrede der Parteien wird auch die „Dynamik“ innerhalb der nach verschiedenen Stufen aufgebauten Gehaltsgruppe 2a nachvollzogen.
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a) Dagegen spricht zwar, dass die Vergütungsabrede der Parteien - anders etwa als die der Entscheidung des Senats vom 9. November 2005 (- 5 AZR 128/05 - Rn. 2, BAGE 116, 185) zugrunde liegende Klausel - weder eine bestimmte Gehaltsgruppe, noch eine bestimmte Stufe innerhalb einer Gehaltsgruppe nennt. Der Kläger hat auch keinen Sachvortrag zu einer seine Auslegung stützenden Vergütungspraxis der Beklagten gehalten. Ersichtlich hat diese jedenfalls bei ihm die Stufung innerhalb der Gehaltsgruppe 2a GTV nicht nachvollzogen. Überdies ist weder vorgetragen noch festgestellt, die „Einstufung“ sei zutreffend gewesen, weil der Kläger sich bei der Einstellung trotz eines Alters von fast 24 Jahren im 1. oder 2. Berufsjahr befunden hätte.
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b) Für die Vereinbarung einer Dynamik auch innerhalb einer bestimmten Vergütungsgruppe spricht aber, dass die Beklagte mit ihrer Klausel nicht auf irgendein Tarifentgelt, sondern zumindest auf die nach ihren fachlichen Anforderungen (Angestellte mit einfacher Tätigkeit, Beispiel Verkäufer/innen, auch wenn sie kassieren) zutreffende Gehaltsgruppe zurückgegriffen und mit der Klauselformulierung insgesamt den Eindruck erweckt hat, „nach Tarif“ zahlen zu wollen.
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c) Beide Auslegungsmöglichkeiten sind rechtlich vertretbar, keine verdient den eindeutigen Vorzug. Die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB führt deshalb zu einer Auslegung zu Lasten der Beklagten(vgl. BAG 9. November 2005 - 5 AZR 128/05 - Rn. 22 mwN, BAGE 116, 185; 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 29, BAGE 126, 198).
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III. Die Höhe der monatlichen Vergütungsdifferenz hat der Kläger zutreffend berechnet, allerdings bei der Klageforderung seine ab dem 16. Februar 2009 über den Streitzeitraum hinaus andauernde Arbeitsunfähigkeit außer Betracht gelassen.
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1. Das Monatsgehalt nach Gehaltsgruppe 2a nach dem 5. Berufsjahr GTV betrug im Streitzeitraum 2.066,00 Euro brutto. Zu den von der Beklagten gezahlten 1.458,00 Euro brutto verbleibt eine Differenz von 608,00 Euro brutto monatlich. In dieser Höhe hat die Beklagte den Vergütungsanspruch des Klägers aus § 611 Abs. 1 BGB bzw. § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 EFZG nicht erfüllt.
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2. Jedoch kann der Kläger für den Monat März 2009 nicht die volle Differenz verlangen. Er war unstreitig seit dem 16. Februar 2009 arbeitsunfähig krank und bezog seit dem 30. März 2009 keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle mehr. Der Kläger hat deshalb für den Monat März 2009 nur 29/30 der Vergütungsdifferenz, mithin 587,73 Euro brutto zu beanspruchen (zur Berechnungsmethode siehe BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 22 ff., EzA BGB 2002 § 615 Nr. 37). In Höhe der Differenz von 20,27 Euro brutto ist die Klage unbegründet.
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IV. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 in Verb. mit § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Das Monatsentgelt wurde nach Ziff. 3.3 Arbeitsvertrag in Übereinstimmung mit § 64 HGB am letzten Tag eines jeden Monats fällig.
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V. Die Beklagte hat gemäß § 92 Abs. 2 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
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Müller-Glöge
Laux
Biebl
Buschmann
Jungbluth
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Im Dezember 1993 überließ die W. , Wohnen in R. , Wohnungsgesellschaft mbH (im folgenden: W. ) G. eine auf dem Grundstück R. /C. , Flurstück 58/6 gelegene Parzelle zur kleingärtnerischen Nutzung. In § 6 des Nutzungsvertrags ist bestimmt:
"(1) Der vorliegende Nutzungsvertrag kann im gegenseitigen Einvernehmen durch Vereinbarung zwischen dem Nutzungsberechtigten und der W. ganz oder teilweise beendet werden.
