Landgericht Essen Urteil, 08. Jan. 2015 - 6 O 353/14
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 15.613,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.11.2014 zu zahlen; Zug-um-Zug gegen Zahlung eines Betrages des Klägers an die Beklagte in Höhe von 22.900,00 €.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 45 % und die Beklagte zu 55 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger allerdings nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückabwicklung eines Verbraucher- darlehensvertrages nach erklärtem Widerruf in Anspruch.
3Mit Vertrag vom 13.05.2008 gewährte die Beklagte ein Darlehen (Nr. …) über einen Nominalbetrag von 22.900,00 € netto. Außerdem wurde ein Einmalbetrag für eine Restschuldversicherung in Höhe von 5.269,61 € sowie eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 845,09 € in Rechnung gestellt. Die Vertragslaufzeit betrug 84 Monate. Der vereinbarte Festzins belief sich auf 12,181 %. Auf Seite 5 des Darlehensvertrages befand sich eine Widerrufsbelehrung, in der es u.a. hieß:
4„Die Widerrufsfrist beginnt einen Tag, nachdem dem/den Kunden diese Belehrung zur Verfügung gestellt und seine/ihre Vertragsurkunde, der schriftlicher Kreditantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Kreditantrags ausgehändigt wurde.“
5Wegen der weiteren Einzelheiten des Darlehensvertrages und der Widerrufsbelehrung wird auf die Anlage K1 (Bl. 9 ff. GA) Bezug genommen.
6In der in Ablichtung vorliegenden Vertragsurkunde wird der Kläger als Darlehensnehmer bezeichnet, wobei die genauen Umstände des Vertragsschlusses ungeklärt sind. In dem für den Darlehensnehmer vorgesehenen Unterschriftenfeld befindet sich der Namenszug „N“. Die Ex-Ehefrau des Klägers - nähere Einzelheiten sind noch ungeklärt - soll den streitgegenständlichen Darlehensvertrag ohne entsprechende Bevollmächtigung unter dem Namen des Klägers abgeschlossen und dessen Unterschrift gefälscht haben. Die Auszahlung der Darlehensvaluta erfolgte jedenfalls auf ein Gemeinschaftskonto des Klägers und seiner damaligen Ehefrau. Diese überwies die Valuta unmittelbar nach dem Zahlungseingang auf ein anderes Konto, auf welches der Kläger keinen Zugriff hatte. Die monatlich geschuldeten Zins- und Tilgungsleistungen wurden vom damaligen Gemeinschaftskonto der Eheleute N1 abgebucht. Das Darlehen wurde in Höhe von mindestens 15.613,15 € getilgt. Außerdem wurden Zahlungen in unbekannter Höhe an ein Inkassounternehmen geleistet. Möglicherweise erfolgten auch weitere Zahlungen durch die damalige Ehefrau des Klägers.
7Nachdem das Darlehen nicht vereinbarungsgemäß zurückgeführt wurde, erklärte die Beklagte die Kündigung des Darlehensvertrag und erwirkte unter dem 19.09.2012
8gegen den Kläger einen - mittlerweile - rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid (Amtsgericht D, Geschäftsnummer …) über 25.673,01 € (Anl. B1, Bl. 32 GA).
9Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.08.2014 (Anl. K2, Bl. 12 ff. GA) erklärte der Kläger den Widerruf des Darlehensvertrages und forderte die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 08.09.2014 erfolglos zur Rückabwicklung des Vertrages auf.
10Der Kläger meint, den Darlehensvertrag wirksam widerrufen zu haben. Die Widerrufsfrist sei noch nicht abgelaufen gewesen, da er nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei. Die Formulierung „Die Widerrufsbelehrung beginnt einen Tag, nachdem (…)“ sei undeutlich, weil sie nahe lege, die Widerrufsfrist beginne - unabhängig von der eigenen Willenserklärung des Verbrauchers - schon einen Tag, nachdem ihm das mit der Widerrufsbelehrung versehene Darlehensangebot der Bank zugegangen sei. Außerdem sei in der Widerrufsbelehrung nicht auf die Rechtsfolgen des § 358 BGB hingewiesen worden. Darüber hinaus genüge die Widerrufsbelehrung in ihrer äußeren Gestalt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil die Schrift sehr klein sei und es an Zwischenüberschriften fehle.
11Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da die von ihr verwandte Widerrufsbelehrung inhaltlich von der seinerzeit gültigen Musterwiderrufsbelehrung der BGB-Info-Verordnung abweiche.
12Er meint, dass der Widerruf trotz der bereits erfolgten Kündigung des Darlehensvertrages durch die Beklagte und der Titulierung des gesamtfällig gestellten Betrages möglich sei. Infolge des wirksam erklärten Widerrufs stehe ihm außerdem ein Anspruch auf Herausgabe des Titels zu.
13Der Kläger beantragt,
141. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 15.613,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit - Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von 22.900,00 € - zu zahlen,
152. festzustellen, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag mit der Nummer … und dem dazugehörigen Restschuldversicherungsvertrag, mit Ausnahme der unter Ziff. 1 genannten Ansprüche, keinerlei Ansprüche gegen ihn zustehen,
163. die Beklagte zu verurteilen, die vollstreckbare Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides des Amtsgerichts D vom 19.09.2012 (Az.: …) an ihn herauszugeben.
17Die Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Sie ist der Auffassung, der nach rechtskräftiger Titulierung erklärte Widerruf gehe ins Leere, da die diesbezügliche materiell-rechtliche Einwendung zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr geltend gemacht werden könne. Es komme daher nicht darauf an, ob und inwieweit die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei. Die Präklusionswirkung führe vielmehr dazu, dass der Kläger die materielle Rechtskraft der rechtskräftig festgestellten Forderung nicht mehr beseitigen könne.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
21Entscheidungsgründe
22Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichem Umfang Erfolg. Der Klageantrag zu 1) ist zulässig und begründet. Die Klageanträge zu 2) und 3) sind dagegen unzulässig.
23I.Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von 15.613,15 € Zug-um-Zug gegen Zahlung von 22.900,00 € aus §§ 346 Abs. 1, 357 Abs. 1, 495 Abs. 1 BGB a.F. i. V. m.§§ 348, 320, 322 BGB.
241.Der Klageantrag zu 1) ist zulässig.
25a)Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Essen ergibt sich aus § 29 ZPO, da der Erfüllungsort im hiesigen Gerichtsbezirk gelegen ist.
26Der Kläger macht Rückgewähransprüche nach erklärtem Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrages geltend. Für die Bestimmung des Erfüllungsortes i. S. d. § 29 ZPO ist nicht auf den Erfüllungsort des Rückgewähranspruchs, sondern auf den Erfüllungsort der primären Zahlungsverpflichtung abzustellen (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 29 Rn. 19). Die Zahlungsverpflichtung aus dem Darlehensvertrag ist nach §§ 269 Abs. 1, 270 Abs. 4 BGB am Wohnsitz des Darlehensnehmers zu erfüllen. Darlehensnehmer ist - wie noch zu zeigen sein wird - der Beklagte, der seinen Wohnsitz in H hat.
27b)Der Klageantrag zu 1) ist hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
28aa)Das Bestimmtheitserfordernis gilt auch hinsichtlich einer Zug-um-Zug-Einschränkung. Diese muss so bestimmt sein, dass sie ihrerseits zum Gegenstand einer
29Leistungsklage gemacht werden könnte (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 253 Rn. 13c). Dies ist hier der Fall, da der Kläger die Zug-um-Zug-Einschränkung auf entsprechenden Hinweis der Kammer mit Schriftsatz vom 17.12.2014 konkret beziffert hat.
30bb)Eine Unbestimmtheit ergibt sich auch nicht daraus, dass es sich bei dem Klageantrag zu 1) um eine Teilklage handelt. Es sind unstreitig Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von mindestens 15.613,15 € erbracht worden. Außerdem sind weitere Zahlungen in unbekannter Höhe an ein Inkassounternehmen geflossen. Ob die damalige Ehefrau des Klägers ebenfalls Zahlungen geleistet hat, ist nicht bekannt. Der Kläger geht selbst davon aus, dass der Beklagten ein höherer Betrag zugeflossen ist, als er mit dem Antrag zu 1) zurückverlangt, weshalb es sich vorliegend um eine bloße Teilklage handelt.
31Eine Teilklage genügt nur dann den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn erkennbar ist, welcher Teil des Gesamtanspruchs Gegenstand der Klage sein soll (vgl. BGH, Urt. v. 13.03.2003 – VII ZR 418/01, NJW-RR 2003, 1075, 1076). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt, da der teilweise geltend gemachte Rückzahlungsanspruch konkret beziffert ist.
32c)Der Zulässigkeit des Klageantrags zu 1) steht auch nicht die Rechtskraft des Vollstreckungsbescheids vom 19.09.2012 entgegen.
33Eine Unzulässigkeit infolge entgegenstehender Rechtskraft käme nur dann in Betracht, wenn über den identischen Streitgegenstand bzw. das genaue kontradiktorische Gegenteil bereits rechtskräftig entschieden worden wäre (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl. 2014, Vor § 322 Rn. 21). Dies ist hier nicht der Fall. Gegenstand des rechtskräftigen Vollstreckungsbescheids ist der Rückzahlungsanspruch der Beklagten nach außerordentlicher Kündigung des Darlehensvertrages. Die hier geltend gemachten Rückabwicklungsansprüche wegen des erklärten Widerrufs waren nicht Streitgegenstand des Mahnverfahrens.
34Ob und inwieweit die Rechtskraft des Vollstreckungsbescheids dazu führt, dass der Kläger mit dem Widerruf präkludiert sein könnte, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern wird vielmehr im Rahmen der Begründetheit zu erörtern sein.
35d)Der Kläger verfügt auch über das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Zwar hätte er die Möglichkeit, den Einwand des Widerrufs im Wege der Vollstreckungsabwehrklage geltend zu machen, mit dem Ziel, die Vollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid für unzulässig zu erklären. Dies schließt die Zulässigkeit einer Leistungsklage wegen des Anspruchs, der die materielle Einwendung nach § 767 ZPO begründet, aber nicht aus; ein Vorrang der Vollstreckungsabwehrklage gegenüber der Leistungsklage besteht insoweit nicht (vgl. Lackmann, Vollstreckungsrecht, 10. Aufl. 2013, Rn. 489).
362.Der Klageantrag zu 1) ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von 15.613,15 € Zug-um-Zug gegen Zahlung an die Beklagte in Höhe von 22.900,00 € aus §§ 346 Abs. 1, 357 Abs. 1, 495 Abs. 1 BGB a.F. i. V. m. §§ 348, 320, 322 BGB, weil er den zwischen den Parteien zustande gekommenen Darlehensvertrag wirksam widerrufen hat. Im Einzelnen:
37a)Die Parteien haben einen wirksamen Darlehensvertrag geschlossen. Trotz der nach wie vor ungeklärten Umstände des Vertragsschlusses ist hier davon auszugehen, dass der Kläger Vertragspartner der Beklagten geworden ist. Das Zustandekommen eines wirksamen Darlehensvertrages zwischen den Parteien steht zwar nicht schon aufgrund des rechtkräftigen Vollstreckungsbescheides vom 19.09.2012 fest. Wenngleich ein Vollstreckungsbescheid der vollen materiellen Rechtskraft fähig ist (vgl. BGH, Urt. v. 24.09.1987 – III ZR 187/86, NJW 1987, 3256 f.), war Gegenstand des vorausgegangenen Mahnverfahrens der Rückzahlungsanspruch der Beklagten nach außerordentlicher Kündigung des Darlehensvertrages. Das Bestehen eines Darlehensvertrages zwischen den Parteien stellte im Rahmen des Mahnverfahrens daher allenfalls eine Vorfrage dar, die nicht an der materiellen Rechtskraftwirkung des Vollstreckungsbescheids teilnimmt (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl. 2014, Vor § 322 Rn. 28).
38Der Darlehensvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten ist aber jedenfalls durch nachträgliche Genehmigung eines unberechtigten Vertretergeschäfts nach
39§§ 177 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB zustande gekommen. Die Vorschriften der §§ 164 ff. BGB, insbesondere die Vorschrift des § 177 BGB, sind auf das Handeln unter fremden Namen entsprechend anzuwenden (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl. 2015, § 164 Rn. 10). Sollte die damalige Ehefrau des Klägers den Darlehensvertrag unter dessen Namen ohne entsprechende Vertretungsmacht abgeschlossen haben, liegt spätestens in der Ausübung des Widerrufsrechts verbunden mit der Geltendmachung der sich daraus ergebenden Rückgewähransprüche die Genehmigung eines unberechtigten Vertretergeschäfts.
40Eine Genehmigung nach § 177 BGB kann durch schlüssiges Verhalten erfolgen, wenn der Vertretene die mögliche Deutung seines Verhaltens als Genehmigung bei Anwendung pflichtgemäßer Anwendung hätte erkennen können (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl. 2015, 3 177 Rn. 6). Diese Voraussetzung ist hier gegeben. Der Kläger hat sich durch die Ausübung des Widerrufsrechts als Vertragspartner der Beklagten geriert. Außerdem hat er durch die von ihm Zug-um-Zug angebotenen Rückzahlung der Darlehensvaluta zum Ausdruck gebracht, dass er das ursprüngliche Rechtsgeschäft gegen sich gelten lassen möchte und bereit ist, dessen Rechtfolgen einschließlich der sich im Rahmen eines Rückgewährschuldverhältnisses ergebenden Rückgewährpflichten zu tragen. Dieses Verhalten durfte die Beklagte jedenfalls als schlüssige Genehmigung verstehen. Dass dem Kläger dieser Umstand bewusst war und er sein Verhalten als Genehmigung eines vermeintlich unberechtigten Vertretergeschäftes seiner damaligen Ehefrau verstanden wissen wollte, hat dieser in der mündlichen Verhandlung vom 08.01.2015 ausdrücklich bestätigt.
