Landgericht Dortmund Urteil, 28. Aug. 2015 - 3 O 184/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Der Streitwert wird auf 105.000,00 € festgesetzt.
1
Tatbestand
2Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz wegen Prospektfehlern und der Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Beitritt zu dem Schiffsfonds E KG. Der Kläger begehrt Rückzahlung seiner geleisteten Kommanditeinlage in Höhe von 100.000,00 € nebst 5 % Agio. Bei der Beklagten zu 2 handelt es sich um die Gründungsgesellschafterin und Prospektherausgeberin und bei der Beklagten zu 1 um die Treuhandkommanditistin. Der streitgegenständliche Emissionsprospekt (Anl. K1) wurde am 29.03.2006 herausgegeben.
3Am 14.03.2007 unterzeichnete der Kläger eine formularmäßige Beitrittserklärung, die seinen Beitritt zu dem Fonds mittelbar durch die Beklagte zu 1 als sog. „Dynamik“-Anleger zum Gegenstand hatte. Zum Zeitpunkt der Zeichnung lag dem Kläger der Prospekt zum Fonds vor.
4Bis Ende des Jahres 2008 hat der Kläger Ausschüttungen in Höhe von 11.900,00 € erhalten. Diese hat er im Jahr 2013 vollständig an die Fondsgesellschaft zurückgezahlt.
5Der Kläger ist der Ansicht, der Emissionsprospekt enthalte die nachfolgend dargestellten Prospektfehler. Der Kläger behauptet, bei ordnungsgemäßer Aufklärung wäre er dem Fonds nicht beigetreten.
6(1) Sensitivitätsanalysen fehlerhaft / Kalkulation der Mindestcharterraten unplausibel
7(2) Interessenkollision der Geschäftsbesorgerin
8(3) unvollständige Darstellung des Marktumfeldes
9(4) unvollständige Darstellung der Finanzierungskonditionen
10Die Klageschrift vom 02.06.2014 ist am 04.06.2014 im Original bei Gericht eingegangen (Az. 3 O 184/14). Durch Einreichung derselben Klageschrift im Original am 16.06.2014 hat der Kläger ein weiteres Verfahren anhängig gemacht (Az. 3 O ###/##). Zugestellt worden ist allein die am 04.06.2014 bei Gericht eingegangene Klage. Nach Verbindung der Verfahren hat der Kläger die am 16.06.2014 bei Gericht eingegangene Klage zurückgenommen.
11Der Kläger beantragt,
121. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 105.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.12.2013 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte und Pflichten aus dem Treuhandvertrag mit der Beklagten zu 1 in Zusammenhang mit der Kommanditbeteiligung an der E KG über nominal 100.000,00 €, eingetragen im Treuhandregister der Beklagten zu 1 unter Kenn-Nr. #############/#######,
132. festzustellen, dass die Beklagten zu 1 und 2 sich mit der Annahme der Zug um Zug Leistung aus dem Antrag zu 1 in Verzug befinden,
143. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger weitere 2.706,66 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Eintritt der Rechtshängigkeit wegen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung zu zahlen.
15Die Beklagten beantragen,
16die Klage abzuweisen.
17Die Beklagten sind der Ansicht, der Emissionsprospekt sei fehlerfrei. Sie behaupten, eine etwaige Aufklärungspflichtverletzung sei für die Anlageentscheidung des Klägers nicht kausal gewesen. Die Beklagten erheben schließlich die Einrede der Verjährung.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe
20Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagten aus keinem Rechtsgrund Rückzahlungsansprüche hinsichtlich der Einlage nebst Agio.
21I.
22Gegen die Beklagten scheiden Schadensersatzansprüche gemäß §§ 311 Abs. 2, 3, 241 Abs. 2 BGB wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo) aus uneigentlicher Prospekthaftung aus, weil das Gericht eine Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten nicht feststellen kann.
23Die Beklagten gehören als Gründungs- und Treuhandgesellschafter zwar zu dem Personenkreis, der nach den Grundsätzen der uneigentlichen Prospekthaftung bei einem Aufklärungsmangel haftet. Die aus dem Aspekt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (c.i.c.) abgeleitete Prospekthaftung im weiteren Sinne zielt auf eine Haftung der Gründungsgesellschafter – namentlich der Gründungskommanditisten und der Treuhandkommanditisten – einer Publikumskommanditgesellschaft (BGH, Urt. v. 06.10.1980 – II ZR 60/80 Rn. 15 ff.; BGH, Urt. v. 29.05.2008 – III ZR 59/07 Rn. 7 ff.; BGH, Urt. v. 12.02.2009 – III ZR 90/08 Rn. 8 ff.; OLG Hamm, Urt. v. 05.03.2012 – I-8 U 256/11 Rn. 36 ff.). Grundlage ist, dass die Gründungsgesellschafter wegen eines regelmäßigen Wissensvorsprungs gegenüber den Anlegern eine Aufklärungspflicht trifft (OLG Hamm, Urt. v. 08.09.2008 – 8 U 161/07 Rn. 198). Neben einer vollständigen Aufklärung in Bezug auf alle anlagerelevanten Umstände müssen insbesondere unrichtige Prospektangaben richtiggestellt werden (BGH, Urt. v. 29.05.2008 – III ZR 59/07; BGH, Urt. v. 12.02.2009 – III ZR 90/08).
24Nach diesen Grundsätzen sind die Beklagten im Sinne der uneigentlichen Prospekthaftung verpflichtet, über alle wesentlichen Gesichtspunkte aufzuklären, die für die Entscheidung des Interessenten von Bedeutung sind. Sie kommen ihr regelmäßig dadurch nach, dass dem Interessenten rechtzeitig ein vollständiger und richtiger Prospekt (nachfolgend (a)) übergeben wird und von dem Anlageberater oder Anlagevermittler keine von dem Prospektinhalt abweichenden irreführenden oder verharmlosenden Erklärungen abgegeben werden (nachfolgend (b)) (vgl. BGH, Urt. v. 12.12.2013, III ZR 404/12; BGH, Urt. v. 11.05.2006 – III ZR 205/05; Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Auf. 2015, § 311 Rn. 70).
25(a)
26Der dem Kläger rechtzeitig vor der Zeichnung übermittelte Prospekt ist richtig und vollständig. Die folgenden, von dem Kläger geltend gemachten Prospektfehler liegen nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht vor:
27(1) Sensitivitätsanalysen fehlerhaft / Kalkulation der Mindestcharterraten unplausibel
28Der Kläger trägt vor, die Kalkulation der zur Rückführung des Beteiligungskapitals in Form des Dynamik-Kapitals erforderlichen Mindestcharterraten sei unplausibel. Die Liquiditätsreserve sei unter Zugrundelegung der Mindestanschlusscharterrate bereits im Jahr 2013 aufgebraucht, insbesondere würden die Charterraten in den Jahren 2012, 2013 und 2016 nicht zur Deckung der Betriebskosten und Darlehensverbindlichkeiten ausreichen, sodass ein Betrieb des Schiffes bis in das Jahr 2024 nicht möglich sei.
29Die vom Kläger angeführten Berechnungen sind nicht geeignet, einen Prospektfehler zu belegen, da schon nicht erkennbar ist, dass der Kläger von zutreffenden Berechnungsgrundlagen ausgegangen ist. Das gilt zum einen hinsichtlich der den Berechnungen zugrunde gelegten Mindestcharterrate, die der Kläger mit 23.000,00 USD (anstatt 23.450,00 USD) ansetzt. Zudem geht der Kläger in seinen Berechnungen davon aus, dass Auszahlungen auch für das Jahr 2010 erfolgen würden. Dem substantiierten Vorbringen der Beklagten im Rahmen der Klageerwiderung, wonach die Auszahlungen rückwirkend erfolgen und die prospektierte Sensitivitätsanalyse daher berücksichtige, dass abhängig von der wirtschaftlichen Lage Auszahlungen bereits für das Jahr 2010 nicht erfolgen würden, wodurch auch die Liquiditätsreserve ausreiche, ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.
30Ebenso ist auch der klägerische Vortrag, wonach die Kalkulation der für einen kostendeckenden Betrieb erforderlichen Mindestcharterrate unplausibel sei, nicht geeignet, einen Prospektfehler zu belegen.
31(2) Interessenkollision der Geschäftsbesorgerin
32Die Vertragspartner werden im Emissionsprospekt hinreichend transparent vorgestellt. Dabei handelt es sich grundsätzlich – auch im Hinblick auf die Vertriebsstruktur – um einen aufklärungspflichtigen Umstand (BGH, Urt. v. 07.12.2009, II ZR 15/08 = NJW 2010, 1077). Auf S. 42 ff. des Emissionsprospekts werden in einem eigenen Kapitel „Verträge und Vertragspartner“ die Beteiligten benannt und in Aufgaben und Funktion vorgestellt. Auch die Dr. Q KG sowie deren Aufgaben als Geschäftsbesorgerin werden dargestellt. Entgegen der Auffassung des Klägers bedurfte es keines Hinweises darauf, dass die Dr. Q KG auch für vier weitere Fondsgesellschaften, die jeweils ein baugleiches Schwesterschiff der I1 unterhielten, als Geschäftsbesorgerin tätig war. Aus Sicht des Gerichts handelt es sich dabei nicht um einen aufklärungsbedürftigen Umstand. Die Behauptungen des Klägers zu vermeintlichen Interessenkonflikten der Geschäftsbesorgerin sind unsubstantiiert und nicht nachvollziehbar. Es ist nicht ersichtlich, warum der Zeitpunkt des Abschlusses der Anschlusschartervereinbarung sowie die (vermeintlich) geringe Höhe der vereinbarten Charterraten auf einer Interessenkollision auf Seiten der Geschäftsbesorgerin beruhen sollen.
33(3) unvollständige Darstellung des Marktumfeldes
34Der Emissionsprospekt klärt auf den Seiten 11 ff. und 22 ff. mit hinreichender Deutlichkeit über das Marktumfeld, die Marktentwicklung und die Risiken des Schiffsmarkts auf. Der Prospekt legt offen, dass es sich bei dem Schiffsmarkt um einen volatilen Markt mit unvorhersehbaren Entwicklungen handelt, der entscheidend von der weltweiten Nachfrage bestimmt wird, starken Schwankungen unterliegt und im Extremfall die Aufgabe des Geschäftsbetriebes sowie den Totalverlust zur Folge haben kann. Die im Prospekt angestellten Prognosen erscheinen nach Auffassung des erkennenden Gerichts aus der maßgeblichen ex-ante-Perspektive jedenfalls nicht unvertretbar.
35Entgegen der Auffassung des Klägers bedurfte es insbesondere auch keiner weitergehenden Angaben zum Marktumfeld. Dem Anleger wird – auch bei Fehlen genauerer Angaben - ein für seine Beitrittsentscheidung zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt. Das Vorbringen des Klägers zu einer Marktbegrenzung stützt sich im Übrigen auf eine Stellungnahme der Geschäftsbesorgerin aus dem Jahr 2012 und ist schon vor diesem Hintergrund nicht geeignet, einen Fehler des im Jahr 2006 herausgegebenen Prospektes zu begründen. Dass die Angaben in dem Prospekt fehlerhaft sind, wird von dem Kläger schon nicht vorgetragen.
36(4) unvollständige Darstellung der Finanzierungskonditionen
37Die teilweise Fremdfinanzierung des Investitionsvolumens einschließlich der Finanzierungskosten wurde in dem Prospekt umfassend dargestellt. Eine vollständige Wiedergabe der Darlehensverträge oder eine Darstellung der LTV-Klausel bzw. 105%- Klausel war nicht erforderlich, weil die über die Prospektangaben hinausgehenden Einzelheiten der Darlehensverträge für die Anlageentscheidungen nicht von Bedeutung sind. Dem Anleger wird – auch beim Fehlen der vorgenannten Umstände – ein für seine Beitrittsentscheidung zutreffendes Bild über das Beteiligungsangebot vermittelt (vgl. BGH II ZR 66 / 08, Urt. v. 22.3.2010, Rn. 9).
38Zudem war ein konkretes Risiko aus Sicht der Beklagten zum damaligen Zeitpunkt nicht absehbar. Eine Pflicht zur Aufklärung in einem Emissionsprospekt besteht allein dann, wenn zu dem allgemeinen Risiko weitere, risikoerhöhende spezielle Risiken treten. Anhaltspunkte für eine derartige Risikoerhöhung sind nicht ersichtlich (vgl. hierzu auch BGH, NJW 2006, 2041; BGH, NJW-RR 2010, 115; BGH, NJW 2012, 62; LG Frankfurt, Urt. v. 28.11.2008 – 2-19 O 62/08, BeckRS 2008, 25103; LG München I, Teilurteil vom 16.03.2010 – 28 O #####/####, BeckRS 2011, 00704). Darüber hinaus enthält der Prospekt zu dem Totalverlustrisiko ausdrückliche und unmissverständliche Hinweise.
39Entgegen der Ansicht des Klägers liegt auch hinsichtlich etwaiger Zinsswap-Geschäfte kein Prospektfehler vor (vgl. dazu OLG Hamm, Urt. v. 31.03.2014, 31 U 193/13).
40Der Gesellschaftsvertrag, der integraler Bestandteil des Prospekts ist (S. 66 ff.), sieht in § 6 Ziff. 3 ausdrücklich die Ermächtigung der Geschäftsführung der Gesellschaft zu derartigen Geschäften vor, nämlich „die Absicherung von Kursrisiken durch Devisentermingeschäfte und Devisenoptionsgeschäfte, den Abschluss von Vereinbarungen zur Vermeidung oder Verringerung von Zinsänderungsrisiken“. Zudem enthält der Prospekt Hinweise zum Wechselkursrisiko (S. 24) sowie ausreichend genaue Angaben zu den Zinsfestschreibungen, deren Anteil und Laufzeit (Seite 32, 33).
