Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 20. Nov. 2014 - 5 Sa 96/14

bei uns veröffentlicht am20.11.2014

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Rostock vom 01.04.2014, Aktenzeichen 1 Ca 1957/13, wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welcher Tarifvertrag aufgrund einer vertraglichen Bezugnahmeklausel auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden ist.

2

Die Klägerin schloss zunächst am 26.09.2006 mit dem Land Mecklenburg-Vorpommern einen befristeten Arbeitsvertrag zum 01.10.2006 über eine Beschäftigung im Universitätsklinikum A-Stadt (vgl. Bl. 4 ff d.A.). Der Arbeitsvertrag enthält u.a. folgende Klausel:

3

"…

§ 2

4

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem BAT-O zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifvertragliche Vorschriften - (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung.

5

Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung mit Ausnahme der gekündigten Tarifverträge "Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte (TV Zuwendung Ang-O)" vom 10.12.1990 und "Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte (TV Urlaubsgeld Ang-O)" vom 10.12.1990.

6

…"

7

Hieran schlossen sich sodann weitere Änderungsverträge an, die. u. a. zur Entfristung führten. Vorgenannter § 2 besteht bis heute unverändert fort.

8

Die Klägerin ist nicht Mitglied einer Gewerkschaft.

9

Bei der Beklagten handelt es sich um eine durch das Land M-V zum 01.01.2012 neu errichtete rechtsfähige Teilkörperschaft des öffentlichen Rechts. Die Beklagte besteht im Wesentlichen aus dem Geschäftsbereich des schon einige Jahre zuvor gegründeten Universitätsklinikum A-Stadt – Anstalt öffentlichen Rechts sowie des nun eingegliederten Fachbereichs Medizin der Universität A-Stadt. Die Errichtung der Beklagten und weitere hiermit in Zusammenhang stehende Fragen sind im Gesetz zur Errichtung der Teilkörperschaft „Universitätsmedizin A-Stadt“ (TKUniMedR.ErG M-V) geregelt.

10

§ 3 TKUniMedR.ErG M-V enthält folgende Regelung:

11

"…

12

§ 3
Anwendbares Tarifrecht

13

(1) Bis zum Abschluss der neuen Tarifverträge gelten für das auf die Universitätsmedizin A-Stadt übergeleitete Landespersonal und für das gemäß § 2 Absatz 2 neu eingestellte Personal die für die Landesbeschäftigten einschlägigen Tarifverträge des Landes Mecklenburg-Vorpommern in der jeweils geltenden Fassung fort. Mit Wirkung vom 1. Januar 2013 gelten sie in der an diesem Tage geltenden Fassung fort, solange die Universitätsmedizin A-Stadt für das in Satz 1 genannte Personal keine eigenen Tarifverträge abgeschlossen hat.

14

…"

15

Die Beklagte übernahm zum 01.01.2012 aufgrund Regelung im TKUniMedR.ErG M-V u. a. die Arbeitnehmer des Fachbereichs Medizin der Universität A-Stadt – somit auch die Klägerin.

16

Die Parteien schlossen am 04.06.2012 rückwirkend zum 01.01.2012 einen Änderungsvertrag, der den Wechsel des Arbeitgebers ausweist (vgl. Blatt 17 ff d. A.). Der Änderungsvertrag sieht eine Vergütung nach der Entgeltgruppe E 6 TV-L vor. Im Übrigen lässt er den bisherigen Arbeitsvertrag unberührt.

17

Die Beklagte sowie die Universitätsmedizin G. schlossen mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (v.) durch Unterschriftsleistung im Dezember 2012 und am 27.02.2013 den "Tarifvertrag für die Universitätsmedizin A-Stadt und G. im Tarifverbund Nord (TV-UMN)". Weiterhin schlossen sie am 28.05./13.06.2013 den "Tarifvertrag zur Überleitung der Landesbeschäftigten der Universitätsmedizin und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-UMR)" ab. Beide Tarifverträge traten rückwirkend zum 01.01.2012 in Kraft. Dem Landesarbeitsgericht ist aus anderen Verfahren der Beklagten bekannt, dass jedenfalls der TV-UMN bereits Ende Mai 2012 endverhandelt worden war.

18

Der TVÜ-UMR enthält folgende Regelungen:

19

"…

20

§ 1
Geltungsbereich

21

(1) Dieser Überleitungstarifvertrag gilt für die gemäß Gesetz zur Errichtung der Teilkörperschaft Universitätsmedizin A-Stadt vom 16. Dezember 2010 auf die Universitätsmedizin A-Stadt übergeleiteten Beschäftigten (Landespersonal).

22

23

§ 2
Ersetzung bisheriger Tarifverträge durch den TV-UMN

24

1Der TV-UMN und den TV-UMN ergänzende Tarifverträge ersetzen in Verbindung mit diesem Überleitungstarifvertrag für den Bereich der Universitätsmedizin A-Stadt den bisher in der Anwendung befindlichen Tarifvertrag der Länder (TV-L) und dessen ergänzende Tarifverträge sowie den Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) vom 12. Oktober 2006. 2Die Ersetzung erfolgt mit Wirkung vom 01.01.2013, soweit kein abweichender Termin bestimmt ist.

25

…"

26

Bis zum Ende des Jahres 2012 wandte das Land M-V und später die Beklagte auf das Arbeitsverhältnis den BAT-O und später den TV-L an. Ab dem 01.01.2013 reichte die Beklagte an die Klägerin nicht mehr die aktuelle Tariflohnerhöhung nach dem TV-L weiter. Ab dem August 2013 erhält die Klägerin nur noch die geringere Vergütung nach dem TV-UMN. Die monatliche Differenz betrug seinerzeit 126,36 €.

27

Mit ihrer Klageschrift vom 04.12.2013, eingegangen beim Arbeitsgericht Rostock am 05.12.2013 begehrt die Klägerin die Feststellung, dass auch nach dem 01.01.2013 weiterhin der TV-L in seiner jeweils geltenden Fassung auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden ist.

28

Mit Urteil vom 01.04.2014 gab das Arbeitsgericht der Klage statt. Die arbeitsvertragliche Verweisungsklausel sei nicht als Gleichstellungsabrede anzusehen und führe auch weiterhin zur Anwendung des TV-L und nicht des TV-UMN. Auch § 3 TKUniMedR.ErG M-V führe nicht zur Anwendung des TV-UMN.

29

Das Urteil wurde der Beklagten am 22.04.2014 zugestellt. Die Beklagte legte hiergegen am 09.05.2014 Berufung ein und begründete diese innerhalb der gewährten Fristverlängerung am 23.07.2014.

30

Die Beklagte verfolgt weiter ihr Begehren der Klagabweisung. Wie schon erstinstanzlich meint sie, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin gemäß TVÜ-UMR seit dem 01.01.2013 dem TV-UMN unterliege. Das ergebe sich sowohl aus der vertraglichen Bezugnahmeklausel als auch aus § 2 TKUniMedR.ErG M-V. Die Bezugnahmeklausel sei auszulegen. Der Wortlaut führe nicht weiter, weil die Klausel nur den Fall regele, dass die Klägerin in einem Arbeitsverhältnis zum Land M-V stehe. Dies sei nicht mehr gegeben. Den Fall einer gesetzlichen Überleitung des Arbeitsverhältnisses habe man nicht bedacht. Diese Lücke sei im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dahingehend zu schließen, dass eine große dynamische Verweisungsklausel vereinbart worden wäre. Die Geltung des TV-UMN sei geboten, weil die Beklagte für alle neuen Vertragsabschlüsse in den Arbeitsverträgen hierauf verweist. Außerdem sei der TV-UMN anzuwenden, da schon § 2 Abs. 2 des ursprünglichen Arbeitsvertrages durch den Verweis auf die sonstigen Tarifverträge eine Tarifwechselklausel enthalte. Zudem sei die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu einer unbedingten zeitdynamischen Bezugnahme auf den BAT-O/TV-L wegen Verstoßes gegen die negative Koalitionsfreiheit sowie die Vertragsfreiheit europarechtswidrig. Die Beklagte verweist auf das Urteil des EuGH vom 18.07.2013, C-426/11 (A.-H.). Das Land M-V habe überdies von Art. 8 der Richtlinie 2001/23 Gebrauch gemacht. Mit § 3 TKUniMedR.ErG M-V sei die Tarifhoheit auf die Beklagte übergeleitet worden. Der Landesgesetzgeber habe die Befugnis die Geltung oder Nichtgeltung von Tarifverträgen anzuordnen. Der Landesgesetzgeber könne die Tarifbindung seiner Arbeitnehmer bestimmen. Daher gelte nunmehr der TV-UMN.

31

Die Beklagte beantragt:

32

Das am 01.04.2014 verkündete und am 22.04.14 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Rostock, 1 Ca 1957/13, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

33

Die Klägerin beantragt:

34

Die Berufung zurückzuweisen.

35

Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts und ist der Ansicht, dass für sie aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme weiterhin der TV-L gelte. Da der Arbeitsvertrag nach dem 31.12.2001 geschlossen wurde und damit uneingeschränkt dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliege, sei die Bezugnahmeklausel nicht als Gleichstellungsabrede auszulegen. Für eine ergänzende Vertragsauslegung gebe es keinen Raum, da die Bezugnahmeklausel nicht lückenhaft sei. Nichts anderes ergebe sich aus dem Gesetz zur Errichtung der Teilkörperschaft Universitätsmedizin A-Stadt. Dieses Gesetz regle nur die Übertragung der Tarifhoheit vom Land auf die Beklagte. Der Landesgesetzgeber könne nicht festlegen, dass Arbeitsvertragsklauseln nicht mehr gelten und dafür ein neuer Tarifvertrag gilt.

36

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene Urteil des Arbeitsgerichts verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

37

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

38

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ist auch weiterhin über den 01.01.2013 hinaus der TV-L in seiner jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

39

Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis und in den Gründen zu Recht der Klage stattgegeben. Das Urteil des Arbeitsgerichts war somit nicht abzuändern.

1.

40

Der TV-L gilt auch weiterhin bereits aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung zwischen den Parteien in § 2 des Arbeitsvertrages vom 26.09.2006.

41

Diese Norm ist in den späteren Änderungsverträgen auch jeweils unverändert geblieben.

a)

42

Das Arbeitsgericht führte in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zur vertraglichen Regelung im Arbeitsvertrag wie folgt aus:

43

„Arbeitgeber und Arbeitnehmer steht es frei, die Rechtsfolgen eines Tarifwechsels im Arbeitsvertrag zu regeln. Mit einer Tarifwechselklausel kann der Arbeitgeber einem evtl. Verbandswechsel vorbeugen und eine Gleichstellung auch in diesem Falle erreichen. Die Arbeitsvertragsparteien bestimmen mit ihrer vertraglichen Abrede den Umfang der Inbezugnahme von Tarifverträgen (BAG, Urteil vom 22.10.2008 - 4 AZR 784/07 - NZA 2009, 151).

44

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften (§ 133 BGB). Für die Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen ist maßgebend, wie diese vom Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben und nach der Verkehrssitte verstanden werden mussten. Auszugehen ist zunächst vom Wortlaut der Erklärung; anschließend ist unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Erklärung, dem systematischen Zusammenhang mit anderen Regelungen und der Entstehungsgeschichte zu prüfen, ob der Wortlaut mit dem wirklichen Willen des Erklärenden übereinstimmt oder ggf. einen erkennbar abweichenden Inhalt haben sollte (z. B. Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Aufl. 2014, § 133, Rn. 14 ff.).

45

Nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 26.09.2006 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder jeweils geltenden Fassung. Der BAT-O ist durch den TV-L ersetzt worden, was die Parteien im Änderungsvertrag vom 04.06.2012 berücksichtigt haben. Der TVÜ-UMR und der TV-UMN sind hingegen keine Tarifverträge, die unter diese Klausel fallen, da sie nicht wie gefordert für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder gelten.

46

Der Sinn und Zweck der Bezugnahmeklausel gebietet keine vom Wortlaut abweichende Auslegung. Sie ist nicht als Gleichstellungsabrede anzusehen.

47

Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 geschlossen worden sind (sog. Neuverträge), sind nicht als Gleichstellungsabrede auszulegen, sofern nicht der Arbeitgeber seine Tarifgebundenheit an den genannten Tarifvertrag in einer für den Arbeitnehmer erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht hat. Wenn die Arbeitsvertragsparteien der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers besondere Bedeutung beimessen wollen, muss dies grundsätzlich im Vertragstext Niederschlag finden oder auf sonstige Weise Gegenstand der arbeitsvertraglichen Einigung geworden sein (BAG, Urteil vom 16.05.2012 - 4 AZR 290/10 - ZTR 2012, 707).

48

Der TVÜ-UMR und der TV-UMN fallen auch nicht unter die "im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge" im Sinne des § 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrages vom 26.09.2006. Diese Klausel bezieht sich nur auf solche Tarifverträge, die neben dem BAT-O gelten, nicht aber auf Tarifverträge, die von anderen Tarifvertragsparteien abgeschlossen wurden und den BAT-O verdrängen (vgl. zu ähnlichen Formulierungen BAG, Urteil vom 16.05.2012 - 4 AZR 290/10 - ZTR 2012, 707; BAG, Urteil vom 22.10.2008 - 4 AZR 784/07 - NZA 2009, 151). Der Begriff "außerdem" macht deutlich, dass hierbei an hinzutretende, nicht aber an ersetzende Regelungen - anders als in § 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrages - gedacht ist. "Außerdem" bedeutet: "darüber hinaus" (Duden, Bedeutungswörterbuch, 4. Aufl. 2010, Stichwort 'außerdem'). Es geht also um tarifliche Regelungen, die darüber hinaus bestehen, nicht aber um solche, die den BAT-O ersetzen. Ersetzende Tarifverträge sind nur in § 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrages erwähnt. Die Tarifverträge im Sinne des § 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrages sollen gerade nicht die in Abs. 1 genannten Tarifverträge verdrängen. Die Bezugnahme auf sonstige Tarifverträge in Abs. 2 lässt die Bezugnahme auf den BAT-O sowie die ihn ersetzenden Tarifverträge unberührt. Der zweite Teil der Bezugnahmeklausel verdrängt nicht den ersten Teil, sondern ergänzt ihn.

49

Für diese Auslegung spricht des Weiteren der enge Zusammenhang mit den noch im gleichen Satz erwähnten gekündigten Tarifverträgen, die nur eingeschränkt Anwendung finden, nämlich der TV Zuwendung Ang-O und der TV Urlaubsgeld Ang-O. Es handelt sich in beiden Fällen um Tarifverträge, die neben dem BAT-O gelten, nicht aber um Tarifverträge, die ihn ganz oder teilweise ablösen.“

50

Diesen Ausführungen schließt sich das Landesarbeitsgericht zunächst vollständig an. Sie führen als Kernbegründung bereits richtig aus, weshalb der TV-L aufgrund § 2 des Arbeitsvertrages auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist.

b)

51

Aufgrund der Ausführungen in der Berufungsschrift, wird ergänzend auf Folgendes hingewiesen:

(1)

52

Die Verweisungsklausel in § 2 des ursprünglichen Arbeitsvertrages verweist nicht auf von der Beklagten geschlossene Haustarifverträge. Dies ist allein schon deshalb nicht möglich, weil der Haustarifvertrag (TV-UMN) jedenfalls arbeitgeberseitig von einer anderen Tarifvertragspartei abgeschlossenen wurde als der TV-L. Der TV-UMN kann somit rechtlich kein Tarifvertrag sein, der den TV-L ersetzt (vgl. BAG, Urteil vom 16.05.2012, 4 AZR 290/10 Rz. 28 bis 31 – zitiert nach juris - zu einem ähnlich gelagerten Fall). Dies gilt selbst dann, wenn dies so in dem Haustarifvertrag von seinem Wortlaut her bestimmt worden ist. Der Haustarifvertrag ist insoweit ohne rechtliche Wirkung.

(2)

53

Weiterhin ist auch ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass kein Raum für eine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend besteht, dass der TV-UMN anzuwenden wäre. Voraussetzung der ergänzenden Vertragsauslegung wäre, dass die Regelung in § 2 des Arbeitsvertrages eine planwidrige Lücke enthält. Entgegen der Ansicht der Beklagten besteht eine solche jedoch nicht.

54

Nach der Rechtsprechung des BGH liegt eine solche Regelungslücke vor, „wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder wenn sie ihn bewusst offen gelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und wenn sich diese Annahme nachträglich als unzutreffend herausstellt. Dabei kann von einer planwidrigen Regelungslücke nur gesprochen werden, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrags eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre.“ (BGH, 04.12.2014, VII ZR 4/13).

55

Diese Voraussetzungen sind hier in jeder Hinsicht nicht erfüllt.

(aa)

56

Es ist entgegen Behauptung der Beklagten kein Punkt übersehen worden oder bewusst offen gelassen worden. Hierfür gibt es keine objektiv nachvollziehbaren Anhaltspunkte.

57

Allgemein und damit zweifellos auch dem Land M-V als Arbeitgeber war bei Vertragsschluss im Jahr 2006 die Rechtsprechung des BAG zu Gleichstellungsabreden und sogenannten Neuverträgen und Altverträgen bekannt. Gleiches gilt für den Umstand, dass im deutschen Arbeitsrecht verschiedene Verweisungsklauseln hinsichtlich ihrer thematischen und zeitlichen Reichweite bekannt sind. Auch war es allgemein und damit dem Land M-V im Jahr 2006 bekannt, dass Übergänge von Arbeitsverhältnissen auf dritte Arbeitgeber, bei denen andere Tarifverträge anwendbar sind, möglich sind. Entscheidet sich das Land sodann trotz der allgemein bekannten Rechtsprechung und Rechtslage noch im Jahr 2006, einen Arbeitsvertrag mit (alten) Klauseln abzuschließen, die nur auf den BAT-O und den diesen ersetzende Tarifverträge (hier den TV-L) verweisen, so kann von keiner Lücke bezüglich zu regelnder Ausgangspositionen gesprochen werden. Es ist vielmehr von einer bewussten Entscheidung auszugehen.

58

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei § 2 des Ausgangsarbeitsvertrages einerseits um vom Land gestellte allgemeine Geschäftsbedingungen handelt und zum weiteren die Auslegung einer Willenserklärung aus der Sicht eines verständigen Erklärungsempfängers – hier somit der Klägerin – erfolgt. Ausgehend von der bekannten Rechtslage und Rechtsprechung konnte die Klägerin das das Vertragsangebot des Landes nur so verstehen, dass in jedem Fall der BAT-O oder die ihn ersetzenden Tarifverträge zur Anwendung kommen sollen. Aus diesem Grund käme es noch nicht einmal darauf an, dass der für das Land M-V bei Vertragsschluss handelnden Person ggf. doch die allgemein bekannte Rechtslage unbekannt gewesen sein könnte.

59

Von ergänzender Bedeutung ist auch, dass die Beklagte mit der Klägerin noch am 04.06.2012 rückwirkend einen Änderungsvertrag geschlossen hatte, der den Arbeitgeberwechsel verarbeiten sollte. Selbst hier hätte noch die Chance bestanden, die Verweisungsklausel an die Situation des Arbeitgeberwechsels anpassen. Derartiges ist jedoch nicht geschehen. Offenbar waren sich die Parteien noch nach dem Arbeitgeberwechsel über die Fortgeltung des TV-L einig. Diese Ansicht wird verstärkt durch den Umstand, dass sich selbst im Änderungsvertrag erneut die Formulierung „TV-L“ findet. Zudem kommt hinzu, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Änderungsvertrages der spätere TV-UMN bereits endverhandelt war (und dies bereits an die Arbeitnehmer weitergeleitet worden war). Wie sollte das Erklärungsverhalten der Beklagten von der Klägerin verstanden werden? Für die Annahme einer Regelungslücke für den Fall des Arbeitgeberwechsels besteht spätestens hier kein Raum mehr.

(bb)

60

Selbst wenn man meinen sollte, dass ein Punkt in der Ausgangslage (nämlich die Änderung des Arbeitgebers) bei Vertragsschluss in relevanter Weise übersehen worden wäre, so läge in diesem Fall gleichwohl keine planwidrige Regelungslücke vor. Denn in jedem Fall enthält der Arbeitsvertrag die eindeutige Regelung einer bestimmten Rechtsfolge: nämlich die Anwendung des BAT-O oder der ihn ersetzenden Tarifverträge. Es entsteht bei der Wortwahl des Arbeitsvertrages nicht die Situation, dass der Rechtsanwender bei der Verarbeitung des Arbeitsvertrages bezogen auf einen gewissen Sachverhalt plötzlich quasi in einer Sackgasse steht und keine Antwort auf eine Rechtsfrage erhält. Egal bei welchem Arbeitgeber die Klägerin künftig innerhalb dieses Arbeitsvertrages beschäftigt ist, der Vertrag gibt schlicht immer die Anweisung, dass der BAT-O und die ihn ersetzenden Tarifverträge anwendbar sind.

