Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 20. Feb. 2014 - 2 Sa 120/13

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2014:0220.2SA120.13.0A
bei uns veröffentlicht am20.02.2014

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 31. Januar 2013 - 3 Ca 1143/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.

2

Die Klägerin war seit 12. Juli 2004 bei der Firma Z. e. K. beschäftigt. Bei der Firma Z. e. K. sind von deren Arbeitnehmern auf der Grundlage eines nach § 3 Abs. 1 Ziff. 3 BetrVG abgeschlossenen Tarifvertrages vom 7. April 1995 Betriebsräte in den darin festgelegten Betriebsratsbezirken gewählt worden, die Mitglieder in den errichteten Gesamtbetriebsrat nach Maßgabe der Gesamtbetriebsvereinbarung "Mitgliederzahl und Zusammensetzung des Gesamtbetriebsrates (GBR) sowie die Entsendung der GBR-Mitglieder" vom 21. November 2000 nebst der Ergänzung vom 30. April 2002 entsandt haben. Die Klägerin war dem Betriebsratsbezirk Y.-Stadt zugeordnet, in dem ein Betriebsrat gebildet war.

3

Mit Beschluss des Amtsgerichts Ulm - Insolvenzgericht - vom 28. März 2012 (Az.: ...) wurde über das Vermögen des Z., Inhaber der Firma Z. e. K., das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit einem weiteren Beschluss des Amtsgerichts Ulm - Insolvenzgericht - vom 28. März 2012 (Az.: 00000) wurde über das Vermögen der zum Z.-Konzern gehörenden Z.x. GmbH ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet und Herr Wirtschaftsprüfer V. U. zum Insolvenzverwalter bestellt.

4

In der im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Z. abgehaltenen Gläubigerversammlung vom 05. Juni 2012 wurde die vom Beklagten getroffene Entscheidung zur Betriebsstilllegung bestätigt. Der aufgrund der beschlossenen Betriebsstilllegung durchgeführte Abverkauf wurde bei der Firma Z. e. K. am 27. Juni 2012 beendet.

5

Am 28. Juni 2012 schlossen der Beklagte und der Insolvenzverwalter der Firma Z.x. GmbH mit dem Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich, der auszugsweise folgenden Inhalt hat:

6

"Präambel

7

Mit Beschluss des Amtsgerichts Ulm - Insolvenzgericht - vom 28.03.2012 wurde über die Vermögen der Firma Z. e. K. und der Z.x. GmbH die Insolvenzverfahren eröffnet und Herr Wirtschaftsprüfer A. und Herr Wirtschaftsprüfer V. U. zu Insolvenzverwaltern bestellt.

8

Die Beschlüsse des Amtsgerichts vom 28.03.2012 sind als Anlage 1 Bestandteil dieses Interessenausgleichs.

9

§ 1
Geltungsbereich

10

Räumlicher Geltungsbereich

11

Diese Vereinbarung gilt für alle Arbeitnehmer der Firmen Z. e. K. und Z.x. GmbH.
(…)

12

§ 2
Informationen

13

Dem GBR beziehungsweise dessen Vertretern wurden Informationen über die wirtschaftliche Situation der Z. e. K. gegeben. Insbesondere erhielt der GBR Vermögensübersichten sowie Listen derjenigen Filialen beziehungsweise Betriebe (Stand 25.06.2012), für die eventuell Interessenten vorhanden sind. Der GBR wurde durch den Insolvenzverwalter darüber informiert, dass eine Übernahme der Firma Z. e. K. durch einen Investor gescheitert ist und mangels Warenversorgung eine Fortführung des Unternehmens durch den Insolvenzverwalter über den 30.06.2012 hinaus nicht möglich ist.

14

Der Insolvenzverwalter hat die Stilllegung der Firma Z.x. GmbH, vorbehaltlich der Zustimmung des Gläubigerausschusses, zum 31.07.2012 beschlossen. Der GBR wurde durch den Insolvenzverwalter darüber informiert, dass eine Übernahme der Firma Z.x. GmbH durch einen Investor gescheitert ist und mangels Warenversorgung eine Fortführung des Unternehmens durch den Insolvenzverwalter über den 31.07.2012 hinaus nicht möglich ist.

15

Die Insolvenzverwalter werden auch nach Abschluss des Interessenausgleiches den GBR beziehungsweise dessen Vertreter über den jeweils aktuellen Stand der Interessenten, mindestens 14-tägig (erstmals zum 11.07.2012) unterrichten.

16

§ 3
Regelungsgegenstand / Betriebsänderung
(unternehmerische Entscheidung)

17

Die unternehmerischen Entscheidungen, die aufgrund der oben genannten Informationen, getroffen wurden, sind:

18

Der Geschäftsbetrieb der Z.y wird zum 30.06.2012 eingestellt. Ab dem 01.07.2012 erfolgt die Abwicklung.

19

Der Geschäftsbetrieb der Firma Z.x. GmbH wird vorbehaltlich der Zustimmung des Gläubigerausschusses zum 31.07.2012 eingestellt. Ab dem 01.08.2012 erfolgt die Abwicklung.

20

In einer Vereinbarung vom selben Tag wird ergänzend festgehalten, wie die betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben im Rahmen der Insolvenz gewährleistet werden.
(…)

21

§ 8
Schlussbestimmungen

22

Abschluss der Verhandlungen

23

Der Gesamtbetriebsrat bestätigt, dass er im Rahmen der Verhandlungen über diesen Interessenausgleich ordnungsgemäß informiert wurde und ihm auch die dazu gehörigen Unterlagen übergeben wurden.

24

Der Gesamtbetriebsrat hat die Entscheidung der Insolvenzverwalter mit größtem Bedauern und Unverständnis entgegengenommen.

25

Die Interessenausgleichsverhandlungen sind damit abgeschlossen.

26

Massenentlassungsklausel / Stellungnahme des Gesamtbetriebsrats zu § 17 KSchG

27

Dieser Interessenausgleich ersetzt zugleich die Stellungnahme des GBR zur Anzeige der Massenentlassung gemäß § 17 KSchG.