41Entgegen der Auffassung des Klägers bedurfte es insoweit keiner weiteren Angaben. Ein Prospekt muss zwar über alle diejenigen Umstände des Beteiligungsobjekts richtig und vollständig informieren, die für die Anlageentscheidung von Bedeutung sind oder sein können, einschließlich der mit der angebotenen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken sowie derjenigen Tatsachen, die den Vertragszweck vereiteln können. Es muss aber nicht jede von der Geschäftsführung zu treffende Entscheidung im Voraus im Prospekt detailliert dargestellt sein.
42Bei den vom Kläger dargestellten allgemeinen Risiken und Kosten von Zinsswap-Geschäften handelt es sich nicht um derartige das Risiko bzw. die Rentabilität der Beteiligung an dem Schiffsfonds betreffende entscheidungserheblichen Angaben. Dem Anleger wird – auch bei Fehlen genauerer Angaben - ein für seine Beitrittsentscheidung zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt.
43(b)
44Irreführende oder verharmlosende Angaben im Rahmen eines Beratungsgesprächs werden von dem Kläger nicht vorgetragen.
45Fragen zu Kausalität, Verschulden und Schaden können mangels Aufklärungspflichtverletzung dahinstehen.
46II.
47Ansprüche aus § 280 i.V.m. § 675 BGB sowie deliktische Ansprüche gegen die Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 bzw. 264a StGB, § 826 BGB scheiden nach den vorstehenden Ausführungen aus. Eine gesetzliche Prospekthaftung nach dem zum Zeitpunkt der Zeichnungen maßgeblichen § 13 Abs. 1 VerkProspG entfällt, da es sich – wie bereits erörtert – um einen richtigen und vollständigen Prospekt handelt. Darüber hinaus sind die Ansprüche gemäß §§ 44, 45 BörsG mittlerweile verjährt. Denn seit Veröffentlichung des Prospektes sind mehr als drei Jahre vergangen.
48III.
49Da eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht festgestellt werden kann, sind auch die weiteren Anträge unbegründet.
50IV.
51Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1, 269 Abs. 3 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 ZPO.
52V.
53Die Streitwertfestsetzung fußt auf § 3 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Landgericht Dortmund Urteil, 28. Aug. 2015 - 3 O 184/14
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(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Kosten des Revisionsrechtszugs einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten tragen die Beklagten zu 1 und 2 je zur Hälfte.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Die Klägerin hat die mit ihr durch einen Treuhandvertrag vom 22./30. Dezember 1993 verbundenen Beklagten auf quotale Zahlung wegen Darlehensforderungen der Streithelferin der Klägerin in Anspruch genommen, denen sich die Klägerin als persönlich haftende Gesellschafterin der A. mbH & Co. OHG (geschlossener Immobilienfonds, an dem sich die Beklagten beteiligt haben) ausgesetzt sieht. Die Beklagten haben hilfsweise mit Schadensersatzansprüchen gegen die Klägerin wegen Verletzung von Aufklärungspflichten unter anderem im Hinblick auf Eigenkapitalvermittlungsprovisionen in Höhe von 25 % des Eigenkapitals aufgerechnet. Insofern wird in dem im Anlageprospekt (S. 23) wiedergegebenen Investitionsplan unter der Rubrik "Verwaltungskosten" eine Position "Eigenkapitalvermittlung , Vertriebsvorbereitung, Plazierungsgarantie, Prospektherstellung" mit einem Betrag von 5.746.000 DM ausgewiesen. Auf derselben Seite des Prospekts wird das Eigenkapital der Fondsgesellschaft mit 22.100.000 DM angegeben und den Interessenten die Mitteilung von Erläuterungen zum Investitionsplan und zur Zusammensetzung der Einzelpositionen auf schriftliche Anfrage angeboten.
- 2
- Die Klägerin hat gegen die Klageabweisung durch das Landgericht Berufung eingelegt. In dem Berufungsverfahren haben die Beklagten für den Fall, dass die von ihnen hilfsweise erklärte Aufrechnung unzulässig sein sollte, Hilfswiderklage erhoben. Sie haben insoweit beantragt, die Klägerin zur Zah- lung von 26.661,36 € nebst Zinsen an sie, die Beklagten, Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung der Beklagten an der Fondsgesellschaft zu verurteilen sowie festzustellen, dass sich die Klägerin mit der Übernahme dieser Beteiligung in Annahmeverzug befindet. Das Berufungsgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 26.661,36 € nebst Zinsen zu zahlen. Es hat die Hilfswiderklage der Beklagten abgewiesen und die Revision zugelassen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die Revision werde zur Rechtsfortbildung zugelassen, weil das Oberlandesgericht H. und das Oberlandesgericht B. in Bezug auf die Aufklärungspflicht eines Treuhänders über Vertriebsprovisionen eine andere Auffassung verträten als das Berufungsgericht.
- 3
- Mit ihrer Revision verfolgen die Beklagten - unter Hinnahme ihrer Verurteilung zur Zahlung von 26.661,36 € - ihre Hilfswiderklage weiter.
Entscheidungsgründe
- 4
- Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.
I.
- 5
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Hilfswiderklage nicht begründet , weil den Beklagten keine Schadensersatzansprüche gemäß § 280 Abs. 1, 3, § 311 Abs. 2 BGB gegen die Klägerin zustehen. Die Klägerin hafte nicht wegen einer Verletzung der Aufklärungspflicht im Hinblick auf Kapitalvermittlungsprovisionen. Der Prospekt enthalte insoweit keine regelwidrigen Auffälligkeiten. Zwar sei die genaue Höhe der Eigenkapitalvermittlungskosten aus dem Betrag von 5.746.000 DM nicht zu ersehen gewesen. Es bestehe jedoch im Vergleich mit den der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Pflichten eines Anlageberaters zugrunde liegenden Fällen insofern ein Unterschied , als die Aufklärungspflicht der Klägerin als Treunehmerin auf Informationen über regelwidrige Auffälligkeiten beschränkt gewesen sei. Solche seien im Hinblick auf die Eigenkapitalvermittlungskosten nicht vorhanden gewesen, da aufgrund der Zahlen im Prospekt die Interessenten selbst hätten unschwer erkennen können, dass von dem Eigenkapital von 22.100.000 DM ein Betrag von 5.746.000 DM nicht in das Objekt geflossen sei. Ob damit eine Beeinträchtigung der Werthaltigkeit des Objekts einhergegangen sei, hätten die Interessenten selbst beurteilen müssen, da eine entsprechende Beratungspflicht der Klägerin nicht bestanden habe.
- 6
- Weitere von den Beklagten geltend gemachte, der Klägerin zurechenbare Prospektfehler lägen ebenfalls nicht vor.
II.
- 7
- Die Revision ist vom Berufungsgericht nur beschränkt zugelassen worden im Hinblick auf die Frage, ob seitens der Klägerin als Treuhänderin eine Aufklärungspflichtverletzung betreffend die Vertriebsprovisionen vorliegt. Dies ist zwar nicht unmittelbar aus dem Tenor des Berufungsurteils erkennbar. Die Beschränkung ergibt sich jedoch aus der Auslegung der Urteilsgründe, was hinreichend ist (st. Rspr., vgl. Senat, Urteil vom 19. Juli 2012 - III ZR 308/11, WM 2012, 1574 Rn. 8; BGH, Urteil vom 27. September 2011 - II ZR 221/09, WM 2011, 2223 Rn. 18; jeweils mwN). Das Berufungsgericht hat die Beschränkung der Revisionszulassung dadurch deutlich gemacht, dass es - in Abgrenzung von den weiteren, der Klägerin seitens der Beklagten vorgeworfenen Pflichtverletzungen - allein seine von den Urteilen des Oberlandesgerichts H. und des Oberlandesgerichts B. abweichende Beurteilung der Aufklärungspflicht des Treuhänders über Vertriebsprovisionen als für die Zulassung maßgeblich benannt hat.
- 8
- Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine Beschränkung der Revision auf eine von mehreren zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs gegen einen Anlageberater vorgetragenen - eigenständigen und hinreichend voneinander abgrenzbaren - Pflichtverletzungen möglich (grundlegend Beschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5 f; siehe auch Urteil vom 19. Juli 2012 aaO). Für Pflichtverletzungen von - wie vorliegend - Treuhandgesellschaftern von Fondsgesellschaften gegenüber den TreugeberAnlegern gilt nichts anderes.
III.
- 9
- Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
- 10
- 1. Das Berufungsgericht hat die Hilfswiderklage der Beklagten, soweit diese nach den vorstehenden Ausführungen noch Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Eine Haftung der Klägerin wegen Verletzung einer ihr im Hinblick auf die Eigenkapitalvermittlungsprovisionen (künftig: Provisionen) den Beklagten gegenüber obliegenden Aufklärungspflicht kommt nicht in Betracht.
- 11
- a) Das Berufungsgericht hat sich - was von der Revision zu Unrecht in Zweifel gezogen wird - bei der Beantwortung der Frage, welche vorvertraglichen Aufklärungspflichten der Klägerin als Treuhandgesellschafterin gegenüber den Anlegern (Treugebern) oblagen, an der Rechtsprechung des erkennenden Senats orientiert. Danach hat die Treuhandgesellschafterin die Pflicht, die künftigen Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung sind, insbesondere über regelwidrige Auffälligkeiten zu informieren (Urteile vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07, NJW-RR 2008, 1129 Rn. 8; vom 6. November 2008 - III ZR 231/07, WM 2008, 2355 Rn. 4; vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08, NJW-RR 2009, 613 Rn. 8; vom 22. April 2010 - III ZR 318/08, WM 2010, 1017 Rn. 7 f und vom 15. Juli 2010 - III ZR 321/08, WM 2010, 1537 Rn. 9).
- 12
- In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist weiter anerkannt, dass es als Mittel der Aufklärung genügen kann, wenn dem Interessenten statt einer mündlichen Aufklärung ein Prospekt über die Kapitalanlage überreicht wird, sofern dieser nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln (Senat, Urteil vom 5. März 2009 - III ZR 17/08, WM 2009, 739 Rn. 12 mwN).
- 13
- b) Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze ist der Klägerin im Hinblick auf die Provisionen die Verletzung einer ihr gegenüber den Beklagten obliegenden Aufklärungspflicht nicht vorzuwerfen. Denn die entsprechenden, aus Sicht der Beklagten als künftige Treugeber wesentlichen Informationen ergaben sich bereits in hinreichender Deutlichkeit und Klarheit aus dem Anlageprospekt, so dass eine weitergehende Aufklärungspflicht der Klägerin nicht bestand.
- 14
- aa) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats besteht eine Pflicht zur Ausweisung von Innenprovisionen beim Vertrieb von Kapitalanlagen ab einer gewissen Größenordnung derartiger Provisionen, weil sich daraus für die Anlageentscheidung bedeutsame Rückschlüsse auf die geringere Werthaltigkeit des Objekts und die Rentabilität der Anlage ergeben (Urteile vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118, 121; vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, NJW-RR 2006, 685 Rn. 5; vom 29. Mai 2008 aaORn. 21 und vom 6. November 2008 aaO Rn. 9 ff). Sind die entsprechenden Prospektangaben unvollständig, unrichtig oder irreführend, kommt eine diesbezügliche Aufklärungspflicht des Anlageberaters, -vermittlers und auch eines Treuhandkommanditisten in Betracht (Senat, Urteile vom 12. Februar 2004 aaO S. 116, 122; vom 9. Februar 2006 aaO Rn. 4 f; vom 29. Mai 2008 aaO Rn. 22 ff; vom 6. November 2008 aaO und vom 12. Februar 2009 aaO Rn. 8 f, 12 f; vgl. auch BGH, Urteil vom 6. Februar 2006 - II ZR 329/04, NJW 2006, 2042 Rn. 7 ff zur Haftung der Prospektverantwortlichen bei unrichtigen oder unvollständigen Prospektangaben). Ausgangspunkt der Pflicht zur Ausweisung der Provisionen im Prospekt beziehungsweise der Aufklärungspflicht des Treuhandgesellschafters ist damit die Werthaltigkeit des Anlageobjekts. Sie kann im Fall einer höhe- ren Provision maßgeblich nachteilig beeinflusst sein, weil das für die (hohe) Provision benötigte Eigenkapital als Bestandteil der "Weichkosten" nicht für die eigentliche Kapitalanlage und deren Werthaltigkeit zur Verfügung steht. Enthält der Prospekt keine oder unzutreffende Angaben zu einer solchen (hohen) Provision , ist der Anleger über die Provision aufzuklären (Senat, Urteil vom 9. Februar 2006 aaO Rn. 4 f). Sind die "Weichkosten" einschließlich der Provisionen in dem Prospekt und dem dort wiedergegebenen Investitionsplan in einer sehr ausdifferenzierten Weise dargestellt, wird aber dennoch mit den entsprechenden Budgets beliebig verfahren, so ist dies irreführend und ebenfalls aufklärungspflichtig (Senat, Urteile vom 12. Februar 2004 aaO S. 121 f; vom 29. Mai 2008 aaO; vom 6. November 2008 aaO und vom 12. Februar 2009 aaO).