61

Wie die Klägerin bereits richtig ausführte wäre eine Regelungslücke z.B. dann entstanden, wenn im Arbeitsvertrag formuliert worden wäre: „Solange die Arbeitnehmerin beim Land M-V beschäftigt ist, gilt der BAT-O und die ihn ersetzenden … .“ In einem solchen Fall hätte der Arbeitsvertrag in der Tat keine Antwort gegeben, wie bei einem Arbeitgeberwechsel zu verfahren ist. Dann läge eine Lücke vor.

(cc)

62

Schließlich ist bei der vorliegenden Konstellation nicht davon auszugehen, dass der Arbeitsvertrag zwar in der Tat (ggf. zufällig) eine Antwort auch bei einem Wechsel der Arbeitgebers gibt, eine andere Regelung für das unterstellte Übersehen eines Arbeitgeberwechsels jedoch ausnahmsweise gleichwohl „erforderlich ist, um den … Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrags eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre.“ (BGH, a.a.O.). Der Regelungsplan der Parteien war die sachgerechte Gestaltung eines Arbeitsvertrages für eine gewisse Tätigkeit. Die Anwendung des BAT-O oder des TV-L erfüllt diesen Zweck unproblematisch. Er regelt deutschlandweit in tausenden Arbeitsverhältnissen umfassend die wesentlichen auftauchenden Fragestellungen und konnte dies bisher auch unproblematisch im Fall der Klägerin. Es ist nicht im Mindesten erkennbar, dass die Anwendung des TV-UMN „erforderlich“ wäre, um den Regelungsplan der Arbeitsvertragsparteien zu verwirklichen. Auch ist nicht erkennbar, dass das die Anwendung des BAT-O oder des TV-L nicht zu einer angemessenen und interessengerechten Lösung führen würde. Das Arbeitsverhältnis ist ohne Schwierigkeiten unter Anwendung des BAT-O oder des TV-L durchführbar, zumal das Land M-V Träger der hier beklagten Körperschaft ist. In dieser Konstellation ist es kaum vorstellbar, dass die Anwendung des Tarifvertrages, der auch für das Land anwendbar ist, nicht interessengerecht wäre. Dass die Beklagte einseitig allein für sich vielleicht andere, vor allem finanzielle Interessen haben mag, ist bei dieser Abwägung nicht von entscheidender Bedeutung.

63

Hinzu kommt auch hier wiederum, dass es sich nicht um einen beidseitig frei ausgehandelten Vertrag mit eventuellen Lücken, sondern um vom Land M-V gestellte allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Allein dies steht einer Interessenanpassung vor allem zugunsten des Arbeitgebers entgegen. Diese Last muss auch die Beklagte tragen.

(3)

64

Auch die Ansicht der Beklagten, die Rechtsprechung des BAG zur unbedingten zeitdynamischen Bezugnahme auf den BAT-O/TV-L sei europarechtswidrig, was sich aus der Rechtsprechung des EuGH im Fall A.-H. gg. P. ergäbe, führt nicht zur Anwendung des TV-UMN. Das vorgenannte Urteil des EuGH steht einer dauerhaften Anwendung des BAT-O bzw. des TV-L nicht entgegen.

(aa)

65

Das BAG hatte zunächst bereits in seinem Urteil vom 21.10.2009, Az. 4 AZR 396/08, entschieden, dass gegen die Annahme eines Überganges einer dynamischen Verweisungsklausel auf das Arbeitsverhältnis nach einem Betriebsübergang weder verfassungsrechtliche noch gemeinschaftsrechtliche Bedenken bestehen (ebenso BAG, Urteil vom 24.02.2010, 4 AZR 691/08). Dem schließt sich die Kammer an. Die negative Koalitionsfreiheit kann schon begrifflich nicht durch eine arbeitsvertragliche Individual-Regelung verletzt sein (BAG, 21.10.2009, 4 AZR 396/08, Rz. 35, zitiert nach juris). Durch § 613 a BGB bzw. im Rahmen des gesetzlichen Überganges des Arbeitsverhältnisses wird der übernehmende Arbeitgeber nur so gestellt, als hätte er die Willenserklärung zum Abschluss des Arbeitsvertrages selbst abgegeben. Im Rahmen des Überganges des Arbeitsverhältnisses bleibt der individual-rechtliche Charakter der Verweisungsklausel erhalten. Die Parteien sind völlig frei, ihre ursprüngliche Vereinbarung einvernehmlich abzuändern. Gleichzeitig sind sie aber auch bis zu einer solchen einvernehmlichen Abänderung an die selbst vertraglich eingegangenen Verpflichtungen gebunden. Das gilt für eine dynamische Verweisungsklausel nicht anders als für jede andere vertragliche Vereinbarung.

66

Davon zu unterscheiden wäre der Fall, dass der BAT-O und der TV-L nach § 4 Abs. 1 TVG normative Wirkung entfalten. Eine solche Wirkung würde nicht aufgrund Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien, sondern aufgrund Mitgliedschaft in der tarifschließenden Koalition eintreten. Für einen solchen Fall sieht § 613 a Abs. 1 Satz 2 - 4 BGB denn auch Erleichterungen für den übernehmenden Arbeitgeber ohne entsprechende Tarifbindung vor, da ihm spätere dynamische Entwicklungen nicht mehr zugerechnet werden können.

67

Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben. Der Klägerin ist schlicht individual-rechtlich, hier sogar im Rahmen einer gestellten allgemeinen Geschäftsbedingung, versprochen worden, dass dauerhaft der BAT-O bzw. die ihn ersetzenden Tarifverträge Anwendung finden sollen. Die Verletzung gewisser Freiheiten des Arbeitgebers ist hier schlechterdings nicht möglich. Der Arbeitgeber hat hier nur die Pflichten einzuhalten, die er selbst angeboten hat. Er hat sich damit selbst freiwillig eine Pflicht auferlegt bzw. seine Freiheit eingeschränkt. Da der Übernehmer des Arbeitsverhältnisses unverändert in die Rechtsposition des früheren Arbeitgebers eintritt, gilt für ihn nichts anderes. Insoweit stellte auch schon das BAG fest, dass die Auslegung eines Arbeitsvertrages als solchem keine gemeinschaftsrechtlichen Bezüge hat (BAG, 21.10.2009, 4 AZR 396/08, Rz. 347, zitiert nach juris). Die Auslegung obliegt allein nationalen Gerichten. Für die Auslegung eines Vertrages, und auf nichts anderes kommt es hier an, ist allein der Wille der Parteien bei Vertragsabschluß maßgeblich. Pflichten aus dem Vertrag können nicht mit dem Argument umgangen werden, dass der Arbeitgeber meint, die von ihm selbst vorgeschlagenen Regelungen würden ihn in seiner Freiheit beschränken.

(bb)

68

Auch das angesprochene, zeitlich nachfolgende Urteil des EuGH vom 18.07.2013, C 426/11 (A.-H.) steht dem nicht entgegen (ebenso Hessisches LAG, 10.12.13, 8 Sa 537/13). Auf den ersten Blick mag dies den Anschein haben. Jedoch ist aus diesem Urteil des EuGH nichts für den hiesigen Fall abzuleiten.

69

Dem Urteil des EuGH LAG ein Fall aus dem Vereinigten Königreich zugrunde. Zudem handelte es sich um einen Betriebsübergang vom öffentlichen auf den privaten Sektor. Auch war zu beachten, dass sich im dortigen Fall aufgrund arbeitsvertraglicher Regelung das Entgelt nach Bestimmungen des National Joint Council for Local Government Services (NJC) richten sollte, dem der private Betriebsübernehmer nicht angehören konnte. Der EuGH meinte u. a. (ohne nähe Begründung), dass bei einem Übergang vom öffentlichen auf den privaten Sektor davon auszugehen sei, dass in Anbetracht der unvermeidlichen Unterschiede zwischen beiden Sektoren beträchtliche Anpassungen der Arbeitsbedingungen notwendig seien. Der Verweis auf Arbeitsbedingungen des öffentlichen Sektors könnte den notwendigen Handlungsspielraum des privaten Erwerbers einschränken, da er künftig nicht auf die tarifliche Entwicklung Einfluss nehmen könne. Schließlich kam der EuGH zu dem Schluss, dass Art. 3 der Richtlinie 2001/23 (Betriebsübergangsrichtlinie) in Verbindung Art. 8 dieser Richtlinie nicht dahin auszulegen sei, dass er die Mitgliedsstaaten zum Erlass von Maßnahmen ermächtigt, die zwar für den Arbeitnehmer günstiger sind als die Grundregel des Art. 3, die aber den Wesensgehalt des Rechts des Erwerbers auf unternehmerische Freiheit beeinträchtigen können.

70

Abgesehen davon, dass dieses Urteil des EuGH schon keine nachvollziehbare Darlegung von Gründen enthält, beruht es doch auf einer anderen Sachverhaltskonstellation.

71

So gelten im englischen Tarifrecht die Rechtsnormen eines Tarifvertrages nicht wie in Deutschland unmittelbar und zwingend (§ 4 Abs. 1 TVG), sondern werden in der Regel erst durch eine Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag in das Arbeitsverhältnis einbezogen und damit rechtlich bindend (Naber/Krois, ZESAR 2014, 121, 123). Die Verweisungsklausel im englischen Recht ist daher als Hilfsmittel des kollektiven Rechts zu verstehen. In England können die Rechtsfolgen eines Tarifvertrages nur aufrecht erhalten werden, wenn auch die Verweisungsklausel weiter Bestand hat. Daher ist in England die Verweisungsklausel dem Art. 3 Abs. 3 der Betriebsübergangsrichtlinie zuzuordnen (in Deutschland umgesetzt durch § 613 a Abs. 1 Satz 2-4 BGB) (siehe auch Klauck/Klein, jurisPR-ArbR 40/2013 Anm.1). In Deutschland ist eine Verweisungsklausel allerdings dem Individualrecht zuzuordnen. Die Verweisungsklausel geht als Bestandteil des individuellen Arbeitsvertrages über. Dies ist ein Fall von Art. 3 Abs. 1 der Betriebsübergangsrichtlinie (umgesetzt in Deutschland durch § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB). Eine Verweisungsklausel im englischen Recht ist also mit einer hiesigen nicht vergleichbar (Hessisches LAG, a.a.O. Rz. 117, zitiert nach juris).

72

Im Fall des Art. 3 Abs. 3 Betriebsübergangsrichtlinie unterliegen die kollektivrechtlichen Normen einer unionsrechtlichen Mindest-Veränderungssperre, die durch die Mitgliedsstaaten noch anderweitig ausgestaltet werden kann. Dementsprechend hatte der EuGH auch entschieden, dass es „einem Mitgliedsstaat“ „verwehrt“ ist, „vorzusehen“, dass Klauseln eine gewisse Wirkung haben sollen. Hingegen lässt Art. 3 Abs. 1 der Betriebsübergangsrichtlinie eine sofortige Veränderung der individuellen Vereinbarungen zu. Der hier zu entscheidende Fall in Deutschland ist dieser Regelung zuzurechnen. Die Parteien haben individuell etwas vereinbart: die Geltung eines gewissen Tarifvertrages. Im hiesigen Fall hat der Deutsche Staat nicht „vorgesehen“, dass ein gewisser Tarifvertrag gelten soll. Der Staat war hier gar nicht an der Geltung des BAT-O/TV-L beteiligt. Eine staatlich angeordnete Veränderungssperre gibt es nicht. Der hiesige Fall hat nichts mit Art. 3 Abs. 3 und Art. 8 der Betriebsübergangsrichtlinie zu tun. Allein aus diesem Grund kann der Fall des EuGH aus England nicht auf den hier zu entscheidenden Fall übertragen werden.

73

Bei einem Übergang nach Art. 3 Abs. 1 der Betriebsübergangsrichtlinie sind vertraglich eingegangene Verpflichtungen des früheren Arbeitgebers quasi Eigenschaften, die dem zu übernehmenden Betrieb anhaften. Hier ist der Betriebsübernehmer in seiner unternehmerischen Freiheit völlig frei, im Rahmen eines sogenannten Due Dilligence –Verfahrens vorab die Eigenschaften des zu übernehmenden Betriebes zu prüfen, um sodann zu entscheiden, ob überhaupt eine Übernahme stattfinden soll oder aber zu welchem Preis (ebenso in Zusammenhang mit A.-H.: LAG Köln, 23.09.2013, 2 Sa 242/13 Rz. 39, zitiert nach juris).

74

Hinzu kommt im konkreten Einzelfall, dass es sich hier nicht um einen vom EuGH argumentativ angesprochenen Übergang vom öffentlichen Sektor auf den privaten Sektor handelt. Im vorliegenden Fall ist die Beklagte als Übernehmerin der Arbeitsplätze ebenfalls und weiterhin ein Arbeitgeber des öffentlichen Rechts. Auch muss beachtet werden, dass das Land M-V als Trägerin der Beklagten und frühere Arbeitgeberin weiterhin die Möglichkeit hat, auf die die Entwicklung der im Arbeitsvertrag vereinbarten Tarifverträge Einfluss zu nehmen.

75

Im Ergebnis bleibt es somit dabei, dass die arbeitsvertragliche Vereinbarung der Klägerin weiterhin zur Anwendung des TV-L führt.

2.

76

Der TVÜ-UMR und der TV-UMN sind auch nicht abweichend von der vertraglichen Vereinbarung aufgrund gesetzlicher Regelung in § 3 TKUniMedR.ErG M-V auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden.

77

Das Arbeitsgericht führte bereits aus: „Die landesgesetzliche Regelung steht einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel, die auf den BAT-O bzw. den TV-L in seiner jeweiligen Fassung verweist, nicht entgegen. Das Gesetz verdrängt nicht ggf. günstigere Arbeitsverträge. Die Regelung dient allein dem Schutz der Arbeitnehmer, deren tarifvertragliche Rechte sie sicherstellen soll. Sie hat aber nicht den Zweck, in Arbeitsverträge einzugreifen und die neu errichtete Beklagte von ggf. ungünstigen vertraglichen Vereinbarungen zu befreien.“ Diese Ausführungen des Arbeitsgerichts sind wiederum vollkommen richtig.

78

Das von der Beklagten in die gesetzliche Regelung hineingelesene Verständnis der gesetzlich zwingend angeordneten Geltung eines Tarifvertrages (TV-UMN) unabhängig von individuellen Vereinbarungen oder Mitgliedschaften in Koalitionen des Arbeitsrechts würde zu einer erheblichen Beschränkung grundrechtlicher Freiheiten der Arbeitnehmer, Gewerkschaften und Arbeitgeber führen, ohne dass ein hinreichender Rechtfertigungsgrunde ersichtlich wäre. Auch wäre zu hinterfragen, ob durch die dann landesrechtliche Regelung von Tarifrecht nicht gegen die Bestimmungen der konkurrierenden Gesetzgebung verstoßen würde, die in Art. 74 Abs. 1 GG das Arbeitsrecht zunächst dem Bund zuweist, der mit dem BGB und TVG von seiner Zuständigkeit bereits Gebrauch gemacht hat.

II.

79

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

80

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht. Die Kammer weicht nicht von der Rechtsprechung des BAG ab. Eine grundsätzliche Bedeutung der Entscheidung ist auch nicht erkennbar. Für die Entscheidung mussten keine abstrakten Rechtssätze aufgestellt werden, die für die Fortbildung des Arbeitsrechts von Bedeutung sind.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 20. Nov. 2014 - 5 Sa 96/14

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 20. Nov. 2014 - 5 Sa 96/14

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 20. Nov. 2014 - 5 Sa 96/14 zitiert 8 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 4 Wirkung der Rechtsnormen


(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 74


(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete: 1. das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat

Referenzen - Urteile

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 20. Nov. 2014 - 5 Sa 96/14 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 20. Nov. 2014 - 5 Sa 96/14 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Dez. 2014 - VII ZR 4/13

bei uns veröffentlicht am 04.12.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 4/13 Verkündet am: 4. Dezember 2014 Seelinger-Schardt, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ne

Bundesarbeitsgericht Urteil, 16. Mai 2012 - 4 AZR 290/10

bei uns veröffentlicht am 16.05.2012

Tenor I. Auf die Revisionen der Parteien wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 29. Januar 2010 - 3 Sa 82/09 E - unter Zurückweisung der Revisionen im Übrigen

Bundesarbeitsgericht Urteil, 24. Feb. 2010 - 4 AZR 691/08

bei uns veröffentlicht am 24.02.2010

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 17. Juli 2008 - 3 Sa 159/08 - wird zurückgewiesen.
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 20. Nov. 2014 - 5 Sa 96/14.

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 04. Apr. 2017 - 2 Sa 11/17

bei uns veröffentlicht am 04.04.2017

Tenor 1. Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Parteien streiten um Schadensersatz und Schmerzensgeld. Der Kläger wirft der Beklagten, der C., bei der er von 2000 bi

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 22. März 2016 - 2 Sa 178/15

bei uns veröffentlicht am 22.03.2016

Tenor 1. Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Parteien streiten um Schadensersatz und Schmerzensgeld. Der Kläger wirft der Beklagten, der Universitätsmedizin C-Stad

Referenzen

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Tenor

I. Auf die Revisionen der Parteien wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 29. Januar 2010 - 3 Sa 82/09 E - unter Zurückweisung der Revisionen im Übrigen teilweise aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 7. November 2008 - 9 Ca 347/08 E - abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ab dem 1. November 2006 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung findet.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab 1. November 2006 Entgelt nach der Entgeltgruppe 9b TV-L (Zuordnung Vergütungsgruppe Kr. VI mit Aufstieg nach VII) und auf die jeweiligen Differenzbeträge Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB ab dem jeweiligen Fälligkeitstermin zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 25 vH und die Beklagte zu 75 vH zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin und darüber, ob aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung ab dem 1. November 2006 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden ist.

2

Die Klägerin, Mitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), ist ausgebildete Kinderkrankenschwester und seit dem 1. September 1983 bei der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin, dem Land Sachsen-Anhalt, im Universitätsklinikum der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg beschäftigt. In der Zeit vom 23. Dezember 1996 bis 24. Januar 2002 war ihr die Tätigkeit einer stellvertretenden Stationsschwester aufgrund ausdrücklicher Anordnung übertragen worden und innerhalb dieses Zeitraums vom 1. März 1998 bis 31. Oktober 1998 befristet die einer Stationsschwester. In dem letzten, mit dem Land Sachsen-Anhalt am 25. Januar 2002 geschlossenen Arbeitsvertrag heißt es ua.:

        

ABGEÄNDERTER ARBEITSVERTRAG          

        

…       

        
        

3.    

Für das Arbeitsverhältnis finden die Bestimmungen des maßgebenden Tarifvertrages BAT-O Anwendung, sofern nichts anderes schriftlich vereinbart ist. Es gelten ebenfalls die ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in den für die TdL jeweils geltenden Fassungen sowie sonstige tarifliche Bestimmungen und die übrigen für dieses Arbeitsverhältnis in Frage kommenden betrieblichen Regelungen, Dienstanweisungen und Dienstvereinbarungen.

        

4.    

Aufgrund der auszuübenden Tätigkeit erfolgt die Eingruppierung entsprechend der tariflichen Vorschriften (§ 22 Abs. 3 BAT-O) in die Vergütungsgruppe KrVI Abschnitt A Anlage 1b BAT-O. Für die Eingruppierung findet nur die vom Personaldezernat des Arbeitgebers (Klinikum der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität) bestätigte Tätigkeitsdarstellung Berücksichtigung. ...“

3

Seither ist die Klägerin aufgrund ausdrücklicher Anordnung als stellvertretende Stationsschwester tätig. Der Stationsschwester sind jedenfalls ab dem 1. Januar 2004 mindestens zwölf Pflegepersonen durch ausdrückliche Anordnung unterstellt. Zum 1. Januar 2006 wurde das Universitätsklinikum aufgrund § 7 Abs. 1 Satz 1 Hochschulmedizingesetz des Landes Sachsen-Anhalt(vom 12. August 2005 - HMG LSA, GVBl. LSA 2005 S. 508) als Anstalt des öffentlichen Rechts - die jetzige Beklagte - errichtet. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ging nach § 20 Abs. 1 Satz 1 HMG LSA auf die Beklagte über, die nicht durch Mitgliedschaft an die Tarifverträge der Tarifgemeinschaft der deutschen Länder(TdL) gebunden ist.

4

Die Beklagte teilte den bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern in einem Schreiben vom 25. September 2006 mit, dass bis zum Abschluss eine Haustarifvertrages für die nichtärztlichen Mitarbeiter nach wie vor der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifrechtliche Vorschriften - (BAT-O) Anwendung finde. Am 1. November 2006 trat der TV-L in Kraft. Die Beklagte schloss mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft mehrere Haustarifverträge, darunter den Manteltarifvertrag (MTV-UK Halle), den Entgelttarifvertrag (ETV-UK Halle) und den Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Universitätsklinikums in den Haustarifvertrag und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-UK Halle), die sämtlich am 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind. Die Klägerin verlangte mit Schreiben vom 28. Dezember 2006 die Anwendung des TV-L auf ihr Arbeitsverhältnis und die entsprechenden tariflichen Leistungen. Seit dem 1. Januar 2007 wendet die Beklagte die von ihr geschlossenen Haustarifverträge auf das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis an. Die Klägerin erhält seither eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9b ETV-UK Halle. Mit weiterem Schreiben vom 2. Februar 2007 machte die Klägerin geltend, sie sei seit Oktober 2002 infolge eines Bewährungsaufstiegs nach der VergGr. Kr. VII (Fallgr. 14) Abschnitt A der Anlage 1b - Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst - BAT-O zu vergüten und machte die sich hieraus ergebende Vergütung „rückwirkend und zukünftig“ ohne Erfolg geltend. Die Beklagte teilte der Klägerin in einem Schreiben vom 30. September 2009 mit, zum 1. Januar 2009 realisiere sich ihr aus den Bestimmungen des BAT-O folgender Bewährungsaufstieg entsprechend den Regelungen des § 8 Abs. 4 Satz 2 TVÜ-UK Halle.

