Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 19. Dez. 2017 - 6 Sa 241/17

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:1219.6Sa241.17.00
bei uns veröffentlicht am19.12.2017

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 22. März 2017 - 7 Ca 701/16 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen die Parteien jeweils zur Hälfte.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Vereinbarung einer Nebenabrede zum Arbeitsvertrag und um die Zuweisung eines Arbeitsplatzes an einem bestimmten Ort.

2

Der Kläger trat zum 11. September 2012 zunächst befristet als vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer in die Dienste der Beklagten ein. nach mehrfacher einvernehmlicher Verlängerung der Befristung schlossen die Parteien zuletzt unter Angabe des Sachgrundes der Vertretung unter dem 13. Januar 2015 einen bis 28. Februar 2015 befristeten Arbeitsvertrag (Bl. 194 d. A), in dem es ua. heißt:

3

"…

4

Der Arbeitnehmer wird am 18.01.2015 als AN vollbeschäftigt mit der jeweils geltenden regelmäßigen durchschnittlichen Arbeitszeit eingestellt.

5

Für das Arbeitsverhältnis sind die jeweils für den Betrieb einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung anzuwenden. Dies sind zur Zeit der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Deutschen Post AG (MTV-DPAG), der Entgelttarifvertrag (ETV-DPAG) und die sonstigen Tarifverträge für die Arbeitnehmer der Deutschen Post AG.

6

Der Arbeitnehmer wird aufgrund seiner Tätigkeit eingruppiert in die EGr 3 ETV-DPAG. …“

7

Bis zum 28. Februar 2015 war der Kläger ausschließlich in der Zustellbasis L R als Paketzusteller eingesetzt. Er war hierbei - wie von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer am 19. Dezember 2017 unstreitig gestellt - intern der Abteilung 36 (Auslieferung PAKET) zugeordnet, in der sich Mitarbeiter befinden, die ausschließlich mit der sog. Paketzustellung in kompakten Gebieten befasst sind, während Mitarbeiter, die der Abteilung 33 (BRIEF) zugeordnet sind, mit der Verbundzustellung (dh. Brief- und Paketzustellung) und der Regelzustellung Pakete (Inselzustellung) betraut sind. Sämtliche Mitarbeiter der Beklagten in der Zustellung, auch die der Abteilung 36 zugeordneten Mitarbeiter, verfügen über Arbeitsverträge, in deren der Umsetzung des NachweisG dienender Anlage einheitlich als Beschreibung der zu leistenden Tätigkeit „Arbeitnehmer im Betriebsdienst“ aufgeführt ist.

8

Die Beklagte gründete zum 01. Februar 2015 bundesweit 49 Regionalgesellschaften für die Auslieferung Paket, die künftig das Geschäft der Paketauslieferung abbilden sollen und mit Tarifbindung an die jeweiligen Tarifgebiete Spedition und Logistik angebunden sind. Im Bereich der Niederlassung M wurde die D D M GmbH mit Geschäftssitz in L am Rhein gegründet. Allen bei der Beklagten befristet beschäftigten Mitarbeitern, auch dem Kläger, wurde im Laufe des Monats Februar 2015 eine unbefristete Anschlussbeschäftigung bei den D-Gesellschaften angeboten. Der Kläger nahm das Angebot nicht an. Er wurde von der Beklagten wegen Befristungsablaufs nach dem 28. Februar 2015 zunächst nicht weiterbeschäftigt und hat beim Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein unter dem Aktenzeichen 8 Ca 346/15 Befristungskontrollklage erhoben.

9

Die Gewerkschaft ver.di führte im Hinblick auf die Gründung der D-Gesellschaften in der Folge einen Arbeitskampf. Am 5. Juli 2015 wurde eine "Gemeinsame Erklärung des Vorstands der C. und der Ver.di" veröffentlicht (vgl. Blatt 34 ff. d. A.; im Folgenden "Gemeinsame Erklärung"). Darin heißt es unter anderem:

"

10

Der Vorstand der C. und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di setzen nachstehende Eckpunkte in vertragliche bzw. tarifvertragliche Vereinbarungen um. Die vertraglichen und tarifvertraglichen Regelungen werden bis spätestens zum 31.07.2015 abgeschlossen.

11

1. Paketzustellung

12

(1) Die 7.634 derzeit bei der C. beschäftigten Paketzusteller bleiben Paketzusteller in der C.. Diese Zusage wird individualrechtlich umgesetzt.

13

(2) Für ehemals bei der C. befristet beschäftigte Kräfte der D D-Gesellschaften wird im Falle betriebsbedingter Beendigungskündigungen oder betriebsbedingter Änderungskündigungen zur Herabsetzung der Wochenarbeitszeit oder einer Insolvenz der D D-Gesellschaften ein einzelvertraglich geregeltes Rückkehrrecht zur C. unter Anerkennung der bei den D D-Gesellschaften erbrachten Beschäftigungszelten vereinbart. Die Einstellung bei der C. erfolgt gleichwertig (Entgeltgruppe 3, Wochenarbeitszeit) und unbefristet.

14

15

Erklärung zur Ergebnisniederschrift:

16

1. Zu 1. Paketzustellung

17

Paketzusteller, die vorübergehend in anderen Zustellbasen eingesetzt sind, kehren bis spätestens 15.09.2015 in ihre bisherige Zustellbasis zurück.

18

Versetzungen aus den Paketzustellbasen finden nicht statt, um den Bezirk des Paketzustellers fremd zu vergeben.

19

…"

20

In einem internen Regelungsbogen C. Tarifrunde 2015 vom 13. Juli 2015 (vgl. Bl. 174 ff. d. A.; im Folgenden: Regelungsbogen) heißt es ua.:

21

1 Regelungen für die Paketzustellung

22

Die 7.634 derzeit bei der C. beschäftigten Paketzusteller bleiben Paketzusteller in der C.. Diese Zusage wird individualrechtlich umgesetzt. Hierunter fallen auch Paketzusteller, die zum 01.07.2015 mehr als 24 Monate ununterbrochen befristet beschäftigt waren und anlässlich der Umsetzung der „Gemeinsamen Erklärung" entsprechend der Regelungen nach Ziffer 5 dieser Anweisung unbefristet beschäftigt werden.

23

Die betroffenen Paketzusteller erhalten eine nach ihrem Status als Arbeitnehmer oder Beamte differenzierte individualrechtliche Zusage gemäß beigefügter Anlage; ein Doppel wird in die Personalakte aufgenommen. Zur Umsetzung erhalten die Niederlassungen eine Liste mit den jeweils erforderlichen Angaben.

24

Paketzusteller, die vorübergehend in anderen Zustellbasen eingesetzt sind, kehren in ihre bisherige Zustellbasis zurück.

25

Versetzungen aus den Paketzustellbasen finden nicht statt, um den Bezirk des Paketzustellers fremd zu vergeben.

26

…“

27

Das Muster zur Nebenabrede gemäß Anlage zu Ziff. 1 des internen Regelungsbogens hat folgenden Inhalt:

28

„Nebenabrede zum Arbeitsvertrag vom „Datum“ in der Fassung vom „Datum“

29

Zwischen der C.

30

Niederlassung Brief …

31
- nachfolgend Arbeitgeberin -
32

und …

33
- nachfolgend Arbeitnehmer (in) -

34

wird folgende Nebenabrede geschlossen:

35

(1) Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin ist bei der Arbeitgeberin als Paketzusteller/in beschäftigt.

36

(2) Die Arbeitgeberin ist nicht berechtigt, der Arbeitnehmerin/ dem Arbeitnehmer andere Arbeiten zu übertragen, es sei denn dies ist aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen (gesundheitsbedingte Einschränkungen, Verlust der Fahrerlaubnis) erforderlich.

37

(3) Eine ordentliche Kündigung dieser Nebenabrede ist ausgeschlossen.“

38

In der Folgezeit bot die Beklagte den bei ihr am 1. Juli 2015 mehr als 24 Monate ununterbrochen beschäftigten Paketzustellern entsprechend der Anlage zum internen Regelungsbogen eine Nebenabrede zum Arbeitsvertrag an. Dem Kläger wurde eine derartige Nebenabrede nicht angeboten.

39

Mit Urteil vom 16. Juli 2015 - 8 Ca 346/15 -, hat das Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein auf Antrag des Klägers festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Befristung im Arbeitsvertrag vom 13. Januar 2015 nicht zum 28. Februar 2015 geendet hat.

40

Mit Schreiben vom 24. Juli 2015 forderte die Beklagte den Kläger auf, ab dem 28. Juli 2015 seine Tätigkeit als Zusteller beim Zustellstützpunkt A aufzunehmen. Mit Schreiben vom 31. Juli 2015 (vgl. Blatt 203 d. A.) versetzte die Beklagte den Kläger ab dem 3. August 2015 in den Zustellstützpunkt B D.

41

Unter dem 7. August 2015 schlossen der Kläger und die Beklagte einen neuen unbefristeten Arbeitsvertrag (vgl. Blatt 68 d. A.). Die vorzitierte Nebenabrede für Paketzusteller bot die Beklagte dem Kläger nicht an. In dem neuen Arbeitsvertrag ist unter anderem geregelt:

42

"…

43

Der Arbeitnehmer wird am 01. März 2015 als AN vollbeschäftigt mit der jeweils geltenden regelmäßigen durchschnittlichen Arbeitszeit eingestellt.

44

Für das Arbeitsverhältnis sind die jeweils für den Betrieb einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung anzuwenden. Dies sind zur Zeit der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Deutschen Post AG (MTV-DPAG), der Entgelttarifvertrag (ETV-DPAG) und die sonstigen Tarifverträge für die Arbeitnehmer der Deutschen Post AG.

45

Der Arbeitnehmer wird aufgrund seiner Tätigkeit eingruppiert in die EGr 3 ETV-DPAG.

46

…"

47

Gemäß Anlage 1 zum Arbeitsvertrag lautet die Bezeichnung der zu leistenden Tätigkeit „Arbeitnehmer im Betriebsdienst“ (vgl. Bl. 384 d. A.). Wegen der Einzelheiten des Arbeitsvertrages und dessen Anlage 1 wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

48

Mit Schreiben vom 2. September 2015 (vgl. Blatt 205 d. A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er ab dem 3. August 2015 dauerhaft als Paketzusteller bei der Zustellbasis L, zum ZSPL N, in den ZSP B D, in die Zustellung umgesetzt werde.

49

In der Folgezeit setzte die Beklagte den Kläger an verschiedenen Standorten immer wieder auch in der Verbundzustellung ein. Der Kläger erlitt - nach seiner Auffassung aufgrund des mit dieser Tätigkeit verbundenen Sortierens und Steckens von Briefen - immer wieder Schwindel und eine damit verbundene Arbeitsunfähigkeit.

50

Der Kläger hat am 19. April 2016 beim Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein Klage auf Abschluss einer Nebenabrede zu seinem bisherigen Arbeitsvertrag erhoben und hilfsweise erstinstanzlich zuletzt die Zuweisung eines seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen berücksichtigenden Arbeitsplatzes verfolgt.

51

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, er habe einen Anspruch auf Abschluss der geltend gemachten Nebenabrede aus der Gemeinsamen Erklärung bzw. aus der Gemeinsamen Erklärung in Verbindung mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Aus der Gemeinsamen Erklärung ergebe sich, dass vorübergehend in anderen Zustellbassen eingesetzte Paketzusteller spätestens bis 15. September 2015 in ihre bisherige Zustellbasis zurückkehren sollten. Dies habe auch für ihn zu gelten, da er ausschließlich wegen seiner Befristungskontrollklage im Juli 2015 tatsächlich nicht beschäftigt worden sei. Er sei der einzige Kollege aus L, der gegen seinen Willen versetzt worden sei. Ihm sei bekannt, dass der Mitarbeiter der Paketzustellung L D aus persönlichen Gründen um eine Versetzung in die Verbundzustellung gebeten habe. Auch der Mitarbeiter S sei aus der Paketzustellung ausgeschieden, ein weiterer Mitarbeiter sei verrentet worden. Bei der Bestimmung des Arbeitsortes habe die Beklagte seine anerkennenswerten persönlichen Belange (mit Ehefrau und zwei Kindern in L lebend und dort seit Beginn des Arbeitsverhältnisses eingesetzt) zu berücksichtigen. Es werde bestritten, dass er immer dann an Schwindel leide, wenn ihm die aufgetragene Beschäftigung widerstrebe.

52

Der Kläger, der in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 22. März 2017 der Beklagten durch seinen Prozessbevollmächtigten das entsprechende Angebot unterbreitet hat, hat zuletzt beantragt,

53

1. die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot auf Abschluss einer Nebenabrede zum Arbeitsvertrag vom 7. August 2015

54

mit dem folgenden Inhalt anzunehmen:

55

(1) Der Arbeitnehmer ist bei der Arbeitgeberin als Paketzusteller beschäftigt.

56

(2) Der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers befindet sich derzeit an der Zustellungsbasis L a R.

57

(3) Die Arbeitgeberin ist nicht berechtigt, dem Arbeitnehmer andere Arbeiten zu übertragen, es sei denn dies ist aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen (z. B. gesundheitsbedingte Einschränkungen, Verlust der Fahrerlaubnis) erforderlich.

58

(4) Eine ordentliche Kündigung dieser Nebenabrede ist ausgeschlossen.

59

hilfsweise mit dem folgenden Inhalt anzunehmen:

60

(1) Der Arbeitnehmer ist bei der Arbeitgeberin als Paketzusteller beschäftigt.

61

(2) Die Arbeitgeberin ist nicht berechtigt, dem Arbeitnehmer andere Arbeiten zu übertragen, es sei denn, dies ist aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen (z. B. gesundheitsbedingte Einschränkungen, Verlust der Fahrerlaubnis) erforderlich.

62

(3) Eine ordentliche Kündigung dieser Nebenabrede ist ausgeschlossen.

63

hilfsweise,

64

2. die Beklagte zu verurteilen, ihm einen seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen berücksichtigenden Arbeitsplatz zuzuweisen.

65

Die Beklagte hat beantragt,

66

die Klage abzuweisen.

67

Sie hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, aus der als schuldrechtliche Vereinbarung der Tarifvertragsparteien zu qualifizierenden Gemeinsamen Erklärung der Tarifvertragsparteien könne der Kläger als Dritter keinen Anspruch auf die geforderte Nebenabrede herleiten. Der Kläger gehöre nicht zum von der Vereinbarung begünstigten Personenkreis, da die Tarifvertragsparteien eine Erklärung zum Bestand der bereits langfristig als Paketzusteller eingesetzten Mitarbeiter hätten abgeben wollen. Da es in L wegen der Durchführung des künftigen Paketgeschäfts durch die D D GmbH M keinen freien Arbeitsplatz als Paketzusteller gebe, sei dem Kläger zunächst der Zustellstützpunkt A angeboten worden. Aus Entgegenkommen sei er im Rahmen des Direktionsrechts wohnortnäher in B D als Verbundzusteller eingesetzt worden, die zumutbare Entfernung zum Wohnort betrag 21 km. Es sei keinesfalls so, dass die Schwindelattacken des Klägers nur beim Vorbereiten von Briefen aufträten, sondern ihrer Ansicht nach, wenn dem Kläger ihm aufgetragene Tätigkeiten widerstrebten. Der Arbeitsplatz des Mitarbeiters D in der Abteilung 36 (Auslieferung Paket) sei im Rahmen der Verbundausweitung in die Abteilung 33 (Verbundzustellung) übergegangen.

68

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 22. März 2017 dem Hauptantrag des Klägers, jedoch mit dem hilfsweise begehrten Inhalt, stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe einen Anspruch auf Abschluss einer Nebenabrede mit dem hilfsweise geforderten Inhalt, da die Gemeinsame Erklärung nach gebotener Auslegung zwar kein Tarifvertrag, jedoch eine schuldrechtliche Vereinbarung sei, die gegenüber dem genannten Personenkreis einen Anspruch auf Verbleib als Paketzusteller bei der Beklagten begründe und die Beklagte den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verletze, indem sie dem Kläger die Nebenabrede gemäß ihres internen Regelungsbogens verwehre. Der Kläger gehöre - obgleich er vorübergehend nicht beschäftigt worden sei - aufgrund der festgestellten Unwirksamkeit der letzten Befristungsabrede und auch infolge des Arbeitsvertrages vom 07. August 2015 zur begünstigten Gruppe der Paketzusteller, da es allein auf den Bestand eines Beschäftigungsverhältnisses ankomme und die Beklagte dem Kläger noch mit Schreiben vom 02. September 2015 mitgeteilt habe, er werde als Paketzusteller von der Zustellbasis L dauerhaft in den Stützpunkt B D umgesetzt. Da der Arbeitsvertrag vom 07. August 2015 keine Regelung zu einer bestimmten Tätigkeit enthalte, habe der Kläger durch diesen Vertrag auch nicht auf seinen Anspruch verzichtet. Demgegenüber habe der Kläger jedenfalls deshalb keinen Anspruch auf eine Nebenabrede mit dem Inhalt des Beschäftigungsortes L, weil in der Erklärung zur Ergebnisniederschrift - anders als bei der Beschäftigung als Paketzusteller - keine individualrechtliche Umsetzung vorgesehen sei. Es ergebe sich auch kein Anspruch auf Abschluss einer Nebenabrede mit der im Hauptantrag geforderten Festlegung des Arbeitsortes L aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, da der Kläger nicht vorgetragen habe, dass vergleichbare Arbeitnehmer derartige Nebenabreden geschlossen hätten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 223 ff. d. A. verwiesen.

69

Der Kläger hat gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 06. April 2017 zugestellte Urteil mit am 05. Mai 2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 20. April 2017 Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist mit am 05. Juli 2017 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag begründet.

70

Die Beklagte hat gegen das ihr am 11. April 2017 zugestellte Urteil mit am 09. Mai 2017 Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist mit am 11. Juli 2017 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag begründet.

71

Der Kläger trägt zweitinstanzlich nach Maßgabe seiner Berufungsbegründungsschrift vom 05. Juli 2017 und seiner Berufungserwiderungsschrift vom 15. August 2017, hinsichtlich deren weiteren Inhaltes auf Bl. 274 ff. und Bl. 334 ff. d. A. ergänzend Bezug genommen wird, im Wesentlichen vor,

72

er verfolge seinen weitergehenden Antrag in modifizierter Form weiter, der darauf gerichtet sei, ihn, der derzeit im Zustellstützpunkt S als Paketzusteller tätig sei, an seinem ursprünglichen Arbeitsplatz im Postzustellungszentrum L am Rhein einzusetzen. Aus der Erklärung zur Ergebnisniederschrift zur Gemeinsamen Erklärung ergebe sich, dass Paketzusteller, die vorübergehend in anderen Zustellbasen eingesetzt worden seien, spätestens zum 15. September 2015 wieder zurückkehren und Versetzungen aus den Paketzustellbasen zum Zwecke der Fremdvergabe des Bezirks des Paketzustellers nicht erfolgen sollten. Gleiches ergebe sich aus dem internen Regelungsbogen der Beklagten. Die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates zu seinen Versetzungen werde bestritten. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht sein rechtliches Gehör verletzt, indem es nicht darauf hingewiesen habe, dass sein Klagebegehren nicht im Wege der Nebenabrede erfolgreich sein könne, da er anderenfalls bereits erstinstanzlich den nunmehr gestellten Antrag auf Zuweisung eines Arbeitsplatzes im Postzustellungszentrum L gestellt hätte. Es werde bestritten, dass er nicht auf einer der Listen, die der Gemeinsamen Erklärung zugrunde gelegen hätten, genannt sei und dass deren Sinn und Zweck allein der Schutz langjähriger Paketzusteller habe sein sollen. Die Gewerkschaft ver.di habe mit dem Arbeitskampf zwar nicht die Auslagerung der Paketzustellung verhindern können, aber erreicht, dass die unbefristet tätigen Paketzusteller ungeachtet der Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit weiterhin bei der Beklagten beschäftigt und ausschließlich als Paketzusteller tätig bleiben sollten. Eine Einschränkung in Bezug auf die Betriebszugehörigkeit sei nicht ersichtlich. Darauf, dass nach Entgeltgruppe 3 auch die Briefzusteller vergütet würden, komme es nicht an.

73

Der Kläger, der nach Hinweis im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer am 19. Dezember 2017 an seiner selbstständigen Berufung nicht festgehalten, sondern gebeten hat, diese in eine zulässige unselbstständige Anschlussberufung umzudeuten, beantragt,

74

das angefochtene Urteil abzuändern.

75

1. Die Beklagte wird verurteilt, das Angebot des Klägers auf Abschluss einer Nebenabrede zum Arbeitsvertrag vom 7. August 2015 mit folgendem Inhalt anzunehmen:

76

(1) Der Arbeitnehmer ist bei der Arbeitgeberin als Paketzusteller beschäftigt.

77

(2) Die Arbeitgeberin ist nicht berechtigt, dem Arbeitnehmer andere Arbeiten zu übertragen, es sei denn, dies ist aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen (z. B. gesundheitsbedingte Einschränkungen, Verlust der Fahrerlaubnis) erforderlich.

78

(3) Eine ordentliche Kündigung dieser Nebenabrede ist ausgeschlossen.

79

2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger seinen Arbeitsplatz im Postzustellungszentrum L  R zuzuweisen.

80

3. Die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

81

Die Beklagte beantragt,

82

1. unter Abänderung des am 22. März 2017 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein die Klage insgesamt abzuweisen.

83

2. die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

84

Sie hat nach Maßgabe ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 11. Juli 2017 und ihres Berufungserwiderungsschriftsatzes, auf die jeweils Bezug genommen wird (Bl. 306 ff. und Bl. 341 ff. d. A.), zweitinstanzlich im Wesentlichen geltend,

85

dem Kläger stehe der Anspruch auf Abschluss der Nebenabrede mit dem ausgeurteilten Inhalt nicht zu. Auch wenn man noch davon ausgehen möge, dass die Gemeinsame Erklärung als Vertrag zu Gunsten Dritter anzusehen sei, gehöre der Kläger nicht zum berechtigten Personenkreis. Er habe zu keinem Zeitpunkt einen Arbeitsvertrag als reiner Paketzusteller gehabt, sondern lediglich einen solchen, der ihm eine Tätigkeit nach Entgeltgruppe 3 ETV DP AG abverlange, ohne dass eine Konkretisierung ersichtlich sei. Danach könne er beispielsweise auch als Briefzusteller eingesetzt werden. Ausweislich der Anlage 1 des zum Stichtag des 05. Juli 2015 geltenden Arbeitsvertrages vom 07. August 2015 habe der Einsatz des Klägers an verschiedenen Arbeitsorten als Arbeitnehmer im Betriebsdienst erfolgen sollen. Auf den Listen, die Grundlage der Gemeinsamen Erklärung gewesen seien, sei der Name des Klägers nicht enthalten gewesen. Auch die Beklagte sei nicht davon ausgegangen, dass der Kläger als Paketzusteller zu qualifizieren sei. Das Arbeitsgericht verkenne den Unterschied zwischen der Abteilung 33 (Verbundzustellung) einerseits und der Abteilung 36 (Auslieferung PAKET) andererseits. Der Kläger sei und werde künftig in Abteilung 33 eingesetzt. Die Gemeinsame Erklärung biete keinen individuellen Rechtsanspruch für einzelne Arbeitnehmer, sich in Abteilung 36 einzuklagen. Sinn und Zweck der Gemeinsamen Erklärung sei allein darin zu sehen, langjährige Arbeitnehmer ausschließlich in der reinen Paketzustellung (Abteilung 36) weiterzubeschäftigen (Zeugnis B). Unter diese 7634 Mitarbeiter falle der Kläger mit seinem am 05. Juli 2017 2 Jahre und 10 Monate andauernden Arbeitsverhältnis nicht. Der Betriebsrat sei ausweislich der vorgelegten Unterlagen (Bl. 353 ff. d. A.) ordnungsgemäß vor den jeweiligen Versetzungen beteiligt worden.

86

Im Übrigen wird wegen des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 19. Dezember 2017 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A

87

Die zulässige Berufung der Beklagten und die in eine zulässige Anschlussberufung umzudeutende Berufung des Klägers sind nicht begründet.

88

I. Die Berufung der Beklagten und die als zulässige Anschlussberufung zu verstehende Berufung des Klägers sind zulässig.

89

1. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 2 Buchstabe b ArbGG), wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 11. April 2017 mit am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 09. Mai 2017 form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 519 ZPO) und innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist mit am gleichen Tag eingegangenem Schriftsatz vom 11. Juli 2017 rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 ZPO).

90

2. Die Anschlussberufung des Klägers ist zulässig.

91

a) Die vom Kläger ursprünglich eingelegte Hauptberufung erwies sich als unzulässig. Das Rechtsmittel der Berufung setzt voraus, dass der Berufungskläger die Beseitigung einer in der angefochtenen Entscheidung liegenden Beschwer erstrebt; dies erfordert, dass der im ersten Rechtszug erhobene Anspruch wenigstens teilweise weiterverfolgt wird; ein im Wege der Klageänderung neuer, bisher nicht gestellter Anspruch kann nicht das alleinige Ziel eines Rechtsmittels sein (BAG 15. November 2016 - 9 AZR 125/16 - Rn. 10, 23. Februar 2016 - 1 ABR 5/14 - Rn. 12, jeweils zitiert nach juris). Das Arbeitsgericht hat der auf Abschluss einer Nebenabrede gerichteten Klage im Antrag zu 1) mit der hilfsweise verfolgten Formulierung stattgegeben. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger hingegen ausschließlich die Verurteilung der Beklagten, ihm einen Arbeitsplatz in L zuzuweisen. Dieser Anspruch auf Zuweisung eines Arbeitsplatzes im Wege des Direktionsrechts unterscheidet sich vom erstinstanzlich im Hauptantrag verfolgten Begehren auf Abschluss einer Nebenabrede, auch wenn der Kläger im Rahmen derer die Aufnahme des Standortes L begehrt hat und insoweit unterlegen war. Da das alleinige Ziel der Berufung des Klägers in der erstmals im Berufungsverfahren geltend gemachten Anspruch auf Zuweisung eines Arbeitsplatzes in Ludwigshafen im Wege des Direktionsrechts bestanden hat, war seine Hauptberufung mangels Beschwer als unzulässig zu qualifizieren.

92

b) Die unzulässige Hauptberufung des Klägers war jedoch in eine zulässige Anschlussberufung umzudeuten. Auch im Verfahrensrecht kann der Gedanke des § 140 BGB (Umdeutung) herangezogen werden. Eine unzulässige Hauptberufung ist in eine unselbstständige Anschlussberufung umzudenken, wenn die Voraussetzungen für eine zulässige Anschlussberufung vorliegen und die Umdeutung von dem mutmaßlichen Parteiwillen gedeckt wird (BGH 2. Februar 2016 - VI ZB 33/15 - Rn. 7, zitiert nach juris). Dies ist vorliegend der Fall. Der Kläger, der sich der mündlichen Verhandlung vom 19. Dezember 2017 nach Hinweis der Berufungskammer auf die Umdeutung seiner Berufung in eine Anschlussberufung berufen hat, hat die formellen Voraussetzungen des § 524 ZPO gewahrt; insbesondere bestehen gegen die Rechtzeitigkeit der Anschließung auch insoweit keine Bedenken, als im in der klägerischen Berufungsbegründung angekündigten Antrag zu 2 eine Klageerweiterung liegt, da eine solche im Rahmen einer Anschließung zulässig ist (vgl. BGH 2. Februar 2016 - VI ZB 33/15 - Rn. 10, aaO). Die Anschlussberufung erfordert keine eigenständige Beschwer (BAG 19. Mai 2016 - 3 AZR 766/14 - Rn. 14; BGH 10. Mai 2011 - VI ZR 152/10 - Rn. 9 f., jeweils zitiert nach juris).

93

II. Weder die Berufung der Beklagten, noch die Anschlussberufung des Klägers haben in der Sache Erfolg.

94

1. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis und weit überwiegend in der Begründung mit sorgfältigen Erwägungen zu Recht angenommen, dass der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Abschluss der Nebenabrede mit den erstinstanzlich hilfsweise begehrten Eckpunkten auf Beschäftigung als Paketzusteller hat.

95
1.1. Der Anspruch des Klägers auf Abschluss einer Nebenabrede mit dem hilfsweise verlangten Inhalt über eine Beschäftigung als Paketzusteller ergibt sich - anders als vom Arbeitsgericht angenommen - unmittelbar aus Ziff. 1 Abs. 1 der Gemeinsamen Erklärung vom 05. Juli 2015.