28

Ebenso ersetzt diese Vereinbarung die Anhörung des GBR zur Kündigung von Arbeitnehmern gemäß BErzGG, MuSchG sowie SGB IX.

29

Der GBR wird im Rahmen des § 17 KSchG keine weitere Stellungnahme mehr abgeben, insbesondere auch nicht nach § 20 KSchG.

30

Integrale Bestandteile des Interessenausgleichs

31

Die Präambel und sämtliche im Text aufgeführten in Bezug genommenen Anlagen sind Bestandteil dieser Betriebsvereinbarung.

32

Freistellung

33

Der Interessenausgleich gilt zugleich als Stellungnahme des Gesamtbetriebsrats zur Freistellung gekündigter Arbeitnehmer. Eine separate Anhörung zur Freistellung ist somit nicht durchzuführen.

34

Einsichtnahme und Veröffentlichung

35

Der Interessenausgleich kann beim BR eingesehen werden. Die Insolvenzverwalter versuchen, den Interessenausgleich über das Gläubigerinformationssystem den Mitarbeitern ebenfalls zugänglich zu machen. Er wird ohne Anlagen auf der Internetseite der Insolvenzverwalter veröffentlicht.

§ 9

36

Der Insolvenzverwalter ist bemüht, soweit Filialen durch anderweitige Firmen übernommen werden, auch wenn dies nicht im Rahmen des § 613 a BGB erfolgt, die Erwerber zu veranlassen, Mitarbeiter mit zu übernehmen.

37

Soweit Mitarbeiter Filialen in Eigenregie übernehmen wollen, wird der Insolvenzverwalter, soweit dies möglich ist, die Mitarbeiter hierbei unterstützen (z. B. bei Übernahme Mietverträge etc.).

38

Soweit sich für einzelne Filialen oder Lagerstandorte neue Übernahmeangebote ergeben sollten, wird der Insolvenzverwalter den GBR, auch wenn die Kündigungen bereits ausgesprochen sind hierüber informieren.

39

Die Insolvenzverwalter haben der Gewerkschaft T. zugesagt, dass mit diesen unverzüglich auf Grundlage des beigefügten Entwurfes ein Transfertarifvertrag verhandelt und abgeschlossen wird, sofern dessen Finanzierung darstellbar ist.

40

§ 10
Salvatorische Klausel

41

Sollten einzelne Punkte dieser Vereinbarung aufgrund eines Verstoßes gegen Gesetz oder Tarifvertrag unwirksam sein, so werden die Vertragsparteien die unwirksame Regelung durch eine Regelung ersetzen, die dem Gewollten am Nächsten kommt.

42

Die Parteien sind sich darüber einig, dass mit Unterzeichnung dieser Vereinbarung das Interessenausgleichsverfahren abgeschlossen ist und diese Vereinbarung den Rechtscharakter einer Betriebsvereinbarung mit konkreten Ansprüchen der betroffenen Arbeitnehmer hat.

43

Sollte die Rechtauffassung der Beteiligten unrichtig sein, dass der Gesamtbetriebsrat in einer Vereinbarung den Interessenausgleich für beide Betriebe / Unternehmen (x. und y.) regeln kann, so besteht das Einvernehmen, dass diese Vereinbarung auch getrennt für x. und y. gelten soll und in diesem Fall zwei Vereinbarungen zusammengefasst in einem Schriftstück wirken sollen.
(…)"

44

Am 29. Juni 2012 erstattete der Beklagte gegenüber den Agenturen für Arbeit in R.-Stadt und Q.-Stadt jeweils eine Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 KSchG, auf die Bezug genommen wird.

45

Mit Schreiben vom 02. Juli 2012 wurde der Betriebsrat Y.-Stadt vom Beklagten zu den beabsichtigten Kündigungen der in der beigefügten "Kündigungsliste" aufgeführten Mitarbeiterinnen, darunter die Klägerin, angehört. In der dem Anhörungsschreiben anliegenden "Kündigungsliste" ist bei der Klägerin als "Eintritt" der "28.03.2012" und unter "Kdgs-frist" der "31.08.2012" angegeben.

46

Mit Schreiben vom 12. Juli 2012, das am 23. Juli 2012 zur Post gegeben wurde und der Klägerin am 24. Juli 2012 zuging, kündigte der Beklagte das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis wegen Betriebsstilllegung zum 31. August 2012.

47

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer beim Arbeitsgericht Trier am 14. August 2012 eingegangenen Kündigungsschutzklage.

48

Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, die Kündigung sei trotz der zunächst getroffenen Entscheidung zur vollständigen Betriebsstilllegung unwirksam, weil nicht alle Verkaufsstellen tatsächlich geschlossen würden, sondern für eine ihr nicht bekannte Anzahl Übernahme- bzw. Weiterführungsangebote etwa von den Firmen O. oder N. gemacht worden seien. Gegen die endgültige Betriebsstilllegung spreche § 9 des Interessenausgleichs vom 28. Juni 2012, wonach der Beklagte auch weiterhin bemüht sei, die Übernahme von Filialen durch andere Firmen zu unterstützen. Die Kündigung sei nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG wegen des dem Betriebsrat falsch mitgeteilten Eintrittsdatums und der dementsprechend unzutreffend angegebenen Kündigungsfrist unwirksam.

49

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

50

festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten vom 12. Juli 2012 nicht zum 31. August 2012 aufgelöst wird, sondern fortbesteht,
den Beklagten hilfsweise zu verurteilen, an sie eine Abfindung in Höhe von 2.571,50 EUR zu zahlen,
den Beklagten hilfsweise zu verurteilen, ihr ein wohlwollendes, qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen, welches der Gesamtnote "gut" entspricht.

51

Der Beklagte hat beantragt,

52

die Klage abzuweisen.

