Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 30. Mai 2013 - 1 Sa 198/12

bei uns veröffentlicht am30.05.2013

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 20.06.2012 – 4 Ca 26/11 – wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.140,24 EUR brutto nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22.08.2012 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu 68 % und die Beklagte zu 32 %.

5. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung eines tariflichen Einsatzzuschlages für vom Kläger erbrachte Notarzteinsätze.

2

Der Kläger, der auch über die Zusatzqualifikation "Notfallmedizin" nach der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern verfügt, war seit dem 01.12.2005 bei der Beklagten als Assistenzarzt in der Klinik für Anästhesie tätig.

3

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand unstreitig der "Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte)" Anwendung.

4

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete im Jahre 2013.

5

§ 19 TV-Ärzte hat folgenden Wortlaut:

6

"Einsatzzuschlag für Rettungsdienst

7

Zu den Pflichten der Ärzte aus der Haupttätigkeit gehört es, am Rettungsdienst in Notarztwagen und Hubschraubern teilzunehmen. Für jeden Einsatz in diesem Rettungsdienst erhalten die Ärzte einen nichtzusatzversorgungspflichtigen Einsatzzuschlag in Höhe von … EUR. Dieser Betrag verändert sich zu dem selben Zeitpunkt und in dem gleichen Ausmaß wie das Tabellenentgelt der Entgeltgruppe E1 Stufe 2.

8

Protokollerklärungen zu § 19:

9

1. …

10

2. Der Einsatzzuschlag steht nicht zu, wenn den Ärzten wegen der Teilnahme am Rettungsdienst außer den tariflichen Bezügen sonstige Leistungen vom Arbeitgeber oder von einem Dritten (z. B. private Unfallversicherung, für die der Arbeitgeber oder ein Träger des Rettungsdienstes die Beiträge ganz oder teilweise trägt, Liquidationsansprüche) zustehen. Die Ärzte können auf die sonstigen Leistungen verzichten.

11

3. …"

12

Der tarifliche Einsatzzuschlag betrug unstreitig bis zum 31.07.2010 16,46 EUR, ab 01.08.2010 16,66 EUR und seit dem 01.11.2011 17,26 EUR.

13

Im Jahre 2010 leistete der Kläger bis zum 31.07. 53 Rettungsdienste und danach 95 Notfalleinsätze. Im Jahre 2011 absolvierte der Kläger bis zum 31.10. 81 Rettungsdienste und im Anschluss weitere 46 Notfalleinsätze. In der Zeit von Januar bis ein- schließlich Juli 2012 wurde der Kläger schließlich insgesamt 151mal zu Rettungsdiensteinsätzen im Notarztwagen oder im Hubschrauber herangezogen.

14

Mit Schreiben vom 18.12.2010 und vom 16.01.2011 machte der Kläger bei der Beklagten die Zahlung der tariflichen Einsatzpauschale für die geleisteten Rettungsdienste im Jahr 2010 in Höhe von insgesamt 2.386,05 EUR geltend. Nach weiterem anwaltlichen Erinnerungsschreiben vom 24.02.2011 (Anlage K6) lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 01.03.2011 die Zahlung der begehrten Einsatzzuschläge mit der pauschalen Begründung ab, dem Kläger würden sonstige Leistungen im Sinne der Protokollerklärung Nr. 2 zu § 19 TV-Ärzte (Unfallversicherung) der Träger des Rettungsdienstes zustehen und ein ausdrücklicher und rechtswirksamer Verzicht auf sonstige Leistungen des Arbeitgebers sei durch den Kläger nicht erklärt worden.

15

Der Kläger hat daraufhin mit Schreiben vom 10.05.2011 Zahlungsklage gegen die Beklagte beim Arbeitsgericht Stralsund erhoben und die Vergütung der im Jahr 2010 geleisteten Rettungsdienste in Höhe von insgesamt 2.455,08 EUR geltend gemacht. Er hat das Vorliegen "sonstiger Leistungen" im Sinne des TV-Ärzte (Versicherungsschutz), von denen auch der Kläger erfasst worden sei, für den streitrelevanten Zeitraum bestritten. Im Übrigen könne dem Kläger eine fehlende Verzichtserklärung auf "sonstige Leistungen" von der Beklagten nicht entgegen gehalten werden, weil dem Kläger gar nicht bekannt gewesen sei, dass derartige Leistungen wegen der Teilnahme am Rettungsdienst von der Beklagten oder Dritten erbracht würden. Jedenfalls sei auch schon in der Geltendmachung des Anspruchs auf Auszahlung des Einsatzzuschlages zumindest konkludent ein Verzicht auf etwaige unbekannte sonstige Leistungen zu erkennen. Ein Verzicht auf die "sonstigen Leistungen" sei entgegen der Auffassung der Beklagten nach den tariflichen Bestimmungen weder generell noch im Einzelfall ausgeschlossen.

16

Die Beklagte hat der Hansestadt C-Stadt und der D. den Streit verkündet; die D. ist daraufhin mit Schriftsatz vom 07.09.2011 dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.

17

Die Beklagte hat erwidert, der geltend gemachte Zahlungsanspruch sei nicht gegeben, weil dem Kläger "sonstige Leistungen" im Sinne der Protokollerklärung Nr. 2 zu § 19 TV-Ärzte zustehen würden. So bestehe Versicherungsschutz über die D. ebenso wie auch über die Hansestadt C-Stadt. Beide hätten zusätzliche Unfallversicherungen für die im Rettungsdienst tätigen Ärzte abgeschlossen. Im Übrigen könne die Forderung auf Zahlung der Einsatzzuschläge schon deshalb nicht durchdringen, weil der Kläger auf die "sonstigen Leistungen" nicht verzichtet habe. Die Geltendmachung der vermeintlichen klägerischen Ansprüche könne nicht als Verzichtserklärung angesehen werden. Im Übrigen habe der Kläger auf den ihm als "sonstige Leistungen" gewährten Versicherungsschutz nicht verzichten können.

18

Bei den durch die Träger des Rettungsdienstes unter anderem zugunsten des Klägers abgeschlossenen Unfallversicherungen handele es sich um Versicherungen für fremde Rechnung im Sinne des § 179 Abs. 2 VVG. Eine Verfügung des Versicherten (des Klägers) über seine Rechte aus der Versicherung sei nur möglich, wenn der Versicherungsnehmer zustimme oder der Versicherte im Besitz eines Versicherungsscheins sei, und weder das eine noch das andere sei hier gegeben. Die Träger des Rettungsdienstes und Versicherungsnehmer hätten einem Verzicht der Ärzte auf den Versicherungsschutz nicht zugestimmt. Der Kläger sei auch nicht im Besitz eines Versicherungsscheins. Daher sei ein Verzicht auf den Versicherungsschutz durch den Kläger nicht möglich.

19

Da durch die einschlägige Tarifregelung eine Doppelkompensation vermieden werden solle, denn dem Arzt solle für die Teilnahme am Rettungsdienst entweder der Einsatzzuschlag oder die sonstigen Leistungen zustehen, könne der Kläger auch durch eine unwirksame Verzichtserklärung auf den bestehenden Versicherungsschutz nicht erreichen, dass die Beklagte wieder zur Zahlung von Einsatzzuschlägen verpflichtet werde.

20

Die Streitverkündete hat sich dem Vortrag der Beklagten angeschlossen und ergänzend die Auffassung vertreten, die geltend gemachten Ansprüche seien jedenfalls teilweise wegen Versäumung der tariflichen Ausschlussfrist des § 37 TV-Ärzte verfallen.

21

Mit Schreiben vom 08.01.2012, das der Beklagten spätestens am 13.01.2012 zugegangen ist, hat der Kläger unter anderem ausdrücklich für die Zukunft auf etwaige "sonstige Leistungen" zugunsten der Einsatzpauschale verzichtet (Anlage K12, Blatt 295 der Akten).

22

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, ein Anspruch des Klägers auf Zahlung der Einsatzzuschläge für die im Jahr 2010 geleisteten Notarzteinsätze bestehe deshalb nicht, weil ihm "sonstige Leistungen" im Sinne der Protokollerklärung Nr. 2 zu § 19 TV-Ärzte (nämlich Ansprüche aus Gruppen-Unfallversicherungen) zustünden. Auf diese "sonstigen Leistungen" habe der Kläger nicht verzichtet. Ein derartiger Verzicht sei nicht – auch nicht konkludent – in dem Geltendmachungsschreiben vom 18.12.2010 enthalten.

23

Auch wenn der Kläger einen ausdrücklichen Verzicht auf die "sonstigen Leistungen" nicht erklärt habe, sei aber davon auszugehen, dass dem Arzt ausdrücklich ein Wahlrecht zwischen "sonstigen Leistungen" und Einsatzzuschlag zustehe. Einen möglichen Verzicht müsse er dem Arbeitgeber gegenüber erklären. Diese Wahlmöglichkeit entfalle nicht deshalb, weil etwa der abgeschlossene Versicherungsvertrag einer Unfallversicherung nicht kündbar sei. Eine derartige Konstellation dürfe nicht zu Lasten des Arztes gehen. Dieser Umstand gehe daher ebenso zu Lasten des Arbeitgebers wie eine vom Arbeitgeber abgegebene Verpflichtung gegenüber Dritten, die im Rettungsdienst eingesetzten Ärzte zu versichern.

24

Gegen das ihm am 20.07.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Telefax ohne Datum, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 06.08.2012, Berufung eingelegt und diese unter gleichzeitiger Klageerweiterung mit Telefax vom 17.08.2012 – auch an diesem Tage beim Landesarbeitsgericht eingegangen – begründet.

25

Der Kläger führt unter Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens aus, der Zahlungsanspruch des Klägers könne nicht mit der Begründung, dieser habe auf die "sonstigen Leistungen" des TV-Ärzte nicht ausdrücklich verzichtet, abgelehnt werden. Der Kläger habe keine Kenntnis von den sonstigen Leistungen gehabt und die Beklagte habe pflichtwidrig ihre diesbezügliche Aufklärungspflicht gegenüber dem Kläger verletzt. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, den Kläger und auch die anderen im Rettungsdienst tätigen Ärzte über die streitgegenständlichen Unfallversicherungen zu informieren, was unstreitig nicht geschehen sei. Der Kläger sei nicht verpflichtet gewesen, einen vorsorglichen Verzicht zu erklären oder aber sich über etwaige "sonstige Leistungen" zu informieren. Vielmehr bestehe eine Informationspflicht des Arbeitgebers über Art und Umfang der Leistungen, damit dieser in Kenntnis der Umstände eine Wahlentscheidung treffen könne. Wenn die Beklagte vorliegend selbst keine hinreichenden Kenntnisse über das Vorhandensein sowie Art und Umfang der "sonstigen Leistungen" gehabt habe, könne sich dies nicht zu Lasten des Klägers auswirken.

26

Entgegen der Behauptung der Beklagten sei der Kläger über das Bestehen einer Unfallversicherung über die Träger des Rettungsdienstes auch nicht in der Zeit ab 2006 mehrfach durch den Ärztlichen Leiter des Rettungsdienstes Dr. F. informiert worden.

27

Im Übrigen bleibe es dabei, dass ein Verzicht auf die "sonstigen Leistungen" auch konkludent möglich und mit der Geltendmachung der Zahlung der Einsatzzuschläge durch den Kläger auch gegeben sei.

28

Der Kläger verlangt im Wege der Klageerweiterung in der Berufungsinstanz auch die Zahlung der Einsatzzuschläge für den Zeitraum vom 01.08.2011 bis 31.07.2012. Die Ableistung der Rettungsdienste und die Berechnung der Zuschläge sind nicht streitig.

29

Der Kläger beantragt,

30

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Stralsund vom 20. Juni 2012 – 4 Ca 26/11 – die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.704,23 EUR nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz auf 2.386,05 EUR seit dem 16. Februar 2011, auf 1.711,92 EUR seit dem 15. April 2012 und auf 2.606,26 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

31

Die Beklagte beantragt,

32

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 20.06.2012 – 4 Ca 26/11 – zurückzuweisen und die Klage im Übrigen abzuweisen.

33

Die Beklagte trägt vor, der Kläger könne für den streitbefangenen Zeitraum den geltend gemachten Anspruch auf Zahlung der tariflichen Einsatzzuschläge nicht mit Erfolg geltend machen, weil sowohl die Hansestadt C-Stadt als auch die D. unter anderem für den Kläger Gruppen-Unfallversicherungen abgeschlossen und ihm damit "sonstige Leistungen" im Sinne des Tarifvertrages zugestanden hätten. Sofern der Kläger keine Kenntnis von diesen Leistungen gehabt habe, könne der Kläger daraus für sich nichts Günstiges ableiten. So sei er selbst verpflichtet gewesen, sich Kenntnis von den tariflichen Regelungen zu verschaffen. Eine diesbezügliche Informationspflicht seitens der Beklagten habe nicht bestanden. Im Übrigen sei eine derartige Information mit Schreiben vom 01.03.2011 erfolgt.

