Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 06. Dez. 2016 - 2 Sa 157/16

bei uns veröffentlicht am06.12.2016

Tenor

1. Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des Rechtsstreits hat kurze Zeit ein Arbeitsverhältnis verbunden. Der beklagte Arbeitgeber hat das Arbeitsverhältnis während der Probezeit unter dem 28. März 2014 zum 30. April 2014 gekündigt. Nunmehr macht der Kläger Schadensersatz und Entschädigung wegen Mobbing geltend.

2

Der 1958 geborene Kläger war lange Jahre beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) – zeitweise auch als Geschäftsführer – im Rettungsdienst in L. und anschließend in P. tätig. Später war er viele Jahre in einer Arbeits- und Beschäftigungsgesellschaft in H. tätig und hatte dort zum Schluss eine Stabsstelle als kaufmännischer Controller bekleidet. In dieser Stellung war er eingruppiert in die Vergütungsgruppe III zum BAT / BAT-O. Da diese Gesellschaft abgewickelt wurde, hatte er seinerzeit eine Stelle bei der Inplace-Transfer GmbH mit Sitz in H. angenommen. In dieser Stellung ist er dem Beklagten von Mitte September 2013 bis Jahresende 2013 im Rahmen eines Praktikums überlassen worden, das mit dem Ziel aufgenommen wurde, mit dem Beklagten ein Arbeitsverhältnis zu begründen.

3

Der Beklagte betreibt in C-Stadt in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins ohne Gewinnerzielungsabsicht ein Weiterbildungsinstitut, das sich zu wesentlichen Teilen aus projektgebundenen Zuschüssen aus öffentlichen Kassen finanziert.

4

Neben dem Vorstand, der den Beklagten vertritt, hat der Beklagte einen Geschäftsführer bestellt, dessen betriebliche Stellung ähnlich ausgestaltet ist, wie bei einem GmbH-Geschäftsführer. Der langjährige Geschäftsführer des Beklagten ist nach vielen Jahren der Geschäftsführertätigkeit während des laufenden Rechtsstreits altersbedingt aus den Diensten des Beklagten ausgeschieden.

5

Beim Beklagten gibt es außerdem die Stelle des oder der Buchhalterin mit Verantwortung für das Projektcontrolling. Der oder die Stelleninhaberin war damit die ranghöchste kaufmännische Mitarbeiterin beim Beklagten. Außerdem war vorgesehen, dass der oder die Stelleninhaberin auch den Geschäftsführer bei dessen Abwesenheit vertritt. Diese Stelle hatte lange Jahre Frau S. inne, die jedoch zum Jahresende 2013 altersbedingt aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist. Zwischen Frau S. und dem Geschäftsführer bestand eine enge Zusammenarbeit, in der allein schon aufgrund der vielen Jahre gemeinsamer Arbeit über die beiderseitige Rollenverteilung keine Unklarheiten bestanden.

6

Frau S. hat den Kläger während der Praktikumszeit von Mitte September 2013 bis zum Jahresende betreut. Das Praktikum sollte dazu dienen, den Kläger auf die Übernahme der Position von Frau S. vorzubereiten. Während der Praktikumszeit wurde der Kläger von Frau S. in die Betriebsabläufe und die praktische Handhabung der Buchhaltung und des Controllings beim Beklagten eingewiesen. In dieser Zeit hatte der Kläger nur wenige berufliche Berührungspunkte mit dem Geschäftsführer des Beklagten.

7

Seit dem 1. Januar 2014 hat der Kläger aufgrund eines auf ein Jahr befristeten Arbeitsverhältnisses die Stelle der Frau S. beim Beklagten übernommen und war damit formal auch in die Stellung als Stellvertreter des Geschäftsführers eingerückt. Nach dem Arbeitsvertrag ist der Kläger mit einer regelmäßigen wöchentlich Arbeitszeit von 40 Stunden eingestellt und ist eingruppiert in die Entgeltgruppe E 10 Stufe 3 TV-L (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den als Anlage K 1 zur Akte gelangten Arbeitsvertrag Bezug genommen, hier Blatt 26 ff).

8

Der Kläger, der selber davon ausgeht, ihm wäre für die Stelle Prokura eingeräumt, war davon ausgegangen, dass er seine Aufgaben ähnlich selbständig erledigen müsse, wie er das zuletzt als kaufmännischer Controller in der Beschäftigungsgesellschaft in H. gemacht hatte. Die selbständige und eigenverantwortliche Erledigung der Arbeit auf dem Dienstposten des Klägers wurde seitens des Geschäftsführers von Anbeginn an als mangelnde Abstimmung mit ihm aufgefasst. Der Geschäftsführer war offensichtlich davon ausgegangen, dass dem Kläger im Außenverhältnis zunächst überhaupt keine Kompetenzen zustehen und seine Arbeit im Innenverhältnis engster Abstimmung bedürfe. Erst wenn dadurch ein gemeinsames Vertrauensverhältnis entstanden sei, könnten dem Kläger – so die Vorstellung des Geschäftsführers – nach und nach Kompetenzen zur eigenständigen Erledigung eingeräumt werden.

9

Rund um dieses Grundmissverständnis im Arbeitsverhältnis der Parteien entwickelte sich alsbald anhand einzelner sachlicher Konflikte in mehr oder weniger belanglosen Alltagsfragen ein persönlicher Dauerkonflikt der beiden Herren, der sich auf Seiten des Geschäftsführers gelegentlich auch lautstark äußern konnte. Von Seiten des Geschäftsführers wurden dem Kläger immer wieder Vorwürfe gemacht, die nicht nur die mangelnde Abstimmung zum Geschäftsführer umfassten, sondern später auch Fragen der Ordnung im Büro und auch eine mangelhafte Erledigung einzelner Dienstaufgaben betrafen.

10

Der Kläger hat nach seiner eigenen Einlassung auf diese Kritik zunächst versucht, defensiv und diplomatisch zu reagieren. Als der Kläger jedoch am 4. Februar 2014 vom Geschäftsführer auch zu Diktatarbeiten herangezogen wurde und dabei aus Sicht des Klägers grundlos kritisiert wurde, hat der Kläger erstmals offen Kritik an der Art und Weise der Zusammenarbeit des Geschäftsführers mit ihm geübt und hat dabei auch unter Protest kurzzeitig das Büro verlassen.

11

Die tatsächliche Zusammenarbeit der Parteien endete dann rund fünf Wochen später aufgrund der Ereignisse vom 13. und 14. März 2014 mit Ablauf des 14. März 2014 (Freitag). Der Auslöser des Konflikts war an sich harmlos. Der Kläger hatte dem Steuerbüro für den Jahresabschluss 2013 die Unterlagen zukommen lassen und das Steuerbüro hatte eine unerklärliche Saldendifferenz in Höhe von 10,38 Euro festgestellt und den Kläger um Abhilfe gebeten. Der Kläger hat den ganzen Vormittag am 13. März 2014 nach dem Fehler in den Saldenlisten gesucht und diesen nicht gefunden. Nach Rücksprache und im Einverständnis mit dem Geschäftsführer hat der Kläger sodann seine Vorgängerin Frau S. kontaktiert, die sodann mit dem Kläger den ganzen Nachmittag den Fehler gesucht und ebenfalls nicht gefunden hatte. Frau S. war darüber sehr beunruhigt und ihr ist dann wohl abends zu Hause die richtige Idee gekommen, wo der Fehler stecken könnte. Aufgrund dieser Idee konnte der Buchungsfehler aus dem Jahre 2013 im Laufe des Vormittags des 14. März 2014 ermittelt werden. Anschließend wurden die korrigierten Saldenlisten – wie vom Steuerbüro erbeten – per Mail nach dort übersandt.

12

Aus Sicht des Klägers war dies ein Erfolg und er hat sich daher zum Geschäftsführer begeben, um ihn davon zu unterrichten. Dort angekommen wurde er allerdings schnell mit Vorwürfen überhäuft, weil die Versendung der Unterlagen per Mail ein Bruch mit der jahrelang geübten und bewährten Praxis gewesen sei, zu der der Kläger nicht befugt gewesen sei. Im Ergebnis dieses Kritikgesprächs hat der Kläger dann noch an diesem Freitag alle Unterlagen wie in den Vorjahren kopiert ein Begleitschreiben wie 2012 gefertigt und alles dem Geschäftsführer vorgelegt und Kopien davon zu den Akten genommen.

13

Nach eigenem Bekunden des Klägers war dieser Konflikt sozusagen der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe. Nach eigenem Bekunden hat der Kläger am 17. März 2014 (Montag) einen Nervenzusammenbruch erlitten und war von da an bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht im Dezember 2016 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Die Arbeitsunfähigkeit dauert an. Während der Arbeitsunfähigkeit war der Kläger im Rahmen einer Kurzzeittherapie im Dezember 2014 in ambulanter psychotherapeutischer Behandlung. In der Zeit vom 3. Juni 2015 bis zum 8. Juli 2015 war der Kläger in stationärer psychosomatischer Behandlung (Wegen der Einzelheiten wird auf den Entlassungsbericht der Klinik vom 7. Juli 2015, Anlage K 13, hier Blatt 106 f, Bezug genommen).

14

Zeitlich parallel zu dem Konflikt am 14. März 2014 und dem anschließenden Nervenzusammenbruch des Klägers am 17. März 2014 hatte dieser noch versucht, durch Einschaltung des Vorstandes des Beklagten das Arbeitsverhältnis zu retten. So hatte er am 16. März 2016 (Sonntag) per Mail beim Vorsitzenden des beklagten Vereins um einen "kurzfristigen Termin für ein persönliches und vertrauliches Gespräch" gebeten. Am 17. März 2014 hatte der Vereinsvorsitzende in der Antwortmail um genaue Schilderung der Ereignisse gebeten, aus denen der Kläger seine Vorwürfe gegenüber dem Geschäftsführer ableitet. Daraus ist die ausführliche Stellungnahme des Klägers aus der Mail vom 19. März 2014 entstanden (als Anlage K 5 zur Akte gereicht, hier Blatt 37 bis 42; auf dieses Dokument wird wegen der zahlreichen Einzelheiten, aus denen der Kläger seine Vorwürfe ableitet, Bezug genommen).

15

Zu dem erbetenen Gespräch ist es dann nicht mehr gekommen. Der Vorsitzende des Beklagten hat dem Kläger auch nicht mehr geantwortet. Vielmehr hat der Beklagte das Arbeitsverhältnis sodann mit Kündigung vom 28. März 2014 ordentlich zum 30. April 2014 gekündigt und den Kläger zeitgleich von der weiteren Erbringung der Arbeitsleistung unter Anrechnung auf seinen Urlaubsanspruch freigestellt; außerdem wurde ihm Hausverbot erteilt (hier Blatt 32 und 33). Das Arbeitsverhältnis ist vom Beklagten ordnungsgemäß zum 30. April 2014 unter Gewährung von Urlaubsabgeltung abgerechnet worden.

16

Der Kläger verlangt als Schadensersatz einen Betrag in Höhe von 3.470,88 Euro netto. Diesen Betrag verlangt der Kläger als Ersatz für das ihm durch die Kündigung entgangene Nettoentgelt von Mai 2014 bis zum Ende des befristeten Arbeitsvertrages zum Jahresende 2014, wobei er das ihm zugeflossene Krankengeld anspruchsmindernd berücksichtigt hat. Außerdem verlangt der Kläger wegen der erlittenen Kränkungen und Demütigungen sowie wegen der Beschädigung seiner Gesundheit eine Entschädigung in Höhe von 15.000 Euro. Der Anspruch wurde außergerichtlich im Juni 2014 geltend gemacht und vom Beklagten abgelehnt.

17

Daraufhin hat der Kläger Klage erhoben, die am 12. Mai 2015 beim Arbeitsgericht eingegangen ist.

18

Das Arbeitsgericht Schwerin hat die Klage mit Urteil vom 12. Mai 2015 als unbegründet abgewiesen und den Streitwert auf knapp 18.500 Euro festgesetzt (Aktenzeichen 2 Ca 726/15). Das Arbeitsgericht hat geprüft, ob der Kläger im Sinne der Rechtsprechung durch seinen Arbeitgeber gemobbt wurde und hat dies verneint. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

19

Mit der rechtzeitig eingelegten und fristgemäß begründeten Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren unverändert fort.

20

Der Kläger behauptet, der Geschäftsführer des Beklagten habe ihn durch sachlich nicht gerechtfertigte Kritik und beleidigende Äußerungen bewusst gedemütigt und gekränkt und er – der Kläger – habe dadurch einen bis heute nicht behobenen gesundheitliche Schaden davongetragen. Der Geschäftsführer habe dem Kläger bereits Anfang Januar 2014 wesentliche Befugnisse entzogen. Der Beklagte sei dem Kläger schadens- und schmerzensgeldersatzpflichtig, da er die in Rede stehenden Verhaltensweisen geduldet und – wie die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses zeige – sogar gebilligt habe.

21

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angegriffenen Urteils

22

1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger Schadenersatz in Höhe von Euro 3.470,88 zzgl. Zinsen seit dem 21.07.2014 zu zahlen.

23

2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger Schmerzensgeld zu zahlen, das in die Entscheidung des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch Euro 15.000,00 zzgl. Zinsen seit dem 21.07.2014.

24

Der Beklagte beantragt,

25

die Berufung zurückzuweisen.

26

Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil. Dazu bestreitet der Beklagte die vom Kläger behaupteten ehrverletzenden, diskriminierenden oder anderweitig herabwürdigenden Äußerungen und stellt Sachverhalte dar, die Anlass zu sachlicher Kritik an der Arbeitsleistung des Klägers gegeben hätten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Klagerwiderung vom 27. Juli 2015 Bezug genommen (hier Blatt 72 ff), auf die der Beklagte auch in seiner Berufungsbeantwortung verwiesen hat.

27

Der Beklagte stellt den vom Kläger gesehenen kausalen Zusammenhang zwischen den Konflikten in der Zusammenarbeit mit dem Geschäftsführer und der Erkrankung des Klägers ab Mitte März 2014 in Abrede.

28

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsrechtszug wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

29

Die Berufung ist nicht begründet. Mit dem Arbeitsgericht geht das Berufungsgericht davon aus, dass die klägerischen Ansprüche nicht begründet sind. Es lässt sich nicht mit der für eine Verurteilung notwendigen Sicherheit feststellen, dass der Kläger von der Beklagten und von dessen Führungspersonal in einer sein Persönlichkeitsrecht verletzenden Art und Weise behandelt wurde. Auch der vom Kläger gesehene Kausalzusammenhang zwischen seiner Behandlung und dem aufgetretenen Gesundheitsschaden kann das Gericht nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen.

I.

30

Der auf Schadensersatz gerichtete Klage- und Berufungsantrag zu 1 ist nicht begründet. Von den in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen ist keine vollständig erfüllt.

31

Die Voraussetzungen für die Zahlung der Vergütungsdifferenzen zwischen dem tatsächlich bezogenen Krankengeld und dem im Falle von Arbeitsfähigkeit im Streitzeitraum verdienten Arbeitsentgelt für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit ab Mai 2014 bis Ende 2014 sind nicht feststellbar. Ein vertraglicher Erfüllungsanspruch zur Zahlung des Arbeitsentgelts trotz unterbliebener Arbeitsleistung ist nicht ersichtlich, der sechswöchige Entgeltfortzahlungszeitraum bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers war im Streitzeitraum bereits abgelaufen. Daher könnte der Anspruch allein als Schadensersatzleistung begründet sein.

1.

32

Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Mobbing kann als vertraglicher Anspruch aus § 280 Absatz 1 Satz 1 BGB in Betracht kommen. Nach dieser Bestimmung kann der Gläubiger in dem Fall, dass der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt, Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Nach § 241 Absatz 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Danach ist der Arbeitgeber verpflichtet, auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen, ihn vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, zu schützen und ihn keinem Verhalten auszusetzen, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. In diesem Zusammenhang ist der Arbeitgeber insbesondere zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet (BAG 15. September 2016 – 8 AZR 351/15 – juris.de). Dabei haftet der Arbeitgeber dem geschädigten Arbeitnehmer gegenüber gemäß § 278 Satz 1 BGB auch für schuldhaft begangene Rechtsverletzungen, die für ihn als Erfüllungsgehilfen eingesetzte Mitarbeiter oder Vorgesetzte begehen. Dabei ist es jedoch erforderlich, dass die schuldhafte Handlung des als Erfüllungsgehilfe des Arbeitgebers handelnden Mitarbeiters in einem engen sachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben steht, die der Arbeitgeber ihm als Erfüllungsgehilfen zugewiesen hat. Ein solcher Zusammenhang ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Erfüllungsgehilfe gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers konkretisiert oder wenn er ihm gegenüber Weisungsbefugnis besitzt (BAG 15. September 2016 aaO; BAG 28. April 2011 - 8 AZR 769/09 – AP Nr. 6 zu § 104 SGB VII).

33

Ein Schadensersatzanspruch wegen Mobbing kann aber auch als deliktischer Anspruch insbesondere aus § 823 Absatz 1 BGB folgen. Dabei verbietet § 823 Absatz 1 BGB nicht nur eine widerrechtliche Verletzung der in dieser Bestimmung ausdrücklich aufgeführten, besonders geschützten Rechtsgüter, ua. der Gesundheit. Auch das durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Absatz 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht ist als „sonstiges Recht“ im Sinne von § 823 Absatz 1 BGB anerkannt (BAG 15. September 2016 aaO; BGH 19. Mai 1981 - VI ZR 273/79 - BGHZ 80, 311). Auch seine widerrechtliche Verletzung kann demnach Schadensersatzansprüche auslösen. Allerdings ist zu beachten, dass die Reichweite des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wegen seiner Eigenart als Rahmenrecht nicht absolut festliegt, sondern grundsätzlich erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden muss. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist deshalb nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BAG 15. September 2016 aaO; BGH 1. März 2016 - VI ZR 34/15 - NJW 2016, 2106 = BGHZ 209, 139).

2.

34

Vorliegend kann allerdings nicht festgestellt werden, dass der Beklagte den Kläger in einer Art und Weise behandelt hat oder durch Vorgesetzte hat behandeln lassen, die den Schluss zulassen, man habe den Klägerin in seiner Ehre oder in seinem Persönlichkeitsrecht treffen wollen oder man habe ihn gar mobben wollen.

a)

35

Das in Artikel 2 Grundgesetz verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist (Schmidt in ErfK, 17. Auflage 2017, Art. 2 GG Rn. 45, 80 ff). Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 28. Oktober 2010 – 8 AZR 546/09 – EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 10 = NZA-RR 2011, 378; BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6; LAG Mecklenburg-Vorpommern 5. Juli 2011 – 5 Sa 86/11). In vergangenen Zeiten wurde die Persönlichkeitsrechtsverletzung gerne am Begriff der Ehre festgemacht, die strafrechtlich durch das Verbot der Beleidigung als Form der Ehrabschneidung geschützt ist. Der Begriff der Ehre ist heute zwar nicht mehr ein notwendiges Element der Persönlichkeitsrechtsverletzung, dennoch ist der Begriff, wenn man ihn weit genug fasst, nach wie vor geeignet, das verbotene Verhalten griffig in Worte zu fassen.

36

Sowohl die klassische Ehrverletzung als auch die inzwischen anerkannten weiteren Formen der Persönlichkeitsrechtsverletzung setzen allerdings ein auf die Verletzung zielendes Verhalten des Schädigers voraus. So wie es strafrechtlich keine fahrlässige Beleidigung geben kann, kann es auch keine sonstigen ungewollten Persönlichkeitsrechtsverletzungen geben.

37

Entsprechendes gilt, wenn man sich dem in der gerichtlichen Praxis noch viel schwerer nachweisbaren Begriff des Mobbing zuwendet. Mobbing – eine Begriffsbildung, die der Kläger bevorzugt – verlangt gleichfalls notwendig eine feindliche innere Haltung des Schädigers, denn ohne diesen subjektiven Einschlag kann man nicht – wie das die Rechtsprechung verlangt – von einem systematischen Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte sprechen (BAG 28. Oktober 2010 — 8 AZR 546/09 — NZA-RR 2011, 378).

b)

38

Der Nachweis der Persönlichkeitsrechtsverletzung oder gar der Nachweis von Mobbing verlangt also stets, dass man feststellen kann, dass der Schädiger den Geschädigten schädigen wollte, dass es ihm gerade darauf ankam, ihn zu entwürdigen oder seinen sozialen Geltungsanspruch in Frage zu stellen. Mit anderen Worten, es muss ein Angriff auf die Ehre oder die Persönlichkeit des Geschädigten feststellbar sein.

39

Dazu kann das Gericht vorliegend keine Feststellungen treffen.

aa)

40

Das Berufungsgericht geht davon aus, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien daran gescheitert ist, dass die Vorstellungen des Klägers und die Vorstellungen des Geschäftsführers des Beklagten über die richtige Art und Weise der Zusammenarbeit von Anfang an meilenweit auseinanderlagen und beide es nicht geschafft haben, sich über ihre Erwartungen an die Zusammenarbeit auszutauschen und so zu einer für beide erträglichen Arbeitsbasis zu finden. Das Arbeitsverhältnis ist an dieser mangelnden Fähigkeit zur Kommunikation und Verständigung zerbrochen.

41

Bei allem Verständnis für die Leiden des Klägers kommt man nicht umhin festzustellen, dass es immer wieder vorkommt, dass Arbeitsverhältnisse genau aus derartigen Gründen bereits in der Probezeit scheitern und daher beendet werden. Scheitern Arbeitsverhältnisse wegen der unterschiedlichen Erwartungshaltungen an die Art und Weise der Arbeitserledigung führt das in aller Regel auch zu den hier feststellbaren tiefen Enttäuschungen und Verletzungen auf beiden Seiten. Im Grunde ist es sogar einer der vorrangigen Zwecke der üblicherweise vereinbarten Probezeit, solche auf mangelndem gegenseitigen Verständnis gegründete Arbeitsverhältnisse ohne den Zwang, den Sachverhalt im Einzelnen aufklären zu müssen, beendigen zu können. Die schnelle Lösung eines derart belasteten Arbeitsverhältnisses dient dem Interesse beider Parteien des Arbeitsvertrages an der Befreiung aus der als nicht zumutbar empfundenen Zwangssituation, die durch die Eingehung des Arbeitsverhältnisses entstanden ist.

42

Nicht jede Auseinandersetzung, Meinungsverschiedenheit oder nicht gerechtfertigte Maßnahme des Arbeitgebers (beispielsweise in Form einer Abmahnung, einer Versetzung oder einer Kündigung) ist eine rechtswidrige und vorwerfbare Verletzung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers und damit eine unerlaubte Handlung oder einen Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB. Im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, auch wenn sie sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, sind nicht geeignet, den Tatbestand der Persönlichkeitsrechtsverletzung oder gar des Mobbing zu erfüllen, weshalb es gilt, nicht rechtswidriges bzw. sozial- und rechtsadäquates Verhalten aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise – also ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers – von der rechtlichen Bewertung auszunehmen (BAG 15. September 2016 aaO).

43

Bei der Zusammenarbeit im Rahmen von Arbeitsverhältnissen kommt es typischerweise zu Konflikten und Meinungsverschiedenheiten, ohne dass die dabei zutage tretenden Verhaltensweisen des Arbeitgebers oder der Vorgesetzten bzw. Kollegen des Arbeitnehmers zwangsläufig zu einer widerrechtlichen Beeinträchtigung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers führen oder einen Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht bedeuten. Die Grenze zum nicht rechts- bzw. sozialadäquaten Verhalten ist erst dann überschritten, wenn Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird (BAG 15. September 2016 aaO).

bb)

44

Das Berufungsgericht konnte sich nicht die Überzeugung bilden, dass es in dem verunglückten Versuch der Parteien zur Zusammenarbeit seitens des Arbeitgebers zu Verhaltensweisen gekommen ist, die den Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt haben.

45

Dabei kann zu Gunsten des Klägers unterstellt werden, dass sich alle Vorfälle, die er in seinem Mail-Anschreiben an den Vorsitzenden des Beklagten vom 19. März 2014 geschildert hat (hier Blatt 37 bis 42) sich wie geschildert zugetragen haben. Für das Gericht ist auch ohne Weiteres nachvollziehbar, dass der Kläger sich dadurch willkürlich und ungerecht behandelt gefühlt hat und er unter der Häufung der Kritik und der häufig für Außenstehende nicht nachvollziehbaren Verhaltensweisen seitens des Geschäftsführers stark gelitten hat bis hin zu körperlichen Auswirkungen (Schlafstörungen usw).

46

Es kann aber nicht festgestellt werden, dass der Geschäftsführer des Beklagten oder später auch der Vorsitzende des Beklagten mit dem Ziel gehandelt haben, den Kläger – um einmal einen anderen passenden Begriff zu verwenden – seelisch zu verletzen.

cc)

47

Dabei stellt das Gericht maßgeblich darauf ab, dass der Geschäftsführer des Beklagten, der noch während des laufenden Rechtsstreits altersbedingt aus dem Geschäftsführerverhältnis ausgeschieden ist, durch das Ausscheiden seiner langjährigen engsten Mitarbeiterin Frau S. zum Jahresende 2013 seine Bezugsperson im Betrieb verloren hatte, und er dadurch nur noch bedingt in der Lage war, seine Aufgaben als Geschäftsführer in angemessener Weise wahrzunehmen.

48

Dass das Ausscheiden der Frau S. und das Auftreten des Klägers an ihrer Stelle notwendig einen kulturellen Bruch mit allen liebgewonnenen alltäglichen Traditionen bedeuten könnte, mag der Geschäftsführer sich im Kopf noch klargemacht haben. Sein in den meisten vom Kläger beanstandeten Fällen nur noch bedingt oder gar nicht mehr nachvollziehbares Verhalten zeigt jedoch, dass der Geschäftsführer tatsächlich nicht mehr in der Lage war, sich auf die neue Situation einzustellen.

49

Das zeigt sich insbesondere in dem Vorfall vom 4. Februar 2014, als der Kläger erstmals offen das Verhältnis des Geschäftsführers zu ihm kritisiert hatte. Der Geschäftsführer hatte an diesem Tag den Kläger angewiesen, ein vorgegebenes Formular im Computer um Text zu ergänzen, den er – der Geschäftsführer – dem Kläger in die Tastatur diktiert. Allein schon das Ansinnen des Geschäftsführers, der Kläger, immerhin der Stellvertreter des Geschäftsführers und der ranghöchste kaufmännische Mitarbeiter des Beklagten, vergütet nach der Entgeltgruppe E 10 des TV-L, solle am Computer ein Formular nach Diktatvorgaben des Geschäftsführers ausfüllen, entbehrt nicht einer gewissen Absurdität. Als der Kläger dann noch während des Diktats interveniert und darauf hinweist, dass das Formular keinen Platz für weiteren Text vorsehe, ist der Geschäftsführer gar nicht in der Lage, diese Information zu verarbeiten, und weist den Kläger ohne jeden Sinn nur an, weiterzuschreiben. Mehr braucht man nicht zu wissen, um zu der Feststellung zu gelangen, dass der Geschäftsführer des Beklagten ohne Frau S. nicht mehr in der Lage war, seinen Aufgaben in jeder Beziehung gerecht zu werden.

50

Das, was der Kläger als feindliche Einstellung seitens des Geschäftsführers ihm gegenüber empfunden hat, war in Wirklichkeit nur ein unbeholfenes und von Verunsicherung geprägtes Führungsverhalten des Geschäftsführers, der durch das Ausscheiden seiner langjährigen engsten Mitarbeiterin – bildhaft gesprochen – seine rechte Hand verloren hatte. Mit einer feindlichen Einstellung gegenüber dem Kläger hat das nichts zu tun. Der Geschäftsführer mag über den Kläger verärgert gewesen sein, weil er nicht die perfekte Kopie von Frau S. war, er mag diesen Ärger auch gezeigt haben und vielfach gereizt reagiert haben und dem Kläger mangelnde Kompetenz vorgeworfen haben. All das zielte aber nicht auf die Verletzung der Ehre oder der Persönlichkeit des Klägers, sondern war Ausdruck der Überforderung des Geschäftsführers angesichts des Verlusts seiner engsten Mitarbeiterin. Das hat das Arbeitsgericht völlig zutreffend erkannt, wenn es ausführt, ein systematisches Herabwürdigen des Klägers sei nicht erkennbar geworden. Dem ist der Kläger im Berufungsrechtszug nicht mit weiterem Tatsachenvortrag entgegengetreten.

dd)

51

Auch das Verhalten des Vorsitzenden des Beklagten kann nicht als Angriff auf die Ehre oder die Persönlichkeit des Klägers begriffen werden.

52

Zu Gunsten des Klägers kann insoweit unterstellt werden, dass sein Mail-Anschreiben vom 19. März 2014 maßgeblich zu dem Entschluss des Vorstandes des Beklagten beigetragen hat, das Arbeitsverhältnis zum Kläger umgehend in der Probezeit zu kündigen. Das Gericht sieht sich aber nicht in der Lage, darin einen Angriff auf den Kläger zu erblicken.

53

Der Beklagte hat, nachdem der Konflikt zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer des Beklagten dort bekannt wurde, einfach so gehandelt, wie standardmäßig in dieser Situation nahezu in jedem Unternehmen gehandelt worden wäre. Man sieht, dass es da einen Konflikt gibt, der so aussieht, als sei eine schnelle konstruktive Lösung nicht möglich. Was liegt also näher, als die Einstellung des Arbeitnehmers als Fehlentscheidung abzubuchen und das Arbeitsverhältnis schnellstmöglich zu beendigen. Es mag zwar sein, dass es eigentlich die Aufgabe des Vorsitzenden des Beklagten gewesen wäre, vor oder bei der Kündigung noch das Gespräch mit dem Kläger zu suchen, um die getroffene Entscheidung auch ihm gegenüber zu vertreten. Aus dem bloßen Unterlassen eines unangenehmen Gespräches mag man unter Umständen auf eine mangelnde Souveränität des Führungsverantwortlichen schließen können, ein Angriff auf die Persönlichkeit des Klägers lässt sich daraus jedoch nicht ableiten.

3.

54

Der klägerische Antrag zu 1 (Schadensersatz) lässt sich auch nicht auf den Gesichtspunkt der schulhaft herbeigeführten Gesundheitsverletzung durch den Beklagten oder seinen Geschäftsführer stützen.

55

Als Anspruchsgrundlage kommen insoweit ebenfalls sowohl die vertragliche Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers (§ 241 Absatz 2 BGB) als auch die deliktischen Haftungstatbestände aus § 823 Absatz 1 oder Absatz 2 BGB in Betracht. Die denkbaren Ansprüche sind allerdings ebenfalls unbegründet, weil es keine ausreichenden Hinweise auf die vom Kläger behauptete Kausalität zwischen dem Verhalten des Geschäftsführers des Beklagten und der gesundheitlichen Schädigung des Klägers, die nach Angaben des Klägers bis heute anhält, gibt.

56

Für die vom Kläger behauptete Kausalität spricht einzig der enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Nervenzusammenbruch des Klägers am 17. März 2014 und dem vom Kläger als demütigend empfundenen Verhalten des Geschäftsführers des Beklagten in den knapp 11 Wochen der beiderseitigen Zusammenarbeit bis zum 14. März 2014.

57

Gegen die Kausalität der Ereignisse spricht allerdings die lange Dauer der klägerischen Erkrankung. Beleidigungen und andere Angriffe auf die Ehre und die Persönlichkeit lassen sich zwar generell nur schwer verwinden. Für sie gilt aber auch der Erfahrungssatz, dass die Zeit Wunden heilen kann. Die durch Kränkungen oder Demütigungen verursachten Leiden klingen – wenn Angreifer und Geschädigter nicht durch eine besondere persönliche Beziehung verbunden sind – im Regelfall mit dem zeitlichen Abstand zu den Ereignissen ab. Sie sind auch therapeutisch durch die Stärkung des Selbstwertgefühls der Erkrankten im Regelfall gut behandelbar. Wenn der Kläger trotz ambulanter Psychotherapie Ende 2014 und trotz stationärer Behandlung im Juni 2015 weiter erkrankt bleibt, spricht dies dafür, dass anlässlich des Nervenzusammenbruchs beim Kläger im März 2014 eine Lebenskrise zu Tage getreten ist, deren Behebung weit mehr erfordert, als nur die geistige und seelische Verarbeitung der beim Beklagten erlittenen Demütigungen und Kränkungen. Darauf deutet nach Überzeugung des Gerichts auch der zur Akte gelangte Entlassungsbericht aus der stationären Behandlung vom 6. Juli 2015 hin (Kopie hier Blatt 106 f). Denn in den Empfehlungen hießt es dort "Fortführung der ambulanten Richtlinienpsychotherapie sowie Entspannungsverfahren. Orthopädische Vorstellung, Gewichtsreduktion. Sport und Bewegung." Diese doch sehr breit angelegten Ratschläge deuten darauf hin, dass der Rekonvaleszenz des Klägers nicht nur die Fortdauer einer erlebten Kränkung oder Demütigung hinderlich entgegensteht. Es ist nicht einmal ersichtlich, dass die erlebte Kränkung oder Demütigung Anfang Juli 2015 beim Kläger überhaupt noch zu beobachten war.

58

Damit kann das Gericht nicht feststellen, dass der Geschäftsführer des Beklagten durch sein nicht über jeden Zweifel erhabenes Führungsverhalten die Gesundheitsverletzung des Klägers schuldhaft herbeigeführt hat.

II.

59

Auch der vom Kläger geltend gemachte Entschädigungsanspruch (Klage- und Berufungsantrag zu 2) ist nicht begründet.

1.

60

Stützt der Arbeitnehmer - wie hier - seinen Schadensersatzanspruch darauf, der Arbeitgeber habe ihn durch Mobbing an seiner Gesundheit beschädigt, so kann er nach § 253 Absatz 2 BGB auch eine billige Entschädigung in Geld fordern.

61

Stützt der Arbeitnehmer hingegen seinen Schadensersatzanspruch darauf, der Arbeitgeber habe ihn widerrechtlich in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, so kann er zwar ebenfalls eine billige Entschädigung in Geld fordern. Dieser Anspruch folgt aber nicht aus § 253 Absatz 2 BGB, weil das allgemeine Persönlichkeitsrecht in dieser Bestimmung nicht aufgeführt ist, sondern unmittelbar aus § 823 Absatz 1 BGB in Verbindung mit Artikeln 1, 2 Absatz 1 GG (BAG 16. September 2016 aaO). Da bei auf Mobbing gestützten Entschädigungsklagen nicht der vermögenswerte, sondern der ideelle Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts betroffen ist, setzt der Anspruch allerdings voraus, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht handelt und dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen (BAG 16. September 2016 aaO).