96

a) Das Arbeitsgericht ist in Ergebnis und Begründung zutreffend davon ausgegangen, dass die Gemeinsame Erklärung vom 05. Juli 2015 keine tarifvertragliche Regelung darstellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt die Berufungskammer auf die diesbezüglichen Ausführungen in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils (S. 9 f. = Bl. 223 f. d. A.) Bezug und stellt dies ausdrücklich fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Auch die Parteien gehen im Berufungsverfahren von einem Tarifcharakter der Vereinbarung nicht aus.

97

b) Ziff. 1 Abs. 1 der Gemeinsamen Erklärung vom 05. Juli 2015 gewährt dem Kläger als schuldrechtliche Vereinbarung der Tarifvertragsparteien mit berechtigender Wirkung zu Gunsten Dritter einen Anspruch auf Abschluss einer Nebenabrede zum Arbeitsvertrag, wie sie der Kläger erstinstanzlich mit der hilfsweise zum Hauptantrag zu 1) geltend gemachten Formulierung verlangt hat.

98

aa) Nach § 328 Abs. 1 BGB können die Vertragsparteien eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung vereinbaren, dass der Dritte - ohne in die Stellung eines Vertragschließenden einzurücken - unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern. Maßgebend sind nach § 328 Abs. 1 BGB die ausdrücklichen oder im Wege der Auslegung zu ermittelnden Anordnungen des Vertrages. Begrenzt wird diese rechtliche Möglichkeit dadurch, dass Lasten für nicht am Vertrag beteiligte Dritte durch einen Vertrag nicht begründet werden können. Einem Vertrag zulasten Dritter stehen die Grundsätze der Privatautonomie entgegen (vgl. insgesamt mwN im Einzelnen: BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 441/09 - Rn. 24, zitiert nach juris). Es ist aber statthaft, für einen Dritten in dem Vertrag, der zu seinen Gunsten geschlossen wird, einen schuldrechtlichen Anspruch gegenüber dem Versprechenden zu begründen, mit ihm einen bestimmten Vertrag zu vereinbaren; dem Dritten kann eine Verpflichtung dergestalt auferlegt werden, dass er das Recht nur erwirbt, wenn er eine Verpflichtung übernimmt (vgl. mwN im Einzelnen: BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 441/09 - Rn. 25, aaO). Der Inhalt der Regelungen eines derartigen Vertrages ist nach §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Ausgehend vom Wortlaut der Klauseln ist deren objektiver Bedeutungsgehalt zu ermitteln. Maßgebend ist dabei der allgemeine Sprachgebrauch unter Berücksichtigung des vertraglichen Regelungszusammenhangs. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind schließlich auch der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die Interessenlage der Beteiligten (vgl. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 32; 20. April 2005 - 4 AZR 292/04 - Rn. 18 10. Dezember 2008 - 4 AZR 881/07 - Rn. 22; jeweils mwN, zitiert nach juris).

99

bb) Dies zugrunde gelegt, ergibt sich aus Ziff. 1 Abs. 1 Gemeinsame Erklärung vom 05. Juli 2015 ein Anspruch des Klägers auf Abschluss der Nebenabrede mit dem von ihm hilfsweise im Hauptantrag zu 1) geltend gemachten Inhalt.

100

(1) Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass Ziff. 1 Abs. 1 Gemeinsame Erklärung vom 05. Juli 2015 den zum Zeitpunkt der Erklärung bei der Deutschen Post AG beschäftigten Paketzustellern einen Anspruch auf Abschluss einer Vertragsabrede dahingehend einräumt, dass sie weiterhin als Paketzusteller bei der Beklagten beschäftigt bleiben. Die Gemeinsame Erklärung vom 05. Juli 2015 wurde zur Beendigung eines Arbeitskampfes geschlossen, mit dem die Gewerkschaft ver.di sich gegen die grundsätzliche Übertragung des Paketgeschäftes insgesamt auf die von der Beklagten zum 01. Februar 2015 gegründeten Regionalgesellschaften verbunden mit einer Änderung der Tarifgebundenheit an die Tarifverträge Spedition und Logistik wenden wollte. Nachdem dieses Ziel nicht erreichbar war, kann die Regelung - wie vom Arbeitsgericht zu Recht angenommen - nur dahingehend verstanden werden, dass die Tarifvertragsparteien einen berechtigenden Vertrag zu Gunsten Dritter geschlossen haben, der zumindest den zum damaligen Zeitpunkt beschäftigten Paketzustellern einen Bestandsgarantie auf Verbleib als Paketzusteller bei der Beklagten einräumt, den die Beklagte - ausweislich des Eingangssatzes der Erklärung bis 31. Juli 2015 - individualrechtlich umzusetzen hatte.

101

(2) Entgegen der vom Arbeitsgericht vertretenen Auffassung nimmt die Berufungskammer an, dass der Anspruch auf die Nebenabrede mit den konkreten Eckpunkten, wie sie der Kläger hilfsweise verfolgt hat, sich direkt aus Ziff. 1 Abs. 1 Gemeinsame Erklärung vom 05. Juli 2015 ableiten lässt. Zutreffend ist, dass die Tarifvertragsparteien der Beklagten die individualrechtliche Umsetzung der Abrede übertragen haben, ohne genaue Einzelheiten der Formulierung zu regeln. Ungeachtet dessen ergeben sich die Eckpunkte der vom Kläger begehrten Nebenabrede aus Ziff. 1 Abs. 1 der Gemeinsamen Erklärung vom 05. Juli 2015. Die Tatsache, dass eine Regelung dahingehend getroffen werden muss, dass der Arbeitnehmer bei der Beklagten als Paketzusteller beschäftigt ist, resultiert bereits aus dem Regelungsgehalt von Ziff. 1 Abs. 1 der Gemeinsamen Erklärung als solchem. Der Ausspruch einer Änderungskündigung kam angesichts der Tatsache, dass den Mitarbeitern der bisherige Bestand garantiert werden, sie jedoch nicht Gefahr laufen sollten, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, nicht in Betracht. Auch die schlichte Ausübung des Direktionsrechts erfüllte den Sinn einer Bestandssicherung für die Mitarbeiter nicht, sondern hätte die Situation unverändert gelassen. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch der Anspruch auf den Vorbehalt, dass die Beklagte lediglich aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen andere Tätigkeiten übertragen darf. Die Regelung sollte gerade dazu dienen, eine Übertragung anderer Tätigkeiten als die eines Paketzustellers aus betriebsbedingten Gründen anlässlich der Übertragung des Paketgeschäfts auf die Regionalgesellschaften auszuschließen. Auch die Tatsache, dass die Regelung nicht ordentlich kündbar sein darf, ergibt sich daraus, dass die Tarifvertragsparteien den bereits beschäftigten Arbeitnehmern eine Bestandsgarantie einräumen wollten. Dass die Beklagte davon ausgegangen ist, verpflichtet zu sein, die Vereinbarung in Ziff. 1 Abs. 1 Gemeinsame Erklärung vom 05. Juli 2015 mit derartigem Inhalt umzusetzen, lässt sich im Übrigen dem Umstand entnehmen, dass sie die Formulierung zum Gegenstand der Anlage zum Regelungsbogen vom 13. Juli 2015 gemacht hat.

102

(3) Entgegen der Auffassung der Berufung unterfällt der Kläger dem Anwendungsbereich von Ziff. 1 Abs. 1 Gemeinsame Erklärung und zwar auch dann, wenn zu ihren Gunsten als zutreffend unterstellt wird, dass die Vorschrift dahingehend zu verstehen ist, dass lediglich die zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung der Tarifvertragsparteien der Abteilung 36 (Auslieferung PAKET) zugeordneten Mitarbeiter gemeint waren, die ausschließlich mit der sog. Paketzustellung in kompakten Gebieten befasst sind, während Mitarbeiter, die der Abteilung 33 (BRIEF) zugeordnet und in der Verbundzustellung (dh. Brief- und Paketzustellung) und der Regelzustellung Pakete (Inselzustellung) eingesetzt wurden, nicht unter die Regelung fallen sollten. Nach zwischenzeitlich rechtskräftigem Obsiegen des Klägers im Rahmen der Befristungskontrollklage steht fest, dass der Kläger über den 28. Februar 2015 hinaus bei der Beklagten in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stand. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer hat der Vertreter der Beklagten ausdrücklich klargestellt, dass der Kläger, der bis zum Ablauf der unwirksam vereinbarten Befristung ausschließlich in der Zustellbasis L  R als Paketzusteller eingesetzt war, seine Tätigkeit in Zuordnung zur Abteilung 36 (PAKET) verrichtet hat. Damit steht fest, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Abschlusses der Gemeinsamen Erklärung in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stand, welches die Beklagte intern der Abteilung 36 (PAKET) zugeordnet hatte. Angesichts dessen zählte der Kläger bei Vertragsschluss am 05. Juli 2015 auch nach Auffassung der Berufungskammer im Sinne der Ziff. 1 Abs. 1 Gemeinsame Erklärung zu den „7634 derzeit bei der Deutschen Post AG beschäftigten Paketzustellern“. Dass der Kläger möglicherweise in von der Gewerkschaft ver.di geführten Listen - ohne dass die Beklagte dies substantiiert dargetan hätte - nicht aufgeführt war, weil er nach Ablauf der vereinbarten Befristung mit der Beklagten einen Rechtsstreit zur Überprüfung von deren Wirksamkeit geführt hat, steht dem nicht entgegen. Bereits das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass weder nach dem Wortlaut, noch nach dem Sinn und Zweck der Vereinbarung eine tatsächlich am 05. Juli 2015 erbrachte Arbeitsleistung Voraussetzung für deren Anwendbarkeit ist, sondern allein der Bestand eines Arbeitsverhältnisses von Belang ist. Die allenfalls zusätzlich erforderliche Zuordnung zur Abteilung 36 (Paket) zum Stichtag lag beim Kläger vor, da die Beklagte diesen erst nach dem 05. Juli 2015 der Abteilung 33 (BRIEF) zugeordnet und den Kläger auch in der Verbundzustellung eingesetzt hat.

103

cc) Dem Anspruch des Klägers steht eine abweichende Vereinbarung der Parteien nicht entgegen. Zwar hat auch ein Vertrag zugunsten Dritter iSv. § 328 BGB rechtsverbindlichen Charakter und kann nicht einseitig vom Arbeitgeber abgeändert werden. Auf individualvertraglicher Ebene sind jedoch durch rechtsgeschäftliche Vereinbarungen der Parteien des Arbeitsvertrags davon abweichende Absprachen möglich. Dies ergibt sich daraus, dass ein durch einen Vertrag zugunsten Dritter begründeter Anspruch keinen zwingenden Charakter hat wie ein tariflicher Anspruch gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG oder wie ein Anspruch aus einer Betriebsvereinbarung nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG(BAG 12. April 2017 - 7 AZR 446/15 - 37, mwN, zitiert nach juris). Vorliegend haben die Parteien eine von Ziff. 1 Abs. 1 Gemeinsame Erklärung abweichende Vereinbarung nicht getroffen; insbesondere liegt eine solche nicht im unbefristeten Arbeitsvertrag vom 7. August 2015. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer klargestellt, dass der Abschluss dieses Vertrages lediglich der Umsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung im Rahmen der Befristungskontrollklage vor dem Arbeitsgericht gedient habe. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte, dass der Kläger mit diesem Vertrag, der bis auf die Entfristung dem früheren Arbeitsvertrag der Parteien entspricht, auf seinen Anspruch aus Ziff. 1 Abs. 1 Gemeinsame Erklärung verzichten wollte, sofern die Regelung ihm zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses überhaupt bekannt gewesen sein sollte, nachdem die Beklagte dem Kläger die eine Nebenabrede für Paketzusteller nicht angeboten hat.

104

1.2. Infolge Obsiegens des Klägers mit dem Hauptantrag zu 1 in der allein noch den Gegenstand der Berufung der Beklagten bildenden hilfsweisen Formulierung ist dessen Hilfsantrag auf leidensgerechte Beschäftigung in der zuletzt erstinstanzlich geltend gemachten Fassung auch der Berufungskammer nicht zur Entscheidung angefallen.

105
2. Die Anschlussberufung des Klägers ist unbegründet. Er kann von der Beklagten nicht verlangen, ihm einen Arbeitsplatz - als Paketzusteller - im Postzustellungszentrum L R zuzuweisen. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst das Recht, dem Kläger nach Maßgabe des § 106 GewO seinen Arbeitsplatz an einem anderen Ort als bisher zuzuweisen. Einen Anspruch auf ausschließlichen Einsatz am früheren Arbeitsort L R hat der Kläger nicht.

106

2.1. Die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen verhindert regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung. Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO, nach dem der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen kann, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB(vgl. BAG 30. November 2016 - 10 AZR 11/16 - Rn. 19, mwN, zitiert nach juris).

107

2.2. Das Weisungsrecht der Beklagten ist nicht auf einen Einsatz des Klägers in L R beschränkt.

108

a) Eine vertragliche Vereinbarung, dass der Kläger ausschließlich in L R einzusetzen ist, ist nicht ersichtlich. Im letzten Arbeitsvertrag vom 07. August 2015 ist - wie im vorangegangenen Arbeitsvertrag auch - ein konkreter Einsatzort des Klägers nicht genannt. In der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag (Bl. 354 d. A.) ist unter Ziff. 1 “Arbeitsort“ vielmehr festgehalten, dass die Beschäftigung „an verschiedenen Orten“ erfolgt.

109

b) Auch eine Konkretisierung des Arbeitsortes durch Zeitablauf ist nicht eingetreten. Arbeitspflichten können sich zwar nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren, dazu genügt jedoch nicht schon der bloße Zeitablauf; vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer der Arbeitnehmer erkennen kann und vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 35, mwN, zitiert nach juris). Auch wenn der Kläger bis Ende Februar 2015 über mehrere Jahre in L R als Paketzusteller beschäftigt worden ist, fehlt es an besonderen Umständen, denen er hätte entnehmen können, dass er künftig nicht an einem anderen Arbeitsort eingesetzt würde. Dass ein Arbeitnehmer sich im Lauf der Zeit bezüglich der Gestaltung seines persönlichen Umfelds an der ausgeübten Tätigkeit und insbesondere am Ort seiner Arbeitsleistung ausrichtet, ist nur eine Folge der langjährigen Tätigkeit und begründet, ohne dass weitere Umstände hinzutreten, keine Konkretisierung auf einen bestimmten Arbeitsort (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - aaO, Rn. 36).

110

c) Ein Anspruch des Klägers auf eine Beschäftigung ausschließlich in L R ergibt sich nicht aus der Gemeinsamen Erklärung vom 05. Juli 2015, auch wenn die Tarifvertragsparteien in Ziff. 1 der Erklärung zur dortigen Ergebnisniederschrift festgehalten haben, dass Paketzusteller, die vorübergehend in anderen Zustellbasen eingesetzt sind, bis spätestens 15. September 2015 in ihre bisherige Zustellbasis zurückkehren. Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Tarifvertragsparteien eine individualrechtliche Umsetzung dieser Regelung - anders als beim weiteren Einsatz als Paketzusteller als solchem - gerade nicht vereinbart haben. Dafür, dass die Tarifvertragsparteien über eine Konkretisierung der Arbeitspflicht der als Paketzusteller beschäftigten Mitarbeiter als solcher dauerhaft auch deren Arbeitsort hätten konkretisieren wollen, lassen sich der Vereinbarung keine ausreichenden Anhaltspunkte entnehmen. Darüber hinaus war der Kläger bei Abschluss der Vereinbarung der Tarifvertragsparteien ohnehin nicht im Sinne der Regelung in einer anderen Zustellbasis beschäftigt. Ein Anspruch des Klägers, den dieser gegenüber der Beklagten durchsetzen könnte, ist vor diesem Hintergrund nicht gegeben.

111

d) Auch auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz kann der Kläger seinen Anspruch auf einen ausschließlichen Einsatz in L nicht stützen. Er hat nichts dazu vorgetragen, dass die Beklagte andere Arbeitnehmer ungeachtet betrieblichen Bedarfs ausschließlich in L R einsetzt. Sein erstinstanzlicher Vortrag, er sei der einzige Kollege aus L, der gegen seinen Willen versetzt worden sei, genügt hierzu nicht.

112

2.3. Die Berufungskammer vermochte nicht anzunehmen, dass der derzeitige Einsatz des Klägers als Paketzusteller in S billigem Ermessen iSd. § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB widerspricht. Hierbei wurde zugunsten des dies nicht ausdrücklich geltend machenden Klägers unterstellt, dass er mit seinem Antrag nicht ausschließlich die Zuweisung eines Einsatzes in L R verfolgt, sondern zudem eine Ermessensausübungskontrolle hinsichtlich seiner derzeitigen Tätigkeit in Schifferstadt begehrt. Angesichts der Tatsache, dass die Entfernung vom Wohnort des Klägers in L R zu seinem derzeitigen Einsatzgebiet als Paketzusteller in S bei ca. 15 km liegt, eine Anbindung durch den öffentlichen Nahverkehr gegeben ist und die Beklagte geltend gemacht hat, über eine Einsatzmöglichkeit für den Kläger in L R nicht zu verfügen, ist die Zuweisung des Arbeitsortes S nach Auffassung der Berufungskammer angesichts der geringen Beeinträchtigungen des Klägers, der keinen Anspruch auf ausschließliche Beschäftigung in L R hat, jedenfalls nicht unbillig.

113

2.4. Der derzeitige Einsatz des Klägers in S ist nicht nach § 99 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass der Kläger als Vertreter mit mehreren Dienstorten - hierunter zuletzt S - im Bereich des ZSPL N eingesetzt wird. Einer erneuten Beteiligung des Betriebsrates bedurfte es daher nicht.

B

114

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

115

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 19. Dez. 2017 - 6 Sa 241/17

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 19. Dez. 2017 - 6 Sa 241/17

Referenzen - Gesetze

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 19. Dez. 2017 - 6 Sa 241/17 zitiert 19 §§.

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Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

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(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

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Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

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(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen

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(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseit

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Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder geset

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(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 12. Januar 2016 - 1 Sa 88 a/15 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 19. Februar 2015 - 3 Ca 1123/14 - als unzulässig verworfen wird.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Urlaub der Klägerin aus den Jahren 2012 bis 2015.

2

Die Klägerin ist seit dem 1. April 2007 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger gegen ein Bruttomonatsentgelt von zuletzt 1.105,00 Euro als Friseurin beschäftigt. Ihr steht bei einer Fünftagewoche ein Jahresurlaub von 25 Arbeitstagen zu.

3

Nach der Geburt ihrer Kinder nahm die Klägerin im Anschluss an die Mutterschutzfristen vom 27. Dezember 2009 bis zum 26. Oktober 2012 und vom 30. Januar 2013 bis zum 4. Dezember 2015 Elternzeit in Anspruch. Die Beklagte ließ mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 10. Oktober 2014 erklären, dass sie den Urlaub der Klägerin für jeden vollen Monat der Elternzeit gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG um ein Zwölftel kürze.

4

Mit ihrer am 20. Oktober 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Abgeltung von jeweils 25 Urlaubstagen aus den Jahren 2012 bis 2014 verlangt. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Klägerin stehe mangels Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsabgeltung nicht zu. In der Berufungsbegründung hat die Klägerin vorgetragen, der Argumentation des Arbeitsgerichts trage sie durch die Umstellung ihrer Klageanträge Rechnung. Ihr stehe der Urlaub für die Jahre 2012 bis 2015 in vollem Umfang zu. Die Kürzungsbefugnis des Arbeitgebers nach § 17 Abs. 1 BEEG sei unionsrechtswidrig und damit unwirksam.

5

Die Klägerin hat im Berufungsverfahren beantragt

        

festzustellen, dass ihr gegenüber der Beklagten für die Jahre 2012 bis 2015 noch je Kalenderjahr ein Urlaubsanspruch im Umfang von 25 Urlaubstagen zusteht;

        

hilfsweise

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.291,50 Euro brutto Urlaubsabgeltung für das Jahr 2012 nebst fünf Prozent Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 10. Oktober 2014 zu zahlen,

        

an sie 1.291,50 Euro brutto Urlaubsabgeltung für das Jahr 2013 nebst fünf Prozent Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 10. Oktober 2014 zu zahlen,

        

an sie 1.291,50 Euro brutto Urlaubsabgeltung für das Jahr 2014 nebst fünf Prozent Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 10. Oktober 2014 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

7

Das Arbeitsgericht hat die Zahlungsklage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin dem Hauptantrag in geringem Umfang stattgegeben und die Berufung in Übrigen zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel mit der Maßgabe weiter, dass sie mit dem Hauptantrag die Feststellung verlangt, dass ihr für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis zum 4. Dezember 2015 weitere 89,59 Tage Urlaub zustehen.

Entscheidungsgründe

8

I. Die Revision der Klägerin ist unbegründet, da bereits ihre Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts unzulässig gewesen ist. Das Landesarbeitsgericht hätte die Berufung als unzulässig verwerfen müssen.

9

1. Die Zulässigkeit der Berufung ist eine vom Senat von Amts wegen zu prüfende Prozessfortsetzungsbedingung (BAG 23. Februar 2016 - 3 AZR 230/14 - Rn. 9; vgl. auch BAG 15. März 2011 - 9 AZR 813/09 - Rn. 9). Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Begründung iSd. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO oder ist die Berufung aus anderen Gründen unzulässig, hat das Revisionsgericht die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Berufung als unzulässig verworfen wird. Dass das Berufungsgericht das Rechtsmittel für zulässig gehalten hat, ist ohne Bedeutung (vgl. BAG 23. Februar 2016 - 3 AZR 230/14 - Rn. 9; 15. März 2011 - 9 AZR 813/09 - Rn. 9).

10

a) Das Rechtsmittel der Berufung setzt voraus, dass der Berufungskläger die Beseitigung einer in der angefochtenen Entscheidung liegenden Beschwer erstrebt. Dies erfordert, dass der im ersten Rechtszug erhobene Anspruch wenigstens teilweise weiterverfolgt wird. Ein im Wege der Klageänderung neuer, bisher nicht gestellter Anspruch kann nicht das alleinige Ziel eines Rechtsmittels sein (BAG 23. Februar 2016 - 1 ABR 5/14 - Rn. 12; 10. Februar 2005 - 6 AZR 183/04 - zu 1 a der Gründe). Der Anspruch kann auch nicht mit der Begründung in das Berufungsverfahren eingeführt werden, aufgrund eines in erster Instanz geltend gemachten, nunmehr hilfsweise weiterverfolgten Anspruchs entstehe eine nachträgliche objektive Klagehäufung. Die Zulässigkeit eines Hauptantrags folgt nicht aus der eines Hilfsantrags, der nur für den Fall gestellt wird, dass der Hauptantrag ohne Erfolg ist. In der Folge ist eine Berufung nur insoweit zulässig, als der ursprüngliche Antrag unbedingt weiterverfolgt wird (vgl. BAG 23. Februar 2016 - 1 ABR 5/14 - Rn. 12; BGH 11. Oktober 2000 - VIII ZR 321/99 - zu II 2 c der Gründe).

11

b) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll. Die zivilprozessuale Regelung soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Deshalb hat der Berufungskläger die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchem Grund er das angefochtene Urteil für unrichtig hält (st. Rspr., zB BAG 18. Mai 2011 - 4 AZR 552/09 - Rn. 14; 15. März 2011 - 9 AZR 813/09 - Rn. 11). Dabei dürfen im Hinblick auf die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Rechtsschutzgarantie zwar keine unzumutbaren Anforderungen an den Inhalt von Berufungsbegründungen gestellt werden. Die Berufungsbegründung muss aber auf den Streitfall zugeschnitten sein und im Einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten rechtlicher oder tatsächlicher Art und aus welchen Gründen das angefochtene Urteil fehlerhaft sein soll (st. Rspr., zB BAG 18. Mai 2011 - 4 AZR 552/09 - Rn. 14; vgl. auch BAG 15. März 2011 - 9 AZR 813/09 - Rn. 11). Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (st. Rspr., zB BAG 18. Mai 2011 - 4 AZR 552/09 - Rn. 14; 15. März 2011 - 9 AZR 813/09 - Rn. 11).

12

2. Danach genügt die Berufungsbegründung der Klägerin vom 30. März 2015 nicht den gesetzlichen Anforderungen.

13

a) Alleiniges Ziel der Berufung war die Änderung des Klageantrags. Statt der erstinstanzlich geltend gemachten Urlaubsabgeltung hat die Klägerin mit ihrer Berufung die Feststellung begehrt, dass ihr für die Jahre 2012 bis 2015 je Kalenderjahr noch ein Urlaubsanspruch im Umfang von 25 Urlaubstagen zusteht. Sie hat damit die erstinstanzliche Klageabweisung in der Berufungsinstanz nicht mehr in Zweifel gezogen, sondern lediglich im Wege der Klageänderung einen neuen, bisher nicht geltend gemachten Feststellungsanspruch zur Entscheidung gestellt. Ihr Klageziel war damit nicht mehr auf die Beseitigung der sich aus dem Urteil des Arbeitsgerichts ergebenden Beschwer gerichtet.

14

b) Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz hilfsweise ihre erstinstanzlich gestellten Leistungsanträge auf Urlaubsabgeltung weiterverfolgt, ist die Berufung ebenfalls unzulässig. Die Berufungsbegründung setzt sich nicht mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung des Arbeitsgerichts auseinander. Entgegen den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO hat die Klägerin nichts dazu vorgetragen, in welchen Punkten rechtlicher oder tatsächlicher Art und aus welchen Gründen das angefochtene Urteil fehlerhaft sei. In der Berufungsbegründung beschränkt sie sich auf die nicht auf den konkreten Einzelfall zugeschnittene Wiedergabe einer Senatsentscheidung vom 12. März 2013 (- 9 AZN 2383/12 -) und eines dieser Entscheidung vorausgehenden Schriftsatzes. Im Übrigen meint sie lediglich, dass ihr „ein entsprechender Urlaubsanspruch/Urlaubsabgeltungsanspruch“ zustehe. Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll, werden nicht bezeichnet. Stattdessen bestätigt die Klägerin die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts, indem sie diese zum Anlass für ihre Klageänderung nimmt.

15

II. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Zimmermann    

        

        

        

    Faltyn    

        

    Matth. Dipper    

                 

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 1. November 2013 - 13 TaBV 778/13 - und - 13 TaBV 839/13 - insoweit aufgehoben, als er die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 5. März 2013 - 26 BV 18823/12 - zurückgewiesen hat.

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 5. März 2013 - 26 BV 18823/12 - abgeändert:

Die Anträge des Betriebsrats werden insgesamt abgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den oben genannten Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Durchführung einer Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit.

2

Die Arbeitgeberin betreibt in Berlin an mehreren Standorten Krankenhäuser mit insgesamt etwa 11.500 Beschäftigten. Bei ihr ist der antragstellende Betriebsrat gebildet. Die Beteiligten haben am 23. Dezember 2009 eine „Rahmenbetriebsvereinbarung Arbeitszeit“ (nachfolgend BV 2009) geschlossen. Nach § 6 BV 2009 wird für die Beschäftigten ein persönliches Zeitkonto als „Ampelkonto“ geführt. Die Überschreitung eines Zeitguthabens von 60 Stunden - „Roter Bereich“ - ist nur mit Zustimmung des Vorgesetzten und des Betriebsrats möglich. Anschließend ist ein „Abbauplan zur Erreichung des grünen Bereichs abzustimmen“ (§ 6 Abs. 4 Buchst. c BV 2009). Nach § 6 Abs. 5 BV 2009 müssen „einmal innerhalb von zwölf Monaten … das Zeitdefizit und das Zeitguthaben auf dem persönlichen Zeitkonto komplett abgebaut sein“. Weiterhin heißt es in den §§ 4, 10 und 11 BV 2009:

        

§ 4 Dienstplanerstellung

        

(1)     

Die Dienstplanung erfolgt jeweils für einen Monat nach Maßgabe der als Anlage 3 beigefügten Ausführungsbestimmungen zur Dienstplangestaltung. Die Dienstpläne werden spätestens vier Wochen vor Beginn ausgedruckt mit Unterschrift der/des Dienstplanverantwortlichen dem Betriebsrat zur Zustimmung vorgelegt. Zeitgleich werden diese in den Bereichen mit der Kennzeichnung ‚vorläufig‘ ausgelegt. Sofern der Betriebsrat nicht innerhalb von zwei Wochen schriftlich widerspricht, gilt die Zustimmung als erteilt. Stimmt der Betriebsrat nicht zu, ist das betriebliche Schlichtungsverfahren gemäß § 10 Abs. 1 durchzuführen.