34

Aber auch dann, wenn man eine Aufklärungspflicht des Arbeitgebers annehmen wollte, wäre ein Zahlungsanspruch des Klägers (in Form eines Schadenersatzanspruchs) nicht gegeben. Es fehle schon an der Kausalität zwischen der möglichen Verletzung einer bestehenden Informationspflicht seitens der Beklagten und einem beim Kläger eingetretenen Schaden. Hierfür wäre es erforderlich gewesen festzustellen, dass der Kläger bei rechtzeitiger früherer Information auch früher einen entsprechenden Verzicht erklärt hätte. Davon aber könne nicht ausgegangen werden, denn der Kläger habe auch nach Zugang des Schreibens vom 01.03.2011 über das Bestehen eines Versicherungsschutzes erst sehr viel später eine Verzichtserklärung abgegeben. Deshalb könne auch nicht angenommen werden, dass der Kläger auf eine entsprechend frühere Information hin mit einem unmittelbaren Verzicht reagiert hätte.

35

Außerdem sei dem Kläger kein Schaden entstanden. Zwar habe er die Einsatzzuschläge nicht erhalten, stattdessen aber vollständigen Unfallversicherungsschutz, und dieser sei der Höhe nach den Einsatzzuschlägen zumindest gleichwertig.

36

Letztlich komme es darauf aber gar nicht an, weil entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ein Verzicht des Klägers auf den Versicherungsschutz als "sonstige Leistung" aus den dargelegten Rechtsgründen nicht möglich gewesen sei.

37

Im Übrigen hätte der Kläger den Verzicht auch gegenüber den Versicherungsnehmern (Hansestadt C-Stadt, DRF) erklären müssen, was ebenfalls nicht erfolgt sei.

38

Die Beklagte habe versucht, bei den Trägern des Rettungsdienstes eine Zustimmung zu dem Verzicht des Klägers zu erhalten, dies sei jedoch abgelehnt worden mit der Begründung, in einem derartigen Falle könne der Kläger im Rettungsdienst nicht mehr eingesetzt werden. Diese Konstellation sei offensichtlich von den Tarifvertragsparteien nicht gesehen oder nicht bedacht worden. Eine derartige unbewusste Tariflücke könne jedoch nicht dergestalt geschlossen werden, dass dem Kläger neben den (nicht verzichtbaren) sonstigen Leistungen auch noch der Einsatzzuschlag gewährt werde, denn Zielstellung der Tarifregelung sei, eine Doppelkompensation zu vermeiden.

39

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens im Berufungsrechtszug wird auf die zwischen den Parteien und der Streitverkündeten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

40

Der Kläger hat im Kammertermin vom 30.05.2013 behauptet, er hätte bei ausreichender Information über "sonstige Leistungen" und deren Einzelheiten umgehend einen Verzicht auf diese Leistungen erklärt. Diesen Sachvortrag haben die Beklagte und die Streithelferin bestritten.

Entscheidungsgründe

41

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist unbegründet (I.). Die zulässige Klageerweiterung im Berufungsrechtszug ist nur zum Teil begründet (II.).

I.

42

Der Kläger hat – wie vom Arbeitsgericht Stralsund zutreffend erkannt – für das Jahr 2010 keinen Anspruch auf Zahlung eines Einsatzzuschlages für die geleisteten Rettungsdienste. Ihm standen "sonstige Leistungen" im Sinne der Protokollerklärung Nr. 2 zu § 19 TV-Ärzte zu (1.), auf die er – jedenfalls für das Jahr 2010 – nicht wirksam verzichtet hat (2.) Ein Zahlungsanspruch steht dem Kläger auch nicht wegen einer Verletzung von Aufklärungspflichten durch die Beklagte zu (3.).

1.

43

Nach § 19 TV-Ärzte erhalten die im Rettungsdienst eingesetzten Notärzte regelmäßig für jeden Einsatz einen tariflichen Einsatzzuschlag in der für die einzelnen Zeiträume maßgeblich geregelten Höhe. Dies ist die tarifliche Grundsituation. Abweichend davon steht der Einsatzzuschlag nur dann nicht zu, wenn den Ärzten wegen der Teilnahme am Rettungsdienst außer den tariflichen Bezügen sonstige Leistungen vom Arbeitgeber oder von einem Dritten zustehen. Als mögliches Beispiel derartiger sonstiger Leistungen ist in der Protokollerklärung Nr. 2 zu § 19 TV-Ärzte die private Unfallversicherung genannt, für die der Arbeitgeber oder ein Träger des Rettungsdienstes die Beiträge ganz oder teilweise trägt.

44

Der Kläger hat erst- und zweitinstanzlich die Existenz "sonstiger Leistungen" in Form von Unfallversicherungsverträgen, von denen auch der Kläger erfasst ist, mit Nichtwissen bestritten. Der Kläger ist unstreitig im Jahr 2010 ausschließlich in der Bodenrettung eingesetzt worden. Träger des Rettungsdienstes in diesem Bereich ist die Hansestadt C-Stadt. Zwischen der Beklagten und der Hansestadt C-Stadt ist unstreitig am 29.04.2008 ein Vertrag über die Durchführung des ärztlichen Notdienstes im öffentlichen Rettungsdienst abgeschlossen worden (Anlage B2, Blatt 54 – 57 der Akten), in dessen § 4 sich die Stadt C-Stadt zum Abschluss einer zusätzlichen pauschalen Gruppen-Unfallversicherung zugunsten der eingesetzten Notärzte verpflichtet hat.

45

Die Beklagte hat im Laufe des Verfahrens ergänzend und erläuternd vorgetragen, dass, in welchem Umfang, für welchen Zeitraum und für welchen Personenkreis Gruppen-Unfalldeckungsschutz für die Hansestadt C-Stadt bestanden hat. Die Beklagte hat auf entsprechenden gerichtlichen Hinweis insbesondere im Berufungsverfahren unter Beweisantritt ergänzend vorgetragen, dass der von den Trägern des Rettungsdienstes abgeschlossene Unfallversicherungsschutz im streitrelevanten Zeitraum auch den Kläger erfasst hat. Hierzu hat die Beklagte insbesondere eine namentliche Aufstellung, aus der sich auch die Personalien des Klägers ergeben, eingereicht (Anlage B11, Blatt 281 der Akten).

46

Darauf hat der Kläger lediglich auf sein erstinstanzliches Bestreiten mit Nichtwissen Bezug genommen.

47

Dieses Bestreiten wird jedoch den differenzierten Anforderungen des § 138 Abs. 2 ZPO nicht gerecht. Danach muss sich jede Partei zu den im Prozess vorgebrachten Behauptungen des Gegners erklären, um deren Beweisbedürftigkeit zu klären und den Prozessstoff möglichst vollständig zu sammeln. Die Gegenpartei muss also ihr Wissen zur Aufklärung des Sachverhaltes zur Verfügung stellen und darf sich nicht mit einfachem Bestreiten begnügen. Grundsätzlich muss also die Partei auf das substantiierte gegnerische Vorbringen ihrerseits substantiiert, das heißt mit positiven Angaben, erwidern. Schlichtes Bestreiten genügt nur bei allgemeinen Behauptungen des Gegners (Musielak/Stadler, 10. Auflage, Rn. 9/10 zu § 138 ZPO).

48

Hat also der prozessual darlegungspflichtige Arbeitgeber einen schlüssigen Sachvortrag geleistet, muss der Arbeitnehmer diesem Vorbringen ausreichend entgegentreten und insbesondere deutlich machen, welche Angaben des Arbeitgebers er weiterhin (gegebenenfalls auch mit Nichtwissen) bestreiten will (vgl. BAG vom 24.05.2012, 2 AZR 206/11, m. w. N.). Vorliegend war der Kläger daher gehalten, zu dem ergänzenden und detaillierten Sachvortrag der Beklagten im Einzelnen gezielt Stellung zu nehmen; das fortdauernde pauschale Bestreiten hatte deshalb im Ergebnis die Geständnisfiktion des § 138 Abs. 3 ZPO zur Folge (vgl. Münchener Kommentar zur ZPO-Peters, Rn. 19 zu § 138 ZPO.

49

Die Kammer geht deshalb im Ergebnis davon aus, dass dem Kläger im streitbefangenen Zeitraum "sonstige Leistungen" im Sinne der Protokollerklärung Nr. 2 zu § 19 TV-Ärzte zustanden.

2.

50

Der Kläger hat auf die "sonstigen Leistungen" im Jahre 2010 nicht verzichtet. Es liegt insbesondere keine konkludente Verzichtserklärung mit dem Geltendmachungsschreiben vom 18.12.2010 vor. Dort (Anlage K4, Blatt 15 der Akten) verlangt der Kläger ausschließlich die Zahlung der Einsatzpauschale für die geleisteten Rettungsdienste für die Zeit ab Juni 2010.

51

Der Kläger hatte im Jahr 2010 nach seiner eigenen Aussage keine Kenntnis von den sonstigen Leistungen und hat daher auch mit dem Geltendmachungsschreiben vom 18.12.2010 keinen konkludenten Verzicht auf derartige Leistungen erklären können. Ein ausdrücklicher Verzicht des Klägers auf die "sonstigen Leistungen" ist unstreitig im Jahre 2010 nicht erfolgt. Damit stehen dem Kläger Einsatzzuschläge für den Rettungsdienst nach § 19 TV-Ärzte jedenfalls für das Jahr 2010 nicht zu, weil ein Anspruch auf sonstige Leistungen eines Dritten bestand.

3.

52

Die Kammer geht davon aus, dass sich aus der Protokollerklärung Nr. 2 zu § 19 TV-Ärzte auch eine Verpflichtung des Arbeitgebers ergibt, die betroffenen Ärzte darüber zu informieren, ob und welche sonstigen Leistungen ihnen vom Arbeitgeber oder von einem Dritten zustehen. Da ein Verzicht auf die "sonstigen Leistungen" nur in die Zukunft wirken kann, wären die betroffenen Ärzte andernfalls gezwungen, mit Aufnahme der Rettungsdienste prophylaktisch einen Verzicht auf sonstige Leistungen zu erklären, ohne überhaupt zu wissen, welche sonstigen Leistungen ihnen zustehen, weil sie anders ihren Anspruch auf Zahlung der tariflichen Einsatzzuschläge nicht sicherstellen könnten. Damit aber wäre ein echtes Wahlrecht, das den Ärzten mit den Tarifbestimmungen zuerkannt werden sollte, gerade nicht gegeben (vgl. BAG vom 15.07.2007, 6 AZR 773/06).

53

Die Ausübung eines echten Wahlrechtes setzt voraus, dass der Arzt tatsächlich zwischen den verschiedenen Leistungen vergleichen kann. Dies ist allerdings erst dann möglich, wenn er über hinreichende Informationen über Art und Umfang der "sonstigen Leistungen" verfügt. Soweit "sonstige Leistungen" vom Arbeitgeber erbracht werden, mag es für den betroffenen Arzt noch relativ einfach ein, entsprechende Informationen einzuholen. Es dürfte jedoch ungleich schwieriger sein zu ermitteln, ob und gegebenenfalls welcher Dritter "sonstige Leistungen" auf welche Art und Weise erbringt.

54

Durch erforderliche Recherchen des Arbeitnehmers bedingte zeitliche Verzögerungen würden jedenfalls zu seinen Lasten gehen, da er erst bei ausreichendem Kenntnisstand ein echtes Wahlrecht ausüben und gegebenenfalls seinen Verzicht erklären könnte. In der Zwischenzeit würde ihm aber der Einsatzzuschlag verlorengehen. Andererseits wird der Arbeitgeber leichter in der Lage sein die für die Ausübung des Wahlrechtes erforderlichen Informationen an den betroffenen Arzt weiterzugeben. Im vorliegenden Streitfall ergibt sich die Kenntnis der Beklagten von dem Abschluss der Gruppen-Unfallversicherungen für die Notärzte schon aus den vorgelegten Verträgen mit der Hansestadt C-Stadt (Anlage B2) und dem vorgelegten Vertragsentwurf zwischen der Beklagten und der D. (Anlage B3).