41b)Der Kläger konnte den Darlehensvertrag trotz rechtskräftiger Titulierung des Rückzahlungsanspruchs der Beklagten widerrufen.
42aa)Da es sich vorliegend um einen Verbraucherdarlehensvertrag handelt, stand dem Kläger nach §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1 BGB a. F. ein Widerrufsrecht zu. Der Kläger hat den Widerruf mit anwaltlichem Schreiben vom 29.08.2014 (Anl. B2, Bl. 12 GA) erklärt. Da der Darlehensvertrag ausschließlich im Namen des Klägers abgeschlossen wurde und er auch bei der hier angenommenen konkludenten Genehmigung eines unberechtigten Vertretergeschäfts alleiniger Vertragspartner der Beklagten geworden ist, war auch nur der Kläger zur Erklärung des Widerrufs berechtigt; einer Widerrufserklärung seiner damaligen Ehefrau bedurfte es nicht.
43Dass der Kläger den Widerruf erst nach der außerordentlichen Kündigung des Darlehensvertrages durch die Beklagte erklärt hat, steht der Wirksamkeit des Widerrufs ebenfalls nicht entgegen. Aus Gründen des Verbraucherschutzes kann ein Vertrag auch dann widerrufen werden, wenn dieser zuvor bereits gekündigt wurde (vgl. Palandt/Grüneberg, 74. Aufl. 2015, § 355 Rn. 2).
44bb)Der erklärte Widerruf des Klägers ist auch nicht verfristet.
45Die Widerrufsfrist beträgt gemäß § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. zwei Wochen und beginnt nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. mit dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erhält. Nach § 355 Abs. 3 S. 1 BGB a.F. erlischt das Widerrufsrecht spätestens sechs Monate nach Vertragsschluss. Dies gilt gemäß § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. jedoch nicht, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde; dann ist vielmehr von einem zeitlich unbegrenzten Widerrufsrecht auszugehen. So liegt der Fall hier. Die Widerrufsbelehrung der Beklagten ist nicht ordnungsgemäß, weshalb dem Kläger nach § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. ein zeitlich unbegrenztes Widerrufsrecht zustand.
46(1) In der Widerrufsbelehrung der Beklagten heißt es u.a.:
47„Die Widerrufsfrist beginnt einen Tag, nachdem dem/den Kunden diese Belehrung zur Verfügung gestellt und seine/ihre Vertragsurkunde, der schriftliche Kreditantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Kreditantrags ausgehändigt wurde.“
48Eine solche Formulierung genügt nicht dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. und stellt keine ordnungsgemäße Belehrung dar (vgl. BGH, Urt. v. 10.03.2009 - XI ZR 33/08, Rn. 16 bei juris). Der Verbraucher wird durch die Formulierung nicht richtig über den Beginn der Widerrufsfrist belehrt, weil sie das unrichtige Verständnis nahe legt, die Widerrufsfrist beginne bereits einen Tag nach Zugang des mit der Widerrufsbelehrung versehenen Darlehensangebots zu laufen. Durch die Formulierung, die Belehrung beginne „einen Tag“ nach Zurverfügung-
49stellen „dieser“ Belehrung, entsteht aus Sicht des Kunden der Eindruck, diese Voraussetzung sei bereits mit der Übermittlung des die Widerrufsbelehrung enthaltenen Vertragsantrags erfüllt und die Widerrufsfrist beginne ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach Zugang des Angebots (vgl. BGH, a. a. O.).
50Die Widerrufsbelehrung ist damit schon aus diesem Grund fehlerhaft, so dass es auf die weiteren vom Kläger geltend gemachten Belehrungsfehler nicht ankommt.
51(2) Die Beklagte kann sich auch nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. berufen. Nach dieser Vorschrift genügt die Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV verwandt wird.
52Eine Berufung auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV ist nur dann möglich, wenn gegenüber dem Verbraucher ein Belehrungsformular verwendet wird, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltungvollständig entspricht (vgl. BGH, Urt. v. 28.06.2011 – XI ZR 349/10, NJW-RR 2012, 183, 185).
53Dies ist hier nicht der Fall, da schon der mangelhafte Zusatz „Die Widerrufsfrist beginnt einen Tag, nachdem dem/den Kunden diese Belehrung zur Verfügung gestellt und seine/ihre Vertragsurkunde, der schriftliche Kreditantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Kreditantrags ausgehändigt wurde.“ in der seinerzeit gültigen Musterbelehrung (Fassung vom 01.04.2008 bis 03.08.2009) so nicht vorgesehen ist. In der seinerzeit gültigen Anlage 2 zu § 14 BGB-Info-V ist unter dem Gestaltungshinweis 3 vielmehr folgende Formulierung vorgesehen:
54„Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform, jedoch nicht bevor Ihnen auch eine Vertragsurkunde, Ihr schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt worden ist.“
55Eine vollständige Übereinstimmung in Inhalt und äußerer Gestaltung ist damit nicht gegeben, weshalb eine Berufung der Beklagten auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV ausscheidet.
56cc)Die Ausübung des Widerrufs verstößt auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Der Kläger hat sein Widerrufsrecht weder verwirkt noch stellt sich dessen Ausübung als rechtsmissbräuchlich dar:
57(1) Verwirkung setzt voraus, dass der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht hat, obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre, der Gegner sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde und die verspätete Geltendmachung gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2004 – II ZR 352/02, NJW-RR 2005, 180, 182). Da der bloße Zeitablauf eine Verwirkung nicht rechtfertigen kann (BGH, a.a.O.), reicht es nicht aus, dass hier zwischen Unterzeichnung des Vertrages und erklärtem Widerruf sechs Jahre vergangen sind. Hinzu kommt, dass der Kläger nach seinem unbestrittenen Vorbringen erst im Jahr 2014 Kenntnis vom Abschluss des Vertrages erlangt haben will, was der Annahme des Zeitmoments ebenfalls entgegen stünde. Unabhängig davon kann die Beklagte für sich im konkreten Fall kein schutzwürdiges Vertrauen in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt hat (vgl. BGH. Urt. v. 07.05.2014 – IV ZR 76/11, NJW 2014, 2626, 2650; OLG Hamm, Beschluss v. 25.08.2014 – 31 U 74/14). Dies gilt erst recht, wenn man berücksichtigt, dass die Beklagte ohne Weiteres in der Lage gewesen wäre, die Widerrufsfrist durch eine ordnungsgemäße Nachbelehrung in Gang zu setzen, § 355 Abs. 2 S. 2 BGB a.F. (vgl. OLG Hamm, a.a.O.). Eine Verwirkung könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn die Parteien einen Aufhebungsvertrag geschlossen hätten und ein Widerruf des aufgehobenen Darlehensvertrages anschließend gleichwohl erfolgt wäre. So liegt der Fall hier aber gerade nicht.
58(2) Dem Kläger kann sein Widerrufsrecht auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs abgesprochen werden. Zwar kann die Berufung auf eine bestimmte formale Rechtsposition unredlich sein, wenn dies dem übereinstimmend Gewollten bzw. dem nach der Verkehrssitte oder dem Gesetz zugrunde zu legenden Zweck des Rechtsverhältnisses widerspricht. Daraus folgt jedoch nicht, dass die im Rahmen eines Rechtsverhältnisses bestehenden Rechte einer Seite nur unter den Voraussetzungen eigener umfassender Redlichkeit geltend gemacht werden können (vgl. jurisPK-BGB/Pfeiffer, 7. Aufl. 2014, § 242 Rn. 63). Missbilligenswerte Motive für
59die Ausübung eines Rechts sind daher für sich allein nicht geeignet, die Annahme eines Rechtsmissbrauchs zu rechtfertigen (vgl. MüKo-BGB/Roth/Schubert, 6. Aufl. 2012, § 242 Rn. 203).
60cc)Entgegen der Auffassung der Beklagten war der Kläger mit dem Einwand des erklärten Widerrufs auch nicht nach §§ 796 Abs. 2, 767 Abs. 2 ZPO präkludiert.
61Zwar sind die Vorschriften der §§ 767 Abs. 2, 796 Abs. 2 ZPO hier nicht direkt anwendbar, da der Kläger nicht die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage rügt, sondern im Wege der Leistungsklage die Rückabwicklung des Darlehensvertrages begehrt. Der Anwendungsbereich der Präklusion ist allerdings nicht nur auf die Vollstreckungsabwehrklage beschränkt, sondern gilt in den objektiven, subjektiven und zeitlichen Grenzen der Rechtskraft uneingeschränkt (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl. 2014, Vor § 322 Rn. 65).
62Gleichwohl kommt eine Präklusion hier nicht in Betracht, da für die Bemessung der zeitlichen Grenzen der Rechtskraft im konkreten Fall nicht - wie bei Gestaltungsrechten sonst üblich - auf die Entstehung der Gestaltungslage, sondern auf die Ausübung des Gestaltungsrechts abzustellen ist. Da der Kläger den Widerruf unstreitig nach Ablauf der Einspruchsfrist (§§ 700 Abs. 1, 339 Abs. 1 ZPO) und damit nach Eintritt der Rechtskraft erklärt hat, handelt es sich bei der Geltendmachung der Widerrufsfolgen um eine neue Tatsache, weshalb eine Präklusion nicht in Betracht kommt. Im Einzelnen:
63(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH kommt es für die Präklusion von Gestaltungsrechten allein auf die objektive Möglichkeit der Ausübung des Gestaltungsrechts an (vgl. BGH, Urt. v. 10.08.2010 – VIII ZR 319/09, m. w. N.). Begründet wird dies mit dem größtmöglichen Schutz der Rechtskraft und der Vollstreckbarkeit des Titels. Der Schuldner soll im Interesse der Rechtsklarheit gezwungen werden, möglichst früh von seinen Gestaltungsrechten Gebrauch zu machen (vgl. Lackmann, Zwangsvollstreckungsrecht, 10. Aufl. 2013, Rn. 518). Gestaltungsfolgen können mithin nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Partei die Rechtslage schon während des Erstprozesses durch eine Erklärung zu ihren Gunsten hätte gestalten können (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., Vor § 322 Rn. 62). In Anknüpfung an diese BGH-Rechtsprechung wird teilweise vertreten, dass die
64Rechtskraft eines titulierten Zahlungsanspruchs des Darlehensgebers der klageweisen Geltendmachung der sich aus dem Widerruf ergebenden Rückgewähransprüche entgegenstehe, wenn der Widerruf erst nach Eintritt der Rechtskraft erklärt worden sei (vgl. Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearbeitung 2012, § 495 Rn. 10).
65Da die Gestaltungslage vorliegend - wegen der Rückwirkung nach §§ 184 Abs. 1, 177 Abs. 1 BGB auch bei Annahme der Genehmigung eines unberechtigten Vertretergeschäfts - mit Unterzeichnung des Darlehensvertrages und damit vor Eintritt der Rechtskraft des Vollstreckungsbescheids entstanden ist, wäre die Geltendmachung des Widerrufs nach der oben aufgezeigten Rechtsprechung des BGH ausgeschlossen.
66(2) Die Kammer geht jedoch mit der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur davon aus, dass in Fällen verbraucherschützender Widerrufsrechte Ausnahmen von den oben dargestellten Grundsätzen zuzulassen sind. Ein dem Verbraucher nach materiellem Recht (§ 355 Abs. 3 S. 2 BGB a.F.) zustehendes Widerrufsrecht darf - im Lichte der europäischen Vorgaben zum Verbraucherschutzrecht - nicht durch prozessuale Vorschriften oder Regelungen wie die der Rügepräklusion entwertet oder eingeschränkt werden.
67Aus diesem Grunde ist bei verbraucherschützenden Widerrufsrechten zur zeitlichen Bestimmung der Grenzen der Rechtskraft - zumindest im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung - nicht auf die Entstehung der Gestaltungslage, sondern ausnahmsweise auf die Ausübung des Gestaltungsrechts abzustellen (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl. 2014, Vor § 322 Rn. 66; MüKo/Gottwald, ZPO, 4. Aufl. 2013, § 322 Rn. 160; Schwab in: JZ 2006, 170, 175; LG Bielefeld, Urt. v. 30.04.2014 – 18 O 264/13, Rn. 29 bei juris).
68c)Infolge des wirksam erklärten Widerrufs des Darlehensvertrages hat der Kläger Anspruch auf Zahlung von 15.613,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.11.2014, Zug-um-Zug gegen Zahlung eines Betrages des Klägers an die Beklagte in Höhe von 22.900,00 €.
69aa)Der Anspruch auf Zahlung von 15.613,15 € ergibt sich aus §§ 346 Abs. 1, 357 Abs. 1, 495 Abs. 1 BGB a.F. Hierbei handelt es sich um die mindestens in dieser Höhe erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen, die die Beklagte erhalten und im Rahmen des Rückgewährschuldverhältnisses zu erstatten hat.
70Im Rahmen des Rückgewährschuldverhältnisses steht dem Darlehensnehmer aus §§ 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und S. 2, 357 Abs. 1, 495 Abs. 1 BGB a.F. außerdem ein Anspruch auf Wertersatz für die vom Darlehensgeber gezogene Kapitalnutzung aus den zugeflossenen Zins- und Tilgungsleistungen zu. Einen solchen Wertersatz hat der Kläger im Rahmen der hier erhobenen Teilklage allerdings nicht geltend gemacht; insoweit ist die Kammer an den Klageantrag gebunden, § 308 Abs. 1 ZPO.
