Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Dez. 2017 - 5 Sa 354/17

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:1207.5Sa354.17.00
bei uns veröffentlicht am07.12.2017

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 7. Juni 2017, Az. 4 Ca 246/17, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die zutreffende Vergütung der Klägerin.

2

Die 1977 geborene Klägerin ist ausgebildete Industriekauffrau und geprüfte Industriefachwirtin. Sie ist seit dem 01.06.2008 im Werk O. der Beklagten als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Die Beklagte produziert in diesem Werk medizinische Spezialnahrung; sie beschäftigt dort ca. 350 Arbeitnehmer. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge der Feinkost-, Nährmittel- und Teigwarenindustrie in Hessen und Rheinland-Pfalz Anwendung. Im Manteltarifvertrag (MTV) vom 26.10.2001 ist auszugsweise folgendes geregelt:

3

"§ 7 Entgeltbestimmungen

4

...
3. Für die Einstufung in eine Lohn- und Gehaltsgruppe (Bewertungsgruppe) ist der Wert der Arbeit, der Schwierigkeitsgrad und die Art der ausführenden Tätigkeit entscheidend. Die Eingruppierung erfolgt durch die Betriebsleitung unter Mitwirkung und Mitbestimmung des Betriebsrates.
...

5

§ 20 Jahressondervergütung

6

1. Arbeitnehmer, die am 1. Dezember eines Kalenderjahres eine ununterbrochene Betriebszugehörigkeit von 11 Monaten haben und die an diesem Tag in ungekündigtem Arbeitsverhältnis stehen, erhalten eine Jahressondervergütung. Die Jahressondervergütung beträgt 110 % des tariflichen Monatsentgeltes bzw. der Vergütung für Auszubildende als Mindestbetrag.
...

7

3. Bei der Berechnung des tariflichen Monatsentgeltes sind die für jeden einzelnen Berechtigten jeweils am 1.12. des Auszahlungsjahres geltenden tariflichen Entgelte bzw. Ausbildungsvergütungen zugrunde zulegen.
...

8

9. Die Jahressonderzahlung ist, soweit im Einverständnis mit dem Betriebsrat nicht anderes vereinbart, mit dem Entgelt für den Monat November auszuzahlen.
...

9

§ 22 Ausschlussfrist

10

Gegenseitige Ansprüche gelten als verwirkt, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis geltend gemacht werden."

11

Im Gehaltsgruppenverzeichnis, das noch aus dem Jahr 1972 stammt, sind sechs Gehaltsgruppen für kaufmännische Angestellte (K 1 bis K 6) geregelt. Diese gliedern sich in Stichworten wie folgt:

12

I. Ohne Berufsausbildung

13

K 1     

Mechanische Tätigkeiten

14

II. Mit Berufsausbildung oder tariflich Gleichgestellte

15

K 2     

Einfache kaufmännische Tätigkeit mit Berufsausbildung

K 3     

Fortgeschrittene Fachkenntnisse und Leistungen

K 4     

Schwierige Arbeiten, selbständig

K 5     

Selbständig, umfangreiche Spezialkenntnisse

K 6     

Disponenten

16

Die Klägerin ist in Gehaltsgruppe K 4 eingruppiert. Zusätzlich zum Tarifgehalt gewährt ihr die Beklagte eine Zulage iHv. € 250,00 monatlich. Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage eine Höhergruppierung in Gehaltsgruppe K 6, hilfsweise K 5. Die monatlichen Gehälter betragen nach dem Gehaltstarifvertrag in der Ortsklasse I:

17
        

K 4     

K 5     

K6    

ab 01.04.2016

€ 4.043,50

€ 4.627,50

€ 5.215,50

ab 01.06.2017

€ 4.140,50

€ 4.738,50

€ 5.340,50

18

In einem Zwischenzeugnis aus dem Monat Januar 2012, auf das sich die Klägerin zur Tätigkeitsdarstellung bezieht, heißt es auszugsweise:

19

"[Die Klägerin] trat am 1. Juni 2008 in unser Unternehmen ein. Seither wird sie als Sachbearbeiterin in der Abteilung Einkauf eingesetzt.
...

20

Das Aufgabengebiet [der Klägerin] umfasst im Wesentlichen:

21

- Disposition und Beschaffung der Verpackungsmaterialien unseres Werkes
- Abstimmung der Zulieferungen unserer Lieferanten mit direktem Kontakt zu den Lieferanten
- Lieferterminplanung in enger Koordination mit unserem Zentral-Einkauf auf nationaler und internationaler Ebene
- Vertretungsweise Übernahme der Disposition der Rohstoff-Beschaffung
- Enge Zusammenarbeit mit der Logistik, insbesondere Warenannahme bei internen und externen Logistikpartnern
- Umfassendes Know-how in sämtlichen Buchungsvorgängen innerhalb SAP bzgl. Disposition
- Führen und Auswerten von Statistiken und Reports zur Erfassung und Verfolgung von Kennzahlen.
..."

22

In einem weiteren Zwischenzeugnis aus dem Monat August 2015 heißt es:

23

"[Die Klägerin] ist seit dem 1. Juni 2008 als Sachbearbeiterin Disposition in unserem Unternehmen beschäftigt. Für den Zeitraum vom 1. Juni 2008 bis zum 31. Januar 2012 liegt ein separates Zwischenzeugnis vor.
...

24

Das Aufgabengebiet [der Klägerin] umfasst im Wesentlichen:

25

- Auswertung für den Einkauf
- Verantwortung für die Packmittel-Disposition
- Bestellanforderungen im System umwandeln, Bestellkontrakt-Mengen zusammenstellen und kommunizieren
- Bestellung bis zum Wareneingang verfolgen (Terminverantwortlichkeit)
- Pflegen des Materialstamms SAP R3 der Disposichten
- Ein- und Auslaufsteuerung von Packmaterial
- Lieferantenbewertungen

26

...
Unter anderem hat [die Klägerin] die Abläufe mit dem Lieferanten G. sehr erfolgreich optimiert und hat die Rate der Direktanlieferung auf 65 % erhöht. Zudem hat sie die Einführung von FIC und dem Austausch aller Packmittel mitgestaltet.
..."

27

Mit dem Klageantrag zu 1) verlangte die Klägerin erstinstanzlich zuletzt Entgeltdifferenzen für neun Monate von September 2016 bis einschließlich Mai 2017 zwischen den Gehaltsgruppen K 4 und K 6, hilfsweise K 4 und K 5 nebst Zinsen. Mit ihrem Klageantrag zu 4) machte sie eine entsprechend höhere Jahressondervergütung für 2016 geltend. Mit ihrem Klageantrag zu 3) verlangte sie die 40-Euro-Verzugspauschale des § 288 Abs. 5 BGB für neun Monate. Mit ihrem Klageantrag zu 2) begehrte sie die Feststellung eines Vergütungsanspruchs nach Gehaltsgruppe K 6, hilfsweise K 5.

28

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

29

die Beklagte zu verurteilen,

30

1. an sie € 10.548,00 brutto zuzüglich Zinsen aus jeweils € 1.172,00 seit dem 01.10., 01.11., 01.12.2016, 01.01., 01.02., 01.03., 01.04., 01.05. und 01.06.2017 zu zahlen,

31

hilfsweise

32

an sie € 5.256,00 brutto zuzüglich Zinsen aus jeweils € 584,00 seit dem 01.10., 01.11., 01.12.2016, 01.01., 01.02., 01.03., 01.04., 01.05. und 01.06.2017 zu zahlen,

33

2. sie in die Gehaltsgruppe K 6, Ortsklasse I des Gehaltstarifvertrags für die Nährmittelindustrie Hessen und Rheinland-Pfalz einzugruppieren und die entsprechende Vergütung fortlaufend zu zahlen,

34

hilfsweise

35

sie in die Gehaltsgruppe K 5, Ortsklasse I des Gehaltstarifvertrags für die Nährmittelindustrie Hessen und Rheinland-Pfalz einzugruppieren und die entsprechende Vergütung fortlaufend zu zahlen,

36

3. an sie weitere € 360,00 netto zu zahlen,

37

4. an sie € 1.289,20 brutto, hilfsweise € 642,40 brutto, zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2016 zu zahlen.

38

Die Beklagte hat beantragt,

39

die Klage abzuweisen.

40

Von einer weiteren Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 07.06.2017 Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 07.06.2017 Bezug genommen. Gegen das am 06.07.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 01.08.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 05.09.2017 eingegangenen Schriftsatz begründet.

41

Zweitinstanzlich erweitert die Klägerin den Klageantrag zu 1) auf Entgeltdifferenzen für zwölf Monate von September 2016 bis einschließlich August 2017. Den erstinstanzlichen Klageantrag zu 3) nummeriert sie zweitinstanzlich als Klageantrag zu 4) neu und erweitert ihn auf zwölf Verzugspauschalen. Den Klageantrag zu 4) auf eine höhere Jahressondervergütung 2016 stellt sie zweitinstanzlich als Klageantrag zu 3). Den Klageantrag zu 5) stellt sie äußerst hilfsweise neu.

42

Mit ihrer Berufungsbegründung vom 05.09.2017 macht die Klägerin zur tariflichen Eingruppierung geltend, das Arbeitsgericht habe ihren Sachvortrag nicht hinreichend gewürdigt und die Voraussetzungen für eine Höhergruppierung zu Unrecht verneint. Die Regelbeispiele des vorliegenden Tarifwerks aus dem Jahr 1972 seien wenig tauglich bis untauglich, eine rund 45 Jahre nach deren Aufstellung ausgeübte Tätigkeit zu umschreiben. Bereits die Beschreibung ihres Aufgabengebiets im Zwischenzeugnis aus dem Jahr 2012 indiziere, dass sie "hochwertige Tabellierarbeiten" ("Führen und Auswerten von Statistiken und Reports") selbstständig verrichte. Dies werde untermauert durch ihr Zwischenzeugnis aus dem Jahr 2015. Das Arbeitsgericht habe Vortrag dazu vermisst, welche "kaufmännischen Spezialkenntnisse" für ihre Tätigkeit erforderlich seien. Es habe insoweit die Prüfung, ob Regelbeispiele verwirklicht seien, mit der Prüfung allgemeiner Tätigkeitsmerkmale vermengt. Ihr Vortrag belege, dass sie die beiden Regelbeispiele "Korrespondenten mit Verfügungsbefugnis" und "hochwertige Tabellierarbeiten" erfülle. Gestützt werde dies durch ihren weiteren Vortrag, dass sie nicht automatisierte SAP-Vorgänge abarbeite, sondern durch händische Eingaben aktiven Einfluss auf die tatsächlichen Abläufe nehme. Dies seien "hochwertige" (= K 5) und nicht bloß "selbständige" (= K 4) Tabellierarbeiten. Das Arbeitsgericht habe als unstreitig angesehen, dass sie das SAP R/3-System über automatisierte Materialbedarfsberechnung verwende, und das System selbst anhand von Bedarfen und Beständen die anzufordernden Mengen errechne. Das sei aber Parteivortrag der Beklagten. Mit ihrem Vortrag, es gebe eine innerbetriebliche Stellenausschreibung für eine/n "Assistent/in im Engineering Projekt Osthofen", diese Stelle - mit letztlich einfachen Sekretär/innenaufgaben - solle mit K 3 bis K 4 dotiert werden, habe sich das Arbeitsgericht nicht beschäftigt. Die Beklagte habe mit dieser Ausschreibung zu verstehen gegeben, dass sie in die Gehaltsgruppe K 4 Beschäftigte eingruppieren wolle, die lediglich Routinearbeiten nach allgemeinen Anweisungen ausführten. Die von ihr ausgeübten Tätigkeiten höben sich in erheblichem Maße heraus. Wollte man ihre Tätigkeit nicht unter die genannten Regelbeispiele subsumieren, dann sei zu fragen, ob sie als kaufmännische Angestellte nur "schwierige Arbeiten selbstständig und unter eigener Verantwortung erledige und nur allgemeine Anweisungen erhalte" (dann K 4) oder, ob sie "selbstständige kaufmännische Tätigkeit" verrichte, die "umfangreiche kaufmännische Spezialkenntnisse und praktische Erfahrungen" erfordern (dann K 5). Ihre "kaufmännischen Spezialkenntnisse" seien zum einen in ihrem sehr fundierten Wissen im Umgang mit der verwendeten Software SAP R/3 zu sehen. Diese Spezialkenntnisse erschöpften sich nicht in der korrekten Bedienung der Software. Vielmehr - und dazu bedürfe es umfangreicher praktischer Erfahrungen bezüglich der Abläufe bei der Beklagten - müssten eine Vielzahl händischer Korrekturen vorgenommen werden. Diese Tätigkeit erschöpfe sich nicht in der bloßen Eingabe anderer Daten. Sie verweise auf ihren erstinstanzlichen Vortrag aus dem das Arbeitsgericht lediglich das Beispiel herausgegriffen habe, dass das System nicht berücksichtige, wie viele Paletten mindestens bestellt werden müssen. Das Arbeitsgericht habe ihren Vortrag damit in unzulässiger Weise verkürzt. Zum anderen bedinge ihre Tätigkeit eine enge Abstimmung mit anderen Abteilungen wie Einkauf, Qualitätssicherung, SNP (Supply Network Planning) und Lager sowie mit den verschiedenen Lieferanten. Das Arbeitsgericht habe schließlich ausgeführt, es sei unerheblich, ob sie mit ihrer Tätigkeit Kosten einspare bzw. Verluste vermeide, weil der Tarifvertrag darauf nicht abstelle. Auch dies sei unzutreffend, denn die Kostenverantwortung erfordere die vorbezeichneten kaufmännischen und auf die Besonderheiten im Werk der Beklagten abgestimmten durch umfangreiche praktische Erfahrungen erworbenen Spezialkenntnisse.

43

Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts könne sie ihr Höhergruppierungsbegehren auch auf die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes stützen. Die tarifliche Vergütungsordnung sorge im "Team Disposition" nicht für Gleichbehandlung. Das "Team Disposition" stelle eine abgrenzbare Gruppe von Beschäftigten dar. Es bestehe neben ihr aus den Mitarbeitern W., G. und (nur teilweise) F.. Die Vergleichsgruppe bestehe somit aus drei Personen. W. sei Disponent für Rohstoffe und verantworte ca. 335 Artikel. G. sei Disponentin für Packmittel, Faltschachteln und Folien und verantworte ca. 185 Artikel. Sie sei Disponentin für Packmittel, Dosen, Etiketten, Umkartons, Flaschen, Löffel, sie verantworte ca. 630 Artikel. W. sei gelernter Groß- und Einzelhandelskaufmann und seit ca. 15 Jahren in der Disposition beschäftigt. Er sei in die Gehaltsgruppe K 5 eingruppiert und erhalte eine übertarifliche Zulage von monatlich € 150,00, obwohl er weniger Artikel verantworte als sie und keine Verantwortung für Kontraktmengen trage, weil diese im Bereich "Raw Materials" durch den Einkauf in Frankfurt ermittelt würden. G. sei - wie sie - gelernte Industriekauffrau mit Weiterbildung zur Industriefachwirtin. Sie sei vor ca. zwei Jahren mit 50 % ihrer Arbeitszeit in die Disposition gekommen und werde nach K 5 vergütet, zuzüglich einer übertariflichen Zulage von € 250,00 monatlich. Sie verwalte noch einmal deutlich weniger Artikel als sie. Auf Nachfrage sei dem Betriebsrat erklärt worden, die unterschiedliche Vergütung habe "historische Gründe" und stamme noch aus "Novartis-Zeiten"; die Mitarbeiter seien versehentlich zu hoch eingruppiert worden. Die Beklagte habe dies erstinstanzlich bestätigt und behauptet, die beiden Mitarbeiter genössen Bestandsschutz, ohne dies näher auszuführen. Der Beklagten sei unbenommen, die beiden Mitarbeiter korrigierend in die Gehaltsgruppe K 4 rückzugruppieren. Dies habe sie nicht getan, sondern beiden Mitarbeitern, und zwar zu "N.-Zeiten", sogar noch zusätzliche außertarifliche Zulagen gewährt. Nach der Rechtsprechung (LAG Hamm 06.03.2007 - 12 Sa 1317/06 - Rn. 115) bestehe deshalb ein Anspruch auf Gleichbehandlung. Wenn die Beklagte W. und G. bewusst nicht in die Gehaltsgruppe K 4 eingruppiere, dann habe sie einen Anspruch darauf, ebenfalls falsch in die Gehaltsgruppe K 5 eingruppiert zu werden, jedenfalls aber eine entsprechende Vergütung zu erhalten. Die Vermutung, die die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei Vorhandensein einer tariflichen Vergütungsordnung rechtfertigen solle, nämlich, dass diese aus sich selbst heraus für Gleichbehandlung sorge, sei offensichtlich widerlegt. Sie sei weiter dadurch widerlegt, dass die Beklagte oberhalb der Gehaltsgruppe K 4 überhaupt keine tarifliche Eingruppierung mehr vornehme, sondern bspw. alle Teamleiter außertariflich vergüte, obwohl diese nach den tariflichen Regelbeispielen als "Abteilungsleiter" anzusehen seien. Aus den vorgenannten Gründen sei es auch geboten, die Mitarbeiter des "Teams Disposition" - wie den früheren Disponenten L. - sogar in die Gehaltsgruppe K 6 einzugruppieren. Das "Team Disposition" habe seinerzeit ausschließlich aus L. bestanden. Da dieser nach wie vor in Gehaltsgruppe K 6 eingruppiert sei, hätte die Beklagte darlegen müssen, inwieweit sich dessen damalige Tätigkeit aus derjenigen der heutigen "Disponenten" im Sinne höherer Anforderungen/Qualifikationen heraushebe. Für die Gehaltsgruppe K 6 gebe es keine Regelbeispiele. Die Tätigkeitsmerkmale bauten aber - anders als in den Gehaltsgruppen K 1 bis K 5 - nicht erkennbar aufeinander auf. Vorausgesetzt werde lediglich eine "Tätigkeit in verantwortlicher Stellung mit Dispositionsbefugnis". Bereits aus ihrer Stellenbeschreibung vom 22.09.2008, die vom damaligen Werksleiter abgezeichnet worden sei, ergebe sich, dass sie "Disponentin" und nicht "Sachbearbeiterin Disposition" sei. Mit einem Anspruch, mit dem früheren Stelleninhaber gleichbehandelt zu werden, habe sich das Arbeitsgericht nicht auseinandergesetzt.

44

In ihrem Schriftsatz vom 06.12.2017 führt die Klägerin aus, entgegen der Darlegung der Beklagten implementiere sie durchaus Statistiken und aktualisiere diese monatlich, sie geben nicht lediglich bereitgestelltes Material in die Datenbank ein. Hinsichtlich der Lieferantenbewertung verhalte es sich so, dass der Zentraleinkauf lediglich die Auswertungen der von den Disponenten erhobenen Daten zusammenfasse. Sie nehme die inhaltliche Bewertung vor, diese Ergebnisse nutze der Einkauf für die Auswertung, wobei die dortige Aufgabe im Wesentlichen nur in der Zusammenführung der maßgeblichen und von den Disponenten erstellten Bewertungsdaten bestehe. Was die beispielhaft angeführte Bewertung des Lieferanten G. anbelange, könne der von der Beklagten benannte Zeuge Dr. Sch. zu ihrer Rolle nichts aussagen, denn der Zeuge sei erst im November 2015 in das Unternehmen eingetreten, das vorgelegte Zwischenzeugnis habe sie bereits im August 2015 erhalten. Es treffe also nicht zu, dass sie "lediglich mitgestaltet" habe, jedoch "nicht federführend". Unzutreffend sei weiter die Behauptung der Beklagten, sie leite keine Projekte. Aktuell habe sie als Projektleiterin das Projekt "Beutel für Vitaminmischungen" abgeschlossen. Die Projekte "P." und "A.-Etikett" stünden vor dem Abschluss. Es treffe nicht zu, dass die von ihr in SAP vorzunehmenden Korrekturen sich allein in der Korrektur von Lieferantennamen erschöpften. Sie habe bereits vorgetragen, welche umfangreichen Änderungen sie ua. unter Zuhilfenahme hierfür generierter Excel-Listen vornehmen müsse.

45

Entgegen der Ansicht der Beklagten sei es eine besondere Leistung, wenn sie Einsparungsmöglichkeiten im Produktions- oder Verwaltungsaufwand erkenne und umsetze. In der Rahmenvereinbarung zwischen dem Gesamtbetriebsrat und der Geschäftsleitung zur Honorierung von Verbesserungsvorschlägen, die in anderen Werken auch gelebt werde, erhalte ein Einreicher für einen Verbesserungsvorschlag mit messbaren Ergebnis 25 % der Nettoersparnis eines Jahres, was in ihrem Fall einen Betrag von ca. € 15.000,00 bedeutet hätte. Auf wiederholtes Insistieren habe sie lediglich einen Gutschein im Wert von € 150,00 erhalten.

46

Schließlich habe die Beklagte dadurch, dass sie die Disponenten W. und G. in die Gehaltsgruppe K 5 eingruppiert und dort belassen habe, zum Ausdruck gebracht, dass sie diese Disponententätigkeit als "K 5-wertig" erachte. Da sie mindestens die gleichen Arbeiten erledige und den gleichen Anforderungen genüge, sei sie auch entsprechend einzugruppieren. Sie habe bereits vorgetragen, dass sie im Wesentlichen die gleichen Grundaufgaben habe wie W. und G., die unstreitig in die Gehaltsgruppe K 5 eingruppiert seien. Dies habe die Beklagte nicht bestritten, sondern sich darauf zurückgezogen, diese Mitarbeiter seien aus irreversiblen historischen Gründen höher eingruppiert.

47

Zwischenzeitlich habe die Beklagte die Abteilungen Disposition und Produktionsplanung als Abteilung "Production Planning & Intermarket Supply" zusammengefasst, deren Leiter Dr. Sch. sei. Diesem seien insgesamt sieben Mitarbeiter unterstellt, von denen fünf in die Gehaltsgruppe K 5 eingruppiert seien. Darüber hinaus erhielten die Mitarbeiter auch noch individuelle Zulagen. Der Arbeitnehmer D. sei zwar - wie sie - nur in die Gehaltsgruppe K 4 eingruppiert, er erhalte aber eine Zulage von € 700,00 mit der Folge, dass er um € 102,00 über dem K 5-Gehalt liege. Der Mitarbeiter W. sei entgegen der Behauptung der Beklagten, nach den ihr vom Betriebsrat zur Verfügung gestellten SAP-Ausdrucken, nicht zu "No.-Zeiten", sondern bereits zu "N.-Zeiten" nach einer Beschäftigungszeit von nur drei Monaten von K 4 in K 5 hochgestuft worden. Sie sei dagegen für die gleiche Tätigkeit zum 01.05.2012 von K 3 nach K 4 hochgestuft worden. Seither erhalte sie lediglich eine Zulage von zunächst € 100,00, seit dem 01.04.2014 von € 250,00. Nach alledem bewerte die Beklagte die Tätigkeiten in der Abteilung, insbesondere in der Disposition so, dass diese grundsätzlich in K 5 einzugruppieren seien. Dies habe keine historischen Gründe. Die Beklagte habe keine Umstände vorgetragen, weshalb sie gehindert sei, ihre Kollegen, die für die gleiche Tätigkeit eine Stufe höher eingruppiert seien, zurückzustufen. Einen vergleichbaren Fall habe das Bundesarbeitsgericht (BAG 27.01.1999 - 4 AZR 52/98) bereits entschieden. Die Beklagte habe sich aus der Kombination von willkürlicher Eingruppierung und "freiwilliger" individueller Zulage quasi eine eigene, von der tariflichen Regelung losgelöste Vergütungsordnung geschaffen, die immerhin einheitlich erkennen lasse, dass die Beschäftigten in der Abteilung "Production Planning & Intermarket Supply" - bis auf sie - mindestens mit einem Tarifgehalt nach K 5 zzgl. € 100,00 nach Hause gingen. Dies sei tarifwidrig, offensichtlich willkürlich und verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Deshalb stelle sie nunmehr auch äußerst hilfsweise ihren neuen Klageantrag zu 5).

48

Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,

49

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 07.06.2017, Az. 4 Ca 246/17, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

50

1. an sie € 14.064,00 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 1.172,00 seit dem 01.10., 01.11., 01.12.2016, 01.01., 01.02., 01.03., 01.04., 01.05., 01.06., 01.07., 01.08. und 01.09.2017 zu zahlen,

51

hilfsweise

52

an sie € 7.008,00 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 584,00 seit dem 01.10., 01.11., 01.12.2016, 01.01., 01.02., 01.03., 01.04., 01.05., 01.06., 01.07., 01.08. und 01.09.2017 zu zahlen,

53

2. sie in die Gehaltsgruppe K 6, Ortsklasse I des Gehaltstarifvertrags für die Nährmittelindustrie Hessen und Rheinland-Pfalz einzugruppieren und die entsprechende Vergütung fortlaufend zu zahlen,

54

hilfsweise

55

sie in die Gehaltsgruppe K 5, Ortsklasse I des Gehaltstarifvertrags für die Nährmittelindustrie Hessen und Rheinland-Pfalz einzugruppieren und die entsprechende Vergütung fortlaufend zu zahlen,

56

3. an sie weitere € 1.289,20 brutto, hilfsweise weitere € 642,40 brutto, nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2016 zu zahlen,

57

4. an sie weitere € 480,00 netto zu zahlen,

58

5. äußerst hilfsweise

59

sie durch Zahlung einer individuellen Zulage mindestens so zu stellen, als sei sie in die Gehaltsgruppe K 5 eingruppiert und ihr die entsprechenden Gehaltsdifferenzen seit dem Monat September 2016 nachzuzahlen.

60

Die Beklagte beantragt,

61

die Berufung zurückzuweisen.

62

Sie ist der Ansicht, die Berufung der Klägerin sei bereits unzulässig, jedenfalls unbegründet. Die Tätigkeit der Klägerin erfülle nicht die tariflichen Merkmale der Gehaltsgruppen K 6 oder K 5. Die Klägerin könne sich nicht auf den Gleichbehandlungsgrundsatz stützen. Sie habe bereits nicht substantiiert vorgetragen, dass sie vergleichbare Tätigkeiten wie die Mitarbeiter W. und G. ausübe. Es sei richtig, dass sie diese Mitarbeiter nach Gehaltsgruppe K 5 vergüte. Dies habe historische Gründe, von denen sie nunmehr nicht abrücken könne. Insoweit verweise sie auf die höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach eine "richtige Rückgruppierung" ausgeschlossen sei.

63

Der äußerst hilfsweisen Klageerweiterung in der Berufungsinstanz (Klageantrag zu 5) mit Schriftsatz vom 06.12.2017 hat die Beklagte nicht zugestimmt. In der mündlichen Berufungsverhandlung am 07.12.2017 hat die Klägerin mit Einwilligung der Beklagten, den Antrag, sie nach Gehaltsgruppe K 6 des Gehaltstarifvertrags zu vergüten, zurückgenommen.

64

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

65

Die Berufung der Klägerin ist teilweise unzulässig, im Übrigen ist sie unbegründet.

I.

66

1. Die Berufung ist mangels ausreichender Auseinandersetzung mit der Urteilsbegründung des Arbeitsgerichts nicht zulässig, soweit die Klägerin einen tarifvertraglichen Anspruch auf Vergütung nach Gehaltsgruppe K 6 des Gehaltstarifvertrags für die Feinkost-, Nährmittel- und Teigwarenindustrie in Hessen und Rheinland-Pfalz geltend macht.

67

a) Das Arbeitsgericht hat - entsprechend dem angebrachten Begehren - über mehrere selbständige Streitgegenstände entschieden. Die Klägerin hat ihre Klage zum einen auf die Erfüllung der tariflichen Anforderungen für die von ihr geforderte Vergütung nach Gehaltsgruppe K 6 (Hauptantrag) und K 5 (Hilfsantrag) und zum anderen auf die Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes durch die Beklagte gestützt. Das sind voneinander zu unterscheidende, selbstständige Lebenssachverhalte und damit Streitgegenstände iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Deshalb bedurfte es bei insoweit unbeschränkter Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts für jeden dieser Streitgegenstände einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Begründung. Fehlt zu einem Streitgegenstand ein Berufungsangriff, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig (vgl. BAG 23.08.2017 - 10 AZR 376/16 - Rn. 33 mwN).

68

Gegen die Annahme des Arbeitsgerichts, die Klägerin habe keinen tarifvertraglichen Anspruch auf die geforderte Vergütung nach Gehaltsgruppe K 6, richtet sich kein Angriff der Berufung. Die Klägerin beruft sich ausdrücklich nur auf die Verkennung der tariflichen Anspruchsgrundlage für eine Vergütung nach Gehaltsgruppe K 5 sowie auf eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Damit ist die Berufung bezogen auf die tarifliche Eingruppierung in Gehaltsgruppe K 6 nicht in zulässiger Weise begründet.

69

b) Im Übrigen ist die Berufung entgegen der Ansicht der Beklagten zulässig. Nach § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht (vgl. BAG 24.10.2017 - 1 AZR 166/16 - Rn. 11 mwN).

70

Dem wird die Berufungsbegründung der Klägerin noch gerecht. Zwar enthält auch die Berufungsbegründung in weiten Teilen nur Wiederholungen aus dem erstinstanzlichen Vorbringen der Klägerin. Gleichwohl wird aus dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen der Klägerin hinreichend deutlich, in welchen Punkten sie die Erwägungen des Arbeitsgerichts für unrichtig hält. Die Klägerin hat mit ihren Ausführungen vor allem die Gesamtwürdigung der einzelnen von ihr aufgeführten Sachverhaltsaspekte durch das Arbeitsgericht angegriffen. In einzelnen Teilen der Berufungsbegründung hat die Klägerin darüber hinaus auch konkrete Erwägungen des Arbeitsgerichts in Frage gestellt. Sie hat ausreichend deutlich gemacht, dass und aus welchem Grund sie die Erwägungen des Arbeitsgerichts für fehlerhaft hält.

II.

71

Im Umfang ihrer Zulässigkeit ist die Berufung der Klägerin unbegründet.

72

1. Die Klageanträge sind nur teilweise zulässig.

73

a) Mit dem Klageantrag zu 1) begehrt die Klägerin bezifferte Vergütungsdifferenzen zwischen der Gehaltsgruppe K 4 und K 6 (ursprünglicher Hauptantrag), hilfsweise zwischen den Gehaltsgruppen K 4 und K 5 nebst Zinsen. Nachdem die Klägerin in der mündlichen Berufungsverhandlung - mit Einwilligung der Beklagten - den Antrag auf Vergütung nach Gehaltsgruppe K 6 des einschlägigen Gehaltstarifvertrags zurückgenommen hat, ist der ursprüngliche Hilfsantrag Hauptantrag. Gegen die zweitinstanzliche Erweiterung der bezifferten Zahlungsklage auf zwölf Monate (vom 1. September 2016 bis 31. August 2017) bestehen keine Bedenken. Auch die bezifferten Zahlungsanträge zu 3) auf eine höhere Jahressondervergütung für 2016 und zu 4) auf nunmehr zwölf Verzugspauschalen sind ohne weiteres zulässig.

74

b) Der Klageantrag zu 2) ist in der gebotenen Auslegung zulässig. Nach teilweiser Klagerücknahme begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten, sie in Gehaltsgruppe K 5 (Ortsklasse I) des Gehaltstarifvertrags für die Nährmittelindustrie in Hessen und Rheinland-Pfalz "einzugruppieren" und die "entsprechende Vergütung" "fortlaufend zu zahlen". Der Antrag kann sich nach der Erweiterung des Klageantrags zu 1) nur auf die Zeit ab 1. September 2017 beziehen.

75

Der erste Teil des Antrags - "die Beklagte zu verurteilen, sie ... einzugruppieren“ - wäre als solcher unzulässig, weil es sich bei der Eingruppierung zunächst um einen rein geistigen Akt der wertenden Zuordnung einer bestimmten Tätigkeit zu einem Tätigkeitsmerkmal einer Vergütungsordnung handelt. Dieser Antragsteil ist jedoch lediglich als Begründungselement für den zweiten Teil des Antrags anzusehen, wonach die Beklagte verurteilt werden soll, die "entsprechende Vergütung" "fortlaufend zu zahlen". Der Wortlaut des Antrags lässt ein Verständnis als Leistungsantrag zu. Ein solcher bedarf aber der Bezifferung, weil er ansonsten nicht hinreichend bestimmt ist, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Klageantrag wäre deshalb als Leistungsantrag unzulässig (vgl. BAG 25.03.2015 - 5 AZR 874/12 - Rn. 11). Klageanträge sind jedoch der Auslegung zugänglich. Es gelten die für Willenserklärungen maßgeblichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB). Im Zweifel ist das gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage des Antragsstellers entspricht (vgl. BAG 17.12.2015 - 2 AZR 304/15 - Rn. 14 mwN). Danach ist das Begehren der Klägerin - trotz des Wortlauts - auf die Feststellung gerichtet, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie in der Zeit ab 1. September 2017 nach Gehaltsgruppe K 5 des einschlägigen Gehaltstarifvertrags zu vergüten. Eine derartige Eingruppierungsfeststellungsklage ist auch im Bereich der Privatwirtschaft grundsätzlich zulässig (st. Rspr., siehe nur BAG 16.03.2016 - 4 AZR 502/14 - Rn. 10 mwN).

76

c) Der in der Berufungsinstanz mit Schriftsatz vom 06.12.2017 neu eingebrachte Hilfsantrag zu 5) ist unzulässig. Danach soll die Beklagte verurteilt werden, die Klägerin durch "Zahlung einer individuellen Zulage mindestens so zu stellen, als sei sie in die Gehaltsgruppe K 5 eingruppiert" und ihr die "entsprechenden Gehaltsdifferenzen" seit September 2016 nachzuzahlen.

77

Auf die hier vorliegende nachträgliche Klageerweiterung sind die Grundsätze der Klageänderung nach §§ 533, 263, 264 ZPO entsprechend anzuwenden (vgl. BAG 14.06.2017 - 10 AZR 308/15 - Rn. 38 mwN). Besteht zwischen mehreren Streitgegenständen ein innerer rechtlicher oder tatsächlicher Zusammenhang, so ist es regelmäßig sachdienlich, diese Streitgegenstände auch in einem Verfahren zu erledigen (vgl. BAG 13.04.2016 - 4 AZR 13/13 - Rn. 87 mwN).

78

Die nachträgliche Geltendmachung des Hilfsantrags zu 5) ist zwar sachdienlich iSd. § 533 ZPO. Der Klageantrag zu 5) ist jedoch nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Bei einer positiven Entscheidung über den Antrag stünde zwischen den Parteien nicht rechtskräftig fest, welche "Gehaltsdifferenzen" die Klägerin verlangen kann. Ausweislich der im Schriftsatz vom 06.12.2017 von der Klägerin abgedruckten Tabelle (Stand: 23.10.2017) soll sich die Vergütung der sieben Mitarbeiter in der Abteilung "Production Planning & Intermarket Supply" wie folgt gestalten:

79

Name   

Tarifgehalt

in EUR

+ Zulage EUR

F.    

K 5     

4.738,50

500,00

G.    

K 5     

4.738,50

400,00

H.    

K 5     

4.738,50

322,00

G.    

K 5     

4.738,50

250,00

W.    

K 5     

4.738,50

150,00

D.    

K 4     

4.140,50

700,00

Klägerin

K 4     

4.140,50

250,00

80

In welcher Höhe die Klägerin mit ihrem äußersten Hilfsantrag eine "individuelle Zulage" verlangt, lässt sie offen. Der Antrag lässt auch bei gebotener, auf die Ermöglichung einer Sachentscheidung gerichteten Auslegung den Inhalt der von der Klägerin begehrten Entscheidung nicht erkennen. Es ist von der Zielrichtung des neuen Antrags unklar, welche "Gehaltsdifferenzen" die Beklagte ab September 2016 in Euro und Cent nachzahlen soll. Mit Hilfe der Tabelle lässt sich der Betrag nicht ermitteln.

81

2. Die Klage ist unbegründet.

82

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Klägerin ab 1. September 2017 nach Gehaltsgruppe K 5 des Gehaltstarifvertrags für die Feinkost-, Nährmittel- und Teigwarenindustrie in Hessen und Rheinland-Pfalz fortlaufend zu vergüten (Klageantrag zu 2). Die Klägerin hat für den Zeitraum vom 1. September 2016 bis zum 31. August 2017 keinen Anspruch auf die (nach teilweiser Klagerücknahme) zuletzt noch geltend gemachte Differenz zwischen der Vergütung nach Gehaltsgruppe K 4 und K 5 nebst Verzugszinsen (Klageantrag zu 1). Damit kann die Klägerin auch keine höhere Jahressondervergütung für 2016 (Klageantrag zu 3) noch für zwölf Monate eine Verzugspauschale von je € 40,00 (Klageantrag zu 4) beanspruchen.

83

a) Die Tätigkeit der Klägerin erfüllt nicht die tariflichen Anforderungen für einen Anspruch auf Vergütung nach Gehaltsgruppe K 5. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

84

aa) Die Tarifverträge der Feinkost-, Nährmittel- und Teigwarenindustrie in Hessen und Rheinland-Pfalz finden aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1 TVG) auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung (§ 4 Abs. 1 TVG). Die für die Eingruppierung der Klägerin einschlägigen Regelungen im Gehaltsgruppenverzeichnis für kaufmännische Angestellte lauten in der maßgebenden Fassung vom 10.03.1972 wie folgt:

85

"I. Angestellte ohne Berufsausbildung

86

Gruppe K 1

87

Tätigkeitsmerkmale:

88

kaufmännische Angestellte ohne Berufsausbildung mit einfacher Tätigkeit

89

Beispiele:
...

90

II. Angestellte mit Berufsausbildung oder diesen tariflich Gleichgestellte

...

91

Gruppe K 2

92

Tätigkeitsmerkmale:

93

Angestellte mit einfacher kaufmännischer Tätigkeit.

94

Beispiele:

95

Stenotypisten, die mechanisch nach Diktat arbeiten, Hilfsbuchhalter, Hilfskalkulatoren, Hilfslageristen, Telefonisten, die größere Anlagen bedienen oder mit zusätzlichen kaufmännischen Arbeiten beschäftigt werden, Lohnrechner, qualifizierte Werkstattschreiber, Lochen und Prüfen in Lochkartenabteilungen, Kassen- und Büroboten mit besonderer Verantwortung (z.B. größere Geldtransporte) sowie nach Art ihrer Tätigkeit diesen gleichzustellende Angestellte und Hilfsstatistiker.

96

Gruppe K3

97

Tätigkeitsmerkmale:

98

Kaufmännische Angestellte mit fortgeschrittenen Fachkenntnissen und größerer Verantwortung.

99

Beispiele:

100

Stenotypisten, die nicht nur mechanisch nach Diktat arbeiten, Lohnbuchhalter, Buchhalter, soweit sie nicht ausschließlich mit mechanischen Buchungsarbeiten beschäftigt werden, Korrespondenten, Kalkulatoren, Statistiker, Kassierer, Expedienten, Lagerverwalter, Dekorateure, Tourenleiter, Tabellieren in Lochkartenabteilungen sowie Angestellte, die nach Art ihrer Tätigkeit diesen gleichzustellen sind.

101

Gruppe K 4

102

Tätigkeitsmerkmale:

103

Kaufmännische Angestellte, die schwierige Arbeiten selbständig und unter eigener Verantwortung erledigen und nur allgemeine Anweisungen erhalten.

104

Beispiele:

105

1. Buchhalter, die alle buchhalterischen Arbeiten mit Ausnahme der Bilanzen selbständig verrichten, 1. Lohnbuchhalter, Korrespondenten, die schwierigen Briefwechsel nach Rücksprache mit ihren Vorgesetzten selbständig erledigen, fremdsprachliche Korrespondenten, fremdsprachliche Stenotypisten, 1. Fakturisten, 1. Expedienten, 1. Lageristen, 1. Nachkalkulatoren, Sekretäre in Vertrauensstellung, Einkäufer, 1. Statistiker, 1. Kassierer, selbständige Tabellierarbeiten.

106

Gruppe K 5

107

Tätigkeitsmerkmale:

108

Kaufmännische Angestellte mit selbständiger Tätigkeit, die umfangreiche kaufmännische Spezialkenntnisse und praktische Erfahrung erfordert.

109

Beispiele:

110

Haupt- und Bilanzbuchhalter, Hauptkassierer, Abteilungsleiter, 1. Einkäufer, Korrespondenten mit Verfügungsbefugnis, hochwertige Tabellierarbeiten, Statistiker und Nachkalkulatoren in leitender Stellung sowie Angestellte, die nach Art ihrer Tätigkeit diesen gleichzustellen sind.

111

Gruppe K 6

112

Tätigkeitsmerkmale:

113

Tätigkeiten in verantwortlicher Stellung mit Dispositionsbefugnis."

114

bb) Für die Eingruppierung der Klägerin kommt es nach § 7 Ziff. 3 MTV auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit, den Wert der Arbeit und den Schwierigkeitsgrad an. Der Sachvortrag der Klägerin lässt bereits nicht erkennen, welchen näheren Inhalt ihre tatsächlich ausgeübte Tätigkeit seit dem 1. September 2016 hat, noch ist ersichtlich, ob und wie einzelne Arbeitsschritte aufeinander bezogen sind.

115

Die bloße Wiedergabe der Tätigkeitsdarstellung in zwei Zwischenzeugnissen aus dem Monat Januar 2012 (für die Zeit bis dahin) und aus dem Monat August 2015 (ebenfalls für die Zeit bis dahin) und das dort lediglich schlagwortartig umschriebenen „Aufgabengebiet" der Klägerin in der Vergangenheit ersetzt ebenso wenig wie die zweitinstanzlich vorgelegte Stellenbeschreibung vom 22.09.2008 (für Stellenbeschreibungen grundlegend BAG 13.11.2013 - 4 AZR 53/12 - Rn. 18 mwN) einen schlüssigen Sachvortrag. Allein der vorgetragene Umstand, dass die Klägerin dafür zu sorgen hat, dass Packmittel, Dosen, Etiketten, Umkartons, Flaschen und Löffel (ca. 630 Artikel) termin- und bedarfsgerecht bestellt werden, reicht nicht aus, um die "Art der ausgeführten Tätigkeit" der Klägerin, geschweige denn, den "Wert der Arbeit" oder den "Schwierigkeitsgrad" beurteilen zu können.

116

Es kann trotz des pauschalen Vortrags der Klägerin angenommen werden, dass sie eine Tätigkeit ausübt, die die Anforderungen der Gehaltsgruppe K 4 erfüllt. Dazu muss sie "schwierige Arbeiten" "selbständig und unter eigener Verantwortung erledigen" und nur "allgemeine Anweisungen" erhalten. Eine summarische Prüfung ist insoweit ausreichend, weil die Beklagte selbst die Tätigkeitsmerkmale als erfüllt ansieht (vgl. BAG 09.12.2015 - 4 AZR 11/13 - Rn. 22 mwN).

117

Auch der zweitinstanzliche Sachvortrag der Klägerin lässt nicht erkennen, dass die von ihr ausgeübte Tätigkeit den von der Gehaltsgruppe K 5 geforderten tariflichen Anforderungen entspricht. Bei der Art der ausgeübten Tätigkeit müsste es sich nicht (nur) um "schwierige Arbeiten" handeln, die sie "selbständig und unter eigener Verantwortung" zu erledigen hat, ihre Tätigkeit müsste vielmehr "umfangreiche kaufmännische Spezialkenntnisse" "und" "praktische Erfahrungen" erfordern. Die Klägerin behauptet auch zweitinstanzlich nur, dass dem so sei. Den entsprechenden substantiierten Vortrag bleibt sie schuldig. Über welche "kaufmännischen Spezialkenntnisse" sie konkret verfügt und weshalb diese für ihre Tätigkeit erforderlich sein sollen, lässt sich auch dem zweitinstanzlichen Vortrag der Klägerin nicht entnehmen.

118

Entgegen der Ansicht der Berufung genügt es nicht, zu behaupten, die Klägerin erfülle das Tätigkeitsmerkmal "hochwertige Tabellierarbeiten", um anzunehmen, dass ihre Tätigkeit den allgemeinen Merkmalen der Gehaltsgruppe K 5 zuzuordnen ist. Zwar sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer folgt, die allgemeinen Merkmale einer Gehaltsgruppe regelmäßig dann als erfüllt anzusehen, wenn der Arbeitnehmer eine Tätigkeit ausübt, die als Regel-, Richt- oder Tätigkeitsbeispiel zu dieser Vergütungsgruppe genannt ist (vgl. BAG 16.11.2016 - 4 AZR 127/15 - Rn. 27 mwN). Wird allerdings die vom Arbeitnehmer ausgeübte Tätigkeit von einem Tätigkeitsbeispiel nicht oder nicht voll erfasst, muss grundsätzlich auf die allgemeinen Merkmale zurückgegriffen werden (vgl. BAG 20.06.2012 - 4 AZR 438/10 - Rn. 16 mwN).

119

Maßgebend für die Auslegung des Tätigkeitsmerkmals "hochwertige Tabellierarbeiten" sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Einführung der fraglichen Tätigkeitsmerkmale im Jahr 1972, da die Tarifvertragsparteien nur diese bei dessen Formulierung berücksichtigen konnten (vgl. BAG 16.03.2016 - 4 AZR 502/14 - Rn. 27 mwN). Im Jahr 1972 wurde von den Tarifvertragsparteien das "Tabellieren in Lochkartenabteilungen" als Tätigkeitsbeispiel zur Gehaltsgruppe K 3 aufgeführt, "selbständige Tabellierarbeiten" als Beispiel zur Gruppe K 4 und "hochwertige Tabellierarbeiten" als Beispiel zur Gruppe K 5. Derartige "Tabellierarbeiten" sind von der heutigen Computertechnik überholt, sie sind seit der Digitalisierung von Geschäftsprozessen (Einführung von SAP R/3) nicht mehr erforderlich. Erscheint eine tarifliche Regelung infolge der technischen Entwicklung als nicht mehr sachgerecht, ist es Sache der Tarifvertragsparteien, der fortgeschrittenen technischen Entwicklung durch entsprechende Normen Rechnung zu tragen. Die Gerichte dürfen Tarifnormen nicht wegen neuer technischer Entwicklungen einengend oder ausdehnend auslegen, wenn Wortlaut und Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelung hierfür keine Möglichkeit bieten. Andernfalls würden die Gerichte in unzulässiger Weise in die durch das Grundgesetz geschützte Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG) eingreifen (vgl. BAG 06.12.2006 - 4 AZR 659/05 - Rn. 25). Entgegen der Auffassung der Berufung, die das Tarifwerk für "wenig tauglich bis untauglich hält", kann die Tätigkeit, die die Klägerin heute ausübt, nicht mit Tätigkeitsbeispielen aus dem "Lochkartenzeitalter" verglichen werden.

120

Weshalb die Klägerin das Tätigkeitsbeispiel "Korrespondentin mit Verfügungsbefugnis" erfüllen soll, erklärt die Berufung nicht. Die Klägerin hat weder erläutert welche Geschäftskorrespondenz sie zu bearbeiten hat noch welche "Verfügungsbefugnis" ihr von der Beklagten zugewiesen worden ist.

121

Auch die bloße Behauptung der Klägerin, sie verfüge über "kaufmännische Spezialkenntnisse" genügt nicht, um das Vorliegen der tariflichen Anforderungen der Gehaltsgruppe K 5 darzulegen. Die Klägerin führt aus, dass sie nicht automatisierte SAP-Vorgänge abarbeite, sondern durch händische Eingaben "aktiven Einfluss" auf die tatsächlichen Abläufe nehme, sie verfüge über sehr fundiertes Wissen im Umgang mit der verwendeten Software SAP R/3, ihre Tätigkeit erschöpfe sich nicht in der korrekten Bedienung der Software und in der bloßen Eingabe von Daten, sie müsse eine Vielzahl händischer Korrekturen vornehmen. Mit diesem Vortrag hat die Klägerin "umfangreiche kaufmännische Spezialkenntnisse" iSd. Gehaltsgruppe K 5 nicht im ausreichenden Maße dargelegt.

122

Der Vortrag lässt allenfalls einen Rückschluss darauf zu, dass die Klägerin "schwierige Arbeiten" iSd. Gehaltsgruppe K 4 ausübt. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet "schwierig" viel Mühe machend, Anstrengungen erfordernd, nicht einfach und "Schwierigkeit" eine hohe Anforderung, die an die Ausführung einer Sache gestellt wird (Duden Deutsches Universalwörterbuch). Die Schwierigkeit einer auszuübenden Tätigkeit betrifft somit die Anforderungen an das fachliche Wissen und Können. Insgesamt muss also die Tätigkeit Leistungen erfordern, die über das im Regelfall erforderliche Maß an Kenntnissen und Fähigkeiten weit hinausgehen (vgl. BAG 23.07.1997 - 10 AZR 260/96 - Rn. 30 mwN). Dh. vorliegend, dass an die von der Klägerin durchzuführenden kaufmännischen Arbeiten höhere Anforderungen zu stellen sein müssen als normalerweise bei solchen Arbeiten üblich ist. Davon geht auch die Beklagte aus, die die Klägerin nach Gehaltsgruppe K 4 vergütet. Das Vorbringen wird jedoch den dargelegten Anforderungen an einen Prozessvortrag für die in Anspruch genommene Gehaltsgruppe K 5 nicht gerecht.

123

Der pauschale Hinweis der Berufung darauf, dass die Klägerin einen Verbesserungsvorschlag eingereicht habe, der nach der Rahmenbetriebsvereinbarung zum betrieblichen Vorschlagswesen mit einer Prämie von ca. € 15.000,00 hätte honoriert werden müssen, ist für die tarifliche Eingruppierung unerheblich. Die Einreichung von Verbesserungsvorschlägen hat mit der Eingruppierung nach tariflichen Tätigkeitsmerkmalen nichts zu tun.

124

Auch der Hinweis auf die ausgeschriebene Stelle "Assistent/in im Engineering Projekt Osthofen", die die Beklagte nach Gehaltsgruppe K 3 bis K 4 bewerte, verhilft der Berufung nicht zum Erfolg. Für die Eingruppierung der Klägerin kommt es nicht darauf an, wie andere Tätigkeiten bewertet werden. Die tarifliche „Wertigkeit“ der Arbeitsleistung und die Angemessenheit der Vergütung der Klägerin sind nicht abhängig davon, wie eine völlig andere Tätigkeit tariflich bewertet wird.

125

b) Die Klägerin kann den geltend gemachten Anspruch auf eine Vergütung nach Gehaltsgruppe K 5 des Gehaltstarifvertrags der Feinkost-, Nährmittel- und Teigwarenindustrie in Hessen und Rheinland-Pfalz nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

126

aa) Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Arbeitsrecht gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz beschränkt die Gestaltungsmacht des Arbeitgebers. Wird er verletzt, muss der Arbeitgeber die von ihm gesetzte Regel entsprechend korrigieren. Der benachteiligte Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vorenthaltene Leistung. Im Bereich der Arbeitsvergütung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz unter Beachtung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bei individuellen Entgeltvereinbarungen anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (st. Rspr., vgl. BAG 03.09.2014 - 5 AZR 6/13 - Rn. 18, 19 mwN).

127

bb) Nach diesen Grundsätzen ist ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz im Streitfall nicht ersichtlich.

128

Die Klägerin behauptet, die Beklagte zahle den Mitarbeitern W. und G. im "Team Disposition", das - mit ihr - aus drei Personen bestehen soll, eine Vergütung nach Gehaltsgruppe K 5 zuzüglich "individueller Zulagen" iHv. € 150,00 und € 250,00. Die Beklagte gewähre diesen Mitarbeitern bewusst und unter Verzicht auf die tariflichen Anforderungen ein übertarifliches Gehalt. Dieser Vortrag vermag einen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu begründen.

129

Die Klägerin verkennt, dass im Bereich der Vergütung - also der Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers - die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer allein noch nicht den Schluss erlaubt, diese Arbeitnehmer bildeten eine Gruppe. Eine Gruppenbildung liegt nur vor, wenn die Besserstellung nach einem oder mehreren Kriterien vorgenommen wird, die bei allen Begünstigten vorliegen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz kommt deshalb nicht zur Anwendung, wenn es sich um individuell vereinbarte Löhne und Gehälter handelt und der Arbeitgeber nur einzelne Arbeitnehmer besserstellt. Erfolgt die Besserstellung einzelner Arbeitnehmer unabhängig von abstrakten Differenzierungsmerkmalen in Einzelfällen, können sich andere Arbeitnehmer hierauf zur Begründung gleichartiger Ansprüche nicht berufen (vgl. BAG 13.12.2016 - 9 AZR 574/15 - Rn. 34 mwN). Es fehlt der notwendige kollektive Bezug als Anknüpfungspunkt dafür, einer Ungleichbehandlung entgegenzuwirken. Denn der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer aus sachfremden Gründen gegenüber anderen in vergleichbarer Lage befindlichen Arbeitnehmern, er verhindert jedoch nicht die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer (vgl. BAG 13.02.2002 - 5 AZR 713/00 - Rn. 14, 15).

130

Die Beklagte hat vorgetragen, dass sie die beiden Arbeitnehmer W. und G., die aus Sicht der Klägerin mit ihr eine dreiköpfige Vergleichsgruppe bilden sollen, aus "historischen Gründen" nach Gehaltsgruppe K 5 vergüte, von denen sie nunmehr nicht abrücken könne, weil nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine "richtige Rückgruppierung" ausgeschlossen sei. Die Begünstigung der beiden Arbeitnehmer erfolge zur Wahrung sozialer Besitzstände. Das rechtfertigt - entgegen der Ansicht der Berufung - die unterschiedliche Behandlung und stellt deshalb keinen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz dar (vgl. BAG 13.11.2013 - 4 ABR 16/12 - Rn. 21 mwN). Im Übrigen hat die Klägerin - selbst bei einer grob tarifwidrigen fehlerhaften Eingruppierung - einer ihrer Arbeitskollegen keinen eigenen Anspruch auf eine ebenso fehlerhafte Behandlung (vgl. dazu BAG 20.06.2012 - 4 AZR 464/10 - Rn. 38 mwN). Außerdem genügt das bloß tatsächliche Vorgehen der Beklagten in zwei Einzelfällen nicht, um eine abstrakte Regelung der Arbeitgeberin unter Ausgrenzung der Klägerin nach sachfremden Kriterien anzunehmen.

131

Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 06.12.2017 erstmals eine größere Vergleichsgruppe benennt, die aus mehr als drei Personen bestehen soll, fehlt jedweder Vortrag dazu, weshalb die (neben den ursprünglichen Vergleichspersonen W. und G.) zusätzlich aufgeführten Mitarbeiter F., G., H. und D. eine vergleichbare Tätigkeit wahrnehmen sollen. Um vergleichbar zu sein, müsste die Tätigkeit dieser Arbeitnehmer zumindest eine Reihe von gemeinsamen Merkmalen mit derjenigen aufweisen, die von der Klägerin ausgeübt wird. Ausgehend von diesem Maßstab genügt der Vortrag der Klägerin nicht ansatzweise den Darlegungsanforderungen an eine Ungleichbehandlung innerhalb einer Gruppe von sieben Personen.

132

Die von der Klägerin zitierten Entscheidungen des LAG Hamm (06.03.2007 - 12 Sa 1317/06) und des BAG (27.01.1999 - 4 AZR 52/98) führen zu keinem anderen Ergebnis. Die Sachverhalte der Entscheidungen weichen vom Streitfall ab. Die Beklagte hat mit zwei Einzelfällen, die sie aus "historischen Gründen" nach Gehaltsgruppe K 5 vergütet noch kein generalisierendes abstraktes Prinzip geschaffen, das die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes rechtfertigen würde. Es ist deshalb auch unerheblich, ob die Behauptung der Klägerin zutrifft, die Beklagte habe den Arbeitnehmer W. nicht zu "N.-Zeiten", sondern zu "N.-Zeiten" nach einer Beschäftigungszeit von nur drei Monaten von K 4 nach K 5 hochgestuft, ohne dass die tariflichen Voraussetzungen für diese Leistung vorlagen. Wie bereits ausgeführt, steht der Gleichbehandlungsgrundsatz der Begünstigung einzelner Arbeitnehmer nicht entgegen. Wenn der Arbeitgeber, was ihm die Vertragsfreiheit erlaubt, einzelne Arbeitnehmer - unabhängig von abstrakten Merkmalen - besser stellt, so können daraus andere Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Gleichbehandlung herleiten (vgl. BAG 12.08.2014 - 3 AZR 764/12 - Rn. 23).

133

Auf den Vortrag der Klägerin zu einer Vergleichbarkeit mit dem früheren Disponenten L., der in die Gehaltsgruppe K 6 eingruppiert gewesen sein soll, kommt es nicht an, nachdem sie ihren Antrag auf eine Vergütung nach Gehaltsgruppe K 6 in der mündlichen Berufungsverhandlung mit Einwilligung der Beklagten zurückgenommen hat.

III.

134

Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.

135

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Dez. 2017 - 5 Sa 354/17

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Dez. 2017 - 5 Sa 354/17

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Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Dez. 2017 - 5 Sa 354/17 zitiert oder wird zitiert von 15 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Dez. 2017 - 5 Sa 354/17 zitiert 15 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 24. Okt. 2017 - 1 AZR 166/16

bei uns veröffentlicht am 24.10.2017

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 3. November 2015 - 7 Sa 655/14 - aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung

Bundesarbeitsgericht Urteil, 23. Aug. 2017 - 10 AZR 376/16

bei uns veröffentlicht am 23.08.2017

Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 26. Mai 2016 - 1 Sa 25/15 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 14. Juni 2017 - 10 AZR 308/15

bei uns veröffentlicht am 14.06.2017

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 30. März 2015 - 17 Sa 1195/14 - aufgehoben, soweit es der Klage stattgegeben hat.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 13. Dez. 2016 - 9 AZR 574/15

bei uns veröffentlicht am 13.12.2016

Tenor 1. Auf die Anschlussrevision des Klägers wird unter Zurückweisung der Revision der Beklagten das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 6. Juli 2015 - 8 Sa 53/14 - aufgehoben, s

Bundesarbeitsgericht Urteil, 16. Nov. 2016 - 4 AZR 127/15

bei uns veröffentlicht am 16.11.2016

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 24. Juli 2014 - 5 Sa 1456/13 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 13. Apr. 2016 - 4 AZR 13/13

bei uns veröffentlicht am 13.04.2016

Tenor 1. Die Revisionen der Beklagten und des Nebenintervenienten gegen das Teilurteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 11. Dezember 2012 - 4 Sa 535/11 - werden zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 16. März 2016 - 4 AZR 502/14

bei uns veröffentlicht am 16.03.2016

Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 19. Juni 2014 - 8 Sa 668/13 - teilweise aufg

Bundesarbeitsgericht Urteil, 17. Dez. 2015 - 2 AZR 304/15

bei uns veröffentlicht am 17.12.2015

Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 22. Januar 2015 - 4 Sa 1072/14 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 09. Dez. 2015 - 4 AZR 11/13

bei uns veröffentlicht am 09.12.2015

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 19. Oktober 2012 - 6 Sa 488/12 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 25. März 2015 - 5 AZR 874/12

bei uns veröffentlicht am 25.03.2015

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 7. August 2012 - 2 Sa 38/12 E - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 03. Sept. 2014 - 5 AZR 6/13

bei uns veröffentlicht am 03.09.2014

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 2. Oktober 2012 - 15 Sa 139/11 - in seinen Ziffern I.9. und II. aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 12. Aug. 2014 - 3 AZR 764/12

bei uns veröffentlicht am 12.08.2014

Tenor Auf die Revisionen der Beklagten zu 1. und 2. wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 18. Mai 2012 - 4 Sa 1506/11 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 13. Nov. 2013 - 4 ABR 16/12

bei uns veröffentlicht am 13.11.2013

Tenor Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 31. Januar 2012 - 8 TaBV 53/11 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 20. Juni 2012 - 4 AZR 464/10

bei uns veröffentlicht am 20.06.2012

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 13. April 2010 - 6 Sa 986/09 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 20. Juni 2012 - 4 AZR 438/10

bei uns veröffentlicht am 20.06.2012

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21. April 2010 - 3 Sa 203/09 - aufgehoben.

Referenzen

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 26. Mai 2016 - 1 Sa 25/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Zahlung eines weiteren halben Bruttogehalts in rechnerisch unumstrittener Höhe von 999,00 Euro als Sonderzahlung für das Jahr 2014.

2

Die Klägerin ist bei der Beklagten als DUP-Operator beschäftigt. Der Anstellungsvertrag vom 16. Oktober 1984 (im Folgenden Arbeitsvertrag) enthält in § 3 zum „Entgelt“ folgende Regelungen:

        

„Das monatliche Bruttogehalt - zahlbar am 1. des folgenden Monats - beträgt 2.200,00 DM.

        

Zusätzlich zum Grundgehalt wird - nach Ablauf der Probezeit - als freiwillige Leistung - eine Weihnachtsgratifikation gezahlt, deren Höhe jeweils jährlich durch den Arbeitgeber bekanntgegeben wird und deren Höhe derzeit ein volles Monatsgehalt nicht übersteigt.

        

Sofern das Arbeitsverhältnis vor dem 01. April eines Jahres begonnen hat, soll auf die vorstehende Gratifikation im Juni dieses Jahres ein Vorschuß in Höhe von bis zu einem halben Monatsgehalt gezahlt werden. Sofern zwischen Beginn des Arbeitsverhältnisses und dem 30. November eines Jahres weniger als 11 Monate liegen, beträgt die Gratifikation 1/12 für jeden Monat des Arbeitsverhältnisses.

        

Endet das Arbeitsverhältnis bis zum 31.03. des Folgejahres, ist das Unternehmen berechtigt, die geleistete Gratifikation von der letzten Gehaltszahlung im Rahmen der Pfändbarkeit einzubehalten. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, den dann noch offenen Restbetrag an die Gesellschaft zurückzuzahlen.“

3

Bis einschließlich des Jahres 2013 leistete die Beklagte an die Klägerin in jedem Kalenderjahr eine Sonderzahlung in Höhe eines ganzen Bruttogehalts. Eine Hälfte als wurde als Vorschuss mit der Vergütung für Mai und die andere Hälfte mit der Vergütung für November abgerechnet und gezahlt. Außerhalb der Verdienstabrechnungen erfolgten seitens der Beklagten keine Mitteilungen über die Weihnachtsgratifikation.

4

In der Verdienstabrechnung der Klägerin für Mai 2014 war neben dem Monatsgehalt ein als „Abschl. J-gratifikat.“ bezeichneter Betrag in Höhe eines halben Bruttogehalts ausgewiesen, der nach Abzug von Steuern und Beiträgen netto an die Klägerin ausgezahlt wurde.

5

Nachdem die Beklagte im August 2014 bei einem geschätzten Aufwand von 320.000,00 bis 350.000,00 Euro für die „zweite Hälfte“ der Weihnachtsgratifikation ein negatives Betriebsergebnis vor Steuern prognostiziert hatte, entschied sie im September 2014, keine weitere Gratifikation an die Belegschaft zu zahlen. Im Oktober 2014 unterrichtete sie die Klägerin schriftlich darüber, dass „aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Lage …[der Beklagten] die Zahlung des zweiten Teils der Jahresendgratifikation mit der Novemberabrechnung 2014 nicht erfolgen“ könne.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Regelung in § 3 Abs. 2 Arbeitsvertrag sei intransparent und daher so auszulegen, dass jährlich mindestens ein Monatsgehalt als Weihnachtsgratifikation gezahlt werden müsse. Die Beklagte habe überdies bereits durch die Abrechnung und Zahlung eines Abschlags im Mai 2014 zum Ausdruck gebracht, dass eine zweite Zahlung in gleicher Höhe folgen werde. Der Anspruch bestehe aufgrund der langjährigen vorbehaltlosen Zahlungspraxis der Beklagten auch unter dem Gesichtspunkt einer betrieblichen Übung.

7

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 999,00 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten p.a. über dem Basiszins der EZB seit dem 1. Dezember 2014 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, § 3 Abs. 2 Arbeitsvertrag räume ihr in Bezug auf die endgültige Anspruchshöhe ein Leistungsbestimmungsrecht ein, das sie im September 2014 aufgrund des damals prognostizierten Betriebsergebnisses vor Steuern nach billigem Ermessen ausgeübt habe. Das Geschäftsergebnis sei seit Jahren rückläufig gewesen und es habe im Jahre 2014 erstmals ein Abrutschen in die Verlustzone gedroht. Dies habe allein dadurch verhindert werden können, dass sie beschlossen habe, die zweite Hälfte der Weihnachtsgratifikation nicht auszuzahlen.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Klägerin von der Beklagten nicht die Zahlung weiterer 999,00 Euro brutto als Weihnachtsgratifikation für das Kalenderjahr 2014 verlangen kann. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 3 Arbeitsvertrag(dazu I.). Soweit die Klägerin ihn darüber hinaus auf eine betriebliche Übung gestützt hat, war bereits ihre Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts unzulässig (dazu II.).

11

I. Nach § 3 Abs. 2 und Abs. 3 Arbeitsvertrag hat die Klägerin Anspruch auf eine kalenderjährliche Weihnachtsgratifikation, auf die jeweils im Juni ein Vorschuss zu leisten ist. Die Höhe der Weihnachtsgratifikation und des Vorschusses bestimmt die Beklagte nach billigem Ermessen. Der Anspruch der Klägerin auf Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen ist erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB), nachdem die Beklagte das ihr zustehende Bestimmungsrecht wirksam ausgeübt und der Klägerin im Oktober 2014 mitgeteilt hat, dass die Zahlung des zweiten Teils der Gratifikation aus wirtschaftlichen Gründen nicht erfolgen könne.