55

In beiden Verträgen sind die Eckdaten für die abzuschließenden Gruppen-Versicherungsverträge zugunsten der eingesetzten Notärzte detailliert beschrieben. Die Kammer meint daher, dass die Beklagte vorliegend verpflichtet war, den Kläger über Art und Umfang bestehender Versicherungsleistungen, die den Anspruch auf Zahlung der Einsatzzuschläge im Rettungsdienst ausschließen, zu informieren.

56

In dem Zusammenhang ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, der sich die Kammer vorliegend anschließt, eine Aufklärungspflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer auch dann besteht, wenn dieser in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seiner Rechte, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen, im Ungewissen ist, während der Arbeitgeber unschwer Auskunft geben kann. Danach hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unaufgefordert über alle Umstände zu informieren, die dem Arbeitnehmer unbekannt, aber für die Entscheidungen im Zusammenhang mit der Durchführung des Arbeitsvertrages erheblich sind. Je größer das für den Arbeitgeber erkennbare Informationsbedürfnis des Arbeitnehmers und je leichter dem Arbeitgeber die entsprechende Information möglich ist, desto eher ergeben sich Auskunfts- und Informationspflichten für den Arbeitgeber (vgl. BAG vom 22.01.2009, 8 AZR 161/08, m. w. N.).

57

Gegen diese Aufklärungsverpflichtung hat die Beklagte verstoßen. Allerdings kann die Kammer nicht feststellen, dass durch die Verletzung der Informationspflichten durch die Beklagte beim Kläger kausal ein Schaden entstanden ist.

58

Zwar wird nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes davon ausgegangen, dass jedermann bei ausreichender Information sein Eigeninteresse in vernünftiger Weise wahrt; das Bundesarbeitsgericht hat hierfür die Vermutung des aufklärungsgemäßen Verhaltens aufgestellt (Urteil vom 05.11.2003, 5 AZR 676/02); gleichwohl bleibt der Arbeitnehmer zur Darlegung der Kausalität zwischen unterlassener Aufklärung und eingetretenem Schaden verpflichtet (BAG vom 20.04.2011, 5 AZR 171/10).

59

Vorliegend erschließt sich nicht ohne Weiteres, wie sich der Kläger verhalten hätte, wäre er zeitnah und umfassend über die Existenz des zusätzlichen Gruppen-Unfallversicherungsschutzes informiert worden. Da der Kläger unter mehreren Möglichkeiten auswählen konnte, liegt es nicht auf der Hand, wie er sich entschieden hätte. Die Beklagte hat demgemäß behauptet, der Kläger hätte auch bei rechtzeitiger und umfassender Aufklärung über den Versicherungsschutz nicht unmittelbar im Anschluss einen Verzicht auf die "sonstigen Leistungen" erklärt.

60

Dem ist der Kläger, dem mit gerichtlichem Auflagenbeschluss vom 27.03.2013 Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Sachvortrag gegeben worden ist, bis zur mündlichen Verhandlung am 30.05.2013 nicht entgegengetreten. Erst in diesem Termin hat er behauptet, bei ausreichender Information über die sonstigen Leistungen durch die Beklagte hätte er umgehend einen Verzicht darauf erklärt. Dieser Sachvortrag ist verspätet und auch nicht mehr berücksichtigungsfähig, denn eine weitergehende Aufklärung dieser Frage hätte zu einer Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreites geführt und Entschuldigungsgründe für den verspäteten Vortrag sind seitens des Klägers nicht vorgebracht worden.

61

Ein Schadenersatzanspruch des Klägers scheitert schon daran, dass ein Kausalzusammenhang zwischen der Verletzung einer Aufklärungspflicht der Beklagten und dem behaupteten Schaden nicht festgestellt werden kann.

4.

62

In der Folge war die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund zurückzuweisen

II.

63

Der Kläger hat die Klage im Berufungsrechtszug um die Forderung auf Zahlung der Einsatzzuschläge für Rettungsdienste in den Jahren 2011 und 2012 erweitert.

1.

64

Die Klageerweiterung ist zulässig.

65

Gemäß §§ 525, 264 Nr. 2 ZPO in Verbindung mit § 64 Abs. 6 ArbGG sind Klageerweiterungen bis zum rechtkräftigen Abschluss des Verfahrens – auch noch in der Berufungsinstanz – möglich.

2.

66

Die Klageerweiterung ist teilweise begründet.

67

Nachdem der Kläger mit Schriftsatz vom 08.01.2012 für die Zukunft den Verzicht auf "sonstige Leistungen" gegenüber der Beklagten erklärt hatte, war für die Folgezeit die tarifliche Grundsituation wieder hergestellt worden.

68

a) Der Verzicht auf die "sonstigen Leistungen" ist ausschließlich dem Arbeitgeber gegenüber zu erklären, unabhängig davon, ob dieser selbst diese Leistungen anbietet oder dies ein Dritter tut.

69

Der Arbeitgeber schuldet die Zahlung der Einsatzzuschläge nach § 19 TV-Ärzte und muss daher wissen, in welcher Weise der betreffende Arzt sein Wahlrecht in Anspruch nehmen will. Durch den Zugang des wirksamen Verzichts des Arztes entsteht erneut die Verpflichtung zur Zahlung des Einsatzzuschlages nach § 19 TV-Ärzte durch den Arbeitgeber. Weil der Arzt nur insgesamt auf sämtliche sonstigen Leistungen verzichten kann (vgl. BAG vom 15.02.2007, 6 AZR 773/06), muss eine einzige Verzichtserklärung dem Arbeitgeber gegenüber ausreichend sein.

70

b) Für die Wirksamkeit der Verzichtserklärung des Arztes kann es auch nicht auf die versicherungsrechtliche Beurteilung der von dem Dritten erbrachten sonstigen Leistungen ankommen. Wenn dem im Rettungsdienst eingesetzten Notarzt nach den Tarifbestimmungen ein echtes Wahlrecht zustehen soll, dann kann dies nur dann realisiert werden, wenn dem Arzt nicht gegen seinen Willen Versicherungsleistungen eines Dritten aufgedrängt werden können.

71

Wollte man nämlich für die Frage der Verzichtbarkeit der "sonstigen Leistungen" allein auf die versicherungsrechtlichen Einschränkungen aus § 44 Abs. 2 VVG abstellen, könnte das tarifliche Wahlrecht des Arztes in Konstellationen wie der vorliegenden stets unterlaufen werden.

72

Das Wahlrecht des Arztes sollte aber auch dann nicht eingeschränkt werden, wenn die Leistungen nicht vom Arbeitgeber, sondern von einem Dritten erbracht werden. Die tarifliche Grundsituation wird deshalb allein durch die Verzichtserklärung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber wieder hergestellt und etwaige versicherungsrechtliche Einschränkungen können nicht zu Lasten des Arbeitnehmers gehen.

73

Derjenige, der die sonstigen Leistungen erbringt, hat es nach erklärtem Verzicht des Arbeitnehmers in der Hand, die Leistungen einzustellen oder aber – dann jedoch ohne tarifliche Auswirkungen – weiter zu gewähren.

74

Die Beklagte kann auch nicht mit der Argumentation durchdringen, ohne zusätzlichen Unfallversicherungsschutz könne der Kläger im Rettungsdienst nicht mehr eingesetzt werden. Krankenhausärzte sind auch während ihrer Tätigkeit im Rahmen des Rettungsdienstes gesetzlich unfallversichert, so dass es eines gesonderten Abschlusses einer privaten Unfallversicherung nicht zwingend bedarf (vgl. BGH vom 14.07.1987, BGHR RVO § 637 Notarzt 1; LSG Sachsen vom 22.05.2012, L 2 U 80/01).

75

c) Der Kläger hat deshalb nach erklärtem Verzicht auf sonstige Leistungen Anspruch auf Zahlung der Einsatzzuschläge für die Zeit von Februar 2012 bis einschließlich Juli 2012 in rechnerisch unstreitiger Höhe ( 124 Einsätze x 17,26 EUR). Der Anspruch auf Prozesszinsen ergibt sich aus §§ 291, 288, 247 BGB.

76

Für den davorliegenden Zeitraum fehlt es an einer wirksamen Verzichtserklärung gegenüber der Beklagten und etwaige Schadenersatzansprüche scheitern aus den unter Ziffer I. 3. erwähnten Gründen.

77

Zweifel daran, dass der Kläger bei rechtzeitiger Information umgehend einen Verzicht auf die sonstigen Leistungen erklärt hätte, ergeben sich in diesem Zusammenhang auch daraus, dass spätestens mit Zustellung des erstinstanzlichen beklagtenseitigen Schriftsatzes vom 18.08.2011 davon ausgegangen werden kann, dass der Kläger über die erforderlichen Informationen hinsichtlich der sonstigen Leistungen verfügte, um sich ein Bild zur Ausübung seines Wahlrechtes machen zu können. Dennoch ist er tatsächlich noch über einen Zeitraum von ca. fünf Monaten untätig geblieben.

78

Nach alledem musste auch die Klageerweiterung zu einem größeren Teil als unbegründet zurückgewiesen werden.

III.

79

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Parteien ihrem Unterliegensanteil entsprechend zu tragen ( §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO).

80

Die Zulassung der Revision erfolgte gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 30. Mai 2013 - 1 Sa 198/12

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


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Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 247 Basiszinssatz


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 525 Allgemeine Verfahrensgrundsätze


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Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 44 Rechte des Versicherten


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Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 179 Versicherte Person


(1) Die Unfallversicherung kann für den Eintritt eines Unfalles des Versicherungsnehmers oder eines anderen genommen werden. Eine Versicherung gegen Unfälle eines anderen gilt im Zweifel als für Rechnung des anderen genommen. (2) Wird die Versicheru

Referenzen - Urteile

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 30. Mai 2013 - 1 Sa 198/12 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 30. Mai 2013 - 1 Sa 198/12 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11

bei uns veröffentlicht am 24.05.2012

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 20. Oktober 2010 - 8 Sa 249/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 20. Apr. 2011 - 5 AZR 171/10

bei uns veröffentlicht am 20.04.2011

Tenor 1. Auf die Revisionen des Klägers und des Beklagten wird - unter Zurückweisung der Revisionen im Übrigen - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 10.

Referenzen

(1) Die Unfallversicherung kann für den Eintritt eines Unfalles des Versicherungsnehmers oder eines anderen genommen werden. Eine Versicherung gegen Unfälle eines anderen gilt im Zweifel als für Rechnung des anderen genommen.

(2) Wird die Versicherung gegen Unfälle eines anderen von dem Versicherungsnehmer für eigene Rechnung genommen, ist zur Wirksamkeit des Vertrags die schriftliche Einwilligung des anderen erforderlich. Ist der andere geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt oder ist für ihn ein Betreuer bestellt und steht die Vertretung in den seine Person betreffenden Angelegenheiten dem Versicherungsnehmer zu, kann dieser den anderen bei der Erteilung der Einwilligung nicht vertreten.

(3) Soweit im Fall des Absatzes 2 nach diesem Gesetz die Kenntnis und das Verhalten des Versicherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung sind, sind auch die Kenntnis und das Verhalten des anderen zu berücksichtigen.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 20. Oktober 2010 - 8 Sa 249/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Verdachtskündigung.

2

Der 1953 geborene Kläger war seit Januar 2002 bei der Beklagten - einer bundesunmittelbaren juristischen Person des öffentlichen Rechts mit Sitz in F - als Ingenieur beschäftigt. Seine Tätigkeit verrichtete er in einer nach M ausgelagerten „Fachstelle/Bau“ der Abteilung „Zentrales Baumanagement“. In seine Zuständigkeit fiel die Abwicklung von Bau- und sonstigen Sanierungsvorhaben im Bereich der M Außenstelle der Beklagten und an ihren Liegenschaften in B und R.

3

Der Kläger betreute ua. das Projekt „Erneuerung der Brandschutzklappen des Dienstgebäudes B“. Um den Auftrag bewarb sich die A GmbH (im Folgenden: GmbH), die schon zuvor in dem Dienstgebäude mit regelmäßigen Wartungsarbeiten betraut war. Anfang März 2008 gab sie ein erstes Angebot und unter dem 11. März 2008 ein zweites, inhaltlich erweitertes Angebot mit einer Angebotssumme von 122.652,68 Euro ab.

4

Ein von der Beklagten beauftragtes Ingenieurbüro befürwortete im Hinblick auf das zweite Angebot die Vergabe des Auftrags an die GmbH, allerdings mit der Einschränkung, dass bestimmte Positionen wegen zu hoher Zeitansätze bzw. Einheitspreise nachzuverhandeln seien. Die Unterlagen reichte der Kläger an das Servicezentrum der Beklagten in F weiter. Nachdem von dort die Höhe des Angebots beanstandet worden war, reduzierte die GmbH nach Verhandlungen mit dem Kläger das zweite Angebot um einen Betrag von 10.499,75 Euro. Auf Vorschlag des Klägers und nach Gegenzeichnung durch seinen Vorgesetzten sowie weiteren Genehmigungen über mehrere Hierarchieebenen wurde der GmbH im Wege einer freihändigen Vergabe der Zuschlag erteilt.