- 15
- bb) Nach den vorstehenden Grundsätzen ist für die Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung und damit aufklärungspflichtig, in welcher Höhe der Anlagebetrag nicht dem Kapitalstock der Anlage zufließt oder - wie hier - nicht in den Gegenwert an Immobilien investiert wird. Vorliegend kann offen bleiben, ob und inwieweit zur entsprechenden Information des Anlegers die Positionen der für das eigentliche Anlageobjekt und dessen Werthaltigkeit nicht zur Verfügung stehenden "Weichkosten" im Einzelnen getrennt darzustellen sind. Ein separater Ausweis der Provisionen und ihrer Höhe war insoweit jedenfalls nicht erforderlich. Vielmehr genügte die Darstellung der Provisionen gemeinsam mit den anderen, ebenfalls den Vertrieb im weiteren Sinne betreffenden Weichkostenpositionen "Vertriebsvorbereitung", "Plazierungsgarantie" und "Prospektherstellung" dem Informationsinteresse der Anleger, sofern sie zutreffend und nicht irreführend war.
- 16
- (1) Die Anleger konnten in Anbetracht des aus dem Investitionsplan für die Position "Eigenkapitalvermittlung, Vertriebsvorbereitung, Plazierungsgaran- tie, Prospektherstellung" ersichtlichen Betrags von 5.746.000 DM mittels eines einfachen Rechenschritts feststellen, dass die vorgenannte Weichkostenposition einen Anteil von 26 % des auf derselben Seite des Prospekts ausgewiesenen Eigenkapitals von 22.100.000 DM bildet. Damit war für sie hinreichend deutlich, dass Beträge in dieser Größenordnung nicht in den Gegenwert an Immobilien investiert werden. Diese Information war zur Einschätzung der Anleger betreffend die Werthaltigkeit des Anlageobjekts ausreichend. Welchen Anteil an der Gesamtposition die - ausdrücklich benannte - Unterposition "Eigenkapitalvermittlung" ausmachte, war für sie und ihre Anlageentscheidung dagegen nicht von wesentlicher Bedeutung und daher nicht aufklärungspflichtig. War entgegen dieser typisierenden Betrachtungsweise im Einzelfall für den künftigen Treugeber dennoch die genaue Höhe der Provision von Interesse, so stand es ihm frei, entsprechend dem im textlichen Zusammenhang stehenden Angebot (Prospekt S. 23) Erläuterungen "zur Zusammensetzung der Einzelpositionen" schriftlich anzufragen. Ein über die Darstellung der Provision im Prospekt und das Angebot einer weiteren Aufschlüsselung hinausgehendes, erkennbares Informationsinteresse der Anleger bestand nicht.
- 17
- (2) Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend, soweit aus überdurchschnittlich hohen Provisionen nicht nur Schlüsse auf die Werthaltigkeit des Anlageobjekts, sondern auch auf das Eigeninteresse des Anlagevermittlers gezogen werden können. Angesichts der im Investitionsplan offen ausgewiesenen Position "Eigenkapitalvermittlung, Vertriebsvorbereitung, Plazierungsgarantie und Prospektherstellung" und ihrer einfach errechenbaren Höhe von 26 % des Eigenkapitals war für die Anleger durchaus erkennbar, dass darin eine Provision in einer durch diesen Prozentsatz abgedeckten Höhe, das heißt von 15 % und mehr (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 9. Februar 2006 aaO Rn. 5) enthalten sein konnte (vgl. für eine parallele Fallkonstellation OLG Köln, Urteil vom 10. Januar 2012 - I-24 U 104/10, juris Rn. 55). Wollten sie insofern Gewissheit haben, stand ihnen - wie ausgeführt - die Möglichkeit der weiteren Aufschlüsselung auf schriftliche Anfrage hin offen.
- 18
- (3) Vorliegend bestand - entgegen der Auffassung der Revision - ein Aufklärungsbedarf der künftigen Treugeber hinsichtlich der genauen Höhe der Provisionen auch nicht deshalb, weil ihnen andernfalls das Verlustrisiko verborgen blieb, das im Fall des Fehlens der Freigabevoraussetzungen gemäß § 1 des Treuhandvertrags für Eigenkapitaleinzahlungen (Anlage K 4, S. 43) in Höhe der Provisionen bestand. Aus § 1 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und § 2 dieses Treuhandvertrags ist hinreichend erkennbar, dass Eigenkapital schon vor Vorliegen der Freigabevoraussetzungen für Kosten der Eigenkapitalvermittlung an die Fondsgesellschaft abgeführt werden darf und in dieser Höhe daher nicht von der Rückzahlungsverpflichtung der Eigenkapitaltreuhänderin umfasst wird (vgl. auch Prospekt S. 20, rechte Spalte). Zugleich war aus dem Investitionsplan und der dortigen Position "Eigenkapitalvermittlung, Vertriebsvorbereitung, Plazierungsgarantie und Prospektherstellung" - wie ausgeführt - ersichtlich, dass Provisionen in erheblicher Höhe anfallen und damit nicht der Rückzahlungsverpflichtung der Eigenkapitaltreuhänderin unterliegen konnten. Andererseits verbürgten sich die Initiatoren hinsichtlich der Rückzahlung auch des die Provisionen abdeckenden Eigenkapitals selbstschuldnerisch (Prospekt S. 20 aaO). Vor dem Hintergrund dieser aus der Lektüre des Prospekts für den Anleger ausreichend erkennbaren Zusammenhänge bestand kein weiterer Aufklärungsbedarf in Bezug auf die genaue Höhe der von der Rückzahlungsverpflichtung der Eigenkapitaltreuhänderin nicht umfassten Provisionen. Wollten die Anleger hierzu im Einzelfall, etwa weil sie im Hinblick auf den Grad der Sicherheit der Initiatorenbürgschaft Zweifel hegten, dennoch näher informiert werden, stand ihnen auch insofern die Möglichkeit der schriftlichen Anfrage zur Provisionshöhe offen.
- 19
- (4) Eine Aufklärungspflicht der Klägerin im Hinblick auf die Höhe der Provisionen bestand auch nicht deshalb, weil die Prospektangaben zu der Weichkostenposition "Eigenkapitalvermittlung, Vertriebsvorbereitung, Plazierungsgarantie und Prospektherstellung" unrichtig waren. Insbesondere ist nicht festgestellt , dass wegen der Provisionen in Höhe von 25 % des Eigenkapitals die Deckung der anderen genannten Teilpositionen und die Wahrnehmung der entsprechenden Aufgaben mittels des prospektierten Betrags von 5.746.000 DM nicht gesichert waren.
- 20
- (5) Die Prospektangaben zur Höhe der Provision waren schließlich - entgegen der Auffassung der Revision - auch nicht irreführend. Insbesondere wurde mit den Darlegungen im Prospekt zur steuerlichen Abzugsfähigkeit (Prospekt S. 30) dem Anleger nicht suggeriert, dass die Provisionen die steuerlich anerkannte Wertgrenze von 6 % des vermittelten Eigenkapitals allenfalls geringfügig überschritten. Die Revisionserwiderung weist insofern zutreffend darauf hin, dass der an der Höhe der Provisionen interessierte Anleger Angaben hierzu nicht in dem Abschnitt über die steuerlichen Grundlagen des Fondsprojekts sucht, sondern in den Darstellungen über die geplanten Investitionen und die mit ihnen verbundenen Kosten (Prospekt S. 23). Aus der dort zu findenden Position "Eigenkapitalvermittlung, Vertriebsvorbereitung, Plazierungsgarantie und Prospektherstellung" und ihrer Höhe von 26 % des Eigenkapitals war - wie ausgeführt - zu erkennen, dass die Provisionen durchaus eine 6 % des Eigenkapitals weit übersteigende Größenordnung erreichen konnten. Dagegen gab die vorgenannte Passage zur steuerlichen Abzugsfähigkeit keinen Grund zu der Annahme, dass die Provisionen eine Höhe von 6 % des Eigenkapitals nur mo- derat überschreiten würden. Ihr ist eine Aussage zur Höhe der Provisionen vielmehr überhaupt nicht zu entnehmen (vgl. für einen Parallelfall OLG Köln, Urteil vom 10. Januar 2012 aaO Rn. 55).
- 21
- 2. Das Berufungsgericht hat somit, soweit dies im Revisionsverfahren angesichts der beschränkten Revisionszulassung zu überprüfen war, zu Recht die Hilfswiderklage der Beklagten abgewiesen. Dementsprechend war die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Remmert Reiter
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 24.08.2011 - 16 O 286/10 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 23.11.2012 - 3 U 1055/11 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Kläger haben die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Die klagenden Eheleute beteiligten sich unter Vermittlung des Beklagten durch Beitrittserklärungen vom 28. April 2001 über eine Treuhandkommanditistin mit einem Betrag von 35.000 DM zuzüglich 5 % Agio an der F. F. C. T. GmbH & Co. 1. Produktions KG (im folgenden: Filmfonds).
- 2
- Sie nehmen den Beklagten mit dem Vorwurf, dieser habe sie nicht über die mit der Zeichnung des - nach ihrer Behauptung wirtschaftlich notleidenden - Filmfonds verbundenen Risiken aufgeklärt, auf Schadensersatz in Anspruch. Landgericht und Oberlandesgericht haben die auf Zahlung von 21.090,79 € (ab der Berufungsinstanz: hilfsweise Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus dem Treuhandvertrag der Kläger) gerichtete Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren Klaganspruch weiter.
Entscheidungsgründe
- 3
- Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat sich - wie schon das Landgericht - nicht imstande gesehen, einen Verstoß des Beklagten gegen seine Verpflichtung als Anlagevermittler festzustellen, die Kläger richtig und vollständig über alle für die vorliegende Vermögensanlage wichtigen Umstände zu informieren. Der Beklagte habe seiner (sekundären) Darlegungslast insoweit durch die Behauptung Genüge getan, den Klägern einen umfassenden Anlageprospekt mit Hinweisen auf die Risiken des Anlagenfonds übergeben zu haben, und zwar so rechtzeitig, dass sie den Prospekt ausreichend hätten prüfen können. Dieser Vortrag des Beklagten sei durch die Beweisaufnahme nicht widerlegt worden, was infolge der Beweislast der Kläger für eine Pflichtverletzung des Beklagten zu Lasten der Kläger gehe. Eine andere Verteilung der Beweislast komme nur in Betracht, wenn die Verletzung einer vertraglichen Hauptpflicht, etwa die Erfüllung einer Auskunftspflicht nach § 666 BGB, im Streit wäre. Zu diesen Pflichten könne die Übergabe des Verkaufsprospekts nicht gezählt werden, sie bleibe eine Nebenpflicht im Rahmen der Informations- und Auskunftspflicht.
II.
- 5
- Die hiergegen von der Revision erhobenen Beanstandungen sind unbegründet.
- 6
- 1. Zu Recht hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem Landgericht die Beweislast dafür, ob der Beklagte im Zusammenhang mit der Vermittlung des Filmfonds den Klägern rechtzeitig vor deren Anlageentscheidung einen Prospekt der Anlage übergeben hat, den Klägern auferlegt.
- 7
- a) Nach den allgemeinen Regeln über die Beweislastverteilung trifft denjenigen , der einen Anspruch geltend macht, die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen. Macht - wie hier - der Kapitalanleger gegen den Vermittler Schadensersatz mit der Behauptung geltend, die ihm vom Vermittler erteilten Informationen seien unrichtig bzw. unvollständig gewesen, so trägt er für die von ihm behauptete Schlechterfüllung des Auskunftsvertrages - unbeschadet der insoweit bestehenden sekundären Behauptungslast der Gegenseite - die Darlegungs- und Beweislast (Palandt/Sprau, BGB 65. Aufl. § 675 Rn. 38; vgl. auch Palandt/Heinrichs aaO § 280 Rn. 36 m.w.N.; MünchKomm-BGB/Wenzel 4. Aufl. § 363 Rn. 1). Auf dieser Linie liegt auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betreffend die Beweislast bei Schadensersatzansprüchen wegen unzureichender Beratung durch einen Rechtsanwalt (vgl. BGH, Urteile vom 5. Februar 1987 - IX ZR 65/86 - NJW 1987, 1322, 1323 und vom 22. September 1987 - IX ZR 126/86 - NJW 1988, 706) oder durch einen Steuerberater (BGH, Urteile vom 3. Dezember 1992 - IX ZR 61/92 - NJW 1993, 1139, 1140; 11. Mai 1995 - IX ZR 130/94 - NJW 1995, 2842, 2843 und 4. Juni 1996 - IXZR 246/95 - NJW 1996, 2571, 2572). Die jedenfalls teilweise abweichende Rechtsprechung des früheren IVa-Zivil- senats hinsichtlich der Beweislast bei Steuerberatungsverträgen (in dem von der Revision herangezogenen Urteil vom 24. März 1982 - IVa ZR 303/80 - BGHZ 83, 260, 267 = NJW 1982, 1516, 1517), die bereits in dem Urteil vom 22. Januar 1986 desselben Senats (IVa ZR 105/84, NJW 1986, 2570) eingeschränkt wurde, hat der jetzt für Ansprüche aus steuerlicher Beratung zuständige IX. Zivilsenat aufgegeben (Urteile vom 4. Juni 1996 aaO und vom 3. Dezember 1992 aaO; vgl. auch Urteil vom 11. Mai 1995 aaO).