12

1. Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass es sich bei den Regelungen im Arbeitsvertrag um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Hierfür spricht bereits das formalisierte Erscheinungsbild des Vertragstextes. Überdies haben die Parteien übereinstimmend vorgetragen, dass über die Wirksamkeit der Klausel an diversen Standorten der Beklagten eine Vielzahl von Rechtsstreiten geführt wurden und werden.

13

2. Die Regelungen zur Gestaltung der Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes sind nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 5 EGBGB anzuwenden, obwohl der Arbeitsvertrag bereits im Jahr 1984 geschlossen wurde(vgl. zuletzt BAG 21. Februar 2017 - 3 AZR 297/15 - Rn. 18).

14

3. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 29 mwN, BAGE 147, 322).

15

4. Danach hat die Klägerin gemäß § 3 Abs. 2 und Abs. 3 Arbeitsvertrag Anspruch auf eine jährliche Weihnachtsgratifikation, auf die im Juni ein Vorschuss zu leisten ist. Die Höhe der Weihnachtsgratifikation und des Vorschusses bestimmt die Beklagte nach billigem Ermessen (§ 315 BGB).

16

a) Mit der Formulierung „Zusätzlich zum Grundgehalt wird … eine Weihnachtsgratifikation gezahlt“, wie sie in § 3 Abs. 2 Arbeitsvertrag verwendet wird, begründet der Arbeitgeber typischerweise einen Entgeltanspruch des Arbeitnehmers. Die Bezeichnung der Gratifikation als „freiwillige Leistung“ in § 3 Abs. 2 Arbeitsvertrag schließtwovon auch die Beklagte ausgeht - den Rechtsanspruch auf die Leistung ebenso wenig aus wie die Formulierung „derzeit“ (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 -Rn. 22 mwN).

17

b) Aus der Bezeichnung der Gratifikation als „Weihnachtsgratifikation“ in § 3 Abs. 2 Arbeitsvertrag folgt, dass sie zum Ende des laufenden Kalenderjahres fällig wird. Dass sie nicht vor dem 30. November zu zahlen ist, ergibt sich zumindest mittelbar aus der Regelung in § 3 Abs. 3 Satz 2 Arbeitsvertrag, wonach die Gratifikation 1/12 für jeden Monat des Arbeitsverhältnisses beträgt, „sofern zwischen Beginn des Arbeitsverhältnisses und dem 30. November eines Jahres weniger als 11 Monate liegen.“

18

c) Zur Höhe der Weihnachtsgratifikation bestimmt § 3 Abs. 2 Arbeitsvertrag, dass diese „jeweils jährlich durch den Arbeitgeber bekanntgegeben wird und … derzeit ein volles Monatsgehalt nicht übersteigt.“ Da nur der „derzeit“, dh. zur Zeit des Vertragsschlusses, auszuzahlende Betrag angegeben ist, der „ein volles Monatsgehalt nicht übersteigt“, lässt die Regelung erkennbar offen, ob die Gratifikation diese Höhe auch zukünftig erreichen, höher sein oder darunterbleiben wird. Damit kann die Beklagte die Höhe der Weihnachtsgratifikation einseitig nach billigem Ermessen festsetzen (§ 315 BGB).

19

d) Nach der Regelung in § 3 Abs. 3 Satz 1 Arbeitsvertrag hat die Klägerin im Juni eines jeden Kalenderjahres Anspruch auf einen Vorschuss auf die Weihnachtsgratifikation von bis zu einem halben Monatsgehalt. Unter einem Vorschuss ist eine Vorauszahlung auf nicht verdienten Lohn zu verstehen. Der Vorschussnehmer erhält Geld für eine Forderung, die entweder noch nicht oder nur aufschiebend bedingt entstanden oder zwar entstanden, aber noch nicht fällig ist (BAG 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 21, BAGE 150, 286). Die Höhe des Vorschusses, die § 3 Abs. 3 Satz 1 Arbeitsvertrag auf maximal ein halbes Monatsgehalt begrenzt, kann die Beklagte einseitig nach billigem Ermessen festsetzen(§ 315 BGB).

20

5. Dass die vertragliche Regelung der Beklagten sowohl in Bezug auf den Vorschuss als auch auf die endgültige Höhe der Weihnachtsgratifikation ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 BGB einräumt, ist grundsätzlich zulässig. Höhe und Art einer Sonderzahlung müssen nicht abschließend im Arbeitsvertrag festgelegt werden. Ob die vom Arbeitgeber vorgenommene Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht, unterliegt dabei der vollen gerichtlichen Kontrolle (BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 42 mwN, BAGE 147, 322).

21

6. Dem vertraglich vereinbarten Recht der Beklagten zur Leistungsbestimmung steht nicht entgegen, dass die Beklagte in der Vergangenheit stets eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines vollen Monatsgehalts gezahlt hat. Allein die gleichbleibende Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts über einen längeren Zeitraum führt - anders als die Revision meint - nicht zu einer Konkretisierung mit der Folge, dass jede andere Ausübung des Ermessens nicht mehr der Billigkeit entspräche (ebenso zum Direktionsrecht BAG 30. November 2016 - 10 AZR 11/16 - Rn. 26 mwN). Andere Umstände hat die Klägerin nicht benannt.

22

7. Eine den Vertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen.

23

a) Der Umstand, dass die Beklagte die Zahlungen in der Vergangenheit vorbehaltlos erbracht hat, rechtfertigt keine andere Betrachtung. Soweit der Senat erkannt hat, der Arbeitnehmer könne aus der mehrmaligen vorbehaltlosen Auszahlung einer Gratifikation auf ein verbindliches Angebot des Arbeitgebers iSv. § 145 BGB schließen, in jedem Kalenderjahr eine Sonderzahlung zu leisten(BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 18), bezog sich dies auf eine Konstellation, in der es an einer ausdrücklichen Vereinbarung fehlte. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte indes durch die vorbehaltlose Zahlung der Weihnachtsgratifikation und des Vorschusses auf diese in den vergangenen Kalenderjahren nicht mehr und nicht weniger getan als die Vereinbarung im Arbeitsvertrag umzusetzen.

24

b) Dass der Vorschuss in der Vergangenheit stets mit der Vergütung für Mai abgerechnet und ausgezahlt wurde, ist gleichfalls nicht geeignet, eine den Vertrag abändernde Vereinbarung zu belegen. Nach § 3 Abs. 1 Arbeitsvertrag ist die Vergütung „zahlbar am 1. des folgenden Monats“. Dementsprechend wurde durch die Abrechnung des Vorschusses zusammen mit der Vergütung für Mai lediglich sichergestellt, dass dieser, wie in § 3 Abs. 3 Satz 1 Arbeitsvertrag vereinbart, tatsächlich „im Juni“ gezahlt wurde.

25

c) Die Klägerin kann sich schließlich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Beklagte bei der Zahlung des Vorschusses nicht darauf hingewiesen hat, sie behalte sich die Ausübung des ihr vertraglich eingeräumten Ermessens in Bezug auf die Weihnachtsgratifikation vor. Dass die Höhe der Gratifikation jeweils von der Beklagten festgesetzt und im Juni ein Vorschuss gezahlt wird, ergibt sich bereits aus § 3 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 Arbeitsvertrag. Der vorbehaltlosen Auszahlung des Vorschusses ohne weiteren Hinweis konnte die Klägerin mithin nicht mehr als die konkludente Erklärung der Beklagten entnehmen, sie habe sich nach Prüfung aller Umstände (auch diesmal wieder) für einen Vorschuss in Höhe eines halben Monatsgehalts entschieden.

26

8. Entgegen der Auffassung der Revision erlaubt die Bezeichnung des in der Vergütungsabrechnung für Mai 2014 als „Abschl. J-gratifikat.“ ausgewiesenen Vorschusses nicht den Schluss, die Beklagte habe ihr Leistungsbestimmungsrecht in Bezug auf die Weihnachtsgratifikation bereits im Mai 2014 mit dem Inhalt ausgeübt, dass diese insgesamt ein Monatsgehalt betragen sollte. Mehr als die - konkludente - Erklärung der Beklagten, im Kalenderjahr 2014 jedenfalls ein halbes Gehalt als Weihnachtsgratifikation auszahlen zu wollen, lässt sich der Vergütungsabrechnung für Mai 2014 nicht entnehmen.

27

a) Lohnabrechnungen geben nur die Höhe der aktuellen Vergütung wieder. Sie dokumentieren den konkret abgerechneten Lohn, bestimmen aber nicht den Anspruch (vgl. BAG 19. Oktober 2011 - 5 AZR 359/10 - Rn. 19 zur Bezeichnung einer Vergütung als „Tariflohn“).

28

b) Überdies können „Abschläge“ zwar als Geldzahlungen auf den bereits verdienten, aber noch nicht abgerechneten Lohn verstanden werden (BAG 8. Dezember 1998 - 9 AZR 623/97 - zu I 1 4 d der Gründe). Sie sind jedoch dadurch gekennzeichnet, dass sie nur vorläufig bis zu einer im Wege der Abrechnung festzustellenden endgültigen Vergütung zu leisten sind, und bilden insoweit lediglich (unselbstständige) Rechnungsposten der abzurechnenden Gesamtleistung, ohne dass sie auf einzelne Teilleistungen bezogen werden können. Dabei kommt ein Anspruch auf Rückzahlung in Betracht, wenn die geleisteten Abschlagszahlungen nach dem Ergebnis der vereinbarten Endabrechnung einen entsprechenden Überschuss an Abschlagsbeträgen ergeben (BGH 23. Mai 2012 - VIII ZR 210/11 - Rn. 10 mwN). Dies zeigt, dass auch einer Abschlagszahlung - ebenso wenig wie einem Vorschuss - nicht zwingend noch eine weitere Zahlung folgen muss.

29

9. Der Anspruch der Klägerin auf Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen ist erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB). Die Beklagte hat das ihr gemäß § 3 Abs. 2 iVm. Abs. 3 Satz 1 Arbeitsvertrag zustehende Bestimmungsrecht in Bezug auf die Festsetzung der Höhe der Weihnachtsgratifikation für das Kalenderjahr 2014 im September 2014 ausgeübt und der Klägerin im Oktober 2014 mitgeteilt, dass die Zahlung des zweiten Teils der Gratifikation aus wirtschaftlichen Gründen nicht erfolgen könne. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, es bestünden keine Bedenken gegen die Billigkeit der Entscheidung der Beklagten iSv. § 315 BGB, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden(zu den insoweit bestehenden Anforderungen vgl. zuletzt [für Versetzungen] zB BAG 18. Oktober 2017 - 10 AZR 330/16 - Rn. 48 ff.).

30

a) Ob eine einseitige Leistungsfestsetzung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB. Diese Sachentscheidung ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten (BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 42, BAGE 147, 322). Die Darlegungs- und Beweislast für die Einhaltung dieser Grenzen hat der Bestimmungsberechtigte. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem er die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 3. August 2016 - 10 AZR 710/14 - Rn. 26 mwN).

31

b) Danach hält die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Leistungsbestimmung der Beklagten entspreche billigem Ermessen, einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Die Beklagte hat im Einzelnen dargelegt, welche wirtschaftlichen Umstände sie zu der im September 2014 getroffenen Entscheidung veranlasst haben, für das Kalenderjahr 2014 insgesamt nur ein halbes Bruttogehalt als Weihnachtsgratifikation zu zahlen. Nach ihren im August 2014 angestellten prognostischen Berechnungen hätte das Betriebsergebnis vor Steuern zum Jahresende im vierstelligen Bereich unter null gelegen, falls zusätzlich zu dem bereits an die Belegschaft gezahlten Vorschuss weitere 320.000 bis 350.000 Euro für die Weihnachtsgratifikation aufgewandt worden wären. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung der Beklagten, keine weitere Weihnachtsgratifikation an die Belegschaft zu zahlen, nachvollziehbar. Die Klägerin hat weder die prognostischen Berechnungen angegriffen noch hat sie geltend gemacht, ihre Interessen hätten diejenigen der Beklagten überwogen. Sie hat auch keine sonstigen Umstände vorgetragen, die gegen die Billigkeit der Entscheidung der Beklagten sprechen würden.

32

II. Soweit die Klägerin ihren Anspruch auf betriebliche Übung stützt, ist die Revision unbegründet, weil in diesem Umfang bereits die Berufung unzulässig war.

33

1. Die Zulässigkeit der Berufung ist Prozessvoraussetzung für das gesamte weitere Verfahren nach der Berufungseinlegung und deshalb vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BAG 26. April 2017 - 10 AZR 275/16 - Rn. 11 mwN). Eine Berufungsbegründung muss gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergeben. Bei mehreren Streitgegenständen muss für jeden eine solche Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem Streitgegenstand, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Begründetheit des einen Anspruchs denknotwendig von der des anderen abhängt (BAG 19. Juli 2016 - 3 AZR 88/15 - Rn. 20 mwN).

34

2. Die Berufungsbegründung vom 16. Oktober 2015 genügt diesen Anforderungen nicht, soweit die Klägerin ihren Anspruch auf eine betriebliche Übung stützt. Das Arbeitsgericht hat angenommen, ein Anspruch aus betrieblicher Übung sei schon deshalb nicht gegeben, weil ein solcher nur entstehen könne, wenn es an einer kollektiv- oder einzelvertraglichen Regelung fehle. Im Streitfall habe die Zahlung jedoch auf einer einzelvertraglichen Grundlage beruht. Mit dieser Begründung setzt sich die Berufung nicht auseinander. Dies war indes erforderlich, weil es sich bei dem geltend gemachten Anspruch auf Zahlung eines halben Monatsgehalts aus betrieblicher Übung um einen eigenen Streitgegenstand und damit einen eigenen Anspruch im prozessualen Sinn handelt. Die Klägerin hat lediglich geltend gemacht, ihr Anspruch ergebe sich „direkt aus dem zugrunde liegenden Arbeitsvertrag, konkret § 3 des zugrunde liegenden Arbeitsvertrags“. Auch ihre weiteren Ausführungen, der Arbeitgeber habe „über Jahrzehnte in jedem Jahr jeweils exakt den Betrag, den er im Arbeitsvertrag auch ausdrücklich ausgewiesen (habe), gänzlich unkommentiert an die Arbeitnehmer, so auch an die Klägerin ausgezahlt“, und die Klägerin habe „über Jahrzehnte exakt das erhalten, was die Beklagte im Arbeitsvertrag auch ausdrücklich bezeichnet hat“, beziehen sich eindeutig auf die vertragliche Anspruchsgrundlage. Auf den Anspruch aus betrieblicher Übung geht die Berufungsbegründung nicht ein. Die Berufung der Klägerin war deshalb insoweit bereits unzulässig.

35

III. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Linck    

        

    Schlünder    

        

    Brune    

        

        

        

    Rigo Züfle    

        

    Stefan Fluri    

                 

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 3. November 2015 - 7 Sa 655/14 - aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung eines Kinderzuschlags nach einem Sozialplan.

2

Die verheiratete Klägerin war bei der Beklagten seit 1995 teilzeitbeschäftigt. Sie hat zwei Kinder. Im Jahr 2013 war sie für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs in Steuerklasse V eingereiht; ihr Ehemann in Steuerklasse III. Die Kinderfreibeträge als Lohnsteuerabzugsmerkmal waren mit dem Zähler 2,0 beim Ehemann berücksichtigt.

3

Wegen einer Unternehmensumstrukturierung vereinbarte die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat am 4. Dezember 2013 einen Sozialplan. Dieser sieht neben einer Grundabfindung ua. einen Zuschlag iHv. 2.500,00 Euro brutto „für jedes auf der Lohnsteuerkarte zum 4. Dezember 2013 vermerktes Kind“ vor. Die Beklagte zahlte der Klägerin, welche ihr Arbeitsverhältnis durch Eigenkündigung beendete, eine Sozialplanabfindung in Höhe der Grundabfindung.

4

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Zahlung einer weiteren Abfindung verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, bei der Berechnung der Abfindung sei der im Sozialplan geregelte Kinderzuschlag zu berücksichtigen.

5

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.000,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. März 2014 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat Termin zur mündlichen Verhandlung am 4. August 2015 anberaumt. Die Niederschrift über diese öffentliche Sitzung weist ua. aus:

        

In dem Rechtsstreit

        

…       

        

erscheinen bei Aufruf:

        

1.    

die Klägerin mit Rechtsanwalt Dr. J

        

2.    

für die Beklagte: Rechtsanwältin K mit Herrn U, Personaldirektor bei der Beklagten

        

Die Parteien verhandeln zur Sache.

        

Die Vorsitzende verkündet folgenden

        

Beschluss:

                 

Die Beklagte kann bis 31.08.2015 zum Schriftsatz der Klägerin vom 24.07.2015 Stellung nehmen.

                 

Die Klägerin kann bis 21.09.2015 zum Schriftsatz der Beklagten vom 03.08.2015 und zu dem zu erwartenden Schriftsatz Stellung nehmen.“

8

Nach Verlängerung der Schriftsatzfristen für die Parteien und Eingang von Schriftsätzen beider Parteien hat das Landesarbeitsgericht Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 3. November 2015 bestimmt. In diesem Termin hat es ein die arbeitsgerichtliche Entscheidung abänderndes und der Klage stattgebendes Urteil verkündet. Eine Ausfertigung des vollständig abgefassten Urteils ist den Parteien am 24. Februar 2016 zugestellt worden. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO).

10

I. Die Revision ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht bereits deshalb begründet, weil die Berufung der Klägerin gegen das ihre Klage abweisende arbeitsgerichtliche Urteil unzulässig war.

11

1. Die Zulässigkeit der Berufung ist eine von Amts wegen zu prüfende Prozessfortsetzungsvoraussetzung. Unerheblich ist, dass das Landesarbeitsgericht die Berufung als zulässig angesehen hat. Nach § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht (vgl. BAG 23. Februar 2016 - 1 AZR 73/14 - Rn. 27, BAGE 154, 136).

12

2. Dem wird die Berufungsbegründung gerecht. In ihr ist ua. - sinngemäß - ausgeführt, die arbeitsgerichtliche Argumentation unter Verweis auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12. März 1997 (- 10 AZR 648/96 - BAGE 85, 252) vernachlässige den Umstand, dass bei der Klägerin aus lohnsteuerrechtlichen Gründen kein Kinderfreibetrag berücksichtigungsfähig sei, womit sich die zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nicht befasst habe. Damit hat die Klägerin ausreichend deutlich gemacht, dass und aus welchem Grund sie die entsprechende Erwägung des Arbeitsgerichts für fehlerhaft hält.

13

II. Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO in der Sache entschieden.

14

1. Gemäß § 528 ZPO unterliegen der Prüfung und Entscheidung des Berufungsgerichts nur die Berufungsanträge. Das Urteil des ersten Rechtszugs darf nur insoweit abgeändert werden, wie eine Abänderung beantragt ist. Das Antragserfordernis trägt der Notwendigkeit Rechnung, den Gegenstand des Prozesses konkret zu bestimmen. Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist; auch darf es nicht etwas Anderes zusprechen als das Beantragte (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dem Antragserfordernis kann nicht durch eine bloße streitige Erörterung der Sach- und Rechtslage Genüge getan werden. Aus Gründen der prozessualen Klarheit und der Notwendigkeit, die Sachentscheidungsbefugnis des Gerichts näher zu bestimmen, bedarf es einer konkreten, auf die Sachentscheidung des Gerichts ausgerichteten Antragstellung (BAG 7. Juni 2016 - 1 ABR 26/14 - Rn. 8 mwN).

15

2. Gemäß § 297 Abs. 1 ZPO sind die Anträge aus den vorbereitenden Schriftsätzen zu verlesen. Soweit sie darin nicht enthalten sind, müssen sie aus einer dem Protokoll als Anlage beizufügenden Schrift verlesen werden. Der Vorsitzende kann auch gestatten, dass die Anträge zu Protokoll erklärt werden. Nach § 297 Abs. 2 ZPO kann die Verlesung dadurch ersetzt werden, dass die Parteien auf die Schriftsätze Bezug nehmen, welche die Anträge enthalten. Ausnahmsweise kann die Annahme einer konkludenten Antragstellung in Betracht kommen (dazu BAG 28. August 2008 - 2 AZR 63/07 - Rn. 20 f., BAGE 127, 329).

16

3. In Anwendung dieser Grundsätze kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin den Antrag, über den das Landesarbeitsgericht befunden hat, gestellt hat.

17

a) Das über die Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht gefertigte Protokoll, zu dessen unabdingbaren Inhalten nach § 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO die Feststellung der Anträge gehört, weist keine Antragstellung aus. Auch in dem protokollierten Umstand „Die Parteien verhandeln zur Sache.“ liegt keine (konkludente) Antragstellung.

18

b) Aus den Angaben zu den Anträgen der Parteien im Tatbestand des angefochtenen Berufungsurteils folgt keine Antragstellung. Zwar liefert der Tatbestand eines Urteils nach § 314 Satz 1 ZPO den Beweis für das mündliche Parteivorbringen vor dem erkennenden Gericht, was auch die Abgabe von Prozesserklärungen einschließt(BGH 19. März 2013 - VIII ZB 45/12 - Rn. 11 mwN). Dabei kann auf sich beruhen, ob sich die Beweiskraft des Tatbestands eines Urteils nach § 314 Satz 1 ZPO bei in ihm wiedergegebenen Anträgen ohnehin nur auf die Tatsache ihrer Verlesung oder Erhebung - und nicht ihren Inhalt - bezieht(so BVerwG 3. Juli 1987 - 4 C 12/84 -; Thomas/Putzo/Reichold ZPO 38. Aufl. § 314 Rn. 1; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 76. Aufl. § 314 Rn. 5 Stichwort „Antragsinhalt“; vgl. aber auch BGH 18. Juli 2013 - III ZR 208/12 - Rn. 8). Ebenso muss nicht darüber befunden werden, ob im vorliegenden Fall die Beweiskraft des Tatbestands deshalb entfällt, weil dessen Berichtigung im Hinblick auf § 320 Abs. 2 Satz 3 ZPO von vornherein ausgeschlossen war. Tatbestandlichen Feststellungen kommt nämlich die Beweiskraft des § 314 Satz 1 ZPO nicht zu, wenn und soweit sie Widersprüche, Lücken oder Unklarheiten aufweisen und sich diese Mängel aus dem Urteil selbst ergeben(vgl. BGH 24. März 2016 - I ZR 185/14 - Rn. 21; 12. Mai 2015 - VI ZR 102/14 - Rn. 48). Das ist hier der Fall. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag der Klägerin in der Berufungsinstanz dahingehend wiedergegeben, dass er die Abänderung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung und eine Verurteilung der Beklagten „nach den Schlussanträgen der 1. Instanz“ umfasst. Der Inhalt der „Schlussanträge“ ist jedoch im Tatbestand des Berufungsurteils nicht angegeben.

19

4. Der Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO kann in der Revisionsinstanz grundsätzlich nicht dadurch geheilt werden, dass - wie hier von der Klägerin begehrt - die Zurückweisung der Revision beantragt wird, da dies eine in der Revisionsinstanz unzulässige Antragsänderung oder -erweiterung ermöglichen würde(vgl. BAG 7. Juni 2016 - 1 ABR 26/14 - Rn. 11).

20

5. Das Berufungsurteil ist aufzuheben und die Sache zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat wegen des Mangels der Antragstellung in der Berufungsinstanz verwehrt.

        

    Schmidt    

        

    Treber    

        

    K. Schmidt    

        

        

        

    Fritz    

        

    N. Schuster    

                 

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 7. August 2012 - 2 Sa 38/12 E - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 30. November 2011 - 7 Ca 1032/11 E - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, den Kläger für die Zeit vom 1. Februar 2009 bis zum 13. Dezember 2012 entsprechend der Besoldungsgruppe B 5 BBesO in der für Beamte des beklagten Landes in diesem Zeitraum jeweils geltenden Höhe zu vergüten.

3. Das beklagte Land hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des beklagten Landes, dem Kläger für die Dauer der vertretungsweisen Wahrnehmung der Geschäfte eines Abteilungsleiters eine höhere als die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung zu zahlen.

2

Der 1954 geborene Kläger ist seit 1991 Angestellter des beklagten Landes. Im Arbeitsvertrag vom 16. Dezember 1991 vereinbarten die Parteien ua.:

        

„§1

        

Herr/Frau

T       

        

wird ab

01.10.1991

        

(x)     

als vollbeschäftigte/r Angestellte/r

        

…       

        
        

(x)     

auf unbestimmte Zeit

        

…       

        
        

beschäftigt.

        
        

In dringenden Fällen hat der/die Angestellte auf Anordnung des Arbeitgebers darüber hinaus Arbeit zu leisten.

        

§ 2

        

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung.

        

…       

        

§ 4

        

Die Eingruppierung und die Vergütung richten sich

        

(x)     

nach der Vergütungsordnung (Anlagen 1a und 1b zum BAT)

        

…       

        
        

Der/Die Angestellte ist danach eingruppiert in die Vergütungsgruppe I BAT-W (§ 22 Abs. 3 BAT).“

3

Die Parteien änderten mit Wirkung vom 1. Oktober 1996 § 4 Arbeitsvertrag dahingehend ab, dass der Kläger „eine außertarifliche Vergütung entsprechend der Besoldungsgruppe B2 der Bundesbesoldungsordnung (BBesO)“ erhält.

4

Mit Schreiben vom 11. März 2005 wies das beklagte Land dem Kläger den Dienstposten des Leiters des Referats 41 im Ministerium für Arbeit und Soziales zu und übertrug ihm „für die Zeit der Abwesenheit der Abteilungsleitung“ die Funktion eines stellvertretenden Leiters der Abteilung 4. Der damalige Abteilungsleiter trat mit Ablauf des 31. Januar 2009 in den Ruhestand. Das Ministerium für Arbeit und Soziales schrieb den Dienstposten der Abteilungsleitung im Dezember 2008 aus mit dem Hinweis, der Dienstposten sei mit der Besoldungsgruppe B 5 BBesO bewertet. Im Januar 2009 beauftragte es den Kläger mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Leiters der Abteilung 4 zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Referatsleiter. Aufgrund einer Konkurrentenklage verzögerte sich die Besetzung der Abteilungsleitung.

5

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung mit Schreiben vom 14. Mai 2009 und 10. September 2009 hat der Kläger mit der am 11. April 2011 eingereichten Klage unter Berufung auf § 612 Abs. 1 BGB verlangt, ihn für die Dauer der vertretungsweisen Wahrnehmung der Geschäfte eines Abteilungsleiters entsprechend der Besoldungsgruppe B 5 BBesO zu vergüten.

6

Der Kläger hat in den Vorinstanzen beantragt,

        

das beklagte Land zu verurteilen, ihn entsprechend der Beamtenbesoldung nach der Besoldungsgruppe B 5 BBesO zu vergüten und rückwirkend seit dem 1. Februar 2009 die Differenz zwischen einer Vergütung nach der Besoldungsgruppe B 5 BBesO und der tatsächlich gezahlten Besoldung gemäß Besoldungsgruppe B 2 BBesO zu zahlen, jeweils zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus den monatlichen Differenzen seit dem Letzten eines jeden Monats, beginnend mit dem Februar 2009.

7

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, für das Verlangen des Klägers bestehe keine Anspruchsgrundlage. Auch Beamte seinen verpflichtet, ohne zusätzliche Besoldung höherwertige Vertretungstätigkeit zu übernehmen. Jedenfalls sei ein eventueller Anspruch für den Monat Februar 2009 wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung innerhalb der Ausschlussfrist des § 37 TV-L verfallen.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage als unbegründet abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Nachdem im Laufe des Revisionsverfahrens der Kläger mit Wirkung vom 14. Dezember 2012 zum Abteilungsleiter befördert worden ist, konkretisiert er seinen Sachantrag nunmehr dahingehend

        

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, den Kläger für die Zeit vom 1. Februar 2009 bis zum 13. Dezember 2012 entsprechend der Besoldungsgruppe B 5 BBesO in der für Beamte des beklagten Landes in diesem Zeitraum jeweils geltenden Höhe zu vergüten.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet.

10

I. Die Klage ist in der gebotenen Auslegung als Elementenfeststellungsklage - nach der Beförderung des Klägers zum Abteilungsleiter zuletzt gerichtet auf die Feststellung, dass das beklagte Land verpflichtet ist, den Kläger für die Zeit vom 1. Februar 2009 bis zum 13. Dezember 2012 entsprechend der Besoldungsgruppe B 5 BBesO in der für Beamte des beklagten Landes in diesem Zeitraum jeweils geltenden Höhe zu vergüten - zulässig.

11

1. Allerdings lässt - wovon das Arbeitsgericht ausgegangen ist - der Wortlaut des in den Vorinstanzen formulierten Klageantrags ein Verständnis als Leistungsantrag zu. Ein solcher bedarf aber, wie das beklagte Land in der Berufungsbegründung zu Recht gerügt hat, stets der Bezifferung, ansonsten er nicht hinreichend bestimmt ist, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Daran fehlt es im Streitfall. Der Klageantrag wäre deshalb als Leistungsantrag unzulässig, unabhängig davon, dass er in den Vorinstanzen - wegen der andauernden Stellenvakanz notwendigerweise - auch auf künftige Leistung gerichtet gewesen wäre, ohne die Anforderungen des § 259 ZPO zu erfüllen(vgl. BAG 22. Oktober 2014 - 5 AZR 731/12 - Rn. 40 ff. mwN).

12

2. Die Gerichte sind gehalten, Anträge nach Möglichkeit so auszulegen, dass hierdurch eine vom Kläger erkennbar erstrebte Sachentscheidung ermöglicht wird (BAG 27. August 2014 - 4 AZR 518/12 - Rn. 15 mwN). Das Landesarbeitsgericht hat deshalb zu Recht den Klageantrag als Feststellungsantrag ausgelegt. Dieser Auslegung ist der Kläger mit der Konkretisierung seines Sachantrags in der Revisionsinstanz gefolgt.

13

a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Bedingungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage (st. Rspr., vgl. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165; 27. August 2014 - 4 AZR 518/12 - Rn. 13).

14

Eine Feststellungsklage setzt nach § 256 Abs. 1 ZPO weiterhin ein rechtliches Interesse des Klägers voraus, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Dieses besondere Feststellungsinteresse muss als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Revisionsinstanz, gegeben sein. Sein Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen (st. Rspr., zB BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 14, BAGE 124, 240).

15

Ein solches Feststellungsinteresse ist nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt wird. Es fehlt, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen werden kann. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen. Das setzt bei einem auf die Feststellung der Rechtsgrundlage der Vergütung gerichteten Antrag voraus, dass über weitere Faktoren, die die Vergütungshöhe bestimmen, kein Streit besteht und die konkrete Bezifferung dann lediglich eine Rechenaufgabe ist, die von den Parteien ebenso unstreitig durchgeführt werden kann wie die Umsetzung der weiteren Zahlungsmodalitäten (BAG 27. August 2014 - 4 AZR 518/12 - Rn. 15 mwN).

16

b) Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend das Feststellungsinteresse gegeben. Denn der Streit der Parteien geht ausschließlich darum, ob dem Kläger durchgehend nur die vereinbarte Vergütung nach der Besoldungsgruppe B 2 BBesO oder für die - nach Ende der Stellenvakanz - datumsmäßig bestimmte Zeit der Vertretung der Abteilungsleitung Vergütung nach der Besoldungsgruppe B 5 BBesO zusteht. Die konkrete Bezifferung des Differenzbetrages ist für das beklagte Land lediglich eine Rechenaufgabe. Desgleichen ist zu erwarten, dass das beklagte Land als juristische Person des öffentlichen Rechts einer rechtskräftig festgestellten Zahlungsverpflichtung nachkommen wird, ohne dass eine zusätzliche Leistungsklage erforderlich wäre.

17

c) § 256 Abs. 1 ZPO verlangt zudem ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung. Erforderlich ist deshalb grundsätzlich, dass es sich um ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis handelt. Wird ein Antrag auf Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet, ist dieser nur zulässig, wenn sich aus der Entscheidung noch Rechtsfolgen für die Zukunft ergeben (BAG 16. November 2011 - 4 AZR 839/09 - Rn. 24 mwN). Diese Voraussetzung ist erfüllt, denn es geht - wenn auch für einen vergangenen Zeitraum - um eine Verpflichtung des beklagten Landes aus einem gegenwärtigen Rechtsverhältnis.

18

d) Das Feststellungsinteresse ist nicht durch die in der Revisionsinstanz erfolgte zeitliche Konkretisierung des Antrags durch einen Endtermin der festzustellenden Verpflichtung, die erst mit dem Ende der Stellenvakanz möglich war, entfallen. Der mit dem Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit begründete Vorrang der Leistungsklage steht dem nicht entgegen. Die Möglichkeit der Leistungsklage schließt das Feststellungsinteresse nicht schlechthin aus (BAG 12. Oktober 1961 - 5 AZR 294/60 - zu II der Gründe, BAGE 11, 312). Da der Kläger in den Tatsacheninstanzen eine nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässige Feststellungsklage erhoben hatte, war er nicht verpflichtet, aufgrund eines „überholenden Ereignisses“ in der Revisionsinstanz - der Besetzung der vakanten Stelle der Abteilungsleitung mit dem Kläger und dem damit einhergehenden Abschluss eines Änderungsvertrags zum Arbeitsvertrag - zur Leistungsklage überzugehen(vgl. BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 580/10 - Rn. 20 mwN).

19

II. Die Klage ist begründet. Das beklagte Land ist nach § 612 Abs. 1 BGB verpflichtet, den Kläger für die Ausübung der Tätigkeit eines Abteilungsleiters während der Stellenvakanz entsprechend der Besoldungsgruppe B 5 BBesO in der für Beamte des beklagten Landes in diesem Zeitraum jeweils geltenden Höhe zu vergüten.

20

1. Die Vertretung der Abteilungsleitung während einer Stellenvakanz ist nicht von der arbeitsvertraglichen Vergütungsabrede mit umfasst. Denn nach § 611 Abs. 1 BGB schuldet der Arbeitnehmer für die vereinbarte Vergütung nur die vereinbarte Tätigkeit.

21

a) Die Tätigkeitsabrede - „als vollbeschäftigte/r Angestellte/r“ - in § 1 Arbeitsvertrag ist mitsamt den sie konkretisierenden Weisungen wie eine Allgemeine Geschäftsbedingung anhand von § 305c Abs. 2, §§ 306, 307 - 309 BGB zu beurteilen. Denn das beklagte Land hat unter Verwendung eines vor der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst üblichen Formulars den Arbeitsvertrag vorformuliert, dem Kläger in dieser Form angeboten und damit im Rechtssinne gestellt. Ob es sich dabei um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung handelt (§ 305 Abs. 1 BGB), bedarf keiner weiteren Aufklärung, denn der Arbeitsvertrag ist ein Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB(vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 20; 27. Juni 2012 - 5 AZR 530/11 - Rn. 14). Auf die vorformulierte Tätigkeitsbeschreibung und die sie ausfüllenden Schreiben des beklagten Landes konnte der Kläger keinen Einfluss nehmen.

22

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Dabei unterliegt die Auslegung der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (st. Rspr., vgl. zB BAG 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 15 mwN).

23

b) Danach haben die Parteien eine rahmenmäßig umschriebene Tätigkeit als Angestellter vereinbart, die das beklagte Land zuletzt mit Organisationsverfügung vom 11. März 2005 dahingehend konkretisiert hat, dass dem Kläger die Leitung des Referats 41 zugewiesen und ihm „für die Zeit der Abwesenheit der Abteilungsleitung“ die Funktion eines stellvertretenden Leiters der Abteilung 4 übertragen wurde. Letzteres darf der durchschnittliche Arbeitnehmer so verstehen, dass damit die üblichen Abwesenheiten wie Urlaub, Krankheit, Dienstreise uä. gemeint sind. Wenn die Konkretisierung der Tätigkeitsklausel auch eine - noch dazu mehrjährige - Stellenvakanz erfassen soll, hätte dies klar und deutlich zum Ausdruck gebracht werden müssen (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Somit unterfällt die streitgegenständliche Vertretungstätigkeit nicht der Vergütungsabrede der Parteien.

24

2. § 612 Abs. 1 BGB umfasst neben der quantitativen Mehrarbeit auch die qualitative Mehrleistung, also das Erbringen höherwertiger Leistungen als die vertraglich geschuldeten(st. Rspr., vgl. nur BAG 3. September 1997 - 5 AZR 428/96 - zu III 1 a der Gründe, BAGE 86, 261; 10. Februar 2015 - 9 AZR 289/13 - Rn. 14, jeweils mwN). Dabei geht es nicht darum, ob der Arbeitnehmer verpflichtet ist, eine höherwertige Tätigkeit als die arbeitsvertraglich vereinbarte auszuüben (vgl. aber BAG 4. Oktober 1972 - 4 AZR 475/71 - BAGE 24, 452; 16. Februar 1978 - 3 AZR 723/76 - zu I 1 a der Gründe). § 612 Abs. 1 BGB regelt sowohl den Fall, dass der Arbeitnehmer - unabhängig davon, ob er hierzu rechtlich verpflichtet ist - auf Veranlassung des Arbeitgebers quantitativ mehr arbeitet als von der Vergütungsabrede erfasst, als auch den, dass der Arbeitnehmer eine qualitativ höherwertige Tätigkeit als die nach der Tätigkeitsabrede geschuldete erbringt. Dabei setzt die Norm stets voraus, dass die Leistung „den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist“.

25

a) Diese nach § 612 Abs. 1 BGB erforderliche objektive Vergütungserwartung ist - ohne dass es weiterer Darlegungen des Anspruchstellers bedürfte - bei der qualitativen Mehrleistung gegeben, wenn im betreffenden Wirtschaftszweig oder der betreffenden Verwaltung Tarifverträge gelten, die für eine vorübergehend und/oder vertretungsweise ausgeübte höherwertige Tätigkeit eine zusätzliche Vergütung vorsehen(vgl. - zur quantitativen Mehrarbeit - BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 20, BAGE 139, 44; 27. Juni 2012 - 5 AZR 530/11 - Rn. 19 mwN).

26

b) Das ist vorliegend der Fall. Denn das Arbeitsverhältnis der Parteien bestimmt sich trotz der im Änderungsvertrag vom 21. Oktober 1996 vereinbarten übertariflichen Vergütung gemäß § 2 Arbeitsvertrag vom 16. Dezember 1991 nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Nachdem bereits § 24 Abs. 2 BAT unter bestimmten Voraussetzungen eine zusätzliche Vergütung für eine vertretungsweise ausgeübte höherwertige Tätigkeit vorsah, sieht seit der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst der Länder am 1. November 2006 § 14 Abs. 1 TV-L vor, dass der Beschäftigte, dem vorübergehend eine andere Tätigkeit übertragen wird, die den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren Entgeltgruppe entspricht, und diese Tätigkeit mindestens einen Monat ausgeübt wird, für die Dauer der Ausübung eine persönliche Zulage rückwirkend ab dem ersten Tag der Übertragung der Tätigkeit erhält. Diese bemisst sich grundsätzlich aus dem Unterschiedsbetrag zu dem Betrag, der sich für den Beschäftigten bei dauerhafter Übertragung der höherwertigen Tätigkeit ergeben hätte, § 14 Abs. 3 Satz 1 TV-L. Dazu haben die Tarifvertragsparteien in der Niederschriftserklärung zu § 14 Abs. 1 TV-L klargestellt, dass die vertretungsweise Übertragung der höherwertigen Tätigkeit ein Unterfall der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit ist.

27

Mithin war aufgrund des im Streitzeitraum arbeitsvertraglich in Bezug genommenen TV-L eine objektive Vergütungserwartung für die Vertretung des Abteilungsleiters während der Stellenvakanz gegeben.

28

3. Die Höhe der zusätzlichen Vergütung bemisst sich nach § 612 Abs. 2 BGB. „Übliche Vergütung“ iSd. Norm ist bei einer vorübergehenden höherwertigen Vertretungstätigkeit die Vergütung, die der Vertretene üblicherweise beim in Anspruch genommenen Arbeitgeber erhält. Das ist im Streitfall eine Vergütung nach der Besoldungsgruppe B 5. Unabhängig davon, dass sich dies für Abteilungsleiter in Ministerien des beklagten Landes schon aus der sachsen-anhaltinischen Besoldungsordnung ergibt, war die Stelle der Abteilungsleitung in der Abteilung 4 mit „Besoldungsgruppe B 5 Bundesbesoldungsordnung“ ausgeschrieben. Dementsprechend erhält der Kläger nach seiner Beförderung zum Abteilungsleiter ab der dauerhaften Übertragung der Führungsfunktion außertarifliches Entgelt in Höhe der Besoldung eines vergleichbaren Beamten des Landes Sachsen-Anhalt der Besoldungsgruppe B 5 BBesO. Zudem hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass eine im Angestelltenverhältnis beschäftigte Abteilungsleiterin im Ministerium für Arbeit und Soziales eine entsprechende Vergütung erhält.

29

4. Die sechsmonatige Ausschlussfrist des § 37 Satz 1 TV-L hat der Kläger auch für den Monat Februar 2009 gewahrt. Aus seinem Schreiben vom 14. Mai 2009 wird hinreichend deutlich, dass er für die Vertretung der vakanten Abteilungsleitung eine zusätzliche Vergütung in Höhe der Differenz der gezahlten Vergütung zu einer solchen nach der Besoldungsgruppe B 5 BBesO begehrt. In diesem Sinne hat das beklagte Land - wie insbesondere das Antwortschreiben des Ministeriums der Finanzen belegt - das Petitum des Klägers auch verstanden.

30

III. Das beklagte Land hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Buschmann    

        

    Feldmeier    

                 

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 22. Januar 2015 - 4 Sa 1072/14 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 25. Juni 2014 - 1 Ca 86/14 - im Kostenausspruch abgeändert und festgestellt, dass die Entscheidung über die Änderungsschutzklage gegenstandslos ist.

3. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben bei einem Streitwert von 4.046,24 Euro die Klägerin zu ¾, die Beklagte zu ¼ zu tragen. Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung.

2

Die Klägerin war seit Januar 2008 als Reinigungskraft bei der Beklagten beschäftigt. Sie war zuletzt in einem Objekt in N eingesetzt. Mit einem Schreiben vom 26. Februar 2014 forderte die Beklagte sie auf, zukünftig in W tätig zu werden. Das Versetzungsschreiben lautete auszugsweise:

        

„Die Firma A GmbH hat uns gegenüber ein Hausverbot für Sie ausgesprochen. Die Firma hat uns mitgeteilt, dass sie in den dortigen Geschäftsräumen nicht mehr tätig werden dürfen. Ich kann sie deshalb leider in diesen Geschäftsräumen nicht mehr einsetzen.

        

Unser Reinigungsauftrag bei der Fa. N GmbH, …, wurde zum 21.02.14 gekündigt. Hier kann ich Sie leider auch nicht mehr einsetzen. Ich habe deshalb vorsorglich die ihnen ebenfalls mit gleicher Post zugestellte Änderungskündigung zum 01.05.2014 ausgesprochen.

        

Ich fordere Sie allerdings bereits jetzt auf, ab Genesung (derzeit sind Sie arbeitsunfähig krankgeschrieben), Ihre Tätigkeit in W zu erbringen. Bitte finden Sie sich am ersten Werktag nach Ablauf Ihre Arbeitsunfähigkeit in unseren Geschäftsräumen … um 9.00 Uhr ein, damit ich mit Ihnen den weiteren Einsatz in W abstimmen kann.“

3

Mit einem weiteren Schreiben vom 26. Februar 2014 kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis „unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum 30.04.2014.“ Gleichzeitig bot sie der Klägerin an,

        

„ab dem 01.05.2014 zu geänderten Bedingungen weiterzuarbeiten.

        

Ab dem 01.05.2014 haben Sie Ihre Arbeitsleistung in W zu erbringen. Im Übrigen bleibt der Arbeitsvertrag in seinem Umfang auch nach dem 01.05.2014 bestehen, …“

4

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 13. März 2014 nahm die Klägerin das unterbreitete Änderungsangebot unter dem Vorbehalt an, dass die

        

„Änderung der Arbeitsbedingungen bzw. die damit verbundene Kündigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses nicht sozial ungerechtfertigt oder aus sonstigen Gründen unwirksam sind.“

5

Die Klägerin hat rechtzeitig die vorliegende Änderungsschutzklage erhoben. Sie hat gemeint, die Änderungskündigung sei schon deshalb unwirksam, weil als milderes Mittel die Ausübung des Direktionsrechts in Betracht gekommen sei. Die Kündigung sei überdies sozial ungerechtfertigt.

6

Zuvor hatte die Klägerin gesondert Klage gegen die einseitige Weisung erhoben, in W tätig zu werden, und beantragt,

        

        

die Beklagte zu verurteilen, sie als Reinigungskraft im Betrieb der Firma A GmbH in N weiterzubeschäftigen;

                 

hilfsweise

                 

festzustellen, dass die mit Schreiben der Beklagten vom 26. Februar 2014 ausgesprochene Versetzung nach W unwirksam ist.

7

In dem Verfahren über die Änderungsschutzklage hat die Klägerin beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung der Beklagten vom 26. Februar 2014 sozial ungerechtfertigt oder aus sonstigen Gründen rechtsunwirksam ist;

        

2.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen auch nicht durch andere Tatbestände eingetreten ist;

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, sie im Betrieb der Firma A zu beschäftigen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klagen abzuweisen. Sie hat die Ausübung des Direktionsrechts bzw. die Änderungskündigung für wirksam gehalten.

9

Das Arbeitsgericht hat nach Verbindung des Verfahrens über die Änderungsschutzklage zu dem Verfahren gegen die einseitige Weisung, in W tätig zu werden, festgestellt, dass die mit Schreiben der Beklagten vom 26. Februar 2014 ausgesprochene Versetzung der Klägerin nach W unwirksam ist. Zwar sei die Beklagte grundsätzlich berechtigt, die Klägerin in ein anderes Reinigungsobjekt, auch an einem anderen Ort zu versetzen. Die Versetzung nach W entspreche jedoch nicht billigem Ermessen iSv. § 106 Satz 1 GewO. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die ausschließlich gegen die Abweisung ihrer Änderungsschutzklage eingelegte Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hätte die Entscheidung des Arbeitsgerichts über den Änderungsschutzantrag für gegenstandslos erklären müssen.

11

I. Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, dass das Arbeitsgericht mit der Abweisung der Änderungsschutzklage gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen hat. Dies hat der Senat auch ohne eine hierauf gestützte Verfahrensrüge der Parteien von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. BAG 25. August 2015 - 1 AZR 754/13 - Rn. 18; 17. März 2015 - 1 ABR 49/13 - Rn. 8).

12

1. Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist ein Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Entsprechendes gilt, wenn das Gericht dem Kläger einen Anspruch aberkennt, den dieser nicht zur Entscheidung gestellt hat (st. Rspr., zuletzt BAG 25. August 2015 - 1 AZR 754/13 - Rn. 20; 15. April 2015 - 4 AZR 796/13 - Rn. 21 mwN; BGH 28. Mai 1998 - I ZR 275/95 - zu II 2 a der Gründe).

13

2. So liegt der Fall hier. Die Auslegung der Klageanträge ergibt, dass die Klägerin den Änderungsschutzantrag nur hilfsweise, nämlich auflösend bedingt gestellt hat. Dieser sollte nicht zur Entscheidung anfallen, sofern das Gericht im Zusammenhang mit der Entscheidung über den gegen die einseitige Weisung gerichteten Feststellungsantrag zu der Auffassung gelangt, es habe für die von der Beklagten angestrebte Versetzung keiner Vertragsänderung bedurft.

14

a) Klageanträge sind der Auslegung durch den Senat zugänglich. Es gelten die für Willenserklärungen maßgeblichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB). Für das Verständnis eines Klageantrags ist deshalb nicht am buchstäblichen Wortlaut zu haften. Das Gericht hat den erklärten Willen zu erforschen, wie er sich aus der Klagebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage ergibt (BAG 26. März 2015 - 2 AZR 783/13 - Rn. 14). Im Zweifel ist das gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage des Antragsstellers entspricht (BAG 26. März 2015 - 2 AZR 783/13 - aaO; 26. März 2013 - 3 AZR 77/11 - Rn. 17).

15

b) Danach ist der Änderungsschutzantrag hier so zu verstehen, dass er unter einer auflösenden Bedingung gestellt war. Er sollte für den Fall, dass es nach Auffassung des Gerichts für die von der Beklagten angestrebte Versetzung der Klägerin keiner Vertragsänderung bedurfte, nicht zur Entscheidung anfallen. Die Klägerin hat den Antrag zwar nicht ausdrücklich in dieser Weise bedingt gestellt. Ihr Prozessziel bestand auch erkennbar darin, sich sowohl gegen die einseitige Weisung der Beklagten, in W tätig zu werden, als auch gegen die Änderung ihres Arbeitsorts im Wege der Änderungskündigung zu wehren. Für die zutreffende Einschätzung der Interessenlage ist aber außerdem in den Blick zu nehmen, dass die Beklagte die Änderungskündigung nur „vorsorglich“ erklärt hatte. Das gebietet es, die Änderungsschutzklage als für den Fall nicht erhoben anzusehen, dass die Änderungskündigung gar nicht zum Tragen kommt.

16

aa) Zur Änderung des Orts, an dem der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung erbringen soll, sind die Ausübung des Direktionsrechts des Arbeitgebers einerseits und eine Änderungskündigung andererseits einander ausschließende Gestaltungsmittel. Die Ausübung des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts ist nur zulässig innerhalb der durch den Arbeitsvertrag bestimmten Grenzen, die Änderungskündigung ist dagegen gerichtet auf eine Veränderung der arbeitsvertraglichen Bedingungen (vgl. BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 21; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 14, BAGE 140, 328). Ist, wie häufig, nicht sicher, ob nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen die Versetzung an einen anderen Arbeitsort im Wege des Direktionsrechts möglich ist oder nicht, kann der Arbeitgeber vorsorglich von beiden Gestaltungsmitteln Gebrauch machen, ggf. von der Änderungskündigung nur für den Fall, dass die einseitige Versetzung im Wege des Direktionsrechts nicht möglich ist. In diesem Fall ist die „vorsorglich“ erklärte Änderungskündigung dadurch auflösend bedingt, dass es für die Versetzung einer Änderung der Vertragsbedingungen nicht bedarf. Der Arbeitgeber, der erklärt, er spreche die Änderungskündigung vorsorglich im Sinne von hilfsweise nur für den Fall aus, dass seine Rechtsauffassung, er könne die beabsichtigte Änderung auch ohne Kündigung herbeiführen, in einem Rechtsstreit von den Arbeitsgerichten nicht geteilt werden sollte, bekundet damit, die Kündigung solle nur gelten, wenn er nicht schon einseitig zu der von ihm beabsichtigten Veränderung berechtigt ist, es dazu vielmehr einer Vertragsänderung bedarf (BAG 11. März 1998 - 2 AZR 325/97 - zu II 3 der Gründe; 27. März 1987 - 7 AZR 527/85 - zu I der Gründe; AnwK-ArbR/Nübold 2. Aufl. § 2 KSchG Rn. 62; ErfK/Oetker 16. Aufl. § 2 KSchG Rn. 7; KR/Rost/Kreft 10. Aufl. § 2 KSchG Rn. 54). In diesem Fall soll die Kündigung nicht etwa in für die Ausübung eines einseitigen Gestaltungsrechts unzulässiger Weise von einem künftigen ungewissen Ereignis abhängen, sondern von der bereits beim Zugang der Kündigungserklärung objektiv bestehenden Rechtslage; die Kündigung ist lediglich an eine auflösende sog. Rechtsbedingung geknüpft, was zulässig ist (BAG 3. April 2008 - 2 AZR 500/06 - zu B II 1 der Gründe; 27. März 1987 - 7 AZR 527/85 - aaO; Hromadka NZA 2008, 1338, 1340; Hunold NZA 2008, 860, 863; AnwK-ArbR/Nübold aaO; KR/Rost/Kreft aaO; Löwisch/Spinner/Wertheimer KSchG 10. Aufl. § 2 Rn. 122; Kittner/Däubler/Zwanziger/Zwanziger KSchR 8. Aufl. § 2 KSchG Rn. 113).

17

bb) Die Beklagte hat die Änderungskündigung vom 26. Februar 2014 unter einer solchen Rechtsbedingung erklärt. Sie hat mit zwei Schreiben vom selben Tag die Klägerin sowohl einseitig und mit sofortiger Wirkung nach W versetzt als auch „vorsorglich“ eine entsprechende Änderungskündigung ausgesprochen. Die Maßgabe der „Vorsorglichkeit“ der Änderungskündigung ergibt sich zwar nicht aus dem Änderungskündigungsschreiben, aber aus dem entsprechenden Hinweis in dem Versetzungsschreiben vom selben Tag, welches der Klägerin mit gleicher Post übermittelt wurde. Sie lässt erkennen, dass die Kündigung nach dem Willen der Beklagten nur gelten sollte, wenn es für die angestrebte Versetzung der Klägerin einer Vertragsänderung bedurfte.

18

cc) Wendet sich der Arbeitnehmer in einem solchen Fall gerichtlich sowohl gegen die - einseitige - Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber als auch gegen die auf dasselbe Ziel gerichtete „vorsorgliche“ Änderungskündigung, hat ein zutreffendes Antragsverständnis in den Blick zu nehmen, dass die Änderungskündigung vom Arbeitgeber unter der auflösenden Rechtsbedingung erklärt wurde, dass es für die angestrebte Versetzung des Arbeitnehmers keiner Vertragsänderung bedarf.

19

(1) Der Arbeitnehmer muss sich zwar einerseits, will er nicht riskieren, dass die Fiktionswirkung des § 7 KSchG eintritt, innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG gegen die Änderungskündigung gerichtlich zur Wehr setzen. Andererseits bedarf es dieses Antrags nicht, wenn die nur vorsorglich erklärte Änderungskündigung nicht zum Tragen kommt, weil es einer Änderung der vertraglichen Bedingungen nicht bedurfte. Für diesen Fall soll die nur vorsorglich erklärte Änderungskündigung schon nach dem Willen des Arbeitgebers keine Rechtswirkungen entfalten, ein gegen sie gerichteter Klageantrag wäre abzuweisen.

20

(2) Dem kann der Arbeitnehmer dadurch begegnen, dass er den Änderungsschutzantrag - neben einem Antrag auf Feststellung, dass die einseitige Ausübung des Direktionsrechts unwirksam ist - in der Weise auflösend bedingt stellt, dass seine Rechtshängigkeit entfallen soll, sofern es nach Auffassung des Gerichts keiner Vertragsänderung für die vom Arbeitgeber angestrebte Versetzung bedurfte. Wäre danach über den Änderungsschutzantrag nicht mehr zu entscheiden, träte auch nicht die Fiktionswirkung des § 7 KSchG ein. Die Änderungskündigung hätte vielmehr von Anfang an keine Rechtswirkungen entfaltet. Dies stünde mit der Entscheidung des Gerichts - nach Eintritt ihrer formellen Rechtskraft - auch materiell rechtskräftig fest (§ 322 Abs. 1 ZPO). So, wie bei einem klageabweisenden Urteil die darin enthaltene Feststellung in Rechtskraft erwächst, der erhobene Anspruch bestehe nicht (vgl. dazu Stein/Jonas/Leipold ZPO 22. Aufl. § 322 Rn. 103 ff. mwN), liegt in der Entscheidung, die auflösende Bedingung für den Hilfsantrag sei eingetreten, zugleich die der Rechtskraft fähige Feststellung, es habe für die vom Arbeitgeber mit der Änderungskündigung angestrebte Versetzung keiner Vertragsänderung bedurft. Dieses Verständnis der materiellen Rechtskraft einer entsprechenden Entscheidung ist schon deshalb geboten, weil es zwischen den Parteien anderenfalls mit Blick auf die Klageobliegenheit des Arbeitnehmers gem. §§ 4, 7 KSchG und den Umstand, dass das Gericht keine Feststellung iSv. § 8 KSchG trifft, erneut zu Streit über die Wirksamkeit der Änderungskündigung kommen könnte. Für den Fall, dass das Gericht nicht zu der Beurteilung gelangt, es habe für die angestrebte Versetzung keiner Vertragsänderung bedurft, fällt der Änderungsschutzantrag hingegen zur Entscheidung an.

21

dd) Die Antragstellung unter einer entsprechenden innerprozessualen Bedingung ist zulässig.

22

(1) Die Klageerhebung selbst kann allerdings nicht von einer Bedingung abhängig gemacht werden. Das Bestehen des Prozessrechtsverhältnisses muss vielmehr feststehen (Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. § 253 Rn. 1 sowie vor § 128 Rn. 20). Zulässig ist es aber, einen einzelnen Klageantrag zB hilfsweise zu stellen, also von dem Ergebnis einer Sachentscheidung des Gerichts über einen anderen Anspruch abhängig zu machen (Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. § 253 Rn. 1; Musielak/Voit/Foerste ZPO 12. Aufl. § 253 Rn. 29). Bei einer solchen Antragstellung in Abhängigkeit voneinander handelt es sich um eine nach § 260 ZPO zulässige Eventualklagehäufung(Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. § 260 Rn. 4). Der Hilfsantrag begründet die auflösend bedingte Rechtshängigkeit des Hilfsanspruchs mit der Folge, dass eine Sachentscheidung über ihn nicht zu ergehen hat, wenn die innerprozessuale Bedingung eintritt (Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. § 260 Rn. 4a; Rosenberg/Schwab/Gottwald Zivilprozessrecht 17. Aufl. § 97 Rn. 20). Seine Rechtshängigkeit endet ggf. ohne besonderen Ausspruch rückwirkend mit Eintritt der auflösenden Bedingung (Zöller/Greger aaO; Stein/Jonas/Roth ZPO 22. Aufl. § 260 Rn. 17).

23

(2) Ein Antrag darf demnach nur unter eine innerprozessuale Bedingung gestellt werden. Dies muss aber nicht notwendigerweise das Unterliegen oder Obsiegen mit dem Hauptantrag sein, also eine bestimmte Entscheidung des Gerichts über den mit dem Hauptantrag verfolgten Anspruch. Es ist ebenso zulässig, über einen Antrag nur für den Fall eine Sachentscheidung zu begehren, dass das Gericht im Zusammenhang mit dem Hauptantrag eine Rechtsfrage in einer bestimmten Weise beurteilt (vgl. auch BAG 19. November 2015 - 6 AZR 559/14 - Rn. 18; 19. November 2015 - 6 AZR 674/14 - Rn. 17; BGH 10. November 1983 - VII ZR 72/83 - zu I und I 3 der Gründe; 10. Juli 1961 - VIII ZR 64/60 - zu I 1 der Gründe).

24

(3) Danach kann auch ein Änderungsschutzantrag unter der auflösenden Bedingung gestellt werden, dass das Gericht im Zusammenhang mit dem (Haupt-)Antrag gegen eine auf dasselbe Ziel gerichtete einseitige Versetzung zu der Rechtsauffassung gelangt, die angestrebte Versetzung habe keiner Vertragsänderung bedurft. Es verbleibt ein unbedingter Hauptantrag, und der Änderungsschutzantrag ist nur unter eine innerprozessuale auflösende Bedingung gestellt.

25

ee) Der von der Klägerin im Streitfall angekündigte Änderungsschutzantrag ist als in dieser Weise auflösend bedingt zu verstehen. Nur dies wird dem Umstand gerecht, dass die Klägerin es einerseits für erforderlich hielt, sich auch gegen die Änderungskündigung zur Wehr zu setzen, es aber andererseits nicht ihrem Interesse entsprach, das Kostenrisiko dafür zu tragen, dass die Änderungskündigung wegen Eintritts der auflösenden Bedingung, unter die sie als „vorsorgliche“ gestellt war, gegenstandslos war. Das Verständnis des Antrags in diesem Sinne ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin den Änderungsschutzantrag und den Antrag auf Feststellung, dass die - einseitige - Versetzung unwirksam war, zunächst in getrennten Verfahren anhängig gemacht hat. Zwar konnte der Änderungsschutzantrag isoliert - also ohne einen anderweitigen (Haupt-)Antrag - nicht in zulässiger Weise auflösend bedingt durch eine - in diesem Fall außerprozessuale - Bedingung gestellt werden. Das Arbeitsgericht hat aber die zunächst getrennten Verfahren zu Recht nach § 147 ZPO verbunden. Dies war schon deshalb geboten, um einander widersprechende Entscheidungen über das Erfordernis einer Vertragsänderung für die von der Beklagten angestrebte Versetzung der Klägerin zu vermeiden. Es hat lediglich verkannt, dass dies auch ein Antragsverständnis erforderte, nach welchem der Änderungsschutzantrag unter der bezeichneten auflösenden Bedingung stand.

26

c) Die auflösende Bedingung, unter der der Änderungsschutzantrag gestellt war, ist eingetreten. Das Arbeitsgericht hat angenommen, dass eine Versetzung der Klägerin nach W durch Ausübung des Direktionsrechts der Beklagten an sich möglich war, es also einer Vertragsänderung nicht bedurfte. Der Änderungsschutzantrag ist ihm daher nicht zur Entscheidung angefallen.

27

II. Auf die Berufung der Klägerin hätte das Landesarbeitsgericht die Entscheidung des Arbeitsgerichts über den Änderungsschutzantrag, um eine sonst eintretende Rechtskraft zu verhindern, für gegenstandslos erklären müssen (vgl. BAG 25. August 2015 - 1 AZR 754/13 - Rn. 23). Dies war im Entscheidungsausspruch aus Gründen der Klarstellung festzustellen (vgl. BAG 25. August 2015 - 1 AZR 754/13 - aaO; 7. August 2012 - 9 AZR 189/11 - Rn. 8).

28

1. Der Verfahrensverstoß des Arbeitsgerichts ist nicht dadurch geheilt worden, dass die Klägerin den Änderungsschutzantrag im Berufungsverfahren - anders als nach der zutreffenden Auslegung ihrer Antragstellung in erster Instanz - unbedingt gestellt hätte. Es gibt keine Anhaltspunkte für die Absicht einer Antragsänderung. Die Frage, wie die Klageanträge richtigerweise zu verstehen waren, ist weder vom Arbeitsgericht noch vom Landesarbeitsgericht problematisiert worden. Die Klägerin selbst hat dazu ebenfalls nicht ausdrücklich Stellung genommen. Auch spricht das Ziel ihrer Berufung, sich gegen eine kostenpflichtige Abweisung ihres Änderungsschutzantrags zur Wehr zu setzen, gegen eine Antragsänderung.

29

2. Es ist keine Korrektur des Wortlauts des Entscheidungsausspruchs des Arbeitsgerichts veranlasst, soweit dieses die Klage „im Übrigen“ abgewiesen hat. Dieser bleibt bezogen auf die weiteren, rechtskräftig abgewiesenen Klageanträge zutreffend. Zur Klarstellung war lediglich festzustellen, dass die darin enthaltene Entscheidung über den Änderungsschutzantrag gegenstandslos ist.

30

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Sie entspricht für das erstinstanzliche Verfahren dem anteiligen Obsiegen bzw. Unterliegen der Parteien. Insoweit war der Änderungsschutzantrag nicht zu berücksichtigen, da über ihn nicht zu entscheiden war (§ 45 Abs. 1 Satz 2 GKG).

        

    Rachor    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Sieg    

        

    B. Schipp    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 19. Juni 2014 - 8 Sa 668/13 - teilweise aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht die Berufung gegen die Abweisung der Hilfsanträge Ziff. 1 und Ziff. 3 zurückgewiesen hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin und sich daraus ergebende Entgeltdifferenzansprüche seit März 2011.

2

Die Klägerin ist seit 2007 im Klinikum der Beklagten als Medizinisch-technische Radiologieassistentin beschäftigt. Die Beklagte wandte zunächst die Vergütungsordnung des Bundes-Angestelltentarifvertrags idF des Tarifvertrags zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin an und vergütete sie nach der VergGr. VIb Fallgruppe 26 der Anlage 1a zum BAT-O. Seit dem 1. März 2011 ist die Klägerin Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di).

3

Am 11. Juli 2011 schloss die Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di einen Tarifvertrag zur Regelung der allgemeinen Beschäftigungsbedingungen für die Beschäftigten der Klinikum Chemnitz gGmbH (TV KC/ver.di), einen Entgelttarifvertrag für die Beschäftigten der Klinikum Chemnitz gGmbH (EntgeltTV KC/ver.di) sowie einen Überleitungstarifvertrag für die Beschäftigten der Klinikum Chemnitz gGmbH (TVÜ KC/ver.di). Sämtliche Tarifverträge traten rückwirkend zum 1. Januar 2011 in Kraft. Seither erhält die Klägerin eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 6 Stufe 3 gemäß der Entgelttabelle zum EntgeltTV KC/ver.di.

4

Mit Schreiben vom 6. Dezember 2011 bat die Klägerin um Überprüfung ihrer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 EntgeltTV KC/ver.di. Mit weiterem Schreiben vom 20. März 2012 forderte sie die Beklagte auf, ihre arbeitsvertraglichen Leistungen nach der Entgeltgruppe 9 EntgeltTV KC/ver.di zu vergüten.