5

Aufgrund einer Selbstanzeige des Geschäftsführers der GmbH leitete die Staatsanwaltschaft gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der versuchten Erpressung und Bestechlichkeit ein. Am 4. Februar 2009 wurden die Privatwohnung des Klägers und die Geschäftsräume der M Außenstelle der Beklagten durchsucht. Der Beklagten wurde der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts M vom 21. November 2008 eröffnet, der eine detaillierte Darstellung des zugrunde liegenden Sachverhalts enthält. Insbesondere ist dort der Inhalt mehrerer Gespräche wiedergegeben, die zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer geführt worden sein sollen. Bei der Beklagten wurden Geschäftsunterlagen betreffend die Projekte „Erneuerung der Brandschutzklappen“ und „Umbau Zu- und Abluftanlage“ beschlagnahmt, darunter Unterlagen von Firmen, die hierauf bezogen Angebote abgegeben hatten. Ein dem Kläger am Folgetag eröffneter Haftbefehl wurde gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt.

6

Mit Schreiben vom 5. Februar 2009 stellte die Beklagte den Kläger von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Zugleich teilte sie mit, er sei verdächtig, am 15. Februar 2008 vom Geschäftsführer der GmbH eine Gegenleistung in Höhe von 10 vH des Auftragswerts dafür gefordert zu haben, dass er sich in besonderer Weise für eine Beauftragung der GmbH durch die Beklagte einsetzen würde. Außerdem stehe er im Verdacht, im August 2008 das Angebot des Geschäftsführers der GmbH angenommen zu haben, ihm ohne finanzielle Gegenleistung eine Ferienwohnung am Gardasee für eine Woche zur Verfügung zu stellen. Um dem Kläger Gelegenheit zu geben, sich zu den Vorwürfen zu äußern, lud sie ihn zu einem Gespräch am Montag, dem 9. Februar 2009, in ihre F Zentrale ein.

7

Mit anwaltlichem Schreiben vom 6. Februar 2009 sagte der Kläger seine Teilnahme an dem Gespräch ab. Er berief sich mit Blick auf das laufende staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren auf sein Schweigerecht. Gleichwohl sei er bereit, eine schriftliche Stellungnahme abzugeben, wozu er einen Fragenkatalog erbitte. Mit Schreiben vom selben Tag teilte die Beklagte dem Kläger unter Beifügung einer Kopie des Durchsuchungsbeschlusses vom 21. November 2008 mit, es stehe ihm frei, sich schriftlich zu den in dem Beschluss angeführten Verdachtstatsachen zu äußern. Sie erwarte den Eingang einer Stellungnahme „bis Dienstschluss“ am 9. Februar 2009. Einen Fragenkatalog werde sie nicht erstellen.

8

Mit Schreiben vom 9. Februar 2009 erklärte der Kläger, ihm sei noch keine Akteneinsicht gewährt worden. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe wies er pauschal als unzutreffend zurück. Weder bei seinem ersten Zusammentreffen noch zu einem späteren Zeitpunkt habe er den mitbeschuldigten Geschäftsführer zu Zahlungen im Zusammenhang mit einer möglichen Beauftragung aufgefordert. Er habe auch keine finanziellen Zuwendungen oder einen geldwerten Vorteil sonstiger Art erhalten. Hinsichtlich der Ferienwohnung am Gardasee sei anzumerken, dass er gemeinsam mit seiner Ehefrau bereits Monate zuvor einen Hotelurlaub an der Adria gebucht und gezahlt habe, wie aus einer beigefügten Buchungsbestätigung hervorgehe.

9

Nach Beteiligung des Gesamtpersonalrats kündigte die Beklage das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 12. Februar 2009 außerordentlich fristlos. Mit Schreiben vom 26. Februar 2009 erklärte sie hilfsweise eine ordentliche Kündigung zum 30. Juni 2009. Gegen beide Kündigungen erhob der Kläger rechtzeitig die vorliegende Klage.

10

Der Kläger hat geltend gemacht, die Kündigungen seien unwirksam. Die Voraussetzungen für eine Verdachtskündigung lägen nicht vor. Die Beklagte habe sich nicht auf eine Aussage des Geschäftsführers im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren stützen dürfen, sondern habe eigene Nachforschungen anstellen müssen. Der Geschäftsführer sei nicht glaubwürdig. Diesem sei Straffreiheit zugesichert worden. Auch habe er wohl angesichts der knappen Kalkulation der Aufträge seinen Betrieb gefährdet gesehen und ihn - den Kläger - aus dem Weg räumen wollen. Er selbst habe keinen bestimmenden Einfluss auf die Vergabe von Aufträgen durch die Beklagte gehabt. Sollte je ein dringender Tatverdacht bestanden haben sei dieser mit der am 3. März 2010 - unstreitig - erfolgten Aufhebung des Haftbefehls entfallen. Die Erhebung der öffentlichen Klage vom 8. April 2010 und die anschließende Eröffnung des Hauptverfahrens ließen keine andere Bewertung zu. Diese Entscheidungen erforderten nur ein geringeres Maß an Tatverdacht. Eine im Verlauf des Rechtsstreits von der Beklagten veranlasste Innenrevision habe keine Unregelmäßigkeiten ergeben. Die Beklagte habe ihn vor der Kündigung nicht ausreichend angehört. Die Äußerungsfrist sei zu kurz gewesen und habe ihm keine substantiierte Stellungnahme ermöglicht. Mangels konkreter Vorgaben habe er nicht erkennen können, zu welchen Sachverhalten und/oder Tatsachen er sich habe äußern sollen. Die Beklagte habe es versäumt, auf ihre Kündigungsabsicht hinzuweisen.

11

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 12. Februar 2009 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch durch die Kündigung der Beklagten vom 26. Februar 2009 nicht aufgelöst worden ist und weiter fortbesteht.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, ein wichtiger Grund zur Kündigung liege vor, zumindest sei die ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt. Der Kläger sei einer Bestechlichkeit und der versuchten Erpressung verdächtig. Grundlage hierfür seien die im Durchsuchungsbeschluss festgehaltenen Ermittlungsergebnisse. Soweit diese auf Aussagen des Geschäftsführers der GmbH beruhten, habe sie keinen Anlass gehabt, an dessen Glaubwürdigkeit zu zweifeln. Auch die Strafverfolgungsbehörden hätten offenkundig einen dringenden Tatverdacht angenommen, da ein Haftbefehl nur unter dieser Voraussetzung habe erlassen werden dürfen. Deren Erkenntnisse und Bewertungen mache sie sich zu eigen. Der Kläger habe an der Aufklärung des Sachverhalts nicht nach Kräften mitgewirkt. Weitere Ermittlungen habe sie weder anstellen müssen, noch sei sie dazu nach Beschlagnahme ihrer Geschäftsunterlagen in der Lage gewesen. Soweit der Kläger wegen der Ferienwohnung am Gardasee darauf verwiesen habe, vom 6. bis 13. September 2008 andernorts in Italien eine Unterkunft gebucht zu haben, sei dies angesichts des bis zum 26. September 2008 bewilligten Urlaubs nicht geeignet, den Vorwurf der Bestechlichkeit zu entkräften. Ebenso wenig komme es darauf an, ob der Kläger die Unterkunft tatsächlich genutzt habe. Entscheidend sei, dass er sich den Vorteil habe versprechen lassen.

13

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist unbegründet. Die außerordentliche Kündigung vom 12. Februar 2009 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit sofortiger Wirkung aufgelöst. Damit bleibt auch die Klage gegen die ordentliche Kündigung erfolglos.

15

I. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

16

1. Auch der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung kann einen wichtigen Grund bilden. Ein solcher Verdacht stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar. Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (st. Rspr., BAG 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - Rn. 16, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 48 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 9; 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 51, BAGE 131, 155).

17

2. Der Verdacht muss auf konkrete - vom Kündigenden ggf. zu beweisende - Tatsachen gestützt sein. Der Verdacht muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft (BAG 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 48 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 9; 12. Mai 2010 - 2 AZR 587/08 - Rn. 27, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 67 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 67). Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, das eine außerordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen dementsprechend zur Rechtfertigung eines dringenden Tatverdachts nicht aus (BAG 29. November 2007 - 2 AZR 724/06 - Rn. 30, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 5; 10. Februar 2005 - 2 AZR 189/04 - AP KSchG 1969 § 1 Nr. 79 = EzA KSchG § 1 Verdachtskündigung Nr. 3). Schließlich muss der Arbeitgeber alles ihm Zumutbare zur Aufklärung des Sachverhalts getan, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben haben (BAG 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 51, BAGE 131, 155; 10. Februar 2005 - 2 AZR 189/04 - Rn. 28, aaO). Der Umfang der Nachforschungspflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (BAG 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/10 - aaO; 10. Februar 2005 - 2 AZR 189/04 - aaO).

18

3. Für die kündigungsrechtliche Beurteilung der Pflichtverletzung, auf die sich der Verdacht bezieht, ist ihre strafrechtliche Bewertung nicht maßgebend. Entscheidend ist der Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der mit ihm verbundene Vertrauensbruch (BAG 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - Rn. 17, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 48 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 9; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 30, BAGE 134, 349). Auch der dringende Verdacht einer nicht strafbaren, gleichwohl erheblichen Verletzung der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Pflichten kann ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB sein(BAG 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - Rn. 17, aaO).

19

II. Danach liegt „an sich“ ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB vor.

20

1. Wer als Arbeitnehmer bei der Ausführung von vertraglichen Aufgaben Vorteile für sich fordert, sich versprechen lässt oder entgegen nimmt, verletzt zugleich - unabhängig von einer möglichen Strafbarkeit wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nach § 299 Abs. 1 StGB oder - als Beschäftigter im öffentlichen Dienst - wegen Vorteilsannahme nach § 331 Abs. 1 StGB bzw. Bestechlichkeit nach § 332 Abs. 1 StGB - seine Pflicht, auf die berechtigten Interessen seines Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen(§ 241 Abs. 2 BGB). Ein solches Verhalten ist „an sich“ geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Dabei spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob es zu einer den Arbeitgeber schädigenden Handlung gekommen ist. Der ins Auge gefasste Vorteil begründet vielmehr allgemein die Gefahr, der Annehmende werde nicht mehr allein die Interessen des Geschäftsherrn wahrnehmen. Der wichtige Grund liegt in der zu Tage getretenen Einstellung des Arbeitnehmers, bei der Erfüllung von arbeitsvertraglich geschuldeten Aufgaben unberechtigte eigene Vorteile wahrzunehmen. Durch sein Verhalten zerstört der Arbeitnehmer regelmäßig das Vertrauen in seine Zuverlässigkeit und Redlichkeit (BAG 26. September 2002 - 2 AZR 424/01 - zu B I 2 a der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 37 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 1; 21. Juni 2001 - 2 AZR 30/00 - zu B III 2 a der Gründe, EzA BGB § 626 Unkündbarkeit Nr. 7). Auch der dringende Verdacht einer derartigen Pflichtverletzung kann einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen (BAG 26. September 2002 - 2 AZR 424/01 - zu B I 2 b der Gründe, aaO).

21

2. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger sei im Kündigungszeitpunkt einer in diesem Sinne schwerwiegenden Pflichtverletzung dringend verdächtig gewesen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

22

a) Die Beklagte hat sich für den Verdacht auf den im Durchsuchungsbeschluss vom 21. November 2008 wiedergegebenen Sachverhalt berufen. Danach soll der Kläger - zusammengefasst - den Geschäftsführer der GmbH Mitte Februar 2008 aufgefordert haben, ihm eine Gegenleistung iHv. 10 vH des Werts des Auftrags betreffend die Brandschutzklappensanierung dafür zu gewähren, dass er sich in besonderer Weise für die Vergabe von Aufträgen an die GmbH einsetze. Nachdem der Geschäftsführer ihm in einem Telefonat vom 10. März 2008 mitgeteilt habe, er werde den geforderten Betrag nicht zahlen, soll der Kläger ihn gefragt haben, ob er sich diese Weigerung auch gut überlegt habe; diese Haltung könne Konsequenzen nach sich ziehen. Die Äußerungen soll der Kläger am 5. August 2008 anlässlich einer Besprechung in der Räumlichkeiten der Bu sinngemäß wiederholt und nachfolgend das Angebot des Geschäftsführers, ihm eine Ferienwohnung am Gardasee zur Verfügung zu stellen, angenommen haben.