5

Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihre Begehren weiter. Aufgrund der im Jahre 2002 vereinbarten arbeitsvertraglichen Bezugnahme, bei der es sich nicht um eine sog. Gleichstellungsabrede handele, sei auf ihr Arbeitsverhältnis der TV-L anzuwenden. Für den Zeitraum August bis Oktober 2006 stehe ihr ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. Kr. VII BAT-O zu, da die Voraussetzungen für einen Bewährungsaufstieg jedenfalls seit dem Monat August 2006 vorlägen. Der Stationsschwester, deren ständige Vertreterin sie sei, seien bereits vor dem 1. Januar 2004 mindestens zwölf Pflegepersonen durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt gewesen. Neben der Klägerin seien dies dreizehn weitere Pflegepersonen, darunter zwei mit einer Arbeitszeit von 40 vH und 50 vH der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines vollbeschäftigten Arbeitnehmers. Zudem seien weitere Personen dort beschäftigt gewesen. Schließlich müsse berücksichtigt werden, dass ihr im Zeitraum vom 23. Dezember 1996 bis zum 28. Februar 1998 als stellvertretende Stationsschwester mehr als 24 Personen durch ausdrückliche Anordnung unterstellt gewesen seien.

6

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ab dem 1. November 2006 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder anzuwenden ist,

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für die Monate August 2006 bis Oktober 2006 Vergütung nach der Vergütungsgruppe Kr. VII BAT-O und auf die jeweiligen Differenzbeträge Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz des § 247 BGB ab Fälligkeit zu zahlen,

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab November 2006 Entgelt nach der Entgeltgruppe 9b TV-L/TVÜ-L und auf die jeweiligen Differenzbeträge Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz des § 247 BGB ab Fälligkeit zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Auslegung der Bezugnahmeklausel in Nr. 3 des Änderungsvertrages vom 25. Januar 2002 führe nicht zu einer Anwendbarkeit des TV-L oder BAT-O auf das Arbeitsverhältnis der Parteien. Eine Bezugnahmeklausel erfasse regelmäßig nur einschlägige Tarifverträge. Selbst wenn der TV-L anzuwenden sei, wäre er nach dem Grundsatz der Tarifspezialität durch die Haustarifverträge der Beklagten verdrängt. Die Klägerin sei auch zutreffend eingruppiert, weil der Stationsschwester, die sie vertrete, vor dem 1. Januar 2004 keine zwölf Pflegepersonen durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt gewesen seien. Dies folge auch aus der bestehenden Personalbudgetplanung. Für die Station seien einschließlich der Stationsschwester für die Jahre 2002 und 2003 lediglich 12,39 Vollzeitstellen vorgesehen. Andere von der Klägerin benannte Arbeitnehmer seien dort nur kurzfristig als sog. Springer tätig gewesen. In der Station zeitweise tätige Schüler, Studenten und Zivildienstleistende seien ebenfalls nicht zu berücksichtigen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 1. Januar 2009 Entgelt nach der Entgeltgruppe 9b TV-L zu zahlen und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin, ihrer Berufung mit der Maßgabe stattzugeben, dass im Antrag zu 3) eine Überleitung aus der VergGr. Kr. VII BAT-O begehrt wird. Die Beklagte will mit ihrer Revision das erstinstanzliche Urteil wieder hergestellt wissen. Beide Parteien beantragen, die Revision der jeweils anderen zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässigen Revisionen der Parteien sind jeweils nur teilweise begründet.

10

I. Beide Revisionen sind zulässig. Dies gilt auch für das von der Klägerin mit dem Antrag zu 1) verfolgte Feststellungsbegehren.

11

Das Landesarbeitsgericht hat diesen Antrag, obwohl es auf einen Ausspruch im Tenor der Entscheidung verzichtet hat, nicht iSd. § 321 Abs. 1 ZPO übergangen. Deshalb war die Klägerin nicht gehalten, innerhalb der Frist des § 321 Abs. 2 ZPO eine Urteilsergänzung zu beantragen, weil anderenfalls die Rechtshängigkeit des Antrages entfallen wäre. Das ergibt die Auslegung der Entscheidungsformel, die unter Rückgriff auf Tatbestand und Entscheidungsgründe zu erfolgen hat (vgl. BAG 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - Rn. 38 mwN, BAGE 136, 302; 31. März 2004 - 10 AZR 253/03 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 110, 135). In der Folge muss der Senat auch nicht darüber befinden, ob der Antrag ausnahmsweise im Revisionsverfahren hätte neu eingeführt werden können (vgl. BAG 20. April 2010 - 1 ABR 78/08 - Rn. 35 ff., BAGE 134, 62).

12

Das Landesarbeitsgericht hat zwar im Entscheidungstenor lediglich über den Antrag zu 3) befunden. Es hat sich aber, wie die Entscheidungsgründe zeigen, auch mit dem Feststellungsantrag zu 1) befasst und ist davon ausgegangen, auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin sei ab dem 1. November 2006 der TV-L anzuwenden. Es ist allerdings der Auffassung gewesen, eine „zusätzliche“, über den Antrag zu 3) hinausgehende Feststellung erübrige sich aufgrund der inzident erfolgten Prüfung. Damit ist die Klägerin zugleich beschwert worden, weil die von ihr beantragte Feststellung nicht durch Aufnahme in den Tenor rechtskräftig festgestellt wurde.

13

II. Die Revisionen haben nur zum Teil Erfolg. Auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme seit dem 1. November 2006 der TV-L anzuwenden. Die Klägerin kann für die Monate August bis einschließlich Oktober 2006 jedoch keine Vergütung nach VergGr. Kr. VII (Fallgr. 14) BAT-O beanspruchen. Ihr weiteres Feststellungsbegehren ist zwar für die Zeit ab dem 1. November 2006 auch insoweit begründet, als die Klägerin eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9b TV-L beanspruchen kann. Sie ist aber in diese Entgeltgruppe lediglich unter Zuordnung zur VergGr. Kr. „VI mit Aufstieg nach VII“ BAT-O gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 iVm. der Anlage 5 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (vom 12. Oktober 2006, TVÜ-Länder) überzuleiten.

14

1. Die nach dem Antrag zu 1) auf die Feststellung der Anwendbarkeit eines Tarifvertrages auf ein Arbeitsverhältnis gerichtete und daher als sog. Elementenfeststellungsklage zulässige Klage (st. Rspr., s. nur BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 179/10 - Rn. 16 mwN; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165) ist begründet.

15

a) Die Auslegung der Bezugnahmeklausel in Nr. 3 des Arbeitsvertrages vom 25. Januar 2002 ( zu den Maßstäben der Auslegung einer solchen Allgemeinen Geschäftsbedingung BAG 19. Oktober 2011 - 4 AZR 811/09 - Rn. 18 mwN, DB 2011, 2783; 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, BAGE 134, 283; 25. August 2010 - 4 AZR 14/09 - Rn. 23 ff., AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 21)ergibt eine unbedingte zeitdynamische Bezugnahme auf den BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträge in der für die TdL geltenden Fassung.

16

aa) Eine einzelvertraglich nach dem 1. Januar 2002 auch mit einem tarifgebundenen Arbeitgeber vereinbarte dynamische Verweisung auf einen bestimmten Tarifvertrag wird jedenfalls dann, wenn dessen Tarifgebundenheit an den in Bezug genommenen Tarifvertrag nicht in einer für den Arbeitnehmer erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht worden ist, durch einen Wegfall der arbeitgeberseitigen Tarifgebundenheit an die in der Klausel genannten Tarifverträge nicht berührt. Für Arbeitsverträge, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 geschlossen worden sind („Neuverträge”), wendet der Senat die Auslegungsregel der sog. Gleichstellungsabrede nicht an (- „unbedingte zeitdynamische Verweisung“ -, st. Rspr., s. nur BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 22 mwN, BAGE 132, 261; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 21 ff., BAGE 128, 185; 18.  April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26 ff. mwN, BAGE 122, 74). Wenn die Arbeitsvertragsparteien der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers besondere Bedeutung beimessen wollen, muss dies grundsätzlich im Vertragstext Niederschlag finden oder auf sonstige Weise Gegenstand der arbeitsvertraglichen Einigung geworden sein.

17

bb) Einer Anwendung dieser Auslegungsregel auf die vertragliche Abrede der Parteien aus dem Jahre 2002 steht nicht entgegen, dass es sich dabei um die Änderung eines „Altvertrages“ handelt, der wiederum zwischen der Klägerin und dem Land Sachsen-Anhalt vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurde und der ebenfalls eine dynamische Verweisung auf den BAT-O sowie die ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträge (in der für die TdL geltenden Fassung) enthielt. Bei einer Änderung eines Altvertrages nach dem 1. Januar 2002 kommt es für die Beurteilung, ob die Auslegungsmaßstäbe für „Neu-“ oder für „Altverträge“ maßgebend sind, darauf an, ob die Klausel im Änderungsvertrag zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der hieran beteiligten Vertragsparteien gemacht worden ist (BAG 19. Oktober 2011 - 4 AZR 811/09 - Rn. 27, DB 2011, 2783; 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 25, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 75 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 23 ff., BAGE 132, 261). Dies ist anhand der konkreten Vertragsänderung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (BAG 19. Oktober 2011 - 4 AZR 811/09 - aaO).

18

cc) In Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die von der Klägerin und der durch Mitgliedschaft tarifgebundenen Rechtsvorgängerin der Beklagten vereinbarte Arbeitsvertragsänderung hinsichtlich der Bezugnahmeregelung als ein „Neuvertrag“, der eine unbedingte zeitdynamische Bezugnahme der aufgeführten Tarifverträge in der für die TdL geltenden Fassung enthält. Das hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt.

19

(1) Mit der Bezugnahmeklausel in Nr. 3 des Vertrages vom 25. Januar 2002 wird in rechtsgeschäftlicher, vertragsändernder Willensbildung eine eigenständige Neuregelung getroffen. Ihr Wortlaut unterscheidet sich von der Inbezugnahmeregelung im vorangegangenen Arbeitsvertrag vom 20. Dezember 1996. Bereits dies spricht dagegen, dass es sich lediglich um die Wiederholung der ursprünglich getroffenen Vereinbarung ohne eigenen Rechtsgestaltungswillen handelt. Die Vertragsurkunde enthält darüber hinaus nicht nur einzelne, gegenüber der Vorgängervereinbarung tatsächlich veränderte Vertragsbestandteile - etwa die veränderte Tätigkeit und Vergütung - und verweist auch nicht im Übrigen auf die bisherigen Vertragsbestimmungen. Vielmehr wird bereits nach einem Einleitungssatz der „nachfolgend beschriebene Vertrag mit Wirkung vom 08.01.2002 geschlossen“. Danach sollen allein die nachstehenden Vereinbarungen, die keinen Bezug auf den zuvor geschlossenen Arbeitsvertrag enthalten, den Inhalt des Arbeitsverhältnisses regeln. Die Vertragsparteien haben damit das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis insgesamt auf eine neue rechtliche Grundlage einschließlich des Inhalts der vereinbarten Bezugnahmeklausel gestellt.

20

(2) Bei der Nr. 3 des Vertrages vom 25. Januar 2002 handelt es sich, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, um eine dynamische Verweisung auf die jeweiligen in der Bezugnahmeklausel genannten Tarifverträge in der für die TdL geltenden Fassung. Die Bezugnahmeklausel verweist in Satz 1 auf die „Bestimmungen des maßgebenden Tarifvertrages BAT-O“. Damit hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten, das Land Sachsen-Anhalt, den BAT-O in der Fassung der TdL als maßgebenden Tarifvertrag gekennzeichnet (nachfolgend BAT-O/TdL). Dies entspricht der Gebundenheit des Landes Sachsen-Anhalt an den BAT-O/TdL nach § 3 Abs. 1 TVG aufgrund seiner Mitgliedschaft in der TdL zum fraglichen Zeitpunkt. Weiterhin ist ausdrücklich vereinbart worden, dass die den BAT-O ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis angewendet werden sollen. Mit dem Passus „in den für die TdL jeweils geltenden Fassungen“ haben die Vertragsparteien zugleich klargestellt, dass diejenigen Tarifverträge angewendet werden sollen, die auch zukünftig von der TdL vereinbart werden. Insbesondere durch solche Zusätze wird dabei der Wille der Arbeitsvertragsparteien verdeutlicht, eine dynamische Verweisung herbeizuführen (vgl. BAG 19. Oktober 2011 - 4 AZR 811/09 - Rn. 21 mwN, DB 2011, 2783; 19. September 2007 - 4 AZR 710/06 - Rn. 22 mwN, AP BGB § 133 Nr. 54 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 36).

21

b) Mit diesem vertraglichen Regelungsbestand ist das Arbeitsverhältnis der Klägerin auf die zum 1. Januar 2006 als Anstalt des öffentlichen Rechts errichtete Beklagte übergegangen. Nach § 20 Abs. 1 Satz 2 HMG LSA ist die Beklagte in die bestehenden Rechte und Pflichten des Universitätsklinikums eingetreten.

22

c) Die Bezugnahmeklausel erfasst ab dem 1. November 2006 auch den TV-L. Bei diesem handelt es sich um einen den BAT-O/TdL ersetzenden Tarifvertrag iSd. vertraglichen Bezugnahmeklausel.

23

aa) Werden wie hier in einer vertraglichen Bezugnahmeklausel ausdrücklich auch die ersetzenden Tarifverträge genannt, ist, jedenfalls soweit nur die Anwendbarkeit des TV-L als einen den BAT-O/TdL ersetzenden Tarifvertrag in Frage steht, auch dieser Tarifvertrag erfasst (st. Rspr., ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, BAGE 130, 286 sowie 17. November 2011 - 5 AZR 409/10 - Rn. 15 mwN; 15. Juni 2011 - 4 AZR 563/09 - Rn. 38 mwN, EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Bezugnahmeklausel Nr. 35). Dies war hier der TV-L, der den BAT-O/TdL zum 1. November 2006 nach § 2 Abs. 1 Satz 1 iVm. Anlage 1 TVÜ-Länder Teil A Nr. 2 weitgehend ersetzte.

24

bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten steht der Anwendbarkeit des TV-L auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht entgegen, dass die Beklagte selbst nicht Mitglied der TdL oder eines Mitgliedverbandes der TdL ist.

25

(1) Soweit die Beklagte meint, der TV-L gelte nach dessen § 1 nur für „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (Beschäftigte), die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber stehen, der Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) oder eines Mitgliedverbandes der TdL ist“, was für sie nicht zutreffe, verkennt sie, dass vorliegend nicht die Frage einer Tarifgebundenheit, sondern die Reichweite eine vertraglichen Bezugnahmeklausel zu beurteilen ist. Eine ohne besondere Einschränkung in einem „Neuvertrag“ erfolgte vertragliche Inbezugnahme eines Tarifwerkes wie des BAT-O einschließlich der „ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in den für die TdL jeweils geltenden Fassungen“ führt grundsätzlich zu dessen Anwendung für das jeweilige Arbeitsverhältnis unabhängig davon, ob der Arbeitgeber selbst von dem personellen oder sachlichen (betrieblichen) Geltungsbereich erfasst ist. Der Bezugnahmeklausel unter Nr. 3 des Arbeitsvertrages ist, anders als es die Beklagte meint, gerade keine Einschränkung zu entnehmen, das in Bezug genommene Tarifwerk müsse für den Arbeitgeber hinsichtlich des fachlich/betrieblichen oder personellen Geltungsbereichs das jeweils „einschlägige“ sein. Ein anderes ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass in Nr. 3 Satz 1 des Arbeitsvertrages auf die „Bestimmungen des maßgebenden Tarifvertrages BAT-O“ verwiesen wird. Damit wird lediglich das Bezugnahmeobjekt - der BAT-O - als für die damalige Arbeitgeberin (in der Fassung der TdL) bezeichnet. Allein hieraus eine auflösende Bedingung in Bezug auf die vereinbarte Dynamik zu entnehmen, wonach der BAT-O nur so lange dynamisch in Bezug genommen sei, wie der Arbeitgeber selbst an diesen Tarifvertrag normativ gebunden ist, kann durch die bloße Charakterisierung des genannten Tarifvertrages als „maßgebend“ nicht begründet werden. Dagegen spricht weiterhin die in Nr. 3 Satz 2 des Arbeitsvertrages ohne jede Einschränkung erfolgte Verweisung auf „die ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in den für die TdL jeweils geltenden Fassungen“.

26

(2) Ein anderes Ergebnis folgt nicht aus der von der Beklagten angeführten Entscheidung des Senats vom 15. März 2006 (- 4 AZR 75/05 - BAGE 117, 248). Gegenstand der damaligen Entscheidung war die Auslegung einer Bezugnahmeklausel, die nicht nur den BAT (in der für den Bund und die Länder geltenden Fassung, nachfolgend BAT/B-L) und die einschlägigen Sonderregelungen zum BAT erfasste, sondern auch die „zusätzlichen für den Bereich des Arbeitgebers verbindlichen Tarifverträge“. Hierzu gehörten nicht tarifvertraglichen Regelungen, die in einem zwischen dem Freistaat Bayern und den damaligen Gewerkschaften ÖTV und DAG geschlossenen Tarifvertrag über eine ergänzende Leistung an Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Auszubildende des Freistaates Bayern vereinbart wurden. Es handelte sich insoweit und bezogen auf die damalige Beklagte (eine privatrechtliche Krankenhausträgergesellschaft in Einzelrechtsnachfolge einer Landesversicherungsanstalt) nicht um einen „zusätzlichen für den Bereich des Arbeitgebers verbindlichen“ Tarifvertrag. Bezogen auf die Anwendbarkeit des einschränkungslos in Bezug genommenen BAT/B-L ging der Senat allerdings ohne Weiteres von dessen Anwendbarkeit aus, obwohl die damalige Beklagte gerade nicht vom allgemeinen Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 BAT/B-L erfasst wurde(BAG 15. März 2006 - 4 AZR 75/05 - Rn. 24, aaO).

27

d) Die Bezugnahmeklausel erfasst hingegen nicht die von der Beklagten geschlossenen Haustarifverträge.

28

aa) Die Klausel verweist nach ihrem Wortlaut auf den BAT-O/TdL und „die ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in den für die TDL jeweils geltenden Fassungen“. Hierzu gehören nicht die von der Beklagten geschlossenen Haustarifverträge. Diese sind bereits deshalb, weil von anderen Tarifvertragsparteien geschlossen als von denjenigen, die den BAT-O/TdL und den nachfolgenden TV-L vereinbart haben, keine Tarifverträge, die die in Bezug genommenen Tarifverträge hätten ersetzen können.

29

bb) Die Revision der Beklagten macht nicht geltend, dass die Parteien eine sog. Tarifwechselklausel (dazu ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 27 mwN, BAGE 130, 286; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 19 ff. mwN, BAGE 128, 165) vereinbart haben, wofür es darüber hinaus auch keinen Anhaltspunkt gibt.

30

cc) Die Haustarifverträge der Beklagten werden auch nicht durch die Textstelle „... sowie sonstige tarifliche Bestimmungen“ im Änderungsvertrag vom 25. Januar 2002 erfasst. Das folgt bereits aus dem Wortlaut. Dieser bezieht sich insoweit allein auf solche Regelungen, die als „sonstige“ Regelungen - über die im BAT-O/TdL getroffenen Regelungen hinaus - und regelmäßig neben ihm gelten und nicht auf Tarifverträge, die von anderen Tarifvertragsparteien abgeschlossen dieselben Regelungsbereiche an dessen Stelle regeln (ebenso BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 20, BAGE 128, 165).

31

dd) Die Anwendung der von der Beklagten vereinbarten Haustarifverträge auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin folgt schließlich nicht aus § 2 Abs. 1 Satz 1 iVm. der Anlage 1 TVÜ-UK Halle. Die dort vorgesehene Ersetzung des BAT/BAT-O ist bereits deshalb ohne Bedeutung, weil die Tarifvertragsparteien der Haustarifverträge in ihrem Tarifwerk nicht die Ersetzung von Tarifverträgen festlegen können, die von anderen Tarifvertragsparteien geschlossen wurden. Zudem ist für die Auslegung einer einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel eine solche, von nicht am Arbeitsvertrag Beteiligten vereinbarte „Tarifregelung“ und ein sich etwaiger daraus ableitbarer Wille der Tarifvertragsparteien grundsätzlich ohne Bedeutung (vgl. BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 179/10 - Rn. 45 mwN; 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 20 mwN, BAGE 134, 283).