        

…       

        
        

§ 10 Konfliktlösung, Geltungserhaltung

        

(1)     

Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeberin und Betriebsrat über die Anwendung und Auslegung dieser Betriebsvereinbarung werden sich die Betriebsparteien bemühen, diese innerbetrieblich und einvernehmlich auszuräumen. Gelingt dies nicht, so entscheidet die Einigungsstelle.

                 

…       

        

§ 11 Inkrafttreten, Kündigung, Übergangsregelungen

                 

…       

        

(4)     

… Die gekündigte Betriebsvereinbarung sowie gekündigte Anlagen wirken für 1 Jahr nach Ablauf der Kündigungsfrist nach. …“

3

Der Betriebsrat macht geltend, Dienstpläne seien ihm entgegen § 4 Abs. 1 Satz 2 BV 2009 nicht oder nicht fristgerecht vorgelegt worden. Die Zeitkonten zahlreicher Beschäftigter befänden sich im „Roten Bereich“. Weiterhin würden Zeitguthaben entgegen § 6 Abs. 5 BV 2009 nicht innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten einmal vollständig abgebaut.

4

Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt,

        

I.    

der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, für die im Beschluss des Landesarbeitsgerichts (Seite 17 bis 23) für bestimmte Krankenhäuser im Einzelnen namentlich benannten Ärztinnen und Ärzte sowie die Beschäftigten der Antragsgegnerin - mit Ausnahme von leitenden Angestellten gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG, Chefärztinnen/Chefärzte - Arbeitsstunden anzuordnen, zu vereinbaren oder zu dulden, bis die Plusstunden auf den jeweiligen persönlichen Arbeitszeitkonten bis auf Null abgebaut worden sind;

        

hilfsweise der Arbeitgeberin aufzugeben,

        

I.1.   

mit der Beschäftigten Frau E (Klinikum N, Kinder und Jugendmedizin) den Zeitausgleich so zu planen und umzusetzen, dass neun Monate nach Rechtskraft das Arbeitszeitkonto keine Plusstunden aufweist;

        

I.2.   

mit den im Antrag zu I. genannten Beschäftigten, mit Ausnahme der Frau E, den Zeitausgleich so zu planen und umzusetzen, dass sechs Monate nach Rechtskraft dieses Verfahrens das jeweilige Arbeitszeitkonto der im Antrag zu I. genannten Beschäftigten keine Plusstunden aufweist;

        

weiter hilfsweise

        

I.3.   

der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, ohne Zustimmung des Betriebsrats und ohne den die Zustimmung des Betriebsrats ersetzenden Spruch der Einigungsstelle für die im Beschluss des Landesarbeitsgerichts (Seite 23 bis 29) für bestimmte Krankenhäuser im Einzelnen namentlich benannten Ärztinnen und Ärzte sowie die Beschäftigten der Antragsgegnerin - mit Ausnahme von leitenden Angestellten gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG, Chefärztinnen/Chefärzte - Arbeitsstunden anzuordnen, zu vereinbaren oder zu dulden, bis die Plusstunden auf den jeweiligen persönlichen Arbeitszeitkonten bis auf Null abgebaut worden sind;

        

I.4.   

der Arbeitgeberin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Verpflichtungen aus dem Antrag zu I. und den Hilfsanträgen ein Ordnungsgeld bis zu 10.000,00 Euro anzudrohen;

        

II.     

der Arbeitgeberin aufzugeben, dem Betriebsrat Dienstpläne nach § 4 Abs. 1 BV Arbeitszeit spätestens vier Wochen vor Beginn ausgedruckt mit Unterschrift der/des Dienstplanverantwortlichen zur Zustimmung vorzulegen;

        

II.1. 

der Arbeitgeberin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Verpflichtungen aus dem Antrag zu II. und den Hilfsanträgen ein Ordnungsgeld bis zu 10.000,00 Euro anzudrohen;

        

äußerst hilfsweise

        

III.   

der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, betreffend die Beschäftigten der Arbeitgeberin mit Ausnahme von leitenden Angestellten iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG, Chefärztinnen/Chefärzten sowie Beschäftigten, die mittels Personalgestellung bei einem anderen Unternehmen tätig sind, Arbeitsstunden anzuordnen, zu vereinbaren oder zu dulden, welche dazu führen, dass die persönlichen Arbeitszeitkonten der Beschäftigten 60 Plusstunden bzw. in entsprechender Höhe für Teilzeitkräfte gemäß § 6 Abs. 10 der BV Arbeitszeit überschreiten, soweit keine Zustimmung des Betriebsrats bzw. kein die Zustimmung ersetzender Spruch der Einigungsstelle vorliegt und sofern kein Ausnahmetatbestand iSv. § 6 Abs. 4c sowie § 4 Abs. 2, Abs. 5, Abs. 6, Abs. 7 und Abs. 8 der BV Arbeitszeit vorliegt;

        

IV.     

der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen nach Ablauf des in § 6 Abs. 5 der BV Arbeitszeit festgelegten Ausgleichszeitraums für die bei ihr Beschäftigten - mit Ausnahme von leitenden Angestellten gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG, Chefärztinnen/Chefärzte, soweit diese nicht in dem Antrag zu I. bereits namentlich benannt worden sind - Arbeitsstunden anzuordnen, mit ihnen Arbeitsstunden zu vereinbaren oder deren Erbringung zu dulden, sofern nicht das jeweils geführte Arbeitszeitkonto zum Ende des festgelegten Ausgleichszeitraums vollständig ausgeglichen ist (Kontostand: mindestens Null);

        

hilfsweise zum Antrag zu IV.

        

IV.1. 

der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen ohne Zustimmung des Betriebsrats und ohne den die Zustimmung des Betriebsrats ersetzenden Spruch der Einigungsstelle nach Ablauf des in § 6 Abs. 5 der BV Arbeitszeit festgelegten Ausgleichszeitraums für die bei ihr Beschäftigten - mit Ausnahme von leitenden Angestellten gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG, Chefärztinnen/Chefärzte, soweit diese nicht in dem Antrag zu I. bereits namentlich benannt worden sind - Arbeitsstunden anzuordnen, mit ihnen Arbeitsstunden zu vereinbaren oder deren Erbringung zu dulden, sofern nicht das jeweils geführte Arbeitszeitkonto zum Ende des festgelegten Ausgleichszeitraums vollständig ausgeglichen ist (Kontostand: mindestens Null);

        

IV.2. 

der Arbeitgeberin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Verpflichtungen aus dem Antrag zu IV. bzw. für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen den ersten Hilfsantrag zu IV. ein Ordnungsgeld bis zu 10.000,00 Euro anzudrohen;

        

weiter hilfsweise

        

V.    

festzustellen, dass es die Arbeitgeberin zu unterlassen hat, nach Ablauf des in § 6 Abs. 5 der BV Arbeitszeit festgelegten Ausgleichszeitraums für die bei ihr Beschäftigten - mit Ausnahme von leitenden Angestellten gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG, Chefärztinnen/Chefärzte, soweit diese nicht in dem Antrag zu I. bereits namentlich benannt worden sind - Arbeitsstunden anzuordnen, mit ihnen Arbeitsstunden zu vereinbaren oder deren Erbringung zu dulden, sofern nicht das jeweils geführte Arbeitszeitkonto zum Ende des festgelegten Ausgleichszeitraums vollständig ausgeglichen ist (Kontostand: mindestens Null);

        

hilfsweise zum Antrag zu V.

        

V.1.   

festzustellen, dass es die Arbeitgeberin zu unterlassen hat, ohne Zustimmung des Betriebsrats und ohne den die Zustimmung des Betriebsrats ersetzenden Spruch der Einigungsstelle nach Ablauf des in § 6 Abs. 5 der BV Arbeitszeit festgelegten Ausgleichszeitraums für die bei ihr Beschäftigten - mit Ausnahme von leitenden Angestellten gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG, Chefärztinnen/Chefärzte, soweit diese nicht in dem Antrag zu I. bereits namentlich benannt worden sind - Arbeitsstunden anzuordnen, mit ihnen Arbeitsstunden zu vereinbaren oder deren Erbringung zu dulden, sofern nicht das jeweils geführte Arbeitszeitkonto zum Ende des festgelegten Ausgleichszeitraums vollständig ausgeglichen ist (Kontostand: mindestens Null).

5

Die Arbeitgeberin hat die Abweisung der Anträge begehrt.

6

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen zu II. und III. stattgegeben und alle weiteren Anträge abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat sowohl die Beschwerde der Arbeitgeberin als auch die des Betriebsrats, der lediglich dem vom Arbeitsgericht abgewiesenen Antrag zu I.3. weiterverfolgt und im Übrigen in der Beschwerdeinstanz neue Anträge gestellt hat, zurückgewiesen. Die Arbeitgeberin hat die BV 2009 zum 31. Januar 2015 gekündigt. Am 1. Februar 2016 ist eine „Rahmenbetriebsvereinbarung Arbeitszeit“ in Kraft getreten (nachfolgend BV 2016). Der § 4 Abs. 1, die §§ 6, 10 BV 2009 sind unverändert Inhalt der BV 2016. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat - unter Erweiterung seiner Anträge um die zu II.1., V. und V.1. - sein Begehren weiter. Die Arbeitgeberin begehrt mit ihrer Rechtsbeschwerde die vollständige Abweisung der Anträge.

7

B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet, die des Betriebsrats ist unbegründet. Die Anträge sind sämtlich unzulässig. Hinsichtlich der Anträge zu I. einschließlich der beiden ersten hierzu gestellten Hilfsanträge ist die Beschwerde des Betriebsrats bereits unzulässig. Die weiteren Anträge zu I.3. sowie zu II., III. bis IV.1., V. und V.1. sind nicht zulässig. Der Betriebsrat konnte ein Beschlussverfahren, dessen Streitgegenstände die Durchführung der BV 2016 betreffen, erst nach Abschluss des in § 10 Abs. 1 BV 2016 vorgesehenen Schlichtungsverfahrens einleiten. Die Anträge über die Androhung eines Ordnungsgelds (zu I.4., II.1. und IV.2.) sind in der Folge nicht angefallen. Sie sind nur für den Fall des Obsiegens mit einem der darin genannten Anträge gestellt.

8

I. Die erstmals in der Rechtsbeschwerdeinstanz vom Betriebsrat geltend gemachten Feststellungsanträge zu V. und V.1. sind zulässig.

9

1. Zwar sind Antragsänderungen in der Rechtsbeschwerdeinstanz wegen § 559 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nicht mehr möglich. Aber ebenso wie eine Antragsbeschränkung durch Übergang von einem Leistungs- zu einem Feststellungsantrag statthaft ist (BAG 30. September 2008 - 1 ABR 54/07 - Rn. 14, BAGE 128, 92), kann ein Beteiligter neben den in den Tatsacheninstanzen gestellten Anträgen in der Rechtsbeschwerdeinstanz Hilfsanträge stellen, wenn es sich um eine Einschränkung jener Anträge handelt.

10

2. Danach sind vom Betriebsrat in der Rechtsbeschwerdeinstanz hilfsweise gestellten Anträge zu V. und V.1. zulässig. Die bereits in den Tatsacheninstanzen gestellten Leistungsanträge zu IV. und IV.1. werden nunmehr mit diesem Inhalt zum Gegenstand von Feststellungsbegehren.

11

II. Die Rechtsbeschwerde ist hinsichtlich des Antrags zu I. sowie der beiden ersten hierzu gestellten Hilfsanträge unbegründet, weil bereits die Beschwerde des Betriebsrats insoweit unzulässig gewesen ist.

12

1. Das Rechtsmittel der Beschwerde setzt voraus, dass der Rechtsmittelführer die Beseitigung einer in der angefochtenen Entscheidung liegenden Beschwer erstrebt. Ein lediglich im Wege der Klageänderung neuer, bisher nicht gestellter Anspruch kann nicht das alleinige Ziel eines Rechtsmittels sein (BAG 10. Februar 2005 - 6 AZR 183/04 - zu 1 a der Gründe mwN). Der Anspruch kann auch nicht mit der Begründung in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden, aufgrund eines in erster Instanz geltend gemachten, nunmehr hilfsweise weiterverfolgten Anspruchs entstehe eine nachträgliche objektive Antragshäufung. Die Zulässigkeit eines Hauptantrags folgt nicht aus der eines Hilfsantrags, der nur für den Fall gestellt wird, dass der Hauptantrag ohne Erfolg ist. In der Folge ist eine Beschwerde nur insoweit zulässig, als der ursprüngliche Antrag unbedingt weiterverfolgt wird (vgl. BGH 11. Oktober 2000 - VIII ZR 321/99 - zu II 2 c der Gründe mwN).

13

2. Die Anträge zu I., I.1. und I.2. sind danach unzulässig. Mit ihnen hat der Betriebsrat neue prozessuale Ansprüche geltend gemacht. Der von den erstinstanzlich gestellten und abgewiesenen Anträgen allein noch weiterverfolgte Antrag zu I.3. wird nur noch hilfsweise weiterverfolgt. Bei dem Antrag zu I. handelt es sich auch nicht um eine Antragsweiterung iSd. § 264 Nr. 2 ZPO im Verhältnis zum Antrag zu I.3., sondern er betrifft einen anderen Streitgegenstand.

14

III. Die weiteren, dem Senat zur Entscheidung angefallenen Anträge (zu I.3., II., III., IV.1., V., V.1.) sind unzulässig, weil das in § 10 Abs. 1 BV 2016 vereinbarte Konfliktlösungsverfahren nicht durchgeführt wurde.

15

1. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei den erstmals in der Beschwerdeinstanz im Wege der Antragserweiterung gestellten Anträgen zu IV. und IV.1. jedoch weder um eine nach § 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2, § 81 Abs. 3 ArbGG unzulässige Antragsänderung noch um eine unzulässige, weil bedingte Anschlussbeschwerde.

16

a) Die Antragsänderung, der die Arbeitgeberin widersprochen hat, ist sachdienlich. Es wird kein völlig neuer Streitstoff in das Verfahren eingeführt, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Verfahrensführung berücksichtigt werden kann (dazu BAG 15. März 2011 - 1 ABR 112/09 - Rn. 32).

17

Die Anträge zu IV. und zu IV.1. stellen zu den bisher erhobenen Anträgen eine Antragsänderung (§ 81 Abs. 3 ArbGG) in Form der Antragserweiterung dar. Die zuvor auf namentlich benannte Beschäftigte begrenzte Unterlassungsverpflichtung der Arbeitgeberin (Antrag zu I. und I.3.) wird auf einen weiteren Beschäftigtenkreis erstreckt. Ebenso wie beim Antrag zu I.3., über den sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht in der Sache entschieden haben, ist für die in den Anträgen zu IV. und IV.1. enthaltenen Unterlassungsbegehren vor allem maßgebend, ob sich aus § 6 BV 2016 und namentlich aus § 6 Abs. 5 BV 2016 auch ein Durchführungsanspruch des Betriebsrats gegenüber der Arbeitgeberin ergibt.

18

b) Der Betriebsrat hat keine Anschlussrechtsbeschwerde erhoben. Er hat nach seinem Vorbringen im Schriftsatz vom 23. Oktober 2013 die Antragserweiterungen im Rahmen der von ihm bereits eingelegten Beschwerde ohne eine prozessual unzulässige Bedingung in das Verfahren eingeführt. Soweit er weiterhin ausgeführt hat, dies geschehe „hilfsweise im Wege der Abschlussbeschwerde“, sollte dies nur für den Fall gelten, dass verfahrensrechtliche Gründe dem von ihm gewählten prozessualen Vorgehen entgegenstehen. Das ist aber - wie ausgeführt - nicht der Fall.

19

2. Die Unzulässigkeit der Anträge folgt allerdings nicht aus dem Umstand, dass die Nachwirkung der BV 2009 vor dem Termin zur mündlichen Anhörung vor dem Senat mit Ablauf des 31. Januar 2016 endete. Bei der seit dem 1. Februar 2016 geltenden BV 2016 handelt es sich um betriebliche Normen, deren Inhalt von den Gerichten für Arbeitssachen nach § 293 Satz 2 ZPO als Bestandteil des auf den Sachverhalt anzuwendenden Rechts auch ohne ausdrücklichen Hinweis eines Beteiligten daraufhin zu überprüfen ist, ob sie den erhobenen Anspruch betrifft(BAG 11. Februar 2014 - 1 ABR 76/12 - Rn. 21). Mit der Änderung der Rechtslage geht keine Antragsänderung im Rechtsbeschwerdeverfahren einher (dazu BAG 25. Januar 2005 - 1 ABR 61/03 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 113, 218). Die maßgebenden Regelungen der §§ 4 und 6 BV 2009/2016, auf die der Betriebsrat sein Begehren stützt, sind inhaltlich gleichbleibend.

20

3. Der Senat ist an einer Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen für die Durchführungs- und Unterlassungsanträge nicht nach § 93 Abs. 2 iVm. § 65 ArbGG gehindert. Diese Vorschriften gelten nicht für das Verhältnis der Arbeitsgerichte zu den nach dem Betriebsverfassungsgesetz errichteten Stellen für eine innerbetriebliche Streitschlichtung ( BAG 11. Februar 2014 - 1 ABR 76/12 - Rn. 13 mwN).

21

4. Ein Antrag im Beschlussverfahren zur Klärung einer betriebsverfassungsrechtlichen Meinungsverschiedenheit ist unzulässig, wenn sich die Betriebsparteien verpflichtet haben, in einem solchen Fall zunächst eine innerbetriebliche Einigung in einem von ihnen vereinbarten Verfahren zu versuchen, und dies unterblieben ist. Ein solches Vorverfahren ist keine nach § 4 ArbGG unzulässige Schiedsvereinbarung, sondern eine dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat durch § 76 Abs. 6 BetrVG eröffnete Möglichkeit, zwischen ihnen bestehende Meinungsverschiedenheiten vorrangig einer innerbetrieblichen Konfliktlösung zuzuführen und erst nach deren Scheitern der anderen Betriebspartei die Einleitung eines Beschlussverfahrens zu ermöglichen. Das gilt auch dann, wenn Gegenstand einer im Konfliktfall anzurufenden Einigungsstelle keine Regelungs-, sondern eine Rechtsfrage ist, für die diese außerhalb der ihr gesetzlich zugewiesenen Kompetenzen keine Entscheidungsbefugnis hat. Eine von den Betriebsparteien begründete Zuständigkeit der Einigungsstelle für die gegenwärtige Auslegung einer Betriebsvereinbarung verpflichtet Arbeitgeber und Betriebsrat daher, zunächst deren Entscheidung herbeizuführen, bevor sie über diese Rechtsfrage die Gerichte für Arbeitssachen zur Streitentscheidung anrufen (BAG 11. Februar 2014 - 1 ABR 76/12 - Rn. 14 mwN). Eine Aufhebung dieser Verfahrensregelung haben die Beteiligten nicht vereinbart. Vielmehr haben sie diese in § 10 Abs. 1 BV 2016 inhaltlich unverändert fortgeführt.

22

5. Für die auf Durchführung der BV 2016 gerichteten Anträge ist daher unabhängig davon, ob die Arbeitgeberin die Durchführung verlangt hat, das Konfliktlösungsverfahren nach § 10 Abs. 1 BV 2016 durchzuführen.

23

a) Gegenstand der in § 10 Abs. 1 BV 2016 getroffenen Regelung ist die Klärung von Meinungsverschiedenheiten über die Anwendung und Auslegung dieser Betriebsvereinbarung. Für diese Streitigkeiten haben die Betriebsparteien ein obligatorisches Schlichtungsverfahren geregelt. Danach bemühen sich die Betriebsparteien um eine innerbetriebliche Ausräumung der Meinungsverschiedenheiten. Gelingt dies nicht, schließt sich ein Verfahren vor der Einigungsstelle an, die dann entscheidet. Eine Dispositionsmöglichkeit über die Durchführung des in § 10 Abs. 1 BV 2016 vorgesehenen Verfahrens haben die Betriebsparteien nicht vereinbart.

24

b) Von dem in § 10 Abs. 1 BV 2016 geregelten obligatorischen Konfliktlösungsverfahren werden auch Leistungsanträge erfasst, in denen über die sich aus der Betriebsvereinbarung ergebenden Rechte und Pflichten gestritten wird, soweit es sich nicht um Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handelt(ausf. BAG 11. Februar 2014 - 1 ABR 76/12 - Rn. 17 ff.).

25

c) Das Konfliktlösungsverfahren ist auch für die Verpflichtung zur Vorlage der Dienstpläne nach § 4 Abs. 1 Satz 2 BV 2016 nicht entbehrlich. Etwas anderes folgt nicht aus der gesonderten Erwähnung dieses Verfahrens in § 4 Abs. 1 Satz 5 BV 2016. Bei einer Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats zu einem Dienstplan (§ 4 Abs. 1 Satz 5 BV 2016) handelt es sich nicht um eine Meinungsverschiedenheit iSd. § 10 Abs. 1 Satz 1 BV 2016. Hier entscheidet die Einigungsstelle bereits nach § 87 Abs. 2 BetrVG. Durch § 4 Abs. 1 Satz 5 BV 2016 wird aber einem solchen Einigungsstellenverfahren das „innerbetriebliche Bemühen“ um eine Verständigung vorgeschaltet. Davon unberührt bleiben Meinungsverschiedenheiten über die Vorlage der Dienstpläne. Hier gilt § 10 Abs. 1 BV 2016 unmittelbar.

26

6. Danach erweisen sich die Anträge zu I.3., II., III., IV.1., V. und V.1. als unzulässig. Der Betriebsrat musste vor Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens das in § 10 Abs. 1 BV 2016 vorgesehene Konfliktlösungsverfahren durchführen. Daran fehlt es.

27

a) Nach dem Vorbringen des Betriebsrats haben bisher für einzelne Kliniken lediglich Sitzungen von Einigungsstellen stattgefunden, ohne dass es zu verfahrensbeendenden Sprüchen oder Vereinbarungen gekommen ist.

28

b) Unerheblich ist es, dass die Beteiligten für einzelne Bereiche des Krankenhauses N Betriebsvereinbarungen über einen Abbau von „Plusstunden“ geschlossen haben. Auch insoweit ist in Bezug auf die zwischen den Beteiligten streitig gebliebenen Ansprüche des vorliegenden Verfahrens das nach § 10 Abs. 1 Satz 2 BV 2016 erforderliche Einigungsstellenverfahren nicht durchgeführt.

        

    Schmidt    

        

    K. Schmidt    

        

    Treber    

        

        

        

    Hann    

        

    Sibylle Spoo    

                 

Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

7
1. Auch im Verfahrensrecht kann der Gedanke des § 140 BGB (Umdeutung ) herangezogen werden. Für die Umdeutung genügt es, wenn diese von dem mutmaßlichen Parteiwillen gedeckt wird. In aller Regel wird eine Partei eine unzulässige Hauptberufung als zulässige Anschlussberufung retten wollen (BGH, Urteil vom 6. Mai 1987 - IVb ZR 51/86, BGHZ 100, 383, 387 f.; Beschluss vom 30. Oktober 2008 - III ZB 41/08, aaO Rn. 11). Dies hat der Kläger in der Rechtsbeschwerdebegründung auch ausdrücklich klargestellt.

(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.

(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.

(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.

7
1. Auch im Verfahrensrecht kann der Gedanke des § 140 BGB (Umdeutung ) herangezogen werden. Für die Umdeutung genügt es, wenn diese von dem mutmaßlichen Parteiwillen gedeckt wird. In aller Regel wird eine Partei eine unzulässige Hauptberufung als zulässige Anschlussberufung retten wollen (BGH, Urteil vom 6. Mai 1987 - IVb ZR 51/86, BGHZ 100, 383, 387 f.; Beschluss vom 30. Oktober 2008 - III ZB 41/08, aaO Rn. 11). Dies hat der Kläger in der Rechtsbeschwerdebegründung auch ausdrücklich klargestellt.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten zu 1. wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 23. Oktober 2014 - 1 Sa 176/14 - teilweise aufgehoben, soweit es der Anschlussberufung der Klägerin stattgegeben hat.

Die Anschlussberufung der Klägerin wird insgesamt zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Deckungsmitteln, die die Klägerin an den Beklagten zu 1. (im Folgenden Beklagter) zur Durchführung der Altersversorgung für ihre geschäftsführenden Gesellschafter geleistet hat.

2

Der Beklagte ist ein Zweckverein, der als Unterstützungskasse iSv. § 1b Abs. 4, § 2 Abs. 4 BetrAVG für seine Vereinsmitglieder die betriebliche Altersversorgung ihrer Beschäftigten durchführt. Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist ein vormaliges Trägerunternehmen des Beklagten.

3

Die Klägerin schloss unter dem 22. Dezember 2006 mit der B GmbH einen Vertrag zur Durchführung einer betrieblichen Altersversorgung zugunsten ihrer versorgungsberechtigten Beschäftigten J und F, ihre damaligen und heutigen Geschäftsführer und Gesellschafter, unter Einschaltung der L B e.V. (Beklagter zu 2.) und wurde Mitglied dieser Unterstützungskasse. Das auf die Klägerin entfallende segmentierte Kassenvermögen wurde zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt vom Beklagten zu 2. auf den Beklagten übertragen und die Klägerin wurde als Trägerunternehmen Mitglied des Beklagten.

4

Die Satzung des Beklagten (im Folgenden Satzung) bestimmt auszugsweise:

        

S A T Z U N G

        

§ 1 Name, Sitz, Gründungsdatum, Geschäftsjahr

        

(1)     

Der Verein führt den Namen ‚L M‘ (nachfolgend als Unterstützungskasse bezeichnet). Er soll in das Vereinsregister beim Amtsgericht in Chemnitz eingetragen werden. Nach der Eintragung lautet der Name: ‚L M e.V.‘

        

…       

        
        

§ 2 Vereinszweck

        

(1)     

Der Verein ist eine soziale Einrichtung, die es Arbeitgebern ermöglicht, ihre betriebliche Altersversorgung ganz oder teilweise über eine gemeinsame Gruppenunterstützungskasse zu finanzieren und abzuwickeln.

        

(2)     

Arbeitgeber, die ihre betriebliche Altersversorgung über die Unterstützungskasse durchführen, werden nachfolgend als ‚Trägerunternehmen‘ bezeichnet.

        

(3)     

Ausschließlicher und unabänderlicher Zweck des Vereins ist die Führung einer Unterstützungskasse, die einmalige oder laufende Unterstützungen an Betriebsangehörige oder frühere Betriebsangehörige der Trägerunternehmen sowie an deren Hinterbliebene im Rahmen einer betrieblichen Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlaß eines Arbeitsverhältnisses gewährt. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb wird nicht bezweckt.

        

(4)     

Als Betriebsangehörige eines Trägerunternehmens gelten auch Personen, die nicht Arbeitnehmer sind, wenn ihnen Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlaß ihrer Tätigkeit für das Trägerunternehmen gewährt werden sollen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG).

        

(5)     

Zur Wahrung des Charakters einer sozialen Einrichtung der Unterstützungskasse sind die Organe verpflichtet, die einschlägigen steuerlichen Vorschriften zu befolgen.

        

§ 3 Erwerb der Mitgliedschaft

        

(1)     

Mitglieder des Vereins sind die Gründungsmitglieder. Weitere Mitglieder können natürliche und juristische Personen werden sowie Arbeitgeber, welche die betriebliche Altersversorgung ganz oder teilweise über die Unterstützungskasse durchführen wollen. Voraussetzung für den Erwerb der Mitgliedschaft ist ein schriftlicher Aufnahmeantrag, der an den Vorstand zu richten ist und über den der Vorstand nach freiem Ermessen entscheidet. Bei Ablehnung des Antrages ist der Vorstand nicht verpflichtet, dem Antragsteller die Gründe mitzuteilen. Mit dem Beitritt erkennt das Trägerunternehmen die Satzung der Unterstützungskasse als für sich verbindlich an.

        

…       

        
        

§ 4 Erlöschen der Mitgliedschaft

        

(1)     

Die Mitgliedschaft erlischt durch

                 

-       

freiwilligen Austritt, der nur zum Ende eines Geschäftsjahres unter Einhaltung einer dreimonatige Kündigungsfrist zulässig und dem Vorstand schriftlich zu erklären ist;

                 

-       

Ausschluß durch den Vorstand aus wichtigem Grund, insbesondere wenn ein Trägerunternehmen die vorgesehenen Zuwendungen nicht oder nicht rechtzeitig leistet;

                 

-       

Liquidation eines Trägerunternehmens.

        

(2)     

Im Falle des Ausscheidens eines Trägerunternehmens stehen die von ihm auf dem für dieses Trägerunternehmen geführten Konto eingebrachten Finanzierungsmittel mit ihrem dann vorhandenen Wert (§ 11 Abs. 3) zur Verfügung und werden entsprechend § 18 verteilt.