23

b) Mit der Bezugnahme auf diese Sachverhaltsdarstellung hat die Beklagte hinreichend objektive Tatsachen aufgezeigt, die den Verdacht begründen, der Kläger habe sich in Bezug auf seine Berufstätigkeit Geld bzw. geldwerte Vorteile von einem Vertragspartner der Beklagten versprechen lassen und diesen zu dem Versprechen durch das Inaussichtstellen eines möglichen Auftragsverlusts genötigt. Die Beklagte beruft sich dazu nicht auf bloße Mutmaßungen oder Spekulationen, sondern auf einen greifbaren, durch die Strafverfolgungsbehörden ermittelten und in dem Durchsuchungsbeschluss über mehrere Seiten hinweg hinsichtlich Tatzeit und Tatgeschehen detailliert beschriebenen Sachverhalt. Dass dieser Sachverhalt im Wesentlichen auf den Angaben des im Ermittlungsverfahren mitbeschuldigten Geschäftsführers der GmbH über den Inhalt mit dem Kläger geführter Vieraugengespräche beruht und mit dessen Aussage „steht und fällt“, steht dem Umstand, dass es sich dabei um objektive Verdachtstatsachen handelt, nicht entgegen. Die Beklagte hatte keinen durchgreifenden Anlass, die Glaubhaftigkeit der Angaben des Geschäftsführers in Zweifel zu ziehen. Auch wenn diesem - wie der Kläger im Verlauf des Kündigungsrechtsstreits behauptet hat - Straffreiheit zugesagt worden sein sollte, ist nicht erkennbar - und ist es fernliegend -, dass sich diese Zusage auch auf den Straftatbestand der falschen Verdächtigung (§ 164 StGB) bezöge. Möglichen Unsicherheiten in Bezug auf die Beweisführung hat die Beklagte dadurch Rechnung getragen, dass sie die Kündigung auf den Verdacht und nicht auf die Erwiesenheit einer Tat stützt.

24

c) Demgegenüber bringt der Kläger lediglich vor, das Landesarbeitsgericht sei zu Unrecht von der Dringlichkeit des Verdachts ausgegangen. Insbesondere habe es verkannt, dass sich die Beklagte hierfür nicht auf den gegen ihn erlassenen Haftbefehl habe berufen dürfen. Damit hat der Kläger die den Verdacht begründenden Tatsachen nicht entkräftet.

25

aa) Im Strafverfahren gewonnene Erkenntnisse oder Handlungen der Strafverfolgungsbehörden können die Annahme verstärken, der Arbeitnehmer habe die Pflichtverletzung begangen (BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 17, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 49 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 10; 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - Rn. 25, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 7; SPV/Preis 10. Aufl. Rn. 711). Derartige Umstände können nicht nur bei der Frage Bedeutung gewinnen, zu welchem Zeitpunkt eine Verdachtskündigung ausgesprochen werden soll, und deshalb für die Einhaltung der Zweiwochenfrist von Bedeutung sein (BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 17, aaO). Sie können auch den Kündigungsgrund selbst unterstützen, sofern es um Handlungen oder Anordnungen der Ermittlungsbehörden geht, die ihrerseits einen dringenden Tatverdacht voraussetzen (vgl. BAG 29. November 2007 - 2 AZR 724/06 - Rn. 38, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 5). Das trifft auf den in Rede stehenden Haftbefehl grundsätzlich zu. Nach § 112 Abs. 1 iVm. § 114 StPO darf Untersuchungshaft gegen den Beschuldigten nur angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und - kumulativ - ein Haftgrund besteht. Hinzu kommt, dass die Staatsanwaltschaft der materiellen Wahrheit verpflichtet ist und deshalb nach § 160 Abs. 2 StPO auch den Beschuldigten entlastende Umstände zu ermitteln und bei ihrem Vorgehen zu berücksichtigen hat(Löwe/Rosenberg/Erb StPO § 160 Rn. 47 mwN). Gleiches gilt für den Ermittlungsrichter, der über die Anordnung von Untersuchungshaft entscheidet.

26

bb) Allerdings wird die Verdachtskündigung nicht allein auf eine den dringenden Tatverdacht bejahende Entscheidung der Strafverfolgungsbehörden als solche gestützt werden können. Bei der Kündigung wegen erwiesener Tat reicht eine strafgerichtliche Verurteilung für sich genommen nicht aus, die Kündigung zu rechtfertigen. Vielmehr sind die Arbeitsgerichte gehalten, den Sachverhalt im Kündigungsschutzprozess ohne Bindung an das Strafurteil selbst aufzuklären und zu bewerten (BAG 18. November 1999 - 2 AZR 852/98 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 93, 12; 26. März 1992 - 2 AZR 519/91 - zu B II 4 und III 3 b, dd der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 23 = EzA BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 4). Für die Verdachtskündigung wird nichts anderes gelten können. Dies hat zur Folge, dass Handlungen oder Entscheidungen der Strafverfolgungsbehörden allenfalls indizielle Bedeutung für die vom Gericht vorzunehmende Bewertung erlangen können, ob die Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund wegen des entsprechenden Verdachts gerechtfertigt ist. Die behördlichen Maßnahmen bilden dagegen für sich genommen keinen Kündigungsgrund und sind nicht geeignet, eine eigene Bewertung der den Verdacht begründenden Tatsachen durch die mit der Sache befassten Gerichte zu ersetzen. Im Ergebnis kommt es hierauf nicht an.

27

(1) Das Landesarbeitsgericht hat seine Auffassung, die Beklagte habe im Kündigungszeitpunkt davon ausgehen dürfen, der Kläger sei der ihm vorgeworfenen Taten dringend verdächtig, nicht mit dem Haftbefehl als solchem begründet. Es hat vielmehr angenommen, die Beklagte habe sich auf der Grundlage bekannter Verdachtstatsachen die Einschätzung der Ermittlungsbehörden zur Dringlichkeit des Verdachts zu eigen gemacht.

28

(2) Daran anknüpfend hat es weiter geprüft, ob sich der Verdacht aufgrund des Parteivorbringens im vorliegenden Verfahren als weniger intensiv darstellt. Seine Auffassung, dies sei nicht der Fall, hat es im Wesentlichen damit begründet, Manipulationen bei der Preisgestaltung seien den Umständen nach nicht auszuschließen. Das gelte auch dann, wenn das zweite Angebot der GmbH vom 11. März 2008 - wie vom Kläger behauptet - auf der Grundlage des Leistungsverzeichnisses des hinzugezogenen Ingenieurbüros erfolgt sei. Dieser Umstand entlaste den Kläger nicht, weil schon der Umfang der auf 38 Seiten zusammengestellten Angebotspositionen die Chance erhöhe, dass unbemerkt einzelne preisrelevante Posten höher als erforderlich kalkuliert würden. Außerdem sei eine mögliche Preismanipulation durch die später, allerdings erst auf Initiative des Servicezentrums der Beklagten tatsächlich erreichte deutliche Reduzierung des Angebotspreises indiziert.

29

(a) Diese Würdigung ist, soweit sie auf tatsächlichem Gebiet liegt, revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob sie in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3; 7. November 2002 - 2 AZR 599/01 - AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 40 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 50; 1. Oktober 1997 - 5 AZR 685/96 - BAGE 86, 347 mwN). Einen derartigen Rechtsfehler zeigt der Kläger nicht auf.

30

(b) Die Wertung des Landesarbeitsgerichts ist grundsätzlich möglich. Das gilt umso mehr, als der Kläger keinen Grund dafür benannt hat, warum er als zuständiger Sachbearbeiter das Angebot an das Servicezentrum der Beklagten in F weitergeleitet hat, ohne auf die vom Ingenieurbüro beanstandeten Punkte einzugehen. Selbst wenn er sich damit im Rahmen bestehender Richtlinien bewegt haben sollte, fügt sich sein Vorgehen immerhin in das „Bild“ der gegen ihn erhobenen Anschuldigungen. Die Rüge der Revision, das Landesarbeitsgericht habe in Erwägung ziehen müssen, dass vereinzelt falsche Mengen zu dem überhöhten Angebotspreis vom 11. März 2008 geführt hätten, ist unbegründet. Nach dem Tatbestand des Berufungsurteils hat das Ingenieurbüro eine Nachverhandlung des betreffenden Angebots wegen zu hoher Zeitansätze und Einheitspreise vorgeschlagen. Daran knüpfen die Ausführungen des Gerichts an. Das Landesarbeitsgericht hat dabei nicht den Vortrag des Klägers übergangen, er habe auf die Auftragsvergabe keinen bestimmenden Einfluss nehmen können. Es hat das Vorbringen im Tatbestand seines Urteils erwähnt und im Rahmen seiner rechtlichen Ausführungen (unter II 1.2.1.2 der Entscheidungsgründe) gewürdigt. Dass es darin keinen Umstand erblickt hat, der die Intensität des Verdachts hätte vermindern können, begründet keinen Rechtsfehler im aufgezeigten Sinne. Im Übrigen schließt das Fehlen einer Möglichkeit zur internen Einflussnahme nicht aus, dass sich der Arbeitnehmer nach außen einer solchen berühmt. Soweit der Kläger gemeint hat, die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts seien „lebensfremd“, setzt er seine eigene Bewertung der Abläufe an die Stelle derjenigen des Landesarbeitsgerichts. Das macht dessen Würdigung nicht rechtsfehlerhaft.

31

d) Die Beklagte hat ihre Verpflichtung nicht verletzt, den Verdacht so weit wie möglich aufzuklären. Insbesondere hat sie den Kläger vor der Kündigung ordnungsgemäß angehört.

32

aa) Die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers ist Wirksamkeitsvoraussetzung der Verdachtskündigung. Bei dieser besteht in besonderem Maße die Gefahr, dass der Arbeitnehmer zu Unrecht beschuldigt wird. Dessen Anhörung ist deshalb ein Gebot der Verhältnismäßigkeit. Unterbliebe sie, wäre die Kündigung nicht „ultima ratio“ (BAG 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 51, BAGE 131, 155; 13. März 2008 - 2 AZR 961/06 - Rn. 14 mwN, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 6).

33

bb) Der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Verfehlung kann nur dann für den Ausspruch einer Kündigung genügen, wenn es weder gelungen ist, ihn auszuräumen, noch gelungen ist, die erhobenen Vorwürfe auf eine sichere Grundlage zu stellen (BAG 28. November 2007 - 5 AZR 952/06 - Rn. 19, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 4). Die Anhörung des Arbeitnehmers ist deshalb ein stets gebotenes Mittel der Sachverhaltsaufklärung. Ihr Umfang richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Einerseits muss sie nicht in jeder Hinsicht den Anforderungen genügen, die an eine Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG gestellt werden(BAG 13. März 2008 - 2 AZR 961/06 - Rn. 15, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 6; 26. September 2002 - 2 AZR 424/01 - zu B I 1 b bb der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 37 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 1). Andererseits reicht es nicht aus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer lediglich mit einer allgemein gehaltenen Wertung konfrontiert. Die Anhörung muss sich auf einen greifbaren Sachverhalt beziehen. Der Arbeitnehmer muss die Möglichkeit haben, bestimmte, zeitlich und räumlich eingegrenzte Tatsachen ggf. zu bestreiten oder den Verdacht entkräftende Tatsachen aufzuzeigen und so zur Aufhellung der für den Arbeitgeber im Dunkeln liegenden Geschehnisse beizutragen. Um dieser Aufklärung willen wird dem Arbeitgeber die Anhörung abverlangt. Sie ist nicht etwa dazu bestimmt, als verfahrensrechtliche Erschwernis die Aufklärung zu verzögern und die Wahrheit zu verdunkeln (BAG 13. März 2008 - 2 AZR 961/06 - aaO).

34

cc) Diesen Anforderungen wird die Anhörung des Klägers gerecht. Die Beklagte hat ihm die konkreten Vorwürfe bekannt gemacht und hinreichend Zeit für eine Stellungnahme eingeräumt. Eines ausdrücklichen Hinweises auf eine bestehende Kündigungsabsicht bedurfte es nicht.