53

Er hat erwidert, die Kündigung sei aufgrund der vollständigen Stilllegung des Betriebes der Firma Z. e. K. aus betriebsbedingten Gründen sozial gerechtfertigt. § 9 des Interessenausgleichs vom 28. Juni 2012 widerspreche dem endgültigen Entschluss zur Betriebsstilllegung nicht, weil darin lediglich geregelt sei, dass er den Gesamtbetriebsrat über etwaige neue Übernahmeangebote informieren werde. Die von der Klägerin angeführte Übernahme von Filialen durch O. oder N. sei unsubstantiiert. Nach dem Stilllegungsbeschluss seien auch keine neuen Z.-Märkte entstanden. Die Betriebsratsanhörung sei nach dem Grundsatz der subjektiven Determination trotz des unrichtigen Eintrittsdatums ordnungsgemäß erfolgt.

54

Das Arbeitsgericht Trier hat mit Urteil vom 31. Januar 2013 der Kündigungsschutzklage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass die Kündigung mangels ordnungsgemäßer Massenentlassungsanzeige nach § 17 KSchG unwirksam sei. Im Hinblick darauf, dass es sich bei der Firma Z. e. K. und der Z.x. GmbH um zwei eigenständige Unternehmen innerhalb eines Konzernes handele, habe kein Gesamtbetriebsrat gebildet werden dürfen. Der nach dem Vortrag des Beklagten gleichwohl unternehmensübergreifend gebildete "Gesamtbetriebsrat" sei rechtlich nicht existent, so dass der Beklagte im Rahmen von § 17 KSchG den örtlichen Betriebsrat hätte beteiligen müssen, was er nicht getan habe.

55

Gegen das ihm am 25. Februar 2013 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 14. März 2013, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 23. April 2013, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.

56

Er trägt vor, entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts sei kein unternehmensübergreifender Gesamtbetriebsrat gebildet worden, weil bei der Firma Z.x. GmbH - unstreitig - keine Betriebsräte gewählt worden seien. Mit dem nur bei der Firma Z. e. K. errichteten Gesamtbetriebsrat habe das zuständige Gremium im Rahmen des geschlossenen Interessenausgleiches vom 28. Juni 2012 die nach § 17 KSchG erforderliche Stellungnahme ordnungsgemäß abgegeben.

57

Der Beklagte beantragt,

58

das am 31. Januar 2013 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Trier - 3 Ca 1143/12 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

59

Die Klägerin beantragt,

60

die Berufung zurückzuweisen.

61

Sie erwidert, der neue Sachvortrag des Beklagten hinsichtlich der Errichtung des Gesamtbetriebsrates sei in der Berufungsinstanz wegen Verstoßes gegen die Prozessförderungspflicht ausgeschlossen. Auch unter Zugrundelegung des neuen Sachvortrags in der Berufungsinstanz ändere sich nichts am rechtlichen Ergebnis. Der bei der Firma Z. e.K. gebildete Gesamtbetriebsrat habe im Interessenausgleich nicht als unternehmensübergreifender Gesamtbetriebsrat für beide Unternehmen agieren können, so dass er aufgrund der fehlenden Zuständigkeit für beide Unternehmen auch keine wirksame Stellungnahme gemäß § 17 KSchG zur Massenentlassungsanzeige beider Unternehmen habe abgeben können. Insoweit sei der letzte Absatz des § 10 des Interessenausgleichs unbeachtlich. Weiterhin sei die Anhörung des Betriebsrats nicht wirksam erfolgt, weil dem Betriebsrat - unstreitig - als ihr Eintrittsdatum der "28.03.2012" und folglich eine Kündigungsfrist zum 31. August 2012 mitgeteilt worden sei.

62

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

63

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b und c ArbGG statthafte Berufung des Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).

64

Die Berufung des Beklagten hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Die Kündigung vom 12. Juli 2012 ist mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG unwirksam.

I.

65

Auch wenn die Amtszeit des Betriebsrats wegen einer Betriebsstilllegung endet, bleibt der Betriebsrat gemäß § 21 b BetrVG so lange im Amt, wie das zur Wahrnehmung der damit im Zusammenhang stehenden Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrecht erforderlich ist. Daraus folgt, dass der Betriebsrat vor jedem Kündigungsausspruch nach § 102 Abs. 1 BetrVG auch nach erfolgter Betriebsstilllegung zu hören ist (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 917/06 - Rn. 49, NZA-RR 2008, 367). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z.B. BAG 22. April 2010 - 2 AZR 991/08 - Rn. 13, NZA-RR 2010, 583) ist eine Kündigung nach § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG nicht nur dann unwirksam, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Betriebsrat überhaupt zu beteiligen, sondern auch dann, wenn er ihn nicht richtig beteiligt hat. Nach dem Grundsatz der subjektiven Determinierung muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat den aus seiner Sicht maßgeblichen Sachverhalt mitteilen. Diesen Kündigungssachverhalt muss der Arbeitgeber unter Angabe von Tatsachen so beschreiben, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich ein Bild zu machen. Entsprechend dem Zweck des § 102 Abs. 1 BetrVG, dem Betriebsrat ein Bild von der beabsichtigten Kündigung zu vermitteln, ist bei einer betriebsbedingten Kündigung im Regelfall die Mitteilung des Lebensalters und der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers auch dann unverzichtbar, wenn der Arbeitgeber keine Sozialauswahl vorgenommen hat (BAG 18. Oktober 2006 - 2 AZR 676/05 - Rn. 36, NZA 2007, 798).

II.

66

Nach diesen Grundsätzen ist die Kündigung vom 12. Juli 2012 wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG unwirksam.

