Landgericht Bonn Urteil, 30. Okt. 2015 - 1 O 161/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger ist als Kreis Träger des Rettungsdienstes (§ 6 Abs.1 Satz 1 Rettungsgesetz NRW). In dieser Eigenschaft führte er im Jahr 2013 ein EU-weites Vergabeverfahren in der Vergabeart des Offenen Verfahrens (§ 3 EG Abs.1 Satz 1 VOL/A) für insgesamt zwölf neue Rettungsdienstfahrzeuge, davon sieben Mehrzweckfahrzeuge (MZF) und fünf Rettungstransportwagen (RTW), durch. Der Auftrag war jeweils in zwei Lose für die Fahrgestelle (Lose 1 und 2) und die Kofferaufbauten (Lose 3 und 4) aufgeteilt.
3Die Aufforderung zur Angebotsabgabe des Klägers datiert vom 27.03.2013. Ausweislich Ziffer II.1.9) der EU-weiten Vergabebekanntmachung (Anlage K1 zur Klageschrift) waren „Varianten bzw. Alternativangebote“ nicht zulässig. Gemäß Ziffer 4.4 der Bewerberbedingungen mussten zugelassene Nebenangebote auf einer besonderen Anlage erstellt werden (Anlage K3 zur Klageschrift). Als „Schlusstermin für den Eingang der Angebote bzw. Teilnahmeanträge“ war in der Vergabebekanntmachung der 22.05.2013 angegeben (Ziffer IV.3.4)), die „Bindefrist des Angebots“ war bis zum 12.07.2013 festgelegt (Ziffer IV.3.7)).
4Die im Bereich des Auf- und Ausbaus von Krankentransport- und Rettungswagen tätige Beklagte beteiligte sich als Bieterin an dem Vergabeverfahren. Mit Schreiben vom 17.05.2013 gab die Beklagte ein Angebot unter anderem zu den Losen 1 und 2 ab, das sich hinsichtlich dieser die Fahrgestelle betreffenden Lose insgesamt auf brutto 548.186,90 € belief (Anlage K5 zur Klageschrift). Das Angebot ging am 21.05.2013 bei der Vergabestelle des Klägers ein.
5Mit einem weiteren an den Kläger gerichteten Schreiben vom 21.05.2013 (Anlage K6 zur Klageschrift), das zusammen mit dem Angebot vom 17.05.2013 in dem am Eröffnungstermin geöffneten Umschlag enthalten war, teilte die Beklagte unter der Überschrift „Anmerkung zum Grundfahrzeug Los 1 & 2“ folgendes mit:
6(…) wie uns bekannt ist wird das Grundfahrzeug N Typ ### $&$ mit Tiefbettrahmen in der Variante mit einem 4-Zylinder und Automatikgetriebe nicht mehr lieferbar sein.
7Alternativ bieten wir Ihnen als Grundfahrzeug einen N Typ ### $&$ mit Tiefbettrahmen, 6-Zylinder und Automatikgetriebe an. Ansonsten entspricht das Fahrzeug Ihren geforderten Angaben. Leider steigt aufgrund dessen der Grundpreis des Fahrzeugs um 3.031,93€ zzgl. MwSt.
8Weitere Details zu dem alternativen Grundfahrzeug können Sie der beigefügten Fahrzeugbeschreibung entnehmen.
9Am 22.05.2013 fand im Kreishaus des Klägers der Eröffnungstermin des Vergabeverfahrens statt, wo der Umschlag geöffnet wurde, der sowohl das Angebot der Beklagten vom 17.05.2013 als auch das weitere Schreiben vom 21.05.2013 enthielt. Hinsichtlich der Lose 1 und 2 war das Angebot der Beklagten vom 17.05.2013 das günstigste abgegebene Angebot. Das zweitgünstigste Angebot hatte die Niederlassung G der E AG mit insgesamt 624.000,00 € brutto (Anlage K8 zur Klageschrift) abgegeben.
10Der Bau- und Vergabeausschuss des Klägers stimmte in seiner Sitzung vom 20.06.2013 für die Lose 1 und 2 der Auftragserteilung an die Beklagte zu. Mit Schreiben vom 21.06.2013 (Anlage K9 zur Klageschrift) teilte der Kläger der Beklagten unter dem Betreff „Ihr Angebot vom: 17.05.2013“ unter anderem folgendes mit:
11(…) Wie Sie der obigen Tabelle entnehmen können, beabsichtige ich, Ihr Angebot zu den Losen 1 + 2 (Fahrgestell N ### $&$ gem. interner Verkaufsunterlage der E AG v. 06.04.2013 als Angebotsbestandteil) anzunehmen. (…)
12Hierauf antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 29.06.2013 (Anlage K10 zur Klageschrift):
13(…) Nach Mitteilung unseres N-Händler, L möchten wir Ihnen mitteilen, dass das von Ihnen im Leistungsverzeichnis beschriebene Grundfahrzeug, N in dieser Konfiguration nicht mehr lieferbar ist.
14Eine schriftliche Bestätigung der Firma L folgt.
15Aus diesem Grunde sehen wir uns an unser Angebot vom 17.05.2013 bezgl. der Grundfahrzeuge nicht mehr gebunden. (…)
16In der von der Klägerin eingereichten Anlage K10 findet sich hinter diesem Schreiben ein an die Beklagte adressiertes Schreiben der L GmbH & Co, KG vom 27.06.2013 in der es heißt:
17(…) bestätigen wir Ihnen, dass das angebotenen Fahrzeug ### $&$ Tiefrahmenfahrgestell (Baumuster ### ### ##) in der modellgepflegten Version nicht mehr mit Automatikgetriebe lieferbar ist. (…)
18Nachdem der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 04.07.2013 (Anlage K12 zur Klageschrift) vergeblich dazu aufgefordert hatte, „verbindlich zu erklären, dass Sie Ihr bindendes Angebot vom 17.05.2013 im Falle des Vertragsschlusses ordnungsgemäß erfüllen werden“, erteilte er unter dem 15.07.2015 der Niederlassung G der E AG entsprechend der Lose 1 und 2 den Auftrag zur Lieferung von zwölf Fahrgestellen des Modells N ### $&$ zum Preis von 624.000,00 € brutto (Anlage K14 zur Klageschrift). Die E AG hatte dem Kläger zuvor mit elektronischem Schreiben vom 01.07.2013 (Anlage K15 zur Klageschrift) folgendes mitgeteilt:
19(…) die von uns in der Ausschreibung angebotenen Fahrgestelle N Typ ### sind heute in Verbindung mit einem Vollautomatikgetriebe ab Werk nicht mehr lieferbar, daher würden wir Ihnen heute unseren N ### $&$ in der geforderten Ausstattung (gemäß LV) preisneutral liefern.
20Da uns bei der Angebotsabgabe die entsprechenden Informationen der Ausstattungsänderungen nicht vorlagen und dieses auch so nicht absehbar war, konnten wir seinerzeit nur entsprechend LV anbieten. (…)
21Von der E AG wurden dem Kläger schließlich zwölf Fahrgestelle vom Typ ### $&$ N mit Fahrerhaus und Luftfederungen der Hinterachse (VMC-Airsuspension) geliefert.
22Der Kläger vertritt die Rechtsansicht, dass ihm die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe des Differenzbetrages zwischen dem der E AG erteilten Auftrag und der Bruttoangebotssumme des Angebotes der Beklagten, den er auf 64.625,31 € beziffert, zuzüglich der von der Beklagten eingeräumten Skonti, die er auf 11.187,48 € beziffert, verpflichtet sei. Denn das schriftliche Angebot der Beklagten vom 17.05.2013 sei bindend und durch das zusätzliche Schreiben vom 21.05.2013 nicht (wirksam) zurückgenommen worden. Vielmehr sei das Schreiben vom 21.05.2013 objektiv so zu verstehen gewesen, dass die Lieferbarkeit des Grundfahrzeuges N Typ ### nur möglicherweise beziehungsweise eventuell nicht gegeben sein wird. Im Übrigen habe die Ausschreibung keinen bestimmten Fahrgestell-Typ der E AG als Hersteller, sondern ausweislich der Ziffer 4.1 des Leistungsverzeichnisses (Anlage K7 zur Klageschrift) – dessen Wortlaut zwischen den Parteien unstreitig ist - lediglich eine bestimmte Leistungsfähigkeit von mindestens 120 KW gefordert, mithin nur typenunabhängige Vorgaben gemacht.