35

(1) Die Beklagte hat den Kläger mit Schreiben vom 5. und 6. Februar 2009 mit dem gegen ihn gehegten Verdacht konfrontiert. Aufgrund der Mitteilungen im ersten Schreiben wusste der Kläger, dass es im Kern um zwei Sachverhalte geht. Die Darstellung der Vorwürfe war ausreichend. Der Kläger konnte angesichts des dem Schreiben vom 6. Februar 2009 beigefügten Durchsuchungsbeschlusses und der dort enthaltenen ausführlichen Darstellung des maßgebenden Sachverhalts in räumlicher und zeitlicher Hinsicht nicht im Unklaren sein, über welchen Kenntnisstand die Beklagte verfügte und auf welche Umstände sie den Verdacht stützte. Einen Katalog von Fragen - wie vom Kläger erbeten - brauchte die Beklagte nicht zu formulieren. Zweck der Anhörung ist die Aufklärung des belastenden Sachverhalts in seiner Gänze, und zwar auch in Richtung auf eine mögliche Entlastung. Der Arbeitnehmer soll Gelegenheit erhalten, sich möglichst unbefangen mit den Vorwürfen des Arbeitgebers auseinanderzusetzen, weil möglicherweise schon seine spontane Reaktion zu einer Entlastung führt (Ebeling Die Kündigung wegen Verdachts S. 167). Diesem Zweck liefe die Formulierung konkreter Fragen zuwider.

36

(2) Die dem Kläger im zweiten Schreiben eingeräumte Frist zur Stellungnahme „bis Dienstschluss“ am Montag, dem 9. Februar 2009, war zwar knapp bemessen. Der Kläger hat aber weder dargelegt, dass und ggf. warum ihm tatsächlich eine sachangemessene Äußerung binnen der Frist nicht zumutbar war, noch sind solche Umstände objektiv erkennbar. Das gilt umso mehr, als die ihm eingeräumte Möglichkeit zur schriftlichen Äußerung seinem Wunsch entsprach und die - allemal rechtzeitige - Einladung der Beklagten zu dem Gesprächstermin am 9. Februar 2009 nicht aufhob. Soweit mit Blick auf die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB für Aufklärungsbemühungen des Arbeitgebers im Wege der Anhörung des Arbeitnehmers in der Regel eine Frist von einer Woche zu veranschlagen ist(BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 22, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 49 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 10), folgt daraus nicht, dass dem Arbeitnehmer stets eine entsprechend lange Frist zur Stellungnahme einzuräumen wäre. Das gilt auch angesichts der dem Arbeitnehmer grundsätzlich zuzugestehenden Möglichkeit, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen (vgl. insoweit BAG 13. März 2008 - 2 AZR 961/06 - Rn. 18, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 6). Im Übrigen hat der Kläger in seinem Schreiben vom 9. Februar 2009 Stellung genommen, ohne um eine Verlängerung der Frist nachzusuchen. Daraus durfte die Beklagte folgern, es habe sich um eine abschließende Äußerung gehandelt. Dass sich der Kläger vorbehalten hat, nach Einsicht in die Ermittlungsakten zu einzelnen Punkten weiter Stellung zu beziehen, steht dem nicht entgegen. Der Kläger hat nicht begründet, warum er sich zu welchen Gesichtspunkten nicht abschließend hat erklären können oder wollen. Dessen hätte es aber bedurft, da sich die Verdachtstatsachen auf Gegenstände seiner eigenen Wahrnehmung bezogen und er keinen Anlass haben konnte anzunehmen, die Beklagte verfüge über bessere Erkenntnisse als er selbst (ähnlich BAG 26. September 2002 - 2 AZR 424/01 - zu B I 1 c der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 37 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 1).

37

(3) Für die ordnungsgemäße Anhörung kommt es nicht darauf an, ob mit der Angabe „Dienstschluss“ das Ende der dem Kläger eingeräumten Frist hinreichend bestimmt bezeichnet worden ist. Die Beklagte hat sich gegenüber den Erklärungen im Schreiben vom 9. Februar 2009 nicht auf Verspätung berufen. Die Rüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Beklagte ihr Anhörungsschreiben nicht mehr an ihn persönlich, sondern an seinen bereits umfassend beauftragten Rechtsanwalt habe übermitteln müssen, ist vor diesem Hintergrund nicht verständlich.

38

(4) Die Anhörung ist auch nicht deshalb unzureichend, weil die Beklagte den Kläger nicht ausdrücklich auf eine bestehende Kündigungsabsicht für den Fall hingewiesen hat, dass sich die Vorwürfe nicht ausräumen ließen. Es ist bereits fraglich, ob den Arbeitgeber eine solche Verpflichtung trifft (bejahend Fischer BB 2003, 522, 523; Seeling/Zwickel MDR 2008, 1022). In jedem Fall bleibt die Nichterteilung eines Hinweises auf eine mögliche Kündigung dann folgenlos, wenn für den Arbeitnehmer die Bestandsgefährdung des Arbeitsverhältnisses erkennbar war. So liegt es hier. Die Beklagte hat den Kläger mit dem Schreiben vom 5. Februar 2009 mit sofortiger Wirkung von der Arbeitsleistung frei gestellt. Sie hat mitgeteilt, aufgrund des Verdachts und der Schwere der ihm zugrunde liegenden Tat sei ihr seine Weiterbeschäftigung unzumutbar. Unter diesen Umständen musste dem Kläger klar sein, dass der Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses aus Sicht der Beklagten ganz wesentlich von seiner Stellungnahme abhing.

39

dd) Die Beklagte hat nicht andere Erkenntnismöglichkeiten ungenutzt gelassen, insbesondere nur unzureichende eigene Ermittlungen angestellt. Anhaltspunkte für weitere Aufklärungsbemühungen konnten sich angesichts der Beschlagnahme relevanter Geschäftsunterlagen nur aus der Stellungnahme des Klägers ergeben. Dieser hat sich darauf beschränkt, den Verdacht pauschal von sich zu weisen. Er hat sich mit den im Durchsuchungsbeschluss einzeln aufgeführten Gesprächen weder auseinandergesetzt, noch ihnen substantiierten Vortrag entgegengehalten. Ohne eine detaillierte Erwiderung hatte die Beklagte keinen Anlass, etwa den Geschäftsführer der GmbH selbst zu befragen. Mit Blick auf das Angebot einer Ferienwohnung am Gardasee ist die Beklagte den Angaben des Klägers zur Buchung einer angeblich zeitgleichen Urlaubsreise an die Adria nachgegangen - mit dem Ergebnis, dass dieser Umstand in Anbetracht der Dauer des dem Kläger bewilligten Urlaubs nacheinander liegende Aufenthalte an beiden Orten nicht ausschloss.

40

3. Der Verdacht besteht weiterhin. Er wurde im Verlauf des Rechtsstreits weder entkräftet, noch sind Umstände eingetreten, die zu seiner Abschwächung geführt hätten.

41

a) Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Verdachtskündigung ist zu berücksichtigen, dass der ursprüngliche Verdacht durch später bekannt gewordene Umstände, jedenfalls soweit sie bei Kündigungszugang objektiv bereits vorlagen, abgeschwächt oder verstärkt werden kann (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 587/08 - Rn. 28, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 67 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 67; 6. November 2003 - 2 AZR 631/02 - zu B II 1 c der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 2). Eine Differenzierung danach, ob der Arbeitgeber objektiv die Möglichkeit hatte, von den betreffenden Tatsachen bis zum Kündigungsausspruch Kenntnis zu erlangen, ist nicht gerechtfertigt.

42

b) Demgegenüber hält das Landesarbeitsgericht nur solche Tatsachen für berücksichtigungsfähig, die der Arbeitgeber bei Anwendung gebotener und zumutbarer Sorgfalt hätte erkennen können. Dies überzeugt nicht. Hat der Arbeitgeber entlastende Umstände deshalb nicht erkannt, weil er den Sachverhalt nicht sorgfältig genug aufgeklärt hat, ist die Verdachtskündigung regelmäßig schon aus diesem Grund unwirksam. Dass zugunsten des Arbeitnehmers darüber hinaus Tatsachen berücksichtigungsfähig sind, die der Arbeitgeber selbst nach zumutbaren Aufklärungsbemühungen noch nicht hat kennen können, trägt der Besonderheit Rechnung, dass im Rahmen der Verdachtskündigung nicht der volle Nachweis einer Pflichtverletzung verlangt wird. Blieben den Arbeitnehmer entlastende Tatsachen, die erst im Prozess zutage getreten sind, außer Betracht, hätte der Arbeitgeber ein sehr geringes Prozessrisiko. Er müsste nur nachweisen, dass zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ein dringender Tatverdacht bestand. Das würde der bei der Verdachtskündigung bestehenden Gefahr, einen Unschuldigen zu treffen, nicht gerecht (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 587/08 - Rn. 28, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 67 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 67). Die Gefahr würde vielmehr „sehenden Auges“ vergrößert. Ihr erst mit einem möglichen Wiedereinstellungsanspruch zu begegnen, würde der Sach- und Interessenlage nicht gerecht.

43

c) Der Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts wirkt sich im Ergebnis nicht aus (§ 561 ZPO).

44

aa) Der Kläger hat dem Vorbringen der Beklagten zum Inhalt der Gespräche mit dem Geschäftsführer der GmbH keinen anderen, im Einzelnen dargelegten Gesprächsverlauf entgegengesetzt. Er hat sich auf ein einfaches Bestreiten beschränkt und lediglich behauptet, die eine oder andere Äußerung sei so nicht gefallen. Dabei ist er auch dann noch geblieben, als die Beklagte vorgetragen hatte, sie habe mittlerweile Einsicht in die beschlagnahmten Unterlagen nehmen können und diese ausgewertet, zudem habe sie den Geschäftsführer der GmbH befragt, der seine frühere Aussage bekräftigt habe. Spätestens angesichts dieses Vorbringens hätte der Kläger dem von der Beklagten behaupteten Inhalt und Verlauf der Gespräche mit dem Geschäftsführer der GmbH substantiiert entgegentreten müssen. Das hat er unterlassen. Damit hat er seiner Erklärungspflicht nach § 138 Abs. 1, Abs. 2 ZPO nicht genügt. Das gilt gleichermaßen für die bruchstückhafte Einlassung zum Komplex „Ferienwohnung“. Sie fügt sich ohne Weiteres in die von der Beklagten behaupteten Verdachtstatsachen ein und vermag diese gerade nicht zu entkräften. Der Kläger hat eine vollständige Darstellung des tatsächlichen, aus seiner Sicht wahrhaftigen Geschehensablaufs auch insoweit unterlassen. Auf eine Einschränkung seiner prozessualen Wahrheitspflicht wegen des laufenden Strafverfahrens hat er sich nicht berufen. Es kann deshalb offenbleiben, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen ein solcher Einwand mit Blick auf die Besonderheiten der Verdachtskündigung beachtlich gewesen wäre.

45

bb) Die Aufhebung des Haftbefehls entlastet den Kläger nicht. Aus ihr folgt - unbeschadet der Frage, inwieweit dies dem Kläger zugute kommen könnte - nicht, die Strafverfolgungsbehörden hätten einen dringenden Tatverdacht zuletzt nicht mehr bejaht. Sie kann ebenso gut darauf zurückzuführen sein, dass der Sachverhalt aus Sicht der zuständigen Stellen ausermittelt war und etwa der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr nicht mehr vorlag. Die Annahme, dass nicht etwa der Wegfall eines dringenden Tatverdachts zur Aufhebung des Haftbefehls geführt hat, liegt deshalb nahe, weil er zu diesem Zeitpunkt schon über ein Jahr bestand. Zumindest hatte der Kläger aufgrund seiner Sachnähe Anlass, sich zum Grund der Aufhebung zu erklären. Das hat er versäumt. Ebenso wenig wird der Verdacht dadurch entkräftet, dass bei einer von der Beklagten durchgeführten Innenrevision kein weiteres den Kläger belastendes Material aufgefunden wurde.

46

III. Die Interessenabwägung des Landesarbeitsgerichts ist unter Beachtung eines ihm zukommenden Beurteilungsspielraums (vgl. BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 33, BAGE 134, 349; 11. Dezember 2003 - 2 AZR 36/03 - zu II 1 f der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 179 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 5) revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es hat alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände des Einzelfalls berücksichtigt und vertretbar gegeneinander abgewogen. Danach konnte es ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangen, der Beklagten sei in Anbetracht der Schwere der Pflichtverletzung, derer der Kläger verdächtig war, ein Festhalten am Arbeitsverhältnis selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar gewesen.

47

IV. Die Kündigungserklärungsfrist (§ 626 Abs. 2 BGB)ist gewahrt. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind die den Verdacht begründenden Tatsachen der Beklagten erstmals am 4. Februar 2009 bekannt geworden. Das Kündigungsschreiben ging dem Kläger am 13. Februar 2009 zu.

48

V. Das Landesarbeitsgericht hat nicht näher geprüft, ob die Kündigung an einer fehlerhaften Beteiligung des Personalrats oder des Gesamtpersonalrats scheitert. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe zuletzt eine fehlerhafte Beteiligung nicht mehr behauptet. Dagegen wendet sich die Revision nicht. Ein Rechtsfehler liegt auch objektiv nicht vor.