(2) Die W. kann das Nutzungsverhältnis durch Kündigung vor- zeitig beenden, wenn ... (3) Bei Beendigung des Nutzungsvertrages kann eine ordnungsgemäße Räumung gefordert werden. Liegt eine neue Bewerbung für die Fläche vor, kann die Parzelle durch einen neuen Vertrag übertragen werden. Ansprüche auf Entschädigung bezüglich vorhandener Baulichkeiten und Anpflanzungen sind dem Übernehmenden in Rechnung zu stellen. Wird eine Einigung über die Höhe des Anspruchs nicht erreicht, erfolgt die Feststellung durch einen Bausachverständigen, der von der W. benannt wird. (4) ..."
Im Oktober 1996 erklärte sich die beklagte Stadt, die mittlerweile anstelle der W. in die an dem kleingärtnerisch genutzten Grundstück bestehenden Pachtverträge eingetreten war, damit einverstanden, daß der Kläger den von dem Nutzungsberechtigten G. abgeschlossenen Nutzungsvertrag übernahm.
Im Januar 1999 teilte der Kläger der Beklagten mit, daß er sich wegen einer schweren Erkrankung nicht mehr imstande sehe, die ihm überlassene Parzelle zu pflegen und den darauf befindlichen Bungalow instand zu setzen; er bot die Rückgabe der Pachtfläche an und bat um Mitteilung der "diesbezüglichen Modalitäten". Die Beklagte bekundete daraufhin mit Schreiben vom 1. Februar 1999 ihre Bereitschaft, die Parzelle zurückzunehmen, und machte zugleich deutlich, daß eine Entschädigung erst im Jahre 2000 ausgezahlt werden könne. Sie wies weiter darauf hin, daß für die Ermittlung der Entschädigungssumme eine Schätzung der Laube und des Aufwuchses erforderlich sei
und daß nach erfolgter Schätzung die vorhandenen Baulichkeiten von der Pachtfläche entfernt werden müßten.
Nach Einholung eines Schätzgutachtens durch den Kläger wurden zwischen den Parteien am 22. Juni und am 1. Juli 1999 Gespräche über die Höhe der Entschädigungssumme geführt. Mit Schreiben vom 1. Juli 1999 teilte die Beklagte unter Bezugnahme auf das am selben Tag geführte Gespräch mit, daß sie bereit sei, eine Entschädigungssumme von 31.000 DM zu zahlen; im Falle des Einverständnisses möge der Kläger dies auf einer beigefügten Zweitschrift des Anschreibens bestätigen. Am 7. Juli 1999 schickte der Kläger die von ihm unterzeichnete Zweitschrift mit dem Zusatz zurück, daß er mit einer Entschädigung in Höhe von 31.000 DM einverstanden sei. Anschließend ließ der Kläger die auf der Pachtparzelle befindliche Baulichkeit abreißen und gab die geräumte Parzelle Ende Juli 1999 an die Beklagte heraus.
Nachdem die Beklagte im Januar 2000 dem Kläger noch angekündigt hatte, daß er im April 2000 mit der Auszahlung der Entschädigung rechnen könne, erklärte sie mit Schreiben vom 28. Juli 2000 die "bisherigen Verhandlungen" für gegenstandslos. Zur Begründung führte sie an, eine Überprüfung von mißverständlichen Vereinbarungen in den Pachtverträgen unter Einschaltung der W. habe ergeben, daß § 6 Abs. 3 des Pachtvertrags dem Kläger keinen Anspruch auf Entschädigung gewähre.