62

Zusätzlich kommt auch eine Entschädigung nach § 15 AGG in Betracht.

2.

63

Einzelheiten zu den aufgezeigten Anspruchsgrundlagen können dahinstehen, da feststeht, dass keine der Anspruchsgrundlagen vollständig erfüllt ist.

64

Der Schmerzensgeldanspruch nach § 253 BGB und der Entschädigungsanspruch nach § 823 BGB in Verbindung mit Artikeln 1, 2 GG setzt eine ursächlich auf die Verletzungshandlung zurückgehende Gesundheitsbeschädigung voraus. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt. Dafür kann auf die eingehenden Ausführungen oben unter I. Bezug genommen werden.

65

Der Entschädigungsanspruch nach § 15 AGG setzt die Feststellung einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung (§ 3 Absätze 1 oder 2 AGG) oder Feststellung einer Belästigung im Sinne von § 3 Absatz 3 AGG voraus. Nach den Ausführungen oben unter I. können derartige Feststellungen im vorliegenden Falle nicht getroffen werden.

III.

66

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen, da sein Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 ZPO).

67

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision aus § 72 ArbGG sind nicht erfüllt.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 06. Dez. 2016 - 2 Sa 157/16

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 06. Dez. 2016 - 2 Sa 157/16

Referenzen - Gesetze

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 06. Dez. 2016 - 2 Sa 157/16 zitiert 17 §§.

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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


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(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

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(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis


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Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 14. April 2015 - 7 Sa 615/14 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin wegen „Mobbings“ zum Ersatz immaterieller und materieller Schäden verpflichtet ist.

2

Die Klägerin war vom 18. Juli 2001 bis zum 30. Juni 2011 bei der Beklagten, deren Gesellschafter ua. die R-Stiftung in D ist, beschäftigt. Nach § 2 des zwischen den Parteien unter dem 24. Juli 2001 geschlossenen Dienstvertrags galten für das Dienstverhältnis die „Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes“ (AVR) in ihrer jeweils geltenden Fassung. Nach § 23 AVR verfallen Ansprüche aus dem Dienstverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

3

Jedenfalls ab Januar 2008 betreute die Klägerin eine Gruppe von behinderten Menschen in der Werkstatt in M. Unter dem 28. April 2009 vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin in der Zeit vom 22. Juni 2009 bis zum 21. Januar 2011 auf Kosten der Beklagten die sonderpädagogische Zusatzqualifikation als „(Geprüfte) Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen“ erwerben sollte. Es war beabsichtigt, die Klägerin nach dem Erwerb der Zusatzqualifikation als Gruppenleiterin einzusetzen. In der von der Klägerin mitunterzeichneten Ausbildungsvereinbarung zwischen der Beklagten und der L heißt es ua.:

        

I. Ausbildung          

        

Der Landesverband führt die oben bezeichnete Bildungsmaßnahme entsprechend der im Lehrplan festgelegten Stundentafel durch.

        

Ausbildungsstätte: J.

        

II. Rücktritt/Kündigung            

        

Eine Kündigung ist mit einer Frist von 6 Wochen erstmalig zum Ende der ersten 6 Monate nach Maßnahmebeginn und danach zum Ende der jeweils nächsten 3 Monate ohne Angabe von Gründen möglich. Die bis zum Inkrafttreten der Kündigung anfallenden Kursgebühren sind zu entrichten.

        

…       

        

Bestätigung            

        

Hiermit erkenne ich diese Vereinbarung und die Teilnahmebedingungen (s. Rückseite) an und bin bereit, sie zu erfüllen.“

4

Die Klägerin nahm in der Folgezeit an der Bildungsmaßnahme teil. Ende 2009/Anfang 2010 entstanden Unstimmigkeiten zwischen der Klägerin und ihrem Vorgesetzen, dem Werkstattleiter N, die insbesondere die Frage nach der Vertretung der Klägerin während deren Teilnahme an der Bildungsmaßnahme zum Gegenstand hatten.

5

Ab dem 23. Februar 2010 sollte die Klägerin für eine Woche im Fahrdienst in der Werkstatt für Behinderte in B eingesetzt werden. Zu ihren dortigen Aufgaben gehörte es, das Mittagessen zu holen. Hierzu mussten Essenswagen in einen Bus hinein- und aus dem Bus herausgeschoben werden. Die Klägerin brach diese Arbeit bereits am ersten Tag als zu schwer ab. Ab dem nächsten Tag wurde sie wieder in der Werkstatt in M beschäftigt.

6

Anfang März 2010 kündigte Herr N die mit der L geschlossene Ausbildungsvereinbarung. Mit Schreiben vom 21. April 2010 wandte sich die Klägerin an die Direktion der R-Stiftungen. In diesem Schreiben stellte sie den Konflikt mit Herrn N aus ihrer Sicht dar und bat um Mithilfe, um die Zusatzausbildung wieder aufnehmen zu können.

7

Unter dem 18. Mai 2010 erteilte die Beklagte der Klägerin eine Abmahnung. Hierin heißt es:

        

„…    

        

am 19.01.2010 führten wir mit Ihnen ein Gespräch bezüglich Ihrer Anschuldigungen (Unstimmigkeiten) gegen Mitarbeiter der Werkstätte M.

        

Daraus resultierend bot Ihnen die Geschäftsführung die Möglichkeit einer Arbeitsprobe in B an. Dies scheiterte laut Ihrer eigenen Aussage bereits am 1. Tag.

        

Am 08. März 2010 erhielten die Werkstattleitungen Herr G, Herr N und Frau H (Sozialdienst) per Einschreiben einen Brief von Ihnen mit der Bitte um Versetzung in die Werkstätte nach L.

        

Am 19. März 2010 haben wir Ihr Arbeitstagebuch über die WfbM L erhalten.

        

Am 24.03.2010 führten wir mit Ihnen bezüglich des Arbeitstagebuches ein weiteres Gespräch. Die darin enthaltenen Anschuldigungen gegen Mitarbeiter der Werkstätte M haben zu einer erheblichen Verschlechterung des Betriebsklimas geführt. Wir erklärten Ihnen, dass bereits seit dem 2. Dezember für Sie eine Gruppenleitung und eine SPZ nicht mehr in Frage kommt.

        

Hierbei boten wir Ihnen Ihrem Wunsch entsprechend, die Versetzung nach L an.

        

...     

        

In der darauffolgenden Woche zeigten Sie sich einsichtig und erklärten Herrn N, dass Sie sich dennoch für den Standort M entscheiden würden. Somit war die Standortfrage und der besprochene Arbeitsplatz für Sie und die Werkstätten St. J geklärt.

        

...     

        

Sie haben am 21. April 2010 einen Beschwerdebrief an die R-Stiftung D geschrieben, ohne den Dienstweg einzuhalten.

        

…       

        

Sie haben durch Ihr Verhalten das Arbeitsklima und den Betriebsfrieden nachhaltig gestört, vor allem durch Ihre einseitigen zum Teil auch beleidigenden Aussagen und Verdächtigungen gegenüber Kollegen und Ihrem Vorgesetzten Herrn N.

        

Wir mahnen Sie ab und fordern Sie zukünftig auf:

                          

1.    

Den Betriebsfrieden nicht mehr zu stören

                          

2.    

Sich nicht mehr in der Öffentlichkeit über Arbeitskollegen negativ zu äußern

                          

3.    

Den Beschwerdeweg über die Geschäftsführung einzuhalten.

        

…“    

8

Die Klägerin griff diese Abmahnung mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht an und verlangte zudem ihre Beschäftigung als Gruppenleiterin sowie die Übernahme der Fortbildungskosten und ihre Freistellung durch die Beklagte. Das Verfahren wurde vor dem Arbeitsgericht unter dem Aktenzeichen - 4 Ca 1051/10 - geführt.

9

Unter dem 27. Mai 2010 mahnte die Beklagte die Klägerin erneut ab, diesmal mit der Begründung, sie habe ihre Arbeitsunfähigkeit nicht unverzüglich mitgeteilt.

10

Mit Schreiben vom 8. Dezember 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächst möglichen Termin. Die Klägerin griff diese Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage an. Dieses Verfahren wurde vor dem Arbeitsgericht unter dem Aktenzeichen - 4 Ca 1201/10 - geführt. Am 5. April 2011 schlossen die Parteien vor dem Arbeitsgericht in dem Verfahren - 4 Ca 1201/10 - zur Erledigung dieses Verfahrens sowie des Verfahrens - 4 Ca 1051/10 - einen Vergleich, mit dem das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 10.000,00 Euro mit Ablauf des 30. Juni 2011 beendet wurde. Zudem verpflichtete sich die Beklagte, die Abmahnung vom 18. Mai 2010 mit Rechtskraft des Vergleichs aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen.

11

Mit Schreiben vom 4. April 2013 und 23. April 2013 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz nach § 823 Abs. 1 BGB geltend. Zur Begründung führte sie aus, sie sei über einen langen Zeitraum Anfeindungen und Mobbing ausgesetzt gewesen, infolgedessen sie erkrankt sei. Die Beklagte lehnte eine Zahlung ab.

12

Mit ihrer am 10. September 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage sowie der am 12. Juni 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klageerweiterung verfolgt die Klägerin gegenüber der Beklagten Ansprüche auf Ersatz materiellen sowie immateriellen Schadens.

13

Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei ihr wegen „Mobbings“ zum Schadensersatz verpflichtet. Sie sei systematischen Anfeindungen und Zermürbungen ausgesetzt gewesen, aufgrund derer sie ausweislich der vorgelegten ärztlichen Atteste an Depressionen erkrankt sei. Herr N habe ihr jegliche Unterstützung bei der Organisation einer Vertretung für die Zeit ihrer Teilnahme an der Bildungsmaßnahme verweigert. Er sei wegen der von ihr in der Mitarbeiterversammlung offen geäußerten Kritik an seinem diesbezüglichen Verhalten persönlich gekränkt und beleidigt gewesen und habe diese Kritik offenbar zum Anlass genommen, sie „ins Visier zu nehmen“. Dies zeige, dass man sie sowohl durch den Entzug der Gruppe als auch durch den Abbruch der Fortbildungsmaßnahme habe abstrafen wollen. Als weitere zentrale Bestandteile des „Mobbings“ seien ua. insbesondere die unberechtigten Abmahnungen und die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte sowie ihre Versetzung nach B zu nennen. Dort sei ihr mit Absicht eine Arbeit zugewiesen worden, für die sie offenkundig und für jedermann ersichtlich körperlich völlig ungeeignet gewesen sei. Sie sei zudem mehrfach gedrängt worden, das Arbeitsverhältnis durch eine Aufhebungsvereinbarung zu beenden. Die Beklagte müsse sich das Verhalten von Herrn N sowie das ihres Geschäftsführers zurechnen lassen.

14

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.000,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihr aufgrund der streitgegenständlichen Mobbinghandlungen (des Entzugs der sonderpädagogischen Zusatzausbildung, der Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz, den Abmahnungen sowie der Kündigung) noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Versicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

15

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, etwaige Ansprüche der Klägerin seien nach § 23 AVR verfallen. Die außergerichtlichen Schreiben der Klägerin vom 4. April 2013 und 23. April 2013 wahrten die Ausschlussfrist schon deshalb nicht, weil nicht erkennbar sei, in welcher Höhe Ansprüche geltend gemacht würden. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, inwieweit etwaige Depressionen der Klägerin auf Schwierigkeiten im Betrieb oder aber auf sonstige Lebenssituationen zurückzuführen seien. Die Entscheidung, die Klägerin aus der Fortbildung herauszunehmen, beruhe ausschließlich auf der mangelnden Eignung der Klägerin als Leiterin einer Gruppe behinderter Menschen. So sei sie beispielsweise nicht in der Lage gewesen, für die Dauer ihrer Abwesenheit eine Vertretung für die Gruppe zu unterweisen, und habe in diesem Zusammenhang Herrn N in der Mitarbeiterversammlung verbal attackiert und bloßgestellt. Zudem sei es aufgrund der sprachlichen Probleme der Klägerin seit Ende 2009 vermehrt zu Reklamationen des Auftraggebers Sch gekommen. Der Klägerin seien bei Bestellungen und Dispositionen häufig Fehler unterlaufen, für die sie unberechtigterweise andere Mitarbeiter verantwortlich gemacht habe. Nach Beendigung der Fortbildung und dem Entzug der Gruppenleitung sei in mehreren Gesprächen mit Herrn N und dem Geschäftsführer versucht worden, einvernehmlich andere Einsatzgebiete für die Klägerin zu finden. Zu dem Einsatz der Klägerin im Fahrdienst der Werkstatt in B sei es gekommen, weil diese den Wunsch geäußert habe, in einer anderen Werkstatt tätig zu werden. Entgegen der Auffassung der Klägerin seien die dort zu verrichtenden Arbeiten nicht unzumutbar gewesen. Im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens habe die Klägerin schließlich mehrfach versucht, Einfluss auf die ihr zur Betreuung zugewiesenen behinderten Menschen zu nehmen und diese unter Druck gesetzt. Zudem habe die Klägerin am 24. März 2011 den psychisch behinderten Beschäftigten P beim privaten Einkauf angesprochen und ihm mitgeteilt, dass sie einen Rechtsstreit mit der Werkstatt führe. Dabei habe sie abfällig über Herrn N gesprochen. Dies habe zu einem endgültigen Vertrauensverlust geführt.

16

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist in der gebotenen Auslegung zwar zulässig; sie ist aber unbegründet.

18

I. Die Klageanträge sind in der gebotenen Auslegung zulässig.

19

1. Die Klageanträge bedürfen der Auslegung.

20

a) Das Revisionsgericht hat prozessuale Willenserklärungen selbständig auszulegen. Maßgebend sind die für Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze. Entsprechend § 133 BGB ist nicht am buchstäblichen Sinn des in der Prozesserklärung gewählten Ausdrucks zu haften, vielmehr ist der in der Erklärung verkörperte Wille zu ermitteln. Im Zweifel sind prozessuale Willenserklärungen so auszulegen, dass das gewollt ist, was aus Sicht der Prozesspartei nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Dabei sind die schutzwürdigen Belange des Prozessgegners zu berücksichtigen (vgl. etwa BAG 7. Juli 2015 - 10 AZR 416/14 - Rn. 18, BAGE 152, 108; 2. September 2014 - 3 AZR 951/12 - Rn. 34).

21

b) Die Auslegung der Klageanträge ergibt, dass die Klägerin mit dem Antrag zu 1. von der Beklagten ausschließlich Ersatz eines immateriellen Schadens iHv. 5.000,00 Euro wegen einer Verletzung ihrer Gesundheit und mit dem Antrag zu 2. die Feststellung begehrt, dass die Beklagte ihr allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen hat, der ihr aufgrund des von ihr behaupteten „Mobbings“ durch die Beklagte (des Entzugs der sonderpädagogischen Zusatzausbildung, der Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz, den Abmahnungen sowie der Kündigung) an ihrer Gesundheit noch entstehen wird.

22

aa) Die Klägerin hat sich in den Instanzen ausschließlich darauf berufen, durch die „Mobbinghandlungen“ der Beklagten in ihrer Gesundheit verletzt worden zu sein und ihre Klage zu keinem Zeitpunkt auf eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts gestützt. So hat sie beispielsweise ausgeführt, sie sei infolge der von ihr vorgetragenen „Mobbingtatbestände“ psychisch erkrankt, ihre Gesundheit sei erheblich in Mitleidenschaft gezogen worden. Zudem hat sie darauf hingewiesen, wie sich ihre finanziellen Verhältnisse infolge ihrer Arbeitsunfähigkeit, die sie auf die „Mobbinghandlungen“ zurückführt, darstellen. Auch zur Begründung der Besorgnis zukünftiger - materieller und immaterieller - Schäden hat sie sich ausschließlich auf Gesundheitsschäden und „Spätfolgen“ bezogen und dabei lediglich die aus den behaupteten Mobbinghandlungen resultierenden gesundheitlichen Folgen beschrieben. In gleicher Weise knüpfen ihre Ausführungen zum Beginn der Ausschlussfrist in § 23 AVR allein an ihre Kenntnis von ihren Gesundheitsschäden an. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Umstands, dass es Sache der klagenden Partei ist, darzulegen, welcher Schaden ersetzt werden soll, insbesondere, ob Ersatz eines materiellen oder immateriellen Schadens begehrt wird, bestand für das Landesarbeitsgericht - entgegen der in der Revision geäußerten Rechtsauffassung der Klägerin - auch keinerlei Veranlassung, auf eine Erläuterung der Klageanträge durch die Klägerin hinzuwirken.

23

bb) Dass die Klägerin mit dem Antrag zu 1. von der Beklagten ausschließlich Ersatz eines immateriellen Schadens nach § 253 Abs. 2 BGB und nicht Ersatz eines materiellen Schadens verlangt, ergibt sich bereits daraus, dass es an jeglichen Darlegungen der Klägerin zur Höhe eines materiellen Schadens fehlt. Wollte man materielle Schäden als von dem auf Zahlung gerichteten Klageantrag zu 1. erfasst ansehen, bliebe unklar, in welchem Umfang welche - materiellen oder immateriellen - Schäden jeweils ersetzt werden sollen, sodass es an der hinreichenden Bestimmtheit des Klageantrags zu 1. (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) fehlen würde mit der Folge, dass die Klage insoweit als unzulässig abzuweisen wäre. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift neben der bestimmten Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs auch einen bestimmten Antrag enthalten. Der Kläger muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung er begehrt. Er hat den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis ( § 308 ZPO ) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung ( § 322 ZPO ) zwischen den Parteien entschieden werden kann (vgl. etwa BAG 9. Juli 2013 - 1 ABR 17/12 - Rn. 14; 14. Dezember 2011 - 5 AZR 675/10 - Rn. 11). Im Übrigen verdeutlicht auch die Fassung des Klageantrags zu 2., in dem materielle Schäden ausdrücklich erwähnt werden und der insoweit einen etwaigen Anspruchsübergang auf einen Versicherungsträger oder andere Dritte berücksichtigt, dass der Klageantrag zu 1. ausschließlich auf den Ersatz immaterieller Schäden gerichtet ist. Weshalb ein etwaiger Anspruchsübergang beim Klageantrag zu 1., sollte er sich auch auf den Ersatz materieller Schäden erstrecken, keine Berücksichtigung finden sollte, hat die Klägerin nicht im Ansatz erklärt. Auch im Hinblick auf den Klageantrag zu 1. war das Landesarbeitsgericht - entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin - deshalb nicht gehalten, weiter aufzuklären, ob und ggf. welcher materielle Schaden mit diesem Zahlungsantrag geltend gemacht werden sollte.

24

2. In dieser Auslegung sind die Klageanträge zulässig, insbesondere ist das für den Klageantrag zu 2. erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO)gegeben.

25

a) Wird - wie hier - Klage auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger materieller Schäden erhoben, die aus der Verletzung eines absoluten Rechtsguts - hier: der Gesundheit - resultieren, liegt ein Feststellungsinteresse vor, wenn zukünftige Schadensfolgen möglich, ihre Art und ihr Umfang, sogar ihr Eintritt aber noch ungewiss sind (vgl. etwa BGH 26. Februar 2013 - XI ZR 445/10 - Rn. 31; 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03 - Rn. 27, BGHZ 166, 84; 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99 - zu II 2 der Gründe). Gleiches gilt im Hinblick auf die - auch von der Klägerin begehrte - Feststellung einer Ersatzpflicht für künftige immaterielle Schäden, die aus einer Gesundheitsverletzung resultieren. Das rechtliche Interesse an einer alsbaldigen Feststellung ist dann gegeben, wenn eine nicht eben entfernt liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Schadensersatzpflicht durch Auftreten weiterer, bisher noch nicht erkennbarer und voraussehbarer Leiden besteht (vgl. etwa BGH 2. Dezember 1966 - VI ZR 88/66 - zu II der Gründe).

26

b) Vorliegend steht zwar nicht fest, ob und welche Kosten aufgrund der Behandlung der von der Klägerin behaupteten psychischen Erkrankung noch entstehen werden und ob und welche Verdiensteinbußen die Klägerin dauerhaft erleiden wird. Allerdings sind derartige künftige Schadensfolgen auch nicht von vornherein ausgeschlossen. Gleiches gilt im Hinblick auf eine etwaige Ersatzpflicht der Beklagten für künftige immaterielle Schäden. Nach dem Vorbringen der Klägerin dauert ihre psychische Erkrankung an, sodass die nicht nur entfernt liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Schadensersatzpflicht durch Auftreten weiterer, bisher noch nicht erkennbarer und voraussehbarer Leiden besteht.

27

c) Der grundsätzliche Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit des Feststellungsantrags auch dann nicht entgegen, wenn die Klage wegen eines Teils des sich entwickelnden Schadens schon bei Klageerhebung hätte beziffert werden können. Eine Partei ist nicht gehalten, ihre Klage in eine Leistungs- und eine Feststellungsklage aufzuspalten, wenn ein Teil des Schadens schon entstanden und mit der Entstehung eines weiteren Schadens nach ihrem Vortrag noch zu rechnen ist (vgl. BGH 6. März 2012 - VI ZR 167/11 - Rn. 3; 8. Juli 2003 - VI ZR 304/02 - zu II 1 der Gründe).

28

II. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin rechtsfehlerfrei mit der selbständig tragenden Begründung zurückgewiesen, die von der Klägerin vorgetragenen Vorfälle seien - sowohl für sich gesehen als auch in ihrer Gesamtheit betrachtet - im Ergebnis nicht geeignet, Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche auszulösen, weil sich insbesondere weder feststellen lasse, dass die Beklagte gegen ihre vertraglichen Pflichten verstoßen habe, noch, dass ihr Verhalten einen rechtswidrigen und vorwerfbaren Angriff auf die Gesundheit der Klägerin darstelle. Auf die vom Berufungsgericht gegebene weitere selbständig tragende Begründung, es sei nicht feststellbar, ob die Klägerin den von ihr behaupteten Schaden erlitten habe und dass das Verhalten der Beklagten dafür ursächlich gewesen sei, kommt es danach ebenso wenig an wie darauf, ob etwaige Ansprüche der Klägerin verfallen oder verwirkt waren.

29

1. Das Landesarbeitsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte der Klägerin gegenüber zum Schadensersatz wegen „Mobbings“ nur verpflichtet wäre, wenn sie arbeitsvertragliche Pflichten (§ 280 Abs. 1 iVm. § 241 Abs. 2 BGB)oder die Gesundheit der Klägerin, die ein besonders geschütztes Rechtsgut iSv. § 823 Abs. 1 BGB ist, verletzt hätte.

30

a) Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen „Mobbings“ kann als vertraglicher Anspruch aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht kommen. Nach dieser Bestimmung kann der Gläubiger in dem Fall, dass der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt, Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen.

31

Nach § 241 Abs. 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Danach ist der Arbeitgeber verpflichtet, auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen, ihn vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, zu schützen und ihn keinem Verhalten auszusetzen, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. In diesem Zusammenhang ist der Arbeitgeber insbesondere zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - Rn. 18; 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - Rn. 78, BAGE 124, 295; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 70, BAGE 122, 304).

32

Der Arbeitgeber haftet dem geschädigten Arbeitnehmer gegenüber gemäß § 278 Satz 1 BGB auch für schuldhaft begangene Rechtsverletzungen, die für ihn als Erfüllungsgehilfen eingesetzte Mitarbeiter oder Vorgesetzte begehen. Dabei ist es jedoch erforderlich, dass die schuldhafte Handlung des als Erfüllungsgehilfe des Arbeitgebers handelnden Mitarbeiters in einem engen sachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben steht, die der Arbeitgeber ihm als Erfüllungsgehilfen zugewiesen hat. Ein solcher Zusammenhang ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Erfüllungsgehilfe gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers konkretisiert oder wenn er ihm gegenüber Weisungsbefugnis besitzt (vgl. etwa BAG 28. April 2011 - 8 AZR 769/09 - Rn. 46 mwN).

33

b) Ein Schadensersatzanspruch wegen „Mobbings“ kann aber auch als deliktischer Anspruch insbesondere aus § 823 Abs. 1 BGB - bzw. § 831 BGB(vgl. etwa BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 115, BAGE 122, 304) - folgen. Dabei verbietet § 823 Abs. 1 BGB nicht nur eine widerrechtliche Verletzung der in dieser Bestimmung ausdrücklich aufgeführten, besonders geschützten Rechtsgüter, ua. der Gesundheit. Auch das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht ist als „sonstiges Recht“ iSv. § 823 Abs. 1 BGB anerkannt(vgl. etwa BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 98 mwN, BAGE 122, 304; BGH 19. Mai 1981 - VI ZR 273/79 - zu B II 1 b der Gründe, BGHZ 80, 311). Auch seine widerrechtliche Verletzung kann demnach Schadensersatzansprüche auslösen. Allerdings ist zu beachten, dass die Reichweite des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wegen seiner Eigenart als Rahmenrecht nicht absolut festliegt, sondern grundsätzlich erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden muss. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist deshalb nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. etwa BGH 1. März 2016 - VI ZR 34/15 - Rn. 30; 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08 - Rn. 35; 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03 - Rn. 107 mwN, BGHZ 166, 84).

34

c) Stützt der Arbeitnehmer - wie hier - seinen Schadensersatzanspruch darauf, der Arbeitgeber habe ihn durch „Mobbing“ an seiner Gesundheit beschädigt, so kann er nach § 253 Abs. 2 BGB auch eine billige Entschädigung in Geld fordern.

35

Stützt der Arbeitnehmer hingegen seinen Schadensersatzanspruch darauf, der Arbeitgeber habe ihn widerrechtlich in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, so kann er zwar ebenfalls eine billige Entschädigung in Geld fordern. Dieser Anspruch folgt aber nicht aus § 253 Abs. 2 BGB, weil das allgemeine Persönlichkeitsrecht in dieser Bestimmung nicht aufgeführt ist, sondern unmittelbar aus § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG(vgl. etwa BAG 19. Februar 2015 - 8 AZR 1007/13 - Rn. 14; BGH 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 - Rn. 40, BGHZ 199, 237; 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 160, 298). Da bei auf „Mobbing“ gestützten Entschädigungsklagen nicht der vermögenswerte, sondern der ideelle Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts betroffen ist, setzt der Anspruch allerdings voraus, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht handelt und dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen (vgl. etwa BAG 19. Februar 2015 - 8 AZR 1007/13 - Rn. 16; BGH 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 - Rn. 38 mwN, aaO; 20. März 2012 - VI ZR 123/11 - Rn. 15; zur Verfassungsgemäßheit dieser Anforderungen BVerfG 19. Oktober 2006 - 1 BvR 152/01, 1 BvR 11 BvR 160/04 - Rn. 31, BVerfGK 9, 317).

36

2. Das Landesarbeitsgericht ist ferner zutreffend davon ausgegangen, dass nicht jede Auseinandersetzung, Meinungsverschiedenheit oder nicht gerechtfertigte Maßnahme des Arbeitgebers (zB Abmahnung, Versetzung, Kündigung) eine rechtswidrige und vorwerfbare Verletzung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers und damit eine unerlaubte Handlung oder einen Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB darstellen und dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, auch wenn sie sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, nicht geeignet sind, derartige Tatbestände zu erfüllen, weshalb es gilt, sog. folgenloses bzw. sozial- und rechtsadäquates Verhalten aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise, dh. ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers, von der rechtlichen Bewertung auszunehmen (BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 569/14 - Rn. 30, BAGE 153, 111; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 85, BAGE 122, 304).

37

Bei der Zusammenarbeit im Rahmen von Arbeitsverhältnissen kommt es typischerweise zu Konflikten und Meinungsverschiedenheiten, ohne dass die dabei zutage tretenden Verhaltensweisen des Arbeitgebers oder der Vorgesetzten bzw. Kollegen des Arbeitnehmers zwangsläufig zu einer widerrechtlichen Beeinträchtigung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers führen oder einen Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht bedeuten (vgl. BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 569/14 - Rn. 30, BAGE 153, 111; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 85, BAGE 122, 304). Die Grenze zum nicht rechts- bzw. sozialadäquaten Verhalten ist allerdings dann überschritten, wenn Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

38

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen einzelne - vom Arbeitnehmer darzulegende - Handlungen oder Verhaltensweisen von Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder des Arbeitgebers für sich allein betrachtet zwar noch keine Rechtsverletzungen darstellen, allerdings die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zur Annahme einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechts des Arbeitnehmers führt. Dann sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen, einzelne zurückliegende Handlungen oder Verhaltensweisen dürfen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (vgl. etwa BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - Rn. 17; 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - Rn. 29; 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - Rn. 59, BAGE 124, 295).

39

3. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die von der Klägerin vorgetragenen Vorfälle seien im Ergebnis nicht geeignet, Ansprüche auf Ersatz eines materiellen oder immateriellen Schadens auszulösen, da sich weder feststellen lasse, dass die Beklagte bzw. ihre Erfüllungsgehilfen gegen ihre vertraglichen Pflichten verstoßen hätten, noch, dass deren Verhalten einen rechtswidrigen und vorwerfbaren Angriff auf die Gesundheit der Klägerin darstelle, hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

40

a) Die Frage, ob ein Gesamtverhalten als eine einheitliche Verletzung von Rechten des Arbeitnehmers zu qualifizieren ist und ob einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen für sich genommen oder in der Gesamtschau einen rechtsverletzenden Charakter haben, unterliegt der revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbaren tatrichterlichen Würdigung. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Diese Würdigung darf dem Berufungsgericht nicht entzogen werden (vgl. etwa BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - Rn. 20; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06  - Rn. 63, BAGE 122, 304 ). Daher kann das Revisionsgericht nur überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles beachtet und hinreichend gewürdigt hat und ob es in die vorzunehmende Güter- und Interessenabwägung die wesentlichen Umstände des Einzelfalles in nachvollziehbarer Weise mit einbezogen hat, sowie, ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (vgl. etwa BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - Rn. 20; 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - Rn. 61, BAGE 124, 295; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 124, aaO).

41

b) Das Urteil des Landesarbeitsgerichts hält dieser eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

42

aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, die von der Klägerin vorgetragenen Vorwürfe stellten weder für sich betrachtet noch in ihrer Gesamtheit Verhaltensweisen dar, die die geltend gemachten Ansprüche begründen könnten. Im Arbeitsverhältnis der Parteien sei Ende 2009/Anfang 2010 eine Konfliktsituation aufgetreten, die von den Beteiligten nicht in angemessener Weise habe aufgelöst werden können. Soweit die Beklagte die verbalen Angriffe der Klägerin auf Herrn N sowie die Beanstandungen in der Art und Weise der Aufgabenerledigung durch die Klägerin zum Anlass genommen habe, dieser die Eignung für die ursprünglich vorgesehene Position als Gruppenleiterin abzusprechen, stehe ihr ein Beurteilungsspielraum zu. Sie sei daher berechtigt gewesen, die Klägerin nicht mehr auf dieser Position zu beschäftigen und die Fortbildungsmaßnahme, die die hierfür notwendige fachliche Eignung erst vermitteln sollte, abzubrechen. Ob die erteilten Abmahnungen formal und inhaltlich in jeder Hinsicht den rechtlichen Anforderungen genügten, sei unerheblich. Maßgeblich sei allein, dass die Beklagte sie nicht als Mittel eingesetzt habe, die Klägerin in ungerechtfertigter Weise zu disziplinieren und sie damit zu schikanieren. Die Abmahnung vom 18. Mai 2010 beruhe darauf, dass die Klägerin den Abbruch der Fortbildung nicht akzeptiert, den Beschwerdeweg über die Geschäftsführung nicht eingehalten und sich gegenüber Dritten negativ über die Beklagte geäußert habe, womit sie den Arbeitsfrieden und das Betriebsklima gestört habe. Auch die weitere Abmahnung vom 27. Mai 2010 könne nicht als Teil einer schikanösen Behandlung gewertet werden, da die Beklagte jedenfalls aus ihrer Sicht von einem Verstoß gegen die Pflicht zur unverzüglichen Krankmeldung ausgegangen sei. Das Landesarbeitsgericht hat ferner die einzelnen Gespräche gewürdigt und ist zu der Einschätzung gelangt, dass in diesen Gesprächen der bestehende Grundkonflikt der Parteien nicht habe gelöst werden können. Dabei hat es die Äußerungen von Herrn N nicht als unzulässigen Angriff auf die Gesundheit der Klägerin bewertet. Wegen der vorübergehenden Versetzung der Klägerin nach B hat das Berufungsgericht auf das Direktionsrecht des Arbeitgebers verwiesen und ausgeführt, die Beklagte habe mit der nur für eine Woche geplanten Versetzung auf die Äußerung der Klägerin reagiert, die Vertretung sei ihr „scheißegal“, zudem habe man die Maßnahme auf Beanstandung durch die Klägerin sofort rückgängig gemacht. Dass Herr G die bestehenden Probleme nicht mit der Klägerin habe besprechen wollen, stelle sich ebenfalls nicht als Teil einer gegen die Klägerin gerichteten Kampagne dar. Wenn der Geschäftsführer der Beklagten, wie die Klägerin behaupte, Herrn G verboten habe, sich in die Angelegenheit einzumischen, sei dies nicht zu beanstanden, weil der Arbeitgeber nicht verpflichtet sei, ein Vermittlungsangebot eines anderen Mitarbeiters anzunehmen. Soweit die Klägerin geltend mache, Herr N habe angeordnet, dass Kontrollzettel auszufüllen seien, sei nicht ersichtlich, inwieweit sich dies gegen die Klägerin gerichtet habe. Die Durchführung einer Leistungskontrolle sei nicht zu beanstanden, aus dem Vorbringen der Klägerin ergebe sich auch nicht, dass ausschließlich sie von der Anordnung betroffen gewesen sei. In der Äußerung von Herrn N, die Klägerin könne die Fortbildung weiter besuchen, allerdings nur auf eigene Kosten, liege ebenfalls kein Angriff auf die Klägerin. Dies sei vielmehr die konsequente Folge der Entscheidung der Beklagten, die Klägerin nicht weiter auf ihre Kosten ausbilden zu lassen. Es sei auch nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte der Klägerin, die aus ihrer Sicht „keine Ruhe geben wollte“, nahegelegt habe, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden. Ebenso wenig stelle die Äußerung von Herrn N, die Klägerin solle selbst klären, was mit ihrem Lohn sei, einen Angriff auf die Klägerin dar. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass die Beklagte sie schikaniert habe, indem sie ihr unberechtigterweise die Arbeitsvergütung vorenthalten habe. Das Vorbringen der Klägerin, auf ihrem Arbeitstisch seien ihre Arbeitssachen durcheinander gewesen, nachdem Herr N dagewesen sei, sei unsubstantiiert und beschränke sich darauf, zu behaupten, ein Dritter habe diese Behauptung aufgestellt. Das Verhalten von Herrn L sei der Beklagten nicht zuzurechnen, weil dieser nicht Vorgesetzter der Klägerin gewesen sei. Die außerordentliche Kündigung sei zwar der Endpunkt der Eskalation gewesen, sie stelle aber unabhängig davon, ob sie rechtmäßig gewesen sei, keinen rechtswidrigen Angriff gegen die Klägerin dar.