49

1. Allerdings entbindet der Umstand, dass ein Arbeitnehmer, der die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats bzw. Gesamtpersonalrats gerügt hat, den Ausführungen des Arbeitgebers nicht weiter entgegen tritt, das mit der Sache befasste Gerichte nicht von der Verpflichtung, den Arbeitgebervortrag auf seine Schlüssigkeit hin zu überprüfen. Hinsichtlich des Vorbringens zur ordnungsgemäßen Beteiligung des zuständigen Personalrats gilt - wie für die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG - eine abgestufte Darlegungslast(BAG 18. Januar 2001 - 2 AZR 616/99 - zu II 3 a der Gründe, AP LPVG Niedersachsen § 28 Nr. 1 = EzA BGB § 626 Krankheit Nr. 4). Hat der Arbeitnehmer die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats bestritten, muss der Arbeitgeber im Detail darlegen, ob und ggf. wie das Verfahren durchgeführt worden ist. Erst wenn er dem nachgekommen ist und eine ordnungsgemäße Beteiligung des zuständigen Personalrats schlüssig aufgezeigt hat, kommt es darauf an, ob der Arbeitnehmer diesem Vorbringen iSv. § 138 Abs. 2 ZPO ausreichend entgegengetreten ist, insbesondere deutlich gemacht hat, welche Angaben des Arbeitgebers er weiterhin(mit Nichtwissen, § 138 Abs. 4 ZPO) bestreitet (BAG 23. Juni 2005 - 2 AZR 193/04 - zu II 1 b der Gründe, AP ZPO § 138 Nr. 11 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 12; 18. Januar 2001 - 2 AZR 616/99 - aaO; 16. März 2000 - 2 AZR 75/99 - AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 114 = EzA BGB § 626 nF Nr. 179).

50

2. Einer Schlüssigkeitsprüfung im dargestellten Sinne bedarf es nur dann nicht, wenn der Arbeitnehmer auf die Ausführungen des Arbeitgebers zur Personalratsbeteiligung zweifelsfrei zu erkennen gibt, dass er an der betreffenden Rüge als solcher nicht länger festhält. Mit seinem Vorbringen, es fehle an einer ordnungsgemäßen Beteiligung der zuständigen Arbeitnehmervertretung, beruft sich der Arbeitnehmer auf einen „anderen“ Unwirksamkeitsgrund iSd. § 4 Satz 1, § 6 KSchG(BAG 18. Januar 2012 - 6 AZR 407/10 - Rn. 12, EzA KSchG § 6 Nr. 4). Die Rüge, die Kündigung sei noch aus einem anderen Grund als dem der Sozialwidrigkeit unwirksam, führt zwar nicht zu einem Wechsel des Streitgegenstands, sondern nur zu einer Erweiterung des Sachvortrags im Kündigungsschutzprozess. Die Regelung des § 6 KSchG ist aber Beleg dafür, dass der Arbeitnehmer über die Einführung der Unwirksamkeitsgründe frei entscheiden und den Prozessstoff insoweit von vorneherein begrenzen oder in den zeitlichen Grenzen des § 6 Satz 1 KSchG erweitern kann. Die gerichtliche Überprüfung der Wirksamkeit der Kündigung hat nur im Rahmen der iSv. § 4 Satz 1 iVm. § 6 Satz 1 KSchG rechtzeitig angebrachten Unwirksamkeitsgründe zu erfolgen. Für die außerordentliche Kündigung gilt über § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG Entsprechendes. Unterliegt es deshalb in diesem rechtlichen Rahmen der Disposition des Arbeitnehmers, den Umfang der gerichtlichen Überprüfung einer Kündigung zu bestimmen, ist regelmäßig davon auszugehen, dass sich der Prozessstoff entsprechend reduziert, falls der Arbeitnehmer im Verlauf des Rechtsstreits zweifelsfrei zu erkennen gibt, sich auf bestimmte, rechtlich eigenständige Unwirksamkeitsgründe nicht mehr berufen zu wollen. Eine solche die Gerichte bindende Beschränkung des Sachvortrags ist grundsätzlich noch in zweiter Instanz möglich. Die Regelung des § 6 Satz 1 KSchG dient der Konzentration des Kündigungsschutzprozesses und in diesem Zusammenhang auch dem Schutz des Arbeitgebers. Dieser soll sich nicht erstmals in zweiter Instanz auf einen bis dahin in das gerichtliche Verfahren nicht eingeführten „anderen“ Unwirksamkeitsgrund einlassen und dementsprechend langfristig entsprechende Beweise sichern müssen. Diesem Zweck widerspricht es nicht, dem Arbeitnehmer die Befugnis einzuräumen, die Unwirksamkeitsrüge bezogen auf einen bestimmten Unwirksamkeitsgrund selbst im fortgeschrittenen Verfahrensstadium wieder fallen zu lassen.

51

3. So liegt es hier. Einer Überprüfung der Wirksamkeit der Kündigung mit Blick auf die (Gesamt-)Personalratsbeteiligung bedurfte es nicht. Das Landesarbeitsgericht hat im Tatbestand des Berufungsurteils festgestellt, der Kläger erhebe die betreffende Rüge nicht mehr. Tatbestandsberichtigung hat der Kläger nicht beantragt.

52

VI. Da die außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis mit ihrem Zugang am 13. Februar 2009 beendet hat, bleibt die Klage gegen die ordentliche Kündigung zum 30. Juni 2009 schon deshalb ohne Erfolg.

53

VII. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Koch    

        

    Berger    

        

        

        

    Gans    

        

    F. Löllgen    

                 

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Tenor

1. Auf die Revisionen des Klägers und des Beklagten wird - unter Zurückweisung der Revisionen im Übrigen - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 10. September 2009 - 1 Sa 52/09 - in Ziff. 1 teilweise aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Auf die Berufung des Beklagten wird - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 27. Januar 2009 - 5 Ca 1876/08 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.160,19 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.789,19 Euro seit dem 1. Januar 2008 sowie aus 371,00 Euro seit dem 16. Januar 2008 zu zahlen.

Im Übrigen wir die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 83 % und der Beklagte 17 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der Vergütung für einen Auslandseinsatz.

2

Der Beklagte ist Inhaber eines Betriebs des Baugewerbes mit Sitz in Mecklenburg-Vorpommern. Der 1986 geborene Kläger, ausgebildeter Beton- und Stahlbetonbauer, war bei ihm vom 23. März bis zum 15. Dezember 2007 als Maurer beschäftigt. Dabei war er überwiegend auf Baustellen in Dänemark eingesetzt. Der Kläger erhielt für die Beschäftigungszeit einen Lohn iHv. 8.366,00 Euro brutto.

3

In ihrem schriftlichen, auf den 26. März 2007 datierten und mit der Ortsangabe B versehenen Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien ua.:

        

„§ 3 Tätigkeit und Aufgabengebiet

        

(1)     

Der Arbeitnehmer wird als Maurer eingestellt. Das Arbeitsgebiet des Arbeitnehmers umfasst folgende Aufgaben:

                 

Montagearbeiten, Klinkern.

        

(2)     

Das Arbeitsverhältnis bezieht sich auf eine Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland.

        

…       

        
        

§ 7 Vergütung

        

(1)     

Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit eine monatliche Vergütung von 1.500.- € Brutto.

        

(2)     

Die Vergütung wird monatlich spätestens bis zum zwanzigsten Tag des auf den Abrechnungsmonat folgenden Monat abgerechnet und ausgezahlt.

        

…       

        
        

§ 11 Vertragsänderungen

        

(1)     

Dieser Vertrag stellt die gesamte Vereinbarung zwischen den Parteien dar. Nebenabreden, Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages (einschließlich dieser Klausel) bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform.

        

(2)     

Alle zwischen den Vertragsparteien vor dem Abschluss dieses Vertrages getroffenen Vereinbarungen sind durch den Abschluss dieses Vertrages überholt.

        

…“    

        
4

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Kläger mit Schreiben der IG Bauen-Agrar-Umwelt vom 6. März 2008 Zahlung „des Mindestlohns“ gegenüber dem Beklagten geltend gemacht. Dieser lehnte weitere Zahlungen mit Schreiben vom 15. März 2008 ab.

5

Mit seiner am 25. April 2008 beim Arbeitsgericht eingereichten und dem Beklagten am 30. April 2008 zugestellten Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Vergütungsvereinbarung über einen Monatslohn von 1.500,00 Euro brutto sei sittenwidrig und damit unwirksam. Unter Berufung auf § 612 Abs. 2 BGB hat der Kläger für an 192 Tagen gearbeitete 1.536 Stunden die übliche Vergütung beansprucht. Diese bemesse sich nach dem in Dänemark üblichen Lohn für Maurer, der umgerechnet bei 3.670,00 Euro brutto monatlich bzw. 21,17 Euro brutto je Stunde liege. Zumindest schulde ihm der Beklagte den Mindestlohn West nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 29. Juli 2005 (TV Mindestlohn).

6

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 24.151,12 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2008 zu zahlen.

7

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, für den Auslandseinsatz des Klägers hätten die Parteien in Dänemark mündlich eine Vergütung von ca. 1.100,00 Euro netto monatlich vereinbart. Die Vergütungsabrede sei nicht sittenwidrig. Dänische Maurer erhielten üblicherweise Leistungslohn. Der Kläger habe weit unter Durchschnitt gearbeitet und nicht die Arbeitsleistung eines „vollwertigen dänischen Maurers“ erbracht.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe des Mindestlohns West stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Beklagten dem Kläger nur den Mindestlohn Ost zugesprochen und die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit den vom Senat zugelassenen Revisionen verfolgen der Kläger seinen ursprünglichen Klageantrag, der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revisionen des Klägers und des Beklagten sind teilweise begründet. Der Kläger kann mangels einer anderweitigen Vergütungsvereinbarung für seinen Auslandseinsatz in Dänemark (nur) den Mindestlohn Ost verlangen, § 612 Abs. 2 BGB. Die (Differenz-)Vergütungsansprüche für die Monate März bis Juli 2007 sind aber mangels rechtzeitiger Geltendmachung verfallen, § 2 Abs. 5 TV Mindestlohn. Ein Schadensersatzanspruch in Höhe der verfallenen Ansprüche steht dem Kläger nicht zu. Soweit das Arbeitsgericht dem Kläger für in der Bundesrepublik Deutschland geleistete Arbeit (18. bis 21. Juni 2007) Differenzvergütung auf der Basis des Mindestlohns West zugesprochen hat, ist das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig geworden. Die Berufung des Beklagten ist diesbezüglich unzulässig.

10

I. Der Kläger hat für seinen Arbeitseinsatz in Dänemark gemäß § 612 Abs. 2 BGB Anspruch auf Vergütung nach dem TV Mindestlohn in Höhe des Mindestlohns Ost.

11

1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet, auch soweit es den Arbeitseinsatz des Klägers auf Baustellen in Dänemark betrifft, deutsches Recht Anwendung. Das steht zwischen den Parteien außer Streit und folgt aus den im streitgegenständlichen Zeitraum noch geltenden Art. 27 ff. EGBGB. Die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I-VO) ist am 17. Dezember 2009 in Kraft getreten. Nach dessen Art. 28 gilt sie nur für Verträge, die nach diesem Datum geschlossen wurden. Altverträge unterstehen weiter dem bisherigen Recht (vgl. Deinert RdA 2009, 144; Schneider NZA 2010, 1380).

12

2. Einen gesetzlichen Mindestlohn, der für aus dem Ausland nach Dänemark entsandte Arbeitnehmer gelten würde, gab es im streitgegenständlichen Zeitraum in Dänemark nicht (vgl. dazu Waltermann NJW 2010, 801). Einen solchen, sich aus dänischem Recht ergebenden Mindestlohn macht der Kläger auch nicht geltend.

13

3. Im Ansatz zutreffend geht der Kläger davon aus, dass er für seinen Auslandseinsatz in Dänemark mangels wirksamer Vergütungsvereinbarung die übliche Vergütung beanspruchen kann, § 612 Abs. 2 BGB.

14

a) Dass die Tätigkeit des Klägers auf Baustellen in Dänemark vergütet werden sollte, ist zwischen den Parteien unstreitig. Eine Vergütungsabrede haben sie dafür aber nicht getroffen.