- 8
- b) Dagegen betrifft das von der Revision und in dem Urteil des OLG Hamm (OLG-Report 2003, 238) für die gegenteilige Auffassung zur Beweislast zitierte Senatsurteil vom 11. Dezember 1992 (III ZR 133/91, NJW 1993, 1704, 1706) eine andere Fallkonstellation: Es ging dort nicht um die Frage einer Schlechterfüllung durch den in Anspruch Genommenen oder um die Verletzung von Verhaltens- und Schutzpflichten wie bei der positiven Vertragsverletzung, sondern um die Erfüllung von vertraglichen Haupt- oder Nebenleistungspflichten , d.h. darum, ob eine vertragliche Leistungspflicht (dort Mitteilungspflicht nach § 666 BGB) überhaupt (rechtzeitig) erfüllt worden war. Das betrifft den vorrangigen Grundsatz, dass der Schuldner, auch dann, wenn gegen ihn ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht wird, die Erfüllung als solche beweisen muss (Palandt/Heinrichs aaO § 280 Rn. 35; Palandt/Grüneberg aaO § 363 Rn. 1; MünchKomm/Wenzel aaO Rn. 1).
- 9
- Hier geht es dagegen - auch wenn im Urteil des Berufungsgerichts möglicherweise Gegenteiliges anklingt - nicht um eine isoliert geschuldete Leistungspflicht des Vermittlers auf Aushändigung eines Anlageprospekts an den Anlageinteressenten. Vielmehr ist die Aushändigung des Anlageprospekts im Zusammenhang mit der Vermittlung einer Vermögensanlage nur ein Element im Rahmen der geschuldeten Unterrichtung des Interessenten. Sie ist eines von mehreren Mitteln, die dem Aufklärungspflichtigen (hier: Anlagevermittler) helfen, sich seiner Pflicht zur Information zu entledigen (vgl. Assmann, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl. § 7 Rn. 62; Schödermeier/Baltzer in: Brinkhaus /Scherer KAGG § 19 Rn. 9, 17).
- 10
- c) Bei dieser grundsätzlichen Ausgangslage zur Darlegungs- und Beweislast für den Fall einer vom Anspruchsteller behaupteten Schlechterfüllung lässt sich die gegenteilige Auffassung des OLG Hamm (aaO S. 239) für den Fall des Streits über die Übergabe des Prospekts einer in Betracht gezogenen Kapitalanlage auch nicht allein mit dem Argument (OLG Hamm aaO) halten, der Beweis, einen körperlichen Gegenstand übergeben zu haben, lasse sich unschwer dadurch führen, dass der Anlagevermittler sich diese Tatsache quittieren lasse. Diesem Umstand mag eine Indizwirkung zukommen. Zu einer Beweislastumkehr führt er de lege lata nicht. Soweit keine andere spezialgesetzliche Regelung vorliegt (s. etwa § 37d Abs. 4 Satz 2 WpHG), hat es also bei der herkömmlichen Beweisregel sein Bewenden.
- 11
- 2. Die Vorinstanzen haben daher den Schadensersatzanspruch der - nach der unangegriffenen Beweiswürdigung des Berufungsgerichts beweisfälligen - Kläger gegen den Beklagten mit Recht abgewiesen.
Dörr Herrmann
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 20.02.2004 - 28 O 563/02 -
KG Berlin, Entscheidung vom 02.08.2005 - 21 U 77/04 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
).
2. Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte zu 2 mit der Annahme der Abtretung der Rechte aus der Beteiligung des Klägers an der M. AG & Co. KG (Treuhandregisternummer ) in Verzug befindet. 3. Im Übrigen wird die Klage gegen den Beklagten zu 2 abgewiesen. II. Von den Gerichtskosten aller drei Instanzen tragen der Kläger 39 %, der Beklagte zu 1 2,7 % und der Beklagte zu 2 58,3 %. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Beklagte zu 1 3,7 %, der Beklagte zu 2 43,8 %; im Übrigen trägt sie der Kläger selbst. Der Beklagte zu 2 trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger und der Beklagte zu 2 streiten - nach Erledigung der Klage gegen den Beklagten zu 1 durch Vergleich - noch über die Haftung des Beklagten zu 2 wegen der Beteiligung des Klägers an der M. AG & Co. KG (im Folgenden: M.).
- 2
- Die M. wurde von der DP. AG (im Folgenden: DP.) als Komplementärin und der G. GmbH (im Folgenden: G. ) als Kommanditistin gegründet.
- 3
- Die Anlegergelder sollten nach dem vom Beklagten zu 1 für die DP. unterzeichneten Emissionsprospekt auf vier Investitionsbereiche (Portfolios) verteilt werden, in Höhe von 12,6 % auf in- und ausländische Immobilienaktien, aktiengebundene Wertpapiere, Immobilienfonds und ausländische Immobilienaktienfonds ("Immobilienportfolio"), in Höhe von 25,1 % auf die Investition in Hedge-Fonds ("Alternative Investments Portfolio"), in Höhe von 46,1 % auf inund ausländische Aktien, Aktienfonds und gemischte Fonds ("Wertpapier Portfolio" ) und in Höhe von 16,2 % auf Private Equity Beteiligungen, Private Equity Fonds und Mezzanine-Finanzierungen ("Private Equity Portfolio"). "Schwerpunktmäßig" sollte in den Jahren 2004 und 2005 in eine Kommanditbeteiligung an der I. GmbH & Co. KG (künftig: I. ) investiert werden. Der Prospekt enthielt folgenden Hinweis: "Die I. plant, eine neue Vertriebsorganisation aufzubauen , die den Anforderungen der Versicherungsvermittlerrichtlinie 2002/92/EU vom 9. Dezember 2002 entspricht. In 2004 wird das Unternehmen schwerpunktmäßig diesen Vertriebsaufbau durchführen, d.h. eine geplante Anzahl von rd. 2.500 Vertriebsmitarbeitern verpflichten und Schulungen sowie Werbemaßnahmen durchführen. Die Vertriebsmitarbeiter (freie Maklervertreter gemäß §§ 84 ff. HGB) sollen in den von der I. vermittelten Produktionsbereichen exklusiv für die I. tätig werden ... . […] Die I. schließt mit verschiedenen, jeweils spezialisierten Dienstleistern in 2004 Verträge zur Sicherstellung des erfolgreichen Aufbaus ihrer Vertriebs- und Marketingtätigkeit sowie zur nachhaltigen Etablierung ihres Unternehmens ab. Insoweit ist ein Rekrutierungs- und Schulungsvertrag für die Anwerbung von exklusiv für die I. tätigen Vertriebsmitarbeiter und deren fachlicher Schulung zur Erfüllung der Voraussetzungen der Versicherungsvermittlerrichtlinie abgeschlossen. Zum Leistungsinhalt dieses Vertrages zählt auch die Beratung bei der Entwicklung einer nachhaltig erfolgreichen Vertriebsstrategie einschließlich eines hochwirksamen Vertriebssteuerungs- und Koordinationssystems und dessen Implementierung. Grundlage für die Vergütung der Leistungen nach diesem Vertrag ist die Zuführung, Schulung und Integration von 2.500 exklusiven Vertriebsmitarbeitern. […]".
- 4
- Tatsächlich sollten die Vertriebsmitarbeiter - jedenfalls zunächst - nicht ausschließlich für die I. tätig sein.
- 5
- Der Kläger, dem zuvor ein Exemplar des Prospekts übergeben worden war, unterbreitete der G. am 23. August 2004 ein Angebot auf Abschluss eines Treuhandvertrages mit einer Einlage in Höhe von 10.100,00 €. Die M. , vertreten durch den Beklagten zu 1, bescheinigte die Annahme dieses Angebots am 2. September 2004. Der Kläger leistete auf seine Einlageverpflichtung eine Einmalzahlung in Höhe von 2.100,00 € und zahlte von September 2004 bis Juni 2005 an die G. zehn Monatsraten zu 26,25 €. Entsprechende monatliche Zahlungen schuldet er noch bis August 2031.
- 6
- Mit Bescheid vom 15. Juni 2005 untersagte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) der M. die weitere Geschäftstätigkeit mit der Begründung, sie betreibe ohne die erforderliche Erlaubnis Finanzkommissionsgeschäfte. Den Antrag der M. , die aufschiebende Wirkung ihres gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruchs anzuordnen, lehnte das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main am 25. Juli 2005 mit der Begründung ab, die M. betreibe ohne die erforderliche Erlaubnis gewerbsmäßig Bankgeschäfte in Form des Investmentgeschäfts. Der Beklagte zu 2 reagierte am 9. Dezember 2005 als Vorstand der D. AG mit einem Schreiben an Vertriebsmitarbeiter, in dem er unter anderem ausführte: "Wir haben keine erlaubnispflichtigen Bankgeschäfte betrieben, und deshalb gab es auch keinen Anlass für das Verfahren der BaFin gegen die M. , und schon gar nicht gibt es einen Grund für die Insolvenz des Fonds und Haftungsklagen gegen uns als Initiatoren oder Sie als Vermittler".
- 7
- Am 3. März 2006 setzte die BaFin die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung aus, nachdem der Hessische Verwaltungsgerichtshof mit in anderer Sache ergangenem Beschluss vom 14. Februar 2006 die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen einen Verwaltungsakt der BaFin wiederhergestellt hatte.
- 8
- Über das Vermögen der M. wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
- 9
- Der Kläger hat von beiden Beklagten Rückzahlung der geleisteten Beiträge , Freistellung von den weiteren Verbindlichkeiten und Ersatz entgangener Anlagezinsen verlangt. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben , das Berufungsgericht auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers. Vor dem Senat hat er in einem Vergleich mit dem Beklagten zu 1 zur Erledigung aller wechselseitigen Ansprüche u.a. vereinbart, dass dieser an den Kläger 700,00 € zahlt und von den außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in allen Instanzen einschließlich des Vergleichs der Kläger 93,5 % und der Beklagte zu 1 6,5 % trägt. Entsprechend dem im Vergleich zum Ausdruck kommenden Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen soll in der Schlussentscheidung über die Kosten entschieden werden, die im Vergleich wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung nicht geregelt werden konnten. Gegen den Beklagten zu 2 verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe:
- 10
- Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Verurteilung des Beklagten zu 2 im Sinne der Anträge des Klägers mit Ausnahme eines Teils der Nebenforderungen (§ 563 Abs. 3 ZPO).
- 11
- I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Eine deliktische Haftung der Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG wegen des nicht erlaubten Betriebs eines erlaubnispflichtigen Bankgeschäfts komme nicht in Betracht, da die M. ein solches Bankgeschäft nicht betrieben habe. Jedenfalls fehle ein Verschulden. Der Kläger habe keine Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne bzw. gemäß § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 und 3 BGB, da der Prospekt keinen Prospektmangel enthalten habe. Bis zum Beitritt des Klägers hätten keine Anhaltspunkte für ein Einschreiten der BaFin bestanden. Die Verhältnisse der I. seien im Prospekt vom 17. März 2004 ausreichend dargestellt worden. Dies gelte auch für die Angaben über die Vertriebsmitarbeiter , die für die Anlageentscheidung des Klägers jedenfalls nicht ursächlich geworden seien. Ob der Beklagte zu 2 überhaupt Prospektverantwortlicher sei, könne dahinstehen.
- 12
- II. Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 13
- 1. Noch zutreffend verneinte das Berufungsgericht allerdings Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG wegen unerlaubten Betreibens eines Bankgeschäfts. Zwar ist § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des einzelnen Kapitalanlegers (Senat, BGHZ 125, 366, 379; BGHZ 166, 29 Tz. 17; BGH, Urt. v. 11. Juli 2006 - VI ZR 340/04, ZIP 2006, 1764 Tz. 12 f.; v. 11. Juli 2006 - VI ZR 339/04, ZIP 2006, 1761 Tz. 13 f.; v. 21. April 2005 - III ZR 238/03, ZIP 2005, 1223, 1224). Die M. betrieb indessen kein nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG erlaubnispflichtiges Bankgeschäft.
- 14
- a) Die M. besorgte kein Finanzkommissionsgeschäft. Finanzkommissionsgeschäft i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG ist der Handel mit Finanzinstrumenten im eigenen Namen für fremde Rechnung, bei dem die typischen Merkmale eines Kommissionsgeschäfts nach §§ 383 ff. HGB gewahrt sind, ohne dass alle diese Merkmale vorliegen müssen (BVerwGE 130, 262 Tz. 23 ff., 36 ff.; BVerwG, ZIP 2009, 1899 Tz. 28 ff.). Dass bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise auf fremde Rechnung gehandelt wird, genügt nicht (BVerwGE 130, 262 Tz. 43 ff.; BVerwG, ZIP 2009, 1899 Tz. 28). § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG bietet keinen allgemeinen Auffangtatbestand für Anlagemodelle, bei denen im Drittinteresse mit Finanzinstrumenten gehandelt wird, und erfasst die Vermögensverwaltung durch die Anlage von Investorengeldern in Finanzinstrumenten nicht (BVerwGE 130, 262 Tz. 47). Das wird durch § 1 Abs. 1 a Satz 2 Nr. 11 KWG i.d.F. von Artikel 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Fortentwicklung des Pfandbriefrechts vom 20. März 2009 (BGBl. I S. 607) bestätigt, der einen besonderen erlaubnispflichtigen Tatbestand der Anlageverwaltung schafft (BVerwG, ZIP 2009, 1899 Tz. 28). Zwischen einem Finanzkommissionsgeschäft und einer Beteiligung an einer Anlagegesellschaft ist auch zu unterscheiden, wenn die Beteiligung - wie bei der M. - über einen Treuhandvertrag vermittelt ist, weil sich insoweit der Charakter der Tätigkeit durch die Einschaltung eines Treu- händers nicht ändert. Eine weite Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG war zum Zeitpunkt des Beitritts des Klägers auch nicht aufgrund der Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen (ABl. L 141 vom 11. Juni 1993, S. 27) geboten (vgl. BVerwGE 130, 262 Tz. 49).