23Der Kläger beantragt,
24die Beklagte zu verurteilen, an ihn 75.812,79 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hinsichtlich des Betrages von 64.625,31 € ab dem 06.12.2014 sowie Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hinsichtlich des Betrages von 11.187,48 € ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
25Die Beklagte beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Die Beklagte behauptet, sie sei im Rahmen eines Gespräches während der von dem Kläger – insoweit zwischen den Parteien unstreitig – vor Ausschreibung durchgeführten Markterkundung mit dem Zeugen S, der – insoweit zwischen den Parteien ebenfalls unstreitig – bei dem E2 beschäftigt sei und an dem Termin für den Kläger in beratender Funktion teilgenommen habe, übereingekommen, dass lediglich das Grundfahrzeug N Typ ### $&$ für das Angebot in Frage komme. Ihr Angebot hinsichtlich der Lose 1 und 2 habe sich deshalb allein auf das Fahrgestell der Marke N ### $&$ gegründet. Dieses Grundfahrzeug sei indes tatsächlich nicht mehr lieferbar.
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
29E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
30Die zulässige Klage ist in der Sache nicht begründet.
31Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 75.812,79 € nebst Zinsen aus den hier allein in Betracht kommenden §§ 280 Abs.1, 311 Abs.2 Ziffer 2., 241 Abs.2, 249f. BGB.
321. Vertragliche Ansprüche des Klägers bestehen nicht, da es an dem einen Kaufvertrag im Sinne von § 433 Abs.1 BGB begründenden Zuschlag des Klägers auf ein Angebot der Beklagten fehlt (§ 21 EG Abs.2 VOL/A). Denn erst dieser Zuschlag beinhaltet die Annahmeerklärung des Auftraggebers im Sinne der Rechtsgeschäftslehre, mit der er das von dem Bieter im Ausschreibungsverfahren formulierte Angebot (§ 145 BGB) annimmt und dadurch den (Kauf-) Vertrag abschließt (vgl. Herlemann in Heiermann/Zeiss, jurisPK-Vergaberecht, 4. Aufl. 2013, § 18 VOL/A 2009 Rd.1).
33Ein derartiger Zuschlag des Klägers im Sinne einer bindenden Bekanntgabe einer positiven Vergabeentscheidung (vgl. Zeiss in Heiermann/Zeiss, jurisPK-Vergaberecht, aaO., Einleitung VergR Rd.91) zugunsten der Beklagten indes fehlt. Das Schreiben des Klägers vom 21.06.2013 beinhaltet nach seinem klaren Wortlaut lediglich die Bekanntgabe der Absicht, ein Angebot der Beklagten durch eine dann nachfolgende Erklärung annehmen zu wollen. Diese Erklärung ist in der Folgezeit unstreitig nicht erfolgt. Der im Tatbestand zitierte Inhalt des Schreibens des Klägers vom 04.07.2013 unterstreicht diese Würdigung.
342. Auch eine vorvertragliche Pflichtverletzung der Beklagten, die geeignet wäre, einen Schadensersatzanspruch des Klägers zu begründen, liegt nicht vor.
35a) Zwar führt schon die Teilnahme an einem offenen Vergabeverfahren in Form der Anforderung der Vergabeunterlagen bei dem öffentlichen Auftraggeber (§ 15 EG Abs.11 VOL/A) nach dessen Aufforderung zur Angebotsabgabe (§ 10 EG Abs.1 VOL/A) zu einer Vertragsanbahnung im Sinne von § 311 Abs.2 Ziffer 2. BGB und damit zu einem Schuldverhältnis der Parteien (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 13.06.2012 - 1 U 357/11; Wagner NZBau 2005, 436). Die Beklagte hat jedoch keine ihr hieraus gegenüber dem Kläger obliegenden Pflichten im Sinne von § 241 Abs.2 BGB verletzt. Insbesondere hat die Beklagte die zwischen den Parteien zustande gekommenen Vertragsverhandlungen nicht ohne einen triftigen Grund abgebrochen.
36b) Grundsätzlich kann der Abbruch von Vertragsverhandlungen ohne triftigen Grund im Rahmen eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses als schadensersatzbegründende Pflichtverletzung im Sinne von § 241 Abs.2 BGB einzustufen sein, wenn die die Verhandlungen abbrechende Partei zuvor bei der Gegenseite in zurechenbarer Weise ein Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrages geweckt hat (vgl. Palandt/Grüneberg, 74. Aufl. 2015, § 311 Rd. 30). Ob dieses zusätzliche Vertrauenselement bei einer öffentlichen Ausschreibung auch dann keine Anspruchsvoraussetzung (mehr) darstellt, wenn nicht der Bieter als Auftragnehmer einen Schadensersatzanspruch wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung geltend macht (in diesem Fall bejahend: BGH Urteil vom 09.06.2011 – X ZR 143/10 – juris-Dokument Rd.15 = NZBau 2011, 498, 500 Rd.14; Palandt/Grüneberg, aaO., § 311 Rn. 37), sondern – wie hier – der öffentliche Auftraggeber (in diesem Fall wohl verneinend: Gehrlein/Sutschet in Bamberger/Roth, BeckOK BGB, Stand 01.08.2015, § 311 Rd.65), bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Denn die Beklagte hat die Vertragsverhandlungen nicht ohne triftigen Grund und damit nicht pflichtwidrig (vgl. Palandt/Grüneberg, aaO., § 311 Rd. 32) abgebrochen.
37Die Beklagte hat die Vertragsverhandlungen jedenfalls spätestens mit Schreiben vom 29.06.2013 (Anlage K10 zur Klageschrift) abgebrochen, indem sie dort ausdrücklich erklärt hat, das Grundfahrzeug N Typ ### sei nicht mehr lieferbar, so dass sie sich aus diesem Grunde nicht mehr an das Angebot vom 17.05.2013 betreffend die Grundfahrzeuge gebunden sehe.
38Für diesen Abbruch der Vertragsverhandlungen bestand jedoch ein triftiger Grund im haftungsrechtlichen Sinne, weil sich aus den einschlägigen vergaberechtlichen Regeln des streitgegenständlichen Ausschreibungsverfahrens ergibt, dass die Beklagte ihr von dem Kläger favorisiertes Angebot vom 17.05.2013 zurückziehen durfte und wirksam zurückgezogen hat. Ein derartiger, den Verhandlungen von den potentiellen Vertragsparteien ausdrücklich zugrunde gelegter Vorbehalt des Abbruches dieser Verhandlungen schließt hierauf gestützte Schadensersatzansprüche gegen den sich zulässigerweise von den Verhandlungen lossagenden Partner aus (vgl. BGH, Urteil vom 08.09.1998 - X ZR 99/96 = BGHZ 139, 280, 283 zur Aufhebung einer Ausschreibung nach § 26 VOB/A; Staudinger/Feldmann/Löwisch, BGB, Neubearb. 2012, § 311 BGB Rd.137).
39Hieran anschließend hat die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 21.05.2013 und im Sinne von § 12 EG Abs.10 VOL/A innerhalb der Angebotsfrist erklärt, dass sie sich nicht mehr an ihrem Angebot gemäß dem Schreiben vom 17.05.2013 festhalten lassen will. Damit hat die Beklagte ihr Angebot vom 17.05.2013 wirksam zurückgezogen (§ 12 EG Abs.10 VOL/A). Es fehlt deshalb an einem fortbestehenden und insbesondere bindenden Angebot der Beklagten in der Fassung des Schreibens vom 17.05.2013, das Grundlage für eine Pflichtverletzung der Beklagten und dadurch für einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus den §§ 280 Abs.1, 311 Abs.2 Ziffer 2., 241 Abs.2, 249f. BGB sein könnte (vgl. BGH, Urteil vom 24.11.2005 – VII ZR 87/14 = NZBau 2006, 390 Rd.14f.; OLG Köln, Beschluss vom 21.07.2014 – 11 U 10/14 = BeckRS 2014, 17386 = NJW-Spezial 2014, 652; Busche in Münchener Kommentar, BGB, 7. Aufl. 2015, § 145 Rd.20; Städler NZBau 2014, 472 unter I.2.a) jeweils m.w.N.).