5

Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Belang - die Auffassung vertreten, sie sei seit dem 1. März 2011 nach der Entgeltgruppe 9, hilfsweise der Entgeltgruppe 8 EntgeltTV KC/ver.di zu vergüten. Ihre Tätigkeit als Medizinisch-technische Radiologieassistentin erfülle das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. Vc Fallgruppe 24 der Anlage 1a zum BAT-O. Mit den ihr im Bereich der Computertomographie (CT) übertragenen Aufgaben wirke sie „bei Schichtaufnahmen in den drei Dimensionen mit Spezialgeräten“ mit. Da sie sich am 31. Dezember 2010 bereits mehr als drei Jahre in dieser Tätigkeit bewährt habe, sei sie in die VergGr. Vb Fallgruppe 25 der Anlage 1a zum BAT-O eingruppiert, was nach der Anlage 3 zum Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) der Entgeltgruppe 9 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst in der Fassung der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD/VKA) entspreche. Überdies erfülle sie seit dem 1. März 2011 auch das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. Vc Fallgruppe 26 der Anlage 1a zum BAT-O, woraus sich der hilfsweise geltend gemachte Vergütungsanspruch nach der Entgeltgruppe 8 EntgeltTV KC/ver.di ergebe.

6

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie für die Zeit ab dem 1. Januar 2013 nach der Entgeltgruppe 9, hilfsweise nach der Entgeltgruppe 8 der Entgelttabelle zum EntgeltTV KC/ver.di zu vergüten;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie für den Zeitraum März 2011 bis Dezember 2012 7.964,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in näher bestimmtem Umfang und zeitlicher Staffelung zu zahlen;

        

3.    

hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.093,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in näher bestimmtem Umfang und zeitlicher Staffelung zu zahlen.

7

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, die Klägerin werde zutreffend nach der Entgeltgruppe 6 EntgeltTV KC/ver.di vergütet. Eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 EntgeltTV KC/ver.di könne sie schon deshalb nicht verlangen, weil die von ihr hierfür herangezogene VergGr. Vb Fallgruppe 25 der Anlage 1a zum BAT-O einen Bewährungsaufstieg beinhalte und dieser für die nach dem 1. Oktober 2005 eingestellte Klägerin nach § 17 Abs. 5 TVÜ-VKA ausgeschlossen sei. Ebenso wenig erfülle sie die Voraussetzungen der VergGr. Vc Fallgruppe 24 der Anlage 1a zum BAT-O. Sie sei nicht an Spezialgeräten zur Aufnahme von Schichten in den drei Dimensionen tätig. Die Bedienung von CT-Geräten sei zwar anspruchsvoller als die Bedienung der bei Einführung der Tarifnorm üblichen Geräte, sie gehöre aber heute zum Standard. Die Ansprüche seien überdies weitgehend nach § 32 TV KC/ver.di verfallen. Das Schreiben vom 6. Dezember 2011 enthalte keine hinreichende Geltendmachung.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Unrecht in vollem Umfang zurückgewiesen. Zwar steht der Klägerin kein Anspruch auf eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 EntgeltTV KC/ver.di zu. Die hilfsweise auf eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 EntgeltTV KC/ver.di gerichtete Klage hätte das Landesarbeitsgericht aber nicht mit der von ihm gegebenen Begründung abweisen dürfen. Ob die Klägerin eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 EntgeltTV KC/ver.di verlangen kann, kann der Senat aufgrund der bisherigen, vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen, da der Sachverhalt noch nicht hinreichend festgestellt ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur teilweisen Aufhebung und Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

10

I. Die Klage ist zulässig. Soweit die Klägerin den Anspruch in Form eines Feststellungsantrags geltend macht, handelt es sich um eine auch im Bereich der Privatwirtschaft grundsätzlich zulässige Eingruppierungsfeststellungsklage (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 903/08 - Rn. 17).

11

II. Der Hauptantrag zu 1. und der Antrag zu 2. sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 EntgeltTV KC/ver.di und die entsprechenden Vergütungsdifferenzen im Zeitraum 1. März 2011 bis 31. Dezember 2012 hat, selbst wenn eine Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. Vc Fallgruppe 24 der Anlage 1a zum BAT-O zu ihren Gunsten unterstellt wird. Ein Bewährungsaufstieg findet nicht mehr statt.

12

1. Die insoweit maßgebenden Vorschriften in den Tarifverträgen KC/ver.di über die Eingruppierung lauten:

13

In § 11 TV KC/ver.di heißt es:

        

„Die Eingruppierung richtet sich nach den Regelungen der Entgeltordnung zum Haustarifvertrag.

        

Protokollerklärung:            

        

Die Eingruppierungsvorschriften zum BAT-O und BMT-G-O (Anlagen 1a und 1b zu § 22 BAT-O und Lohngruppenverzeichnis zu § 20 Abs. 1 BMT-G-O) sowie die diese ergänzenden Überleitungsvorschriften des TVÜ zum TVöD BT-K finden bis zur Vereinbarung einer Entgeltordnung für die Eingruppierung übergangsweise weiterhin Anwendung.“

14

Im EntgeltTV KC/ver.di heißt es:

        

§ 2   

        

Tabellenentgelte

        

Die Tabellenentgelte der Beschäftigten der Klinikum Chemnitz gGmbH bestimmen sich nach den in Anlage A aufgeführten Entgelttabellen in ihrem jeweils gültigen Zeitraum …“

15

Der TVÜ KC/ver.di lautet auszugsweise:

        

„…    

        

§ 3     

        

Überleitung in den EntgeltTV KC/ver.di

        

(1)     

Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnisse mit der Klinikum Chemnitz gGmbH bereits zum 31. Dezember 2010 bestanden, werden mit der Entgeltgruppe und der Stufe in die Entgelttabelle des EntgeltTV KC/ver.di übergeleitet, in der sie am 31. Dezember 2010 eingruppiert und eingestuft waren. Dies gilt nicht für Beschäftigte gem. § 1 Abs. 2 EntgeltTV KC/ver.di.

        

…“    

16

2. Nach dem für die Eingruppierung der Klägerin maßgebenden § 11 des aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit seit dem 1. März 2011 anwendbaren TV KC/ver.di und der hierzu ergangenen Protokollerklärung sind - in Ermangelung des Inkrafttretens einer eigenen Entgeltordnung zum Haustarifvertrag - neben der Anlage 1a zu § 22 BAT-O die „ergänzenden Überleitungsvorschriften des TVÜ zum TVöD BT-K“ heranzuziehen. Da für den TVöD-BT-K kein eigener Überleitungstarifvertrag (TVÜ) abgeschlossen worden ist, kommt insoweit der TVÜ-VKA zur Anwendung.

17

3. Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen der mit dem Hauptantrag begehrten Entgeltgruppe 9 EntgeltTV KC/ver.di iVm. der VergGr. Vb der Anlage 1a zum BAT-O nicht.

18

a) Die von ihr herangezogene Fallgruppe lautet:

        

Vergütungsgruppe V b

        

…       

        

25.     

Medizinisch-technische Assistentinnen in einer Tätigkeit der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 24 nach dreijähriger Bewährung in dieser Tätigkeit.“

19

b) Diese Fallgruppe findet gem. der Protokollerklärung zu § 11 TV KC/ver.di iVm. § 17 Abs. 5 TVÜ-VKA auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin keine Anwendung. Ein Bewährungsaufstieg ist unter Geltung des TVöD/VKA nicht mehr vorgesehen. Die Ausnahmevorschriften in §§ 8, 9 TVÜ-VKA sind für Arbeitnehmer, die - wie die Klägerin - nach dem 1. Oktober 2005 eingestellt worden sind, nicht anwendbar. § 1 TV KC/ver.di enthält insoweit keine abweichenden Regelungen.

20

aa) Die Protokollerklärung zu § 11 TV KC/ver.di verweist bereits ihrem Wortlaut nach uneingeschränkt auf die „ergänzenden Überleitungsvorschriften“ des TVÜ-VKA und damit auch auf dessen § 17 Abs. 5.

21

bb) Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der Regelung. Die Verweisung auf die ergänzenden Überleitungsvorschriften soll erkennbar eine Orientierung am Entgeltsystem des TVöD gewährleisten. Die Tarifvertragsparteien des TVÜ-VKA haben die nach der Vergütungsordnung zum BAT seinerzeit möglichen Bewährungsaufstiege pauschaliert bei der Zuordnung zu den Entgeltgruppen des TVöD/VKA berücksichtigt und damit gewissermaßen „eingearbeitet“. Für die nach dem 1. Oktober 2005 eingestellten Beschäftigten ist die Entgeltgruppe mit der erstmaligen (und insoweit eigentlich „einmaligen“) Zuordnung der ermittelten BAT-Vergütungsgruppe zur TVöD-Entgeltgruppe festgeschrieben (vgl. zur Abschaffung der Bewährungsaufstiege im Bereich TdL BAG 20. März 2013 - 4 AZR 590/11 - Rn. 26, BAGE 144, 351). § 17 Abs. 5 TVÜ-VKA lässt sich deshalb nicht von der Überleitungsregelung in § 17 Abs. 7 iVm. der Anlage 3 zum TVÜ-VKA trennen. Anhaltspunkte dafür, die Protokollerklärung zu § 11 TV KC/ver.di habe nach dem Willen der Tarifvertragsparteien lediglich auf einen Teil dieses zusammenhängenden Regelungskomplexes verweisen sollen, sind nicht erkennbar.

22

III. Hinsichtlich der Hilfsanträge, mit denen die Klägerin in der Sache die Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 EntgeltTV KC/ver.di ab März 2011 begehrt, ist die Revision begründet. Das Landesarbeitsgericht durfte die Klage nicht mit der von ihm gegebenen Begründung abweisen.

23

1. Die für eine - von der Klägerin hilfsweise geltend gemachte - Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 EntgeltTV KC/ver.di nach der Protokollerklärung zu § 11 TV KC/ver.di maßgebenden Tarifnormen der Anlage 1a zum BAT-O lauten:

        

Vergütungsgruppe VII

        

…       

        

27.     

Medizinisch-technische Assistentinnen während der ersten sechs Monate der Berufsausübung nach erlangter staatlicher Erlaubnis.

        

…       

        
        

Vergütungsgruppe VI b

        

…       

        
        

26.     

Medizinisch-technische Assistentinnen mit entsprechender Tätigkeit, die in nicht unerheblichem Umfange schwierige Aufgaben erfüllen. (‚Schwierige Aufgaben‘ sind z. B. der Diagnostik vorausgehende technische Arbeiten bei überwiegend selbständiger Verfahrenswahl auf histologischem, mikrobiologischem, serologischem und quantitativ klinisch-chemischem Gebiet; ferner schwierige röntgenologische Untersuchungsverfahren, insbesondere zur röntgenologischen Funktionsdiagnostik, messtechnische Aufgaben und Hilfeleistung bei der Verwendung von radioaktiven Stoffen sowie schwierige medizinisch-fotografische Verfahren.)

                 

(Hierzu Protokollerklärung Nr. 12)

        

27.     

Medizinisch-technische Assistentinnen mit entsprechender Tätigkeit nach sechsmonatiger Berufsausübung nach erlangter staatlicher Erlaubnis.

        

…       

        
        

Vergütungsgruppe V c

        

…       

        
        

24.     

Medizinisch-technische Assistentinnen mit entsprechender Tätigkeit nach sechsmonatiger Berufsausübung nach erlangter staatlicher Erlaubnis, die in nicht unerheblichem Umfange eine oder mehrere der folgenden Aufgaben erfüllen:

                 

…       

                 

Mitwirkung bei …, Schichtaufnahmen in den drei Dimensionen mit Spezialgeräten, …

                 

(Hierzu Protokollerklärung Nr. 12)

        

…       

        
        

26.     

Medizinisch-technische Assistentinnen mit entsprechender Tätigkeit nach sechsjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit.

        

…       

        
        

Protokollerklärung

        

Nr. 12

        

Der Umfang der schwierigen Aufgaben bzw. der Tätigkeiten ist nicht mehr unerheblich, wenn er etwa ein Viertel der gesamten Tätigkeit ausmacht.“

24

2. Zwar hat das Landesarbeitsgericht die Anwendbarkeit von Fallgruppe 26 VergGr. Vc der Anlage 1a zum BAT-O zu Recht verneint, da ein Bewährungsaufstieg für die nach dem 1. Oktober 2005 eingestellte Klägerin auch insoweit nicht in Betracht kommt. Es hat jedoch das Vorliegen des Merkmals „Mitwirkung bei Schichtaufnahmen in den drei Dimensionen mit Spezialgeräten“ der VergGr. Vc Fallgruppe 24 der Anlage 1a zum BAT-O mit unzutreffender Begründung verneint.

25

a) Der Computertomograph ist ein Spezialgerät zur Anfertigung von Schichtaufnahmen in den drei Dimensionen.

26

aa) Der Tarifwortlaut bedarf der Auslegung (zu den Maßstäben etwa BAG 28. Januar 2009 - 4 ABR 92/07 - Rn. 26 mwN, BAGE 129, 238). Ihm ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob der Begriff „mit Spezialgeräten“ eine selbständige Tarifanforderung enthält. Nach allgemeinem Sprachverständnis handelt es sich bei einem „Spezialgerät“ um ein Gerät, das sich durch besondere Merkmale von einem Standardgerät unterscheidet. Die geforderte Besonderheit des Geräts kann zum einen darin bestehen, dass mit ihm Schichtaufnahmen in den drei Dimensionen möglich sind. Das Standardgerät wäre in diesem Fall ein Gerät, mit dem lediglich normale zweischichtige Bildaufnahmen hergestellt werden können (etwa ein Röntgengerät). Zum anderen kann der Wortlaut auch dahingehend verstanden werden, dass die Mitwirkung bei Schichtaufnahmen in den drei Dimensionen nur dann nach VergGr. Vc Fallgruppe 24 der Anlage 1a zum BAT-O zu vergüten ist, wenn die Aufnahme nicht mit einem „Standard-Dreischicht-Gerät“, sondern mit einem „Spezial-Dreischicht-Gerät“ erfolgt.

27

bb) Maßgebend für die Auslegung des Tätigkeitsmerkmals sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Einführung der fraglichen Tätigkeitsmerkmale im Jahr 1971, da die Tarifvertragsparteien nur diese bei dessen Formulierung berücksichtigen konnten (vgl. BAG 6. Dezember 2006 - 4 AZR 659/05 - Rn. 23, BAGE 120, 269). Im betreffenden Zeitpunkt war das Standardgerät das normale Röntgengerät, mit dem Aufnahmen lediglich in zwei Schichten möglich waren. Von diesem ist das „Spezialgerät“ iSv. VergGr. Vc Fallgruppe 24 der Anlage 1a zum BAT-O abzugrenzen.

28

(1) Das Landesarbeitsgericht hat seinen Erwägungen den von den Parteien nicht in Frage gestellten Umstand zugrunde gelegt, dass im Jahr 1971 für Aufnahmen in drei Schichten mittels der damals praktizierten „Verwischungstomographie“ modifizierte Standardröntgenanlagen notwendig waren. Erst durch diese Zusatzausstattung, die es ermöglichte, den Röntgendetektor und die Röntgenröhre synchron zu bewegen, konnten Aufnahmen in mehr als zwei Schichten hergestellt werden. Wenn es danach zum maßgebenden Zeitpunkt technisch nur eine Möglichkeit gab, Dreischichtaufnahmen zu erzeugen, kam dem Begriff des „Spezialgeräts“ keine eigenständige Bedeutung gegenüber der Anforderung der „Mitwirkung bei Schichtaufnahmen in den drei Dimensionen“ zu.

29

(2) Hatte danach der Begriff des „Spezialgeräts“ bei Einführung des Tätigkeitsmerkmals keine eigenständige Bedeutung, kann diesem auch heute kein selbständiger Anforderungsgehalt beigemessen werden. Die Gerichte dürfen Tarifnormen nicht wegen neuer technischer Entwicklungen einengend oder ausdehnend auslegen, wenn Wortlaut und Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelung hierfür keine Möglichkeit bieten. Andernfalls würden die Gerichte in unzulässiger Weise in die durch das Grundgesetz geschützte Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG) eingreifen (BAG 6. Dezember 2006 - 4 AZR 659/05 - Rn. 25, BAGE 120, 269). Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist es deshalb unerheblich, dass aus heutiger Sicht Computertomographen sich nicht mehr aus dem allgemeinen Gerätestandard herausheben und es mehrere technische Möglichkeiten zur Anfertigung von Dreischichtaufnahmen gibt, von denen einige allgemein üblich („Standardgerät“) und andere spezieller („Spezialgerät“) sein mögen.

30

b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. Vc Fallgruppe 24 der Anlage 1a zum BAT-O nicht erst dann erfüllt, wenn die dritte Ebene der Aufnahme von dem Arbeitnehmer selbst und nicht - wie bei der Computertomographie - dem Gerät erstellt wird (so Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese BAT VergO VKA Stand August 2008 Teil II VKA Med. Hilfsberufe Anm. 31a). Das Tätigkeitsmerkmal verlangt ausdrücklich nur eine „Mitwirkung“ bei einer Aufnahme in drei Schichten, nicht hingegen die eigenständige Herstellung einer Schicht mittels eines manuellen Arbeitsschritts.

31

c) Der Beschluss des Gruppenausschusses der VKA für Kranken- und Pflegeanstalten aus der Sitzung vom 10. Dezember 1979 vermag die Herausnahme der Computertomographie aus dem Anwendungsbereich von VergGr. Vc Fallgruppe 24 der Anlage 1a zum BAT-O nicht zu begründen. Abgesehen davon, dass ein solcher Beschluss nicht einmal für die Mitglieder der VKA unmittelbare Bedeutung hat (vgl. BAG 25. September 1996 - 4 AZR 189/95 - zu B 1 der Gründe), handelt es sich bei dem Gruppenausschuss um ein Gremium lediglich einer Tarifvertragspartei. Seine Erwägungen lassen deshalb keine Rückschlüsse auf den gemeinsamen Willen der Tarifvertragsparteien bei Abschluss des Tarifvertrags zu.

32

3. Der Rechtsstreit ist hinsichtlich der Hilfsanträge noch nicht entscheidungsreif. Aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann der Senat nicht beurteilen, ob die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum zeitlich zu „etwa einem Viertel“ ihrer Gesamtarbeitszeit eine Tätigkeit auszuüben hat, die die genannten Anforderungen aus VergGr. Vc Fallgruppe 24 der Anlage 1a zum BAT-O erfüllt.

33

a) Das Landesarbeitsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - den genauen Inhalt der von der Klägerin zu verrichtenden Tätigkeit nicht nach Zeitanteilen weiter aufgeklärt. Dies wird es unter Berücksichtigung der nachstehenden Grundsätze nachzuholen haben:

34

aa) In einem ersten Schritt wird es die Arbeitsvorgänge zu bestimmen haben (sh. Protokollerklärung zu § 11 TV KC/ver.di iVm. Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BAT-O).

35

(1) Maßgebend für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis (st. Rspr., zB BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 16; 21. August 2013 - 4 AZR 933/11 - Rn. 13 mwN, BAGE 146, 22). Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt dabei zunächst außer Betracht. Erst nachdem die Bestimmung des Arbeitsvorgangs erfolgt ist, ist dieser anhand der in Betracht kommenden Tätigkeitsmerkmale zu bewerten (BAG 18. März 2015 - 4 AZR 59/13 - Rn. 17, BAGE 151, 150; 6. Juli 2011 - 4 AZR 568/09 - Rn. 58).

36

(2) Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Einzeltätigkeiten können jedoch dann nicht zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein organisatorisch voneinander getrennt sind. Dafür reicht die theoretische Möglichkeit nicht aus, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Beschäftigte übertragen zu können, solange sie nach der tatsächlichen Arbeitsorganisation des Arbeitgebers als einheitliche Arbeitsaufgabe einer Person real übertragen sind (st. Rspr., zB BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 16; grdl. 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 20 mwN).

37

bb) In einem zweiten Schritt wird zu ermitteln sein, ob die Klägerin an Tätigkeiten „bei …, Schichtaufnahmen in den drei Dimensionen mit Spezialgeräten“ im tariflich ausreichendem Maße mitwirkt. Nach der Protokollerklärung Nr. 12 zu VergGr. Vc der Anlage 1a zum BAT-O ist dies der Fall, wenn der Umfang der betreffenden Aufgaben etwa ein Viertel der gesamten Tätigkeit ausmacht. Abzustellen ist dabei auf den Anteil der diese Aufgaben - in rechtlich relevantem Umfang (st. Rspr., sh. zB BAG 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 43 mwN) - enthaltenden Arbeitsvorgänge an der Gesamtarbeitszeit (vgl. BAG 19. März 1986 - 4 AZR 642/84 - zu 6 der Gründe, BAGE 51, 282).

38

b) Sollte das Landesarbeitsgericht grundsätzlich einen Anspruch der Klägerin bejahen, wird es ferner die Einhaltung der tariflichen Ausschlussfrist des § 32 TV KC/ver.di näher prüfen müssen.

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Rinck    

        

        

        

    Pust    

        

    J. Ratayczak    

                 

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 30. März 2015 - 17 Sa 1195/14 - aufgehoben, soweit es der Klage stattgegeben hat.

2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. Juni 2014 - 17 Ca 8929/13 - wird insgesamt zurückgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin mit Stationierungsort Frankfurt am Main zu beschäftigen ist.

2

Die Klägerin arbeitet seit dem 12. September 2001 als Flugbegleiterin bei der Beklagten. Nach dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 10. August 2001 kann die Klägerin von der Beklagten an einem anderen Ort sowie vorübergehend bei einem anderen Unternehmen eingesetzt werden. Ferner werden die bei der Beklagten jeweils geltenden Tarifverträge für das Kabinenpersonal sowie Betriebsvereinbarungen in Bezug genommen.

3

Nachdem die Klägerin in Frankfurt am Main stationiert war, wurde sie mit nicht unterzeichnetem Schreiben der Beklagten vom 21. November 2011 auf eigenen Wunsch an den Stationierungsort Düsseldorf versetzt.

4

Im Jahr 2012 traf die Beklagte die Entscheidung, die dezentralen Stationierungsorte Hamburg, Berlin und Stuttgart zu schließen und dort kein fliegendes Personal mehr zu stationieren sowie am Stationierungsort Düsseldorf nur noch die Teilstationierung einer Gemischtgruppe aufrechtzuerhalten.

5

Am 8. Mai 2013 schloss die Beklagte mit der bei ihr bestehenden Gesamtvertretung für das fliegende Personal einen „Interessenausgleich und Sozialplan zur Schließung und Einschränkung von dezentralen Stationierungsorten für das Kabinenpersonal in Deutschland“ (IA/SP). In diesem heißt es auszugsweise:

        

ERSTER ABSCHNITT: INTERESSENAUSGLEICH

        

…       

        

§ 3 Ziele und Maßnahmen

        

Erklärung der L zu den Zielen und Maßnahmen:

        

3.1 ,…

        

3.2. Der Arbeitgeber wird die von der Schließung bzw. Einschränkung ihres Stationierungsortes betroffenen Mitarbeiter zur Weiterbeschäftigung nach Frankfurt oder München versetzen bzw. ggf. eine Änderungskündigung aussprechen.‘

        

3.3. Die Betriebspartner begleiten diesen Prozess, indem sie für die von den Maßnahmen betroffenen Mitarbeitern sozialverträgliche und die Folgen abmildernde Lösungen wie z.B. Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung, Arbeitnehmerüberlassung gemäß Schlichtungsvereinbarung, befristeter Verbleib am bisherigen Standort (virtuell) entwickeln. Näheres regelt der Sozialplan.

        

§ 4 Mitarbeiterbefragung

        

Die von der Schließung bzw. der Einschränkung der Stationierungsorte Düsseldorf, Hamburg, Berlin und Stuttgart betroffenen Mitarbeiter werden über die Einzelheiten ihrer Weiterbeschäftigung bzw. die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung individuell befragt.

        

Die Befragung wird von L schriftlich durchgeführt. Entsprechende Musteranschreiben an die betroffenen Mitarbeiter sind als Anlage dem Interessenausgleich und Sozialplan beigefügt. Die Mitarbeiter haben sich verbindlich innerhalb einer Frist von 6 Wochen nach Zugang des Befragungsbogens gegenüber der L zu äußern. Sollte keine bzw. keine fristgemäße Äußerung erfolgen - maßgebend ist hierbei das Datum des Eingangs bei L - erfolgt die Stationierung nach Bedarf in FRA oder MUC.

        

…       

        

ZWEITER ABSCHNITT: SOZIALPLAN

        

§ 6 Ziele des Sozialplans

        

Der Sozialplan dient dem Ausgleich und der Milderung wirtschaftlicher Nachteile und sozialer Härten, die aus Anlass der im Interessenausgleich beschriebenen Maßnahmen und deren Folgen für das Kabinenpersonal entstehen.

        

§ 7 Geltungsbereich

        

Dieser Sozialplan gilt für alle Stewardessen und Stewards bzw. Purseretten und Purser der L AG, die in einem Arbeitsverhältnis mit der L AG stehen und auf die der Manteltarifvertrag für das Kabinenpersonal in seiner jeweiligen Fassung Anwendung findet und die von der strukturellen Reform des Direktverkehrs durch die Schließung bzw. Einschränkung ihres Stationierungsortes betroffen sind. Voraussetzung ist, dass die Betroffenen zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarung in einem nicht wirksam gekündigten Arbeitsverhältnis stehen.

        

…       

        

§ 8 Abmilderung der Folgen

        

Alle Mitarbeiter können zur Abmilderung der Folgen der Betriebsänderung zwischen nachfolgend beschriebenen Alternativen a) - e) wählen, Mitarbeiter mit Stationierungsort Düsseldorf darüber hinaus Alternative f):

        

…       

        

Mit diesen Angeboten sind alle Ansprüche aus der Betriebsänderung abgegolten.

        

…       

                 

a) Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung

                 

…       

                 

b) Direkter Einsatz aus FRA oder MUC

        

Auslagenpauschale oder Ersatzleistungen

        

Zur Abmilderung der Folgen des Wechsels des Stationierungsorts erhält der Mitarbeiter in einem Vollzeitarbeitsverhältnis eine Auslagenpauschale in Höhe von 15.000 €.

        

…       

        

Zusätzlich erhalten alle Mitarbeiter - ungeachtet des Arbeitszeitanteils - einen Zuschlag zur Auslagenpauschale von 3700 € als Ausgleich für Mehraufwendungen in Folge des Wechsels des Stationierungsortes FRA oder MUC.

        

Alternativ zu der oben in Absatz 1 genannten Auslagenpauschale werden anfallende Umzugskosten … erstattet … .

                 
        

Dienstliche Anreise zum neuen Stationierungsort

        

Zusätzlich erhalten die Mitarbeiter zur An- und Abreise zu ihrem neuen Stationierungsort ab dem Zeitpunkt der Versetzung, wahlweise

                 

-       

für 5 Jahre Dienstreisetickets mit dem Status S7. Die Möglichkeit S7 Tickets elektronisch zu buchen, wird für jeden betroffenen Mitarbeiter mit Versetzungstermin zur Verfügung gestellt. …

                          

oder   

                          

…       

        

Bereitschaftsdienste

        

Der Mitarbeiter ist für den Zeitraum von 6 Monaten nach Versetzung von jeglichen Bereitschaftsdiensten befreit.

                 
        

Wahl des Stationierungsortes und des Competence Teams

        

…       

        

Der Einsatz an dem in der Befragung von dem Mitarbeiter angegebenen Stationierungsort erfolgt, soweit das Verhältnis von 3 (FRA) zu 1 (MUC) mit einer zulässigen Abweichung von 15 Prozent eingehalten wird. Sollte sich diese Zielverteilung als Ergebnis der Mitarbeiterbefragungen nicht ergeben, erfolgt die Zuteilung gemäß den gültigen Senioritätsregeln (Flugbegleiterseniorität bzw. Vergaberang für Purser).

        

Für den Stationierungsort Frankfurt besteht freie Wahl des Competence Teams. Die Zuteilung erfolgt ohne Berücksichtigung der Seniorität und bedarfsneutral.

        

…       

        

Hotel und Reisekostenübernahme für Schulungen

        

…       

        

IKK Schulungen

        

…       

        

Befristete Versetzung aus sozialen Gründen

        

…       

                 
        

Urlaub und Teilzeit

        

…       

        

Privilegierte Rückkehroption

        

…       

                 

c)    

Arbeitnehmerüberlassung (inklusive der Möglichkeit Arbeitgeberwechsel im Zeitraum der ANÜ) gemäß Tarifvereinbarung in Ergänzung zur Schlichtungsschlussempfehlung vom 14.10.2012 und dem Änderungs- und Ergänzungstarifvertrag vom 12.04.2013 zum Tarifvertrag zur Umsetzung der Schlichtungsschlussempfehlung vom 12.11.2012

                          

…       

                 

d)    

Sofortiger Arbeitgeberwechsel zur G gemäß dem Änderungs- und Ergänzungstarifvertrag vom 12.04.2013 zum Tarifvertrag zur Umsetzung der Schlichtungsschlussempfehlung vom 12.11.2012

                          

       

                 

e)    

Befristeter Verbleib am bisherigen Standort (virtuell)

                          

       

                 

f)    

Verbleib am bisherigen Stationierungsort Düsseldorf (nur DUS)

                          

Da der Stationierungsort Düsseldorf lediglich von einer Einschränkung betroffen ist, haben die dort stationierten Mitarbeiter - zusätzlich zu oben genannten Optionen - die Möglichkeit, am bisherigen Stationierungsort zu verbleiben. Sollten sich mehr Mitarbeiter für diese Möglichkeit entscheiden, als Bedarf besteht, erfolgt der Verbleib der Arbeitsplätze in Düsseldorf nach den in der Anlage beigefügten sozialen Auswahlkriterien.“

6

Mit Schreiben vom 27. Mai 2013 übersandte die Beklagte der Klägerin einen Fragebogen, in dem sie diese zur Äußerung hinsichtlich der Wahlmöglichkeiten aufforderte. Das Schreiben beruht auf einem Musterschreiben mit identischem Text, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob dieses von der Gesamtvertretung mitbestimmt wurde, und ob es eine Anlage zum IA/SP darstellt. In dem Schreiben heißt es ua.:

        

„…    

        

Die L bietet allen betroffenen Mitarbeitern der dezentralen Stationierungsorte eine Weiterbeschäftigung in Frankfurt oder München im Wege einer Versetzung an. Für den größten Teil der Düsseldorfer Kollegen besteht die Möglichkeit, in DUS weiterhin stationiert zu bleiben. Sollte mehr Interesse an einer Weiterbeschäftigung am Standort DUS als Bedarf bestehen, erfolgt die Auswahl gemäß beiliegenden sozialen Auswahlkriterien. Sollten sich mehr Kollegen als notwendig für einen Wechsel nach FRA oder MUC entscheiden werden die Wechselwünsche nach positiver Seniorität bearbeitet, bis die angestrebte Kapazitätsmenge erreicht ist.

        

Wir freuen uns, Ihnen im Rahmen des beigefügten Interessenausgleichs/Sozialplans diverse Wahlmöglichkeiten anbieten zu können, um die Folgen der Schließung der dezentralen Basen bzw. Einschränkung des Stationierungsortes DUS abzumildern. Diese Wahlmöglichkeiten finden Sie in einer allgemeinen Übersicht erläutert. Maßgeblich sind jedoch die Regelungen aus dem IASP.

        

Wir bitten Sie daher, sich mit den Wahlmöglichkeiten vertraut zu machen und sich gegenüber der L innerhalb 6 Wochen nach Erhalt zu äußern, welche der Wahlmöglichkeiten Sie in Anspruch nehmen möchten.

        

Wir weisen nachdrücklich darauf hin, dass Sie, sollten Sie sich gar nicht oder nicht fristgerecht äußern, nach Bedarf in Frankfurt oder München stationiert werden.

        

Bitte füllen Sie daher den beigefügten Fragebogen aus …

        

…       

        

Hier die Übersicht der zur Auswahl stehenden Wahlmöglichkeiten:

        

…       

        
                 

b)    

Direkter Einsatz aus Frankfurt oder München

                 

Sie werden wahlweise an einen der beiden HUBs FRA oder MUC versetzt. Zur Abmilderung der Versetzungsfolgen erhalten Sie …“

7

Im übersandten „Fragebogen zur Schließung bzw. Einschränkung der dezentralen Basen“ kreuzte die Klägerin unter der Wahlmöglichkeit „1. Wechsel in den HUB MUC oder FRA“ die Alternative „In Ausfüllung des beigefügten Sozialplans beantrage ich die Versetzung an den Standort: FRA“ an. Sie entschied sich hierbei für die Reiseregelung „5 Jahre S7, mit Selbstbuchungstool“ und das Competence Team „GCT“.

8

Mit Schreiben vom 8. August 2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass Ihrem Wunsch aus Kapazitätsgründen nicht entsprochen werden könne. Die Einschränkung des Stationierungsorts Düsseldorf sehe nur eine begrenzte Anzahl von Personen vor, welche nach Frankfurt am Main oder München wechseln könnten. Diese Anzahl sei bereits erreicht. Die Klägerin werde daher auch weiterhin in Düsseldorf stationiert sein.

9

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe einen Anspruch aus § 8 Buchst. b IA/SP auf Versetzung an den Stationierungsort Frankfurt am Main unter Gewährung der in § 8 Buchst. b IA/SP geregelten Leistungen. Ihre Wahl sei gemäß § 8 IA/SP für die Beklagte verbindlich. Bezüglich der Anzahl der zu versetzenden Mitarbeiter existiere kein Bedarfsvorbehalt. Hinsichtlich der im Berufungsrechtszug eingeführten Hilfsanträge hat sie gemeint, bereits ihre Versetzung mit Schreiben vom 21. November 2011 von Frankfurt am Main nach Düsseldorf sei unwirksam gewesen. Der anzuwendende Manteltarifvertrag sehe ein konstitutives Schriftformerfordernis für Nebenabreden und Vertragsänderungen vor.

10

Die Klägerin hat - nach Klageerweiterung in der Berufungsinstanz um die Hilfsanträge zu 3. und 4. - zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, sie ab dem 1. Januar 2015 gemäß § 8 b des Interessenausgleichs/Sozialplans zur Schließung und Einschränkung der dezentralen Stationierungsorte für das Kabinenpersonal in Deutschland als Flugbegleiterin mit Stationierungsort Frankfurt am Main im Global Competence Team, mit der Option der Dienstreisetickets mit dem Status S7 für 5 Jahre mit Selbstbuchungspool, zu beschäftigen;

        

2.    

festzustellen, dass die mit Schreiben vom 8. August 2013 ausgesprochene Verweigerung der Versetzung nach Frankfurt am Main unwirksam ist;

        

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen zu 1. und 2.,

        

3.    

festzustellen, dass die mit Schreiben vom 21. November 2011 ausgesprochene Versetzung nach Düsseldorf zum 1. April 2012 unwirksam ist;

        

4.    

die Beklagte zu verurteilen, sie als Flugbegleiterin mit Stationierungsort Frankfurt am Main zu beschäftigen.

11

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klägerin sei, da sie nach wie vor in Düsseldorf eingesetzt werde, nicht von den im Interessenausgleich festgelegten Maßnahmen betroffen und falle daher nicht in den Anwendungsbereich des Sozialplans. Ferner seien die Optionen in § 8 IA/SP nicht verbindlich. Der Versetzungswunsch stehe unter einem Bedarfsvorbehalt. Hinsichtlich der Hilfsanträge hat die Beklagte der Klageerweiterung nicht zugestimmt und die Auffassung vertreten, das tarifvertragliche Schriftformerfordernis erfasse keine im Wege des Direktionsrechts angeordnete Versetzung. Im Übrigen sei es treuwidrig, eine selbst beantragte Versetzung zunächst über mehr als zwei Jahre hinzunehmen und sich dann auf einen Formmangel zu berufen.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr hinsichtlich des Klageantrags zu 1. teilweise - soweit er sich nicht auf die Vergangenheit bezieht - stattgegeben und den Klageantrag zu 2. abgewiesen.

13

Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe

14

A. Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin müsse von der Beklagten mit Stationierungsort Frankfurt am Main beschäftigt werden, ist nicht frei von Rechtsfehlern. Sie erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Die Sache ist allerdings nicht an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), da der Senat in der Sache selbst entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO).

15

I. Der Hauptantrag der Klägerin auf Beschäftigung am Stationierungsort Frankfurt am Main gemäß § 8 Buchst. b IA/SP ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, die Beklagte sei aufgrund § 8 Buchst. b IA/SP iVm. der von der Klägerin getroffenen Wahl in der Ausübung ihres Direktionsrechts dahingehend gebunden, dass sie die Klägerin nach Frankfurt am Main versetzen müsse. Der Klägerin stehen aus dem IA/SP keine Ansprüche zu, da er nicht auf sie anwendbar ist. Die Klägerin ist keine „betroffene“ Mitarbeiterin iSv. § 7 Abs. 1 Satz 1 IA/SP.

16

1. Die Klägerin ist nicht von der strukturellen Reform des Direktverkehrs durch die Einschränkung des Stationierungsorts Düsseldorf betroffen. „Betroffenheit“ iSd. Sozialplanregelung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer am bisherigen Stationierungsort Düsseldorf nicht weiterbeschäftigt, sondern im Wege des Direktionsrechts oder durch Änderungskündigung versetzt werden soll, was auf die Klägerin nicht zutrifft. Dies ergibt die Auslegung des § 7 Abs. 1 Satz 1 IA/SP.

17

a) Der Wortlaut der Geltungsbereichsregelung in § 7 Abs. 1 Satz 1 IA/SP ist nicht völlig eindeutig. Von der Einschränkung eines Stationierungsorts „betroffen“ kann in einem weit verstandenen abstrakten Sinn jeder dort tätige Mitarbeiter sein, der die Veränderungen wahrnimmt, auch wenn sie ihn selbst nicht berühren. Allerdings spricht der Wortlaut eher für das Erfordernis einer eigenen konkreten Betroffenheit im Sinne unmittelbarer Auswirkungen auf den Arbeitnehmer. „Betroffen“ als Partizip zu „betreffen“ ist eine Umschreibung von „sich beziehen auf“ oder „Bezug haben“.

18

b) Die Systematik des IA/SP spricht klar dafür, als „betroffene“ Mitarbeiter iSd. Sozialplanregelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 IA/SP nur solche anzusehen, denen gegenüber die Beklagte eine Versetzung anordnet oder eine Änderungskündigung ausspricht.

19

aa) Der im Abschnitt „Interessenausgleich“ geregelte Geltungsbereich in § 1 Satz 1 IA/SP entspricht der Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 1 IA/SP und setzt auch voraus, dass die Mitarbeiter von der strukturellen Reform des Direktverkehrs durch die Schließung bzw. Einschränkung ihres Stationierungsorts „betroffen“ sind. Der Interessenausgleich stellt dabei klar, dass der Sozialplan keine Regelungen für „abstrakt“ betroffene Mitarbeiter beinhaltet, sondern nur für solche, in deren Arbeitsverhältnis in bestimmter Weise eingegriffen wird. Denn gemäß § 3.3. IA/SP soll der Sozialplan „für die von den Maßnahmen betroffenen Mitarbeiter sozialverträgliche und die Folgen abmildernde Lösungen … entwickeln“. Nach der Interessenausgleichsregelung in § 3.2. IA/SP sind Versetzungen und Änderungskündigungen „Maßnahmen“ im Rahmen der Betriebsänderung. Damit ist zugleich klargestellt, dass die Versetzung eine durch den Sozialplan abzumildernde Maßnahme des Interessenausgleichs im Rahmen der Betriebsänderung ist und nicht etwa selbst eine Sozialplanregelung.

20

bb) Dies ergibt sich ferner aus § 6 IA/SP. Danach dient der Sozialplan „dem Ausgleich und der Milderung wirtschaftlicher Nachteile und sozialer Härten, die aus Anlass der im Interessenausgleich beschriebenen Maßnahmen und deren Folgen für das Kabinenpersonal entstehen“. Das macht deutlich, dass nur die Mitarbeiter Anspruch auf Sozialplanleistungen haben, die von den Maßnahmen des Interessenausgleichs „Versetzung“ oder „Änderungskündigung“ betroffen sind.

21

cc) Schließlich ist im Gesamtzusammenhang der Regelung zu berücksichtigen, dass § 8 Buchst. b IA/SP weder einen Anspruch auf Versetzung beinhaltet noch diese selbst regelt. Vielmehr setzt § 8 Buchst. b IA/SP eine Versetzung als Maßnahme voraus und listet vielfältige daraus resultierende Ansprüche etwa auf Zahlung von Auslagenpauschalen, Umzugskosten, Fahrtkostenzuschüssen und weitere begleitende Leistungen auf.

22

c) Sinn und Zweck des Sozialplans sprechen gleichfalls dagegen, die Klägerin in seinen Geltungsbereich einzubeziehen.

23

aa) Interessenausgleich und Sozialplan unterscheiden sich deutlich nach Inhalt, Funktion, Zustandekommen und Wirkungsweise (vgl. Fitting 28. Aufl. §§ 112, 112a Rn. 2).

24

(1) Gegenstand des Interessenausgleichs ist die Frage, ob, wann und wie eine Betriebsänderung durchgeführt wird. Der Betriebsrat soll die Möglichkeit haben, im Interesse der Arbeitnehmer auf Modalitäten der Betriebsänderung Einfluss zu nehmen. Dabei geht es auch und gerade um die Frage, ob die Betriebsänderung gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern in einer Weise durchgeführt werden kann, dass diesen möglichst keine oder doch nur geringe wirtschaftliche Nachteile entstehen. Der Interessenausgleich vermittelt grundsätzlich keine normative Wirkung für die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer, er hat keine unmittelbare und zwingende Wirkung auf die Einzelarbeitsverhältnisse (vgl. BAG 14. November 2006 - 1 AZR 40/06 - Rn. 16 mwN, BAGE 120, 173). Bereits dies spricht gegen die Annahme, die Interessenausgleichsregelung des § 3.2. IA/SP räume den Mitarbeitern einen Anspruch auf eine Versetzung ein.

25

(2) Der Sozialplan knüpft hingegen an diejenigen wirtschaftlichen Nachteile an, die den von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmern trotz einer möglichst schonungsvollen Durchführung der Betriebsänderung tatsächlich entstehen. Diese sind im Rahmen der zukunftsbezogenen Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion von Sozialplänen im Rahmen des Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums der Betriebsparteien auszugleichen (vgl. BAG 30. November 2016 - 10 AZR 805/15 - Rn. 26 mwN).

26

bb) § 6 IA/SP zeigt bereits deutlich, dass nicht jedwede wirtschaftlichen Nachteile und sozialen Härten durch den Sozialplan ausgeglichen und gemildert werden sollen, sondern nur solche, die aus Anlass der im Interessenausgleich beschriebenen Maßnahmen und deren Folgen entstehen. Damit dient der Sozialplan ua. dem Ausgleich der Folgen einer Versetzung, aber nicht der Begründung eines Anspruchs auf Versetzung.

27

cc) Nach § 8 IA/SP muss der Mitarbeiter von einer Versetzung „betroffen“ sein, damit ihm aus § 8 Buchst. b IA/SP Ansprüche zustehen können. Nach § 8 Buchst. b Abs. 1 IA/SP wird die dort geregelte Auslagenpauschale zur „Abmilderung der Folgen des Wechsels des Stationierungsorts“ gezahlt. Auch der Zuschlag zur Auslagenpauschale in § 8 Buchst. b Abs. 3 IA/SP dient dem „Ausgleich für Mehraufwendungen in Folge des Wechsels des Stationierungsortes“. Entsprechendes gilt für die weiteren in § 8 Buchst. b IA/SP geregelten Leistungen. Damit ist klargestellt, dass die Versetzung (bzw. die Änderungskündigung) eine durch den Sozialplan auszugleichende Maßnahme des Interessenausgleichs ist, aber nicht selbst eine Sozialplanleistung.

28

dd) Dies wird durch die Regelung in § 8 Buchst. f IA/SP bestätigt. Insoweit regelt der Sozialplan nur das weitere Vorgehen, wenn mehr Mitarbeiter am Stationierungsort Düsseldorf verbleiben wollen, als aus Sicht der Beklagten erforderlich sind. Soweit ein Mitarbeiter aber - wie zuvor - am Stationierungsort Düsseldorf verbleibt, sieht der Sozialplan diesbezüglich keine Leistungen vor. Diesem Mitarbeiter entstehen aus Sicht der Parteien des Sozialplans keine wirtschaftlichen Nachteile und soziale Härten, die einen Ausgleich oder eine Milderung erforderlich machen würden.

29

d) Der Sache nach läuft das Begehren der Klägerin darauf hinaus, von der Betriebsänderung betroffen zu sein, damit die Maßnahme der Versetzung ihr gegenüber ergriffen wird. Wie aber auch das vollständige Unterlassen einer bereits beschlossenen Betriebsänderung zu keinem Nachteilsausgleichsanspruch des Arbeitnehmers nach § 113 BetrVG führt(vgl. Fitting 28. Aufl. § 113 Rn. 10 mwN; NK-GA/Spirolke § 113 BetrVG Rn. 2), gibt es keinen Anspruch darauf, von einer Betriebsänderung betroffen zu sein.

30

2. Die Klägerin ist auch nicht „betroffene“ Mitarbeiterin iSv. § 7 Abs. 1 Satz 1 IA/SP, weil die Beklagte ein Schreiben zusammen mit einem Fragebogen an sie verschickt hat, um in Erfahrung zu bringen, welche Regelung die Klägerin wünscht. Dem steht entgegen, dass die Beklagte durch die Befragung bezüglich eines Verbleibs in Düsseldorf zunächst nur ein Stimmungsbild ermittelt hat, das sie nach Maßgabe des in § 8 Buchst. f IA/SP nicht näher bestimmten „Bedarfs“ und nach festgelegten sozialen Kriterien zur Auswahl der Arbeitnehmer ermächtigt hat, die am Stationierungsort Düsseldorf von der Betriebsänderung durch die Maßnahmen der Versetzung oder Änderungskündigung im Ergebnis „betroffen“ sein sollten. Jeder „betroffene Mitarbeiter“ ist nach § 4 IA/SP zu befragen, aber nicht jeder befragte Mitarbeiter ist später iSd. Sozialplanregelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 IA/SP „betroffen“, da hinsichtlich des Stationierungsorts Düsseldorf auch die Möglichkeit des Verbleibs bestand. Angesichts dieser aufgrund der Befragung erst zu klärenden Möglichkeit, ist der Kreis der „Befragten“ notwendigerweise größer als der Kreis der „Betroffenen“. Die Befragung selbst vermittelt nicht den Status eines „Betroffenen“.

31

3. Das der Klägerin von der Beklagten übersandte Anschreiben vom 27. Mai 2013 iVm. dem beigefügten Fragebogen begründet keinen eigenständigen Anspruch der Klägerin auf Versetzung an den Stationierungsort Frankfurt am Main. Es handelt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht um ein „Angebot“ iSv. § 145 BGB, das sie hätte annehmen können, da einerseits der Bedarfsvorbehalt klar angesprochen ist und ferner ausdrücklich die alleinige Verbindlichkeit des IA/SP herausgestellt wird. Ferner hat die Klägerin ausweislich des von ihr ausgefüllten Fragebogens kein Angebot der Beklagten angenommen, sondern ihrerseits der Beklagten ein Angebot unterbreitet.

32

4. Die Klägerin macht ihren in der Revisionsinstanz angefallenen Hauptantrag zu 1. nicht auf arbeitsvertraglicher Grundlage geltend oder mit der Begründung, die Beklagte sei nach billigem Ermessen dazu verpflichtet, sie nach Frankfurt am Main zu versetzen. Die Klägerin enthält sich insbesondere jedweden Vortrags zu Kriterien einer Ermessensentscheidung oder zum Ergebnis der Ermessensausübung durch die Beklagte, sie nicht zu versetzen. Sie leitet einen unbedingten Anspruch auf Versetzung allein aus den Regelungen des IA/SP ab, der sich daraus aber nicht ergibt.

33

II. Da der Hauptantrag der Klägerin abzuweisen ist, fallen die erstmals in der Berufungsinstanz gestellten und dort nicht beschiedenen Hilfsanträge in der Revision zur Entscheidung an (vgl. BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 68/09 - Rn. 45), ohne dass es einer Anschlussrevision der Klägerin bedürfte (vgl. BGH 18. Mai 2009 - II ZR 124/08 - Rn. 23 mwN). Die Hilfsanträge sind jedoch ebenfalls unbegründet und als Gegenstand der klägerischen Berufung gemeinsam mit ihr zurückzuweisen.

34

1. Die Klägerin hat die Hilfsanträge erstmals in der Berufungsinstanz gestellt. Das Landesarbeitsgericht hat über sie nicht entschieden, da es dem ersten Hauptantrag der Klägerin im Wesentlichen stattgegeben hat.

35

2. Den Hilfsanträgen steht nicht bereits entgegen, dass sie von der zeitlichen Reihenfolge früher ansetzen als der Hauptantrag und bereits die Wirksamkeit der Versetzung der Klägerin von Frankfurt am Main nach Düsseldorf im Jahr 2011 bestreiten sowie im Gegensatz zum Hauptantrag stehen, mit dem sie gerade eine Versetzung nach Frankfurt am Main erst erreichen will.

36

a) Über das Verhältnis der Anträge als Haupt- bzw. Hilfsantrag entscheidet allein der Kläger. Das Gericht darf sie nicht umtauschen (vgl. BGH 10. Juli 1975 - III ZR 28/73 - zu I 1 der Gründe).

37

b) Haupt- und Hilfsantrag dürfen sich, ohne dass darin bereits ein Verstoß gegen die Wahrheitspflicht zu erblicken wäre, in der Begründung widersprechen oder gegenseitig ausschließen (vgl. BGH 4. Juli 2014 - V ZR 298/13 - Rn. 16 mwN).

38

3. Die nachträgliche Geltendmachung eines Hilfsantrags ist eine objektive Klagehäufung, auf die die Vorschriften über die Klageänderung nach §§ 533, 263, 264 ZPO entsprechend anwendbar sind(BGH 22. Januar 2015 - I ZR 127/13 - Rn. 13). Über die Zulässigkeit der Klageänderung in der Berufungsinstanz ist auch im Revisionsverfahren nach dem Maßstab des § 533 ZPO zu entscheiden(vgl. BAG 12. Juli 2016 - 9 AZR 51/15 - Rn. 44). Vorliegend ist die Klageänderung zulässig.

39

a) Zwar liegt keine Einwilligung des Gegners iSv. § 533 Nr. 1 ZPO vor. Die Beklagte hat der Klageänderung in der Berufungsinstanz vielmehr ausdrücklich widersprochen. Jedoch ist die „Sachdienlichkeit“ iSv. § 533 Nr. 1 ZPO zu bejahen. Für den Fall, dass sich das Berufungsgericht mit der Frage der „Sachdienlichkeit“ nicht beschäftigt hat, besteht eine eigene Prüfungskompetenz des Revisionsgerichts (vgl. BGH 7. Mai 1987 - VII ZR 158/86 - zu II der Gründe). Maßgeblich für die nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilende Sachdienlichkeit ist der Gedanke der Prozesswirtschaftlichkeit, für den es entscheidend darauf ankommt, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung zu einer sachgemäßen und endgültigen Erledigung des Streits zwischen den Parteien führt, der den Gegenstand des anhängigen Verfahrens bildet und einem andernfalls zu erwartenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt (BGH 6. April 2004 - X ZR 132/02 - zu II 2 a der Gründe). Dies ist vorliegend zu bejahen.

40

b) Die Klageänderung wird auch iSv. § 533 Nr. 2 ZPO auf Tatsachen gestützt, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hatte. Zwar haben die Hilfsanträge einen anderen Klagegrund und damit einen anderen Streitgegenstand als der Hauptantrag, selbst wenn es sich um ein einheitliches Klageziel handeln sollte (vgl. BGH 5. Juli 2016 - XI ZR 254/15 - Rn. 24 f.). Allerdings sind die neu vorgetragenen Tatsachen selbst unstreitig und damit im Berufungsrechtszug zu berücksichtigen (vgl. BGH 18. November 2004 - IX ZR 229/03 - zu II 2 der Gründe, BGHZ 161, 138).

41

4. Die Hilfsanträge sind unbegründet.

42

a) Der auf Feststellung der Unwirksamkeit der Versetzung gerichtete erste Hilfsantrag ist unschlüssig. Die Klägerin beruft sich darauf, dass nach § 1 Abs. 3 Satz 2 des zwischen der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg e.V. und der Unabhängigen Flugbegleiter Organisation e.V. abgeschlossenen Manteltarifvertrags Nr. 1a für das Kabinenpersonal der L AG gültig ab 1. Juli 1995 idF vom 8. Mai 2005 sowie des nachfolgenden Manteltarifvertrags Nr. 2 vom 20. Dezember 2011 (gültig ab 16. Januar 2011) Nebenabreden und Vertragsänderungen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedürfen und das Versetzungsschreiben der Beklagten vom 21. November 2011 mangels Unterschrift dieses Formerfordernis nicht erfülle. Eine Versetzung ist aber keine Nebenabrede oder Vertragsänderung, sondern Ausübung des arbeitgeberischen Weisungsrechts nach § 106 GewO.

43

b) Der auf Beschäftigung am Stationierungsort Frankfurt am Main gerichtete zweite Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet, da die Klägerin die Unwirksamkeit der Versetzung nicht schlüssig dargelegt hat. Die Klägerin leitet den Beschäftigungsanspruch allein aus der angeblichen Unwirksamkeit der Versetzung nach Düsseldorf im Jahr 2011 und ihrem deshalb immer noch in Frankfurt am Main bestehenden Stationierungsort ab.

44

c) Angesichts dessen bedurfte es keiner Entscheidung, ob sich die Hilfsanträge auch wegen treuwidrigen Verhaltens der Klägerin als unbegründet erweisen, was allerdings nicht fernliegend ist. Die Klägerin hatte die Versetzung vom Stationierungsort Düsseldorf nach Frankfurt am Main selbst beantragt und mehrere Jahre von dort aus gearbeitet, ehe sie sich auf den angeblichen Formmangel berief.

45

B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Linck    

        

    W. Reinfelder    

        

    Schlünder    

        

        

        

    Schürmann    

        

    A. Effenberger    

                 

Tenor

1. Die Revisionen der Beklagten und des Nebenintervenienten gegen das Teilurteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 11. Dezember 2012 - 4 Sa 535/11 - werden zurückgewiesen.

2. Auf die Revision des Klägers wird das Teilurteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 11. Juli 2014 - 4 Sa 535/11 - aufgehoben und unter weiterer Aufhebung des Schlussurteils des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 28. April 2015 - 4 Sa 535/11 - die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des gesamten Rechtsstreits, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Tarifgebundenheit der Beklagten und damit zusammenhängende tarifvertragliche Vergütungsansprüche des Klägers sowie über dessen zutreffende Eingruppierung.

2

Der Kläger ist seit 1993 bei der Beklagten tätig und wird auf unterschiedlichen Entsorgungsfahrzeugen eingesetzt. Seit März 1997 ist er Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Er ist Mitglied des Betriebsrats der Beklagten und Vorsitzender des Gesamt- und des Konzernbetriebsrats. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 17. August 1993 ist seine Tätigkeit mit „Müllwerker“ angegeben.

3

Die Beklagte, ein Unternehmen der Abfall- und Entsorgungswirtschaft mit ca. 550 Arbeitnehmern in mehreren Niederlassungen, war seit dem Jahr 1991 Vollmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungswirtschaft e.V. (BDE), einem „Wirtschafts- und Arbeitgeberverband“. Dessen Verbandssatzung (§ 5 Abs. 2 Satz 2) sieht seit 1995 die Möglichkeit vor, auf besonderen Antrag „nur die Mitgliedschaft im Wirtschaftsverband“ zu erwerben.

4

Mit Schreiben vom 22. April 2002 kündigte die Beklagte ihre „Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband“ mit sofortiger Wirkung und erklärte, dass von dieser Kündigung selbstverständlich „die Mitgliedschaft im BDE nicht betroffen“ sei. Nach mehreren Telefonaten mit der Geschäftsführerin der Beklagten sowie verbandsinterner Beratung und Beschlussfassung bestätigte der BDE mit Schreiben vom 10. Juni 2002 den Austritt aus dem Arbeitgeberverband bei Fortführung der Mitgliedschaft im Wirtschaftsverband.

5

Am 21. Juni 2002 übersandte der BDE unter Bezugnahme auf den entsprechenden Präsidiumsbeschluss und verbunden mit einem Hinweis auf § 3 Abs. 3, § 4 Abs. 5 TVG einen neuen Mitgliedsausweis mit dem Vermerk „Mitglied nur im Wirtschaftsverband ab 1.5.2002“. Nachdem der BDE dies auch der Gewerkschaft ver.di mitgeteilt hatte, forderte diese die Beklagte zu Verhandlungen über einen Haustarifvertrag auf.

6

Auf der Mitgliederversammlung vom 26. Oktober 2006 beschloss der BDE eine Änderung der Verbandssatzung (§§ 3, 5 und 11). Diese Änderungen wurden am 5. Februar 2007 in das Vereinsregister eingetragen (Satzung 2006/2007).

7

Zwischen der Gewerkschaft ver.di und dem BDE wurden ua. folgende Tarifverträge vereinbart:

        

-       

Bundesmanteltarifvertrag vom 9. Januar 2001 (BMTV 2001)

        

-       

Bundesmanteltarifvertrag vom 12. November 2008 (in Kraft ab 1. Januar 2009 - BMTV 2009)

        

-       

Bundesentgeltrahmentarifvertrag vom 24./31. Oktober 2001 (BERT)

        

-       

Bundesentgelttarifvertrag

                 

-       

vom 10. Januar 2008 (BETV 2007 - Laufzeit Januar bis Dezember 2007)

                 

-       

vom 3. Juni 2008 (BETV 2008 - Laufzeit Januar 2008 bis Dezember 2010)

                 

-       

vom 15. März 2011 (BETV 2011 - Laufzeit ab Januar 2011)

8

Zum 30. November 2012 beendete die Beklagte ihre Mitgliedschaft im BDE vollständig.

9

Die vom Kläger im Streitzeitraum April 2010 bis Dezember 2011 ausgeübte Tätigkeit ist im Einzelnen streitig. Jedenfalls setzte die Beklagte den Kläger bis Juni 2010 ua. als Fahrer von Sonderabfalltransporten ein, für die eine Berechtigung nach der Gefahrgutverordnung Straße/Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (GGVS/ADR) erforderlich ist. Im Folgenden war sein Einsatz bei solchen Transporten unstreitig rückläufig. Die Beklagte begründete dies und die Übertragung anderer Tätigkeiten mit der Funktionsausübung des Klägers in verschiedenen Betriebsratsgremien (BR, GBR, KBR) und dessen damit verbundener teilweise ganzwöchiger Abwesenheit im Betrieb. Seit April 2010 zahlte sie deshalb an den Kläger einen Bruttostundenlohn von 11,73 Euro, was ca. 2.030,00 Euro brutto monatlich entspricht.

10

Mit Schreiben vom 12. Juli 2010 wandte sich der Klägervertreter gegen einen Lohnabzug für den Monat April 2010. Weiter heißt es in dem Schreiben:

        

„Des Weiteren sind wir der Auffassung, dass aufgrund der Mitgliedschaft unseres Mandanten in der Gewerkschaft ver.di eine Tarifbindung zwischen Ihrem Unternehmen und unserem Mandanten besteht. Zur Wahrung von Ausschlussfristen machen wir hiermit folgende Ansprüche Ihnen gegenüber geltend:

                 

…       

                 

-       

gemäß § 2 BMTV der Vergütungsgruppe 5 Stufe 5 Stundenlohn in Höhe von 13,06 € i.V.m. Ziffer 4 des Arbeitsvertrages vom 17.08.1993 i.V.m. der Anlage rückwirkend ab April 2010 bis heute und in die Zukunft.

        

…“    

                 
11

Entgegen dem Wortlaut des Schreibens entsprach der angegebene Stundenlohn dem der Vergütungsgruppe 8 Stufe 5 BERT. Der Kläger hat später - unwidersprochen - ausgeführt, es habe sich um einen Schreibfehler gehandelt und es habe ein Entgelt nach der Vergütungsgruppe 8 BERT geltend gemacht werden sollen.

12

In einem weiteren Schreiben vom 4. Oktober 2010 heißt es auszugsweise:

        

„Zur Wahrung von Ausschlussfristen melden wir hiermit weitere Zahlungsansprüche unseres Mandanten gegenüber Ihrer Mandantin an. Folgende Zahlungsansprüche sind hiervon unter anderem betroffen:

                 

…       

                 

-       

gemäß § 2 BMTV der Vergütungsgruppe 8, Stufe 5, Stundenlohn in Höhe von mindestens 13,37 € i.V.m. Ziffer 4 des Arbeitsvertrages vom 17.08.1993 i.V.m. der Anlage rückwirkend ab April 2010 bis heute und in die Zukunft.“

13

Mit der der Beklagten am 8. März 2011 zugestellten Klage hat der Kläger Ansprüche aus dem BETV iVm. dem BERT geltend gemacht. Die Beklagte sei an diese Tarifverträge gebunden. Die „Kündigung“ ihrer Mitgliedschaft im „Arbeitgeberverband“ des BDE habe nicht zur Beendigung ihrer Tarifgebundenheit geführt. Die Vereinssatzung des BDE stelle nicht sicher, dass Mitglieder des Wirtschaftsverbands keinen Einfluss und keine Entscheidungsmöglichkeit auf die Tarifpolitik des Arbeitgeberverbands hätten. Aufgrund der beiderseitigen Tarifgebundenheit fänden daher sowohl der jeweilige BETV als auch der BERT und der BMTV 2009 unmittelbar und zwingend Anwendung. Danach habe er einen Anspruch auf Entgelt nach der Vergütungsgruppe 8 BERT. Als Fahrer von Sonderabfalltransporten, für die eine besondere Berechtigung (GGVS/ADR) erforderlich sei, erfülle er das dieser Vergütungsgruppe zugeordnete Richtbeispiel. Auch die allgemeinen Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals seien gegeben. Er sei mit der Schadstoffsammlung beauftragt und benötige dafür eine besondere Qualifikation und erweiterte Kenntnisse, die durch mehrjährige Berufserfahrung erlangt worden seien. Soweit ihm nach dem Juni 2010 im Hinblick auf seine Betriebsratstätigkeit nur noch Tätigkeiten als Fahrer unterhalb der Vergütungsgruppe 8 BERT zugewiesen worden seien, habe er einen Anspruch auf seine bisherige Vergütung nach § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG. Für den Zeitraum von April bis Dezember 2010 ergebe sich dabei eine Vergütungsdifferenz zu dem ihm gezahlten Entgelt in Höhe von 4.232,61 Euro. Für den Zeitraum von Januar bis Dezember 2011 betrage die Differenz 4.297,32 Euro, wobei für das Jahr 2011 in der Berufungsinstanz alternative Berechnungen mit niedrigeren Beträgen für den Fall eine niedrigeren Eingruppierung - in Vergütungsgruppe 7, 6 oder 5 BERT - konkret vorgenommen worden sind. Die Ausschlussfrist des § 19 BMTV 2009 sei mit der Geltendmachung einer Vergütung nach Vergütungsgruppe 8 BERT auch für die darunter liegenden Vergütungsgruppen gewahrt.

14

Der Kläger hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt

        

1.    

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ab 1. Januar 2009 der Bundesmanteltarifvertrag (BMTV) vom 12. November 2008, der Bundesentgeltrahmentarifvertrag (BERT) vom 31. Oktober 2001 in der Fassung des Änderungstarifvertrages vom 3. Juni 2008 sowie der Bundesentgelttarifvertrag (BETV) vom 7. Mai 2008 sowie ab 1. Januar 2011 der BETV vom 15. März 2011, jeweils abgeschlossen zwischen BDE Entsorgungswirtschaft e. V. und der Gewerkschaft ver.di, kraft beiderseitiger Tarifbindung Anwendung findet;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.232,61 Euro brutto sowie weitere 4.297,32 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

15

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, eine Tarifgebundenheit sei nicht mehr gegeben. Ihre Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband des BDE habe zum 30. April 2002 geendet. Der BDE habe ihr Schreiben vom 22. April 2002 zutreffend als Antrag auf eine Mitgliedschaft im Wirtschaftsverband verstanden (OT-Mitgliedschaft). Durch die Satzung des BDE sei sichergestellt, dass die Mitglieder im Wirtschaftsverband keine Entscheidungskompetenz in tarifpolitischen Fragen hätten. Den entsprechenden verbandlichen Institutionen der Großen und der Kleinen Tarifkommission gehörten ausschließlich Mitglieder des Arbeitgeberverbands an. Mit dem Austritt der Beklagten aus dem Arbeitgeberverband zum 30. April 2002 sei auch deren Geschäftsführer aus der Kleinen Tarifkommission ausgeschieden. Gleiches gelte für die Geschäftsführerin Frau B in Bezug auf die Mitgliedschaft in der Großen Tarifkommission. Die BDE-Satzung begründe ein sog. Aufteilungsmodell und kein Stufenmodell. Wirtschaftsverband und Arbeitgeberverband seien zwei selbständige Rechtsobjekte, die lediglich gemeinsam nach außen aufträten. Vom Geltungsbereich der Tarifverträge seien nur Unternehmen erfasst, die Mitglied des Arbeitgeberverbands des BDE seien. Die Tarifgebundenheit der Beklagten sei mit dem Ende der Tarifverträge erloschen. Der BMTV 2001 habe zum 31. Juli 2007 geendet. Die Bundesentgelttarifverträge hätten aufgrund befristeter Laufzeiten geendet. Im Übrigen bestehe nach der Verbandssatzung keine Tarifzuständigkeit des BDE für die Mitglieder des Wirtschaftsverbands. Erforderlichenfalls sei das Verfahren gem. § 97 Abs. 5 ArbGG zur Klärung sowohl der Tarifzuständigkeit als auch der Tariffähigkeit des BDE auszusetzen. Auch bei Anwendbarkeit der Tarifverträge stehe dem Kläger kein Entgelt nach der Vergütungsgruppe 8 BERT zu. Er übe keine Tätigkeit aus, die den Anforderungen dieser Vergütungsgruppe entspreche. Er sei nicht als Fahrer und Bediener eines Sonderabfalltransporters beschäftigt, sondern als Müllwerker. Er habe im Übrigen die tarifliche Ausschlussfrist nicht gewahrt.