- 15
- Die M. betrieb keine Kommissionsgeschäfte entsprechend §§ 383 ff. HGB. Zwar zielte ihr Geschäftsbetrieb auf den Erwerb, das Halten und die Veräußerung von Wertpapieren und Fondsanteilen und damit auf die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG. Sie erwarb und veräußerte Finanzinstrumente aber für eigene Rechnung. Weder die Anleger noch die Treuhänderin erhielten das Eigentum an den angeschafften Finanzinstrumenten übertragen. Die Anleger partizipierten nur aufgrund eines schuldrechtlichen Anspruchs wertmäßig an der Entwicklung der Geschäftstätigkeit der M. Auch die weiteren typischen Merkmale eines Kommissionsgeschäfts nach § 383 HGB - Weisungsunterworfenheit des Kommissionärs , Benachrichtigungspflicht, Rechenschaftspflicht, Herausgabepflicht - lagen nicht vor.
- 16
- b) Die Geschäftstätigkeit der M. war auch nicht als Investmentgeschäft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG in der Fassung des Investmentmodernisierungsgesetzes vom 15. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2676) erlaubnispflichtig. Der Begriff des Investmentgeschäfts entsprach dem des § 7 Abs. 2 InvG. § 7 Abs. 2 InvG umschrieb Investmentgeschäfte als Geschäfte von Kapitalanlagegesellschaften. Das waren nach § 6 Abs. 1 Satz 2 InvG Gesellschaften in der Rechtsform der Aktiengesellschaft und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Entsprechend bezog sich auch § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG - dem Willen des historischen Gesetzgebers entsprechend (BT-Drucks. 15/1553, S. 74) - nur auf Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft (vgl.
- 17
- 2. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts haftet der Beklagte zu 2 aber aus Prospekthaftung im engeren Sinne, da der für die M. erstellte Emissionsprospekt vom 17. März 2004 unrichtig war und er prospektverantwortlich ist.
- 18
- a) Der Prospekt vom 17. März 2004 war unrichtig. Ein Emissionsprospekt hat dem Anleger ein zutreffendes Bild von der angebotenen Kapitalbeteiligung zu vermitteln. Dazu gehört, dass sämtliche Umstände, die für die Anlageentscheidung von Bedeutung sind oder sein können, zutreffend, verständlich und vollständig dargestellt werden (Senat, BGHZ 123, 106, 109 f.; Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Tz. 7; v. 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706, 1707; v. 1. März 2004 - II ZR 88/02, ZIP 2004, 1104, 1106). Zu den für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umständen gehört , sofern die Anlagegesellschaft - wie hier in den ersten Jahren - im Wesentlichen in eine Beteiligung an einem dritten Unternehmen investiert, die Darstellung des Geschäftsmodells dieses Unternehmens sowie der damit verbundenen Chancen und Risiken.
- 19
- Der Prospekt vom 17. März 2004 stellte das Geschäftsmodell der I. , in die die M. in den ersten Jahren im Wesentlichen investierte, nicht richtig dar. Der Emissionsprospekt sah den Aufbau eines Vertriebs durch Exklusivvertreter vor, während tatsächlich mit den Anlagegeldern Mehrfachagenten geworben und geschult werden sollten. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich daraus, dass die Vertriebsmitarbeiter in den von der I. vermittelten Produktionsbereichen exklusiv für die I. tätig werden "sollen", nicht entnehmen, dass ihre ausschließliche Tätigkeit für die I.
- 20
- b) Der Beklagte zu 2 haftet - was das Berufungsgericht von seinem Standpunkt aus folgerichtig offen gelassen hat - als Prospektverantwortlicher.
- 21
- Neben den Initiatoren, Gründern und Gestaltern der Gesellschaft, soweit sie das Management bilden oder beherrschen (Senat, BGHZ 177, 25 Tz. 12; 123, 106, 109 f.; 83, 222, 223 f.; 79, 337, 340 ff.; 72, 382, 387; 71, 284, 287 ff.; BGHZ 115, 213, 217 f.), haften auch die Personen, die hinter der Gesellschaft stehen, auf ihr Geschäftsgebaren oder die Gestaltung des konkreten Modells besonderen Einfluss ausüben und deshalb Mitverantwortung tragen (Senat, BGHZ 79, 337, 340 / 348; BGHZ 158, 110, 115; 115, 213, 217 f.; BGH, Urt. v. 14. Juni 2007 - III ZR 185/05, NJW-RR 2007, 1479 Tz. 11; v. 27. Januar 2004 - XI ZR 37/03, ZIP 2004, 606, 609; v. 1. Dezember 1994 - III ZR 93/93, WM 1995, 344, 345). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Hintermänner nach außen in Erscheinung getreten sind (Senat, BGHZ 79, 337, 340; 72, 382, 387; BGH, Urt. v. 14. Juni 2007 aaO). Der Beklagte zu 2 war ein solcher Hintermann. Er stand hinter der M. und hatte auf ihr Geschäftsgebaren besonde- ren Einfluss. Er hatte bereits aufgrund seiner Beteiligung an den hinter der M. stehenden Gesellschaften eine so einflussreiche Stellung, dass gegen seinen Willen keine Entscheidungen getroffen werden konnten. Er war mit 50 % an der D. GmbH beteiligt, die ihrerseits mit 50 % an der D. AG beteiligt war, der Alleingesellschafterin der DP., der einzigen Komplementärin der Anlagegesellschaft. Der Senat hat aufgrund der im Berufungsverfahren nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts von einer Beteiligung des Beklagten zu 2 an der D. GmbH in Höhe von 50 % auszugehen. Entgegen der Revisionserwiderung werden diese Feststellungen angesichts dessen durch die nicht näher begründete Angabe in dem zudem erst nachträglich vorgelegten Rechtsgutachten von Prof. Dr. A. , der Beklagte zu 2 sei nur mit 25 % an der D. GmbH beteiligt, nicht in Frage gestellt. Über die schon durch seine Beteiligung vermittelte starke Stellung hinaus sicherte dem Beklagten zu 2 besonderen Einfluss, dass er in den hinter der Anlagegesellschaft stehenden Gesellschaften Organ war und so die Geschicke der Anlagegesellschaft mittelbar lenken konnte. Er war Vorstand der D. AG, der einzigen Gesellschafterin der DP., und - zusammen mit seinem Mitgesellschafter in der D. GmbH - Aufsichtsrat der DP., der Komplementärin der M. Als Vorstand der D. AG kontrollierte der Beklagte zu 2 zugleich den Vertrieb über deren hundertprozentige Tochter, die DV. Da es für die Prospektverantwortlichkeit genügt, zu den Hintermännern zu gehören, entfällt die Verantwortlichkeit des Beklagten zu 2 nicht, wenn es neben ihm weitere "Hintermänner" gab und er nicht als einziger hinter der Anlagegesellschaft stand. Dass der Beklagte zu 2 sich selbst in einer einflussreichen Stellung sah, zeigt sein Schreiben vom 9. Dezember 2005 an die Vertriebsmitarbeiter, in dem er sich ausdrücklich als zu den Initiatoren zählend bezeichnete.
- 22
- c) Die unzureichende Information des Klägers über die Vertriebsstruktur der I. war für die Anlageentscheidung des Klägers ursächlich.
- 23
- aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats entspricht es der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (Senat, BGHZ 177, 25 Tz. 19; 79, 337, 346; Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Tz. 16; v. 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706, 1707; v. 1. März 2004 - II ZR 88/02, ZIP 2004, 1104, 1106; v. 14. Juli 2003 - II ZR 202/02, ZIP 2003, 1651, 1653). Diese Vermutung kann allerdings widerlegt werden. Davon ist grundsätzlich dann auszugehen , wenn der Prospekt bei dem konkreten Vertragsschluss keine Verwendung gefunden hat (Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 aaO Tz. 16). Wird der Prospekt - wie hier - im Zuge der Zeichnung der Beteiligung übergeben, wird er verwendet , ohne dass es darauf ankommt, in welchem Umfang der Anleger ihn tatsächlich selbst gelesen hat.
- 24
- bb) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist die weitere Vermutung , dass der Kläger sich - über den unrichtig dargestellten Umstand zutreffend aufgeklärt - gegen die Anlage entschieden hätte, nicht widerlegt. Diese Vermutung sichert das Recht des Anlegers, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt investieren will oder nicht (Senat, BGHZ 123, 106, 112 ff.), und gilt grundsätzlich bei allen Kapitalanlagen (Sen.Urt. v. 2. März 2009 - II ZR 266/07, ZIP 2009, 764 Tz. 6; BGH, Urt. v. 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, ZIP 2009, 1264 Tz. 22 zur Anlageberatung). Um sie zu widerlegen, muss der Aufklärungspflichtige jedenfalls darlegen, dass der einzelne Anleger den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte. Die Spekulation des Berufungsgerichts, ein investitionswilliger Anleger hätte seine Anlageentscheidung nicht von einer Aufklärung über den Vertriebsaufbau abhängig gemacht, weil ein Aufbau mit Einfachagenten wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen sei, genügt dazu nicht, weil sie nicht auf das Verhalten des Klägers abstellt, sondern die tatsächliche Vermutung in Frage stellt.
- 25
- III. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Weitere Feststellungen sind nicht zu treffen und nicht zu erwarten. Der Kläger hat - bis auf einen Teil der Nebenforderungen - einen Anspruch gegen den Beklagten zu 2 auf Ersatz des geltend gemachten Schadens in dem von ihm mit der Revision weiter verfolgten Umfang.
- 26
- 1. Der Anspruch gegen den Beklagten zu 2 ist nicht verjährt. Prospekthaftungsansprüche im engeren Sinn wegen fehlerhafter Angaben in Prospekten , die seit dem Inkrafttreten des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2010) am 1. Juli 2002 veröffentlicht wurden, verjähren in entsprechender Anwendung von § 46 BörsG in einem Jahr seit dem Zeitpunkt , in dem der Gesellschafter von dem Prospektfehler Kenntnis erlangt, spätestens drei Jahre nach dem Abschluss des Gesellschafts- oder Beitrittsvertrages (OLG München, Urt. v. 23. Mai 2007 - 20 U 5471/06, juris, Tz. 20; Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 3. Aufl. § 6 Rdn. 211; Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze 2. Aufl. § 46 BörsG Rdn. 9; Keunecke, Prospekte im Kapitalmarkt 2. Aufl. Rdn. 811 a.E.; offen Groß, Kapitalmarktrecht 4. Aufl. § 47 BörsG Rdn. 8; a.A. Röhricht/Graf v. Westphalen/v. Gerkan/Haas, HGB 3. Aufl. § 161 Rdn. 169). Die kurze kenntnisabhängige Verjährungsfrist für die Prospekthaftung im engeren Sinn hat der Senat in analoger Anwendung der in den gesetzlich geregelten Fällen der Prospekthaftung bestimmten Verjährungsfrist - u.a. § 47 BörsG a.F. - entnommen (vgl. Senat, BGHZ 177, 25 Tz. 23; 123, 106, 117 f.; 83, 222, 224 ff.; Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 aaO Tz. 29; v. 7. Juli 2003 - II ZR 18/01, ZIP 2003, 1536, 1537; v. 18. Dezember 2000 - II ZR 84/99, ZIP 2001, 369). Die Gesichtspunkte, die den Gesetzgeber des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist veranlassten (BT-Drucks. 14/8017, S. 81), treffen auch auf die Prospekthaftung im engeren Sinne zu (Assmann/Schütze aaO). Der Gesetzgeber hielt angesichts der Komplexität zahlreicher Sachverhalte eine Frist von sechs Monaten nicht für ausreichend, um die zur Vorbereitung eines Haftungsanspruchs erforderlichen Recherchen durchzuführen.
- 27
- Der Kläger wahrte mit der am 7. September 2006 auf den Beklagten zu 2 erweiterten Klage die Dreijahresfrist. Er beteiligte sich an der M. im August/ September 2004. Dass der Kläger früher als ein Jahr vor der Klageerweiterung auf den Beklagten zu 2 vom Prospektfehler Kenntnis erlangt hat, hat der Beklagte zu 2 nicht vorgetragen. Im Rechtsstreit gegen den Beklagten zu 1 rügte der Kläger die fehlerhafte Darstellung des Vertriebssystems der I. erstmals im März 2006, so dass sich aus seinem Prozessvortrag nicht zugunsten des Beklagten zu 2 entnehmen lässt, dass er den Prospektmangel bereits in verjährter Zeit kannte.
- 28
- 2. Der Kläger kann vom Beklagten zu 2 als Schaden 2.470,90 € sowie Freistellung von seinen Einlageverpflichtungen Zug um Zug gegen Abtretung seiner Rechte aus dem Treuhandvertrag verlangen.
- 29
- a) Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Anleger gegen den schuldhaft handelnden Prospektverantwortlichen einen Anspruch auf Erstattung der für den Erwerb gemachten Aufwendungen - hier 2.362,50 € - gegen Rückgabe der Anlage (Senat, BGHZ 123, 106, 110). Besteht die Anlage - wie im Falle des Klägers - in seiner Vertragsposition als Treugeber, genügt es, wenn er als Zug um Zug zu gewährende Leistung die Abtretung sämtlicher Rechte aus dem Treuhandvertrag anbietet. Dies hat der Kläger getan. Der Kläger hat weiter Anspruch auf Ersatz der entgangenen Anlagezinsen in Höhe von 108,40 €. Gemäß § 249 Abs. 1 BGB kann der Kläger auch Freistellung von der gegenüber der G. eingegangenen Verpflichtung verlangen.