        

…       

        
        

§ 10 Einkünfte

        

(1)     

Die Einkünfte der Unterstützungskasse bestehen aus

                 

a)    

Zuwendungen der Trägerunternehmen nach Maßgabe des ausschließlich im Einvernehmen mit dem Vorstand und den Trägerunternehmen festzusetzenden Leistungs- und Finanzierungsplans;

                 

b)    

den Erträgen der Unterstützungskasse;

                 

c)    

freiwilligen Zuwendungen von Dritten.

        

…       

        
        

§ 11 Vermögen

        

(1)     

Die Einkünfte und das Vermögen der Unterstützungskasse dürfen nur für die in § 2 aufgeführten Zwecke verwendet werden. Zuwendungen an Betriebsangehörige oder frühere Betriebsangehörige der Trägerunternehmen oder deren Angehörige sind nur zulässig, wenn ein getrennt ausgewiesenes, dem jeweiligen Trägerunternehmen zuzurechnendes Vermögen (§ 11 Abs. 3) in ausreichender Höhe vorhanden ist. Satz 1 gilt insoweit nicht, als das von dem einzelnen Trägerunternehmen finanzierte Vereinsvermögen das um 25 v. H. erhöhte zulässige Kassenvermögen des einzelnen Trägerunternehmens im Sinne des § 4d EStG übersteigt und für den übersteigenden Betrag die steuerliche Zweckbindung entfällt (§ 6 Abs. 6 KStG). In diesen Fällen sind die nicht zweckgebundenen Mittel in Abstimmung mit dem jeweils betroffenen Trägerunternehmen zu verwenden.

        

(2)     

Der Vorstand hat das Vermögen der Unterstützungskasse so anzulegen, wie es der Erfüllung der in der Satzung bestimmten Zwecke der Unterstützungskasse entspricht.

        

(3)     

Die Zuwendungen der Trägerunternehmen sowie die Leistungen an Betriebsangehörige und frühere Betriebsangehörige der Trägerunternehmen und deren Angehörige werden gesondert verbucht und es werden über die Vermögensteile der einzelnen Trägerunternehmen getrennte Kapitalkonten geführt. Die Erträge aus dem Kassenvermögen und die sonstigen Einnahmen können entsprechend der durch die Trägerunternehmen finanzierten Vermögensteile verteilt werden. Soweit mit Zustimmung eines einzelnen Trägerunternehmens Vermögensteile gesondert angelegt werden (z. B. in Rückdeckungsversicherungen), werden die Erträge zu diesen Vermögensteilen dem betreffenden Trägerunternehmen direkt zugeordnet.

        

§ 12 Leistungen

        

…       

        
        

(3)     

Die Personen, denen die Leistungen der Unterstützungskasse zugute kommen sollen, dürfen sich - bezogen auf das jeweilige Trägerunternehmen - in der Mehrzahl nicht aus den Unternehmern und/oder deren Angehörigen zusammensetzen.

        

…       

        
        

§ 16 Haftung

                 

Für die Verbindlichkeiten des Vereins haftet das Vereinsvermögen. Die Haftung gegenüber dem Trägerunternehmen ist darüber hinaus auf die Vermögenswerte begrenzt - soweit rechtlich zulässig -, die aus den Dotierungen der Trägerunternehmen an den Verein bestehen oder sich als Ansprüche des Vereines ergeben aufgrund der satzungsmäßigen Verwendung der Dotierungen. Die Vereinshaftung und die Haftung des Vorstandes sowie der Vorstandsmitglieder ist auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt.

        

…       

        
        

§ 18 Verwendung des Vermögens im Falle der Auflösung

        

(1)     

Dem Verein steht es frei, die Unterstützungskasse unter Wahrung der steuerlichen Vorschriften in eine andere Rechtsform derselben Zweckbestimmung oder in eine steuerfreie Pensionskasse zu überführen. Auch eine Ausgliederung von entsprechenden Teilen des Vereinsvermögens zur Gründung und Ausgestaltung einer steuerfreien Pensionskasse oder einer anderen Unterstützungskasse ist zulässig. Ebenso kann das Vermögen ganz oder teilweise in Kapital- oder Rentenversicherungen für die Begünstigten angelegt werden.

        

(2)     

Im Falle der Auflösung der Unterstützungskasse ist ihr Vermögen in Bezug auf die einzelnen Trägerunternehmen gemäß § 11 Abs. 3 zu ermitteln und alsdann - unbeschadet der Bestimmung des § 11 Abs. 1 Satz 3 - im Benehmen mit dem jeweiligen Trägerunternehmen

                 

a)    

auf die gemäß § 2 Begünstigten zu verteilen oder

                 

b)    

zu ausschließlich gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dem Deutschen Roten Kreuz e.V., Adenauer Weg 223 in Bonn zuzuführen.“

5

Die Klägerin zahlte an den Beklagten und den Beklagten zu 2. Deckungsmittel iHv. insgesamt 119.258,00 Euro, von denen 57.933,60 Euro auf den Geschäftsführer und Gesellschafter F und 61.324,40 Euro auf den Geschäftsführer und Gesellschafter J entfielen. Zum 31. Dezember 2011 belief sich das segmentierte Deckungskapital auf noch 49.370,30 Euro.

6

Mit Schreiben vom 27. Juli 2012 kündigte der Beklagte auf der Grundlage eines entsprechenden Vorstandsbeschlusses die Mitgliedschaft der Klägerin aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung. Am 5. Oktober 2012 kündigte die Klägerin den Auftrag zur Durchführung der betrieblichen Altersversorgung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Frist. Sie widersprach gleichzeitig der außerordentlichen Kündigung des Beklagten, nahm jedoch gleichzeitig das in der fristlosen Kündigung des Beklagten gesehene Angebot einer einvernehmlichen Beendigung der Mitgliedschaft an und erklärte ihrerseits den sofortigen Vereinsaustritt.

7

Die Klägerin hat vor dem Arbeitsgericht vom Beklagten ua. die Auszahlung des am 31. Dezember 2011 vorhandenen segmentierten Kassenvermögens an sich verlangt. Sie hat insoweit vorgetragen, sie habe aus dem gekündigten Auftragsverhältnis zur Durchführung der betrieblichen Altersversorgungen einen Zahlungsanspruch in Höhe des zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch vorhandenen segmentierten Kassenvermögens iHv. 49.370,30 Euro. Dieser Anspruch ergebe sich aus ungerechtfertigter Bereicherung, denn mit dem Wegfall der Mitgliedschaft beim Beklagten sei der Rechtsgrund für die Dotierungsleistungen entfallen. Die Satzung des Beklagten stehe dem Rückzahlungsanspruch nicht entgegen. Die Satzung sehe nach der Beendigung der Mitgliedschaft ein Recht des Trägerunternehmens hinsichtlich der Verwendung der Dotierungsleistungen vor. Auf einen satzungsmäßigen Ausschluss der Rückzahlungsansprüche könne sich der Beklagte nach Treu und Glauben nicht berufen, denn er sei selbst nicht vertragstreu gewesen. Er habe in rechtswidriger Weise über die von der Klägerin aufgewendeten Dotierungsleistungen verfügt, wodurch ein enormer Wertverfall eingetreten sei. Ihre Mitgliedschaft im Beklagten habe spätestens am 6. Oktober 2012 geendet.

8

Die Klägerin hat erstinstanzlich - soweit für die Revision von Interesse - beantragt,

        

den Beklagten zu 1. zu verurteilen, an sie 49.370,30 Euro zuzüglich Prozesszinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

9

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, er sei ein steuerbegünstigter Zweckverein und dürfe sein Kassenvermögen nur in steuerbegünstigter Form weiterverwenden. Dies ergebe sich aus seiner Satzung. Eine Auszahlung an die Klägerin sei demnach ausgeschlossen. Zudem betrage das segmentierte Kassenvermögen zum 31. Dezember 2013 nur noch 44.583,00 Euro.

10

Das Arbeitsgericht hat dem Klageantrag mit Teilurteil vom 27. Februar 2014 entsprochen. Dagegen hat der Beklagte Berufung eingelegt und die Klägerin mit ihrer Berufungsbeantwortung die Klage um den Hilfsantrag erweitert,

        

den Beklagten zu 1. zu verurteilen, an sie 49.370,30 Euro zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6. Dezember 2012 zugunsten der Rückdeckungsversicherung mit der Zuordnungsnummer 2014050610003041 bei der A AG zu zahlen.

11

Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Beklagten das arbeitsgerichtliche Teilurteil abgeändert, die Klage hinsichtlich des ursprünglichen Hauptantrags auf Zahlung an die Klägerin abgewiesen und auf die Anschlussberufung den Beklagten im Wesentlichen entsprechend dem Hilfsantrag verurteilt, jedoch Zinsen erst ab dem 12. Juni 2014 zugesprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision für beide Parteien zugelassen. Der Beklagte erstrebt mit seiner Revision die vollständige Abweisung des Hilfsantrags. Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Revision. Sie hat wegen der Abweisung ihres Hauptantrags selbst weder Revision eingelegt noch sich der Revision des Beklagten angeschlossen.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Beklagten ist begründet. Der Klägerin steht der - dem Senat einzig zur Entscheidung anfallende - mit dem Hilfsantrag verfolgte und vom Landesarbeitsgericht zuerkannte Anspruch auf Auszahlung des auf die Klägerin entfallenden segmentierten Kassenvermögens zugunsten einer Rückdeckungsversicherung nicht zu.

13

I. Die Revision ist nicht schon deshalb begründet, weil das Landesarbeitsgericht über den mit der Anschlussberufung angebrachten Hilfsantrag zu Unrecht in der Sache entschieden hat.

14

1. Entgegen der Auffassung der Revision erfordert die Anschlussberufung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. statt vieler BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 407/13 - Rn. 18; 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 11; 10. Februar 2009 - 3 AZR 728/07 - Rn. 11; 29. September 1993 - 4 AZR 693/92 - zu A I 1 der Gründe, BAGE 74, 268) und der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH 10. Mai 2011 - VI ZR 152/10 - Rn. 9 f.) keine eigenständige Beschwer. Die mit dem Hauptantrag erstinstanzlich obsiegende Klägerin konnte deshalb mit der Anschlussberufung den Hilfsantrag zur Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellen, obschon sie durch das Teilurteil des Arbeitsgerichts nicht beschwert war.

15

2. Die Anschlussberufung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht innerhalb der verlängerten Frist zur Beantwortung der Berufung eingelegt worden, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO.

16

II. Die Revision hat auch nicht deshalb Erfolg, weil die von der Klägerin mit der Anschlussberufung vorgenommene Klageänderung vom Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft als sachdienlich angesehen wurde. Das Landesarbeitsgericht hat die Voraussetzung einer zulässigen Klageänderung in der Berufungsinstanz nach § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 533 ZPO bejaht und über den geänderten Antrag der Klägerin sachlich entschieden. Dies ist in der Revisionsinstanz nicht mehr zu überprüfen (vgl. statt vieler BAG 25. Juni 2014 - 7 AZR 847/12 - Rn. 20 mwN, BAGE 148, 299; 21. April 2009 - 3 AZR 674/07 - Rn. 15 mwN; BGH 25. Oktober 2007 - VII ZR 27/06 - Rn. 9).

17

III. Die Revision ist jedoch deshalb begründet, weil ein Anspruch der Klägerin auf Auskehrung des segmentierten Kassenvermögens an eine Rückdeckungsversicherung nicht besteht.

18

1. Ein Anspruch auf Auszahlung des segmentierten Kassenvermögens an eine Rückdeckungsversicherung folgt nicht aus dem Umstand, dass das Mitgliedschaftsverhältnis der Klägerin zum Beklagten beendet ist.

19

a) Der Anspruch ergibt sich nicht aus der Satzung des Beklagten. Diese lässt eine Auszahlung des segmentierten Kassenvermögens lediglich zu Gunsten eines anderen mittelbaren Durchführungswegs der betrieblichen Altersversorgung (Unterstützungskasse, Pensionskasse oder Direktversicherung) zu. Dies ergibt ihre Auslegung. Bei der von der Klägerin bei der A AG eingerichteten Rückdeckungsversicherung handelt es sich nicht um einen Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung.

20

aa) Die Satzung des Beklagten ist nach objektiven Gesichtspunkten aus sich heraus auszulegen und die Auslegung des Berufungsgerichts unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung (vgl. BGH 29. Juli 2014 - II ZR 243/13 - Rn. 14 mwN, BGHZ 202, 202; 24. April 2012 - II ZB 8/10 - Rn. 17).

21

bb) Für den Fall des Ausscheidens eines Trägerunternehmens aus dem Beklagten bestimmt § 4 Abs. 2 Satzung, dass die auf dem für dieses Trägerunternehmen geführten Konto eingebrachten Finanzierungsmittel mit ihrem dann vorhandenen Wert(§ 11 Abs. 3 Satzung) zur Verfügung stehen und entsprechend § 18 Satzung verteilt werden. Nach § 18 Abs. 1 Satzung steht es dem Verein frei, die Unterstützungskasse unter Wahrung der steuerlichen Vorschriften in eine andere Rechtsform derselben Zweckbestimmung oder in eine steuerfreie Pensionskasse zu überführen. Auch eine Ausgliederung von entsprechenden Teilen des Vereinsvermögens zur Gründung und Ausgestaltung einer steuerfreien Pensionskasse oder einer anderen Unterstützungskasse ist zulässig. Ebenso kann das Vermögen ganz oder teilweise in Kapital- oder Rentenversicherungen für die Begünstigten angelegt werden. Darüber hinaus bestimmt § 18 Abs. 2 Satzung für den Fall der Auflösung der Unterstützungskasse, dass ihr Vermögen in Bezug auf die einzelnen Trägerunternehmen gemäß § 11 Abs. 3 Satzung zu ermitteln und alsdann - unbeschadet der Bestimmung des § 11 Abs. 1 Satz 3 Satzung - im Benehmen mit dem jeweiligen Trägerunternehmen auf die gemäß § 2 Satzung Begünstigten zu verteilen oder zu ausschließlich gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dem Deutschen Roten Kreuz e.V. zuzuführen ist.

22

cc) Die Satzung sieht damit für den Fall des Ausscheidens eines Trägerunternehmens vor, dass das vorhandene segmentierte Kassenvermögen in eine andere Unterstützungskasse oder einen anderen mittelbaren Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung eingebracht werden kann. § 18 Abs. 1 Satzung zählt dabei die im Jahr 2001 vorhandenen mittelbaren Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung auf, und zwar die Unterstützungskasse, die Pensionskasse und die Direktversicherung in Form von Kapital- oder Rentenversicherungen. Die Satzung sieht damit lediglich eine begrenzte Möglichkeit der Verwendung des Kassenvermögens zu Gunsten der in § 18 Abs. 2 Satzung unter Bezugnahme auf § 2 Satzung genannten Begünstigten vor. Sie begrenzt die Möglichkeiten der Auskehrung des Kassenvermögens auf die Einbringung in einen anderen mittelbaren Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung. Dies deckt sich auch mit dem Zweck des Beklagten nach § 2 Abs. 3 Satzung, der unabänderlich in der Führung einer Unterstützungskasse liegt. Das entspricht auch § 11 Abs. 1 Satzung, der die ausschließliche Verwendung der Einkünfte und des Vermögens der Unterstützungskasse für die in § 2 Satzung geregelten Zwecke vorschreibt.

23

dd) Danach erweist sich das Urteil des Landesarbeitsgerichts als rechtsfehlerhaft. Die in § 18 Abs. 1 Satzung bezeichneten Versicherungen sind nur die der betrieblichen Altersversorgung als mittelbarer Durchführungsweg dienenden Direktversicherungen iSv. § 1b Abs. 2 BetrAVG. Die von der Klägerin zu Gunsten ihrer beiden Geschäftsführer und Gesellschafter abgeschlossene Versicherung bei der A AG ist keine der in § 18 Abs. 1 Satzung genannten Kapital- oder Rentenversicherungen. Vielmehr handelt es sich nach dem Klageantrag und dem Vortrag der Klägerin um eine Rückdeckungsversicherung. Eine Rückdeckungsversicherung ist jedoch lediglich ein Finanzierungsinstrument des Arbeitgebers und kein mittelbarer Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung in Gestalt einer Direktversicherung (vgl. Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber BetrAVG 6. Aufl. § 1 Rn. 91).

24

Es kann deshalb dahinstehen, ob dem Beklagten - wovon er ausgeht - zwischen den in der Satzung vorgesehenen Möglichkeiten ein - von ihm jedenfalls bislang nicht ausgeübtes - Wahlrecht zusteht oder ob im Falle der Beendigung der Mitgliedschaft dieses Wahlrecht dem Trägerunternehmen zusteht. Ebenso ist es nicht entscheidungserheblich, ob die Beschränkung der Auskehrung der Vermögenswerte auf andere mittelbare Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung - wie vom Beklagten behauptet - körperschaftssteuerrechtliche Hintergründe hat.

25

b) Der Anspruch auf Auskehrung des segmentierten Kassenvermögens ergibt sich auch nicht aus dem Geschäftsbesorgungsrecht (§ 675 Abs. 1, § 667 BGB). Die Satzung enthält eine Regelung für die Auszahlung des Kassenvermögens, die nur die dort vorgesehenen Rückgewährmöglichkeiten zulässt und jedenfalls etwaigen Ansprüchen aus dem Geschäftsbesorgungsrecht vorgeht.

26

c) Schließlich folgt der Anspruch auch nicht aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 BGB). Sollten sich überhaupt Ansprüche der Klägerin aus ungerechtfertigter Bereicherung ergeben, wären diese ausschließlich auf Zahlung an die Klägerin selbst, nicht aber an einen Dritten, wie die A AG, gerichtet. Ein solcher Anspruch ist jedoch im Revisionsverfahren alleiniger Streitgegenstand.

27

2. Der geltend gemachte Anspruch auf Auskehrung des segmentierten Kassenvermögens folgt auch nicht daraus, dass die Klägerin über den Beklagten lediglich die Altersversorgung ihrer geschäftsführenden Gesellschafter durchführen wollte. Zwar spricht viel dafür, dass dies wegen § 12 Abs. 3 Satzung nicht möglich ist. Zudem ist problematisch, ob es sich bei einer Versorgungszusage an geschäftsführende Gesellschafter überhaupt um betriebliche Altersversorgung handelt, wie es § 2 Abs. 1 bis Abs. 3 Satzung als Voraussetzung für die Durchführung über den Beklagten „unabänderlich“ erfordert(vgl. BAG 11. November 2014 - 3 AZR 404/13 -). Sollten sich deshalb Ansprüche der Klägerin auf Auskehrung des segmentierten Kassenvermögens ergeben, wären diese ausschließlich auf Zahlung an die Klägerin, nicht aber auf Zahlung an die A AG gerichtet, die allein Gegenstand des Revisionsverfahrens sind. Es kann folglich dahinstehen, ob die rechtskräftige Abweisung des Hauptantrags auch den insoweit maßgeblichen Lebenssachverhalt erfasst.

28

IV. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens und der Revision zu tragen, § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Zwanziger    

        

    Spinner    

        

    Ahrendt     

        

        

        

    C. Reiter    

        

    Nötzel     

                 
9
1. Ohne Erfolg beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht die Klageerweiterung im Berufungsverfahren für zulässig gehalten hat. Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass eine Klage im Wege der Anschlussberufung erweitert werden kann, auch wenn der Anschlussberufungskläger durch das erstinstanzliche Urteil nicht beschwert ist (BGH, Urteile vom 17. Dezember 1951 - GSZ 2/51, BGHZ 4, 229, 234; vom 25. November 1993 - IX ZR 51/93, NJW 1994, 944, 945; ebenso MünchKomm-ZPO/ Rimmelspacher, 3. Aufl., § 524 Rn. 13; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 524 Rn. 10; Lemke in Prütting/Gehrlein, ZPO, 3. Aufl., § 524 Rn. 13; a.A. Stein/ Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 521 a.F. Rn. 6, 7; unklar Zöller/Heßler, ZPO, § 524 Rn. 31 einerseits und Rn. 33 zur Zulässigkeit der Klageerweiterung andererseits

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern.

(2) In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des Vertrags, zu entnehmen, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 15. April 2009 - 5 Sa 1027/08 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin aufgrund einer Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag oder aufgrund eines Personalüberleitungsvertrages Einmalzahlungen zu leisten nach dem Tarifvertrag über eine Einmalzahlung im Jahr 2005 für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände - Tarifbereich West - vom 9. Februar 2005 (TV EZ), dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) vom 13. September 2005 oder dem für den Bereich Bund geschlossenen Tarifvertrag über Einmalzahlungen für die Jahre 2005, 2006 und 2007 vom 9. Februar 2005.

2

Die Klägerin ist seit dem 1. Februar 1981 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin, der Landesversicherungsanstalt O (LVA), in deren Krankenhausbetrieb, zunächst in Vollzeit, als Arbeiterin beschäftigt. Seit dem 1. April 2006 arbeitet sie in Teilzeit mit 30 Wochenstunden.

3

§ 2 des Arbeitsvertrages vom 1. Februar 1981 lautet:

        

„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Mantel-Tarifvertrag für Arbeiter der Länder (MTL II) vom 27. Februar 1964 und den diesen ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen.“

4

Mit Wirkung vom 1. Januar 1999 übernahm die Beklagte die Trägerschaft des Krankenhausbetriebs. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ging im Wege des Betriebsübergangs auf sie über.

5

Anlässlich des Betriebsübergangs schlossen die tarifgebundene LVA und die Beklagte am 29. Juni 1998 einen Personalüberleitungsvertrag (PÜV), in dem ua. Folgendes geregelt ist:

        

㤠1

        

Übergang der Arbeitsverhältnisse

        

(1) Die Angestellten, Arbeiter und Auszubildenden der Fachklinik M, im folgenden Arbeitnehmer genannt, werden gemäß § 613 a BGB von A übernommen.

        

(2) A sichert zu, daß sich alle Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer aus den jeweiligen Regelungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT, Fassung Bund und Länder), des Manteltarifvertrages für Arbeiter/Arbeiterinnen der Mitglieder der TgRV (MTArb-TgRV), des Tarifvertrages zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Schülerinnen/Schüler, die nach Maßgabe des Krankenpflegegesetzes ausgebildet werden, und den sie ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen sowie aus der für die Fachklinik M abgeschlossenen Dienstvereinbarung ergeben.

        

(3) Von Absatz 2 können sich im Hinblick auf § 4 Absatz 2 Abweichungen ergeben. A verpflichtet sich, etwaige Verringerungen der Vergütungen (Lohn/Gehalt) der Arbeitnehmer im Wege des Besitzschutzes auszugleichen.

        

(4) Soweit in den nach § 1 Abs. 2 bzw. § 4 Abs. 2 anzuwendenden tariflichen Vorschriften (z. B. § 65 BAT, § 74 MTArb-TgRV) auf jeweils geltende Bestimmungen des Arbeitgebers verwiesen wird, sind die entsprechenden Bestimmungen des Freistaats Bayern sinngemäß anzuwenden.

        

…       

        

§ 3

        

Individualverträge

        

Abweichende Individualverträge zwischen A und Arbeitnehmern bedürfen nicht der Zustimmung der LVA.

        

§ 4

        

Zusatzversorgung bei der ZVK

        

(1) A verpflichtet sich, die bisher bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder für die übernommenen Arbeitnehmer bestehende Zusatzversorgung durch eine Beteiligung bei der Zusatzversorgungskasse der Bayerischen Gemeinden (ZVK) weiterzuführen.

        

(2) Zur Erfüllung dieser Verpflichtung hat A die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für eine Beteiligung bei der ZVK zu schaffen. Dies gilt vor allem für die Mitgliedschaft beim Kommunalen Arbeitgeberverband Bayern e.V. (KAV), für das anzuwendende Tarifrecht und für die Einrichtung eines Beirates mit maßgeblichem kommunalen Einfluß im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 der Satzung des KAV.

        

…       

        

§ 6

        

Vertragserhaltende Bestimmung

        

Sollte A die Erfüllung der in § 4 genannten Verpflichtungen nicht möglich sein, so bleibt der Vertrag gleichwohl wirksam. In diesem Fall ist A verpflichtet, die Arbeitnehmer anstatt bei einer Zusatzversorgungskasse mindestens gleichwertig bei einer privaten Einrichtung zu versichern.

        

…       

        

§ 15

        

Laufzeit, weiterer Betriebsübergang

        

(1) Der Vertrag wird mit dem Übergabestichtag wirksam. Er wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.

        

(2) Im Falle eines weiteren Betriebsüberganges sind die Rechte und Pflichten von A aus diesem Vertrag auf den neuen Übernehmer zu übertragen mit der Pflicht zur Weiterübertragung.“

6

Vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2004 war die Beklagte Vollmitglied des KAV. Seit dem Betriebsübergang am 1. Januar 1999 wandte sie bei ihren Mitarbeitern, auch bei den nach dem 1. Januar 1999 neu eingestellten, die Tarifverträge des Öffentlichen Dienstes für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) an, also den BAT/VKA und den BMT-G II. Die Tarifverträge in der Fassung für Bund und Länder wurden seit 1999 nicht mehr angewandt.

7

Zum 1. Januar 2005 wandelte die Beklagte ihre Mitgliedschaft im KAV in eine Gastmitgliedschaft ohne Tarifbindung um. Sie wendete sodann weder den am 1. Oktober 2005 für Bund und Kommunen in Kraft getretenen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) noch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) an.

8

Für den kommunalen Bereich wurde am 9. Februar 2005 in § 2 TV EZ für das Jahr 2005 ua. für Beschäftigte, die unter den Geltungsbereich des BAT oder des BMT-G II fallen, eine Einmalzahlung in Höhe von 300,00 Euro vereinbart, die in Teilbeträgen von je 100,00 Euro mit dem Entgelt für die Monate April, Juli und Oktober 2005 ausgezahlt werden sollte. Für die Jahre 2006 und 2007 legte § 21 TVÜ-VKA für den kommunalen Bereich im Tarifgebiet West eine Einmalzahlung von jeweils 300,00 Euro fest, die pro Jahr in zwei Teilbeträgen in Höhe von jeweils 150,00 Euro mit den Bezügen für die Monate April und Juli auszuzahlen war. Für den Bereich des Bundes war eine Einmalzahlung in Höhe von 300,00 Euro jährlich mit dem Tarifvertrag über Einmalzahlungen für die Jahre 2005, 2006 und 2007 vom 9. Februar 2005 vorgesehen. Die Auszahlung sollte für das Jahr 2005 mit den Bezügen für die Monate April, Juli und Oktober in Teilbeträgen in Höhe von jeweils 100,00 Euro und für die Jahre 2006 und 2007 mit den Bezügen für die Monate April und Juli in Teilbeträgen in Höhe von jeweils 150,00 Euro erfolgen.

9

Mit Schreiben vom 22. August 2005 hat die Klägerin einen Anspruch auf Einmalzahlung in Höhe von 200,00 Euro für die Monate April und Juli 2005 erfolglos geltend gemacht. Mit Schreiben vom 28. September 2006 hat sie erfolglos weitere 200,00 Euro für die Monate April und Juli 2006 verlangt sowie mit Schreiben vom 9. Februar 2007 weitere 100,00 Euro für den Monat Oktober 2005.

10

Mit ihrer Klage verfolgt sie ihre Zahlungsansprüche weiter. Sie ist der Auffassung, die Verpflichtung zur Zahlung der Einmalzahlungen für die genannten Jahre ergebe sich aus einer dynamischen Verweisung auf die Tarifverträge des Öffentlichen Dienstes in ihrem Arbeitsvertrag und daneben aus dem PÜV.

11

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 512,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 100,00 Euro seit dem 1. Mai 2005, aus 100,00 Euro seit dem 1. August 2005, aus 116,88 Euro seit dem 1. Mai 2006, aus 116,88 Euro seit dem 1. August 2006, aus 116,88 Euro seit dem 1. Mai 2007 und aus 116,88 Euro seit dem 1. August 2007 zu zahlen.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, dass infolge der Gastmitgliedschaft die arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch mit dem Stand 31. Dezember 2004 anzuwenden seien, weil die Bezugnahmeklausel als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen sei. Bei dem PÜV handele es sich schon inhaltlich nicht um einen Vertrag zugunsten Dritter. Im Übrigen könnten sich Tarifverträge auch zuungunsten der Arbeitnehmer verändern und eine Einbeziehung Dritter zu deren Lasten sei unzulässig und daher unwirksam.

13

Das Arbeitsgericht hat der Klage in dem zuletzt beantragten Umfang stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren in dem vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Umfang weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO).