43

bb) Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts lassen revisible Rechtsfehler nicht erkennen. Das Berufungsgericht hat weder Denkgesetze noch allgemeine Erfahrungssätze verletzt, es hat auch - in sich widerspruchsfrei - alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles beachtet und hinreichend gewürdigt sowie in nachvollziehbarer Weise in die Güter- und Interessenabwägung mit einbezogen. Die von der Klägerin hiergegen erhobenen Rügen greifen nicht durch.

44

(1) Soweit die Klägerin rügt, das Landesarbeitsgericht habe nicht beachtet, dass ihre Fortbildung zur Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen aufgrund einer „Vereinbarung“ durchgeführt wurde, weshalb die Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, diesen Vertrag auf einseitige Weise, dh. ohne ihr Einverständnis zu kündigen, übersieht sie bereits, dass die von ihr mitunterzeichnete Vereinbarung eine solche Kündigungsmöglichkeit ausdrücklich vorsieht.

45

(2) Soweit sich die Klägerin im Hinblick auf ihre „Versetzung“ in den Fahrdienst der Werkstatt in B darauf beruft, das Landesarbeitsgericht habe ihr Beweisangebot für ihre Behauptung übergangen, sie sei aufgrund ihrer körperlichen Konstitution offenkundig nicht in der Lage gewesen, die Essenswagen zu transportieren, fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit der gerügten Gehörsverletzung. Das Landesarbeitsgericht hat zwar geprüft, ob sich der Versuch der Beklagten, die Klägerin für eine Woche in den Fahrdienst in B zu versetzen, als unzulässiger Angriff auf die Gesundheit der Klägerin darstellt, dies aber mit der Begründung verneint, die Versetzung sei von vornherein auf eine Woche befristet gewesen und nicht ohne Anlass erfolgt, zudem sei der Einsatz der Klägerin in B sofort abgebrochen worden, nachdem diese sich beschwert hatte, dass die Arbeit für sie zu schwer sei. Damit kam es für die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht darauf an, ob eine etwaige Überforderung der Klägerin von vornherein offenkundig war oder nicht. Diese Würdigung ist jedenfalls im Rahmen der unter Rn. 40 dargestellten eingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle nicht zu beanstanden. Insoweit wirkt sich aus, dass nicht nur Weisungen, die sich im Rahmen des dem Arbeitgeber zustehenden Direktionsrechts bewegen und die nicht auf einer schikanösen Tendenz beruhen, regelmäßig keine Rechtsgutsverletzung darstellen, sondern dass dies auch gilt für den Rahmen des Direktionsrechts überschreitende Weisungen, sofern ihnen sachlich nachvollziehbare Erwägungen des Arbeitgebers zugrunde liegen (vgl. BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 85 f., BAGE 122, 304), was das Landesarbeitsgericht angenommen hat.

46

(3) Soweit die Klägerin geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe ihren Beweisantritt für ihre Behauptung übergangen, Herr N habe sich durch ihre Äußerung in der Personalversammlung gekränkt und beleidigt gefühlt und aus diesem Grund den Plan geschmiedet, sie „ins Visier zu nehmen“, bleibt auch diese Rüge erfolglos. Die Rüge ist unzulässig. Es fehlt an der Darlegung der Erheblichkeit des Beweisantritts. Die Klägerin hat insoweit nur ihre eigenen Schlussfolgerungen aus Äußerungen des Herrn N wiedergegeben. Sie hat indes weder erläutert, welche Zeugen anlässlich des von ihr in der Berufungsbegründung in Bezug genommenen Gesprächs zwischen ihr und Herrn N am 20. Januar 2010 zugegen waren, noch hat sie dargetan, welcher der von ihr benannten Zeugen zu welchen konkreten Tatsachen und konkreten Äußerungen des Herrn N was genau bekundet hätte.

47

(4) Soweit die Klägerin geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe ihr Vorbringen übergangen, wonach sie sich in einem Gespräch am 23. Januar 2010 bei Herrn N entschuldigt habe, bleibt ihre Rüge ebenfalls erfolglos. Auch diese Rüge ist unzulässig. Eine Verfahrensrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO muss die Bezeichnung des Mangels enthalten, den die Revision geltend macht. Dabei sind strenge Anforderungen zu stellen. Das gilt auch für eine auf § 286 ZPO gestützte Rüge, das Tatsachengericht habe einen bestimmten Sachvortrag übersehen oder nicht hinreichend berücksichtigt und deshalb fehlerhafte Feststellungen getroffen. Es muss genau angegeben werden, aufgrund welchen Vortrags das Berufungsgericht zu welchen Tatsachenfeststellungen hätte gelangen müssen. Außerdem ist darzulegen, dass das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht, das Berufungsgericht also bei richtigem Verfahren möglicherweise anders entschieden hätte, sofern sich dies nicht aus der Art des gerügten Verfahrensfehlers von selbst ergibt (vgl. BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 17; 16. Oktober 2007 - 9 AZR 321/06 - Rn. 37). An einer entsprechenden Darlegung fehlt es vorliegend.

48

(5) Dasselbe gilt für die pauschalen Rügen der Klägerin, das Landesarbeitsgericht sei ihren Beweisangeboten zu den einzelnen „Mobbinghandlungen“ nicht nachgegangen, es habe verkannt, dass ihr Beweiserleichterungen bzw. Beweislastumkehrungen zugutekommen müssten und es habe den Sachverhalt auch wegen weiterer von ihr vorgebrachter Umstände unzureichend aufgeklärt.

49

(6) Soweit die Klägerin einwendet, das Landesarbeitsgericht habe verkannt, dass die Abmahnungen rechtswidrig gewesen seien und sei deshalb rechtsfehlerhaft zu der Einschätzung gelangt, in den Abmahnungen liege kein rechtswidriger Angriff gegen sie, übersieht sie, dass es für einen Schadensersatzanspruch wegen „Mobbings“ nicht darauf ankommt, ob eine Abmahnung formal und inhaltlich „in jeder Hinsicht“ den rechtlichen Anforderungen entspricht (vgl. BAG 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 51), sondern dass entscheidend ist, ob die Abmahnungen mit der Zielrichtung erfolgten, die Klägerin zu schikanieren und deshalb als Angriff auf ihre Gesundheit gewertet werden können. Auf eben diesen Gesichtspunkt hat das Landesarbeitsgericht zutreffend abgestellt und mit revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Begründung eine entsprechende Zielsetzung verneint.

50

(7) Soweit die Klägerin geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe in seinem Urteil nur einen Bruchteil der „Mobbinghandlungen“ aufgeführt, ist auch diese Rüge unzulässig. Es fehlt an der konkreten Darlegung, welchen Vortrag das Berufungsgericht übergangen haben soll und warum das Urteil hierauf beruht. Die Klägerin legt auch keine besonderen Umstände dar, aus denen sich ergibt, dass ihr Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen wurde. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Die Gerichte müssen nicht jedes Vorbringen in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich behandeln (vgl. BAG 22. März 2005 - 1 ABN 1/05  - zu II 3 a der Gründe, BAGE 114, 157 ). Allein der Umstand, dass sich die Gründe einer Entscheidung mit einem bestimmten Gesichtspunkt nicht auseinandergesetzt haben, rechtfertigt daher nicht die Annahme, das Gericht habe diesen Gesichtspunkt bei seiner Entscheidung nicht erwogen. Hierfür bedarf es vielmehr besonderer Umstände (vgl. etwa BVerfG 8. Oktober 2003 - 2 BvR 949/02  - zu II 1 a der Gründe).

51

(8) Soweit die Klägerin geltend macht, das Landesarbeitsgericht hätte sie darauf hinweisen müssen, dass sich ihrem Sachvortrag nichts Konkretes für die Frage entnehmen lasse, ob Herr N sie durch den Entzug der Fortbildungsmaßnahme schikaniert habe, bleibt auch diese Rüge erfolglos. Auch diese Rüge ist unzulässig. Will der Revisionskläger geltend machen, das Landesarbeitsgericht sei seiner Hinweispflicht nach § 139 Abs. 2 ZPO nicht nachgekommen, muss er konkret vortragen, welchen Hinweis das Landesarbeitsgericht hätte geben müssen und wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert, insbesondere welchen tatsächlichen Vortrag er gehalten oder welche für die Entscheidung erheblichen rechtlichen Ausführungen er gemacht hätte(vgl. BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 10; 19. Januar 2006 - 6 AZR 600/04 - Rn. 22, BAGE 117, 14). Daran fehlt es vorliegend.

52

(9) Aus demselben Grund sind auch alle weiteren Rügen der Klägerin, mit denen sie eine Verletzung der Hinweispflicht durch das Landesarbeitsgericht beanstandet, unzulässig. Dies gilt insbesondere für ihr Vorbringen, das Landesarbeitsgericht habe nicht ohne vorherigen Hinweis annehmen dürfen, es sei nicht als Angriff auf sie zu werten, wenn der Geschäftsführer der Beklagten es Herrn G verboten habe, sich in die Sache einzumischen, und dass es nicht verständlich sei, inwiefern die Klägerin dadurch schikaniert worden sein solle, dass man ihr die Vergütung vorenthalten habe und dass Herr N geäußert habe, sie solle selbst klären, was mit dem Lohn sei.

53

(10) Soweit die Klägerin schließlich geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe verkannt, dass die außerordentliche Kündigung unwirksam gewesen sei, und deshalb zu Unrecht einen rechtswidrigen Angriff gegen ihre Person verneint, übersieht sie, dass es nicht allein auf die Wirksamkeit der Kündigung, sondern vor allem darauf ankommt, ob diese mit der Zielrichtung ausgesprochen wurde, die Klägerin zu schikanieren und damit als Angriff auf ihre Gesundheit gewertet werden könnte. Es fehlt zudem an der Darlegung, dass die Beklagte bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht nur die von der Klägerin angenommene Rechtsunwirksamkeit der Kündigung, sondern darüber hinaus hätte erkennen können, dass die Klägerin (auch) aufgrund dieser Kündigung erkranken würde (vgl. zu diesem Erfordernis BAG 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - Rn. 34).

54

III. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Schlewing    

        

    Vogelsang    

        

    Roloff    

        

        

        

    Mallmann    

        

    Andreas Henniger    

                 

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 10. Juli 2009 - 9 Sa 348/08 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die beklagte Stadt (im Folgenden: Beklagte) verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche künftigen Schäden zu ersetzen, die er aufgrund einer vom 1. Februar bis zum 5. Mai 1995 durchgeführten Bearbeitung asbestbelasteter Bauteile erleiden sollte.

2

Der Kläger ist seit dem 1. Februar 1992 bei der Beklagten als Angestellter tätig. Von 1994 bis Mai 1995 war er bei dem Sozialamt der Beklagten in der Abteilung Obdachlosenhilfe beschäftigt und als Betreuer für Asylbewerber, Asylanten und Flüchtlinge im Asylbewerberheim A in D eingesetzt. Dieses Gebäude war bis Januar 1990 als Kindereinrichtung genutzt worden. Zum 1. Februar 1990 war diese Nutzung wegen der möglichen Freisetzung von Asbestfasern in einer die Gesundheit gefährdenden Konzentration eingestellt worden. Die Asbestkontamination der Innenwände des Gebäudes infolge der Verwendung des Baustoffes Sokalit war dem Bürgermeister der beklagten Stadt aufgrund eines Schreibens des Hochbauamtes vom 11. November 1991 bekannt.

3

Die Beklagte beabsichtigte, Anfang des Jahres 1995 das Gebäude des Asylbewerberheims grundlegend zu sanieren. Der Kläger führte mit drei weiteren Angestellten der Beklagten, drei Zivildienstleistenden sowie 12 bis 15 Asylbewerbern auf Weisung des Abteilungsleiters des Sozialamtes S sowie des Heimleiters Sch in der Zeit vom 1. Februar bis zum 5. Mai 1995 dort folgende Sanierungsarbeiten durch:

        

-       

Demontage der Rippenheizkörper,

        

-       

Abspachteln der aufgeblühten Wandoberflächen,

        

-       

Entfernen vorhandener Tapetenreste,

        

-       

Aufbringen der Klebemasse,

        

-       

Anbringen von Gipskartonplatten auf den Wänden,

        

-       

Verspachteln der Fugen zum Aufbringen eines Farbanstrichs.

4

Insgesamt leisteten die eingesetzten Personen etwa 800 Arbeitsstunden. Eine besondere Aufklärung über die Art und Weise der durchzuführenden Tätigkeiten sowie die Anweisung zum Tragen von Schutzbekleidung und Atemschutzgeräten erfolgte nicht.

5

Anfang Mai 1995 wies ein Mitarbeiter eines Bauunternehmens, der Folgearbeiten abstimmen sollte, den Kläger darauf hin, dass bei den Sanierungsarbeiten asbesthaltiger Staub freigesetzt werde und derartige Arbeiten nur von spezialisierten Unternehmen ausgeführt werden dürften. Der Kläger leitete diese Information an den zuständigen Abteilungsleiter S weiter. Dieser erklärte, das Vorhandensein asbesthaltigen Materials sei allgemein bekannt und drängte auf die Fortsetzung der Arbeiten.

6

Einer der beteiligten Zivildienstleistenden schaltete daraufhin das staatliche Gewerbeaufsichtsamt D ein. Dieses stellte fest, dass durch das Abkratzen und Abschaben der verbauten Sokalitverkleidungen eine extreme Exposition von Asbestfasern aus dem lockeren Faserverband bewirkt worden sei. Materialproben der Sokalitplatten ergaben einen Fasergehalt von bis zu 40 % Chrysotilasbest. Das Gewerbeaufsichtsamt verfügte am 5. Mai 1995 die sofortige Einstellung der Arbeiten und die Versiegelung des Gebäudes.

7

Anlässlich einer Erkrankung des Klägers im Jahre 2006 vermutete der behandelnde Arzt das Vorhandensein von Krebserregern als Auslöser. Dieser Verdacht, der sich letztlich nicht bestätigte, veranlasste den Kläger, sich näher mit der Problematik auseinanderzusetzen, ob die damaligen Sanierungsarbeiten, während derer er Asbestfasern eingeatmet hatte, für ihn das Risiko einer Krebserkrankung erhöht haben oder in Zukunft zum Ausbruch einer Krebserkrankung führen könnten.

8

Mit Anwaltsschreiben vom 6. September 2006 ließ der Kläger die Beklagte auffordern, ihre uneingeschränkte Schadensersatzpflicht dem Grunde nach für alle materiellen und immateriellen Schäden, die ihm aufgrund der in der Zeit vom 1. Februar bis 5. Mai 1995 geleisteten Sanierungsarbeiten im Asylbewerberheim D, A, entstanden sind und noch entstehen werden, anzuerkennen. Die Beklagte lehnte eine Haftung unter Hinweis auf den Haftungsausschluss nach § 104 Abs. 1 SGB VII mit Schreiben vom 20. Dezember 2006 ab.

9

Der Kläger meint, die die Sanierung anordnenden leitenden Mitarbeiter der Beklagten hätten seine gesundheitliche Schädigung zumindest billigend in Kauf genommen. Da die eingeatmeten Staubfasern dauerhaft in seinem Körper verblieben, sei durch die Sanierungsarbeiten das Risiko einer zukünftigen Erkrankung an Asbestose sowie der Ausbildung von Brustfell- und Lungentumoren begründet worden. Ein das Risiko einer Krebserkrankung ausschließender staubanalytischer Grenzwert bezüglich der Anzahl der Asbestkörperchen pro Kubikzentimeter Lungengewebe könne wissenschaftlich nicht definiert werden. Bereits eine einzige Asbestfaser im Lungengewebe könne ausreichen, den Krebs zu erzeugen.

10

Der Kläger ist der Ansicht, das Einatmen gesundheitsgefährdender, insbesondere krebserregender Stoffe aus asbesthaltigen Materialien für die Dauer von etwa drei Monaten stelle unabhängig von einem darauf beruhenden tatsächlichen Ausbruch einer Krebserkrankung bzw. Begünstigung einer anderweitigen Krankheit eine Gesundheitsverletzung iSd. § 823 Abs. 1 BGB dar. Bei dem eingeatmeten Chrysotilasbest handele es sich um einen körperfremden Giftstoff. Die Asbestfasern hakten sich im Lungengewebe ein. Bereits dies stelle einen vom normalen und gesunden Organzustand abweichenden Zustand dar. Körpereigene Zellen - sogenannte Fresszellen - versuchten die Fasern zu entfernen und würden hierbei überstrapaziert und zerstört. Hierdurch komme es zu einer schnellen Zellvermehrung, wodurch die Wahrscheinlichkeit von Zellmutationen und damit die Entstehung von Krebszellen erheblich gesteigert werde. Da es nach wissenschaftlichen Erkenntnissen durchschnittlich 34,5 Jahre dauere, bis nach einer Asbestbelastung ein Tumor entstehe, wäre ihm zum Zeitpunkt eines eventuellen Erkrankungsausbruches eine Beweisführung zu den Umständen seines Arbeitseinsatzes und zur Intensität der Asbestbelastung nicht mehr oder nur noch unter äußerst erschwerten Bedingungen möglich. Daher gebiete die verfassungsrechtlich geschützte Rechtsschutzgarantie eine Feststellung der Schadensersatzpflicht bereits ohne konkrete Anzeichen einer asbestbedingten Krebserkrankung.

11

Letztlich meint der Kläger, es lägen auch die Voraussetzungen einer körperlichen Misshandlung iSv. § 223 StGB vor.

12

Der Kläger hat in der Revisionsinstanz beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, welche er aufgrund der nach Weisung der Beklagten im Zeitraum vom 1. Februar bis 5. Mai 1995 an asbestfaserhaltigen Bauteilen im damaligen Asylbewerberheim in D, A, ausgeführten Arbeiten erleidet, unter Zugrundelegung einer Haftungsquote von 100 % zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie behauptet, die die Sanierungsarbeiten anordnenden Mitarbeiter S und Sch hätten mit der Anordnung ihre Befugnisse überschritten. Zwar habe dem Abteilungsleiter S die Dienstaufsicht und der konkrete Einsatz der Mitarbeiter des Sozialamtes oblegen, die Anordnung der Durchführung von Sanierungsarbeiten habe aber nicht zu seinem Aufgabenbereich gehört. Wegen der Befugnisüberschreitung seien auch arbeitsrechtliche Schritte gegen die handelnden Mitarbeiter ergriffen worden.

14

Die Beklagte bestreitet, dass die anordnenden Mitarbeiter vorsätzlich gehandelt haben. So habe insbesondere auch niemand den Eintritt eines Gesundheitsschadens bei dem Kläger billigend in Kauf genommen. Daher stünde einem Schadensersatzanspruch des Klägers bereits der Haftungsausschluss des § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII entgegen. Außerdem lägen keine begründeten Anhaltspunkte dafür vor, dass bei dem Kläger als Folge des Umstandes, dass er asbesthaltiger Luft ausgesetzt gewesen sei, ein Gesundheitsschaden eingetreten sei. Auch habe der Kläger keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen den behaupteten Gesundheitsschäden und den im Jahre 1995 durchgeführten Sanierungsarbeiten dargelegt.

15

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

17

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Voraussetzung für den deliktischen Anspruch sei, dass der Kläger darlege und beweise, dass ein Personenschaden (Gesundheitsschaden) durch ein schuldhaft pflichtverletzendes Handeln der Beklagten bzw. einer für diese betrieblich tätigen Person zumindest fahrlässig verursacht worden sei. Der Kläger habe zwar ein zumindest fahrlässiges Verhalten der Mitarbeiter der Beklagten dargelegt, welches diese sich nach § 831 BGB zurechnen lassen müsse. Dieses könnte auch zu einer Gesundheitsverletzung bei ihm führen. Für eine solche Gesundheitsverletzung im Sinne einer Störung der physischen, psychischen oder mentalen Befindlichkeit mit Krankheitscharakter gebe es jedoch keine begründeten Anhaltspunkte. Es fehle an einem medizinischen Untersuchungsergebnis, aus dem auf eine physische oder psychische Krankheit des Klägers geschlossen werden könne. Die Ansicht des Klägers, dass jeder, der über eine gewisse Zeit asbesthaltige Raumluft einatme, unweigerlich eine Gesundheitsverletzung erleide, überzeuge nicht. Allein die subjektive Vermutung bzw. Befürchtung des Klägers, bei ihm hätten sich Asbestfasern im Lungengewebe verhakt, genüge nicht, um auf das Vorliegen eines Gesundheitsschadens bei ihm schließen zu können. Die Feststellung, ob der Straftatbestand des § 223 StGB erfüllt sei, falle nicht in die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen.

18

II. Die Revision des Klägers ist zulässig.

19

Sie ist gemäß § 74 Abs. 1 ArbGG frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.

20

1. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist dem Kläger am 20. August 2009 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 18. September 2009, eingegangen an demselben Tag, hat der Kläger unter Beifügung der erforderlichen Anlagen die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Revisionsverfahren nebst der Beiordnung von Rechtsanwalt H beantragt. Mit Beschluss des Senats vom 21. Oktober 2009, dem Kläger am 2. November 2009 zugestellt, ist dem Kläger für das Revisionsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt H beigeordnet worden.

21

Die Revisionsschrift des Klägers vom 10. November 2009 ist am 11. November 2009 eingegangen. Sie enthält den Antrag, ihm gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Revision Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

22

2. Dem Kläger war die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 ZPO zu gewähren. Er war ohne sein Verschulden verhindert, die einmonatige Revisionsfrist des § 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG(Notfrist, § 548 ZPO) und die zweimonatige (§ 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) Frist zur Begründung der Revision einzuhalten. Als unverschuldete Verhinderung ist die Bedürftigkeit der Partei anzusehen, wenn diese innerhalb der Rechtsmittelfrist einen vollständigen Prozesskostenhilfeantrag stellt (vgl. BAG 20. Januar 2010 - 5 AZR 106/09 - AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 120 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 17).

23

III. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Ob dem Kläger der geltend gemachte Feststellungsanspruch zusteht, konnte der Senat aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen allerdings nicht gemäß § 563 Abs. 3 ZPO selbst entscheiden.

24

1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das nach § 256 ZPO für Feststellungsklagen erforderliche Feststellungsinteresse gegeben.

25

a) Das besondere Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO muss als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens und auch noch in der Revisionsinstanz gegeben sein. Sein Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen (BAG 19. August 2004 - 8 AZR 349/03 - AP SGB VII § 104 Nr. 4).

26

Dieses besondere Feststellungsinteresse ist bei einer Klage auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger Schäden grundsätzlich dann gegeben, wenn Schadensfolgen in der Zukunft möglich sind, auch wenn ihre Art, ihr Umfang und sogar ihr Eintritt noch ungewiss sind. Es muss allerdings eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen Schadenseintritt bestehen (BAG 19. August 2004 - 8 AZR 249/03 - mwN, AP SGB VII § 104 Nr. 4).

27

Das bedeutet, dass ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung iSd. § 256 Abs. 1 ZPO wegen eines erst künftig aus einem Rechtsverhältnis erwachsenden Schadens angenommen werden kann, wenn nach der Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge der Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich ist(BGH 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92 - mwN, NJW 1993, 648).

28

b) Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen ist ein Feststellungsinteresse des Klägers gegeben. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, dass eine Gesundheitsverletzung des Klägers derzeit nicht vorliegt, stehen dem nicht entgegen.

29

aa) Ausweislich der Feststellungen des Arbeitsgerichts im Tatbestand, auf welche im Berufungsurteil ausdrücklich verwiesen wird, ist unstreitig, dass der Kläger bei seiner Beteiligung an den Sanierungsarbeiten Asbestfasern eingeatmet hat, dass das Einatmen asbesthaltiger Raumluft für die Dauer von ca. 100 Stunden zu Ablagerungen von Asbestfasern im Lungengewebe führt und dass hierdurch die Risiken einer chronischen Entzündung in der Lunge und der Ausbildung von Krebszellen erhöht werden. Weiterhin ist ausweislich der Feststellungen unstreitig, dass ein staubanalytischer Grenzwert für die Anzahl der eine Asbesterkrankung auslösenden Asbestpartikel nicht definiert werden kann, dass aber das Risiko einer solchen Erkrankung mit der Intensität und der Dauer der Einatmung asbesthaltiger Luft ansteigt.

30

bb) Damit steht zwar nicht fest, dass beim Kläger durch die Asbestbelastung bereits eine Gesundheitsschädigung eingetreten ist. Allerdings besteht nach der allgemeinen Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge eine gewisse, dh. hinreichende Wahrscheinlichkeit für den Eintritt einer solchen. Dies folgt zum einen daraus, dass nach § 1 iVm. Anlage 1 Nr. 4103, 4104 und 4105 der Berufskrankheitenverordnung vom 31. Oktober 1997 durch Asbeststaub verursachte Erkrankungen als Berufskrankheiten anerkannt sind und somit auch der Verordnungsgeber davon ausgeht, dass Asbestbelastungen Erkrankungen hervorrufen können. Zum anderen ist auch die Schließung der Kindereinrichtung und die durch das Gewerbeaufsichtsamt angeordnete Einstellung der Arbeiten an dem fraglichen Gebäude in D, A, wegen Asbestbelastung ein Anhaltspunkt für das erhebliche Gesundheitsrisiko von dort zu verrichtenden Arbeiten unter Asbeststaubbelastung. Letztlich war die Tätigkeit des Klägers im Asylbewerberheim vom 1. Februar bis 5. Mai 1995 auch nicht von solch kurzer Dauer, dass eine Gesundheitsschädigung nach allgemeiner Lebenserfahrung als unwahrscheinlich anzusehen wäre.

31

2. Ob eine Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen eines Verstoßes der Beklagten gegen ihre arbeitsvertraglichen Schutzpflichten (§ 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 618 Abs. 1 BGB) wegen des Haftungsausschlusses nach § 636 Abs. 1 Satz 1 RVO unbegründet ist, kann der Senat aufgrund der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht entscheiden.

32

a) Entgegen der Auffassung der Parteien ist hinsichtlich eines Haftungsausschlusses § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII nicht anwendbar. Diese Bestimmung ist erst zum 1. Januar 1997 in Kraft getreten. Für vor diesem Zeitpunkt liegendes Unfallgeschehen kann sich ein Haftungsausschluss deshalb nur aus §§ 636 ff. RVO in der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Fassung (im Folgenden nur: RVO) ergeben.

33

b) Gemäß § 636 Abs. 1 Satz 1 RVO ist der Unternehmer den in seinem Unternehmen tätigen Versicherten zum Ersatz des durch einen Arbeitsunfall erlittenen Personenschadens nach anderen gesetzlichen Vorschriften nur dann verpflichtet, wenn er den Arbeitsunfall vorsätzlich herbeigeführt hat oder wenn der Arbeitsunfall bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr eingetreten ist.

34

aa) Die beklagte Stadt ist Unternehmer (vgl. BGH 22. Februar 1989 - III ZR 234/88 - VersR 1990, 404; OLG Dresden 14. Oktober 1998 - 6 U 1485/98 - NJW-RR 1999, 902; LG Fulda 9. April 1987 - 2 O 389/86 - NJW-RR 1987, 1438). Der Kläger ist ein im Unternehmen der Beklagten tätiger Versicherter iSd. § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO.

35

bb) Ob ein Arbeitsunfall anzuerkennen ist, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Nach § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO gelten Berufskrankheiten als Arbeitsunfälle. Berufskrankheiten sind allerdings nur solche Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet hat. Nach § 1 iVm. Anlage 1 Nr. 4103, 4104 und 4105 der Berufskrankheitenverordnung vom 31. Oktober 1997 sind als Berufskrankheiten ua. anerkannt:

        

- Nr. 4103

Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) oder durch Asbeststaub verursachte Erkrankungen der Pleura,

        

- Nr. 4104

Lungenkrebs oder Kehlkopfkrebs

                          

-       

in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose),

                          

-       

in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung der Pleura oder

                          

-       

bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren (25 x 106 [(Fasern/m3) x Jahre]),

        

- Nr. 4105

durch Asbest verursachtes Mesotheliom des Rippenfells und des Bauchfells oder des Perikards.

36

Die vom Kläger dargelegten befürchteten asbeststaubbedingten Erkrankungen entsprechen den Erkrankungen der Nr. 4103 bis 4105 der Anlage 1 zu § 1 der Berufskrankheitenverordnung und sind somit Berufskrankheiten iSv. § 551 Abs. 1 RVO.

37

cc) Der Ausschluss der Haftung entfällt lediglich im Falle einer vorsätzlichen Herbeiführung des Arbeitsunfalls durch den Unternehmer (§ 636 Abs. 1 Satz 1 RVO).

38

Die Beklagte als Gebietskörperschaft kann als juristische Person des öffentlichen Rechts Arbeitsunfälle nicht selbst verursachen. Eine solche Verursachung kann nur durch die für sie handelnden Personen erfolgen. Als solche kommen für eine juristische Person deren Organe, gesetzlichen Vertreter sowie Verrichtungs- und Erfüllungsgehilfen in Betracht.

39

Die Regelungen des Unfallversicherungsrechts bezwecken zum einen den Schutz des Arbeitnehmers. Diesem steht bei einem Arbeitsunfall stets ein leistungsfähiger Schuldner gegenüber. Er ist in der Lage, schnell und wirksam die zur Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit und der wirtschaftlichen Sicherung des Arbeitnehmers erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die Ansprüche des Arbeitnehmers werden ohne Verzögerung durch langwierige Streitigkeiten über Verschulden und Mitverschulden und ohne Prozessrisiko von Amts wegen festgestellt. Zum anderen dient der Haftungsausschluss nach §§ 636 ff. RVO auch dem Arbeitgeber. Dieser soll von der zivilrechtlichen Schadensersatzpflicht freigestellt werden, weil allein die Arbeitgeber die Aufwendungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu tragen haben. Durch die Haftungsersetzung wird das Risiko von Arbeitsunfällen für den Arbeitgeber kalkulierbar. Weiterhin soll der Haftungsausschluss sicherstellen, dass gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer um die Haftung aus Arbeitsunfällen nicht den Betriebsfrieden gefährden. Wenn der Haftungsausschluss auch nicht schlechthin den Frieden zwischen den Arbeitsvertragsparteien garantieren kann, so ist er doch geeignet, Anlässe zu Konflikten im Betrieb einzuschränken. Dass der Haftungsausschluss Schadensersatzansprüche aus vorsätzlicher Verletzung des Arbeitnehmers nicht erfasst, rechtfertigt sich aus der Rücksicht auf den Unrechtsgehalt der Tat (vgl. BVerfG 7. November 1972 - 1 BvL 4/71, 1 BvL 17/71, 1 BvL 10/72, 1 BvR 355/71 - BVerfGE 34, 118 = AP RVO § 636 Nr. 6).

40

Dem Arbeitnehmer ist ein Ausschluss von den Schadensersatzansprüchen nicht mehr zuzumuten, wenn er durch ein vorsätzliches Verhalten des Unternehmers, also durch ein besonders zu missbilligendes Verhalten, geschädigt worden ist. Eine Privilegierung des Unternehmers muss deshalb gegenüber dem geschädigten Arbeitnehmer in einem solchen Falle ausscheiden.

41

dd) Der Unternehmer hat nach § 278 Satz 1 BGB allerdings das Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, derer er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten gegenüber dem Arbeitnehmer bedient(Erfüllungsgehilfen), in gleichem Umfange zu vertreten, wie eigenes Verschulden.

42

Dies widerspricht nicht dem Sinn und Zweck der Haftungsprivilegierung des § 636 Abs. 1 Satz 1 RVO. Der Grund dafür, dass nach § 278 Satz 1 BGB der Schuldner, der sich bei der Erbringung seiner Leistung der Hilfe eines Dritten bedient, für dessen Verschulden einzustehen hat, liegt darin, dass der Geschäftskreis des Schuldners und damit sein eigener Risikobereich durch die Einschaltung einer solchen Hilfsperson eine Erweiterung erfährt(BGH 8. Februar 1974 - V ZR 21/72 - BGHZ 62, 119). § 278 BGB will den Gläubiger vor möglichen haftungsausschließenden Folgen einer arbeitsteiligen Wirtschaft schützen. Der Schuldner soll sich der Haftung für Leistungsstörungen nicht dadurch entziehen können, dass er Gehilfen einsetzt (BGH 27. Juni 1985 - VII ZR 23/84 - BGHZ 95, 128). Für die Haftung des Schuldners nach § 278 Satz 1 BGB ist es insbesondere nicht von Bedeutung, ob er bei der Auswahl, Anleitung, Unterweisung oder Beaufsichtigung des Dritten die erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt oder gelassen hat. Er muss das Risiko eines fehlerhaften Verhaltens seines Erfüllungsgehilfen deshalb tragen, weil dieser objektiv eine Aufgabe übernimmt, die im Verhältnis zum Gläubiger dem Schuldner selbst obliegt (BGH 8. Februar 1974 - V ZR 21/72 - aaO). Dieser, das gesamte Vertragsrecht beherrschende Grundsatz erfährt durch § 636 Abs. 1 Satz 1 RVO nur insoweit eine Einschränkung, als der Unternehmer nicht für die fahrlässige Verursachung eines Arbeitsunfalls durch ihn selbst oder durch seinen Erfüllungsgehilfen haftet. Ist allerdings der Arbeitsunfall des Versicherten (dh. des Arbeitnehmers) durch ein vorsätzliches Verhalten, also ein besonders zu missbilligendes Verhalten eines Erfüllungsgehilfen verursacht worden, gebieten Sinn und Zweck des § 636 Abs. 1 Satz 1 RVO nicht, zugunsten des Unternehmers, der nicht in persona tätig geworden ist, weil er dies nicht wollte oder nicht konnte(zB bei einer juristischen Person als Unternehmer), die Haftungszurechnungsnorm des § 278 Satz 1 BGB nicht anzuwenden. Eine solche, im Übrigen auch durch den Gesetzeswortlaut nicht gebotene Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 278 Satz 1 BGB wäre dem geschädigten Arbeitnehmer auch aufgrund des Unrechtsgehalts der Tat nicht zumutbar.