67

Der Beklagte hat mit seinem Anhörungsschreiben vom 02. Juli 2012 in der beigefügten "Kündigungsliste" dem Betriebsrat fehlerhaft als Eintrittsdatum der Klägerin den "28. März 2012" mitgeteilt, obwohl ihm unstreitig bekannt war, dass die Klägerin bereits seit dem 12. Juli 2004 bei der Firma Z. e. K. beschäftigt war. Im Falle einer Betriebszugehörigkeit der Klägerin seit dem "28. März 2012" gemäß der fehlerhaften Angabe des Beklagten hätte die Klägerin im Kündigungszeitpunkt keinen Kündigungsschutz nach § 1 Abs. 1 KSchG und eine kürzere Kündigungsfrist mit einem entsprechend früheren Kündigungstermin (31. August 2012 anstatt richtigerweise 31. Oktober 2012) gehabt. Dem Betriebsrat wurde damit die Betriebszugehörigkeit der Klägerin sowohl objektiv als auch aus Sicht des Beklagten, dem die Betriebszugehörigkeit der Klägerin seit dem 12. Juli 2004 unstreitig bekannt war, derart fehlerhaft mitgeteilt, dass hierdurch die Entscheidung bzw. die Vorgehensweise des Betriebsrats hinsichtlich der nach dem Anhörungsschreiben beabsichtigten Kündigung beeinflusst werden konnte (vgl. hierzu LAG Rheinland-Pfalz 15. November 2006 - 10 Sa 390/06 - Rn. 39, LAGE § 102 BetrVG 2001 Nr. 6). Nach dem Schutzzweck des § 102 Abs. 1 BetrVG soll die Anhörung dem Betriebsrat die Möglichkeit eröffnen, in sachgerechter Weise Bedenken gegen die beabsichtigte Kündigung zu erheben (§ 102 Abs. 2 S. 1 und 3 BetrVG) und im Falle einer ordentlichen Kündigung Widerspruch (§ 102 Abs. 3 BetrVG) einzulegen (BAG 22. April 2010 - 2 AZR 991/08 - Rn. 17, NZA-RR 2010, 583). Aufgrund der vom Beklagten fehlerhaft mitgeteilten Betriebszugehörigkeit der Klägerin, die sich sowohl auf die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes als auch auf die Kündigungsfrist und den Kündigungstermin auswirkt, wurde der Betriebsrat nicht in die Lage versetzt, sich in sachgerechter Weise zu der beabsichtigten Kündigung zu äußern. Mithin ist die Kündigung wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG unwirksam.

68

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

69

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 20. Feb. 2014 - 2 Sa 120/13

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 20. Feb. 2014 - 2 Sa 120/13

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 20. Feb. 2014 - 2 Sa 120/13 zitiert 15 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Betriebsverfassungsgesetz


§ 21a idF d. Art. 1 Nr. 51 G v. 23.7.2001 I 1852 dient der Umsetzung des Artikels 6 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 102 Mitbestimmung bei Kündigungen


(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. (2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kün

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 17 Anzeigepflicht


(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er 1. in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,2. in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und wenig

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 20 Entscheidungen der Agentur für Arbeit


(1) Die Entscheidungen der Agentur für Arbeit nach § 18 Abs. 1 und 2 trifft deren Geschäftsführung oder ein Ausschuß (Entscheidungsträger). Die Geschäftsführung darf nur dann entscheiden, wenn die Zahl der Entlassungen weniger als 50 beträgt. (2) De

Referenzen - Urteile

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 20. Feb. 2014 - 2 Sa 120/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 20. Feb. 2014 - 2 Sa 120/13 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. Apr. 2010 - 2 AZR 991/08

bei uns veröffentlicht am 22.04.2010

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 24. Juli 2008 - 7 Sa 33/08 - aufgehoben.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 20. Feb. 2014 - 2 Sa 120/13.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 20. Feb. 2014 - 2 Sa 119/13

bei uns veröffentlicht am 20.02.2014

Diese Entscheidung zitiert Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 31. Januar 2013 - 3 Ca 1338/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1

Referenzen

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er

1.
in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
innerhalb von 30 Kalendertagen entläßt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlaßt werden.

(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über

1.
die Gründe für die geplanten Entlassungen,
2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer,
4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer,
6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern.

(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.

(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.

(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.

(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen,
3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

(1) Die Entscheidungen der Agentur für Arbeit nach § 18 Abs. 1 und 2 trifft deren Geschäftsführung oder ein Ausschuß (Entscheidungsträger). Die Geschäftsführung darf nur dann entscheiden, wenn die Zahl der Entlassungen weniger als 50 beträgt.

(2) Der Ausschuß setzt sich aus dem Geschäftsführer, der Geschäftsführerin oder dem oder der Vorsitzenden der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit oder einem von ihm oder ihr beauftragten Angehörigen der Agentur für Arbeit als Vorsitzenden und je zwei Vertretern der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber und der öffentlichen Körperschaften zusammen, die von dem Verwaltungsausschuss der Agentur für Arbeit benannt werden. Er trifft seine Entscheidungen mit Stimmenmehrheit.

(3) Der Entscheidungsträger hat vor seiner Entscheidung von Arbeitgeber und den Betriebsrat anzuhören. Dem Entscheidungsträger sind, insbesondere vom Arbeitgeber und Betriebsrat, die von ihm für die Beurteilung des Falles erforderlich gehaltenen Auskünfte zu erteilen.

(4) Der Entscheidungsträger hat sowohl das Interesse des Arbeitgebers als auch das der zu entlassenden Arbeitnehmer, das öffentliche Interesse und die Lage des gesamten Arbeitsmarktes unter besonderer Beachtung des Wirtschaftszweiges, dem der Betrieb angehört, zu berücksichtigen.

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er

1.
in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
innerhalb von 30 Kalendertagen entläßt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlaßt werden.

(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über

1.
die Gründe für die geplanten Entlassungen,
2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer,
4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer,
6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern.

(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.

(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.

(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.

(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen,
3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er

1.
in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
innerhalb von 30 Kalendertagen entläßt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlaßt werden.

(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über

1.
die Gründe für die geplanten Entlassungen,
2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer,
4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer,
6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern.

(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.

(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.

(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.

(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen,
3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 24. Juli 2008 - 7 Sa 33/08 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, aus betrieblichen Gründen ausgesprochenen Kündigung.