71bb)Die Beklagte hat ihrerseits Anspruch auf Erstattung der ausgezahlten Darlehensvaluta in Höhe von 22.900,00 € aus §§ 346 Abs. 1, 357 Abs. 1, 495 Abs. 1 BGB a.F., weshalb der Zahlungsanspruch des Klägers gem. §§ 348, 357 Abs. 1, 495 Abs. 1 BGB a.F. i. V. m. §§ 320, 322 BGB nur Zug-um-Zug gegen Rückzahlung des Netto-Darlehensbetrages besteht.
72Soweit der Beklagten im Rahmen des Rückgewährschuldverhältnisses darüber hinaus ein Anspruch auf Wertersatz für die zeitlich begrenzte Möglichkeit der Kapitalnutzung aus §§ 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und S. 2, 357 Abs. 1, 495 Abs. 1 BGB a.F. in Höhe der marktüblichen Verzinsung der Darlehensvaluta zusteht, stand dies der antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten nicht entgegen. Der Zug-um-Zug-Einwand des Rückgewährschuldners (§§ 348 S. 1, 357 BGB a.F.) wird nach §§ 348 S. 2, 320, 322 BGB nur auf dessen Einrede berücksichtigt (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl. 2015, § 348 Rn. 1). Da die Beklagte nicht zum Ausdruck gebracht hat, die ihrerseits bei Rückabwicklung des Darlehensvertrages geschuldete Leistung wegen des Ausbleibens der vom Kläger geschuldeten Gegenleistung in Form eines Wertersatzes für die Dauer der Kapitalnutzung zurückzubehalten, konnte die Zug-um-Zug-Einschränkung nur im Umfang des vom Kläger formulierten Antrags erfolgen. Die Nichtberücksichtigung weiterer Gegenansprüche der Beklagten führt im Übrigen nicht dazu, dass der Beklagten diese Rechte abgeschnitten würden, sondern hat lediglich zur Folge, dass die Beklagte diese Ansprüche gesondert geltend machen muss (vgl. BGH, Urt. v. 16.10.2009 – V ZR 203/08, NJW 2010, 146, 148).
73cc)Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Die Klage wurde der Beklagten ausweislich der Zustellungsurkunde (vgl. Bl. 21 GA) am 25.11.2014 zugestellt, weshalb die Forderung mit Blick auf die Vorschrift des § 187 Abs. 1 BGB ab dem 26.11.2014 zu verzinsen ist.
74II.Die Klageanträge zu 2) und 3) sind unzulässig.
751.Dem Klageantrag zu 2) steht bereits die Rechtskraft des Vollstreckungsbescheids vom 19.09.2012 entgegen, wonach der Kläger der Beklagten aus dem Darlehensvertrag die Zahlung von 25.673,01 € schuldet. Eine Klage ist wegen entgegenstehender Rechtskraft unzulässig, wenn im Zweitprozess der Ausspruch des kontradiktorischen Gegenteils einer im Erstprozess festgestellten Rechtsfolge begehrt wird (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl. 2014, Vor § 322 Rn. 21).
76So liegt der Fall hier. Mit dem auf negative Feststellung gerichteten Klageantrag zu 2) begehrt der Kläger die Feststellung des kontradiktorischen Gegenteils zu der im Vollstreckungsbescheid rechtskräftig titulierten Zahlungsverpflichtung.
77Im Übrigen ist der Klageantrag zu 2) jedenfalls auch unbegründet, da die Beklagten im Rahmen des Rückgewährschuldverhältnisses - wie oben dargestellt - nicht nur Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta in Höhe von 22.900,00 €, sondern nach § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und S. 2 BGB zumindest auch Anspruch auf Wertersatz für die Dauer der Kapitalnutzung hat, der von der im Klageantrag zu 1) vorgesehenen Zug-um-Zug-Einschränkung nicht umfasst ist.
782.Der Klageantrag zu 3) ist wegen des Vorrangs der Vollstreckungsabwehrklage (§§ 767, 794 Abs. 1 Nr. 4, 795 ZPO) unstatthaft und damit unzulässig. Bei der Klage auf Titelherausgabe handelt es sich um eine allgemeine Leistungsklage, die in analoger Anwendung des § 371 BGB zuzulassen ist. Da der Schuldner materielle Einwendungen gegen den titulierten Anspruch aber primär mit dem speziellen Rechtsbehelf der Vollstreckungsabwehrklage geltend machen kann und die Präklusionsvorschriften der §§ 767 Abs. 2, 796 Abs. 2 ZPO nicht umgangen werden dürfen, ist die Klage auf Titelherausgabe nur dann statthaft, wenn die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung gem. § 767 ZPO bereits rechtskräftig festgestellt ist oder die Klage auf Titelherausgabe mit der Vollstreckungsabwehrklage verbunden wird (vgl. BGH, Urt. v. 22.09.1994 – IX 165/93, NJW 1994, 3225; Staudinger/Olzen, BGB, Neubearbeitung 2011, § 371 Rn. 7).
79Dies ist hier nicht der Fall, da die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid nicht rechtskräftig festgestellt ist und der Kläger diese vorliegend auch nicht geltend macht, sondern stattdessen im Rahmen einer allgemeinen Leistungsklage die Rückabwicklung des Darlehensvertrages begehrt. Es bleibt damit beim Vorrang der Vollstreckungsabwehrklage, weshalb der Antrag gerichtet auf Titelherausgabe unzulässig ist (vgl. hierzu auch Wendt in: JuS 2013, 33, 34).
80III.Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich für den Kläger nach § 709 S. 1 und S. 2 ZPO und für die Beklagte nach §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
81IV.Der Streitwert wird auf 29.014,70 € festgesetzt.
Urteilsbesprechung zu Landgericht Essen Urteil, 08. Jan. 2015 - 6 O 353/14
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Landgericht Essen Urteil, 08. Jan. 2015 - 6 O 353/14 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).
(1) Hat der Verbraucher seine auf den Abschluss eines Vertrags über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung durch einen Unternehmer gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen, so ist er auch an seine auf den Abschluss eines mit diesem Vertrag verbundenen Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden.
(2) Hat der Verbraucher seine auf den Abschluss eines Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung auf Grund des § 495 Absatz 1 oder des § 514 Absatz 2 Satz 1 wirksam widerrufen, so ist er auch nicht mehr an diejenige Willenserklärung gebunden, die auf den Abschluss eines mit diesem Darlehensvertrag verbundenen Vertrags über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung gerichtet ist.
(3) Ein Vertrag über die Lieferung einer Ware oder über die Erbringung einer anderen Leistung und ein Darlehensvertrag nach den Absätzen 1 oder 2 sind verbunden, wenn das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrags dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Eine wirtschaftliche Einheit ist insbesondere anzunehmen, wenn der Unternehmer selbst die Gegenleistung des Verbrauchers finanziert, oder im Falle der Finanzierung durch einen Dritten, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Darlehensvertrags der Mitwirkung des Unternehmers bedient. Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn der Darlehensgeber selbst dem Verbraucher das Grundstück oder das grundstücksgleiche Recht verschafft oder wenn er über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinaus den Erwerb des Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts durch Zusammenwirken mit dem Unternehmer fördert, indem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt.
(4) Auf die Rückabwicklung des verbundenen Vertrags sind unabhängig von der Vertriebsform § 355 Absatz 3 und, je nach Art des verbundenen Vertrags, die §§ 357 bis 357c entsprechend anzuwenden. Ist der verbundene Vertrag ein Vertrag über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten, hat der Verbraucher abweichend von § 357a Absatz 3 unter den Voraussetzungen des § 356 Absatz 5 Nummer 2 Wertersatz für die bis zum Widerruf gelieferten digitalen Inhalte zu leisten. Ist der verbundene Vertrag ein im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Ratenlieferungsvertrag, sind neben § 355 Absatz 3 auch die §§ 357 und 357a entsprechend anzuwenden; im Übrigen gelten für verbundene Ratenlieferungsverträge § 355 Absatz 3 und § 357d entsprechend. Im Falle des Absatzes 1 sind jedoch Ansprüche auf Zahlung von Zinsen und Kosten aus der Rückabwicklung des Darlehensvertrags gegen den Verbraucher ausgeschlossen. Der Darlehensgeber tritt im Verhältnis zum Verbraucher hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Vertrag ein, wenn das Darlehen dem Unternehmer bei Wirksamwerden des Widerrufs bereits zugeflossen ist.
(5) Die Absätze 2 und 4 sind nicht anzuwenden auf Darlehensverträge, die der Finanzierung des Erwerbs von Finanzinstrumenten dienen.
(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.
(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit
- 1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist, - 2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat, - 3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,
- 1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat, - 2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre, - 3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.
(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.
(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.
(1) Erhebt aus einem gegenseitigen Vertrag der eine Teil Klage auf die ihm geschuldete Leistung, so hat die Geltendmachung des dem anderen Teil zustehenden Rechts, die Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung zu verweigern, nur die Wirkung, dass der andere Teil zur Erfüllung Zug um Zug zu verurteilen ist.
(2) Hat der klagende Teil vorzuleisten, so kann er, wenn der andere Teil im Verzug der Annahme ist, auf Leistung nach Empfang der Gegenleistung klagen.
(3) Auf die Zwangsvollstreckung findet die Vorschrift des § 274 Abs. 2 Anwendung.
(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.
(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.
(1) Ist ein Ort für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen, so hat die Leistung an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte.
(2) Ist die Verbindlichkeit im Gewerbebetrieb des Schuldners entstanden, so tritt, wenn der Schuldner seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen Ort hatte, der Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes.
(3) Aus dem Umstand allein, dass der Schuldner die Kosten der Versendung übernommen hat, ist nicht zu entnehmen, dass der Ort, nach welchem die Versendung zu erfolgen hat, der Leistungsort sein soll.
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagte im Wege der Teilklage auf Schadensersatz wegen zweckwidriger Verwendung von Baugeld nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 5 Gesetz über die Sicherung der Bauforderungen (GSB) in Anspruch. Die Beklagte war Geschäftsführerin der P-GmbH. Diese erstellte als Generalunternehmerin ein Wohn- und Geschäftshaus. Sie beauftragte in getrennten Verträgen die Klägerin mit Herstellung und Einbau einerseits der Fenster und andererseits der Türen. Nach Ausführung der Arbeiten erstellte die Klägerin zwei Schlußrechnungen, die mit Beträgen von 33.898,55 DM bzw.102.768,60 DM endeten. Zahlungen erfolgten nicht. Über das Vermögen der P-GmbH wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Projekt war durch grundpfandrechtlich abgesicherte Bankkredite finanziert worden. Nach dem Vortrag der Klägerin hatte die P-GmbH aus diesen Mitteln vom Bauherrn Zahlungen für die Leistungen der Klägerin erhalten, ohne diese an die Klägerin weiterzuleiten. Die Klägerin begehrt die Zahlung von 65.000 DM. Sie ordnet den beiden Schlußrechnungen Teilbeträge von 20.000 DM bzw. 45.000 DM zu. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie als unzulässig abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Beurteilung richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen.I.
Das Berufungsgericht hält die Teilklage für unzulässig, da nicht erkennbar sei, welcher Teil des Gesamtanspruchs, der sich aus mehreren selbständigen Einzelforderungen zusammensetze, Gegenstand der Klage sein solle. Die Klägerin hätte im einzelnen angeben müssen, wie die eingeklagte Summe ziffernmäßig auf die verschiedenen einzelnen Rechnungspositionen verteilt wer-den solle. Zumindest hätte sie bestimmen müssen, in welcher Reihenfolge die Ansprüche bis zu der geltend gemachten Gesamtsumme gefordert würden. Auch fehle eine Aufteilung der Teilbeträge von 20.000 DM und 45.000 DM auf die streitgegenständlichen Einzelforderungen der beiden Schlußrechnungen.
II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Teilklage ist zulässig, ihr Gegenstand ist hinreichend bestimmt. Das Berufungsgericht hält die zwischen den Beteiligten bestehenden Ansprüche nicht genügend auseinander. Es verkennt zudem die rechtliche Bedeutung der einzelnen Positionen in den Schlußrechnungen. 1. Eine Teilklage genügt den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn erkennbar ist, welcher Teil des Gesamtanspruchs Gegenstand der Klage sein soll (BGH, Urteil vom 18. November 1993 - IX ZR 244/92, BGHZ 124, 164, 166). Das ist hier der Fall. Die Klägerin macht 65.000 DM als Teil eines Schadensersatzanspruchs von insgesamt 136.667,15 DM aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 5 GSB geltend. Die beiden Werklohnforderungen der Klägerin gegen die P-GmbH sind lediglich für die Höhe dieses Anspruchs bedeutsam. Sie sind nicht unmittelbar Gegenstand der Klage. 2. Die Teilklage wäre auch dann zulässig, wenn korrespondierend zu den beiden Werklohnforderungen Klagegegenstand zwei prozessual selbständige Schadensersatzansprüche sein sollten. Die Klägerin hat klargestellt, daß sie aus diesen Ansprüchen Teilbeträge von 20.000 DM und 45.000 DM geltend macht. Das genügt.3. In keinem Fall war es erforderlich, die Klagesumme auf die einzelnen Positionen der Schlußrechnungen aufzuteilen. Denn diese stellen schon im Rahmen der Schlußrechnung nur unselbständige Rechnungsposten dar (BGH, Urteil vom 22. Oktober 1998 - VII ZR 167/97, BauR 1999, 251 = ZfBR 1999, 94). Das gilt erst recht, wenn nicht die Werklohnforderung Gegenstand der Klage ist, sondern ein Schadensersatzanspruch, dessen Höhe sich nur an dieser Forderung orientiert.
III.
Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben , die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Bei der Prüfung der Begründetheit der Klage wird das Berufungsgericht gegebenenfalls die Grundsätze zu berücksichtigen haben, die der Senat zum Vorsatz in seinem Urteil vom 13. Dezember 2001 - VII ZR 305/99, BauR 2002, 620 = ZfBR 2002, 349 = NZBau 2002, 392 aufgestellt hat. Dressler Hausmann Wiebel Kuffer Bauner(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.
(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.
(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.
(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.
(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit
- 1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist, - 2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat, - 3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,
- 1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat, - 2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre, - 3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.
(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.
(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.
(1) Erhebt aus einem gegenseitigen Vertrag der eine Teil Klage auf die ihm geschuldete Leistung, so hat die Geltendmachung des dem anderen Teil zustehenden Rechts, die Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung zu verweigern, nur die Wirkung, dass der andere Teil zur Erfüllung Zug um Zug zu verurteilen ist.
(2) Hat der klagende Teil vorzuleisten, so kann er, wenn der andere Teil im Verzug der Annahme ist, auf Leistung nach Empfang der Gegenleistung klagen.
(3) Auf die Zwangsvollstreckung findet die Vorschrift des § 274 Abs. 2 Anwendung.
(1) Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab.
(2) Fordert der andere Teil den Vertretenen zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Vertreter gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.
(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.
(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,
- 1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags, - 2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder - 3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.
(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger begehren die Feststellung, aus einem Darlehen, das ihnen die beklagte Bank zur Finanzierung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds gewährt hat, zu keinen Zahlungen mehr verpflichtet zu sein. Darüber hinaus verlangen sie die Rückabtretung von sicherungshalber abgetretenen Ansprüchen aus Lebensversicherungsverträgen sowie die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.
- 2
- Die Kläger wurden im Jahre 1994 von einem Vermittler geworben, sich an dem " Immobilien-Fonds Nr. " (G. GbR ) - im Folgenden: Fondsgesellschaft - zu beteiligen. Mit dem Vermittler hatten sie eine vom 3. Dezember 1994 datierende "Wirtschaftsberater-Servicevereinbarung" geschlossen. Mit notariell beurkundeter Beitrittserklärung vom 13. Dezember 1994 erklärten sie den Eintritt in die Fondsgesellschaft mit einer drei Fondsanteilen entsprechenden Kapitalbeteiligung von 91.950 DM. Zur Finanzierung des Fondsbeitritts schlossen sie am 13./20. Dezember 1994 mit der Beklagten einen formularmäßigen Darlehensvertrag über 105.720 DM, der eine Widerrufsbelehrung mit unter anderem folgendem Inhalt enthielt: "Hat der Darlehensnehmer das Darlehen empfangen, gilt der Widerruf als nicht erfolgt, wenn er das Darlehen nicht binnen zweier Wochen entweder nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückzahlt."
- 3
- Zur Sicherung des Darlehensrückzahlungsanspruchs traten die Kläger ihre Rechte aus zwei Lebensversicherungsverträgen an die Beklagte ab und verpfändeten zudem ihre Geschäftsanteile an der Fondsgesellschaft.
- 4
- Nach Ablauf der Zinsbindungsfrist aus dem Darlehensvertrag vom 13./20. Dezember 1994 vereinbarten die Parteien unter dem 12. Oktober/ 15. Dezember 2004 einen geänderten Zinssatz für die Zeit ab dem 1. Januar 2005. Bereits am 16. Dezember 2003 hatten die Kläger eine ihnen von der Beklagten zugeleitete "Nachträgliche Widerrufsbelehrung über das gesetzliche Widerrufsrecht nach §§ 312, 355 BGB" unterzeichnet, die unter anderem lautet: "Widerrufsrecht Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von einem Monat ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung in Textform. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: (…) Widerrufsfolgen (…) Finanzierte Geschäfte Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. (…). Wird mit diesem Darlehensvertrag die Überlassung einer Sache finanziert , gilt Folgendes: Wenn Sie diese Sache im Falle des Widerrufs ganz oder teilweise nicht zurückgeben können, haben Sie dafür ggf. Wertersatz zu leisten. (…) Nicht paketversandfähige Ware wird bei Ihnen abgeholt. (…)."
- 5
- Mit Anwaltsschreiben vom 20. Juni 2008 widerriefen die Kläger den "Darlehensvertrag" unter anderem nach dem Haustürwiderrufsgesetz.
- 6
- Mit ihrer Klage machen sie geltend, in einer Haustürsituation durch den Vermittler zum kreditfinanzierten Erwerb der Fondsbeteiligung bestimmt worden zu sein. Weder die ursprüngliche Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag vom 13./20. Dezember 1994 noch die von ihnen am 16. Dezember 2003 unterzeichnete nachträgliche Belehrung entsprächen den gesetzlichen Anforderungen, so dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe. Ihre Widerrufserklärung sei daher nicht verfristet. Darüber hinaus tragen sie vor, durch evident falsche Angaben zu den Flächen und den Mieterträgen des Fondsobjekts, zur Innenprovision sowie zur Mietgarantiegebühr getäuscht worden zu sein, weshalb ihnen ein Schadensersatzanspruch zustehe, den sie auch der Beklagten entgegen halten könnten.
- 7
- Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Vernehmung des Vermittlers, des Zeugen O. , der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision ist unbegründet.
I.
- 9
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil in juris veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 10
- Die Kläger hätten ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen wirksam mit Anwaltsschreiben vom 20. Juni 2008 widerrufen. Zu diesem Widerruf seien sie nach §§ 1 HWiG, 312, 355 BGB berechtigt gewesen, da sie - wie das Landgericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zutreffend und ohne Beweiswürdigungsfehler festgestellt habe - in einer Haustürsituation zum Abschluss des Darlehensvertrages bestimmt worden seien. Insoweit reiche es aus, dass die in der Privatwohnung der Kläger geführten mündlichen Verhandlungen für den späteren Abschluss des Darlehensvertrages mitursächlich gewesen seien, auch wenn der Vertrag selbst nicht in der Wohnung unterzeichnet worden sei und anlässlich des ersten Besuchstermins des Vermittlers in der Wohnung der Kläger auch die Fondsbeteiligung nicht unterzeichnet worden sei. Der geringe zeitliche Abstand von 10 Tagen zwischen der Vorstellung des Fonds Nr. bei den Klägern und dem von ihnen am 13. Dezember 1994 unterzeichneten Darlehensvertrag indiziere das Fortwirken der Haustürsituation für den Abschluss des Darlehensvertrages.
- 11
- Im Ergebnis zutreffend habe das Landgericht darüber hinaus die Widerrufserklärung der Kläger vom 20. Juni 2008 nicht für verfristet erachtet, da mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe.
- 12
- Die den Klägern am 16. Dezember 2003 erteilte nachträgliche Widerrufsbelehrung sei aus mehreren Gründen fehlerhaft und daher nicht geeignet gewesen, die einmonatige Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 BGB in Lauf zu setzen. Zwar sei gemäß § 355 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB eine Nachbelehrung auch für einen Altvertrag, der - wie vorliegend - aus der Zeit vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes stamme, möglich gewesen. Die tatsächlich erteilte Nachbelehrung sei aber aus mehreren Gründen nicht wirksam erfolgt.
- 13
- Bereits das Landgericht habe, wenn auch nur im Ergebnis zutreffend, angenommen, dass die nachträgliche Widerrufsbelehrung hinsichtlich des Frist- beginns fehlerhaft sei. Die Fehlerhaftigkeit folge zwar noch nicht daraus, dass aus der Belehrung die Wirkung des § 187 Abs. 1 BGB nicht hervorgehe, wonach eine Frist, für deren Anfang auf ein Ereignis abzustellen sei, frühestens am folgenden Tage beginne. Wenngleich der Inhalt einer Widerrufsbelehrung nicht nur zutreffend, sondern auch unmissverständlich sein und den Fristbeginn umfassen müsse, dürften an die Belehrung keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Als ausreichend sei es anzusehen, wenn die Widerrufsbelehrung zutreffend und unzweideutig das Ereignis benenne, das nach dem Gesetz den Lauf der Frist auslöse, das heißt hier die Aushändigung der Belehrung in Textform. Eine zusätzliche Belehrung über den Inhalt der § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB sei nicht erforderlich.
- 14
- Allerdings sei die Formulierung in der nachträglichen Widerrufsbelehrung vom 16. Dezember 2003 hinsichtlich der notwendigen Belehrung über das den Fristbeginn auslösende Ereignis insoweit zu ungenau, als es dort heiße, die Frist beginne "frühestens" mit Erhalt der Belehrung in Textform. Diese Formulierung sei zu ungenau, um dem Verbraucher den Fristbeginn deutlich vor Augen zu führen, da hieraus nicht entnommen werden könne, dass die Widerrufsfrist hier nicht nur "frühestens" an dem betreffenden Tag zu laufen beginne, sondern der Fristenlauf tatsächlich ausnahmslos mit dem Erhalt der Belehrung in Gang gesetzt werden solle. Soweit die Beklagte sich in diesem Zusammenhang für ihren gegenteiligen Standpunkt auf verschiedene höchst- und obergerichtliche Entscheidungen berufe, stünden diese den dargelegten Bedenken nicht entgegen , weil sie sämtlich mit der vorliegenden Fallgestaltung nicht vergleichbar seien.
- 15
- Die nachträgliche Widerrufsbelehrung vom 16. Dezember 2003 sei aber auch noch aus anderen Gründen unwirksam. So fehle es an dem nach § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB bei schriftlichen Verträgen erforderlichen Hinweis, dass die Frist nicht zu laufen beginne, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde , sein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werde. § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB sei gemäß Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB auf die vom 16. Dezember 2003 datierende Nachbelehrung anwendbar. Außerdem folge die Fehlerhaftigkeit der Nachbelehrung daraus, dass die Kläger darin entgegen § 358 Abs. 5 BGB nicht auf die sich aus § 358 Abs. 1 BGB ergebenden Widerrufsfolgen hingewiesen worden seien. Vorliegend seien die Kläger nur darüber belehrt worden, dass der Widerruf der Darlehensvertragserklärung zu einer Beendigung der Bindung an den Beitrittsvertrag führe, nicht aber auch umgekehrt darüber, dass ein wirksamer Widerruf der Beitrittserklärung die Bindung an das Darlehen beende.
- 16
- Die den Klägern ursprünglich bei Abschluss des Darlehensvertrages vom 13. Dezember 1994 erteilte Widerrufsbelehrung habe ebenfalls keine Widerrufsfrist in Lauf gesetzt. Die darin enthaltene Belehrung, wonach dann, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen empfangen habe, der Widerruf als nicht erfolgt gelte, wenn er das Darlehen nicht binnen zwei Wochen nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückzahle, enthalte einen nach § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG unzulässigen und unrichtigen Zusatz.
- 17
- Da es mithin insgesamt an einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung gegenüber den Klägern fehle, sei die Widerrufsfrist niemals wirksam in Lauf gesetzt worden.
- 18
- Dabei werde nicht verkannt, dass die den Klägern am 16. Dezember 2003 erteilte nachträgliche Widerrufsbelehrung wörtlich der unter Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV abgedruckten Musterbelehrung in der im Jahre 2003 geltenden Fassung entsprochen habe und § 14 BGB-InfoV eine Fiktion dahingehend enthalte , dass die Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB und den diesen ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs genüge, wenn das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt werde. Dies könne aber nicht gelten, wenn die Musterbelehrung, wie auch hier, hinter den Anforderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs zurückbleibe. Wenngleich der Vertrauensschutz des die Musterbelehrung Verwendenden, hier also der Beklagten, Berücksichtigung verdiene, dürfe sich dies nicht zu Lasten des Verbrauchers auswirken, was aber der Fall sei, wenn eine tatsächlich unzutreffende Widerrufsbelehrung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten als zutreffend fingiert werde. Denn auch das - umgekehrte - Vertrauen des Verbrauchers darauf , dass die gesetzlichen Vorgaben nicht durch den Verordnungsgeber herabgesetzt werden könnten, sei gleichermaßen schützenswert. Insoweit sei der auch in anderen Teilen der Rechtsprechung sowie im Schrifttum vertretenen Auffassung zu folgen, dass der Verordnungsgeber keine Ermächtigung zur Abänderung der Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs als höherrangigem Recht besitze. Soweit die Musterbelehrung hinter den Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs zurückbleibe, sei sie deshalb wegen Überschreitens der Ermächtigungsgrundlage nichtig. Vertrauensschutz in Bezug auf eine höherrangiges Recht verletzende Norm könne nicht bestehen.
II.
- 19
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung im Ergebnis stand.
- 20
- 1. Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Kläger i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (jetzt § 312 Abs. 1 Nr. 1 BGB) in einer Haustürsituation zum Abschluss des Darlehensvertrages bestimmt worden sind. Das angefochtene http://www.juris.de/jportal/portal/t/1vz1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1vz1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1vz1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint - 10 - Urteil beruht insoweit weder auf einer Gehörsverletzung (Art. 103 Abs. 1 GG) noch auf einer unzureichenden Berücksichtigung des Prozessstoffs (§ 286 ZPO).
- 21
- a) Erfolglos rügt die Revision, das Berufungsgericht habe im Rahmen seiner Kausalitätserwägungen außer Acht gelassen, dass auf der Grundlage der Bekundungen des vom Landgericht vernommenen Zeugen O. bereits vor dem 3. Dezember 1994 ein (erster) Hausbesuch des Vermittlers erfolgt sein müsse, auf den hinsichtlich des Fortwirkens der Haustürsituation abzustellen sei, zu dessen Zeitpunkt indes die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger nicht näher vorgetragen hätten.