- 30
- Der Anspruch auf Ersatz der Verzugszinsen für die Hauptforderung beruht auf § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1, § 291 BGB. Eine Verzinsung der entgangenen Anlagezinsen (108,40 €) in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes kann der Kläger dagegen nicht beanspruchen. Wegen des Zinseszinsverbotes in § 289 Satz 1 BGB muss der Gläubiger die Höhe des nach § 289 Satz 2 BGB geltend gemachten Verzögerungsschadens auch dann konkret darlegen und gegebenenfalls beweisen, wenn er einen Schaden nur in Höhe der gesetzlichen Verzugszinsen geltend macht (BGH, Urt. v. 9. Februar 1993 - XI ZR 88/92, ZIP 1993, 421, 423). Der Kläger hat sich nur auf den gesetzlichen Verzugszinssatz (§ 288 Abs. 1 BGB) berufen.
- 31
- b) Im Zusammenhang mit der Anlage erlangte Steuervorteile muss sich der Kläger nicht anrechnen lassen. Im Wege des Vorteilsausgleichs sind die aufgrund der Anlage erzielten dauerhaften Steuervorteile anzurechnen, sofern nicht die Ersatzleistung oder eine Zug um Zug gegen die Schadensersatzleistung vorgesehene Übertragung der Beteiligung ihrerseits etwa als Betriebseinnahme nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG besteuert wird (Senat, BGHZ 159, 280, 294; BGHZ 74, 103, 114 ff.; Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Tz. 27; v. 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 257; v. 14. Januar 2002 - II ZR 40/00, DStR 2002, 778, 779; BGH, Urt. v. 6. März 2008 - III ZR 298/05, ZIP 2008, 838 Tz. 28; v. 17. November 2005 - III ZR 350/04, ZIP 2006, 573 Tz. 8). Trotz Versteuerung der Ersatzleistung sind die erzielten Steuervorteile anzurechnen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Anleger außergewöhnliche Steuervorteile erzielt hat (Sen.Urt. v. 9. Oktober 1989 - II ZR 257/88, WM 1990, 145, 148; BGH, Urt. v. 17. November 2005 aaO; v. 6. März 2008 aaO). Der Kläger hat eine Schadensersatzleistung als Betriebseinnahme zu versteuern. Für besondere Steuervorteile gibt es keine Anhaltspunkte.
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 01.11.2006 - 18 O 559/05 -
KG, Entscheidung vom 17.12.2007 - 26 U 264/06 -
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 1) bis 3) wird das am 25.09.2013 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte zu 4) bleibt verurteilt, an die Klägerin 21.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20. Januar 2012 Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Beteiligung an der C-Rendite-Fonds Nr. ### C2 und C3 GmbH & Co. KG zu zahlen.
Die Klage gegen die Beklagten zu 1) bis 3) wird abgewiesen.
Die Berufung der Beklagten zu 4) wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) bis 3).
Die Beklagte zu 4) trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu ¼.
Die Beklagte zu 4) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selber.
Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu ¾ und die Beklagte zu 4) zu ¼.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2 3A.
4Die Klägerin verlangt von den Beklagten Schadensersatz wegen Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Zeichnung einer Beteiligung an einem Schiffsfonds.
5Die Beklagte zu 1), vertreten durch ihre persönlich haftende Gesellschafterin, die Beklagte zu 2), stellte am 28.09.2007 als Gründungskommanditistin einen Verkaufsprospekt auf, in dem sie die Beteiligung an dem C Fonds Nr. ### zum Erwerb der Containerschiffe C2 und C3 über eine Kommanditeinlage anbot. Die Beteiligung sollte nicht direkt, sondern mittelbar treuhänderisch über die Beklagte zu 3) aufgrund eines im Prospekt abgedruckten Treuhand- und Verwaltungsvertrags erfolgen. Hinsichtlich des genauen Inhalts dieses Prospekts wird auf die Anlage K 2 Bezug genommen.
6Die Beklagte zu 4), vertreten durch eine Mitarbeiterin, die Zeugin E, bot der Klägerin in einem Beratungsgespräch am 06.11.2007 - an dem auch der Ehemann der Klägerin, der Zeuge I teilnahm - die Beteiligung an diesem Fonds an. Am Ende des Gesprächs unterzeichnete die Klägerin eine Beitrittserklärung für eine Kommanditeinlage i.H.v. 20.000 €, die die Beklagte zu 3) treuhänderisch für sie erwerben sollte, zzgl. 5 % Agio. Wegen des weiteren Inhalts der Beitrittserklärung wird auf die Anlage K 3 Bezug genommen. Im Anschluss hieran händigte die Mitarbeiterin der Beklagten zu 4) der Klägerin den zugehörigen Prospekt (Anlage K 2) aus.
7Die Beklagte zu 3) nahm die Erklärung der Klägerin am 16.11.2007 an. Die Klägerin leistete die vereinbarte Zahlung i.H.v. 21.000 €. Die Beklagte zu 4) erhielt für die Vermittlung dieser Beteiligung aus den Vertriebskosten des Fonds eine Provision in Höhe von 12 % der Anlagesumme. Hierüber hat die Mitarbeiterin der Beklagten zu 4) die Klägerin im Rahmen des Verkaufsgesprächs vom 06.11.2007 nicht aufgeklärt.
8Die Klägerin hat behauptet, dass sie dann, wenn sie gewusst hätte, dass der Prospekt Fehler enthält bzw. dass die Gesamtrendite möglicherweise um 0,8 % niedriger ausfällt, die Anlage nicht gezeichnet hätte.
9Die Klägerin meint, der Prospekt, der bei der Beratung nicht vorgelegen habe und mit ihr nicht durchgesprochen worden sei, sei an mehreren Stellen fehlerhaft. Insbesondere enthalte der Prospekt fehlerhafte Angaben zur Höhe der Gewerbesteuerbelastung des Fonds. Statt der im Prospekt angegebenen Gewerbesteuern für das Jahr 2007 in Höhe von ca. 20.000 € und für die Folgejahre in Höhe von ca. 5.000 € seien tatsächlich – was unstreitig ist – im Jahr 2007 182.340 € und im Jahr 2008 46.147 € zu zahlen gewesen. Über die Gewerbesteuerbelastung des Fonds sei – was ebenfalls unstreitig ist – im Beratungsgespräch nicht gesprochen worden. Zudem lasse sich dem Prospekt nicht mit hinreichender Deutlichkeit die genaue Höhe bzw. der genaue Anteil der Vertriebskosten an den Gesamtkosten entnehmen. Der Prospekt kläre nicht ausreichend über die Kosten und Risiken von Devisentermingeschäften und von Zinsswapgeschäften auf. Die Beklagten zu 1-3) seien daher aufgrund vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung zur Rücknahme der Anlage gegen Auszahlung der angelegten 20.000 € nebst Agio verpflichtet.
10Die Klägerin ist weiter der Ansicht, die Beklagte zu 4) hafte ebenfalls auf Rückabwicklung des Beitritts zum Fonds, weil sie auf die von ihr vereinnahmte Provision nicht hingewiesen habe. Die Klägerin hat hierzu behauptet, sie sei davon ausgegangen, dass sie als langjährige Kunden hinsichtlich dieser Anlage unentgeltlich beraten werde. Hätte sie von den von der Beklagten zu 4) vereinnahmten Provisionen erfahren, hätte sie die vorliegende Beteiligung nicht gezeichnet.
11Die Klägerin hat weiter behauptet, sie habe auf Anforderung der Beklagten zu 1) die erhaltenen Ausschüttungen in voller Höhe an die Fondsgesellschaft zurückgezahlt. Auch habe sie ab 2007 kein zu versteuerndes Einkommen erzielt. Hierzu hat die Klägerin die Einkommenssteuerbescheide der Jahre 2007-2010 (Anlage K 16), einen Kontoauszug und das Anforderungsschreiben der Beklagten zu 1) vom 11.1.2011 (Anlage K 17) vorgelegt.
12Die Beklagten sind der Ansicht, der Prospekt enthalte keine unzutreffenden Angaben oder sonstige Fehler.
13Die Beklagte zu 4) erhebt die Einrede der Verjährung. Sie behauptet, sie habe der Klägerin im Oktober 2007 – und damit vor Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligung – die Broschüre „Kundeninformationen zum Wertpapiergeschäft“ zugesandt. Sie meint, dass die Klägerin hierdurch über die Zahlung von Provisionen bei der Vermittlung von Beteiligungen ausreichend unterrichtet worden sei. Hinsichtlich des Inhalts dieser Broschüre wird auf die Anlage B 3 (Bl. 227a der Akte) Bezug genommen. Die Klägerin behauptet hierzu, sich nicht an den Erhalt einer solchen Broschüre erinnern zu können und bestreitet deren Zugang mit Nichtwissen.
14Wegen des weiteren Tatsachenvortrags der Parteien einschließlich der genauen Fassung der erstinstanzlich gestellten Sachanträge wird im Übrigen auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (Bl. 413 ff. der Akte).
15Das Landgericht hat nach Anhörung der Klägerin die Beklagten als Gesamtschuldner zur Rückabwicklung verurteilt. Zur Begründung der Haftung der Beklagten zu 1-3) hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, haftungsbegründend seien falsche Prospektangaben zur Gewerbesteuer. Bei diesen falschen Angaben handele es sich um einen wesentlichen Prospektfehler, da sie für die Rendite und damit auch den Wert der Vermögensanlage von Bedeutung gewesen und auch in ihrem Ausmaß nicht unerheblich gewesen seien. Die Beklagten zu 1-3) hätten die darin liegende Pflichtverletzung auch zu vertreten, da sich ihrem Vorbringen nicht entnehmen lasse, dass die Kalkulation nach der bei Aufstellung des Prospekts am 28.09.2007 geltenden Rechtslage zweifelsfrei richtig war und erst durch eine unvorhersehbare Änderung der Rechtsprechung Änderungen eintraten. Die vorvertragliche Pflichtverletzung sei auch kausal für die Anlageentscheidung der Klägerin gewesen. Die Vermutung aufklärungspflichtigen Verhaltens sei nicht widerlegt; zumal die Klägerin ausdrücklich erklärt habe, dass sie in Kenntnis des Prospektfehlers die streitige Beteiligung nicht gezeichnet hätte.
16Der Klägerin stehe auch gegen die Beklagte zu 4) ein Schadensersatzanspruch zu, da diese die Klägerin nicht über unstreitig für die Vermittlung der Anlage erhaltene Provisionen unterrichtet hat. Die Broschüre „Kundeninformationen zum Wertpapiergeschäft“ enthalte nicht die erforderlichen Informationen auch über die Höhe der Rückvergütungen. Der Anspruch sei auch nicht verjährt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 420 d.A.) Bezug genommen.
17Hiergegen wenden sich die Beklagten zu 1-3) und die Beklagte zu 4) jeweils mit der Berufung.
18Die Beklagten zu 1-3) rügen im Wesentlichen, dass das Landgericht ohne entsprechenden Hinweis davon ausgegangen sei, ihr Vortrag dazu, dass die Gewerbesteuerprognose aus ex-ante Sicht zutreffend gewesen sei, reiche nicht aus. Die Beklagten zu 1-3) machen geltend, dass es sich schon deshalb nicht um einen Prospektfehler gehandelt habe, weil die Prognose zum Zeitpunkt der Erstellung des Prospekts zutreffend gewesen sei. Auch handele es sich entgegen der Annahme des Landgerichts nicht um einen wesentlichen Prospektfehler, da sich die Gesamtliquidität nur um 0,546 % gemindert hätte und die Gesamtauszahlungen an die Anleger innerhalb der gesamten Fondslaufzeit von 17 Jahren aufgrund der höheren Gewerbesteuerbelastung nur um 0,78% geringer ausgefallen wären. Auch sei im Prospekt auf das Risiko einer möglichen Erhöhung der Gewerbesteuer ausdrücklich hingewiesen worden. Die Klägerin hätte sich zudem die von der Vorgesellschaft gezahlte Gewerbesteuer gemäß § 35 EStG fast vollständig auf die Einkommensteuer anrechnen lassen können. Kurzfristig habe es keine Nachteile für die Anleger gegeben, zumal die prospektierten Ausschüttungen im Jahr 2008 auch erfolgt seien. Langfristig sei die Wertminderung unerheblich. Die Beklagten zu 1-3) machen weiter geltend, dass ein etwaiger Prospektfehler nicht kausal für die Anlageentscheidung der Klägerin gewesen sein könne, da der Prospekt im Beratungsgespräch nicht vorgelegen habe, und die Beratung nach den Angaben der Klägerin gerade nicht anhand des Prospekts durchgeführt worden sei.
19Die Beklagte zu 4) macht geltend, entgegen der Auffassung des Landgerichts sei die Klägerin durch die ihr zuvor übersandte “Kundeninformation zum Wertpapiergeschäft“ ausreichend über Rückvergütungen aufgeklärt worden. Sie meint, die Klägerin dürfe den Zugang dieses Schreibens nicht mit Nichtwissen bestreiten. Zudem macht sie geltend, sie habe sich damals in einem Rechtsirrtum befunden. Im Hinblick auf den Schaden der Klägerin meint die Beklagte zu 4), dieser sei nicht schlüssig dargelegt, da sich die Klägerin Ausschüttungen des Fonds anrechnen lassen müsse. Eine freiwillige Rückzahlung der Ausschüttungen, die die Beklagte zu 4) zudem bestreitet, sei unerheblich.
20Die Beklagten zu 1) bis 4) beantragen jeweils,
21das Urteil des Landgerichts Dortmund abzuändern und die Klage abzuweisen.