2

Die Klägerin trat Anfang des Jahres 2000 in die Dienste der beklagten Lebensversicherung. Sie war zuletzt als Sachbearbeiterin in der Abteilung Organisationsservice/Vertrieb tätig und Mitglied des dort gebildeten Betriebsrats. Im Frühjahr 2006 kam es zu einer umfangreichen Neuordnung innerhalb der Unternehmensgruppe, der die Beklagte angehört.

3

Mit Schreiben vom 24. April 2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Hauptverwaltungen im Bereich „Leben“ würden am Standort K der H Leben Betriebsservice GmbH gebündelt. Die Vertriebsaktivitäten „Freie Vermittler“ und die zentralen Vertriebsfunktionen würden in der H Leben Vertriebsservice AG zusammengeführt. Deshalb erhalte die Klägerin ein Vertragsangebot zur Weiterbeschäftigung am Standort K und zur damit verbundenen Übernahme ihres Arbeitsverhältnisses durch die H Leben Vertriebsservice AG. Mit Schreiben vom 21. Mai 2007 widersprach die Klägerin dem angezeigten Betriebsübergang.

4

Mit Schreiben vom 14. Mai 2007, dem Betriebsratsvorsitzenden am 21. Mai 2007 übergeben, hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat an. In dem Schreiben heißt es ua.:

        

„... im Zuge der beabsichtigten Zusammenführung der Betriebs- und Zentralfunktionen bzw. der Vertriebsfunktionen ... beabsichtigen wir, [der Klägerin] die ordentliche, betriebsbedingte Änderungskündigung ihres durch Betriebsteilübergang auf die H übergegangenen Arbeitsverhältnisses ... unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Quartalsende mit Wirkung zum 31.12.2007 ... auszusprechen. Sollte [die Klägerin] dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die H noch im Laufe der Widerspruchsfrist wirksam widersprechen, werden wir statt der Änderungs- eine Beendigungskündigung aussprechen müssen, ... . Zu diesen Kündigungen hören wir Sie hiermit an.

        

...

        

2.2 … Ein Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses liegt bisher nicht vor, jedoch hat [die Klägerin] noch die Möglichkeit zum Widerspruch, da die Widerspruchsfrist noch nicht abgelaufen ist. Ob ein Widerspruch erfolgen wird, ist derzeit noch nicht absehbar.

        

...

        

2.3 Das weitere Vorgehen bestimmt sich daher in Abhängigkeit davon, ob ein Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses infolge des Betriebsteilüberganges erfolgt oder nicht, wie folgt:

        

...“

5

Am 24. Mai 2007 widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung. Am 30. Mai 2007 zeigte die Beklagte gegenüber der Agentur für Arbeit die geplanten Massenentlassungen an.

6

Mit Schreiben vom 5. Juni 2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 31. Dezember 2007.

7

Die Klägerin ist der Auffassung, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt, da es noch über den 31. Dezember 2007 hinaus Beschäftigungsmöglichkeiten bei der Beklagten für sie gebe. Der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden, weil die Beklagte im Rahmen des Anhörungsverfahrens offengelassen habe, ob sie im Ergebnis eine Änderungs- oder eine Beendigungskündigung aussprechen werde.

8

Die Klägerin hat - soweit noch von Interesse - beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben vom 5. Juni 2007 erklärte Kündigung der Beklagten nicht aufgelöst ist.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Kündigung sei aus betrieblichen Gründen sozial gerechtfertigt. Die Anhörung des Betriebsrats sei nicht zu beanstanden.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr, soweit noch rechtshängig, stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte, die erstinstanzliche Entscheidung wiederherzustellen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Anders als dieses angenommen hat, ist die Kündigung nicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam (I.). Ob sie sozial gerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 2 KSchG ist, steht noch nicht fest (II.).

12

I. Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung anzuhören. Nach Satz 3 der Norm ist eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung unwirksam.

13

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Kündigung nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG nicht nur dann unwirksam, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Betriebsrat überhaupt zu beteiligen, sondern auch dann, wenn er ihn nicht richtig beteiligt hat, vor allem seiner Unterrichtungspflicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG nicht ausreichend nachgekommen ist. An die Mitteilungspflicht im Anhörungsverfahren sind allerdings nicht die selben Anforderungen zu stellen wie an die Darlegungen des Arbeitgebers im Prozess. Es gilt der Grundsatz der „subjektiven Determinierung“. Der Betriebsrat ist immer dann ordnungsgemäß angehört worden, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat. Der für die Kündigung maßgebende Sachverhalt muss so genau und umfassend beschrieben werden, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich ein Bild zu machen(Senat 13. Mai 2004 - 2 AZR 329/03 - zu II 4 a der Gründe, BAGE 110, 331, 334; 17. Februar 2000 - 2 AZR 913/98 - zu 2 a der Gründe, BAGE 93, 366, 369 f.).

14

2. Wie das Landesarbeitsgericht im Ansatz zu Recht erkannt hat, widerspricht es dem Sinn und Zweck des Anhörungsverfahrens, dieses zu einem Zeitpunkt einzuleiten, in dem der Arbeitgeber seine Kündigungsabsicht noch nicht verwirklichen will oder kann. Die Anhörung des Betriebsrats erfolgt dann vorzeitig, nämlich in einer Phase, in der die Kündigungsüberlegungen noch unter dem Vorbehalt der weiteren Entwicklung stehen(Senat 27. November 2003 - 2 AZR 654/02 - zu B I der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 136 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 6 - sog. Vorratsanhörung). Eine solche Konstellation liegt beispielsweise vor, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat zu einer Kündigung anhört, deren Ausspruch noch von einer Einigung über einen Interessenausgleich und Sozialplan abhängt (Senat 27. November 2003 - 2 AZR 654/02 - zu B II 2 b der Gründe, aaO). Gleiches gilt, wenn die Betriebsratsanhörung zu einer Kündigung erfolgt, für die ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund (etwa unentschuldigtes Fehlen) noch gar nicht vorliegt, sondern nur erwartet wird. In solchen Fällen kann der Betriebsrat nicht zu einem bestimmten Kündigungssachverhalt Stellung nehmen, sondern sich nur - gleichsam gutachterlich - zu einem teilweise fiktiven Sachverhalt äußern (BAG 19. Januar 1983 - 7 AZR 514/80 - zu I 2 c bb der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 28 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 50; so auch LAG Schleswig-Holstein 28. Juni 1994 - 1 Sa 137/94 - zu II der Gründe, LAGE BetrVG 1972 § 102 Nr. 42 bezüglich einer Anhörung zu einer Kündigung in Abhängigkeit von einer Entschuldigung des Arbeitnehmers wegen eines Fehlverhaltens).