32

ee) Entgegen der in den Tatsacheninstanzen von der Beklagten vertretenen Auffassung ergibt sich aus dem Grundsatz der Tarifspezialität keine Anwendbarkeit der von ihr geschlossenen Haustarifverträge.

33

Die Auflösung einer Tarifkonkurrenz im Wege der Sachnähe oder Spezialität als tarifrechtlicher Kollisionsregel (s. nur BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 20, BAGE 124, 34; 4. Juli 2007 - 4 AZR 491/06 - Rn. 78 ff., BAGE 123, 213) setzt eine beiderseitige Tarifgebundenheit der Arbeitsvertragsparteien an die betreffenden Tarifverträge voraus. Daran fehlt es vorliegend schon deshalb, weil die Beklagte nicht an das Tarifwerk für den öffentlichen Dienst der Länder gebunden ist. Zudem handelt es sich bei dem Prinzip der Sachnähe oder Spezialität um eine tarifrechtliche Kollisionsregel (vgl. BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 190/08 - Rn. 49, AP TVG § 3 Nr. 48 = EzA TVG § 3 Nr. 34). Eine Tarifkonkurrenz kann aber bei der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag nicht entstehen (s. nur BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - aaO).

34

ff) Die von der Beklagten geschlossenen Haustarifverträge sind schließlich auch nicht Tarifverträge, die den TV-L - als Bezugnahmeobjekt der Regelung in Nr. 3 des Arbeitsvertrages - ändern oder etwa ergänzen. Denn sie sind von anderen Tarifvertragsparteien geschlossen worden.

35

2. Der zulässige Feststellungsantrag zu 2) ist unbegründet.

36

a) Der Antrag zu 2) ist zulässig. Ihm steht weder der Vorrang der Leistungsklage noch ein Vergangenheitsbezug dieser Feststellungsklage entgegen.

37

Der für das Feststellungsinteresse erforderliche Gegenwartsbezug (vgl. etwa BAG 16. November 2011 - 4 AZR 872/09 - Rn. 20 mwN; 5. November 2003 - 4 AZR 632/02 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 108, 224) wird dadurch hergestellt, dass die von der Klägerin begehrte Feststellung für den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum noch zukünftige Auswirkungen hat. Streitig ist, auf Grundlage welcher Eingruppierung vor dem 1. November 2006 die Klägerin nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder in die Entgeltgruppen des TV-L überzuleiten und wie das Vergleichsentgelt nach § 5 Abs. 1 TVÜ-Länder zu ermitteln ist.

38

b) Der Feststellungsantrag zu 2) ist unbegründet. Die tarifvertraglichen Voraussetzungen für einen Bewährungsaufstieg im streitgegenständlichen Zeitraum liegen nicht vor.

39

aa) Die maßgebenden Bestimmungen für die Eingruppierung der Klägerin nach dem BAT-O/TdL lauten:

        

„Anlage 1b

        

Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst

                 
        

…       

                 
        

A.    

        

Pflegepersonal das unter die Sonderregelungen 2 a und 2 e III fällt.

                 
        

Vergütungsgruppe Kr. VI

        

…       

                 
        

16. Krankenschwestern, die durch ausdrückliche Anordnung als ständige Vertreterinnen von Stations- oder Gruppenschwestern der Vergütungsgruppe Kr. VII Fallgruppe 7 bestellt sind.

        

…       

                 
        

Vergütungsgruppe Kr. VII

        

…       

                 
        

7. Krankenschwestern als Stationsschwestern oder Gruppenschwestern, denen mindestens zwölf Pflegepersonen durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind.

        

(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 1, 6, 11 und 12)

        

…       

                 
        

14. Krankenschwestern der Vergütungsgruppe Kr. VI Fallgruppen 8 bis 10 oder 12 bis 17

        

nach fünfjähriger Bewährung in der jeweiligen Fallgruppe.

        

…       

                 
        

Protokollerklärung Nr. 6

                 
        

Soweit die Eingruppierung von der Zahl der unterstellten oder in dem betreffenden Bereich beschäftigten Personen abhängt,

                 
        

a) ist es für die Eingruppierung unschädlich, wenn im Organisations- und Stellenplan zur Besetzung ausgewiesene Stellen nicht besetzt sind,

                 
        

b) zählen teilzeitbeschäftigte Personen entsprechend dem Verhältnis der mit ihnen im Arbeitsvertrag vereinbarten Arbeitszeit zur regelmäßigen Arbeitszeit eines entsprechenden Vollbeschäftigten,

                 
        

c) zählen Personen, die zu einem Teil ihrer Arbeitsleistung unterstellt oder zu einem Teil ihrer Arbeitszeit in einem Bereich beschäftigt sind, entsprechend dem Verhältnis dieses Anteils zur regelmäßigen Arbeitszeit eines entsprechenden Vollbeschäftigten,

                 
        

d) bleiben Schülerinnen in der Krankenpflege, Kinderkrankenpflege, Krankenpflegehilfe und Entbindungspflege sowie Personen, die sich in einer Ausbildung in der Altenpflege befinden, außer Betracht; für die Berücksichtigung von Stellen, auf die Schülerinnen angerechnet werden, gilt Buchstabe a.“

40

bb) Hiernach setzt die von der Klägerin angestrebte Eingruppierung in die VergGr. Kr. VII (Fallgr. 14) BAT-O voraus, dass sich die Klägerin bereits zum 1. August 2006 fünf Jahre in der VergGr. Kr. VI (Fallgr. 16) BAT-O bewährt hat. Diese Voraussetzung ist jedoch nicht erfüllt. Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, dass auf der Grundlage ihres Vortrages die Tätigkeit der Klägerin vor dem 1. Januar 2004 die Anforderungen der VergGr. Kr. VI (Fallgr. 16) BAT-O nicht erfüllt hatte. Deshalb scheidet die Feststellung einer Eingruppierung in VergGr. Kr. VII (Fallgr. 14) BAT-O für die Monate August bis einschließlich Oktober 2006 infolge eines Bewährungsaufstiegs aus. Die Klägerin hat nicht dargetan, der von ihr kraft ausdrücklicher Anordnung ständig vertretenen Stationsschwester seien vor dem 1. Januar 2004 - ebenfalls kraft ausdrücklicher Anordnung - mindestens zwölf Pflegepersonen ständig unterstellt gewesen.

41

(1) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass der Stationsschwester, deren Vertretung der Klägerin übertragen worden ist, unter Berücksichtigung von zwei teilzeitbeschäftigten Pflegepersonen vor dem 1. Januar 2004 rechnerisch lediglich 11,9 Pflegepersonen durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt waren.

42

(2) Ein anderes ergibt sich nicht aus dem Vorbringen der Klägerin, die von ihr in den Tatsacheninstanzen vorgelegten „Ist-Besetzungen“ wiesen für die Monate November und Dezember 2003 mehr als zwölf der Stationsschwester unterstellte Pflegepersonen auf und diese Zahl sei auch in der Folgezeit nicht zurückgegangen. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann allein aus den jeweiligen „Ist-Besetzungen“, selbst wenn sich diese den Besetzungslisten entnehmen lassen, noch nicht der Schluss gezogen werden, dass bereits im Jahr 2003 eine ständige Unterstellung von mindestens zwölf Pflegepersonen kraft ausdrücklicher Anordnung vorgelegen hat. Die von der Klägerin vorgelegten Besetzungsübersichten für die Kalenderjahre 2002 und 2003 weisen zudem Schwankungen auf, die erkennen lassen, dass es sich um einen zeitweilig erhöhten Personalbedarf handelt. Hinreichende Anhaltspunkte dahingehend, dass und zu welchem Zeitpunkt die Beklagte eine Unterstellung weiterer Pflegepersonen vor dem 1. Januar 2004 ausdrücklich angeordnet hat, enthält der Vortrag der Klägerin nicht.

43

(3) Das Landesarbeitsgericht ist weiterhin zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei den zwei weiteren, als sog. Springer eingesetzten Beschäftigten nicht um „ständig“ unterstellte (zum Merkmal der „ständigen“ Unterstellung vgl. nur BAG 12. März 2008 - 4 AZR 67/07 - Rn. 45, ZTR 2008, 604; 26. Januar 2005 - 4 AZR 6/04 - Rn. 46 mwN, BAGE 113, 291) Pflegepersonen iSd. VergGr. Kr. VII Fallgr. 7 BAT-O handelt.

44

Ausgehend von den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts fehlt es an Anhaltspunkten, die Beklagte habe einen dauerhaften Bedarf an Pflegepersonal durch den Einsatz von sog. Springern abgedeckt. Einer der beiden Beschäftigten, die als sog. Springer eingesetzt wurden, war auf der Station, auf der die Klägerin beschäftigt ist, lediglich in der Zeit vom 17. November 2001 bis 28. Februar 2002, also an 15 Tagen tätig gewesen. Für den anderen der Springer war dies in der Zeit vom 4. bis 15. Februar 2002 und vom 18. bis 24. Februar 2002 und damit nur an 17 Arbeitstagen der Fall. Von daher fehlt es - anders als die Klägerin annimmt - bereits daran, dass „aus dem Springerpool kontinuierlich Pflegepersonal im Nierentransplantationszentrum eingesetzt wurde“. Deshalb kann entgegen ihrer Auffassung auch nicht „fiktiv“ von einer ständigen Unterstellung von zumindest „0,1 Pflegepersonen“ ausgegangen werden. Nach dem nicht bestrittenen Vorbringen der Beklagten ist zudem eine ausdrückliche Unterstellung gegenüber der Stationsschwester nicht erfolgt. Eine solche war danach lediglich gegenüber der Leiterin des „Springerpools“ gegeben.

45

(4) Entgegen der Auffassung der Klägerin sind Krankenschwestern(pflege)schüler, Schüler, Zivildienstleistende und Studierende für die Ermittlung der unterstellten Pflegepersonen nicht zu berücksichtigen.

46

(a) Das ergibt sich, worauf das Landesarbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat, bereits aus der Protokollerklärung Nr. 6 Buchst. d zur VergGr. Kr. VII BAT-O. Dass diese Personen auf unbesetzten Stellen iSd. Protokollerklärung eingesetzt wurden, macht die Klägerin nicht geltend.

47

(b) Die Klägerin hat auch nicht dargetan, dass es sich bei diesem Personenkreis um Pflegepersonen iSd. Tätigkeitsmerkmales handelt.

48

(aa) Pflegepersonen iSd. VergGr. Kr. VII Fallgr. 7 BAT-O sind nur solche Angestellte, die von der Anlage 1b Abschnitt A BAT-O erfasst werden (BAG 15. Februar 2006 - 4 AZR 66/05 - Rn. 21, ZTR 2006, 538). Dazu gehören weder Zivildienstleistende noch Studierende.

49

(bb) Ein anderes ergibt sich nicht aus der von der Klägerin in der Revision angeführten Entscheidung des Senats vom 15. Februar 2006. Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz geltend gemacht hat, eingesetzte Studierende des Fachs Medizin würden „Leistungen nicht besetzter Stellen kompensieren“, ist dieser Vortrag unsubstantiiert. Es fehlt an einem näheren Vorbringen der Klägerin, mit welchen Tätigkeiten im Einzelnen und in welchem Umfang diese Personen auf der Intensivstation im Nierentransplantationszentrum eingesetzt waren, um beurteilen zu können, ob die ihnen übertragene Tätigkeit denen einer Pflegeperson iSd. Tätigkeitsmerkmales entspricht (dazu BAG 15. Februar 2006 - 4 AZR 66/05 - Rn. 27, ZTR 2006, 538).

50

(5) Die weitere Rüge der Klägerin, das Landesarbeitsgericht habe rechtsfehlerhaft auf die Personalbudgetplanung der Beklagten abgestellt, da es sich bei dieser nicht um einen Organisations- oder Stellenplan iSd. Protokollerklärung Nr. 6 Buchst. a zur VergGr. Kr. VII BAT-O handele, ist unzutreffend. Das Landesarbeitsgericht hat lediglich ergänzend ausgeführt, dass auch nach der von der Beklagten vorgelegten Personalbudgetplanung der Stationsschwester für die Jahre 2002 und 2003 lediglich 11,39 Pflegepersonen unterstellt gewesen seien, „mithin sogar weniger als die tatsächliche Ist-Unterstellung von 11,9 Vollzeitkräften“. Danach hat das Berufungsgericht seine Entscheidung tragend auf den Umstand von 11,9 ständig unterstellten Pflegepersonen gestützt.

51

Der Protokollerklärung Nr. 6 Buchst. a zur VergGr. Kr. VII Fallgr. 7 BAT-O kann auch nicht entnommen werden, dass die Beklagte zur Erstellung eines dementsprechenden Stellen- oder Organisationsplans verpflichtet ist. Nur für den Fall, dass ein solcher existiert, kommt es für die Anzahl der unterstellten Pflegepersonen nicht darauf an, ob jede der ausgewiesenen Stellen tatsächlich besetzt ist. Im anderen Fall, wenn man mit der Klägerin davon ausgeht, ein Personalbudgetplan erfülle nicht die Anforderungen an einen Stellen- und Organisationsplan iSd. Protokollerklärung, ist die Anzahl der tatsächlichen Unterstellungen kraft ausdrücklicher Anordnung entscheidend. Hierfür ist zunächst die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig.

52

cc) Entgegen der Auffassung der Klägerin sind Zeiten ihrer Tätigkeit als Stationsschwester oder stellvertretende Stationsschwester mit mehr als 24 kraft ausdrücklicher Anordnung ständig unterstellten Pflegepersonen für die Berechnung der Bewährungszeit nicht zu berücksichtigen. Es handelt sich nicht um Tätigkeiten derselben Fallgruppe, der VergGr. Kr. VI Fallgr. 16 BAT-O. Deshalb kann es dahinstehen, ob der Vortrag der Klägerin dazu überhaupt hinreichend substantiiert ist.

53

(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist für einen Bewährungsaufstieg, der wie vorliegend nach dem Tätigkeitsmerkmal der VergGr. Kr. VII Fallgr. 14 BAT-O eine „Bewährung in der jeweiligen Fallgruppe“ vorsieht, erforderlich, dass der betreffende Arbeitnehmer in den Zeiten, die er als Bewährungszeiten anerkannt wissen will, in diese Fallgruppe eingruppiert ist (vgl. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 163/08 - Rn. 16 mwN, USK 2009-132; 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 43, BAGE 124, 240; 24. September 1997 - 4 AZR 565/96 - AP BAT § 23b Nr. 1). Das schließt es aus, dass der Arbeitnehmer die in der Ausgangsfallgruppe vorgesehene Bewährungszeit zurücklegen kann, wenn er zeitweise Tätigkeiten auszuüben hat, die einer anderen Fallgruppe zugeordnet sind. Eine Berücksichtigung von Zeiten in anderen Fallgruppen ist außerhalb der hier nicht einschlägigen Regelungen des § 23b BAT-O und § 23a BAT-O nicht vorgesehen(BAG 22. April 2009 - 4 AZR 163/08 - Rn. 17 mwN, aaO).

54

(2) Danach finden die von der Klägerin angeführten Zeiten für die fünfjährige Bewährungszeit nach VergGr. Kr. VII Fallgr. 14 BAT-O keine Berücksichtigung, selbst wenn es sich um höherwertige Tätigkeiten gehandelt haben sollte. Zeiten einer Bewährung in Tätigkeiten einer anderen als der in der Aufstiegsfallgruppe genannten Ausgangsfallgruppe bleiben unberücksichtigt.

55

dd) Die Klage ist insoweit auch nicht deshalb begründet, soweit die Klägerin in ihrer Revisionsbegründung behauptet, die Beklagte habe selbst vorgetragen, „den Bewährungsaufstieg aber auch in Fällen einer Wahrnehmung einer höherwertigen Tätigkeit“ anzuwenden. Die Beklagte hat diesen nicht unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin bestritten. Soweit die Klägerin implizit einen Anspruch nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz geltend machen will, handelt es sich zudem um einen neuen Streitgegenstand (BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 657/08 - Rn. 22 mwN, AP ZPO § 551 Nr. 68)und damit um eine in der Revisionsinstanz unzulässige Klageerweiterung.

56

3. Der zulässige Antrag zu 3) ist nur teilweise begründet.

57

a) Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellte Antrag, dessen Inhalt sich bereits aufgrund der gebotenen Auslegung ergab, ist als Eingruppierungsfeststellungsklage (st. Rspr., siehe nur BAG 17. November 2010 - 4 AZR 188/09 - Rn. 15, NZA-RR 2011, 304; 22. April 2009 - 4 AZR 166/08 - Rn. 13 mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 311)zulässig. Insbesondere ist das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben.

58

Zwischen den Parteien ist zwar nicht umstritten, dass die Klägerin bei Anwendung des TV-L entsprechend den Überleitungsbestimmungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 iVm. der Anlage 5 TVÜ-Länder in die Entgeltgruppe 9b TV-L überzuleiten ist. Das erforderliche Feststellungsinteresse folgt jedoch aus den unterschiedlichen Auffassungen der Parteien hinsichtlich der hier zutreffenden Zuordnung gemäß der Anlage 5, Spalte 3 TVÜ-Länder - „Zuordnungen Vergütungsgruppen KR/KR-Verläufe“ -, die wiederum für die Berechnung des Vergleichsentgelts und der Stufenzuordnung nach § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 TVÜ-Länder von Bedeutung ist.

59

b) Der Feststellungsantrag ist nur teilweise begründet.

60

aa) Die Klägerin hat - entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts - bereits ab dem Zeitpunkt der Überleitung zum 1. November 2006 Anspruch auf eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9b TV-L. Sie war im Monat Oktober 2006 in der VergGr. Kr. VI Fallgr. 16 BAT-O eingruppiert. Diese Eingruppierung ermöglicht den „Aufstieg nach VII“ iSd. Anlage 5 TVÜ-Länder. Im Bereich des TV-L, der nach der arbeitsvertraglichen Bezugnahme für das Arbeitsverhältnis maßgebend ist (oben unter II 1), ist diese Vergütungsgruppe nach den §§ 3, 4 Abs. 1 iVm. der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 4 Abs. 1 TVÜ-Länder sowie der Anlage 5 TVÜ-Länder der Entgeltgruppe 9b TV-L zugeordnet, in die die Klägerin überzuleiten ist.

61

bb) Die Überleitung der Klägerin erfolgt allerdings nicht nach Maßgabe einer Zuordnung zur VergGr. Kr. „VII ohne Aufstieg“ (BAT-O), sondern nach der VergGr. Kr. „VI mit Aufstieg nach VII“ (BAT-O) iSd. Anlage 5, Spalte 3 TVÜ-Länder. Die Klägerin war erst ab dem 1. Januar 2004 durch ausdrückliche Anordnung als ständige Vertreterin einer Stationsschwester der VergGr. Kr. VII Fallgr. 7 BAT-O bestellt, sodass die fünfjährige Bewährungszeit der VergGr. Kr. VII Fallgr. 14 BAT erst mit Ablauf des Jahres 2008 erfüllt ist. Davon ging auch die Beklagte ausweislich ihres Schreibens vom 30. September 2009 zutreffend aus. Einen früheren Beginn einer Tätigkeit in der VergGr. Kr. VI Fallgr. 16 BAT-O hat die dafür darlegungs- und beweispflichtige Klägerin nicht dargetan (unter II 2 b bb).

62

cc) Die Klägerin hat ihre Vergütungsansprüche mit Schreiben vom 28. Dezember 2006 fristgerecht nach § 37 Abs. 1 TV-L geltend gemacht. Das wird von der Beklagten auch nicht gerügt.

63

dd) Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 BGB (vgl. BAG 26. Januar 2011 - 4 AZR 167/09 - Rn. 46 ff., AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 34).