43

Auch der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in seiner Entscheidung vom 8. Dezember 1970 (- 1 AZR 81/70 - AP RVO § 636 Nr. 4 = EzA BGB § 611 Gefahrgeneigte Arbeit Nr. 6) keine Bedenken gegen eine Anwendbarkeit des § 278 BGB im Rahmen des § 636 RVO bei der Verursachung eines Arbeitsunfalls durch einen Erfüllungsgehilfen erkennen lassen(ebenso: LAG Rheinland-Pfalz 8. September 2004 - 10 Sa 263/04 -; LAG Schleswig-Holstein 2. Juni 2009 - 5 Sa 41/09 - LAGE § 104 SGB VII Nr. 2 zu §§ 104 f. SGB VII).

44

ee) Die Beklagte bediente sich zur Erfüllung ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Kläger ua. des Abteilungsleiters S. Diesem oblag die Dienstaufsicht und der konkrete Einsatz der Mitarbeiter des Sozialamtes. Damit war er Vorgesetzter des Klägers. Ob er sich im konkreten Streitfalle bei der Anweisung des Arbeitseinsatzes des Klägers innerhalb der ihm zustehenden Befugnisse gehalten hat, ist für seinen Status als Erfüllungsgehilfe der Beklagten ohne Belang. Die Stellung als Erfüllungsgehilfe erlischt nämlich nicht dadurch, dass der durch den Arbeitgeber mit gegenüber dem Arbeitnehmer unbeschränkter Weisungsbefugnis ausgestattete Vorgesetzte die ihm im Innenverhältnis eingeräumten Befugnisse überschreitet. Eine solche Überschreitung wird im Regelfalle immer vorliegen, wenn der Vorgesetzte Weisungen erteilt, durch welche der Arbeitnehmer Schäden erleidet, da nicht anzunehmen ist, dass solche Weisungen sich im Rahmen der dem Vorgesetzten vom Arbeitgeber eingeräumten Befugnisse halten.

45

ff) Nach § 278 BGB hat die Beklagte das Verschulden des Abteilungsleiters wie eigenes zu vertreten.

46

Der Arbeitgeber haftet dem geschädigten Arbeitnehmer gegenüber gemäß § 278 Satz 1 BGB für schuldhaft begangene Rechtsverletzungen, die für ihn als Erfüllungsgehilfen eingesetzte Mitarbeiter oder Vorgesetzte begehen(allgemeine Meinung; vgl. BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7). Dabei ist es jedoch erforderlich, dass die schuldhafte Handlung des als Erfüllungsgehilfe des Arbeitgebers handelnden Mitarbeiters in einem engen sachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben steht, die der Arbeitgeber ihm als Erfüllungsgehilfen zugewiesen hat. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Erfüllungsgehilfe gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers konkretisiert bzw. wenn er ihm gegenüber Weisungsbefugnis besitzt (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - aaO).

47

Die Beklagte hatte die sich aus § 618 Abs. 1 BGB ergebende arbeitsvertragliche Verpflichtung, die unter ihrer Anordnung vom Kläger vorzunehmenden Dienstleistungen so zu regeln, dass dieser gegen Gefahren für Leben und Gesundheit so weit geschützt war, als es die Natur der Dienstleistung gestattete. Daraus ergab sich für die Beklagte die Pflicht, den Kläger nicht mit Tätigkeiten zu beauftragen, bei denen er mit Asbestfasern in Kontakt kam, so dass für ihn die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bestand. Da die Beklagte den Arbeitseinsatz des Klägers durch dessen Abteilungsleiter S, der auch die Dienstaufsicht über den Kläger besaß, anordnen ließ, hat sie sich dessen Verschulden zurechnen zu lassen, wenn dieser den Kläger zu arbeitsvertraglich unzulässigen Arbeiten mit asbesthaltigen Materialien angewiesen hat.

48

Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war dem Abteilungsleiter S das Vorhandensein asbesthaltigen Materials im Asylbewerberheim bekannt. Dennoch drängte er auf die Fortsetzung der Sanierungsarbeiten durch den Kläger. Deshalb steht fest, dass der Abteilungsleiter den Kläger vorsätzlich mit Tätigkeiten betraut hat, bei denen er mit gesundheitsgefährdenden Materialien in Berührung kam.

49

Damit ist aber noch nicht zwingend davon auszugehen, dass der Abteilungsleiter als Erfüllungsgehilfe der Beklagten und damit letztlich die Beklagte einen möglicherweise noch eintretenden Arbeitsunfall in Form eines Gesundheitsschadens des Klägers aufgrund der Asbestbelastung vorsätzlich iSd. § 636 Abs. 1 Satz 1 RVO verschuldet hat.

50

Allein der Verstoß gegen zugunsten des Arbeitnehmers bestehende Schutzpflichten indiziert keinen Vorsatz bezüglich der Herbeiführung eines Arbeitsunfalls iSd. § 636 Abs. 1 RVO. Ein solcher ist nur dann vorsätzlich herbeigeführt, wenn dieser gewollt war (dolus directus) oder sein Eintritt billigend in Kauf genommen wurde (dolus eventualis, vgl. BAG 31. Oktober 1991 - 8 AZR 637/90 - EzB RVO §§ 636, 637 Nr. 5). Der Vorsatz des Schädigers muss nämlich nicht nur die Verletzungshandlung, sondern auch den Verletzungserfolg umfassen. Demnach verbietet es sich, die vorsätzliche Pflichtverletzung mit einer ungewollten Unfallfolge mit einem gewollten Arbeitsunfall gleichzubehandeln (vgl. BAG 19. Februar 2009 - 8 AZR 188/08 - AP SGB VII § 105 Nr. 4 = EzA SGB VII § 105 Nr. 5). Diese Rechtsprechung zu §§ 636, 637 RVO ist auch entsprechend auf die Haftungsfreistellung nach §§ 104, 105 SGB VII erstreckt worden(vgl. BAG 19. August 2004 - 8 AZR 349/03 - AP SGB VII § 104 Nr. 4 = EzA SGB VII § 104 Nr. 2; 19. Februar 2009 - 8 AZR 188/08 - aaO).

51

gg) Ob eine vorsätzliche Herbeiführung eines möglichen Arbeitsunfalls des Klägers in Form einer Gesundheitsschädigung aufgrund der angeordneten Arbeiten unter Asbestbelastung durch den Abteilungsleiter des Klägers im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung vorgelegen hat, kann der Senat nicht feststellen. Dies ist Aufgabe des Berufungsgerichts als Tatsacheninstanz. Aus diesem Grunde war die Sache gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Dieses wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Schulz    

        

    Wroblewski    

                 

(1) Unternehmer sind den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Ein Forderungsübergang nach § 116 des Zehnten Buches findet nicht statt.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Personen, die als Leibesfrucht durch einen Versicherungsfall im Sinne des § 12 geschädigt worden sind.

(3) Die nach Absatz 1 oder 2 verbleibenden Ersatzansprüche vermindern sich um die Leistungen, die Berechtigte nach Gesetz oder Satzung infolge des Versicherungsfalls erhalten.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 34/15
Verkündet am:
1. März 2016
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB § 823 (Ah); § 1004; TMG § 7; § 10; ZPO § 138

a) Ein Hostprovider ist zur Vermeidung einer Haftung als mittelbarer Störer
grundsätzlich nicht verpflichtet, die von den Nutzern ins Netz gestellten Beiträge
vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen.
Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von den Rechtsverletzungen
erlangt.

b) Ist der Hostprovider mit der Behauptung eines Betroffenen konfrontiert, ein
von einem Nutzer eingestellter Beitrag verletze ihn in seinem Persönlichkeitsrecht
, und ist die Beanstandung so konkret gefasst, dass der Rechtsverstoß
auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden
kann, so ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter
Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten
Beitrag Verantwortlichen erforderlich.

c) Zur Bestimmung, welcher Überprüfungsaufwand vom Hostprovider im Einzelfall
zu verlangen ist, bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung, bei
der die betroffenen Grundrechte der Beteiligten zu berücksichtigen sind.
Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der angezeigten
ECLI:DE:BGH:2016:010316UVIZR34.15.0

Rechtsverletzung sowie den Erkenntnismöglichkeiten des Providers zu. Zu berücksichtigen sind aber auch Funktion und Aufgabenstellung des vom Provider betriebenen Dienstes sowie die Eigenverantwortung des für die persönlichkeitsbeeinträchtigende Aussage unmittelbar verantwortlichen - ggf. zulässigerweise anonym auftretenden - Nutzers.
d) Der vom Betreiber eines Arztbewertungsportals verlangte Prüfungsaufwand darf den Betrieb des Portals weder wirtschaftlich gefährden noch unverhältnismäßig erschweren, hat aber zu berücksichtigen, dass eine gewissenhafte Prüfung der Beanstandungen von betroffenen Ärzten durch den Portalbetreiber eine entscheidende Voraussetzung dafür ist, dass die Persönlichkeitsrechte der (anonym oder pseudonym) bewerteten Ärzte beim Portalbetrieb hinreichend geschützt sind. BGH, Urteil vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15 - OLG Köln LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Stöhr, die Richterin von Pentz, den Richter Offenloch und die Richterin Dr. Oehler
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. Dezember 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, die Verbreitung einer in einem Arztbewertungsportal von einem Dritten abgegebenen Bewertung zu unterlassen.
2
Der Kläger ist Zahnarzt und betreibt eine Zahnarztpraxis mit insgesamt zehn Ärzten und 60 nichtärztlichen Angestellten. Die Beklagte unterhält unter der Internetadresse www.jameda.de einen Internetdienst, in dem Interessierte bei Eingabe bestimmter Suchkategorien, wie etwa medizinischer Fachgebiete, Informationen über Ärzte aufrufen können. Registrierten Nutzern wird darüber hinaus die Möglichkeit geboten, die Tätigkeit von Ärzten zu bewerten. Bewertungen , die diese Nutzer in dem Bewertungsportal ohne Nennung ihres Klarnamens platzieren können, erfolgen durch die Vergabe von Schulnoten für die vorformulierten Kategorien "Behandlung", "Aufklärung", "Vertrauensverhältnis", "genommene Zeit" und "Freundlichkeit". Ferner hat der Bewertende die Möglichkeit , in einem Freitextfenster zusätzliche, den Arzt betreffende Kommentare in eigenen Worten niederzulegen.
3
Unter dem 10. August 2013 stellte ein anonymer Nutzer in der Rubrik "Bewertung für Dr. H. [Nachname des Klägers]" eine den Kläger betreffende Bewertung in das Portal der Beklagten ein. Nach dem hervorgehobenen Hinweis "Ich kann Dr. H. [Nachname des Klägers] nicht empfehlen" bemerkte der Nutzer: "Leider ist es einfach, eine positive Bewertung zu schreiben, eine negative dagegen ist - auch rechtlich - schwierig, weshalb ich für die Bewertung auf die Schulnotenvergabe verweise, welche ich mir sorgfältigst überlegt habe".
4
Im folgenden Abschnitt "Notenbewertung dieses Patienten" wurde die Gesamtnote 4,8 genannt, die sich aus den von dem genannten Nutzer in den vorbezeichneten fünf Kategorien vergebenen Einzelnoten, darunter jeweils die Note 6 für "Behandlung", "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis", ergab.
5
Der Kläger wandte sich hierauf an die Beklagte und teilte ihr mit, er widerspreche "der […] unbegründeten und unsubstantiierten Bewertung", die ihn verunglimpfe. Er kündigte an, "sowohl gegen Jameda als auch gegen den schmähenden (fraglichen) Patienten rechtlich […] vorzugehen, wenn die Schmähung nicht innerhalb von 48 Stunden entfernt" werde. Die Beklagte entfernte den Beitrag zunächst, stellte ihn dann jedoch unverändert wieder in ihr Portal ein. Der Kläger wandte sich hierauf mit anwaltlichem Schreiben an die Beklagte. Er führte darin aus, bei der angegriffenen Bewertung gebe "sich erkennbar jemand Mühe, jegliche tatsächliche Aussage zu vermeiden". Es liege nahe, dass dies seinen Grund darin habe, dass es eine solche Behandlung überhaupt nicht gegeben habe. Auf die anwaltliche Aufforderung des Klägers, den Beitrag zu löschen und ihm Auskunft darüber zu erteilen, auf welche Weise der "angebliche Patient" die Behandlung belegt habe und welche Glaubhaftmachungen dazu vorgelegt worden seien, ferner über die "Klardaten", die der Beklagten aufgrund des "angeblichen Kontakts" mit dem Nutzer vorlägen, führte die Beklagte unter anderem aus: "[…] Im Rahmen unserer Qualitätsprüfung haben wir den Bewerter angeschrieben und um Bestätigung der Bewertung sowie eine Erklärung gebeten. Der Bewerter hat die Bewertung sehr ausführlich bestätigt. Anschließend hatten wir keine Anhaltspunkte, die uns an der Authentizität der Bewertung zweifeln ließen. Eine Überprüfung dieser Rückmeldung erfolgt immer manuell durch unsere Mitarbeiter auf Basis der Problem-Meldung Ihres Mandanten, wobei unser technisches System als Ergänzung fungiert. Dabei weisen uns vor allem Hintergrunddaten (bspw. E-Mail-Adresse), die bei der Abgabe einer Bewertung mitversandt werden, auf eine eventuelle Mehrfachbewertung hin. Die Notenbewertung entspricht der freien Meinungsäußerung und ist durch das Gesetz geschützt. In seiner Rückmeldung erklärt der Nutzer , welche Vorkommnisse ihn dazu veranlasst haben, eine solche Notenbewertung abzugeben. Viele Patienten schildern ihre Erlebnis- se und Erfahrungen in Kurzform und vermeiden eine Schilderung von Tatsachenbehauptungen (auch wenn sie der Wahrheit entsprechen), da diese für die Patienten oftmals nicht zu beweisen sind. […] Bedauerlicherweise können wir Ihrem Wunsch auf Herausgabe der Nutzerdaten nicht nachkommen, da wir diese Daten schützen müssen (das Arzt-Patientenverhältnis ist äußerst sensibel). […] Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir die Bewertung nicht löschen können."
6
Eine Stellungnahme des Verfassers der angegriffenen Bewertung selbst hat die Beklagte dem Kläger nicht zur Verfügung gestellt.
7
Der Kläger hat die Beklagte - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - darauf in Anspruch genommen, es zu unterlassen, die ihn betreffende Bewertung vom 10. August 2013 zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, soweit diese die Bewertung "6,0" in den Kategorien "Behandlung", "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis" beinhalte. Er hat unter anderem behauptet, der abgegebenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde.
8
Das Landgericht hat der Klage insoweit stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

A.

9
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in ZD 2015, 430 veröffentlicht ist, ist der Auffassung, dem Kläger stehe gegen die Beklagte kein Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung und/oder Verbreitung des streitgegenständlichen Beitrags zu. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die nur in ihrer Funktion als Hostprovider in Anspruch genommene Beklagte könne bezüglich des in ihre Website eingestellten Drittinhalts nur eine Haftung als mittelbare Störerin treffen. Die dafür nach der "Blog-Eintrag-Entscheidung" des erkennenden Senats (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219) erforderlichen Voraussetzungen seien im Streitfall aber nicht erfüllt, weil die Beklagte der sie danach treffenden Prüfungspflicht mit den von ihr ergriffenen und gegenüber dem Kläger kommunizierten Maßnahmen genügt habe.
10
So habe sie vom Verfasser des Beitrags mit folgender E-Mail vom 14. August 2013 eine Stellungnahme zur Frage eingeholt, ob er Patient des Klägers gewesen sei: "Liebe Nutzerin, lieber Nutzer, Sie haben […]. Dr. H[…] hat sich bei uns gemeldet und die Echtheit der Bewertung in Frage gestellt. In diesem Fall sind wir dazu verpflichtet, diesem Hinweis nachzugehen und Ihre Bewertung zu prüfen. Um diese Prüfung positiv abzuschließen, ist es nötig, dass Sie uns Ihre Bewertung noch einmal bestätigen. Bitte antworten Sie uns hierzu kurz auf diese EMail , indem Sie die Behandlung in mindestens zwei Sätzen umschreiben und den Behandlungszeitraum nennen. Selbstverständlich geben wir keine dieser In- formationen an den Arzt weiter. Sie dienen nur unserer internen Prüfung.
[…]."
11
Der Verfasser des Beitrags habe hierauf mit folgender - von der Beklagten im Rahmen des Rechtsstreits in teilweise unkenntlich gemachter Form vorgelegter - E-Mail bejahend Stellung genommen: "Sehr geehrte Damen und Herren, ich bestätige hiermit die Bewertung. Ich war etwa im [unkenntlich] diesen Jahres bei Dr. H[…]. Er diagnostizierte [unkenntlich]. Dr. H[…] versuchte [unkenntlich] was ich [unkenntlich] Ich ließ [unkenntlich] noch in seiner Praxis eine Prophylaxe durchführen [unkenntlich] Mit freundlichen Grüßen"
12
Sollte aus der der Beklagten vom Verfasser des Beitrags zudem vorgelegten Terminbestätigung - wie vom Kläger behauptet - lediglich ein Prophylaxetermin , nicht aber ein ärztlicher Behandlungstermin hervorgehen, rechtfertige dies im Hinblick auf die vorgenannte E-Mail keine abweichende Würdigung.
13
Unter den Umständen des Streitfalls sei die Beklagte im Rahmen ihrer Prüfungspflicht nicht gehalten gewesen, die auf diese Weise im unmittelbaren Kontakt mit dem Verfasser des Beitrags gewonnenen Informationen wiederum an den Kläger weiterzugeben, damit dieser hierzu vertieft Stellung nehmen könne. Denn die Beklagte habe den datenschutzrechtlichen Bestimmungen Rechnung zu tragen gehabt, nach denen sie die Identität des Nutzers nicht habe offenlegen dürfen.
14
Damit stelle sich die Frage, welche Auswirkungen es für die Störerhaftung der Beklagten habe, dass die Prüfung der Berechtigung der vorgebrachten Beanstandung durch die Beklagte an einem Punkt habe innehalten müssen, an dem das weitere Vorgehen in Form der Übersendung der Stellungnahme des Bewertenden an den Kläger nur unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen möglich gewesen wäre. Diese Frage sei dahingehend zu beantworten , dass die Störerhaftung der Beklagten entfalle. Denn bei einer Abwägung der kollidierenden Interessen sei es eher dem Kläger zuzumuten, eine seine beruflichen Leistungen womöglich unzulässig kritisierende Bewertung hinzunehmen, als dies umgekehrt für den Fall der Löschung einer zulässigen Bewertung aus dem Portal der Beklagten gelte.

B.

15
I. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Mit den Erwägungen des Berufungsgerichts lässt sich die Störereigenschaft der Beklagten und damit der vom Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht verneinen.
16
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass es im Streitfall nicht um die Haftung der Beklagten als unmittelbare Störerin - in der Diktion des I. Zivilsenats "Täterin" (zu den unterschiedlichen Begrifflichkeiten des erkennenden Senats einerseits und des I. Zivilsenats andererseits vgl. Senatsurteil vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 34; v. Pentz, AfP 2014, 8, 16) - geht.
17
Unmittelbare Störerin könnte die Beklagte nur dann sein, wenn es sich bei der vom Kläger angegriffenen Bewertung um einen eigenen Inhalt der Beklagten handelte, wobei zu den eigenen Inhalten eines Portalbetreibers auch solche Inhalte gehören, die zwar von einem Dritten eingestellt wurden, die sich der Portalbetreiber aber zu eigen gemacht hat (vgl. Senatsurteile vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 10 f. - RSS-Feeds; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal). Von einem Zu-Eigen-Machen ist dabei dann auszugehen, wenn der Portalbetreiber nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen hat (Senatsurteile vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal), was aus Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen ist (Senatsurteil vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal ). Dabei ist bei der Annahme einer Identifikation mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung geboten (Senatsurteile vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal).
18
Nach diesen Maßstäben hat sich die Beklagte die vom Kläger beanstandete Bewertung nicht zu Eigen gemacht. Dass die Beklagte - was für ein ZuEigen -Machen spräche (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 ff. mwN - Hotelbewertungsportal) - eine inhaltlich -redaktionelle Überprüfung der auf ihrem Portal eingestellten Nutzerbewertungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit vornimmt, ist weder festgestellt noch vom Kläger behauptet worden. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte die von Nutzern abgegebenen Bewertungen als eigene präsentiert. Auch die vor der Veröffentli- chung erfolgende - jedenfalls teilweise automatische - Überprüfung der abgegebenen Bewertungen auf "Unregelmäßigkeiten" und die Ermittlung eines Durchschnittswertes aus den abgegebenen Einzelnoten reichen für die Annahme eines Zu-Eigen-Machens nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 28 - Hotelbewertungsportal; aA wohl Schmidt, Äußerungsrechtlicher Schutz gegenüber Bewertungsportalen im Internet , 2014, 128 f.).
19
2. Die besonderen Regelungen des Telemediengesetzes (TMG) stehen dem streitgegenständlichen Anspruch nicht entgegen. Die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs, der seine Grundlage - wie hier - in einer vorangegangenen Rechtsverletzung findet, wird durch das Haftungsprivileg des § 10 TMG nicht eingeschränkt (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 19 - Blog-Eintrag; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 244 f. - Internetversteigerung I). Auf eine nach § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG unzulässige Begründung einer allgemeinen Überwachungsoder Nachforschungspflicht der Beklagten zielt der streitgegenständliche Anspruch nicht ab.
20
Dies steht nicht im Widerspruch zu den Regelungen der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (Abl. EG L 178, S. 1, im Folgenden: ECRL). Art. 14 ECRL lässt nach seinem Absatz 3 die Möglichkeit unberührt, dass ein Gericht nach dem Rechtssystem des jeweiligen Mitgliedsstaates vom Diensteanbieter verlangt, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern (vgl. auch Erwägungsgrund 48).
21
3. Indes lässt sich die Eigenschaft der Beklagten als mittelbare Störerin mit den Erwägungen des Berufungsgerichts nicht verneinen.
22
a) Grundsätzlich ist als mittelbarer Störer verpflichtet, wer, ohne unmittelbarer Störer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. Senatsurteile vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 34; vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 21 mwN - Blog-Eintrag). Die Haftung als mittelbarer Störer darf nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt deshalb die Verletzung von Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als mittelbaren Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Verhinderung der Verletzung zuzumuten ist (Senatsurteile vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 22 - Blog-Eintrag; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 18 - Domainverpächter; BGH, Urteile vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 20 - Stiftparfüm; vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10, AfP 2011, 156 Rn. 15; vom 1. April 2004 - I ZR 317/01, BGHZ 158, 343, 350 - Schöner Wetten; vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internetversteigerung I; vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, NJW-RR 2008, 1136 Rn. 50 - Internetversteigerung III).
23
Danach ist ein Hostprovider zur Vermeidung einer Haftung als mittelbarer Störer grundsätzlich nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Nutzer seines Angebots hin, kann der Hostprovider verpflichtet sein, künftig derartige Störungen zu verhindern (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 24 - Blog-Eintrag; vgl. auch BGH, Urteile vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 21 - Stiftparfüm; vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 41 ff. - Jugendgefährdende Medien bei eBay; vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 f. - Internet-Versteigerung I).
24
Wird eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten behauptet, wird sich eine Rechtsverletzung allerdings nicht stets ohne Weiteres feststellen lassen. Denn sie erfordert eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Recht jedenfalls des Providers auf Meinungs- und Medienfreiheit. Ist der Provider mit der Beanstandung eines Betroffenen konfrontiert, die so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrag Verantwortlichen erforderlich (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 25 f. - Blog-Eintrag). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung gilt dies auch dann, wenn die beanstandete Äußerung - wie im Streitfall (vgl. nachfolgend unter b) - nicht als Tatsachenbehauptung , sondern als Werturteil zu qualifizieren ist, das Werturteil vom Betroffenen aber mit der schlüssigen Behauptung als rechtswidrig beanstandet wird, der tatsächliche Bestandteil der Äußerung, auf dem die Wertung aufbaue, sei unrichtig, dem Werturteil fehle damit jegliche Tatsachengrundlage.
25
b) Danach war die Beklagte entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung im Streitfall gehalten, der Rüge des Klägers nachzugehen. Sie war hinreichend konkret gefasst und ließ den behaupteten Rechtsverstoß unschwer erkennen.
26
aa) Die Behauptung des Klägers, der angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde, war hinreichend konkret. Dem steht nicht entgegen , dass es sich letztlich um eine Mutmaßung des Klägers handelte, die er nicht weiter unterlegt hat. Denn zu konkreteren Darlegungen der Beklagten gegenüber war der Kläger angesichts der Tatsache, dass die Bewertung keinerlei tatsächliche, die konkrete Behandlung beschreibende Angaben enthielt, nicht in der Lage.
27
bb) Auf der Grundlage der Beanstandung des Klägers war der Rechtsverstoß unschwer zu bejahen. Denn trifft die Behauptung des Klägers zu, so verletzt die angegriffene Bewertung den Kläger offensichtlich - was auch die Beklagte nicht in Abrede stellt - in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
28
(1) Die beanstandete Bewertung greift in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ein. Betroffen sind die Ehre und soziale Anerkennung des Klägers. Denn die Bewertung seiner im Rahmen einer (behaupteten) Behandlung erbrachten Leistungen in den Kategorien "Behandlung" , "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis" mit der Note 6 und damit als "ungenügend" bringt zum Ausdruck, dass der Kläger in zentralen Bereichen des Behandlungsgeschehens den an ihn gestellten Anforderungen aus Sicht des die Behandlung bewertenden Patienten nicht gerecht geworden ist. Die Kundgabe dieser Bewertung ist geeignet, sich abträglich auf das Bild des Klägers in der Öffentlichkeit auszuwirken.
29
(2) Liegt der angegriffenen Bewertung kein tatsächlicher Behandlungskontakt zugrunde, ist der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers auch rechtswidrig.
30
(a) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. nur Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22 - Sächsische Korruptionsaffäre; vom 15. September 2015 - VI ZR 175/14, VersR 2015, 1437 Rn. 20; vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 29; vom 13. Januar 2015 - VI ZR 386/13, VersR 2015, 336 Rn. 13 - Filialleiter bei Promi-Friseur; vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, 536 - Innenminister unter Druck; vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, AfP 2014, 325 Rn. 8 - Adoptivtochter) liegt wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt.
31
(b) Im Streitfall sind das durch Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG (auch in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung und seiner (Berufs )Ehre mit der in Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK verankerten Kommunikationsfreiheit der Beklagten und der Meinungsäußerungsfreiheit des Bewertenden abzuwägen. Trifft die Behauptung des Klägers, der angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde, zu, ergibt diese Abwägung, dass die geschützten Interessen des Klägers diejenigen der Beklagten und des Bewertenden überwiegen.
32
(aa) Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei dem angegriffenen Beitrag um eine Meinungsäußerung und nicht um eine Tatsachenbehauptung handelt.
33
Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt. Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Das scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr und unwahr erweisen lassen. Sofern eine Äußerung , in der Tatsachen und Meinungen sich vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird sie als Meinung von dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte (Senatsurteile vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 24; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 8 - Hochleistungsmagneten; jeweils mwN).
34
Nach diesen Maßstäben ist die angegriffene Bewertung als Meinungsäußerung zu qualifizieren. Zwar enthält sie die tatsächliche Behauptung des Bewertenden, er habe sich beim Kläger in Behandlung befunden und bewerte die stattgefundene Behandlung. Kern der angegriffenen Äußerung ist aber die notenmäßige Bewertung selbst. Sie ist geprägt von Elementen der Stellung- nahme, des Dafürhaltens und Meinens (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 31 ff. - Spickmich.de).
35
Entgegen der Auffassung der Revision ist die Vergabe der Note 6 in den Bereichen "Behandlung", "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis" aus Sicht eines durchschnittlichen Nutzers der Plattform weder dahingehend zu verstehen, dass diese Leistungen überhaupt nicht erbracht worden oder dem Kläger ärztliche Kunstfehler unterlaufen seien, noch dahingehend, dass die vom Kläger erbrachten Leistungen den Anforderungen an eine professionelle Zahnbehandlung in keiner Weise entsprächen und selbst die hierfür erforderlichen Grundkenntnisse des Klägers so lückenhaft seien, dass er diese Mängel auch in Fortbildungskursen in absehbarer Zeit nicht beheben könne. Ein derartiger Aussagegehalt kommt der angegriffenen Bewertung - was der erkennende Senat selbst beurteilen kann (vgl. Senatsurteil vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14, BGHZ 203, 239 Rn. 19 mwN - Chefjustiziar) - nicht zu. Dass mit der Bewertung nicht der Vorwurf eines (objektiven) Behandlungsfehlers verbunden ist, ergibt sich bereits daraus, dass es sich beim Bewertenden - für den durchschnittlichen Leser erkennbar - typischerweise um einen medizinischen Laien handelt, der zur Feststellung eines Behandlungsfehlers regelmäßig überhaupt nicht in der Lage ist. Entsprechendes gilt für die Bewertung der Aufklärung mit der Note 6. Die Kategorie "Vertrauensverhältnis" betrifft schließlich schon im Ausgangspunkt keine für die Frage nach dem Vorliegen eines Behandlungs- bzw. Aufklärungsfehlers relevanten Umstände.
36
(bb) Liegt der angegriffenen Bewertung kein Behandlungskontakt zugrunde , überwiegt das von Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG (auch in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung und seiner (Berufs)Ehre die von Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK geschützten Interessen des Bewerten- den an der Äußerung der dargestellten Meinung im Portal der Beklagten und der Beklagten an der Kommunikation dieser Meinung. Denn bei Äußerungen, in denen sich - wie im vorliegenden Fall - wertende und tatsächliche Elemente in der Weise vermengen, dass die Äußerung insgesamt als Werturteil anzusehen ist, fällt bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile ins Gewicht (Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 21 - Hochleistungsmagnet; BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 34; BVerfGE 85, 1, 17 - kritische BayerAktionäre ; BVerfG, AfP 2003, 535, 536; vgl. ferner EGMR, NJW 2015, 759 Rn. 51 - Yazici/Türkei; AfP 2015, 30 Rn. 31 - Jalba/Rumänien; AfP 2014, 430 Rn. 39 - Lavric/Rumänien; NJW-RR 2013, 291, 292 - Floquet und Esménard/Frankreich; NJW 2006, 1645 Rn. 76 - Pedersen und Baadsgard /Dänemark; BeckOK InfoMedienR/Söder, § 823 BGB Rn. 173.1 [Stand: 01.11.2015]). Im Streitfall ist der tatsächliche Bestandteil der Äußerung, auf dem die Wertung aufbaut, unwahr, wenn der behauptete Behandlungskontakt nicht bestand. Ein berechtigtes Interesse des Bewertenden, eine tatsächlich nicht stattgefundene Behandlung zu bewerten, ist nicht ersichtlich; entsprechendes gilt für das Interesse der Beklagten, eine Bewertung über eine nicht stattgefundene Behandlung zu kommunizieren.
37
c) Ihrer durch den konkreten Hinweis auf eine unschwer zu bejahende Rechtsverletzung ausgelösten Prüfungspflicht hat die Beklagte auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht genügt.
38
aa) Zur Bestimmung, welcher Überprüfungsaufwand vom Hostprovider im Einzelfall zu verlangen ist, bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung , bei der die betroffenen Grundrechte der Beteiligten zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, Urteile vom 26. November 2015 - I ZR 174/14, juris Rn. 32 mwN - Störerhaftung des Access-Providers; vom 1. April 2004 - I ZR 317/01, BGHZ 158, 343, 352 ff. - Schöner Wetten). Zu welchen konkreten Überprüfungsmaßnahmen der Hostprovider verpflichtet ist, bestimmt sich damit nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der angezeigten Rechtsverletzung sowie den Erkenntnismöglichkeiten des Providers zu (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 26 - Blog-Eintrag). Zu berücksichtigen sind aber auch Funktion und Aufgabenstellung des vom Provider betriebenen Dienstes sowie die Eigenverantwortung des für die persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigende Aussage unmittelbar verantwortlichen - ggf. zulässigerweise anonym auftretenden - Nutzers (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 22 - Hostprovider; BGH, Urteile vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 50 - Kinderhochstühle im Internet III; vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 f. - Internetversteigerung I; jeweils mwN).
39
bb) Danach sind im Streitfall an die Prüfungspflicht der Beklagten strenge Anforderungen zu stellen.
40
Im Ausgangspunkt ist freilich festzuhalten, dass das von der Beklagten betriebene Ärztebewertungsportal eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfüllt (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 39 f. - Ärztebewertung II) und der Portalbetrieb zudem vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG und des Art. 12 Abs. 1 GG erfasst wird (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 28 f. - Ärztebewertung II). Der von der Beklagten als Providerin zu erbringende Prüfungsaufwand darf den Betrieb eines Ärztebewertungsportals deshalb weder wirtschaftlich gefährden noch unverhältnismäßig erschweren (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 2015 - I ZR 174/14, juris Rn. 27 mwN - Störerhaftung des Accessproviders). Ein solches Gewicht haben rein reaktive Prüfungspflichten, um die es im Streitfall allein geht, in der Regel aber nicht. Auf der anderen Seite kann bei der Bestimmung des der Beklagten zumutbaren Prüfungsaufwandes nicht außer Betracht bleiben, dass der Betrieb eines Ärztebewertungsportals im Vergleich zu anderen Portalen, insbesondere Nachrichtenportalen, schon von vornherein ein gesteigertes Risiko für Persönlichkeitsrechtsverletzungen mit sich bringt. Es birgt die Gefahr, dass es auch für nicht unerhebliche (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 32 - Ärztebewertung II) persönlichkeitsrechtsverletzende Äußerungen missbraucht wird. Der Portalbetreiber muss deshalb von Anfang an mit entsprechenden Beanstandungen rechnen. Dabei werden die mit dem Portalbetrieb verbundenen Missbrauchsgefahren noch dadurch verstärkt, dass die Bewertungen - rechtlich zulässig (vgl. § 13 Abs. 6 TMG) - verdeckt abgegeben werden können (Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 34 - Ärztebewertung II). Zudem erschwert die Möglichkeit , Bewertungen verdeckt abgeben zu können, es dem betroffenen Arzt regelmäßig erheblich, unmittelbar gegen den betreffenden Portalnutzer vorzugehen. Denn er kennt ihn nicht und kann sich die für seine Identifizierung erforderlichen Informationen selbst dann, wenn sie dem Portalbetreiber vorliegen sollten, mangels Auskunftsanspruchs gegen den Portalbetreiber (vgl. Senatsurteil vom 1. Juli 2014 - VI ZR 345/13, BGHZ 201, 380 Rn. 9 ff. - Ärztebewertung
I) jedenfalls nicht auf diesem Weg beschaffen. Eine gewissenhafte Prüfung der Beanstandungen von betroffenen Ärzten durch den Portalbetreiber ist deshalb die entscheidende Voraussetzung dafür, dass die Persönlichkeitsrechte der (anonym oder pseudonym) bewerteten Ärzten beim Portalbetrieb hinreichend geschützt sind.
41
Im Streitfall kommt hinzu, dass die angegriffene Bewertung geeignet ist, die Chancen des Klägers im Wettbewerb mit anderen Ärzten nachhaltig zu beeinträchtigen. Die für jedermann abrufbare Bewertung einer Behandlungsleistung in drei zentralen Bereichen mit der Note "ungenügend" begründet nämlich die erhebliche Gefahr, dass (potentielle) Patienten an der ärztlichen Kompetenz des Klägers zweifeln und sich deshalb statt an den Kläger an einen anderen Zahnarzt wenden. Auch dies spricht dafür, dass an die von der Beklagten vorliegend zu ergreifenden Prüfungsmaßnahmen hohe Anforderungen zu stellen sind.
42
cc) Konkret muss die vom Portalbetreiber durchzuführende Überprüfung erkennbar zum Ziel haben, die Berechtigung der Beanstandung des betroffenen Arztes zu klären. Der Portalbetreiber muss ernsthaft versuchen, sich hierzu die notwendige Tatsachengrundlage zu verschaffen; er darf sich insbesondere nicht auf eine rein formale "Prüfung" zurückziehen.
43
Im Streitfall hätte die Beklagte die Beanstandung des betroffenen Arztes dem Bewertenden übersenden und diesen zur Stellungnahme anhalten müssen. Sie hätte ihn weiter auffordern müssen, ihr den angeblichen Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben und ihr den Behandlungskontakt belegende Unterlagen, wie etwa vorhandene Rechnungen, Terminkarten und - zettel, Eintragungen in Bonushefte, Rezepte oder sonstige Indizien möglichst umfassend - soweit vom Bewertenden für nötig erachtet ggf. teilweise geschwärzt - zu übermitteln. Die bloße Bitte der Beklagten, "die Behandlung in mindestens zwei Sätzen [zu] umschreiben und den Behandlungszeitraum [zu] nennen", reicht hierfür nicht. In jedem Falle hätte die Beklagte dem Kläger diejenigen Informationen und Unterlagen über den behaupteten Behandlungskontakt weiterleiten müssen, zu deren Weiterleitung sie ohne Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TMG in der Lage gewesen wäre. Auch dies hat sie nicht getan. So er- schließt sich etwa nicht, warum die Beklagte dem Kläger den sich aus der Stellungnahme des Bewertenden ersichtlichen Behandlungszeitraum nicht mitgeteilt hat. Sollte dies deshalb nicht erfolgt sein, weil zu befürchten war, dass der Kläger den Bewertenden aufgrund des mitgeteilten Behandlungszeitraums identifizieren kann, hätte die Beklagte ein größeres Zeitfenster wählen können. Dass diese Information für den Kläger von vornherein in Bezug auf eine substantiierte "Replik" offensichtlich nicht hilfreich gewesen wäre, kann nicht angenommen werden. So kann etwa nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass der behauptete Behandlungszeitraum in die Zeit einer - beispielsweise - urlaubs- oder krankheitsbedingten Abwesenheit des Klägers fiel, der Kläger mit dieser Information den behaupteten Behandlungskontakt also hätte widerlegen können.
44
II. Nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO war das Berufungsurteil deshalb aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Parteien werden die Möglichkeit haben, zu den von der Beklagten ergriffenen Überprüfungsmaßnahmen ergänzend vorzutragen.
45
III. Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:
46
1. Eine Verletzung des Klägers in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht kommt in Betracht, wenn der in der angegriffenen Äußerung enthaltene tatsächliche Bestandteil unrichtig war und dem Werturteil damit jegliche Tatsachengrundlage fehlte. Darlegungs- und beweisbelastet für das Fehlen eines Behandlungskontakts ist nach den allgemeinen Regeln insoweit der Kläger.
47
2. Allerdings trifft die Beklagte hinsichtlich des Behandlungskontakts eine sekundäre Darlegungslast, weil dem Kläger insoweit eine nähere Darlegung nicht möglich ist und er auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat. Die sekundäre Darlegungslast umfasst zunächst diejenigen für einen sol- chen Behandlungskontakt sprechenden Angaben, die der Beklagten, insbesondere ohne Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TMG, möglich und zumutbar sind (vgl. zu den allgemeinen Voraussetzungen einer sekundären Darlegungslast nur BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 17 mwN - BearShare ).
48
Die Beklagte hat im Streitfall jedoch eine darüber hinausgehende Recherchepflicht. Dem Bestreitenden obliegt es im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, Nachforschungen zu unternehmen, wenn ihm dies zumutbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 18 mwN - BearShare). Im Streitfall folgt die Zumutbarkeit einer Recherche schon daraus, dass die Beklagte aufgrund ihrer materiellen Prüfpflicht ohnehin gehalten ist, vom Bewertenden zusätzliche Angaben und Belege zum angeblichen Behandlungskontakt zu fordern. Dem entspricht in prozessualer Hinsicht ihre Obliegenheit , im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast vom Bewertenden entsprechende Informationen zu fordern.
49
Kommt die Beklagte dieser Obliegenheit nicht nach, ist die Behauptung des Klägers, der von ihm angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde, nach den allgemeinen Regeln über die sekundäre Darlegungs- last nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden zu bewerten (vgl. nur Senatsurteil vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 23). Galke Stöhr von Pentz Offenloch Oehler
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 09.07.2014 - 28 O 516/13 -
OLG Köln, Entscheidung vom 16.12.2014 - 15 U 141/14 -