16

Der BDE, der als Nebenintervenient nach einer Streitverkündung durch die Beklagte in der Berufungsinstanz dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten ist, hat sich zur Begründung seiner Klageabweisungsanträge formal und inhaltlich auf die Ausführungen der Beklagten bezogen.

17

Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Auf die Berufung beider Parteien hat das Landesarbeitsgericht in insgesamt vier Teilurteilen das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Revision gegen seine Teilurteile teilweise zugelassen. Die Beklagte und der Nebenintervenient greifen mit ihren zugelassenen Revisionen die berufungsgerichtliche Stattgabe des Antrags zu 1. sowie das Kostenschlussurteil des Landesarbeitsgerichts, der Kläger mit seinen zugelassenen Revisionen die Abweisung der Anträge zu 2. und 3. sowie das Kostenschlussurteil an.

18

Der Senat hat die vier selbständigen Rechtsmittelverfahren durch Beschluss vom 27. Juli 2015 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Entscheidungsgründe

19

Die zulässigen Revisionen der Beklagten und des Nebenintervenienten sind unbegründet, soweit sie das Teilurteil vom 11. Dezember 2012 betreffen. Die Revision gegen das Teilurteil vom 15. Oktober 2013 hat der Kläger in der Revisionsverhandlung zurückgenommen. Seine Revision gegen das Teilurteil vom 11. Juli 2014 hat dagegen Erfolg. Dieses ist aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Die Kostenentscheidung des Landesarbeitsgerichts, die Gegenstand des Kostenschlussurteils vom 28. April 2015 ist, ist von Amts wegen aufzuheben.

20

A. Die Revisionen sind zulässig.

21

I. Auch der Nebenintervenient ist selbst zur Revisionseinlegung befugt (vgl. BAG 18. September 2014 - 8 AZR 733/13 - Rn. 16). Nach dem von ihm am 11. April 2012 erklärten Beitritt auf Seiten der Beklagten als Reaktion auf die erfolgte Streitverkündung mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2011 sind die Regelungen der Nebenintervention zur Bestimmung des Verhältnisses zwischen den Parteien maßgebend (§ 74 Abs. 1 ZPO iVm. § 46 Abs. 2 ArbGG). Form und Frist für Einlegung und Begründung der Revisionen sind jeweils gewahrt.

22

II. Die regelmäßig von Amts wegen vorzunehmende Prüfung der Zulässigkeit von Teilurteilen iSv. § 301 ZPO(vgl. nur BAG 17. April 2013 - 4 AZR 361/11 - Rn. 15 mwN; 19. November 2014 - 4 AZR 996/12 - Rn. 11) ist vorliegend nicht erforderlich. Sinn und Zweck dieser Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht ist die Verhinderung von widersprüchlichen Entscheidungen des Berufungsgerichts. Da alle vier Teilurteile des Landesarbeitsgerichts in die Revision gelangt und vom Senat nach Verbindung der Rechtsmittelverfahren einheitlich zu überprüfen sind, steht fest, dass sich die - vor Erlass des Schlussurteils - seinerzeit bestehende Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen nicht (mehr) verwirklichen kann. Aufgrund dieser Prozesslage sind die Teilurteile der Vorinstanz in keinem Fall wegen eines möglichen Verstoßes gegen § 301 ZPO aufzuheben(vgl. BGH 10. Juli 1991 - XII ZR 109/90 - zu 1 der Gründe mwN).

23

B. Die Revisionen der Beklagten und des Nebenintervenienten gegen das Teilurteil vom 11. Dezember 2012 bleiben ohne Erfolg. Die Revision des Klägers gegen das Teilurteil vom 11. Juli 2014 ist dagegen begründet. Das Kostenschlussurteil vom 28. April 2015 ist von Amts wegen aufzuheben.

24

I. Die Revisionen der Beklagten und des Nebenintervenienten gegen das Teilurteil vom 11. Dezember 2012 sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die im klägerischen Antrag zu 1. bezeichneten Tarifverträge Anwendung finden.

25

1. Das Landesarbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag des Klägers in der Sache im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, dass die Beklagte, die nach ihrer eigenen Auffassung jedenfalls bis zum 30. April 2002 tarifgebundenes Mitglied des BDE gewesen sei, nicht wirksam in eine OT-Mitgliedschaft gewechselt sei. Die Satzung des BDE sehe, auch nach der Satzungsänderung von 2006/2007, die notwendige und strikte Trennung von T- und OT-Mitgliedern nicht vor. Entgegen der Auffassung der Beklagten werde sie auch vom Geltungsbereich der im Antrag genannten Tarifverträge erfasst.

26

2. Die Revisionen der Beklagten und des Nebenintervenienten sind zurückzuweisen, weil die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts insoweit keine Rechtsfehler aufweist.

27

a) Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei die Zulässigkeit des Feststellungsantrags des Klägers angenommen. Evtl. Fehlbezeichnungen der Tarifverträge hinsichtlich ihres Abschlussdatums sind in der Berufungsinstanz berichtigt worden. Soweit die Tarifverträge aufgrund Zeitablaufs bzw. der Vereinbarung von Anschlussentgelttarifverträgen zum Zeitpunkt der Revisionsverhandlung nicht mehr galten, ist dies unbeachtlich. Die Feststellung der Geltung der Tarifverträge umfasst auch deren Laufzeit. Im Übrigen sind sie ua. auf Zeiträume bezogen, die den auf ihrer Geltung beruhenden Leistungsanträgen zugrunde liegen.

28

b) Der im vorliegenden Rechtsstreit vor allem streitige „Übertritt“ der Beklagten in den Status eines Mitglieds des „Wirtschaftsverbands“ des BDE, die von der Beklagten geltend gemachte fehlende Erfassung des Arbeitsverhältnisses der Parteien vom Geltungsbereich sowie die von der Beklagten wiederum erhobene Rüge der mangelnden Tarifzuständigkeit betreffend die streitigen Tarifverträge waren bereits Gegenstand mehrerer Entscheidungen des Senats, die nach dem Berufungsurteil in dieser Sache ergangen sind. Darin ist das - weitestgehend identische - Vorbringen der Beklagten auch aus dem vorliegenden Rechtsstreit ausführlich gewürdigt worden. Zusammenfassend hat der Senat im Urteil vom 21. Januar 2015 (- 4 AZR 797/13 - Rn. 14 bis 73, BAGE 150, 304, vgl. dazu Stein Anm. zu AP TVG § 3 Verbandszugehörigkeit Nr. 30; Gaul/Jessen/Müller ArbRB 2015, 372; Niklas/de Diego/Weishaupt ArbR 2016, 158) die Erklärung der Beklagten vom 22. April 2002 auch im Zusammenhang mit den folgenden Ereignissen als nicht geeignet angesehen, den Status eines tarifgebundenen Vollmitglieds des BDE zu beenden. Auch die Auffassungen der Beklagten im Zusammenhang mit dem Geltungsbereich des BMTV 2009 sowie der fehlenden Tarifzuständigkeit des BDE wurden zurückgewiesen.

29

aa) Die Satzung eines Arbeitgeberverbands kann auch eine Mitgliedsform vorsehen, die die Gebundenheit an die vom Verband abgeschlossenen Tarifverträge ausschließt (OT-Mitgliedschaft). Voraussetzung hierfür ist eine Satzung, die eine klare Trennung der beiden Formen der Mitgliedschaft regelt. Eine solche ist dann gegeben, wenn eine auch nur mögliche unmittelbare Einflussnahme von OT-Mitgliedern auf tarifpolitische Entscheidungen des Verbands ausgeschlossen ist. Dies ist ua. dann nicht der Fall, wenn die Satzung vorsieht, dass die konkrete Besetzung eines tarifpolitischen Gremiums (zB Tarifkommission) auch durch OT-Mitglieder bestimmt wird.

30

Diesen Anforderungen wurde die Satzung 2000 des BDE ua. deshalb nicht gerecht, weil sie vorsah, dass die - zwingend tarifgebundenen - Mitglieder der Tarifkommissionen durch ein Gremium bestimmt werden, dem auch OT-Mitglieder angehören (können). Weiterhin sah die Satzung nicht vor, dass der Präsident des Verbands, der satzungsgemäß die Große Tarifkommission führt, zwingend ein tarifgebundenes Mitgliedsunternehmen repräsentiert, was auch in mindestens zwei Fällen dazu geführt hat, dass ein Tarifvertrag durch einen Präsidenten unterzeichnet wurde, dessen Unternehmen an den Tarifvertrag selbst nicht gebunden war (vgl. dazu ausf. BAG 21. Januar 2015 - 4 AZR 797/13 - Rn. 16 bis 33 mwN, BAGE 150, 304).

31

bb) Die erforderliche Trennung und deren Absicherung der unterschiedlichen Mitgliedsbereiche muss in der Satzung selbst erfolgen. „Unterrangiges Vereinsrecht“, wie zB die Geschäftsordnung eines Gremiums, reicht hierfür nicht aus. Die Beklagte kann sich deshalb bereits grundsätzlich nicht auf die „Geschäftsordnung für die Große und Kleine Tarifkommission“ des BDE berufen. Auch diese Geschäftsordnung sieht im Übrigen eine hinreichende Trennung der beiden Mitgliedsbereiche nicht vor (vgl. dazu ausf. BAG 21. Januar 2015 - 4 AZR 797/13 - Rn. 35 bis 44 mwN, BAGE 150, 304).

32

cc) Die Änderungen der Satzung in den Jahren 2006/2007 sind für die Tarifgebundenheit der Beklagten ohne Bedeutung, weil sie an den für die mangelnde Trennung der Mitgliedsbereiche des BDE maßgebenden Satzungsregelungen substantiell nichts geändert haben (vgl. dazu ausf. BAG 21. Januar 2015 - 4 AZR 797/13 - Rn. 45 bis 50 mwN, BAGE 150, 304).

33

dd) Die Erklärung der Beklagten vom 22. April 2002 kann auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass mit ihr zumindest hilfsweise der vollständige Austritt aus dem BDE erklärt werden sollte (vgl. dazu ausf. BAG 21. Januar 2015 - 4 AZR 797/13 - Rn. 52 bis 55 mwN, BAGE 150, 304).

34

ee) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Recht des Klägers, sich auf deren Tarifgebundenheit zu berufen, nicht „verwirkt“. Für eine solche Annahme fehlt es an jeder Rechtsgrundlage (vgl. dazu ausf. BAG 21. Januar 2015 - 4 AZR 797/13 - Rn. 56 bis 60, BAGE 150, 304).

35

ff) Das Arbeitsverhältnis der Parteien wird von der Geltungsbereichsbestimmung des BMTV 2009 erfasst. Die Auslegung ergibt, dass die Tarifvertragsparteien eine Erfassung der Mitglieder des Wirtschaftsverbands des BDE nicht ausgeschlossen haben. Für eine solche Beschränkung des Geltungsbereichs eines Tarifvertrags auf nur einen Teil der tarifgebundenen Mitgliedsunternehmen des tarifschließenden Arbeitgeberverbands bedarf es einer ausdrücklichen und unmissverständlichen Regelung. Eine solche liegt hier nicht vor (vgl. dazu ausf. BAG 21. Januar 2015 - 4 AZR 797/13 - Rn. 61 bis 70 mwN, BAGE 150, 304).

36

gg) Auch gegen eine Tarifzuständigkeit des BDE für den BMTV 2009 bestehen keine Bedenken. Die Tarifzuständigkeit eines Verbands richtet sich nach seiner Satzung. Die Satzung 2000 des BDE begründet die Tarifzuständigkeit für Unternehmen und Betriebe der Kreislauf- und Entsorgungswirtschaft sowie der Wasser- und Abwasserwirtschaft einschließlich der mit diesen verbundenen Servicebetriebe. Hierzu gehört auch die Beklagte als ordentliches Mitglied des BDE (vgl. dazu ausf. BAG 21. Januar 2015 - 4 AZR 797/13 - Rn. 71 bis 73 mwN, BAGE 150, 304).

37

c) Zu einer Änderung dieser Rechtsauffassung oder des Ergebnisses der Rechtsanwendung gibt das Vorbringen der Beklagten im Streitfall auch nach nochmaliger Überprüfung durch den Senat keinen Anlass.

38

aa) Die Ausführungen zur Tarifgebundenheit der Beklagten iSv. § 3 Abs. 1 TVG werden durch den Parteivortrag nicht wesentlich betroffen. Dass die Satzung 2006/2007 insoweit nicht beachtlich ist, wurde dargelegt. Eine weitere Änderung der Satzung im Jahre 2012 betrifft die vom Kläger begehrte Feststellung nicht, da sie erst mit Eintragung in das Vereinsregister am 23. Januar 2013 wirksam geworden ist und die Bindung an die hier streitigen, im Tenor genannten Tarifverträge schon deshalb nicht ändern konnte.

39

bb) Die Ausführungen zur Tarifzuständigkeit sind gleichfalls durch die Satzungsänderungen nicht betroffen.

40

cc) Auch die Erwägungen zur jeweiligen Geltungsbereichsbestimmung der genannten Tarifverträge haben weiter Bestand.

41

(1) Der insoweit gegenüber dem Senatsurteil vom 21. Januar 2015 neu zu beurteilende BETV 2011 formuliert für seinen Geltungsbereich, dass er

        

„für alle Entsorgungsunternehmen (gilt), die Mitglied des Arbeitgeberverbandes BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V. sind.“

42

Der einzige Unterschied in der Formulierung gegenüber der in dem Urteil vom 21. Januar 2015 behandelten Regelung besteht damit in der Präzisierung von „Unternehmen“ auf „Entsorgungsunternehmen“, was ersichtlich der zuvor erfolgten Erweiterung der Verbandstätigkeit auf die Wasser- und Rohstoffwirtschaft geschuldet ist, die sich auch in der Verbandsbezeichnung niedergeschlagen hat. Die Änderung führt im Ergebnis deshalb dazu, dass trotz Änderung des Verbandsnamens weiterhin - wie vorher auch - nur Entsorgungsunternehmen an den BETV gebunden sind.

43

(2) Der den BETV 2011 ablösende BETV 2012, der am 1. April 2012 in Kraft trat, ist im Wortlaut der Geltungsbereichsbestimmung zwar insofern deutlich abweichend; er ist jedoch für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ohne Bedeutung.

44

dd) Soweit sich die Revisionen der Beklagten und des Nebenintervenienten erneut auf Art. 9 Abs. 3 GG berufen, wonach die OT-Mitglieder eines Verbands aufgrund der sog. negativen Koalitionsfreiheit davor geschützt wären, einer Tarifbindung unterworfen zu werden, die sie nicht gewollt haben und auf deren Bestand und Inhalt sie weder ernsthaft Einfluss nehmen konnten noch Einfluss genommen haben, verkennen sie die Struktur der Ausgestaltung des Grundrechts aus Art. 9 Abs. 3 GG durch das Tarifvertragsgesetz. Danach sind die Mitglieder eines Arbeitgeberverbands, der einen Tarifvertrag schließt, in dessen Geltungsbereich die bei einem Mitgliedsunternehmen geschlossenen Arbeitsverhältnisse fallen, grundsätzlich tarifgebunden (§ 3 Abs. 1 TVG). Eine Ausnahme gilt nach der Rechtsprechung dann, wenn die Satzung des Verbands einen gesonderten Mitgliedsstatus vorsieht, der eine Tarifgebundenheit ausschließt. Ein solcher Status mit der Folge, von der grundsätzlich vorgesehenen Tarifgebundenheit ausnahmsweise ausgeschlossen zu sein, ist jedoch nur dann möglich, wenn diesen Mitgliedern jeder unmittelbare Einfluss auf tarifpolitische Entscheidungen des Verbands durch hierfür geeignete Satzungsregeln verwehrt ist. Ob ein Arbeitgeber Mitglied eines Verbands wird, bleibt ihm überlassen. Wenn er es wird, hat er die gesetzlich vorgesehenen Rechtsfolgen zu tragen. Ob und inwieweit sich ein Arbeitgeber in die innerverbandliche Willensbildung einbringt, ist für die Frage der Tarifgebundenheit danach ohne Bedeutung. Insofern kommt es allein auf die Satzung an. Weist diese nicht die erforderliche klare und strenge Abgrenzung der beiden Mitgliederbereiche auf, bleibt es bei der gesetzlich vorgesehenen Tarifgebundenheit aller Mitglieder, auch der Tarifunwilligen. Art. 9 Abs. 3 GG enthält insoweit das Freiheitsrecht, sich einer Koalition anzuschließen und die ihr zugebilligten Rechte wahrzunehmen. Art. 9 Abs. 3 GG schützt jedoch nicht davor, dass die mit der Mitgliedschaft in einer Koalition verbundenen, gesetzlich geregelten Rechte und Pflichten auch dann bestehen, wenn sie im Einzelfall vom Mitglied nicht beabsichtigt sind oder subjektiv abgelehnt werden.

45

d) Einer von der Revision beantragten Aussetzung des Rechtsstreits gem. § 97 Abs. 5 ArbGG zur Klärung der Tariffähigkeit - bei unterstellter Tarifzuständigkeit - im gesonderten Beschlussverfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG bedarf es nicht. Für das Vorliegen der erforderlichen „vernünftigen Zweifel“ (so zB BAG 24. Juli 2012 - 1 AZB 47/11 - Rn. 7, BAGE 142, 366) gibt es keine Anhaltspunkte. Die Tariffähigkeit des BDE ist von keinem der Verfahrensbeteiligten bestritten worden. Die Revision führt unter Berufung auf Löwisch/Rieble (TVG 3. Aufl. § 2 Rn. 119) lediglich an, der Anteil derjenigen Verbandsmitglieder, deren Tarifgebundenheit aufgrund einer unzureichenden Satzungstrennung nicht beendet sei, die aber gleichwohl nicht an der tariflichen Willensbildung des Verbands beteiligt seien, dürfe eine bestimmte, noch zu bestimmende „Erheblichkeitsschwelle“ nicht überschreiten, da andernfalls die Tariffähigkeit des Verbands gefährdet sei. Für die Annahme der Tariffähigkeit eines Verbands kommt es dagegen allein auf die Tariffähigkeit der Gemeinsamkeit der - objektiv - tarifgebundenen Mitglieder an. Dagegen kann sie nicht davon abhängen, dass eine beabsichtigte, aber satzungsmäßig nicht wirksam abgesicherte OT-Mitgliedschaft von mehr oder weniger Mitgliedsunternehmen - letztlich vergeblich - in Anspruch genommen wird. Im Übrigen fehlt es bereits an jeglichen tatsächlichen Grundlagen dafür, auch unter diesem Gesichtspunkt die Tariffähigkeit des Nebenintervenienten grundsätzlich in Frage zu stellen.

46

e) Auch die Rügen formellen Rechts der Beklagten bleiben erfolglos.

47

aa) Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist nicht ersichtlich. Die insoweit erhobenen Rügen der Beklagten befassen sich lediglich mit vorgeblichen Auslegungsfehlern des Landesarbeitsgerichts. Im Ergebnis laufen sie allein darauf hinaus, das Landesarbeitsgericht habe bei seinen Erwägungen in den Entscheidungsgründen den Sachvortrag der Beklagten nicht hinreichend bzw. angemessen gewürdigt. Damit beruft sich die Beklagte in der Sache lediglich darauf, dass das Landesarbeitsgericht ihrer Rechtsansicht nicht gefolgt sei. Da es sich bei den von der Revision aufgeworfenen Punkten ausschließlich um Rechts- und Auslegungsfragen handelt, die vom Senat bei seiner Entscheidung über das Berufungsurteil und die Revisionsangriffe ohnehin heranzuziehen waren, bleibt dieser „Verfahrensrüge“ schon deshalb der Erfolg versagt.

48

bb) Die weiteren gerügten Verfahrensmängel hat der Senat geprüft und sie nicht als durchgreifend erachtet (§ 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 564 Satz 1 ZPO).

49

f) Die Revision des Nebenintervenienten gegen das Teilurteil 1 ist gleichfalls unbegründet. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden, weil der Nebenintervenient keine anderweitigen oder ergänzenden Anhaltspunkte für eine andere Sichtweise vorgetragen hat.

50

II. Die gegen das Teilurteil des Landesarbeitsgerichts vom 11. Juli 2014 gerichtete Revision des Klägers, mit der er die Zahlung von Vergütungsdifferenzen in Höhe von 4.232,61 Euro brutto für die Monate April bis Dezember 2010 (Antrag zu 2.) und von 4.297,32 Euro brutto für die Monate Januar bis Dezember 2011 (Antrag zu 3.) auf der Grundlage der Vergütungsgruppe 8 BERT erstrebt, ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, der Kläger habe die Anspruchsvoraussetzungen nicht ausreichend dargelegt. Das Teilurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).

51

1. Für die Eingruppierung des Klägers sind die allgemeinen Eingruppierungsvorschriften und die Tätigkeitsmerkmale der hier streitigen Vergütungsgruppen des BERT maßgebend, die auszugsweise folgenden Wortlaut haben:

        

§ 2 Eingruppierungsgrundsätze

        

(1)     

Für die Eingruppierung sind allein die übertragenen und ausgeführten Arbeiten und nicht etwaige Berufsbezeichnungen maßgebend.

        

(2)     

Für die Eingruppierung in eine der in § 3 genannten Vergütungsgruppen ist die überwiegend ausgeübte Tätigkeit entscheidend (Stammvergütungsgruppe).

                 

Bewertungszeitraum ist der Kalendermonat. Die aufgeführten Richtbeispiele erfüllen die Tätigkeitsmerkmale auch.

        

 § 3 Vergütungsgruppen (VG) für Arbeitnehmer

        

Es werden folgende Vergütungsgruppen gebildet:

        

…       

        

Vergütungs-

                 
        

gruppe 5 (100 v.H.)

Tätigkeiten, die erhöhte Kenntnisse oder Fertigkeiten mit Umsicht und Zuverlässigkeit erfordern; eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung ohne Berufserfahrung erfüllt diese Voraussetzung auch

                 

Richtbeispiele:            

                 

Lader/Müllwerker; Fahrer von Flurförderfahrzeugen, Radladern und Baumaschinen; Fahrer von Kraftfahrzeugen und Arbeitsmaschinen, für die Führerscheinklassen B, C1 erforderlich sind; Beifahrer von Sonderabfalltransporten; Ver- und Entsorger; Kranführer mit Ausbildungsnachweis;

                 

technische oder kaufmännische Sachbearbeitung, z. B. in Rechnungswesen, Vertrieb, Einkauf, Personalwesen, Technik, Labor

        

Vergütungs-

        
        

gruppe 6 (102 v.H.) (bisher VG 5a)

Tätigkeiten und Qualifikationen, die über die Anforderungen der Vergütungsgruppe 5 hinausgehen.

                 

Richtbeispiele:            

                 

Fahrer von Lastkraftwagen und Arbeitsmaschinen, für die die Führerscheinklassen C, CE erforderlich sind.

                 

…       

        

Vergütungs-

        
        

gruppe 7 (105 v.H.) (bisher VG 6)

Tätigkeiten mit Qualifikationen, die über die Anforderungen der Vergütungsgruppe 6 hinausgehen.

                 

Richtbeispiele:            

                 

Fahrer von Raupen und Kompaktoren auf Deponien, Fahrer von mobilen Behandlungsanlagen, die diese auch bedienen, Fahrer von Saugefahrzeugen, Hochdruckspülfahrzeugen und kombinierten Gruben- und Kanalreinigungsfahrzeugen nach DIN 30702, Blatt 5 (Stand: November 1974), Kesselbediener mit Zertifikat;

                 

alleinfahrende Fahrer von Seitenlader- oder Frontladerfahrzeugen, die in Sammeltouren eingesetzt sind und zeitlich überwiegend Ladetätigkeiten verrichten;

                 

Angestellte wie in der Vergütungsgruppe 5 beschrieben mit zusätzlichen Spezialaufgaben.

                 

…       

        

Vergütungs-

        
        

gruppe 8 (107,5 v.H.)
(bisher VG 7)

Tätigkeiten mit besonderer Qualifikation und erweiterten Kenntnissen, die durch eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung und mehrjährige Berufserfahrung (in der Regel drei Jahre) oder durch gesicherte Berufserfahrung erlangt werden können

                 

Richtbeispiele:            

                 

Fahrer von Sonderabfalltransporten, für die die Berechtigung nach GGVS/ADR erforderlich ist; Fahrer, die dauerhaft dazu eingesetzt werden, bei den Vergütungsgruppen 6 und 7 genannte Funktionen wechselnd auszuüben (sog. Multifunktionsfahrer); Schichtführer; Klärwärter mit abgeschlossener Ausbildung als Ver- und Entsorger; Rauchgaswäscher; Kesselläufer; Bediener von Kanal-TV-Geräten; Roboter-Geräte-Führer;

                 

Angestellte wie in Vergütungsgruppe 7 beschrieben mit Teilverantwortung.“

52

2. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Revision des Klägers betreffend den Klageantrag zu 3. nicht bereits deshalb unbegründet, weil das Landesarbeitsgericht die Zulässigkeit der Berufung des Klägers rechtsfehlerhaft bejaht hätte.

53

a) Die Zulässigkeit der Berufung ist Prozessfortsetzungsvoraussetzung für das gesamte weitere Verfahren nach Einlegung der Berufung. Sie ist deshalb vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen. Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Begründung iSd. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, hat das Revisionsgericht eine Sachentscheidung des Berufungsgerichts aufzuheben und die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass sie verworfen wird. Dass das Berufungsgericht das Rechtsmittel für zulässig gehalten hat, ist hierbei ohne Bedeutung (BAG 16. Mai 2012 - 4 AZR 245/10 - Rn. 9 mwN).

54

b) Das Landesarbeitsgericht hat die vom Kläger gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegte Berufung rechtsfehlerfrei für zulässig gehalten.

55

aa) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll (vgl. ausf. BAG 18. Mai 2011 - 4 AZR 552/09 - Rn. 14 mwN).

56

bb) Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Berufungsbegründung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz diese Anforderungen erfüllt. Danach hat das Arbeitsgericht die Klageabweisung im streitigen Punkt der Erfüllung der tariflichen Anforderungen „ausschließlich“ auf die nicht hinreichende Darlegung des Klägers betreffend den Umfang derjenigen Tätigkeiten gestützt, die nach seiner Auffassung dem Tätigkeitsmerkmal der Vergütungsgruppe 8 BERT entsprächen. Dem habe der Kläger in der Berufungsbegründung entgegengehalten, sein Sachvortrag sei dahingehend zu verstehen, er habe „nur“ - damit ausschließlich - diese von ihm der Vergütungsgruppe 8 BERT zugeordneten Tätigkeiten ausgeübt. An anderer Stelle habe er dies dahingehend konkretisiert, dass er „mehr als 90 % seiner Arbeitszeit als sog. Schadstoffsammler mit einem Schadstoffmobil durch Sachsen fahre und Schadstoffe einsammle“. Soweit das Arbeitsgericht die Zahlungsansprüche teilweise mit der Begründung verneint habe, die Ansprüche seien wegen der Nichteinhaltung der tariflichen Ausschlussfrist verfallen, weil die vom Kläger dargelegten Geltendmachungsschreiben den Anforderungen nicht genügten, habe der Kläger sich in der Berufung auf eine fehlerhafte Beurteilung der entsprechenden Schreiben durch das Arbeitsgericht berufen. Dies ist ausreichend. Auch die Beklagte trägt hierzu keine speziellen Erwägungen vor, die sich mit den detaillierten Ausführungen des Landesarbeitsgerichts befassen.

57

3. Das Landesarbeitsgericht hat seine in der Sache klageabweisende Entscheidung auf folgende Erwägungen gestützt:

58

a) Der Kläger begründe seine Vergütungsansprüche mit der Eingruppierung in der Vergütungsgruppe 8 BERT und daraus erwachsenden Vergütungsdifferenzen zu dem ihm gezahlten Lohn. Sein Sachvortrag ermögliche jedoch nicht die Feststellung, dass er ein Tätigkeitsmerkmal der Vergütungsgruppe 8 BERT erfülle. Mangels hinreichender konkreter zeitlicher Angaben zu seiner Tätigkeit sei nicht erkennbar, dass seine „überwiegend ausgeübte Tätigkeit“ eine solche der Vergütungsgruppe 8 BERT sei. Zwar habe er über mehr als anderthalb Jahre, darunter der gesamte Streitzeitraum, tagesbezogen sowohl Anfang und Ende der Arbeitszeit sowie das im Rahmen der Tätigkeit eingesetzte Fahrzeug und damit die Art der Tätigkeit dargetan. Die Beklagte habe jedoch ausgeführt, er sei nicht stets ganztägig mit einer einheitlichen Arbeit beschäftigt worden, sondern habe unterschiedliche und auch unterschiedlich zu bewertende Tätigkeiten verrichtet. Angesichts dessen hätte der Kläger weiter vortragen müssen, an welchen Arbeitstagen er welche einheitlichen Arbeiten bzw. unterschiedlichen Tätigkeiten erbracht habe. Dies sei nicht geschehen.

59

b) Auch eine Zuordnung der Tätigkeit des Klägers zu einer der - niedrigeren - Vergütungsgruppen 7, 6 oder 5 des BERT sei nicht möglich gewesen. Hierauf habe sich der Kläger erstinstanzlich nicht berufen. Deren Geltendmachung sei auch nicht als „minus“ in dem entsprechenden Zahlungsantrag enthalten gewesen. Die Vergütungsgruppen 5, 6, 7 und 8 BERT bauten nicht aufeinander auf, es lägen weder „echte Aufbaufallgruppen“ noch lediglich höhere Anforderungen in den höheren Vergütungsgruppen vor. Die Vergütungsgruppe 8 BERT enthalte eigenständige, von den niedrigeren Vergütungsgruppen unabhängige Anforderungen.

60

c) Soweit der Kläger sich im Laufe des Berufungsverfahrens ausdrücklich auf die niedrigeren Vergütungsgruppen berufen und die sich aus ihnen ergebenden jeweiligen Lohnansprüche gleichsam zum „Hilfsantrag“ bezogen auf den Zahlungsantrag gemacht habe, liege darin eine unzulässige Klageerweiterung in der Berufungsinstanz. Die Beklagte habe dieser nicht zugestimmt. Sie sei auch nicht als sachdienlich anzusehen, da es hierfür eines gänzlich neuen Vortrags hinsichtlich der Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppen 5, 6 und 7 BERT bedurft hätte und erstinstanzlicher Vortrag insoweit nicht verwertbar gewesen wäre.

61

d) Hinsichtlich des Zahlungsantrags für das Jahr 2011 gelte dies auch für die Vergütungsgruppe 8 BERT, weil der Kläger diesen Anspruch ebenfalls erstmals in der Berufung vorgebracht habe. Die Voraussetzungen für eine zulässige Klageerweiterung lägen deshalb nicht vor.

62

4. Das Landesarbeitsgericht hat die Anforderungen an die Darlegungslast des Klägers rechtsfehlerhaft überspannt. Es hat nicht beachtet, dass die Darlegungslast jeweils konkret und notwendig unter Einbeziehung des streitigen Tätigkeitsmerkmals zu bestimmen ist. Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang die für die Erfüllung des Richtbeispiels heranzuziehenden Tätigkeiten nicht ausdrücklich bestimmt. Soweit die Darlegungen des Landesarbeitsgerichts einen Rückschluss auf die von ihm als bedeutsam erachteten Einzeltätigkeiten ermöglichen, geht es von einer unzutreffenden Auslegung des Richtbeispiels aus.  

63

a) Grundsätzlich trägt der Kläger einer auf eine Eingruppierung gestützten Zahlungsklage die volle Darlegungs- und ggf. Beweislast für die seinen Anspruch begründenden Tatsachen. Dazu gehört ein Sachvortrag, der es dem Gericht ermöglicht, die Erfüllung der Anforderungen des angestrebten Tätigkeitsmerkmals oder die Zuordnung der Einzeltätigkeiten zu der in einem Richtbeispiel genannten Tätigkeit zu überprüfen. Dabei sind die allgemeinen Eingruppierungsbestimmungen zu beachten, aus denen sich die tariflich zu bewertende Arbeitseinheit ergibt. Ferner hängt es von dem konkreten Tätigkeitsmerkmal ab, wie umfangreich und detailliert der Klägervortrag sein muss, um als schlüssig angesehen zu werden.

64

Dies gilt grundsätzlich auch für die Tätigkeitsmerkmale nach § 3 BERT. Die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast bestimmen sich im vorliegenden Fall nach den konkreten Eingruppierungsregelungen und Tätigkeitsmerkmalen.

65

b) Für das vom Kläger geltend gemachte Richtbeispiel „Fahrer von Sonderabfalltransporten, für die die Berechtigung nach GGVS/ADR erforderlich ist“ bedeutet dies, dass er schlüssig darlegen muss, die konkret von ihm ausgeübte Tätigkeit erfülle dieses Richtbeispiel zu mehr als der Hälfte seiner Arbeitszeit. Hierfür genügt es in einem ersten Schritt, wenn der Kläger vorträgt, an einem bestimmten Tag ganztägig mit einem Fahrzeug, das ein Sonderabfalltransporter im oa. Sinne ist, unterwegs gewesen zu sein. Diesen Anforderungen hat der Kläger jedenfalls grundsätzlich mit seiner tagesbezogenen Übersicht über mehr als 18 Monate Genüge getan.

66

c) Soweit das Landesarbeitsgericht ihn nicht für ausreichend gehalten hat, ist dies erkennbar auf die Erwiderung der Beklagten zurückzuführen, er habe arbeitstäglich unterschiedliche und auch unterschiedlich zu bewertende Arbeiten verrichtet. Ein solcher Vortrag mag im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast grundsätzlich geeignet sein, den schlüssigen Vortrag eines klagenden Arbeitnehmers in Frage zu stellen und diesen dazu zu veranlassen, detaillierter zu den konkreten, von ihm im Lauf des Tages verrichteten unterschiedlichen Arbeiten vorzutragen.

67

d) Allerdings ist dies hier nicht der Fall.

68

aa) Die Beklagte hat nicht bestritten, dass der Kläger in der Regel ganztägig mit den von ihm genannten Sonderfahrzeugen unterwegs war. Sie hat im Wesentlichen lediglich angemerkt, der Kläger habe während dieser Fahrten Arbeiten verrichtet, die das Richtbeispiel der Vergütungsgruppe 8 BERT nicht erfüllten. Dabei geht sie offenbar davon aus, dass für die Zuordnung zu der Richtbeispielstätigkeit „Fahrer von Sonderabfalltransporten“ mit besonderer Fahrerlaubnis (GGVS/ADR) lediglich diejenigen Tätigkeitszeiten heranzuziehen sind, in denen der Kläger ein solches Sonderfahrzeug tatsächlich fährt bzw. gefahren hat. So hat sie zur Tätigkeit als Fahrer bei einer sog. Schadstoffkleinmengensammlung ausgeführt, dazu gehöre auch die Anreise mit dem Sonderfahrzeug von der Betriebsstätte zum Sammelgebiet. Für eine solche „Leerfahrt“ bedürfe es aber keiner Sonderberechtigung nach der GGVS/ADR. Deshalb erfülle die dafür aufgewandte Tätigkeitszeit nicht die Anforderungen des Richtbeispiels der Vergütungsgruppe 8 BERT. Auch seien die Zeiten, in denen das Sonderfahrzeug an den jeweiligen Sammelorten stehe, nicht dieser Tätigkeit zuzurechnen. Lediglich für die Weiterfahrt zum nächsten Sammelort sei die Sonderfahrerlaubnis erforderlich, für die dort dann anfallenden Stand- sowie Auf- und Abbauzeiten jedoch nicht. Auch für die Entladung des Fahrzeugs nach seiner Rückkehr zum Sonderabfallzwischenlager bedürfe es der tariflich vorausgesetzten Sondererlaubnis nicht. Gleiches gelte für die vom Kläger durchgeführten Gefahrguttransporte, bei denen auch nur die reine Fahrzeit bzw. bei Leerfahrten nicht einmal diese auf die Erfüllung des Richtbeispiels anzurechnen sei.

69

bb) Diese Auffassung, die sich das Landesarbeitsgericht offensichtlich zu eigen gemacht hat, weil es die konkrete Darlegungslast des Klägers mit dem Beklagtenvortrag begründet hat, ist rechtsfehlerhaft. Lediglich die erlaubnispflichtigen „Netto-Fahrzeiten“ des Schadstoffmobils bzw. des Sonderabfalltransporters bei der Zurechnung zu dem Richtbeispiel der Vergütungsgruppe 8 BERT heranzuziehen widerspricht dem „Atomisierungsverbot“ bei der Eingruppierung.

70

(1) In vielen Tarifverträgen ist für die Bestimmung der tariflich zu bewertenden Arbeitseinheit das sog. Atomisierungsverbot ausdrücklich normiert (vgl. zB Protokollnotiz zu § 22 Abs. 2 BAT: „Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangarbeiten), die … zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen“). Aber auch ohne ausdrückliche Regelung entspricht es einem allgemein gültigen und auch im Bereich der Eingruppierung in der Privatwirtschaft anzuwendenden Grundsatz. Dabei geht es um die Einbeziehung unselbständiger Teiltätigkeiten, die der Hauptarbeit zu- oder untergeordnet sind und in einem engen inneren Zusammenhang mit dieser stehen (Schaub/Treber ArbR-HdB 16. Aufl. § 64 Rn. 44). Der hierbei angewandte Grundsatz gilt sinngemäß auch für die Auslegung von Richtbeispielen.

71

(2) Danach ist der Begriff „Fahrer von Sonderabfalltransporten, für die die Berechtigung nach GGVS/ADR erforderlich ist“ nicht so zu verstehen, dass diesem Richtbeispiel nur diejenigen Tätigkeiten zuzuordnen sind, die unmittelbar ohne eine Sondererlaubnis nicht verrichtet werden dürfen. Das folgt zunächst bereits aus dem Wortlaut des Richtbeispiels, das die Erlaubnispflichtigkeit nicht dem Fahren als solchem, sondern den Fahrzeugen zuordnet. Bereits dies legt nahe, dass die tariflich gemeinte Tätigkeit das Fahren eines solchen Fahrzeugs ist, das bei bestimmungsgemäßer Benutzung einer Sondererlaubnis bedarf, und nicht ausschließlich und minutengenau das sondererlaubnispflichtige Fahren selbst. In der Konsequenz würde die Auffassung des Landesarbeitsgerichts dazu führen, dass zB nicht einmal die Fahrtunterbrechung zum Zwecke des Tankens oder der notwendigen Fahrtunterbrechung nach Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 oder einer kurzen Rast, der Tätigkeit als „Fahrer von Sonderabfalltransporten …“ zugerechnet werden könnte. Denn auch für diesen Zeitraum bedarf es der entsprechenden Sondererlaubnis nicht, weil das Fahrzeug nicht fährt. Eine solche Auffassung lässt den Grundgedanken des Atomisierungsverbots außer Betracht.

72

(3) Die Klage durfte deshalb nicht mit dem Argument abgewiesen werden, der Kläger habe zu dieser - rechtfehlerhaft angenommenen - Anforderung nichts dargelegt. Das Landesarbeitsgericht hätte vielmehr den anhand der Tageslisten konkretisierten Sachvortrag des Klägers würdigen müssen, er sei im gesamten Anspruchszeitraum von April 2010 bis Dezember 2011 regelmäßig ganztägig als Fahrer auf einem bestimmten Fahrzeug, das jeweils durch das Kennzeichen benannt wurde, eingesetzt worden. Er hat dazu weiter ausgeführt, dass die mit diesen Fahrzeugen durchgeführten Transporte einer der im Richtbeispiel zu Vergütungsgruppe 8 BERT genannten Erlaubnisse bedurfte.

73

e) Zudem hat sich das Landesarbeitsgericht mit dem vom Kläger gleichfalls in Anspruch genommenen und der Vergütungsgruppe 8 BERT zugeordneten Richtbeispiel „Fahrer, die dauerhaft dazu eingesetzt werden, bei den Vergütungsgruppen 6 und 7 genannte Funktionen wechselnd auszuüben (sog. Multifunktionsfahrer)“ nicht befasst. Hierzu hätte aber schon deshalb Anlass bestanden, weil bereits die Beklagte selbst dargelegt hat, der Kläger sei ab Juni 2010 nach Aufnahme von Betriebsratstätigkeiten „nicht mehr überwiegend auf dem Schadstoffmobil der Beklagten, sondern fast ausschließlich nur noch auf anderen Entsorgungsfahrzeugen der Beklagten arbeitsmäßig eingeteilt (worden)“, bzw. „… auf anderen Spezialfahrzeugen …“ eingesetzt worden.

74

Da - soweit ersichtlich - lediglich Lastkraftwagen und Arbeitsmaschinen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von unter 7,5 t von den Richtbeispielen der Vergütungsgruppe 5 BERT erfasst werden, im Übrigen aber in den Richtbeispielen zu den Vergütungsgruppen 6 und 7 BERT genannt sind, konnte das Landesarbeitsgericht die mögliche Erfüllung dieses Richtbeispiels der Vergütungsgruppe 8 BERT nicht ohne weitere Begründung außer Acht lassen.

75

III. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, da dem Senat aufgrund fehlender hinreichender tatsächlicher Feststellungen eine eigene Sachentscheidung nicht möglich ist. Bei der weiteren Sachbehandlung der Zahlungsanträge des Klägers und der Kostenentscheidung wird das Landesarbeitsgericht Folgendes zu beachten haben:

76

1. Das Landesarbeitsgericht wird nach Maßgabe der oben dargelegten Ausführungen zu prüfen haben, ob die vom Kläger dargelegten und ggf. nach Erteilung eines richterlichen Hinweises noch darzulegenden Tatsachen für die Erfüllung der Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der Vergütungsgruppe 8 BERT ausreichen, namentlich ob er eines der Richtbeispiele „Fahrer von Sonderabfalltransporten, für die die Berechtigung nach GGVS/ADR erforderlich ist“ oder „Fahrer, die dauerhaft dazu eingesetzt werden, bei den Vergütungsgruppen 6 und 7 genannte Funktionen wechselnd auszuüben (sog. Multifunktionsfahrer)“ erfüllt. Dabei wird es ggf. in Betracht zu ziehen haben, ob der Kläger hinsichtlich des von der Beklagten angeordneten Einsatzes seit Juni 2010 wegen seiner Betriebsratstätigkeit eine Benachteiligung nach § 78 Satz 2 BetrVG erlitten hat(zu den sich hieraus ergebenden Rechtsfolgen vgl. BAG 17. August 2005 - 7 AZR 528/04 -).

77

2. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Vergütungsgruppe 8 BERT keine „Aufbaufallgruppe“ zu den Vergütungsgruppen 5, 6 und 7 BERT im tariflichen Sinne ist. Jedenfalls baut die Vergütungsgruppe 8 BERT auf die darunter liegenden Vergütungsgruppen 5, 6 und 7 BERT nicht in dem Sinne auf, dass die niedrigeren Vergütungsgruppen jeweils als Streitgegenstand in demjenigen der höheren Vergütungsgruppe notwendig enthalten sind und von daher eine Geltendmachung eines Betrags aus einer höheren Vergütungsgruppe notwendig die Begründung eines - möglicherweise niedrigeren - Betrags aus einer niedrigeren Vergütungsgruppe (als „minus“) beinhaltet.

78

a) Grundsätzlich umfasst die gerichtliche Geltendmachung eines quantifizierten Leistungsanspruchs einen Anspruch, der in seiner Höhe unterhalb des bezifferten (Haupt-)Anspruchs liegt. Aus § 308 Abs. 1 ZPO ergibt sich, dass das Gericht deshalb ein Weniger zuerkennen darf und muss, wenn es in dem nicht in voller Höhe begründeten Sachantrag des Klägers enthalten ist. Dies begründet die Pflicht des Gerichts, bei einer auf eine bestimmte Vergütungsgruppe gerichteten Klage auch ohne gesonderten Antrag zu prüfen, ob die Klage nicht teilweise deshalb begründet ist, weil die qualitativ niedrigeren Anforderungen einer niedrigeren Vergütungsgruppe, auf die sie nicht ausdrücklich gestützt wird, erfüllt sind. Dies gilt jedoch nicht, wenn es sich bei dem - möglicherweise - begründeten Teil der Klage nicht um ein Weniger, sondern um etwas Anderes handelt. Bei einer auf eine bestimmte Vergütungsgruppe gestützten Zahlungsklage bedeutet dies, dass eine solche Prüfungsverpflichtung durch das Gericht nur dann besteht, wenn die - evtl. gegebene - niedrigere Vergütungsgruppe als ein Weniger in der höheren Vergütungsgruppe materiell enthalten ist. Dies ist der Fall, wenn es sich um eine sog. Aufbaufallgruppe handelt, die Erfüllung der Anforderungen des höherwertigen Tätigkeitsmerkmals also zwingend die Erfüllung der Anforderungen des niedrigeren Tätigkeitsmerkmals voraussetzt (vgl. dazu ausf. BAG 6. Juni 2007 - 4 AZR 505/06  -). Nicht ausreichend ist dagegen, wenn ein Tätigkeitsmerkmal im Verhältnis zu einem anderen lediglich höhere Anforderungen stellt (BAG 12. Mai 2004 - 4 AZR 371/03 -; 25. Februar 2009 - 4 AZR 41/08 - Rn. 34 ff., BAGE 129, 355).

79

b) Das Verhältnis der Vergütungsgruppe 8 BERT zu den Vergütungsgruppen 7, 6 und 5 BERT ist kein solches einer Aufbaufallgruppe. Bereits aus dem Wortlaut des Tätigkeitsmerkmals ergibt sich, dass die Vergütungsgruppe 8 BERT nicht auf alle alternativen Voraussetzungen der darunterliegenden Vergütungsgruppe 7 BERT Bezug nimmt und deshalb denknotwendig die Erfüllung dieser nächstniedrigeren Vergütungsgruppe voraussetzt.

80

aa) Die allgemeinen Anforderungen an eine Tätigkeit der Vergütungsgruppe 8 BERT werden ohne jeden Bezug zu den allgemeinen Anforderungen der Vergütungsgruppen 7, 6 und 5 BERT bestimmt. Das Niveau der Tätigkeit wird durch eine besondere Qualifikation und erweiterte Kenntnisse (diese wiederum durch das Erfordernis des Abschlusses einer Berufsausbildung und einer mehr-, in der Regel dreijährigen Berufserfahrung oder durch „gesicherte Berufserfahrung“) definiert. Der Natur der Sache nach sind die Anforderungen dieser Vergütungsgruppe höher als die der Darunterliegenden. Gleichwohl umfassen sie nicht automatisch die Anforderungen dieser Vergütungsgruppe(n) als logische und zwingende Voraussetzung. So können für konkrete Tätigkeiten nach der Vergütungsgruppe 5 BERT „erhöhte Kenntnisse“ erforderlich sein, die von der „besonderen Qualifikation und erweiterten Kenntnissen“ der Vergütungsgruppe 8 BERT nicht erfasst sind. Dies ist bereits deshalb evident, weil sich die allgemeinen Anforderungen nicht nur auf verschiedene Tätigkeiten, sondern auf unterschiedliche Tätigkeitsbereiche beziehen, nämlich die gewerblichen Arbeitnehmer, die kaufmännischen Angestellten und die technischen Angestellten.

81

bb) Entgegen der Auffassung des Klägers bauen auch die Richtbeispiele nicht aufeinander auf. Es mag sein, dass die Tarifvertragsparteien das Verhältnis der Richtbeispiele der verschiedenen Vergütungsgruppen zueinander in einer bestimmten Relation bewertet und hierarchisch strukturiert haben. Von einem „Aufeinander-Aufbauen“ im tariflichen Sinne kann jedoch keine Rede sein. Nach allgemeinen Grundsätzen ist das Tätigkeitsmerkmal einer Vergütungsgruppe erfüllt, wenn ein dem Tätigkeitsmerkmal zugewiesenes Richtbeispiel erfüllt ist. Das Richtbeispiel ist dann regelmäßig ohne jeden Rückbezug auf die allgemeinen Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals, insbesondere auf eine niedrigere Vergütungsgruppe oder auf dessen Richtbeispiele, zu überprüfen. Etwas Anderes kann nur bei ausdrücklich tariflich geregelten Abweichungen im Einzelfall, wie bspw. beim Multifunktionsfahrer der Vergütungsgruppe 8 BERT, gelten. Übt der Arbeitnehmer eine Tätigkeit aus, die das Richtbeispiel erfüllt, ist er der entsprechenden Vergütungsgruppe zuzuordnen.

82

3. Der auf die Vergütungsgruppen 5, 6 und 7 BERT bezogene, hilfsweise Zahlungsantrag des Klägers wird ggf. gleichwohl näher zu prüfen sein. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts liegt, auch wenn die Merkmale der niedrigeren Vergütungsgruppen in derjenigen der Vergütungsgruppe 8 BERT nicht enthalten sind, keine unzulässige Klageerweiterung in der Berufungsinstanz vor. Das Berufungsgericht hat insoweit den Begriff der Sachdienlichkeit iSv. § 263 ZPO verkannt.

83

a) Nach § 263 ZPO ist eine nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit erfolgte Änderung der Klage nur zulässig, wenn - was vorliegend nicht zutrifft - der Beklagte einwilligt oder wenn das Gericht sie für sachdienlich erachtet. Die Beurteilung der Sachdienlichkeit einer Klageänderung iSv. § 263 ZPO eröffnet dem Berufungsgericht einen Ermessensspielraum. In der Revisionsinstanz kann grundsätzlich nur überprüft werden, ob der Rechtsbegriff der Sachdienlichkeit verkannt oder die Grenzen des Ermessens überschritten worden sind (BGH 7. Juli 1993 - IV ZR 190/92 - mwN, BGHZ 123, 132).

84

b) Auch diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das Berufungsurteil nicht stand.

85

aa) Das Landesarbeitsgericht hat die - hilfsweise - Geltendmachung der Entgeltzahlungspflicht nach den Vergütungsgruppen 7, 6 und 5 BERT, die vom Kläger in der Berufungsinstanz eingebracht worden ist, als nicht sachdienlich und damit unzulässig angesehen. Danach hätte es für diese neu geltend gemachten Anspruchsgrundlagen eines vom bisherigen Vorbringen abweichenden neuen Tatsachenvortrags hinsichtlich der Erfüllung der entsprechenden Richtbeispiele, insbesondere der jeweiligen Zeitanteile, bedurft. Erstinstanzlicher Sachvortrag sei insoweit nicht verwertbar.

86

bb) Dies verkennt den Begriff der Sachdienlichkeit iSv. § 263 ZPO.

87

(1) Nach ständiger Rechtsprechung kommt es für die Frage der Sachdienlichkeit allein auf die objektive Beurteilung der Frage an, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung den sachlichen Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits ausräumt und einem andernfalls zu gewärtigenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt (BGH 30. November 1999 - VI ZR 219/98 - mwN, BGHZ 143, 189). Dabei sind auf die - hier vorliegende - nachträgliche Klageerweiterung die Grundsätze der Klageänderung entsprechend anzuwenden (BAG 12. September 2006 - 9 AZR 271/06 - Rn. 16 mwN, BAGE 119, 238). Unter diesem Gesichtspunkt ist nicht die beschleunigte Erledigung des Rechtsstreits, sondern die Erledigung der Streitpunkte zwischen den Parteien bedeutsam. Deshalb kommt es nicht entscheidend darauf an, ob neuer Tatsachenvortrag erforderlich ist. Der Sachdienlichkeit einer Klageänderung stünde nicht einmal entgegen, dass im Falle ihrer Zulassung Beweiserhebungen nötig werden und dadurch die Erledigung des Rechtsstreits verzögert würde (BGH 21. Dezember 1989 - VII ZR 84/89 - zu II 4 a der Gründe mwN; BAG 26. Februar 1986 - 7 AZR 503/84 -). Die Sachdienlichkeit kann unter diesem Blickpunkt im Allgemeinen nur dann verneint werden, wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann. Besteht zwischen mehreren Streitgegenständen ein innerer rechtlicher oder tatsächlicher Zusammenhang, so ist es regelmäßig sachdienlich, diese Streitgegenstände auch in einem Verfahren zu erledigen (BAG 6. Dezember 2001 - 2 AZR 733/00 - zu B I 2 a und b der Gründe mwN).

88

(2) Danach ist die vom Kläger vorgenommene Klageerweiterung sachdienlich. Sie steht in einem inneren tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang mit den bereits anhängigen Streitgegenständen.

89

(a) Auch wenn keine Aufbaufallgruppe im engeren Sinn vorliegt, bei der sich die Frage einer Klageerweiterung gar nicht stellen würde, handelt es sich vorliegend bei der hilfsweisen Geltendmachung der niedrigerwertigen tariflichen Tätigkeitsmerkmale auf der tatsächlichen Ebene weitgehend um dieselbe Tätigkeit und lediglich um eine abweichende rechtliche Bewertung derselben. Es besteht ein innerer und tatsächlicher Zusammenhang. Auch muss kein neuer sachlicher Streitstoff eingeführt werden. Im Vordergrund steht vielmehr die rechtliche Bewertung einer ohnehin tatsächlich festzustellenden Arbeitseinheit.

90

(b) Darüber hinaus ergibt sich im Entscheidungsfall ein weiterer innerer Zusammenhang aus dem Umstand, dass der Kläger ausdrücklich anführt, das weitere Richtbeispiel des „Multifunktionsfahrers“ der Vergütungsgruppe 8 BERT sei erfüllt. Dieses setzt materiell eine dauerhafte Übertragung von Tätigkeiten nach den Vergütungsgruppen 6 und 7 BERT voraus. Dadurch gehört die Erfüllung von deren Tätigkeitsmerkmalen zum notwendigen Vortrag des bereits vorher geltend gemachten Anspruchs.

91

(c) Zudem wäre andernfalls auch ein Folgeprozess zu erwarten, der uU Entscheidungen über die rechtlichen Vorfragen, soweit sie nicht Gegenstand des Tenors und nicht nur der Entscheidungsgründe der letztlich rechtskräftig gewordenen Entscheidung des Rechtsstreits geworden wäre, erneut und ggf. mit abweichendem Resultat erzwingen könnte. Derartige Vorfragen sind in diesem Rechtsstreit mannigfach vorhanden und von den verschiedenen Kammern des Landesarbeitsgerichts auch unterschiedlich beantwortet worden.

92

(d) Gegen die Sachdienlichkeit der Klageerweiterung lässt sich schließlich nicht einwenden, dass eine Verzögerung des Rechtsstreits zu erwarten war. Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Rechtsstreit insgesamt vier Teilurteile erlassen, das letzte am 28. April 2015, mithin mehr als vier Jahre nach Klageeingang bzw. drei Jahre und acht Monate nach Berufungseinlegung bzw. - zuletzt - mehr als drei Jahre und sechs Monate nach Eingang der klägerischen Berufungsbegründung, mit der zweifelsfrei die niedrigeren Vergütungsgruppen als Streitgegenstand in den Rechtsstreit eingeführt worden sind. Angesichts dessen sollte eine prozessrechtlich korrekte Sachverhaltsaufklärung, ggf. auch unter Einschluss einer evtl. Beweisaufnahme, ohne Weiteres möglich gewesen sein.

93

4. Bei seiner weiteren auf die niedrigeren Vergütungsgruppen bezogenen Prüfung wird das Landesarbeitsgericht ggf. zu berücksichtigen haben, dass aufgrund des Arbeitsvertrags der Parteien und der darin vereinbarten und vom Kläger geschuldeten Tätigkeit als Müllwerker jedenfalls eine Vergütungspflicht der Beklagten nach Vergütungsgruppe 5 BERT bestehen kann.

94

a) Der Wortlaut des § 2 Abs. 2 BERT mag zunächst ein Abstellen allein auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit des Arbeitnehmers - bezogen auf jeweils einen Kalendermonat in der Vergangenheit - nahelegen.

95

b) Aufgrund allgemeiner Grundsätze ist jedoch nur eine solche Tätigkeit des Arbeitnehmers für die tarifliche Bewertung heranzuziehen, die ihm im Rahmen der vertraglich vereinbarten Arbeitspflicht zugewiesen worden ist. Die tatsächliche Beschäftigung mit untervertraglichen Tätigkeiten kann nicht dazu führen, den Arbeitnehmer in dem betreffenden Kalendermonat entsprechend niedriger „einzugruppieren“ bzw. zu entlohnen.

96

aa) Dass auch der BERT von einer solchen „grundsätzlichen“ Zuweisung einer bestimmten, tariflich zu bewertenden Tätigkeit ausgeht, ergibt sich bereits aus § 2 Abs. 2 Satz 1 BERT. Dort ist nach der Definition der entscheidenden Tätigkeit („überwiegend ausgeübte“) in Klammern der Begriff „Stammvergütungsgruppe“ eingefügt. Dies verdeutlicht, dass nach dem BERT auch bei einer - vergütungsgruppenübergreifenden - wechselnden Tätigkeit von einer jedenfalls grundsätzlich zutreffenden Vergütungsgruppe auszugehen ist. Das ist auch angesichts der zum Beispiel in den Vergütungsgruppen 5 bis 7 BERT aufgeführten Richtbeispiele nachvollziehbar, da sich hier die Zuordnung mit der Zuweisung des entsprechenden Fahrzeugs arbeitstäglich oder gar innerhalb eines Arbeitstages ändern kann, ohne dass eine Änderung des Arbeitsvertrags vorliegt.

97

bb) Besonders deutlich wird dies am Beispiel der arbeitsvertraglich vereinbarten und damit vom Kläger geschuldeten Tätigkeit eines Müllwerkers.

98

(1) Diese Tätigkeit umfasst ein weites Spektrum an Einzeltätigkeiten. Sie lässt sich in ihrer tariflichen Bewertung nicht ohne Rückbezug auf die jeweils entsprechenden Tarifregelungen bestimmen. Deshalb sind die Ausführungen des Senats in seiner Entscheidung vom 11. Oktober 2006 (- 4 AZR 534/05 - Rn. 25) zum Begriff des Müllwerkers im Sinne des seinerzeit anzuwendenden Lohngruppenverzeichnisses eines Bezirkstarifvertrags im Rahmen der Anwendung des BMT-G II ohne unmittelbare Bedeutung. Das dort erwähnte Richtbeispiel eines Müllwerkers war einer Lohngruppe zugeordnet, deren abstrakte Anforderungen „Arbeiter mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von weniger als zweieinhalb Jahren, die in ihrem oder einem diesem verwandten Beruf beschäftigt werden“ erfasste. Im Unterschied dazu wird bei dem von Vergütungsgruppe 5 BERT erfassten Richtbeispiel eine abgeschlossene Berufsausbildung zumindest als geeignet zur Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals angesehen. Auch der Vergleich mit den weiteren Richtbeispielen bestätigt diese Differenz.

99

(2) Die Parteien haben vertraglich die Tätigkeit des Klägers mit „Müllwerker“ bezeichnet. Damit ist mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der Kläger zumindest solche Tätigkeiten schuldet, die grundsätzlich die Anforderungen der Vergütungsgruppe 5 BERT erfüllen, ohne dass dies im Einzelnen anhand der allgemeinen Anforderungen noch nachzuprüfen ist. Durch das Richtbeispiel eines „Müllwerkers“ in der Vergütungsgruppe 5 BERT verdeutlicht der BERT, dass mit der arbeitsvertraglichen Vereinbarung einer solchen Tätigkeit und entsprechendem Einsatz als geschuldete vertragliche Leistung das Tätigkeitsmerkmal grundsätzlich auch als erfüllt gilt.

100

(3) Der weitere Einwand der Beklagten, die vertraglich vereinbarte Tätigkeit des Klägers als „Müllwerker“ umfasse Tätigkeiten verschiedener Vergütungsgruppen, nämlich ua. auch solche der Vergütungsgruppe 3 BERT, ist nicht begründet. Er suggeriert, es gebe neben dem „Müllwerker“ iSd. BERT noch einen „Müllwerker“ iSd. Arbeitsvertrags. Ein „Müllwerker“ iSd. Arbeitsvertrags führe nicht zwingend zu einer Eingruppierung als „Müllwerker“ iSd. BERT, sondern umfasse Tätigkeiten mehrerer verschiedener Vergütungsgruppen des BERT. Dies widerspricht der zutreffenden Auslegung des Arbeitsvertrags der Parteien. Es ist davon auszugehen, dass Arbeitsvertragsparteien bestimmte Begriffe so verstehen, wie sie in der jeweiligen Branche üblicherweise verstanden werden. Für dieses Verständnis ist die jeweilige Begriffsbestimmung in einem einschlägigen bundesweiten Verbandstarifvertrag von zentraler Bedeutung. Dies gilt umso mehr als die Beklagte jedenfalls zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags an diesen Tarifvertrag auch nach ihrer eigenen Auffassung als Verbandsmitglied der tarifschließenden Partei auf Arbeitgeberseite unmittelbar gebunden war.

101

5. Das Landesarbeitsgericht wird ferner zu überprüfen haben, inwieweit der Kläger hinsichtlich der einzelnen Teil-Klagebeträge die nach den oa. Ausführungen unter B II anzuwendende tarifliche Ausschlussfrist des § 19 BMTV 2009 gewahrt hat.

102

IV. Über die Kosten des Rechtsstreits kann ebenfalls noch nicht abschließend entschieden werden. Aus diesem Grund war das Kostenschlussurteil des Landesarbeitsgerichts vom 28. April 2015 ungeachtet der gegen diese Entscheidung eingelegten Revisionen der Parteien und des Nebenintervenienten von Amts wegen aufzuheben.

103

1. Durch die Verbindung der durch die Teilurteile getrennten Sachen gem. Beschluss des Senats vom 27. Juli 2015 ist ein einheitliches Revisionsverfahren begründet worden. Das Revisionsgericht hat deshalb über die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts von Amts wegen zu entscheiden und sie bei Fehlerhaftigkeit von Amts wegen aufzuheben (BAG 21. Oktober 2015 - 4 AZR 649/14 - Rn. 52; BGH 5. Mai 2015 - XI ZR 406/13 - Rn. 32 mwN, BGHZ 205, 249).

104

2. Das Kostenschlussurteil des Landesarbeitsgerichts kann keinen Bestand haben, da aufgrund der noch nicht entscheidungsreifen Anträge zu 2. und 3. die Kostenquote noch nicht endgültig feststeht. Diese ist einer abschließenden rechtskräftigen Entscheidung in der Sache vorbehalten.

105

3. Bei der Kostenentscheidung wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, dass diese einheitlich zu ergehen hat und eine Trennung nach Zeitabschnitten, wie sie im Kostenschlussurteil vom 28. April 2015 vorgenommen worden ist, unzulässig ist (vgl. nur Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 74. Aufl. Übers § 91 Rn. 38).

        

    Eylert    

        

    Rinck    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Pieper    

        

    Redeker    

                 

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 19. Oktober 2012 - 6 Sa 488/12 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

2

Der Kläger ist seit Juni 1990 bei der Beklagten in der Außenstelle M des Bundesamtes für Güterverkehr (im Folgenden BAG) als Sachbearbeiter für Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen Gebietsfremde beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) bzw. nachfolgend des Tarifvertrags des öffentlichen Dienstes vom 13. September 2005 (TVöD) aufgrund vertraglicher Bezugnahme Anwendung. Der Kläger erhielt nach Überleitung aus der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 9 TVöD. Zum 1. Januar 2011 erfolgte ein Bewährungsaufstieg in die VergGr. IVb Fallgr. 1b BAT, der allerdings keine Änderung der Entgeltgruppe nach sich zog.

3

Der Kläger ist mit der Prüfung von Zuständigkeiten und Voraussetzungen, der Durchführung ergänzender Ermittlungen, der Bewertung von Sachverhalten bei Verstößen sowie der Durchführung von Anhörungen und anschließenden Entscheidungen des BAG in Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen Gebietsfremde betraut. Seine Aufgabe umfasst die Feststellung und Bewertung sämtlicher Ordnungswidrigkeiten, insbesondere von bußgeldbewährten Verstößen gegen das Güterkraftverkehrsgesetz, das Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz, das Fahrpersonalgesetz, das Straßenverkehrsgesetz und die Straßenverkehrsordnung, das Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter, das Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung umweltverträglicher Beseitigung von Abfällen, das Abfallverbringungsgesetz, das Übereinkommen über sichere Container, das Personalbeförderungsgesetz, das Tierschutzrecht und die Lebensmitteltransportbehälterverordnung, die von Gebietsfremden aus 16 unterschiedlichen Herkunftsstaaten - größtenteils, aber nicht ausschließlich EU-Mitgliedstaaten - begangen werden. Die weit überwiegend zu bearbeitenden Verstöße betreffen das Fahrpersonalrecht, das Gefahrgutrecht, das Güterkraftverkehrsrecht und das Abfallrecht. Seine Tätigkeit umfasst die Abgabe von Verfahren an andere Verwaltungsbehörden im Falle der Unzuständigkeit des BAG, die Erteilung von Verwarnungen mit oder ohne Verwarnungsgeld, den Erlass von Bußgeldbescheiden, die Entscheidung über Zahlungserleichterungen oder die Niederschlagung von Forderungen sowie die Bearbeitung sonstiger Anfragen von Verkehrsbehörden, Betroffenen oder Dritten und die Abgabe von Verfahren an die Staatsanwaltschaft bei Verdacht einer Straftat.