64

III. Die Parteien haben die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen.

        

    Treber    

        

    Winter    

        

    Treber    

        

        

        

    Plautz    

        

    Weßelkock    

                 

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 4/13 Verkündet am:
4. Dezember 2014
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Rechtskraft eines die Vollstreckungsgegenklage abweisenden Urteils erstreckt
sich entsprechend § 322 Abs. 2 ZPO auch auf die Aberkennung von Gegenforderungen
, mit denen der Kläger gegen die titulierte Forderung aufgerechnet hat (im
Anschluss an BGH, Urteil vom 30. März 1994 - VIII ZR 132/92, NJW 1994, 2769,
2770 und Beschluss vom 28. Juni 2006 - XII ZB 9/04, NJW-RR 2006, 1628 Rn.
10).
BGH, Urteil vom 4. Dezember 2014 - VII ZR 4/13 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. November 2014 durch die Richter Dr. Eick, Halfmeier, Dr. Kartzke und
Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterin Graßnack

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Kläger wird das Teil- und Grundurteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29. November 2012 hinsichtlich der Entscheidung über den Klageantrag Nr. 1 (Klage auf Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung ) unter Zurückweisung der weitergehenden Revision in dem Umfang aufgehoben, der sich aus der nachstehenden teilweisen Neufassung des Berufungsurteils ergibt: Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2011 hinsichtlich der Entscheidung über den Klageantrag Nr. 1 abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 6. Mai 2010 - 12 U 59/09 wird unter Abweisung des weitergehenden Klageantrags Nr. 1 für unzulässig erklärt, soweit die Kläger als Gesamtschuldner verurteilt worden sind, an die Beklagte 67.144,88 € nebst Zinsen hieraus seit dem 24. Juli 2010 zu zahlen. Die weitergehende, auf den Klageantrag Nr. 1 bezogene Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.
2. Auf die Revision der Kläger wird das genannte Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf ferner insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Abweisung des Klageantrags Nr. 2 (Haupt- und Hilfsantrag; Zahlung von 152.525 € nebst Zinsen) bestätigt hat. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2011 hinsichtlich der Entscheidung über den Klageantrag Nr. 2 abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 152.525 € zu zahlen. Im Umfang der Aufhebung der Zinsentscheidung (Zinsen aus 152.525 €) wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entschei- dung an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
3. Auf die Revision der Kläger wird das genannte Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf außerdem insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht den Widerklageantrag Nr. 3 (entgangener Gewinn) dem Grunde nach für gerechtfertigt erachtet hat.
4. In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um wechselseitige Ansprüche im Zusammenhang mit einem Bauvorhaben auf einem Grundstück in L.
2
Das Grundstück befand sich ursprünglich im Eigentum der Klägerin zu 1 (nachfolgend nur: Klägerin), die beabsichtigte, es wirtschaftlich durch Errichtung eines Mehrfamilienhauses unter Bildung von Wohnungseigentum zu verwerten. Vom 10. April 2006 datiert ein von der Beklagten unterzeichneter "BauWerkvertrag" , in dem eine "Bauherrengemeinschaft B.-Straße 36" die Beklagte mit den Rohbauarbeiten für den "Neu-Rohbau des Hauses der Auftraggeber" beauftragte. Die Zahlung des Werklohns sollte nach Baufortschritt gemäß einem dem Vertrag beigefügten Zahlungsplan, in dem der Werklohn mit insgesamt 219.669,88 € beziffert ist, erfolgen.
3
In der Folge einigten sich die Parteien darauf, dass die Beklagte das Grundstück von der Klägerin kaufen, als Bauträgerin auf dem Grundstück das Mehrfamilienhaus errichten und unter Bildung von Wohnungseigentum verwerten sollte. Da die Beklagte Schwierigkeiten mit der Finanzierung hatte, wurde mündlich vereinbart, dass die Klägerin den Rohbau vorfinanziert.
4
In Umsetzung dieser Pläne schloss die Klägerin am 9. Mai 2006 mit der Beklagten einen notariell beurkundeten Kaufvertrag über das Grundstück. Der Kaufpreis in Höhe von 186.000 € wurde der Beklagten längstens bis zum 31. Dezember 2008 gestundet. Zur Absicherung der Kaufpreisforderung ist zu Gunsten der Klägerin eine Sicherungshypothek bestellt. Wegen des Sicherungshypothekenbetrags unterwarf sich die Beklagte in § 3 des Kaufvertrags der sofortigen Zwangsvollstreckung in das Grundstück. In § 4 des Kaufvertrags unterwarf sich die Beklagte zudem in Höhe des Kaufpreises der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde. Am 4. August 2006 wurde die Beklagte als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.
5
Auf die nach Maßgabe des Zahlungsplans zum Bauvertrag ab dem 10. Mai 2006 gestellten sechs Abschlagsrechnungen zahlte der Kläger zu 2 (nachfolgend nur: Kläger) insgesamt 152.525 €. Weitere Zahlungen erfolgten nicht, nachdem seitens der Klägerin erfolglos Sicherheiten für die bereits geleisteten Zahlungen verlangt worden waren. Im November 2006 kamen die Bauarbeiten zum Erliegen, wobei die im Zahlungsplan genannten Rohbauarbeiten fertig gestellt sind. Der Grundstückskaufpreis wurde nach Ablauf der vereinbarten Stundungsfrist nicht gezahlt. Die Klägerin hat deswegen die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betrieben. Seit Ende Januar 2009 ist ein Zwangsversteigerungsvermerk im Grundbuch eingetragen.
6
In einem vorangegangenen Rechtsstreit (nachfolgend nur: Vorprozess 12 U 59/09) hatte die Klägerin die Beklagte - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - auf Rückzahlung der für den Rohbau geleisteten sechs Raten in Höhe von 152.525 € in Anspruch genommen. Die Beklagte hatte widerklagend von beiden Klägern die Zahlung des noch ausstehenden Vorfinanzierungsbetrags in Höhe von 67.144,88 € nebst Zinsen begehrt und gegen die Klägerin Vollstreckungsgegenklage gegen die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus der dinglichen Unterwerfungserklärung in § 3 des Grundstückskaufvertrags erhoben. Mit am 6. Mai 2010 auf die mündliche Verhandlung vom 4. März 2010 verkündetem Urteil wurde die Klage auf Rückzahlung der 152.525 € vom Berufungsgericht als zurzeit unbegründet abgewiesen. Unter Abweisung der Widerklage im Übrigen wurden die Kläger ferner zur Zahlung von 67.144,88 € nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit verurteilt. Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger blieb erfolglos.
7
In einem weiteren vorangegangenen Rechtsstreit (nachfolgend nur: Vorprozess 12 U 60/09) hatte sich die Beklagte im Wege der Vollstreckungsgegenklage auch gegen die Zwangsvollstreckung aus der persönlichen Unterwerfungserklärung in § 4 des Grundstückskaufvertrags gewandt. Die Klage wies das Berufungsgericht durch Urteil vom 6. Mai 2010 rechtskräftig ab.
8
Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 23. Juli 2010 verkaufte die Beklagte das mit dem Rohbau bebaute Grundstück zu einem Kaufpreis von 400.000 € an B. und bewilligte zu seinen Gunsten eine Auflassungsvormerkung, die nachfolgend in das Grundbuch eingetragen wurde.
9
Im hiesigen Rechtsstreit verfolgen die Kläger das Ziel, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil vom 6. Mai 2010 im Vorprozess 12 U 59/09 für unzulässig erklären zu lassen. Ferner begehren sie die Rückzahlung der sechs zur Vorfinanzierung des Rohbaus geleisteten Raten in Höhe von 152.525 € nebst Zinsen. Die Beklagte macht - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - widerklagend gegenüber beiden Klägern Schadensersatz geltend, den sie zuletzt auf 244.050,80 € beziffert hat.
10
Das Landgericht hat sowohl die Klage als auch die Widerklage abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist erfolglos geblieben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und die Widerklage auf Schadensersatz dem Grunde nach insoweit für gerechtfertigt erklärt, als die Beklagte von den Klägern entgangenen Gewinn wegen des nicht erfolgten Verkaufs der Eigentumswohnungen in Höhe von 198.907,17 € verlangt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre abgewiesenen Klageanträge sowie ihren Antrag auf Abweisung der Widerklage - soweit ihr durch das angefochtene Urteil stattgegeben worden ist - weiter.

Entscheidungsgründe:


11
Die Revision der Kläger führt zur Aufhebung des Berufungsurteils,soweit das Berufungsgericht die Abweisung des Klageantrags Nr. 2 bestätigt hat, und insoweit unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur Verurteilung der Beklagten zur Zahlung in Höhe von 152.525 € und im Übrigen - wegen der Entscheidung über die Zinsen - zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
12
Die Revision der Kläger führt ferner zur Aufhebung des Berufungsurteils, als das Berufungsgericht die Abweisung des Klageantrags Nr. 1, soweit er sich gegen die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Oberlandesgerichts D. vom 6. Mai 2010 - 12 U 59/09 in Höhe der zugesprochenen Hauptforderung von 67.144,88 € nebst Zinsen ab dem 24. Juli 2010 richtet, bestätigt hat, und insoweit unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung. Die weitergehende Revision, soweit sie sich auf die Entscheidung über den Klageantrag Nr. 1 bezieht, ist unbegründet.
13
Die Revision der Kläger führt zuletzt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit das Berufungsgericht den Widerklageantrag Nr. 3 auf Zahlung von Schadensersatz dem Grunde für gerechtfertigt erachtet hat, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

A. Klage auf Zahlung von 152.525 €

I.

14
Das Berufungsgericht begründet seine Entscheidung über den Klageantrag Nr. 2 auf Zahlung von 152.525 € nebst Zinsen im Wesentlichen wie folgt:
15
Auch nach dem Verkauf des Grundstücks samt Rohbau an B. stehe den Klägern kein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten 152.525 € zu, sowohl der Haupt- als auch der Hilfsantrag seien unbegründet. Wie das Berufungsgericht in seinem rechtskräftigen Urteil aus dem Vorprozess 12 U 59/09 ausgeführt habe, sei nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien zwischen diesen vereinbart gewesen, dass die Kläger den Rohbau vorfinanzieren, weil die Beklagte sich zu dessen Finanzierung nicht in der Lage gesehen habe. Dabei habe sich nach dem Zahlungsplan zum Bauvertrag vom 10. April 2006 bestimmen sollen, wann die Kläger die Raten in welcher Höhe leisten sollten. Die Rückzahlung der von den Klägern an die Beklagte gezahlten Beträge sei nach dem Vortrag der Beklagten aus dem Verkauf der Eigentumswohnungen, nach dem Vortrag der Kläger durch Verrechnung mit dem Kaufpreis für eine von der Klägerin zu erwerbende Eigentumswohnung vorzunehmen gewesen. Keine dieser Voraussetzungen für eine Rückzahlungsverpflichtung sei im ersten Vorprozess erfüllt gewesen. Die Beklagte könne sich weiterhin darauf berufen, dass die Bedingungen, unter denen sie den Klägern die zur Errichtung des Rohbaus vorgestreckten Beträge zurückzahlen müsse, nicht eingetreten seien. Durch den Verkauf des Grundstücks habe sie den Bedingungseintritt nicht treuwidrig vereitelt und den Klägern erwachse hieraus auch kein Recht zur fristlosen Kündigung des Darlehensvertrags. Im Übrigen sei der Beklagten die Fertigstellung der Eigentumswohnungen und deren Verkauf trotz des Kaufvertrags mit B. und der zu seinen Gunsten eingetragenen Auflassungsvormerkung nicht unmöglich geworden.

II.

16
Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat einen vertraglichen Zahlungsanspruch der Kläger zu Unrecht verneint. Die Auffassung des Berufungsgerichts zur Auslegung der Vorfinanzierungsabrede ist von Rechtsfehlern beeinflusst. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der den Klägern aus der Vorfinanzierungsabrede zustehende Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Beträge in Höhe von 152.525 € durch den am 23. Juli 2010 erfolgten Verkauf des Grundstücks an B. fällig geworden. Dies ergibt sich aus einer ergänzenden Auslegung der Vorfinanzierungsabrede, die der Senat selbst vornehmen kann, da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind.
17
1. Die tatrichterliche Vertragsauslegung ist revisionsrechtlich nur dahingehend überprüfbar, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, sonstige Erfahrungssätze oder Denkgesetze vorliegen oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2014 - VII ZR 289/12, BauR 2014, 1773 Rn. 13 = NZBau 2014, 555; Urteil vom 12. September 2013 - VII ZR 227/11, BauR 2013, 2017 Rn. 11 = NZBau 2013, 695). Das Berufungsurteil beruht auf derartigen Auslegungsfehlern.
18
a) Nicht zu beanstanden sind die Ausführungen des Berufungsgerichts allerdings insoweit, als das Berufungsgericht erwogen hat, dass die Zahlung der Beträge auf der Grundlage der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung erfolgte, der Beklagten den Rohbau vorzufinanzieren, weil diese finanziell zu seiner Erstellung nicht in der Lage war. Von den Parteien wird in der Revisionsinstanz nicht in Zweifel gezogen, dass die zur Vorfinanzierung geleisteten Beträge nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien nicht endgültig im Vermögen der Beklagten verbleiben sollten, sondern die Beklagte grundsätzlich verpflichtet sein sollte, diese Beträge an die Kläger zurückzuzahlen. Damit haben die Parteien konkludent eine darlehensweise Überlassung der gemäß Zahlungsplan zum Bauvertrag zu leistenden Beträge vereinbart, § 488 Abs. 1 Satz 1 BGB.
19
b) Keinen Bedenken begegnet es, dass das Berufungsgericht nicht nur die Klägerin, sondern auch den Kläger als aktivlegitimiert angesehen hat, die Rückzahlung der zur Vorfinanzierung geleisteten Beträge zu fordern. Das Berufungsgericht war im Vorprozess 12 U 59/09 davon ausgegangen, dass sich beide Kläger gegenüber der Beklagten zur Vorfinanzierung des Rohbaus nach Maßgabe des Zahlungsplans zum Bauvertrag verpflichtet haben. Diese mögliche und von den Parteien unbeanstandet gebliebene tatrichterliche Auslegung hat das Berufungsgericht auch hier zugrunde gelegt. Dagegen ist nichts zu erinnern.
20
c) Rechtsfehlerfrei und von der Revision unbeanstandet ist die Auslegung der Parteiabsprachen durch das Berufungsgericht ferner insoweit, als die zur Vorfinanzierung geleisteten Beträge entweder durch eine Verrechnung mit der Kaufpreisforderung der Beklagten für eine an die Klägerin zu verkaufende Wohnung oder aus dem Verkauf der Eigentumswohnungen an andere Erwerber zurückgezahlt werden sollten. Hierin liegt eine konkludente Laufzeitvereinbarung, verbunden mit dem Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts nach § 488 Abs. 3 Satz 1 BGB (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 73. Aufl., § 488 Rn. 10; MünchKommBGB/K.P. Berger, 6. Aufl., § 488 Rn. 226).
21
d) Von Rechtsfehlern beeinflusst ist jedoch die Annahme, die Beklagte könne sich darauf berufen, dass weiterhin keine dieser Bedingungen für das Ende der Laufzeit eingetreten sei und auch der Verkauf des Grundstücks an B. nicht zur Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs führe. Diese Beurteilung des Berufungsgerichts lässt wesentliches Auslegungsmaterial außer Acht und wird der beiderseitigen Interessenlage und dem beabsichtigten Zweck des Vertrags nicht gerecht.
22
aa) Das Berufungsgericht beachtet nicht hinreichend, dass die Vereinbarung über die Vorfinanzierung des Rohbaus getroffen wurde, um das zwischen den Parteien verabredete Konzept zur wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks zu realisieren. Danach sollte die Beklagte auf dem von der Klägerin erworbenen Grundstück ein Mehrfamilienhaus als Bauträgerin errichten und unter Bildung von Wohnungseigentum verwerten. Diese Planung beruht auf großem gegenseitigen persönlichen Vertrauen, denn die Klägerin hat der Beklagten das Grundstück verkauft und den vereinbarten Kaufpreis bis Ende 2008 gestundet.
Gleichzeitig haben die Kläger die zinslose Vorfinanzierung des Rohbaus in sieben Raten übernommen, ohne von der Beklagten dafür eine Sicherheit zu verlangen. Dies alles war Teil der vertraglichen Abreden und der Vorfinanzierungsvereinbarung der Parteien. Die Beklagte hat dieses Konzept durch den Verkauf des Grundstücks an B. aufgegeben. Anstatt nach der gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs auf Auszahlung der siebten Rate das Projekt fortzusetzen, hat sich die Beklagte durch den Verkauf des mit dem Rohbau bebauten Grundstücks an B. für eine andere wirtschaftliche Verwertung entschieden. Damit ist das zwischen den Parteien verabredete Konzept, das einen Verkauf und eine Fertigstellung der Eigentumswohnungen durch die Beklagte als Bauträgerin vorsieht, gescheitert.
23
bb) Dem entspricht, dass die Beklagte selbst mit dem Widerklageantrag Nr. 3 von den Klägern Ersatz desjenigen Gewinns begehrt, den sie nach ihrer Behauptung bei einer erfolgreichen Realisierung des verabredeten Konzepts - Verkauf und Fertigstellung der Eigentumswohnungen durch sie als Bauträgerin - erzielt hätte. Zur Schlüssigkeit der Geltendmachung des entgangenen Gewinns gehört die Behauptung, dass die Beklagte diesen Gewinn nicht mehr erzielen wird. Die Beklagte setzt mit dem Widerklageantrag Nr. 3 daher selbst voraus, dass der Plan, auf dem Grundstück als Bauträgerin Wohnungen zu errichten und diese als Eigentumswohnungen zu verkaufen, gescheitert ist. Hierfür ist ohne Bedeutung, ob aufgrund des nunmehr vorgelegten Urteils des Oberlandesgerichts D. vom 20. Oktober 2014 - 9 U 8/14 zugrunde zu legen ist, dass der am 23. Juli 2010 zwischen der Beklagten und B. geschlossene Kaufvertrag wegen Beurkundung eines unrichtigen Kaufpreises nach § 117 Abs. 1 BGB nichtig ist.
24
cc) Damit ist dem Ergebnis der Auslegung des Berufungsgerichts die Grundlage entzogen. Das Verständnis des Berufungsgerichts führt zu einem Ergebnis , das der beiderseitigen Interessenlage und dem beabsichtigten Zweck des Vertrags zuwider läuft. Denn zu dem Eintritt der vom Berufungsgericht in den Mittelpunkt seiner Betrachtung gerückten Bedingungen für die Fälligkeit wird es nicht mehr kommen, so dass der Rückzahlungsanspruch der Kläger auch in Zukunft nicht fällig werden könnte, obwohl die zur Vorfinanzierung geleisteten Beträge nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien nicht endgültig im Vermögen der Beklagten verbleiben sollten.
25
Ohne Erfolg macht die Revisionserwiderung in diesem Zusammenhang geltend, die Fälligkeitsvoraussetzungen könnten noch eintreten, weil der Käufer B. das Vorhaben fertig stellen und die Wohnungen veräußern könne. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte diesen Einwand vor dem Hintergrund des von ihr mit späterem Schriftsatz vom 19. November 2014 vorgelegten Urteils des Oberlandesgerichts D. vom 20. Oktober 2014 - 9 U 8/14 überhaupt noch aufrechterhält. Denn dieser Einwand muss nach § 559 Abs. 1 ZPO schon deshalb unberücksichtigt bleiben, weil ihm die Behauptung zu Grunde liegt, dass es nach dem Willen der Parteien für das Laufzeitende des Darlehens nicht darauf ankommen sollte, ob die Beklagte oder ein Dritter das Projekt durchführt und die Eigentumswohnungen verkauft. Das steht in Widerspruch zu den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts, nach denen die Parteien die Rückzahlung der zur Vorfinanzierung des Rohbaus geleisteten Beträge an einen Verkauf der Eigentumswohnungen durch die Beklagte geknüpft haben.
26
2. Das Scheitern des verabredeten Konzepts zur Verwertung des Grundstücks haben die Parteien nicht in Betracht gezogen. Diese Lücke ist durch ergänzende Auslegung der Vorfinanzierungsvereinbarung zu schließen (§§ 133, 157 BGB). Die dem Senat selbst mögliche Auslegung (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - VII ZR 99/10, BauR 2013, 236 Rn. 18 m.w.N.) ergibt, dass die Beklagte auch in diesem Fall zur Rückzahlung der zur Vorfinanzierung geleisteten Beträge verpflichtet sein sollte.
27
a) Eine ergänzende Vertragsauslegung ist geboten, wenn die Vereinbarung der Parteien eine planwidrige Regelungslücke aufweist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 23. Mai 2014 - V ZR 208/12, NJW 2014, 3439 Rn. 8; Urteil vom 12. Februar 2014 - XII ZR 76/13, BGHZ 200, 133 Rn. 17; Urteil vom 15. November 2012 - VII ZR 99/10, BauR 2013, 236 Rn. 15, jeweils m.w.N.). Eine solche Regelungslücke liegt vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder wenn sie ihn bewusst offen gelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und wenn sich diese Annahme nachträglich als unzutreffend herausstellt. Dabei kann von einer planwidrigen Regelungslücke nur gesprochen werden, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrags eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - VII ZR 99/10, aaO Rn. 15 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die Vereinbarungen zur Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs waren - von den Parteien unbemerkt - lückenhaft. Nach dem vertraglichen Regelungsplan gingen die Parteien davon aus, dass die Beklagte nach Errichtung des Rohbaus die Eigentumswohnungen verkaufen und es ihr dadurch möglich sein würde, aus den von Erwerbern zu zahlenden Bauraten den weiteren Ausbau zu finanzieren und die zur Vorfinanzierung geleisteten Beträge an die Kläger zurückzuführen. Die Parteien haben davon die Fälligkeit des Zahlungsanspruchs der Kläger abhängig gemacht, aber keine Regelung für den Fall getroffen, dass die geplante Projektdurchführung - aus welchen Gründen auch immer - scheitert.
28
b) Bei der Schließung der Vertragslücke durch ergänzende Auslegung ist darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten , wenn sie den von ihnen nicht geregelten Fall bedacht hätten (st. Rspr.; siehe BGH, Urteil vom 15. November 2012 - VII ZR 99/10, BauR 2013, 236 Rn. 16 m.w.N.). Die Regelungslücke ist dahin zu schließen, dass die Parteien für den Fall des Scheiterns der Projektdurchführung ein Laufzeitende für die Überlassung der Beträge vereinbart hätten.
29
Sinn der Vereinbarung, die Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs an den Verkauf der Eigentumswohnungen zu knüpfen, war es, der Beklagten die Gelegenheit einzuräumen, das Grundstück als Bauträgerin zu verwerten und aus den Erlösen die zur Vorfinanzierung geleisteten Beträge zurückzuführen. Das bedeutet aber nicht, dass die Beträge auch bei einem Scheitern der Projektdurchführung bei der Beklagten verbleiben sollten. Das liefe im Ergebnis darauf hinaus, dass die Kläger bis zu dem Finanzierungsbetrag das wirtschaftliche Risiko des Gelingens des Projekts übernommen hätten. Das war ersichtlich nicht gewollt. Daher ist die Einräumung einer Fälligkeitsregelung auch für den Fall des Scheiterns der Projektdurchführung und damit des verabredeten Konzepts zur Verwertung des Grundstücks geboten. Der Rückzahlungsanspruch der Kläger war daher mit dem Verkauf des Grundstücks an B. durch die Beklagte am 23. Juli 2010 fällig.