40Im Einzelnen:
41Das Schreiben der Beklagten vom 21.05.2013 beinhaltet nach seinem Wortlaut sowie seiner daraus deutlich erkennbaren Zielrichtung eine Rücknahme des Angebotes vom 17.05.2015 im Sinne von § 12 EG Abs.10 VOL/A. Denn aus diesem Schreiben geht unter objektiver verständiger Würdigung (§§ 133, 242 BGB; vgl. auch – zu § 10 Abs.3 VOB/B - von Wietersheim in Ingenstau/Korbion, VOB, 18. Aufl. 2013, § 10 VOB/A Rd.17) hervor, dass das ursprünglich auf der Basis des Grundfahrzeuges N Typ ### $&$ kalkulierte Angebot vom 17.05.2013 (vgl. zu den Folgen erkannter Kalkulationsgrundlagen auch: BGH NJW 2015, 1513f.) nicht mehr aufrechterhalten wird, weil dieses Modell künftig nicht mehr lieferbar sein werde. Gerade diese Produktentwicklung abweichend von den hier ausdrücklich offengelegten Kalkulationsgrundlagen war für die Beklagte der Anlass in diesem Schreiben zugleich ein Alternativangebot auf der Grundlage einer Kalkulation für das Grundfahrzeug Typ ### $&$ zu unterbreiten.
42Die Auslegung des Klägers wird diesen Umständen nicht gerecht und berücksichtigt nicht hinreichend, dass die Beklagte gerade in Anbetracht der festgesetzten längeren Bindungsfrist auf den 12.07.2013 (§ 12 EG Abs.1 Satz 2 VOL/A) zu diesem späteren Zeitpunkt eintretende Lieferschwierigkeiten des Herstellers, die sich gerade wegen der nach Ablauf der Angebotsfrist eintretenden Bindungswirkungen zu ihren Lasten auswirken würden (vgl. Contag in Heiermann/Zeiss, aaO., § 10 VOL/A 2009 Rd.19 und Rd.21; ferner – jeweils zu § 10 Abs.7 VOB/B – von Wietersheim, aaO., § 10 VOB/A Rd.39; Heiermann/Bauer in Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 13. Aufl. 2013, § 10 VOB/A Rd.18), vermeiden wollte.
43Die aus den Schreiben der L GmbH & Co. KG vom 27.06.2013 sowie der E AG vom 01.07.2013 ersichtlichen Umstände einer fehlenden Lieferbarkeit des Grundfahrzeuges vom Typ ###, die letztendlich zu einer Kulanzregelung zu Lasten der E AG als zweitgünstigste Bieterin geführt haben, unterstreichen diesen Würdigung.
44Diese Rücknahme des Angebotes mit Schreiben vom 21.05.2013 ist dem Kläger rechtzeitig innerhalb der Angebotsfrist zugegangen. Denn dieses Schreiben befand sich zusammen mit dem Ursprungsangebot vom 17.05.2013 in dem am 22.05.2013 im Eröffnungstermin von dem Kläger geöffneten Umschlag. Dieser zeitgleiche Zugang von dem Ursprungangebot und dessen Rücknahme führte entsprechend § 130 Abs.1 Satz 2 BGB auch nach den Grundsätzen der Rechtsgeschäftslehre zur Unwirksamkeit der Willenserklärung der Beklagten vom 17.05.2013 (Contag in Heiermann/Zeiss, aaO., § 10 VOL/A 2009 Rd.79; ferner – zu § 10 Abs.7 VOB/B – Heiermann/Bauer in Heiermann/Riedl/Rusam, aaO., § 10 VOB/A Rd.18). Infolge der Anordnung von § 16 EG Abs.2 VOL/A, vor dem Ablauf der Angebotsfrist eingehende Angebote der Bieter unter Verschluss aufzubewahren und zu halten (vgl. Contag in Heiermann/Zeiss, aaO., § 10 VOL/A 2009 Rd. 81 und 82), fiel der für den Begriff der Zugangs einer Willenserklärung maßgebliche Zeitpunkt der Möglichkeit der tatsächlichen Kenntnisnahme durch den Kläger bei der hier zu unterstellenden vergabekonformen Vorgehensweise auf den 22.05.2013 (vgl. § 17 EG Abs.1 VOL/A; vgl. Contag in Heiermann/Zeiss, aaO., § 10 VOL/A 2009 Rd.79ff.; ferner – zu § 10 Abs.3 VOB/A – von Wietersheim, aaO., § 10 VOB/A Rd.14 und Rd.16). Denn bis zu diesem Zeitpunkt waren die eingehenden Angebotes unter Verschluss zu halten und durften erst mit Ablauf der Angebotsfrist am 22.05.2013 geöffnet werden. Damit liegt ein gleichzeitiger Zugang des Ursprungsangebotes vom 17.05.2013 und seiner Rücknahme gemäß Schreiben der Beklagten vom 21.05.2013 bei dem Kläger im Sinne von § 130 Abs.1 Satz 2 BGB vor.
45Auf dieses rechtzeitig zurückgezogene Angebot vom 17.05.2013 konnte mithin weder ein Zuschlag des Klägers erteilt werden (Contag in Heiermann/Zeiss, aaO., § 10 VOL/A 2009 Rd.77; Städler NZBau 2014, 472 unter I.2.a)), noch können hierauf aus den vorstehend dargelegten Erwägungen Schadensersatzansprüche des Klägers gestützt werden.
46Die auf den 12.07.2013 festgelegte Bindefrist für die Angebote (vgl. § 12 EG Abs.1 Satz 2 VOL/A) trifft für den letztmöglichen Zeitpunkt der Rücknahme eines Angebotes keine Aussage. Denn die Bindefrist knüpft als Bestimmung einer Annahmefrist im Sinne von § 148 BGB an den Ablauf der Angebotsfrist an, sie gilt mithin nur für die zu diesem Zeitpunkt noch vorliegenden wirksamen und noch nicht zurückgezogenen Angebote der Bieter (vgl. Contag in Heiermann/Zeiss, aaO., § 10 VOL/A 2009 Rd.19 und 21; ferner – jeweils zu § 10 VOB/B – von Wietersheim, aaO., § 10 VOB/A Rd.25f. und Rd.37; Heiermann/Bauer in Heiermann/Riedl/Rusam, aaO., § 10 VOB/A Rd.26ff.).
47Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
48Streitwert: 75.812,79 €.
Urteilsbesprechung zu Landgericht Bonn Urteil, 30. Okt. 2015 - 1 O 161/15
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(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.
Wer einem anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.
(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin macht aufgewendete Rechtsanwaltskosten als Schadensersatz geltend, nachdem ein vom Beklagten durchgeführtes Vergabeverfahren, an dem sie sich beteiligt hatte, wegen Verwendung vergaberechtswidriger Wertungskriterien aufgehoben wurde.
- 2
- Der Beklagte schrieb im offenen Verfahren Rettungsdienstleistungen für den Zeitraum von Anfang Juli 2009 bis Ende Juni 2015 losweise aus. Der Zuschlag sollte auf das wirtschaftlich günstigste Angebot erteilt werden. Die Vergabeunterlagen sahen folgende Wirtschaftlichkeitskriterien mit jeweils zugeordneter Gewichtung vor: 1. Preis. Gewichtung 40 2. Mitarbeit bei Großschadenslagen und Massenanfall von Verletzten. Gewichtung 35 3. Erfahrung im Rettungsdienst. Gewichtung 10 4. Qualitätsmanagement. Gewichtung 5 5. Qualifikation des Personals. Gewichtung 5 6. Arbeitszeit des Personals. Gewichtung 5
- 3
- Nachdem die Klägerin die Vergabeunterlagen angefordert hatte, übermittelte sie diese ihrem jetzigen Prozessbevollmächtigten mit der Bitte um Überprüfung (Schreiben vom 7. Juli 2008). Durch sein Schreiben vom 10. Juli 2008 rügte die Klägerin, in dem Bewertungsschema für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit würden vergaberechtswidrig Eignungs- und Wirtschaftlichkeitskriterien miteinander vermischt. Ihren kurz darauf gestellten (ersten) Nachprüfungsantrag nahm die Klägerin zurück, nachdem die Vergabekammer ihn als unzulässig eingeschätzt hatte. Nach Ablauf der Angebotsfrist reichte die Klägerin ein Angebot für ein Los des ausgeschriebenen Auftrags ein und stellte erneut einen Nachprüfungsantrag, der in der Beschwerdeinstanz Erfolg hatte. Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Naumburg sprach in seinem Beschluss vom 3. September 2009 (VergabeR 2009, 933) aus, dass der inzwischen mit einem anderen Anbieter geschlossene Vertrag über die ausgeschriebenen Leistungen nichtig sei, und verpflichtete den Beklagten, das Vergabeverfahren aufzuheben. Diese Maßnahmen begründete der Vergabesenat im Wesentlichen mit einem Verstoß gegen die vergaberechtlich gebotene Trennung von Eignungs - und Wirtschaftlichkeitskriterien. Zumindest die Zuschlagskriterien zu Nr. 2, 3, 5 und 6 seien bieterbezogen, das Kriterium zu Nummer 4 sei intransparent , die Auswahl des günstigsten Angebots hänge somit zu mindestens 55 % nicht von dessen Inhalt, sondern von der Person des Bieters ab. Den Kos- tenstreitwert des Nachprüfungsverfahrens setzte das Oberlandesgericht auf bis zu 800.000 € fest.