- 22
- aa) Ein Widerrufsrecht im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG setzt voraus, dass der Kunde durch mündliche Verhandlungen im Bereich seiner Privatwohnung zu seiner späteren Vertragserklärung bestimmt worden ist. Dabei genügt eine Haustürsituation bei der Vertragsanbahnung, die für den späteren Vertragsschluss jedenfalls mit ursächlich ist. Es reicht aus, dass der Kunde durch die Kontaktaufnahme in der Privatwohnung in eine Lage gebracht worden ist, in der er in seiner Entschließungsfreiheit, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen, beeinträchtigt war. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der mündlichen Verhandlung gemäß § 1 Abs. 1 HWiG und der Vertragserklärung ist nicht erforderlich, indiziert aber die Ursächlichkeit der Haustürsituation für den späteren Vertragsschluss. Die Indizwirkung für die Kausalität nimmt allerdings mit zunehmendem zeitlichem Abstand ab und kann nach einer gewissen Zeit ganz entfallen. Welcher Zeitraum hierfür erforderlich ist und welche Bedeutung möglicherweise auch anderen Umständen , insbesondere dem nicht erfolgten Widerruf der auf den Fondsbeitritt gerichteten Willenserklärung im Rahmen der Kausalitätsprüfung zukommt, ist Sache der tatrichterlichen Würdigung des konkreten Einzelfalls, die in der Revisi- onsinstanz grundsätzlich nur beschränkt überprüft werden kann (Senatsurteile vom 24. März 2009 - XI ZR 456/07, WM 2009, 1028 Rn. 17 und vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 18).
- 23
- bb) Das Berufungsgericht ist danach mit Recht davon ausgegangen, dass für die Frage des Fortwirkens der Haustürsituation auf den - geringen - zeitlichen Abstand von lediglich zehn Tagen zwischen dem 3. Dezember 1994 einerseits und der Unterzeichnung des Darlehensantrags durch die Kläger am 13. Dezember 1994 andererseits abzustellen sei. Diese tatrichterliche Würdigung beruht insbesondere nicht auf verfahrenswidriger Tatsachenfeststellung.
- 24
- (a) Allerdings hatte nach dem Vortrag in der Klageschrift der Kläger den ihm persönlich bekannten Zeugen O. im November 1994 bei einem Volksfest in Ge. zufällig getroffen. Der Zeuge habe bei dieser Gelegenheit erklärt, er berate "auch zum Steuern sparen", und vorgeschlagen, anlässlich eines Hausbesuchs bei den Klägern zu überprüfen, ob bei den bestehenden Anlagen und Versicherungen vielleicht Verbesserungen möglich seien. Während des kurz darauf telefonisch für den 3. Dezember 1994 vereinbarten Termins bei den Klägern zu Hause sei die Wirtschaftsberater-Servicevereinbarung unterzeichnet sowie unter anderem auf Vorschlag des Vermittlers ein Antrag auf Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung unterzeichnet worden, über die später die Rückzahlung des Darlehens habe erfolgen sollen. Nach Prüfung der Einkommensverhältnisse sei der Zeuge O. zum Thema "Steuern sparen" zu dem Ergebnis gekommen, dass man da "etwas machen" könne; unvermittelt habe er die Beteiligung an der Fondsgesellschaft durch Erwerb von drei Anteilen noch im Jahre 1994 vorgeschlagen. Am 13. Dezember 1994 sei zunächst der Darlehensvertrag nebst Abtretungserklärungen hinsichtlich der Lebensversicherungen in den Geschäftsräumen des Vermittlers unterzeichnet worden; hieran habe sich der Notartermin angeschlossen.
- 25
- (b) Abweichend hiervon hat der Zeuge O. , worauf die Revision im Ausgangspunkt zu Recht hinweist, anlässlich seiner Vernehmung durch das Landgericht auf Vorhalt des vom 3. Dezember 1994 datierenden Antrags des Klägers auf Abschluss der fondsgebundenen Lebensversicherung bekundet, der betreffende Antrag sei zwar in der Tat an diesem Tage aufgenommen worden. Dann aber könne der 3. Dezember 1994 nicht der erste Termin bei den Klägern gewesen sein, da die Aufnahme solcher Anträge nicht anlässlich eines Ersttermins erfolgt sei. Vielmehr müsse der 3. Dezember 1994 der zweite Termin gewesen sein, dem ein erster Termin vorangegangen sein müsse, bei dem er eine Finanzdiagnose erstellt habe. Insgesamt habe es vor Abschluss des Darlehensvertrages in seinen - des Zeugen - Geschäftsräumen zwei Termine bei den Klägern zu Hause gegeben.
- 26
- (c) Aus dieser Abweichung im Tatsächlichen gegenüber der Sachdarstellung der Kläger folgt jedoch entgegen der Auffassung der Revision nicht, dass für das Fortwirken der Haustürsituation auf den Abstand zwischen dem Darlehensvertragsschluss am 13. Dezember 1994 und dem in zeitlicher Hinsicht nicht weiter konkretisierten Ersttermin abzustellen ist.
- 27
- Selbst wenn nämlich mit dem Zeugen O. davon auszugehen sein sollte , dass dem Termin vom 3. Dezember 1994 ein früherer Hausbesuch vorausgegangen war, so verbleibt es doch auch auf der Grundlage seiner Bekundungen dabei, dass er den streitgegenständlichen Fonds erstmals anlässlich des Hausbesuchs am 3. Dezember 1994 angesprochen hat. Der Zeuge hat ausdrücklich ausgeschlossen, bei dem ersten Termin den Klägern den Erwerb von Anteilen am Fonds vorgeschlagen zu haben; dies sei erst im zweiten Termin, der ebenfalls bei den Klägern zu Hause stattgefunden habe, geschehen. Beim ersten Termin habe er sich lediglich "alles Finanzielle angeschaut" und eine sogenannte Finanzdiagnose erstellt. Diesem ersten Termin sei keine konkrete Abrede, um was es hierbei detailliert gehen solle, vorausgegangen. Von der Firma Op. , für die er - der Zeuge - seinerzeit tätig gewesen sei und an die er die Finanzdiagnose weitergeleitet habe, sei dann die Mitteilung gekommen, dass ein Erwerb von Fondsanteilen durch die Kläger "machbar" sei, um ihnen Steuervorteile bzw. Mieteinnahmen zu verschaffen. Ausgehend hiervon hat das Berufungsgericht mit Recht für die Kausalität der Haustürsituation nicht auf einen etwaigen früheren Termin, sondern auf den Hausbesuch am 3. Dezember 1994 abgestellt, weil auch nach der Aussage des Zeugen O. - im Anschluss an noch völlig vage Erörterungen anlässlich des Ersttermins - erstmals bei dieser Gelegenheit konkrete Verhandlungen in Bezug auf eine bestimmte Beteiligung, nämlich den Fonds , stattfanden (vgl. Senatsurteil vom 24. März 2009 - XI ZR 456/07, WM 2009, 1028 Rn. 23).
- 28
- b) Entgegen der Auffassung der Revision bietet die Aussage des Zeugen O. auch keine Grundlage anzunehmen, dass dem Hausbesuch am 3. Dezember 1994 eine vorangehende Bestellung des Vermittlers i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 1 HWiG (jetzt § 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB) durch die Kläger zugrunde lag, die zum Ausschluss des Widerrufsrechts führt. Eine vorhergehende Bestellung im Sinne dieser Vorschrift liegt nur dann vor, wenn sie den Gegenstand der Verhandlung hinreichend konkret bezeichnet und sich auf eine bestimmte Art von Leistungen bezieht, damit der Verbraucher in der Lage ist, sich auf das Angebot des Unternehmers vorzubereiten und nicht der für "Haustürsituationen" typischen "Überrumpelungsgefahr" ausgesetzt wird (Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 348/07, WM 2008, 1593 Rn. 19; BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 218/09, WM 2010, 980 Rn. 15; jeweils mwN). Dass der Termin vom 3. Dezember 1994 "in dem Wissen, dass es nunmehr um eine Fondsanlageberatung gehen sollte" erfolgte, ist entgegen der Darstellung der Revision der Zeugenaussage gerade nicht zu entnehmen. Nach der Bekundung des Zeugen O. gab es vor dem von ihm geschilderten ersten Termin bei den Klägern http://www.juris.de/jportal/portal/t/1div/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1div/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1dye/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR128400990BJNE001302305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1dye/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR128400990BJNE001302305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1dye/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR128400990BJNE001104305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1dye/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR128400990BJNE001302305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint - 14 - - wenn überhaupt - eine allgemeine Abrede, dass "eine Steuerersparnis … untersucht" werden solle. Im ersten Termin hat der Zeuge sich seiner Aussage zufolge "alles Finanzielle angeschaut" und eine sogenannte Finanzdiagnose erstellt. Die Anregung, den Klägern den Erwerb von Anteilenam Fonds vorzuschlagen, wurde erst anschließend aufgrund der "Finanzdiagnose" von der Firma Op. gegenüber dem Zeugen ausgesprochen und von diesem sodann in dem Termin vom 3. Dezember 1994 in die Tat umgesetzt. Die Annahme, die Kläger hätten sich mit diesem Hausbesuch in der Gewissheit einverstanden erklärt, dass dabei der Erwerb von Anteilen an einem geschlossenen Immobilienfonds, geschweige denn an dem konkret betroffenen Fonds , erörtert werden würde, liegt auf dieser Tatsachengrundlage fern.
- 29
- 2. Zutreffend und von der Revision unangegriffen hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass die einwöchige Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 HWiG nicht mit Unterzeichnung der im Darlehensvertrag vom 13./20. Dezember 1994 enthaltenen Widerrufsbelehrung durch die Kläger am 13. Dezember 1994 in Gang gesetzt wurde und deshalb zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung am 20. Juni 2008 nicht abgelaufen war. Denn diese Widerrufsbelehrung enthielt insoweit einen unzulässigen Zusatz i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG, als danach der Widerruf des Darlehensvertrags als nicht erfolgt gilt, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen nicht binnen zwei Wochen nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückzahlt (st. Rspr., vgl. zuletzt Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 24 mwN). Ob der Fondsbeitritt der Kläger, wozu entgegen der Darstellung der Revisionserwiderung keine Feststellungen vorliegen, mit dem seiner Finanzierung dienenden Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 Abs. 1 VerbrKrG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung bildete und der Zusatz gemäß § 7 Abs. 3 VerbrKrG deshalb auch § 9 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG widersprach, kann hiernach dahinstehen. http://www.juris.de/jportal/portal/t/ft2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE261804140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ft2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE261804140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ft2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006049896BJNE230901377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ft2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006049896BJNE230901377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 15 -
- 30
- 3. Schließlich ist, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat, durch die den Klägern nachträglich erteilte, von ihnen am 16. Dezember 2003 unterzeichnete Widerrufsbelehrung auch nicht die einmonatige Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB in der vom 1. August 2002 bis zum 7. Dezember 2004 geltenden Fassung in Gang gesetzt worden. Denn diese Nachbelehrung genügte nicht dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB.
- 31
- a) Allerdings ist gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB i.V.m. Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB eine nachträgliche Widerrufsbelehrung auch in Bezug auf - wie hier - vor dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) geschlossene Altverträge möglich (Senatsurteile vom 13. Juni 2006 - XI ZR 94/05, WM 2006, 1995 Rn. 13 und vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 25 mwN). Die Nachbelehrung unterliegt dabei denselben gesetzlichen Anforderungen wie eine rechtzeitige Belehrung. Sie muss umfassend, inhaltlich richtig, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 26; Senatsbeschluss vom 15. Februar 2011 - XI ZR 148/10, WM 2011, 655 Rn. 10).
- 32
- b) Eine diesen Maßgaben entsprechende Nachbelehrung hat die Beklagte , wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, nicht erteilt. Aufgrund dessen konnten die Kläger ihr Widerrufsrecht am 20. Juni 2008 nochwirksam ausüben.
- 33
- aa) Hierbei kann dahinstehen, ob der - von der Revision unter Hinweis darauf, dass vorliegend nicht eine beim Vertragsschluss erfolgende Erstbeleh- http://www.juris.de/jportal/portal/t/f6z/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE261804140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 16 - rung in Rede steht, bekämpften - Auffassung des Berufungsgerichts zu folgen ist, die den Klägern erteilte Nachbelehrung habe den nach § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB bei schriftlichen Verträgen erforderlichen Hinweis enthalten müssen, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginne, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, sein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werde. Keiner Entscheidung bedarf ferner, ob sich die Fehlerhaftigkeit der Nachbelehrung - wie das Berufungsgericht gemeint hat - auch aus einem entgegen § 358 Abs. 5 BGB fehlenden Hinweis auf die Widerrufsfolgen nach § 358 Abs. 1 BGB ergibt oder aber der vom Berufungsgericht vermisste Hinweis - wie die Revision meint - mit Rücksicht auf die unstreitig erfolgte notarielle Beurkundung des Fondsbeitritts (vgl. § 312 Abs. 3 Nr. 3 BGB) entbehrlich war.
- 34
- bb) Unzureichend war die den Klägern erteilte Nachbelehrung jedenfalls hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist, über den der Verbraucher gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB ebenfalls eindeutig zu informieren ist (vgl. Senatsurteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 14 mwN). Die von der Beklagten verwendete Formulierung, die Frist beginne "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung", belehrt den Verbraucher, wie der Bundesgerichtshof bereits wiederholt entschieden hat, nicht richtig über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist, weil sie nicht umfassend und zudem irreführend ist. Die Verwendung des Wortes "frühestens" ermöglicht es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen. Er vermag ihr lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist "jetzt oder später" (Marx/Bäuml, WRP 2004, 162, 164; s. auch Dörrie, ZfIR 2002, 685, 690) beginnen, der Beginn des Fristlaufs also ggf. noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der Verbraucher wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, welche - etwaigen - weiteren Umstände dies sind (BGH, Urteile vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, WM 2010, 721 Rn. 13, 15, vom 29. April 2010 - I ZR 66/08, http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR034200002BJNE001801377&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint - 17 - WM 2010, 2126 Rn. 21, vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, WM 2011, 86 Rn. 12 und vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 14).