15

3. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Anhörung des Betriebsrats nicht zu beanstanden.

16

a) Im Streitfall stand der Kündigungssachverhalt für beide Alternativen bereits fest. Im Unterschied zu den genannten Fällen sollte jedenfalls eine der beiden Kündigungen auf jeden Fall ausgesprochen werden. Der Entschluss der Beklagten, das Arbeitsverhältnis in seiner bisherigen Form nicht mehr fortzusetzen, stand unter keinerlei Vorbehalt. Die Lage war vergleichbar der bei einer Änderungskündigung: Die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit war entfallen. Ob eine Beschäftigung zu anderen Bedingungen in Betracht käme, hing allein vom Willen der Arbeitnehmerin ab.

17

b) Unter diesen Umständen widerspricht die Anhörung vom 14. Mai 2007 nicht dem Schutzzweck von § 102 Abs. 1 BetrVG. Die Anhörung soll dem Betriebsrat die Möglichkeit eröffnen, in sachgerechter Weise Bedenken gegen die beabsichtigte Kündigung zu erheben, § 102 Abs. 2 Sätze 1 u. 3 BetrVG, und im Fall einer ordentlichen Kündigung Widerspruch einzulegen, § 102 Abs. 3 BetrVG.Dazu bedarf es einer abgeschlossenen Willensbildung des Arbeitgebers. Diese lag hier vor. Damit war der Betriebsrat in der Lage, sich in sachgerechter Weise zum Kündigungssachverhalt zu äußern. Es waren ihm sämtliche die Entscheidung des Arbeitgebers zur Kündigung beeinflussende Informationen zur Verfügung gestellt worden. Der Betriebsrat konnte sich ohne zusätzliche eigene Nachforschungen selbst ein Bild machen und die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe, dh. Betriebsteilübergang und Stilllegung des Rest-Betriebs, prüfen.

18

c) Auf derselben Linie liegt die Rechtsprechung des Senats zur Betriebsratsanhörung bei Kündigungen, die der Zustimmung des Integrationsamts oder der zuständigen Behörde im Bereich Mutterschutz/Elternzeit bedürfen. Auch hier kann die Anhörung des Betriebsrats vor der Durchführung eines solchen Zustimmungsverfahrens erfolgen. Verfolgt der Arbeitgeber nach bereits abgeschlossener Anhörung seine ursprünglich gefasste Kündigungsabsicht weiter und hat sich der Sachverhalt nicht geändert, so muss der Arbeitgeber nach der Erteilung der Zustimmung den Betriebsrat nicht erneut anhören(Senat 11. März 1998 - 2 AZR 401/97 - zu II 2 der Gründe; 18. Mai 1994 - 2 AZR 626/93 - zu B II 2 a der Gründe, AP BPersVG § 108 Nr. 3 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 31; BAG 1. April 1981 - 7 AZR 1003/78 - zu II 1 der Gründe, BAGE 35, 190). In dieser Konstellation hat die Zustimmung des Integrationsamts/der zuständigen Behörde keinen inhaltlichen Einfluss auf die Kündigungsentscheidung des Arbeitgebers, so dass der Betriebsrat entsprechend dem Schutzzweck des § 102 Abs. 1 BetrVG auch ohne Kenntnis der Entscheidung des Integrationsamts/der Behörde zur Kündigungsabsicht Stellung nehmen kann.

19

d) Die Zulässigkeit der Anhörung unter einer Rechtsbedingung ist ebenfalls anerkannt. So kann der Betriebsrat zu einer vorsorglichen weiteren Kündigung angehört werden, die für den Fall der Rechtsunwirksamkeit der früheren Kündigung erklärt wird. Dies darf zu einem Zeitpunkt geschehen, in dem die Wirksamkeit der ersten Kündigung noch nicht abschließend festgestellt ist.

20

e) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts liegt in der Ausübung des Widerspruchs durch die Klägerin keine wesentliche Änderung der Umstände, die eine erneute Anhörung des Betriebsrats erforderlich gemacht hätte(so Senat 26. Mai 1977 - 2 AZR 201/76 - zu I 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 14 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 30). Wie die Beklagte auf diese Entscheidung der Klägerin reagieren würde, hatte sie dem Betriebsrat gerade - ohne sich eine Alternative vorzubehalten - mitgeteilt.

21

f) Auch die Wochenfrist zur Stellungnahme wurde nicht in unzumutbarer Weise abgekürzt. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Beklagten, dh. eine gezielte Beeinträchtigung des Betriebsrats mit einem in der Kürze der Zeit nicht zu erfassenden Kündigungssachverhalt unter Übergehung seiner Beteiligungsrechte kann hier schon deshalb nicht angenommen werden, weil der Kündigungssachverhalt für beide Alternativen nahezu identisch ist(Betriebsteilübergang und Stilllegung des Betriebs in H).

22

II. Ob die Kündigung - wie von der Beklagten geltend gemacht - durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG gerechtfertigt ist, steht noch nicht fest. Das Landesarbeitsgericht hat dazu keine Feststellungen getroffen, die eine Sachentscheidung ermöglichen würden, § 72 Abs. 5 ArbGG, § 563 Abs. 3 ZPO. Dies wird es nachzuholen haben.

        

    Kreft    

        

    Eylert    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Söller    

        

    A. Claes    

        

        

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 24. Juli 2008 - 7 Sa 33/08 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, aus betrieblichen Gründen ausgesprochenen Kündigung.