4

Der Kläger bearbeitet die Ordnungswidrigkeiten zu 82 vH seiner Arbeitszeit, zu 15 vH behandelt er Einsprüche und erstellt Kostenfestsetzungsbescheide. In der restlichen Arbeitszeit (3 vH) betreut er schriftliche oder telefonische Anfragen Dritter.

5

Die im Juli 2009 vom Kläger beantragte Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 10 TVöD lehnte die Beklagte ab.

6

Mit seiner Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und die Auffassung vertreten, dass seine Tätigkeit nach der VergGr. IVa Fallgr. 1a BAT zu bewerten sei. Seine Tätigkeit hebe sich nicht nur wegen seiner besonderen Verantwortung, sondern auch wegen der besonderen Schwierigkeit aus der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT heraus. Schon die Tatbestandsermittlung und -bewertung sei sehr komplex. Umfangreiche Softwarekenntnisse, etwa des komplizierten Programms „TachoScanControl 1.9“, seien bereits bei der Erfassung des Sachverhalts erforderlich. Nach der Datenübermittlung bedürfe es regelmäßig individueller Nachprüfungen, Sichtbarmachungen und Korrekturen der Daten sowie konkreter Nachfragen. Er benötige hierzu hinreichende Technikkenntnisse, etwa bezüglich der Besonderheiten der unterschiedlichen Fahrzeugtypen. Er müsse eine Vielzahl von Rechtsvorschriften, insbesondere internationale und bilaterale Abkommen, kennen und anwenden, da die Ordnungswidrigkeiten aus den verschiedenen Rechtsgebieten einen Auslandsbezug aufwiesen. Dies mache seine Aufgabe schwierig, selbst wenn die Ahndung nach deutschem Recht erfolge. Er müsse prüfen, ob dem betroffenen Ausländer ein individueller Schuldvorwurf gemacht werden könne und müsse bei der Bestimmung der Bußgeldhöhe die ausländischen Lebensverhältnisse beachten. Anders als ein kommunaler Sachbearbeiter für Ordnungswidrigkeiten arbeite er mit der Bundespolizei und den Polizeien anderer Bundesländer zusammen. Die Komplexität der von ihm zu bearbeitenden Materie zeige sich beispielhaft am Umfang des Tatbestandskatalogs zum Fahrpersonalgesetz, der allein 115 Seiten umfasse und durch die Fahrpersonalverordnung und europarechtliche Vorschriften ergänzt werde. Auch würden ständig die anzuwendenden Gesetze geändert, in den Jahren 2004 bis 2009 allein mehr als 42 Mal, was häufig mit technischen und fachspezifischen Änderungen und Weiterungen verbunden sei. Da er im Namen der Bundesrepublik Deutschland gegenüber Ausländern tätig werde, sei seine Tätigkeit für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland von gesteigerter Bedeutung.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab August 2009 Vergütung nach der Entgeltgruppe 10 und ab Februar 2011 nach der Entgeltgruppe 11 TVöD zu zahlen.

8

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, dass die Tätigkeit des Klägers nicht die Voraussetzungen der VergGr. IVa Fallgr. 1a BAT erfülle. Sie hebe sich nicht durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Ausgangsvergütungsgruppe heraus. Die vom Kläger beschriebenen Umstände und Tätigkeiten würden bereits sämtlich in der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT berücksichtigt. Er müsse die anzuwendenden Gesetze und Vorschriften nicht umfassend beherrschen, es genüge die Kenntnis der bußgeldrelevanten Tatbestände der inländischen Normen und europäischen Verordnungen, da er die durch den Straßenkontrolldienst des BAG oder durch Berichte anderer Behörden ermittelten Sachverhalte nur unter die Rechtsvorschriften zu subsumieren und im Rahmen eines vorgegebenen Entscheidungsspielraums in einem IT-gestützten und reglementierten Verfahren Bußgelder festzulegen habe. Die eingesetzte Software erfordere nach einer ersten Einarbeitung keinen besonderen Sachverstand, sie vereinfache und strukturiere vielmehr das vom Kläger zu bearbeitende Massengeschäft. Er könne die Bescheide regelmäßig ohne Hinzuziehung weiterer Gesetzestexte oder rechtlicher Recherchen erstellen. Auch die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der jeweiligen Betroffenen in ihrem Heimatland erfolge grundsätzlich standardisiert durch dem Kläger vorgegebene Staatenabschläge für Fahrer aus bestimmten mittel- und osteuropäischen Staaten. Lediglich hinsichtlich der abgrenzbaren, im Rahmen der Gesamttätigkeit allerdings untergeordneten Teilaufgabe der Zustellung der Bescheide im Ausland sowie hinsichtlich bestimmter Registerabfragen habe er ausländisches Recht zu beachten.

9

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

11

Die als Eingruppierungsfeststellungsklage ohne Weiteres zulässige (vgl. dazu BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 9) Klage ist unbegründet. Die Tätigkeit des Klägers erfüllt nicht die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IVa Fallgr. 1a BAT. Nach der erfolgten Tarifsukzession zum 1. Oktober 2005 war der Kläger daher nicht gemäß § 4 Abs. 1 iVm. Anlage 2 zum Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 (TVÜ-Bund) in der bis 31. Dezember 2013 geltenden Fassung in Entgeltgruppe 10 bzw. 11 TVöD überzuleiten. Somit bleibt es auch für den Zeitraum nach Inkrafttreten von §§ 24 ff. TVÜ-Bund sowie des Tarifvertrags über die Entgeltordnung des Bundes vom 5. September 2013 (TV EntgO Bund) zum 1. Januar 2014 bei der bisherigen Eingruppierung (§ 25 Abs. 1 TVÜ-Bund).

12

I. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme der BAT in der jeweiligen Fassung und nachfolgend - in der Zeit ab dem 1. Oktober 2005 - der ihn ablösende TVöD Anwendung. Für die Eingruppierung des Klägers ist trotz des zwischenzeitlichen Inkrafttretens von §§ 24 ff. TVÜ-Bund sowie des TV EntgO Bund zum 1. Januar 2014 weiterhin § 17 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 iVm. der Anlage 2 zum TVÜ-Bund in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung maßgebend. Der Kläger gehört zwar zu den „in den TVöD übergeleiteten Beschäftigten“ iSv. § 24 Satz 1 TVÜ-Bund, „deren Arbeitsverhältnis zum Bund über den 31. Dezember 2013 hinaus fortbesteht und die am 1. Januar 2014 unter den Geltungsbereich des TVöD fallen“. Für diese Beschäftigten gelten ab 1. Januar 2014 jedoch die §§ 12, 13 TVöD (Bund) als neue Eingruppierungsvorschriften nicht, wenn sich ihre Tätigkeit zwischenzeitlich nicht geändert hat. Dies ergibt sich aus § 25 Abs. 1 TVÜ-Bund iVm. der Protokollerklärung zu Absatz 1. Danach verbleibt es grundsätzlich auch nach dem 1. Januar 2014 bei der einmal anlässlich der Überleitung vom BAT in den TVöD erfolgten Eingruppierung. Die vorläufige Zuordnung zu der Entgeltgruppe des TVöD nach der Anlage 2 oder 4 TVÜ-Bund gilt gemäß der Protokollerklärung als Eingruppierung. Eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierungen findet aufgrund der Überleitung in den TV EntgO Bund danach nicht statt.

13

II. Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen für eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 10 TVöD.

14

Der Kläger hat nicht dargelegt, dass seine gesamte auszuübende Tätigkeit iSd. § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 und Unterabs. 4 BAT den von der VergGr. IVa BAT geforderten Anforderungen entspricht, indem die seine Gesamtarbeitszeit ausfüllenden Arbeitsvorgänge im tariflich geforderten zeitlichen Umfang von mindestens der Hälfte (Fallgruppe 1a) oder zu einem Drittel (Fallgruppe 1b) der Gesamtarbeitszeit die Anforderungen eines oder mehrerer der dort genannten Tätigkeitsmerkmale erfüllen. Diese Regelung der Anlage 1a zum BAT gilt nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung über den 30. September 2005 hinaus fort.

15

1. Bei der Prüfung ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen. Dabei handelt es sich um eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (st. Rspr. zu Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BAT, zB BAG 21. März 2012 - 4 AZR 292/10 - Rn. 14). Maßgebend für die Bestimmung des Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis (st. Rspr., zuletzt bspw. BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 15 mwN). Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleiben dabei zunächst außer Betracht. Erst nachdem die Bestimmung des Arbeitsvorgangs erfolgt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten (BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 16; 18. März 2015 - 4 AZR 59/13 - Rn. 17). Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Leistungen zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte nicht von vornherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind. Dafür reicht die theoretische Möglichkeit nicht aus, solange sie nach der tatsächlichen Arbeitsorganisation des Arbeitgebers als einheitliche Arbeitsaufgabe einer Person auch übertragen sind. Tatsächlich getrennt sind Arbeitsschritte nicht, wenn sich erst im Lauf der Bearbeitung herausstellt, welchen tariflichen Schwierigkeitsgrad der einzelne Fall aufweist (BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 16 mwN; 21. August 2013 - 4 AZR 933/11 - Rn. 14, BAGE 146, 22). Bei der Zuordnung der Tätigkeiten des Arbeitnehmers hat das Tatsachengericht einen Beurteilungsspielraum (BAG 21. März 2012 - 4 AZR 292/10 - Rn. 14).

16

2. Danach ist die Bewertung des Landesarbeitsgerichts, bei der vom Kläger auszuübenden Tätigkeit handele es sich um zwei Arbeitsvorgänge, nämlich die Bearbeitung ordnungswidrigkeitsrechtlicher Kontrollberichte und Anzeigen sowie von Einsprüchen einerseits mit einem Anteil von 97 vH der Gesamtarbeitszeit und der Bearbeitung von schriftlichen und telefonischen Anfragen Dritter mit einem Zeitanteil von 3 vH der Gesamtarbeitszeit andererseits, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

17

Das Landesarbeitsgericht hat die Behandlung etwaiger Einsprüche zu Recht nicht als einen von dem ursprünglichen Bußgeldverfahren getrennten, eigenständigen Arbeitsvorgang angesehen. Die Tätigkeit des Klägers dient insoweit insgesamt der Prüfung, ob eine Ordnungswidrigkeit eines Gebietsfremden gegeben und auf welche Weise sie ggf. zu ahnden ist. Arbeitsergebnis der Prüfung ist die Frage, ob eine Ordnungswidrigkeit vorliegt und ob bzw. wie diese verfahrensmäßig verfolgt wird. Die Tätigkeit ist dabei auf den Abschluss des Bußgeldverfahrens im Rahmen der Verwaltungszuständigkeit des BAG gerichtet. Abgeschlossen ist das Verfahren erst nach der Entscheidung über einen etwaigen Einspruch. Demnach ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, die Sachverhaltsermittlung und Entscheidung im Ausgangsverfahren bei eingelegtem Einspruch nach der Organisation der Beklagten nur als unselbständigen Zwischenschritt innerhalb eines Arbeitsvorgangs zu begreifen (vgl. BAG 15. Oktober 1986 - 4 AZR 548/85 -).

18

3. Für die tarifliche Bewertung der Tätigkeit des Klägers sind die nachstehenden Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsordnung Teil I Allgemeiner Teil der Anlage 1a zum BAT maßgebend:

        

Vergütungsgruppe V b

        

1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.

        

Vergütungsgruppe IV b

        

1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist. …

        

Vergütungsgruppe IV a

        

1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a heraushebt.

        

1 b. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich mindestens zu einem Drittel durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a heraushebt.“

19

4. Die Tätigkeitsmerkmale der genannten Fallgruppen bauen aufeinander auf. Bei Aufbaufallgruppen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zunächst zu prüfen, ob die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe erfüllt werden. Anschließend ist zu klären, ob die qualifizierenden Merkmale der höheren Vergütungsgruppe vorliegen (zB BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 912/08 - Rn. 27 mwN). Danach muss ein Arbeitnehmer die allgemeinen Voraussetzungen der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT und die der darauf aufbauenden VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT und IVa Fallgr. 1a oder 1b BAT erfüllen. Mit einer Eingruppierungsfeststellungsklage sind diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle zu beweisen, aus denen der rechtliche Schluss möglich ist, die beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale seien unter Einschluss der darin vorgesehenen Qualifizierungen im geforderten zeitlichen Umfang erfüllt. Für einen schlüssigen Vortrag genügt dabei eine genaue Darstellung der eigenen Tätigkeit nicht, wenn ein Heraushebungsmerkmal in Anspruch genommen wird. Allein aus der Betrachtung der jeweiligen Tätigkeit sind noch keine Rückschlüsse darauf möglich, ob sie sich gegenüber derjenigen eines Angestellten der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT oder der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT entsprechend den Qualifizierungsmerkmalen heraushebt und eine Eingruppierung in der VergGr. IVa Fallgr. 1a oder 1b BAT begründet. Diese Wertung erfordert vielmehr einen Vergleich mit den nicht herausgehobenen Tätigkeiten, also den „Normaltätigkeiten“ der Ausgangsfallgruppe, und setzt einen entsprechenden Tatsachenvortrag voraus. Die vorgetragenen Tatsachen müssen erkennen lassen, warum sich eine bestimmte Tätigkeit aus der in der Ausgangsfallgruppe erfassten Grundtätigkeit hervorhebt und einen wertenden Vergleich mit dieser nicht unter das Heraushebungsmerkmal fallenden Tätigkeit erlauben (st. Rspr., etwa BAG 25. Februar 2009 - 4 AZR 20/08 - Rn. 27 mwN).

20

5. Auf der Grundlage seines Vortrags erfüllt die Tätigkeit des Klägers nach diesen Maßstäben zwar die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der Ausgangsvergütungsgruppe Vb Fallgr. 1a BAT und der darauf aufbauenden VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT, nicht jedoch der Fallgruppe 1a oder 1b der VergGr. IVa BAT.

21

a) Die Tätigkeit des Klägers erfüllt die Anforderungen der Ausgangsvergütungsgruppe (VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT). Sie erfordert gründliche, umfassende Fachkenntnisse sowie selbständige Leistungen. Darüber hinaus ist sie auch besonders verantwortungsvoll (VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT).

22

Das Landesarbeitsgericht durfte sich auf eine pauschale, summarische Prüfung beschränken. Eine solche ist ausreichend, soweit - wie hier - die Tätigkeit des Angestellten zwischen den Parteien unstreitig ist und der Arbeitgeber selbst die Tätigkeitsmerkmale als erfüllt ansieht (zB BAG 9. Mai 2007 - 4 AZR 351/06 - Rn. 23 mwN). Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, die Anforderungen der Tätigkeitsmerkmale der VergGr. Vb Fallgr. 1a und IVb Fallgr. 1a BAT seien erfüllt. Gegen diese Wertung wendet sich auch keine der Parteien.

23

b) Der Kläger hat jedoch nicht dargetan, dass die von ihm auszuübende Tätigkeit sich hinsichtlich der Anforderungen durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT heraushebt. Es fehlt bereits an der Darlegung von Tatsachen, die den erforderlichen wertenden Vergleich ermöglichen. Hiervon ist das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei ausgegangen.

24

aa) Ein wertender Vergleich betreffend die tariflichen Heraushebungsmerkmale der „besondere[n] Schwierigkeit und Bedeutung“ verlangt zunächst die Benennung einer Vergleichsgruppe von Arbeitnehmern, deren Tätigkeiten entsprechend der Vergütungsgruppe IVb Fallgr. 1a BAT bewertet sind. Um vergleichbar zu sein, muss die Tätigkeit dieser Arbeitnehmer zumindest eine Reihe von gemeinsamen Merkmalen mit derjenigen aufweisen, die vom klagenden Arbeitnehmer ausgeübt wird. Sodann ist darzulegen, dass die von den Arbeitnehmern der Vergleichsgruppe ausgeübten Tätigkeiten (mindestens) die Anforderungen der Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen. Hierfür können rechtskräftige Entscheidungen der Gerichte für Arbeitssachen, namentlich des Bundesarbeitsgerichts, als Indiz herangezogen werden, wenn in ihnen eine entsprechende tarifliche Bewertung dieser Tätigkeit vorgenommen wurde. Dabei ist jedoch zu beachten, dass arbeitsgerichtliche Entscheidungen in Eingruppierungsrechtsstreitigkeiten regelmäßig nicht zwingend verallgemeinerungsfähige Aussagen über die dort beurteilte Tätigkeit im Allgemeinen enthalten. So mag beispielsweise eine Klageabweisung ua. dem Umstand geschuldet sein, dass die klagende Partei keinen schlüssigen Klagevortrag erbracht hat (vgl. BAG 21. Januar 2015 - 4 AZR 253/13 - Rn. 35).

25

bb) In einem zweiten Schritt ist dieser Vergleichstätigkeit die dabei wahrzunehmende „Normalschwierigkeit“ bzw. „Normalbedeutung“ zuzuordnen und ihr die besondere Schwierigkeit und Bedeutung der Tätigkeit des klagenden Arbeitnehmers gegenüberzustellen (vgl. BAG 21. Januar 2015 - 4 AZR 253/13 - Rn. 36).

26

(1) Die tarifliche Anforderung der besonderen Schwierigkeit einer Tätigkeit bezieht sich dabei auf die fachliche Qualifikation des Angestellten, also sein fachliches Können und seine fachliche Erfahrung. In der VergGr. IVa Fallgr. 1a BAT wird somit ein Wissen und Können verlangt, das die Anforderungen der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT in gewichtiger Weise, dh. beträchtlich, übersteigt (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 912/08 - Rn. 37 mwN).

27

(2) Die weitere tarifliche Anforderung der Bedeutung knüpft an die bestehende Bedeutung des Aufgabenkreises an, dh. an die Größe des Aufgabengebiets, die Tragweite der zu bearbeitenden Materie oder die Auswirkungen der Tätigkeit für den innerdienstlichen Bereich, die betroffenen Bürger oder die Allgemeinheit. Die Bedeutung muss - aufgrund ihres Gehalts als Heraushebungsmerkmal - zumindest zu einer deutlich wahrnehmbar gesteigerten Tätigkeitsanforderung gegenüber den voranstehenden Vergütungsgruppen führen (BAG 21. März 2012 - 4 AZR 292/10 - Rn. 22 mwN).

28

cc) Erst wenn in dieser Form den jeweils in Betracht kommenden Tätigkeitsmerkmalen der zu vergleichenden Vergütungsgruppen zumindest hinsichtlich der Ausgangsvergütungsgruppe eine im weiteren Sinne „unstreitige“ Bewertung einer vergleichbaren Tätigkeit zugrunde liegt, kann der - behauptete - Unterschied der jeweiligen Schwierigkeit und Bedeutung anhand der genannten Maßstäbe bewertet werden (vgl. BAG 21. Januar 2015 - 4 AZR 253/13 - Rn. 37).

29

c) Ausgehend von diesem Maßstab genügt der Vortrag des Klägers nicht den Darlegungsanforderungen.

30

Der Kläger hat zwar - worauf er in der Revisionsbegründung zutreffend verweist - bereits erstinstanzlich auf das Urteil des Senats vom 15. Oktober 1986 (- 4 AZR 548/85 -) Bezug genommen und ausgeführt, der Senat habe dort hinsichtlich einer kommunalen Bußgeldsachbearbeiterin die Voraussetzungen der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT bejaht; ferner hat er zu seiner eigenen Tätigkeit vorgetragen. Dies reicht im Ergebnis jedoch für einen wertenden Vergleich nicht aus.

31

aa) Schon grundsätzlich reicht der bloße Verweis auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Darlegung einer Vergleichstätigkeit nicht aus, wenn zum konkreten Inhalt der Vergleichstätigkeit kein detaillierter Vortrag erbracht wird. Der Hinweis des Senats, rechtskräftige Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts könnten zumindest als Indiz für eine entsprechende tarifliche Bewertung dieser Tätigkeiten herangezogen werden, entbindet einen Kläger nicht von der konkreten Darstellung der Tätigkeit der Vergleichsgruppe. Diese Tätigkeit ist nach Inhalt, Art und Ausgestaltung der wesentliche Bezugspunkt des wertenden Vergleichs und daher im Einzelnen präzise darzustellen. Die herangezogene Tätigkeit eines „kommunalen Bußgeldsachbearbeiters“ hat der Kläger jedoch nicht konkret umschrieben. Er hat lediglich pauschal vorgetragen, dessen Tätigkeit sei mit seiner Tätigkeit im Wesentlichen gleich; dieser habe in einer Kommune zu ermitteln, ob eine Ordnungswidrigkeit vorliege und wie diese ggf. zu ahnden sei.

32

bb) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht deshalb angenommen, der Vortrag des Klägers lasse damit nicht erkennen, dass seine Tätigkeit von „besonderer Schwierigkeit und Bedeutung“ ist. Damit bewegt sich das Landesarbeitsgericht in dem ihm zustehenden Beurteilungsspielraum (vgl. dazu zB BAG 27. August 2008 - 4 AZR 470/07 - Rn. 20 mwN).

33

(1) Soweit der Kläger auf die Größe des Aufgabengebiets und die Vielzahl der dabei anzuwendenden Rechtsvorschriften hinweist und hieraus - sowie aus der häufigen Veränderung dieser Vorschriften - auf eine besondere Schwierigkeit der Tätigkeit schließt, fehlt es bezüglich der vom Kläger selbst herangezogenen Vergleichsgruppe der kommunalen Bußgeldsachbearbeiter an einer substantiierten Darlegung eines Vergleichs der jeweils anzuwendenden Rechtsvorschriften.

34

(a) Seine Behauptung, er habe neben den Regelungen, die nach der Entscheidung des Senats vom 15. Oktober 1986 von den kommunalen Bußgeldsachbearbeitern anzuwenden seien, weit darüber hinausgehende Aufgaben zu betreuen und „weitere … Vorschriften“ anzuwenden, ist offensichtlich unzutreffend. Die von der seinerzeitigen Klägerin ausgeführten Tätigkeiten waren ausweislich des Tatbestands des Senatsurteils vom 15. Oktober 1986:

        

„1)     

Verantwortliche Sachbearbeitung und selbständige Entscheidung nach dem/der:

                 

Gefahrgutgesetz i. V. m. Gefahrgut-VO, Güterkraftverkehrsgesetz, Personenbeförderungsgesetz i.V.m. BO Kraft, Fahrlehrergesetz, Bundesfernstraßen- und Landesstraßengesetz, Handwerksordnung/Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, Gewerbeordnung, Abfallbeseitigungsgesetz, Abgrabungsgesetz, Wasserhaushaltsgesetz, Wasserschutzgebiets-VO, Landesimmissionsschutzgesetz, Landschaftsschutzgesetz, Landesjagdgesetz, Landesfischereigesetz, Tierschutzgesetz, Viehseuchengesetz u.a.

        

2)    

Entgegennahme und Entscheidung über eingelegte Rechtsmittel (Einsprüche, Anträge auf gerichtliche Entscheidung), und ggf. Durchführung weiterer Ermittlungstätigkeit.

        

3)    

Entscheidung über Kostenerstattungsanträge …

                          
        

4)    

Entgegennahme von Ratenzahlungs- bzw. Stundungsanträgen und ggf. Einholung der für die Entscheidung erforderlichen Unterlagen (Überprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse); in Vertretung des Abteilungsleiters Entscheidung über Stundungs- bzw. Ratenzahlungsanträge.

        

5.    

Rechtliche Beratung von Betroffenen, Zeugen und sonstigen in Ordnungswidrigkeitenangelegenheiten vorsprechenden Personen sowie Beratung von Behörden über Rechts- und Sachfragen - formelles und materielles Recht.“

35

Die dabei in Ziff. 1 genannten Rechtsvorschriften hat der Kläger größtenteils nicht anzuwenden. Er hat nicht zusätzliche, sondern im Wesentlichen andere Rechtsvorschriften zu berücksichtigen.

36

(b) Aus seinen Ausführungen ist auch nicht zu erkennen, dass die von ihm anzuwendenden Gesetze in Anzahl oder Schwierigkeit die in Ziff. 1 der obigen Aufzählung genannten Gesetze und Verordnungen derart übersteigen, dass eine „besondere Schwierigkeit“ im Tarifsinne gegeben wäre. Es fehlt insoweit an jeglicher inhaltlichen Auseinandersetzung.

37

(c) Dies gilt auch für die behauptete umfangreiche Änderung dieser Vorschriften. Die Ausführungen des Klägers hierzu beschränken sich im Wesentlichen darauf, den Inhalt seiner Tätigkeit darzustellen und zu bewerten, ohne die dieser Abstrahierung und Wertung zugrunde liegenden Einzeltatsachen darzulegen und vorzutragen, aus welchen Gründen sich seine Tätigkeit aus der Grundtätigkeit und der Aufbaufallgruppe heraushebt. Dies ist unzureichend (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 912/08 - Rn. 40).

38

(2) Soweit der Kläger darauf verweist, er müsse auch technische und spezielle EDV-Kenntnisse („TachoScanControl 1.9“) haben und die Verzahnung dieses Wissens mit seinen rechtlichen Kenntnissen begründe die besondere Schwierigkeit, fehlt es bereits an einer Darlegung, dass dies bei der Tätigkeit der Arbeitnehmer der Vergleichsgruppe nicht oder zumindest nicht in gleichem Umfang der Fall ist. Dabei ist angesichts der Vielzahl der von der kommunalen Bußgeldsachbearbeiterin im angeführten Urteil zu prüfenden Vorschriften, die einen technischen Bezug aufweisen (bspw. Güterkraftverkehrsgesetz, Personenbeförderungsgesetz iVm. BO Kraft, Bundesfernstraßen- und Landesstraßengesetz, Handwerksordnung, Gewerbeordnung, Abfallbeseitigungsgesetz, Abgrabungsgesetz, Wasserhaushaltsgesetz, Wasserschutzgebiets-VO, Landesimmissionsschutzgesetz, Landschaftsschutzgesetz, Landesjagdgesetz, Landesfischereigesetz, Tierschutzgesetz, Viehseuchengesetz), nicht auszuschließen, dass hierfür ebenfalls technische Kenntnisse in vergleichbarem Umfang erforderlich sind. Hierzu fehlt ein Vortrag des Klägers gänzlich.

39

(3) Hinsichtlich der Kenntnisse von „TachoScanControl 1.9“ kommt hinzu, dass das Landesarbeitsgericht im Rahmen seines Beurteilungsspielraums rechtsfehlerfrei angenommen hat, die Verwendung derartiger Software sei nicht nur in der öffentlichen Verwaltung üblich, sondern sie unterstütze und erleichtere - nach einer notwendigen Anlernphase - die Arbeit des Klägers, weshalb eine besondere Schwierigkeit damit gerade nicht begründet werden könne.

40

(4) Auch hinsichtlich des vom Kläger angeführten Auslandsbezugs erweist sich die Würdigung des Landesarbeitsgerichts als rechtsfehlerfrei.

41

(a) Zwar kann davon ausgegangen werden, dass ein kommunaler Bußgeldsachbearbeiter regelmäßig keinen Auslandsbezug bei der Bearbeitung von Bußgeldtatbeständen hat. Indes hat das Landesarbeitsgericht aber zutreffend darauf hingewiesen, dass die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten durch den Kläger - selbst wenn außerhalb des Bundesgebiets begangene Taten verfolgt werden - ausschließlich nach deutschem Recht oder nach unmittelbar wirkenden europäischen Verordnungen erfolgt. Dass die Anwendung europäischer Verordnungen oder bilateraler Abkommen zwingend schwieriger ist als die Anwendung der zitierten Rechtsvorschriften durch einen kommunalen Bußgeldsachbearbeiter, hat der Kläger nicht dargelegt.

42

(b) Schließlich rechtfertigt die vom Kläger angeführte Berücksichtigung ausländischen Rechts im Rahmen der individuellen Schuld- und Folgenprüfung, keine andere Beurteilung der fehlenden besonderen Schwierigkeit. Nicht nur der Kläger, sondern auch ein kommunaler Bußgeldsachbearbeiter muss sich ggf. mit der Einwendung auseinandersetzen, die anzuwendende Ordnungswidrigkeitenvorschrift sei unbekannt und es liege ein unvermeidbarer Verbotsirrtum nach § 11 Abs. 2 OWiG vor(siehe zur Vermeidbarkeit von Verbotsirrtümern BeckOK OWiG/Valerius OWiG Stand 15. Oktober 2015 § 11 Rn. 37 ff.).

43

Hinsichtlich der Berücksichtigung der ausländischen Lebensverhältnisse bei der Festsetzung der Höhe des Bußgelds hat das Landesarbeitsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass der Kläger die konkreten Lebens- und Einkommensverhältnisse im Heimatland des Gebietsfremden gerade nicht ermitteln muss, sondern er grundsätzlich lediglich die vorgegebenen pauschalierten Staatenabschläge anzuwenden hat.

44

(c) Dass und ggf. weshalb die Zustellungen im Ausland oder die auswärtigen Registerabfragen von besonderer Schwierigkeit im tariflichen Sinne sind, kann dem Vortrag des Klägers ebenfalls nicht entnommen werden.

45

(d) Besondere Sprachkenntnisse wegen des Auslandsbezugs muss der Kläger schon nach seinem eigenen Sachvortrag nicht vorhalten. Die Amtssprache ist deutsch (§ 23 Abs. 1 VwVfG). Dass es wegen der Zusammenarbeit mit Gebietsfremden, etwa bei telefonisch vorgetragenen Einwendungen eines nicht hinreichend der deutschen Sprache mächtigen Betroffenen, vermehrt zu Sprachschwierigkeiten kommen kann, rechtfertigt für sich nicht die Annahme einer „besonderen Schwierigkeit“. Dies gilt umso mehr als auch ein kommunaler Bußgeldsachbearbeiter mit im Inland lebenden und ggf. nicht hinreichend des Deutschen mächtigen Ausländern zu tun haben kann.

46

(5) Die vom Kläger zuletzt als Beleg für den Unterschied zum kommunalen Bußgeldsachbearbeiter angeführte Zusammenarbeit mit der Bundespolizei und den Polizeien unterschiedlicher Bundesländer begründet ebenfalls keine besondere Schwierigkeit der Tätigkeit. Seinem Vortrag ist nicht zu entnehmen, warum die Übermittlung von Kontrollberichten durch unterschiedliche Behörden zu einer gewichtig gesteigerten Schwierigkeit seiner Tätigkeit führen soll.

47

(6) Eine gesteigerte Bedeutung der Tätigkeit des Klägers hat das Landesarbeitsgericht ebenfalls rechtsfehlerfrei verneint.

48

(a) Ein wertender Vergleich ist auf der Basis seines Vortrags schon grundsätzlich nicht möglich. Er hat sich mit der Bedeutung der Tätigkeit der von ihm herangezogenen Vergleichsgruppe der kommunalen Bußgeldsachbearbeiter nicht hinreichend befasst, sondern lediglich die Bedeutung seiner eigenen Tätigkeit herausgestrichen.

49

(b) Soweit das Landesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, die Tragweite der Entscheidungen des Klägers sei für die Lebensverhältnisse der Gebietsfremden nicht größer als die bei Verhängung von Bußgeldern gegenüber Inländern, ist dies nicht zu beanstanden. Auch ein kommunaler Bußgeldsachbearbeiter hat es mit Tätern ganz unterschiedlicher Einkommens- und Lebensverhältnisse zu tun und muss dies bei der Entscheidung über die Höhe des Bußgelds berücksichtigen. Eine gesteigerte Bedeutung ist demnach nicht erkennbar.

50

(c) Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner erkannt, dass auch die Entscheidungsbefugnis des Klägers über Zahlungserleichterungen die Annahme einer gesteigerten Bedeutung seiner Tätigkeit nicht rechtfertigt. Der Kläger hat bereits nicht vorgetragen, dass kommunale Bußgeldsachbearbeiter derartige Entscheidungen nicht treffen dürften. Im Gegenteil ergibt sich aus der vom Kläger herangezogenen Entscheidung des Senats vom 15. Oktober 1986, dass die dortige Sachbearbeiterin Entscheidungen über Ratenzahlungs- oder Stundungsanträge - wenn auch nur in Vertretung des Abteilungsleiters - eigenständig treffen durfte.

51

(d) Ohne Rechtsfehler ist das Landesarbeitsgericht schließlich davon ausgegangen, dass eine gesteigerte Bedeutung der Tätigkeit des Klägers nicht damit begründet werden könne, dass der Kläger die Bundesrepublik im Ausland gegenüber Gebietsfremden repräsentiere. Warum die Repräsentation staatlicher Gewalt gegenüber Bundesbürgern und hier lebenden Ausländern für das staatliche Ansehen unwichtiger oder weniger bedeutungsvoll sein soll, als die Repräsentation gegenüber Gebietsfremden, leuchtet nicht ohne Weiteres ein. Selbst wenn die Außendarstellung der Beklagten im Ausland zweifellos von großer Bedeutung ist, ist das Auftreten der Repräsentanten staatlicher Gewalt im Inland von keiner minderen Bedeutung für die Allgemeinheit.

52

III. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Rinck    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Pfeil    

        

    Bredendiek    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 24. Juli 2014 - 5 Sa 1456/13 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 3. Juli 2013 - 15 Ca 9145/12 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin und daraus resultierende Vergütungsdifferenzen.

2

Die Beklagte ist eine Hotelbetriebsgesellschaft, die in F ein Hotel mit einem großen Bankett- und Veranstaltungsbereich nebst Restaurant unterhält. Sie ist Mitglied im Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Hessen e. V.

3

Die Klägerin, die Mitglied der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) ist, hat eine Berufsausbildung zur Hotelfachfrau abgeschlossen und ist seit dem 1. März 2007 bei der Beklagten als sogenannte „F & B Waitress“ im Restaurant beschäftigt. Sie ist in dem ihr zugewiesenen Servicebereich im Wesentlichen für die Gästebetreuung einschließlich Eindecken, Nachdecken und Kassieren sowie die Abrechnung zum Schichtende zuständig. Die Beklagte zahlt dafür eine Vergütung gemäß der Bewertungsgruppe 5 des Entgelttarifvertrags für das Hotel- und Gaststättengewerbe des Landes Hessen (ETV) sowie eine übertarifliche Zulage.

4

Mit Schreiben vom 10. Oktober 2012 forderte die Klägerin die Beklagte unter Hinweis auf die aus ihrer Sicht zutreffende Eingruppierung in die Bewertungsgruppe 6.2 ETV vergeblich zur Zahlung von insgesamt 402,00 Euro brutto für die Monate Juli bis September 2012 auf.

5

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Entgeltdifferenzen für die Monate Juli bis November 2012 nebst Zinsen sowie die Feststellung eines Vergütungsanspruchs gemäß der Bewertungsgruppe 6.2 ETV ab dem 1. Dezember 2012 begehrt. Sie ist der Auffassung, dass die Eingruppierung in die Bewertungsgruppe 5 ETV bei ihrer Einstellung zwar korrekt gewesen sei, sie jedoch aufgrund der Dauer ihrer Tätigkeit spätestens mit Ablauf des Monats Februar 2009 in die Bewertungsgruppe 6.2 ETV hätte höhergruppiert werden müssen.

6

Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 518,05 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in näher bestimmter Höhe und zeitlicher Staffelung zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie ab dem 1. Dezember 2012 in Bewertungsgruppe 6.2 des Entgelttarifvertrages Hotel- und Gaststättengewerbe Hessen einzugruppieren und entsprechend zu vergüten.

7

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, für die Eingruppierung sei nur die ausgeübte Tätigkeit maßgeblich. Allein eine zweijährige Berufserfahrung führe noch nicht zu einer Höhergruppierung von der Bewertungsgruppe 5 in die Bewertungsgruppe 6 ETV. Vielmehr seien zusätzlich eine Änderung der Aufgaben sowie eine Steigerung der mit den ausgeübten Tätigkeiten verbundenen Wertigkeit notwendig. Die Bewertungsgruppen des Entgelttarifvertrags spiegelten den Willen der Tarifvertragsparteien wieder, die typische Berichtslinie in einem Hotel abzubilden.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr - soweit noch von Bedeutung - stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte weiterhin die vollständige Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet.

10

A. Die Klage ist auch mit dem auf die begehrte Eingruppierung bezogenen Feststellungsantrag zu 2. zulässig. Dieser bedarf allerdings der Auslegung. Danach handelt es sich insoweit um eine typische Eingruppierungsfeststellungsklage. Dies hat auch das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

11

Der Klageantrag zu 2. beinhaltet dem Wortlaut nach die Feststellung zweier Verpflichtungen der Beklagten. Der erste Teil des Antrags - Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin in die „Bewertungsgruppe 6.2 des Entgelttarifvertrages Hotel- und Gaststättengewerbe Hessen einzugruppieren“ - wäre als solcher unzulässig, weil es sich bei der Eingruppierung zunächst um einen rein geistigen Akt der wertenden Zuordnung einer bestimmten Tätigkeit zu einem Tätigkeitsmerkmal einer Vergütungsordnung handelt. Für die Feststellung einer entsprechenden Verpflichtung der Beklagten ist ein gesondertes Interesse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO nicht erkennbar. Dieser Antragsteil ist jedoch lediglich als Begründungselement für den zweiten Teil des Antrags anzusehen (vgl. zur Auslegung eines ähnlichen Antrags BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 735/07 - Rn. 16; vgl. allg. zur Auslegung von Klageanträgen 17. Dezember 2015 - 2 AZR 304/15 - Rn. 14 mwN, BAGE 154, 20; 13. November 2012 - 3 AZR 444/10 - Rn. 23, BAGE 143, 273; 6. Juli 2011 - 4 AZR 568/09 - Rn. 25 mwN), der als Eingruppierungsfeststellungsklage - auch in der Privatwirtschaft - ohne Weiteres zulässig ist (st. Rspr., siehe nur BAG 16. März 2016 - 4 AZR 502/14 - Rn. 10 mwN).

12

B. Die Klage ist unbegründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Klägerin weder seit dem 1. Dezember 2012 nach der Bewertungsgruppe 6.2 ETV zu vergüten noch hat sie für den Zeitraum von Juli bis November 2012 Anspruch auf die geltend gemachte Differenz zwischen der Vergütung nach der Bewertungsgruppe 5 und der Bewertungsgruppe 6.2 ETV. Die Tätigkeit der Klägerin erfüllt nicht deren Anforderungen.

13

I. Der ETV findet aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1 TVG) auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung (§ 4 Abs. 1 TVG).

14

II. Die für die Eingruppierung der Klägerin maßgebenden Regelungen lauten in den hier maßgebenden Fassungen des ETV vom 22. Juni 2011 sowie vom 11. Oktober 2012 wie folgt:

        

§ 4   

        

Bewertungsgrundsätze

        

1.    

Eingruppierung des Arbeitnehmers

                 

Jeder Tarifarbeitnehmer ist vom Arbeitgeber unter Beachtung der nachfolgenden Verfahrensgrundsätze in eine Bewertungsgruppe einzugruppieren.

                 

Diese Eingruppierung erfolgt bei der Einstellung, bei einer Versetzung bzw. wesentlichen Veränderung der Arbeitsinhalte sowie bei Einführung dieses Tarifvertrages.

        

…       

        
        

4.    

Zuordnung in die Bewertungsgruppen

                 

Die Zuordnung der verschiedenen Tätigkeiten erfolgt unter Anwendung der jeweiligen Bewertungskriterien in den Oberbegriffen.

                 

Die Beispiele dienen der Erläuterung, sie sind kein abschließender Katalog.

                 

Maßgebend für die Ein- und Umgruppierung sind die Oberbegriffe.

                 

Bei der Eingruppierung in die Bewertungsgruppen sind nicht berufliche Bezeichnungen, sondern die Art der verrichteten Tätigkeit und die Anforderungen an die Arbeitnehmer maßgebend.

        

5.    

Grundsätze für die Ein- und Umgruppierung

                 

Maßgebend ist die vom Arbeitnehmer ausgeübte Tätigkeit, die den jeweiligen Oberbegriffen zuzuordnen ist.

                 

Von Bedeutung sind

                 

-       

das fachliche und berufliche Können;

                 

-       

der Grad der Selbständigkeit und Verantwortung;

                 

-       

besondere Erfahrungen und Kenntnisse;

                 

-       

Art und Umfang der Berufsausbildung, soweit es sich hierbei um eine Ausbildung für Berufe handelt, die im Gastgewerbe Anwendung finden;

                 

-       

die Einweisung oder Anlehnung am Arbeitsplatz;

                 

-       

erhöhte Belastungen oder Erschwernisse bei der Arbeitsdurchführung.

                 

Bereits während der Einarbeitungszeit / Probezeit erfolgt die volle Bezahlung in der jeweiligen Bewertungsgruppe.

                 

Eine fünfjährige fachbezogene Tätigkeit steht einer abgeschlossenen Berufsausbildung gleich, sofern durch die Tätigkeit einer Berufsausbildung vergleichbare Kenntnisse vermittelt werden.

                 

Das wird vermutet, wenn der Arbeitnehmer in jedem Jahr in den wesentlichen Bereichen des entsprechenden Ausbildungsberufes in einem zeitlichen Umfang von mindestens einem Drittel der tariflichen Regelarbeitszeit tätig sein konnte.

                 

Bei der Ermittlung der Bewertungsgruppe ist zu berücksichtigen, dass bei gleicher Stellenbezeichnung die Qualifikationsanforderungen in Betrieben unterschiedlicher Kategorien verschieden sein können.

        

6.    

Aufstiegsgruppen

                 

Ein Arbeitnehmer, der bereits mit Aufgaben betraut wird, die einer höheren Tarifgruppe zuzuordnen sind, kann in die Aufstiegsgruppe dieser Tarifgruppe eingruppiert werden. Nach spätestens 12 Monaten erfolgt in der Regel die Eingruppierung in die Endgruppe.

                 

Eine Neuanstellung in eine Aufstiegsgruppe ist nicht zulässig. Die Eingruppierung in eine Aufstiegsgruppe setzt eine Betriebszugehörigkeit von mindestens 6 Monaten voraus.

        

§ 5     

        

Bewertungsgruppen

        

1.    

Bewertungsgruppen 1-5 [bzw. im ETV v. 11. Oktober 2012 ‚2-5‘]

        

…       

        

Bewertungsgruppe 4            

        

Angelernte Hilfskräfte ohne abgeschlossene Berufsausbildung mit Tätigkeiten, die fachliche Kenntnisse erfordern, die durch Anleitung in betrieblicher Praxis in dem betreffenden gastgewerblichen Tätigkeitsbereich erworben wurden.

        

4.1 im 1. + 2. 

Jahr   

        

4.2 im 3. + 4. 

Jahr   

        

4.3 im 5. 

Jahr   

        

4.4 ab 6. 

Jahr   

        

Tätigkeitsbeispiele:

        

Handwerker/-in, Kraftfahrer/-in, Hausmeister/-in, Portierassistent/-in, Wagenmeister/-in, Telefonist/-in mit Sprachkenntnissen, Buffetkraft ohne Abrechnung, Verkäufer/-in mit Abrechnung, Restaurantkassierer/-in, Fachgehilfe/-in im Gastgewerbe im 1. Jahr nach der Ausbildung, Zimmermädchen ab dem 5. Jahr der Betriebszugehörigkeit, Topfspüler/-in mit deutlich überwiegender manueller Tätigkeit.

        

Bewertungsgruppe 5            

        

Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung.

        

Tätigkeitsbeispiele:

        

Fachgehilfe/-in im Gastgewerbe ab 2. Jahr nach der Ausbildung, Anfangs-Hausdame, Koch/Köchin, Restaurantfachmann/-frau, Hotelfachmann/-frau, Konditor/-in, Metzger/-in, kaufmännische und Empfangsangestellte, Bäcker/-in, Hallenangestellte, Nachtportier, Handwerker/-in, Empfangssekretär/-in, Buffet-/Barkraft mit Abrechnung.

        

2. Bewertungsgruppen 6-10

        

Den Bewertungsgruppen 6-9 werden jeweils eine Aufstiegsgruppe im Sinne von Paragraph 4 Ziffer 6 angegliedert. Die Aufstiegsgruppen tragen die Bezeichnungen 6.1, 7.1, 8.1 und 9.1. 

        

Die Endgruppen tragen die Bezeichnungen 6.2, 7.2, 8.2 und 9.2.

        

Bewertungsgruppe 6            

        

Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung und mindestens zweijähriger Berufserfahrung im fachlich entsprechenden Tätigkeitsbereich.

        

Tätigkeitsbeispiele:

        

Demichef/-in, Hausdame, Portier, Handwerker/-in, Empfangsherr/-dame, Steward/-ess, Magazin-/Lagerverwalter/-in, Diätassistent/-in.

        

Bewertungsgruppe 7            

        

Fachkräfte mit erweiterten Fachkenntnissen und erhöhter Verantwortung.

        

Tätigkeitsbeispiele:

        

Chef de partie, Alleinkoch/-köchin ohne Hilfskräfte in der Küche, Chef de rang, Hausdame, Portier, Küchenbeschliesser/-in, Empfangsherr/-dame als Schichtleiter/-in, Handwerker/-in, Lohnbuchhalter/-in, Finanzbuchhalter/-in, Sekretär/-in mit fachlicher und kaufmännischer Ausbildung.

        

…“    

15

III. Danach ist die Klägerin nicht nach der Bewertungsgruppe 6.2 ETV zu vergüten, weil sie die Anforderungen deren Tätigkeitsmerkmals nicht erfüllt.

16

1. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist für die Eingruppierung einer Arbeitnehmerin in die Bewertungsgruppe 6 ETV in erster Linie deren Tätigkeit und nicht deren Beschäftigungszeit maßgebend. Das ergibt die Auslegung der entsprechenden Bestimmungen des ETV (zu den Kriterien der Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags vgl. etwa BAG 10. Dezember 2014 - 4 AZR 503/12 - Rn. 19 ff., BAGE 150, 184; 7. Juli 2004 - 4 AZR 433/03 - zu I 1 b aa der Gründe, BAGE 111, 204).

17

a) Tarifvertragsparteien sind bei der Vereinbarung von Kriterien für die Zuordnung von Tätigkeiten und/oder Arbeitnehmern zu bestimmten Entgeltgruppen ihres eigenen Vergütungsschemas weitgehend frei. In der Regel wird die jeweilige Tätigkeit der Arbeitnehmer tariflich bewertet. Es ist aber auch möglich und zulässig, stattdessen oder zusätzlich personenbezogene Anforderungen, wie Ausbildung, Beschäftigungszeit usw. heranzuziehen (vgl. die Beispiele bei Schaub/Treber ArbR-HdB 16. Aufl. § 64 Rn. 16).

18

b) Die Tarifvertragsparteien des ETV haben vorrangig eine Bewertung der Tätigkeiten der betroffenen Beschäftigten gewählt. Es kann dahinstehen, ob die sich an einzelnen Stellen der Vergütungsordnung aufzufindenden eher personenbezogenen Merkmale eine zusätzliche Anforderung darstellen sollen. Ohne die Erfüllung der jeweiligen Anforderungen an die Tätigkeit ist das jeweilige Tätigkeitsmerkmal der Bewertungsgruppe unabhängig von etwaigen, ggf. zusätzlichen personellen Voraussetzungen jedenfalls nicht gegeben.

19

aa) Der ETV enthält in § 4 die Grundsätze, die der Eingruppierung zugrunde liegen. Dabei ist allein die vom Arbeitnehmer ausgeübte Tätigkeit maßgebend (§ 4 Abs. 5 Unterabs. 1 ETV). Grundlage der Eingruppierung ist die „Zuordnung der verschiedenen Tätigkeiten“ (§ 4 Abs. 4 Unterabs. 1 ETV), die nicht durch die beruflichen Bezeichnungen der Arbeitnehmer, sondern durch „die Art der verrichteten Tätigkeit und die Anforderungen an die Arbeitnehmer“ (§ 4 Abs. 4 Unterabs. 4 ETV) gekennzeichnet sind. Ein und dieselbe Tätigkeit kann daher grundsätzlich nur einer Bewertungsgruppe zugeordnet werden, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes im ETV bestimmt ist.

20

bb) Dies wird durch die tariflichen Verfahrensbestimmungen bestätigt. In § 4 Abs. 1 Unterabs. 2 ETV sind diejenigen Situationen benannt, in denen überhaupt eine Eingruppierung nach dem ETV erfolgt. Es sind dies - außer bei der Einführung des ETV - die Einstellung und sodann die Versetzung oder die wesentliche Änderung der Arbeitsinhalte. Eine Änderung der Eingruppierung außerhalb dieser Konstellationen, insbesondere bei einem bloßen Ablauf einer bestimmten Zeit der Beschäftigung ohne sonstige Änderung der Tätigkeit, ist nicht vorgesehen.

21

cc) Eine Änderung des Entgelts nach dem bloßen Ablauf bestimmter Beschäftigungszeiten findet allerdings ausdrücklich dann statt, wenn in der Bewertungsgruppe 4 ETV (Angelernte Hilfskräfte) nach zwei, vier, fünf und sechs Jahren jeweils eine Höherstufung innerhalb der Bewertungsgruppe 4 ETV vorgenommen wird. Dies bestätigt das Grundprinzip, wonach bloße Beschäftigungszeiten bei der Eingruppierung außer Betracht bleiben, in zweifacher Hinsicht. Zum einen bezeichnet der hier vorgesehene „Zeitaufstieg“ keine Höhergruppierung im tariflichen Sinne, sondern lediglich eine Höherstufung innerhalb derselben Bewertungsgruppe. Die Tarifvertragsparteien waren sich danach einig, dass bei diesen Tätigkeiten keine höhere - abstrakte - tarifliche Bewertung erfolgt, auch wenn sie längere Zeit ausgeübt werden, sondern dass bei gleichbleibender Tätigkeit nach Ablauf bestimmter Zeitabschnitte lediglich ein höheres Entgelt als bisher gezahlt werden soll. Zum andern ergibt sich aus dieser ausdrücklichen Regelung einer Entgeltänderung aufgrund Zeitablaufs bei unveränderter Beschäftigung - ebenso wie bei § 5 Abs. 2 ETV(dazu sogleich) -, dass es sich dabei gerade nicht um ein ungeschriebenes Prinzip der Eingruppierung selbst handelt.

22

dd) Wie der „Zeitaufstieg“ innerhalb der Bewertungsgruppe 4 ETV, so ist auch der zur Entgelterhöhung führende zeitliche Faktor innerhalb derjenigen tariflichen Bewertungsgruppen des ETV, die sog. „Aufstiegsgruppen“ vorsehen, ausdrücklich geregelt.

23

(1) § 5 Abs. 2 ETV befasst sich mit den Tätigkeitsmerkmalen der Bewertungsgruppen 6 bis 10 ETV. Diesen ist gemeinsam, dass sie innerhalb einer tariflichen Bewertungsgruppe zwei Stufen vorsehen, von denen die erste mit der Bezeichnung „Aufstiegsgruppe“ (zB 6.1, 7.1 usw.) und die zweite mit der Bezeichnung „Endgruppe“ (zB 6.2, 7.2 usw.) versehen ist (§ 4 Abs. 6, § 5 Abs. 2 Eingangssätze ETV).

24

(2) Die jeweilige Aufstiegsgruppe wird bei einer Neueinstellung erst nach 6-monatiger Betriebszugehörigkeit erreicht (§ 4 Abs. 6 Unterabs. 2 ETV). Wird ein Arbeitnehmer „mit Aufgaben betraut …, die einer höheren Tarifgruppe zuzuordnen sind“, dh. ändert sich seine Tätigkeit in dieser Weise, dann kann er in die Aufstiegsgruppe dieser Tarifgruppe eingruppiert werden (§ 4 Abs. 6 Unterabs. 1 ETV).

25

(3) Die Zuordnung zur nächsthöheren Stufe innerhalb der Bewertungsgruppe, nämlich zur „Endgruppe“, erfolgt in der Regel nach „spätestens 12 Monaten“ (§ 4 Abs. 6 Unterabs. 1 ETV), also auch nach einer bestimmten Beschäftigungszeit innerhalb der Bewertungsgruppe.

26

ee) Auch aus der tariflichen Zuweisung von bestimmten Tätigkeitsbeispielen zu den einzelnen Bewertungsgruppen ergibt sich die tätigkeitsbezogene Zuordnung in das Entgeltschema durch die Tarifvertragsparteien.

27

(1) In der Regel liegt der ausdrücklichen Nennung von Tätigkeits-, Regel- oder Richtbeispielen zu bestimmten Entgeltgruppen die Einigkeit der Tarifvertragsparteien dahingehend zugrunde, dass bei der Ausübung der in diesen Beispielen genannten Tätigkeiten von der Erfüllung der abstrakten Anforderungen der jeweiligen Entgeltgruppe auszugehen ist. Den Gerichten für Arbeitssachen ist es in einem solchen Fall verwehrt, die Erfüllung der abstrakten Oberbegriffe der jeweiligen Entgeltgruppen eigenständig zu überprüfen, weil sie dadurch in die Tarifhoheit der Tarifvertragsparteien eingreifen würden (BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 438/10 - Rn. 16 mwN). Lediglich wenn ausdrücklich geregelt oder aus anderen Bestimmungen des Tarifvertrags zuverlässig zu entnehmen ist, dass diese Wirkung gerade nicht eintreten soll, sondern es auch bei Vorliegen eines Tätigkeitsbeispiels auf die Erfüllung der in den Oberbegriffen niedergelegten Merkmale ankommt, reicht die Ausübung einer in einem Tätigkeitsbeispiel genannten Aufgabe noch nicht aus (vgl. zB der ETV zur Systemgastronomie bei BAG 28. September 2005 - 10 AZR 34/05 -, in dem die Tarifvertragsparteien im Anschluss an die Tätigkeitsbeispiele der einzelnen Tarifgruppen angefügt haben: „… soweit die in der Überschrift/den Oberbegriffen … geforderten Voraussetzungen erfüllt sind“; vgl. auch zum TV ERA für die Metall- und Elektro-Industrie Thüringen 16. März 2016 - 4 ABR 32/14 - BAGE 154, 235).

28

(2) Die im ETV zu den einzelnen Bewertungsgruppen genannten „Tätigkeitsbeispiele“ sind jedenfalls insofern von Bedeutung als sie den jeweiligen abstrakten Oberbegriffen weitgehend unterschiedliche konkrete Tätigkeiten zuordnen. Die Eingruppierung in eine der Bewertungsgruppen ist damit hinreichend an die Ausübung einer zumindest entsprechend zu bewertenden konkreten Tätigkeit gebunden. Sind die jeweiligen Beispielstätigkeiten aber unterschiedlich, kann nicht angenommen werden, dass die Tarifvertragsparteien davon ausgehen, bei unveränderter Tätigkeit sollten allein durch den Zeitablauf nunmehr derselben Tätigkeit ganz andere Beispiele einer anderen, höheren Bewertungsgruppe als gleichwertig zugeordnet werden.

29

Dabei kann dahinstehen, ob sich ansonsten dem ETV eine von der Regelbedeutung der Tätigkeitsbeispiele abweichende Absicht der Tarifvertragsparteien entnehmen lässt. § 4 Abs. 4 Unterabs. 2 ETV stellt insoweit nur klar, dass die Tätigkeitsbeispiele nicht abschließend aufgeführt sind, die Zuordnung einer Tätigkeit zu einer Bewertungsgruppe daher auch dann möglich ist, wenn sie nicht als Tätigkeitsbeispiel dieser Gruppe ausdrücklich genannt worden ist. Die Klägerin beruft sich auch nicht auf die Erfüllung eines der Tätigkeitsbeispiele.

30

(3) Die hier streitige Bewertungsgruppe 6 ETV weist neun verschiedene Tätigkeitsbeispiele auf. Der Bewertungsgruppe 5 ETV sind 16 und der Bewertungsgruppe 7 ETV sind 11 Tätigkeitsbeispiele zugeordnet. Lediglich das Tätigkeitsbeispiel „Handwerker/-in“ ist dabei identisch, ferner ist die „Hausdame“ in Bewertungsgruppe 6 und 7 ETV genannt. Alle übrigen Tätigkeitsbeispiele sind unterschiedlich. Hinsichtlich eines identischen Tätigkeitsbeispiels gilt nach der Rechtsprechung des Senats, dass bei der Nennung einer Tätigkeit in verschieden wertigen Tarifgruppen zur genauen Bestimmung auf die Oberbegriffe zurückzugreifen ist (BAG 23. September 2009 - 4 AZR 333/08 - Rn. 20 mwN). Die übergroße Anzahl der voneinander abweichenden Tätigkeitsbeispiele in den „Nachbargruppen“ 5 und 7 ETV verdeutlicht im Einzelnen die hierarchische Struktur der betreffenden Bewertungsgruppen und damit auch der Tätigkeitsbeispiele im Übrigen. So ist zur Bewertungsgruppe 5 ETV das Beispiel „Empfangsangestellte“, zur Bewertungsgruppe 6 ETV das Beispiel „Empfangsherr/-dame“ und zur Bewertungsgruppe 7 ETV das Beispiel „Empfangsherr/-dame als Schichtleiter/-in“ genannt. Angesichts dessen ist es auszuschließen, dass die Tarifvertragsparteien eine unveränderte Tätigkeit allein durch die Dauer ihrer Ausübung einer unterschiedlichen tariflichen Wertigkeit zuordnen wollten, soweit dies nicht ausdrücklich geregelt ist.

31

(4) Die Höhergruppierung allein durch den Zeitablauf, die das Landesarbeitsgericht durch den Vergleich der abstrakten Anforderungen zu den Bewertungsgruppen 5 und 6 ETV annimmt, würde dazu führen, dass alle Tätigkeiten, die der Bewertungsgruppe 5 ETV zugeordnet sind, im Hinblick auf die Formulierung der abstrakten Anforderungen in den Oberbegriffen nach zwei Jahren einer Höhergruppierung in die Bewertungsgruppe 6 ETV unterzogen würden. Die den beiden Bewertungsgruppen zugeordneten Tätigkeitsbeispiele schließen dies jedoch aus.

32

ff) Demgegenüber tritt der Umstand, dass der Wortlaut einiger Eingruppierungsregelungen im ETV auf eine gewisse Relevanz von personenbedingten Merkmalen hinzudeuten scheint, zurück. So ist zwar die isolierte Betrachtung von § 4 Abs. 5 Unterabs. 2 und 4 ETV geeignet, die dort genannten personenbezogenen Anforderungskriterien (etwa fachliches und berufliches Können, besondere Erfahrungen und Kenntnisse, die Substitution einer abgeschlossenen Berufsausbildung durch eine fünfjährige fachbezogene Tätigkeit) für die tarifliche Bewertung und Zuordnung der Arbeitnehmer zu den einzelnen Bewertungsgruppen heranzuziehen. Soweit die Klägerin jedoch auf die Formulierung verweist, wonach auch „die Anforderungen an die Arbeitnehmer maßgebend“ seien (§ 4 Abs. 4 Unterabs. 4 ETV), ist dieses - gerade vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Senats (vgl. zB BAG 27. Januar 2010 - 4 AZR 567/08 - Rn. 19; 21. April 2010 - 4 AZR 735/08 - Rn. 22 ff.) - so zu verstehen, dass sich die Anforderungen an die Arbeitnehmer in den jeweiligen Oberbegriffen der einzelnen Bewertungsgruppen auf deren zu bewertende Tätigkeit bezieht. Wird demnach eine bestimmte Ausbildung im Oberbegriff einer Bewertungsgruppe vorausgesetzt, bedeutet dies, dass die bei einer solchen Ausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten eines Arbeitnehmers grundsätzlich erforderlich sind, um die von dieser Bewertungsgruppe erfassten Tätigkeiten überhaupt verrichten zu können. Damit ist der Oberbegriff der Bewertungsgruppe 5 ETV („Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung“) nicht dahingehend zu verstehen, dass eine Beschäftigte, die diese Voraussetzung erfüllt, ungeachtet ihrer konkreten Tätigkeit nach der entsprechenden Bewertungsgruppe des ETV zu vergüten ist. Vielmehr ist weitere - ungeschriebene - Voraussetzung, dass sie tatsächlich mit Tätigkeiten betraut ist, die eine solche abgeschlossene Ausbildung voraussetzen, was in vielen Tarifverträgen ausdrücklich geregelt ist („… mit entsprechender Tätigkeit …“) und was sich vorliegend auch aus der Einleitung von § 4 Abs. 4 Unterabs. 4 ETV ergibt. Der Gegenstand der Eingruppierung ist die Tätigkeit des Arbeitnehmers und die bei deren Ausübung erforderlichen Anforderungen.

33

2. Danach erfüllt die Klägerin das Tätigkeitsmerkmal der Bewertungsgruppe 6 des § 5 ETV nicht.

34

a) Das Landesarbeitsgericht und die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass die von der Klägerin nach ihrer Einstellung ausgeübte Tätigkeit die Anforderungen der Bewertungsgruppe 5 ETV erfüllt hat und dass sie diese Tätigkeit im Weiteren unverändert ausführt.

35

b) Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Annahme, dass allein durch die ununterbrochene Ausübung dieser Tätigkeit für mindestens zwei Jahre eine Höhergruppierung in die Bewertungsgruppe 6 ETV zu erfolgen hat. Eine Höhergruppierung kommt nach den tarifvertraglichen Regelungen nur dann in Betracht, wenn der Klägerin eine neue Aufgabe übertragen worden ist, die - anders als die bisherige - nicht lediglich eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzt, sondern darüber hinaus Fähigkeiten und Kenntnisse, die aufgrund einer danach ausgeübten mindestens zweijährigen Berufserfahrung erworben worden sind. Dies ist bei der Klägerin schon deshalb nicht der Fall, weil sich ihre Tätigkeit nicht verändert hat und deshalb auch keine - gegenüber dem Zeitpunkt ihrer Einstellung - veränderten Anforderungen stellt.

36

c) Die weiteren von der Klägerin in ihrer Revisionserwiderung hiergegen vorgebrachten Gesichtspunkte hat der Senat eingehend geprüft und sie nicht als durchgreifend erachtet.

37

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Eylert    

        

    Klose    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Drechsler    

        

    Gey-Rommel    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21. April 2010 - 3 Sa 203/09 - aufgehoben.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 18. März 2009 - 11 Ca 1415/08 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils zur Klarstellung wie folgt neu formuliert wird:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 1. Januar 2008 nach der Entgeltgruppe 8 der Anlage 1 zu den Arbeitsvertragsrichtlinien der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburg-Vorpommern zu vergüten.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

2

Der Kläger ist staatlich anerkannter Krankenpfleger. Er ist seit 2001 als Pflegefachkraft in einem psychiatrischen Pflegeheim der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft vertraglicher Vereinbarung die von der Arbeitsrechtlichen Kommission des Diakonischen Werkes der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs e. V. mit Wirkung zum 1. Januar 2008 neu gefassten Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs e. V. (AVR DWM) Anwendung. Die Beklagte hat den Kläger ab Januar 2008 der Entgeltgruppe 7 der Anlage 1 zu den AVR DWM zugeordnet.

3

Das psychiatrische Pflegeheim der Beklagten verfügt über 61 Plätze. 48 Plätze stehen für eine offene und 13 Plätze für eine geschlossene Heimunterbringung zur Verfügung. Die Beklagte hat die Konzeption des Pflegeheims in einem „Leitbild für das psychiatrische Pflegeheim“ zusammengefasst und ua. ausgeführt:

        

„...   

        

2.    

Art der Einrichtung und Zielgruppe

        

...     

        
        

Sowohl die Leistungen der Pflege im Sinne des SGB XI, die eindeutig im Vordergrund stehen, als auch die Leistungen der Eingliederungshilfe werden mit dem Ziel erbracht, eine ganzheitliche individuelle Pflege und Betreuung der Bewohner entsprechend dem personenzentrierten Ansatz zu gewährleisten und einen hohen Grad an Autonomie jedes einzelnen Bewohners zu erreichen.

        

Mit dem Sozialministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern und dem Landkreis L ist abgestimmt, daß sich das Leistungsangebot insbesondere auf die Versorgung der folgenden Personenkreise erstreckt:

        

Personenkreis/Versorgungsbedarf

Einzugsbereich

        

1.    

Chronisch psychisch kranke Erwachsene mit einer Pflegestufe, die in anderen psychiatrischen Einrichtungen aufgrund ihres Pflegebedarfs nicht (mehr) angemessen versorgt werden können

vorrangig Landkreis L

        

2.    

Pflegebedürftige Menschen mit einer Pflegestufe nach SGB XI, die aufgrund ihrer psychischen Beeinträchtigung in (Alten-)Pflegeheimen nicht (mehr) angemessen versorgt werden können

vorrangig Landkreis L

        

3.    

Erwachsene mit einem erhöhten Pflege- und Betreuungsbedarf infolge einer Chorea-Erkrankung

landesweites Spezialangebot

        

4.    