- 4
- Nach Aufhebung des Vergabeverfahrens verlangte die Klägerin vom Beklagten die Erstattung einer 2,3-fachen Gebühren nach Nr. 2300 VV-RVG (10.687,15 €) für die Beauftragung ihres Prozessbevollmächtigten mit der Überprüfung der Vergabeunterlagen vor Einleitung des ersten Nachprüfungsverfahrens. Nachdem der Beklagte die Zahlung ablehnte, hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie diese Summe zuzüglich eines Betrags von 962,71 € für die vorprozessuale Geltendmachung dieses Schadensersatzanspruchs (beide Gebühren zuzüglich Umsatzsteuer) verlangt hat.
- 5
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht ihr stattgegeben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision bleibt in der Sache ohne Erfolg.
- 7
- I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung sinngemäß wie folgt begründet. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens aus dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo zu. Danach könnten einem Bieter Ansprüche auf Erstattung von Kosten zustehen, wenn er sich ohne Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens nicht oder nicht wie geschehen daran beteiligt hätte. Nicht schutzwürdig sei ein Bieter lediglich dann, wenn er sich in Kenntnis eines Vergabeverstoßes taktierend am Verfahren beteilige. So verhalte es sich hier aber nicht. Die Klägerin habe sich nicht auf das als vergaberechtswidrig erkannte Vergabeverfahren eingelassen, sondern ein Angebot erst gar nicht und am Ende nur deshalb abgegeben, um den Status eines Bieters zu erhalten und dadurch die vergaberechtliche Antragsbefugnis sicherzustellen. Sie habe aber von vornherein die von ihr als vergaberechtswidrig erkannten Fehler gerügt. Der entsprechende prozessuale Prüfungsauftrag habe somit entgegen der Ansicht des Beklagten nicht der "Torpedierung" des Vergabeverfahrens gedient. Der geltend gemachte Gebührentatbestand sei auch nicht bereits anderweitig kostenrechtlich erfasst. Nach der Kostenentscheidung des Vergabesenats im Nachprüfungsverfahren könne die Klägerin zwar die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erstattet verlangen. Dass der Prüfungsauftrag vom 7. August 2008 bereits die Vertretung im Nachprüfungsverfahren umfasst habe, sei aber weder dessen Wortlaut zu entnehmen noch naheliegend. Eine Verbindung mit anderen Gebührentatbeständen lasse sich somit nicht feststellen.
- 8
- II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe sind nicht begründet.
- 9
- 1. Der Klägerin steht dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 1 und § 280 Abs. 1 BGB zu.
- 10
- a) Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Naumburg hat im Nachprüfungsverfahren rechtskräftig entschieden, dass die Beklagte vergaberechtswidrige Wertungskriterien für die Zuschlagsentscheidung vorgesehen hatte. Diese Beurteilung ist für die ordentlichen Gerichte im Schadensersatzprozess bindend (§ 124 Abs. 1 GWB). Infolge der festgestellten Vergaberechtsverstöße musste das Vergabeverfahren aufgehoben werden. Die Aufhebung aus einem solchen Grund ist von der einschlägigen Vergabe- und Vertragsordnung nicht vorgese- hen (vgl. § 26 Nr. 1 und 2 VOL/A 2006, § 17 Abs. 1 VOL/A 2009) und deshalb nicht von vornherein sanktionsfrei.
- 11
- b) Mit der Aufstellung von Wertungskriterien, die eine vergaberechtskonforme Angebotswertung nicht zuließen und die deshalb die Aufhebung des Vergabeverfahrens nach sich ziehen musste, hat der Beklagte gegen seine Pflichten aus § 241 Abs. 2 BGB verstoßen. Danach kann ein Schuldverhältnis einen Teil zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Ein solches Schuldverhältnis entsteht auch durch Aufnahme von Vertragsverhandlungen (§ 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB), und darum handelt es sich - in je nach Verfahrensart mehr oder minder stark formalisierter Form - bei der Durchführung eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge. Mit der in der mündlichen Verhandlung weiter verfochtenen Ansicht, zur Klägerin habe ein solches vorvertragliches Schuldverhältnis nicht bestanden, weil dieser nur an der Unterminierung des Vergabeverfahrens gelegen gewesen sei, unternimmt die Revision den ihr verschlossenen Versuch, die Sachverhaltswürdigung des Berufungsgerichts durch die eigene zu ersetzen.
- 12
- c) Werden die auf diese Weise formalisierten Vertragsverhandlungen auf der Grundlage der vom Auftraggeber ausgearbeiteten und den Bietern zur Teilnahme überlassenen Vergabeunterlagen geführt, wie es für das Vergabeverfahren typisch ist, trifft den öffentlichen Auftraggeber aus § 241 Abs. 2 BGB die Verpflichtung, diese Unterlagen vergaberechtskonform so auszuarbeiten, dass keine Wirtschaftlichkeitskriterien aufgestellt werden, die eine ordnungsgemäße Wertung der Angebote nicht zulassen und deshalb bei Beanstandung eine Aufhebung des Vergabeverfahrens unausweichlich machen. Durch die Aufhebung wird der je nach Auftragsgegenstand unter Umständen ganz beträchtliche Ausschreibungsaufwand der Bieter zunichte gemacht anstatt, seinem eigentlichen Zweck entsprechend, für den Wettbewerb um den ausgeschriebenen Auftrag eingesetzt zu werden. Die Bieter und Bewerber haben aber - in den Grenzen der von den Vergabe- und Vertragsordnungen anerkannten Tatbestände - ein von § 241 Abs. 2 BGB geschütztes Interesse daran, dass der öffentliche Auftraggeber das Verfahren so anlegt und durchführt, dass die genannten Aufwendungen der Bieter dem Wettbewerbszweck entsprechend tatsächlich verwendet werden können.
- 13
- d) Infolge seines Verstoßes gegen die ihn treffenden Rücksichtnahmepflichten ist der Beklagte verpflichtet, der Klägerin den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB). Diese Verpflichtung trifft den Schuldner im Allgemeinen nur dann nicht, wenn er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Dazu haben die Instanzgerichte keine Feststellungen getroffen und die Revision macht nicht geltend, dass insoweit erheblicher Vortrag des Beklagten unberücksichtigt geblieben wäre. Daher bedarf an dieser Stelle die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union keiner Erörterung, wonach die Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 in der durch die Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 geänderten Fassung dahin auszulegen ist, dass sie einer nationalen Regelung entgegensteht, die den Schadensersatzanspruch wegen Verstoßes eines öffentlichen Auftraggebers gegen Vergaberecht von der Schuldhaftigkeit des Verstoßes abhängig macht (EuGH, VergabeR 2011, 71).
- 14
- e) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats setzt der aus Verschulden bei Vertragsanbahnung hergeleitete Schadensersatzanspruch ein zusätzliches Vertrauenselement aufseiten des Schadensersatz verlangenden Bieters voraus (vgl. etwa BGH, Urteil vom 8. September 1998 - X ZR 99/96, BGHZ 139, 280, 283). Schadensersatz nach Aufhebung eines Vergabeverfahrens, für die, wie hier, kein vergaberechtlich anerkannter Grund (§ 17 VOL/A 2009, § 20 VOL/A-EG 2009, § 17 VOB/A 2009) vorlag, konnte ein Bieter nur dann verlangen , wenn er sich ohne Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens daran entweder gar nicht oder nicht so wie geschehen beteiligt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2007 - X ZR 18/07, VergabeR 2008, 219 Rn. 39). Diese Rechtsprechung knüpfte daran an, dass die auf die gewohnheitsrechtlich anerkannte Rechtsfigur der culpa in contrahendo gestützte Haftung im Allgemeinen die Gewährung von in Anspruch genommenem Vertrauen voraussetzte (vgl. Palandt/Heinrichs, 61. Aufl., § 276 BGB aF Rn. 65 f.). An dem tatbestandlichen Erfordernis eines solchen zusätzlichen Vertrauenselements hält der Senat für Schadensersatzansprüche, die auf ein vergaberechtliches Fehlverhalten des öffentlichen Auftraggebers vor Vertragsschluss gestützt sind, nicht fest.