III.

30
Das angefochtene Urteil kann folglich keinen Bestand haben und ist aufzuheben , soweit die Zahlungsklage in Haupt- und Hilfsantrag abgewiesen worden ist.
31
1. Über die Hauptforderung der Kläger auf Zahlung von 152.525 € kann der Senat selbst entscheiden, weil die Sache insoweit zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO.
32
Auf die Berufung der Kläger ist das landgerichtliche Urteil dahingehend abzuändern, dass die Beklagte auf den Hauptantrag hin verurteilt wird, an die Kläger 152.525 € zu zahlen, denn den Klägern steht aus der Vorfinanzierungsabrede ein durch den Verkauf des Grundstücks an B. am 23. Juli 2010 fällig gewordener Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten sechs Raten gegen die Beklagte zu, § 488 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbs. BGB.
33
Diesem Anspruch steht nicht entgegen, dass die Kläger zuvor vertragswidrig die Auszahlung der letzten Rate verweigert haben. Zwar kann die Ausübung eines Rechts in Anwendung von § 242 BGB nach Treu und Glauben im Einzelfall unzulässig sein, wenn dem Berechtigten eine mit seinem Anspruch in engem Zusammenhang stehende schwerwiegende Verletzung eigener Pflichten zur Last fällt (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - I ZR 162/11, NJW-RR 2013, 1057 Rn. 45; Urteil vom 4. August 2010 - XII ZR 14/09, BGHZ 186, 372 Rn. 29; Urteil vom 15. November 2006 - VIII ZR 166/06, NJW 2007, 504 Rn. 17; Urteil vom 26. November 2004 - V ZR 90/04, NJW-RR 2005, 743, 745; Urteil vom 8. November 1999 - II ZR 197/98, NJW 2000, 505, 506; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 242 Rn. 46). Davon abgesehen führt die Verletzung eigener Pflichten durch den Gläubiger jedoch nur zu Gegenansprüchen des Schuldners und hindert den Gläubiger nicht an der Geltendmachung seines Anspruchs (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - I ZR 162/11, aaO Rn. 45; Urteil vom 4. August 2010 - XII ZR 14/09, aaO Rn. 29; Urteil vom 26. November 2004 - V ZR 90/04, aaO S. 745). Allein darin, dass die Kläger die Zahlung des noch ausstehenden Darlehensbetrags in Höhe von 67.144,88 € unberechtigt von der Leistung einer Sicherheit für die bisher erbrachten sechs Darlehensraten abhängig gemacht haben, liegt keine Pflichtverletzung, die so schwerwiegend ist, dass sie nicht nur Schadensersatzansprüche der Beklagten begründen, sondern sogar zu einem Wegfall des Rückzahlungsanspruchs der Kläger führen könnte. Der Einwand von Treu und Glauben steht der Begründetheit des Klageanspruchs daher nicht entgegen.
34
2. Wegen der Entscheidung über die Zinsen war die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil der Senat anhand des vom Berufungsge- richt festgestellten Sachverhalts hierüber nicht abschließend entscheiden kann. Soweit die Kläger Verzinsung der Hauptforderung schon vor Eintritt der Rechtshängigkeit begehren, kann diese Forderung nur unter Verzugsgesichtspunkten begründet sein. Die insoweit erforderlichen Feststellungen hat das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht getroffen. Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

B. Klage gegen die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung der Beklagten aus dem Urteil vom 6. Mai 2010 - 12 U 59/09

I.

35
Das Berufungsgericht hält den Klageantrag Nr. 1, der sich gegen die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung der Beklagten aus dem Urteil des Oberlandesgerichts D. vom 6. Mai 2010 - 12 U 59/09 richtet, für unbegründet. Seine Entscheidung begründet das Berufungsgericht im Wesentlichen damit, erhebliche Einwendungen gegen den im Urteil festgestellten Anspruch hätten die Kläger nicht erhoben. Sie könnten sich nicht darauf berufen, dass die Geltendmachung des Anspruchs nach § 242 BGB treuwidrig sei, weil die Beklagte mit Blick auf den Verkauf des Grundstücks an B. die siebte Rate nicht verlangen oder sie jedenfalls umgehend zurückgewähren müsse. Die Zahlung dieser Rate sei auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Beklagten nach dem Verkauf des Grundstücks an B. kein weiterer Aufwand mehr entstehen könne. Der in zweiter Instanz erhobene Erfüllungseinwand habe keinen Erfolg, weil diese Einwendung gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO verspätet und deshalb nicht zuzulassen sei.

II.

36
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
37
1. Ohne Erfolg beanstandet die Revision allerdings,das Berufungsgericht habe den von den Klägern im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage erhobenen Erfüllungseinwand nicht nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO zurückweisen dürfen. Die insoweit erhobene Verfahrensrüge hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet. Von einer näheren Begründung wird abgesehen, § 564 ZPO.
38
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch angenommen,auch der Einwand, die Vollstreckung der Beklagten aus dem Urteil vom 6. Mai 2010 - 12 U 59/09 verstoße gegen Treu und Glauben, § 242 BGB, verhelfe den Klägern nicht zum Erfolg.
39
a) Nach § 767 Abs. 1 ZPO kann der Schuldner Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch betreffen, im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend machen. Zu Einwendungen im Sinne dieser Vorschrift führen solche Umstände, die den festgestellten Anspruch nachträglich vernichten oder in seiner Durchsetzbarkeit hemmen (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 103/11, NJW-RR 2013, 757 Rn. 9; Musielak/Lackmann, ZPO, 11. Aufl., § 767 Rn. 22). Ein rechtsmissbräuchliches, gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Sinne des § 242 BGB verstoßendes Verhalten kann eine Einwendung in diesem Sinne begründen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1963 - Ib ZR 88/62, BGHZ 42, 1, 5 f.; OLG Jena, OLGR Jena 2008, 925, 926). Voraussetzung ist, dass der Rechtsmissbrauch den Bestand der Forderung betrifft und nicht nur einzelne Vollstreckungsmaßnahmen (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 767 Rn. 12 "Rechtsmissbrauch"; Musielak/Lackmann, ZPO, 11. Aufl., § 767 Rn. 26). Zulässig ist eine Einwendung nach § 767 Abs. 2 ZPO zudem nur insoweit, als die Gründe, auf denen sie beruht, nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung entstanden sind.
40
b) So liegt es hier. Aus den unter A. angeführten Gründen folgt, dass die Zeit des vereinbarten Darlehens zur Vorfinanzierung des Rohbaus abgelaufen ist. Der Beklagten fehlt daher ein nach Maßgabe des Grundsatzes von Treu und Glauben schutzwürdiges Interesse an der Vollstreckung der titulierten Hauptforderung in Höhe von 67.144,88 €, weil sie diese letzte Rate wegen der fälligen vertraglichen Rückgewährverpflichtung sofort wieder zurückgeben müsste (dolo agit qui petit quod statim redditurus est, § 242 BGB). Dieses Fehlen eines schutzwürdigen Interesses begründet eine zulässige Einwendung im Sinne des § 767 Abs. 2 ZPO, da sie von den Klägern im Vorprozess 12 U 59/09 vor Schluss der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht geltend gemacht werden konnte.
41
c) Diese Einwendung kann der Vollstreckungsgegenklage allerdings nicht in vollem Umfang, sondern nur teilweise zum Erfolg verhelfen. Die Kläger haben beantragt, die Vollstreckung aus dem rechtskräftigen Urteil des Oberlandesgerichts D. vom 6. Mai 2010 - 12 U 59/09 insgesamt für unzulässig zu erklären. Der Klageantrag erfasst die titulierte Hauptforderung einschließlich Rechtshängigkeitszinsen gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB seit dem 23. Januar 2008. Der Einwand , dass die Beklagte den noch ausstehenden Vorfinanzierungsbetrag wegen der Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs sofort wieder zurückgeben müsste, vernichtet den vollstreckbar titulierten Anspruch nur insoweit, als die Kläger durch den Titel zur Zahlung der Hauptforderung nebst Zinsen auch noch nach der am 23. Juli 2010 eingetretenen Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs verpflichtet sind.

III.

42
Das angefochtene Urteil ist wegen des aufgezeigten Rechtsfehlers teilweise aufzuheben. Einer Zurückverweisung an das Berufungsgericht bedarf es in soweit nicht, weil die Entscheidung über den Klageantrag Nr. 1 auf Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO.
43
Auf die Berufung der Kläger ist das landgerichtliche Urteil teilweise abzuändern und die Zwangsvollstreckung aus dem rechtskräftigen Urteil des Oberlandesgerichts D. vom 6. Mai 2010 - 12 U 59/09 in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang für unzulässig zu erklären. Im Übrigen, soweit die Kläger mit ihrem Rechtsmittel die Vollstreckbarkeit dieses Urteils auch insoweit beseitigen wollen, als sie durch das Urteil als Gesamtschuldner zur Zahlung von Zinsen auf die Hauptforderung für den Zeitraum vom 23. Januar 2008 bis zum 23. Juli 2010 verurteilt worden sind, ist die Revision zurückzuweisen.

C. Widerklage (entgangener Gewinn)

I.

44
Das Berufungsgericht führt zur Begründung seiner Entscheidung über den Widerklageantrag Nr. 3 aus:
45
Der mit der Widerklage verfolgte Schadensersatzanspruch bestehe dem Grunde nach, soweit die Beklagte entgangenen Gewinn wegen des nicht erfolgten Verkaufs der Eigentumswohnungen in Höhe von 198.907,17 € begehre. Wie das Berufungsgericht in seinem rechtskräftigen Urteil im Vorprozess 12 U 59/09 festgestellt habe, sei die fehlende Fertigstellung der Wohnungen und der Umstand , dass diese nicht wie geplant durch die Beklagte verkauft werden konnten, von den Klägern verursacht worden. Die Entstehung des Schadens habe die Beklagte schlüssig dargetan. Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge wäre der Rohbau mittels der von den Klägern gezahlten Raten erstellt und wären die Eigentumswohnungen im Zuge ihrer Errichtung verkauft worden. Die Verkaufserlöse wären der Beklagten zugeflossen. Da die Wohnungen auf Grund des vertragswidrigen Verhaltens der Kläger nicht fertig gestellt und verkauft worden seien , habe die Beklagte keine Verkaufserlöse erzielt. Der erst in zweiter Instanz erhobene Einwand der Kläger, die Beklagte hätte auch bei Zahlung der siebten Rate die Wohnungen nicht fertig gestellt und verkauft, weil sie zu deren Ausbau finanziell nicht in der Lage gewesen sei, sei gemäß § 531 Abs. 2 ZPO unbeachtlich. Im Übrigen handele es sich bei diesem Einwand um eine unbeachtliche Reserveursache. Über den nach der Behauptung der Kläger für die Fertigstellung der Wohnungen erforderlichen Betrag in Höhe von 473.278,95 € habe sie nicht verfügen müssen, denn die zu erstellenden Wohnungen seien bereits während der Bauphase verkäuflich gewesen. Der Verkauf hätte es der Beklagten ermöglicht , aus den von den Erwerbern erhaltenen Raten den Weiterbau zu finanzieren , außerdem sei ihr dann nach ihrem Vortrag eine Kreditaufnahme möglich gewesen.

II.

46
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
47
1. Soweit das Berufungsgericht der Beklagten wegen der vertragswidrig unterbliebenen Auszahlung der letzten Darlehensrate einen Schadensersatzanspruch gegen beide Kläger dem Grunde nach insoweit zuerkannt hat, als entgangener Gewinn wegen des gescheiterten Verkaufs der Eigentumswohnungen in Höhe von 198.907,17 € Gegenstand der Widerklage ist, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft verkannt, dass einer Sachentscheidung gegenüber der Klägerin in Höhe eines Teilbetrags von 157.750 € die Rechtskraft des Urteils vom 6. Mai 2010 im Vorprozess 12 U 59/09 entgegensteht. Die Revision rügt zu Recht, dass die Beklagte im Vorprozess die streitgegenständliche Forderung in dem genannten Umfang zur Aufrechnung gestellt hat und insoweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung ergangen ist, § 322 Abs. 2 ZPO. Der weitergehende Einwand der Revision, auch im Vorprozess 12 U 60/09 sei eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über den Schadensersatzanspruch ergangen, ist dagegen unbegründet.
48
a) Wird mit einer Gegenforderung aufgerechnet, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung besteht oder nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig, § 322 Abs. 2 ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 1990 - VIII ZR 355/89, NJW-RR 1991, 971, 972). Ihrem Wortlaut nach gilt die Vorschrift des § 322 Abs. 2 ZPO nur für die Aufrechnung des Beklagten. In Rechtsprechung und Schrifttum ist allerdings anerkannt, dass sie trotz ihres Ausnahmecharakters auch Anwendung findet, wenn die Aufrechnung mit einer Gegenforderung nicht als Verteidigungsmittel gegen eine Klage, sondern - wie hier - als Angriffsmittel im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage des Schuldners eingesetzt wird (BGH, Urteil vom 13. Januar 1984 - V ZR 55/83, BGHZ 89, 349, 352 f.; Urteil vom 30. März 1994 - VIII ZR 132/92, NJW 1994, 2769, 2770 - insoweit in BGHZ 125, 351 nicht abgedruckt ; Beschluss vom 28. Juni 2006 - XII ZB 9/04, NJW-RR 2006, 1628 Rn. 10; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 322 Rn. 24; Musielak/Musielak, ZPO, 11. Aufl., § 322 Rn. 78 f.). Eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung setzt voraus, dass sachlich über sie entschieden wird. Das ist nicht nur dann der Fall, wenn materiell-rechtlich über ihre Begründetheit entschieden wird, sondern kommt auch in Betracht, wenn die Aufrechnung aus prozessualen Gründen, insbesondere wegen Verspätung tatsächlichen Vorbringens oder wegen fehlender Substantiierung, nicht durchgreift (vgl. BGH, Urteil vom 3. November 1960 - VII ZR 150/59, BGHZ 33, 236, 242; Urteil vom 12. Dezember 1990 - VIII ZR 355/89, NJW-RR 1991, 971, 972; Urteil vom 7. Mai 1987 - VII ZR 158/86, BauR 1987, 476). Wird dagegen der Aufrechnungseinwand als solcher nicht zugelassen oder die Aufrech- nung für unzulässig gehalten, entfaltet ein Urteil keine Rechtskraftwirkung hinsichtlich der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung (vgl. BGH, Urteil vom 3. November 1960 - VII ZR 150/59, aaO S. 242; Urteil vom 30. März 1994 - VIII ZR 132/92, NJW 1994, 2769, 2770; Urteil vom 12. Dezember 1990 - VIII ZR 355/89, aaO S. 972) und auch sonst treten keine materiell-rechtlichen Wirkungen der im Vorprozess erklärten Aufrechnung ein (BGH, Urteil vom 30. März 1994 - VIII ZR 132/92, aaO S. 2770).
49
b) Nach diesen Grundsätzen beruft sich die Revision zu Recht darauf, dass der Schadensersatzanspruch, der den Gegenstand des zugesprochenen Widerklageantrags Nr. 3 bildet, im Urteil vom 6. Mai 2010 im Vorprozess 12 U 59/09 in Höhe eines Teilbetrags von 157.750 € im Prozessrechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten rechtskräftig aberkannt worden ist.
50
aa) Im Vorprozess 12 U 59/09 hatte die Beklagte ihre dortige Vollstreckungsgegenklage , die sich gegen die Zwangsvollstreckung der Klägerin wegen des Hypothekenbetrages aus der dinglichen Unterwerfungserklärung in § 3 des Grundstückskaufvertrags vom 9. Mai 2006 richtete, unter anderem auf die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch auf entgangenen Gewinn gestützt, den die Beklagte auch mit einer Verletzung der Vorfinanzierungsabrede wegen der Zahlungseinstellung der Kläger seit September 2006 begründet und auf einen Betrag von 157.750 € beziffert hatte. Entgegen dem Einwand der Revisionserwiderung ist der Aufrechnungserklärung der Beklagten, die der Senat als Prozesserklärung selbständig auslegt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juli 2014 - VII ZB 9/13, NJW 2014, 2732 Rn. 11; Urteil vom 20. November 1997 - VII ZR 26/97, BauR 1998, 368, 369), eine kumulative Bedingung dahingehend , dass über die Aufrechnung nur entschieden werden sollte, wenn der Klägerin sowohl der Grundstückskaufpreis als auch der Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Raten zustehe, nicht zu entnehmen. Die Aufrechnung sollte für den Fall zum Tragen kommen, dass der Klägerin wenigstens eine der beiden Forderungen zusteht.
51
bb) Hiervon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen, denn es hat die Schadensersatzforderung der Beklagten auf entgangenen Gewinn in seinem Urteil vom 6. Mai 2010 - 12 U 59/09 in der Sache beschieden. Es hat ausgeführt, die Beklagte habe einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der getroffenen Vorfinanzierungsabrede nicht hinreichend dargelegt. Der zum Streitgegenstand gehörende Schaden auf entgangenen Gewinn in Höhe von 157.750 € ist als unschlüssig abgewiesen worden. Die aufgerechnete Gegenforderung ist in dieser Höhe gemäß § 322 Abs. 2 ZPOim Prozessrechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten rechtskraftfähig aberkannt worden. Die Widerklage der Beklagten ist, soweit sie sich gegen die Klägerin richtet, in Höhe des entsprechenden Teilbetrags unzulässig.
52
c) Anders verhält es sich mit der rechtskräftigen Entscheidung des Berufungsgerichts im Vorprozess 12 U 60/09. Die dortige Entscheidung steht der Zulässigkeit des Widerklageantrags Nr. 3 nicht entgegen. Die insoweit von der Revision erhobene Rüge bleibt ohne Erfolg.
53
aa) Im Vorprozess 12 U 60/09 hatte sich die Beklagte im Wege der Vollstreckungsgegenklage gegen die Zwangsvollstreckung der Klägerin wegen des Grundstückskaufpreises aus der persönlichen Unterwerfungserklärung in § 4 des Grundstückskaufvertrags vom 9. Mai 2006 gewandt. Erst im Berufungsrechtszug hatte sie die Aufrechnung mit etwaigen Schadensersatzansprüchen erklärt, die das Berufungsgericht gemäß § 533 ZPO für unzulässig gehalten hat.
54
bb) Damit ist keine Sachentscheidung gemäß § 322 Abs. 2 ZPO über die Gegenforderung der Beklagten ergangen. Dies ergibt sich auch nicht aus der zusätzlichen Erwägung des Berufungsgerichts, der zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzanspruch sei zweitinstanzlich auch nicht hinreichend substantiiert. Das Berufungsgericht hat die Zulässigkeit der Aufrechnung verneint und hierauf die Entscheidung in erster Linie gestützt. Die zusätzlichen Ausführungen zur Begründetheit des zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruchs sind daher als unverbindlich und so zu betrachten, als wären sie überhaupt nicht vorhanden (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 1994 - VIII ZR 132/92, NJW 1994, 2769, 2770 - insoweit in BGHZ 125, 351 nicht abgedruckt).
55
2. Auch soweit die negative Prozessvoraussetzung der entgegenstehenden Rechtskraft gemäß § 322 Abs. 2 ZPO der Zulässigkeit der Widerklage auf Ersatz entgangenen Gewinns nicht entgegensteht, hält das angefochtene Grundurteil der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat entschieden, dass die Kläger wegen der vertragswidrig unterbliebenen Auszahlung der letzten Rate dem Grunde nach verpflichtet sind, der Beklagten den entgangenen Gewinn zu ersetzen, der ihr durch den Nichtverkauf der Eigentumswohnungen entstanden ist. Das ist verfahrensfehlerhaft. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils können nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung bejaht werden.
56
a) Nach § 304 Abs. 1 ZPO kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden , wenn ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig und lediglich der Streit über den Anspruchsgrund entscheidungsreif ist. Erforderlich ist, dass alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind und nach dem Sach- und Streitstand zumindest wahrscheinlich ist, dass der Anspruch in irgendeiner Höhe besteht (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - VII ZR 12/09, NJW-RR 2012, 880 Rn. 13 m.w.N.).
57
b) Auf der Grundlage der bisher vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen liegen die Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils nicht vor.
58
aa) Dem Berufungsurteil lässt sich schon nicht entnehmen, aus welcher Anspruchsgrundlage das Berufungsgericht die Haftung der Kläger als begründet angesehen hat. Die Beklagte hat ihren Anspruch auf die Verletzung der vertraglichen Hauptpflicht der Kläger zur vollständigen Valutierung des Darlehens gestützt , § 488 Abs. 1 Satz 1 BGB, und sie hat mit dem entgangenen Gewinn einen Schaden eingeklagt, der dasjenige Interesse betrifft, das die Beklagte an der vertragsgemäßen Erfüllung der Vorfinanzierungsabrede hatte. Die Geltendmachung des entgangenen Gewinns bedeutet, dass die Beklagte diesen Gewinn nicht mehr erzielen wird, und basiert auf dem endgültigen Scheitern des Plans, auf dem Grundstück als Bauträgerin Wohnungen zu errichten und als Eigentumswohnungen zu verkaufen. Neben dem entgangenen Gewinn kann die Beklagte von den Klägern nicht zusätzlich noch Vertragserfüllung - Auszahlung des restlichen Darlehens - verlangen. Bei dem von der Beklagten eingeforderten entgangenen Gewinn handelt es sich daher nicht um einen Verzögerungs- oder Begleitschaden , sondern um einen nur nach § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB ersatzfähigen Schaden statt der Leistung (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 2013 - VIII ZR 169/12, BGHZ 197, 357 Rn. 27; jurisPK-BGB/Alpmann, 7. Aufl., § 286 Rn. 69; Staudinger/Freitag, BGB (2011), § 488 Rn. 240 sowie allgemein zur Abgrenzung zwischen den Ansprüchen aus § 280 Abs. 1 BGB, aus § 280 Abs. 2, § 286 BGB und aus § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB: Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 280 Rn. 13 und § 281 Rn. 7; Staudinger/Schwarze, BGB (2014), § 280 C 5 ff. und § 281 B 134 ff.; Staudinger/Löwisch/Feldmann, BGB (2014), § 286 Rn. 181 ff.; MünchKommBGB/Ernst, 6. Aufl., § 280 Rn. 65 ff. und § 281 Rn. 110 ff.; Jauernig/Stadler, BGB, 15. Aufl., § 280 Rn. 3 f.; Ostendorf, NJW 2010, 2833 ff.).
59
bb) Kann die Beklagte ihren entgangenen Gewinn nur als Schadensersatz statt der Leistung unter den Voraussetzungen von § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB geltend machen, dann ist die Begründung des Berufungsgerichts nicht geeignet, das erlassene Grundurteil zu tragen. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Haftungsgrund beschränken sich auf die Bejahung einer Pflichtverletzung der Kläger und der haftungsausfüllenden Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden auf entgangenen Gewinn. Selbst unter Berücksichtigung der zu Gunsten der Beklagten streitenden Verschuldensvermutung des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB ist dies unzureichend, denn es fehlen die erforderlichen Feststellungen zu den zusätzlichen Voraussetzungen gemäß § 280 Abs. 3, § 281 BGB.
60
cc) Der Rechtsfehler ist entscheidungserheblich. Dass die Beklagte berechtigt ist, ihren entgangenen Gewinn auf der Grundlage eines Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung zu fordern, kann der Senat auf der Basis der für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Tatsachen nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen.