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 13. Januar 2009 - 5 Sa 112/08 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche, die der Kläger wegen „Mobbings“ geltend macht.

2

Der Kläger war als Diplomjurist in der DDR seit 1976 Staatsanwalt. Seit 1993 ist er beim beklagten Land angestellt und wird nach BAT VergGr. II a vergütet. Als stellvertretender Dezernatsleiter war er beim Landeskriminalamt mit der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik in den Bereichen Kriminalitätsanalyse, Kriminalstrategie, Kriminalitätsprävention und Kriminalstatistik befasst. Zudem hat sich der Kläger in der Kriminalforschung engagiert, auch im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben.

3

Im Mai 2000 führte das beklagte Land ein System von Zielvereinbarungen für den Polizeibereich ein. Dies führte zu einem Konflikt zwischen dem Kläger und dem Direktor des Landeskriminalamtes W über die richtige Führung der Polizeistatistik, insbesondere über die Frage, ob die Zielvereinbarungen die Kriminalstatistik schädigen oder beeinflussen können oder dies schon getan haben. Der Kläger hat Zielvereinbarungen ua. wegen eines Verstoßes gegen das Legalitätsprinzip für rechtswidrig gehalten. Seine Kritik veröffentlichte er im September 2000 in einer Fachzeitschrift, was zu weiteren Auseinandersetzungen auch mit anderen LKA-Mitarbeitern führte. 2002 wurde ein Antrag des Klägers auf Höhergruppierung abschlägig beschieden, was der Kläger erfolglos arbeitsgerichtlich überprüfen ließ.

4

Am 5. März 2004 erhielt der Kläger den Auftrag, eine vergleichende Stellungnahme zu einer aus Polen stammenden Kriminalstatistik abzugeben. Diese Stellungnahme legte der Kläger am 11. März 2004 vor. Der Leiter des Leitungsstabes im LKA M brachte auf der Ausarbeitung des Klägers den handschriftlichen Vermerk an:

        

„1.     

(Thema verfehlt): Aufgabe war nicht der Vergleich Stettin-MV;

        

2.    

auch noch verspätet vorgelegt.“

5

Nachdem der Kläger wiederholt aus kriminalwissenschaftlichen Gründen die Mitarbeit an bestimmten Projekten abgelehnt hatte, wurde er im Jahr 2004 von dem Kriminaldirektor W zu dem Eindruck angehört, er verhalte sich zunehmend destruktiv, sei nicht mehr gewillt, seine Aufgaben als Dezernent ordnungsgemäß wahrzunehmen und es sei zu überlegen, ob er noch geeignet sei, den ihm übertragenen Dienstposten auszufüllen. Der Kläger wies die Vorwürfe in der Sache zurück und kündigte an, sich gegen eine Fortsetzung solchen „Mobbings“ mit allen rechtlich zulässigen Mitteln zur Wehr zu setzen. Im Dezember 2004 wurde der Kläger wegen eines Verstoßes gegen seine Verschwiegenheits- und seine Wohlverhaltenspflicht abgemahnt. Die von ihm dagegen erhobene Klage wurde rechtskräftig abgewiesen. Schon seit dem Spätsommer 2004 war der Kläger zunehmend von Forschungsprojekten, die er bis dahin im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit mit verfolgte, ausgeschlossen worden.

6

Im Mai 2005 wurde der Kläger im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einem kritischen Artikel des Magazins „Focus“ zu dem Zielvereinbarungssystem für die Polizei Mecklenburg-Vorpommerns zum 1. Juni 2005 an das Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz abgeordnet und schließlich zum 1. Dezember 2005 dorthin dauerhaft versetzt, wobei ihm der höher bewertete Dienstposten eines Dezernatsleiters übertragen wurde. Ein gegen die Abordnung und Versetzung eingeleitetes arbeitsgerichtliches Verfahren wurde rechtskräftig zu Lasten des Klägers entschieden.

7

Nach Vorerkrankungen ist der Kläger seit dem 2. Januar 2007 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt, seit dem 1. September 2008 erhält er - befristet - eine Erwerbsminderungsrente. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nur er habe innerhalb des LKA wie des Landesdienstes überhaupt die Fachkompetenz, darüber zu entscheiden, wie die Polizeistatistik zu führen sei. Die Führung des LKA wie auch das Innenministerium hätten diese seine Entscheidungskompetenz missachtet und wegen seiner kritischen Haltung zu Zielvereinbarungen für den Polizeidienst beschlossen, ihn aus dem Dienst zu drängen. Dieser feindlichen Einstellung zu seiner Person sei seine Versetzung an das Amt für Brand- und Katastrophenschutz des Landes geschuldet, was sich schon aus dem zeitlichen Zusammenhang mit dem ebenfalls kritischen Focus-Artikel ergebe.

8

Neben einem Schmerzensgeld begehrt der Kläger ua. auch Ersatz für Verdienstausfall für die Zeit seiner Erkrankung in rechnerisch nicht streitiger Höhe von 5.951,80 Euro.

9

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, welches 35.000,00 Euro nicht unterschreiten sollte, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.951,80 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. Januar 2008 die Differenz zwischen dem ihm von der Deutschen Angestellten Krankenkasse gezahlten Krankengeld und seinem monatlichen Nettoverdienst, welches er bis zum 7. September 2006 von der Beklagten bzw. der Abrechnungsstelle der Beklagten erhalten hat, zu zahlen;

        

4.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen hat, der ihm aufgrund des Mobbings der Beklagten bzw. des von der Beklagten gegenüber dem Kläger geduldeten Mobbings durch Angestellte und Mitarbeiter der Beklagten in der Zeit von 1997 bis 2006 entstanden ist und entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

10

Das beklagte Land hat die Abweisung der Klage beantragt und die Mobbingvorwürfe des Klägers bestritten. Anfeindungen, Beleidigungen oder Ausgrenzungen des Klägers habe es nicht gegeben.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, da es bei seiner Entscheidung den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat.

13

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Teilaufgabe „Kriminalforschung/Teilnahme an Forschungsprojekten“ habe das beklagte Land dem Kläger in der achtmonatigen Schwebephase zwischen dem gescheiterten Personalgespräch im Herbst 2004 und der Abordnung des Klägers zum 1. Juni 2005 entzogen, indem es dem Kläger die Teilnahme an drei in diesen Zeitraum fallenden Veranstaltungen/Projekten verweigert habe. Da es dafür an einer sachlichen Rechtfertigung fehle, müsse gefolgert werden, dass der Kläger wegen seiner fehlenden Eingliederungsbereitschaft in den Dienstbetrieb bestraft werden sollte, was ihn in seinem Persönlichkeitsrecht verletze und insoweit auf eine feindliche Einstellung der Hausspitze des LKA gegenüber dem Kläger schließen lasse. Es liege ein Missbrauch der Vorgesetztenstellung vor, durch den der Kläger in seinem sozialen Geltungsbereich empfindlich verletzt worden sei. Dagegen könne in den weiteren vom Kläger dargelegten Vorfällen keine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts gesehen werden, auch fehle es an den erforderlichen Indizien für die bewusste Schaffung eines feindlichen Umfeldes.

14

Die handschriftlichen Vermerke M auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und der deutschen Kriminalstatistik hätten zwar einen deutlich personenbezogenen Schwerpunkt, da der Eindruck einer Beurteilung der persönlichen Leistung des Klägers vermittelt werde, die jedenfalls mit der sachlichen Bewertung des Berichts nichts mehr zu tun habe. Die Vermerke „Thema verfehlt“ und „auch noch verspätet vorgelegt“ hätten allenfalls in die Personalakte des Klägers gehört, nicht jedoch in die Sachakte, der sie zugeführt worden seien. Dort hätten auch solche Personen von den Vermerken Kenntnis nehmen können, denen ein Zugriff auf die Personalakte des Klägers verwehrt gewesen sei. Aus dem Erfahrungshorizont des Gerichts sei aber festzuhalten, dass es heute nicht ungewöhnlich sei, dass sich Vorgesetzte im Rahmen ihrer Vermerke auf Berichte von Untergebenen solche ins Persönliche gehende Bemerkungen erlaubten. Mit dem Vermerk komme daher keine Sonderbehandlung gegenüber dem Kläger zum Ausdruck.

15

Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung zeige der lange Konfliktzeitraum von 2000 bis 2005, dass die Auseinandersetzungen nicht als auf einem einheitlichen Plan beruhend begriffen werden könnten. Darauf weise auch die Vielzahl der handelnden Personen hin, die, wenn auch nicht nachweisbar bewusst, ihren Beitrag zu dem Konflikt geleistet hätten. Die drei festzustellenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen seit Herbst 2004 müssten als so geringfügig eingeschätzt werden, dass sie die aufgetretenen ernsthaften gesundheitlichen Probleme des Klägers nicht ausgelöst haben könnten. Die Ursachen dürften zwar im Arbeitsumfeld des Klägers zu suchen sein, könnten aber nicht auf Handlungen der Dienststelle zurückgeführt werden. Der Kläger habe zu seiner Außenseiterposition in eigener Verantwortung beigetragen. Ihm sei auch mehrfach ärztlicherseits die Unfähigkeit zur Anpassung an die neue Arbeitssituation bescheinigt worden. Könne somit eine schuldhaft verursachte Schädigung der Gesundheit des Klägers durch das beklagte Land in der Gesamtschau nicht festgestellt werden, so brauche es für einen Schmerzensgeldanspruch eine schwere, unmittelbare Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Zwar sei der Kläger ab 2004 daran gehindert worden, auch dienstlich an Projekten und Tagungen zur Kriminalforschung teilzunehmen. Dies stelle aber keine schwere Persönlichkeitsverletzung dar.

16

B. Das landesarbeitsgerichtliche Urteil hält wegen eines Verstoßes gegen § 139 ZPO, der den Kläger in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör(Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 5 ArbGG). In der Sache selbst kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden, weswegen die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen ist, § 563 Abs. 3 ZPO.

17

I. „Mobbing“ ist kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund von Mobbing geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers iSd. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung iSd. § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 Abs. 3 AGG erfolgten Definition des Begriffes „Belästigung“, die eine Benachteiligung iSd. § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - aaO; 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8).

18

II. Das beklagte Land hat als Arbeitgeber gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen. Nach § 241 Abs. 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Dies verbietet auch die Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet ( BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ).

19

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist (ErfK/Schmidt 10. Aufl. Art. 2 GG Rn. 48, 84). Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ).

20

III. Die Frage, ob ein Gesamtverhalten als eine einheitliche Verletzung von Rechten des Arbeitnehmers zu qualifizieren ist und ob einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen für sich genommen oder in der Gesamtschau einen rechtsverletzenden Charakter haben, unterliegt der revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbaren tatrichterlichen Würdigung. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Diese Würdigung darf dem Berufungsgericht nicht entzogen werden ( BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ). Daher kann das Revisionsgericht nur überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles beachtet und hinreichend gewürdigt hat und ob es in die vorzunehmende Güter- und Interessenabwägung die wesentlichen Umstände des Einzelfalles in nachvollziehbarer Weise mit einbezogen hat, sowie ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - aaO ).

21

1. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die Vorgesetzten des Klägers hätten beim Aufgabenbereich „Kriminalforschung“ das Persönlichkeitsrecht des Klägers von Herbst 2004 bis zu seiner Abordnung am 1. Juni 2005 in drei Fällen verletzt, ihm für diesen Zeitraum in Ermangelung anderer Aufgaben diesen Tätigkeitsbereich komplett entzogen und ihre Vorgesetztenstellung missbraucht, um den Kläger wegen seiner fehlenden Eingliederungsbereitschaft in den Dienstbetrieb zu bestrafen, werden diesen Anforderungen gerecht und sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

22

2. Soweit das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, dass das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht durch die handschriftlichen Vermerke des Vorgesetzten M auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und deutschen Kriminalstatistik verletzt worden ist, hat es den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, indem es der Entscheidung seinen eigenen Erfahrungshorizont zugrunde gelegt hat, ohne diesen zuvor offen zu legen.

23

a) Der Kläger hat eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt, da es das Landesarbeitsgericht unterlassen habe, ihm einen nach § 139 Abs. 2 ZPO gebotenen Hinweis zu erteilen. Das Landesarbeitsgericht hätte darauf hinweisen müssen, dass es aufgrund eines eigenen Erfahrungshorizonts davon ausgehe, derartige Bemerkungen in einem Vermerk brächten keine Sonderbehandlung gegenüber dem Kläger zum Ausdruck und dass es aufgrund seines eigenen Erfahrungshorizonts auch nicht unüblich erscheine, dass sich Vorgesetzte im Rahmen ihrer Vermerke auf Berichten von Untergebenen derart ins Persönliche gehende Bemerkungen erlaubten. Auch hat der Kläger gerügt, dass der eigene Erfahrungshorizont vom Landesarbeitsgericht weder offen gelegt worden sei, noch dargelegt worden sei, aus welchen Erfahrungswerten dieser resultiere.

24

Der Kläger hat ausgeführt, dass er im Falle der gebotenen Hinweise durch das Landesarbeitsgericht vorgebracht hätte, derartige Bemerkungen entsprächen gerade nicht der Üblichkeit. Hierzu wäre die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten worden, aus dem sich ergeben hätte, dass es sich vielmehr um eine Sonderbehandlung des Klägers durch den Zeugen Mager handele. Das Landesarbeitsgericht wäre sodann zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich gerade nicht um eine im Arbeitsleben übliche Konfliktsituation gehandelt habe und es hätte das Vorhandensein einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung angenommen. Diese schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung hätte in Verbindung mit den festgestellten Persönlichkeitsrechtsverletzungen das Landesarbeitsgericht zu der Entscheidung gebracht, dass gegenüber dem Kläger tatsächlich Mobbinghandlungen ausgeführt worden seien und das Urteil wäre zu Gunsten des Klägers ausgefallen.

25

b) Neben dem Parteivorbringen darf das Gericht bei seiner Entscheidung auch offenkundige Tatsachen iSv. § 291 ZPO verwerten. Offenkundig ist eine Tatsache dann, wenn sie zumindest am Gerichtsort der Allgemeinheit bekannt oder ohne besondere Fachkunde - auch durch Information aus allgemein zugänglichen zuverlässigen Quellen - wahrnehmbar ist. Offenkundig kann eine Tatsache auch dann sein, wenn der Richter sie aus seiner jetzigen oder früheren amtlichen Tätigkeit kennt („gerichtskundige Tatsachen“), allerdings nur dann, wenn die zur Entscheidung berufenen Richter sich nicht erst durch Vorlegung von Akten uä. informieren müssen. Keine Gerichtskundigkeit begründet die Sachkunde, die das Gericht aus ähnlichen Verfahren gewonnen haben will (Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. § 291 Rn. 1).

26

Solche offenkundigen oder gerichtskundigen Tatsachen sind seitens des Gerichts in die mündliche Verhandlung einzuführen, um den in Art. 103 Abs. 1 GG normierten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs vor Gericht zu sichern. Nur solche Tatsachen, Beweisergebnisse und Äußerungen anderer dürfen zugrunde gelegt werden, zu denen die Streitbeteiligten Stellung nehmen konnten (BAG 11. September 1997 - 8 AZR 4/96 - BAGE 86, 278 = AP Einigungsvertrag § 38 Nr. 7 = EzA Einigungsvertrag Art. 20 Soziale Auswahl Nr. 5; BVerfG 14. April 1959 - 1 BvR 109/58 - BVerfGE 9, 261; 7. Oktober 1980 - 2 BvR 1581/79 - BVerfGE 55, 95).

27

c) Das Landesarbeitsgericht hat seinen „Erfahrungshorizont“ in der mündlichen Verhandlung nicht dargelegt und dem Kläger die Möglichkeit genommen, sich damit auseinanderzusetzen und ihn gegebenenfalls zu widerlegen. Dabei handelt es sich bei dem Umstand, derartige ins Persönliche gehende Bemerkungen auf Sachberichten seien in der Verwaltung des Landeskriminalamts üblich, weder um eine offenkundige noch um eine gerichtskundige Tatsache, unabhängig davon, dass sie in die mündliche Verhandlung hätte eingeführt werden müssen. Auf diesem Verfahrensfehler kann die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auch beruhen, da bei korrektem Verfahren das Berufungsgericht möglicherweise anders entschieden hätte (BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - BAGE 109, 145 = AP ArbGG 1979 § 74 Nr. 11 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 1).

28

d) Bei einer erneuten Prüfung dieser Frage wird das Landesarbeitsgericht zudem klarzustellen haben, ob es eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers hier verneint oder bejaht. Im letzteren Fall könnte diese für die Gesamtbeurteilung nicht deswegen als unerheblich angesehen werden, weil sie womöglich, was sich nach weiterer Sachaufklärung herausstellen könnte, im Bereich des LKA des beklagten Landes „nicht ungewöhnlich“ ist. Auch übliche Persönlichkeitsverletzungen bleiben solche.

29

e) Der Verstoß ist auch entscheidungserheblich. Da es dem Senat verwehrt ist, die erforderlichen Feststellungen selbst zu treffen, erweist das Urteil sich nicht aus anderen Gründen als richtig, § 561 ZPO. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss stets von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden, die dem Berufungsgericht nicht entzogen werden darf (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 609/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

30

Zwar sind die übrigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich der vom Kläger bezeichneten Vorfälle revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere sind nicht mit dem Thüringer Landesarbeitsgericht (10. April 2001 - 5 Sa 403/2000 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 2) Beweiserleichterungen für den Arbeitnehmer anzunehmen, weil es keine unwiderlegbare Vermutung für die Kausalität zwischen „mobbing-typischem“ medizinischen Befund und den behaupteten Mobbinghandlungen gibt. Vielmehr werden mit der Annahme einer solchen „Konnexität“ Vermutungsfolge und Voraussetzungen des Vermutungstatbestands unzulässig vermengt (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6; Bennecke Mobbing Rn. 328). Das Landesarbeitsgericht ist auch von zutreffenden rechtlichen Grundlagen und Anspruchsvoraussetzungen ausgegangen und hat - ausgehend von drei persönlichkeitsrechtsverletzenden Handlungen - die Güter und Interessen unter Würdigung der maßgebenden Umstände sorgfältig abgewogen. Sollte aber eine weitere Persönlichkeitsrechtsverletzung hinzutreten, bedürfte es einer neuerlichen gründlichen Auseinandersetzung mit der Frage, ob nunmehr eine schwere Persönlichkeitsverletzung anzuerkennen und damit ein Schmerzensgeldanspruch des Klägers gegeben ist.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Burr    

        

    F. Avenarius    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Tenor

I. Auf die klägerische Berufung und unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 29.01.2008 (4 Ca 293/07) wird das beklagte Land verurteilt, auf den Klageantrag zu 1. an den Kläger 2.500,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Februar 2007 zu zahlen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger zu 2/3 und im Übrigen das beklagte Land.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der klagende Arbeitnehmer verlangt von seinem Arbeitgeber Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen Mobbings.

2

Der in den 1950er Jahren geborene Kläger ist diplomierter Jurist und Kriminologe und war von 1976 bis zum Zusammenbruch der DDR dort als Staatsanwalt tätig. Bereits in jener Zeit war er aufgrund seiner dienstlichen Aufgabenstellung zum Spezialisten für polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) geworden. Seit 1993 ist er beim beklagten Land als vollbeschäftigter Arbeitnehmer beschäftigt. Seit 1994 ist er eingruppiert in die Vergütungsgruppe IIa der Anlage 1a des BAT/BAT-O. Er war vom Zeitpunkt der Einstellung bis Ende Mai 2005 dem Landeskriminalamt (LKA) zugeteilt und war dort im Dezernat 63 („Auswertung PKS“) als Dezernent („Fachbereich PKS, Analyse und Forschung“) und stellvertretender Dezernatsleiter tätig. Als Dezernent war er zuständig für die Bereiche Kriminalitätsanalyse, Kriminalstrategie, Kriminalitätsprävention und Kriminalstatistik; daher war er der Fachmann des LKA für die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Der Kläger war auch stets der Kriminologieforschung verbunden geblieben und hat diese im Rahmen seiner Aufgabenstellung in Kooperation mit universitären Forschungseinrichtungen weiter betrieben. In der Arbeitsplatzbeschreibung zum klägerischen Dienstposten ist der Forschungsanteil mit 55 Prozent angegeben.

3

Mit dem 1. Juni 2005 wurde der Kläger an das Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz für Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin befristet abgeordnet. Seit Dezember 2005 ist der Kläger an dieses Amt auf Dauer versetzt worden und hat dort den Dienstposten des Dezernatsleiters II (Katastrophenschutz) inne. Dieser Dienstposten ist nach A14 und damit höher bewertet als der ihm bis dahin übertragene Dienstposten.

4

Die Abordnung und spätere Versetzung erfolgte vor dem Hintergrund eines Konfliktes des Klägers mit dem Direktor des LKA. Der Konflikt entzündete sich 1999 und 2000 an Sachfragen im Zusammenhang mit der richtigen Führung der Polizeistatistik und der Frage, ob die in der ganzen Landesverwaltung derzeit so beliebten Zielvereinbarungen im Polizeibereich zu einer schädlichen Beeinflussung der Kriminalstatistik führen würden bzw. bereits geführt haben. Der Kläger, der zu keinem Zeitpunkt bereit war, die aus seiner Sicht völlig verfehlten Vorgaben des LKA-Direktors und der Polizeiabteilung des Innenministeriums zu akzeptieren, geht inzwischen davon aus, er sei durch seine Vorgesetzten systematisch gemobbt worden, um ihn zum Einlenken in dieser Sachfrage zu zwingen oder ihn gar gänzlich aus dem Dienst zu drängen und damit mundtot zu machen.

5

Im Mai 2000 ist die Verabredung von Zielvereinbarungen als Mittel der Personalführung im Bereich der Polizei Mecklenburg-Vorpommerns verbindlich eingeführt worden. Sowohl das LKA als auch das Innenministerium hatten sich damit über die vom Kläger als dem für Polizeistatistik zuständigen Fachmann des LKA vorab geäußerten Bedenken hinweggesetzt. Im September 2000 erscheint in der Zeitschrift „Der Kriminalist“, der Verbandszeitschrift des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), ein Artikel des Klägers mit der Überschrift „Können Fallzahlen der PKS vereinbart werden?“, in dem er ohne konkreten Bezug zum hiesigen Bundesland in der Sache scharf und im Ton markant auf die Gefahren der Vereinbarung von Fallzahlen im Rahmen von Zielvereinbarungen hinweist (Kopie Blatt 270a der Akte). Das war für den Leiter des Referats 440 der Polizeiabteilung des Innenministeriums Herrn Leitender Kriminaldirektor M. Anlass, einen Leserbrief zu schreiben, der dann auch - in einer nach Dialog mit der Redaktion vom Autor gekürzten Fassung - im Februar 2001 in der Zeitschrift „Der Kriminalist“ veröffentlicht wurde (Kopie Blatt 44 der Akte). Bereits zuvor noch im alten Jahr war die ungekürzte Fassung des Leserbriefs gemeinsam mit einer Kopie des Artikels des Klägers auf Veranlassung des Innenministeriums an alle Behördenleiter der Landespolizei verteilt worden. Herr M... bescheinigt dem Kläger in dem Leserbrief die „Außerachtlassung der Gesamtzusammenhänge aufgrund eines falschen Grundverständnisses“.

6

Im Dezember 2000 bekam das LKA vom Innenministerium den Auftrag, eine Analyse der Schwachstellen der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung in der Landespolizei zu erstellen. Der Kläger legte dazu in Abstimmung mit weiteren Mitarbeitern des LKA unter dem 19. Januar 2001 einen Entwurf vor (Anlage K7, Blatt 51 f). An der Erarbeitung der Abschlussformulierung, die erheblich von dem Vorschlag des Klägers abweicht, wurde dieser nicht mehr beteiligt. Sie wurde vielmehr vom Abteilungsleiter 6 des LKA gemeinsam mit einem Mitarbeiter des Innenministeriums aus der Polizeiabteilung erarbeitet.

7

Im Mai 2002 erhielt das LKA vom Innenministerium den Auftrag, aus der polizeilichen Kriminalstatistik „geeignete Felder für eine Veröffentlichung aufzubereiten“, die sich für eine Darstellung „im kleineren Umfang“ eignen. Der damit beauftragte Kläger fertigte ein umfängliches Opus, das dann im Innenministerium als gänzlich ungeeignet mit der Bitte um Überarbeitung zurückgereicht wurde, weil man dort wohl eher an eine Kopiervorlage für ein oder mehrere Presseerklärungen über die erfolgreiche Polizeiarbeit gedacht hatte. Mit Schreiben an den Direktor des LKA vom 30. Mai 2002 (Kopie Anlage K12, Blatt 107 f der Akte) rechtfertigte der Kläger sein Vorgehen, kritisierte den ministeriellen Auftrag („Es ist m.E. nicht die Aufgabe des Dez. 63, Vorlagen zu erarbeiten, die unmittelbar zur Veröffentlichung durch das IM geeignet sind“) und beschwerte sich über die abfällige Behandlung seiner Person durch den LKD Herrn M. aus dem Innenministerium und durch den Leiter SB 1 im LKA, Herrn Mi. Der Direktor des LKA hat sodann mit Herrn Mi. gesprochen, mit dem Kläger jedoch nicht.

8

Am 5. März 2004 erhielt der Kläger den Auftrag, eine vergleichende Stellungnahme zu einer aus Polen zugänglich gemachten Kriminalstatistik abzugeben. Diese legte der Kläger unter dem 11. März 2004 vor. Herr Ma., seinerzeit Leiter des Leitungsstabes im LKA und heute Direktor des LKA, hat auf dem Dokument den folgenden Vermerk angebracht: „1. (Thema verfehlt): Aufgabe war nicht der Vergleich Stettin-MV; 2. auch noch verspätet vorgelegt; 3. Dir. z.K. ...“ (Kopie Anlage K13, Blatt 156 der Akte).

9

In Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Polizei der Fachhochschule in Güstrow gibt es ein Projekt Kriminalitätsprognose bis 2020, das vom LKA wohlwollend gefördert wird, vom Kläger jedoch wegen eines verfehlten methodischen Ansatzes rundweg abgelehnt wird. Die diesbezügliche Stellungnahme des Klägers vom 10. Oktober 2003 (vgl. Bl. 38 der Akte) ist allerdings nicht zur Akte gelangt. Mit Schreiben vom 18. August 2004 wurde der Kläger vom Leiter des Leitungsstabes im LKA, aufgefordert, prognostische Fallzahlen für die kommenden Jahre bis 2007 zu erarbeiten und die gewonnenen Daten für das Forschungsprojekt aber auch als Grundlage für Gespräche über Zielvereinbarungen zur Verfügung zu stellen. Mit Schreiben vom 19. August 2004 an seinen Abteilungsleiter äußert sich der Kläger kritisch zu dem Arbeitsauftrag und bittet darum, ihn von der Einbindung in das Forschungsprojekt zu entbinden (Kopie als Anlage K14 überreicht, Blatt 157 der Akte). Die geforderte Zuarbeit hat er nicht geleistet. In dem Schreiben vertritt der Kläger den Standpunkt, dass sich aus seiner Arbeitsplatzbeschreibung ergebe, dass er nur verpflichtet sei zur Mitarbeit an „kriminalwissenschaftlich qualifizierten“ Forschungen, weshalb keine Pflicht zur Mitarbeit an dem Projekt der FH Güstrow bestehen könne (Blatt 158 der Akte).