15

A. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Beklagte weder kraft Mitgliedschaft noch nach dem Arbeitsvertrag mit der Klägerin und auch nicht aufgrund des PÜV verpflichtet sei, die streitgegenständlichen Tarifverträge anzuwenden. Diese seien nach Beendigung der Vollmitgliedschaft der Beklagten im KAV geschlossen worden, weshalb keine Bindung kraft beiderseitiger Verbandsmitgliedschaft bestehe. Die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag sei nach der Rechtsprechung für Altverträge als Gleichstellungsabrede auszulegen: Sie beinhalte deshalb nach Beendigung der Vollmitgliedschaft nur noch eine statische Bezugnahme auf die zu diesem Zeitpunkt bereits geschlossenen Tarifverträge. Auch aus dem PÜV könne die Klägerin den Anspruch nicht herleiten. Darin seien vertragliche Ansprüche zugunsten Dritter im Sinne von § 328 Abs. 1 BGB nicht wirksam begründet worden. Es handle sich vielmehr um einen unzulässigen Vertrag zulasten Dritter. Die darin vorgenommene Festlegung auf eine Anwendbarkeit von Tarifverträgen in ihrer jeweiligen Fassung umfasse unzulässigerweise auch etwa eintretende nachteilige Folgen.

16

B. Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts richtet, der streitgegenständliche Anspruch ergebe sich nicht aus dem Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1981.

17

I. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Daher muss die Revisionsbegründung eine Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen des angefochtenen Urteils enthalten. Dies erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll (st. Rspr., zB BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 2 a der Gründe mwN, BAGE 109, 145). Bei mehreren Streitgegenständen muss für jeden von ihnen eine solche Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem Streitgegenstand, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig (BAG 15. März 2006 - 4 AZR 73/05 - Rn. 17, AP ZPO § 551 Nr. 63 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 2; 12. November 2002 - 1 AZR 632/01 - zu B I der Gründe mwN, BAGE 103, 312).

18

II. Danach ist die Revision der Klägerin im genannten Umfang unzulässig. Die Klägerin hat den mit der Klage verfolgten Anspruch zum einen auf ihren Arbeitsvertrag und zum anderen auf den PÜV gestützt, also auf zwei voneinander zu unterscheidende, selbstständige Lebenssachverhalte und damit zwei Streitgegenstände iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO(BAG 15. März 2006 - 4 AZR 73/05 - Rn. 18, AP ZPO § 551 Nr. 63 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 2). Zu ihnen hat das Landesarbeitsgericht auch in gesonderten Ausführungen Stellung genommen. Deshalb bedurfte es bei unbeschränkt eingelegter Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts für jeden dieser Streitgegenstände einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Begründung, die aber bezüglich des Streitgegenstandes eines Anspruchs aus dem Arbeitsvertrag fehlt.

19

C. Die Revision ist demgegenüber begründet, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts richtet, auch aus dem PÜV ergebe sich der geltend gemachte Anspruch nicht. Jedenfalls trägt die Begründung des Landesarbeitsgerichts seine klageabweisende Entscheidung insoweit nicht. Es ist nach den bisherigen Feststellungen nicht auszuschließen, dass der Klägerin der begehrte Anspruch auf die tariflichen Einmalzahlungen auf der Grundlage des PÜV zusteht.

20

I. Das Landesarbeitsgericht hat allein auf der Grundlage des Wortlautes des PÜV zu Unrecht angenommen, es komme nur eine Auslegung von § 1 Abs. 2 PÜV als - unwirksamer - Vertrag zulasten Dritter in Betracht. Nach Wortlaut und Systematik des PÜV spricht jedoch mehr dafür, dass § 1 Abs. 2 PÜV als wirksamer berechtigender Vertrag zugunsten Dritter auszulegen ist. Danach könnte die Klägerin als im Wege des Betriebsübergangs übernommene Arbeitnehmerin durch den PÜV das Recht erworben haben, von der Beklagten die Zustimmung zum Abschluss einer Vereinbarung darüber zu verlangen, dass das dort genannte Tarifrecht in seiner jeweiligen Fassung auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung findet. Der Senat kann jedoch nicht selbst in der Sache entscheiden, weil abschließende Feststellungen dazu fehlen, ob die Klägerin tatsächlich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Beklagte auf Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung erworben hat und ob sie ggf. von dieser Berechtigung aus dem PÜV entsprechend Gebrauch gemacht hat. Es bedarf deshalb der Zurückverweisung in die Tatsacheninstanz.

21

1. Das Landesarbeitsgericht hat nicht hinreichend berücksichtigt, dass § 1 Abs. 2 PÜV nach seinem Wortlaut und im Zusammenhang der weiteren Regelungen des PÜV naheliegend dahin ausgelegt werden kann, dass für die in § 1 Abs. 1 PÜV aufgeführten Arbeitnehmerinnen und -nehmer die Berechtigung begründet werden sollte, von der Beklagten eine Vereinbarung zu verlangen, dass die sich aus dem PÜV ergebenden Tarifwerke in ihrer jeweiligen Fassung im Arbeitsverhältnis anzuwenden sind. Es spricht nach Wortlaut und Systematik des PÜV sehr viel dafür, dass die Beklagte den vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in § 1 Abs. 2 PÜV im Wege eines berechtigenden Vertrages zugunsten Dritter die Berechtigung eingeräumt hat, den Abschluss einer Vereinbarung von der Beklagten zu verlangen, wonach das angesprochene Tarifrecht dynamisch im Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden ist. Eine Begünstigung der Klägerin aus § 1 Abs. 2 PÜV ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht von vornherein unter dem Gesichtspunkt eines unzulässigen Vertrages zulasten Dritter ausgeschlossen.

22

a) Der PÜV regelt als sogenannter typischer Vertrag ua. die Rechtsverhältnisse der von dem Betriebsübergang betroffenen Beschäftigten und damit eine Vielzahl von Fällen (BAG 18. Mai 1999 - 9 AZR 430/98 - zu II 1 der Gründe; 20. April 2005 - 4 AZR 292/04 - zu A I 1 der Gründe, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 35 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 40). Seine Auslegung ist durch das Revisionsgericht unbeschränkt überprüfbar. Wegen der dabei anzuwendenden Auslegungsregeln wird auf die Senatsentscheidung vom 10. Dezember 2008 ( - 4 AZR 881/07 - Rn. 22 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 68) verwiesen, welche ebenfalls einen Personalüberleitungsvertrag zum Gegenstand hatte.

23

b) Es ist rechtlich möglich, einem Dritten in einem Vertrag, der zu seinen Gunsten geschlossen wird, die Berechtigung einzuräumen, den Abschluss eines bestimmten Vertrages zu verlangen. Darin liegt auch dann kein unzulässiger Vertrag zulasten Dritter, wenn sich aus dem danach geschlossenen Vertrag Rechtsnachteile für den Berechtigten ergeben können.

24

aa) Nach § 328 Abs. 1 BGB können die Vertragsparteien eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung vereinbaren, dass der Dritte - ohne in die Stellung eines Vertragschließenden einzurücken - unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern(vgl. ua BGH 8. Februar 2006 - IV ZR 205/04 - Rn. 37, 39, mwN, NJW 2006, 1434). Maßgebend sind nach § 328 Abs. 1 BGB die ausdrücklichen oder im Wege der Auslegung zu ermittelnden Anordnungen des Vertrages(BGH 26. April 2007 - IX ZR 139/06 - Rn. 12, NJW-RR 2007, 1247; 29. September 1977 - II ZR 214/75 - NJW 1978, 264). Begrenzt wird diese rechtliche Möglichkeit dadurch, dass Lasten für nicht am Vertrag beteiligte Dritte durch einen Vertrag nicht begründet werden können (BAG 20. April 2005 - 4 AZR 292/04 - zu A II 1 der Gründe, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 35 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 40; weiterhin 16. Februar 2000 - 4 AZR 14/99 - zu II 3 b dd der Gründe, BAGE 93, 328). Einem Vertrag zulasten Dritter stehen die Grundsätze der Privatautonomie entgegen.

25

bb) Es ist aber statthaft, für einen Dritten in dem Vertrag, der zu seinen Gunsten geschlossen wird, einen schuldrechtlichen Anspruch gegenüber dem Versprechenden zu begründen, mit ihm einen bestimmten Vertrag zu vereinbaren (vgl. zu den sogenannten Eintrittsklauseln bei Nachfolgeregelungen in Gesellschaftsverträgen BGH 29. September 1977 - II ZR 214/75 - zu B II 2 a der Gründe, NJW 1978, 264; s. weiterhin nur Bayer Der Vertrag zugunsten Dritter S. 167 f. mwN in Fn. 217; MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer 5. Aufl. § 727 Rn. 57; Staudinger/Jagmann BGB Neubearbeitung 2004 § 328 Rn. 180 f.). Dem Dritten kann eine Verpflichtung dergestalt auferlegt werden, dass er das Recht nur erwirbt, wenn er eine Verpflichtung übernimmt (vgl. MünchKommBGB/Gottwald § 328 Rn. 193 mwN; für den vorliegenden PÜV bereits BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 35 mwN, BAGE 130, 286). Durch die Voraussetzung der Übernahme kommt er nicht in die der Privatautonomie zuwiderlaufende Situation, sich von der Verpflichtung nur analog § 333 BGB durch Zurückweisung befreien zu können, was als Zwang mit der Privatautonomie nicht vereinbar wäre(für Letzteres MünchKommBGB/Gottwald § 328 Rn. 188 mwN).

26

c) Es spricht viel dafür, dass § 1 Abs. 2 PÜV nach seinem Wortlaut und im Zusammenhang der weiteren Regelungen des PÜV als ein derartiger berechtigender Vertrag zugunsten Dritter auszulegen ist, gerichtet auf eine Berechtigung der vom PÜV angesprochenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, eine Vereinbarung über die dynamische Anwendung von Tarifverträgen des Öffentlichen Dienstes zu verlangen. Darin läge ein Vertrag zugunsten und nicht zulasten Dritter.

27

aa) Zwar kann für einen Arbeitnehmer durch einen Vertrag, an dem er nicht beteiligt ist, eine dynamische Anwendbarkeit eines Tarifvertrages oder Tarifwerks ohne seine Zustimmung nicht vereinbart werden. Das gilt nicht nur für den Fall der erstmaligen Vereinbarung einer Bezugnahme, sondern auch bei der Sicherung einer bisher geltenden dynamischen Inbezugnahme (klarstellende Abgrenzung zu BAG 20. April 2005 - 4 AZR 292/04 - zu A II 2 der Gründe, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 35 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 40; vgl. auch 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 34 mwN, BAGE 130, 286). Eine Dynamisierung unabhängig von der Verbandsmitgliedschaft kann eine Besserstellung gegenüber der Nichtgeltung von Tarifrecht bewirken (BAG 26. August 2009 - 4 AZR 290/08 - Rn. 30, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 69); von ihr sind jedoch auch etwaige Schlechterstellungen mit umfasst, weil Tarifverträge auch zulasten der Arbeitnehmer geändert werden können. Damit wird die Möglichkeit einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen eröffnet, die arbeitsvertraglich nicht ohne Weiteres gegeben wäre, sondern einer Änderungsvereinbarung oder einer wirksamen Änderungskündigung bedürfte (BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - aaO).

28

bb) Es liegt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts jedoch nahe, dass § 1 Abs. 2 PÜV keine Regelung enthält, mit der ohne Weiteres die Anwendbarkeit von Tarifverträgen in ihrer jeweiligen Fassung in den Arbeitsverhältnissen der angesprochenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer herbeigeführt werden sollte. Mehr spricht dafür, dass die Vertragsbestimmung nur eine Zusicherung der Beklagten ist, nach der die übernommenen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die durch § 1 Abs. 1 PÜV bestimmt worden sind, einen schuldrechtlichen Anspruch zur Vereinbarung einer unbedingten zeitdynamischen Inbezugnahme der bisher angewandten Tarifverträge mit der Beklagten haben. Nach dieser Auslegung ist mit § 1 Abs. 2 PÜV eine Berechtigung eingeräumt worden: Den betreffenden Arbeitnehmern wurde eine dynamische Weitergeltung dieser Tarifverträge nicht aufgezwungen. Ein Vertrag, der den Mitarbeitern als Dritten das Recht gibt sich zu entscheiden, ob ein Tarifwerk weiter angewendet wird oder nicht, begründet keine Verpflichtung oder Belastung des Arbeitnehmers. Gegen seine Wirksamkeit als Vertrag zugunsten Dritter iSv. § 328 Abs. 1 BGB bestehen keine Bedenken(vgl. auch BAG 20. April 2005 - 4 AZR 292/04 - zu A II 2 der Gründe, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 35 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 40).

29

(1) Für eine Berechtigung, eine entsprechende Vereinbarung aus eigenem Recht und im eigenen Namen verlangen zu können, spricht bereits der Wortlaut von § 1 Abs. 2 PÜV, wonach die Beklagte zusichert, dass sich die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer aus den dort genannten Tarifverträgen ergeben(ebenso BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 37, BAGE 130, 286 betreffend denselben Personalüberleitungsvertrag). Der Begriff der „Zusicherung“ ist, was die Beantwortung der Frage angeht, ob eine dynamische Bezugnahme der betreffenden Tarifverträge damit bereits - unzulässigerweise - vereinbart ist oder noch der Vereinbarung mit dem Dritten bedarf, zumindest offen. Eine endgültige Festlegung der Vertragsrechte der Dritten wird mit einer derartigen Wortwahl eher nicht vorgenommen.

30

(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten hätte es für ein Vertragsverständnis im Sinne der Einräumung einer Berechtigung in § 1 Abs. 2 PÜV nicht „gegenüber den Arbeitnehmern“ heißen und es hätte auch keine wörtliche Kennzeichnung als „Vertrag zugunsten Dritter“ erfolgen müssen. Ausgehend davon, dass der Wille der Vertragsparteien im Deckungsverhältnis über das Bestehen und die Voraussetzungen eines Anspruchs des Dritten entscheidet, liegt die Annahme eines berechtigenden Vertrages zugunsten Dritter dann nahe, wenn der Versprechungsempfänger eine Leistung lediglich im Interesse des oder der Dritten verabredet hat (vgl. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 37 mwN, BAGE 130, 286). Das ist vorliegend der Fall. Ein eigenes rechtliches Interesse der LVA, der Rechtsvorgängerin der Beklagten an einer Zusicherung der Beklagten, dass sich die Rechte und Pflichten der vormals bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer zukünftig nach den genannten Tarifregelungen bestimmen, ist nicht ersichtlich. Nichts spricht dafür, dass lediglich eine schuldrechtliche Verpflichtung allein der LVA gegenüber eingegangen werden sollte. Weit näher liegt, dass durch diese „Zusicherung“ für die vom Betriebsübergang erfassten Arbeitnehmer eine entsprechende Berechtigung begründet werden sollte, die sie aus eigenem Recht und im eigenen Namen sollten geltend machen können.

31

Versteht man § 1 Abs. 2 PÜV so, handelt es sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht um die Festlegung einer vorweggenommenen Zustimmung der Dritten zu einer Belastung, was an der Unzulässigkeit eines Vertrages zulasten Dritter nichts ändern würde. Vielmehr spricht mehr dafür, dass § 1 Abs. 2 PÜV den betroffenen Dritten eine Berechtigung einräumt, die sie durch eigene Handlung in Anspruch nehmen können, jedoch nicht müssen. Eröffnet würde somit nur die Wahlmöglichkeit, die sich aus dem PÜV ergebenden Rechte in Anspruch zu nehmen oder dies zu unterlassen (vgl. BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 881/07 - Rn. 21, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 68; 20. April 2005 - 4 AZR 292/04 - zu A II 2 der Gründe, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 35 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 40).

32

(3) Die vertragliche Zusicherung der Beklagten in § 1 Abs. 2 PÜV betrifft auch eine zeitdynamische Geltung der angesprochenen Tarifverträge. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung. Die Parteien des PÜV haben die „klassischen“ Formeln verwendet, die, was die Tarifanwendung angeht, Dynamik zum Ausdruck bringen, nämlich auf die „jeweiligen“ Regelungen sowie auf „ergänzende, ändernde oder ersetzende Tarifverträge“ Bezug genommen. Aus dieser Wortwahl ergibt sich die Zusicherung, eine dynamische Einbeziehung der betroffenen Tarifregelungen zu gewährleisten (vgl. beispielhaft BAG 26. August 2009 - 4 AZR 290/08 - Rn. 24, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 69; 19. September 2007 - 4 AZR 710/06 - Rn. 22, AP BGB § 133 Nr. 54 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 36; 23. Mai 2007 - 10 AZR 323/06 - Rn. 16, AP TVG § 1 Tarifverträge: Seeschifffahrt Nr. 10; 20. April 2005 - 4 AZR 292/04 - zu A I 2 der Gründe, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 35 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 40).

33

Dass sich die Beklagte mit § 1 Abs. 3 PÜV verpflichtet hat, etwaige Verringerungen der Vergütungen der Arbeitnehmer im Wege des Besitzschutzes auszugleichen, steht dieser Auslegung nicht entgegen. Die Verpflichtung zum „Besitzschutz“ berührt nicht die Auslegung von § 1 Abs. 2 PÜV zur Frage „Statik oder Dynamik“, sondern nur die Frage der Anwendung des Tarifrechts des Öffentlichen Dienstes für den Bereich der VKA oder für den Bereich des Bundes und der Länder. Die Formulierung „im Wege des Besitzschutzes“ steht ersichtlich im Zusammenhang mit dem Verweis auf den diese Thematik betreffenden § 4 Abs. 2 PÜV, die sich ebenfalls in § 1 Abs. 3 PÜV findet. Dafür, dass § 1 Abs. 3 PÜV eine weitergehende Bedeutung haben könnte und entgegen der nach dem Wortlaut von § 1 Abs. 2 PÜV eindeutigen Zusicherung, eine dynamische Weitergeltung des einschlägigen Tarifwerks zu gewährleisten, bestimmen sollte, dass es hier insgesamt nur um die Absicherung des statischen Besitzstandes zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs gehen sollte, gibt es keinen erkennbaren Hinweis. Wäre nur das gewollt gewesen, wäre § 1 Abs. 2 PÜV überflüssig. § 613a Abs. 1 BGB sichert bereits den bis dahin bestehenden Besitzstand statisch ab.

34

Die Unbedingtheit der zugesicherten Dynamik zeigt sich auch durch das Fehlen jeglicher Einschränkung in § 1 Abs. 2 PÜV. Insbesondere ist die Verweisung nicht an die Mitgliedschaft der Beklagten im KAV gebunden, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, wie sich aus § 4 Abs. 2 PÜV zu ergeben scheint, noch nicht einmal bestand(grundsätzlich anders BAG 26. August 2009 - 4 AZR 290/08 - insbesondere Rn. 28, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 69, weil dort die Verpflichtung des Erwerbers lautete „… verpflichtet sich, Mitglied des … kommunalen Arbeitgeberverbandes zu werden und die bestehenden Tarifstrukturen fortzuführen“). Der Vertragstext enthält darüber hinaus auch keine zeitliche Begrenzung für die in Aussicht gestellte dynamische Tarifanwendung (anders BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 881/07 - Rn. 3, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 68, wo ein PÜV nur „für 2 Jahre“ eine dynamische Anwendung tarifvertraglicher Regelungen vorsah).

35

Auch im Zusammenhang der weiteren Regelungen des PÜV spricht viel dafür, § 1 Abs. 2 PÜV die Zusicherung einer unbedingt zeitdynamischen Tarifgeltung zu entnehmen. Der PÜV enthält ausdrückliche und relativ ausführliche Regelungen zum beabsichtigten Eintritt der Beklagten in den KAV (§ 4 Abs. 2 PÜV) und zu den Folgen eines eventuellen Scheiterns dieses Vorhabens (§ 6 PÜV). Diese Regelungen finden sich aber ausschließlich im Zusammenhang mit einer Beteiligung der Beklagten bei der ZVK und der den Mitarbeitern weiter zu verschaffenden betrieblichen Altersversorgung. Die Bestimmungen, die die beabsichtigte Mitgliedschaft im KAV enthalten, weisen weder einen inhaltlichen noch - im Rahmen des PÜV - textlichen Zusammenhang mit § 1 Abs. 2 PÜV auf. Die anzustrebende Beteiligung der Beklagten bei der ZVK ist ausführlich geregelt. Eine Regelung, die einen Zusammenhang zwischen der Mitgliedschaft der Beklagten im KAV mit dem Inhalt von § 1 Abs. 2 PÜV herstellt, findet sich nicht einmal im Ansatz.

36

Zudem ist, wie der Senat bereits in der Entscheidung vom 22. April 2009 (- 4 ABR 14/08 - Rn. 71, BAGE 130, 286) ausgeführt hat, zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des PÜV die Tarifverträge der VKA für die Beklagte nicht unmittelbar galten und die Parteien des PÜV nicht ohne Weiteres davon ausgegangen sind, dass zum 1. Januar 1999 in jedem Fall eine Tarifbindung der Beklagten aufgrund einer Mitgliedschaft im KAV bestehen wird. Das zeigt insbesondere die Regelung in § 6 PÜV, die für den Fall einer nicht zustande kommenden Mitgliedschaft im KAV die Verpflichtung der Beklagten vorsieht, den Arbeitnehmern anderweitig eine entsprechende Zusatzversorgung zu verschaffen. Es ist also schon bei Abschluss des PÜV eine Verpflichtung der Beklagten festgelegt worden, die unabhängig von einer Mitgliedschaft im KAV besteht, ohne dass diese Konstellation in anderem Zusammenhang auch nur erwähnt worden wäre. Im Gegenteil: In § 6 PÜV ist sogar ausdrücklich geregelt, dass dann, wenn der Beklagten die Erfüllung der in § 4 genannten Verpflichtungen nicht möglich sein sollte, der Vertrag, also auch § 1 Abs. 2 PÜV mit seiner auf eine dynamische Tarifgeltung gerichteten Zusicherung, gleichwohl wirksam bleibt.

37

2. Eine Zurückverweisung des Rechtsstreits kann nicht deshalb unterbleiben, weil sich die klageabweisende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt (§ 561 ZPO).

38

a) Die Klägerin erfüllt die im TV EZ und TVÜ-VKA festgelegten Anspruchsvoraussetzungen für die Einmalzahlungen.

39

b) Die Klage kann auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhaltes nicht wegen Versäumens der Ausschlussfrist nach § 63 BMT-G II und § 37 Abs. 1 TVöD abgewiesen werden. Falls sich herausstellen sollte, dass der Anspruch der Klägerin auf die geltend gemachten Einmalzahlungen dem Grunde nach besteht, dürfte die Ausschlussfrist für die noch streitigen Beträge jedenfalls überwiegend gewahrt sein.

40

Die Geltendmachungsschreiben der Klägerin vom 22. August 2005, vom 28. September 2006 und vom 9. Februar 2007 (gerichtet allerdings nicht auf Oktober 2006, sondern auf Oktober 2005) sind zwar nicht sehr detailreich formuliert. Sie sind im Wortlaut weder auf den BMT-G II noch auf den TV EZ und/oder den TVÜ-VKA bezogen, sondern - auch noch im Jahre 2007 - auf „§ 70 BAT“ und auf eine Höhe der Einmalzahlung, die möglicherweise auch dem Tarifbereich Bund und Länder zuzuordnen sein könnte. Gegen ein Versäumen der Ausschlussfrist spricht aber, dass das Arbeitsverhältnis bis Ende des Jahres 2004, also bis zum Ende der Vollmitgliedschaft der Beklagten im KAV, nach den Tarifregelungen für den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände durchgeführt wurde und dass die in den dem Senat ebenfalls vorliegenden Parallelverfahren in der Akte befindlichen Geltendmachungsschreiben gleichlautend sind, was darauf hindeutet, dass es sich um Seriengeltendmachungen handeln könnte, deren Bestimmtheit sich aus Begleitumständen ergeben kann.

41

c) Die Klage kann auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhaltes auch nicht wegen Verwirkung oder Verjährung abgewiesen werden.

42

Die Beklagte hat vorsorglich die Einrede der Verjährung erhoben und sich auch auf Verwirkung berufen. Dazu hat sie in der Revisionsinstanz ausgeführt, der Klägerin sei von der LVA in Absprache mit der Beklagten als damalige Betriebsübernehmerin ein Informationsschreiben vom 28. Oktober 1998 zum Betriebsübergang zugegangen, dem eine vollständige Kopie des PÜV als Anlage beigefügt gewesen sei.

43

Mit der Verwirkung als einem Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat. Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Hierbei muss das schützenswerte Vertrauen des Schuldners das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass diesem die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (vgl. nur BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 357/08 - Rn. 32, AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 113). Insoweit kommen vorliegend zwei Aspekte für die Annahme einer Verwirkung in Betracht, eine etwa illoyal verspätete Geltendmachung einer im PÜV eingeräumten Berechtigung, die Vereinbarung über die dynamische Geltung des Tarifrechts für den Öffentlichen Dienst verlangen zu können sowie eine in gleicher Weise verspätete Geltendmachung von Zahlungsansprüchen. Zu beiden kann der Senat auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhaltes nicht abschließend entscheiden, denn es fehlt hierzu an Feststellungen und am rechtlichen Gehör für die Gegenseite.

44

Auch zur Einrede der Verjährung kann derzeit wegen fehlender Feststellungen - insbesondere zur Frage der rechtzeitigen Geltendmachung der Berechtigung auf Abschluss einer ergänzenden vertraglichen Vereinbarung - nicht abschließend entschieden werden.

45

II. Nach alledem ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts nach § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Sache nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Es fehlt für eine abschließende Entscheidung an Tatsachenfeststellungen des Landesarbeitsgerichts, weil eine umfassende Auslegung des PÜV unter allen für eine Vertragsauslegung maßgebenden Gesichtspunkten bisher unterblieben ist. Darüber hinaus ist den Parteien rechtliches Gehör zu Gesichtspunkten zu gewähren, deren Entscheidungserheblichkeit in den Lösungswegen der Vorinstanzen nicht hervorgetreten ist, nämlich zu Begleitumständen des Vertragsschlusses des PÜV, die möglicherweise dem naheliegenden Auslegungsergebnis von § 1 Abs. 2 PÜV entgegenstehen, zur Identifizierung der in Bezug genommenen Tarifverträge, zur Ausübung der Berechtigung durch die Klägerin sowie zu einer möglicherweise bereits erfolgten Annahme durch die Beklagte.

46

1. Bisher ist zwar nicht ersichtlich, dass Begleitumstände des Vertragsschlusses vorliegen, die mit hinreichender Deutlichkeit vom Wortlaut und Gesamtzusammenhang abweichende Regelungsziele oder Motive aufzeigen und dass deshalb § 1 Abs. 2 PÜV iVm. § 1 Abs. 3 und § 4 Abs. 2 PÜV nicht als berechtigende Vertragsbestimmung zugunsten Dritter iSv. § 328 Abs. 1 BGB anzusehen wäre. Da es auf diesen Gesichtspunkt nach den Erörterungen der Vorinstanzen nicht ankam, ist aber Gelegenheit zu ergänzendem Vorbringen zu geben.

47

a) Bei der Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB ist auch zu berücksichtigen, dass ein übereinstimmender Wille der Parteien dem Wortlaut des Vertrages und jeder anderweitigen Interpretation vorgeht(ua. BAG 13. November 2007 - 3 AZR 636/06 - Rn. 23, AP BetrAVG § 1 Nr. 50; BGH 13. August 1996 - XI ZR 218/95 - mwN, NJW-RR 1996, 1458). Vom Wortlaut abweichende Regelungsziele oder Motive können jedoch nur dann einbezogen werden, wenn sie im Vertrag selbst - was nach der obigen Auslegung nicht geschehen ist - oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen sind (vgl. auch BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 24, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 75 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 30 mwN, BAGE 128, 185). Solche, ihre Auffassung stützende Umstände vorzutragen und ggf. zu beweisen, obliegt der Beklagten.

48

b) Relevante Umstände, die sich etwa darauf beziehen könnten, dass die Vertragsparteien des PÜV der Tarifgebundenheit der übernehmenden Beklagten an die in Bezug genommenen Tarifverträge besondere Bedeutung für die eingeräumte Berechtigung zumessen wollten, sind nicht erkennbar. Auch bedeutsame Begleitumstände bei Vertragsschluss, die auf eine einer arbeitsvertraglichen Gleichstellungsabrede entsprechende Absprache schließen lassen, sind nicht ersichtlich.