III.

61
Das Berufungsurteil ist, soweit es der Beklagten einen Anspruch auf Ersatz entgangenen Gewinns dem Grunde nach zuerkannt hat, wegen der aufgezeigten Rechtsfehler aufzuheben. Da der Senat nicht abschließend entscheiden kann, ist die Sache unter Anwendung von § 563 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts zurückzuverweisen.
62
Für die weitere Sachbehandlung weist der Senat darauf hin, dass den Parteien zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist.
63
Zudem bedürfen die im angefochtenen Urteil angestellten Überlegungen zur haftungsausfüllenden Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden einer Überprüfung. Zur Beantwortung der Frage, welchen Schaden eine Pflichtverletzung zur Folge hatte, hat der Tatrichter festzustellen, welchen Verlauf die Dinge ohne die Pflichtverletzung - also bei absprachegemäßer Zahlung der letzten Rate zur Finanzierung des Rohbaus - genommen hätten und wie dann die Vermögenslage des Betroffenen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 1996 - IX ZR 220/95, NJW-RR 1997, 562, 563; Urteil vom 24. Oktober 1985 - IX ZR 91/84, BGHZ 96, 157, 171). Dabei hat grundsätzlich der Geschädigte den Ursachenzusammenhang zwischen der Vertragsverletzung und dem Schaden als anspruchsbegründende Voraussetzung darzutun und nachzuweisen, wobei seine Nachweis- und Darlegungslast durch § 287 ZPO und § 252 Satz 2 BGB erleichtert werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 1996 - IX ZR 220/95, aaO S. 563; Urteil vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 186/08, NJW 2011, 1148 Rn. 17 ff.). Die insoweit vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen greifen zu kurz. Selbst unter Heranziehung von § 252 Satz 2 BGB und § 287 ZPO rechtfertigen die bisher vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht die Annahme, dass die Kläger den unterbliebenen Verkauf und die unterbliebene Fertigstellung der Wohnungen durch die Nichtzahlung der letzten Rate verursacht haben. Das Berufungsgericht sieht selbst, dass ein Verkauf der Eigentumswohnungen auch schon vor Fertigstellung des Rohbaus möglich war. Zudem wurde der Rohbau auch ohne die Zahlung der Kläger fertiggestellt. Ausgehend hiervon fehlt esan einer hinreichenden Begründung, warum der unterbliebene Verkauf der Eigentumswohnungen gerade daran gescheitert sein soll, dass der Beklagten die letzte Darlehensrate für den Rohbau nicht ausgezahlt wurde.
Eick Halfmeier Kartzke Jurgeleit Graßnack

Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.06.2011 - 9 O 381/10 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 29.11.2012 - I-12 U 122/11 -

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 17. Juli 2008 - 3 Sa 159/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Revision hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über tarifliche Ansprüche auf der Grundlage einer arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel nach einem Betriebsübergang.

2

Die Klägerin, Mitglied der IG-Metall, ist seit dem 18. Juni 1998 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerinnen als Maschinenbedienerin mit einer Wochenarbeitszeit von zuletzt 30 Stunden tätig. Das monatliche Bruttoentgelt betrug zuletzt 1.437,43 Euro Grundentgelt zuzüglich einer Prämie von 503,10 Euro brutto.

3

Zunächst war die Klägerin bei der in der Metallindustrie tarifgebundenen D GmbH beschäftigt. Im Arbeitsvertrag aus dem Monat Juni 1998 heißt es unter Ziffer 7.2 wie folgt:

        

„Sonstige Regelungen

        

Im übrigen gelten für das Anstellungsverhältnis die Bestimmungen der gültigen Tarifverträge der Metallindustrie Schleswig-Holstein in der jeweils gültigen Fassung und alle betrieblichen Regelungen, Richtlinien, Betriebsvereinbarungen der D GmbH in ihrer jeweils gültigen Fassung, sofern Sie unter deren Geltungsbereich fallen.

        

…“   

4

Im Jahre 2003 ging das Arbeitsverhältnis auf die N GmbH über, die ebenfalls tarifgebunden war. Mit Wirkung vom 1. November 2005 schloss die Klägerin mit dieser aus Anlass einer Arbeitszeitreduzierung eine „Vereinbarung zum bestehenden und fortgeltenden Arbeitsvertrag“ (im Folgenden „Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005“). Darin heißt es unter anderem:

        

„Die einschlägigen Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein in ihrer jeweiligen Fassung sind Bestandteil dieser Vereinbarung.“

5

Die Beklagte, die mit Wirkung zum 1. Juli 2006 den Betrieb übernommen hat, ist nicht tarifgebunden.

6

Für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Metallindustrie in Schleswig-Holstein vereinbarten die Tarifvertragsparteien unter dem 7. Mai 2007 den „Lohntarifvertrag für die Metallindustrie Hamburg und Umgebung, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein“ sowie - für Betriebe nach Einführung des Entgeltrahmenabkommens(ERA) - den „Tarifvertrag über Entgelte und Ausbildungsvergütungen für die Metallindustrie Bezirk Küste“. Beide Tarifverträge sehen in § 2 eine Erhöhung der Tariflöhne bzw. Monatsgrundentgelte mit Wirkung ab 1. Juni 2007 um 4,1 % vor. Vorgesehen ist zudem die Zahlung eines Erhöhungsbetrags für die Monate April und Mai 2007 mit der Abrechnung für den Monat Mai 2007 in Höhe von 400,00 Euro bei Vollzeitbeschäftigung, basierend auf einer 35-Stunden-Woche, der bei Teilzeitbeschäftigung entsprechend der anteiligen Arbeitszeit zu berechnen ist.

7

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 6. September 2007 für den Zeitraum vom 1. Juni bis zum 16. September 2007 Zahlung des rechnerisch unstreitigen Betrages von 623,96 Euro brutto verlangt. Er setzt sich zusammen aus der prozentualen Entgelterhöhung von 281,11 Euro brutto und der tariflichen Einmalzahlung von anteilig 342,85 Euro brutto bezogen auf eine 30-Stunden-Woche. Die Beklagte hat die Zahlung unter Hinweis auf ihre fehlende Tarifbindung verweigert, woraufhin die Klägerin am 6. Dezember 2007 Klage erhoben hat.

8

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass die in ihrem Arbeitsvertrag enthaltene Verweisungsklausel die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein dynamisch in Bezug nehme. Jedenfalls nach Abschluss der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 könne nicht von einer Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Senatsrechtsprechung die Rede sein. Mit dem Betriebsübergang seien die Rechte aus der arbeitsvertraglichen Verweisung unverändert dynamisch auf die Beklagte übergegangen.

9

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, 623,96 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 551,53 Euro ab dem 30. September 2007 sowie auf 42,43 Euro ab 11. Dezember 2007 an die Klägerin zu zahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Mangels Tarifbindung schulde sie eine nach dem Betriebsübergang vereinbarte Tariflohnerhöhung nicht. Da das Arbeitsverhältnis vor dem letzten Betriebsübergang durch beiderseitige Tarifgebundenheit bestimmt gewesen sei, gelte der Tarifvertrag nach dem Betriebsübergang gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB nur noch statisch weiter. Auch aufgrund der individualvertraglichen Inbezugnahme des Tarifvertrags sei sie nicht zur Zahlung verpflichtet. Wegen der damaligen beiderseitigen Tarifgebundenheit seien die im Vertrag genannten Tarifverträge nicht rechtsbegründend in Bezug genommen worden. Auf die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag aus dem Jahre 1998 sei im Übrigen aus Gründen des Vertrauensschutzes die Senatsrechtsprechung zur Gleichstellungsabrede anzuwenden. Die Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 enthalte nur eine Wiederholung der alten vertraglichen Klausel und sei kein „Neuvertrag“. Zudem müsse der Vertrauensschutz jedenfalls bis zum Bekanntwerden der beabsichtigten Rechtsprechungsänderung bestehen. Außerdem verstoße es gegen ihr Recht auf negative Koalitionsfreiheit, wenn sie mit Übergang des Arbeitsverhältnisses trotz fehlender Tarifgebundenheit die Tarifverträge der Metallindustrie Schleswig-Holstein weiterhin dynamisch anwenden müsse.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

12

I. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Klägerin aufgrund dynamischer Verweisung in der Änderungsvereinbarung vom 1. November 2005 auch Rechte aus den in Bezug genommenen tariflichen Regelungen geltend machen kann, die erst nach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die nicht tarifgebundene Beklagte vereinbart wurden.

13

1. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht kraft normativer Geltung der Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein, da zwar die Klägerin, jedoch nicht die Beklagte tarifgebunden ist.

14

2. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus der Fortgeltung der Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein im Arbeitsverhältnis der Parteien nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB.

15

Die beiderseitige Tarifgebundenheit vor dem Übergang des Beschäftigungsbetriebes auf die Beklagte führt zwar dazu, dass trotz der Tarifungebundenheit der Beklagten die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein seit diesem Betriebsübergang nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB im Arbeitsverhältnis der Parteien fortgelten. Aus dieser Fortgeltung kann die Klägerin jedoch ihre Forderung nicht herleiten. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht mit der Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, dass der Regelungsgehalt der Tarifvertragsnormen nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB nur statisch in das Arbeitsverhältnis übergeht, also mit dem tariflichen Regelungsbestand, den er zur Zeit des Betriebsübergangs hat(BAG 14. November 2007 - 4 AZR 828/06 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 613a Nr. 334 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 81). Vorliegend fand der Betriebsübergang im Juli 2006 statt. Die Forderung der Klägerin bezieht sich jedoch auf die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein vom 7. Mai 2007, die also erst nach dem Betriebsübergang abgeschlossen und deshalb nicht in das Arbeitsverhältnis nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformiert worden sind.

16

3. Der Anspruch der Klägerin ergibt sich jedoch aus individualvertraglicher Inbezugnahme. Die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein vom 7. Mai 2007 finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien zwar nicht aufgrund der Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag aus dem Monat Juni 1998, jedoch aufgrund derjenigen in der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 Anwendung.

17

a) Die Auslegung von typischen (Formular-)Vertragsklauseln - wie denen des Arbeitsvertrages aus dem Jahre 1998 und der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 - ist der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht zugänglich(st. Rspr., zB BAG 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - mwN, BAGE 105, 284, 286).

18

b) Die Anwendbarkeit der streitgegenständlichen Vergütungsregelungen folgt allerdings nicht aus der Bezugnahmeklausel in Ziff. 7.2 des Arbeitsvertrages aus dem Jahre 1998. Diese Klausel ist als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung des Senats auszulegen, weshalb tarifliche Neuregelungen nach Wegfall der Tarifgebundenheit auf Arbeitgeberseite wie die vom 7. Mai 2007 von ihr nicht mit umfasst sind.

19

aa) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats waren bei entsprechender Tarifgebundenheit des Arbeitgebers Bezugnahmeklauseln wie die im Arbeitsvertrag der Parteien in aller Regel als sogenannte Gleichstellungsabreden auszulegen(vgl. nur BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 881/07 - Rn. 18 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 68). Dies führt bei einem Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers dazu, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch in der Fassung zum Zeitpunkt dieses Wegfalls anzuwenden sind. Diese Auslegungsregel wendet der Senat aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (st. Rspr., vgl. nur BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 mwN, NZA 2010, 170).

20

bb) Danach ist der im Jahre 1998 geschlossene Arbeitsvertrag nach der früheren Senatsrechtsprechung zu beurteilen. Die Bezugnahmeklausel in Ziff. 7.2 dieses Arbeitsvertrages ist als Gleichstellungsabrede zu behandeln, weil sie auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge verweist und der damalige Arbeitgeber, ein Rechtsvorgänger der Beklagten, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses tarifgebunden war.

21

Dabei kann es dahinstehen, welche Bedeutung dem Wort „Sie“ im Satzteil „sofern Sie unter deren Geltungsbereich fallen“ zukommt, ob also, wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat, damit über den Vertragswortlaut hinaus nicht nur auf den tariflichen Geltungsbereich, sondern auch auf die Tarifgebundenheit der Klägerin Bezug genommen worden ist. Darauf kommt es nach der früheren, für Arbeitsverträge aus dem Jahre 1998 weiterhin maßgeblichen Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede nicht an.

22

c) Die Anwendbarkeit der streitgegenständlichen tarifvertraglichen Vergütungsregelungen folgt jedoch aus der Bezugnahmeklausel in der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005, die als „Neuvertrag“ nicht mehr unter die aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterzuführende Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede fällt. Diese Klausel enthält eine konstitutive Bezugnahme auf die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein in ihrer jeweiligen Fassung, die nicht von der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers abhängig und für die die Tarifgebundenheit der Klägerin ohne Bedeutung ist.

23

aa) Die Verweisung auf die einschlägigen Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein in ihrer jeweiligen Fassung im Änderungsvertrag vom 1. November 2005 unterliegt nicht der widergegebenen, vom Senat nur noch aus Gründen des Vertrauensschutzes angewendeten Auslegungsregel zur Gleichstellungsabrede.

24

(1) Es handelt sich bei der Vereinbarung vom 1. November 2005 um einen „Neuvertrag“ aus der Zeit ab dem 1. Januar 2002, zu dessen Inhaltsbestimmung die allgemeinen Auslegungsregeln uneingeschränkt Anwendung finden. Es kommt danach in erster Linie auf den Wortlaut der übereinstimmenden Erklärung an. Vom Wortlaut abweichende Regelungsziele oder Motive können nur dann bei der Auslegung berücksichtigt werden, wenn sie im Vertrag selbst oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen sind(BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 30 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 67 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 40). Eine einzelvertraglich vereinbarte dynamische Verweisung auf einen bestimmten Tarifvertrag wird jedenfalls dann, wenn eine Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den in Bezug genommenen Tarifvertrag nicht in einer für den Arbeitnehmer erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht worden ist, durch einen Wegfall der arbeitgeberseitigen Tarifgebundenheit nicht berührt (- „unbedingte zeitdynamische Verweisung“ -, vgl. BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 22 mwN, NZA 2010, 170; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - mwN, BAGE 122, 74). Auch wenn die Arbeitsvertragsparteien der Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers besondere Bedeutung beimessen wollen, muss dies regelmäßig im Vertragstext Niederschlag finden oder auf sonstige Weise Gegenstand der arbeitsvertraglichen Einigung geworden sein.

25

(2) Der Anwendung der widergegebenen allgemeinen Auslegungsregeln auf die vertragliche Abrede vom 1. November 2005 steht nicht entgegen, dass es sich hier um die Änderung eines „Altvertrages“ aus der Zeit vor dem 1. Januar 2002 handelte, in dem sich ebenfalls eine dynamische Verweisung auf die einschlägigen Tarifverträge fand. Bei einer Änderung eines Altvertrags nach dem 1. Januar 2002 kommt es für die Beurteilung, ob die Auslegungsmaßstäbe für „Neu-“ oder für „Altverträge“ maßgeblich sind, darauf an, ob die Klausel im Änderungsvertrag zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der hieran beteiligten Vertragsparteien gemacht worden ist(BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 23 bis 25, NZA 2010, 170).

26

Danach ist die von der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der N GmbH, vereinbarte Arbeitsvertragsänderung, was die Bezugnahmeklausel angeht, als Neuvertragsabschluss einzustufen. Das hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt. Mit der Bezugnahme auf die „jeweilige Fassung“ der „einschlägigen Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein“ wird in rechtsgeschäftlicher, vertragsändernder Willensbildung durch einen Wortlaut, der sich von der Vorgängerregelung im Altvertrag unterscheidet und ausdrücklich eine Vertragsumstellung weg von der Rechtslage bei der ursprünglichen Arbeitgeberin, der D GmbH, vornimmt, eine eigenständige Neuregelung getroffen und nicht lediglich die ursprünglich getroffene Vereinbarung ohne eigenen Rechtsgestaltungswillen wiederholt.

27

(3) Entgegen der Auffassung der Revision gibt es keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der danach in einem „Neuvertrag“ im Sinne der Senatsrechtsprechung vereinbarten Bezugnahmeklausel im Falle der - tatsächlich gegebenen - Mitgliedschaft der Klägerin in der tarifschließenden Gewerkschaft um eine lediglich deklaratorische, die Rechtslage beschreibende Wissenserklärung handeln sollte. Es fehlt schon an Tatsachenvortrag dazu, dass der an der Vertragsänderung beteiligten Arbeitgeberin die Tarifgebundenheit der Klägerin bekannt war und dass diese zum Thema des Vertragsschlusses gemacht worden ist.

28

(4) Ebenso wenig kann aus dem Wortlaut der Bezugnahmeklausel im Änderungsvertrag oder aus vorgetragenen Begleitumständen beim damaligen Vertragsschluss irgendein Anhaltspunkt dafür entnommen werden, dass die vereinbarte dynamische Bezugnahme des Tarifrechts der Metallindustrie Schleswig-Holsteins bei einem Wegfall der Tarifgebundenheit auf Arbeitgeberseite nur noch als statische Verweisung weiter gelten sollte.

29

Auch für die Annahme der Revision, beide Parteien seien noch im November 2005 vor dem Hintergrund, dass auch nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts ergingen, die die bisherige Auslegung entsprechender Bezugnahmeklauseln als Gleichstellungsabrede bestätigten und die Ankündigung der Rechtsprechungsänderung erst am 14. Dezember 2005(- 4 AZR 536/04 -) erfolgte, davon ausgegangen, dass die Bezugnahme im Arbeitsvertrag nur der Gleichstellung der organisierten Arbeitnehmer mit den nichtorganisierten Arbeitnehmern diene, gibt es weder im Vertragswortlaut noch in konkret vorgetragenen Umständen bei Vertragsschluss irgendeinen Anhaltspunkt.

30

bb) Der Senat hält an seiner neueren Rechtsprechung zur Auslegung von arbeitsvertraglichen Bezugnahmen auf einschlägige Tarifverträge oder Tarifwerke, die zu dem vorgenannten Ergebnis führt, auch in Anbetracht der von der Revision vorgebrachten Gesichtspunkte fest. Dies hat der Senat bereits in verschiedenen Entscheidungen - in Auseinandersetzung mit der zwischenzeitlich geäußerten Kritik an dieser Rechtsprechung - ausführlich begründet(vgl. ua. 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 42 ff., Rn. 46 bis 58 mwN, BAGE 122, 74, 87 ff.; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 31 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 67 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 40).