22Die Klägerin beantragt,
23die Berufung zurückzuweisen.
24Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung und Wiederholung ihres bisherigen Vortrags. Als neues Angriffsmittel macht sie erstmals mit der Berufungserwiderung geltend, der Prospekt enthalte auch eine grob fehlerhafte Prognose der Höhe der Schiffsbetriebskosten.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
26Die Beklagte zu 4) hat den Beklagten zu 1) bis 3) mit Schriftsatz vom 19.10.2012 den Streit verkündet. Die Beklagten zu 1) bis 3) haben der Beklagten zu 4) mit Schriftsatz vom 04.02.2013 den Streit verkündet.
27B.
28I.
29Die Berufung der Beklagten zu 4) ist unbegründet. Das Landgericht hat die Beklagte zu 4) zu Recht in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang verurteilt, da der Klägerin gegen die Beklagte zu 4) gemäß § 280 Abs. 1 BGB ein Schadenersatzanspruch wegen unterlassener Aufklärung über erhaltene Rückvergütungen zusteht.
301. Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 4) ist - zumindest konkludent - ein Beratungsvertrag zustande gekommen, da die Klägerin unstreitig als Anlageinteressentin bei einer konkreten Anlageentscheidung die Hilfe der Beklagten zu 4) in Anspruch nahm, die ihr die streitgegenständliche Anlage empfahl.
312. Die Beklagte zu 4) hat auch eine Verpflichtung aus dem Beratungsvertrag verletzt. Sie hat – was unstreitig ist – für den Vertrieb der Fondsanteile aus den Vertriebskosten des Fonds für die Vermittlung eine Provisionszahlung in Höhe von 12 % der Anlagesumme erhalten.
32Im Hinblick auf diese Vergütung bestand auch eine Aufklärungspflicht, da es sich - was nunmehr unstreitig ist - um eine umsatzabhängige Provision handelte, die aus offen ausgewiesenen Provisionen gezahlt wurde, was hinter dem Rücken der Anlegerin erfolgte (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.2006, XI ZR 56/05).
33Über diese Rückvergütung hat die Beklagte zu 4) die Klägerin im Beratungsgespräch vom 06.11.2007 unstreitig nicht aufgeklärt. Eine Aufklärung erfolgte auch nicht im Prospekt, da dieser keine diesbezüglichen Angaben enthält.
34Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 4) war auch die Übersendung der „Kundeninformation für Wertpapiergeschäfte“ (Anlage B 3, Bl. 227a d.A.) nicht ausreichend. Diese enthält keine ausreichenden und klaren Angaben über Rückvergütungen für die Vermittlung gerade der streitgegenständlichen Beteiligung an einem geschlossenen Schiffsfonds. Soweit die Beklagte zu 4) sich darauf beruft, es werde durch die Kundeninformation auch über Vergütungen bei „sonstigen Finanzinstrumenten“ aufgeklärt, ist festzustellen, dass zum einen die Beteiligung an einem geschlossenen Fonds bereits kein Finanzinstrument darstellt und zum anderen die Broschüre im Hinblick auf „andere Finanzinstrumente“ gerade keine Angaben, sondern nur den Hinweis enthält, dass im Einzelfall über Provisionen aufgeklärt werde (S. 11 Ziff. 5 der Broschüre Bl. 227b d.A.). Insbesondere aber enthält die Broschüre nicht die erforderliche Angabe über die Höhe einer etwaigen Vergütung (vgl. BGH Beschluss v. 29.11.2011, XI ZR 50/11).
353. Die Pflichtverletzung war für die Anlageentscheidung auch kausal. Zugunsten der Klägerin, die eine solche Kausalität behauptet und vorträgt, dass Steuervorteile bei der Anlageentscheidung nicht im Vordergrund gestanden hätten, streitet die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Es ist damit Sache der Beklagten, darzulegen und zu beweisen, dass die Klägerin die Fondsbeteiligung auch gezeichnet hätte, wenn sie Kenntnis von der an die Beklagte zu 4) fließenden Rückvergütung in Höhe von 12% der Anlagesumme gehabt hätte. Hierfür trägt die Beklagte zu 4) keine ausreichenden Anhaltspunkte vor.
36Weder aus dem behaupteten – von der Klägerin zudem bestrittenen – Anlageziel der Steuerersparnis und ihrem bisherigen Anlageverhalten, noch daraus, dass die Klägerin nach Übersendung der „Kundeninformation“ nicht unverzüglich die Rückabwicklung verlangte oder einer Gesamtschau dieser Aspekte ergeben sich ausreichende Anhaltspunkte für die Widerlegung der Vermutung. Dies gilt umso mehr, als angesichts der tatsächlich nicht bestehenden Steuerbelastung der Rentnerin das Anlageziel der Steuerersparnis wenig nachvollziehbar erscheint, und sich die fehlende Rückabwicklung der Anlage nach dem - zudem bestrittenen - Zugang der „Kundeninformation“ zwanglos damit erklären lässt, dass die Anlage erst nach deren Übersendung gezeichnet wurde.
374. Das Verschulden der Beklagten zu 4) wird vermutet, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB; insbesondere lag – entgegen der Auffassung der Beklagten zu 4) – im Jahr 2007 kein unvermeidbarer Rechtsirrtum über die Aufklärungspflicht vor.
385. Nach § 249 Abs. 1 BGB ist der Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre, die Klägerin mithin die Beteiligungen nicht erworben hätte. Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligungen hat mithin die Beklagte zu 4) an die Klägerin 21.000 € zu zahlen.
39a) Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 4) muss sich die Klägerin hierauf keine etwaigen Steuervorteile anrechnen lassen. Zum einen sind solche angesichts der von der Klägerin vorgelegten Steuerbescheide (K 16) schon nicht ersichtlich. Jedenfalls aber ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Klägerin aufgrund der Beteiligung außergewöhnliche Steuervorteile erlangt hat, die ihr auch nach einer Rückabwicklung verbleiben. Dies hat die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte auch nach Vorlage der Steuerbescheide seitens der Klägerin nicht dargetan.
40b) Auch muss sich die Klägerin nicht im Wege des Vorteilsausgleichs erhaltene Ausschüttungen des Fonds anrechnen lassen, da die Klägerin die erhaltenen Ausschüttungen aufgrund eines entsprechenden Gesellschafterbeschlusses an die Fondsgesellschaft zurückgezahlt hat. Die Rückzahlung iHv 1.330 € am 14.09.2010 hat die Klägerin mit entsprechendem Kontoauszug belegt (Anlage K 17). Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 4) handelte es sich auch nicht um freiwillige Zahlungen der Klägerin, da diese nach Wiederaufleben der Haftung gemäß § 172 Abs. 4 HGB entsprechend dem Gesellschaftsvertrag von der Fondsgesellschaft insoweit in Anspruch genommen wurde.
41Dass die Klägerin über den zurücküberwiesenen Betrag hinaus - der exakt dem ihr für die Jahre 2007 (anteilig) und 2008 zustehenden maximalen Betrag von 6% der Anlagesumme p.a. entspricht – weitere Ausschüttungen erhalten hat, ist weder ersichtlich noch von der Beklagten zu 4) substantiiert vorgetragen.
426. Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht verjährt. Die Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) begann nicht bereits mit der Zeichnung der Anlage, da die Klägerin – entgegen der Ansicht der Beklagten zu 4) - zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis von den an die Beklagte zu 4) geflossenen Rückvergütungen hatte.
43Eine entsprechende Kenntnis der Klägerin vor dem 01.01.2009 folgt auch nicht aus der Übersendung der „Kundeninformation zum Wertpapiergeschäft“. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin den Zugang dieser Information zulässigerweise mit Nichtwissen bestreiten kann, da selbst dann, wenn sie die Information erhalten hätte; sie hierdurch weder Kenntnis von an die Beklagte für die Vermittlung der streitgegenständlichen Anlage fließenden Vergütungen – und damit dem Beratungspflichtverletzung der Beklagten – erlangt hätte, noch ihr diesbezüglich der Vorwurf grob fahrlässiger Unkenntnis zu machen ist.
44Eine grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er – im Sinne eines Verschuldens gegen sich selbst - die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße verletzt und auch ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt hat, oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat. Dabei besteht für den Gläubiger keine generelle Obliegenheit, im Interesse des Schädigers an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Initiative zur Klärung zu entfalten (Palandt/Ellenberger, 73. Aufl., § 199 Rn. 39).
45Dass die Klägerin diese Kundeninformation der Beklagten zu 4), in Verbindung mit allgemeinen Angaben des Prospekts zu Vertriebsnebenkosten nicht zum Anlass nahm, Nachforschungen über etwaige Provisionen für die erworbene Beteiligung an dem geschlossenen Schiffsfonds anzustellen, stellt sich nach Auffassung des Senats nicht als grob fahrlässig im oben genannten Sinne dar. Zum einen ergeben sich aus diesem Informationsschreiben – wie bereits dargestellt - keine ausreichenden Hinweise darauf, dass bei dem Erwerb geschlossener Fonds die Bank Rückvergütungen erhält. Zum anderen ist ihr die Broschüre nach dem Vortrag der Beklagten zu 4) noch dazu einen Monat vor dem Beratungsgespräch und damit vor der ersten Beteiligung der Klägerin an einem Fonds dieser Art übersandt worden. Aus einer etwaigen allgemeinen Aufklärung über Rückvergütungen bei Ausgabeaufschlägen folgt aber nicht, dass der Klägerin, die sich vorher nicht für derartige Anlagen interessiert hatte und daher keine Veranlassung hatte, die Informationen im Einzelnen zur Kenntnis zu nehmen, eine solche Information zum späteren Zeitpunkt der Anlageberatung überhaupt noch gegenwärtig war oder hätte sein müssen (vgl. auch Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Urteil vom 14. Juni 2013 – 2 U 122/12 –, juris). Schließlich ist der „Kundeninformation“ der Beklagten zu 4) auf Seite 11, Ziffer 5 zu entnehmen, dass beim Erwerb anderer Finanzinstrumente die Beklagte zu 4) den Kunden gesondert über die von ihr für den Vertrieb vereinnahmten Provisionen informieren wird (Bl. 227b d.A.). Da eine solche Information beim Erwerb der streitgegenständlichen Anlage unterblieb, konnte die Klägerin danach davon ausgehen, dass die Beklagte keine Provisionszahlungen erhält, so dass weitere Nachforschungen aufgrund der „Kundeninformation“ gerade nicht veranlasst waren.
46Die Verjährung wurde durch die alsbaldige Zustellung der Klage am 27.12.2011 bei Gericht eingegangenen Klage am 18.01.2012 rechtzeitig gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
477. Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 4) auch der titulierte Zinsanspruch zu, §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
48II.
49Die Berufung der Beklagten zu 1) bis 3) ist begründet, da der Klägerin der geltend gemachte Anspruch gegen die Beklagten zu 1) bis 3) nicht zusteht.
50Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten zu 1) und zu 3) auf Schadensersatz i.H.v. 21.000 € Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Fondsbeteiligung folgt insbesondere nicht aus uneigentlicher Prospekthaftung gegen die Beklagten zu 1) und 3) gemäß §§ 280, 311 Abs. 2 BGB und gegen die Beklagte zu 2) als Komplementärin der Beklagten zu 1) gemäß §§ 128, 161 HGB, da es bereits an einem Prospektfehler fehlt.
511. Einen haftungsbegründender Prospektfehler, für den die Klägerin darlegungs- und beweisbelastet ist, stellen insbesondere nicht die Angaben auf Seite 37 des Prospekts zu den in den Jahren 2007 und 2008 durch den Fonds zu zahlenden Gewerbesteuern dar, obwohl – was unstreitig ist – statt der dort angegebenen ca. 20.000 € im Jahr 2007 182.340 € und statt der für das Jahr 2008 angegebenen ca. 5.000 € 46.147 € zu zahlen waren.
52a) Bei den Angaben zur Gewerbesteuer handelte es sich um eine Prognose, was dem Prospekt zweifelsfrei zu entnehmen ist. So findet sich aus Seite 17 des Prospekts der Hinweis, dass die vorstehenden Ausführungen auf dem zum Zeitpunkt der Erstellung der Ausführungen geltenden Rechtsstand der gegenwärtigen Rechtsprechung und der derzeitigen Verwaltungsauffassung beruhen. „Weiterentwicklungen des Steuerrechts sowie der Rechtsprechung und der Verwaltungsauffassung sowie deren Interpretation lassen sich jedoch – wie eine Betrachtung der Entwicklung in der Vergangenheit zeigt – nicht ausschließen, so dass auch Abweichungen und Verschiebungen – insbesondere auch in zeitlicher Hinsicht – der steuerlichen Ergebnisse möglich sind.“ Dieser Hinweis wird im Anschluss an die detaillierten Ausführungen zum Steuerrecht auf Seite 72 des Prospekts wiederholt. Zudem ist die für die kommenden Jahre erwartete Gewerbesteuerbelastung auf Seite 37 des Prospekts als „ca. Betrag“ ausgewiesen. Die Risikohinweise auf Seite 16 des Prospekts enthalten gleich doppelt die Angabe, dass eine deutlich erhöhte Gewerbesteuerbelastung etwa dadurch entstehen kann, dass die Tonnagebesteuerung nicht mehr möglich ist, bzw. wenn die Leistungsvergütungen an die Gesellschafter, die in der Kalkulation als Sondervergütungen dem Tonnagegewinn hinzugerechnet worden sind, höher ausfallen. Dieser Hinweis wird auf Seite 68 des Prospekts wiederholt.