- 35
- Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus den Senatsurteilen vom 13. Januar 2009 (XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 19, XI ZR 508/07, juris Rn. 17) nichts anderes. Soweit der erkennende Senat dort in der Verwendung des Formulierungszusatzes "frühestens" in einer Widerrufsbelehrung keinen Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot gesehen hat, enthielten die betreffenden Belehrungstexte jeweils weitere klarstellende Zusätze über einen hinausgeschobenen Beginn der Widerrufsfrist ("jedoch nicht bevor …"). Um einen solchen Fall handelt es sich vorliegend jedoch nicht (vgl. auch BGH, Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 15).
- 36
- c) Eine Berufung auf § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV und das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der hier maßgeblichen Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten-Verordnung vom 1. August 2002 (BGBl. I S. 2958, 2959) ist der Beklagten schon deshalb verwehrt, weil sie - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sowie der Darstellung der Revision - gegenüber den Klägern für die Nachbelehrung kein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung in jeder Hinsicht vollständig entspricht. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Ansicht der Revision zutrifft, die vollständige Verwendung des in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV geregelten Musters für die Widerrufsbelehrung in der hier geltenden ursprünglichen Fassung begründe einen Vertrauensschutz zu Gunsten des Verwenders mit der Folge, dass der Verbraucher sich nicht mit Erfolg darauf berufen könne, die Widerrufsfrist sei nicht wirksam in Gang gesetzt worden. http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR034200002BJNE001801377&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR034200002BJNE001801377&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR034200002BJNE001801377&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302572010&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306522010&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306522010&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 18 -
- 37
- aa) Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV genügt eine Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 und den diesen ergänzenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in Textform verwandt wird. Wie der Bundesgerichtshof wiederholt ausgeführt hat, kann ein Unternehmer sich auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV von vornherein nur dann berufen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (BGH, Urteile vom 12. April 2007 - VII ZR 122/06, BGHZ 172, 58 Rn. 12, vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, WM 2010, 721 Rn. 20, vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, WM 2011, 86 Rn. 14 f. und vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 21; Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, WM 2009, 1497 Rn. 15). Ob das in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV geregelte Muster für die Widerrufsbelehrung nichtig ist, weil die Musterbelehrung den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht in jeder Hinsicht entspricht, hat der Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang bislang offen gelassen (BGH, Urteile vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, WM 2011, 86 Rn. 14 f. und vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 21). Diese Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung.
- 38
- bb) Die den Klägern erteilte formularmäßige Nachbelehrung der Beklagten entspricht, wie der Senat durch einen Vergleich beider Texte ohne Weiteres selbst feststellen kann, ihrem Wortlaut nach nicht in jeder Hinsicht dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der seinerzeit geltenden Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der BGB-InformationspflichtenVerordnung vom 1. August 2002 (BGBl. I S. 2958, 2959). Zum einen enthält Satz 2 des mit "Widerrufsrecht" überschriebenen ersten Abschnitts der Nachbelehrung am Ende - nach den Worten "mit Erhalt dieser Belehrung" - den Zusatz "in Textform", der in der hier maßgeblichen Ursprungsfassung der Musterbelehrung noch nicht vorhanden war; Satz 2 endete dort vielmehr mit den Worten "mit Erhalt dieser Belehrung". Den zusätzlichen Passus "in Textform" enthielt die Musterbelehrung erstmals in der Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten-Verordnung vom 4. März 2008 (BGBl. I S. 292, 293). Zum anderen befinden sich, worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist, zwei weitere textliche Abweichungen gegenüber der Musterbelehrung in dem mit "Finanzierte Geschäfte" überschriebenen Teil der Nachbelehrung. So fehlt im zweiten Satz des zweiten Absatzes dieses Abschnitts in der Nachbelehrung der Beklagten nach den Worten "im Falle des Widerrufs ganz oder teilweise nicht" die - im Gestaltungshinweis (8) der Musterbelehrung des Verordnungsgebers enthaltene - Passage "oder nur in verschlechtertem Zustand". Darüber hinaus weicht auch der vorletzte Satz des betreffenden Absatzes der Nachbelehrung vom Mustertext in Gestaltungshinweis (8) - "Nicht paketversandfähige Sachen werden bei Ihnen abgeholt." - ab.
- 39
- cc) Dass es sich bei den ergänzenden Worten "in Textform" in der Nachbelehrung der Beklagten um einen Zusatz handelt, den der Verordnungsgeber mehrere Jahre später an der betreffenden Stelle selbst aufgenommen hat, ist in diesem Zusammenhang ebenso unerheblich wie der Umstand, dass mit dem streitgegenständlichen Darlehen nicht die Überlassung einer Sache, sondern der Erwerb von Fondsanteilen finanziert wurde. Ohne Belang ist auch, ob es sich bei dem von den Klägern aufgenommenen Darlehen um ein verbundenes Geschäft handelt, bei dessen Nichtvorliegen der Gestaltungshinweis (8) der Musterbelehrung in ihrer hier maßgeblichen ursprünglichen Fassung dem Unternehmer anheim gibt, die Hinweise für finanzierte Geschäfte wegzulassen. Entscheidend ist vielmehr allein, dass die Beklagte den vom Verordnungsgeber entworfenen Text der Musterbelehrung bei der Abfassung der Nachbelehrung ersichtlich einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat. Greift der Unternehmer aber in den ihm zur Verfügung gestellten Mustertext selbst ein, kann er sich schon deshalb auf eine etwa mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung nicht berufen. Das muss unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen Änderungen gelten, zumal sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll.
- 40
- dd) An die - unzutreffende - Auffassung des Berufungsgerichts sowie der Revision, die Nachbelehrung der Beklagten entspreche vollständig der Musterbelehrung , ist der erkennende Senat nicht gebunden. Ob zwischen der in einem Streitfall vom Unternehmer dem Verbraucher konkret erteilten Widerrufsbelehrung und der Musterbelehrung nach der BGB-Informationspflichten-Verordnung in ihrer jeweils maßgeblichen Fassung eine vollständige inhaltliche und äußere Übereinstimmung besteht, an die die Fiktionswirkung des § 14 Abs. 1 BGBInfoV anknüpft, ist eine (Rechts-)Frage, bei deren Beantwortung - entsprechend den allgemeinen Grundsätzen zur Revisibilität der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen (vgl. nur BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04, NJW 2005, 2919, 2921) - der Revisionsrichter an das tatrichterliche Verständnis nicht gebunden ist und deren Beantwortung ihm durch einen Vergleich der jeweiligen Belehrungen ohne weiteres selbst möglich ist.
- 41
- 4. Da die Kläger ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung hiernach wirksam widerrufen haben, hat ihr Klagebegehren schon aus diesem Grunde Erfolg, ohne dass es auf das weitere Klagevorbringen zu etwaigen Schadensersatzansprüchen gegenüber der Beklagten ankommt.
Vorinstanzen:
LG Gera, Entscheidung vom 14.12.2009 - 2 O 1780/08 -
OLG Jena, Entscheidung vom 28.09.2010 - 5 U 57/10 -
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Übrigen sowie im Kostenpunkt wird das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens und des Verfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger verlangt von der Beklagten Rückzahlung von Versicherungsbeiträgen und Schadensersatz.
- 2
- Er beantragte bei der Beklagten den Abschluss eines Rentenversicherungsvertrages mit Vertragsbeginn zum 1. Dezember 1998. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation erhielt er erst mit dem Versicherungsschein. Er wurde nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht in drucktechnisch deutlicher Form über sein Widerspruchsrecht nach § 5a des Gesetzes über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz - VVG) in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21. Juli 1994 (BGBl. I S. 1630) belehrt.
- 3
- Diese mehrfach geänderte und mit Ablauf des Jahres 2007 außer Kraft getretene Vorschrift hatte in der bis zum 31. Juli 2001 gültigen Fassung folgenden Wortlaut: "(1) Hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes unterlassen, so gilt der Vertrag auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformation als abgeschlossen , wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von vierzehn Tagen nach Überlassung der Unterla- gen schriftlich widerspricht. … (2) Der Lauf der Frist beginnt erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1 vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht , den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist. Der Nachweis über den Zugang der Unterlagen obliegt dem Versicherer. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs. Ab- weichend von Satz 1 erlischt das Recht zum Widerspruch jedoch ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie."
- 4
- Von Dezember 1998 bis Dezember 2002 zahlte der Kläger Versicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 51.129,15 €. Nachdem er den Vertrag am 1. Juni 2007 gekündigt hatte, kehrte ihm die Beklagte im September 2007 einen Rückkaufswert von 52.705,94 € aus. Mit Schreiben vom 31. März 2008 erklärte der Kläger den Widerspruch nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. gegenüber der Beklagten und forderte sie zur Rückzahlung aller Beiträge nebst Zinsen auf.
- 5
- Der Kläger meint, der Rentenversicherungsvertrag sei nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen die unten genannten Richtlinien verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe er den Widerspruch erklären können. Außerdem sei ihm die Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie ihn vor Vertragsschluss nicht über Abschlusskosten, Provisionen, Stornokosten und deren Verrechnung nach dem Zillmerverfahren, die damit verbundenen Nachteile im Falle einer Kündigung sowie über die Berechnung der Überschussbeteiligung informiert habe.
- 6
- Das Landgericht hat die Klage, mit der der Kläger in der Hauptsache unter Verrechnung des Rückkaufswerts weitere 22.272,56 € von der Beklagten verlangt hat, abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Diese Forderung verfolgt der Kläger mit der Revision weiter.
- 7
- Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 28. März 2012 (VersR 2012, 608) dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung die Frage vorgelegt, ob Art. 15 Abs. 1 Satz 1 der Zwei- ten Richtlinie 90/619/EWG des Rates vom 8. November 1990 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs sowie zur Änderung der Richtlinie 79/267/EWG (Zweite Richtlinie Lebensversicherung, ABl. L 330 S. 50) unter Berücksichtigung des Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 92/96/EWG vom 10. November 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 79/267/EWG und 90/619/EWG (Dritte Richtlinie Lebensversicherung, ABl. L 360 S. 1) dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung - wie § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. - entgegensteht , nach der ein Rücktritts- oder Widerspruchsrecht spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Versicherungsprämie erlischt, selbst wenn der Versicherungsnehmer nicht über das Recht zum Rücktritt oder W iderspruch belehrt worden ist. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat durch Urteil vom 19. Dezember 2013 (C-209/12, VersR 2014, 225) die Vorlagefrage bejaht.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision ist bezüglich der Schadensersatzforderung als unzulässig zu verwerfen. Im Übrigen führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 9
- A. Dieses hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - ausgeführt: Dem Kläger stehe kein Rückerstattungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu. Da er bei Antragstellung die Versicherungs- bedingungen und die Verbraucherinformation noch nicht von der Beklagten erhalten habe, sei trotz der übereinstimmenden Willenserklärungen beider Vertragsparteien der Versicherungsvertrag zunächst schwebend unwirksam gewesen und hätte durch den Widerspruch des Klägers endgültig unwirksam werden können. Die Beklagte habe den Kläger nicht in drucktechnisch hervorgehobener Form über sein Widerspruchsrecht belehrt , so dass die Widerspruchsfrist gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. nicht in Gang gesetzt worden sei. Der Vertrag sei gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. erst ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie, d.h. spätestens mit Ablauf des Monats Januar 2000, rückwirkend endgültig wirksam geworden. Der lange nach Ablauf der Jahresfrist erklärte Widerspruch des Klägers habe hieran nichts mehr ändern können. Die Regelung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sei unter Berücksichtigung des europäischen Rechts nicht zu beanstanden.
- 10
- Der Kläger habe auch keinen Schadensersatzanspruch auf Rückzahlung der Prämien und Erstattung entgangener Zinsvorteile wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss.
- 11
- B. Die unbeschränkt eingelegte Revision ist mangels Zulassung hinsichtlich des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs nicht zulässig. Sie ist nur statthaft, soweit das Berufungsgericht ein Widerspruchsrecht des Klägers und einen daraus abgeleiteten Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verneint hat. Es hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung beschränkt auf die Frage, ob die Vorschriften des § 5a VVG a.F. den Regelungen der Europäischen Union entsprechen , zugelassen. Diese im Tenor und in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck gebrachte Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam. Es geht nicht um eine - unzulässige - Beschränkung auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen. Die zum Anlass für die Zulassung genommene Frage betrifft einen tatsächlich und rechtlich selbständigen , abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs, auf den auch die Partei selbst die Revision beschränken könnte (vgl. Senatsurteil vom 17. September 2008 - IV ZR 191/05, VersR 2008, 1524 Rn. 7; BGH, Urteile vom 19. April 2013 - V ZR 113/12, NJW 2013, 1948 Rn. 9; vom 27. September 2011 - II ZR 221/09, WM 2011, 2223 Rn. 18; Beschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5; jeweils m.w.N.). Der dem Bereicherungsanspruch zugrunde liegende Sachverhalt kann in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem für die Schadensersatzforderung maßgeblichen Prozessstoff beurteilt werden. Der - auf Vertragsaufhebung und Rückzahlung der Prämien gerichtete - Anspruch wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung, über den das Berufungsgericht entschieden hat, bestünde ungeachtet der Entscheidung zum Zustandekommen des Vertrags nach § 5a VVG a.F. und konnte daher von der Zulassung ausgenommen werden.
- 12
- C. Die Revision ist, soweit sie zulässig ist, begründet. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann dem Kläger ein Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht versagt werden.