2

Die Klägerin trat Anfang des Jahres 2000 in die Dienste der beklagten Lebensversicherung. Sie war zuletzt als Sachbearbeiterin in der Abteilung Organisationsservice/Vertrieb tätig und Mitglied des dort gebildeten Betriebsrats. Im Frühjahr 2006 kam es zu einer umfangreichen Neuordnung innerhalb der Unternehmensgruppe, der die Beklagte angehört.

3

Mit Schreiben vom 24. April 2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Hauptverwaltungen im Bereich „Leben“ würden am Standort K der H Leben Betriebsservice GmbH gebündelt. Die Vertriebsaktivitäten „Freie Vermittler“ und die zentralen Vertriebsfunktionen würden in der H Leben Vertriebsservice AG zusammengeführt. Deshalb erhalte die Klägerin ein Vertragsangebot zur Weiterbeschäftigung am Standort K und zur damit verbundenen Übernahme ihres Arbeitsverhältnisses durch die H Leben Vertriebsservice AG. Mit Schreiben vom 21. Mai 2007 widersprach die Klägerin dem angezeigten Betriebsübergang.

4

Mit Schreiben vom 14. Mai 2007, dem Betriebsratsvorsitzenden am 21. Mai 2007 übergeben, hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat an. In dem Schreiben heißt es ua.:

        

„... im Zuge der beabsichtigten Zusammenführung der Betriebs- und Zentralfunktionen bzw. der Vertriebsfunktionen ... beabsichtigen wir, [der Klägerin] die ordentliche, betriebsbedingte Änderungskündigung ihres durch Betriebsteilübergang auf die H übergegangenen Arbeitsverhältnisses ... unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Quartalsende mit Wirkung zum 31.12.2007 ... auszusprechen. Sollte [die Klägerin] dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die H noch im Laufe der Widerspruchsfrist wirksam widersprechen, werden wir statt der Änderungs- eine Beendigungskündigung aussprechen müssen, ... . Zu diesen Kündigungen hören wir Sie hiermit an.

        

...

        

2.2 … Ein Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses liegt bisher nicht vor, jedoch hat [die Klägerin] noch die Möglichkeit zum Widerspruch, da die Widerspruchsfrist noch nicht abgelaufen ist. Ob ein Widerspruch erfolgen wird, ist derzeit noch nicht absehbar.

        

...

        

2.3 Das weitere Vorgehen bestimmt sich daher in Abhängigkeit davon, ob ein Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses infolge des Betriebsteilüberganges erfolgt oder nicht, wie folgt:

        

...“

5

Am 24. Mai 2007 widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung. Am 30. Mai 2007 zeigte die Beklagte gegenüber der Agentur für Arbeit die geplanten Massenentlassungen an.

6

Mit Schreiben vom 5. Juni 2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 31. Dezember 2007.

7

Die Klägerin ist der Auffassung, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt, da es noch über den 31. Dezember 2007 hinaus Beschäftigungsmöglichkeiten bei der Beklagten für sie gebe. Der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden, weil die Beklagte im Rahmen des Anhörungsverfahrens offengelassen habe, ob sie im Ergebnis eine Änderungs- oder eine Beendigungskündigung aussprechen werde.

8

Die Klägerin hat - soweit noch von Interesse - beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben vom 5. Juni 2007 erklärte Kündigung der Beklagten nicht aufgelöst ist.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Kündigung sei aus betrieblichen Gründen sozial gerechtfertigt. Die Anhörung des Betriebsrats sei nicht zu beanstanden.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr, soweit noch rechtshängig, stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte, die erstinstanzliche Entscheidung wiederherzustellen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Anders als dieses angenommen hat, ist die Kündigung nicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam (I.). Ob sie sozial gerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 2 KSchG ist, steht noch nicht fest (II.).

12

I. Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung anzuhören. Nach Satz 3 der Norm ist eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung unwirksam.

13

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Kündigung nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG nicht nur dann unwirksam, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Betriebsrat überhaupt zu beteiligen, sondern auch dann, wenn er ihn nicht richtig beteiligt hat, vor allem seiner Unterrichtungspflicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG nicht ausreichend nachgekommen ist. An die Mitteilungspflicht im Anhörungsverfahren sind allerdings nicht die selben Anforderungen zu stellen wie an die Darlegungen des Arbeitgebers im Prozess. Es gilt der Grundsatz der „subjektiven Determinierung“. Der Betriebsrat ist immer dann ordnungsgemäß angehört worden, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat. Der für die Kündigung maßgebende Sachverhalt muss so genau und umfassend beschrieben werden, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich ein Bild zu machen(Senat 13. Mai 2004 - 2 AZR 329/03 - zu II 4 a der Gründe, BAGE 110, 331, 334; 17. Februar 2000 - 2 AZR 913/98 - zu 2 a der Gründe, BAGE 93, 366, 369 f.).

14

2. Wie das Landesarbeitsgericht im Ansatz zu Recht erkannt hat, widerspricht es dem Sinn und Zweck des Anhörungsverfahrens, dieses zu einem Zeitpunkt einzuleiten, in dem der Arbeitgeber seine Kündigungsabsicht noch nicht verwirklichen will oder kann. Die Anhörung des Betriebsrats erfolgt dann vorzeitig, nämlich in einer Phase, in der die Kündigungsüberlegungen noch unter dem Vorbehalt der weiteren Entwicklung stehen(Senat 27. November 2003 - 2 AZR 654/02 - zu B I der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 136 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 6 - sog. Vorratsanhörung). Eine solche Konstellation liegt beispielsweise vor, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat zu einer Kündigung anhört, deren Ausspruch noch von einer Einigung über einen Interessenausgleich und Sozialplan abhängt (Senat 27. November 2003 - 2 AZR 654/02 - zu B II 2 b der Gründe, aaO). Gleiches gilt, wenn die Betriebsratsanhörung zu einer Kündigung erfolgt, für die ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund (etwa unentschuldigtes Fehlen) noch gar nicht vorliegt, sondern nur erwartet wird. In solchen Fällen kann der Betriebsrat nicht zu einem bestimmten Kündigungssachverhalt Stellung nehmen, sondern sich nur - gleichsam gutachterlich - zu einem teilweise fiktiven Sachverhalt äußern (BAG 19. Januar 1983 - 7 AZR 514/80 - zu I 2 c bb der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 28 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 50; so auch LAG Schleswig-Holstein 28. Juni 1994 - 1 Sa 137/94 - zu II der Gründe, LAGE BetrVG 1972 § 102 Nr. 42 bezüglich einer Anhörung zu einer Kündigung in Abhängigkeit von einer Entschuldigung des Arbeitnehmers wegen eines Fehlverhaltens).