53b) Allein, dass eine im Prospekt aufgestellte Prognose sich nicht bewahrheitet hat, stellt indes keinen haftungsbegründenden Prospektfehler dar. Ein solcher liegt nur dann vor, wenn die Prognose nicht durch sorgfältig ermittelte Tatsachen gestützt und aus ex-ante Sicht vertretbar war. Anderenfalls trägt grundsätzlich der Anleger das Prognoserisiko (vgl. BGH Urteil vom 23. 4. 2012 − II ZR 75/10).
54Soweit die erhöhte Steuerlast in den Jahren 2007 und 2008 nach dem – von der Klägerin nicht substantiiert bestrittenen Vortrag der Beklagten – auf einer Erhöhung des Beteiligungskapitals beruht, aufgrund derer höhere Sondervergütungen anfielen, die dem gewerbesteuerpflichtigen Gewerbeertrag hinzuzurechnen waren, ist festzustellen, dass der Prospekt sowohl Angaben zu einer möglichen Erhöhung des Beteiligungskapitals enthält als auch dazu, dass dann höhere Provisionen und eine erhöhte Gewerbesteuerlast die Folge sind (Seite 58 und 16 des Verkaufsprospekts). Da im Prospekt sehr deutlich wird, auf welcher Grundlage die ausgewiesenen und prognostizierten Gewerbesteuerbelastungen beruhen, liegt insoweit kein Prospektfehler vor.
55Soweit ein Großteil der erhöhten Gewerbesteuerlast darauf beruht, dass die Finanzverwaltung bei der Ermittlung des zu versteuernden Gewinns keine Kürzungen im Hinblick auf Vergütungen an Gründungsgesellschafter anerkannte, war dies von den Beklagten zu 1) und 3) bei der Prospektherausgabe nicht zu berücksichtigen.
56Nach § 5a EStG gilt bei der Tonnagebesteuerung das pauschal ermittelte Einkommen als Gewerbeertrag im Sinne von § 7 S. 1 GewStG. Hinzuzurechnen sind gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und S. 2 EStG, § 5 a Abs. 4 EStG Vergütungen für Leistungen der Gründungsgesellschafter (z.B. Provisionen). Nach § 7 S. 1 letzter Halbsatz GewStG i.V.m. § 9 Nr. 3 GewStG ist der so ermittelte Gewerbeertrag für Unternehmen, die ausschließlich dem Betrieb von eigenen oder gecharterten Handelsschiffen im internationalen Verkehr zum Gegenstand haben, um 80 % zu kürzen.
57Während die Finanzverwaltung – nach unbestrittenem Vortrag der Beklagten und wie es dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 12. Juni 2002 (Bundessteuerblatt I 2002,614, Rz. 34) zu entnehmen ist - eine solche generelle Kürzung des nach § 5a EStG ermittelten Tonnagegewinns nicht zugelassen hat, ließ sie Kürzungen der Sondervergütungen um 80 % entsprechend dieser Vorschrift zum Zeitpunkt der Prospektherausgabe und der Zeichnung durch die Klägerin zu, obwohl der Bundesfinanzhof mit seinen Urteilen vom 06.07.2005 (Az. VIII R 72 / 02 und VIII R 74/02) entschieden hatte, dass diese Kürzung des nach § 5a EStG ermittelten Gewerbeertrags aber auch bezüglich der Sondervergütungen gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und S. 2 EStG ausgeschlossen ist.
58Die maßgebliche Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 06.07.2005 (Az. VIII R 72/02), die wie alle Entscheidungen des Bundesfinanzhofs gemäß § 110 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung zunächst nur die am Rechtsstreit beteiligten Personen bindet, war zu diesem Zeitpunkt bis zur Prospektherausgabe nur in der nicht veröffentlichten Entscheidungssammlung des Bundesfinanzhofs zu finden, in einem weiteren (veröffentlichten) Urteil des BFH (VIII R 74/02) zitiert sowie in einem Aufsatz in der FR 2007, S. 205 bis 209 besprochen worden. Die Finanzverwaltung, auf deren Umsetzung es für die Steuerpflicht des Fonds ankommt, ist aber nur an Urteile gebunden, die das Bundesfinanzministerium im Bundessteuerblatt II veröffentlicht hat. Erst durch eine Veröffentlichung der Urteile des Bundesfinanzhofs bzw. Beschlüsse im Bundessteuerblatt Teil II (BStBl II) werden die Finanzämter angewiesen, diese Urteile des Bundesfinanzhofs auch in anderen Fällen anzuwenden.
59Auf die Möglichkeit, von der Entscheidung „online“ Kenntnis zu nehmen, kommt es – außerhalb der offiziellen Seite des BMF - damit nicht an. Im Bundessteuerblatt ist die Entscheidung erst nach Prospektherausgabe und Zeichnung der Beteiligung durch die Klägerin veröffentlicht worden. Gleiches gilt für die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom gleichen Tag (Az. VIII R 74/02). Das Bundesfinanzministerium hat die Verwaltungspraxis aufgrund dieser Entscheidung durch entsprechende Anweisung an die Finanzämter erst am 31.10.2008, und damit ebenfalls nach Herausgabe des Prospekts und nach Zeichnung der Anlage durch die Klägerin geändert.
60Die Angaben im Prospekt zur Höhe der zu erwartenden Gewerbesteuerbelastung des Fonds waren daher in Anbetracht der bis dahin geltenden Finanzverwaltungspraxis zutreffend. Darauf, dass es aufgrund einer Änderung der Rechtsprechung und der Verwaltungsauffassung zu Abweichungen auch bei der steuerrechtlichen Bewertung kommen kann, weist der Prospekt ausdrücklich hin (vgl. Seite 72 des Prospekts).
612. Auch im Hinblick auf die Angabe der Vertriebskosten und sonstigen „weichen“ Kosten enthält der Prospekt keinen Fehler.
62Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat bereits nicht substantiiert vorgetragen, dass die Angaben nicht zutreffen. Zwar überschreitet der Betrag für die Vertriebskosten unstreitig den auf Seite 58 des Prospekts genannten Betrag von. 2.820.000 € zuzüglich Agio i.H.v. 940.000 €. Die Beklagten zu 1) bis 3) haben aber substantiiert dargetan, dass dies Folge der Eigenkapitalerhöhung ist, an der der Vertrieb prozentual beteiligt war. Dem ist die Klägerin nicht substantiiert entgegen getreten. Auf die Möglichkeit der Eigenkapitalerhöhung und deren Folgen weist der Prospekt im nächsten Satz indes ausdrücklich hin. Ein Hinweis darauf, dass – sollte sich die Höhe des eingeworbenen Kommanditkapitals ändern – sich die vorgenannte Vergütung entsprechend ändert, findet sich auch bereits auf Seite 13 des Prospekts.
63Auch werden die Vertriebskosten – entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht unzulässig verschleiert. Zwar kann ein Prospektmangel bereits dann vorliegen, wenn überhöhte Vertriebskosten in dem Prospekt verschleiert werden, indem z.B. an herausgehobener Stelle ein viel zu geringer Betrag der Innenprovision genannt wird, während sich die wirkliche Höhe der Innenprovision erst für Fachleute aus dem komplexen Zahlenwerk erschließt (MüKo-Emmerich, 6. Aufl., § 311 Rn. 164 mwN). Dies ist vorliegend aber gerade nicht der Fall.
64Die von der Klägerin zitierte Angabe auf Seite 33 Punkt (4) des Prospekts, das Agio diene der „anteiligen“ Finanzierung der eigenen Kapitalbeschaffungskosten, ist aufgrund der systematischen Stellung dieser Angabe unter der Überschrift „Mittelherkunft und Mittelverwendung“ nicht eindeutig dahingehend zu verstehen, dass das Agio in den Eigenkapitalvermittlungskosten unter Punkt (11) auf Seite 33 bereits enthalten ist. Dies gilt umso mehr, als sich dem Prospekt im Übrigen beispielsweise auf Seite 53 und 58 eindeutig entnehmen lässt, dass die Beklagte zu 1) eine Vergütung „zuzüglich“ des 5%-igen Agios erhält. Bei der maßgeblichen Gesamtbetrachtung des Prospekts sind die Angaben für einen sorgfältigen Anleger weder unklar noch bedarf es eines eigenen erheblichen Rechenaufwands.
653. Der Klägerin steht gegen die Beklagten zu 1-3) auch kein Anspruch wegen fehlender Prospektangaben zu den durch die Gesellschaft vorgenommenen oder vorzunehmenden Devisentermingeschäften und Zinsswap-Geschäften zu.
66Der im Prospekt enthaltene Gesellschaftsvertrag (Seite 80) sieht in § 6 Ziff. 3 ausdrücklich die Ermächtigung der Geschäftsführung der Gesellschaft zu derartigen Geschäften zur „Absicherung von Kursrisiken durch Devisentermin-, Devisionoptions- oder ähnliche Geschäfte, den Abschluss von Vereinbarungen zur Vermeidung oder Verringerung von Zinsänderungsrisiken“ vor. Zudem enthält der Prospekt Hinweise zum Wechselkursrisiko bezüglich des in Yen und US-$ angelegten Kapitals (Seite 13, 14, 41 des Prospekts) sowie ausreichend genaue Angaben zu den Zinsfestschreibungen, deren Anteil und Laufzeit (Seite 10, 37 und 42).
67Entgegen der Auffassung der Klägerin bedurfte es keiner weiteren Angaben zu den genauen Kosten dieser Verträge und etwaiger Risiken bei vorzeitiger Kündigung. Ein Prospekt muss zwar über alle diejenigen Umstände des Beteiligungsobjekts richtig und vollständig informieren, die für die Anlageentscheidung von Bedeutung sind oder sein können, einschließlich der mit der angebotenen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken sowie derjenigen Tatsachen, die den Vertragszweck vereiteln können. Es muss aber nicht jede von der Geschäftsführung zu treffende Entscheidung im Voraus im Prospekt detailliert dargestellt sein.
68Bei den von der Klägerin dargestellten allgemeinen Risiken und Kosten von Devisentermingeschäften und der Zinsfestschreibungen, handelt es sich nicht um derartige das Risiko bzw. die Rentabilität der Beteiligung an dem Schiffsfonds betreffende entscheidungserheblichen Angaben. Zumal es sich bei den getätigten und auch im Prospekt erwähnten Zinsswap-Geschäften um sog. einfache Zinsswaps handelte. Dem Anleger wird – auch bei Fehlen genauerer Angaben - ein für seine Beitrittsentscheidung zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt (vgl. BGH, Urteil vom 22. 3. 2010 - II ZR 66/08).
694. Soweit die Klägerin erstmals mit der Berufungserwiderung vorträgt, die tatsächlichen Betriebsnebenkosten seien ausweislich der Geschäftsberichte – insbesondere aufgrund gestiegener Personalkosten – erheblich höher ausgefallen, als im Prospekt prognostiziert, und diese Angaben im Prospekt seien auch aufgrund grob falscher Annahmen erfolgt, da dem Prospekt eine Kalkulation zugrunde gelegen habe, die auf veralteten Zahlen beruhte, ist dieses neue Angriffsmittel der Klägerin gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen.
70Nach dem Vortrag der Klägerin beruht die Verspätung des Vorbringens darauf, dass sie die erforderlichen Informationen erst jetzt erhalten habe und ihr erst jetzt die Abweichung und die Unvertretbarkeit der Prognose bewusst geworden sei. Dafür, dass der Vortrag erst jetzt erfolgt, war danach nicht im Sinne von § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (mit)ursächlich, dass das Gericht den Vortrag für unerheblich hielt (vgl. Zöller-Heßler, 30. Aufl., § 531 Rn. 27).
71Auch ist der Vortrag nicht nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zuzulassen, da es auf einer Nachlässigkeit der Klägerin beruhte, dass das neue Angriffsmittel erst jetzt geltend gemacht wird. Ausgeschlossen ist die Berücksichtigung solcher tatsächlicher Umstände, die in erster Instanz nicht vorgebracht wurden, obwohl sie und ihre Bedeutung für den Ausgang des Rechtsstreits der Partei vor Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem erstinstanzlichen Gericht bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen. Die Klägerin trägt hierzu vor, die Unvertretbarkeit der Prognose sei ihren Prozessbevollmächtigten erst aufgrund der Lektüre einer Betriebskostenstudie der X-Bank aufgefallen, die von diesen erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung der ersten Instanz angefordert und übersandt worden sei. Dazu, warum eine Anforderung dieser Unterlagen aber solange unterblieb, trägt die Klägerin nicht vor. Zudem hätte die Klägerin die Fehlerhaftigkeit der Prognose der Betriebskosten auch anderweitig erkennen können. Dass die Betriebskosten gegenüber der Prognose deutlich nach oben abwichen folgt – nach dem Vortrag der Klägerin – eindeutig aus den ihr schon in erster Instanz vorliegenden Geschäftsberichten für die Jahre 2007 bis 2009 (Anlage K 10, K 4 und K 11). Nach ihrem eigenen Vortrag war auch die Unvertretbarkeit der Prognose für die Betriebskosten aufgrund der Abweichung von der „Drewry-Studie“ und der „Moore-Stephens-Studie“ aus 2007 bereits in erster Instanz ohne weiteres zu erkennen, so dass es der weitergehenden Informationen, so dass der neue Vortrag nicht zuzulassen war.
72Da der Klägerin nach dem Vorstehenden der geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht zusteht, besteht auch der geltend gemachte Zinsanspruch gegen die Beklagten zu 1) bis 3) nicht.
73III.
74Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 91, 708 Ziffer 10, 711 ZPO.
75Die Revision war nicht zuzulassen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.
(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.
(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.