31

(1) Es verstößt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip und damit gegen Art. 20 Abs. 3 GG, dass der Senat die Auslegungsregel der Gleichstellungsabrede nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes auf alle Bezugnahmeklauseln anwendet, die in der Zeit bis zur Ankündigung der Rechtsprechungsänderung in der Entscheidung vom 14. Dezember 2005(- 4 AZR 536/04 - BAGE 116, 326) vereinbart worden sind.

32

(a) Entgegen der Revision liegt hierin keine nach dem Vertrauensschutzprinzip verbotene echte Rückwirkung(vgl. hierzu etwa BVerfG 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 - BVerfGE 101, 239, 263 f.). Es wird nicht nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingegriffen. Die streitgegenständliche Klausel wurde zwar in der Vergangenheit vereinbart, das Arbeitsverhältnis, auf das sich ihre Wirkung bezieht, ist jedoch weder abgeschlossen noch abgewickelt. In die in der Vergangenheit bereits abgewickelten Teile des Arbeitsverhältnisses greift die auf die allgemeinen Grundsätze zurückgeführte Auslegungsregel nicht ein.

33

(b) Die Festlegung eines Stichtages, mit dem die Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt wird, ist ein geeignetes Mittel, um eventuell bestehendem Vertrauen in eine gefestigte Rechtsprechung auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der gegnerischen Partei Rechnung zu tragen(BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - zu B III 2 a der Gründe, NJW 2009, 1469). Die Festlegung des Datums des Stichtags ist entgegen der Auffassung der Revision auch nicht willkürlich. Vorrangig von Bedeutung für die Festlegung des Stichtags ist der vom Gesetzgeber mit der Schuldrechtsnovelle deutlich gemachte Wertewandel, wovon auch eine deutlich verstärkte Aufforderung an die Verwender von Formularverträgen ausging, das von ihnen Gewollte auch in der entsprechenden verständlichen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) Form eindeutig zum Ausdruck zu bringen (BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 34, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 67 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 40).

34

Durch die von der Beklagten angeführten Entscheidungen des Senats vom 19. März 2003(- 4 AZR 331/02 - BAGE 105, 284) und vom 1. Dezember 2004 (- 4 AZR 50/04 - BAGE 113, 40) wird der Stichtag nicht in Frage gestellt. Gegenstand der Entscheidung vom 19. März 2003 war ein sog. Altvertrag aus dem Jahr 1997. Für solche Verträge wendet der Senat die Grundsätze der früheren Rechtsprechung nach wie vor an. In der Entscheidung vom 1. Dezember 2004 kam die Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede gar nicht zur Anwendung, da die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers im Zeitpunkt der Vereinbarung der Bezugnahme auf den Tarifvertrag nicht vorlag. Beiden Entscheidungen kommt aber auch unabhängig davon bei der typisierten Interessenabwägung und bei der Beurteilung der maßgebende Faktoren für die Festlegung des Stichtags (dazu ua. BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 42 ff., Rn. 46 bis 58 mwN, BAGE 122, 74, 87 ff.; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 31 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 67 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 40)keine Bedeutung zu. Das trifft auch für die von der Beklagten angeführte Entscheidung des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 22. März 2005 (- 1 ABR 64/03 - BAGE 114, 162) zu.

35

Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht mehrere von Arbeitgeberseite gegen die neuere Senatsrechtsprechung zur Gleichstellungsabrede erhobene Verfassungsbeschwerden mit dem Ziel einer Ausweitung des Vertrauensschutzes nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorlagen( BVerfG 8. Oktober 2008 - 1 BvR 946/08 und 1 BvR 947/08 - ; 21. April 2009 - 1 BvR 769/09 -). Es hat ausgeführt, dass ein Gericht grundsätzlich von einer früheren Rechtsprechung abweichen kann und dass darin kein Verstoß gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes zu sehen ist, wenn sich die Rechtsprechungsänderung im Rahmen einer vorhersagbaren Entwicklung hält (BVerfG 8. Oktober 2008 - 1 BvR 946/08 und 1 BvR 947/08 -).

36

(2) Entgegen der Auffassung der Revision führt auch die Regelung des § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB zu keinem anderen Ergebnis. Der angeführte Wert des Vertrauens in eine gefestigte Rechtsprechung ist keine „im Arbeitsrecht geltende Besonderheit“, sondern ein allgemeiner Umstand, den der Senat in seiner Rechtsprechung bei seiner Abwägung der beteiligten Interessen - unter Einbeziehung der Situation im Arbeitsrecht - bereits berücksichtigt hat(dazu BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 46 ff., BAGE 122, 74).

37

cc) Nach alledem ist die von der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der N GmbH, vereinbarte Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005, was die Auslegung der dort vereinbarten Bezugnahme angeht, mit dem Landesarbeitsgericht als „Neuvertrag“ einzustufen, der eine von der Tarifgebundenheit der Vertragsparteien unabhängige unbedingte zeitdynamische Verweisung auf die darin genannten Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung zum Inhalt hat und deshalb auch tarifvertragliche Regelungen zum Gegenstand des Arbeitsvertrages macht, die nach einem Ende der Tarifgebundenheit auf Arbeitgeberseite getroffen worden sind.

38

d) Der Betriebsübergang von der N GmbH auf die Beklagte am 1. Juli 2006 hat an dieser vertragsrechtlichen Lage nichts geändert. Die Klausel gilt auch im Arbeitsverhältnis der Parteien dynamisch. Die sich aus dieser Vertragsklausel ergebende Pflicht, die einschlägigen Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein in ihrer jeweiligen Fassung anzuwenden, gehört zu den Rechten und Pflichten, in die die Beklagte als Erwerberin des Betriebs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB eingetreten ist. Dementsprechend ist sie an die Verweisungsklausel aus dem Arbeitsvertrag der Klägerin mit ihrem Rechtsvorgänger unter Einbeziehung von deren Dynamik gebunden.

39

Der sich von Rechts wegen und unabhängig vom „Gutdünken“ des Veräußerers und Erwerbers(vgl. ua. EuGH 26. Mai 2005 - C-478/03 [Celtec] - ua. Rn. 38 mwN, Slg. 2005, I-4389 und 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - Rn. 26, Slg. 2006, I-2397) nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vollziehende Eintritt des Erwerbers eines Betriebes oder Betriebsteils in die Rechte und Pflichten der zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse bezieht sich auf alle arbeitsvertraglich begründeten Rechte und Pflichten und umfasst mithin auch solche aus Verweisungsklauseln auf einen Tarifvertrag.

40

§ 613a Abs. 1 BGB regelt die Rechtsfolgen eines rechtsgeschäftlichen Betriebsübergangs für die davon betroffenen Arbeitsverhältnisse. Dabei ist in Satz 1 der Vorschrift allgemein geregelt, dass das Arbeitsverhältnis mit demjenigen Inhalt auf den Erwerber übergeht, den es zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs hat. Dazu gehören nicht nur die aktuell realisierten Rechte und Pflichten, sondern alle, auf die sich eine der Vertragsparteien bei unveränderter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses berufen könnte. Dabei tritt der Erwerber an die Stelle des Veräußerers und nimmt dessen Rechtsstellung ohne inhaltliche Veränderung ein(BAG 19. September 2007 - 4 AZR 711/06 - BAGE 124, 123, 127). Hiervon sind auch Rechtspositionen umfasst, die erst in der Zukunft Wirkung entfalten, etwa bereits fest vereinbarte Änderungen der Rechtslage, die zu einem späteren Zeitpunkt eintreten sollen. Soweit arbeitsvertraglich eine Dynamik bei der Anwendung in Bezug genommenen Rechts vereinbart ist, geht auch sie als solche über. Der Erwerber ist an sie gebunden wie der Veräußerer, der sich darüber mit dem Arbeitnehmer geeinigt hat. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB stellt ihn bezüglich der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen so, als habe er sie selbst abgeschlossen(BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - ZIP 2010, 748).

41

Dieses Ergebnis ergibt sich ebenfalls aus der Betriebsübergangsrichtlinie, derzeit in der Fassung der Richtlinie 2001/23/EG vom 12. März 2001(ABl. 2001, L 82/16), zu deren Umsetzung in das nationale Recht § 613a BGB dient, der richtlinienkonform auszulegen ist. Die Richtlinie soll die Wahrung der Ansprüche der Arbeitnehmer bei einem Wechsel des Inhabers des Unternehmens dadurch gewährleisten, dass sie ihnen die Möglichkeit gibt, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber zu eben den Bedingungen fortzusetzen, die mit dem Veräußerer vereinbart waren (vgl. ua. EuGH 10. Februar 1988 - C-324/86 [Tellerup oder „Daddy’s Dance Hall“] - Rn. 9, Slg. 1988, I-739; 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - Rn. 25, Slg. 2006, I-2397). Ziel dieser Richtlinie ist es, die am Tag des Übergangs bestehenden Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer zu wahren (EuGH 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - Rn. 29, Slg. 2006, I-2397) und damit sicherzustellen, dass der betroffene Arbeitnehmer in seinen Rechtsbeziehungen zum Erwerber in gleicher Weise geschützt ist, wie er es nach den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats in seinen Beziehungen zum Veräußerer war (EuGH 6. November 2003 - C-4/01 [Martin ua.] - Rn. 41, Slg. 2003, I-12859). Daraus folgt, dass eine am Tag des Übergangs bestehende individualvertragliche dynamische Inbezugnahme eines Tarifvertrages, die unabhängig von beiderseitiger Tarifgebundenheit ist, als Solche auf den Betriebserwerber übergeht. Anzunehmen, sie wandle ihren Charakter infolge des Übergangs von „dynamisch“ zu „statisch“, wäre eine Minderung der bestehenden Rechte.

42

e) Entgegen der Auffassung der Revision wurde die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel vom 1. November 2005 weder durch die frühere beiderseitige Tarifgebundenheit verdrängt, noch wird sie durch eine nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformierte Tarifnorm verdrängt. Eine ggf. entstehende Regelkollision ist in beiden Fällen nach dem gesetzlichen Kollisionslösungsprinzip des Günstigkeitsvergleichs gemäß § 4 Abs. 3 TVG aufzulösen.

43

aa) Das Arbeitsverhältnis der Klägerin war vor dem Betriebsübergang auf die Beklagte nicht allein durch kollektivvertragliche Regelungen bestimmt, sondern durch kollektive und individualvertragliche Regelungen. Zu letzteren gehört die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel auf die „gültigen Tarifverträge der Metallindustrie Schleswig-Holstein in der jeweils gültigen Fassung“. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht unter Bezug auf die Senatsrechtsprechung(BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - BAGE 124, 34, 37) ausgeführt, dass die Wirkung einer Bezugnahmeklausel nicht dadurch berührt wird, dass der in Bezug genommene Tarifvertrag noch aus einem weiteren rechtlichen Grund für das Arbeitsverhältnis der Parteien maßgebend ist. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, nach § 4 Abs. 1 TVG trete eine vertragliche Inbezugnahme hinter einer normativen Geltung zurück, verkennt sie, dass eine normative Geltung und eine vertragliche Inbezugnahme als zwei unterschiedliche Rechtsgrundlagen nebeneinander bestehen bleiben. Eine ggf. entstandene Regelkollision war vor dem Betriebsübergang nach dem gesetzlichen Kollisionslösungsprinzip des Günstigkeitsvergleichs gemäß § 4 Abs. 3 TVG aufzulösen.

44

Auch wenn auf diese Weise eine der beiden Regelungen im Arbeitsverhältnis - zeitweise - keine praktische Wirkung entfaltet, so bleibt sie entgegen der Auffassung der Revision, die meint, es könne nur übergehen, was zuvor Wirkung entfaltet habe, jedoch bestehen und ist demgemäß Teil des bei einem Betriebsübergang mit übergehenden Regelungsbestands(vgl. hierzu auch BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - AP BGB § 613a Nr. 371 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 110).

45

bb) Daran, dass die Anwendung eines Tarifvertrags auf zwei Rechtsgründen beruht, ändert sich nichts durch die Feststellung, dass einer von ihnen, nämlich die bisherige kollektive Wirkungsweise, nach dem Betriebsübergang mangels Tarifgebundenheit der Beklagten in nun „statischer“ Form in den Bestand des Arbeitsverhältnisses eingegangen ist. Prinzipiell unterliegt auch eine nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformierte Tarifnorm dem Günstigkeitsprinzip nach § 4 Abs. 3 TVG. Insbesondere kann den nunmehr als Inhalt des Arbeitsverhältnisses fortwirkenden früheren Tarifnormen keine größere Wirkungstiefe zukommen als unmittelbar wirkenden Tarifnormen(näher BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 27 bis 32, AP BGB § 613a Nr. 371 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 110). Deshalb sind auch die nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformierten Tarifnormen nicht in der Lage, günstigere Abmachungen zwischen den Arbeitsvertragsparteien zu verdrängen. § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB ist eine im Hinblick auf § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ergänzende, keine konkurrierende Regelung. Auch nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformierte Tarifnormen treten nach § 4 Abs. 3 TVG gegenüber einzelvertraglichen Vereinbarungen, soweit diese für die jeweiligen Arbeitnehmer günstigere Bedingungen enthalten, zurück (näher BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 27 ff., aaO).

46

f) Durch die Anordnung des Übergangs einer mit dem Veräußerer des Betriebes arbeitsvertraglich vereinbarten dynamischen Verweisung auf einen Tarifvertrag auf die Beklagte als Erwerberin dieses Betriebes wird diese entgegen der Revision nicht in ihrem Grundrecht auf - negative - Koalitionsfreiheit verletzt.

47

aa) Wie der Senat bereits mehrfach begründet hat, berührt die Auslegung und die Wirksamkeit der individualrechtlichen Inbezugnahme von Tarifverträgen in ihrer jeweiligen Fassung als Ausdruck privatautonomer Gestaltungsmacht weder die negative Koalitionsfreiheit dessen, der das Arbeitsverhältnis vertraglich der einschlägigen tarifvertraglichen Ordnung unterstellen wollte und dies auch durch die Zustimmung des Arbeitnehmers erreicht hat, noch diejenige der Personen, die aufgrund privatautonomer Entschließung in diese Rechtsposition eingetreten sind(BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 21 mwN, ZIP 2010, 748). Die negative Koalitionsfreiheit kann schon begrifflich nicht durch einen Arbeitsvertrag berührt sein (ebenso zum Verhältnis der negativen Koalitionsfreiheit zu einem Sozialplan BVerfG 23. April 1986 - 2 BvR 487/80 - AP GG Art. 2 Nr. 2).

48

bb) Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der Einwände der Revision fest.

49

Ein Verstoß gegen die negative Koalitionsfreiheit kommt nur dann in Betracht, wenn es um die von arbeitsvertraglichen Vereinbarungen unabhängige kollektiv-rechtliche Wirkungsweise von tariflichen Normen geht. Denn nur in diesem Bereich lässt sich die Verbindlichkeit von Rechten und Pflichten mit der Wahrnehmung von negativer oder positiver Koalitionsfreiheit begründen. Soweit bei der Begründung der Rechte und Pflichten, die bei einem Betriebsübergang auf den Erwerber übergehen, weder die Mitgliedschaft in einer tarifschließenden Koalition noch die Position als Tarifvertragspartei, etwa bei einem Firmentarifvertrag, eine Rolle spielen, sondern diese unmittelbar auf der Abgabe einer privatautonomen Willenserklärung gegenüber dem Arbeitsvertragspartner beruhen, kann weder die negative Koalitionsfreiheit des Veräußerers noch diejenige des Erwerbers betroffen sein. Der arbeitsvertragliche Charakter einer dynamischen Verweisung auf ein fremdes Regelwerk wird durch die Herkunft des Bezugsobjekts nicht geändert; das gilt für eine etwaige Einbeziehung des jeweiligen statistischen Lebenshaltungsindexes ebenso wie für die Einbeziehung der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der Sozialversicherung wie die der jeweiligen Fassung eines Tarifvertrages(vgl. im Einzelnen BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 23 bis 27 mwN, ZIP 2010, 748).

50

Auch in ihren Folgewirkungen bleibt dieser individualvertragliche Charakter erhalten. Anders als nach der Regelung des § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB, die zu einem kollektivrechtlichen Inhaltsschutz mit zwingender Wirkung für ein Jahr führt, können nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergegangene Vereinbarungen jederzeit einvernehmlich und privatautonom abgeändert werden. Es herrscht grundsätzlich die gleiche Vertragsfreiheit, wie sie im Veräußererbetrieb bestanden hat(vgl. BAG 7. November 2007 - 5 AZR 1007/06 - BAGE 124, 345, 347). Im Übrigen ist - entgegen den Annahmen der Revision - weder in die Auslegung des Arbeitsvertrags der Parteien noch in die Feststellung der Folgen des Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB einzubeziehen, ob aus der Sicht einer Vertragspartei im Einzelfall eine konkrete Möglichkeit der einvernehmlichen Vertragsänderung gesehen wird oder wie die Existenz von dynamisch wirkenden individualvertraglichen Bezugnahmen auf Tarifverträge sich bei Kaufvertragsverhandlungen im Rahmen von Betriebsübergängen auswirkt. Die Überlegung der Revision, eine nur noch statische Fortgeltung von Tarifverträgen sei im Hinblick auf Art. 9 Abs. 3 GG sachlich gerechtfertigt, da dies in der Regel Gegenstand der Kaufverhandlungen sei und eine dynamische Fortgeltung von Tarifverträgen nicht überschaubar wäre, ist in ihrem rechtlichen Gehalt schwer zu erschließen. Gegenstand von Kaufverhandlungen kann nur die tatsächlich im zu erwerbenden Betrieb bestehende Rechtslage sein, nicht eine vom Käufer oder Verkäufer gewünschte. Die hinter dieser Überlegung stehende Auffassung widerspricht § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie bedeutet nichts anderes, als dass sich der Arbeitsvertragsinhalt entgegen der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung allein durch den Betriebsübergang ändern soll.

51

cc) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Revision auch nicht im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang aus dem Urteil „Werhof“ des EuGH vom 9. März 2006(- C-499/04 - Slg. 2006, I-2397).

52

Die Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG soll die Wahrung der Ansprüche der Arbeitnehmer bei einem Wechsel des Inhabers des Unternehmens dadurch gewährleisten, dass sie ihnen die Möglichkeit gibt, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber zu eben den Bedingungen fortzusetzen, die mit dem Veräußerer vereinbart waren(vgl. ua. EuGH 27. November 2008 - C-396/07 [Juuri] - Rn. 28 mwN, AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 97). Aus der Richtlinie ergibt sich nicht, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber den Erwerber durch andere Kollektivverträge als die zum Zeitpunkt des Übergangs geltenden binden und demnach verpflichten wollte, die Arbeitsbedingungen später durch die Anwendung eines neuen, nach dem Übergang geschlossenen Kollektivvertrags zu ändern (EuGH 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - Rn. 29, Slg. 2006, I-2397), was im Übrigen gegen das im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts zu beachtende Recht auf negative Vereinigungsfreiheit verstoßen würde (ebenda, Rn. 32 bis 35). Mit der Werhof-Entscheidung schließt es der EuGH aus, eine vertragliche Verweisung auf Tarifverträge im Falle eines Betriebsüberganges nach Art. 3 Abs. 1 der Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG zwingend, also unabhängig vom übereinstimmend gebildeten Willen der Arbeitsvertragsparteien, stets so zu verstehen, dass der Erwerber an die betreffenden Tarifverträge auch in den Fassungen gebunden ist, die erst nach dem Betriebsübergang vereinbart wurden. Diese Auffassung teilt der Senat (vgl. näher BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 35 bis 38 mwN, in Auseinandersetzung mit EuGH 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - aaO). Die gegenteilige Auffassung der Revision, die im Ergebnis dahin geht, dass zwingend und unabhängig vom privatautonom zwischen den Arbeitsvertragsparteien Vereinbarten jegliche Bezugnahme auf Tarifverträge in Einzelarbeitsverträgen im Fall des Betriebsüberganges „statisch“ wird, lässt sich nicht mit der Werhof-Entscheidung des EuGH begründen.

53

4. Insgesamt führt die individualvertragliche Inbezugnahme in der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 zu einer dynamischen Anwendung der Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein und damit zu den streitgegenständlichen Tarifverträgen vom 7. Mai 2007. Diese enthalten im Verhältnis zu der statischen Anwendung der Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein, vorliegend in der Fassung zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs zum tarifungebundenen Betriebserwerber, eine finanziell günstigere Regelung im Sinne des Günstigkeitsprinzips nach § 4 Abs. 3 TVG. Der auf dieser Grundlage von der Klägerin geltend gemachte Betrag ist der Höhe nach unstreitig.

54

5. Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1 BGB.

55

II. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision nach § 97 ZPO zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Treber    

        

    Winter    

        

        

        

    Vorderwülbecke    

        

    Bredendiek    

                 

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.