Der Kläger hat im Urkundsprozeß Klage auf Zahlung von 31.000 DM nebst Zinsen erhoben. Das Landgericht hat die Beklagte durch Vorbehaltsurteil vom 30. Januar 2001 antragsgemäß zur Zahlung verurteilt und dieses Urteil durch Schlußurteil vom 20. Juli 2001 für vorbehaltlos erklärt. Die dagegen ein-
gelegte Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag, die Klage unter Aufhebung des Vorbehaltsurteils abzuweisen, weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
1. Als Anspruchsgrundlage für das klägerische Begehren kommt allein die zwischen den Parteien im Juli 1999 getroffene Vereinbarung über die Zahlung einer Entschädigungssumme von 31.000 DM in Betracht. Gesetzliche Entschädigungsansprüche sind nicht ersichtlich. Auch ein pachtvertraglicher Entschädigungsanspruch scheidet aus.
a) Besondere Entschädigungsvorschriften für den Fall der vorzeitigen Beendigung von Pachtverträgen enthalten sowohl das Bundeskleingartengesetz (§ 11) als auch das Schuldrechtsanpassungsgesetz (§ 12).
aa) Eine Anwendung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes kommt vorliegend schon deshalb nicht in Frage, weil der vom Kläger übernommene Nutzungsvertrag nach Herstellung der deutschen Einheit, nämlich im Dezember 1993, neu abgeschlossen wurde. Das Schuldrechtsanpassungsgesetz zielt, soweit vorliegend von Interesse, allein darauf ab, noch zu DDR-Zeiten zustande gekommene Verträge über die Nutzung von Grundstücken zu Erholungs-
zwecken (§§ 312 ff DDR-ZGB) mit bestimmten Modifikationen in Miet- und Pachtverhältnisse nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch überzuleiten (§ 6 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 SchuldRAnpG). Nach dem 2. Oktober 1990 abgeschlossene Nutzungsverhältnisse liegen außerhalb des Geltungsbereichs des Schuldrechtsanpassungsgesetzes (§ 3 SchuldRAnpG); für diese Verträge gilt von vornherein nur das allgemeine Miet- und Pachtrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
bb) Auch die Anspruchsvoraussetzungen des § 11 BKleingG, der ohnehin nur anwendbar wäre, wenn sich - wozu Feststellungen des Berufungsgerichts fehlen - die kleingärtnerisch genutzte Parzelle innerhalb einer Kleingartenanlage im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG befinden würde, sind nicht erfüllt.
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BKleingG hat der Pächter, wenn ein Kleingartenpachtvertrag nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BKleingG gekündigt wird, Anspruch auf angemessene Entschädigung für die von ihm eingebrachten oder gegen Entgelt übernommenen Anpflanzungen und Anlagen, soweit diese im Rahmen einer kleingärtnerischen Nutzung üblich sind. Die Vorschrift will sicherstellen, daß der Pächter in den Fällen, in denen er das Nutzungsrecht an der kleingärtnerisch genutzten Fläche im weit verstandenen Allgemeininteresse ohne eigenes Zutun verliert, eine angemessene Entschädigung für den vorzeitigen Verlust seines Nutzungsrechts erhält. Demnach steht einem Pächter kein gesetzlicher Entschädigungsanspruch zu, wenn er selbst kündigt oder durch schuldhaftes Verhalten die Verpächterkündigung veranlaßt oder aber - wie hier - das Pachtverhältnis einvernehmlich durch Vertragsaufhebung beendet wird (Senatsurteil BGHZ 151, 71, 74).
Somit hätte der Kläger auch bei Anwendbarkeit des Bundeskleingartengesetzes von Gesetzes wegen nur das Wegnahmerecht aus § 547a BGB a.F. (§ 539 Abs. 2 BGB n.F.) geltend machen können.
b) Stellt man allein auf den Wortlaut des § 6 Abs. 3 des Pachtvertrags ab, so trifft diese Klausel nur für den Fall eine besondere Regelung, daß sich bei einer Weiterverpachtung nach Beendigung des Nutzungsvertrags Alt- und Neupächter über die zu leistende Entschädigung bezüglich der vorhandenen und vom neuen Pächter zu übernehmenden Baulichkeiten und Anpflanzungen nicht einigen können. Daß auch im Falle einer Vertragsaufhebung ohne anschließende Weiterverpachtung der Verpächter selbst, auch wenn er - wie hier - an einer weiteren kleingärtnerischen Nutzung der Pachtfläche nicht interessiert ist, eine Entschädigung zu zahlen hat, läßt sich demgegenüber dieser Vertragsbestimmung nicht ohne weiteres entnehmen.