Nach § 1906 BGB geschlossen unterzubringende pflegebedürftige Erwachsene

vorrangig Landkreis L

                                   
        

Personenkreis 1 (Chronisch psychisch kranke Menschen mit einem erhöhten Pflegebedarf)

        

Im Landkreis L besteht bislang keine speziell auf chronisch psychisch kranke Menschen ausgerichtete Pflegeeinrichtung, die einen Versorgungsvertrag mit den Pflegekassen hat. Insofern ist das Psychiatrische Pflegeheim N ein Element der gemeindepsychiatrischen Versorgung, das Menschen des Kreises offensteht, die aufgrund ihres Pflegebedarfs in den anderen psychiatrischen Einrichtungen der Region nicht (mehr) angemessen betreut werden können.

        

Personenkreis 2 (Pflegebedürftige Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung)

        

Pflegebedürftige Menschen mit einer Pflegestufe nach SGB XI, die gleichzeitig eine schwerwiegende psychische Beeinträchtigung haben, können häufig in (Alten-)Pflegeheimen nicht (mehr) angemessen betreut werden. Die psychiatrische Erkrankung macht eine intensive Pflege und Betreuung erforderlich, die nur durch ein zusätzlich im psychiatrischen Bereich ausgebildetes Fachpersonal gewährleistet werden kann.

        

Personenkreis 3 (Menschen mit Chorea-Huntington)

        

Chorea Huntington (Veitstanz) zählt mit einer Prävalenz von fast 10:100000 zu den häufigsten neurologischen Erbkrankheiten. Die Krankheit tritt meist zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr auf. Im Krankheitsverlauf kommt es nicht nur zu neurologischen Veränderungen, sondern auch zu schweren psychischen Symptomen wie Unruhe, Ängste, Schlafstörungen, Depressionen, Suizidalität, Affektlabilität, Aggressivität und zu schizophrenieähnlichen Wahnvorstellungen. Da die Versorgung von Chorea-Patienten besonders hohe Anforderungen an die Pflege stellt und zugleich Kompetenz im Umgang mit psychiatrischen Erkrankungen erfordert, sind (Alten-)Pflegeheime in der Regel mit dieser Aufgabe überfordert. In unserer Einrichtung können 3 Bewohner mit Chorea Huntington gepflegt und betreut werden.

        

...     

        
        

8.    

Leistungen der Eingliederungshilfe (Leistungsbereich § 39 BSHG) in Ergänzung der Leistungen nach SGB XI

        

Neben den in aller Regel deutlich überwiegenden pflegerischen Hilfen benötigen die Bewohner des Psychiatrischen Pflegeheims auch Hilfen zur Erhaltung und Weiterentwicklung praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die geeignet sind, dem Menschen mit Behinderung die für ihn erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Obwohl Leistungen der Pflege bei diesem Personenkreis im Vordergrund stehen, sind zusätzlich zum Bedarf an den genannten Pflegeleistungen die im Folgenden näher beschriebenen Hilfen erforderlich. Ein Teil dieser Hilfen ist der aktivierenden Pflege nach SGB XI zuzuordnen, jedoch läßt er sich nicht ganz von den Leistungen der Eingliederungshilfe trennen.

        

Psychiatrische Hilfen

        

Um die Beeinträchtigung des Einzelnen durch die psychische Behinderung zu bewältigen bzw. zu vermindern, sind individuelle Hilfen in unterschiedlicher Intensität erforderlich:

                 

-       

Beobachtung, Information und Beratung bezüglich der Erkrankung, des Krankheitsverlaufes sowie über Kompensationsmöglichkeiten

                 

-       

Unterstützung bei der Erarbeitung von Krankheitseinsicht

                 

-       

Unterstützung bei der Bewältigung der Krankheitsfolgen, zur Erarbeitung und Einübung von alternativen bzw. krankheitsangepassten Verhaltensweisen

                 

-       

Unterstützung und Motivation zur Erschließung von Hilfsmöglichkeiten bzw. zur Inanspruchnahme von Therapiemöglichkeiten

                 

-       

entlastende und/oder konfrontierende Gespräche

                 

-       

Hilfestellung bei der Sinnorientierung und bei der Entwicklung von Lebensperspektiven, wenn die Sinngebung des eigenen Lebens nicht zur Bewältigung der Schwierigkeiten ausreicht

                 

-       

Rückfallprophylaxe: Erkennen von Signalen und Situationen, die zu einer erneuten Dekompensation führen können, Schulung der Wahrnehmung von Frühwarnsymptomen, Kompetenzerweiterung zur Verhinderung eines Rückfalles

                 

-       

Krisenintervention: akute Soforthilfen zur Überwindung von Krisen, zur Wiedererlangung des psychischen und sozialen Gleichgewichtes und zur Verhinderung einer ungünstigen Weiterentwicklung bzw. Verfestigung des Problems (z. B. plötzliche Angst- und Erregungszustände), Erarbeiten von Krisenbewältigungsstrategien

        

Hilfen zur Förderung und Gestaltung sozialer Beziehungen

        

Um die Aufnahme und Gestaltung persönlicher Beziehungen zu unterstützen, wird ein sozialer Raum bereitgestellt, in dem sich der Bewohner selbständig orientieren und erproben kann. Konflikte in der Gruppe werden zum Gegenstand bewusster Auseinandersetzung und Inhalt therapeutischer Arbeit gemacht. Um die Kompetenzen zum Leben in der sozialen Gemeinschaft innerhalb der Wohngruppe sowie in Bezug auf Freundschaften und Partnerschaften zu fördern, werden folgende Hilfen geleistet:

                 

...     

        

Hilfen und Anleitung im täglichen Leben

        

Aus eigenen Erfahrungen in der täglichen Arbeit ist zu beobachten, dass es seelisch kranken Menschen häufig schwer fällt, die sie betreffenden Angelegenheiten zu überschauen. Deshalb unterstützen wir unsere Bewohner bei der Bewältigung und Gestaltung des Alltags mit dem Ziel, ihre Selbständigkeit und Selbstbestimmung zu fördern. Im Einzelnen gehören hierzu die folgenden Angebote:

                 

...     

        

Soziale Betreuung/Hilfen zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben

        

Aufgrund der psychischen Erkrankung bereitet es vielen Bewohnern Schwierigkeiten, sich sinnvoll die Zeit einzuteilen und eigene Ziele zu entwickeln und zu verfolgen. Um dem Bewohner eine befriedigende Freizeitgestaltung sowie die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, werden folgende Hilfen geleistet:

                 

...     

        

Ergo- und Bewegungstherapie

        

Die Hilfen zur Eingliederung, die durch die multiprofessionellen Teams auf den Wohngruppen geleistet werden, werden ergänzt durch therapeutische Maßnahmen im Rahmen der Ergo- und Bewegungstherapie.

        

...     

        

9. Therapeutische Leistungen (Leistungsbereich SGB V)

        

Die ärztliche Versorgung ist durch die niedergelassene Ärzteschaft und durch ergänzende Vereinbarungen mit dem sozialpsychiatrischen Dienst des Landkreises L sichergestellt. Die Einrichtung sorgt dafür, dass Bewohner Leistungen von niedergelassenen Ärzten sowie therapeutische Leistungen, die ärztlich verordnet wurden, in Anspruch nehmen. Dazu zählen unter anderem:

        

-       

Diagnostik und medizinische Versorgung bei kurrenten und chronischen Erkrankungen

        

-       

Psychosoziale Beratung

        

-       

Psychotherapie

        

-       

Logopädie

        

-       

Musiktherapie

        

-       

Physiotherapie“

4

Der Kläger ist ausschließlich im Bereich der offenen Heimunterbringung in den Wohngruppen A und B tätig, in denen 13 Bewohner mit der Pflegestufe 1, fünf Bewohner mit der Pflegestufe 2 sowie ein Bewohner mit der Pflegestufe 3 betreut werden. Die Heimbewohner haben Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis (9 Bewohner) und hirnorganischen Störungen (primär Korsakow-Syndrom; 10 Bewohner).

5

Der Kläger hat nach vergeblicher außergerichtlicher Geltendmachung vom 7. Mai 2008 mit seiner Klage die Auffassung vertreten, er erfülle mit seiner Tätigkeit die Anforderungen des Richtbeispiels der Entgeltgruppe 8 AVR DWM „Gesundheitspfleger in der Psychiatrie“. Das psychatrische Pflegeheim der Beklagten sei eine Einrichtung der „Psychatrie“ iSd. AVR DWM. Sowohl die Aufnahme in den Psychiatrieplan des Landes Mecklenburg-Vorpommern als auch dessen Konzeption sprächen für eine Einrichtung der Psychiatrie. Der Einsatz in dieser Einrichtung stelle an die Pflegefachkräfte neben der pflegerischen Tätigkeit weitere, darüberhinausgehende Anforderungen. Es seien vor allem pflegerische Leistungen (Grund- und Behandlungspflege) gegenüber verwirrten, desorientierten und psychisch kranken Menschen zu erbringen. Neben der pflegerischen Kompetenz würde ein besonderes Verständnis von und im Umgang mit psychischen Erkrankungen verlangt. Es würden vertiefte und erweiterte Kenntnisse über psychiatrische Krankheiten sowie über deren angemessenen Umgang und ihre therapeutischen Möglichkeiten für die Tätigkeit benötigt. Die Hauptlast der psychiatrischen Pflege liege bei den Pflegefachkräften. Zu ihren Aufgaben gehöre die Umsetzung der Pflegeplanung. Den therapeutischen Kräften sei es nur zu einem geringen Anteil des Tages möglich, sich um die Patienten therapeutisch zu kümmern. Die Rund-um-die-Uhr-Versorgung und Betreuung erfolge durch die Pflegefachkräfte.

6

Der Kläger hat sinngemäß beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn ab dem 1. Januar 2008 nach der Entgeltgruppe 8 der Anlage 1 zu den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs e. V. zu vergüten.

7

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger sei in der Entgeltgruppe 7 AVR DWM zutreffend eingruppiert. Er erfülle das Richtbeispiel der Entgeltgruppe 8 AVR DWM „Gesundheitspfleger in der Psychiatrie“ nicht. Der Begriff der „Psychiatrie“ betreffe nur das medizinische Fachgebiet in einem psychiatrischen Krankenhaus. In den Wohngruppen A und B des Pflegeheims seien heterogene Betreuungsteams im Einsatz, die psychologischen bzw. psychiatrischen Aufgaben würden von geschultem Fachpersonal wahrgenommen. Der Kläger erbringe ausschließlich pflegerische Tätigkeiten. Dies entspreche sowohl seiner Tätigkeits- als auch der konkreten Arbeitsplatzbeschreibung. Seine Beschäftigung sei nicht mit einer klassischen Tätigkeit „in der Psychiatrie“ zu vergleichen.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist begründet. Die nach der Klarstellung des Antrages in der Revisionsverhandlung als allgemeine Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Klage (zu den dabei anzuwendenden Maßstäben nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats vgl. nur BAG 6. Juni 2007 - 4 AZR 505/06 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 308)ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Eingruppierungsregelungen der AVR DWM unzutreffend ausgelegt und angewandt. Der Kläger ist in der Entgeltgruppe 8 AVR DWM eingruppiert. Die Beklagte hat ihm das sich daraus ergebende Entgelt zu zahlen.

10

I. Die Eingruppierung des Klägers richtet sich kraft vertraglicher Vereinbarung der Parteien nach der Anlage 1 zu den AVR DWM.

11

Danach gelten für die Eingruppierung des Klägers folgende Regelungen:

        

㤠12 Eingruppierung

        

(1) Der Mitarbeiter ist nach den Merkmalen der übertragenen Tätigkeiten in die Entgeltgruppen gemäß der Anlage 1 eingruppiert. Die Tätigkeiten müssen ausdrücklich übertragen sein (z. B. im Rahmen von Aufgaben- oder Stellenbeschreibungen). Der Mitarbeiter erhält Entgelt nach der Entgeltgruppe, in die er eingruppiert ist. …

        

(2) Die Eingruppierung des Mitarbeiters erfolgt in die Entgeltgruppe, deren Tätigkeitsmerkmale er erfüllt und die der Tätigkeit das Gepräge geben. Gepräge bedeutet, dass die entsprechende Tätigkeit unverzichtbarer Bestandteil des Arbeitsauftrages ist.

        

(3) Für die Eingruppierung ist nicht die berufliche Ausbildung, sondern allein die Tätigkeit des Mitarbeiters maßgebend. Entscheidend ist die für die Ausübung der beschriebenen Tätigkeit in der Regel die erforderliche Qualifikation, nicht die formale Qualifikation des Mitarbeiters.

        

(4) Die Eingruppierung des Mitarbeiters richtet sich nach den Obersätzen der Entgeltgruppe, die für die Tätigkeitsbereiche in den Untersätzen näher beschrieben werden. Den Sätzen sind Richtbeispiele zugeordnet, die häufig anfallende Tätigkeiten in dieser Eingruppierung benennen.“

12

In dem Eingruppierungskatalog der Anlage 1 zu den AVR DWM heißt es ua.:

        

Entgeltgruppe 7 (Anm. 5, 6, 11, 15)

        

A.    

Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen

                 

Hierzu gehören Mitarbeiter

                 

1.    

mit eigenständiger Wahrnehmung von Aufgaben

                          

(Anm. 6) in den Tätigkeitsbereichen

                          

a. Pflege/Betreuung/Erziehung,

                          

...     

                 

2.    

...     

                          

Richtbeispiele:

                          

Alten-, Gesundheits- und Krankenpfleger,

                          

...     

        

Entgeltgruppe 8 (Anm. 6, 7, 10, 11, 14)

        

A.    

Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die vertieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen

                 

Hierzu gehören Mitarbeiter mit

                 

1.    

eigenständiger Wahrnehmung (Anm. 6) von schwierigen (Anm. 14) Aufgaben in den Tätigkeitsbereichen

                          

a. Pflege/Betreuung/Erziehung,

                          

...     

                 

2.    

...     

                          

Richtbeispiele:

                          

Gesundheitspfleger im OP-Dienst, in der Intensivpflege oder Psychiatrie,

                          

Erzieher mit speziellen Aufgaben und entsprechenden Kenntnissen,

                 

...     

        
        

B.    

Mitarbeiter der Entgeltgruppe 7

                 

1.    

mit eigenständiger Wahrnehmung von Aufgaben (Anm. 6) und Leitungsaufgaben (Anm. 11) in den Tätigkeitsbereichen

                          

a. Pflege/Betreuung/Erziehung,

                          

...     

                 

2.    

...     

                          

Richtbeispiele:

                          

Stationsleiter,

                          

Wohnbereichsleiter,

                          

...“   

13

Die entsprechenden Anmerkungen lauten ua.:

        

„(6) Die eigenständig wahrgenommenen Aufgaben der Entgeltgruppe 7 und 8 setzen Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraus, die i.d.R. durch eine dreijährige Fachschulausbildung, aber auch anderweitig erworben werden können. Eigenständig wahrgenommen bedeutet, dass für die Erledigung der übertragenen Aufgaben Entscheidungen über Mittel und Wege zur Erreichung von Arbeitsergebnissen selbst getroffen werden. Die Aufgaben, die im Klientenbezug weitergehende emotionale und soziale Kompetenz erfordern, beinhalten Tätigkeiten, die in verschiedenen Arbeitssituationen in unterschiedlichem Maße anfallen und wechselnde Anforderungen stellen.

        

(7) Die verantwortlich wahrzunehmenden Aufgaben der Entgeltgruppe 8 setzen vertieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraus, die i.d.R. durch eine dreijährige Fachschulausbildung oder eine mindestens zweieinhalbjährige Berufsausbildung mit Weiterqualifikationen aber auch anderweitig erworben werden können. Verantwortlich wahrgenommen bedeutet, dass Ziele und die dazu benötigten Lösungswege selbstständig erarbeitet werden.

        

(11) Leitungsaufgaben werden Mitarbeitern neben ihrer Tätigkeit ausdrücklich übertragen und umfassen nicht alle der in der Anmerkung 10 beschriebenen Aspekte der Leitung.

        

(14) Schwierige Aufgaben weisen fachliche, organisatorische, rechtliche oder technische Besonderheiten auf, die vertiefte Überlegung und besondere Sorgfalt erfordern.“

14

II. Hiernach hat der Kläger einen Entgeltanspruch nach der Entgeltgruppe 8 AVR DWM. Seine Tätigkeit entspricht den Anforderungen des dort aufgeführten Richtbeispiels eines „Gesundheitspflegers in der Psychiatrie“.

15

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelt es sich bei kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen zwar nicht um Tarifverträge im Sinne des Tarifvertragsgesetzes, weil sie nicht nach dessen Maßgabe zustande gekommen sind (st. Rspr., BAG 19. Februar 2003 -  4 AZR 11/02  - BAGE 105, 148; 20. März 2002 -  4 AZR 101/01  - BAGE 101, 9 ; 15. November 2001 -  6 AZR 88/01  - EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 48). Gleichwohl erfolgt aber die Auslegung der Arbeitsvertragsrichtlinien nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nach den gleichen Grundsätzen, wie sie für die Tarifauslegung maßgeblich sind (BAG 14. Januar 2004 -  10 AZR 188/03  - mwN, AP AVR Caritasverband Anlage 1 Nr. 3; 18. Mai 2000 - 6 AZR 53/99 - ZTR 2001, 172). Danach ist vom Wortlaut der AVR auszugehen und anhand dessen der Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne am Wortlaut zu haften. Der wirkliche Wille der Richtliniengeber und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Bestimmungen ist mit zu berücksichtigen, soweit sie in den Vorschriften der AVR ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist auch auf den systematischen Zusammenhang.

16

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Auslegung von Tarifverträgen sind die Erfordernisse eines Tätigkeitsmerkmales einer Entgeltgruppe regelmäßig dann als erfüllt anzusehen sind, wenn der Arbeitnehmer eine dem in der Vergütungsgruppe genannten Regel- oder Richtbeispiel entsprechende Tätigkeit ausübt (BAG 28. Januar 2009 - 4 ABR 92/07 - Rn. 27, BAGE 129, 238; 18. April 2007 - 4 AZR 696/05 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Telekom Nr. 8). Das beruht darauf, dass die Tarifvertragsparteien selbst im Rahmen ihrer rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten gewisse häufig vorkommende und typische Aufgaben einer bestimmten Vergütungsgruppe fest zuordnen können. Dies entspricht den bei der Tarifauslegung besonders wichtigen Grundsätzen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, denen Tarifvertragsparteien bei der Abfassung von Tarifnormen im Allgemeinen gerecht werden wollen (BAG 19. August 2004 - 8 AZR 375/03 - EzA TVG § 4 Chemische Industrie Nr. 7). Auf die allgemeinen Merkmale muss nur dann zurückgegriffen werden, wenn die vom Arbeitnehmer ausgeübte Tätigkeit von einem Tätigkeitsbeispiel nicht oder nicht voll erfasst wird ( BAG 25. September 1991 - 4 AZR 87/91  - mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Großhandel Nr. 7 = EzA TVG § 4 Großhandel Nr. 2). Dies ist beispielsweise der Fall, wenn das Richtbeispiel in mehreren Vergütungsgruppen genannt ist oder wenn es selbst einen unbestimmten Rechtsbegriff enthält, der nicht aus sich selbst heraus ausgelegt werden kann. Dann sind die Merkmale der allgemeinen Anforderungen heranzuziehen (BAG 23. September 2009 - 4 AZR 333/08 - Rn. 20 mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 95). Soweit es nach der Tarifsystematik ausreicht, dass ein Regel- oder Richtbeispiel erfüllt ist, ist ein Rückgriff auf die Obersätze aber nicht nur überflüssig, sondern verbietet sich. Ansonsten würde die von dem Normgeber bewusst vorgenommene pauschalierende Bewertung, die er mit einem Richtbeispiel umgesetzt hat, nicht als solche akzeptiert, sondern in ihrer Plausibilität einer erneuten gerichtlichen Kontrolle unterworfen. Diese für tarifliche Vergütungsordnungen entwickelte Auslegungsregel gilt entsprechend auch für die hier streitigen Tätigkeitsmerkmale der AVR DWM (ebenso die Rechtsprechung des Kirchengerichtshofs der Evangelischen Kirche in Deutschland - KGH EKD - zB 26. April 2010 - I-0124/R51-09 - Rn. 22, zum - hier streitigen - Richtbeispiel „Gesundheitspflegerin in der Psychiatrie“ der Entgeltgruppe 8 AVR Diakonie).

17

3. Das in der Entgeltgruppe 8 AVR DWM aufgeführte Richtbeispiel eines „Gesundheitspflegers in der Psychiatrie“ wird vom Kläger durch seine Tätigkeit im psychiatrischen Pflegeheim der Beklagten erfüllt. Sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der Systematik der Regelungen ergibt sich, dass ein Gesundheitspfleger immer dann in der Entgeltgruppe 8 AVR DWM eingruppiert ist, wenn er „in der Psychiatrie“ tätig ist.

18

a) Der Begriff des Gesundheitspflegers und seine Tätigkeit werden von der Entgeltordnung der AVR DWM vorausgesetzt. Der Begriff entspricht der gesetzlichen Definition im Gesetz über die Berufe in der Krankenpflege vom 16. Juli 2003 (BGBl. I S. 1442). Die Tätigkeit als Alten-, Gesundheits- und Krankenpfleger und -pflegerinnen wird im Grundsatz nach Entgeltgruppe 7 AVR DWM vergütet.

19

b) Soweit ein Gesundheitspfleger „in der Psychiatrie“ beschäftigt ist, erfüllt er das Richtbeispiel der Entgeltgruppe 8 AVR DWM. Die entsprechenden Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 8 AVR DWM gehen sowohl in den abstrakten Obersätzen als auch in den zusätzlichen Merkmalen in den Richtbeispielen von erhöhten Anforderungen aus, die für die jeweiligen Tätigkeiten verlangt werden. Im Vergleich zu den Richtbeispielen eines Alten-, Gesundheits- oder Krankenpflegers der Entgeltgruppe 7 AVR DWM muss nach den Richtbeispielen der Entgeltgruppe 8 AVR DWM ein Gesundheitspfleger „im OP-Dienst, in der Intensivpflege oder Psychiatrie“ tätig sein. Die Anknüpfung an die Einrichtung, in der der Gesundheitspfleger tätig ist, erfolgt aufgrund einer typisierenden Bewertung des Normgebers, wonach Gesundheitspflege in solch speziellen Einrichtungen regelmäßig mit erhöhten Anforderungen verbunden ist. Damit knüpft die Entgeltordnung und das Richtbeispiel zur Entgeltgruppe 8 AVR DWM an ein bestimmtes, institutionelles Merkmal an. Die Einrichtung, in der der Gesundheitspfleger tätig wird, muss „der Psychiatrie“ zuzuordnen sein.

20

c) Diese Auslegung wird durch systematische Überlegungen gestützt. Die Entgeltordnung stellt darauf ab, dass dann, wenn bestimmte Tätigkeiten in bestimmten Einrichtungen oder unter bestimmten Umständen ausgeübt werden, bereits die allgemeinen Anforderungen des jeweiligen Obersatzes einer höheren Entgeltgruppe erfüllt sind. Hinsichtlich der Gesundheitspfleger der Entgeltgruppe 7 AVR DWM ist eine solche pauschalierende Bewertung für diejenigen getroffen worden, die in der Psychiatrie, im OP-Dienst oder in der Intensivpflege tätig sind. Die dabei regelmäßig auftretenden besonderen Belastungen oder Anforderungen sind vom Normgeber der AVR DWM so typisierend bewertet worden, dass sie stets eine Eingruppierung in die höhere Entgeltgruppe 8 rechtfertigen.

21

Die Verknüpfung von bestimmten Tätigkeiten mit dem Ort oder der Art der Einrichtung, in der sie ausgeübt werden, sieht die Entgeltordnung der AVR DWM in einigen Entgeltgruppen vor. So sind in der Entgeltgruppe 2 die Reinigungskräfte „in Wohn-, Betreuungs- und Behandlungsräumen“ als Richtbeispiele genannt. Entgeltgruppe 3 zählt hierzu die „Mitarbeiter im Empfang, in der Registratur und in der Telefonzentrale“. Entgeltgruppe 4 nennt „Mitarbeiter in der Buchhaltung, Patientenverwaltung oder dem Einkauf“. Auch bei höherwertigen Tätigkeiten werden bestimmte Institutionen genannt, etwa bei der Entgeltgruppe 9: „Leiter einer kleineren Schule für Alten-, Kranken- oder Entbindungspflege“.

22

Dieser Anbindung von Tätigkeiten an eine Institution, in der sie ausgeübt werden, steht die daneben in anderen Richtbeispielen der Entgeltordnung der AVR DWM enthaltene Qualifizierung einer höherwertigen Tätigkeit durch inhaltliche, qualitativ zu bewertende Anforderungen gegenüber. So ist zu derselben Entgeltgruppe 8 ua. das Richtbeispiel „Erzieher mit speziellen Aufgaben und entsprechenden Kenntnissen“ geregelt (ebenso Heilerziehungspfleger; vgl. auch etwa zu Entgeltgruppe 5: einerseits Altenpfleger- und Heilerziehungshelfer mit speziellen Aufgaben, andererseits Unterstützungskraft in Kindertagesstätten). Die Charakterisierung einer Aufgabe als speziell, die unmittelbar im Richtbeispiel genannt ist, bedarf daher immer einer qualitativen, im Regelfall vergleichenden Wertung im Einzelfall der jeweiligen Tätigkeit, bei der auf die Anforderungen der Obersätze zurückgegriffen werden kann und muss. Diese qualitative Bewertung der Richtbeispiele ist bei den an die Tätigkeit in einer bestimmten Institution angebundenen Richtbeispielen durch den Normgeber der AVR DWM bereits abschließend vorgenommen worden. Hieran sind die Gerichte für Arbeitssachen gebunden. Sie dürfen daher bei einer solchen Tätigkeit keine Überprüfung dahingehend vornehmen, ob der bei der pauschalierenden Bewertung des Normgebers generell vermutete Grund für die Höherbewertung im Einzelfall auch nach Maßgabe der Obersätze tatsächlich vorliegt.

23

d) Soweit die Rechtsprechung des KGH EKD hiervon abweicht, folgt ihr der Senat nicht.

24

aa) Der KGH EKD hält das Richtbeispiel „Gesundheitspflegerin in der Psychiatrie“ für mehrdeutig und meint, es sei so zu verstehen, dass von ihm nur die Mitarbeiter erfasst würden, die in psychiatrischen Einrichtungen eine die Gesamttätigkeit prägende Pflegetätigkeit ausübten, die auf die besonderen Bedürfnisse der Patienten in der Psychiatrie ausgerichtet seien (KGH EKD 26. April 2010 - I-0124/R60-09 -).

25

bb) Nach Auffassung des erkennenden Senats kann der in § 12 Abs. 2 AVR DWM formulierte Begriff des „Gepräges“ für die Auslegung dieser Tätigkeitsmerkmale und Richtbeispiele nicht herangezogen werden. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist das „Gepräge“ erst heranzuziehen, wenn mehrere Tätigkeitsmerkmale erfüllt sind und festzustellen ist, welches der - erfüllten - Tätigkeitsmerkmale bzw. der zugrundeliegenden Teiltätigkeiten der gesamten Tätigkeit (dem „Arbeitsauftrag“, § 12 Abs. 2 Satz 2 AVR DWM) das Gepräge gibt.

26

Zudem trägt eine Anwendung des Geprägebegriffs bereits bei der Auslegung von Richtbeispielen und Tätigkeitsmerkmalen im Allgemeinen dem Charakter von Richtbeispielen nicht hinreichend Rechnung. Bei dieser methodischen Vorgehensweise käme es zu einer qualitativ-wertenden Einbeziehung der in den Obersätzen formulierten Anforderungen bei der Auslegung der Richtbeispiele. Danach wäre das Richtbeispiel eines Gesundheitspflegers in der Psychiatrie wie folgt zu lesen: „Gesundheitspfleger in der Psychiatrie, wenn und soweit pflegerische Tätigkeiten anfallen, die auf die besonderen Bedürfnisse der Patienten in der Psychiatrie ausgerichtet sind“ (vgl. dazu KGH EKD 26. April 2010 - I-0124/R60-09 -). Ein solches Richtbeispiel hat der Normgeber aber nicht formuliert. Auch würde dabei eine qualitative Betrachtung erforderlich werden, die in der nach dem Wortlaut rein örtlichen und einrichtungsbezogenen Bestimmung nicht enthalten ist.

27

e) Die Voraussetzungen des Richtbeispiels der Entgeltgruppe 8 AVR DWM „Gesundheitspfleger in der Psychiatrie“ sind gegeben.

28

aa) Der Kläger ist Gesundheitspfleger iSd. Regelung. Mit der Reform des Krankenpflegerechts durch das Gesetz über die Berufe in der Krankenpflege vom 16. Juli 2003, in Kraft ab 1. Januar 2004 (aktuelle Fassung vom 1. April 2012) ist die Berufsbezeichnung der bisherigen „Krankenpfleger“ in „Gesundheits- und Krankenpfleger“ geändert worden (§ 23 Abs. 1 iVm. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Krankenpflegegesetz). Der Kläger ist staatlich anerkannter Krankenpfleger und erfüllt daher - auch nach Auffassung der Parteien - unter der Arbeitsvertragsbezeichnung „Pflegefachkraft“ die entsprechende Anforderung des hier fraglichen Tätigkeitsmerkmales.

29

bb) Der Kläger übt seine Gesundheitspflegertätigkeit auch „in der Psychiatrie“ aus. Unter dem vom Normgeber der AVR DWM im Richtbeispiel gewählten Begriff der „Psychiatrie“ fallen nicht nur die psychiatrischen Kliniken im engeren Sinne, sondern auch psychiatrische Einrichtungen anderer Art, in denen die spezifischen Aufgaben einer psychiatrischen Klinik ohne deren strikten institutionellen Rahmen - ganz oder teilweise - erfüllt werden. Dies ist bei dem psychiatrischen Pflegeheim der Beklagten der Fall.

30

(1) Der Begriff „Psychiatrie“ wird im Allgemeinen in zweifacher Hinsicht gebraucht. Er bedeutet zum einen ein „Fachgebiet der Medizin, das sich mit der Erkennung u. Behandlung psych. Krankheiten befasst“ (Wahrig Deutsches Wörterbuch 9. Aufl. S. 1177; ebenso Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Bd. 7). Zum anderen bezeichnet er umgangssprachlich eine „psychiatr. Klinik“ (Wahrig aaO) bzw. „(Jargon) psychiatrische Abteilung, Klinik“ (Duden aaO). Der im Richtbeispiel gewählte Begriff orientiert sich erkennbar an der zweitgenannten Bedeutung und erfasst daher den Gesundheitspfleger in einer „psychiatrischen Einrichtung“ („Klinik, Abteilung“).

31

(2) „Die Psychiatrie“ im Sinne der Regelung ist danach nicht auf die „klassische“ psychiatrische Klinik begrenzt. Nach Sinn und Zweck der Norm werden auch die Einrichtungen erfasst, die gemeinsam das Netz der psychiatrischen Versorgung des Landes Mecklenburg-Vorpommern bilden.

32

(3) Der Begriff der „Psychiatrie“ ist nicht notwendig identisch mit dem Begriff der „psychiatrischen Klinik“. Eine solche Begrenzung wäre unmittelbar nur aus dem Tatbestandsmerkmal „psychiatrische Klinik“ oder aus einer vergleichbar eindeutigen Bezugnahme, etwa auf entsprechende Begriffe im Krankenversicherungsrecht (zB § 118 SGB V), zu folgern. Der Systematik ist lediglich zu entnehmen, dass mit dem Begriff der „Psychiatrie“ die Institution gekennzeichnet werden soll, in der die Pflegetätigkeit erbracht wird, nicht dagegen die jeweils konkrete Subsumtion einer speziellen, von einem einzelnen Gesundheitspfleger in einer Einrichtung ausgeübten Pflegetätigkeit.

33

(4) Für eine Erstreckung des Begriffs der Psychiatrie auf psychiatrische Pflegeheime, wie das der Beklagten, sprechen weiter die folgenden Gesichtspunkte:

34

Die „Psychiatrie“ ist kein Begriff, der quasi wissenschaftlich definiert ist. Er ist eher der Umgangssprache zuzuordnen (Pschyrembel Klinisches Wörterbuch 263. Aufl. S. 1721). Wenn die Zugehörigkeit einer Institution zur „Psychiatrie“ als Merkmal genannt wird, besteht sprachlich keine Möglichkeit, diese Zugehörigkeit schon vom Wortlaut her präzise abzugrenzen. Es geht vielmehr um eine allgemeine Zuordnung zu Einrichtungen, in denen psychiatrisch erkrankte Patienten behandelt und ggf. gepflegt werden.

35

Dem entspricht, dass die „psychiatrische Versorgung“ im Allgemeinen und speziell im Land Mecklenburg-Vorpommern nicht auf psychiatrische Kliniken begrenzt ist. Die allgemeine gesundheitspolitisch-administrative Festlegung der Landesregierung in diesem Bereich wird als „Psychiatrieplan“ bezeichnet (vgl. das Geleitwort der Ministerin zum „Plan zur Weiterentwicklung eines integrativen Hilfesystems für psychisch kranke Menschen in Mecklenburg-Vorpommern“ von August 2011). Dazu heißt es in § 6 Abs. 3 des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke vom 13. April 2000 (PsychKG M-V):

        

        

„Für den Versorgungsbereich eines psychiatrischen Krankenhauses oder einer psychiatrischen Abteilung eines Allgemeinkrankenhauses werden Beauftragte (Psychiatriekoordinatoren) bestellt, die in Zusammenarbeit mit den in Absatz 2 aufgeführten Stellen (ua. „den psychiatrischen Krankenhäusern und sonstigen psychiatrischen Einrichtungen …“) die Betreuung der psychisch Kranken im Versorgungsbereich des Krankenhauses koordinieren. … Die Versorgungsbereiche werden durch den Sozialminister … im Rahmen eines Psychiatrieplans festgelegt.“

36

Daraus ergibt sich, dass der Begriff der Psychiatrie sowohl nach der Terminologie des (Landes-)Gesetzgebers als auch nach der der Exekutive deutlich weiter reicht als dies eine Wertung als bloßes Synonym für „psychiatrische Klinik“ fassen würde.

37

(5) Das psychiatrische Pflegeheim der Beklagten wird von dem Psychiatrieplan des Landes Mecklenburg-Vorpommern 1994 erfasst. Das ergibt sich sowohl aus dem Psychiatrieplan 1994 selbst, als auch aus der von der Beklagten selbst erstellten Konzeption für das psychiatrische Pflegeheim. Die Konzeption weist neben den offenen Bereichen, in denen der Kläger tätig ist, auch eine geschlossene Abteilung auf. Die Unterbringung, bspw. nach § 1906 BGB oder nach § 9 ff. PsychKG M-V erfolgt in der Regel in psychiatrischen Kliniken, die von dem tariflichen Begriff der „Psychiatrie“ ohne Weiteres erfasst werden. Eine Unterbringung kann aber auch in dem psychiatrischen Pflegeheim der Beklagten (dort: Personenkreis 4) erfolgen. Dem entspricht, dass die Beklagte selbst stets darauf verwiesen hat, der Kläger habe mit dem Bereich der geschlossenen Unterbringung in ihrer Einrichtung nichts zu tun. Wenn die Frage der Zugehörigkeit zu „der Psychiatrie“ aber keine Frage der konkreten Tätigkeit des Klägers ist, sondern einer Eigenschaft der Institution, in der er tätig ist, käme eine Differenzierung nach den konkreten Tätigkeiten nur in Betracht, wenn das psychiatrische Pflegeheim nach dem geschlossenen und dem offenen Teil als zwei getrennte Institutionen zu werten wäre. Hierfür bestehen keine Anhaltspunkte. Gerade der integrative Charakter der verschiedenen Teile der psychiatrischen Einrichtungen wird häufig als Merkmal einer modernen Versorgung im Bereich „der Psychiatrie“ verstanden.

38

Auch die konkreten Erscheinungsformen psychiatrischer Krankheiten in den verschiedenen Abteilungen im Heim der Beklagten legen eine Gesamtbetrachtung nahe. Nach der Konzeption der Beklagten gibt es zwischen den Diagnosen für den offenen und für den geschlossenen Bereich keine Differenzierungen. Lediglich hinsichtlich der gerichtlich überprüften Notwendigkeit einer Unterbringung ist bei deren Vorliegen die Aufnahme in die geschlossene Abteilung vorgesehen. Das PsychKG M-V sieht dafür in § 11 eine gegenwärtige erhebliche Gefahr einer Selbstschädigung oder für die öffentliche Sicherheit vor, die nicht anders abgewendet werden kann. Diese muss auf der psychischen Erkrankung beruhen. Die Unterbringung ist daher nicht Patienten mit bestimmten, besonders schweren psychischen Erkrankungen vorbehalten, sondern orientiert sich an einer aktuellen Selbst- oder Fremdgefährdung, bei welchem Krankheitsbild auch immer. Dementsprechend finden sich auch in den offenen Wohnbereichen in den Wohngruppen A und B Patienten mit Diagnosen schwerer psychischer Erkrankungen, wie schizophrene und affektive Psychosen und hirnorganischen Psychosyndromen (vgl. Konzeption S. 5). Die Psychose ist, auch wenn sie in unterschiedlichen Verlaufsformen auftritt, eine der schwersten psychischen Erkrankungen. Es handelt sich um eine komplexe psychische Störung mit gestörtem Selbst- und Realitätsbezug, die durch Denk-, Wahrnehmungs- und motorische Störungen, abnorme Erlebnisse und Erfahrungen eines gesteigerten subjektiven Bedeutungsbewusstseins gekennzeichnet ist (Pschyrembel Psychiatrie - Klinische Psychologie - Psychotherapie S. 649). Symptome einer schizophrenen Psychose sind schwere Wahnvorstellungen und Halluzinationen (vgl. dazu detailliert Möller/Laux/Kapfhammer Psychiatrie und Psychotherapie 2. Aufl. S. 1066 ff.). Häufigste Todesursache ist der Suizid. Affektive Psychosen äußern sich zumeist in einem Wechsel zwischen schweren Depressionen mit Antriebsarmut bis zur völligen Lähmung jeder Aktivität und Wahngedanken einerseits sowie manischen Zuständen, in denen sich Hyperaktivität und völlige Überschätzung der eigenen Möglichkeiten sich bis zu wahnhaften Größenvorstellungen steigern (Springer Lexikon Medizin S. 1779 f.). Zu den Hauptsymptomen der hirnorganischen Psychosyndrome zählen die Demenz, das Delirium, die Amnesie und der Aufmerksamkeitsverlust (Springer Lexikon Medizin S. 1776 ff.). Ferner trifft man oft auf Sprachstörungen und Verhaltensauffälligkeiten wie Aggression, Bewusstseinstrübung, Veränderungen der Psychomotorik und unwillkürliche Bewegungen. Zu den hirnorganischen Psychosyndromen zählt auch Chorea Huntington. Die im Heim der Beklagten aufgenommenen Chorea Huntington-Patienten sind in offenen Wohngruppen untergebracht, in denen auch der Kläger tätig ist. Nach dem Konzeptionspapier der Beklagten (S. 4) kommt es bei diesen Patienten nicht nur zu neurologischen Veränderungen, sondern auch zu schweren psychischen Symptomen wie Unruhe, Ängste, Schlafstörungen, Depressionen, Suizidalität, Affektlabilität, Aggressivität und zu schizophrenieähnlichen Wahnvorstellungen. Hinsichtlich dieser Patientengruppe stellt die Aufnahme in das psychiatrische Pflegeheim der Beklagten ein „landesweites Spezialangebot“ (Konzeption S. 4) dar.

39

Die moderne Psychiatrie ist - wie auch die Konzeption der Beklagten und der Psychiatrieplan des Landes Mecklenburg-Vorpommern - ganzheitlich ausgerichtet und hat einen deutlich integrativen Charakter. Die frühere strenge Abtrennung bei der Behandlung psychisch Kranker in geschlossenen Abteilungen ist - insbesondere in der langfristigen Folge des grundlegenden Berichts zur Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland (sog. Enquéte-Kommission Psychiatrie, BT-Drucks. 7/4200 vom 25. November 1975) - bewusst zugunsten eines flexibleren Systems der psychiatrischen Versorgung aufgegeben worden (Asanger/Wenninger Handwörterbuch Psychologie 1999 S. 574 ff. Stichwort: Psychiatrie; detailliert Schott/Tölle Geschichte der Psychiatrie, passim, insbes. S. 311 ff.). Die Einweisungen und die Anordnung der Unterbringung sind deutlich seltener geworden, weil derartige Erkrankungen differenzierter diagnostiziert und behandelt werden. Dementsprechend ist das Behandlungs- und Pflegeangebot differenzierter geworden.

40

Ist daher der Begriff „der Psychiatrie“ deutlich weiter gefächert als früher und erstreckt er sich insbesondere weit über geschlossene psychiatrische Kliniken oder Abteilungen hinaus, ist davon auszugehen, dass die frühere Unterscheidung aufgehoben worden ist und sich in dem weiten Begriff der „Psychiatrie“ niederschlägt und deshalb durch eine einheitliche Eingruppierung der Pflegekräfte nachvollzogen worden ist.

41

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte als Unterlegene zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Winter    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Dierßen    

        

    Fritz    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 19. Juni 2014 - 8 Sa 668/13 - teilweise aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht die Berufung gegen die Abweisung der Hilfsanträge Ziff. 1 und Ziff. 3 zurückgewiesen hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin und sich daraus ergebende Entgeltdifferenzansprüche seit März 2011.

2

Die Klägerin ist seit 2007 im Klinikum der Beklagten als Medizinisch-technische Radiologieassistentin beschäftigt. Die Beklagte wandte zunächst die Vergütungsordnung des Bundes-Angestelltentarifvertrags idF des Tarifvertrags zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin an und vergütete sie nach der VergGr. VIb Fallgruppe 26 der Anlage 1a zum BAT-O. Seit dem 1. März 2011 ist die Klägerin Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di).

3

Am 11. Juli 2011 schloss die Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di einen Tarifvertrag zur Regelung der allgemeinen Beschäftigungsbedingungen für die Beschäftigten der Klinikum Chemnitz gGmbH (TV KC/ver.di), einen Entgelttarifvertrag für die Beschäftigten der Klinikum Chemnitz gGmbH (EntgeltTV KC/ver.di) sowie einen Überleitungstarifvertrag für die Beschäftigten der Klinikum Chemnitz gGmbH (TVÜ KC/ver.di). Sämtliche Tarifverträge traten rückwirkend zum 1. Januar 2011 in Kraft. Seither erhält die Klägerin eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 6 Stufe 3 gemäß der Entgelttabelle zum EntgeltTV KC/ver.di.

4

Mit Schreiben vom 6. Dezember 2011 bat die Klägerin um Überprüfung ihrer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 EntgeltTV KC/ver.di. Mit weiterem Schreiben vom 20. März 2012 forderte sie die Beklagte auf, ihre arbeitsvertraglichen Leistungen nach der Entgeltgruppe 9 EntgeltTV KC/ver.di zu vergüten.

5

Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Belang - die Auffassung vertreten, sie sei seit dem 1. März 2011 nach der Entgeltgruppe 9, hilfsweise der Entgeltgruppe 8 EntgeltTV KC/ver.di zu vergüten. Ihre Tätigkeit als Medizinisch-technische Radiologieassistentin erfülle das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. Vc Fallgruppe 24 der Anlage 1a zum BAT-O. Mit den ihr im Bereich der Computertomographie (CT) übertragenen Aufgaben wirke sie „bei Schichtaufnahmen in den drei Dimensionen mit Spezialgeräten“ mit. Da sie sich am 31. Dezember 2010 bereits mehr als drei Jahre in dieser Tätigkeit bewährt habe, sei sie in die VergGr. Vb Fallgruppe 25 der Anlage 1a zum BAT-O eingruppiert, was nach der Anlage 3 zum Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) der Entgeltgruppe 9 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst in der Fassung der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD/VKA) entspreche. Überdies erfülle sie seit dem 1. März 2011 auch das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. Vc Fallgruppe 26 der Anlage 1a zum BAT-O, woraus sich der hilfsweise geltend gemachte Vergütungsanspruch nach der Entgeltgruppe 8 EntgeltTV KC/ver.di ergebe.

6

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie für die Zeit ab dem 1. Januar 2013 nach der Entgeltgruppe 9, hilfsweise nach der Entgeltgruppe 8 der Entgelttabelle zum EntgeltTV KC/ver.di zu vergüten;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie für den Zeitraum März 2011 bis Dezember 2012 7.964,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in näher bestimmtem Umfang und zeitlicher Staffelung zu zahlen;

        

3.    

hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.093,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in näher bestimmtem Umfang und zeitlicher Staffelung zu zahlen.

7

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, die Klägerin werde zutreffend nach der Entgeltgruppe 6 EntgeltTV KC/ver.di vergütet. Eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 EntgeltTV KC/ver.di könne sie schon deshalb nicht verlangen, weil die von ihr hierfür herangezogene VergGr. Vb Fallgruppe 25 der Anlage 1a zum BAT-O einen Bewährungsaufstieg beinhalte und dieser für die nach dem 1. Oktober 2005 eingestellte Klägerin nach § 17 Abs. 5 TVÜ-VKA ausgeschlossen sei. Ebenso wenig erfülle sie die Voraussetzungen der VergGr. Vc Fallgruppe 24 der Anlage 1a zum BAT-O. Sie sei nicht an Spezialgeräten zur Aufnahme von Schichten in den drei Dimensionen tätig. Die Bedienung von CT-Geräten sei zwar anspruchsvoller als die Bedienung der bei Einführung der Tarifnorm üblichen Geräte, sie gehöre aber heute zum Standard. Die Ansprüche seien überdies weitgehend nach § 32 TV KC/ver.di verfallen. Das Schreiben vom 6. Dezember 2011 enthalte keine hinreichende Geltendmachung.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Unrecht in vollem Umfang zurückgewiesen. Zwar steht der Klägerin kein Anspruch auf eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 EntgeltTV KC/ver.di zu. Die hilfsweise auf eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 EntgeltTV KC/ver.di gerichtete Klage hätte das Landesarbeitsgericht aber nicht mit der von ihm gegebenen Begründung abweisen dürfen. Ob die Klägerin eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 EntgeltTV KC/ver.di verlangen kann, kann der Senat aufgrund der bisherigen, vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen, da der Sachverhalt noch nicht hinreichend festgestellt ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur teilweisen Aufhebung und Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

10

I. Die Klage ist zulässig. Soweit die Klägerin den Anspruch in Form eines Feststellungsantrags geltend macht, handelt es sich um eine auch im Bereich der Privatwirtschaft grundsätzlich zulässige Eingruppierungsfeststellungsklage (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 903/08 - Rn. 17).

11

II. Der Hauptantrag zu 1. und der Antrag zu 2. sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 EntgeltTV KC/ver.di und die entsprechenden Vergütungsdifferenzen im Zeitraum 1. März 2011 bis 31. Dezember 2012 hat, selbst wenn eine Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. Vc Fallgruppe 24 der Anlage 1a zum BAT-O zu ihren Gunsten unterstellt wird. Ein Bewährungsaufstieg findet nicht mehr statt.

12

1. Die insoweit maßgebenden Vorschriften in den Tarifverträgen KC/ver.di über die Eingruppierung lauten:

13

In § 11 TV KC/ver.di heißt es:

        

„Die Eingruppierung richtet sich nach den Regelungen der Entgeltordnung zum Haustarifvertrag.

        

Protokollerklärung:            

        

Die Eingruppierungsvorschriften zum BAT-O und BMT-G-O (Anlagen 1a und 1b zu § 22 BAT-O und Lohngruppenverzeichnis zu § 20 Abs. 1 BMT-G-O) sowie die diese ergänzenden Überleitungsvorschriften des TVÜ zum TVöD BT-K finden bis zur Vereinbarung einer Entgeltordnung für die Eingruppierung übergangsweise weiterhin Anwendung.“

14

Im EntgeltTV KC/ver.di heißt es:

        

§ 2   

        

Tabellenentgelte

        

Die Tabellenentgelte der Beschäftigten der Klinikum Chemnitz gGmbH bestimmen sich nach den in Anlage A aufgeführten Entgelttabellen in ihrem jeweils gültigen Zeitraum …“

15

Der TVÜ KC/ver.di lautet auszugsweise:

        

„…    

        

§ 3     

        

Überleitung in den EntgeltTV KC/ver.di

        

(1)     

Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnisse mit der Klinikum Chemnitz gGmbH bereits zum 31. Dezember 2010 bestanden, werden mit der Entgeltgruppe und der Stufe in die Entgelttabelle des EntgeltTV KC/ver.di übergeleitet, in der sie am 31. Dezember 2010 eingruppiert und eingestuft waren. Dies gilt nicht für Beschäftigte gem. § 1 Abs. 2 EntgeltTV KC/ver.di.

        

…“    

16

2. Nach dem für die Eingruppierung der Klägerin maßgebenden § 11 des aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit seit dem 1. März 2011 anwendbaren TV KC/ver.di und der hierzu ergangenen Protokollerklärung sind - in Ermangelung des Inkrafttretens einer eigenen Entgeltordnung zum Haustarifvertrag - neben der Anlage 1a zu § 22 BAT-O die „ergänzenden Überleitungsvorschriften des TVÜ zum TVöD BT-K“ heranzuziehen. Da für den TVöD-BT-K kein eigener Überleitungstarifvertrag (TVÜ) abgeschlossen worden ist, kommt insoweit der TVÜ-VKA zur Anwendung.

17

3. Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen der mit dem Hauptantrag begehrten Entgeltgruppe 9 EntgeltTV KC/ver.di iVm. der VergGr. Vb der Anlage 1a zum BAT-O nicht.

18

a) Die von ihr herangezogene Fallgruppe lautet:

        

Vergütungsgruppe V b

        

…       

        

25.     

Medizinisch-technische Assistentinnen in einer Tätigkeit der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 24 nach dreijähriger Bewährung in dieser Tätigkeit.“

19

b) Diese Fallgruppe findet gem. der Protokollerklärung zu § 11 TV KC/ver.di iVm. § 17 Abs. 5 TVÜ-VKA auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin keine Anwendung. Ein Bewährungsaufstieg ist unter Geltung des TVöD/VKA nicht mehr vorgesehen. Die Ausnahmevorschriften in §§ 8, 9 TVÜ-VKA sind für Arbeitnehmer, die - wie die Klägerin - nach dem 1. Oktober 2005 eingestellt worden sind, nicht anwendbar. § 1 TV KC/ver.di enthält insoweit keine abweichenden Regelungen.

20

aa) Die Protokollerklärung zu § 11 TV KC/ver.di verweist bereits ihrem Wortlaut nach uneingeschränkt auf die „ergänzenden Überleitungsvorschriften“ des TVÜ-VKA und damit auch auf dessen § 17 Abs. 5.

21

bb) Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der Regelung. Die Verweisung auf die ergänzenden Überleitungsvorschriften soll erkennbar eine Orientierung am Entgeltsystem des TVöD gewährleisten. Die Tarifvertragsparteien des TVÜ-VKA haben die nach der Vergütungsordnung zum BAT seinerzeit möglichen Bewährungsaufstiege pauschaliert bei der Zuordnung zu den Entgeltgruppen des TVöD/VKA berücksichtigt und damit gewissermaßen „eingearbeitet“. Für die nach dem 1. Oktober 2005 eingestellten Beschäftigten ist die Entgeltgruppe mit der erstmaligen (und insoweit eigentlich „einmaligen“) Zuordnung der ermittelten BAT-Vergütungsgruppe zur TVöD-Entgeltgruppe festgeschrieben (vgl. zur Abschaffung der Bewährungsaufstiege im Bereich TdL BAG 20. März 2013 - 4 AZR 590/11 - Rn. 26, BAGE 144, 351). § 17 Abs. 5 TVÜ-VKA lässt sich deshalb nicht von der Überleitungsregelung in § 17 Abs. 7 iVm. der Anlage 3 zum TVÜ-VKA trennen. Anhaltspunkte dafür, die Protokollerklärung zu § 11 TV KC/ver.di habe nach dem Willen der Tarifvertragsparteien lediglich auf einen Teil dieses zusammenhängenden Regelungskomplexes verweisen sollen, sind nicht erkennbar.

22

III. Hinsichtlich der Hilfsanträge, mit denen die Klägerin in der Sache die Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 EntgeltTV KC/ver.di ab März 2011 begehrt, ist die Revision begründet. Das Landesarbeitsgericht durfte die Klage nicht mit der von ihm gegebenen Begründung abweisen.

23

1. Die für eine - von der Klägerin hilfsweise geltend gemachte - Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 EntgeltTV KC/ver.di nach der Protokollerklärung zu § 11 TV KC/ver.di maßgebenden Tarifnormen der Anlage 1a zum BAT-O lauten:

        

Vergütungsgruppe VII

        

…       

        

27.     

Medizinisch-technische Assistentinnen während der ersten sechs Monate der Berufsausübung nach erlangter staatlicher Erlaubnis.

        

…       

        
        

Vergütungsgruppe VI b

        

…       

        
        

26.     

Medizinisch-technische Assistentinnen mit entsprechender Tätigkeit, die in nicht unerheblichem Umfange schwierige Aufgaben erfüllen. (‚Schwierige Aufgaben‘ sind z. B. der Diagnostik vorausgehende technische Arbeiten bei überwiegend selbständiger Verfahrenswahl auf histologischem, mikrobiologischem, serologischem und quantitativ klinisch-chemischem Gebiet; ferner schwierige röntgenologische Untersuchungsverfahren, insbesondere zur röntgenologischen Funktionsdiagnostik, messtechnische Aufgaben und Hilfeleistung bei der Verwendung von radioaktiven Stoffen sowie schwierige medizinisch-fotografische Verfahren.)

                 

(Hierzu Protokollerklärung Nr. 12)

        

27.     

Medizinisch-technische Assistentinnen mit entsprechender Tätigkeit nach sechsmonatiger Berufsausübung nach erlangter staatlicher Erlaubnis.

        

…       

        
        

Vergütungsgruppe V c

        

…       

        
        

24.     

Medizinisch-technische Assistentinnen mit entsprechender Tätigkeit nach sechsmonatiger Berufsausübung nach erlangter staatlicher Erlaubnis, die in nicht unerheblichem Umfange eine oder mehrere der folgenden Aufgaben erfüllen:

                 

…       

                 

Mitwirkung bei …, Schichtaufnahmen in den drei Dimensionen mit Spezialgeräten, …

                 

(Hierzu Protokollerklärung Nr. 12)

        

…       

        
        

26.     

Medizinisch-technische Assistentinnen mit entsprechender Tätigkeit nach sechsjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit.

        

…       

        
        

Protokollerklärung

        

Nr. 12

        

Der Umfang der schwierigen Aufgaben bzw. der Tätigkeiten ist nicht mehr unerheblich, wenn er etwa ein Viertel der gesamten Tätigkeit ausmacht.“

24

2. Zwar hat das Landesarbeitsgericht die Anwendbarkeit von Fallgruppe 26 VergGr. Vc der Anlage 1a zum BAT-O zu Recht verneint, da ein Bewährungsaufstieg für die nach dem 1. Oktober 2005 eingestellte Klägerin auch insoweit nicht in Betracht kommt. Es hat jedoch das Vorliegen des Merkmals „Mitwirkung bei Schichtaufnahmen in den drei Dimensionen mit Spezialgeräten“ der VergGr. Vc Fallgruppe 24 der Anlage 1a zum BAT-O mit unzutreffender Begründung verneint.

25

a) Der Computertomograph ist ein Spezialgerät zur Anfertigung von Schichtaufnahmen in den drei Dimensionen.

26

aa) Der Tarifwortlaut bedarf der Auslegung (zu den Maßstäben etwa BAG 28. Januar 2009 - 4 ABR 92/07 - Rn. 26 mwN, BAGE 129, 238). Ihm ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob der Begriff „mit Spezialgeräten“ eine selbständige Tarifanforderung enthält. Nach allgemeinem Sprachverständnis handelt es sich bei einem „Spezialgerät“ um ein Gerät, das sich durch besondere Merkmale von einem Standardgerät unterscheidet. Die geforderte Besonderheit des Geräts kann zum einen darin bestehen, dass mit ihm Schichtaufnahmen in den drei Dimensionen möglich sind. Das Standardgerät wäre in diesem Fall ein Gerät, mit dem lediglich normale zweischichtige Bildaufnahmen hergestellt werden können (etwa ein Röntgengerät). Zum anderen kann der Wortlaut auch dahingehend verstanden werden, dass die Mitwirkung bei Schichtaufnahmen in den drei Dimensionen nur dann nach VergGr. Vc Fallgruppe 24 der Anlage 1a zum BAT-O zu vergüten ist, wenn die Aufnahme nicht mit einem „Standard-Dreischicht-Gerät“, sondern mit einem „Spezial-Dreischicht-Gerät“ erfolgt.

27

bb) Maßgebend für die Auslegung des Tätigkeitsmerkmals sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Einführung der fraglichen Tätigkeitsmerkmale im Jahr 1971, da die Tarifvertragsparteien nur diese bei dessen Formulierung berücksichtigen konnten (vgl. BAG 6. Dezember 2006 - 4 AZR 659/05 - Rn. 23, BAGE 120, 269). Im betreffenden Zeitpunkt war das Standardgerät das normale Röntgengerät, mit dem Aufnahmen lediglich in zwei Schichten möglich waren. Von diesem ist das „Spezialgerät“ iSv. VergGr. Vc Fallgruppe 24 der Anlage 1a zum BAT-O abzugrenzen.

28

(1) Das Landesarbeitsgericht hat seinen Erwägungen den von den Parteien nicht in Frage gestellten Umstand zugrunde gelegt, dass im Jahr 1971 für Aufnahmen in drei Schichten mittels der damals praktizierten „Verwischungstomographie“ modifizierte Standardröntgenanlagen notwendig waren. Erst durch diese Zusatzausstattung, die es ermöglichte, den Röntgendetektor und die Röntgenröhre synchron zu bewegen, konnten Aufnahmen in mehr als zwei Schichten hergestellt werden. Wenn es danach zum maßgebenden Zeitpunkt technisch nur eine Möglichkeit gab, Dreischichtaufnahmen zu erzeugen, kam dem Begriff des „Spezialgeräts“ keine eigenständige Bedeutung gegenüber der Anforderung der „Mitwirkung bei Schichtaufnahmen in den drei Dimensionen“ zu.

29

(2) Hatte danach der Begriff des „Spezialgeräts“ bei Einführung des Tätigkeitsmerkmals keine eigenständige Bedeutung, kann diesem auch heute kein selbständiger Anforderungsgehalt beigemessen werden. Die Gerichte dürfen Tarifnormen nicht wegen neuer technischer Entwicklungen einengend oder ausdehnend auslegen, wenn Wortlaut und Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelung hierfür keine Möglichkeit bieten. Andernfalls würden die Gerichte in unzulässiger Weise in die durch das Grundgesetz geschützte Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG) eingreifen (BAG 6. Dezember 2006 - 4 AZR 659/05 - Rn. 25, BAGE 120, 269). Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist es deshalb unerheblich, dass aus heutiger Sicht Computertomographen sich nicht mehr aus dem allgemeinen Gerätestandard herausheben und es mehrere technische Möglichkeiten zur Anfertigung von Dreischichtaufnahmen gibt, von denen einige allgemein üblich („Standardgerät“) und andere spezieller („Spezialgerät“) sein mögen.

30

b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. Vc Fallgruppe 24 der Anlage 1a zum BAT-O nicht erst dann erfüllt, wenn die dritte Ebene der Aufnahme von dem Arbeitnehmer selbst und nicht - wie bei der Computertomographie - dem Gerät erstellt wird (so Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese BAT VergO VKA Stand August 2008 Teil II VKA Med. Hilfsberufe Anm. 31a). Das Tätigkeitsmerkmal verlangt ausdrücklich nur eine „Mitwirkung“ bei einer Aufnahme in drei Schichten, nicht hingegen die eigenständige Herstellung einer Schicht mittels eines manuellen Arbeitsschritts.

31

c) Der Beschluss des Gruppenausschusses der VKA für Kranken- und Pflegeanstalten aus der Sitzung vom 10. Dezember 1979 vermag die Herausnahme der Computertomographie aus dem Anwendungsbereich von VergGr. Vc Fallgruppe 24 der Anlage 1a zum BAT-O nicht zu begründen. Abgesehen davon, dass ein solcher Beschluss nicht einmal für die Mitglieder der VKA unmittelbare Bedeutung hat (vgl. BAG 25. September 1996 - 4 AZR 189/95 - zu B 1 der Gründe), handelt es sich bei dem Gruppenausschuss um ein Gremium lediglich einer Tarifvertragspartei. Seine Erwägungen lassen deshalb keine Rückschlüsse auf den gemeinsamen Willen der Tarifvertragsparteien bei Abschluss des Tarifvertrags zu.

32

3. Der Rechtsstreit ist hinsichtlich der Hilfsanträge noch nicht entscheidungsreif. Aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann der Senat nicht beurteilen, ob die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum zeitlich zu „etwa einem Viertel“ ihrer Gesamtarbeitszeit eine Tätigkeit auszuüben hat, die die genannten Anforderungen aus VergGr. Vc Fallgruppe 24 der Anlage 1a zum BAT-O erfüllt.

33

a) Das Landesarbeitsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - den genauen Inhalt der von der Klägerin zu verrichtenden Tätigkeit nicht nach Zeitanteilen weiter aufgeklärt. Dies wird es unter Berücksichtigung der nachstehenden Grundsätze nachzuholen haben:

34

aa) In einem ersten Schritt wird es die Arbeitsvorgänge zu bestimmen haben (sh. Protokollerklärung zu § 11 TV KC/ver.di iVm. Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BAT-O).

35

(1) Maßgebend für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis (st. Rspr., zB BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 16; 21. August 2013 - 4 AZR 933/11 - Rn. 13 mwN, BAGE 146, 22). Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt dabei zunächst außer Betracht. Erst nachdem die Bestimmung des Arbeitsvorgangs erfolgt ist, ist dieser anhand der in Betracht kommenden Tätigkeitsmerkmale zu bewerten (BAG 18. März 2015 - 4 AZR 59/13 - Rn. 17, BAGE 151, 150; 6. Juli 2011 - 4 AZR 568/09 - Rn. 58).

36

(2) Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Einzeltätigkeiten können jedoch dann nicht zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein organisatorisch voneinander getrennt sind. Dafür reicht die theoretische Möglichkeit nicht aus, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Beschäftigte übertragen zu können, solange sie nach der tatsächlichen Arbeitsorganisation des Arbeitgebers als einheitliche Arbeitsaufgabe einer Person real übertragen sind (st. Rspr., zB BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 16; grdl. 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 20 mwN).

37

bb) In einem zweiten Schritt wird zu ermitteln sein, ob die Klägerin an Tätigkeiten „bei …, Schichtaufnahmen in den drei Dimensionen mit Spezialgeräten“ im tariflich ausreichendem Maße mitwirkt. Nach der Protokollerklärung Nr. 12 zu VergGr. Vc der Anlage 1a zum BAT-O ist dies der Fall, wenn der Umfang der betreffenden Aufgaben etwa ein Viertel der gesamten Tätigkeit ausmacht. Abzustellen ist dabei auf den Anteil der diese Aufgaben - in rechtlich relevantem Umfang (st. Rspr., sh. zB BAG 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 43 mwN) - enthaltenden Arbeitsvorgänge an der Gesamtarbeitszeit (vgl. BAG 19. März 1986 - 4 AZR 642/84 - zu 6 der Gründe, BAGE 51, 282).

38

b) Sollte das Landesarbeitsgericht grundsätzlich einen Anspruch der Klägerin bejahen, wird es ferner die Einhaltung der tariflichen Ausschlussfrist des § 32 TV KC/ver.di näher prüfen müssen.

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Rinck    

        

        

        

    Pust    

        

    J. Ratayczak    

                 

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 2. Oktober 2012 - 15 Sa 139/11 - in seinen Ziffern I.9. und II. aufgehoben.

2. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 29. November 2012 - 3 Sa 71/12 - aufgehoben.

3. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Entgelterhöhungen unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung.

2

Der 1958 geborene Kläger ist seit 1992 bei der Beklagten beschäftigt. Er ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Die Beklagte war bis zum 31. März 2006 ordentliches Mitglied im Verband für Dienstleistung, Groß- und Außenhandel Baden-Württemberg e.V., im Anschluss daran wechselte sie in eine sog. OT-Mitgliedschaft.

3

Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitsvertrag vom 15. Oktober 1991, der auszugsweise lautet:

        

„1. Tätigkeit

        

Der/Die Angestellte wird ab 01.02.92 als PC-Programmierer eingestellt. (…)

        

…       

        

3. Kollektivvereinbarungen

        

Für das Arbeitsverhältnis gelten die für unsere Firma maßgebenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen in der jeweiligen Fassung.“

4

Der Kläger erhält ein Bruttomonatsgehalt von 4.034,00 Euro. Dieses setzt sich zusammen aus einem zum Stand 1. Mai 2006 eingefrorenen Tarifgehalt der Gehaltsgruppe G 5 / 12. Berufsjahr der Gehaltstarifverträge für die Beschäftigen des Groß- und Außenhandels in Baden-Württemberg (2.908,00 Euro brutto) und einer übertariflichen Zulage, die nach einer individuellen Erhöhung um 50,00 Euro brutto seit dem 1. August 2007 1.126,00 Euro brutto beträgt. Weitere 30,58 Euro brutto monatlich gewährt die Beklagte dem Kläger unter der Bezeichnung „AVmG PK AG stfr.“.

5

Nach dem Wechsel in die OT-Mitgliedschaft bat die Beklagte zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt im Frühjahr 2006 ihre Mitarbeiter um eine Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit von (tariflichen) 38,5 Stunden auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich. Einen entsprechenden Zusatz zum Arbeitsvertrag akzeptierten 96 % der Belegschaft, der Kläger nicht.