- 15
- Der aus § 280 Abs. 1 in Verbindung mit § 241 Abs. 2 und § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB hergeleitete Schadensersatzanspruch knüpft nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung an die Verletzung einer aus dem Schuldverhältnis herrührenden Rücksichtnahmepflicht der Beteiligten an. Dafür, dass dem Gläubiger nur dann Schadensersatz zustehen soll, wenn er bei Verletzung einer solchen Rücksichtnahmepflicht zusätzlich gewährtes Vertrauen in Anspruch genommen hat, ist der gesetzlichen Regelung nichts zu entnehmen. Für das Recht der öffentlichen Auftragsvergabe besteht auch kein Bedürfnis dafür, das Vertrauen des Bieters etwa als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal weiter zu fordern. Denn dieses Gebiet ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass der Ablauf der Vertragsverhandlungen und die dem Auftraggeber dabei auferlegten Verhaltenspflichten eingehend geregelt sind. Oberhalb der gemäß § 2 VgV vorgesehenen Schwellenwerte gelten die Bestimmungen des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, der Vergabeverordnung sowie der Vergabe- und Vertragsordnungen für Bauleistungen und Leistungen und der Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen, und für Vergabeverfahren unterhalb dieser Werte sind die Vorschriften der Vergabe- und Vertragsordnungen für Bauleistungen und Leistungen einschlägig, sofern der Auftraggeber - was allgemein üblich ist - ankündigt, die Vergabe auf der Grundlage dieser Vorschriften durchzuführen. Im Geltungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, der für das Vergabeverfahren einschlägig ist, auf das sich der Streitfall bezieht, haben die Unternehmen Anspruch darauf, dass der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält (§ 97 Abs. 7 GWB). An die daraus resultierenden Verhaltenspflichten knüpfen die Rücksichtnahmepflichten aus § 241 Abs. 2 BGB an. Der Inanspruchnahme besonderen Vertrauens als eines Tatbestands, an dessen Erfüllung die Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsanbahnung überhaupt erst festgemacht werden könnte, bedarf es deshalb nicht. Inwieweit der für Schadensersatzansprüche aus culpa in contrahendo nach altem Recht vorausgesetzte Vertrauenstatbestand für andere Fallgruppen, die im Rahmen dieser Rechtsfigur entwickelt worden sind, weiterhin Bedeutung hat, bedarf im Streitfall keiner Klärung. Entsprechendes gilt nach den Umständen des Streitfalls auch für die Frage, unter welchen Voraussetzungen sich der klagende Bieter ein Mitverschulden (§ 254 BGB) entgegenhalten lassen muss.
- 16
- f) Dass die Klägerin den ausgeschriebenen Auftrag nicht hätte erhalten können, weil sie nicht innerhalb der Angebotsfrist ein Angebot eingereicht hat, steht ihrem Anspruch auf Schadensersatz nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt gerade auch in Fällen der ungerechtfertigten Aufhebung des Vergabeverfahrens eine Ausnahme von dem Grundsatz in Betracht, dass nicht nur der auf das Erfüllungsinteresse, sondern auch der auf das negative Interesse gerichtete Schadensersatzanspruch nur dem Bieter zusteht, der bei regulärem Verlauf des Vergabeverfahrens den Zuschlag hätte erteilt bekommen müssen (BGH, VergabeR 2008, 219 Rn. 37 f.; vgl. insoweit auch Scharen in Kompaktkommentar Vergaberecht, 13. Los Rdn. 54).
- 17
- g) Die Gebührenforderung, die durch den von der Klägerin erteilten Auftrag zur Prüfung der Vergabeunterlagen und der Rüge ihrer Vergaberechtswidrigkeit gegenüber dem Beklagten ausgelöst worden ist, ist nach dem Schutzzweck der einschlägigen Norm (§ 241 Abs. 2 BGB) als Schaden erstattungsfähig. Mit den sich daraus für den öffentlichen Auftraggeber ergebenden Rücksichtnahmepflichten ist es, wie ausgeführt (oben II 1 b) unvereinbar, in die Wirtschaftlichkeitsprüfung Eignungskriterien einfließen zu lassen (BGH, Urteil vom 8. September 1998 - X ZR 99/96, BGHZ 139, 280, 283; Urteil vom 15. April 2008 - X ZR 129/06, VergabeR 2008, 641 - Sporthallenbau). Zieht der mit solchen Wertungskriterien konfrontierte Bieter deshalb einen Rechtsanwalt zurate, sind die aus dessen Beauftragung resultierenden Kosten ein durch den Pflichtenverstoß adäquat kausal herbeigeführter Schaden. Dafür ist unerheblich, dass der Bieter sich der Vergaberechtswidrigkeit der Vergabeunterlagen bei Beauftragung des Rechtsanwalts regelmäßig nicht sicher sein wird, sondern diesbezüglich erfahrungsgemäß allenfalls Zweifel hegen wird. Entscheidend ist, dass er aufgrund der objektiv gegebenen Vergaberechtswidrigkeit der Vergabeunterlagen Anlass hat, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
- 18
- h) Der Anspruch setzt im Streitfall nach dem der Regelung in § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB zugrunde liegenden Rechtsgedanken keine Mahnung des Gläubigers voraus. Vorvertragliche Rücksichtnahmepflichten, wie sie hier in Rede stehen, sind aus in der Natur der Sache liegenden Gründen sofort zu erfüllen. Jedenfalls dann, wenn die Frage, ob die Verletzung einer Rücksichtnahmepflicht vorliegt, nur aufgrund vertiefter Kenntnisse auf dem Gebiet des Vergaberechts beantwortet werden kann, ist es, auch mit Blick auf die regelmäßig engen zeitlichen Dispositionsmöglichkeiten im laufenden Vergabeverfahren, nicht interessengerecht, den am Auftrag interessierten Unternehmen abzuverlangen , den vermeintlichen Mangel zunächst selbst gegenüber dem Auftraggeber zu rügen, bevor sie einen Rechtsanwalt in erstattungsfähiger Weise mit der weiteren Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragen können. Ob das Gleiche in allen denkbaren Fallgestaltungen, insbesondere auch bei Verstößen gilt, die im Sinne von § 107 Abs. 3 Nr. 2 und 3 GWB erkennbar (vgl. dazu etwa MünchKomm.BeihVgR /Jaeger, § 107 Rn. 54) sind, ist hier nicht zu entscheiden.
- 19
- i) Der Beklagte kann sich gegenüber der Gebührenersatzforderung nicht mit Erfolg darauf berufen, die fraglichen Kosten wären der Klägerin auch entstanden , wenn er, der Beklagte, sich vergaberechtskonform verhalten hätte. Auf den darin zu sehenden Einwand, der geltend gemachte Schaden wäre auch bei rechtmäßigem Verhalten des Schädigers entstanden, kann dieser sich ausnahmsweise dann nicht berufen, wenn dies mit dem Schutzzweck der verletzten Norm nicht vereinbar wäre (BGH, Urteil vom 24. Oktober 1986 - IX ZR 91/84, BGHZ 96, 157 ff.). So verhält es sich hier. Dem hier durchgeführten Vergabeverfahren, bei dem ein vergaberechtswidriges Wertungsschema verwendet worden ist, kann nicht im Wege einer fiktiven Alternativbetrachtung ein solches mit vergaberechtlich unbedenklichen Wertungskriterien gegenübergestellt und die hypothetische Prüfung daran angeschlossen werden, ob die Klägerin auch in einem solchen als korrekt fingierten Fall ihren Prozessbevollmächtigten mit der Prüfung der Vergabeunterlagen beauftragt hätte. Der Schutz des § 241 Abs. 2 BGB greift schon dann ein, wenn die Vergabeunterlagen, wie hier, in der Weise fehlerhaft sind, dass eine vergaberechtskonforme Angebotswertung nicht mehr möglich ist. Im Übrigen hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen, aufgrund deren die Haftung des Beklagten unter dem Gesichtspunkt des rechtmäßigen Alternativverhaltens fraglich erscheinen könnte , und die Revision zeigt nicht auf, dass das Berufungsgericht insoweit konkreten Vortrag des Beklagten, der nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungsund Beweislast für den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens trägt (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2005 - VI ZR 313/03, NJW 2005, 1718), übergangen hätte.