Die Beklagte hat sich - nach mehrmaliger Rücksprache mit der W. - schließlich auf den Standpunkt gestellt, daß sich aus § 6 Abs. 3 des Pachtvertrags kein vertraglicher Entschädigungsanspruch des Klägers herleiten läßt. Der Kläger hält diese - naheliegende - Vertragsauslegung ausdrücklich für richtig.
2. Nach Auffassung des Berufungsgerichts stellt die Vereinbarung der Parteien vom Juli 1999 über die Zahlung einer Entschädigungssumme von 31.000 DM einen Vergleich dar, durch den die Parteien die Ungewißheit über die Höhe einer von der Beklagten zu leistenden Entschädigung beseitigen wollten.
Das Vorbringen der Beklagten, diese Vereinbarung sei unwirksam, weil sich aufgrund des von ihr mit der W. geführten Schriftverkehrs im Juli 2000 herausgestellt habe, daß die von beiden Parteien bei Abschluß dieses Vertrags als feststehend angenommene Zahlungsverpflichtung nicht bestehe, hält das Berufungsgericht für nicht durchgreifend; hiermit werde lediglich ein reiner Rechtsirrtum geltend gemacht, der von dem in § 779 Abs. 1 BGB verwendeten Begriff "Sachverhalt" nicht erfaßt werde.
Dem ist auf der Grundlage der vom Berufungsgericht vorgenommenen Qualifizierung der Abrede vom 1./7. Juli 1999 nicht zu folgen.
a) Nach der älteren höchstrichterlichen Rechtsprechung führt ein bloßer Rechtsirrtum nicht zur Unwirksamkeit eines Vergleichs nach § 779 Abs. 1 BGB (RGZ 157, 266, 269 ff; BGH, Urteile vom 7. Juni 1961 - VIII ZR 69/60 - NJW 1961, 1460 und vom 24. September 1959 - VIII ZR 189/58 - NJW 1959, 2109; vgl. auch BGHZ 25, 390, 394). Diese Rechtsprechung wird im Schrifttum mit der Begründung angegriffen, auch die gemeinsame irrige Beurteilung einer Rechtsfrage könne zur Grundlage eines Vergleichs geworden sein; im übrigen sei die Abgrenzung eines reinen Rechtsirrtums vom Tatsachenirrtum häufig nicht praktikabel. Deshalb seien zum Sachverhalt alle Verhältnisse tatsächlicher und rechtlicher Art zu rechnen, die die Parteien als feststehend zugrunde gelegt hätten (MünchKomm-BGB/Pecher, 3. Aufl., § 779 Rn. 64; Palandt/ Sprau, BGB, 62. Aufl., § 779 Rn. 14; Erman/Terlau, BGB, 10. Aufl., § 779 Rn. 24; Soergel/Lorentz, BGB, 11. Aufl., § 779 Rn. 20).
b) Der Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts, in Anwendung der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze sei von einem bloßen - im Rahmen des § 779 BGB unbeachtlichen - Rechtsirrtum auszugehen, ist unzutreffend. Es kann daher dahinstehen, ob - wie die Revision für richtig hält - diese Rechtsprechung im Hinblick auf die von der Literatur vorgebrachten Argumente aufzugeben oder aber - wofür sich die Revisionserwiderung ausspricht - an ihr festzuhalten ist. Denn die maßgeblich durch Auslegung des zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien zustande gekommenen Nutzungsvertrags zu beantwortende Frage, ob vorliegend dem Pächter auch bei einvernehmlicher Vertragsaufhebung ein Entschädigungsanspruch für eine auf der Pachtfläche befindliche Baulichkeit zustehen soll, ist keine reine Rechtsfrage, sondern verlangt eine umfassende Wertung, für die auch tatsächliche Umstände von entscheidender Bedeutung sind oder sein können. Jedenfalls unter solchen Voraussetzungen geht es um einen Sachverhalt im Sinne des § 779 BGB (vgl. BGH, Urteile vom 30. Januar 1997 - IX ZR 133/96 - NJW-RR 1997, 684 und vom 8. Juli 2003 - VI ZR 274/02 - zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, S. 12 UA).