49

aa) Die Beklagte hat bislang keine entscheidungserheblichen besonderen Umstände bei Vertragsschluss vorgetragen. Sie liegen insbesondere nicht in ihrem nicht weiter substantiierten Vortrag, aus den Verhandlungsumständen bei Abschluss des PÜV sei ersichtlich, dass sich die Vertragsparteien des PÜV darüber einig gewesen seien, dass die Weitergeltung des Tarifrechts des Öffentlichen Dienstes durch den Beitritt der Revisionsbeklagten zum KAV Bayern zum 1. Januar 1999 und damit nur während der Zeiten der zwingenden Tarifbindung auf verbandsmitgliedschaftlicher Basis der Revisionsbeklagten erfolgen solle.

50

Dem von der Beklagten angeführten Schreiben des damaligen Gesamtpersonalrats aus dem Monat April 1998 kann bereits deshalb keine maßgebende Bedeutung zukommen, weil dieser nicht Partei des PÜV war.

51

bb) Soweit die Beklagte sich weiter im Zusammenhang mit dem PÜV zur Stützung ihrer Rechtsauffassung auf den Begriff der „Gleichstellungsabrede“ bezieht, ist auch darin kein relevanter Umstand erkennbar. Eine Gleichstellungsabrede nach der früheren Rechtsprechung des Senats ist eine dynamische Bezugnahme auf die einschlägigen Tarifverträge in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag, die als zwingende Voraussetzung die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers im Zeitpunkt der Vereinbarung der Bezugnahme auf den Tarifvertrag voraussetzt. Auf Personalüberleitungsverträge ist dies nicht ohne Weiteres übertragbar (dafür spricht auch nicht BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 71, BAGE 130, 286, worin nur distanzierend - „im Sinne einer“ - an den Begriff der Gleichstellungsabrede angeknüpft wurde). Dies gilt umso mehr, als die Beklagte zu dem Zeitpunkt zu dem sie ihre Zusicherung abgab, nicht Mitglied eines Arbeitgeberverbandes für den Öffentlichen Dienst war.

52

2. Das Landesarbeitsgericht wird zu entscheiden haben, ob sich die Zusicherung in § 1 Abs. 2 PÜV im Hinblick auf § 1 Abs. 3 und § 4 Abs. 2 PÜV vor dem Hintergrund der beabsichtigten Mitgliedschaft der Beklagten im KAV auf die Tarifverträge des Öffentlichen Dienstes für den Bereich der VKA in ihrer jeweiligen Fassung und einschließlich ihrer ändernden, ergänzenden und ersetzenden Tarifverträge konkretisiert hat, wofür vieles spricht. Wenn dem so ist, bezieht sich eine in § 1 Abs. 2 PÜV enthaltene Berechtigung der Klägerin auch auf die Nachfolgetarifverträge, also auch auf den TV EZ und den TVÜ-VKA.

53

a) Obwohl die Bezugnahme in § 1 Abs. 2 PÜV wörtlich die Tarifregelungen für Bund und Länder anspricht, kann sich die den Arbeitnehmern gegebene Zusicherung auf die Tarifverträge des Öffentlichen Dienstes für den Bereich der VKA konkretisiert haben. Möglich ist eine solche Konkretisierung vor dem Hintergrund dessen, dass die Beklagte nach dem Betriebsübergang gegenüber ihren Arbeitnehmern dieses Tarifregelungswerk angewendet hat, durch die Formulierung in § 1 Abs. 3 PÜV, wonach sich von § 1 Abs. 2 PÜV „im Hinblick auf § 4 Absatz 2 Abweichungen ergeben“ können. Dahinter steht die Verpflichtung der Beklagten aus § 4 Abs. 2 PÜV, sich um eine Mitgliedschaft im KAV zu bemühen. Die Einbeziehung sowohl der Tarifverträge für Bund und Länder als auch für den Bereich der VKA ist aus dem § 6 PÜV zu entnehmenden Umstand zu erklären, dass die Parteien bei Abschluss des PÜV nicht mit Sicherheit davon ausgehen konnten, dass es über eine Mitgliedschaft der Beklagten im KAV zur Anwendung der Tarifverträge des Öffentlichen Dienstes idF für die kommunalen Arbeitgeber kommen würde. Für den anderen Fall sollte es bei dem Tarifrecht bleiben, welches in § 1 Abs. 2 PÜV genannt ist(dazu bereits BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 39, BAGE 130, 286 ebenfalls zur Situation bei der Beklagten). Für den Fall der verwirklichten Mitgliedschaft im KAV wird in § 4 Abs. 2 PÜV ausdrücklich auf das „anzuwendende Tarifrecht“ Bezug genommen, wodurch das in Folge der Mitgliedschaft im KAV anzuwendende Tarifrecht einbezogen worden ist, also konkret das Tarifrecht des Öffentlichen Dienstes im Bereich der VKA.

54

b) Im Regelungszusammenhang von § 1 Abs. 2 und Abs. 3, § 4 Abs. 2 PÜV würde daraus eine Berechtigung der Arbeitnehmer auf die Vereinbarung einer dynamischen Anwendung des zugesicherten Tarifrechts des Öffentlichen Dienstes idF für die kommunalen Arbeitgeber folgen, die sich nicht nur auf den TV EZ als „ergänzenden“ Tarifvertrag, sondern entgegen der Auffassung der Beklagten auch auf die „ersetzenden“ Nachfolgetarifverträge des BMT-G II, darunter den TVÜ-VKA, erstrecken würde.

55

aa) Die Regelung der Einmalzahlungen im TV EZ ist für das Jahr 2005 als eine den BMT-G II ergänzende tarifliche Vergütungsregelung anzusehen. Dies ergibt sich bereits aus der Definition des Geltungsbereichs in § 1 TV EZ. Dort ist geregelt, dass der TV EZ ua. für Personen gilt, die unter den Geltungsbereich des BMT-G II oder ab dem 1. Oktober 2005 unter den des TVöD fallen. Da der TV EZ somit neben dem BMT-G II oder TVöD gilt, hat er den Charakter eines ergänzenden Tarifvertrages (vgl. zum Tarifvertrag über Einmalzahlungen für die Jahre 2006 und 2007 im Bereich der Länder im Ergebnis übereinstimmend mit anderer Begründung BAG 16. Juni 2010 - 4 AZR 924/08 - Rn. 28 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 79).

56

bb) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Spiegelstrich 4 TVÜ-VKA ersetzt der TVöD-VKA „in Verbindung mit diesem Tarifvertrag“, also dem TVÜ-VKA selbst, ua. den BMT-G II. Diesen Willen haben die Tarifvertragsparteien auch in Satz 1 ihrer Niederschrift zu § 2 TVÜ-VKA zum Ausdruck gebracht, nach der sie davon ausgehen, „dass der TVöD und dieser Tarifvertrag bei tarifgebundenen Arbeitgebern das bisherige Tarifrecht auch dann ersetzen, wenn arbeitsvertragliche Bezugnahmen nicht ausdrücklich den Fall der ersetzenden Regelung beinhalten“. Dies macht deutlich, dass der TVöD-VKA und mit ihm auch der TVÜ-VKA nach Auffassung der ihn schließenden Tarifvertragsparteien grundsätzlich an die Stelle des BMT-G II treten sollten (BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 22, BAGE 130, 286).

57

cc) Der von der Beklagten angeführte Umstand, dass nicht der TVöD-VKA selbst eine Ersetzung des BMT-G II vorsieht, steht dem nicht entgegen (BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 23, BAGE 130, 286). Entgegen der Auffassung der Beklagten tritt diese Ersetzung auch nicht nur bei kraft arbeitgeberverbandlicher Mitgliedschaft tarifgebundenen Arbeitgebern ein. Bei dynamischer vertraglicher Bezugnahme, gleich ob als unmittelbar arbeitsvertragliche Verweisung oder in Vollzug einer in einem Personalüberleitungsvertrag enthaltenen Zusicherung, kommt es regelmäßig gerade nicht auf das Erfüllen der jeweiligen tarifvertraglichen Geltungsbereichsbestimmungen an; es geht nicht um die Geltung kraft unmittelbarer Tarifbindung, sondern um die durch Auslegung zu ermittelnde Reichweite einer vertraglichen Inbezugnahmeregelung (vgl. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - aaO).

58

dd) Da es sich demnach beim TVÜ-VKA in Verbindung mit dem TVöD-VKA um einen den BMT-G II ersetzenden Tarifvertrag handelt und die Berechtigung im PÜV die ersetzenden Tarifverträge ausdrücklich einschließt, bedarf es insofern keiner ergänzenden Vertragsauslegung.

59

3. Für den Fall, dass ein schuldrechtlicher Anspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten auf Abschluss einer Vereinbarung der unbedingten zeitdynamischen Anwendung der im PÜV genannten Tarifwerke - hier konkretisiert auf diejenigen für den kommunalen Bereich - besteht, bedarf er der Geltendmachung und entsprechenden - zumindest konkludenten - Vereinbarung (ebenso BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 71, BAGE 130, 286). Das Landesarbeitsgericht hat - von seinem rechtlichen Standpunkt aus konsequent - diese Frage nicht behandelt und dazu auch keine Feststellungen getroffen. Dies wird unter Gewährung rechtlichen Gehörs nachzuholen sein.

60

Im Rahmen der erneuten Verhandlung wird das Landesarbeitsgericht bei der Prüfung der Frage, ob die Klägerin von der Zusicherung der Beklagten im PÜV Gebrauch gemacht hat und im Anschluss daran eine Vereinbarung zwischen der Beklagten und der Klägerin über eine unbedingte zeitdynamische Geltung der betreffenden Tarifverträge zustande gekommen ist, insbesondere Folgendes zu berücksichtigen haben:

61

a) Für eine solche Vereinbarung zwischen der Beklagten und der Klägerin besteht kein Formzwang. Der Antrag auf Abschluss der zugesicherten Vereinbarung durch die Klägerin und dessen - grundsätzlich geschuldete - Annahme durch die Beklagte können auch konkludent erfolgen (vgl. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 31, BAGE 130, 286; ebenso im Ergebnis auch BGH 29. September 1977 - II ZR 214/75 - zu B II 3 a der Gründe, NJW 1978, 264). Für einen Antrag in diesem Sinne kann ein Schreiben ausreichen, in dem Forderungen aus einem der behandelten Tarifverträge, die nach dem Betriebsübergang geschlossen wurden, geltend gemacht werden.

62

b) Zuvor wird das Landesarbeitsgericht aber zu überprüfen haben, ob durch die widerspruchslose Anwendung der Tarifregelungen der VKA auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin eine entsprechende Vereinbarung konkludent geschlossen wurde.

63

Das Landesarbeitsgericht wird ggf. anschließend zu prüfen haben, ob es zur wirksamen Ausübung eines sich aus einem Personalüberleitungsvertrag ergebenden Vereinbarungsanspruchs der Arbeitnehmer ausnahmsweise einer Mitwirkung des Arbeitgebers nicht bedarf und die einseitige Erklärung des Berechtigten genügt. Dies ist grundsätzlich eine Frage der Auslegung der berechtigenden Klausel. Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist dabei, ob die Person des Berechtigten sowie die ihr zukommenden Rechte und Pflichten bereits feststehen, so dass für eine Gestaltungsmöglichkeit der Vereinbarung kein Raum mehr bleibt. Fehlt ein Spielraum, so genügt in der Regel eine einseitige Erklärung des Berechtigten gegenüber dem Verpflichteten, die mit der Einräumung der Berechtigung bereits vorab angenommen ist (ähnlich für die vergleichbare Situation rechtsgeschäftlicher Eintrittsklauseln in Gesellschaftsverträgen BGH 29. September 1977 - II ZR 214/75 - zu B II 3 a aa der Gründe mwN, NJW 1978, 264). Dies könnte dafür sprechen, auch vorliegend eine Annahmeerklärung der Beklagten für nicht erforderlich zu halten.

64

Sollte das Landesarbeitsgericht zwar einen entsprechend erfolgten Antrag der Klägerin, nach dem vorstehend Genannten aber noch keine Vereinbarung zwischen den Parteien feststellen können, wird es zu entscheiden haben, ob eine etwa fehlende - konkludente - Annahmeerklärung der Beklagten den geltend gemachten Anspruch als Erfüllungsanspruch ausschließt und ob es insoweit zunächst eines Antrages auf Abschluss eines Ergänzungsvertrages mit dem behandelten Inhalt bedarf, worauf die Klägerin hinzuweisen wäre. Das Landesarbeitsgericht wird aber auch zu prüfen haben, ob die Beklagte die Klägerin bei einer Verweigerung des Vertragsabschlusses entgegen § 1 Abs. 2 PÜV im Wege des Schadensersatzes nicht ohne Weiteres so stellen muss, als wäre die ergänzende Vereinbarung über die dynamische Anwendbarkeit des Tarifrechts für den Bereich der Kommunen zustande gekommen.

65

4. Das Landesarbeitsgericht wird zudem ggf. festzustellen haben, ob die Klägerin ihre Berechtigung rechtzeitig wahrgenommen hat.

66

a) Dabei wird zunächst zu klären sein, wann die Zusicherung in § 1 Abs. 2 PÜV der Klägerin in einer Weise bekannt gemacht wurde, dass sie das Erfordernis erkennen konnte, eine eigene Berechtigung wahrzunehmen. Erst von diesem Zeitpunkt an kann eine Frist zu dem Vertragsabschlussangebot überhaupt zu laufen beginnen. Hier kann möglicherweise das von der Beklagten genannte Informationsschreiben der LVA vom 28. Oktober 1998 eine Rolle spielen. Es wird festzustellen sein, wann dieses Schreiben der Klägerin zugegangen ist und ob nach seinem Inhalt und den Begleitumständen der Arbeitsvertragsdurchführung die Notwendigkeit einer Geltendmachung für die Klägerin hinreichend erkennbar war.

67

b) Auch wenn ausdrückliche Fristbestimmungen im PÜV fehlen, so ist doch erforderlich, dass wesentliche Vertragsbedingungen wie eine dynamische Anwendbarkeit von Tarifwerken in angemessener Zeit feststehen müssen. Dabei ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass während einer Vertragspraxis, die einer dahingehenden Vereinbarung entspricht, regelmäßig kein Geltendmachungsbedarf im Sinne von § 1 Abs. 2 PÜV erkennbar wird. Man könnte deshalb daran denken, dass § 1 Abs. 2 PÜV auch die stillschweigende Regelung entnommen werden könnte, dass die Zusicherung nach § 1 Abs. 2 PÜV in der Schwebe bleiben solle(vgl. BGH 30. Mai 1968 - III ZR 52/66 - BB 1968, 1215), bis sich aus einer fehlenden Vereinbarung konkrete Wirkungen ergeben würden, also vorliegend mit dem Ende des Jahres 2004 und der Beendigung der Vollmitgliedschaft im KAV. Erst danach wird wohl für die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Handlungsbedarf dadurch erkennbar geworden sein, dass die Beklagte die weitere Tarifentwicklung nicht mehr nachvollzog (vgl. BAG 6. Februar 2003 - 2 AZR 674/01 - BAGE 104, 315).

        

    Bepler    

        

    Treber    

        

    Winter    

        

        

        

    Drechsler    

        

    Redeker    

                 

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern.

(2) In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des Vertrags, zu entnehmen, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 19. November 2015 - 2 Sa 71/14 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung.

2

Die 1974 geborene und gegenüber einem Kind unterhaltspflichtige Klägerin ist seit dem 6. Mai 1996 zunächst als Flugbegleiterin und sodann als Purserette in Vollzeit zu einer monatlichen Vergütung von zuletzt 4.281,55 Euro brutto bei der Beklagten beschäftigt. Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 22. April 1996 lautet auszugsweise:

        

1.    

Beginn, Art und Ort der Beschäftigung

        

(1)     

… [Die Klägerin] wird ab dem 06.05.1996 als Flugbegleiterin im Bereich Kabinenbesatzungen Kontinent in Hamburg beschäftigt. Der Einsatzort Hamburg umfasst einen Einsatz von und zu allen Flughäfen der Region.

        

(2)     

… [Die Beklagte] kann … [die Klägerin] an einem anderen Ort sowie vorübergehend bei einem anderen Unternehmen einsetzen.

        

2.    

Rechte und Pflichten

        

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus den für den Bereich Kabinenbesatzungen Kontinent geltenden Tarifverträgen, den Betriebsvereinbarungen in ihrer jeweils geltenden Fassung sowie aus den für den Bereich Kabinenbesatzungen Kontinent gültigen Dienstvorschriften und Anweisungen und aus den Bestimmungen dieses Vertrages.“

3

Die Klägerin ist vom Stationierungsort Hamburg aus eingesetzt worden; dort waren etwa 230 Flugbegleiter/Purser stationiert (Stand Februar 2014). Teilweise ist es zu „Dead-Head“-Beförderungen auf Kosten der Beklagten nach Frankfurt am Main oder München gekommen, wo die Flugbegleiter/innen dann ihre Tätigkeit aufnahmen.

4

Im Betrieb der Beklagten besteht eine Personalvertretung auf Grundlage des nach § 117 Abs. 2 BetrVG geschlossenen Tarifvertrags Personalvertretung für das Bordpersonal vom 15. November 1972 (TV PV). Am 8. Mai 2013 schloss die Beklagte mit der Gesamtvertretung für das fliegende Personal einen Interessenausgleich und Sozialplan (IA/SP). Dieser lautet auszugsweise:

        

„ERSTER ABSCHNITT: INTERESSENAUSGLEICH

        

§ 1 Geltungsbereich

        

Dieser Interessenausgleich gilt für alle Stewardessen und Stewards bzw. Purseretten und Purser die in einem Arbeitsverhältnis mit der L AG stehen und auf die der Manteltarifvertrag für das Kabinenpersonal in seiner jeweiligen Fassung Anwendung findet und die von der strukturellen Reform des Direktverkehrs durch die Schließung bzw. Einschränkung ihres Stationierungsortes betroffen sind. …

        

§ 3 Ziele und Maßnahmen

        

Erklärung der L zu den Zielen und Maßnahmen:

        

3.1 ‚Zur Verbesserung der Marktsituation und notwendigen Verringerung der Kosten wurden von der Geschäftsleitung nach umfangreichen Untersuchungen folgende Maßnahmen beschlossen.

                 

Die direkten Europaverkehre der L, die alle innerdeutschen und europäischen Verbindungen außerhalb der Drehkreuze Frankfurt und München umfassen, wurden zum 1.1.2013 kommerziell und organisatorisch mit G in einer Gesellschaft auf Basis der G GmbH zusammengeführt.

                 

Die hohen Verluste im dezentralen Verkehr machen die Schließung der dezentralen Stationierungsorte Hamburg, Berlin und Stuttgart notwendig. ...

        

3.2 Der Arbeitgeber wird die von der Schließung bzw. Einschränkung ihres Stationierungsortes betroffenen Mitarbeiter zur Weiterbeschäftigung nach Frankfurt oder München versetzen bzw. ggf. eine Änderungskündigung aussprechen.‘

        

3.3 Die Betriebspartner begleiten diesen Prozess, indem sie für die von den Maßnahmen betroffenen Mitarbeiter sozialverträgliche und die Folgen abmildernde Lösungen wie z. B. Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung, Arbeitnehmerüberlassung gemäß Schlichtungsvereinbarung, befristeter Verbleib am bisherigen Standort (virtuell) entwickeln. Näheres regelt der Sozialplan.

        

…       

        

§ 5 Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen

        

Betriebsbedingte Beendigungskündigungen aus Anlass der Schließung der Stationierungsorte Berlin, Hamburg und Stuttgart […] sind ausgeschlossen.

        

ZWEITER ABSCHNITT: SOZIALPLAN

        

§ 6 Ziele des Sozialplans

        

Der Sozialplan dient dem Ausgleich und der Milderung wirtschaftlicher Nachteile und sozialer Härten, die aus Anlass der im Interessenausgleich beschriebenen Maßnahmen und deren Folgen für das Kabinenpersonal entstehen.

        

§ 7 Geltungsbereich

        

Dieser Sozialplan gilt für alle Stewardessen und Stewards bzw. Purseretten und Purser der L AG, die in einem Arbeitsverhältnis mit der L AG stehen und auf die der Manteltarifvertrag für das Kabinenpersonal in seiner jeweiligen Fassung Anwendung findet und die von der strukturellen Reform des Direktverkehrs durch die Schließung bzw. Einschränkung ihres Stationierungsortes betroffen sind. …

        

§ 8 Abmilderung der Folgen

        

Alle Mitarbeiter können zur Abmilderung der Folgen der Betriebsänderung zwischen nachfolgend beschriebenen Alternativen a) bis e) wählen, Mitarbeiter mit Stationierungsort Düsseldorf darüber hinaus Alternative f):

                 

a)    

Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung

                 

b)    

Direkter Einsatz aus FRA oder MUC

                 

c)    

Arbeitnehmerüberlassung (inklusive der Möglichkeit Arbeitgeberwechsel im Zeitraum der ANÜ) gemäß Tarifvereinbarung in Ergänzung zur Schlichtungsschlussempfehlung vom 14.10.2012 und dem Änderungs- und Ergänzungstarifvertrag vom 12.04.2013 zum Tarifvertrag zur Umsetzung der Schlichtungsempfehlung vom 12.11.2012

                 

d)    

Sofortiger Arbeitgeberwechsel zur G gemäß dem Änderungs- und Ergänzungstarifvertrag vom 12.04.2013 zum Tarifvertrag zur Umsetzung der Schlichtungsschlussempfehlung vom 12.11.2012

                 

e)    

Befristeter Verbleib am bisherigen Standort (virtuell)

                 

f)    

Verbleib am bisherigen Stationierungsort Düsseldorf in einer Gemischtgruppe

        

Mit diesen Angeboten sind alle Ansprüche aus der Betriebsänderung abgegolten.

        

Individualrechte der Mitarbeiter bleiben unberührt.

        

…       

        

e)    

Befristeter Verbleib am bisherigen Standort (virtuell)

        

Zur Abmilderung der Folgen des Wechsels des Stationierungsortes nach Frankfurt oder München haben die Mitarbeiter auch die Möglichkeit, befristet für maximal zwei Jahre, zuzüglich der Zeit bis zum nächsten Flugplanwechsel, an ihrem bisherigen Stationierungsort zu verbleiben. Der Einsatz wird vom jeweiligen virtuellen Stationierungsort deadhead über den gewählten Stationierungsort FRA oder MUC im Gemischtbereich erfolgen. Einsatzpläne und Einsatzänderungen werden verbindlich in elektronischer Form übermittelt. Laufzeitbeginn der zweijährigen Verweildauer ist der Zeitpunkt des Übergangs des letzten Flugzeugs ins AOC der G.

        

Bei Wahl des befristeten Verbleibs am bisherigen Stationierungsort (virtuell) für zwei Jahre erhält der Mitarbeiter nach Ablauf der virtuellen Stationierung 25 % der Auslagenpauschale sowie 60 % des Zuschlags zur Auslagenpauschale. …

        

Nach Ablauf der zwei Jahre des virtuellen Verbleibs am bisherigen Stationierungsort wird der Mitarbeiter zum darauffolgenden Winter- bzw. Sommerflugplanwechsel gemäß Ergebnis der nach § 4 erfolgenden Mitarbeiterbefragung in FRA (Einsatzgruppe nach Bedarf) oder MUC eingesetzt werden.

        

Privilegierte Rückkehroption

        

Für den Fall, dass L einen Stationierungsort zu einem späteren Zeitpunkt wieder eröffnet oder neuer Bedarf besteht, wird dem von der Schließung und Versetzung betroffenen Mitarbeiter eine Rückkehrmöglichkeit zu seinem ursprünglichen Stationierungsort eingeräumt, von der er vor allen Anderen Gebrauch machen kann. ...“

5

Im Rahmen einer Mitarbeiterbefragung entschied sich die Klägerin mit Schreiben vom 27. Juni 2013 für eine „Versetzung an den Standort FRA“ (Frankfurt am Main). Außerdem kreuzte sie den Wunsch nach der Reiseregelung „5 Jahre S7, mit Selbstbuchungstool“ an.

6

Mit Schreiben vom 12. Dezember 2013, dem eine Personalliste beigefügt war, auf welcher der Name der Klägerin verzeichnet ist, bat die Beklagte die zuständige Personalvertretung um Zustimmung zu den beabsichtigten Versetzungen im Zusammenhang mit der Schließung dezentraler Stationierungsorte. Am 16. Dezember 2013 stimmte die Personalvertretung den Versetzungen der in der Personalliste aufgeführten Arbeitnehmer zu.

7

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2013 versetzte die Beklagte die Klägerin mit Wirkung vom 1. Mai 2014 nach Frankfurt am Main. Ebenso sind alle anderen bisher in Hamburg stationierten Flugbegleiter/innen versetzt worden. Die Klägerin widersprach der Versetzung mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 14. Januar 2014. Mit Schreiben vom 26. März 2014 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien vorsorglich außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 30. September 2014 und bot gleichzeitig die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zum 1. Oktober 2014 unter geänderten Bedingungen mit dem Einsatz-/Stationierungsort Frankfurt am Main an. Dieses Änderungsangebot nahm die Klägerin mit Schreiben vom 11. April 2014 unter Vorbehalt an.

8

Die Zubringerflüge von Hamburg nach Frankfurt am Main und München werden auch nach Ausspruch der Versetzungen weiterhin durch die Beklagte durchgeführt.

9

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Versetzung vom 17. Dezember 2013 sei unwirksam. Der Einsatzort in Hamburg habe sich über Jahre verfestigt. Die arbeitsvertragliche Versetzungsklausel sei intransparent, weil sie nicht zwischen den verschiedenen Örtlichkeiten (Dienstort, Einsatzort, Arbeitsort) unterscheide. Die Versetzungsentscheidung entspreche im Übrigen nicht billigem Ermessen, die Beklagte habe keine Einzelfallabwägung vorgenommen. Es gebe - schon wegen der Zubringerflüge - weiterhin ein Flugvolumen von Hamburg aus, welches immer noch mehrere hundert Flüge pro Monat betrage. Außerdem habe sich die Beklagte selbst in der Lage gesehen, den betroffenen Mitarbeitern die Möglichkeit anzubieten, befristet für zwei Jahre an ihrem bisherigen Stationierungsort Hamburg „virtuell“ zu verbleiben. Die Beklagte bediene überdies wieder Flugstrecken für die G und setze weiterhin Cockpitpersonal von Hamburg aus ein. Gleiches gelte für Flugbegleiterinnen mit Dienstbeginn ab Hamburg („On-Duty“). Auch führe die Beklagte Flugumläufe durch, die in Hamburg endeten. Zudem müsse auch in Hamburg eine Standby-Reserve vorgehalten werden. Auch unabhängig hiervon könne die Beklagte die Klägerin weiterhin ab Hamburg einsetzen und sie „Dead-Head“ nach Frankfurt am Main oder München befördern. Durch die Versetzungsmaßnahme habe sie gravierende Belastungen zu tragen, nämlich die Anreisekosten nach Frankfurt am Main, Übernachtungen bei einer Anreise am Vortag oder einer Rückkehr ohne Rückflugmöglichkeit nach Hamburg und die Einschränkung des Lebensmittelpunkts im Hamburg. Ein Umzug sei für sie mit Härten verbunden und ihrer Familie nicht, zumindest nicht ohne Weiteres, möglich.

10

Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die mit Schreiben vom 17. Dezember 2013 ausgesprochene Versetzung unwirksam ist.

11

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat vorgetragen, sie habe im Herbst 2012 beschlossen, eine strukturelle Reform des Direktverkehrs vorzunehmen. Sukzessive sollten sämtliche L-Direktverkehre auf die G GmbH verlagert werden. Die Entscheidung sei auch umgesetzt worden, wie den Flugplänen zu entnehmen sei. Ihre direkten Europaverkehre, welche alle innerdeutschen und europäischen Verbindungen außerhalb der Drehkreuze Frankfurt am Main und München umfassten, würden bereits seit dem 1. Januar 2013 von der G GmbH kommerziell verantwortet. Für den Stationierungsort Hamburg bedeute dies, dass fast alle Flüge von und nach Hamburg seit dem 1. Mai 2014 durch die G GmbH geflogen würden. Ausgenommen seien die Zubringerflüge nach Frankfurt am Main und München. Das bisherige Flugvolumen habe sich am Standort Hamburg um 53,09 % verringert. Vor diesem Hintergrund habe sie entschieden, die dezentralen Stationierungsorte Hamburg, Berlin und Stuttgart zum 30. April 2014 zu schließen und kein fliegendes Personal mehr vor Ort zu stationieren. Sämtliche Flugumläufe begönnen nunmehr in Frankfurt am Main oder München. Damit entfielen die „Dead-Head“-Beförderungen und die Einsatzzeit erhöhe sich. Rechne man diese Kosten und diejenigen für die gesonderte Umlaufplanung und Umlauferstellung, für Standby-Reserven, für Infrastruktur vor Ort und das Personal vor Ort (Teamleiter) zusammen, ergäben sich Einsparungen in Höhe von etwa 1,17 Mio. Euro jährlich. Die Versetzung entspreche billigem Ermessen. Sie habe die im Rahmen ihrer Ausübungsentscheidung wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt. Hierbei komme ihrer unternehmerischen Entscheidung zur Neuordnung der Stationierung von Flugbegleitern besonderes Gewicht zu.