6

Am 25. März 2008 schloss die Beklagte mit dem in ihrem Betrieb errichteten Betriebsrat eine „Betriebsvereinbarung zur Bestimmung und Behandlung des Entgelts und des Entgeltgruppenplans“ (im Folgenden: BV Entgelt), die eine tätigkeitsbezogene Eingruppierung der Mitarbeiter in fünf allgemeine Entgeltgruppen (A1 bis A5) vorsieht. Außerdem heißt es dort:

        

„3 Grundsätze zu den Entgeltgruppen

        

…       

        

Die Festlegung des individuellen Entgelts innerhalb einer Entgeltgruppe, sowie des Basisentgelts der 1. Entgeltgruppe erfolgt durch den Arbeitgeber. Die prozentuale Steigerungsrate zwischen den einzelnen Entgeltgruppen (= Basisentgelt der Entgeltgruppen 2 - 5) ist in der Anlage geregelt.

        

4 Erhöhungen in den Entgeltgruppen

        

Entgelterhöhungen werden durch den Arbeitgeber festgelegt. (…)

        

Für alle Mitarbeiter, die vor dem 1.4.2006 in das Unternehmen eintraten, gilt ein Bestandsschutz. Basisentgelt für diese Mitarbeiter ist deren individuelles Tarifentgelt zum Stichtag 1.5.2006, solange dieses höher ist als das Basisentgelt.“

7

Mit Wirkung zum 1. April 2008 bot die Beklagte allen Arbeitnehmern den Abschluss eines neuen Formulararbeitsvertrags (im Folgenden: Standardarbeitsvertrag 2008) an, der keine Bezugnahme auf Tarifverträge mehr enthält, eine regelmäßige Arbeitszeit von 40 Wochenstunden festschreibt und eine Vergütung nach den Entgeltgruppen der BV Entgelt (beim Kläger: nach Entgeltgruppe A4 iHv. 4.083,00 Euro brutto) nebst einem 13. Bruttomonatsgehalt vorsieht. Des Weiteren enthält der Standardarbeitsvertrag 2008 Verschlechterungen im Vergleich zu den auf die Tarifbestimmungen für den Groß- und Außenhandel in Baden-Württemberg Bezug nehmenden Arbeitsverträgen, so etwa geringere Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, Wegfall eines Zuschusses zum Krankengeld, weniger Tatbestände, bei denen Anspruch auf bezahlte Freistellung bestehen soll, Reduzierung eines „Sterbegeldes“. Rund 90 % der Beschäftigten nahmen das Angebot an, der Kläger nicht.

8

Die Beklagte erhöhte das Basisentgelt derjenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in den Standardarbeitsvertrag 2008 gewechselt waren, zum 1. Juni 2008 um 2,6 %. Weitere Entgelterhöhungen erfolgten zum 1. Juli 2009 (2,2 %), zum 1. September 2010 (1,6 %) und zum 1. Juli 2011 (3,3 %).

9

In einem Vorprozess machte der Kläger eine Entgelterhöhung um 2,6 % für den Zeitraum Juni 2008 bis Februar 2009 erfolglos geltend (LAG Baden-Württemberg 15. April 2010 - 15 Sa 43/09 -).

10

Mit den vorliegenden, mehrfach erweiterten und bis in die Revisionsinstanz in getrennten Verfahren geführten Klagen hat der Kläger unter Berufung auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz die den begünstigten Arbeitnehmern gewährten Entgelterhöhungen, zuletzt für den Zeitraum Februar 2010 bis Dezember 2011 verlangt und geltend gemacht, ein sachlicher Grund, ihn von den Entgelterhöhungen auszunehmen, liege nicht vor.

11

Der Kläger hat - soweit seine Klagen in die Revisionsinstanz gelangt sind - zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.861,22 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte weiter zu verurteilen, an den Kläger 2.064,70 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen.

12

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, der Gleichbehandlungsgrundsatz finde aufgrund der unterschiedlichen Arbeitsvertragsmodelle keine Anwendung. Jedenfalls sei die Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt. Mit den Entgelterhöhungen hätten die Nachteile der Beschäftigten, die in den Standardarbeitsvertrag 2008 wechselten, ausgeglichen werden sollen.

13

In dem Rechtsstreit betreffend den Zeitraum Februar 2010 bis April 2011 (= Klageantrag zu 1.) hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte rechtskräftig verurteilt, an den Kläger von September 2010 bis April 2011 monatlich (weitere) 28,34 Euro brutto zu zahlen. Mit der vom Landesarbeitsgericht nur für den Kläger zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen ursprünglichen Klageantrag weiter.

14

In dem Rechtsstreit betreffend den Zeitraum Mai bis Dezember 2011 (= Klageantrag zu 2.) hat das Arbeitsgericht der Klage teilweise, das Landesarbeitsgericht ihr in vollem Umfang stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision (Ausgangsaktenzeichen - 5 AZR 284/13 -) verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

15

Der Senat hat die Rechtsstreite nach Anhörung der Parteien zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem führenden Aktenzeichen - 5 AZR 6/13 - verbunden.

Entscheidungsgründe

16

Die Revisionen des Klägers und der Beklagten sind begründet. Ob der Kläger Anspruch auf die oder eine der den begünstigten Arbeitnehmern gewährten Entgelterhöhungen hat, kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung der Berufungsurteile und Zurückverweisung der - nunmehr verbundenen - Sachen an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

17

I. Der Anwendungsbereich des (allgemeinen) Gleichbehandlungsgrundsatzes ist eröffnet.

18

1. Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Arbeitsrecht (oft auch arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz oder allgemeiner arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz genannt) gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln (st. Rspr., BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 18 mwN, BAGE 139, 190). Er wurzelt in dem überpositiven Ideal der Gerechtigkeit, die es gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln, und ist seit langem unbestrittener Bestandteil des Arbeitsrechts (vgl. nur ErfK/Preis 14. Aufl. § 611 BGB Rn. 574; HWK/Thüsing 6. Aufl. § 611 BGB Rn. 181, jeweils mwN; siehe auch G. Hueck Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht S. 61, der schon 1958 festgestellt hat, die Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei in der Literatur und Judikatur zum Arbeitsrecht ganz allgemein anerkannt). Der Gleichbehandlungsgrundsatz beschränkt die Gestaltungsmacht des Arbeitgebers (BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 57, BAGE 140, 291). Wird er verletzt, muss der Arbeitgeber die von ihm gesetzte Regel entsprechend korrigieren. Der benachteiligte Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vorenthaltene Leistung (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 17; 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 14, BAGE 137, 339, jeweils mwN).

19

Im Bereich der Arbeitsvergütung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz unter Beachtung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bei individuellen Entgeltvereinbarungen anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (st. Rspr., BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 18, BAGE 139, 190; 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 57, BAGE 140, 291, jeweils mwN).

20

2. Danach ist der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes eröffnet.

21

a) Die Beklagte hat freiwillig, also ohne hierzu - insbesondere arbeitsvertraglich oder aufgrund der BV Entgelt - rechtlich verpflichtet zu sein (zur Nichtanwendbarkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei bloßem Normenvollzug und Vertragserfüllung, vgl. BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 21 mwN, BAGE 139, 190), die Arbeitsentgelte zum 1. Juni 2008, 1. Juli 2009, 1. September 2010 und 1. Juli 2011 kollektiv nach einem generalisierenden Prinzip angehoben. Für diese Leistung hat sie den Wechsel in den Standardarbeitsvertrag zur Voraussetzung gemacht. Mit der Anknüpfung an die zunächst durch die Reaktion der Arbeitnehmer auf das Angebot zum Abschluss des Standardarbeitsvertrags 2008 erfolgte Teilung der Belegschaft in Arbeitnehmer mit Standardarbeitsvertrag 2008 und solche mit „Altverträgen“ hat die Beklagte eine Gruppenbildung vorgenommen (vgl. BAG 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 23, BAGE 122, 1).

22

b) Der Kläger und die Arbeitnehmer mit Standardarbeitsvertag 2008 befinden sich „in vergleichbarer Lage“. Zwar ist dafür nicht in jedem Falle bereits das gemeinsame Band eines Arbeitsverhältnisses zum selben Arbeitgeber ausreichend. Es ist aber andererseits nicht erforderlich, dass die Arbeitsbedingungen des Gleichbehandlung fordernden Arbeitnehmers mit denjenigen der Begünstigten in Gänze identisch sind (vgl. BAG 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 26, BAGE 122, 1). Die Geltung verschiedener Arbeitsvertragsmodelle kann allenfalls dann eine im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes vergleichbare Lage ausschließen, wenn das eine Arbeitsvertragsmodell gekennzeichnet ist durch die dynamische Bezugnahme auf ein Tarifwerk und damit auf arbeitsvertraglicher Ebene kollektive, der Gestaltungsmacht des Arbeitgebers entzogene Regelwerke in ihrer jeweiligen Fassung zur Anwendung kommen, während das andere Arbeitsvertragsmodell der unbeschränkten Gestaltungsmacht des Arbeitgebers entspringt und den Arbeitnehmern gestellt wird. Eingedenk des Primats, (nur) Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln, kommt es auch bei verschiedenen Arbeitsvertragsmodellen darauf an, ob sich der auf Gleichbehandlung berufende Arbeitnehmer hinsichtlich der vom Arbeitgeber verteilten Leistung in vergleichbarer Lage zu den begünstigten Arbeitnehmern befindet. Ist das der Fall, sind ansonsten unterschiedliche Arbeitsbedingungen erst für das Vorliegen eines sachlichen Differenzierungsgrundes von Belang.

23

Mit den streitgegenständlichen Entgelterhöhungen hat die Beklagte die statische Vergütungsabrede im Standardarbeitsvertrag 2008 freiwillig dynamisiert. Insoweit befindet sich der Kläger mit den begünstigten Arbeitnehmern „in vergleichbarer Lage“, weil auch sein Arbeitsvertrag eine statisch gewordene Vergütungsabrede enthält. Davon ist auszugehen, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien vor dem 1. Januar 2002 begonnen hat. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die „für unsere Firma maßgebenden Tarifverträge (…) in der jeweiligen Fassung“ hat das Landesarbeitsgericht angesichts der vormaligen Tarifgebundenheit der Beklagten kraft Verbandszugehörigkeit zutreffend nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als Gleichstellungsabrede ausgelegt (zu Auslegung und Vertrauensschutz für vor dem 1. Januar 2002 vereinbarte Bezugnahmeklauseln, vgl. BAG 11. Dezember 2013 - 4 AZR 473/12 - Rn. 13 ff. mwN). Die Dynamik der tariflichen Inkorporierung ist deshalb auf die Zeit begrenzt, in der die Beklagte durch ihre Verbandsmitgliedschaft an die Tarifentwicklung gebunden war (vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 15 ff. mwN, BAGE 136, 184). Danach hat der Kläger ab dem Ende der Nachbindung der Beklagten (§ 3 Abs. 3 TVG)an den zur Zeit ihres Wechsels in eine OT-Mitgliedschaft geltenden Gehaltstarifvertrag, also mit dem Inkrafttreten des (neuen) Gehaltstarifvertrags vom 5. Juli 2007 (zur Dauer der Nachbindung, vgl. BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 34 ff., BAGE 131, 176) weder kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit, noch aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme einen Anspruch auf Tariferhöhungen. Das Entgelt bzw. die Entgeltvereinbarung ist statisch geworden. Für Entgelterhöhungen ist der Kläger wie die Arbeitnehmer mit Standardarbeitsvertrag 2008 - und anders als Arbeitnehmer mit nach dem 1. Januar 2002 abgeschlossenen Altverträgen, deren Bezugnahmeklausel dynamisch wirkt - auf den Gestaltungswillen der Beklagten angewiesen und deren kollektivrechtlich nicht beschränkter Gestaltungsmacht unterworfen.

24

II. Ob die Ungleichbehandlung des Klägers sachlich gerechtfertigt ist, kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.

25

1. Ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung ist der Ausgleich unterschiedlicher Arbeitsbedingungen zwischen verschiedenen Gruppen von Arbeitnehmern, solange ein solcher Ausgleich herbeigeführt wird und keine Überkompensation eintritt (BAG 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 23 mwN, BAGE 137, 339; vgl. auch BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 25 f.). Wann bei einer Entgelterhöhung als begünstigender Maßnahme eine Überkompensation anzunehmen ist, musste das Bundesarbeitsgericht bislang nicht im Einzelnen klären.

26

Aus der bisherigen Rechtsprechung kann nicht gefolgert werden, eine Überkompensation liege stets bereits dann vor, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt der Stundenlohn der begünstigten Arbeitnehmer höher ist als der Stundenlohn der von der Leistung ausgenommen Arbeitnehmer (zur Stundenvergütung als Vergleichsmaßstab siehe: BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 23). So ließe ein bloßer Vergleich der Bruttostundenlöhne im Streitfall außer Betracht, dass die begünstigten Arbeitnehmer vor der ersten Entgelterhöhung über längere Zeit eine faktische Lohnkürzung durch die Erhöhung der Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Wochenstunden ohne Lohnausgleich hingenommen haben. Geht es um den Ausgleich von Vergütungsunterschieden und sich finanziell auswirkender unterschiedlicher sonstiger Arbeitsbedingungen, tritt eine Überkompensation erst und mit dem Zeitpunkt ein, zu dem die finanziellen Nachteile, die die begünstigten Arbeitnehmer bis zu einer Entgelterhöhung erlitten haben oder danach noch erleiden werden, vollständig ausgeglichen sind.

27

2. Zur Prüfung der Frage, ob eine Entgelterhöhung nachteilige Arbeitsbedingungen der begünstigten Arbeitnehmer nicht nur ausgeglichen, sondern überkompensiert hat, ist ein Gesamtvergleich erforderlich. Dabei ist nicht - wie es das Landesarbeitsgericht unternommen hat - abstrakt auf die verschiedenen Arbeitsvertragsmodelle abzustellen und zu versuchen, deren unterschiedliche Arbeitsbedingungen irgendwie finanziell zu bewerten. Das ist objektiv nicht möglich, soweit - wie im Streitfall - die Nachteile der begünstigten Arbeitnehmer im Vergleichszeitraum variieren können, je nachdem, in welchem Umfang sie etwa zu Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit herangezogen wurden oder bei ihnen Entgeltfortzahlungstatbestände vorlagen. Ob die Differenzierung bei den streitgegenständlichen Entgelterhöhungen im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht war (zu diesem Postulat: BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 16 mwN), kann bei unterschiedlichen Arbeitsbedingungen aufgrund verschiedener Arbeitsvertragsmodelle zuverlässig nur am Maßstab des auf Gleichbehandlung klagenden Arbeitnehmers beurteilt werden. Soweit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14. März 2007 (- 5 AZR 420/06 - Rn. 28, BAGE 122, 1) ein anderer Vergleichsmaßstab entnommen werden kann, hält der Senat daran nicht fest.

28

3. Demzufolge muss - ähnlich wie beim Gesamtvergleich zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt im Bereich der Leiharbeit, in dem der Verleiher gesetzlich zur Gleichbehandlung verpflichtet ist - ein Gesamtvergleich der Entgelte angestellt werden. Dabei zählt zum Arbeitsentgelt jede Vergütung, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird bzw. aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Entgeltfortzahlungstatbestände gewährt werden muss (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 34. ff; 23. Oktober 2013 - 5 AZR 135/12 - Rn. 28). Gegenüberzustellen ist das Arbeitsentgelt, das der Kläger im maßgeblichen Zeitraum aufgrund der für ihn geltenden arbeitsvertraglichen Regelungen tatsächlich verdient hat und dasjenige Arbeitsentgelt, das er erhalten hätte, wenn er zu den Konditionen der begünstigten Arbeitnehmer gearbeitet hätte.

29

Dazu ist zunächst das Arbeitsentgelt zu ermitteln, das der Kläger ab dem - vom Landesarbeitsgericht bislang nicht exakt festgestellten - Zeitpunkt im Jahre 2006, an dem sich die Gruppe der Arbeitnehmer mit dem späteren Standardarbeitsvertag 2008 bei ansonsten unveränderten Arbeitsbedingungen mit einer Erhöhung der Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Wochenstunden ohne Lohnausgleich einverstanden erklärte, bis zum Ende des Streitzeitraums (hier: Dezember 2011) erhalten hat. Dem gegenübergestellt werden muss das Arbeitsentgelt, das der Kläger im genannten Zeitraum unter Zugrundelegung der für ihn weitergeltenden Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden, aber mit einem entsprechend der Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich verringerten faktischen Stundenlohn, erhalten hätte, wenn er ansonsten zu den für die Vergleichsgruppe geltenden Konditionen gearbeitet hätte. Ergibt sich dabei im Wege eines Gesamtsaldos ab einem bestimmten Zeitpunkt ein Plus, ist von da an eine Überkompensation anzunehmen: Der Kläger hätte mehr verdient, wenn er ins „schlechtere“ Arbeitsvertragsmodell gewechselt wäre. Freizeit ist dabei nicht zusätzlich zu bewerten, sie findet arbeitsrechtlich ihren Niederschlag in Höhe und Umfang der Hauptleistungspflichten einschließlich etwaiger Zuschläge.

30

4. Rechtsfolge einer Überkompensation ist, dass im Umfang der Überkompensation der sachliche Grund des Ausgleichs von Unterschieden nicht trägt (vgl. BAG 13. April 2010 - 10 AZR 88/10 - Rn. 23, BAGE 137, 339; 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 25). Für eine nach Eintritt der Überkompensation erfolgende - weitere - Entgelterhöhung fehlt deshalb der sachliche Grund von vornherein, für eine Entgelterhöhung vor Eintritt der Überkompensation entfällt der sachliche Grund ab diesem Zeitpunkt. Wäre zB im Streitfall eine Überkompensation ab 1. Januar 2011 anzunehmen, könnte der Kläger die zum 1. Juli 2011 erfolgte Entgelterhöhung beanspruchen. Die Entgelterhöhung zum 1. September 2010 stünde ihm in diesem Falle erst ab dem 1. Januar 2011 zu, weil bis dahin der sachliche Grund die Differenzierung gerechtfertigt hat.

31

5. Nach Maßgabe dieser Grundsätze wird das Landesarbeitsgericht im erneuten Berufungsverfahren prüfen müssen, ob und gegebenenfalls wann eine Überkompensation der Nachteile der begünstigten Arbeitnehmer eingetreten ist. Dabei gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Die Beklagte hat eine Gruppe von Arbeitnehmern von den streitgegenständlichen Entgelterhöhungen ausgenommen und muss deshalb die Gründe für die Differenzierung offenlegen und substantiiert dartun (vgl. im Einzelnen: BAG 23. Februar 2011 - 5 AZR 84/10 - Rn. 15 f.). Dem ist sie mit ihrem bisherigen Vorbringen nachgekommen. Nunmehr ist es Sache des sich auf eine Überkompensation berufenden Klägers, anhand eines ihn betreffenden Gesamtvergleichs im Einzelnen darzulegen (und im Streitfalle zu beweisen), dass die Beklagte unstreitig bestehende unterschiedliche Arbeitsbedingungen nicht nur ausgeglichen, sondern ab einem bestimmten Zeitpunkt überkompensiert hat. Dem genügt das Vorbringen des Klägers bislang nicht. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gebietet es aber, dem Kläger in einem erneuten Berufungsverfahren Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag zu geben.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Mandrossa     

        

    E. Bürger    

                 

Tenor

1. Auf die Anschlussrevision des Klägers wird unter Zurückweisung der Revision der Beklagten das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 6. Juli 2015 - 8 Sa 53/14 - aufgehoben, soweit die Leistungsanträge des Klägers abgewiesen wurden.

2. Insoweit wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten, Zeiten, die er für das An- und Ablegen persönlicher Schutzausrüstung (PSA) aufwendet, zu vergüten.

2

Die Beklagte, ein Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie, führt in ihrem Werk in H, in dem sie ca. 640 Mitarbeiter beschäftigt, Arbeiten im Bereich des Warm- und Kaltwalzens von Aluminium durch. Sie setzt den Kläger, dessen regelmäßige tägliche Sollarbeitszeit um 07:00 Uhr beginnt und um 14:30 Uhr endet, in der Abteilung Instandhaltung ein. Gemäß der seitens der Beklagten erlassenen Anweisung „Arbeitskleidung, … PSA für … Instandhaltung … in Abhängigkeit von Gefährdung und Tätigkeit“ ist der Kläger verpflichtet, PSA zu tragen, die neben Hose, Arbeitsjacke, Socken, Schuhen und Arbeitshandschuhen auch Schutzbrille, Helm und Gehörschutz umfasst. Um die PSA anzulegen, muss der Kläger nach Betreten des Betriebsgeländes zunächst zur Waschkaue gehen, die dort für ihn bereitliegende saubere PSA aus einem Wäschefach entnehmen, sich zu seinem Spind begeben, sich entkleiden und die PSA anlegen. Anschließend hat er seinen Arbeitsplatz aufzusuchen, der ohne PSA nicht betreten werden darf.

3

Mitarbeitern, die - anders als der Kläger - ihre Arbeit regelmäßig in privater Kleidung verrichten dürfen, vergütet die Beklagte die zum An- und Ablegen der PSA erforderliche Zeit sowie die damit zusammenhängenden innerbetrieblichen Wegezeiten als Arbeitszeit, wenn sie einen Arbeitsbereich aufsuchen, für den das Tragen von PSA vorgeschrieben ist.

4

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der am 1. Oktober 2008 in Kraft getretene Manteltarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie für das Tarifgebiet Hamburg und Umgebung, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern vom 3. Juli 2008 (MTV) Anwendung. Dieser enthält ua. folgende Regelungen:

        

§ 3   

        

Arbeitszeit

        

...     

        
        

6.    

Pausen, Umkleiden und Waschen

                 

Zeiten für Umkleiden und Waschen sowie Pausen sind keine Arbeitszeit, soweit nicht innerbetriebliche abweichende Regelungen getroffen werden.

        

...     

        
        

§ 6     

        

Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit

        

1.    

Mehrarbeit

                 

Mehrarbeit ist die angeordnete Überschreitung der individuellen regelmäßigen täglichen Arbeitszeit, die bis zum Arbeitsbeginn des darauffolgenden Tages abgefordert wird.

        

...     

        
        

§ 7     

        

Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit

        

1.    

Für Hamburg und Umgebung gilt:

        

1.1     

Höhe des Zuschlages

                 

Die Beschäftigten erhalten je Stunde für angeordnete

                 

a)    

Mehrarbeit

25 % Zuschlag

                 

...     

        

§ 11   

        

Arbeitsausfall, Arbeitsverhinderung, Arbeitsfreistellung

        

1.    

Bezahlte Arbeitszeit

                 

Bezahlt wird nur die Zeit, die der Beschäftigte im Rahmen der vereinbarten Arbeitszeit dem Betrieb arbeitsbereit zur Verfügung steht, soweit in diesem Tarifvertrag nichts anderes bestimmt ist.

        

…“    

        
5

Die Beklagte führt für den Kläger ein Arbeitszeitkonto auf der Grundlage der „Betriebsvereinbarung über Gleitende Arbeitszeit“ vom 7. September 2006. Darin heißt es auszugsweise:

        

„2.     

Gleitzeitregelungen

        

...     

        
        

2.2     

Die Erfassung der täglichen Kommt- und Geht-Zeiten erfolgt mittels eines elektronischen Zeiterfassungssystems. …

        

2.3     

Bei Beginn und Beendigung der täglichen Arbeitszeit ist an einem Zeiterfassungsterminal eine Kommt- bzw. Geht-Buchung vorzunehmen. Dies hat grundsätzlich an dem dem Arbeitsplatz nächstgelegenen Terminal zu erfolgen. Die sich aus der Differenz zwischen Kommt- und Geht-Zeit ergebende Anwesenheitszeit wird minutengenau erfasst.

        

...     

        
        

3.    

Abgrenzung zur Mehrarbeit

                 

Mehrarbeit (Überstunden) ist gegeben, soweit diese angeordnet und außerhalb der täglichen Kernarbeitszeit geleistet wird sowie die Dauer der täglichen Sollarbeitszeit überschritten ist.“

6

Der Kläger arbeitete in den Monaten September bis November 2013 insgesamt in 39 Schichten.

7

Er hat die Auffassung vertreten, sofern § 3 Ziff. 6 MTV nicht nur das An- und Ablegen von Privatkleidung unterfalle, liege ein Verstoß gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG vor. Schließlich sei die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung gehalten, Zeiten, die er für das An- und Ablegen von PSA aufwende, zu vergüten.

8

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihm 19,5 Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto gemäß der Betriebsvereinbarung über Gleitende Arbeitszeit vom 7. September 2006/Freizeitausgleichskonto gutzuschreiben;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 117,10 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2013 zu zahlen;

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm arbeitstäglich 30 Minuten für das An- und Ablegen von vorgeschriebener persönlicher Schutzausrüstung als Arbeitszeit zu vergüten und seinem Zeitkonto gutzuschreiben und für 30 Minuten arbeitstäglich Mehrarbeitszuschläge gemäß § 6 MTV der Metallindustrie Hamburg zu zahlen;

        

hilfsweise zum Antrag zu 3.

                 

festzustellen, dass er berechtigt ist, seine persönliche Schutzausrüstung nach dem Einstempeln zu Beginn der Schicht am Zeiterfassungsterminal anzulegen und vor dem Ausstempeln am Zeiterfassungsterminal abzulegen und dass die Beklagte verpflichtet ist, die mit Hilfe des Zeiterfassungsterminals erfassten Zeiten als Arbeitszeit gemäß MTV zu vergüten;

        

weiter hilfsweise

                 

festzustellen, dass die unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit erforderlichen Zeiten für das An- und Ablegen von vorgeschriebener persönlicher Schutzausrüstung einschließlich der innerbetrieblichen Wegezeiten von der Waschkaue zum Arbeitsbereich vergütungspflichtige Arbeitszeiten sind.

9

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, die Tarifvertragsparteien hätten in § 3 Ziff. 6 MTV sämtliche Umkleidezeiten vergütungsfrei gestellt. Das An- und Ablegen von PSA sei keine Maßnahme des Arbeitsschutzes iSd. § 3 Abs. 3 ArbSchG, sondern diene lediglich der Umsetzung ihrer - vorgelagerten - arbeitsschutzrechtlichen Entscheidung, das Tragen von PSA anzuordnen. Schließlich sei sie im Hinblick auf die Zulagen, auf die der Kläger nach § 13 des Entgeltrahmenabkommens (ERA) iVm. der einschlägigen Betriebsvereinbarung Anspruch habe, berechtigt, Zeiten, die Arbeitnehmer während der Schicht für das An- und Ablegen von PSA aufwendeten, anders zu vergüten als Zeiten, die auf das Umkleiden vor Schichtbeginn oder nach Schichtende entfielen.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht dem ersten Hilfsantrag stattgegeben und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger verfolgt mit seiner Anschlussrevision seine Klageanträge zu 1. und 2. weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Anschlussrevision des Klägers ist begründet und führt insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

12

A. Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Zwar ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, § 3 Ziff. 6 MTV verstoße gegen das gesetzliche Verbot des § 3 Abs. 3 ArbSchG, rechtsfehlerhaft. Die angefochtene Entscheidung erweist sich jedoch - soweit die Beklagte Revision eingelegt hat - aus anderen Gründen, nämlich unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Gleichbehandlung, als richtig (§ 561 ZPO).

13

I. Die Revision der Beklagten ist entgegen der Auffassung des Klägers zulässig. Die Revisionsbegründung genügt den gesetzlichen Anforderungen.

14

1. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss deshalb den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts in einer Weise verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt (vgl. BAG 9. August 2016 - 9 AZR 628/15 - Rn. 7).

15

2. An diesen Anforderungen gemessen ist die Revisionsbegründung der Beklagten nicht zu beanstanden.

16

Mit der tragenden Erwägung des Landesarbeitsgerichts, die tarifliche Regelung des § 3 Ziff. 6 MTV sei wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG unwirksam, hat sich die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung ausreichend auseinandergesetzt. Unschädlich ist deshalb, dass die Beklagte nicht dargelegt hat, weshalb ihrer Auffassung zufolge sowohl die tarifliche Regelung mit Art. 3 Abs. 1 GG als auch die tatsächliche Handhabung der Vergütung von Umkleidezeiten durch die Beklagte mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in Einklang stehen. Beide Gesichtspunkte waren für die angefochtene Entscheidung nicht erheblich. Das Landesarbeitsgericht ist einerseits davon ausgegangen, die Tarifbestimmung des § 3 Ziff. 6 MTV verstoße nicht gegen die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 GG. Es hat andererseits die Frage offengelassen, ob die betriebliche Praxis, der zufolge Arbeitnehmer, die während ihrer Schicht PSA an- und ablegen, die Umkleidezeiten ungeachtet der tariflichen Regelung vergütet erhalten, mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar ist.

17

II. In der Sache hat die Revision der Beklagten keinen Erfolg. Ungeachtet der rechtsfehlerhaften Annahme des Landesarbeitsgerichts, § 3 Ziff. 6 MTV sei wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG unwirksam und stehe deshalb einem tariflichen Vergütungsanspruch nicht entgegen, erweist sich die angefochtene Entscheidung - soweit die Beklagte Revision eingelegt hat - im Ergebnis als richtig(§ 561 ZPO). Denn die Beklagte ist aus Gründen der Gleichbehandlung verpflichtet, die Zeiten, die der Kläger für das An- und Ablegen der PSA benötigt, einschließlich der Wegezeiten zu vergüten.

18

1. Der erste hilfsweise zum Klageantrag zu 3. gestellte Antrag ist als sog. Elementenfeststellungsklage zulässig.

19

a) Dieser Feststellungsantrag ist dahin gehend zu verstehen, dass der Kläger - unabhängig von der örtlichen Lage des Zeiterfassungssystems auf dem Betriebsgelände - berechtigt ist, vor Schichtbeginn zunächst einzustempeln und danach die PSA anzulegen sowie nach Schichtende zunächst die PSA abzulegen und danach auszustempeln. Unter Berücksichtigung seines Rechtsschutzbegehrens, die Umkleidezeiten vergütet zu bekommen, ist der von ihm gestellte Antrag daher so zu verstehen, dass sich der Passus „am Zeiterfassungsterminal“ auf das Ein- und Ausstempeln und nicht auf das An- und Ablegen der PSA bezieht.

20

b) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn die Klagepartei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - Elementenfeststellungsklage - (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 874/12 - Rn. 13 f.). Ein Feststellungsinteresse ist in diesem Fall nur gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen. Es fehlt, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen wird, weil nur einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden (BAG 23. März 2016 - 5 AZR 758/13 - Rn. 16, BAGE 154, 337).

21

Im Hinblick auf den Hilfsantrag liegen diese Voraussetzungen vor. Die von dem Kläger begehrte Feststellung ist geeignet, weitere gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen den Parteien über die vergütungsrechtliche Bewertung von Umkleidezeiten auszuschließen.

22

2. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der erste Hilfsantrag zum Klageantrag zu 3. begründet ist. Allerdings ist die Begründung des Landesarbeitsgerichts rechtsfehlerhaft.

23

a) Zur Leistung der versprochenen Dienste, an welche die Vergütungspflicht nach § 611 Abs. 1 BGB anknüpft, zählt nicht nur die eigentliche Arbeitsleistung, sondernwie im Streitfall - grundsätzlich auch das vom Arbeitgeber angeordnete Umkleiden im Betrieb. In einem solchen Falle macht der Arbeitgeber mit seiner Weisung das Umkleiden und das Zurücklegen des Wegs von der Umkleide- zur Arbeitsstelle zur arbeitsvertraglichen Verpflichtung (vgl. BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 28, BAGE 143, 107).

24

b) Die rechtliche Bewertung der Umkleidezeiten als Teil der vom Kläger geschuldeten Arbeitsleistung rechtfertigt jedoch nicht den Schluss, die Beklagte sei zur Vergütung dieser Zeiten verpflichtet. Die Bestimmungen des MTV schließen einen solchen Vergütungsanspruch aus.

25

aa) § 3 Ziff. 6 MTV bestimmt, dass „Zeiten für Umkleiden und Waschen“ nicht zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zählen. Die Tarifregelung ist ein Unterfall des in § 11 Ziff. 1 MTV tarifierten Grundsatzes, dem zufolge der Arbeitgeber grundsätzlich nur die Zeit, in der der Beschäftigte dem Betrieb arbeitsbereit zur Verfügung steht, zu vergüten hat. Dabei nimmt § 3 Ziff. 6 MTV sämtliche Umkleidezeiten von der Vergütungspflicht aus und nicht - wie der Kläger meint - lediglich die Zeiten, die für das An- und Ablegen der Privatkleidung aufgewendet werden. Für eine derart einschränkende Auslegung des Begriffs „Umkleiden“ enthält die Tarifnorm keinerlei Anhaltspunkte (zu den für Tarifverträge geltenden Auslegungsgrundsätzen vgl. BAG 22. April 2010 - 6 AZR 962/08 - Rn. 17 mwN, BAGE 134, 184).

26

bb) Die Tarifregelung des § 3 Ziff. 6 MTV ist wirksam (so bereits BAG 25. September 2013 - 10 AZR 258/12 - Rn. 14).

27

(1) Die Tarifvertragsparteien sind berechtigt, die Höhe des Arbeitsentgelts zu tarifieren und hierbei eine unterschiedliche Vergütung von Arbeitszeiten vorzusehen (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 30; 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 29, BAGE 143, 107). Diese in der grundrechtlich geschützten Tarifautonomie wurzelnde Rechtsmacht umfasst die grundsätzliche Befugnis, bestimmte Teile der Arbeitszeit - wie in § 3 Ziff. 6 MTV für die Umkleidezeiten geschehen - von der andererseits bestehenden Vergütungspflicht des Arbeitgebers auszunehmen (vgl. Franzen NZA 2016, 136, 138; Gaul/Hofelich NZA 2016, 149, 151).

28

(2) § 3 Ziff. 6 MTV ist entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG unwirksam.

29

(a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Maßnahmen des Arbeitsschutzes sind gemäß § 2 Abs. 1 ArbSchG Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit. Gemäß § 3 Abs. 3 ArbSchG darf der Arbeitgeber Kosten für Maßnahmen nach dem ArbSchG nicht den Beschäftigten auferlegen.

30

(b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 ArbSchG liegen im Streitfall nicht vor. Zugunsten des Klägers unterstellt, bei dem An- und Ablegen der PSA handele es sich um eine Maßnahme des Arbeitsschutzes, werden den Arbeitnehmern hierdurch keine Kosten auferlegt. Das arbeitsschutzrechtliche Verbot des § 3 Abs. 3 ArbSchG erfasst nicht zeitliche Dispositionen des Arbeitnehmers(Löwisch/Neumann SAE 1997, 77, 85 f.; vgl. auch Gaul/Hofelich NZA 2016, 149, 151; aA Wiebauer in Landmann/Rohmer GewO Stand August 2016 Bd. II § 3 ArbSchG Rn. 71; Kohte AuR 2016, 404, 406). Die in § 3 Ziff. 6 MTV genannten Umkleidezeiten führen nicht zu „Kosten“, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auferlegt. „Auferlegen“ kann der Arbeitgeber nur Kosten, die zuvor entstanden sind. Dementsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung, dass Kosten für Arbeitsschutzmaßnahmen beim Arbeitgeber „verbleiben“ (BT-Drs. 13/3540 S. 16) sollen. Ein „Verbleiben“ der Kosten ist nur möglich, wenn diese vorher bei demjenigen, bei dem sie verbleiben, also beim Arbeitgeber, entstanden sind. Dies ist bei Zeiten, die der Arbeitnehmer zum Umkleiden aufwendet, nicht der Fall.

31

3. Die angefochtene Entscheidung erweist sich jedoch - soweit die Beklagte Revision eingelegt hat - aus anderen Gründen, nämlich unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Gleichbehandlung, als richtig (§ 561 ZPO). Indem die Beklagte Arbeitnehmern, die sich während einer Schicht umkleiden, nicht aber Arbeitnehmern, die sich vor Antritt oder nach Beendigung der Schicht umkleiden, die Umkleidezeiten vergütet, verstößt sie gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dies hat zur Folge, dass der Kläger einen Anspruch auf Vergütung sowohl für die Zeiten hat, die er für das An- und Ablegen der PSA aufwendet, als auch für die hiermit im Zusammenhang stehenden Wegezeiten.

32

a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleichzubehandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird inhaltlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestimmt. Bei freiwilligen Leistungen muss der Arbeitgeber die Leistungsvoraussetzungen so abgrenzen, dass Arbeitnehmer nicht aus sachfremden oder willkürlichen Gründen ausgeschlossen werden (BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 134, 223). Die vom Arbeitgeber selbst geschaffene Gruppenbildung muss gemessen am Zweck der Leistung sachlich gerechtfertigt sein. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Differenzierungsgründe unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Leistung auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und nicht gegen verfassungsrechtliche Wertentscheidungen oder gesetzliche Verbote verstoßen (vgl. BAG 21. Mai 2014 - 4 AZR 50/13 - Rn. 22 mwN, BAGE 148, 139).

33

b) Mit der unterschiedlichen vergütungsrechtlichen Behandlung von Umkleidezeiten hat die Beklagte eine vom Einzelfall losgelöste eigene Regelung geschaffen, die am arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen ist.

34

aa) Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Gleichbehandlung seiner Arbeitnehmer knüpft nicht unmittelbar an die Leistung selbst an, sondern vielmehr an das von ihm zugrunde gelegte, selbstbestimmte generalisierende Prinzip. Es handelt sich dabei um eine privatautonome Verteilungsentscheidung, die ihren Ausdruck in einer vom Arbeitgeber freiwillig gesetzten Anspruchsgrundlage für die jeweilige Leistung findet. Der Leistung selbst geht jeweils die Schaffung eines eigenen Regelwerks durch eigenes gestaltendes Verhalten (vgl. BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 76) voraus, in der das generalisierende Prinzip festgelegt wird. Denn der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet nur die Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer aus sachfremden Gründen gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage. Er steht nicht der Begünstigung einzelner Arbeitnehmer entgegen (vgl. BAG 13. Februar 2002 - 5 AZR 713/00 - zu II 1 der Gründe mwN). Erfolgt die Begünstigung unabhängig von abstrakten Merkmalen in Einzelfällen, können sich andere Arbeitnehmer zur Begründung gleichartiger Ansprüche hierauf nicht berufen (BAG 12. August 2014 - 3 AZR 764/12 - Rn. 23). Bei bloßem - auch vermeintlichem - Normvollzug fehlt es an einer eigenen Verteilungsentscheidung des Arbeitgebers. In diesem Fall stellt er subjektiv keine eigenen Anspruchsvoraussetzungen auf, sondern sieht sich wenn auch irrtümlicherweise - verpflichtet, eine aus seiner Sicht wirksame Regelung vollziehen zu müssen (vgl. BAG 21. Mai 2014 - 4 AZR 120/13 - Rn. 20).

35

bb) Indem die Beklagte Umkleide- und Wegezeiten, die während der Schicht anfallen, vergütet, erbringt sie gegenüber ihren Arbeitnehmern eine über den Einzelfall hinausgehende freiwillige Leistung, zu der sie sich nicht als verpflichtet ansieht.

36

(1) Die Vergütung von Zeiten, die Arbeitnehmer während der Schicht zum An- und Ablegen von PSA aufwenden, ist eine Leistung, auf die kein tariflicher Anspruch besteht. Die Regelung des § 3 Ziff. 6 MTV nimmt ihrem einschränkungslosen Wortlaut zufolge nicht nur Umkleidezeiten, die vor und nach der Schicht anfallen, sondern jegliche Umkleidezeiten, also auch solche während einer Schicht, von der Vergütungspflicht aus.

37

(2) Ein Fall des irrtümlichen Normvollzugs liegt nicht vor. Die Beklagte geht selbst davon aus, Arbeitnehmern stehe unabhängig von dem Zeitpunkt des Umkleidens ein Anspruch auf Vergütung der Umkleidezeiten nicht zu.

38

(3) Ausweislich der tatbestandlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die für den Senat bindend sind (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO), zahlt die Beklagte nicht in Ansehung von Einzelfällen, sondern nach abstrakten Merkmalen an alle Arbeitnehmer Vergütung für Umkleidezeiten im Zeitraum zwischen Schichtbeginn und Schichtende.

39

c) Die von der Beklagten gebildeten Gruppen sind miteinander vergleichbar. Die Beklagte unterscheidet zwischen Arbeitnehmern, die sich während der Schicht umkleiden, und Arbeitnehmern, die die PSA außerhalb der Schicht an- und ablegen. Die Arbeitnehmer beider Gruppen befinden sich in einer vergleichbaren Situation, da sie aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen gleichermaßen verpflichtet sind, bestimmte Arbeitsplätze nur mit PSA zu betreten.

40

d) Die hierin liegende Ungleichbehandlung ist nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Es gelten die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast. Nimmt ein Arbeitgeber eine Gruppe von Arbeitnehmern von bestimmten Leistungen aus, obliegt es ihm, die Gründe für die Differenzierung offenzulegen und substanziiert darzutun (vgl. BAG 3. September 2014 - 5 AZR 6/13 - Rn. 31, BAGE 149, 69). Die Beklagte ist ihrer diesbezüglichen Darlegungslast nicht nachgekommen.

41

aa) Soweit die Beklagte geltend macht, Arbeitnehmer, die ihre Tätigkeit dauerhaft in PSA erbringen, hätten anders als die von ihr begünstigen Arbeitnehmer regelmäßig Anspruch auf Zulagen nach § 13 ERA, übersieht sie, dass zwischen den in § 13 ERA geregelten Zulagentatbeständen und den Umkleidezeiten kein sachlicher Zusammenhang besteht. Die Zulagen nach § 13 ERA iVm. der im Betrieb der Beklagten geltenden Betriebsvereinbarung sollen die „Belastungen der Muskeln“, die „Belastungen der Sinne und Nerven“ und die „Belastungen aus Umgebungseinflüssen“ ausgleichen, nicht aber einen auf das An- und Ablegen von PSA zurückzuführenden zeitlichen Mehraufwand kompensieren.

42

bb) Soweit die Beklagte darauf hinweist, Arbeitnehmer, die sich während der Schicht umkleiden, müssten sonst - anders als Arbeitnehmer, die ihre PSA vor und nach der Schicht an- und ablegen - während der Schicht am Zeiterfassungsterminal aus- und einstempeln, lässt sie offen, aus welchen Gründen hiermit ein organisatorisches Problem oder eine erhebliche Belastung der betroffenen Arbeitnehmer einhergehen soll.

43

e) Aufgrund des Verstoßes der Beklagten gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz hat der Kläger Anspruch auf die ihm vorenthaltene Leistung (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 134, 223), im Streitfall auf die Vergütung der Zeiten, die er zum An- und Ablegen der PSA aufwendet, sowie der Wegezeiten, die mit dem Umkleiden im Zusammenhang stehen.

44

B. Die zulässige Anschlussrevision des Klägers ist begründet. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

45

I. Die Anschlussrevision ist zulässig.

46

1. Mit seiner Anschlussrevision verfolgt der Kläger seine ursprünglichen Leistungsanträge zu 1. und 2. weiter, die beide in einem unmittelbaren rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Streitgegenstand der Revision, der Vergütung von Umkleidezeiten, stehen (vgl. hierzu BAG 20. Mai 2009 - 5 AZR 312/08 - Rn. 25).

47

2. Entgegen der Auffassung der Beklagten genügt die Begründung der Anschlussrevision den gesetzlichen Anforderungen.

48

a) Zur ordnungsgemäßen Begründung der Anschlussrevision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 554 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Verfahrensrügen müssen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Revision stützen will. Hierzu hat sich der Revisionskläger mit den Urteilsgründen des angefochtenen Urteils auseinanderzusetzen (vgl. BAG 9. August 2016 - 9 AZR 628/15 - Rn. 7). Darüber hinaus obliegt es dem Revisionskläger, die Kausalität zwischen dem behaupteten Verfahrensmangel und dem Ergebnis des Berufungsurteils aufzuzeigen (vgl. BAG 16. September 2004 - 2 AZR 447/03 - zu B V 1 b bb der Gründe mwN).

49

b) An diesem Maßstab gemessen hat der Kläger die Anschlussrevision ausreichend begründet. Unter Berufung auf § 287 ZPO hat der Kläger dargelegt, er habe in ausreichendem Umfang Anknüpfungstatsachen vorgetragen, die das Landesarbeitsgericht zum Anlass hätte nehmen müssen, den Umfang der zwischen den Parteien streitigen Umkleidezeiten zu schätzen.

50

II. Die Anschlussrevision ist begründet. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts hinsichtlich der Leistungsanträge nicht zurückweisen. Auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann der Senat allerdings nicht abschließend entscheiden, in welchem Umfang Umkleide- und Wegezeiten, die der Kläger im Zeitraum vom 1. September bis zum 30. November 2013 für das An- und Ablegen der PSA aufgewandt hat, dem Arbeitszeitkonto des Klägers gutzuschreiben sind (Klageantrag zu 1.) und für welche dieser Zeiten Mehrarbeitszuschläge zu zahlen sind (Klageantrag zu 2.). Diese Zeiten wird das Landesarbeitsgericht gemäß § 287 ZPO zu schätzen haben. Die Sache war insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

51

1. Mit dem Klageantrag zu 1. begehrt der Kläger die Gutschrift von Überstunden auf dem Arbeitszeitkonto, das die Beklagte für ihn führt.

52

a) Rechtsfehlerhaft ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, es sei nicht nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO gehalten, die Umkleide- und Wegezeiten auf der Grundlage des vom Kläger geleisteten Tatsachenvortrags zu schätzen.

53

aa) Verlangt der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber Vergütung für Überstunden, obliegt es ihm, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11 - Rn. 27, BAGE 141, 330) und dass die von ihm geleisteten Überstunden angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit erforderlich waren (vgl. BAG 10. April 2013 - 5 AZR 122/12 - Rn. 15). Steht fest, dass Überstunden auf Veranlassung des Arbeitgebers geleistet worden sind, kann aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- oder Beweislast für einzelne Überstunden nicht in jeder Hinsicht genügen, hat das Gericht den Umfang geleisteter Überstunden nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO zu schätzen, sofern die Schätzung nicht mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte willkürlich wäre (vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 18, 20, BAGE 151, 180). Voraussetzung für eine Schätzung ist demnach lediglich, dass die klagende Partei dem Gericht eine tatsächliche Grundlage für die Schätzung geliefert und sich in einem den Umständen nach zumutbaren Maß um eine Substanziierung bemüht hat (vgl. BAG 16. September 2004 - 2 AZR 447/03 - zu B V 2 b aa der Gründe).

54

bb) Die Voraussetzungen für eine Schätzung des Umfangs der dem Arbeitszeitkonto gutzuschreibenden Umkleide- und Wegezeiten liegen im Streitfall vor. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger die PSA arbeitstäglich vor Beginn der Schicht angelegt und nach Schichtende wieder abgelegt sowie die damit verbundenen innerbetrieblichen Wege zurückgelegt hat. Im Streit steht nur die Frage, in welchem genauen zeitlichen Umfang dies geschah. Das diesbezügliche Vorbringen der Parteien deckt sich teilweise, im Übrigen weicht es zumeist nur geringfügig - voneinander ab. Die vollständige Aufklärung aller maßgeblichen Umstände wäre mit Schwierigkeiten verbunden, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen. Der Kläger hat den arbeitstäglichen Ablauf unter Angabe der für die einzelnen Tätigkeiten benötigten Zeit schriftsätzlich dargelegt und mit einer Fotodokumentation erläutert. Hieraus ergeben sich ausreichende Anknüpfungstatsachen, um eine Schätzung vornehmen zu können.

55

b) Weder erweist sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich der Leistungsanträge aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO) noch ist die Sache insoweit zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die erforderliche Schätzung, in welchem Umfang im streitgegenständlichen Zeitraum Umkleide- und Wegezeiten angefallen sind, fällt nicht in die Zuständigkeit des Senats, sondern ist dem Landesarbeitsgericht als Tatsachengericht vorbehalten (vgl. BAG 16. Januar 2013 - 10 AZR 560/11 - Rn. 23).

56

2. Mit dem Klageantrag zu 2. verlangt der Kläger von der Beklagten die Zahlung von Zuschlägen für Mehrarbeit iSv. § 6 Ziff. 1, § 7 Ziff. 1.1 Buchst. a MTV. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die vom Kläger behaupteten Überstunden nicht schätzen zu müssen, ist aus den unter B II 1 a genannten Gründen rechtsfehlerhaft. Das Landesarbeitsgericht wird diese Schätzung nachzuholen haben.

        

   Brühler    

        

   Krasshöfer   

        

   Suckow   

        

        

        

   Spiekermann   

        

    Merte    

                 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 31. Januar 2012 - 8 TaBV 53/11 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung des bei der Arbeitgeberin (Antragstellerin) bestehenden Betriebsrats (Beteiligter zu 2.) zur Umgruppierung der Arbeitnehmerin S.

2

Die Arbeitgeberin, eine Bank, betreibt ua. den Betrieb Essen/Ruhrgebiet, in dem etwa 120 Arbeitnehmer in acht Filialen beschäftigt sind. Sie ist an den Manteltarifvertrag für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken (idF vom Juni 2010, nachfolgend MTV) gebunden und wendet diesen auf alle mit ihr bestehenden Arbeitsverhältnisse an. Die Arbeitgeberin beabsichtigte, die bisher bei ihr als „Assistenz Private & Business Banking“ tätige, ausgebildete Bankkauffrau S ab dem 1. Juli 2010 als Sekretärin der Regionalfilialleitung D zu beschäftigen. Der Regionalfilialleitung übergeordnet sind die Gebietsfilialleitung, der Regional- bzw. Bereichsvorstand und der Vorstand.

3

Das von der Arbeitgeberin gefertigte Stellenprofil hat ua. folgenden Inhalt:

        

„Unterstützung der Regionalfilialleitung D und Vertriebsmitarbeiter/inn/en der Region

        

…       

        

●       

Allgemeine Sekretariatsaufgaben (z.B. Postbearbeitung, Termin-Management, Organisation von Telefon- und Videokonferenzen, Dienstreiseorganisation, Materialverwaltung, Reisekostenabrechnung, Raumkoordination etc.)

        

●       

Erstellung von Präsentationsunterlagen

        

●       

Organisation von Sitzungen (Terminplanung, Agenda, Sitzungsunterlagen, Aufbereitung Protokolle)

        

●       

Unterstützung bei der Personalverwaltung (Korrespondenz, Erstellen von Aktenvermerken, Kommunikation mit HR-Direct, Auszubildende)

        

●       

Hilfestellung bei der Eingliederung neuer Mitarbeiter im technischen Bereich (z.B. Telefonanlage, Outlook usw.)

        

●       

Administrative Aufgaben - auch in vertraulichen Zusammenhängen allgemein (z.B. Stellenausschreibungen, Krank- und Urlaubsmeldungen, Ablage und Archivierung, Filialmeldungen, usw.)

        

●       

Unterstützung der RFL bei der Koordination und technischen Abwicklung des Beschwerdemanagements ohne Entscheidungsbefugnis

        

●       

Vorbereiten von Leistungs- und Zielerreichungsbögen

        

●       

Einblick in ComMap-Planstellenverzeichnisse, Geburtstagslisten, Resturlaubslisten, Gehalts- und Titelauswertungen, Kreditkompetenzen, usw. zur Ausübung Ihrer Unterstützungs-Tätigkeiten“

4

Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts übt die Arbeitnehmerin S die in der Stellenbeschreibung aufgeführten allgemeinen Sekretariats- und Unterstützungstätigkeiten für den Regionalfilialleiter sowie für die Personalverwaltung aus. In diesem Zusammenhang erlangt sie ua. Kenntnis des Inhalts von „Krankmeldungen“, von Abmahnungen und beabsichtigten Kündigungen einzelner Arbeitnehmer. Jedenfalls in der Vergangenheit hatte sie Einblick in weitere Personalunterlagen wie Leistungsbeurteilungen und Zielvereinbarungen sowie in „vertrauliche e-Mails“ der Personalverwaltung an den Regionalfilialleiter.

5

Im Betrieb Essen/Ruhrgebiet sind weitere elf Arbeitnehmer als Sekretärinnen oder Sekretäre einer Regionalfilialleitung beschäftigt, die nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts „die gleichen Aufgaben wie Frau S erledigen“. Neun davon werden nach der Tarifgruppe 7 MTV, ein Sekretär nach der Tarifgruppe 8 MTV und eine weitere Sekretärin nach der Tarifgruppe 9 MTV vergütet.

6

Mit Schreiben vom 12. Januar 2011 ersuchte die Arbeitgeberin den Betriebsrat um Zustimmung zur Umgruppierung der Arbeitnehmerin S in die Tarifgruppe 6, 11. Berufsjahr MTV, die der Betriebsrat am 18. Januar 2011 verweigerte, weil er die Tarifgruppe 7 MTV für zutreffend hielt und eine Vergütung nach der Tarifgruppe 6 MTV zudem gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße.

7

Mit dem von der Arbeitgeberin eingeleiteten Verfahren begehrt sie die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur vorgesehenen Umgruppierung der Arbeitnehmerin S in die Tarifgruppe 6, 11. Berufsjahr MTV. Sie hat die Auffassung vertreten, die Arbeitnehmerin S übe Tätigkeiten aus, die das tarifliche Tätigkeitsbeispiel „Sekretärin mit erhöhten Anforderungen“ iSd. Tarifgruppe 6 MTV erfüllten. Prägend für ihre Arbeit seien allgemeine Sekretariats- und Organisationsaufgaben, die nicht überwiegend eigene Entscheidungen erforderten, sowie die Unterstützung der Personalverwaltung bei administrativen Aufgaben. Die Organisation von Sitzungen und die Unterstützung der Personalverwaltung gehörten zu den „häufigen“ Aufgaben; „regelmäßig“ seien Präsentationsunterlagen zu erstellen und Einblicke in Verzeichnisse zu nehmen. Bei Bedarf gebe sie Hilfestellung bei der Eingliederung neuer Mitarbeiter im technischen Bereich und bereite Leistungs- sowie Zielerreichungsbögen vor. Die Arbeitnehmerin S habe aber keine „besondere Vertrauensstellung“ inne und übernehme auch keine Führungsverantwortung. Auch die gelegentliche Kenntnisnahme von vertraulichen Vorgängen begründe keine besondere Vertrauensstellung. Der vom Betriebsrat gerügte Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz unter Hinweis auf die Vergütung anderer Sekretärinnen liege nicht vor. Die Arbeitgeberin habe sich entschieden, die tarifvertragliche Vergütungsordnung zukünftig zutreffend anzuwenden. Nur soweit in der Vergangenheit diesem Arbeitnehmerkreis eine Vergütung nach der Tarifgruppe 7 MTV geleistet worden sei, blieben Besitzstände aus sozialen Gründen gewahrt.

8

Die Arbeitgeberin hat zuletzt beantragt,

        

die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zu der beabsichtigten Umgruppierung der Mitarbeiterin S in die Vergütungsgruppe 6, 11. Berufsjahr, des Manteltarifvertrags für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken in der Fassung vom Juni 2010 zu ersetzen.

9

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Arbeitnehmerin S sei nach der Tarifgruppe 7 MTV zu vergüten. Ihre Tätigkeit erfülle das Tätigkeitsbeispiel „Sekretärinnen in besonderer Vertrauensstellung“, da sie schwerpunktmäßig das Büro des Regionalfilialleiters organisiere, stellvertretend für ihn die Korrespondenz mit den angeschlossenen Filialen führe und „federführend“ in alle Personalmaßnahmen mit eingebunden sei. Die Tätigkeit für den Regionalfilialleiter führe notwendigerweise zur Kenntnis von vertraulichen personenbezogenen Daten.

10

Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin hat das Landesarbeitsgericht die Zustimmung des Betriebsrats ersetzt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt der Betriebsrat die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

11

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts konnte dem zulässigen Antrag der Arbeitgeberin nicht stattgegeben werden. Ob der Betriebsrat seine Zustimmungsverweigerung zu Unrecht auf die von ihm genannten Gründe gestützt hat und deshalb dem Zustimmungsersetzungsantrag stattzugeben ist, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Das führt zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG iVm. § 562 Abs. 1 ZPO)und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG iVm. § 563 Abs. 1 ZPO).

12

I. Der Antrag der Arbeitgeberin ist auch hinsichtlich der begehrten Zustimmungsersetzung für das Berufsjahr der Arbeitnehmerin zulässig.

13

1. Die Reichweite des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 99 BetrVG erfasst als ein einheitliches Verfahren eine Ein- oder Umgruppierung in allen ihren Teilen. Dementsprechend umfasst das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auch die zutreffende Beschäftigungszeit einer bestimmten Vergütungsgruppe, wenn sich daraus ein unterschiedliches Entgelt ergibt (ausf. BAG 19. Oktober 2011 - 4 ABR 119/09 - Rn. 20 mwN).

14

2. Nach diesen Grundsätzen bezieht sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats neben der zutreffenden Tarifgruppe auch auf die „Einstufung in die Berufsjahre“ gemäß § 8 MTV. Das Mindestgehalt der Arbeitnehmerin bestimmt sich neben den Tarifgruppen iSd. § 7 MTV gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 MTV zusätzlich nach den Berufsjahren. Dem entspricht § 2 Buchst. b des einschlägigen Gehaltstarifvertrags (idF vom 1. Mai 2010), der die Mindestmonatsgehaltssätze für die einzelnen Tarifgruppen nach den Berufsjahren festlegt.

15

II. Ob der Antrag der Arbeitgeberin begründet ist, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zwar nicht schon wegen einer Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zurückzuweisen (unter B II 1). Es steht aber noch nicht fest, ob der Betriebsrat seine Zustimmung gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG wegen eines Verstoßes gegen eine tarifliche Bestimmung verweigern konnte, weil die Tätigkeit der Arbeitnehmerin S die Anforderungen der Tarifgruppe 7 MTV erfüllt(unter B II 2).

16

1. Der Antrag der Arbeitgeberin ist nicht wegen eines Verstoßes gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zurückzuweisen. Das hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt.

17

a) Eine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes kommt grundsätzlich als ein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG in Betracht(vgl. BAG 20. September 2006 - 10 ABR 57/05 - Rn. 36 mwN ).

18

b) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung. Der Grundsatz greift jedoch nur bei einem gestaltenden Verhalten des Arbeitgebers ein, nicht bei einem bloßen - auch vermeintlichen - Normenvollzug. Deshalb gibt es keinen Anspruch auf „Gleichbehandlung im Irrtum“ (ausf. BAG 27. August 2008 - 4 AZR 484/07 - Rn. 40 mwN, BAGE 127, 305).

19

c) Nach diesen Maßstäben ist ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht ersichtlich.

20

aa) Der Betriebsrat behauptet selbst nicht, die Arbeitgeberin leiste bei den anderen Sekretärinnen, die für einen Regionalfilialleiter tätig sind und nach der Tarifgruppe 7 MTV vergütet werden, bewusst und unter Verzicht auf die tariflichen Anforderungen ein übertarifliches Gehalt. Es fehlt daher für die Vergangenheit an einer gestaltenden Entscheidung der Arbeitgeberin, die Grundlage für die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes sein könnte (zu diesem Erfordernis vgl. auch BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 596/09 - Rn. 31 mwN, BAGE 138, 253).

21

bb) Soweit die Arbeitgeberin entschieden hat, diesem Personenkreis weiterhin eine Vergütung nach der Tarifgruppe 7 MTV zu gewähren und aus sozialen Gründen von einer korrigierenden Rückgruppierung abzusehen, liegt darin im Entscheidungsfall kein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Arbeitgeberin leistet ein Gehalt nach der Tarifgruppe 7 MTV den betreffenden Arbeitnehmern nur, wenn sie bereits in der Vergangenheit in dieser Position entsprechend vergütet wurden und diese Tätigkeit weiterhin ausüben. Arbeitnehmern, denen nunmehr eine entsprechende Tätigkeit übertragen wird, sollen künftig die nach Auffassung der Arbeitgeberin zutreffende tarifliche Vergütung (Tarifgruppe 6 MTV) erhalten. Die Begünstigung der erstgenannten Arbeitnehmergruppe erfolgt damit zur Wahrung sozialer Besitzstände und stellt sich deshalb nicht als Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz dar (so auch BAG 2. August 2006 - 10 AZR 572/05 - Rn. 36). Ebenso ist die damit in der Sache geschaffene Stichtagsregelung - „zukünftig“ - sachlich nicht zu beanstanden (zu den Maßstäben BAG 16. Juni 2010 - 4 AZR 928/08 - Rn. 39 mwN).

22

2. Dem Antrag der Arbeitgeberin auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats konnte mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts nicht stattgegeben werden. Ob die Tätigkeit der Arbeitnehmerin S das Tätigkeitsbeispiel der Tarifgruppe 7 MTV - „Sekretärinnen in besonderer Vertrauensstellung“ - erfüllt und der Betriebsrat deshalb seine Zustimmung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG zu Recht verweigern konnte, kann der Senat nicht abschließend entscheiden.

23

a) Der für die Umgruppierung der Arbeitnehmerin nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten einschlägige MTV enthält ua. folgende Bestimmungen:

        

III. 

Arbeitsentgelt

        

§ 6     

Tarifgruppen

        

Für die Feststellung der tariflichen Mindestgehälter gelten folgende Tarifgruppen:

        

…       

        

Tarifgruppe 5

        

Tätigkeiten, die gründliche oder vielseitige Kenntnisse erfordern, wie sie in der Regel auf dem in Gruppe 4 angegebenen Wege - ergänzt durch weitere Berufserfahrung, Berufsfortbildung oder die Aneignung zusätzlicher Kenntnisse im jeweiligen Sachgebiet - erworben werden, z. B.:

        

-       

Kontoführer/Disponenten mit schwierigeren Arbeiten oder mit beratender Tätigkeit

        
        

-       

Schalterangestellte mit beratender Tätigkeit

        
        

-       

Kassierer

        
        

…       

                 
        

-       

Stenotypistinnen mit erhöhten Anforderungen

                 
        

-       

Fremdsprachen-Stenotypistinnen

                 
        

-       

Fernschreiberinnen mit besonderen Anforderungen

                 
        

-       

Sekretärinnen

                 
        

…       

                          
        

Tarifgruppe 6

        

Tätigkeiten, die vertiefte gründliche und/oder vielseitige Kenntnisse voraussetzen und deren Ausführung in begrenztem Umfang eigene Entscheidungen erfordern, z. B.:

        

-       

Schalterangestellte/Kontoführer/Disponenten mit abschließender Beratung für bestimmte Sparten wie programmierte Kredite bzw. Dienstleistungen

        
        

-       

Kassierer mit erhöhten Anforderungen

        
        

…       

                 
        

-       

Sachbearbeiter in Kredit-, Wertpapier-, Auslands- und Stabsabteilungen

        
        

…       

                 
        

-       

Fremdsprachen-Stenotypistinnen mit erhöhten Anforderungen

        
        

-       

Sekretärinnen mit erhöhten Anforderungen

        
        

…       

                 
        

Tarifgruppe 7

        

Tätigkeiten, die umfassende Kenntnisse voraussetzen und deren Ausführung überwiegend eigene Entscheidungen und ein entsprechendes Maß an Verantwortung erfordern, z. B.:

        

-       

Kundenberater

        
        

…       

                 
        

-       

Kassierer mit besonderen Anforderungen (wie Gelddisposition für angeschlossene Stellen, Fremdsprachen)

        
        

-       

Sekretärinnen in besonderer Vertrauensstellung

        
        

…       

                 
        

Tarifgruppe 8

        

Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das fachliche Können stellen und/oder mit erhöhter Verantwortung verbunden sind, z. B.:

        

…       

                          
        

-       

Sekretärinnen der Geschäftsleitung großer Banken

                 
        

…       

                          
        

§ 7     

Eingruppierung in die Tarifgruppen

        

1.    

Die Arbeitnehmer werden nach der von ihnen ausgeübten Tätigkeit in die Tarifgruppen eingruppiert. …

        
        

2.    

Arbeitnehmer, deren Tätigkeit als Beispiel in einer Tarifgruppe aufgeführt ist, sind in diese Tarifgruppe einzugruppieren.

        
        

3.    

Arbeitnehmer mit einem Arbeitsgebiet, das Tätigkeiten verschiedener Tarifgruppen umfasst, sind nach der von ihnen überwiegend ausgeübten Tätigkeit oder, wenn eine andere Tätigkeit der Gesamttätigkeit das Gepräge gibt, nach dieser einzugruppieren.