15

Die in § 7 Abs. 1 des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 26. März 2007 vereinbarte Vergütung von 1.500,00 Euro brutto monatlich bezieht sich - wie der gesamte schriftliche Arbeitsvertrag - auf eine Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland, § 3 Abs. 2 Arbeitsvertrag. Eine - vom Beklagten behauptete, vom Kläger bestrittene - mündliche Vergütungsvereinbarung für den Auslandseinsatz haben die Parteien jedenfalls nicht wirksam getroffen. Unbeschadet der Frage, ob der dahingehende Sachvortrag des Beklagten überhaupt hinreichend substantiiert und angesichts seiner Variationen durch die Instanzen schlüssig ist, wäre eine Vereinbarung von „circa 1.100,00 Euro netto“ nicht hinreichend bestimmt und damit unwirksam.

16

b) Die nach § 612 Abs. 2 BGB geschuldete übliche Vergütung ist diejenige, die am gleichen Ort in ähnlichen Gewerben und Berufen für entsprechende Arbeit bezahlt zu werden pflegt; maßgeblich ist die übliche Vergütung im vergleichbaren Wirtschaftskreis (BAG 26. April 2006 - 5 AZR 549/05 - Rn. 26 mwN, BAGE 118, 66; ErfK/Preis 11. Aufl. § 612 BGB Rn. 37 f. mwN).

17

Vergleichsmaßstab ist hiernach nicht die übliche Vergütung eines in Dänemark bei einem dort ansässigen Bauunternehmen angestellten Maurers. Abzustellen ist vielmehr auf die übliche Vergütung eines von einem inländischen Bauunternehmen vorübergehend nach Dänemark entsandten Maurers, wobei dahingestellt bleiben kann, wie der vergleichbare Wirtschaftskreis genau zu bestimmen wäre. Denn es fehlt jeglicher Sachvortrag des Klägers dafür, inländische Bauunternehmen oder zumindest solche in Mecklenburg-Vorpommern würden nach Dänemark entsandten Arbeitnehmern die dort üblichen Maurerlöhne zahlen.

18

c) Nachdem der Kläger Sachvortrag zu der tatsächlich von inländischen Bauunternehmen an nach Dänemark entsandte Maurer gezahlten Vergütung nicht geleistet hat, richtet sich - gleichsam als Untergrenze - die im Streitfall zu zahlende übliche Vergütung nach dem TV Mindestlohn. Unbeschadet der Erstreckung der §§ 1 - 3 TV Mindestlohn ab dem 1. September 2005 auf alle nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch die Fünfte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Baugewerbe vom 29. August 2005 (BAnz. Nr. 164 vom 31. August 2005 S. 13199), folgt dies schon daraus, dass sich der TV Mindestlohn auf alle Arbeitsverhältnisse erstreckt und damit im Rahmen seines fachlichen Anwendungsbereichs faktisch angewandt wurde (vgl. - zum Tarifvertrag zur Regelung eines Mindestlohns für gewerbliche Arbeitnehmer im Maler- und Lackiererhandwerk - BAG 27. Juli 2010 - 3 AZR 317/08 - Rn. 30, EzA BBiG 2005 § 4 Nr. 1).

19

Der TV Mindestlohn gilt nach seinem § 1 Abs. 2 iVm. § 1 Abs. 2 des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe(BRTV-Bau) für Betriebe des Baugewerbes wie dem des Beklagten. Der Kläger unterfiel dem persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags, denn er war als gewerblicher Arbeitnehmer und - worüber zwischen den Parteien kein Streit besteht - versicherungspflichtig tätig. Auch der räumliche Geltungsbereich des TV Mindestlohn ist eröffnet. Dieser erstreckt sich nach § 1 Abs. 1 auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, wobei der systematische Zusammenhang mit § 1 Abs. 2 zeigt, dass insoweit der Sitz des Betriebs und nicht der jeweilige Tätigkeitsort des Arbeitnehmers entscheidend ist. Die Grenze wird - allenfalls - dadurch gezogen, dass ein Arbeitsverhältnis nicht deutschem Recht unterfällt (vgl. dazu auch BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 617/01 - zu II 1 der Gründe, BAGE 113, 149; 20. Juni 2007 - 10 AZR 302/06 - Rn. 12, AP TVG § 1 Tarifverträge: Holz Nr. 26 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 135).

20

Für die Annahme, inländische oder zumindest mecklenburg-vorpommerische Bauunternehmen würden nach Dänemark entsandten Maurern überwiegend eine geringere Vergütung als die nach dem TV Mindestlohn zahlen, gibt der Sachvortrag des Beklagten keinen Anhaltspunkt. Sein Einwand, in Dänemark werde typischerweise „auf Leistung“ gearbeitet und entsprechend vergütet, bezieht sich ersichtlich auf den Sachvortrag des Klägers zum üblichen Entgelt dänischer Maurer und meint Arbeitnehmer dänischer Arbeitgeber.

21

d) Ob bei dem Auslandseinsatz eines Bauarbeiters über § 612 Abs. 2 BGB der Mindestlohn West oder der Mindestlohn Ost geschuldet ist, bestimmt sich nach dem Einstellungsort. Gemäß § 3 Satz 2 TV Mindestlohn behalten auswärts beschäftigte Arbeitnehmer den Anspruch auf den Mindestlohn ihres Einstellungsortes. Dieser liegt im Streitfall im Gebiet des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Einen - höheren - Mindestlohn für eine im Ausland gelegene Baustelle sehen weder § 3 noch § 2 TV Mindestlohn vor.

22

4. Die nach dem TV Mindestlohn berechnete Vergütung ist allerdings nur insoweit üblich iSv. § 612 Abs. 2 BGB, als sie nicht nach § 2 Abs. 5 TV Mindestlohn verfallen ist. Die Ausschlussfrist ist als Teil des üblichen Entgelts anzusehen (BAG 27. Juli 2010 - 3 AZR 317/08 - Rn. 33, EzA BBiG 2005 § 4 Nr. 1, insoweit zust. Sagan BB 2011, 572, 574).

23

a) § 2 TV Mindestlohn lautet auszugsweise:

        

„…    

        
        

(4)     

Der Anspruch auf den Mindestlohn wird spätestens am 15. des Monats fällig, der auf den Monat folgt, für den er zu zahlen ist.

        

…       

        
        

(5)     

Abweichend von § 15 BRTV verfallen Ansprüche auf den Mindestlohn von Arbeitnehmern in den Lohngruppen 1 und 2 sechs Monate nach ihrer Fälligkeit.

        

…“    

        
24

Nach dem in Bezug genommenen BRTV-Bau verfallen alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden (§ 15 Nr. 1 BRTV-Bau). Lehnt diese - wie hier - den Anspruch ab, verfällt er, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht wird (§ 15 Nr. 2 BRTV-Bau).

25

Das Gefüge dieser Normen zeigt, dass die Tarifvertragsparteien einen inneren Zusammenhang zwischen dem Mindestlohn und der Ausschlussfrist herstellen wollten. In Abweichung von allgemeinen, an sich branchenüblichen Regelungen haben sie gerade für den Mindestlohn eine Sonderregelung getroffen. Das ist bei der Feststellung der üblichen Vergütung zu berücksichtigen.

26

b) Danach sind (Differenz-)Vergütungsansprüche für die Monate März bis Juli 2007 verfallen. Der - jüngste - (Differenz-)Vergütungsanspruch für Juli 2007 war nach § 2 Abs. 4 TV Mindestlohn spätestens am 15. August 2007 fällig. Diesen - und die zeitlich davor liegenden - hat der Kläger aber erstmals mit Schreiben vom 6. März 2008 und damit außerhalb der Frist des § 2 Abs. 5 TV Mindestlohn geltend gemacht.

27

5. Die verfallenen (Differenz-)Vergütungsansprüche stehen dem Kläger nicht als Schadensersatz zu. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagte schuldhaft seine Nachweispflicht aus § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 NachwG verletzt hat. Denn der Kläger hat keinen schlüssigen Vortrag zur Kausalität einer Pflichtverletzung des Beklagten (unterbliebener Nachweis) für seinen - zeitlich gestaffelt - eingetretenen Schaden (Verfall der restlichen Lohnansprüche) gehalten. Er hat nicht vorgetragen, er habe als im Bereich des Baugewerbes Ausgebildeter weder die Ausschlussfrist des § 15 BRTV-Bau noch die des § 2 Abs. 5 TV Mindestlohn gekannt und damit nicht gewusst, dass eine Ausschlussfrist auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finde, und er hätte bei rechtzeitigem Nachweis die Ausschlussfrist beachtet. Über die fehlende Darlegung des Klägers zur Kausalität zwischen der unterlassenen Aufklärung und dem eingetretenen Schaden hilft auch die vom Senat bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 NachwG aufgestellte Vermutung des aufklärungsgemäßen Verhaltens nicht hinweg(BAG 5. November 2003 - 5 AZR 676/02 - zu III 3 c der Gründe, AP NachwG § 2 Nr. 7 = EzA NachwG § 2 Nr. 6).

28

II. Nach diesen Grundsätzen gilt Folgendes:

29

1. Für die in den Monaten August bis Dezember 2007 auf Baustellen in Dänemark geleisteten 784 Stunden hat der Kläger Anspruch auf Vergütung in Höhe des Mindestlohns Ost (9,80 Euro brutto/Stunde). Abzüglich des vom Beklagten für diesen Zeitraum gezahlten Lohns (3.676,00 Euro brutto) ergibt sich ein restlicher Betrag von 4.007,20 Euro brutto.

30

Die (Differenz-)Vergütungsansprüche für die Monate August bis Dezember 2007 sind nicht verfallen. Der Kläger hat sie mit Schreiben seiner Gewerkschaft vom 6. März 2008 rechtzeitig geltend gemacht, § 2 Abs. 5 iVm. Abs. 4 Satz 1 TV Mindestlohn. Wollte man annehmen, § 2 Abs. 5 TV Mindestlohn modifiziere nur die erste Stufe der zweistufigen Ausschlussfrist des § 15 BRTV-Bau, hätte der Kläger auch deren zweite Stufe gewahrt. Auf das Ablehnungsschreiben des Beklagten vom 15. März 2008 hat er mit seinem beim Arbeitsgericht am 25. April 2008 eingegangenen und dem Beklagten am 30. April 2008 zugestellten Schriftsatz vom 22. April 2008 innerhalb der Frist des § 15 Nr. 2 BRTV-Bau Klage erhoben.

31

2. Der Kläger kann für vier Arbeitstage im Juni 2007 für im Inland geleistete Arbeit die vom Arbeitsgericht zuerkannte Differenzvergütung auf der Basis des Mindestlohns West (152,99 Euro brutto) beanspruchen. In dieser Höhe ist das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig geworden, weil die Berufung des Beklagten insoweit unzulässig ist. Das hat der Senat von Amts wegen zu prüfen (BAG 15. August 2002 - 2 AZR 473/01 - AP ZPO § 519 Nr. 55 = EzA ZPO § 519 Nr. 14). Hinsichtlich der Differenzvergütung für Arbeit im Inland genügt die Berufungsbegründung nicht den Anforderungen des § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO(zu den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung vgl. BAG 8. Oktober 2008 - 5 AZR 526/07 - Rn. 15, AP ZPO § 520 Nr. 1 = EzA ZPO 2002 § 520 Nr. 7; 19. Oktober 2010 - 6 AZR 118/10 - Rn. 7 f., NZA 2011, 62). Aus den Berufungsangriffen lässt sich nicht erkennen, mit welchen rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten der Beklagte die Entscheidung des Arbeitsgerichts bezüglich der Arbeitstage vom 18. bis zum 21. Juni 2007, für die die Berufungsbegründung selbst als Arbeitsort „Deutschland“ angibt, bekämpfen will.

32

III. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1 iVm. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Hinsichtlich des (Differenz-)Vergütungsanspruchs für den Monat Dezember 2007 kann der Kläger Verzugszinsen allerdings erst ab dem 16. Januar 2008 beanspruchen. Die Fälligkeit der Dezembervergütung nach § 2 Abs. 4 TV Mindestlohn (15. Januar 2008) wird von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 15. Dezember 2007 nicht berührt (vgl. BAG 8. November 1978 - 5 AZR 358/77 - zu 5 der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 100 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 60; ErfK/Preis 11. Aufl. § 614 BGB Rn. 6).

33

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Kremser    

        

    Ilgenfritz-Donné    

                 

Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Bei der Versicherung für fremde Rechnung stehen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag dem Versicherten zu. Die Übermittlung des Versicherungsscheins kann jedoch nur der Versicherungsnehmer verlangen.

(2) Der Versicherte kann ohne Zustimmung des Versicherungsnehmers nur dann über seine Rechte verfügen und diese Rechte gerichtlich geltend machen, wenn er im Besitz des Versicherungsscheins ist.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

*

(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.