- 20
- 2. a) Ohne Erfolg wendet die Revision sich dagegen, dass das Berufungsgericht die Berechnung der geltend gemachten Gebühr nach einem Wert von 800.000 € gebilligt hat. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts, denen die Revision nicht entgegentritt, entspricht dieser Betrag dem für Beschwerdeverfahren nach § 116 GWB gesetzlich vorgegebenen Streitwert von 5 % der Bruttoauftragssumme (§ 50 Abs. 2 GKG). Diesem Streitwert entspricht der Gegenstandswert für die anwaltliche Vertretung des Bieters im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer (vgl. Kulartz/Kus/Portz Komm. zum GWB-Vergaberecht, 2. Aufl., § 128 Rn. 41; Hardraht in Kompaktkommentar Vergaberecht, 14. Los § 50 Abs. 2 GKG Rn. 2). Da der Bieter das Vergabeverfahren mit einer gegenüber dem Auftraggeber nach § 107 Abs. 3 GWB erhobenen Rüge im Interesse seiner Chance auf den Auftrag in gleicher Weise in korrekte Bahnen lenken will, wie mit einem Nachprüfungsantrag nach § 107 Abs. 1 GWB, begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, diesen Wert auch für die Gebühr nach Nr. 2300 VV-RVG heranzuziehen.
- 21
- b) Dass das Berufungsgericht die Erstattung einer 2,3-fachen Gebühr nach Nr. 2300 VV-RVG zugesprochen hat, greift die Revision nicht mit stichhaltigen Rügen an. Dass die außergerichtliche Tätigkeit schon am 16. Juli 2008 endete, muss nicht auf einen spürbar geringen Umfang oder Schwierigkeitsgrad der Sache hindeuten. Das gesamte Vergabeverfahren ist vom vergaberechtli- chen Beschleunigungsgrundsatz beherrscht, der den Bietern unter anderem auferlegt, erkannte Vergabeverstöße unverzüglich zu rügen (§ 107 Abs. 3 GWB) und der es dem für den Bieter tätigen Rechtsanwalt nahelegt, den ihm unterbreiteten Sachverhalt, zu dem häufig umfangreiche Vergabeunterlagen gehören, rasch auf Vergabeverstöße hin zu prüfen und Rügen gegebenenfalls umgehend zu erheben, insbesondere auch dann, wenn, was hier ersichtlich der Fall war, der Ablauf der Angebotsfrist bevorstand.
- 22
- Ob es, wie das Berufungsgericht meint, regelmäßig angemessen ist, in Vergabeverfahren eine überdurchschnittliche Schwierigkeit für die anwaltliche Tätigkeit anzunehmen, die regelmäßig eine deutliche höhere Gebühr als die Mittelgebühr rechtfertigt, kann allerdings in dieser Pauschalität zweifelhaft sein. Es kann insoweit nicht unberücksichtigt bleiben, dass auch vergaberechtliche Streitigkeiten in der Gesamtschau hinsichtlich ihres Umfangs und Schwierigkeitsgrads ganz unterschiedlich gelagert sind und es nicht angemessen erscheint , diesen Fällen pauschal einen Schwierigkeitsgrad beizumessen, dem regelmäßig eine Gebühr im oberen oder obersten Bereich der einschlägigen Rahmengebühr zu entsprechen hat. Das gilt umso mehr, als das Angebot anwaltlicher Dienstleistungen in inzwischen fast allen Lebensbereichen und Rechtsmaterien durch eine Spezialisierung gekennzeichnet ist, die im eigenen wettbewerblichen Interesse erfolgt und die deshalb berechtigterweise bei der Bewertung des Schwierigkeitsgrads nicht ganz außer Betracht bleiben kann. Zweifelhaft kann ferner sein, den Aufwand bei der Vertretung im Vergabeverfahren generell auch daran zu messen, welche Probleme sich im anschließenden Nachprüfungsverfahren ergeben haben, weil die Auseinandersetzung hinsichtlich des Umfangs und Schwierigkeitsgrads dynamisch verlaufen sein kann. Dass das Berufungsgericht im Streitfall diesbezügliches oder in die gleiche Richtung weisendes Vorbringen des Beklagten übergangen hätte, zeigt die Revision indes nicht auf.
- 23
- c) Soweit die Revision die Versäumung der Anrechnung dieser Gebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV-RVG beanstandet, ist nicht die im anschließenden Nachprüfungsverfahren entstandene Gebühr auf die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG anzurechnen, sondern, nach dem eindeutigen Wortlaut von Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV-RVG, die Geschäftsgebühr auf die später entstandene (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 23. September 2008 - X ZB 19/07, VergabeR 2009, 39 - Geschäftsgebühr im Nachprüfungsverfahren ). Dass die Zuerkennung der 2,3-fachen Gebühr für die Vertretung im Vergabeverfahren mit Blick auf die Kostenerstattung im (zweiten) Nachprüfungsverfahren zu einer Überzahlung geführt hat (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22. März 2011 - VI ZR 63/10), macht die Revision nicht geltend.
- 24
- 3. Ohne Erfolg wendet die Revision sich dagegen, dass das Berufungsgericht der Klägerin auch die auf die Gebühren entfallende Umsatzsteuer zuerkannt hat. Ausweislich des vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Tatbestands des landgerichtlichen Urteils hat die Klägerin beide klageweise geltend gemachten Gebühren einschließlich der darauf entfallenden Umsatzsteuer verlangt. Streitiges Vorbringen dokumentieren weder die Entscheidung des Landgerichts noch das Berufungsurteil. Das entspricht, wie die Revisionserwiderung aufzeigt, dem Sach- und Streitstand schon bei Beendigung der ersten Instanz, nachdem die Klägerin dort nämlich erklärt hatte, sie sei nach dem Gegenstand der von ihr erbrachten Leistungen gemäß § 4 Nr. 17b UStG nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Das Berufungsgericht hat demgegenüber keinen Sachverhalt festgestellt, aus dem sich die Vorsteuerabzugsberechtigung der Klägerin ergäbe. Dass das Berufungsgericht hierzu Vortrag des Beklagten übergangen hätte, macht die Revision ebenfalls nicht geltend.
- 25
- III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Hoffmann Schuster
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 02.06.2010 - 36 O 25/10 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 28.10.2010 - 1 U 52/10 (Hs) -
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 14.11.2013 (91 O 121/11) wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
3. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Vollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensansprüche geltend, deren Höhe sie mit 91.297,44 € beziffert. Ihrem Begehren legt die Klägerin zugrunde, dass die Beklagte – unstreitig – von einem mit einer Bindungsfrist versehenen Angebot zur Fertigung von Betonfertigteilen vor Fristablauf zurückgetreten war.
4Das Landgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Grundurteil vom 14.11.2013 die Klage für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt und die Ermittlung der Schadenshöhe dem Betragsverfahren vorbehalten. Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
5Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingereichte Berufung der Beklagten, deren Ziel die Abweisung der Klage ist.
6Die Beklagte macht im Wesentlichen geltend, ihr Angebot sei nicht mehr bindend gewesen, weil die Klägerin eine Woche vor Weihnachten 2010 gegenüber den Angebotspreisen niedrigere Preise verlangt und auf diese Weise das Angebot abgelehnt habe. Zudem stehe nicht fest, dass die Klägerin auf der Grundlage ihres eigenen Angebotes den erhofften Auftrag der Freizeitpark M erhalten hätte. Jedenfalls treffe die Klägerin ein Mitverschulden, da sie nicht auf andere Angebote zurückgegriffen habe. Schließlich sei der Klägerin kein ersatzfähiger Schaden entstanden; das tatsächlich ausgeführte Leistungsvolumen sei deutlich geringer gewesen als im Angebot der Klägerin vorgesehen.
7Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung und verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe der Berufungserwiderung.
8II.
9Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Zur Begründung wird auf den Beschluss des Senats vom 18.6.2014 verwiesen. Dort hat des Senat ausgeführt:
10„Zu Recht hat das Landgericht festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin dem Grunde nach gemäß § 311 Abs. 2 i.V.m. § 280 BGB auf Schadensersatz haftet (§ 304 ZPO).
111.
12Der mit Schreiben vom 22.12.2010 (Anlage K 2 – Bl. 2 AH) erklärte „Rücktritt“ von dem Angebot vom 13.12.2010 (Anlage K 1 – Bl. 1 AH) stellt eine gegenüber der Klägerin relevante Verletzung vorvertraglicher Pflichten dar.
13Die Beklagte hatte in diesem Angebot ausdrücklich erklärt, sich bis zum 31.01.2011 an das Angebot zu binden (Ziffer 11. der Kalkulationsgrundlagen zum Angebot – Bl. 6 AH). Durch diese Bindung ist – wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat – ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis mit beiderseitigen Sorgfaltspflichten entstanden, deren Verletzung eine Haftung nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss begründet (BGH NZBau 2006, 390 = WM 2006, 247; Staudinger/Bork, BGB, Neubearbeitung 2010, § 145 Rn. 25 und 36; Busche, in: Münchener Kommentar BGB, 6. Aufl., § 145 Rn. 20; Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Aufl., § 145 Rn. 3; für das Vorliegen einer positiven Vertragsverletzung: RGZ 104, 275, 278).