10

Am 14. September 2004 kam es auf Veranlassung des Direktors des LKA zu einem Personalgespräch mit dem Kläger. Der Direktor teilte dem Kläger mit, er habe den Eindruck, der Kläger sei nicht mehr gewillt, seinen Posten als Dezernent ordnungsgemäß auszufüllen, vielmehr habe er den Eindruck, der Kläger verhalte sich zunehmend destruktiv. Das sei nicht hinzunehmen und man müsse sich überlegen, ob der Kläger noch geeignet sei, den ihm übertragenen Dienstposten auszufüllen. Der Direktor belegte seine Vorwürfe anhand von drei konkreten Vorgängen (Kriminalitätsprognose wegen der Stellungnahme des Klägers vom 10.10.2003, analytische Bewertung der polnischen Kriminalstatistik wegen der Stellungnahme des Klägers vom 11. März 2004 sowie die Haltung des Klägers zur Fachaufsicht über die polizeiliche Kriminalstatistik). Er fordert den Kläger auf, innerhalb von zwei Wochen sich zu überlegen, wie es weitergehen solle und ihm - dem Direktor - dies schriftlich mitzuteilen. Die geforderte Stellungnahme hat der Kläger unter dem 12. Oktober 2004 abgegeben (Kopie Anlage K9, Blatt 59 der Akte). Zum Vorwurf der Destruktivität nimmt der Kläger dort wie folgt Stellung:

11

„1. Weise ich jeden Vorwurf von angeblicher Destruktivität zurück.

12

2. Ist anhand konkreter Arbeitsergebnisse klar nachweisbar, dass meine Arbeit immer durch Konstruktivität, ein hohes kriminalwissenschaftliches Niveau und Loyalität gegenüber den Vorgesetzten gekennzeichnet ist.

13

3. Gehe ich im Falle der Fortsetzung solcher mich herabwürdigender Äußerungen von deutlichen Anzeichen für ein organisiertes Mobbing aus, gegen das ich mich mit den rechtlich zulässigen Mitteln zur Wehr setzen würde.

14

4. Habe ich die Absicht, meine Arbeit an meinem Arbeitsplatz im Dezernat 63 weiterhin mit hoher Qualität auszuführen. Überlegungen und Versuche, mich zum „Training für Unterwürfigkeit“ befristet oder unbefristet in den Stab umzusetzen, lehne ich ab.“

15

In zeitlichem Zusammenhang zu dieser Zuspitzung des Konflikts im 3. Quartal 2004 und in der Folgezeit hierzu sind dem Kläger Aufgaben und Möglichkeiten entzogen worden, die als die angenehme Seite des klägerischen Dienstpostens anzusehen sind.

16

So hatte der Kläger bereits seit langer Zeit Professor B. (Universität G.) und dessen Forschungsprojekt Tötungsdelikte unterstützt. Die Forschungsergebnisse aus diesem Projekt sollten unter anderem im Rahmen der 1. Jahrestagung der deutschen Gesellschaft für Kriminalistik e.V. am 25./26. August 2004 an der Polizeiführungsakademie Münster (NRW) dem Fachpublikum vorgestellt werden. Der Dienstreiseantrag des Klägers zur Teilnahme an dieser Tagung wurde am 17. August 2004 abgelehnt. Die Gegenvorstellung des Klägers vom selben Tag blieb ohne Erfolg. Auf der zurückgereichten Gegenvorstellung befindet sich folgender handschriftlicher Vermerk der Stabsstelle:

17

„Eine Dienstreisegenehmigung bzw. Sonderurlaub erteile ich nicht. Ich untersage Ihnen aus Sicht des LKA dort zu sprechen, solange nicht eine Auswertung der Inhalte mit der Polizei des Landes besprochen ist.“

18

Die Behauptung des Klägers, die Ergebnisse der Studie seien von ihm vor diesem Zeitpunkt bereits mehrfach in der hiesigen Polizei vorgestellt worden, ist unbestritten geblieben.

19

Der Kläger hatte im Sommer 2004 Kontakte zu Professor W. (V. Universität Frankfurt/Oder) geknüpft, um das Thema Vergleichbarkeit der Kriminalstatistiken Polens und Deutschlands wissenschaftlich aufzuarbeiten. Diese klägerische Initiative wurde vom Direktor des LKA ausdrücklich begrüßt und in der Folgezeit wurde die Projektstudie weiter ausgearbeitet. Am 22. März 2005 kommt es in diesem Rahmen zu einem hochkarätig besetzten „Arbeitstreffen“ in den Diensträumen des LKA, an dem auf Seiten des LKA der Direktor, die wichtigsten Mitarbeiter des Stabes, der Abteilungsleiter des Klägers sowie weitere Mitarbeiter teilgenommen haben. Der Kläger weilte an diesem Tag im Urlaub. In dem Protokoll zu diesem Arbeitstreffen heißt es allerdings bezüglich der Zukunft:

20

„Die weitere Federführung des Projekts im LKA MV erfolgt durch die Abteilung 6/Dezernat 63. Hierzu ist ein Ansprechpartner zu benennen und gegenüber der Universität V. mitzuteilen.“

21

Der Kläger wurde an dem Projekt nicht mehr beteiligt; nach der Abordnung und Versetzung des Klägers ist das Projekt eingestellt worden.

22

Unmittelbar im Vorfeld der Abordnung wurden zwei weitere Dienstreiseanträge des Klägers abschlägig beschieden. So wurde es ihm verwehrt an der „50. Jahrestagung PKS“ in Berlin im Juni 2005 teilzunehmen. Außerdem wurde ihm die Teilnahme am BKA-Forum in Wiesbaden, das ebenfalls im Juni 2005 stattfinden sollte, verwehrt. An dieser Veranstaltung hatte der Kläger die letzten zehn Jahre immer teilgenommen. Nunmehr wurde sein Dienstreiseantrag vom Leiter des Leitungsstabes abgelehnt. Stattdessen wurde die Teilnahme einem Mitarbeiter des Vollzugsdienstes, der seinerzeit in den Leitungsstab des LKA abgeordnet war, ermöglicht. Dies wurde im Rechtsstreit damit begründet, da die Tagesordnung der Veranstaltung keine Berührungspunkte zum Dienstposten des Klägers aufgewiesen habe.

23

Kurz nach dem Personalgespräch im September 2004 und der dazugehörenden Stellungnahme des Klägers vom 12. Oktober 2004 kam es außerdem noch zu einer weiteren Episode, die für den Kläger mit einer Abmahnung endete. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hat am 29.11.2004 eine scharf formulierte Presseerklärung herausgegeben, die sich mit den Problemen der durch Zielvereinbarungen schädlich beeinflussten Fallzahlen und mit Mobbing im LKA Mecklenburg-Vorpommerns befasst. Am selben Tag hat der BDK Strafanzeige wegen Strafvereitelung durch die besagten Zielvereinbarungen erstattet. Diese Erklärung fand nicht nur in der Presse ein Echo. Auch der Innenausschuss des Landtages in Schwerin interessierte sich für diese Vorwürfe. Der Vorsitzende des Innenausschusses lud daher den Kläger zu einer Anhörung ein. Dem kam der Kläger nach, allerdings hatte er hierzu keine Aussagegenehmigung. Nach der Anhörung äußerte sich der Kläger auch noch zu Fragen der Pressevertreter. Sowohl bei der Anhörung im Landtag als auch bei der anschließenden Befragung durch die Presse war ebenfalls anwesend der Leiter der Polizeiabteilung im Innenministerium Herr N., der postwendend unter dem 22. Dezember 2004 den Kläger für seine ungenehmigte Aussage und seine Stellungnahmen gegenüber der Presse abmahnte. Der Kläger ist - allerdings ohne Erfolg - gerichtlich gegen die erteilte Abmahnung vorgegangen.

24

Dem BDK bzw. dem Kläger ist es dann im Mai 2005 nochmals gelungen, bundesweites Interesse an der Frage der behaupteten Verfälschung der Kriminalstatistik durch das System der Zielvereinbarungen zu wecken. Nach der offiziellen Polizeistatistik konnte die Aufklärungsquote für Straftaten in Mecklenburg-Vorpommern von 1999 bis 2004 um rund 10 Prozent von rund 47 auf rund 57 Prozent verbessert werden, was für den seinerzeitigen Innenminister im Frühjahr 2005 Anlass war, im Rahmen einer breit angelegten Pressekonferenz auf die erzielten Fortschritte aufmerksam zu machen. Kurze Zeit später erschien im F... vom 14. Mai 2004 ein Artikel mit der Überschrift „Abwimmeln und schönreden - Experten gehen davon aus, dass die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern die Kriminalstatistik gezielt verfälscht“. Der Artikel nimmt Bezug auf die Erfolgsmeldungen des Innenministers im Rahmen der Pressekonferenz und gibt sodann den Standpunkt des Klägers und des BDK wieder, die davon ausgehen, dass nur eine scheinbare Verbesserung der Aufklärungsquote vorliege, da das erhobene Zahlenmaterial wegen der negativen Nebenwirkungen der Zielvereinbarungen im Polizeibereich seine Aussagekraft verloren habe. - Es steht fest, dass der seinerzeitige Direktor des LKA im Vorfeld durch Kontaktaufnahme mit der Redakteurin des F... versucht hat, die Veröffentlichung des Artikels zu verhindern oder jedenfalls der sachlichen Aussage des Artikels eine andere Richtung zu geben.

25

Der Kläger ist seit seiner Abordnung im Juni 2005 mit kurzen Unterbrechungen im Jahre 2005 praktisch bis heute durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Der Kläger sieht sich mobbingtypisch erkrankt und er geht in diesem Zusammenhang von einem gezielten und abgestimmten feindseligen Verhalten durch leitende Mitarbeiter des Landeskriminalamtes (Direktor, Ma., Mi.) und der Polizeiabteilung des Innenministeriums (N., M.) aus. Aufgrund dieser Anfeindungen sei er inzwischen ernsthaft und chronisch erkrankt.

26

Frau Dr. H., Fachärztin für Lungenheilkunde, Schwerin, hat beim Kläger am 25. August 2006 eine „depressive Verstimmung“, Erschöpfung und Nervosität diagnostiziert und hat vermerkt, die Symptomatik sei ausgelöst „durch Stress und Mobbing am Arbeitsplatz“ (Kopie Blatt 61 f der Akte). Herr Dr. T., Facharzt für Nervenheilkunde, Schwerin, hat beim Kläger am 23. November 2006 „1. Dysthymia, 2. somatoforme Funktionsstörung, 3. narzisstische Persönlichkeitsstörung“ diagnostiziert. In dem - allerdings nur in Auszügen vorgelegten - Gutachten wird ein Zusammenhang mit der „Konflikt- und Belastungssituation in seinem beruflichen Umfeld“ hergestellt (Anlage K22, Blatt 171 f). Ähnliches ist im ärztlichen Entlassungsbericht der Bad Segeberger Kliniken vom 8. März 2007 zu lesen (Anlage K 23, Blatt 173 f). Dort heißt es weiter:

27

„Es ist mittelfristig nicht zu erwarten, dass der Patient seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Dezernatsleiter im Brand- und Katastrophenschutz erfolgreich wird wiederaufnehmen und fortsetzen können. Die hierfür verantwortlichen Einschränkungen bestehen in den depressiv getönten Grübeleien sowie in der mangelnden Fähigkeit zur Konzentration und Anpassung innerhalb des gegenwärtigen beruflichen Aufgabenfeldes. Der von ihm vor der Versetzung ausgeübten Tätigkeit wäre der Patient hingegen sofort gewachsen.“

28

In der ärztlichen Stellungnahme von Frau Dr. Sch., beschäftigt beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen Mecklenburg-Vorpommern, vom 23. Mai 2007 heißt es zur Arbeitsfähigkeit des Klägers (Anlage K24, Blatt 175 ff):

29

„Aus nervenärztlicher Sicht muss festgestellt werden, dass der Versicherte für die Tätigkeit als Dezernatsleiter im Katastrophenschutz für Dauer arbeitsunfähig ist. Er kann aber eine andere Tätigkeit, wie er sie zum Beispiel beim LKA hatte, ausüben.“

30

Der Kläger ist inzwischen wegen vollständiger Erwerbsminderung befristet verrentet. In dem sozialgerichtlichen Verfahren hierzu zwischen dem Kläger und der Deutschen Rentenversicherung Bund ist Herr Dr. D., Helios Kliniken Schwerin, gebeten worden, ein Gutachten vorzulegen. In dem Gutachten vom 6. Januar 2010 wird dem Kläger eine narzisstische Persönlichkeitsstörung attestiert, mit der sich die länger andauernden depressiven Reaktionen des Klägers und seine diagnostizierte Anpassungsstörung erklären ließen. Hinsichtlich der Möglichkeiten des Klägers, nochmals selber Erwerbseinkommen zu erzielen, heißt es sodann zusammenfassend auf Seite 14 des Gutachtens:

31

„Die entscheidende Frage ... ist ..., ob der Kläger in der Lage ist, bei einer verweisbaren Tätigkeit die einer Arbeitsaufnahme entgegenstehende neurotische Hemmung zu überwinden. ... [Dies] hängt ... davon ab, wie sehr der Kläger trotz seines persönlichkeitsbedingten Dranges, sich als großartig zu präsentieren, in der Lage ist, seine innere Not zu offenbaren. ... Deshalb geht der Unterzeichner davon aus, dass der Kläger zum Zeitpunkt der aktuellen Begutachtung und unter Berücksichtigung der ersten Begutachtung ... [2006] ... auch bei zumutbarer Anspannung seiner seelischen Kräfte nicht in der Lage war, die der Arbeitsaufnahme entgegenstehende neurotische Hemmung zu überwinden.“

32

Das Arbeitsgericht hat die am 13. Februar 2007 eingegangene und später erweiterte Klage mit Urteil vom 29. Januar 2008 als unbegründet abgewiesen und den Streitwert auf 72.772,74 Euro festgesetzt. Das Urteil ist dem Kläger am 13. März 2008 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung vom 9. April 2008 ist am 10. April 2008 hier eingegangen und mit Schriftsatz vom 19. April 2008, Gerichtseingang am 23. April 2008, begründet worden. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung mit seinem Urteil vom 13. Januar 2009 zunächst zurückgewiesen (5 Sa 112/08). Diese Entscheidung ist durch Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Oktober 2010 (8 AZR 546/09 - EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 10 = NZA-RR 2011, 378) aufgehoben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen worden.

33

Der Kläger verfolgt im Berufungsrechtszug nach wie vor sein ursprüngliches Begehren in vollem Umfang weiter. Er verlangt Schmerzensgeld, das nicht unter 35.000,00 Euro festgesetzt werden soll, annähernd 6.000,00 Euro entgangenes Entgelt während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit sowie Feststellungen zur Pflicht des beklagten Landes weitere zukünftige Entgeltdifferenzen auszugleichen und weitere zukünftige Schäden zu ersetzen und zu entschädigen.

34

Der Kläger meint, aus den Umständen der Zusammenarbeit seit ungefähr dem Jahr 2000 könne und müsse man den Schluss ziehen, dass seine Vorgesetzen im LKA und leitende Mitarbeiter der Polizeiabteilung des Innenministeriums ihn systematisch mobben würden. Erläuternd hat er dazu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er sei der einzige Mitarbeiter im LKA und im ganzen Bundesland, der die Fachkompetenz besitze, darüber zu entscheiden, wie die Polizeistatistik zu führen sei. Wenn er aufgrund seiner Kompetenz und Aufgabenstellung sage, dass es im Polizeidienst keine Zielvereinbarungen geben dürfe, da diese sich schädlich auf die Kriminalitätsstatistik auswirken würden, müsse man dem folgen. Wegen der besonderen Bedeutung einer wirklichkeitsnahen Kriminalitätsstatistik und wegen der Bedeutung des Legalitätsprinzips bei der Strafverfolgung könne es in dieser Frage auch keinen Vorrang der besseren demokratischen Legitimation der Hausspitze oder des Innenministeriums geben. Da sowohl die eigene Hausspitze als auch das Innenministerium seine Entscheidungskompetenz in dieser Sachfrage in Frage gestellt und missachtet hätten, sei die verbindliche Einführung der Zielvereinbarungen als Führungsinstrument im Mai 2000 zugleich eine gegen seine Person und Persönlichkeit gerichtete Entscheidung gewesen.

35

Als er dann noch den Mut gehabt habe, seinen Standpunkt in der Sache öffentlich durch den Artikel in der Fachzeitschrift „Der Kriminalist“ im September 2000 zu verteidigen, habe man in der Hausspitze und im Innenministerium beschlossen, ihn aus dem Dienst zu drängen. Diese feindliche Einstellung gegenüber seiner Person sei der rote Faden aller weiteren Konflikte gewesen. Außer den geschilderten Ereignissen habe es noch eine „Vielzahl“ von abfälligen Äußerungen über seine Person ihm und Dritten gegenüber gegeben, die man aber gar nicht näher bezeichnen oder gar beweisen könne, da es sich um Ereignisse gehandelt habe, die sich nur in Sekunden - manchmal sogar ohne Worte - abgespielt hätten. Seine Versetzung in das Amt für Brand- und Katastrophenschutz könne man daher nicht als ein Mittel zur Entschärfung des Konflikts begreifen, sondern einzig und allein als Verwirklichung des Ziels, das die Hausspitze und die Polizeiabteilung im Innenministerium bereits seit Jahren angestrebt habe.

36

Über die Jahre habe ihn dieser dauernd schwelende und täglich spürbare Konflikt mürbe gemacht und körperlich wie seelisch angegriffen. Es liege auf der Hand, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf das berufliche Umfeld zurückzuführen seien. Davon würden auch alle Ärzte, die sich mit ihm und seinem Leidensweg befasst hätten, ausgehen.

37

Das arbeitsgerichtliche Urteil sei fehlerhaft, denn es verharre in einer isolierten Betrachtung jeden einzelnen Ereignisses und verkenne damit, dass sich Mobbing typischerweise erst aus der Zusammenschau vieler einzelner Ereignisse, die für sich gesehen harmlos sein können, erschließen lasse. Außerdem habe sich das Arbeitsgericht mit wesentlichen Ereignissen der Konflikthistorie wie der abgelehnten Teilnahme an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin gar nicht beschäftigt.

38

Der Kläger beantragt unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils,

39

1. das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, welches EUR 35.000,00 nicht unterschreiten sollte, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

40

2. das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger EUR 5.951,80 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

41

3. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 01.01.2008 die Differenz zwischen den ihm (dem Kläger) von der Deutschen Angestelltenkrankenkasse gezahlten Krankengeld und seinem monatlichen Nettoverdienst, welchen er bis zum 07.09.2006 vom beklagten Land bzw. der Abrechnungsstelle des beklagten Landes erhalten hat, zu zahlen.

42

4. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund des Mobbings des beklagten Landes bzw. des vom beklagten Land gegenüber dem Kläger geduldeten Mobbings durch Angestellte und Mitarbeiter des beklagten Landes in der Zeit von 1997 bis 2006 entstanden ist und entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

43

Das beklagte Land beantragt,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Das beklagte Land verneint die geltend gemachten Ansprüche. Insbesondere liege hier kein fortgesetztes Mobbingverhalten von Verantwortlichen des beklagten Landes vor.

46

Der vom Kläger angeführte Leserbrief des Leitenden Kriminaldirektors M. sei lediglich eine deutliche Reaktion auf den vorangegangenen Beitrag des Klägers in der Zeitschrift „Der Kriminalist“ gewesen. Schon aus objektiver Sicht fehle es daher an einer Herabwürdigung des Klägers durch den Artikel. Auch subjektiv sei es nicht beabsichtigt gewesen, den Kläger herabzuwürdigen.

47

Zu dem Verbot an bestimmten Veranstaltungen teilzunehmen, habe das Arbeitsgericht zutreffend hervorgehoben, dass der Kläger vehement gegen die von dem beklagten Land angewandte Zielvereinbarung im Zusammenhang mit Fallzahlen eingetreten sei, und es daher nicht zumutbar gewesen sei, ihn als offiziellen Vertreter des beklagten Landes auf diese Veranstaltungen zu entsenden.

48

Die Abordnungsverfügungen sowie die Abmahnung könnten nicht zur Begründung des Mobbingvorwurfes herangezogen werden, da letztendlich - was unstreitig ist - durch das Landesarbeitsgericht in den Vorprozessen festgestellt wurde, dass diese rechtmäßig waren. Dass der Kläger sich gemobbt fühle, liege letztendlich an dessen Persönlichkeitsstruktur und nicht an Maßnahmen der Arbeitgeberin.

49

Anfeindungen, Beleidigungen oder Ausgrenzungen gegenüber dem Kläger habe es nicht gegeben. Auch habe es keine Ausgrenzungshandlungen seitens der Vorgesetzten des Klägers gegeben.

50

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

51

Die Berufung hat zu einem kleinen Teil Erfolg. Dem Kläger steht eine Entschädigung in Höhe von 2.500 Euro wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch seine Vorgesetzten im Landeskriminalamt in den Jahren 2004 und 2005 zu. Im Übrigen ist die Berufung nicht begründet.

I.

52

Dem Kläger steht eine Entschädigung in Höhe von 2.500 Euro nach § 253 BGB wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts in den Jahren 2004 und 2005 durch seine Vorgesetzten zu.

1.

53

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist (Schmidt in ErfK, 11. Auflage, Art. 2 GG Rn. 48, 84). Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - aaO; BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

2.

54

Gemessen an diesem Maßstab haben der seinerzeitige Direktor des Landeskriminalamtes und der seinerzeitige Leiter des Leitungsstabes des Landeskriminalamtes, der heutige Direktor des Landeskriminalamtes, den Kläger in den Jahren 2004 und 2005 durch mehrere Einzelhandlungen, die sich zu einem Gesamtbild zusammenfügen, in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt.

a)

55

In der Zeit von März 2004 bis Mai 2005 gab es mehrere Ereignisse und Entscheidungen, bei denen es zu sachlich nicht zu rechtfertigenden Nachteilen für den Kläger gekommen ist.

aa)

56

Der damalige Leiter des Leitungsstabes im LKA hat sich durch seinen Vermerk vom 13. März 2004 auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und deutschen Kriminalstatistik (Kopie Blatt 156 der Akte) und durch die Weiterleitung des Berichts samt seines Vermerkes an den Direktor des LKA außerhalb des Rahmens bewegt, der noch als sachbezogenes Verwaltungshandeln verstanden werden kann.

57

Der Vermerk lässt sich jedenfalls nicht mit dem Erkenntnisinteresse rechtfertigen, das der Anforderung des Berichts beim Kläger zu Grunde lag. Denn wenn der Leiter des Leitungsstabes mit der Ausarbeitung des Klägern nicht zufrieden war, hätte es eigentlich nahe gelegen, den Bericht mit kritischen Anmerkungen dem Kläger zurückzureichen, gegebenenfalls wäre es auch hilfreich gewesen, den Bericht an den unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers, den Abteilungsleiter 6, weiterzuleiten und auf Behebung der vom Leiter des Leitungsstabes gesehenen Mängel hinzuwirken. - So ist allerdings nicht verfahren worden. Wie sich aus dem Vermerk des Leiters des Leitungsstabes selbst ergibt, hat er nach seiner Kritik an dem klägerischen Werk (Ziffer 1. und 2. des Vermerks) verfügt, das Werk dem Direktor des LKA vorzulegen. Da der Leiter des Leitungsstabes das klägerische Werk für unbrauchbar gehalten hat, kann die Weiterleitung des Berichts mit all seinen Schwächen also nicht mehr dazu gedient haben, das dem Bericht zu Grunde liegende sachliche Erkenntnisinteresse zu befriedigen.

58

Da nicht ersichtlich ist, zu welchem anderen Zweck die Vorlage des Berichts beim Direktor des LKA verfügt wurde, muss das Gericht davon ausgehen, dass der Leiter des Leitungsstabes die Vorlage des Berichts beim Direktor des LKA nur deshalb vorgenommen hat, um diesen von dem Versagen des Klägers bei der Erfüllung des Berichtsauftrages zu unterrichten. Denn wenn der Leiter des Leitungsstabes einen Bericht, den er selbst als unbrauchbar einschätzt, dem Direktor des LKA zur Kenntnisnahme vorlegen lässt, kann daraus nur der Schluss gezogen werden, dass die Vorlage zur Kenntnisnahme zu dem Zweck erfolgte, den Leiter des LKA auf das Versagen des Klägers aufmerksam zu machen. Diese Zweckrichtung des Handelns des Leiters des Leitungsstabes wird auch durch den Inhalt der Kritik an dem klägerischen Werk deutlich. Denn mit der Aussage „Thema verfehlt“ in Verbindung mit der rückwärtsgewandten weiteren Bemerkung „auch noch verspätet vorgelegt“ wird allein die persönliche Leistung des Klägers beurteilt.

59

Es mag ein legitimes Ziel sein, die Hausspitze über Leistungsmängel einzelner Mitarbeiter zu unterrichten. Dies macht aber nur Sinn im Kontext von daraus möglicherweise resultierenden Personalmaßnahmen. Dann ist es aber falsch, den ganzen Vorgang in der Sachakte zu führen. Denn dort kann den Vorgang jeder, der Zugang zu der Sachakte hat, nachvollziehen, obwohl er als disziplinarischer Vorgang eigentlich unter dem besonderen Schutz der Personalakte vor fremdem Zugriff geschützt werden müsste.

60

In dem vom Bundesarbeitsgericht aufgehobenen Urteil des erkennenden Gerichts vom 13. Januar 2009 in der vorliegenden Sache hat das Gericht den aufgezeigten Fehler des Leiters des Leitungsstabes in der Bewertung dadurch relativiert, dass es von so eine Art Verkehrsüblichkeit solchen Vorgesetztenverhaltens ausgegangen war. An dieser Relativierung in der Bewertung wird nicht mehr festgehalten. Zurecht weist das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 28. Oktober 2010 vielmehr darauf hin, dass das Fehlverhalten nicht dadurch geringer zu bewerten sei, wenn es andere Beispielsfälle ähnlichen Fehlverhaltens geben sollte.

bb)

61

Die Verweigerung der Teilnahme des Klägers an der Vorstellung der Ergebnisses des Forschungsprojekts „Tötungsdelikte“ durch Prof. Dr. B. an der Polizeiführungsakademie in Münster am 25. und 26. August 2004, ein Forschungsprojekt, an dem der Kläger selber mitgearbeitet hatte, entbehrt eines sachlichen Grundes.

62

Der Dienstreiseantrag des Klägers für diese Veranstaltung wurde vom Stab im LKA abgelehnt. Die vom Stab auf die Gegenvorstellung des Klägers gegebene Begründung, eine Präsentation der Forschungsergebnisse in der Öffentlichkeit dürfe erst erfolgen, nachdem die Ergebnisse hier im Land vorgestellt worden seien, wirkt aus der Sicht des Gerichts reichlich synthetisch, und sie hat sich - was noch schwerer wiegt - im vorliegenden Rechtsstreit als unzutreffend herausgestellt. Denn die Behauptung des Klägers, er hätte die Forschungsergebnisse bereits mehrfach vor seinem Dienstreise- und Sonderurlaubsantrag innerhalb der Landespolizei vorgestellt, ist unwidersprochen geblieben.

63

Die vom Arbeitsgericht zunächst mündlich geäußerte Vermutung, die Ablehnung der Reise lasse sich auch durch die Gefahr begründen, dass der Kläger den innerdienstlichen Konflikt über die Zielvereinbarungen nach außen trage, der sich dann das beklagte Land im Rechtsstreit mit einer sehr vorsichtigen Formulierung (Blatt 195 der Akte: „Der Beklagte geht mit der Meinung des Gerichts einher, wenn es darlegt ....“) nachträglich angeschlossen hat, fehlt es im vorliegenden Zusammenhang an Überzeugungskraft, denn das Forschungsprojekt Tötungsdelikte hat nun gar keine Berührungspunkte zu dem innerdienstlichen Konflikt der Parteien.

64

Somit muss das Gericht feststellen, dass es für die Ablehnung der Dienstreise des Klägers keinen sachlichen Grund gegeben hat.

cc)

65

Gleiches gilt für die Behandlung des Klägers im Rahmen des von ihm angestoßenen Projekts zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Frage der Vergleichbarkeit der deutschen und polnischen Kriminalstatistiken in den Jahren 2004 und 2005.

66

Denn aus dem vom Kläger vorgelegten Protokoll des „Arbeitstreffens“ mit Prof. W. von der Universität Frankfurt/Oder am 22. März 2005 (Kopie Blatt 265 f der Akte) lassen sich mehrere Folgerungen ziehen. Zum einen ergibt sich aus der hochkarätigen Besetzung der Arbeitsgruppe von Seiten des LKA indirekt die Bereitschaft, in das Projekt Zeit und Arbeitskraft zu investieren. Das deutet wiederum darauf hin, dass man seinerzeit noch gewillt war, das Projekt weiter fortzuführen. Auf der anderen Seite belegt der Schluss des Protokolls mit dem Hinweis auf die offene Frage des Ansprechpartners für das Projekt im LKA, dass man den Kläger aus diesem Forschungsprojekt fernhalten wollte, obwohl es wie maßgeschneidert zu seiner dienstlichen Aufgabenstellung passt und es im Hause auch keine andere Person gibt, die wie der Kläger zur Mitarbeit bei Forschungsprojekten im Bereich der Kriminalstatistik geeignet wäre.

67

Dies kann nicht mit dem späteren Plan der Abordnung oder Versetzung des Klägers begründet werden, denn nach dem eigenen Sachvortrag des beklagten Landes hat erst eine organisatorische Veränderung der Zuordnung der Behörden im Mai 2005 ergeben, dass das Innenministerium über die Stellen im Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz disponieren konnte. Wenn man dann bereits im März 2005 versucht hat, den Kläger aus dem Forschungsprojekt auszuschließen, passt das wieder zu der klägerischen Sichtweise, nach der man ihm die angenehmen Seiten seiner Arbeit entziehen wollte.

68

Somit muss das Gericht feststellen, dass es für die Ablehnung der Mitarbeit des Klägers bei dem Projekt keinen sachlichen Grund gegeben hat.

dd)

69

Ebenfalls nicht verständlich ist die vom beklagten Land gegebene Begründung für die Verweigerung der vom klägerischen Abteilungsleiter (AL 6) vorgeschlagenen Teilnahme des Klägers an dem BKA-Forum in Wiesbaden durch den damaligen Leiter des Leitungsstabes am 17. März 2005. Er hatte argumentiert, die Tagesordnung des Forums weise keine Berührungspunkte zur Tätigkeit des Klägers auf.

70

Zum Beleg für die Sachbezogenheit dieser Argumentation hat das beklagte Land im Rechtsstreit lediglich das Veranstaltungsprogramm des Forums vorgelegt. Daraus kann das Gericht aber nicht ermessen, ob der Kollege des Klägers, der statt des Klägers nach Wiesbaden fahren durfte, aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten besser zu dem Tagungsprogramm gepasst hat. Außerdem hat das beklagte Land nicht erläutert, wieso es diesem Argument nunmehr ein Gewicht beimisst, obwohl der Kläger die letzten zehn Jahre immer an dem Forum teilgenommen hatte, womit so gut wie sicher ausgeschlossen ist, dass in diesen zehn Jahren das Tagungsprogramm immer zum Aufgabenbereich des Klägers gepasst hatte.

71

Auch insoweit ist das vom Arbeitsgericht gefundene Argument der Gefahr der Verbreitung des innerdienstlichen Konflikts über die Zielvereinbarungen nach außen nicht nachvollziehbar, da es keine thematischen Berührungspunkte zwischen dem Konflikt und den Tagungsthemen gibt. Zudem muss beachtet werden, dass der Kläger auch die Jahre zuvor, in denen mindestens seit 2000 der Konflikt über die Zielvereinbarungen ebenfalls bereits vorhanden war, immer an dem BKA-Forum teilnehmen durfte.

72

Da das beklagte Land selbst vorträgt, man habe über die freie Stelle, auf die der Kläger dann ab Juni 2005 zunächst abgeordnet und später versetzt wurde, erst im Mai 2005 aufgrund einer Zuständigkeitsveränderung disponieren können, kann die Verweigerung der Teilnahme am BKA-Forum auch nicht mit dem Umstand begründet werden, der Kläger werde zu dem Zeitpunkt der Veranstaltung nicht mehr seinen bisherigen Dienstposten inne haben, was zweifellos ein sachlicher Grund gewesen wäre.

73

Somit muss das Gericht feststellen, dass es für die Ablehnung der Reise des Klägers zum BKA-Forum nach Wiesbaden keinen sachlichen Grund gegeben hat.

b)

74

Die vier aufgezeigten Einzelereignisse aus der Zeit von März 2004 bis Mai 2005 fügen sich zu einem Bild, das nur den Schluss zulässt, der Direktor des LKA und sein Leiter des Leitungsstabes haben seinerzeit versucht, dem Kläger das Leben schwer zu machen. In der Gesamtschau kann das nur als Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers bewertet werden.

75

Den roten Faden sieht das Gericht zum einen darin, dass die Ablehnung der beiden Dienstreisen und die Nichtbenennung des Klägers für das Projekt zur Vergleichbarkeit der Kriminalstatistik alle den Teil der Aufgaben auf dem Dienstposten des Klägers betreffen, auf dem die Attraktivität des Dienstpostens und die Reputation des Klägers beruht. Nach der Arbeitsplatzbeschreibung zum Dienstposten des Klägers ist er mit mehr als der Hälfte seiner Arbeitszeit mit Forschungsaufgaben betraut. Da der Kläger im LKA nicht selbstständig forschen konnte, bedeutet Forschung auf dem Dienstposten des Klägers immer gleichzeitig Kooperation mit universitären oder anderen Forschungseinrichtungen.

76

Wenn man den Kläger also nicht mehr reisen lässt, schneidet man ihm die Möglichkeit ab, seinen Aufgaben in der Forschung noch nachkommen zu können. Schon in der vom Bundesarbeitsgericht dann aufgehobenen Entscheidung ist das erkennende Gericht davon ausgegangen, dass der Kläger in der fraglichen Zeit keine weiteren Reisen in Zusammenhang mit seinen Forschungsaufgaben unternehmen wollte, und hat daraus gefolgert, dem Kläger seien in der Zeit von Sommer 2004 bis Mai 2005 alle Reisewünsche abschlägig beschieden worden. Dieser Sicht der Dinge ist das beklagte Land auch im Rahmen der Fortsetzung der Berufungsverhandlung nicht entgegen getreten. Das wiederum rechtfertigt die Folgerung, dass den aufgezeigten Einzelereignissen ein Plan zu Grunde liegt.