Bei der nach §§ 133, 157 BGB vorzunehmenden Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen ist nicht nur auf den Wortlaut der Erklärung abzustellen; auch außerhalb des Erklärungsakts liegende Begleitumstände sind in die Auslegung einzubeziehen, soweit sie einen Schluß auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2000 - VIII ZR 275/98 - NJW-RR 2000, 1002, 1003). Auch das nachträgliche Verhalten von Vertragsparteien und - insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen - eine feststehende Vertragspraxis können für die Auslegung bedeutsam sein, falls sich hieraus Anhaltspunkte für den tatsächlichen Vertragswillen ergeben können
(vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 1997 - IX ZR 164/96 - NJW-RR 1998, 259 m.w.N.).
Aufgrund dessen ist jedenfalls bei Willenserklärungen und Verträgen, deren Wortlaut nicht völlig eindeutig ist, die Ermittlung des von den Vertragsschließenden wirklich Gewollten keine reine Rechtsfrage. Dies wird vorliegend durch den von der Beklagten mit der W. geführten Schriftverkehr belegt, aus dem sich ergibt, daß die Beklagte wegen bei ihr entstandener Unsicherheiten über die Vertragsauslegung nachfragte, wie die W. in der Vergangenheit § 6 Abs. 3 des Pachtvertrags gehandhabt habe, insbesondere, ob auch bei einer Rücknahme des Grundstücks durch den Verpächter eine Entschädigung bezahlt worden sei.
Demgemäß kann die Fehlvorstellung darüber, § 6 Abs. 3 des Pachtvertrags enthalte eine eigenständige Entschädigungsregelung, die zu Lasten des Verpächters auch dann greife, wenn eine Weiterverpachtung der zurückzugebenden Pachtfläche nicht erfolgen solle, durchaus zur Unwirksamkeit eines über die Höhe der Entschädigung geschlossenen Vergleichs führen.
II.
Das Berufungsurteil ist aufzuheben. Eine abschließende Entscheidung des Senats ist nicht möglich.
1. Der Kläger hat vorgetragen, bei den mit der Beklagten geführten mündlichen Verhandlungen habe diese die Zahlung einer Entschädigung von sich
aus angeboten, weil sie ihrerseits wegen der beabsichtigten Aufnahme der Pachtfläche in das Landschaftsschutzgebiet "R. Wiese" an der vorzeitigen Aufhebung des Pachtverhältnisses ein erhebliches Eigeninteresse gehabt habe und eine - unmittelbar zur Anwendbarkeit des § 6 Abs. 3 des Pachtvertrags führende - Weiterverpachtung der Parzelle habe verhindern wollen.
Wäre dieses - von der Beklagten unter Beweisantritt bestrittene - Vorbringen , das das Berufungsgericht als richtig unterstellt hat, zutreffend, so könnte entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts von einem Vergleichsabschluß über die Höhe der Entschädigung nicht mehr gesprochen werden. Vielmehr hätten sich dann die Vertragsschließenden im Verhandlungswege über die Höhe der Gegenleistung geeinigt, die der Kläger für die vorzeitige Beendigung des Pachtverhältnisses ohne abschließende Weiterverpachtung erhalten sollte (Abstandszahlung und nicht Entschädigungszahlung im Sinne des § 6 Abs. 3 des Pachtvertrags).
2. Bei der neuen Verhandlung haben die Parteien Gelegenheit, zur rechtlichen Einordnung der Vereinbarung vom Juli 1999 weiter vorzutragen. Dabei ist es Sache der Beklagten, darzulegen und zu beweisen, daß sie die in der Abrede festgesetzte Geldsumme nicht zu zahlen verpflichtet ist.
Rinne Streck Schlick Kapsa Dörr
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.