15

3. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Anhörung des Betriebsrats nicht zu beanstanden.

16

a) Im Streitfall stand der Kündigungssachverhalt für beide Alternativen bereits fest. Im Unterschied zu den genannten Fällen sollte jedenfalls eine der beiden Kündigungen auf jeden Fall ausgesprochen werden. Der Entschluss der Beklagten, das Arbeitsverhältnis in seiner bisherigen Form nicht mehr fortzusetzen, stand unter keinerlei Vorbehalt. Die Lage war vergleichbar der bei einer Änderungskündigung: Die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit war entfallen. Ob eine Beschäftigung zu anderen Bedingungen in Betracht käme, hing allein vom Willen der Arbeitnehmerin ab.

17

b) Unter diesen Umständen widerspricht die Anhörung vom 14. Mai 2007 nicht dem Schutzzweck von § 102 Abs. 1 BetrVG. Die Anhörung soll dem Betriebsrat die Möglichkeit eröffnen, in sachgerechter Weise Bedenken gegen die beabsichtigte Kündigung zu erheben, § 102 Abs. 2 Sätze 1 u. 3 BetrVG, und im Fall einer ordentlichen Kündigung Widerspruch einzulegen, § 102 Abs. 3 BetrVG.Dazu bedarf es einer abgeschlossenen Willensbildung des Arbeitgebers. Diese lag hier vor. Damit war der Betriebsrat in der Lage, sich in sachgerechter Weise zum Kündigungssachverhalt zu äußern. Es waren ihm sämtliche die Entscheidung des Arbeitgebers zur Kündigung beeinflussende Informationen zur Verfügung gestellt worden. Der Betriebsrat konnte sich ohne zusätzliche eigene Nachforschungen selbst ein Bild machen und die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe, dh. Betriebsteilübergang und Stilllegung des Rest-Betriebs, prüfen.

18

c) Auf derselben Linie liegt die Rechtsprechung des Senats zur Betriebsratsanhörung bei Kündigungen, die der Zustimmung des Integrationsamts oder der zuständigen Behörde im Bereich Mutterschutz/Elternzeit bedürfen. Auch hier kann die Anhörung des Betriebsrats vor der Durchführung eines solchen Zustimmungsverfahrens erfolgen. Verfolgt der Arbeitgeber nach bereits abgeschlossener Anhörung seine ursprünglich gefasste Kündigungsabsicht weiter und hat sich der Sachverhalt nicht geändert, so muss der Arbeitgeber nach der Erteilung der Zustimmung den Betriebsrat nicht erneut anhören(Senat 11. März 1998 - 2 AZR 401/97 - zu II 2 der Gründe; 18. Mai 1994 - 2 AZR 626/93 - zu B II 2 a der Gründe, AP BPersVG § 108 Nr. 3 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 31; BAG 1. April 1981 - 7 AZR 1003/78 - zu II 1 der Gründe, BAGE 35, 190). In dieser Konstellation hat die Zustimmung des Integrationsamts/der zuständigen Behörde keinen inhaltlichen Einfluss auf die Kündigungsentscheidung des Arbeitgebers, so dass der Betriebsrat entsprechend dem Schutzzweck des § 102 Abs. 1 BetrVG auch ohne Kenntnis der Entscheidung des Integrationsamts/der Behörde zur Kündigungsabsicht Stellung nehmen kann.

19

d) Die Zulässigkeit der Anhörung unter einer Rechtsbedingung ist ebenfalls anerkannt. So kann der Betriebsrat zu einer vorsorglichen weiteren Kündigung angehört werden, die für den Fall der Rechtsunwirksamkeit der früheren Kündigung erklärt wird. Dies darf zu einem Zeitpunkt geschehen, in dem die Wirksamkeit der ersten Kündigung noch nicht abschließend festgestellt ist.

20

e) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts liegt in der Ausübung des Widerspruchs durch die Klägerin keine wesentliche Änderung der Umstände, die eine erneute Anhörung des Betriebsrats erforderlich gemacht hätte(so Senat 26. Mai 1977 - 2 AZR 201/76 - zu I 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 14 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 30). Wie die Beklagte auf diese Entscheidung der Klägerin reagieren würde, hatte sie dem Betriebsrat gerade - ohne sich eine Alternative vorzubehalten - mitgeteilt.

21

f) Auch die Wochenfrist zur Stellungnahme wurde nicht in unzumutbarer Weise abgekürzt. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Beklagten, dh. eine gezielte Beeinträchtigung des Betriebsrats mit einem in der Kürze der Zeit nicht zu erfassenden Kündigungssachverhalt unter Übergehung seiner Beteiligungsrechte kann hier schon deshalb nicht angenommen werden, weil der Kündigungssachverhalt für beide Alternativen nahezu identisch ist(Betriebsteilübergang und Stilllegung des Betriebs in H).

22

II. Ob die Kündigung - wie von der Beklagten geltend gemacht - durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG gerechtfertigt ist, steht noch nicht fest. Das Landesarbeitsgericht hat dazu keine Feststellungen getroffen, die eine Sachentscheidung ermöglichen würden, § 72 Abs. 5 ArbGG, § 563 Abs. 3 ZPO. Dies wird es nachzuholen haben.

        

    Kreft    

        

    Eylert    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Söller    

        

    A. Claes    

        

        

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.