- 13
- I. Der Kläger kann dem Grunde nach aus ungerechtfertigter Bereicherung Rückzahlung der an die Beklagte gezahlten Prämien verlangen, weil er diese rechtsgrundlos geleistet hat.
- 14
- 1. Ein Rechtsgrund ergibt sich nicht aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Rentenversicherungsvertrag. Dieser ist auf der Grundlage des § 5a VVG a.F. nicht wirksam zustande gekommen, weil der Kläger mit seinem Schreiben vom 31. März 2008 rechtzeitig den Widerspruch erklärt hat.
- 15
- a) Da die Beklagte dem Kläger bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben und eine den Anforderungen des § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) a.F. genügende Verbraucherinformation unterlassen hatte, hätte ein wirksamer Vertrag nur nach Maßgabe des § 5a VVG a.F. zustande kommen können. Diese Vorschrift regelte den Vertragsschluss nach dem so genannten Policenmodell. Der Antrag des Versicherungsnehmers stellte das Angebot zum Abschluss des Vertrages dar. Dieses nahm der Versicherer dadurch an, dass er dem Versicherungsnehmer mit der Versicherungspolice die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die für den Vertragsschluss maßgebliche Verbraucherinformation übersandte. Durch die Annahme kam der Vertrag aber noch nicht zustande; vielmehr galt er gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. erst dann als abgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von 14 Tagen nach Überlassen der Unterlagen widersprach. Bis zum Ablauf dieser Frist war von einem schwebend unwirksamen Vertrag auszugehen (vgl. dazu nur Vorlagebeschluss vom 28. März 2012 - IV ZR 76/11, VersR 2012, 608 Rn. 10; Senatsurteil vom 24. November 2010 - IV ZR 252/08, VersR 2011, 337 Rn. 22; jeweils m.w.N.).
- 16
- Hier kann dahinstehen, ob das Policenmodell als solches mit den genannten Richtlinien unvereinbar ist und ob sich ein Versicherungs- nehmer, der ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden ist und die Versicherungsbedingungen sowie eine Verbraucherinformation erhalten hat, darauf nach Durchführung des Vertrages berufen könnte. Jedenfalls wurde die 14-tägige Widerspruchsfrist gegenüber dem Kläger nicht in Lauf gesetzt. Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts belehrte die Beklagte den Kläger auch im Zuge der Annahme des Antrags und Übersendung des Versicherungsscheins nicht in drucktechnisch deutlicher Form i.S. von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. über sein Widerspruchsrecht.
- 17
- b) Für einen solchen Fall bestimmte § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt. Nachdem der Kläger die erste von ihm geschuldete Prämie im Dezember 1998 gezahlt hatte, wäre nach dieser Bestimmung sein Recht zum Widerspruch längst erloschen gewesen, als er diesen im März 2008 erklärte. Indes bestand sein Widerspruchsrecht nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.
- 18
- aa) Das ergibt sich aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (VersR 2014, 225).
- 19
- (1) Dieser hat entschieden, dass Art. 15 Abs. 1 der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung unter Berücksichtigung des Art. 31 der Dritten Richtlinie Lebensversicherung dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. entgegensteht, nach der ein Rücktrittsrecht spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Ver- sicherungsprämie erlischt, wenn der Versicherungsnehmer nicht über das Recht zum Rücktritt belehrt worden ist (aaO Rn. 32).
- 20
- (2) An dieses Auslegungsergebnis sind die nationalen Gerichte gebunden. Sie sind nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgrund des in Art. 288 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verankerten Umsetzungsgebots und des aus Art. 4 Abs. 3 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) folgenden Grundsatzes der Unionstreue zudem verpflichtet , die Auslegung des nationalen Rechts unter voller Ausschöpfung des ihnen dadurch eingeräumten Beurteilungsspielraums soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit ihr verfolgte Ziel zu erreichen (vgl. EuGH, Slg. 2004, I-8835 Rn. 113 - Pfeiffer u.a.; Slg. 1984, 1891 Rn. 26, 28 - von Colson u.a., jeweils m.w.N.). Der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung verlangt von den nationalen Gerichten mehr als bloße Auslegung im engeren Sinne entsprechend dem Verständnis in der nationalen Methodenlehre. Er erfordert auch, das nationale Recht, wo dies nötig und nach der nationalen Methodenlehre möglich ist, richtlinienkonform fortzubilden (BGH, Beschluss vom 8. Januar 2014 - V ZB 137/12, juris Rn. 10; Urteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 30; vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 21 m.w.N.; Riesenhuber /Roth, Europäische Methodenlehre 2. Aufl. 2010 § 14 Rn. 17 m.w.N.). Terminologisch unterscheidet der Gerichtshof der Europäischen Union nicht zwischen Auslegung und Rechtsfortbildung (Riesenhuber/Neuner aaO § 13 Rn. 2; Riesenhuber/Roth aaO § 14 Rn. 17; Höpfner, RdA 2013, 16, 22 m.w.N.; Mörsdorf, ZIP 2008, 1409, 1415 m.w.N.). Allerdings findet die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege zugleich ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten (BVerfG, NJW 2012, 669 Rn. 47 m.w.N.).
- 21
- (3) Einer Auslegung im engeren Sinne ist § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. nicht zugänglich. Dem steht der eindeutige Wortlaut der Vorschrift entgegen. Sie bestimmte ein Erlöschen des Widerspruchsrechts unabhängig davon, ob der Versicherungsnehmer über dieses Recht belehrt war. Die Regelung ist aber richtlinienkonform teleologisch dergestalt zu reduzieren, dass sie im Anwendungsbereich der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung (Art. 1 Ziffer 1 A bis C der Ersten Richtlinie 79/267/EWG des Rates vom 5. März 1979 zur Koordinierungder Rechtsund Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Direktversicherung (Lebensversicherung) i.V.m. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992) grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn der Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über sein Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat. Hingegen ist § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. - innerhalb seiner zeitlichen Geltungsdauer - für alle Versicherungsarten außerhalb des Bereichs der Richtlinien unverändert anwendbar.
- 22
- (a) Die Vorschrift weist die für eine teleologische Reduktion erforderliche verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes auf (vgl. BGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 31; vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 22 m.w.N.).
- 23
- (aa) Eine solche liegt vor, wenn das ausdrücklich angestrebte Ziel einer richtlinienkonformen Umsetzung durch die Regelung nicht erreicht worden ist und ausgeschlossen werden kann, dass der Gesetzgeber die Regelung in gleicher Weise erlassen hätte, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass sie nicht richtlinienkonform ist (BGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 34; vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 25 m.w.N.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. Januar 2014 - V ZB 137/12, juris Rn. 11). Eine planwidrige Regelungslücke ist nicht nur dann gegeben, wenn Wertungswidersprüche zwischen zwei innerstaatlichen Normen bestehen (so aber: OLG München VersR 2013, 1025, 1029 m.w.N.; Höpfner, RdA 2013, 16, 22 unter Berufung auf BGH, Urteil vom 26. November 2008 aaO). Dies lässt sich der genannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht entnehmen und entspricht auch nicht etwa einem zwingenden Verständnis der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Dieser hat sich im Sinne einer Vermutungsregel geäußert, dass ein Mitgliedstaat , der von einem mit einer Richtlinie eingeräumten Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht hat, die Verpflichtungen aus der Richtlinie auch in vollem Umfang umsetzen wollte (EuGH, Slg. 2004, I-8835 Rn. 112 - Pfeiffer u.a.). Der Normzweck ist daher - außer im Falle einer ausdrücklichen Umsetzungsverweigerung - unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens zu bestimmen, eine Richtlinie korrekt umzusetzen. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, dass er sehenden Auges einen Richtlinienverstoß in Kauf nehmen wollte (vgl. zu § 5 Abs. 2 HWiG a.F. BGH, Urteil vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248, 257). Die Richtlinie dient dabei gleichzeitig als Maßstab der Lückenfeststellung sowie der Lückenschließung (Mörsdorf, ZIP 2008, 1409, 1415 m.w.N.).
- 24
- (bb) § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. steht in Widerspruch zu dem mit dem Gesetz verfolgten Grundanliegen, die Dritte Richtlinie Lebensversicherung ordnungsgemäß umzusetzen. Bei § 5a VVG a.F. handelt es sich insgesamt um eine Umsetzungsnorm. Aus der Begründung des Regierungsentwurfs des Dritten Durchführungsgesetzes/EWG zum VAG ergibt sich, dass der in diesem Gesetz enthaltene neue § 10a u.a. Art. 31 i.V.m. Anhang II. A. der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie über die Verbraucherinformation vor Abschluss und während der Laufzeit des Versicherungsvertrages in deutsches Recht umsetzt (BT-Drucks. 12/6959 S. 55). Die Verbraucherinformation sollte eingeführt werden, weil bei den unter die Dritte Richtlinie fallenden Versicherungsunternehmen die Bedingungen und Berechnungsgrundlagen nicht mehr Teil des vorab zu genehmigenden Geschäftsplanes waren (Begr. Ausschussempfehlung BT-Drucks. 12/7595 S. 102). Der aufgrund der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses hinzugekommene neue § 5a VVG stellt eine Einschränkung des § 10a VAG dar. Er beruht ausweislich der Begründung dieser später umgesetzten Anregung darauf, dass die im Regierungsentwurf des § 10a VAG geplanten, vor Abschluss des Vertrages zu erfüllenden Informationsverpflichtungen "in der Praxis auf z.T. unüberwindbare Schwierigkeiten stießen" (BT-Drucks. 12/7595 aaO). Vor diesem Hintergrund stellen § 10a VAG und § 5a VVG einen einheitlich zu betrachtenden Komplex dar, mit dem die Dritte Richtlinie Lebensversicherung in deutsches Recht umgesetzt wurde (ebenso Brand, VersR 2014, 269, 274). Dies ist auch der Begründung der Ausschussempfehlung zu entnehmen, die ausdrücklich von einer Verknüpfung der Vorschriften des § 10a VAG und § 5a VVG spricht. Die Regelung in zwei verschiedenen Gesetzen beruhe lediglich darauf, dass die Konkretisierung der Verbraucherinformation im VAG verbleiben müsse, weil es sich um eine gewerberechtliche Frage handele und die Ansiedlung im VAG Voraussetzung für eine Kontrolle durch das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen sei (BT-Drucks. 12/7595 aaO).
- 25
- Der nationale Gesetzgeber bezweckte danach mit § 5a VVG a.F. nicht primär eine Harmonisierung des Aufsichtsrechts. Diese - in der Instanzrechtsprechung immer wieder vertretene - These lässt sich aus dem für die Verbraucherinformation maßgeblichen 23. Erwägungsgrund zur Dritten Richtlinie Lebensversicherung, die der nationale Gesetzgeber umsetzen wollte, nicht entnehmen. Dort wird das Informationsbedürfnis des Versicherungsnehmers so umschrieben: "Im Rahmen eines einheitlichen Versicherungsmarkts wird dem Verbraucher eine größere und weiter gefächerte Auswahl von Verträgen zur Verfügung stehen. Um diese Vielfalt und den verstärkten Wettbewerb voll zu nutzen, muss er im Besitz der notwendigen Informationen sein, um den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen." Ein Bezug zum Aufsichtsrecht ist daraus nicht zu entnehmen.
- 26
- Die zu der Ausnahmeregelung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. gegebene Begründung, die Ausschlussfrist sei im Interesse des Rechtsfriedens erforderlich (BT-Drucks. 12/7595 S. 111), ändert nichts am Zweck des gesamten Regelungskomplexes, die Richtlinie umzusetzen. Strebt der Gesetzgeber eine richtlinienkonforme Umsetzung an, ist diesem - wenn auch möglicherweise unvollkommen verwirklichten - Zweck Vorrang vor der mit der Einzelnorm verfolgten Zielrichtung zu geben (vgl. Riesenhuber/Roth, Europäische Methodenlehre, 2. Aufl. 2010 § 14 Rn. 59; so im Ergebnis auch BGH; Beschluss vom 8. Januar 2014 - V ZB 137/12, juris; Urteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148; vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27; vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248; a.A. Brand, VersR 2014, 269, 274).
- 27
- (b) Die Regelungslücke des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. ist richtlinienkonform dergestalt zu schließen, dass die Vorschrift im Bereich der Lebens- und Rentenversicherung und der Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung nicht anwendbar ist, aber auf die von der Dritten Richtlinie Lebensversicherung nicht erfassten Versicherungsarten uneingeschränkt Anwendung findet (so auch OLG Celle, Urteil vom 27. Februar 2014 - 8 U 192/13, juris Rn. 42 ff.).
- 28
- (aa) Die Ausfüllung einer Regelungslücke durch die Gerichte muss den allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen entsprechen und in möglichst enger Anlehnung an das geltende Recht vorgenommen werden (BVerfGE 37, 67, 81). Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union sind im Rahmen einer interpretatorischen Gesamtabwägung (vgl. Riesenhuber /Habersack/Mayer, Europäische Methodenlehre, 2. Aufl. 2010 § 15 Rn. 37) hinreichend umzusetzen. Dabei dürfen die Grenzen des den Gerichten im Rahmen der richterlichen Rechtsfortbildung zustehenden Gestaltungsspielraums nicht überschritten werden (vgl. hierzu Palandt/ Sprau, BGB 73. Aufl. Einl. Rn. 56). Weder das Gemeinschaftsrecht noch das nationale Recht fordern eine einheitliche Auslegung des europäischen und des national-autonomen Rechts (Riesenhuber/Habersack/ Mayer aaO § 15 Rn. 24 ff., 36; Mörsdorf, ZIP 2008, 1409, 1416 m.w.N. auch zur Gegenauffassung). Das Gebot richtlinienkonformer Auslegung des nationalen Rechts reicht nur so weit wie der in Art. 288 Abs. 3 AEUV verankerte Umsetzungsbefehl der entsprechenden Richtlinie (Mörsdorf aaO). Zulässig ist demnach eine gespaltene Auslegung dergestalt, dass eine nationale Norm durch richtlinienkonforme Auslegung nur insoweit korrigiert wird, als sie mit den Anforderungen der Richtlinie nicht übereinstimmt , und im überschießenden - nicht europarechtlich determinierten - Teil unverändert bleibt (vgl. Riesenhuber/Habersack/Mayer aaO § 15 Rn. 36 f.).