14Durch die alsbald nach Abgabe erfolgende Rücknahme des Angebots bzw. den insoweit erklärten Rücktritt hat die Beklagte die in ihrem Angebot selbst festgelegte Bindung missachtet und sich hiervon losgesagt.
15Diese Lossagung war der Beklagten nicht vorbehalten gewesen.
16Die Bindungswirkung des Angebots war auch nicht aus in der Person der Klägerin als Angebotsempfängerin liegenden Gründen entfallen und der „Rücktritt“ der Beklagten von diesem Angebot nicht gerechtfertigt gewesen. Soweit sich die Beklagte in dem Zusammenhang darauf berufen hat, die Klägerin habe eine Woche vor Weihnachten 2010 ihr Angebot durch das Fordern niedriger Preise abgelehnt, hat das Landgericht dieses Vorbringen zu Recht für substanzlos und damit für prozessual unerheblich gehalten. Der Vortrag der Berufungsbegründung geht hierüber nicht hinaus. Auch er enthält keine hinreichenden, nachprüfbaren Angaben zu den näheren Umständen einer solchen Vorgehensweise der Klägerin und steht auch in Widerspruch zu den in dem „Rücktrittsschreiben“ vom 22.12.2010 selbst enthaltenen Angaben zu den Gründen dieses Rücktritts, wenn es darin heißt, dass „auf Grund jüngster Auftragseingänge unser Werk bis ca. April 2011 im Bereich der Flächenelemente und Stabteile voll ausgelastet“ sei und die Beklagte „daher“ – nicht jedoch, was nach dem Prozessvortrag der Beklagten nahegelegen hätte, aufgrund der Forderung von niedrigeren Angebotspreisen von dem Angebot vom 13.12.2010 zurücktrete.
172.
18Der Klägerin ist durch die pflichtwidrige Abstandnahme der Beklagten von dem Angebot mit einer für den Erlass eines Grundurteils hinreichenden Wahrscheinlichkeit (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 304 Rn. 6 m.w.N.) ein Schaden entstanden, zumal der Kägerin hierfür auch die Beweisregel des § 287 ZPO zugute kommt (unten 2. a).
19a)
20Dieser Schaden liegt darin , dass die Klägerin aufgrund der Rücknahme des bindenden Angebots der Beklagten den im Raum stehenden Auftrag der Firma T-M GmbH & Co. KG, auf den sie sich beworben hatte, nicht erhalten hat und deshalb nicht hat durchführen können mit der Folge, dass ihr ein Gewinn entgangen sein kann (positives Interesse). Die Klägerin ist im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als wenn die Beklagte sich pflichtgemäß verhalten hätte und der beabsichtigte Vertrag zustandegekommen wäre (§ 249 BGB). Für eine Beschränkung des Ersatzes auf das negative Interesse (Vertrauensschaden) besteht in den Fällen des unberechtigten Widerrufes eines bindenden Vertragsangebotes kein Grund. Soweit in den Fällen gescheiterter Vertrverhandlungen die Haftung aus culpa in contrahendo auf das negative Interesse beschränkt wird, geschieht dies im Hinblick auf den Grundsatz der negativen Vertragsfreiheit des Pflichtigen, der sich auch gegenüber dem die Schadensersatzpflicht begründenden Vertrauenschutz der anderen Partei dahin auswirkt, dass lediglich der Ausgleich des Vertrauensschadens zu gewähren ist (dazu näher Soergel/Wiedemann, BGB, 12. Aufl. Vor § 275 Rn. 181 ff.; ferner Emmerich in: Münchener Kommentar BGB, 6. Aufl., § 311 Rn. 199 und 211; Busche in: Staudinger, Eckpfeiler des Zivilrechts, Neubearbeitung 2014, Rn. 92 ff., insbesondere Rn. 97/98; BGH NJW 1998, 2900). Dafür besteht aber keine Veranlassung, wenn der Pflichtige eine privatautonome Willenserklärung abgegeben hat, von der er anschließend pflichtwidrig abrückt (dazu Küpper, Das Scheitern von Vertragsverhandlungen als Fallgrupe der culpa in contrahendo, 1988, S. 292 f.). Ein bindendes Angebot räumt dem Berechtigten eine Rechtsposition ein, die einer vertraglichen Option gleichkommt, für deren Verletzung der Pflichtige nach vertraglichen Grundsätzen auf den vollen Ersatz des positiven Interesses haftet. Davon geht auch die höchstrichterliche Rechtsprechung aus. So hat der Bundesgerichtshof im Falle der Abschlussverweigerung trotz bindenden Vertragsangebotes angenommen, dass der Geschädigte den Schaden geltend machen kann, der ihm durch diese Pflichtverletzung, also daurch entstanden sei, dass der Vertrag nicht mit dem sich pflichtwidrig verhaltenden Bieter, sondern zustandegekommen war, sondern ein anderer Bieter beauftragt werden musste (NZBau 2006, 390 Tz. 15). Dies ist aber ebenso wie der entgangene Gewinn aus dem beabsichtigen Vertrag (dazu bereits RGZ 104, 275, allerdings unter der Annahme einer positiven Vertragsverletzung) ein Schaden, der nur dadurch eingetreten ist, dass der Pflichtige den Abschluss des Vertrages pflichtwidrig vereitelt hat, mithin - anders als der unter das negative Interesse fallende entgangene Gewinn aus einen Drittgeschäft (vgl. BGH NJW 1998, 2900) - eine Form des positiven Interesses. Dafür ob und in welcher Umfang, der Klägerin durch die (vor-)vertragliche Pflichtverletzung ein Vermögensschaden entstanden ist, gilt die Beweiserleichterung des § 287 ZPO (BGH NJW 1983, 998, 999; NJW 1987, 705, 706; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 287 ZPO Rn. 3; Reichold in: Thomas/Putzo, ZPO, 34. Aufl., § 287 Rn. 4). Danach reicht – was im Höheverfahren Bedeutung erlangen kann - als Beweismaß eine deutlich überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit für die richterliche Überzeugungsbildung aus (BGH NJW 1993, 734; NJW 2004, 444, 445; NJW 2004, 1521, 1522; Senat NJW-RR 2005, 1042, 1044; Palandt/Grüneberg Vor § 249 Rn. 1136).
21b)
22Nach diesen Maßstäben hat das Landgericht eine Schadensersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach rechtsfehlerfrei und zutreffend festgestellt.
23aa)
24Der Klägerin wäre von der Bauherrin T-M GmbH & Co. KG ein Auftrag – im Wesentlichen auf der Grundlage ihres gegenüber der Bauherrin abgegebenen Angebotes - erteilt worden. Die dahingehenden, auf den Bekundungen des Zeugen P beruhenden Feststellungen werden durch das Berufungsvorbringen nicht erschüttert.
25Für die Feststellung einer Auftragsvergabe der Bauherrin an die Klägerin reicht das Vorliegen einer hinreichenden, das heißt deutlich überwiegenden Wahrscheinlichkeit aus (§ 287 Abs. 1 ZPO). Eine Auftragsvergabe an die Klägerin war nach den Bekundungen des Zeugen P mit solcher Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Der Zeuge hat angegeben, es sei mit einer Wahrscheinlichkeit von 98 % davon auszugehen, dass der Klägerin der Auftrag erteilt worden wäre. Vor einer endgültigen Auftragserteilung hätten lediglich wenige Details geklärt werden sollen, etwa: die Absprache von Terminen (Bauzeitenplan) wie auch die Frage einer etwaigen Wegfalls einzelner Angebotspositionen und der Konkretisierung einzelner Angebotspreise und schließlich die Frage einer Gewährung von Skonti und Rabatten. Der Zeuge hat es als so gut wie ausgeschlossen bezeichnet, dass die Vertragsverhandlungen mit der Klägerin und die Auftragserteilung an diese an den noch zu verhandelnden Details gescheitert wären. Nach seinen weiteren Bekundungen hätte der Geschäftsführer und Inhaber der Bauherrin (Herr M) „den Vertrag (mit der Klägerin) unterschrieben“, da „nicht zu erwarten gewesen sei, dass Herr M sich gegen die Klägerin – welche der deutlich günstigste Anbieter gewesen sei – entschieden hätte“. Der Zeuge hat in dem Zusammenhang die Angebotssumme der Klägerin mit 1,433 Mio. Euro und diejenige des nächstgünstigsten Bieters – der Firma X, die nach dem Bietverzicht der Klägerin den Auftrag erhalten hatte und für die die Beklagte, offenbar zu besseren Konditionen als gegenüber der Klägerin angeboten, gar als Nachunternehmerin tätig wurde – mit 1,704 Mio. Euro mitgeteilt. Dieser Angebotspreisunterschied war für die Bauherrin nach den Angaben des Zeugen P neben der ihr bekannten Arbeitsqualität der Klägerin ein wesentlicher Gesichtspunkt.