77

Mangels einer sachlichen Rechtfertigungsmöglichkeit der Ablehnung der Reisen des Klägers muss daher gefolgert werden, die Reise- und Forschungstätigkeiten sind dem Kläger verweigert worden, um ihn persönlich zu treffen. Man wollte ihm auf dem Aufgabengebiet, das ihm besonders am Herzen liegt, ohne sachlichen Grund Steine in den Weg legen. Das ist unfair und verletzt den Kläger in seinem sozialen Achtungsanspruch. Nimmt man den weiteren Umstand hinzu, dass es für keine der drei Maßnahmen eine sachliche Rechtfertigung gibt, die sich im Rechtsstreit als tragfähig erwiesen hat, bleibt nur die Folgerung übrig, dass man damit den Kläger für seine fehlende Bereitschaft zur Eingliederung in den Dienstbetrieb abstrafen wollte. Das ist ein Missbrauch der Vorgesetztenstellung, der den Kläger in seinem sozialen Geltungsanspruch empfindlich verletzt hat.

78

Alle Umstände sprechen dafür, dass dieser Plan von dem Direktor des LKA und seinem damaligen Leiter des Leitungsstabes stammt. Darauf deutet bereits die nur disziplinarisch erklärbare Weiterleitung des Berichts des Klägers vom 11. März 2004 samt der Kritik des Leiters des Leitungsstabes an den Direktor hin. Wenn der Leiter des Leitungsstabes einen solchen Vorgang sozusagen routinemäßig beim Direktor vorlegen lässt, müssen sich beide bereits zuvor über den Kläger unterhalten und ihr weiteres Verhalten in dieser causa aufeinander abgestimmt haben. Auch die Ablehnung der beiden Reisen ist entweder vom Leiter des Leitungsstabes selbst veranlasst worden oder zumindest im Stab so entschieden worden. Es kann davon ausgegangen werden, dass dies nicht ohne Kenntnis und Billigung durch den Leiter des Leitungsstabes erfolgt ist.

3.

79

Das Verhalten der Vorgesetzten des Klägers ist nach § 278 BGB dem beklagten Land zuzurechnen.

80

Das beklagte Land hat als Arbeitgeber gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen. Nach § 241 Absatz 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Dies verbietet auch die Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - aaO; BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Die Wahrnehmung dieser Schutzpflichten kann der Arbeitgeber aus seine Bediensteten, die er als Vorgesetzte einsetzt, delegieren. Vernachlässigen die Vorgesetzten dann ihre Schutzpflichten, ist das dem Arbeitgeber zuzurechnen.

81

Insoweit ist auch anerkannt, dass der Arbeitgeber dem betroffenen Arbeitnehmer gegenüber gemäß § 278 BGB für schuldhaft begangene Persönlichkeitsrechts- oder Gesundheitsverletzungen durch von ihm als Erfüllungsgehilfen eingesetzte andere Arbeitnehmer und Vorgesetzte haftet. Als Erfüllungsgehilfen in diesem Sinne sind insbesondere die Vorgesetzten des Arbeitnehmers anzusehen (BAG 16. Mai 2007 und 25. Oktober 2007 aaO).

4.

82

Das festgestellte Verhalten ist so schwerwiegend, dass es einen Ausgleich in Form einer Entschädigung erfordert.

83

Insoweit ist es anerkannt, dass die unmittelbare Verletzung des Persönlichkeitsrechts auch ohne einhergehende Gesundheitsschädigung einen Anspruch auf Schmerzensgeld auslösen kann, obwohl die Verletzung des Persönlichkeitsrechts in dem zur Mitte des Jahres 2002 neu formulierten § 253 BGB als Anlass für eine Entschädigung gerade nicht erwähnt ist. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich jedoch, dass der Gesetzgeber die bisher dazu ergangene Rechtsprechung nicht korrigieren wollte. Vielmehr hat er nur die Auffassung vertreten, dass diese Rechtsprechung noch so im Fluss sei, dass sich eine gesetzliche Regelung derzeit verbiete (Bundestagsdrucksache 14/7752, S. 55; vgl. auch Vieweg in: jurisPK-BGB § 253 BGB RN 41). Damit kann trotz der gesetzlichen Neuregelung des § 253 BGB auch heute noch auf die bisherige Rechtsprechung zur Zuerkennung von Schmerzensgeld bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen ohne begleitende Gesundheitsschädigungen zurückgegriffen werden.

84

Diese Rechtsprechung hat schon immer zwischen Aspekten des Persönlichkeitsrechts unterschieden, die einen Marktwert haben (Stimme, Bild und Werk) und solchen immateriellen Aspekten der Persönlichkeit wie die Ehre oder den Geltungsanspruch in der sozialen Gemeinschaft, die sich nicht kommerzialisieren lassen. Während im ersten Falle die pönale Funktion oder doch zumindest die Gewinnabschöpfung zum Leitgedanken der Rechtsprechung geworden ist und daher häufig fast unvorstellbar hohe Entschädigungen zugesprochen werden, hat sich die Rechtsprechung bis in die jüngste Zeit bei der Verletzung nicht kommerzialisierbarer Aspekte der Persönlichkeit bei der Bemessung der Entschädigung allein an der Genugtuungsfunktion orientiert, was im Ergebnis zu einer eher strengen Bewertung führt. Bis heute setzt daher der Schmerzensgeldanspruch wegen der Verletzung nicht kommerzialisierbarer Aspekte des Persönlichkeitsrechts eine schwere Verletzung dieses Rechts voraus, zu deren Ausgleich die Entschädigung erforderlich sein muss (vgl. nur BAG 16. Mai 2007 a. a. O. und Vieweg a. a. O. RN 44).

85

Vorliegend hat das beklagte Land einen nicht kommerzialisierbaren Aspekt des Persönlichkeitsrechts des Klägers missachtet, weshalb ein Schmerzensgeld nur zugesprochen werden kann, wenn es sich um eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts gehandelt hat, zu deren Ausgleich die Zahlung einer Entschädigung erforderlich ist. Das ist hier der Fall.

86

Diese Bewertung weicht von der Bewertung des erkennenden Gerichts in der vom Bundesarbeitsgericht aufgehobenen Entscheidung in dieser Angelegenheit ab. Die veränderte Bewertung beruht auf dem Umstand, dass nunmehr bereits der Vermerk des Leiters des Leitungsstabes auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 und dessen Weiterleitung an den Leiter des LKA als Element festgestellt wurde, das auf eine systematische Ausgrenzung des Klägers hindeutet. Es muss also festgestellt werden, dass dem Kläger über den Zeitraum von rund 15 Monaten durch die Hausspitze planmäßig das Leben schwer gemacht wurde. Angesichts der Ausnutzung der Vorgesetztenstellung kann das nicht mehr nur als eine Persönlichkeitsrechtsverletzung angesehen werden, die keiner Entschädigung bedarf. Dabei hat das Gericht auch berücksichtigt, dass hier zwar nur vier Einzelereignisse festgestellt werden konnten, die auf den Plan schließen lassen, dass der Plan aber zu einer ständigen Belastung des Klägers im gesamten Betrachtungszeitraum von März 2004 bis Mai 2005 geführt hat.

5.

87

Die zugesprochene Entschädigung in Höhe von 2.500,00 Euro ist angemessen.

88

Eine höhere Entschädigung kann nicht zugesprochen werden. Gemessen an dem gesamten Spektrum denkbarer Persönlichkeitsrechtsverletzungen handelt es sich um eine leichtere Verletzung. Denn nicht die einzelnen Maßnahmen sind bereits für sich entwürdigend, demütigend oder herabwürdigend gewesen, sondern allein ihre Gesamtbetrachtung lässt erkennen, dass man es mit dem Kläger in jener Zeit nicht gut gemeint hat; man hat - womit keine Verharmlosung zum Ausdruck gebracht werden soll - „nur“ mit dem Entzug von Vorteilen operiert und nicht mit direkten Angriffen auf den sozialen Geltungsanspruch des Klägers.

89

Gegen die Festsetzung einer höheren Entschädigung spricht auch der Umstand, dass auch der Kläger selbst durch sein dienstliches Verhalten erheblich mit dazu beigetragen hat, dass die Hausspitze des LKA ihm gegenüber in der angesprochenen Zeit den Pfad der Vernunft verlassen hatte. Denn das Verhalten des Klägers in der Folge seiner Niederlage bei der Frage der Einführung von Zielvereinbarungen im Polizeibereich im Jahre 2000 lässt sich auch für außenstehende Dritte kaum mehr vernünftig nachvollziehen. Und die unerwartet schroffe klägerische Stellungnahme im Anschluss an das Personalgespräch vom 14. September 2004 mit dem Direktor des LKA hat geradezu einen Personalführungsnotstand hervorgerufen, den sicherlich nur ganz wenige Führungspersönlichkeiten in der Lage gewesen wären, allein mit fairen Mitteln zu lösen.

6.

90

Soweit dem Kläger eine Entschädigung zusteht, steht ihm auch der mit dem Klageantrag zu 1. geforderte Zins darauf seit Eintritt der Rechtshängigkeit zu. Es handelt sich um Prozesszinsen, die nach § 291 BGB geschuldet sind. Der geltend gemachte Zins entspricht auch der Höhe nach dem gesetzlichen Mindestzinssatz aus § 288 BGB. Das Gericht hat den Zins ab dem 13. Februar 2007 (Dienstag) zugesprochen, da die Klage an diesem Tag bei Gericht eingegangen war.

II.

91

Im Übrigen ist der auf Entschädigung wegen Mobbings gerichtete Klageantrag zu 1. nicht begründet. Die Berufung ist daher insoweit zurückzuweisen.

92

Alle weiteren Vorfälle, die der Kläger zur Begründung des Vorwurfs, er werde gemobbt, vorgetragen hat, können weder in der Einzelbetrachtung noch in der Zusammenschau nicht als herabwürdigend begriffen werden. Die zugesprochene Entschädigung kann daher nicht erhöht werden.

1.

93

Das beklagte Land hat durch die verbindliche Einführung der Zielvereinbarungen ab Mai 2000 das Persönlichkeitsrecht des Klägers weder missachtet noch verletzt.

94

Der Kläger hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht ausgeführt, es sei bereits rechtswidrig gewesen, das Zielvereinbarungswesen im Polizeibereich trotz seines ablehnenden Votums in dieser Sachfrage einzuführen. Diese Rechtsauffassung ist falsch. Nach Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz geht die Staatsgewalt im Bund und in den Ländern vom Volk aus, das sie durch besondere Organe - unter anderem durch die Landesregierungen - ausübt. Die notwendige demokratische Legitimation jeglichen staatlichen Handelns ist nur gewährleistet, wenn innerhalb der Dienststellen der Verwaltung die Verwaltungsspitze bestimmt, wie die Verwaltung organisiert und ausgeübt wird. Daher hat sich der Kläger dem Votum der Hausspitze oder gar des Ministeriums zu beugen, wenn diese sich auch im Bereich der Polizei - trotz der ablehnenden Stellungnahme des Klägers - für die Einführung von Zielvereinbarungen als Instrument der Personalführung entscheiden.

95

Nicht mehr nachvollziehbar ist aber insbesondere die weitere Auffassung des Klägers, die Nichtbeachtung seiner Stellungnahme in dieser Sachfrage würdige ihn als Person herab und stelle daher bereits eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts dar. Selbst wenn man mit dem Kläger in der Maßnahme einen Verstoß gegen das Legalitätsprinzip (§ 152 Absatz 2 StPO) erkennen will - was das Gericht ausdrücklich offen lässt - läge doch nur eine unterschiedliche Rechtsauffassung in einer einzelnen Sachfrage vor, deren Entscheidung zu Lasten des Klägers keinerlei persönlichen Einschlag erkennen lässt. Als Angehöriger des öffentlichen Dienstes muss man damit leben können, dass sich die Verwaltungsspitze in einer streitigen Sachfrage über ein Votum einer Fachabteilung hinwegsetzt. Wer dazu nicht in der Lage ist, ist nicht geeignet, als Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst tätig zu sein.

2.

96

Auch der Leserbrief von Herrn M. in der Zeitschrift Der Kriminalist Heft 2/2001 (Kopie Blatt 44) verletzt den Kläger nicht in seinem Persönlichkeitsrecht. Herr M. kritisiert darin für jeden Kundigen erkennbar den Standpunkt des Klägers in der Sachfrage der Zielvereinbarungen im Polizeibereich. Durch eine Kritik an dem Sachstandpunkt einer anderen Person kann das Persönlichkeitsrecht aber nicht verletzt werden. Das ist vielmehr erst dann denkbar, wenn die Kritik die Sachebene verlässt und direkt oder indirekt auch die kritisierte Person durch herabwürdigende oder ehrabschneidende Aussagen angreift. Eine solche Feststellung kann hier nicht getroffen werden.

97

Der an den Kläger gerichtete Vorwurf, er habe den Gesamtzusammenhang des Problems nicht erkannt und argumentiere aufgrund eines falschen Grundverständnisses, kann noch nicht als unsachlich und gegen die Person gerichtet begriffen werden. Insoweit handelt sich vielmehr um zwei typische Standardargumente wie man sie zum Beispiel aus wissenschaftlichen Auseinandersetzungen kennt („verkürzte Sichtweise“ und „falsches Vorverständnis“). Dass der Vorwurf gegenüber dem Kläger als der Autorität auf dem Gebiet der polizeilichen Kriminalstatistik erhoben wird, kann die Bewertung nicht ändern. Der offene Dialog über Sachfragen kennt keine Autoritäten und damit auch keinen Anspruch auf besonders vorsichtige Kritik gegenüber den Personen, die sich durch Stellung und Werk auf einem Fachgebiet bereits besonders hervorgetan haben. Die polemische Wortwahl, der Kläger habe sich auf dieser Basis zu falschen Forderungen an die Innenminister „hinreißen lassen“, greift ebenfalls noch nicht die Person an. Das Gericht versteht das als eine in der öffentlichen Auseinandersetzung zur Erhaltung der Aufmerksamkeit des Lesers zulässige rhetorische Einfärbung der trockenen Sachaussage.

98

Die Vorwürfe erhalten zwar dadurch eine andere Qualität, dass sie von einem mittelbaren Vorgesetzten des Klägers aus dem Innenministerium erhoben werden. Denn dadurch wird in der Öffentlichkeit ein Konflikt innerhalb der Behörde bzw. zwischen einem Mitarbeiter der Behörde und der Aufsichtsbehörde sichtbar. Das wirft notwendig die Frage nach der Fürsorge der Behörde für ihre Bediensteten auf, denn eigentlich sollten solche innerdienstlichen Konflikte nicht zuletzt auch zum Schutz der Bediensteten nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen werden. Es kann aber nicht festgestellt werden, dass der hier angesprochene Leserbrief geeignet war, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit zu beschädigen. Denn durch die Länge des Leserbriefes und durch die Vielzahl der klägerischen Argumente, mit denen sich der Autor des Leserbriefes auseinandersetzt bzw. auseinandersetzen musste, wird der Kläger aus der Sicht des Lesers indirekt gerade als ebenbürtiger Diskussionspartner in einer sachlichen Auseinandersetzung anerkannt.

99

Dass der Kläger in dem Leserbrief eine „beispiellose Herabwürdigung“ erkennt (Blatt 384), ist für Außenstehende nicht nachvollziehbar.

3.

100

Auch der Umstand, dass die ursprüngliche Langfassung des Leserbriefs gemeinsam mit einer Kopie des Artikels des Klägers bereits vorab mit Begleitschreiben aus dem Innenministerium „zu Ihrer Kenntnis“ an alle Dienststellenleiter der Polizei übermittelt wurde, führt im Ergebnis nicht zu einer anderen Bewertung.

101

Auch hier sieht das Gericht die Frage der Fürsorgepflicht des Dienstherrn berührt, denn es gehört nach dem Kenntnisstand des Gerichts zur Kunst der Personalführung jedenfalls nicht zu den üblichen Vorgehensweisen, einen Konflikt in einer Sachfrage zwischen Vorgesetzten und Untergebenen auf diese Weise in aller Breite in der Behörde zu kommunizieren. Denn hier besteht zumindest die abstrakte Gefahr, dass sich Kollegen an der klägerischen Niederlage in dieser Sachfrage, die er aufgrund seiner hierarchischen Stellung als Untergebener hinnehmen musste, delektieren. Ein dienstliches Interesse an der innerdienstlichen Offenlegung des Konflikts, das dieses Vorgehen trotz seines hässlichen Nebeneffekts rechtfertigen könnte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. In der Bewertung kann das Gericht darin aber dennoch keinen gezielten Angriff auf die Person des Klägers erkennen. Gerade die fehlende Professionalität des Verhaltens des Herrn M. aus dem Innenministerium deutet vielmehr auf eine spontane unüberlegte Handlung angesichts einer Erregung über den Gang des Klägers an die Öffentlichkeit hin.

4.

102

Aus dem Umstand, dass der Kläger im Januar 2001 an der Erstellung der Endfassung des Berichts über die Schwachstellen der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung in der Landespolizei nicht beteiligt wurde, lässt sich nicht auf eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers schließen.

103

Der vom Kläger vorgelegte Berichtsentwurf (Blatt 51 ff) enthält Formulierungen, die sich in Berichten einer nachgeordneten Behörde gegenüber dem Ministerium verbieten. Dies betrifft insbesondere die in Berichten und Vorlagen des Klägers - soweit sie hier im Rechtsstreit bekannt geworden sind - immer wiederkehrende Einleitung des Berichts mit einer Kritik an der Aufgabenstellung durch das Ministerium. Das ist das, was der Direktor des LKA später im September 2004 im Personalgespräch als die Destruktivität des Klägers angesprochen hat. Da auch die Aussagen in der Sache ungeschützt und ohne Rücksicht auf die Interessen und Befindlichkeiten der potentiellen Leser und der angesprochenen Personen und Stellen formuliert sind, bedurfte es aus objektiver Sicht einer Überarbeitung des Berichts mit Blick auf diese Gegebenheiten, bei der eine Einbindung des Klägers im Hinblick auf die zu erwartenden langen Diskussionen über diese Punkte zumindest sehr zeitaufwendig gewesen wäre.

104

Im Sinne einer guten Personalführung wäre es dann allerdings richtig gewesen, dem Kläger dies vorab mitzuteilen oder ihm hinterher das gefertigte Ergebnis mit einer kurzen Erläuterung der Abweichungen von seinem Entwurf vorzulegen. Ob dies geschehen ist, kann mangels Parteivortrag nicht festgestellt werden. Aber selbst dann, wenn es das beklagte Land an diesem Zeichen der Anerkennung für die Vorarbeiten des Klägers hat fehlen lassen, lässt sich daraus noch nicht auf einen gezielten Angriff auf die Person des Klägers schließen. Personalführung ist anerkanntermaßen eine schwierige Aufgabe, die nur wenige fehlerfrei beherrschen. Es wäre daher verfehlt, aus dem Unterlassen eines solchen ohne Zweifel schwierigen ehrlichen Gesprächs mit dem Kläger über die Schwächen seines Berichtsentwurfs gleich auf eine feindliche Einstellung gegenüber dem Kläger zu schließen. Dies betont auch das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 16. Mai 2007 (a. a. O.) in einer etwas allgemeineren Formulierung, wenn es dort ausführt, dass „im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen“ im Regelfall nicht als Ausdruck eines gegen die Person gerichteten Verhaltens gewertet werden können.

5.

105

Ähnliches gilt für den Konflikt um den Bericht für das Innenministerium zur Aufbereitung zur Veröffentlichung geeigneter Felder aus der polizeilichen Kriminalstatistik im Mai 2002. Hier ist der Entwurf des Klägers trotz seiner Mängel an das Ministerium weitergereicht worden und er kam postwendend zurück. Die langatmige schriftliche Rechtfertigung des Klägers gegenüber dem Direktor des LKA ergeht sich auch wieder in einer Kritik der Aufgabenstellung des Ministeriums, was selbst dann, wenn die Kritik zutrifft, in der Sache nicht weiterführt. In dieser Sachebene kann das Gericht ebenfalls nicht mehr erkennen als eine „im Arbeitsleben übliche Konfliktsituation“.

106

In dem klägerischen Rechtfertigungsschreiben vom 30. Mai 2002 (Kopie Blatt 107 f) hat er sich allerdings auch förmlich über die abfällige Behandlung seiner Person durch den Leitenden Kriminaldirektor M. aus dem Innenministerium und durch den Leiter des SB 1 im LKA, Herrn Mi., beschwert. Damit hatte der Konflikt neben der Sachebene zusätzlich noch einen persönlichen Einschlag bekommen und der Adressat der Beschwerde, der Direktor des LKA, war in seiner Funktion als Vorgesetzter des Klägers in der Pflicht, auf die Beschwerde sachgemäß zu reagieren. Nach der unwidersprochen gebliebenen Einlassung des Klägers gab es ihm gegenüber allerdings keine offizielle Reaktion auf seine Beschwerde. Das entspricht zumindest nicht der Üblichkeit. Allerdings gibt es für den Dienstvorgesetzten keine starren Regeln, die ihm vorschreiben, wie er auf Beschwerden seiner Untergebenen zu reagieren hat. Er kann sich eine Rückmeldung gegenüber dem Beschwerdeführer zu einem späteren aus seiner Sicht geeignet erscheinenden Zeitpunkt Vorbehalten oder vielleicht sogar eine Rückmeldung gänzlich unterlassen. Da der Kläger in der Beschwerde nur Bewertungen des Verhaltens der angesprochenen Personen und keine Tatsachen vorgetragen hat, lag es sogar nahe, dass der Direktor des LKA den Konflikt ohne eine förmliche Reaktion darauf gegenüber dem Kläger zunächst einmal näher beobachten wollte.

107

Für Außenstehende nicht nachvollziehbar ist in jedem Falle die Bewertung des Klägers, der allein aus dem Unterlassen einer Reaktion auf die Beschwerde auf eine gezielte Herabsetzung seiner Person schließen will. Dass er sich dann noch besonders gekränkt fühlt, weil der Direktor mit Herrn Mi., aber nicht mit ihm gesprochen hat, erinnert eigentlich eher an Argumentationsmuster aus geschwisterlichen Konflikten im Elternhaus und hat mit einer professionellen Handhabung eines Konflikts mit anderen Bediensteten durch eine langjährig im Berufsleben stehende erwachsene Person wenig zu tun.

6.

108

Der Rechtsstreit um die tarifgerechte Eingruppierung, den die Parteien im Jahre 2003 geführt hatten, hat aus der Sicht des Gerichts keinerlei Aussagewert in Bezug auf die behaupteten feindlichen Angriffe auf die Person des Klägers.

109

Der Kläger kritisiert insoweit, dass das Innenministerium das LKA mit Schreiben vom 25. April 2003 (Kopie als Anlage K 8 überreicht, hier Blatt 58 der Akte, es wird Bezug genommen) aufgefordert habe, Tatsachenmaterial zusammenzutragen, mit dem man den klägerischen Sachvortrag in der Eingruppierungsklage substantiiert bestreiten könne. Der Kläger schließt aus dieser Aufforderung, dass das Ministerium voreingenommen an den Eingruppierungsrechtsstreit herangegangen sei. Dem Ministeriums sei es von Anfang an nur darum gegangen, sein berechtigtes Höhergruppierungsverlangen zu vereiteln. Auch dies müsse man im Gesamtkontext als Angriff auf seine Person bewerten.

110

Diese Bewertung ist für außenstehende Dritte nicht nachvollziehbar. Aus der Sicht des Gerichts handelt es sich bei dem Aufforderungsschreiben um ein Standardanschreiben ohne jeden gegen den Kläger gerichteten Einschlag. Im Gegenteil ist aus dem Schreiben vielmehr zu schließen, dass der Referent im Ministerium den klägerischen Vortrag zur Höhergruppierung durchaus für beachtlich hält und er daher nunmehr das LKA auffordert, nicht nur Stimmung zu machen, sondern Fakten zu liefern.

111

Im Übrigen ist ein Erfolg in einer Klage auf Höhergruppierung indirekt stets auch eine Niederlage des Behördenleiters, der die Arbeit auf dem streitigen Dienstposten zu disponieren hat. Denn es gehört zu den vornehmsten Führungsaufgaben des Behördenleiters, dafür Sorge zu tragen, dass die Dienststelle mit den Mitteln zurechtkommt, die ihr vom Haushaltsgesetzgeber zugewiesen worden sind. Sieht der Behördenleiter daher die Gefahr, dass ein Höhergruppierungsverlangen berechtigt sein könnte, ist er aus seiner Rolle heraus geradezu gezwungen darüber nachzudenken, wie man die Arbeit so umverteilen oder liegenlassen könnte, dass diesem Verlangen der Boden entzogen wird. Dahingehende Überlegungen der Hausspitze, über die der Kläger berichtet hat, drücken daher nur die gegebenen Sachzwänge aus und richten sich nicht persönlich gegen den Kläger.

7.

112

Die Vorstellung des Klägers, die 2003 erhobene Forderung zur Zuarbeit zu dem Forschungsprojekt Kriminalitätsprognose bis 2020 der Fachhochschule in Güstrow stelle eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, kann von Seiten des Gerichts nicht nachvollzogen werden.

113

Selbst wenn der Standpunkt des Klägers zutreffen sollte, dass der methodische Ansatz des Forschungsprojekts verfehlt ist, bleibt der Kläger im Rahmen seiner Aufgabenstellung als weisungsunterworfener Arbeitnehmer dazu verpflichtet, auf Anweisung seiner Vorgesetzten Zuarbeiten zu diesem Projekt zu leisten. Die Vorstellung des Klägers, aus seiner Arbeitsplatzbeschreibung ließe sich ableiten, dass er nur zur Zuarbeit an „kriminalwissenschaftlich qualifizierten“ Forschungsprojekten verpflichtet sei, ist abwegig. Das Wort „qualifiziert“ in der Arbeitsplatzbeschreibung dient nur der näheren Bezeichnung der Anforderungen, die der Inhaber der Stelle erfüllen muss. Daraus darf nicht im Umkehrschluss abgeleitet werden, der Stelleninhaber dürfe ausschließlich im Rahmen solcher qualifizierten Projekte eingesetzt werden.

114

Für Außenstehende nicht mehr nachvollziehbar ist aber insbesondere die weitere Folgerung des Klägers, in der Verpflichtung zur Zuarbeit zu einem aus seiner Sicht „nicht qualifizierten“ Forschungsprojekt komme wiederum eine Kränkung seiner Person zum Ausdruck. Diese Bewertung gilt gerade auch dann, wenn man mit berücksichtigt, dass die vom Kläger so leidenschaftlich geführte Auseinandersetzung um die Schädlichkeit der Zielvereinbarungen im Polizeibereich Berührungspunkte mit diesem Forschungsprojekt aufweist. Der Kläger muss vielmehr akzeptieren, dass er als Arbeitnehmer des beklagten Landes zur Arbeit nach Weisung verpflichtet ist und dass er keinen Anspruch darauf hat, dass man auf seinen von der Hausspitze nicht geteilten Standpunkt in einer Sachfrage bei der Zuteilung der Arbeit Rücksicht nimmt. Dies gilt jedenfalls ohne Einschränkung bei den konkreten Verhältnissen im LKA, wo es gar keine andere Person gegeben hätte, auf die man die für den Kläger unangenehme Aufgabe der Zuarbeit hätte übertragen können.

8.

115

Schließlich kann nicht festgestellt werden, dass es zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers im Zusammenhang mit dem Personalgespräch mit dem Direktor des LKA am 14. September 2004 gekommen ist.

116

Zu dem Personalgespräch bestand ein sachlicher Anlass, den der Direktor des LKA selbst nach der Einlassung des Klägers auch in den Mittelpunkt des Gespräches gestellt hatte. Denn wie die oben angeführten Einzelkonflikte gezeigt haben, war es zu Problemen in der Führung des Klägers als Arbeitnehmer gekommen, da er ungewöhnlich viel Kritik an den ihm übertragenen Aufgaben geübt hatte und sich der Arbeit verweigerte, soweit diese Berührungspunkte zu der streitigen Frage der polizeilichen Kriminalstatistik in Zeiten der praktizierten Zielvereinbarungen aufgewiesen hatte. Der Direktor hat dem Kläger aufgezeigt, dass ein solches Verhalten auf Dauer nicht geduldet werden könne und hat ihn aufgefordert, sich eines Besseren zu besinnen. Im Sinne einer fairen Behandlung des Untergebenen hat er ihm sodann noch eine Bedenkzeit zur Korrektur seiner Einstellung zum Dienst gegeben und hat ihm, damit man die Sache im Bedarfsfall auch auf den Punkt bringen kann, zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert.

117

Die Stellungnahme des Klägers vom 12. Oktober 2004 (Kopie Blatt 59 f der Akte) kann dann jedoch aus der Sicht eines jeden denkbaren Vorgesetzten nur als enttäuschend bezeichnet werden, denn aus ihr geht ohne jeden Zweifel hervor, dass der Kläger nicht gewillt war, sich wieder in den normalen Dienstbetrieb einzugliedern. Bildlich formuliert hat der Kläger mit dieser Stellungnahme die ihm geöffnete Tür zu einer konfliktfreien zukünftigen Zusammenarbeit zugeschlagen und dem Direktor signalisiert, dass er auch in Zukunft nicht gewillt ist, sich wie ein weisungsunterworfener Arbeitnehmer zu verhalten.

118

Dass der Kläger nunmehr im Rechtsstreit den dort formulierten Hinweis auf die „deutlichen Anzeichen für ein organisiertes Mobbing“ als eine Art Hilferuf an seinen Direktor verstanden wissen will, ist nicht nachvollziehbar. Die Auslegung des Textes durch das Gericht ergibt vielmehr im Gegenteil, dass der Kläger damit seinem Direktor vorwirft, sich durch das Personalgespräch an dem Mobbing gegen seine Person beteiligt zu haben. Denn der Kläger hatte seinen Vorwurf wie schon in der Beschwerde über die abfällige Behandlung seiner Person vom 30. Mai 2002 nicht mit einzelnen konkreten Vorfällen belegt, so dass aus der Sicht des objektiven Lesers des Textes der Mobbingvorwurf allein auf die Behandlung des Klägers in den drei Punkten, die Anlass für das Personalgespräch waren, und auf das Personalgespräch selbst gemünzt gewesen sein kann. In Bezug auf diese Ereignisse ist der Vorwurf des Mobbings nicht gerechtfertigt.

9.

119

Auch der Abteilungsleiter im Innenministerium Herr N. hat das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht verletzt, als er im Anschluss an die Anhörung des Klägers im Landtag und das anschließende Pressegespräch am 8. Dezember 2004 dem Kläger für die ungenehmigte Aussage und die Äußerungen gegenüber der Presse unter dem 22. Dezember 2004 eine Abmahnung erteilt hatte (Kopie Blatt 49 f der Akte).

120

Die Abmahnung ist in einem durchgängig sachlichen fast unterkühlten Ton verfasst und sie ist, was die Pflichtverletzung des Klägers betrifft, zutreffend. Der Kläger hat dadurch, dass er sich vor dem Landtag zu innerdienstlichen Angelegenheiten ohne eine entsprechende Aussagegenehmigung geäußert hatte, gegen seine Dienstpflichten verstoßen. Da rechtskräftig festgestellt ist, dass die Abmahnung rechtmäßig war, könnte in ihr nur dann eine (versteckte) Persönlichkeitsverletzung zum Ausdruck kommen, wenn sich feststellen ließe, dass die Dienststelle hier die rechtmäßige Möglichkeit einer Sanktion gegenüber dem Kläger ausgenutzt hat, um ein übergeordnetes rechtswidriges Ziel, das man etwa als die Zermürbung des Klägers bezeichnen könnte, zu verfolgen. Eine so weitgehende Feststellung kann nicht getroffen werden.

121

Das erkennende Gericht hält die Abmahnung angesichts des Gewichts der in Rede stehenden Vorwürfe zwar für eine sehr strenge Maßnahme. Denn bei der Bewertung muss nach Auffassung des erkennenden Gerichts beachtet werden, dass der Kläger auf Einladung des Vorsitzenden des Innenausschusses des Landtages dort Rede und Antwort stand, und man in Analogie zu § 376 Absatz 3 ZPO den Standpunkt vertreten könnte, es wäre Aufgabe des Ausschussvorsitzenden des Landtages gewesen, sich um eine Aussagegenehmigung der Personen zu kümmern, die er zu einer Anhörung einlädt. Damit könnten nämlich eventuelle Konflikte um die Erteilung der Aussagegenehmigung sozusagen auf Augenhöhe im Vorfeld zwischen Landtag und Ministerium ausgetragen werden, und der betroffene untergebende Bedienstete käme nicht in den Konflikt zwischen seiner Geheimhaltungspflicht und den Unterrichtungswünschen des Landtages. Zudem ist es nur schwer vorstellbar, dass der Kläger tatsächlich über konkrete Dienstgeheimnisse über verfälschte Statistiken verfügte und diese offenbarte, denn seine Ausführungen zu dieser Frage erschöpfen sich auch im vorliegenden Rechtsstreit durchgängig lediglich in dem Aufzeigen von Gefahren, ohne dass er einen einzigen Vorfall schildern konnte, in dem sich die von ihm gesehene Gefahr verwirklicht hat. Zusätzlich muss beachtet werden, dass der Kläger nach seiner unwidersprochen gebliebenen Einlassung auch auf Bitten seines Berufsverbandes sich auf die Anhörung eingelassen hatte (Blatt 38), die ja in direkter Beziehung zu der Presseerklärung des BDK vom 29. November 2004 stand. Damit hätte bei der Auslegung der Pflichten aus § 8 BAT-O, die das beklagte Land hier als Wohlverhaltenspflicht bezeichnet, auch berücksichtigt werden müssen, dass das Handeln des Klägers in Wahrnehmung der Rechte des Berufsverbandes aus Art. 9 Absatz 3 Grundgesetz erfolgt ist.

122

Dennoch lässt sich aus dieser Bewertung des Vorfalls durch das erkennende Gericht nicht der Schluss ziehen, die vielleicht etwas übertriebene Reaktion in Form einer Abmahnung sei in der Absicht erfolgt, den Kläger zu schädigen. Dieser Schluss verbietet sich in erster Linie aufgrund des Umstandes, dass der Konflikt des Klägers mit seiner Dienststelle mit der Aussage des Klägers vor dem Landtag und der Presse in Anwesenheit des ebenfalls eingeladenen Abteilungsleiters Polizei im Innenministerium Herrn N. erstmals diese hohe Hierarchieebene innerhalb des Ministeriums erreicht hatte. Mit Herrn N., der die Abmahnung auch unterzeichnet hat, war eine neue Person in den Konflikt einbezogen worden und es ist davon auszugehen, dass diese Person den Konflikt nicht von vornherein durch die Brille der Personen im LKA gesehen hat, die diesen Konflikt bereits seit Jahren geführt und nicht bewältigt haben. Es ist daher nicht ersichtlich, weshalb Herr N. geneigt gewesen sein sollte, seine Amtsautorität dadurch zu beschädigen, dass er eine Entscheidung trifft, die durch sachfremde Erwägungen geprägt oder überlagert ist.