12

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben rechtskräftig die Unwirksamkeit der Änderungskündigung festgestellt, im Übrigen haben sie die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin weiterhin die Feststellung der Unwirksamkeit der Versetzung.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Versetzung vom 17. Dezember 2013 ist wirksam.

14

I. Die Beklagte durfte die Klägerin mit Wirkung ab 1. Mai 2014 vom Stationierungsort Hamburg zum Stationierungsort Frankfurt am Main versetzen.

15

1. Bereits das Arbeitsgericht ging zutreffend davon aus, dass die Parteien nicht einvernehmlich Frankfurt am Main als neuen Stationierungsort festgelegt haben. Die Beklagte hat im weiteren Verlauf des Rechtsstreits an dieser erstinstanzlich vertretenen Rechtsauffassung nicht mehr festgehalten.

16

2. Die vertraglichen Regelungen der Parteien sind rechtswirksam und lassen eine Versetzung der Klägerin an einen anderen Einsatzort zu. Eine Konkretisierung der Beschäftigung auf den Stationierungsort Hamburg ist nicht eingetreten.

17

a) Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen. Hiervon geht das Landesarbeitsgericht zu Recht aus.

18

aa) Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß §§ 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein ggf. vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (zuletzt zB BAG 13. November 2013 - 10 AZR 1082/12 - Rn. 25).

19

bb) Die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen verhindert regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung (st. Rspr., zuletzt zB BAG 13. November 2013 - 10 AZR 1082/12 - Rn. 26 mwN). Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB(BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 19).

20

cc) Nach diesen Grundsätzen enthält der Arbeitsvertrag der Parteien keine abschließende Festlegung des Einsatzorts. Ziff. 1 Abs. 1 des Arbeitsvertrags sieht zwar als Einsatzort Hamburg vor. In Ziff. 1 Abs. 2 behält sich die Beklagte jedoch das Recht vor, die Klägerin an einem anderen Ort einzusetzen. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die erstmalige Ausübung des Weisungsrechts darstellt.

21

b) Die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien sind rechtswirksam.

22

aa) Entgegen der Auffassung der Revision genügt die Regelung in Ziff. 1 des Arbeitsvertrags dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB(vgl. zu den Anforderungen zB BAG 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 33, BAGE 150, 286).

23

(1) Regelmäßiger Arbeitsort einer/eines Flugbegleiterin/Flugbegleiters ist nicht der Flughafen, sondern das Flugzeug. Die organisatorische Zuordnung zu einem konkreten Flughafen und die teilweise Eingliederung in dessen Organisationsstruktur begründen bei ihnen keinen gewöhnlichen Arbeitsort. Das Flugzeug wird auch nicht zwangsläufig am Einsatzort bestiegen. Es ist durchaus üblich und wird durch den Flugplan bestimmt, dass der Flug an einem anderen Flughafen als dem dem fliegenden Personal zugeordneten Einsatzflughafen startet. Die Bestimmung des Einsatzorts legt damit den Ort fest, an dem das fliegende Personal seinen Dienst anzutreten hat (BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 20 mwN).

24

(2) Aus Sicht der beteiligten Verkehrskreise war aus den von der Beklagten gestellten Vertragsregelungen deutlich erkennbar, was mit Einsatzort iSv. Ziff. 1 des Arbeitsvertrags gemeint war und dass sich die Beklagte in Abs. 2 einen Einsatz an einem anderen Einsatzort in diesem Sinne vorbehielt (vgl. zur Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zB BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 16 [ebenfalls eine Flugbegleiterin betreffend]). Einer weiteren Bestimmung des Begriffs des Einsatzorts oder Arbeitsorts im Arbeitsvertrag bedurfte es nicht.

25

bb) Auch die im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten stehen der Wirksamkeit der getroffenen vertraglichen Regelung nicht entgegen. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät (2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts diese Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt (BAG 28. August 2013 - 10 AZR 569/12 - Rn. 31; 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 23).

26

c) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Einsatzort nicht dadurch auf Hamburg konkretisiert, dass die Klägerin bis zur Versetzung nach Frankfurt am Main rund 17 Jahre von dort aus tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - auch nicht stillschweigend - getroffen. Alleine die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum genügt dafür nicht (BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 24 mwN). Andere Umstände hat die Klägerin nicht benannt.

27

3. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe von ihrem Weisungsrecht bei der Versetzung wirksam nach § 106 GewO Gebrauch gemacht und die Grundsätze billigen Ermessens gewahrt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht geht von zutreffenden Rechtsgrundsätzen aus und wendet diese rechtsfehlerfrei auf den Einzelfall an. Dabei kann dahinstehen, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgerichts unterliegt (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer vollen Überprüfung Stand.

28

a) Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 106 GewO, § 315 Abs. 1 BGB verbleibt auch im Falle der Versetzung für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein - hier auf betriebliche Gründe beschränkter - nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb dieses Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. November 2013 - 10 AZR 1082/12 - Rn. 41; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48). Bei dieser Prüfung kommt es - anders als die Revision annimmt - nicht auf die vom Bestimmungsberechtigten angestellten Erwägungen an, sondern darauf, ob das Ergebnis der getroffenen Entscheidung den gesetzlichen Anforderungen genügt. Die Darlegungs- und Beweislast für die Einhaltung dieser Grenzen hat der Bestimmungsberechtigte (st. Rspr., zuletzt zB BAG 3. August 2016 - 10 AZR 710/14 - Rn. 26). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 89 mwN, BAGE 135, 128). Hiervon geht das Landesarbeitsgericht zutreffend aus. Entgegen der Auffassung der Revision ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Landesarbeitsgericht bei seiner Prüfung nicht auf den Zeitpunkt des Ausspruchs der Versetzung, sondern auf den Zeitpunkt des Endes der virtuellen Stationierung abgestellt hätte.

29

aa) Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen (st. Rspr., zuletzt im Hinblick auf Versetzungen zB BAG 28. August 2013 - 10 AZR 569/12 - Rn. 40 mwN).

30

bb) Beruht die Weisung auf einer unternehmerischen Entscheidung, so kommt dieser besonderes Gewicht zu. Das unternehmerische Konzept ist dabei nicht auf seine Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Arbeitsgerichte können vom Arbeitgeber nicht verlangen, von ihm nicht gewollte Organisationsentscheidungen zu treffen. Eine unternehmerische Entscheidung führt aber nicht dazu, dass die Abwägung mit Interessen des Arbeitnehmers von vornherein ausgeschlossen wäre und sich die Belange des Arbeitnehmers nur in dem vom Arbeitgeber durch die unternehmerische Entscheidung gesetzten Rahmen durchsetzen könnten. Die unternehmerische Entscheidung ist ein zwar wichtiger, aber nicht der alleinige Abwägungsgesichtspunkt. Im Einzelfall können besonders schwerwiegende, insbesondere verfassungsrechtlich geschützte Belange des Arbeitnehmers entgegenstehen. Es kommt darauf an, ob das Interesse des Arbeitgebers an der Durchsetzung seiner Organisationsentscheidung auch im Einzelfall die Weisung rechtfertigt. Das ist der Fall, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt (BAG 28. August 2013 - 10 AZR 569/12 - Rn. 41 f.).

31

cc) Eine soziale Auswahl - wie im Fall einer betriebsbedingten Kündigung nach § 1 Abs. 3 KSchG - findet bei der Versetzung nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25).

32

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Versetzung vom 17. Dezember 2013 nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht durfte unter Berücksichtigung des unstreitigen Sachverhalts und des wechselseitigen Vortrags der Parteien annehmen, die Beklagte habe die unternehmerische Entscheidung getroffen, den Direktverkehr strukturell zu reformieren, einen erheblichen Teil der Flüge - mit Ausnahme der Zubringerflüge - nicht mehr selbst durchzuführen und die meisten dezentralen Stationierungsorte, darunter den Stationierungsort Hamburg, vollständig zu schließen.

33

aa) Bereits die Schlichtungsempfehlung zur Beilegung des Tarifkonflikts im Jahre 2012 sah Maßnahmen vor, die mit den Auswirkungen des Wechsels von Flugzeugen des Direktverkehrs in das AOC (Air Operator Certificate) der G für die Flugbegleiter/innen zusammenhingen und die Möglichkeit einer Arbeitnehmerüberlassung von der Beklagten zu G beinhalteten. In einem „Änderungs- und Ergänzungstarifvertrag zum Tarifvertrag zur Umsetzung der Schlichtungsschlussempfehlung vom 12. November 2012 sowie zum Manteltarifvertrag Nr. 2 für das Kabinenpersonal“ vom 12. April 2013 ist dies tarifrechtlich umgesetzt worden. Auch der IA/SP vom 8. Mai 2013 war eine Reaktion auf die geplanten Maßnahmen und benennt diese ausdrücklich als „Schließung und Einschränkung von dezentralen Stationierungsorten für das Kabinenpersonal in Deutschland“. In dem IA/SP ist die Position der Beklagten wiedergegeben, wonach die direkten Europaverkehre der L, die alle innerdeutschen und europäischen Verbindungen außerhalb der Drehkreuze Frankfurt und München umfassen, zum 1. Januar 2013 kommerziell und organisatorisch mit G in einer Gesellschaft auf Basis der G GmbH zusammengeführt wurden. Darüber hinaus heißt es dort: „Die hohen Verluste im dezentralen Verkehr machen die Schließung der dezentralen Stationierungsorte Hamburg, Berlin und Stuttgart notwendig.“ Im Folgenden kam es zur Versetzung aller betroffenen Flugbegleiter/innen, soweit diese nicht von anderen vorgesehenen Maßnahmen, wie beispielsweise der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung, Gebrauch machten. Über die Wirksamkeit dieser Versetzungen wurden und werden eine Vielzahl von Rechtsstreiten geführt.

34

bb) Vor diesem Hintergrund war ein einfaches Bestreiten der Klägerin mit Nichtwissen im Hinblick auf die unternehmerische Organisationsentscheidung der Beklagten nicht ausreichend. Ein solches ist nach § 138 Abs. 4 ZPO nur zulässig, wenn es um Tatsachen geht, die nicht Gegenstand der Wahrnehmung einer Partei sind. Davon kann - wie das Landesarbeitsgericht zu Recht annimmt - nicht in der von der Revision vertretenen Allgemeinheit ausgegangen werden. Vielmehr hätte es näherer Darlegungen durch die Klägerin bedurft, ob trotz der aufgezeigten Umstände die Existenz jeglicher unternehmerischer Organisationsentscheidung oder ggf. welcher Teile oder Maßnahmen bestritten werden sollte.

35

c) Ebenso wenig ist revisionsrechtlich zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht von einer Umsetzung dieser Organisationsentscheidung durch die Beklagte ausgegangen ist. Die bisher in Hamburg und den anderen zur Schließung vorgesehenen dezentralen Stationierungsorten stationierten Mitarbeiter/innen des Kabinenpersonals sind versetzt worden. Das ergibt sich auch aus der entsprechenden Anhörung der Personalvertretung und der Vielzahl laufender Rechtsstreite und ist von der Klägerin nicht bestritten worden. Ebenso wenig wurde von ihr - unabhängig von deren rechtlicher Bedeutung oder Bewertung - bestritten, dass die Beklagte diverse Maßnahmen vor Ort vorgenommen hat, wie die Kündigung der Räume und den Abbau des bisher vorhandenen stationären Personals. Gleiches gilt bezüglich des Umstands, dass die Flugumläufe der Zubringerflüge seit dem Wirksamwerden der Versetzungen in Frankfurt am Main bzw. München beginnen. Streitig ist allerdings zwischen den Parteien, in welchem Umfang sich durch diese Maßnahmen die Anzahl der Flüge der Beklagten von und nach Hamburg reduziert hat. Auf die entsprechenden Revisionsrügen kommt es aber - ausgehend von der zutreffenden Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts - nicht entscheidungserheblich an. Nicht die exakte Zahl der Flüge ist danach maßgeblich, sondern dass die getroffene Organisationsentscheidung der Beklagten, die von vornherein den Bestand der Zubringerflüge nicht berührte, tatsächlich umgesetzt wurde. Hinsichtlich der weiteren Behauptungen der Klägerin zum Einsatz von Crews/Flugbegleitern ab Hamburg durfte das Landesarbeitsgericht annehmen, dass der entsprechende Vortrag nicht ausreichend ist, um eine fehlende Umsetzung der Entscheidung anzunehmen. Hierzu hätte es zumindest der konkreten Darlegung bedurft, dass es sich um andere Flüge als Zubringerflüge handelt und diese Mitarbeiter ihre Flugumläufe in Hamburg starten. Dass einzelne Flugbegleiter dort übernachten, sagt über den Stationierungsort im Übrigen nichts aus. Mit dem Vortrag der Klägerin zur Durchführung von Flügen durch die Beklagte für die G hat sich das Landesarbeitsgericht auseinandergesetzt und ua. zutreffend darauf hingewiesen, dass Hamburg davon überhaupt nicht betroffen war.

36

d) Auf Grundlage der festgestellten Umsetzungsmaßnahmen ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Reform der Direktverkehre und die damit verbundene Zentralisierung der Stationierungsorte sei auf Dauer angelegt, ebenfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Konkrete Anhaltspunkte, die hiergegen sprechen könnten, hat die Klägerin nicht benannt. Entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung ergeben sich solche insbesondere nicht aus der sog. privilegierten Rückkehroption gemäß § 8 Buchst. b und Buchst. e IA/SP. Die Bestimmungen sehen vor, dass die von der Schließung und Versetzung betroffenen Mitarbeiter/innen im Fall der Wiedereröffnung oder Neueröffnung des ursprünglichen Stationierungsorts eine vorrangige Rückkehrmöglichkeit gegenüber anderen Beschäftigten haben. Dabei handelt es sich um eine typische Sozialplanregelung, die berücksichtigt, dass unternehmerische Organisationsentscheidungen stets prognostischen Charakter haben und sich wirtschaftliche Rahmenbedingungen oder unternehmenspolitische Strategien mittel- oder langfristig verändern können. Wird aufgrund einer neuen unternehmerischen Entscheidung der frühere Zustand wieder hergestellt oder eine Organisationsstruktur geschaffen, die einen Einsatz am früheren Stationierungsort zuließe, bestünde trotzdem nicht ohne Weiteres ein Rechtsanspruch auf Rückversetzung. Einen solchen Anspruch gewährt erst die Sozialplanregelung. Dass die getroffene Maßnahme von vornherein nicht auf Dauer angelegt war, lässt sich einer solchen Regelung jedoch nicht entnehmen.

37

e) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, die unternehmerische Entscheidung der Beklagten als willkürlich oder missbräuchlich anzusehen. Die Beklagte hat plausibel dargelegt, welche wirtschaftlichen Erwartungen sie mit der Umsetzung der getroffenen Maßnahmen verbindet, insbesondere im Zusammenhang mit der Reduzierung sog. Dead-Head-Kosten, der Einsatzmöglichkeiten der betroffenen Flugbegleiter/innen und entfallender Kosten an den bisherigen dezentralen Stationierungsorten. Ob dies im Einzelnen zutrifft und sich tatsächlich realisiert, unterliegt ebenso wenig einer gerichtlichen Kontrolle wie die Beurteilung, ob andere Organisationsentscheidungen möglich und ggf. wirtschaftlich sinnvoller gewesen wären (vgl. dazu auch BAG 13. November 2013 - 10 AZR 1082/12 - Rn. 47). Eine solche Zweckmäßigkeitskontrolle der unternehmerischen Entscheidung findet nicht statt. Deshalb ist auch unerheblich, ob die Auffassung der Klägerin zutrifft, wonach die weiteren Einsparungen vor Ort (Schließung der Station, Abzug des stationären Personals etc.) unabhängig von der Versetzung der Flugbegleiter/innen hätten realisiert werden können und deren Einsatz auch ohne örtliche Arbeitsstrukturen von Hamburg aus möglich wäre. Dabei würde es sich um eine andere Organisation des Betriebs handeln, die der Beklagten nicht gegen deren Willen auferlegt werden kann.

38

Entgegen der Auffassung der Revision sind auch die Kosten des Sozialplans vom 8. Mai 2013 den erzielten Einsparungen nicht „gegenzurechnen“. Vielmehr handelt es sich dabei um die Erfüllung der gesetzlich und tariflich (§ 117 Abs. 2 BetrVG iVm. § 95 TV PV) vorgesehenen Verpflichtung des Arbeitgebers, bei Betriebsänderungen mit der Personalvertretung einen Ausgleich oder eine Milderung der durch die Maßnahmen entstehenden wirtschaftlichen Nachteile für die Betroffenen zu schaffen. Dies mag die erwünschten wirtschaftlichen Effekte reduzieren, aufzehren oder zunächst sogar zu Mehrbelastungen (Restrukturierungskosten) führen. Diese vorübergehenden Belastungen lassen aber nicht den Schluss zu, die Entscheidung sei willkürlich erfolgt.

39

f) Die Umsetzung des unternehmerischen Gesamtkonzepts der Beklagten bedingt die Veränderung der Stationierungsorte der betroffenen Arbeitnehmer und damit deren Versetzungen. Hiervon ist das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgegangen; die Angriffe der Revision führen zu keinem anderen Ergebnis. Insbesondere steht die nach § 8 Buchst. e IA/SP für einen begrenzten Zeitraum mögliche virtuelle Stationierung am bisherigen Stationierungsort einer solchen Annahme nicht entgegen.

40

aa) Nach der Reform der Direktverkehre werden ab Hamburg durch die Beklagte nur noch die Zubringerflüge von und nach Frankfurt am Main und München durchgeführt. Die Flugumläufe beginnen dort und nicht mehr wie bisher auch an dezentralen Stationierungsorten. Dies würde zwar - worauf die Klägerin zu Recht hinweist - nicht zwangsläufig eine Veränderung des Stationierungsorts der Klägerin bedingen, da Flüge in bestimmten Fällen auch an einem anderen Flughafen als dem dem fliegenden Personal zugeordneten Einsatzflughafen starten. Die tariflich vorgesehene Übernahme der Dead-Head-Kosten in solchen Fällen ist aber - wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (vgl. zB BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 32) - vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Besatzungen im Regelfall die Arbeit am jeweils festgelegten Dienstort aufnehmen und die Bezahlung der Dead-Head-Kosten die Ausnahme bleibt. Eine dauerhafte Stationierung der Klägerin in Hamburg wäre damit nicht vereinbar.

41

bb) Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung ändert die in § 8 Buchst. e IA/SP vorgesehene Möglichkeit des befristeten virtuellen Verbleibs am bisherigen Stationierungsort daran nichts.

42

(1) § 8 IA/SP sieht für die von Versetzungen betroffenen Mitarbeiter der vollständig geschlossenen Stationierungsorte fünf Wahlmöglichkeiten vor. Diese beinhalten die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung, den direkten Wechsel nach Frankfurt am Main oder München gegen Zahlung einer Auslagenpauschale bzw. der Umzugskosten und eine zeitlich begrenzte Arbeitnehmerüberlassung oder den sofortigen Wechsel zu G unter bestimmten Bedingungen. Darüber hinaus ist der befristete Verbleib am bisherigen Standort für einen Zeitraum von zwei Jahren ab Übergang des letzten Flugzeugs in den Verantwortungsbereich (AOC) der G vorgesehen (virtuelle Stationierung). Nach § 8 Buchst. e IA/SP erfolgt in dieser Zeit der Einsatz der Flugbegleiter/innen, die sich für diese Variante entschieden haben, „Dead-Head“ vom virtuellen Stationierungsort aus. Die Mitarbeiter/innen werden damit während der Laufzeit dieser Regelung so gestellt, als ob sie weiterhin in Hamburg stationiert wären. Zusätzlich erhalten sie nach Ablauf der virtuellen Stationierung weitere Leistungen.

43

(2) Bei der befristeten virtuellen Stationierung nach § 8 Buchst. e IA/SP handelt es sich um eine Maßnahme zum Ausgleich oder zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile, die den Angehörigen des Bordpersonals infolge der Betriebsänderung entstehen iSv. § 95 Abs. 1 Satz 2 TV PV(inhaltsgleich mit § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG).

44

(a) Interessenausgleich und Sozialplan unterscheiden sich deutlich nach Inhalt, Funktion, Zustandekommen und Wirkungsweise (Fitting 28. Aufl. § 112, 112a Rn. 2). Gegenstand des Interessenausgleichs ist die Frage, ob, wann und wie eine Betriebsänderung durchgeführt wird. Der Betriebsrat soll die Möglichkeit haben, im Interesse der Arbeitnehmer auf Modalitäten der Betriebsänderung Einfluss zu nehmen (BAG 22. Juli 2003 - 1 AZR 541/02 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 107, 91). Dabei geht es auch und gerade um die Frage, ob die Betriebsänderung gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern in einer Weise durchgeführt werden kann, dass diesen möglichst keine oder doch nur geringe wirtschaftliche Nachteile entstehen. Der Sozialplan knüpft hingegen erst an diejenigen wirtschaftlichen Nachteile an, die den von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmern trotz einer möglichst schonungsvollen Durchführung der Betriebsänderung noch tatsächlich entstehen. Diese sind im Rahmen der zukunftsbezogenen Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion von Sozialplänen im Rahmen des Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums der Betriebsparteien auszugleichen (st. Rspr., zuletzt zB BAG 9. Dezember 2014 - 1 AZR 102/13 - Rn. 23, BAGE 150, 136).

45

(b) Der virtuelle befristete Verbleib am bisherigen Stationierungsort ist eine solche Maßnahme zum Ausgleich oder zur Milderung der durch die Versetzungen eintretenden wirtschaftlichen Nachteile.

46

(aa) Die Durchführung der Betriebsänderung wird durch die Bestimmungen des Sozialplans nicht beschränkt oder zeitlich verschoben. Die Beklagte brauchte zu dem von ihr gewünschten Zeitpunkt die Direktverkehre mit Ausnahme der Zubringerflüge nicht mehr selbst durchzuführen und konnte die dezentralen Stationen tatsächlich schließen, dh. beispielsweise Mietverträge kündigen und örtliches Personal abziehen. Schließlich durfte sie alle gewünschten Versetzungen aussprechen und ihre Flugumläufe neu, nämlich nur noch von den zentralen Stationierungsorten Frankfurt am Main und München aus, planen und die Mitarbeiter/innen dementsprechend einsetzen. Alle Teile des Gesamtkonzepts der Betriebsänderung blieben deshalb durch die Bestimmungen des Sozialplans unberührt.

47

(bb) Vor diesem Hintergrund ist die in mehreren Parallelverfahren vertretene Auffassung des Hessischen Landesarbeitsgerichts (vgl. zB 5. Oktober 2015 - 17 Sa 1675/14 -) unzutreffend, bei § 8 Buchst. e IA/SP handle es sich entgegen der systematischen Stellung im Teil Sozialplan rechtlich um eine Interessenausgleichsregelung. Die Folgen der Versetzung für die betroffenen Flugbegleiter/innen wären vielmehr - den Sozialplan hinweggedacht - mit Wirkung ab 1. Mai 2014 in vollem Umfang eingetreten: Diese hätten auf eigene Kosten und außerhalb der Dienstzeit zum Dienstantritt am neuen Stationierungsort gelangen müssen. Diese Nachteile werden durch § 8 IA/SP abgemildert, so zB durch die Zahlung der Auslagenpauschale oder Erstattung der Umzugskosten. Der Sozialplan trägt durch diese Wahlmöglichkeiten der gesetzlichen bzw. tariflichen Zielvorgabe Rechnung, die Nachteile möglichst einzelfallbezogen auszugleichen und die unterschiedlichen Interessen der Beschäftigten zu berücksichtigen. Bei den Beschäftigten, die sich für die Variante virtuelle Stationierung entschieden haben, erfolgte die Abmilderung durch die zeitlich begrenzte weitere Anwendung der tariflichen „Dead-Head“-Bestimmungen, obwohl hierauf wegen der Umsetzung der Organisationsänderung gerade kein Rechtsanspruch bestand.

48

(3) Die Möglichkeit der virtuellen Stationierung nach § 8 Buchst. e IA/SP lässt nicht den Schluss zu, die unternehmerische Entscheidung zur Umgestaltung des Direktverkehrs und zur Schließung der dezentralen Stationierungsorte sei zum 1. Mai 2014 noch nicht umgesetzt worden, eine Versetzung zu diesem Termin nach Frankfurt am Main oder München sei deshalb noch nicht erforderlich und die Maßnahme verstoße gegen § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB.

49

(a) Wie dargelegt, handelt es sich um eine von fünf Wahlmöglichkeiten in einem Sozialplan, die dem Ausgleich oder der Milderung der Folgen der Versetzungen dient. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte aus dem Sozialplan oder aus anderen Umständen, dass dieser etwa darauf angelegt gewesen wäre, dass alle oder jedenfalls die große Mehrheit der Mitarbeiter/innen sich für diese Variante entscheidet. Ein solches Verhalten hat auch die Klägerin nicht behauptet und eine solche Situation ist erkennbar nicht eingetreten.

50

(b) Bei § 8 Buchst. e IA/SP handelt es sich nicht um eine einseitige Maßnahme des Arbeitgebers, sondern um eine mit der Personalvertretung abgeschlossene Vereinbarung, die er durchführen muss. Deshalb ist die Annahme falsch, die Regelung mache deutlich, dass nach der Interessenlage der Beklagten eine Versetzung zum 1. Mai 2014 noch unterbleiben konnte und diese lediglich „auf Vorrat“ erfolgt sei. Ebenso wenig trägt das Argument, die Beklagte hätte die anderen Maßnahmen der Stationsschließung auch durchführen können, ohne die Klägerin während der Dauer der virtuellen Stationierung zu versetzen. Zum einen würde es sich um eine andere Organisationsentscheidung handeln als diejenige, für die sich die Beklagte willkürfrei entschieden hat. Zum anderen würde sich bei einem Verzicht auf die Versetzung der Anspruch der Flugbegleiter/innen aus § 8 Buchst. e IA/SP verstetigen oder jedenfalls entgegen dem erkennbaren Willen der Betriebsparteien erheblich verlängern, da die virtuelle Stationierung gerade die Versetzung voraussetzt.

51

(4) Auch luftfahrtrechtliche Bestimmungen lassen nicht den Schluss zu, dass die Heimatbasis der Klägerin für die Zeit der virtuellen Stationierung weiterhin Hamburg und deshalb die Versetzung nach Frankfurt am Main ausgeschlossen sei. Die entsprechenden Bestimmungen verlangen lediglich, dass eine Heimatbasis festgelegt wird. Dies ist im Fall der Klägerin seit dem 1. Mai 2014 Frankfurt am Main; von dort aus wird sie geplant und eingesetzt. Dass die Klägerin für einen vorübergehenden Zeitraum gemäß § 8 Buchst. e IA/SP auf Kosten der Beklagten zu diesem Stationierungsort befördert wird und die übrigen tariflichen Bestimmungen für „Dead-Head“-Zeiten Anwendung finden, führt nicht dazu, dass Hamburg entgegen der anderweitigen Benennung durch die Beklagte wieder zur Heimatbasis der Klägerin wird. Deshalb wird in § 8 Buchst. e IA/SP im Übrigen von den Betriebsparteien gerade zwischen dem gewählten Stationierungsort und dem (nur) virtuellen Stationierungsort unterschieden.

52

g) Das Landesarbeitsgericht durfte vor diesem Hintergrund zu Recht davon ausgehen, dass das Interesse der Klägerin an der Beibehaltung ihres bisherigen Einsatzorts gegenüber den berechtigten Interessen der Beklagten an der Umsetzung ihrer Organisationsentscheidung zurücktreten muss.