        
        

…“    

24

b) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Betriebsrat habe seine Zustimmung zu Unrecht verweigert, weil eine „besondere Vertrauensstellung“ der Arbeitnehmerin S iSd. Tätigkeitsbeispiels der Tarifgruppe 7 MTV nicht gegeben sei. Das tarifliche Tätigkeitsbeispiel sei nicht schon erfüllt, wenn einer Sekretärin vertrauliche Daten bekannt seien, sondern erst, wenn der Umgang mit derartigen Daten ihrer Tätigkeit das Gepräge gebe. Letzteres könne allerdings auch dann der Fall sein, wenn es sich nur um wenige, dafür aber umso vertraulichere Daten handele, zu denen nur ein kleiner Kreis von Beschäftigten auf Unternehmensebene Zugang besitze. Zudem müsse, wie die Eingruppierung von „Sekretärinnen der Geschäftsleitung großer Banken“ zeige, eine Sekretärin „in besonderer Vertrauensstellung“ einer höheren Hierarchieebene angehören. Selbst wenn man zugunsten des Betriebsrats die „Kenntnis von einer Reihe vertraulicher Personaldaten“ unterstelle, beträfen diese „nicht mehr als 120 Mitarbeiter in 8 der Regionalfiliale angeschlossenen Filialen“. Dies stelle nur einen sehr kleinen „Ausschnitt der Gesamtbelegschaft der Arbeitgeberin“ dar. Zudem bleibe der „Grad der Kenntnis vertraulicher Gegenstände“ hinter demjenigen des Regionalfilialleiters zurück. Gegen eine Vergütung nach der Tarifgruppe 7 MTV spreche weiterhin, dass eine Berufsanfängerin als Sekretärin der Regionalfilialleitung eingestellt worden sei, bei der „nicht ersichtlich [sei], wann und wodurch sich eine solche Mitarbeiterin das ‚besondere Vertrauen‘ der Arbeitgeberin“ erarbeitet habe. „Gleiches gilt im Übrigen gerade und erst Recht für Frau S“, die zwar bereits über eine erhebliche Berufserfahrung verfüge, die die Arbeitgeberin „als Quereinsteigerin von der Dresdner Bank aber überhaupt nicht kannte“.

25

c) Dem folgt der Senat nicht.

26

aa) Nach § 7 Abs. 1 iVm. Abs. 3 MTV ist die überwiegend ausgeübte Tätigkeit für die zutreffende Eingruppierung maßgebend. § 7 Abs. 3 MTV geht davon aus, dass sich die auszuübende Tätigkeit eines Arbeitnehmers aus verschiedenen Teiltätigkeiten unterschiedlicher Entgeltgruppen zusammensetzen kann. Dabei handelt es sich um einen allgemein anerkannten Grundsatz der Eingruppierung. Als deren Grundlage kann nicht stets eine - einheitlich zu bewertende - Gesamttätigkeit des Arbeitnehmers angenommen werden. Die Tätigkeit kann auch aus mehreren, jeweils eine Einheit bildenden Einzeltätigkeiten bestehen, die tariflich gesondert zu bewerten sind (st. Rspr., s. nur BAG 9. Mai 2007 - 4 AZR 757/06 - Rn. 36 mwN, BAGE 122, 244). Für die Eingruppierung kommt es daher zunächst darauf an festzustellen, ob der Arbeitnehmer eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit oder mehrere selbständige Teiltätigkeiten zu erbringen hat, die tatsächlich trennbar und jeweils rechtlich selbständig bewertbar sind (st. Rspr., BAG 21. Oktober 2009 - 4 ABR 40/08 - Rn. 21 mwN).

27

bb) Soweit das Landesarbeitsgericht bei seinen Erwägungen offenbar von einer einheitlich zu bewertenden Gesamttätigkeit der Arbeitnehmerin S ausgeht, fehlt es an den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen, die diesen rechtlichen Schluss erlauben.

28

(1) Dabei mag es in Anbetracht des in der Stellenbeschreibung genannten Aufgabenprofils „Unterstützung der Regionalfilialleitung D und Vertriebsmitarbeiter/inn/en der Region“ durchaus möglich sein, dass sämtliche Tätigkeiten der Arbeitnehmerin auf diese Unterstützungsfunktion ausgerichtet sind (zum einheitlichen Arbeitsvorgang bei Tätigkeiten mit sog. Funktionscharakter BAG 7. Juli 2004 - 4 AZR 507/03 - zu I 4 c der Gründe, BAGE 111, 216).

29

(2) Das ist im vorliegenden Fall allerdings nicht selbstverständlich. Die Arbeitnehmerin S übt nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts neben den Unterstützungsarbeiten für den Regionalfilialleiter auch Tätigkeiten für die Personalverwaltung aus. Nach dem Vorbringen des Betriebsrats wird sie hierbei nicht nur unterstützend tätig, sondern ist „federführend“ in alle Personalmaßnahmen eingebunden. Weiterhin unterstützt sie die Vertriebsmitarbeiter der Region sowie neue Arbeitnehmer in technischen Fragen. Diese Tätigkeiten können durchaus auf unterschiedliche Arbeitsergebnisse ausgerichtet sein.

30

(3) Da es an weiteren Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht zu den konkreten Einzeltätigkeiten der Arbeitnehmerin S fehlt - etwa welchen Inhalt die Kommunikation mit den Filialleitern hat und mit welchen administrativen Umsetzungsmaßnahmen sie aufgrund von Benachrichtigungen der Personalverwaltung befasst ist -, konnte es nicht von einer einheitlich zu bewertenden Gesamttätigkeit ausgehen.

31

(4) Ein anderes Ergebnis folgt nicht aus dem Umstand, dass die Beteiligten scheinbar von einer Gesamttätigkeit ausgegangen sind. Die Bestimmung und Abgrenzung der konkreten Tätigkeiten als eine Gesamttätigkeit oder mehrere Teiltätigkeiten im tariflichen Sinn ist eine rechtliche Bewertung, über die die Beteiligten nicht einvernehmlich verfügen können (st. Rspr., BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 13/08  - Rn. 45 mwN, BAGE 129, 208).

32

3. Das führt zur Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts und zur Zurückverweisung zur erneuten Anhörung und Entscheidung.

33

a) Zwar kann der Senat noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz die Gesamt- oder Teiltätigkeiten einer Arbeitnehmerin selbst bestimmen (st. Rspr., zB BAG 21. Oktober 2009 - 4 ABR 40/08 - Rn. 63; 28. Januar 2009 - 4 ABR 92/07 - Rn. 24 mwN, BAGE 129, 238 ). Hierfür fehlt es aber an den erforderlichen Tatsachengrundlagen und Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Der genaue Inhalt der Tätigkeit der Arbeitnehmerin S kann den kurzen, teils nur stichwortartigen Tätigkeitsbeschreibungen der Beteiligten, die zudem zwischen ihnen im Einzelnen streitig sind, nicht entnommen werden (s. auch oben B II 2 c bb).

34

b) Im Rahmen der danach erforderlichen neuen Anhörung hat das Landesarbeitsgericht zunächst auf Grundlage des nach § 83 ArbGG von Amts wegen zu ermittelnden näheren Inhalts der Einzeltätigkeiten zu bestimmen, ob eine Gesamt- oder mehrere Teiltätigkeiten vorliegen. Anschließend wird es nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 bis Abs. 3 MTV zu bewerten haben, ob die Tätigkeit der Arbeitnehmerin S nicht die Anforderungen des tariflichen Tätigkeitsbeispiels der Tarifgruppe 7 MTV - „Sekretärinnen in besonderer Vertrauensstellung“ - erfüllt, was zur Stattgabe des Antrags führen würde. Dabei wird das Landesarbeitsgericht folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen haben:

35

aa) Bauen Tätigkeitsbeispiele wie die der Tarifgruppe 5 MTV - „Sekretärinnen“ - und der Tarifgruppe 7 MTV - „Sekretärinnen in besonderer Vertrauensstellung“ - aufeinander auf, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats für die erforderliche Wertung, ob sich die Tätigkeit entsprechend den tariflichen Qualifizierungsmerkmalen der Tarifgruppe 7 MTV heraushebt, ein Vergleich mit den nicht herausgehobenen Tätigkeiten der Tarifgruppe 5 MTV erforderlich ( zu Tätigkeitsmerkmalen etwa BAG 21. März 2012 - 4 AZR 292/10 - Rn. 18 mwN; 27. August 2008 - 4 AZR 484/07 - Rn. 19 mwN, BAGE 127, 305; zu Richtbeispielen 4. Juli 2012 - 4 AZR 694/10 - Rn. 24 mwN).

36

Das Landesarbeitsgericht hat bei seiner Entscheidung diesen erforderlichen wertenden Vergleich unterlassen. Feststellungen dazu, welches Maß an „Zuverlässigkeit und Verschwiegenheit“ für die Sekretärinnen der Tarifgruppe 5 MTV als „Normalniveau“ im Vergleich zu „Sekretärinnen in besonderer Vertrauensstellung“ besteht, hat es nicht getroffen. Ein solcher Verstoß durch Unterlassung einer denknotwendig durch ein Hervorhebungsmerkmal geforderten Vergleichsbetrachtung verletzt die bei der Subsumtion zu beachtenden Denkgesetze ( BAG 27. August 2008 - 4 AZR 484/07 - Rn. 23 mwN, BAGE 127, 305 ).

37

bb) Darüber hinaus sind die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts auch unter Zugrundelegung des eingeschränkten Prüfungsmaßstabs in der Rechtsbeschwerdeinstanz bei der Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs „besondere Vertrauensstellung“ (dazu etwa BAG 28. Januar 2009 - 4 ABR 92/07 - Rn. 26 mwN, BAGE 129, 238) nicht rechtsfehlerfrei.

38

(1) Das Beschwerdegericht ist zwar, nachdem Tarifvertragsparteien den Begriff „besondere Vertrauensstellung“ nicht näher bestimmt haben und es sich weiterhin um keinen in der Rechtsterminologie feststehenden Ausdruck handelt, zutreffend von der allgemeinen Sprachbedeutung ausgegangen (vgl. BAG 24. März 2010 - 10 AZR 58/09 - Rn. 19, BAGE 134, 34). Danach kann von einer „Vertrauensstellung“ ausgegangen werden, wenn die ausgeübte Position „große Zuverlässigkeit u. Vertrauenswürdigkeit“ erfordert (Duden Das große Wörterbuch der Deutschen Sprache 3. Aufl. Bd. 9 „Vertrauensstellung“), jedenfalls aber „Zuverlässigkeit u. Verschwiegenheit“ voraussetzt (Wahrig Deutsches Wörterbuch 9. Aufl. „Vertrauensstellung“) und sich derjenige, der die betreffende Person mit dieser Position betraut, sich auf deren Zuverlässigkeit und Loyalität verlassen können muss. Zugleich macht das Adjektiv „besonders“ deutlich, dass es sich um eine „Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit“ handeln muss, die über diejenige, wie sie etwa durch die Verschwiegenheitspflicht als allgemeiner vertraglicher Nebenpflicht gewährleistet und damit auch diejenige, die von einer Sekretärin der Tarifgruppe 5 MTV erwartet wird, in besonderem Maße hinausgeht.

39

Weiterhin hat das Landesarbeitsgericht im Ansatz rechtsfehlerfrei angenommen, eine besondere Vertrauensstellung könne sich im vorliegenden Verfahren aus dem Umstand ergeben, dass eine als Sekretärin tätige Arbeitnehmerin aufgrund ihrer Tätigkeit Kenntnis von unternehmensinternen Vorgängen, Informationen und Daten erlangt, die - ggf. aufgrund unternehmensinterner Vorgaben - vertraulich zu behandeln sind (s. auch Thannheiser/Haag Eingruppierung bei Handel, Banken und Versicherungen S. 211) und nur einem begrenzten Kreis von weiteren Beschäftigten bekannt sein dürfen. Eine „besondere Vertrauensstellung“ kann sich ggf. auch aus einzelnen anderen Tätigkeiten ergeben, soweit sich dies aus dem Sachvortrag ermitteln lassen sollte.

40

(2) Rechtsfehlerhaft ist jedoch die weitere Annahme des Beschwerdegerichts, eine besondere Vertrauensstellung sei nur dann gegeben, wenn der „Umgang mit derartigen Daten“ der Tätigkeit „das Gepräge“ gebe. Das ist - auch entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin - nicht erst dann der Fall, wenn solche Einzeltätigkeiten zeitlich überwiegend anfallen. Für die Erfüllung eines tariflichen Qualifikationsmerkmals ist es ausreichend, dass die Arbeitnehmerin S innerhalb einer Gesamt- oder Teiltätigkeit in rechtserheblichem Ausmaß Einzeltätigkeiten ausübt, die eine besondere Vertrauensstellung erfordern und anderenfalls keine sinnvolles Arbeitsergebnis erzielt werden kann (allgemein für tarifliche Qualifizierungsmerkmale BAG 20. Oktober 1993 - 4 AZR 45/93 - zu III 3 b bb der Gründe; ausf. 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 43).

41

Das „Gepräge“ einer Tätigkeit ist nach § 7 Abs. 3 MTV nur dann maßgebend, wenn bei verschiedenen Teiltätigkeiten, die unterschiedlichen Tarifgruppen zugeordnet sind, eine zeitlich nicht überwiegende (Teil-)Tätigkeit gleichwohl für die Bewertung der gesamten Tätigkeit eines Arbeitnehmers ihr „Gepräge“ gibt(zum Begriff krit. BAG 27. Januar 1982 - 4 AZR 435/79 - BAGE 37, 370; zum „Gepräge“ bei der Anwendung des sog. Spezialitätsgrundsatzes 4. Juli 2012 - 4 AZR 673/10 - Rn. 29 f. mwN, BAGE 142, 271). Von einer solchen Fallgestaltung ist das Landesarbeitsgericht allerdings gerade nicht ausgegangen.

42

(3) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann weder dem Wortlaut noch dem tariflichen Gesamtzusammenhang entnommen werden, lediglich Sekretärinnen, die einen Beschäftigten einer „höheren Hierarchieebene“ unterstützen, könnten eine besondere Vertrauensstellung innehaben. Anders als bei dem Tätigkeitsbeispiel der Tarifgruppe 8 MTV - „Sekretärinnen der Geschäftsleitung großer Banken“ - haben die Tarifvertragsparteien in den Tarifgruppen 6 bis 7 MTV für die Tätigkeit von Sekretärinnen (lediglich) weiter gehende qualitative Anforderungen bestimmt. Sie haben davon abgesehen, die Erfüllung eines Qualifikationsmerkmals von einer Tätigkeit in einer bestimmten Hierarchieebene der Unternehmensorganisation abhängig zu machen.

43

(4) Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht den Begriff der „Vertrauensstellung“ unzutreffend bestimmt, indem es ihn mit dem des „besonderen Vertrauens“ gleichgesetzt hat. Eine „Vertrauensstellung“ kann entgegen seiner Auffassung auch einem Berufsanfänger oder einer Arbeitnehmerin, die bisher für einen anderen Arbeitgeber tätig war, übertragen werden. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts scheidet eine „besondere Vertrauensstellung“ nicht schon deshalb aus, weil der „Grad der Kenntnis vertraulicher Gegenstände … hinter demjenigen des Regionalfilialleiters zurückbleibt“. Die besondere Vertrauensstellung einer Sekretärin, die nach ihrem Berufsbild grundsätzlich eine unterstützende Tätigkeit ausübt, setzt nicht voraus, dass ihr Kenntnisstand unternehmensbezogener vertraulicher Informationen demjenigen der vorgesetzten Person entsprechen muss, die sie durch ihre Tätigkeit unterstützt.

44

Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin erfordert eine besondere Vertrauensstellung einer Sekretärin auch nicht die „federführende“ Bearbeitung der einzelnen Vorgänge. Diese Anforderung übersieht, dass die Arbeitnehmerin S als „Sekretärin“ nach dem Berufsbild (s. dazu ausf. Bundesagentur für Arbeit Berufenet „Sekretär/in“) grundsätzlich unterstützend tätig wird.

45

(5) Im Hinblick auf das Qualifikationsmerkmal der „besonderen Vertrauensstellung“ wird das Landesarbeitsgericht nach dem derzeitigen Sachstand vor allen Dingen zu ermitteln haben, in welchem Umfang „Sekretärinnen“ der Tarifgruppe 5 MTV aufgrund ihrer Büro- und vor allem Assistenzaufgaben Kenntnisse von Vorgängen, Informationen und Daten erlangen, die nicht offenbart werden dürfen. Im Rahmen eines wertenden Vergleichs ist zu beurteilen, inwieweit die Arbeitnehmerin im Rahmen ihrer „Unterstützungsfunktion für die Regionalfilialleitung“ mit Einzeltätigkeiten befasst ist - etwa bei der administrativen Unterstützung der Personalverwaltung oder bei der Ermittlung von Vertriebszahlen -, die es in einer Gesamtschau der Gesamt- oder der tariflich relevanten Teiltätigkeiten gestatten, von einer besonderen Vertrauensstellung ausgehen zu können (s. auch oben B II 3 b bb (2)). In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass auch andere Arbeitnehmer, die Tätigkeiten ausüben, die zu einer Eingruppierung nach den Tarifgruppen 5 und 6 MTV führen, Kenntnisse erlangen, die einer besonderen Vertraulichkeit bedürfen. Deshalb kann bei einer wertenden Gesamtbetrachtung eine „besondere Vertrauensstellung“ ggf. nur dann angenommen werden, wenn eine Sekretärin einer Regionalfilialleitung mit vertraulichen Daten sowie Vorgängen in einer Vielzahl von Bereichen befasst und gerade dieser Umstand eine besondere „Loyalität und Zuverlässigkeit“ erfordert, die eine Eingruppierung nach dem Tätigkeitsbeispiel der Tarifgruppe 7 MTV begründet.

46

(6) Darüber hinaus wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, dass es entgegen dem Vorbringen der Arbeitgeberin keiner „Rückkopplung“ an das Tätigkeitsmerkmal der Tarifgruppe 7 MTV bedarf, und deshalb - so deren Argumentation - von einer besonderen Vertrauensstellung nur ausgegangen werden könne, wenn „Aufgaben übertragen sind, die umfassende Kenntnisse, eigene Entscheidungen sowie ein entsprechendes Maß an Verantwortung voraussetzen“. Sind einer bestimmten Tarifgruppe bestimmte Tätigkeiten zugeordnet und übt die Arbeitnehmerin diese aus, bedarf es regelmäßig nicht mehr des Rückgriffs auf die abstrakten Tätigkeitsmerkmale. Dem entspricht die Regelung in § 7 Abs. 2 MTV. Auf die allgemeinen Merkmale der Tarifgruppe ist ua. nur dann zurückzugreifen, wenn die Tätigkeitsbeispiele unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten, die nicht aus sich heraus ausgelegt werden können. Die unbestimmten Rechtsbegriffe sind dann im Lichte der Oberbegriffe auszulegen (BAG 22. September 2010 - 4 AZR 33/09 - Rn. 23 mwN; 22. Juni 2005 - 10 ABR 34/04 - zu B IV 4 der Gründe). Diese Voraussetzungen liegen - wie ausgeführt (oben B II 3 b aa) - für das in Streit stehende Qualifikationsmerkmal der „besonderen Vertrauensstellung“ nicht vor.

        

    Eylert    

        

    Winter    

        

    Treber    

        

        

        

    Rupprecht    

        

    Hess    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 13. April 2010 - 6 Sa 986/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Eingruppierung des Klägers in der Entgeltgruppe Ä 3 (Oberärztin/Oberarzt) des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken vom 30. Oktober 2006 (TV-Ärzte/TdL).

2

Der Kläger ist Facharzt für Chirurgie und für Herzchirurgie. Er ist seit dem 1. Januar 1992 im Deutschen Herzzentrum in München (DHM) als Arzt beschäftigt. Nach § 3 seines schriftlichen Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag(BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Im Januar 1996 wurde dem Kläger die „Leitung des Bereichs Transplantationseinheit“ mit dem Hinweis übertragen, nach „allgemeinen Sprachgebrauch (sei eine) Anrede mit Oberarzt statthaft“. Mit Schreiben vom 17. Februar 1998 wurde er zum Oberarzt bestellt. Im Juli 1999 stellte ihm die Bayerische Landesärztekammer eine Urkunde über das Recht aus, die Facharztbezeichnung Herzchirurg zu führen.

3

Das Direktorium des DHM ernannte ihn mit Beschluss vom 19. April 2000 zum Transplantationsbeauftragten. Von dieser Funktion wurde er mit Wirkung ab 1. Juni 2005 wieder entbunden. Im Oktober 2004 hatte der Kläger seine letzte verantwortliche Herztransplantation (Implantation) durchgeführt.

4

Nach dem Inkrafttreten des TV-Ärzte/TdL im Jahr 2006 vereinbarten der beklagte Freistaat und der Marburger Bund am 13. April 2007 einen „Tarifvertrag über die Einbeziehung der Ärztinnen und Ärzte am Deutschen Herzzentrum München in den Geltungsbereich“ des TV-Ärzte/TdL „und über die Ausdehnung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit bei Bereitschaftsdienst“ (TV DHM), der am 1. Mai 2007 in Kraft trat.

5

Mit Schreiben vom 9. Oktober 2006 begehrte der Kläger erfolglos seine rückwirkende Eingruppierung ab 1. Juli 2006 als Oberarzt in der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte/TdL. Mit seiner Klage hat er geltend gemacht, er sei Oberarzt im Sinne des TV-Ärzte/TdL. Als Leiter der Transplantationseinheit im DHM übe er die Aufsicht über das ärztliche und nichtärztliche Personal in diesem Teilbereich aus und sei für die Behandlung der Patienten verantwortlich. Mit den von ihm wahrgenommenen mindestens sechs bis acht monatlichen Hintergrunddiensten in der Fachabteilung für Herz- und Gefäßchirurgie sei ihm auch die medizinische Verantwortung für diesen Teilbereich der Klinik übertragen worden. Hiermit würden nur erfahrene Oberärzte betraut, die dem gesamten ärztlichen und nichtärztlichen Personal gegenüber weisungsbefugt seien. Sämtliche Oberärzte, die diesen Hintergrunddienst leisteten, seien in der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte/TdL eingruppiert. Er habe zumindest einen Anspruch auf Gleichbehandlung. Schließlich sei ihm auch die Spezialfunktion „Facharzt für Herzchirurgie“ übertragen worden. Er, der seit 1995 mit Abstand die meisten Herztransplantationen im DHM vorgenommen habe, habe diese Zusatzbezeichnung auf Anforderung des DHM erwerben müssen, um weiter selbständig in der Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie operieren zu können. Bei zutreffender Eingruppierung stehe ihm für die Zeit bis zum 30. September 2009 eine monatliche Vergütungsdifferenz von 1.300,00 Euro zu.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt:

        

1.    

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihn seit dem 1. Oktober 2009 als Oberarzt nach § 12 Entgeltgruppe Ä 3 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken vom 30. Oktober 2006 (TV-Ärzte/TdL) zu vergüten.

        

2.    

den Beklagten zu verurteilen, an ihn für die Zeit vom 1. Juli 2006 bis zum 30. September 2009 50.700,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

7

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, dass der Kläger zutreffend in der Entgeltgruppe Ä 2 TV-Ärzte/TdL eingruppiert sei. Über dessen Tätigkeit als Facharzt hinaus sei ihm kein funktionell abgegrenzter Verantwortungsbereich zugewiesen worden. Seit der Neuorganisation des DHM im Jahre 1999 existiere eine Transplantationseinheit als eigenständiger Bereich mit eigenem Personal und abgetrennten Räumlichkeiten nicht mehr. Der Hintergrunddienst sei kein Teilbereich im tariflichen Sinne. Dem Kläger sei auch keine Spezialfunktion übertragen worden.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

10

Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht den geltend gemachten Anspruch verneint. Es kann dahingestellt bleiben, ob, auf welcher Grundlage und ggf. in welchem Zeitraum der TV-Ärzte/TdL auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden ist, was das Landesarbeitsgericht im Einzelnen nicht überprüft hat. Selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, dass das Arbeitsverhältnis im gesamten Streitzeitraum, dh. seit dem 1. Juli 2006, dem TV-Ärzte/TdL unterlegen hat, ist die Klage unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Vergütung nach der Entgeltgruppe Ä 3 gemäß §§ 12, 16 Abs. 2 TV-Ärzte/TdL, da ihm vom Beklagten weder die medizinische Verantwortung für einen selbständigen Teil- oder Funktionsbereich einer Klinik oder Abteilung noch eine Spezialfunktion, für die er eine von dem Beklagten geforderte erfolgreich abgeschlossene Schwerpunkt- oder Zusatzausbildung nach der Weiterbildungsordnung absolviert hat, ausdrücklich übertragen worden ist.

11

I. Die zugunsten des Klägers als anzuwenden unterstellte, für die Eingruppierung maßgebende Tarifnorm des TV-Ärzte/TdL lautet auszugsweise wie folgt:

        

„§ 12 

        

Eingruppierung

        

Ärzte sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend und zeitlich mindestens zur Hälfte auszuübenden Tätigkeit wie folgt eingruppiert:

        

Entgeltgruppe

Bezeichnung

        

Ä 3     

Oberärztin/Oberarzt

                 

Oberarzt ist derjenige Arzt, dem die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist.

                 

Oberarzt ist ferner der Facharzt in einer durch den Arbeitgeber übertragenen Spezialfunktion, für die dieser eine erfolgreich abgeschlossene Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung fordert.“

12

II. Die Tätigkeit des Klägers erfüllt die tariflichen Anforderungen an einen Oberarzt der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte/TdL nicht.

13

1. Dem Kläger ist keine Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich einer Klinik oder einer Abteilung übertragen worden. Die „Leitung der Transplantationseinheit“ bezieht sich nicht auf einen Teil- oder Funktionsbereich im tariflichen Sinne.

14

a) Unter dem Begriff des Teilbereichs einer Klinik oder einer Abteilung iSv. § 12 TV-Ärzte/TdL wird nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eine organisatorisch abgrenzbare Einheit innerhalb der übergeordneten Einrichtung einer Klinik oder einer Abteilung verstanden, der eine bestimmte Aufgabe mit eigener Zielsetzung sowie eigener medizinischer Verantwortungsstruktur zugewiesen ist und die über eine eigene räumliche, personelle und sachlich-technische Ausstattung verfügt. Erforderlich ist eine tatsächliche organisatorische Verselbständigung dieser Einheit; es genügt nicht, dass aufgrund der Aufgabenstellung hierzu die Möglichkeit bestünde. Eine ausreichende organisatorische Verselbständigung wird regelmäßig anzuerkennen sein, wenn die Einheit auf unbestimmte Dauer angelegt und zum einen mit eigenem nichtärztlichem und ärztlichem Personal ausgestattet ist sowie zum anderen eigene Räume und sonstige Sachmittel zugewiesen worden sind. Eine bloße Aufgabenerfüllung mit wechselndem Personal genügt nicht. Der Teilbereich muss eine eigenständige Verantwortungsstruktur aufweisen. Nicht zwingend ist dagegen, dass es sich um eine organisatorische Ebene unmittelbar unterhalb derjenigen der Klinik oder Abteilung handeln muss. Es ist aber regelmäßig davon auszugehen, dass ein Teilbereich im tariflichen Sinne über eine bestimmte Mindestgröße verfügen muss und nicht auf der untersten organisatorischen Hierarchieebene angesiedelt sein kann (vgl. ausführlich BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 568/08 - Rn. 29 ff., AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 9).

15

b) Der tarifliche Begriff des Funktionsbereichs entspricht demjenigen, der schon früher von den Tarifvertragsparteien in der Vergütungsordnung zum BAT (VergGr. Ib Fallgr. 10 iVm. Protokollnotiz Nr. 5) verwandt wurde (vgl. ua. BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 568/08 - Rn. 27 mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 9). Funktionsbereiche sind medizinisch definiert, dh. sie sind Untergliederungen eines Fachgebietes der Medizin, die wissenschaftlich anerkannte Spezialgebiete erfassen. Auch sie müssen organisatorisch abgegrenzt sein.

16

c) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe lässt sich die vom Kläger behauptete „Transplantationseinheit“ weder als ein Teil- noch als ein Funktionsbereich im tariflichen Sinne qualifizieren. Hierzu hat der darlegungs- und beweisbelastete Kläger keinen hinreichenden Vortrag geleistet.

17

aa) Der beklagte Freistaat hat die Existenz einer sog. Transplantationseinheit im organisatorischen Sinne bestritten. Die Vorinstanzen haben zu Recht darauf verwiesen, der Kläger habe zwar eine sachliche, räumliche und personelle Ausstattung behauptet, diese jedoch nicht konkretisiert. Er hat in der Tat weder deutlich gemacht, in welchen Räumlichkeiten diese Einheit untergebracht sein soll, noch welches Personal für sie ausschließlich oder doch zumindest überwiegend tätig wird. Damit fehlt es an entscheidungserheblichem Vortrag zur Begründung einer tariflich relevanten Einheit iSd. Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte/TdL.

18

bb) Soweit die Revision geltend macht, der beklagte Freistaat spreche selbst von „unserem Transplantationszentrum“ und habe ihm in einem Schreiben vom 30. November 2007 mitgeteilt, PD Dr. W sei zum „Leiter der Transplantationsmedizin“ bestellt worden, liegt darin noch kein schlüssiger Sachvortrag. Auch sein weiterer Hinweis, er habe bereits in der Berufungsinstanz „schlüssig dargelegt“, die „Transplantationseinheit“ sei eine selbständige Einrichtung mit eigenem Zimmer, Telefon und weisungsgebundenem Personal, ermöglicht es den Gerichten nicht, die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen für eine organisatorische Verselbständigung und eine eigene räumliche, personelle und sachliche Ausstattung feststellen zu können und die Existenz eines Teilbereichs von der bloßen Aufgabenerfüllung mit wechselndem Personal abzugrenzen. Der Kläger hat weder die Räumlichkeiten angegeben, die der Transplantationseinheit zur ggf. alleinigen Nutzung zugewiesen sind, noch einen einzigen ärztlichen oder nichtärztlichen Mitarbeiter benannt, der dieser Einheit zugeordnet und demgegenüber er weisungsbefugt gewesen sein soll.

19

cc) Auch wird die „Einheit“, auf die sich der Kläger in der Sache bezieht, an keiner Stelle organisatorisch abgegrenzt, sondern lediglich vage von der Aufgabenstellung her definiert. Schließlich erfolgt die Bezeichnung der „Einheit“ nicht durchgehend einheitlich; der Kläger spricht in der Sache gleichwertig von „Transplantationseinheit“, „Transplantationsteam“ oder „Transplantationszentrum“. Aus der Beschreibung der nach seiner Ansicht der Transplantationseinheit zugeordneten Aufgaben (ua. Durchführung der Transplantation, präoperative Diagnostik, postoperative medizinische Nachsorge einschließlich medizinischer Betreuung der jeweiligen Patienten auf der Intensivstation) wird deutlich, dass er damit den gesamten Aufgabenbereich im Zusammenhang mit Herztransplantationen anspricht. Damit erfüllt der Kläger jedoch nicht seine Darlegungslast hinsichtlich der erforderlichen organisatorischen Strukturen eines Teil- oder Funktionsbereichs im Sinne der Tarifnorm.

20

dd) Der Kläger hat nicht in revisionsrechtlich relevanter Weise gerügt, dass das Landesarbeitsgericht entscheidungserhebliches Vorbringen unberücksichtigt gelassen hat. Seine Verfahrensrüge, das Berufungsgericht hätte die von ihm benannten Zeugen zur Existenz der Transplantationseinheit und zur Übertragung von dessen Leitung auf ihn vernehmen müssen, ist unzulässig.

21

(1) Wird das Übergehen eines Beweisantritts gerügt, muss die Revision nach Beweisthema und Beweismittel angeben, in welchem Punkt das Landesarbeitsgericht eine an sich gebotene Beweisaufnahme unterlassen haben soll. Zugrunde zu legen sind die tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts. Ferner muss grundsätzlich dargelegt werden, dass die Unterlassung der Beweiserhebung kausal für die Entscheidung gewesen ist (BAG 10. Mai 2005 - 9 AZN 195/05 - BAGE 114, 295; 18. Oktober 2000 - 2 AZR 380/99 - BAGE 96, 123; 29. Juli 1992 - 4 AZR 502/91 - BAGE 71, 56; 11. April 1985 - 2 AZR 239/84 - BAGE 49, 39). Gegenüber einem vom Landesarbeitsgericht als unschlüssig gewerteten Sachvortrag kann nicht schlicht gerügt werden, es habe einen angebotenen Beweis für diesen nicht erhoben.

22

(2) Diesen Anforderungen genügt die Verfahrensrüge des Klägers nicht. Soweit das Landesarbeitsgericht ausgeführt hat, der Kläger habe seine Behauptung zur Existenz einer „Transplantationseinheit“ nicht hinreichend konkretisiert, kann die Revision dem nicht allein entgegenhalten, das Berufungsgericht habe diesbezüglich angebotene Beweise nicht erhoben. Es fehlt bereits an einem schlüssigen Sachvortrag des Klägers. Ein Beweisantritt dient der Beweisführung von streitig gebliebenen Tatsachen, die von der darlegungs- und beweisbelasteten Partei vorgetragen worden sind. Dies verkennt die Revision, die offenbar rechtsirrig davon ausgeht, ein Beweisantritt könne den Vortrag von Tatsachen ersetzen oder ergänzen (so zu einer vergleichbaren Revisionsrüge bereits BAG 25. August 2010 - 4 AZR 23/09 - Rn. 46, EzTÖD 240 § 12 TV-Ärzte/TdL Eingruppierung Ä 3 Nr. 5).

23

d) Entgegen der Auffassung des Klägers liegt in der Teilnahme am Hintergrunddienst keine Ausübung der medizinischen Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich.

24

aa) Ein fach- oder oberärztlicher Hintergrunddienst in einer Klinik ist als solcher kein Teilbereich im tariflichen Sinne. Es fehlt an einer eigenen, bereichsbezogenen medizinischen Verantwortungsstruktur. Wie der Kläger in der Revisionsverhandlung klargestellt hat, bezieht sich die von ihm angenommene Leitungstätigkeit nicht auf die Organisation des Hintergrunddienstes.

25

bb) Die bloße Teilnahme am Hintergrunddienst und die damit - im Heranziehungsfalle - verbundene Verantwortlichkeit für bestimmte medizinische Maßnahmen erfüllt den tariflichen Begriff der „medizinischen Verantwortung“ nicht. Die medizinische Verantwortung für den jeweiligen Teil- oder Funktionsbereich muss ungeteilt bestehen. Sie betrifft nicht lediglich einzelne zu erfüllende Aufgaben oder Aufgabenbereiche und kann nicht bei mehreren Ärzten liegen. Das folgt aus dem von den Tarifvertragsparteien gewählten bestimmten Artikel „die“, mit dem eine einheitliche Verantwortung bezeichnet ist, die innerhalb des zugewiesenen Bereichs einheitlich und allein wahrzunehmen ist. Eine nur teil- oder zeitweise ausgeübte medizinische Verantwortung innerhalb der organisatorischen Einheit reicht regelmäßig nicht für eine Eingruppierung nach der ersten Fallgruppe der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte/TdL aus (BAG 9. Dezember 20094 AZR 630/08 - Rn. 31). Dies verdeutlicht der Streitfall, in dem sieben Ärzte am Hintergrunddienst teilnehmen, was allein bereits gegen eine ungeteilte medizinische Bereichsverantwortung spricht.

26

cc) Im Übrigen haben die Parteien des TV-Ärzte/TdL durch die gesonderte Regelung der Arbeitszeit in § 7 Abs. 6 und der Ausgleichsleistungen für Rufbereitschaft in § 9 deutlich gemacht, dass eine Rufbereitschaft als solche eingruppierungsrechtlich nicht bedeutsam werden kann. Dies zeigt die Bezugnahme der entsprechenden Zuschlagsregelung auf die „jeweilige Entgeltgruppe“. Diese wird von der Vergütung der Rufbereitschaft vorausgesetzt und schließt deshalb eine konstitutive Bedeutung für die Eingruppierung selbst aus.

27

dd) Die vom Kläger im Zusammenhang mit den Hintergrunddiensten erhobene Verfahrensrüge, das Landesarbeitsgericht habe die von ihm benannten Zeugen nicht gehört, die die „besondere und spezifische Struktur der Hintergrunddienste im Deutschen Herzzentrum“ hätten bestätigen können, ist unzulässig. Der Kläger hat nicht nur das Beweisthema völlig unzureichend bezeichnet, sondern auch die Entscheidungserheblichkeit der angeblich rechtsfehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme nicht darlegt. Das Berufungsgericht ist nach seinen Entscheidungsgründen vielmehr davon ausgegangen, die Hintergrunddienste würden zwar auch von Oberärzten wahrgenommen, wegen der lediglich zeitweiligen medizinischen Verantwortung reiche dies aber für die tariflich vorgesehene „ungeteilte medizinische Verantwortung“ nicht aus.

28

2. Dem Kläger ist auch keine Spezialfunktion übertragen worden, für die er eine von dem Beklagten geforderte Schwerpunkt- oder Zusatzqualifikation nach der Weiterbildungsordnung benötigt.

29

a) Die zweite Fallgruppe der Tarifregelung stellt auf die persönlich-fachliche Qualifikation des Arztes und deren gezielte Inanspruchnahme durch den Arbeitgeber ab. Sie setzt zunächst eine Facharztqualifikation und darüber hinaus den erfolgreichen Abschluss einer Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach den einschlägigen Weiterbildungsordnungen der Ärztekammern voraus (BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 827/08 - Rn. 29, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 7 und - 4 AZR 841/08 - Rn. 32; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Mai 2012 Teil IIa § 12 TV-Ärzte - Eingruppierung Rn. 72). Weiter muss diese persönlich-fachliche Qualifikation des Arztes nach den tariflichen Anforderungen für den Arbeitgeber Anlass gewesen sein, diesem eine Spezialfunktion zu übertragen. Dabei genügt es nicht, dass die herausgehobene Qualifikation des Arztes für dessen Tätigkeit nützlich ist. Das Tätigkeitsmerkmal verlangt vielmehr ausdrücklich, dass der Arbeitgeber diese besondere Qualifikation für die auszuübende Tätigkeit gefordert und damit festgelegt hat, dass aus seiner Sicht die Weiterbildung für die Tätigkeit einschlägig ist (vgl. auch Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese aaO). Die Darlegung der entsprechenden Tatsachen für die Übertragung einer Spezialfunktion obliegt nach den allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln dem Arzt.

30

b) Der Kläger hat die Voraussetzungen für die Erfüllung des Tarifmerkmales nicht hinreichend dargelegt.

31

Sein Vortrag, der beklagte Freistaat habe eine Facharztqualifikation als Herzchirurg als Spezialfunktion gefordert und er sei deshalb Oberarzt im Sinne der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte/TdL, ist unzureichend. Die Qualifikation als Facharzt in einem Fachbereich ist nach dem Tarifvertrag Grundvoraussetzung für den Erwerb einer zusätzlichen Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung, nicht jedoch bereits diese selbst. Es hätte daher im Rahmen der Facharztausbildung zum Herzchirurgen der Absolvierung einer ggf. dort vorgesehenen Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung bedurft, um überhaupt die Wahrnehmung einer Spezialfunktion erfüllen zu können. Eine - weitere - Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung hat der Kläger nicht dargetan.

32

III. Der beklagte Freistaat ist nicht nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet, den Kläger nach der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte/TdL zu vergüten.

33

1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern in einer bestimmten Ordnung. Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn die Regelung also für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtungsweise als willkürlich anzusehen ist. Im Bereich der Vergütung gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nur eingeschränkt, der Grundsatz der Vertragsfreiheit hat Vorrang. Etwas anderes kann ausnahmsweise angenommen werden, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip aufgrund einer abstrakten Regelung gewährt. Von einer solchen Regelung darf er Arbeitnehmer nur aus sachlichen Gründen ausnehmen. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz greift jedoch nur ein bei einem gestaltenden Verhalten des Arbeitgebers, hingegen nicht beim bloßen - auch vermeintlichen - Normenvollzug. Deshalb gibt es keinen Anspruch auf „Gleichbehandlung im Irrtum“ (st. Rspr., vgl. nur BAG 27. August 2008 - 4 AZR 484/07  - Rn. 40 mwN, BAGE 127, 305 ).

34

2. Ein derart gestaltendes Verhalten des Beklagten liegt im Streitfall nicht vor.

35

a) Die Kläger hat sich darauf berufen, die neben ihm im Hintergrunddienst tätigen Ärzte seien jeweils einzelnen aufgeführten Teil- oder Funktionsbereichen zugeordnet und erhielten alle ein Entgelt nach der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte/TdL.

36

b) Dieser Vortrag vermag einen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu begründen.

37

aa) Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass seine sechs benannten Kollegen ein Entgelt nach der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte/TdL nur allein deshalb erhalten, weil sie am Hintergrunddienst teilnehmen. Die Eingruppierung als Oberarzt beruht schon nach dem Vortrag des Klägers offensichtlich nicht tragend auf dieser Teilnahme. Vielmehr ist davon auszugehen, dass eine Eingruppierung und eine damit entsprechende Vergütungsverpflichtung der anderen Ärzte aus anderen Gründen erfolgt ist und der Beklagte sie - unabhängig davon - im Hintergrunddienst einsetzt.

38

bb) Die Übertragung jeweils eines Teil- oder Funktionsbereichs auf andere Ärzte begründet keinen Gleichbehandlungsanspruch des Klägers auf Zahlung von Entgelt nach der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte/TdL. Soweit er diese Übertragung an jeweils einen der Oberärzte als Grund einer entsprechenden Eingruppierung in der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte/TdL anführt, folgt daraus für ihn noch kein Vergütungsanspruch als Oberarzt, sondern allenfalls ein möglicher Anspruch auf Übertragung eines entsprechenden Bereichs. Im Übrigen trägt der Kläger mit seinem Vorbringen selbst einen Differenzierungsgrund für die aktuelle, unterschiedliche Vergütung vor und verdeutlicht, dass die Voraussetzungen für eine Einstufung in eine höhere Entgeltgruppe bei ihm gerade nicht vorliegen. Im Übrigen hätte er bei einer grob tarifwidrigen fehlerhaften Eingruppierung eines seiner Kollegen als Oberarzt keinen eigenen Anspruch auf eine ebenso fehlerhafte Behandlung (dazu BAG 15. Juni 2011 - 4 AZR 465/09 - Rn. 47 f.).

39

cc) Die Verfahrensrüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe seine richterliche Hinweispflicht verletzt, da es ihn nicht auf seinen unzureichenden Vortrag zur vergleichbaren Situation seiner nach Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte/TdL vergüteten Kollegen hingewiesen habe, ist unzulässig.

40

Der Kläger hat schon nicht dargelegt, was er auf einen entsprechenden Hinweis des Landesarbeitsgerichts über den bisherigen Vortrag hinaus vorgetragen und wie sich dieser auf die Berufungsentscheidung ausgewirkt hätte (zu den Voraussetzungen einer solchen Revisionsrüge, vgl. dazu BAG 14. November 2007 - 4 AZR 861/06 - Rn. 22, NZA-RR 2008, 362; 23. März 2011 - 4 AZR 268/09 - Rn. 71, AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 101). Die bloße Benennung von Zeugen für einen bereits vom Landesarbeitsgericht erkennbar als unschlüssig bewerteten Vortrag stellt keinen Ersatz für einen vom Berufungsgericht gerade noch nicht bewerteten Vortrag dar, der nach einem entsprechenden Hinweis möglicherweise erbracht worden wäre. Aus diesem Grunde lässt sich schon die Entscheidungserheblichkeit eines möglichen Verfahrensfehlers des Landesarbeitsgerichts nicht beurteilen.

41

IV. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Winter    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Dierßen    

        

    Fritz    

                 

Tenor

Auf die Revisionen der Beklagten zu 1. und 2. wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 18. Mai 2012 - 4 Sa 1506/11 - aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 4. November 2011 - 5 Ca 5590/11 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, die Betriebsrente des Klägers zum 1. Januar eines jeden Jahres um 2,2 % anzuheben.

2

Der im Juni 1939 geborene Kläger stand vom 26. November 1992 bis zum 31. Dezember 2005 in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 1. Er war zuletzt als Leiter des Finanz- und Rechnungswesens beschäftigt. Nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1. war der Kläger noch bis zum 30. Juni 2008 für diese beratend tätig. Dabei erzielte er regelmäßige steuerpflichtige Einkünfte.

3

Der Kläger gehört zum Kreis von 26 Personen, denen die Beklagte zu 1. sog. Einzelzusagen auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erteilt hatte. Hierbei handelt es sich um Mitglieder des Führungskreises, darunter vier Geschäftsführer und 21 Abteilungsleiter, sowie eine Chefsekretärin eines Geschäftsführers. Nach der Versorgungszusage des Klägers vom 22. Juli 1998 wird die Betriebsrente nach Eintritt des Versorgungsfalls gemäß § 16 BetrAVG überprüft und angepasst.

4

Der Kläger bezog seit dem 1. Januar 2006 von der Beklagten zu 1. eine monatliche Betriebsrente. Die Beklagte zu 1. übertrug die Versorgungsverbindlichkeiten zum 1. Februar 2008 auf den Beklagten zu 2., eine Gruppenunterstützungskasse. Dieser zahlt seitdem die Betriebsrente des Klägers.

5

Im April 2008 erhielten die vier Geschäftsführer und sieben der 22 Arbeitnehmer, denen die Beklagte zu 1. eine Einzelzusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erteilt hatte, ein gleichlautendes Schreiben vom 3. April 2008 folgenden Inhalts:

        

Anpassung Ihrer laufenden Betriebsrente aus den Einzelzusagen

        

Sehr geehrter Herr …,

        

Ihre Betriebsrente wird wie folgt angepasst:

        

1.)     

Die von der S auszuzahlende Rente wird jährlich um 2,2 % erhöht. Sollte die S bessere Erträge erwirtschaften, so kann die jährliche Anpassung auch höher ausfallen.

        

2.)     

Alle 3 Jahre wird von der S automatisch geprüft, ob die gezahlten Erhöhungen ausreichen, um der im Betriebsrentengesetz vorgesehenen Anpassungsregelung zu entsprechen (die Erhöhung der Betriebsrenten im Prüfungszeitraum wird nicht geringer ausfallen als der Anstieg des Verbraucherpreisindexes für Deutschland).

        

3.)     

Sollte der Anstieg des Verbraucherpreisindexes höher sein als die sich aus 1.) und 2.) ergebende Anpassung, so wird die O GmbH, Köln, die S in die Lage versetzen, die im Betriebsrentengesetz vorgesehene Anpassung auch für Ihre Rente durchzuführen.“

6

Von den vier Geschäftsführern war im April 2008 der Geschäftsführer T bereits ausgeschieden. Von den 22 Arbeitnehmern, die eine Einzelzusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erhalten hatten, standen im April 2008 acht Arbeitnehmer noch in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 1., 14 waren bereits ausgeschieden. Sechs der aktiven Arbeitnehmer und der ausgeschiedene Arbeitnehmer K erhielten das Schreiben der Beklagten zu 1. vom 3. April 2008; der Kläger erhielt dieses Schreiben nicht.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagten seien gesamtschuldnerisch verpflichtet, auch seine Betriebsrente jährlich entsprechend dem Inhalt des Schreibens vom 3. April 2008 um 2,2 % anzuheben. Sein Anspruch folge aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Er gehöre zum Kreis der begünstigten Führungskräfte. Die Beklagte zu 1. könne sich nicht darauf berufen, zwischen bereits ausgeschiedenen und noch aktiven Beschäftigten differenzieren zu wollen. Sie habe sich nicht an die von ihr behauptete Differenzierung gehalten. Zudem sei er im April 2008 noch für die Beklagte zu 1. tätig gewesen. Er könne deshalb jedenfalls Gleichbehandlung mit den aktiven Arbeitnehmern verlangen.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn rückständige Betriebsrente für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis zum 31. Juni 2011 iHv. insgesamt 167,10 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 27,85 Euro seit dem 1. Januar, 1. Februar, 1. März, 1. April, 1. Mai und 1. Juni 2011 zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass ihm für die Monate Juli bis Dezember 2011 jeweils eine monatliche Betriebsrente iHv. 7.740,68 Euro brutto zusteht,

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, seine Betriebsrente ungeachtet der Anpassungsprüfungspflicht gemäß § 16 BetrAVG zum 1. eines jeden Kalenderjahres um 2,2 % zu erhöhen.

9

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt. Sie haben die Ansicht vertreten, der Kläger könne seinen Anspruch nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen. Die Beklagte zu 1. habe zwischen den noch aktiven und den bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmern differenzieren dürfen. Daraus, dass dem Arbeitnehmer K die Zusage mit Schreiben vom 3. April 2008 erteilt worden sei, obwohl dieser zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr bei der Beklagten zu 1. beschäftigt gewesen sei, könne der Kläger nichts zu seinen Gunsten ableiten. Der Beklagte zu 2. hat zudem geltend gemacht, er sei nicht passivlegitimiert, da die Verbesserung der Einzelzusagen in Form der jährlichen Anpassung der Betriebsrenten um 2,2 % nicht Gegenstand seiner Versorgungsbedingungen sei.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

11

Die Revisionen der Beklagten sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Wiederherstellung der klageabweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Entgegen der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger keinen Anspruch auf eine jährliche Erhöhung seiner Betriebsrente um 2,2 % aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, weshalb es auf die Passivlegitimation des Beklagten zu 2. nicht ankommt.

12

A. Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für den Klageantrag zu 2. und - in der gebotenen Auslegung - auch für den Klageantrag zu 3.

13

I. Der Klageantrag zu 2. ist zulässig. Er ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO gerichtet und weist das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse auf.

14

1. Der Klageantrag zu 2. ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO gerichtet. Zwar können nach dieser Bestimmung nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie - wie vorliegend - auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 17. September 2013 - 3 AZR 418/11 - Rn. 20 mwN).

15

2. Für den Klageantrag zu 2. ist auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger auf (künftige) Leistung klagen könnte. Zwar hat eine Leistungsklage in der Regel Vorrang vor einer Feststellungsklage. Für eine Feststellungsklage kann allerdings trotz der Möglichkeit einer Leistungsklage ein Feststellungsinteresse bestehen, wenn durch die Feststellung der Streit insgesamt beseitigt und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann (BAG 23. August 2011 - 3 AZR 650/09 - Rn. 31, BAGE 139, 69; 18. September 2007 - 3 AZR 391/06 - Rn. 11). So liegt der Fall hier. Zwischen den Parteien steht die Höhe der Betriebsrente des Klägers für die Monate Juli bis Dezember 2011 im Streit. Die Entscheidung über den Feststellungsantrag führt zu einer endgültigen Beseitigung des Streits über diesen Streitgegenstand. Der Kläger war nach Fälligkeit der Ansprüche auch nicht verpflichtet, den Feststellungsantrag auf einen Leistungsantrag umzustellen.

16

II. Der Klageantrag zu 3. ist in der gebotenen Auslegung zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

17

1. Der Klageantrag zu 3. bedarf der Auslegung. Diese ergibt, dass der Kläger die Feststellung der gesamtschuldnerischen Verpflichtung der Beklagten begehrt, seine Betriebsrente ab dem 1. Januar 2012 jeweils zum 1. Januar eines jeden Kalenderjahres um 2,2 % zu erhöhen. Da der Kläger mit dem Antrag zu 1. rückständige Betriebsrente für die Zeit von Januar 2011 bis Juni 2011 eingeklagt und mit dem Antrag zu 2. die Feststellung der gesamtschuldnerischen Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer um 2,2 % höheren Betriebsrente für die Monate Juli bis Dezember 2011 begehrt hat, geht es ihm mit dem Antrag zu 3. erkennbar darum, die entsprechende Verpflichtung der Beklagten auch für die weitere Zukunft und damit für die Zeit ab dem Jahr 2012 feststellen zu lassen.

18

2. In dieser Auslegung ist der Klageantrag zu 3. zulässig.

19

a) Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Aus ihm ergeben sich sowohl der Zeitpunkt, ab dem der Kläger die jeweilige jährliche Erhöhung seiner Betriebsrente begehrt, als auch der Betrag, um den die Anpassung erfolgen soll.

20

b) Der Klageantrag zu 3. ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSv. § 256 ZPO gerichtet. Für ihn besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, da die Beklagten bestreiten, ab dem 1. Januar 2012 zu einer jährlichen Anpassung der Betriebsrente des Klägers um 2,2 % verpflichtet zu sein.

21

B. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts ist die Klage jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine jährliche Erhöhung seiner Betriebsrente um 2,2 % aus dem als Anspruchsgrundlage allein in Betracht kommenden arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Ob der Beklagte zu 2. passivlegitimiert ist, kann deshalb dahinstehen.

22

I. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist die privatrechtliche Ausprägung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG. Gemäß § 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG können Versorgungsverpflichtungen nicht nur auf einer Versorgungszusage, sondern auch auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung beruhen. Im Bereich des Betriebsrentenrechts hat der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz damit kraft Gesetzes anspruchsbegründende Wirkung (BAG 21. August 2012 - 3 AZR 81/10 - Rn. 23; 16. Februar 2010 - 3 AZR 216/09 - Rn. 56, BAGE 133, 158; 10. Dezember 2002 - 3 AZR 3/02 - zu IV 2 a der Gründe, BAGE 104, 205).

23

1. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer von ihm selbst gegebenen Regel gleich zu behandeln. Dabei ist nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung unzulässig (st. Rspr., vgl. etwa BAG 21. August 2007 - 3 AZR 269/06 - Rn. 21 mwN, BAGE 124, 22). Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet allerdings nur die Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer aus sachfremden Gründen gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage; er verhindert nicht die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer (vgl. etwa BAG 13. Februar 2002 - 5 AZR 713/00 - zu II 1 der Gründe mwN). Stellt der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer unabhängig von abstrakten Differenzierungsmerkmalen in Einzelfällen besser, findet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz keine Anwendung. Erfolgt die Begünstigung unabhängig von abstrakten Merkmalen in Einzelfällen, können sich andere Arbeitnehmer hierauf deshalb zur Begründung gleichartiger Ansprüche nicht berufen (vgl. etwa BAG 21. August 2012 - 3 AZR 81/10 - Rn. 24; 23. August 2011 - 3 AZR 650/09 - Rn. 39, BAGE 139, 69).

24

a) Der Gleichbehandlungsgrundsatz erfordert die Bildung einer Gruppe begünstigter Arbeitnehmer. Eine Gruppenbildung liegt vor, wenn der Arbeitgeber Vergünstigungen nach einem allgemeinen Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt. Die Besserstellung gegenüber anderen Arbeitnehmern muss nach einem oder mehreren Kriterien vorgenommen werden, die bei allen Begünstigten vorliegen (vgl. etwa BAG 21. August 2012 - 3 AZR 81/10 - Rn. 25).

25

b) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verlangt, dass die vorgenommene Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist. Eine sachverhaltsbezogene Ungleichbehandlung verstößt erst dann gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, wenn sie willkürlich ist, weil sich ein vernünftiger Grund für die Differenzierung nicht finden lässt. Dagegen ist bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichbehandlungsgrundsatz bereits dann verletzt, wenn eine Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 448/09 - Rn. 23; 16. Februar 2010 - 3 AZR 216/09 - Rn. 30, BAGE 133, 158).

26

c) Maßgeblich für die Beurteilung, ob für die unterschiedliche Behandlung ein hinreichender Sachgrund besteht, ist vor allem der Regelungszweck. Dieser muss die Gruppenbildung rechtfertigen (BAG 16. Februar 2010 - 3 AZR 216/09 - Rn. 31, BAGE 133, 158). Gerechtfertigt ist danach eine Gruppenbildung, wenn sie einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist (BAG 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 13, BAGE 137, 339).

27

2. Sind die Gründe für die unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern nicht ohne Weiteres erkennbar, ist der Arbeitgeber verpflichtet, diese offenzulegen und jedenfalls im Rechtsstreit mit einem benachteiligten Arbeitnehmer so substantiiert darzutun, dass beurteilt werden kann, ob die Ungleichbehandlung durch sachliche Kriterien gerechtfertigt ist (BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 448/09 - Rn. 25; 12. Oktober 2005 - 10 AZR 640/04 - zu II 2 der Gründe, BAGE 116, 136).

28

II. Danach hat der Kläger keinen Anspruch auf eine jährliche Erhöhung seiner Betriebsrente um 2,2 % aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

29

1. Aus dem Umstand, dass die Beklagte zu 1. sowohl den noch aktiven Geschäftsführern als auch dem ausgeschiedenen Geschäftsführer T die Erhöhung der laufenden Betriebsrentenleistungen um 2,2 % jährlich zugesagt hat, kann der Kläger nichts zu seinen Gunsten ableiten. Bei diesen Personen handelt es sich nicht um Arbeitnehmer. Die Begünstigung von „Nichtarbeitnehmern“ kann Ansprüche aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz von vornherein nicht begründen.

30

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist nicht darauf gerichtet, eine Gleichbehandlung von Arbeitnehmern mit anderen Personen zu gewährleisten, sondern soll sicherstellen, dass eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage unterbleibt. Geschäftsführer einer GmbH wie der Beklagten zu 1. sind keine Arbeitnehmer, sodass sich Arbeitnehmer zur Begründung von Ansprüchen auf Gleichbehandlung nicht darauf berufen können, die Geschäftsführer würden bessergestellt.

31

2. Der Kläger kann auch nicht verlangen, mit den sieben Arbeitnehmern gleichbehandelt zu werden, denen die Beklagte zu 1. mit Schreiben vom 3. April 2008 eine jährliche Erhöhung der laufenden Betriebsrente um 2,2 % zugesagt hat. Diese Arbeitnehmer bilden entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts und des Klägers hinsichtlich der gewährten Begünstigung keine vergleichbare Arbeitnehmergruppe.

32

a) Die Beklagte zu 1. hat nach ihrer Darstellung innerhalb der Gruppe der 22 Arbeitnehmer mit Einzelzusagen auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung für die Begünstigung danach differenziert, ob die Arbeitnehmer im April 2008 noch in einem Arbeitsverhältnis zu ihr standen oder bereits ausgeschieden bzw. Betriebsrentner waren. Diese von der Beklagten zu 1. behauptete Unterscheidung wird entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht dadurch infrage gestellt, dass die Beklagte diese Differenzierung nicht vollständig vollzogen hat. Die Beklagte zu 1. hat sechs von den im April 2008 noch beschäftigten acht Arbeitnehmern die aus dem Schreiben vom 3. April 2008 ersichtliche Erhöhung der laufenden Betriebsrente versprochen; demgegenüber hat sie nur einem von den 14 bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmern die Begünstigung gewährt. Bereits dieses Zahlenverhältnis belegt, dass sich die Zusage der jährlichen Erhöhung der Betriebsrente um 2,2 % nur für die im April 2008 noch aktiven Arbeitnehmer als allgemeine Regel darstellt, während die Begünstigung eines einzelnen bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmers eine Ausnahme bildet.

33

Daraus, dass die Beklagte zu 1. nicht dargelegt hat, weshalb zwei der acht am 3. April 2008 noch aktiven Arbeitnehmer mit Einzelzusage die Begünstigung nicht erhalten haben und weshalb sie einem im April 2008 bereits aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmer entgegen ihrer Absicht, nur die Aktiven zu begünstigen, die Erhöhung der laufenden Betriebsrente um jährlich 2,2 % zugesagt hat, kann der Kläger nichts zu seinen Gunsten ableiten. Die Begünstigung des Arbeitnehmers K stellt sich innerhalb der Gruppe der im April 2008 bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmer erkennbar als Ausnahme im Einzelfall dar, die Ansprüche auf Gleichbehandlung nicht begründen kann. Die Nichtbegünstigung der zwei im April 2008 noch in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 1. stehenden Arbeitnehmer kann - sofern die Beklagte zu 1. keine Gründe hat, die den Ausschluss dieser Arbeitnehmer aus dem begünstigten Personenkreis rechtfertigen - dazu führen, dass diese Arbeitnehmer aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den sechs begünstigten Arbeitnehmern haben; die von der Beklagten zu 1. behauptete Differenzierung nach noch im Arbeitsverhältnis stehenden und bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmern wird dadurch nicht infrage gestellt.

34

b) Die Differenzierung zwischen den im April 2008 noch aktiven und den zu diesem Zeitpunkt bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmern ist sachlich gerechtfertigt. Zwischen den noch aktiven Arbeitnehmern auf der einen Seite und den bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmern und den Betriebsrentnern auf der anderen Seite bestehen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung rechtfertigen.

35

aa) Die Beklagte zu 1. will mit der Zusage einer jährlichen Anpassung der Betriebsrente um 2,2 % an die aktiven Arbeitnehmer erkennbar nicht nur abgeleistete Betriebszugehörigkeit honorieren, sondern auch einen Anreiz für künftige Betriebszugehörigkeit schaffen. Dadurch sollen Fluktuationen und Wechsel zu anderen Arbeitgebern verhindert werden. Eine solche Zielsetzung liegt insbesondere bei Arbeitnehmern in Führungspositionen nahe, da der Arbeitgeber an deren Weiterbeschäftigung regelmäßig ein besonderes Interesse hat. Diese Arbeitnehmer sollen davon abgehalten werden, ihr Arbeitsverhältnis von sich aus vorzeitig zu beenden und die gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen anderweitig zu verwenden.

36

bb) Das mit der Differenzierung verfolgte Ziel, die Arbeitnehmer an das Unternehmen zu binden, ist rechtmäßig.

37

Der Arbeitgeber kann mit Leistungen der betrieblichen Altersversorgung unterschiedliche Zwecke verfolgen. Die betriebliche Altersversorgung soll die wirtschaftliche Lage der Arbeitnehmer im Alter verbessern. Außerdem dient die betriebliche Altersversorgung dazu, die von den Arbeitnehmern gezeigte Betriebszugehörigkeit zu belohnen und weitere Betriebszugehörigkeit zu fördern. Hierbei handelt es sich um ein rechtmäßiges Ziel. Dem steht nicht entgegen, dass die betriebliche Altersversorgung über den Versorgungscharakter hinaus Entgeltcharakter hat. Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sind zwar auch Entgelt für die im Arbeitsverhältnis erbrachte Betriebszugehörigkeit. Insoweit besteht ein gegenseitiges Austauschverhältnis von Leistung und Gegenleistung. Dieses wird jedoch allein durch den mit der Ausgestaltung einer Zusage verfolgten Zweck, weitere Betriebszugehörigkeit zu fördern, nicht infrage gestellt (vgl. BAG 30. November 2010 - 3 AZR 754/08 - Rn. 33).

38

cc) Die Differenzierung zwischen den im April 2008 noch aktiven und den bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmern ist zur Erreichung des Ziels, weitere Betriebszugehörigkeit zu fördern, ohne Weiteres geeignet und auch angemessen. Weitere Betriebszugehörigkeit können nur Arbeitnehmer erbringen, die noch in einem Arbeitsverhältnis zu dem Arbeitgeber stehen.

39

dd) Aus dem vom Kläger angezogenen Urteil des Senats vom 10. Februar 2009 (- 3 AZR 653/07 -) folgt nichts anderes. Der Senat hat in dieser Entscheidung nicht angenommen, der Arbeitgeber dürfe bei Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nicht ohne Weiteres zwischen aktiven und bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmern differenzieren. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsstreit hatten die Parteien nicht über Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, sondern über Beihilfeleistungen gestritten. Im Übrigen markieren das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis sowie der Eintritt des Versorgungsfalls nach ständiger Rechtsprechung des Senats eine Zäsur und sind deshalb sachgerechte Anknüpfungspunkte für versorgungsrechtliche Bestimmungen (vgl. etwa BAG 11. August 2009 - 3 AZR 363/08 - Rn. 39).

40

3. Der Kläger kann seinen Anspruch nicht mit Erfolg darauf stützen, er gehöre zu der Gruppe der im April 2008 noch aktiven Arbeitnehmer, da er nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1. noch über den Monat April 2008 hinaus für diese beratend tätig war. Es kann dahinstehen, welche Tätigkeiten der Kläger nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 1. am 31. Dezember 2005 für diese erbracht hat. Der Kläger zählt bereits deshalb nicht zur Gruppe der aktiven Arbeitnehmer, da er im April 2008 nicht mehr dem Führungskreis der Beklagten zu 1. angehörte und zudem bereits eine Betriebsrente bezog.

41

Die Beklagte zu 1. hat die jährliche Erhöhung der laufenden Betriebsrente um 2,2 % nur Arbeitnehmern zugesagt, denen eine Einzelzusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erteilt worden war. Dies diente dem Zweck, eine weitere Betriebszugehörigkeit dieser Arbeitnehmer zu fördern. Die Einzelzusagen für betriebliche Altersversorgung hatte die Beklagte zu 1. nur einem bestimmten Personenkreis erteilt. Hierzu gehörten - mit Ausnahme der Chefsekretärin - nur Mitglieder des Führungskreises, dh. Abteilungsleiter und Geschäftsführer. Damit war auch die Verbesserung der Versorgungszusage in Gestalt der Zusage der jährlichen Erhöhung der laufenden Betriebsrente um 2,2 % erkennbar an die Wahrnehmung einer entsprechenden Tätigkeit als Mitglied des Führungskreises gekoppelt. Die weitere Betriebszugehörigkeit dieses Personenkreises sollte gefördert werden. Da der Kläger im April 2008 nicht mehr zum Führungskreis gehörte, sondern aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1. ausgeschieden war und von dieser eine Betriebsrente bezog, ist er mit den im April 2008 begünstigten aktiven Arbeitnehmern nicht vergleichbar.

42

4. Aus der Begünstigung des im April 2008 bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmers K kann der Kläger nichts zu seinen Gunsten ableiten. Der Arbeitnehmer K ist der einzige der 14 im April 2008 bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmer, dessen Versorgungszusage durch das Schreiben der Beklagten zu 1. vom 3. April 2008 eine Verbesserung erfahren hat. Damit hat die Beklagte zu 1. den Arbeitnehmer K unabhängig von den von ihr aufgestellten abstrakten Differenzierungsmerkmalen im Einzelfall bessergestellt. Dies steht einem Anspruch des Klägers auf Gleichbehandlung entgegen.

43

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    Schmalz    

        

    Hormel    

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.