10.

123

Das Gericht kann ebenfalls keinen Zusammenhang zwischen einem feindlichen Vorgehen gegen den Kläger und dem Artikel im F... vom 14. Mai 2005 erkennen. Die Konstruktion des Klägers, der Direktor des LKA habe sich über diesen Artikel und über seinen - streitig gebliebenen - Versuch, diesen zu verhindern, so geärgert, dass er dem Kläger die Teilnahme an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin im Juni 2005 verboten habe, ist spekulativ geblieben. Ein solcher Zusammenhang drängt sich auch nicht auf.

11.

124

Auch die Verweigerung der Teilnahme des Klägers an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin im Juni 2005 durch die Hausspitze des LKA kann nicht als persönlich gegen den Kläger gerichtet angesehen werden.

125

Denn zu dieser Veranstaltung hatte der Kläger erst im Mai 2005 einen Dienstreiseantrag gestellt. Zu diesem Zeitpunkt bestanden aber bereits die Planungen, den Kläger kurzfristig abzuordnen und möglicherweise sogar schon der Plan, ihn langfristig zu versetzen. So gab es für die Ablehnung dieses Dienstreiseantrages zumindest objektiv einen sachlichen Anlass. Das Gericht hat daher nicht weiter aufgeklärt, wie die Dienststelle die Ablehnung der Dienstreise tatsächlich gegenüber dem Kläger begründet hat.

12.

126

Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers ergibt sich schließlich auch nicht aus der Abordnung und Versetzung auf seinen derzeitigen Dienstposten im Laufe des Jahres 2005.

127

Durch die überraschend schroffe Reaktion des Klägers auf das Personalgespräch vom 14. September 2004 in seiner Stellungnahme vom 12. Oktober 2004 wurde für jeden außenstehenden Beobachter klar, dass es im LKA einen Konflikt gibt, der innerhalb des LKA durch die dort handelnden Personen nicht mehr bewältigt werden konnte. Die übergeordnete Behörde musste daher im Interesse der Gewährleistung des Dienstbetriebes und im Schutzinteresse für alle am Konflikt beteiligten Beschäftigten eingreifen. Dabei steht ihr ein weites Handlungsermessen zu. Sie ist nicht verpflichtet durch aufwändige Ermittlungen den wahren Bösen festzustellen, um dann gegen ihn vorzugehen, sie kann vielmehr nach pragmatischen Gesichtspunkten die Person heraus greifen und versetzen, für die ein anderer geeigneter Dienstposten zur Verfügung steht. Insoweit hat das beklagte Land mit der Abordnung und Versetzung des Klägers alles richtig gemacht; wenn man einen Vorwurf erheben will, könnte es nur der sein, zwischen dem gescheiterten Personalgespräch und der Personalmaßnahme acht Monate zugewartet zu haben.

128

Der neue Dienstposten des Klägers passt von der Wertigkeit zu seinem arbeitsrechtlichen Status und mit seiner Wahrnehmung sind auch keine unzumutbaren Beschwerlichkeiten in örtlicher Hinsicht verbunden. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht wurde auch Einblick genommen in den schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien. Aus ihm ergeben sich auch keine Einschränkungen seiner Versetzbarkeit oder gar eine Konkretisierung auf seinen Dienstposten im LKA. Vielmehr handelt es sich um eine für den öffentlichen Dienst typischen fast aussagelosen Arbeitsvertrag, der im Wesentlichen auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes verweist. Für das Gericht ist daher der Vorwurf des Klägers nicht nachvollziehbar, diese Maßnahme verletzte ihn im besonderen Maße in seinem Persönlichkeitsrecht.

129

Dass das beklagte Land den Kläger zunächst nur für drei Monate abgeordnet hatte, die Abordnung dann noch einmal verlängerte und dann erst die Versetzung aussprach, hält das Gericht zwar für unglücklich und gegenüber dem beteiligungspflichtigen Personalrat auch für unehrlich. Darin kommt aber keine Sonderbehandlung zu Lasten des Klägers zum Ausdruck, denn es ist gerichtsbekannt, dass dies in allen Ministerien der Landesverwaltung gern so gehandhabt wird.

13.

130

Auch die Zusammenschau all der vom Kläger angeführten Ereignisse ergibt kein anderes Bild. Allein schon die Anzahl der Personen, die sich an dem Mobbing zu Lasten des Klägers beteiligt haben sollen, macht es unwahrscheinlich, dass all diese Personen tatsächlich nach einem gemeinsamen Plan gehandelt haben oder wenigstens alle an einem Strang gezogen haben. Wie oben aufgezeigt gab es für die 12 hier untersuchten und als nicht mobbing-relevant eingeschätzten Vorkommnisse auch stets einen sachlichen Anlass für das Verhalten der handelnden Personen. Als gegen den Kläger gerichtet könnten diese Vorkommnisse also nur dann gewertet werden, wenn man feststellen könnte, dass unter dem Deckmantel eines sachlichen Anlasses andere Ziele verfolgt wurden. Das ist trotz aller Bemühungen des Gerichts um die Aufklärung des Sachverhalts bis zum Schluss aber spekulativ geblieben.

131

Es muss zwar mit der gebotenen Deutlichkeit festgehalten werden, dass es in der Behandlung des Klägers immer wieder beachtliche Besonderheiten gegeben hat, aus denen man sogar bei oberflächlicher Betrachtung den Eindruck von Mobbing gewinnen könnte. Für die bewusste Schaffung eines feindlichen Umfeldes im Sinne von § 3 Absatz 3 AGG fehlen jedoch die erforderlichen Indizien. Gerade der lange Zeitraum, über den der ganze Konflikt geschwelt hat, zeigt für das Gericht, dass er nicht als auf einem einheitlichen Plan beruhend begriffen werden kann. Das Gericht geht vielmehr davon aus, dass die Stärken und die Schwächen der handelnden Personen auf beiden Seiten immer wieder Effekte gehabt hatten, die den Kläger mehr und mehr an den Rand der Dienstgemeinschaft im LKA geführt haben, ohne dass dem ein Plan oder etwas ähnliches zu Grunde lag. Das wird belegt durch die Vielzahl der Personen, die dazu - allerdings nicht beweisbar bewusst - ihren Beitrag geleistet haben. Wenn man den Vorgesetzten des Klägers einen Vorwurf machen wollte, könnte es nur der sein, dass man diese Dynamik nicht oder nicht früh genug erkannt hat und dementsprechend spät erst mit der Abordnung und Versetzung reagiert hat. Dieser Vorwurf hat aber nichts mit einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder gar mit Mobbing zu tun.

132

Selbst wenn man hilfsweise die oben unter oben 11. untersuchte Verweigerung der Dienstreise zur 50. Jahrestagung PKS im Juni 2005 in Berlin noch zu den Vorkommnissen zählen würde, in denen sich ein unfaires Verhalten gegenüber dem Kläger ausdrückt, weil diese Verweigerung in das oben herausgearbeitete Muster des Mobbing-Verhaltens passt, würde sich daraus keine höhere Entschädigung zu Gunsten des Klägers ergeben. Denn bei der Bemessung der Entschädigung hat das Gericht ohnehin des gesamten Zeitraum von März 2004 bis zur klägerischen Abordnung im Juni 2005 bewertet; es wäre daher nicht entscheidungserheblich, wenn zu den 4 in diesem Zeitraum festgestellten Einzelereignissen ein weiteres gleichgelagertes dazukommen würde.

III.

133

Die Berufung ist auch unbegründet, soweit der Kläger mit dem Klageantrag zu 2 entgangenes Entgelt als Schadensersatz wegen der inzwischen eingetretenen Gesundheitsschäden fordert.

134

Der Klageantrag zu 2 ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die Zahlung der Vergütungsdifferenzen zwischen dem tatsächlich bezogenen Krankengeld und dem im Falle von Arbeitsfähigkeit im Streitzeitraum verdienten Arbeitsentgelt für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit ab der zweiten Jahreshälfte 2005 bis Ende 2007 sind nicht erfüllt. Eine vertragliche Anspruchsgrundlage zur Zahlung des Arbeitsentgelts trotz unterbliebener Arbeitsleistung ist nicht ersichtlich. Daher könnte der Anspruch allein als Schadensersatzleistung begründet sein. Das beklagte Land ist allerdings nicht zum Schadensersatz verpflichtet, da nicht festgestellt werden kann, dass die der Arbeitsunfähigkeit zu Grunde liegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers vom beklagten Land schuldhaft herbeigeführt worden sind. Eine gezielte Beschädigung der Gesundheit des Klägers durch Mitarbeiter des beklagten Landes ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Demnach verbleibt nur die Möglichkeit, dass Mitarbeiter des beklagten Landes gezielt das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt oder missachtet haben könnten und sich diese Kränkung beim Kläger in einer Reaktion mit Krankheitswert ausgewirkt hat. Aber auch eine solche Feststellung kann nicht getroffen werden.

1.

135

Durch die Abordnung und spätere Versetzung im Jahre 2005 hat das beklagte Land nicht vorwerfbar die Gesundheit des Klägers geschädigt.

136

Selbst wenn es - was bewusst offen bleiben soll - für das beklagte Land vorhersehbar gewesen sein sollte, dass die Abordnung und Versetzung beim Kläger eine Depression auslösen würde und er aufgrund seiner Anpassungsstörung mit Krankheitswert nicht in der Lage sein würde, sich auf seinen neuen Dienstposten einzustellen, kann daraus keine Einschränkung des im dienstlichen Interesse bestehenden weiten Ermessensspielraums des Dienstherrn bei dieser Entscheidung folgen. Vielmehr hat sich aus Anlass der dienstlich gebotenen und rechtmäßigen Personalmaßnahme gezeigt, dass der Kläger an einem gesundheitlichen Defizit leidet, das seine Eignung, als Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst tätig zu sein, ernsthaft in Frage stellt, weil sie den im öffentlichen Dienst üblichen und mit Recht geforderten flexiblen Einsatz des Personals auf verschiedenen Dienstposten beim Kläger unmöglich macht.

137

Diese Feststellung kann durch eine vergleichende Betrachtung der Pflichten des Arbeitgebers, dem gesundheitlich geschwächten Arbeitnehmer einen leidensgerechten Arbeitsplatz anzubieten, bestätigt werden. In der Rechtsprechung ist es insoweit anerkannt, dass der Arbeitgeber verpflichtet sein kann, dem Arbeitnehmer einen leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung fußt auf der Fürsorgepflicht und sie ist auch Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips; eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen der gesundheitlichen Einschränkungen soll erst dann in Betracht kommen, wenn es nicht mehr möglich ist, den Arbeitnehmer vertragsgemäß zu beschäftigen und es auch nicht mehr möglich ist, ihm einen leidensgereichten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Diese Pflicht wird aber begrenzt durch die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers. Seine Pflicht zur leidensgerechten Beschäftigung des Arbeitnehmers endet dort, wo ihm dies unzumutbar wird.

138

Nach allen medizinischen Stellungnahmen, die sich in der Akte befinden, wäre der einzige leidensgerechte Arbeitsplatz für den Kläger sein alter Arbeitsplatz im LKA. Es ist für das beklagte Land unzumutbar, ihn auf diesem Arbeitsplatz einzusetzen. Daher kann die Abordnung und spätere Versetzung des Klägers, trotz ihrer möglicherweise erkennbar gewesenen gesundheitlichen Risiken für den Kläger nicht als vorwerfbare Missachtung der Gebrechen des Klägers bewertet werden.

2.

139

Es kann nicht festgestellt werden, dass die inzwischen beim Kläger aufgetretenen ernsthaften gesundheitlichen Probleme kausal auf der oben festgestellten Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers in der Zeit zwischen März 2004 und seiner Abordnung im Juni 2005 beruhen.

140

Die Darlegungs- und Beweislast für den beim Schadensersatz notwendigen kausalen Zusammenhang zwischen der Verletzungshandlung und dem eingetretenen Schaden liegt beim Geschädigten, hier beim Kläger. Eine Beweiserleichterung bei mobbing-typischen Erkrankungen hat das Bundesarbeitsgericht nicht anerkannt (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - aaO).

141

Anerkannt ist allerdings, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der schädigenden Handlung und dem Auftreten des Gesundheitsschadens zu einer Beweiserleichterung zu Gunsten des geschädigten Arbeitnehmers führen kann (BAG 16. Mai 2007 aaO und ihm folgend LAG Mecklenburg-Vorpommern 13. Januar 2009 - 5 Sa 86/08). Ein solcher enger zeitlicher Zusammenhang ist hier durchaus gegeben, denn die krankheitsbedingten Ausfallzeiten begannen sozusagen unmittelbar in Anschluss an die Zeit, als der Kläger 2004 und 2005 unfair durch die Hausspitze im LKA behandelt wurde.

142

Dieser feststellbare enge zeitliche Zusammenhang reicht aber aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles nicht aus, um von einer Kausalität zwischen der Persönlichkeitsrechtsverletzung und dem eingetretenen Gesundheitsschaden auszugehen. Maßgebend für diese Bewertung durch das Gericht sind die inzwischen zahlreichen medizinischen Stellungnahmen zu den gesundheitlichen Problemen des Klägers. Wie ein roter Faden zieht sich durch all diese Stellungnahmen die Herstellung des Zusammenhangs zwischen der Abordnung und späteren Versetzung des Klägers und dem Auftreten der depressiven Verstimmung. Als maßgebend wird hierfür die in der Persönlichkeit des Klägers begründete Unfähigkeit zur Anpassung an das neue Arbeitsumfeld angesehen. Daraus muss das Gericht schließen, dass die depressive Verstimmung des Klägers und der Verlust seiner Arbeitsfähigkeit nicht auf der Verletzung des Persönlichkeitsrechts in der Zeit von März 2004 bis Mai 2005 beruht, sondern auf der sich daran anschließenden Maßnahme der Abordnung und Versetzung. Damit verliert der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Verletzungshandlung und dem Auftreten des Gesundheitsschadens seine Aussagekraft, denn sozusagen im Schnittpunkt beider Zeitabschnitte hat es ein weiteres Ereignis gegeben, dass aus medizinischer Sicht die Probleme des Klägers hervorgerufen hat.

143

In der Gesamtbewertung kann das Gericht daher keinen nennenswerten Effekt der unfairen Behandlung des Klägers in der Zeit von März 2004 bis zu klägerischen Abordnung an eine andere Dienststelle ab Juni 2005 auf die gesundheitliche Situation des Klägers erkennen.

IV.

144

Auch der Klageantrag zu 3. ist nicht begründet. Denn da dem Kläger schon dem Grunde nach kein Schadensersatz hinsichtlich der wegen Krankheit entgangenen Vergütung zusteht (vgl. oben III.), ist auch die Feststellung der weiteren Schadensersatzpflicht für die entgangene Vergütung ab Januar 2008 nicht begründet.

145

Auch der Klageantrag zu 4., der sich auf die Feststellung der Schadensersatz- und Entschädigungspflicht in der Zukunft bezieht, ist nicht begründet. Eine weitere Entschädigung steht dem Kläger nicht zu. Er wird entschädigt für seine unfaire Behandlung in den letzten 15 Monaten seiner Tätigkeit im LKA, der Vorgang ist abgeschlossen. Es ist nicht ersichtlich, woraus sich in der Zukunft noch ein Anlass zu weiterer Entschädigung ergeben sollte. Auch die Feststellung der weitern Schadensersatzpflicht ist unbegründet, da das Gericht insgesamt nicht davon ausgeht, dass sich das beklagte Land schadensersatzbegründend verhalten hat.

V.

146

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Absatz 1 ZPO und sie berücksichtigt sowohl das teilweise Obsiegen des Klägers im Rechtsstreit als auch die Kosten des erfolgreichen Revisionsverfahrens. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind von der Kostenentscheidung mit umfasst.

147

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision aus § 72 ArbGG sind nicht erfüllt.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 13. Januar 2009 - 5 Sa 112/08 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche, die der Kläger wegen „Mobbings“ geltend macht.

2

Der Kläger war als Diplomjurist in der DDR seit 1976 Staatsanwalt. Seit 1993 ist er beim beklagten Land angestellt und wird nach BAT VergGr. II a vergütet. Als stellvertretender Dezernatsleiter war er beim Landeskriminalamt mit der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik in den Bereichen Kriminalitätsanalyse, Kriminalstrategie, Kriminalitätsprävention und Kriminalstatistik befasst. Zudem hat sich der Kläger in der Kriminalforschung engagiert, auch im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben.

3

Im Mai 2000 führte das beklagte Land ein System von Zielvereinbarungen für den Polizeibereich ein. Dies führte zu einem Konflikt zwischen dem Kläger und dem Direktor des Landeskriminalamtes W über die richtige Führung der Polizeistatistik, insbesondere über die Frage, ob die Zielvereinbarungen die Kriminalstatistik schädigen oder beeinflussen können oder dies schon getan haben. Der Kläger hat Zielvereinbarungen ua. wegen eines Verstoßes gegen das Legalitätsprinzip für rechtswidrig gehalten. Seine Kritik veröffentlichte er im September 2000 in einer Fachzeitschrift, was zu weiteren Auseinandersetzungen auch mit anderen LKA-Mitarbeitern führte. 2002 wurde ein Antrag des Klägers auf Höhergruppierung abschlägig beschieden, was der Kläger erfolglos arbeitsgerichtlich überprüfen ließ.

4

Am 5. März 2004 erhielt der Kläger den Auftrag, eine vergleichende Stellungnahme zu einer aus Polen stammenden Kriminalstatistik abzugeben. Diese Stellungnahme legte der Kläger am 11. März 2004 vor. Der Leiter des Leitungsstabes im LKA M brachte auf der Ausarbeitung des Klägers den handschriftlichen Vermerk an:

        

„1.     

(Thema verfehlt): Aufgabe war nicht der Vergleich Stettin-MV;

        

2.    

auch noch verspätet vorgelegt.“

5

Nachdem der Kläger wiederholt aus kriminalwissenschaftlichen Gründen die Mitarbeit an bestimmten Projekten abgelehnt hatte, wurde er im Jahr 2004 von dem Kriminaldirektor W zu dem Eindruck angehört, er verhalte sich zunehmend destruktiv, sei nicht mehr gewillt, seine Aufgaben als Dezernent ordnungsgemäß wahrzunehmen und es sei zu überlegen, ob er noch geeignet sei, den ihm übertragenen Dienstposten auszufüllen. Der Kläger wies die Vorwürfe in der Sache zurück und kündigte an, sich gegen eine Fortsetzung solchen „Mobbings“ mit allen rechtlich zulässigen Mitteln zur Wehr zu setzen. Im Dezember 2004 wurde der Kläger wegen eines Verstoßes gegen seine Verschwiegenheits- und seine Wohlverhaltenspflicht abgemahnt. Die von ihm dagegen erhobene Klage wurde rechtskräftig abgewiesen. Schon seit dem Spätsommer 2004 war der Kläger zunehmend von Forschungsprojekten, die er bis dahin im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit mit verfolgte, ausgeschlossen worden.

6

Im Mai 2005 wurde der Kläger im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einem kritischen Artikel des Magazins „Focus“ zu dem Zielvereinbarungssystem für die Polizei Mecklenburg-Vorpommerns zum 1. Juni 2005 an das Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz abgeordnet und schließlich zum 1. Dezember 2005 dorthin dauerhaft versetzt, wobei ihm der höher bewertete Dienstposten eines Dezernatsleiters übertragen wurde. Ein gegen die Abordnung und Versetzung eingeleitetes arbeitsgerichtliches Verfahren wurde rechtskräftig zu Lasten des Klägers entschieden.

7

Nach Vorerkrankungen ist der Kläger seit dem 2. Januar 2007 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt, seit dem 1. September 2008 erhält er - befristet - eine Erwerbsminderungsrente. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nur er habe innerhalb des LKA wie des Landesdienstes überhaupt die Fachkompetenz, darüber zu entscheiden, wie die Polizeistatistik zu führen sei. Die Führung des LKA wie auch das Innenministerium hätten diese seine Entscheidungskompetenz missachtet und wegen seiner kritischen Haltung zu Zielvereinbarungen für den Polizeidienst beschlossen, ihn aus dem Dienst zu drängen. Dieser feindlichen Einstellung zu seiner Person sei seine Versetzung an das Amt für Brand- und Katastrophenschutz des Landes geschuldet, was sich schon aus dem zeitlichen Zusammenhang mit dem ebenfalls kritischen Focus-Artikel ergebe.

8

Neben einem Schmerzensgeld begehrt der Kläger ua. auch Ersatz für Verdienstausfall für die Zeit seiner Erkrankung in rechnerisch nicht streitiger Höhe von 5.951,80 Euro.

9

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, welches 35.000,00 Euro nicht unterschreiten sollte, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.951,80 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. Januar 2008 die Differenz zwischen dem ihm von der Deutschen Angestellten Krankenkasse gezahlten Krankengeld und seinem monatlichen Nettoverdienst, welches er bis zum 7. September 2006 von der Beklagten bzw. der Abrechnungsstelle der Beklagten erhalten hat, zu zahlen;

        

4.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen hat, der ihm aufgrund des Mobbings der Beklagten bzw. des von der Beklagten gegenüber dem Kläger geduldeten Mobbings durch Angestellte und Mitarbeiter der Beklagten in der Zeit von 1997 bis 2006 entstanden ist und entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

10

Das beklagte Land hat die Abweisung der Klage beantragt und die Mobbingvorwürfe des Klägers bestritten. Anfeindungen, Beleidigungen oder Ausgrenzungen des Klägers habe es nicht gegeben.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, da es bei seiner Entscheidung den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat.

13

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Teilaufgabe „Kriminalforschung/Teilnahme an Forschungsprojekten“ habe das beklagte Land dem Kläger in der achtmonatigen Schwebephase zwischen dem gescheiterten Personalgespräch im Herbst 2004 und der Abordnung des Klägers zum 1. Juni 2005 entzogen, indem es dem Kläger die Teilnahme an drei in diesen Zeitraum fallenden Veranstaltungen/Projekten verweigert habe. Da es dafür an einer sachlichen Rechtfertigung fehle, müsse gefolgert werden, dass der Kläger wegen seiner fehlenden Eingliederungsbereitschaft in den Dienstbetrieb bestraft werden sollte, was ihn in seinem Persönlichkeitsrecht verletze und insoweit auf eine feindliche Einstellung der Hausspitze des LKA gegenüber dem Kläger schließen lasse. Es liege ein Missbrauch der Vorgesetztenstellung vor, durch den der Kläger in seinem sozialen Geltungsbereich empfindlich verletzt worden sei. Dagegen könne in den weiteren vom Kläger dargelegten Vorfällen keine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts gesehen werden, auch fehle es an den erforderlichen Indizien für die bewusste Schaffung eines feindlichen Umfeldes.

14

Die handschriftlichen Vermerke M auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und der deutschen Kriminalstatistik hätten zwar einen deutlich personenbezogenen Schwerpunkt, da der Eindruck einer Beurteilung der persönlichen Leistung des Klägers vermittelt werde, die jedenfalls mit der sachlichen Bewertung des Berichts nichts mehr zu tun habe. Die Vermerke „Thema verfehlt“ und „auch noch verspätet vorgelegt“ hätten allenfalls in die Personalakte des Klägers gehört, nicht jedoch in die Sachakte, der sie zugeführt worden seien. Dort hätten auch solche Personen von den Vermerken Kenntnis nehmen können, denen ein Zugriff auf die Personalakte des Klägers verwehrt gewesen sei. Aus dem Erfahrungshorizont des Gerichts sei aber festzuhalten, dass es heute nicht ungewöhnlich sei, dass sich Vorgesetzte im Rahmen ihrer Vermerke auf Berichte von Untergebenen solche ins Persönliche gehende Bemerkungen erlaubten. Mit dem Vermerk komme daher keine Sonderbehandlung gegenüber dem Kläger zum Ausdruck.

15

Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung zeige der lange Konfliktzeitraum von 2000 bis 2005, dass die Auseinandersetzungen nicht als auf einem einheitlichen Plan beruhend begriffen werden könnten. Darauf weise auch die Vielzahl der handelnden Personen hin, die, wenn auch nicht nachweisbar bewusst, ihren Beitrag zu dem Konflikt geleistet hätten. Die drei festzustellenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen seit Herbst 2004 müssten als so geringfügig eingeschätzt werden, dass sie die aufgetretenen ernsthaften gesundheitlichen Probleme des Klägers nicht ausgelöst haben könnten. Die Ursachen dürften zwar im Arbeitsumfeld des Klägers zu suchen sein, könnten aber nicht auf Handlungen der Dienststelle zurückgeführt werden. Der Kläger habe zu seiner Außenseiterposition in eigener Verantwortung beigetragen. Ihm sei auch mehrfach ärztlicherseits die Unfähigkeit zur Anpassung an die neue Arbeitssituation bescheinigt worden. Könne somit eine schuldhaft verursachte Schädigung der Gesundheit des Klägers durch das beklagte Land in der Gesamtschau nicht festgestellt werden, so brauche es für einen Schmerzensgeldanspruch eine schwere, unmittelbare Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Zwar sei der Kläger ab 2004 daran gehindert worden, auch dienstlich an Projekten und Tagungen zur Kriminalforschung teilzunehmen. Dies stelle aber keine schwere Persönlichkeitsverletzung dar.

16

B. Das landesarbeitsgerichtliche Urteil hält wegen eines Verstoßes gegen § 139 ZPO, der den Kläger in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör(Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 5 ArbGG). In der Sache selbst kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden, weswegen die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen ist, § 563 Abs. 3 ZPO.

17

I. „Mobbing“ ist kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund von Mobbing geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers iSd. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung iSd. § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 Abs. 3 AGG erfolgten Definition des Begriffes „Belästigung“, die eine Benachteiligung iSd. § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - aaO; 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8).

18

II. Das beklagte Land hat als Arbeitgeber gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen. Nach § 241 Abs. 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Dies verbietet auch die Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet ( BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ).

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Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist (ErfK/Schmidt 10. Aufl. Art. 2 GG Rn. 48, 84). Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ).

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III. Die Frage, ob ein Gesamtverhalten als eine einheitliche Verletzung von Rechten des Arbeitnehmers zu qualifizieren ist und ob einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen für sich genommen oder in der Gesamtschau einen rechtsverletzenden Charakter haben, unterliegt der revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbaren tatrichterlichen Würdigung. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Diese Würdigung darf dem Berufungsgericht nicht entzogen werden ( BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ). Daher kann das Revisionsgericht nur überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles beachtet und hinreichend gewürdigt hat und ob es in die vorzunehmende Güter- und Interessenabwägung die wesentlichen Umstände des Einzelfalles in nachvollziehbarer Weise mit einbezogen hat, sowie ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - aaO ).

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1. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die Vorgesetzten des Klägers hätten beim Aufgabenbereich „Kriminalforschung“ das Persönlichkeitsrecht des Klägers von Herbst 2004 bis zu seiner Abordnung am 1. Juni 2005 in drei Fällen verletzt, ihm für diesen Zeitraum in Ermangelung anderer Aufgaben diesen Tätigkeitsbereich komplett entzogen und ihre Vorgesetztenstellung missbraucht, um den Kläger wegen seiner fehlenden Eingliederungsbereitschaft in den Dienstbetrieb zu bestrafen, werden diesen Anforderungen gerecht und sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

22

2. Soweit das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, dass das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht durch die handschriftlichen Vermerke des Vorgesetzten M auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und deutschen Kriminalstatistik verletzt worden ist, hat es den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, indem es der Entscheidung seinen eigenen Erfahrungshorizont zugrunde gelegt hat, ohne diesen zuvor offen zu legen.

23

a) Der Kläger hat eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt, da es das Landesarbeitsgericht unterlassen habe, ihm einen nach § 139 Abs. 2 ZPO gebotenen Hinweis zu erteilen. Das Landesarbeitsgericht hätte darauf hinweisen müssen, dass es aufgrund eines eigenen Erfahrungshorizonts davon ausgehe, derartige Bemerkungen in einem Vermerk brächten keine Sonderbehandlung gegenüber dem Kläger zum Ausdruck und dass es aufgrund seines eigenen Erfahrungshorizonts auch nicht unüblich erscheine, dass sich Vorgesetzte im Rahmen ihrer Vermerke auf Berichten von Untergebenen derart ins Persönliche gehende Bemerkungen erlaubten. Auch hat der Kläger gerügt, dass der eigene Erfahrungshorizont vom Landesarbeitsgericht weder offen gelegt worden sei, noch dargelegt worden sei, aus welchen Erfahrungswerten dieser resultiere.

24

Der Kläger hat ausgeführt, dass er im Falle der gebotenen Hinweise durch das Landesarbeitsgericht vorgebracht hätte, derartige Bemerkungen entsprächen gerade nicht der Üblichkeit. Hierzu wäre die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten worden, aus dem sich ergeben hätte, dass es sich vielmehr um eine Sonderbehandlung des Klägers durch den Zeugen Mager handele. Das Landesarbeitsgericht wäre sodann zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich gerade nicht um eine im Arbeitsleben übliche Konfliktsituation gehandelt habe und es hätte das Vorhandensein einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung angenommen. Diese schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung hätte in Verbindung mit den festgestellten Persönlichkeitsrechtsverletzungen das Landesarbeitsgericht zu der Entscheidung gebracht, dass gegenüber dem Kläger tatsächlich Mobbinghandlungen ausgeführt worden seien und das Urteil wäre zu Gunsten des Klägers ausgefallen.

25

b) Neben dem Parteivorbringen darf das Gericht bei seiner Entscheidung auch offenkundige Tatsachen iSv. § 291 ZPO verwerten. Offenkundig ist eine Tatsache dann, wenn sie zumindest am Gerichtsort der Allgemeinheit bekannt oder ohne besondere Fachkunde - auch durch Information aus allgemein zugänglichen zuverlässigen Quellen - wahrnehmbar ist. Offenkundig kann eine Tatsache auch dann sein, wenn der Richter sie aus seiner jetzigen oder früheren amtlichen Tätigkeit kennt („gerichtskundige Tatsachen“), allerdings nur dann, wenn die zur Entscheidung berufenen Richter sich nicht erst durch Vorlegung von Akten uä. informieren müssen. Keine Gerichtskundigkeit begründet die Sachkunde, die das Gericht aus ähnlichen Verfahren gewonnen haben will (Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. § 291 Rn. 1).

26

Solche offenkundigen oder gerichtskundigen Tatsachen sind seitens des Gerichts in die mündliche Verhandlung einzuführen, um den in Art. 103 Abs. 1 GG normierten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs vor Gericht zu sichern. Nur solche Tatsachen, Beweisergebnisse und Äußerungen anderer dürfen zugrunde gelegt werden, zu denen die Streitbeteiligten Stellung nehmen konnten (BAG 11. September 1997 - 8 AZR 4/96 - BAGE 86, 278 = AP Einigungsvertrag § 38 Nr. 7 = EzA Einigungsvertrag Art. 20 Soziale Auswahl Nr. 5; BVerfG 14. April 1959 - 1 BvR 109/58 - BVerfGE 9, 261; 7. Oktober 1980 - 2 BvR 1581/79 - BVerfGE 55, 95).

27

c) Das Landesarbeitsgericht hat seinen „Erfahrungshorizont“ in der mündlichen Verhandlung nicht dargelegt und dem Kläger die Möglichkeit genommen, sich damit auseinanderzusetzen und ihn gegebenenfalls zu widerlegen. Dabei handelt es sich bei dem Umstand, derartige ins Persönliche gehende Bemerkungen auf Sachberichten seien in der Verwaltung des Landeskriminalamts üblich, weder um eine offenkundige noch um eine gerichtskundige Tatsache, unabhängig davon, dass sie in die mündliche Verhandlung hätte eingeführt werden müssen. Auf diesem Verfahrensfehler kann die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auch beruhen, da bei korrektem Verfahren das Berufungsgericht möglicherweise anders entschieden hätte (BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - BAGE 109, 145 = AP ArbGG 1979 § 74 Nr. 11 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 1).

28

d) Bei einer erneuten Prüfung dieser Frage wird das Landesarbeitsgericht zudem klarzustellen haben, ob es eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers hier verneint oder bejaht. Im letzteren Fall könnte diese für die Gesamtbeurteilung nicht deswegen als unerheblich angesehen werden, weil sie womöglich, was sich nach weiterer Sachaufklärung herausstellen könnte, im Bereich des LKA des beklagten Landes „nicht ungewöhnlich“ ist. Auch übliche Persönlichkeitsverletzungen bleiben solche.

29

e) Der Verstoß ist auch entscheidungserheblich. Da es dem Senat verwehrt ist, die erforderlichen Feststellungen selbst zu treffen, erweist das Urteil sich nicht aus anderen Gründen als richtig, § 561 ZPO. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss stets von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden, die dem Berufungsgericht nicht entzogen werden darf (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 609/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

30

Zwar sind die übrigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich der vom Kläger bezeichneten Vorfälle revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere sind nicht mit dem Thüringer Landesarbeitsgericht (10. April 2001 - 5 Sa 403/2000 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 2) Beweiserleichterungen für den Arbeitnehmer anzunehmen, weil es keine unwiderlegbare Vermutung für die Kausalität zwischen „mobbing-typischem“ medizinischen Befund und den behaupteten Mobbinghandlungen gibt. Vielmehr werden mit der Annahme einer solchen „Konnexität“ Vermutungsfolge und Voraussetzungen des Vermutungstatbestands unzulässig vermengt (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6; Bennecke Mobbing Rn. 328). Das Landesarbeitsgericht ist auch von zutreffenden rechtlichen Grundlagen und Anspruchsvoraussetzungen ausgegangen und hat - ausgehend von drei persönlichkeitsrechtsverletzenden Handlungen - die Güter und Interessen unter Würdigung der maßgebenden Umstände sorgfältig abgewogen. Sollte aber eine weitere Persönlichkeitsrechtsverletzung hinzutreten, bedürfte es einer neuerlichen gründlichen Auseinandersetzung mit der Frage, ob nunmehr eine schwere Persönlichkeitsverletzung anzuerkennen und damit ein Schmerzensgeldanspruch des Klägers gegeben ist.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Burr    

        

    F. Avenarius    

                 

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.