53

aa) Unzumutbare persönliche, familiäre oder sonstige außervertraglich entstandene Belastungen hat die Klägerin nicht vorgetragen. Von Bedeutung ist dabei, dass eine Flugbegleiterin nach dem Vertragszweck nicht die berechtigte Erwartung haben kann, die sozialen und sonstigen Vorteile eines dauerhaft ortsfesten Arbeitseinsatzes in Anspruch nehmen zu können. Längere Ortsabwesenheiten gehören grundsätzlich zum Berufsbild. Die Versetzung unterstreicht diese Besonderheiten, verursacht sie aber nicht. Die zweifellos auftretenden Belastungen und zusätzlich entstehenden Kosten muss die Klägerin hinnehmen, wie das Landesarbeitsgericht - auch im Hinblick auf die Organisation der Kinderbetreuung - nachvollziehbar angenommen hat. Sie gehen im Grundsatz nicht über das hinaus, was Arbeitnehmern regelmäßig zugemutet wird, nämlich die Belastungen des Wegs zur und von der Arbeit zu tragen, denen notfalls durch einen Umzug begegnet werden kann. Die für die Klägerin entstehenden Nachteile sind durch die Regelungen des Sozialplans für die Zeit der virtuellen Stationierung in Hamburg weitestgehend beseitigt und im Folgenden für mehrere Jahre wirtschaftlich deutlich abgemildert.

54

bb) Umstände, die auf die Möglichkeit hindeuten könnten, unter Aufrechterhaltung der getroffenen und umgesetzten unternehmerischen Entscheidung unter Berücksichtigung der Interessen der Klägerin auf deren Versetzung zu verzichten, hat diese nicht aufgezeigt. Dies gilt auch im Hinblick auf die noch stattfindenden Zubringerflüge von und nach Frankfurt am Main und München. Die Beklagte hat konkret dargelegt, dass die jeweiligen Umläufe in Frankfurt am Main oder München beginnen und das Kabinenpersonal dort seine Arbeit aufnimmt. Die Klägerin ist dem nicht substanziiert entgegengetreten. Ein dauerhafter Einsatz der Klägerin mit dem Stationierungsort Hamburg wäre damit nicht vereinbar. Ebenso wenig ergibt sich aus § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB über die Bestimmungen des Sozialplans hinaus ein Anspruch auf eine dauerhafte virtuelle Stationierung in Hamburg. Die Klägerin weist zwar zu Recht darauf hin, dass eine solche grundsätzlich möglich wäre. Sie wäre aber nicht mit der getroffenen Organisationsentscheidung vereinbar, sondern würde einen Teil der enthaltenen Maßnahmen wirtschaftlich entwerten und die Beklagte dauerhaft mit Dead-Head-Kosten belasten. Gleiches gilt im Hinblick die von der Klägerin geltend gemachte Möglichkeit des dauerhaften Einsatzes auf Zubringerflügen. Auch ein solcher wäre grundsätzlich möglich, allerdings nicht mit der Organisationsentscheidung vereinbar, wonach auch insoweit keine Flugumläufe mehr ab Hamburg beginnen und der Personaleinsatz von den Einsatzorten Frankfurt am Main oder München aus erfolgt.

55

4. Die bei der Beklagten gebildete Personalvertretung ist ordnungsgemäß gemäß § 88 TV PV beteiligt worden. Zwischen den Parteien ist nach Durchführung einer Beweisaufnahme vor einer anderen Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamburg unstreitig geworden, dass die Personalvertretung mit Schreiben vom 12. Dezember 2013 unter Beifügung einer Personalliste zur Versetzung ua. der Klägerin angehört wurde und am 16. Dezember 2013 der Maßnahme zugestimmt hat. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, aufgrund des der Personalvertretung bekannten Inhalts des Interessenausgleichs habe der Inhalt der Unterrichtung den Anforderungen des TV PV genügt, ist nicht zu beanstanden und wird von der Revision auch nicht mehr infrage gestellt.

56

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    D. Kiel    

                 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. Dezember 2008 - 11 Sa 817/08 - wird zurückgewiesen, soweit das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 15. April 2008 - 5 Ca 3435/07 - hinsichtlich der Kündigungsschutzklage zurückgewiesen hat.

Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des gesamten Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung sowie darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund einer fristlosen und hilfsweise fristgemäßen verhaltensbedingten Kündigung der Beklagten beendet worden ist.

2

Die Beklagte ist eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Sie unterhält mehrere Niederlassungen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Darüber hinaus ist sie ein Unternehmen des international tätigen Konzerns P. Andere Konzernunternehmen sind außerhalb Deutschlands in verschiedenen Staaten tätig.

3

Die 1965 geborene Klägerin ist seit dem 1. Juli 2000 als Steuerberaterin/Managerin in der Niederlassung Bielefeld der Beklagten beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 23. Mai 2000 heißt es ua. wie folgt:

        

„§ 1 Beginn und Inhalt des Arbeitsverhältnisses

        

1.   

Sie werden ab 1. Juli 2000 als Manager für den Bereich TLS in unserer Niederlassung Bielefeld eingestellt.

        

2.   

P behält sich das Recht vor, Sie im Bedarfsfall auch an einem anderen Arbeitsort und/oder bei einer anderen Gesellschaft des Konzerns P entsprechend Ihrer Vorbildung und Ihren Fähigkeiten für gleichwertige Tätigkeiten einzusetzen. Hierbei werden Ihre persönlichen Belange angemessen berücksichtigt.

        

...“

        
4

Im Oktober 2007 fanden Gespräche zwischen den Parteien über einen zukünftigen Einsatz der Klägerin in München statt. Am 19. Oktober 2007 unterrichtete die Beklagte den in ihrer Niederlassung Bielefeld bestehenden Betriebsrat „gem. § 99 BetrVG“ über die beabsichtigte Versetzung der Klägerin zur Niederlassung München. Sie bat um Stellungnahme. Dem Betriebsrat wurde weiter mitgeteilt, die Klägerin solle ab dem 1. Dezember 2007 als „Managerin im Bereich Tax Human Resources Services“ zur Niederlassung München versetzt werden. Am 25. Oktober 2007 teilte der Betriebsrat der Niederlassung Bielefeld der Beklagten mit, er werde keine Stellungnahme abgeben. Mit identischem Formblatt und identischer Information unterrichtete die Beklagte unter dem 26. Oktober 2007 den Betriebsrat ihrer Niederlassung München. Dieser erklärte mit Datum vom 31. Oktober 2007, er werde keine Stellungnahme abgeben. Mit Schreiben vom 1. November 2007 versetzte die Beklagte die Klägerin mit Wirkung zum 1. Dezember 2007 zur Niederlassung München als „Manager in dem Bereich Tax Human Resources Services“. Unter dem 29. November 2007 kündigte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegenüber der Beklagten an, die Klägerin werde die Stelle in München nicht antreten. Die Beklagte wies mit Schreiben vom 30. November 2007 darauf hin, dass sie in diesem Fall arbeitsrechtliche Schritte einleiten werde. Sie werte das Verhalten der Klägerin als Arbeitsverweigerung. Am 3. Dezember 2007 bot die Klägerin ihre Arbeitskraft in der Niederlassung Bielefeld tatsächlich an. Sie wurde aufgefordert, die Niederlassung zu verlassen und ihre Gebäudezutrittskarte herauszugeben. Die Arbeit in München nahm die Klägerin nicht auf. Mit Datum vom 4. Dezember 2007 hörte die Beklagte den Betriebsrat der Niederlassung Bielefeld zu einer beabsichtigten außerordentlichen sowie hilfsweisen ordentlichen Kündigung der Klägerin wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung an. Der Betriebsrat gab keine Stellungnahme ab.

5

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 11. Dezember 2007 außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31. März 2008 wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung.

6

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin zuletzt gegen die Versetzung sowie die Kündigungen.

7

Sie hat die Auffassung vertreten, die Versetzung und die Kündigungen seien unwirksam. Die Beklagte könne sich nicht auf eine fehlende Auslastung in Bielefeld berufen. Die Niederlassung Bielefeld sei seit Jahren nicht voll ausgelastet. Zudem sei die Klägerin eine der dienstältesten Mitarbeiterinnen dieser Niederlassung. Die Beklagte habe auch zum 1. September 2007 neue Mitarbeiter eingestellt. So sei die Mitarbeiterin W mit einer vergleichbaren Arbeitstätigkeit in der Niederlassung Bielefeld noch im September 2007 eingestellt worden. Weiterhin sei im Jahr 2007 in der Steuerabteilung Bielefeld eine neue Managerstelle geschaffen worden. Dort sei seit dem 1. Juni 2000 Herr S tätig. Er übe dieselbe Tätigkeit aus wie die anderen Steuerberater der Steuerabteilung Bielefeld. Die Beklagte habe zudem über offene Stellen verfügt, die deutlich näher am Wohnort der Klägerin gelegen seien als der Versetzungsort München.

8

Da die Versetzung nicht wirksam sei, habe sie keine beharrliche Arbeitsverweigerung begangen. Zudem sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden.

9

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass ihre Versetzung vom 1. Dezember 2007 als Managerin in den Bereich Tax Human Resources Services nach München unwirksam ist;

        

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 11. Dezember 2007 nicht aufgelöst worden ist.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Versetzung sei wirksam. Für die Klägerin sei in Bielefeld kein Beschäftigungsbedarf mehr gegeben. Soweit sie neue Mitarbeiter eingestellt habe, seien diese mit der Klägerin nicht vergleichbar. Wegen eines Großkunden sei es erforderlich gewesen, die Stelle in München kurzfristig zu besetzen. Soweit offene Stellen ausgewiesen seien, erfülle die Klägerin die Voraussetzungen teilweise nicht.

11

Die Kündigungen seien deshalb wirksam, weil die Klägerin eine beharrliche Arbeitsverweigerung begangen habe. Der Bielefelder Betriebsrat sei auch ordnungsgemäß beteiligt worden. Er habe mit Datum vom 10. Dezember 2007, 18:35 Uhr, per E-Mail mitgeteilt, dass er keine Stellungnahme abgebe.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

13

Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist nur hinsichtlich der Versetzung begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht(§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte der Klage nicht stattgegeben werden. Wegen fehlender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann der Senat nicht abschließend darüber entscheiden, ob die Versetzung unwirksam ist. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

15

A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag benachteilige die Klägerin unangemessen. Sie sei gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB intransparent, da sie der Beklagten das Recht einräume, die Klägerin ohne weitere Einschränkungen eines zulässigen Entfernungsradius’ und ohne Ankündigungsfrist zu allen Betrieben des Bundesgebiets und darüber hinaus zu den international tätigen Konzernunternehmen zu versetzen. Das hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

16

I. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts genügt die Versetzungsklausel in § 1 Nr. 2 des Arbeitsvertrags den Erfordernissen einer Kontrolle am Maßstab der §§ 307 ff. BGB. Die Beklagte ist grundsätzlich berechtigt, den Ort der Arbeitsleistung der Klägerin innerhalb des Bundesgebiets nach billigem Ermessen näher zu bestimmen. Die Klausel ist auch nicht intransparent.

17

1. Die arbeitsvertragliche Versetzungsklausel unterliegt nicht der Angemessenheitskontrolle des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie ist nur auf Unklarheit(§ 305c Abs. 2 BGB)und Transparenz (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) zu untersuchen.

18

2. Im schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien vom 23. Mai 2000 stellte die Beklagte Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BGB auf. Sie bot der Klägerin nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen in dieser Form an. Die Parteien handelten die Vertragsbedingungen nicht nach § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB aus.

19

Die Regelungen zur Gestaltung der Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes finden kraft geänderter Bereichsausnahme in § 310 Abs. 4 BGB auch auf das Arbeitsrecht Anwendung. Für sie gilt die Übergangsvorschrift des Art. 229 § 5 EGBGB. Nach Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB ist auf Schuldverhältnisse, die vor dem 1. Januar 2002 entstanden sind, das bis zu diesem Zeitpunkt geltende Recht weiter anzuwenden. Das gilt nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB auch für „Dauerschuldverhältnisse” mit der Maßgabe, dass ab dem 1. Januar 2003 das neue Recht Anwendung findet. Seitdem sind die neu gefassten §§ 305 bis 310 BGB anzuwenden. Vertrauensschutz hat der Gesetzgeber damit nur bis zum 31. Dezember 2002 eingeräumt(Senat 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 34, AP BGB § 307 Nr. 26).

20

3. Es kann dahinstehen, ob die der Beklagten eingeräumte Befugnis, die Klägerin auch bei einer anderen Gesellschaft des Konzerns einzusetzen, der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB standhielte. Die davon abtrennbare Befugnis, die Klägerin zu einem anderen Arbeitsort im Bundesgebiet zu versetzen, ist jedenfalls nicht unwirksam.

21

a) Eine Unwirksamkeit der Konzernversetzungsklausel würde nicht zur Gesamtunwirksamkeit der Versetzungsklausel in § 1 Nr. 2 des Arbeitsvertrags führen. Die Beklagte beruft sich im vorliegenden Fall nicht auf eine „Versetzungsbefugnis“ zu einer anderen Konzerngesellschaft, sondern nur auf die zu ihrer eigenen Niederlassung in München.

22

aa) § 306 Abs. 1 BGB enthält eine kodifizierte Abweichung von der Auslegungsregel des § 139 BGB und bestimmt, dass bei Teilnichtigkeit grundsätzlich der Vertrag im Übrigen aufrechterhalten bleibt. Die Anwendung dieses Grundsatzes entspricht der Interessenlage beider Arbeitsvertragsparteien(ErfK/Preis 10. Aufl. § 611 BGB Rn. 342 mwN) . Soweit die Klausel nicht teilbar ist, tritt an ihre Stelle nach § 306 Abs. 2 BGB das Gesetz. Die Teilbarkeit einer Klausel ist mittels des sog. blue-pencil-tests durch Streichung des unwirksamen Teils mit einem „blauen Stift” zu ermitteln (BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - Rn. 11, AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44; 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 28, AP BGB § 305 Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 33 ) . Ist die verbleibende Restregelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen. Maßgeblich ist also, ob die Klausel mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Gegenstand der Inhaltskontrolle sind dann für sich jeweils verschiedene, nur formal verbundene Vertragsbedingungen (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 32, BAGE 118, 36).

23

bb) Die Befugnis zur Versetzung zu anderen Konzerngesellschaften und die Befugnis zur Versetzung an einen anderen Arbeitsort sind inhaltlich abtrennbar. Dies kommt sprachlich darin zum Ausdruck, dass § 1 Nr. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags zwischen beiden Befugnissen(„und/oder“) unterscheidet. Die Konzernversetzungsklausel kann problemlos vollständig gestrichen werden. Trotzdem bleibt die übrige Versetzungsklausel äußerlich und inhaltlich unverändert und behält ihre Selbständigkeit und ihren spezifischen Zweck. Eine etwaige Unwirksamkeit der Konzernversetzungsklausel berührt deshalb nicht die verbleibende Regelung.

24

b) Die in § 1 Nr. 2 des Arbeitsvertrags geregelte Befugnis der Beklagten, die Klägerin auch an einen anderen Arbeitsort zu versetzen, unterliegt nicht der Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie stellt keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung iSd. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB dar und unterliegt deshalb nicht der Kontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, §§ 308 und 309 BGB.

25

aa) Die arbeitsvertragliche Versetzungsklausel entspricht materiell der Regelung in § 106 Satz 1 GewO. Danach kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind.

26

bb) Nichts anderes bestimmt die Klausel in § 1 Nr. 2 des Arbeitsvertrags. Danach steht das Direktionsrecht der Beklagten nur unter dem Vorbehalt auch der Beachtung der persönlichen Belange der Klägerin zu. Die Zuweisung darf zudem nur für gleichwertige Tätigkeiten erfolgen. Somit kann sich die Beklagte, wie es auch § 106 Satz 1 GewO verlangt, bei der Ausübung ihres Direktionsrechts aufgrund der arbeitsvertraglichen Zuweisungsklausel nicht allein von ihren Interessen leiten lassen. Sie hat einen angemessenen Ausgleich der beiderseitigen Interessen vorzunehmen. Die Klausel entspricht damit der Regelung in § 106 GewO.

27

cc) Die Befugnis der Beklagten, die Klägerin an einen anderen Ort des Unternehmens gemäß § 106 GewO versetzen zu dürfen, wird nicht dadurch eingeschränkt, dass sie nach § 1 Nr. 1 des Arbeitsvertrags in der Niederlassung Bielefeld eingestellt wurde. Die Festlegung eines bestimmten Orts in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen verhindert die Beschränkung auf einen bestimmten Ort(vgl. Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es wird klargestellt, dass weiter § 106 Satz 1 GewO und damit die Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte gilt.

28

c) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Klausel nicht intransparent. Das Berufungsgericht meint zu Unrecht, die Klausel sei intransparent, weil weder der zulässige Entfernungsradius noch eine Ankündigungsfrist für die Versetzung bestimmt sei. Das hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

29

aa) Die Versetzungsklausel unterliegt als kontrollfreie Hauptabrede(§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB)sowohl der Unklarheitenregelung des § 305 Abs. 2 BGB als auch der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sie ist jedoch weder unklar noch intransparent.

30

bb) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sind Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen insoweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Auch einseitige Bestimmungsvorbehalte können nur hingenommen werden, soweit sie bei unsicherer Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig sind und den Anlass, aus dem das Bestimmungsrecht entsteht, sowie die Richtlinien und Grenzen seiner Ausübung möglichst konkret angeben(Senat 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 40, BAGE 118, 22) .

31

cc) Nach diesen Grundsätzen war es nicht zwingend notwendig, Ankündigungsfristen oder den zulässigen Entfernungsradius in die Vertragsklauseln aufzunehmen. § 106 GewO sowie entsprechende Versetzungsklauseln tragen dem im Arbeitsrecht bestehenden spezifischen Anpassungs- und Flexibilisierungsbedürfnis Rechnung. Der Arbeitsvertrag bedarf als Dauerschuldverhältnis einer ständigen, bei Vertragsschluss gedanklich nicht vorwegnehmbaren Anpassung. Die Einflussfaktoren sind im Arbeitsrecht so zahlreich und vielgestaltig, dass gesicherte Prognosen kaum möglich sind(Senat 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 35, BAGE 118, 22; zustimmend Hunold NZA 2007, 19). Eine Konkretisierungsverpflichtung würde nicht dem Bedürfnis des Arbeitgebers gerecht, auf im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vorhersehbare Veränderungen reagieren zu können. Zudem wird ein Zwang zur Konkretisierung entweder zu Leerformeln wie „sachlicher Grund“ oder zu einer ausufernden Aufzählung aller in einer möglicherweise fernen Zukunft einmal in Betracht kommenden Sachverhalte führen. Das trägt nicht notwendigerweise zur Erhöhung der Transparenz bei. Demgegenüber ist aus der hier verwandten Klausel für jeden Arbeitnehmer zweifelsfrei erkennbar, dass eine Versetzung an alle Arbeitsorte des Unternehmens in Betracht kommt. Das entspricht dem weitgehenden Bestimmungsrecht, das das Gesetz dem Arbeitgeber einräumt. Nach § 106 Satz 1 GewO kann er Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Die Regelung in § 106 Satz 1 GewO trägt damit der Gegebenheit Rechnung, dass Arbeitsverträge nur eine rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht festlegen können.

32

dd) Wie im Schrifttum vorgeschlagen(vgl. Hunold NZA 2007, 19, 22), kann eine Klausel, in der sich der Arbeitgeber die Änderung des Arbeitsorts vorbehält, dem Arbeitnehmer durch Vorgaben hinsichtlich der Regionen, des Entfernungsradius’ und der Mindestkündigungsfristen Klarheit verschaffen, innerhalb welcher Grenzen und Fristen der Arbeitgeber von seiner örtlichen Versetzungsbefugnis Gebrauch machen will. Derartige Festlegungen sind wünschenswert, jedoch nicht zwingend zur Vermeidung einer unangemessenen Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderlich. Der Arbeitnehmer wird durch die vom Gericht nach § 106 GewO, § 315 BGB durchzuführende Ausübungskontrolle vor unbilliger Überforderung geschützt. Das betrifft sowohl die Frage der zulässigen Entfernung als auch die Berücksichtigung von Ankündigungsfristen. Hinzu kommen noch die nach der Betriebsverfassung zugunsten des Arbeitnehmers eingreifenden Bestimmungen, die den Arbeitgeber bei der Ausübung seines Weisungsrechts beschränken. Dazu gehören insbesondere das Mitbestimmungsverfahren nach § 99 Abs. 1 BetrVG mit dem Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats aus § 99 Abs. 2 Nr. 2 und 4 BetrVG sowie das Recht des Betriebsrats aus § 95 Abs. 2 BetrVG, die Aufstellung von Richtlinien für Versetzungen auch im Hinblick auf einzuhaltende soziale Gesichtspunkte zu verlangen. Der Umstand, dass der Gesetzgeber den Betriebspartnern einen derartigen weiten Regelungs- und Beurteilungsspielraum eingeräumt hat, spricht dafür, dass § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB keine zwingenden Vorgaben für eine Versetzungsklausel enthalten muss. Unter Berücksichtigung der in § 106 GewO und §§ 95, 99 BetrVG geregelten Besonderheiten ist die hier zu beurteilende weite örtliche unternehmensinterne Versetzungsklausel nicht als unangemessene Benachteiligung anzusehen.

33

II. Das Landesarbeitsgericht hat aus seiner Sicht konsequent keine Ausübungskontrolle vorgenommen. Für die Prüfung, ob die Versetzung der Klägerin von Bielefeld nach München billigem Ermessen entspricht(§ 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 1 BGB), bedarf es weiterer Feststellungen.

34

1. Der Ort, an dem die Klägerin ihre Arbeitsleistungen erbringen muss, hat sich nicht auf die Niederlassung Bielefeld konkretisiert. Das Weisungsrecht der Beklagten ist deshalb nicht auf Bielefeld als Arbeitsort beschränkt.

35

a) Arbeitspflichten können sich nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren. Dazu genügt jedoch nicht schon der bloße Zeitablauf. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer der Arbeitnehmer erkennen kann und vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll(Senat 13. März 2007 -  9 AZR 433/06 - Rn. 50, AP BGB § 307 Nr. 26).

36

b) Zwar ist die Klägerin bereits langjährig in der Niederlassung Bielefeld beschäftigt worden. Es fehlt jedoch an besonderen Umständen, denen sie hätte entnehmen können, dass sie künftig nicht an einem anderen Arbeitsort eingesetzt würde. Dass ein Arbeitnehmer sich im Lauf der Zeit bezüglich der Gestaltung seines persönlichen Umfelds an der ausgeübten Tätigkeit und insbesondere am Ort seiner Arbeitsleistung ausrichtet, ist nur eine Folge der langjährigen Tätigkeit und begründet, ohne dass weitere Umstände hinzutreten, keine Konkretisierung auf einen bestimmten Arbeitsort.

37

2. Der Senat kann nicht abschließend darüber entscheiden, ob die Versetzung von Bielefeld nach München billigem Ermessen entspricht.

38

a) Nach § 106 Satz 1 GewO hat der Arbeitgeber sein Weisungsrecht nach billigem Ermessen auszuüben. Auch wenn die Versetzung des Arbeitnehmers nach dem Arbeitsvertrag zulässig ist, muss die Ausübung des Direktionsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO billigem Ermessen entsprechen. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind.

39

aa) Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB. Diese Sachentscheidung ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten. Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist dann geboten, wenn die maßgeblichen Tatsachen feststehen und nur eine bestimmte Entscheidung dem Maßstab der Billigkeit entspricht(vgl. Senat 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29 mwN, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31).

40

bb) Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach den verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. Das gebietet eine Berücksichtigung und Bewertung der Interessen unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls. Hierzu gehören im Arbeitsrecht die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen(Senat 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; BAG 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267).

41

b) Hier sind die für die Kontrolle der Ermessensausübung wesentlichen Tatsachen zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte hat sich insbesondere darauf berufen, der Arbeitsplatz der Klägerin in Bielefeld sei ersatzlos weggefallen. Sie werde in der Niederlassung München wegen eines Großkunden dringend benötigt. Die Klägerin hat sich darauf gestützt, sie sei die dienstälteste Mitarbeiterin in der Niederlassung Bielefeld, es gebe Beschäftigungsmöglichkeiten in Niederlassungen, die näher an ihrem Wohnort lägen, und sie erfülle nicht das Stellenprofil der übertragenen Tätigkeit in der Niederlassung München. Das Landesarbeitsgericht wird diese Umstände aufzuklären haben.

42

B. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die mit Schreiben vom 11. Dezember 2007 erklärte außerordentliche und die hilfsweise ordentliche Kündigung unwirksam sind. Dies folgt entweder aus § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG wegen fehlender Anhörung des Betriebsrats in München oder aus dem Fehlen der die Kündigungen rechtfertigenden Gründe gemäß § 1 Abs. 2 KSchG und § 626 Abs. 1 BGB. Sollte die Versetzung unwirksam sein, musste die Klägerin nicht in München arbeiten. Sollte die Versetzung wirksam sein, hätte die Beklagte den Betriebsrat der Niederlassung München zu den Kündigungen anhören müssen.

43

I. Welcher Betriebsrat nach § 102 BetrVG zu beteiligen ist, richtet sich nach der Wirksamkeit der Versetzung.

44

1. Beteiligt der Arbeitgeber einen nicht zuständigen Betriebsrat an einer beabsichtigten Kündigung, so fehlt es an einer ordnungsgemäßen Anhörung iSv. § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat desjenigen Betriebs anhören, zu dessen Belegschaft der zu kündigende Arbeitnehmer gehört(BAG 12. Mai 2005 - 2 AZR 149/04 - zu B I 1 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 145 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 13).

45

2. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Betriebsrat der Niederlassung München sei als zuständiger Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigungen vom 11. Dezember 2007 anzuhören gewesen. Aufgrund der ausgesprochenen Versetzung sei die Klägerin der Niederlassung München betrieblich zugeordnet worden. Unabhängig von der Wirksamkeit der Versetzung sei der Betriebsrat der Niederlassung München damit zuständig für eine nach der Zuordnung auszusprechende Kündigung geworden. Das hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

46

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gelten als Betriebsangehörige im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zum Inhaber des Betriebs stehen und innerhalb der Betriebsorganisation des Arbeitgebers abhängige Arbeitsleistungen erbringen(BAG 22. März 2000 - 7 ABR 34/98 - zu B II 2 a aa der Gründe mwN, BAGE 94, 144). Es kann dahinstehen, ob hierzu die Eingliederung in die Arbeitsorganisation genügt (so Schneider/Homburg in Däubler/Kittner/Klebe/Wedde BetrVG 12. Aufl. § 7 Rn. 5). Fehlt, wie hier, eine solche tatsächliche Eingliederung, kommt es auf die Zuordnung an.

47

b) Die Klägerin war weder in die Niederlassung Bielefeld noch in die Niederlassung München tatsächlich eingegliedert. Die Beklagte hat der Klägerin in Bielefeld keine Arbeit zugewiesen. Die Klägerin hat die Erfüllung der ihr in München zugewiesenen Arbeitsaufgaben dauerhaft verweigert. Bei einer solchen fehlenden tatsächlichen Eingliederung in einen Betrieb verliert der Arbeitnehmer nicht seine Betriebszugehörigkeit. Diese ist nicht von einer steten Eingliederung in einen Betrieb abhängig. So wird sie nicht durch Abwesenheitszeiten wie Erholungsurlaub, Arbeitsunfähigkeit oder Elternzeit unterbrochen(Kreutz/Raab in GK-BetrVG 9. Aufl. § 7 Rn. 22). Entscheidend ist allein, ob noch eine spätere Wiederaufnahme der Arbeit vorgesehen ist (vgl. BAG 16. April 2003 - 7 ABR 53/02 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 106, 64). Das ist bei der Klägerin der Fall. Die Parteien haben zum Zeitpunkt der Anhörung des Betriebsrats in München gemäß § 102 BetrVG nicht darüber gestritten, ob die Klägerin tatsächlich arbeiten soll, sondern nur darüber, in welchem Betrieb. Für die Beantwortung dieser Frage ist maßgeblich, in welcher Niederlassung eine Arbeitspflicht der Klägerin bestand und damit, ob die Versetzung nach München wirksam war. Deshalb hängt die Zuordnung der Klägerin zu einer bestimmten Niederlassung und damit die Zuständigkeit eines Betriebsrats zur Anhörung nach § 102 BetrVG entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts von der Wirksamkeit der streitgegenständlichen Versetzung ab.

48

II. Demnach könnte der Betriebsrat in der Niederlassung Bielefeld nur zuständig gewesen sein, wenn die Klägerin der Niederlassung München nicht wirksam zugeordnet worden wäre. In diesem Fall stellte die Weigerung der Klägerin, die Arbeit in München aufzunehmen, keine Vertragspflichtverletzung dar. Sollte die Klägerin demgegenüber der Niederlassung München wirksam zugeordnet gewesen sein, so fehlte es an der ordnungsgemäßen Anhörung des für das Verfahren nach § 102 BetrVG zuständigen Betriebsrats der Niederlassung München.

        

    Düwell    

        

    Gallner    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Jungermann    

        

    Pfelzer    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.