26Dass sich das Angebot der Klägerin nicht unmittelbar an die Bauherrin selbst gerichtet hat, sondern an das Architektenbüro B, steht der Annahme der hinreichenden Wahrscheinlichkeit einer Auftragserteilung nicht entgegen. Denn dieses Architektenbüro war von der Bauherrin mit der Ausschreibung betraut worden, so dass deren Einschaltung lediglich formalen Charakter hatte. Wahrer Adressat des Angebot war mithin nicht das Architektenbüro, sondern die Bauherrin selbst.
27Auch die weiteren gegen die Annahme einer Auftragserteilung an die Klägerin vorgebrachten Einwendungen der Berufung sind unerheblich.
28War aber hiernach eine Auftragsvergabe an die Klägerin mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, genügt dies zur Annahme einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens der Klägerin.
29Wie ausgeführt, ist dieser Schaden danach zu berechnen, wie die Klägerin stünde, wenn es nicht zur Abstandnahme der Beklagten von dem Angebot gekommen wäre. Zu dem im Falle einer Abschlussverweigerung trotz bindendem Vertragsangebot nach § 280 Abs. 1 BGB zu ersetzenden Schaden gehört – im Falle des Entgangs eines Auftrags - auch der Ersatz eines dadurch entgangenen Gewinns. Die Wahrscheinlichkeit eines solchen Gewinnentgangs hat die Klägerin, die sich zudem auf § 252 Satz 2 BGB berufen kann, hier nach den weiter zutreffenden Ausführungen des Landgerichts durch Vorlage eines baubetrieblichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. T2 vom 11.07.2012 (Anlage K 9 – Bl. 38 ff. AH) dargetan. Dass die Klägerin bei Durchführung des Auftrags durch die Bauherrin, wäre er ihr erteilt worden, keinen Gewinn erzielt hätte, steht derzeit nicht fest. Das dahingehende Vorbringen der Beklagten ist ersichtlich spekulativ und nicht mit ausreichendem Tatsachenvortrag unterlegt.
30Die Klärung der Höhe eines solchen Gewinnentganges als Schaden ist dem Betragsverfahren vorbehalten.
31bb)
32Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass die Klägerin infolge der Absage der Beklagten gehindert war, ihr gegenüber der Firma T-M GmbH & Co. KG abgegebenes Angebot vom 17.12.2010 (Anlage K 7 – Bl. 8 ff. AH) aufrechtzuerhalten und den auf dieser Grundlage zu erwartenden Auftrag durchzuführen.
33Die Klägerin hatte sich mangels eigener Möglichkeiten der Beklagten als einzuschalteter Nachunternehmerin bedient, um Stahlbetonfertigteile für das Bauvorhaben der Firma T-M GmbH & Co. KG liefern zu können. Nach der vorzeitigen Lossagung der Beklagten von dem der Klägerin gemachten befristeten Angebot war die Klägerin nicht mehr in der Lage, ihr gegenüber der Bauherrin T-M GmbH & Co. KG abgegebenes Angebot aufrechtzuerhalten und die darin angebotenen Leistungen zu erbringen. Dass der Klägerin die Einschaltung und Verpflichtung eines anderen Nachunternehmers im Umfang und zu den Konditionen des Angebotes der Beklagten möglich gewesen wäre, um die im eigenen Leistungsangebot gegenüber der Bauherrin angebotenen Leistungen erfüllen zu können, ist von der Beklagten nicht ansatzweise dargetan und auch sonst für den Senat nicht ersichtlich.
34Das der Klägerin vorliegende Angebot der Firma S Fertigteilbau GmbH, T3, vom 10.12.2010 (Anlage B 3 – Bl. 43 ff. AH) war gegenüber dem Angebot der Beklagten keine in Betracht kommende Alternative, weil dieses Angebot – wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat – hinter den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses zurückbleibt und infolgedessen mit dem Angebot der Beklagten nicht vergleichbar ist.
35Soweit die Beklagte in erster Instanz geltend gemacht hat (SS vom 30.04.2013, Seite 8 – GA 124 – und SS vom 04.06.2013, Seite 2 – GA 129) und weiter geltend macht (BB Seite 24 – GA 261), dass die Firma S auf Anfrage der Klägerin bereit gewesen wäre, ihr Angebot „nachzubessern“ und bislang nicht angebotene Positionen zusätzlich – neu – anzubieten, reicht dies für ein erhebliches Bestreiten des Nicht-Zurverfügungstehens eines Alternativangebotes nicht aus. Denn diesem Vortrag ist nicht zu entnehmen, zu welchen Preiskonditionen die Firma S ein Nachtragsangebot erstellt haben würde und dass bei Berücksichtigung dieser zusätzlichen Preiskonditionen ein solches Nachtragsangebot für die Klägerin in gleicher Weise wie bei Zugrundelegung des Angebots der Beklagten auskömmlich gewesen wäre.
36Eine Anspruchskürzung unter dem Gesichtspunkt eines Mitverschuldens der Klägerin (§ 254 BGB) am Unterbleiben einer Auftragserteilung durch die Bauherrin kommt nicht in Betracht. Soweit ein etwaiges Mitverschulden die Schadensentstehung beträfe, scheitert seine Berücksichtigung schon daran, dass gegenüber einer – wie hier vorliegenden - vorsätzlichen Pflichtverletzung ein allenfalls fahrlässiges Mitverschulden des Geschädigten in der Regel zurücktritt (Palandt/Grüneberg § 254 Rn. 65 m.w.N.). Aber auch im Rahmen der Schadensminderungspflicht war die Klägerin nicht gehalten, sich unter dem damals herrschenden Zeitdruck im laufenden Bieterverfahren um die Beauftragung eines anderen Subunternehmers zu bemühen. Im Übrigen hätte die für den Einwand des Mitverschuldens darlegungs- und beweispflichtige Beklagte konkret dartun müssen, dass entsprechende auskömmliche Angebote vorhanden waren. Daran fehlt es, worauf das Landgericht richtig hingewiesen hat.“
37Die Stellungnahme der Beklagten vom 16.7.2014 enthält keine erheblichen und noch nicht berücksichtigten Gesichtspunkte. Sie gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass. Die Beklagte hat durch den „Rücktritt“ von ihrem Angebot vom 13.12.2010 ihre Pflichten aus dem vorvertraglichen Rechtsverhältnis verletzt. Ihre dagegen erhobenen Einwendungen sind – wie das Landgericht und der Senat ausgeführt haben - ohne Substanz und deshalb prozessual unbeachtlich. Die Stellungnahme der Beklagten geht über die schon erhobenen Einwände nicht hinaus. Die Beklagte ist der Klägerin daher dem Grunde nach aus §§ 311, 280 BGB zum Schadensersatz verpflichtet ist. Dieser ist hier – wie der Senat ausgeführt hat – auf das geltend gemachte positive Interesse gerichtet. Für den Erlass eines Grundurteils genügt es, dass der geltend gemachte Anspruch auch unter Berücksichtigung der Einwendungen mit hinreichender Sicherheit in irgendeiner Höhe besteht (Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 304 Rn. 6 m.w.N.). Nach diesen Maßstäben ist der Eintritt eines ersatzfähigen Schadens hinreichend wahrscheinlich, zumal auch insoweit schon die Beweiserleichterung des § 287 ZPO gilt. Die Feststellungen zur Schadenshöhe sind dem Betragsverfahren vorbehalten, wobei der Einwand des Mitverschuldens nicht durchgreift. Auch das hat der Senat bereits ausgeführt.
38III.
39Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10 ZPO.
40Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten. Auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats als Berufungsgericht durch Urteil, so dass über die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO entschieden werden konnte.
41Berufungsstreitwert: 91.297,44 €
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.
(2) Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird.
(3) Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist.
Hat der Antragende für die Annahme des Antrags eine Frist bestimmt, so kann die Annahme nur innerhalb der Frist erfolgen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.