- 29
- (bb) Der gegenüber der allgemeinen, für alle Versicherungen geltenden Regelung des § 5a VVG a.F. engere Anwendungsbereich der Dritten Richtlinie Lebensversicherung nur für Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung rechtfertigt eine gespaltene Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. Auf diese Weise wird zum einen dem Willen des Gesetzgebers zur Umsetzung der Richtlinie Rechnung getragen und zum anderen für die übrigen, nicht davon erfassten Versicherungsarten die Ausschlussfrist im Interesse der angestrebten Rechtssicherheit beibehalten. Der Gesetzgeber wollte im allgemeinen Teil des VVG eine einheitliche Bestimmung für alle Versicherungsarten treffen. Dies ergibt sich daraus, dass er auf eine Definition des genauen Zeitpunktes der Informationserteilung verzichtet hat, um bei der Frage, wann eine Information noch vor Abschluss des Vertrages erfolgt, den Besonderheiten der einzelnen Versicherungsarten und Vertriebsformen Rechnung tragen zu können und Raum für vertragliche Vereinbarungen zu lassen (Begr. RegE BT-Drucks. 12/6959 S. 55). Der Gesetzgeber hat zwei Entscheidungen getroffen: eine Strukturentscheidung , das Widerspruchsrecht und sein Erlöschen einheitlich für alle Versicherungen zu regeln, und eine Sachentscheidung mit dem Inhalt des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. (vgl. zu dieser Differenzierung grundsätzlich Riesenhuber/Habersack/Mayer, Europäische Methodenlehre, 2. Aufl. 2010 aaO § 15 Rn. 38). Die Richtlinienwidrigkeit der Sachentscheidung im Bereich der von der Richtlinie erfassten Versicherungsarten war ihm nicht bekannt. Dass er an der Strukturentscheidung festgehalten hätte, wenn er eine abweichende Sachentscheidung für Lebens- und Rentenversicherungen hätte treffen müssen, ist nicht anzunehmen (vgl. Riesenhuber /Habersack/Mayer aaO § 15 Rn. 38 m.w.N.; Mayer/Schürnbrand, JZ 2004, 545, 551). Eine Vermutung, der Gesetzgeber hätte für den gesamten Anwendungsbereich der Vorschrift eine richtlinienkonforme Auslegung gewollt, lässt sich aus der Gleichbehandlung im Wortlaut der Norm nicht herleiten (vgl. Herdegen, WM 2005, 1921, 1930 zu § 5 Abs. 2 HWiG a.F.). In einem Großteil der Anwendungsfälle der Norm kann der gesetzgeberische Wille Geltung erlangen, ohne den Anwendungsbereich der Richtlinie zu berühren (vgl. Herdegen aaO). Im überschießend geregelten Bereich der Nicht-Lebensversicherung sind abweichende Auslegungsgesichtspunkte zu beachten (vgl. Riesenhuber/Habersack/Mayer aaO § 15 Rn. 43). Insoweit bestehen keine entsprechenden Richtlinienvorgaben.
- 30
- Die mit dem Dritten Durchführungsgesetz/EWG zum VAG ebenfalls umgesetzte Dritte Richtlinie Schadenversicherung (Richtlinie 92/49/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung ) sowie zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG und 88/357/EWG; ABl. L 228 S. 1) fordert zwar auch Verbraucherinformationen , sieht jedoch - anders als die Dritte Richtlinie Lebensversicherung - nicht vor, dem Versicherungsnehmer vor Abschluss des Vertrages "mindestens" die "Modalitäten der Ausübung des Widerrufs und Rücktrittsrechts" mitzuteilen. Zudem hält das nationale Recht den Versicherungsnehmer außerhalb der Lebensversicherung im Hinblick auf die zu erteilenden Informationen für weniger schützenswert. Darauf deutet das in der Empfehlung des Finanzausschusses zu § 5a VVG a.F. genannte Beispiel des Rückkaufswertes in der Lebensversicherung hin (Begr. Aus- schussempfehlung, BT-Drucks. 12/7595 S. 102). Den Produkten der Lebensversicherung wird große Komplexität beigemessen, was die Bedeutung des Verbraucherschutzes erhöht. Hinzu kommt, dass sich der Versicherungsnehmer einer Lebens- oder Rentenversicherung, anders als bei Versicherungen mit jährlicher Wechselmöglichkeit, regelmäßig über einen langen Zeitraum an das Produkt und den Versicherer bindet. Die Entscheidung für einen Vertrag hat hier weiter reichende Folgen und größere wirtschaftliche Bedeutung als bei den meisten anderen Versicherungsarten. Dies findet Ausdruck in § 5a Abs. 1 Satz 2 VVG in der Fassung vom 2. Dezember 2004, der die Widerspruchsfrist für Lebensversicherungsverträge entsprechend der Vorgabe des Art. 17 der Fernabsatzrichtlinie II (Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG, ABl. L 271 S. 16) auf 30 Tage verlängert und damit mehr als verdoppelt hat. Mit Blick auf die besondere Bedeutung der Lebens- und Rentenversicherungen gebietet Art. 3 Abs. 1 GG keine Gleichbehandlung von Lebensund Rentenversicherungen mit anderen Versicherungen.
- 31
- (cc) Das gegen eine gespaltene Auslegung angeführte Argument der Abgrenzungsschwierigkeiten (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248, 261 f.) greift bei § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. nicht. Eine Unterscheidung zwischen den einzelnen Versicherungsarten ist ohne weiteres möglich und hängt - anders als die Unterscheidung zwischen verschiedenen Haustürsituationen - nicht von Zufällen des Geschehensablaufes ab.
- 32
- Die gespaltene Auslegung verstößt auch nicht gegen das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Prinzip der Rechtssicherheit, das Vertrauensschutz für den Bürger gewährleistet. Durfte die betroffene Partei mit der Fortgeltung der bisherigen Rechtslage rechnen und verdient dieses Interesse bei einer Abwägung mit den Belangen des Vertragspartners und den Anliegen der Allgemeinheit den Vorzug, liegt ein Eingriff in rechtlich geschützte Positionen vor (BGH, Urteil vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 33 m.w.N.). Die uneingeschränkte Anwendung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. konnte nicht als gesichert angesehen werden, weil ihre Richtlinienkonformität im Schrifttum von Anfang an bezweifelt wurde (Berg, VuR 1999, 335, 341 f.; Lorenz, VersR 1997, 773, 782; vgl. Vorlagebeschluss vom 28. März 2012 - IV ZR 76/11, VersR 2012, 608 Rn. 16 m.w.N.).
- 33
- Die richtlinienkonforme Reduktion des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. bedeutet keine gesetzeswidrige (contra legem) Rechtsschöpfung (so aber OLG München, Urteil vom 10. Oktober 2013 - 14 U 1804/13, juris Rn. 52 ff.; VersR 2013, 1025, 1028). Wie ausgeführt, kann § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. zwar nicht im engeren Sinne ausgelegt, jedoch im Wege der nach nationalem Recht zulässigen und erforderlichen teleologischen Reduktion richtlinienkonform fortgebildet werden, so dass ein ausreichender Anwendungsbereich der gesetzgeberischen Sachentscheidung verbleibt.
- 34
- Schließlich lässt sich der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung nicht entgegenhalten, sie laufe auf eine - in ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union abgelehnte (EuGH, NJW 1994, 2473 Rn. 20 - Dori/Recreb; NJW 1986, 2178 Rn. 48 - Marshall) - horizon- tale Drittwirkung der Richtlinie hinaus (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248, 259 f.). Zur Anwendung kommt vielmehr im Rahmen des national methodologisch Zulässigen fortgebildetes nationales Recht.
- 35
- bb) Das Widerspruchsrecht des Klägers ist nicht aus anderen Gründen entfallen.
- 36
- (1) Die vom Kläger ausgesprochene Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem späteren Widerspruch nicht entgegen. Da der Kläger über sein Widerspruchsrecht nicht ausreichend belehrt wurde, konnte er sein Wahlrecht zwischen Kündigung und Widerspruch nicht sachgerecht ausüben (vgl. Senatsurteil vom 16. Oktober 2013 - IV ZR 52/12, VersR 2013, 1513 Rn. 24).
- 37
- (2) Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt - anders als in der Sache IV ZR 52/12 (aaO) - schon deshalb nicht in Betracht, weil eine entsprechende Anwendung der Regelungen in den §§ 7 Abs. 2 VerbrKrG, 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG nach Außerkrafttreten dieser Gesetze nicht mehr möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 2009 - XI ZR 260/08, WM 2010, 34 Rn. 16).
- 38
- cc) Der Kläger verstößt mit seiner Rechtsausübung nicht gegen Treu und Glauben.
- 39
- (1) Entgegen der Ansicht der Beklagten hat er sein Recht zum Widerspruch nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und be- sondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (st. Rspr., BGH, Urteil vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, NJW 2014, 1230 Rn. 13 m.w.N.). Es fehlt hier jedenfalls am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen , weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilte (vgl. dazu unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit EuGH, VersR 2014, 225 Rn. 30).
- 40
- (2) Aus demselben Grund liegt in der Geltendmachung des bereicherungsrechtlichen Anspruchs keine widersprüchliche und damit unzulässige Rechtsausübung (vgl. dazu Brand, VersR 2014, 269, 276). Widersprüchliches Verhalten ist nach der Rechtsordnung grundsätzlich zulässig und nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 103/11, NJW-RR 2013, 757 Rn. 12 m.w.N.). Die Beklagte kann keine vorrangige Schutzwürdigkeit für sich beanspruchen, nachdem sie es versäumt hat, den Kläger über sein Widerspruchsrecht zu belehren.
- 41
- 2. Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sind entgegen der Ansicht der Beklagten nicht - etwa in Anlehnung an die Rechtsfigur des faktischen Vertragsverhältnisses - auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken.
- 42
- a) Allein eine Rückwirkung entspricht dem Effektivitätsgebot (effet utile). Stünde dem Versicherungsnehmer bei unterbliebener oder unzureichender Widerspruchsbelehrung nur ein Lösungsrecht mit Wirkung ex nunc zu, bliebe der Verstoß gegen die Belehrungspflicht sanktionslos. Dies würde dem Gebot des Art. 4 Abs. 3 EUV nicht gerecht, der verlangt, dass sich die Union und die Mitgliedstaaten gegenseitig bei der Erfüllung der Aufgaben, die sich aus den Verträgen ergeben, achten und unterstützen. Daher darf die Anwendung des nationalen Rechts die Tragweite und die Wirksamkeit des Unionsrechts nicht beeinträchtigen. Dies bedeutet auch, die Vorgaben der Richtlinien und des Gerichtshofs der Europäischen Union im nationalen Recht möglichst vollständig durchzusetzen (EuGH, NZA 2013, 891 Rn. 71 - Asociatia ACCEPT). Wie der Gerichtshof der Europäischen Union ausgeführt hat, regelten die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung nicht den Fall, dass der Versicherungsnehmer nicht über sein Rücktrittsrecht belehrt wurde, und damit auch nicht die Folgen, die das Unterbleiben der Belehrung für dieses Recht haben konnte. Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 3 der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung sah vor, dass "die [für den Rücktritt erforderlichen Voraus- setzungen … gemäß dem auf den Versicherungsvertrag … anwendbaren [nationalen] Recht geregelt [wurden]" (EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12, VersR 2014, 225 Rn. 22). Die Mitgliedstaaten mussten jedoch dafür sorgen, dass die praktische Wirksamkeit der Zweiten und Dritten Richtlinie Lebensversicherung unter Berücksichtigung des mit diesen verfolgten Zwecks gewährleistet ist (EuGH aaO Rn. 23). Aus der Struktur und aus dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen der Dritten Richtlinie Lebensversicherung hat der Gerichtshof der Europäischen Union eindeutig geschlossen, mit ihr habe sichergestellt werden sollen, dass der Versicherungsnehmer insbesondere über sein Rücktrittsrecht genau belehrt wird (EuGH aaO Rn. 25).
- 43
- Eine nationale Bestimmung wie § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., wonach das Recht des Versicherungsnehmers, von dem Vertrag zurückzutreten , zu einem Zeitpunkt erlischt, zu dem er über dieses Recht nicht belehrt war, läuft daher nach Ansicht des Gerichtshofs der Europäischen Union der Verwirklichung eines grundlegenden Ziels der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung und damit deren praktischer Wirksamkeit zuwider (EuGH aaO Rn. 26). Diese kann nur gewährleistet werden , wenn der nicht ordnungsgemäß belehrte Versicherungsnehmer im Falle eines Widerspruchs die von ihm gezahlten Prämien grundsätzlich zurückerhält. Das gilt umso mehr, als es bei dem in § 5a VVG a.F. vorgesehenen Widerspruch nicht um den Rücktritt von einem bereits zustande gekommenen Vertrag geht, sondern darum, das Zustandekommen des Vertrages zu verhindern. Nichts anderes ergibt sich aus Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 2 der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung. Danach soll der Versicherungsnehmer für die Zukunft von allen aus diesem Vertrag resultierenden Verpflichtungen befreit werden. Dies betrifft aber nur den Fall, dass er ordnungsgemäß belehrt wurde. Der nicht oder nicht ausreichend belehrte Versicherungsnehmer muss hingegen so gestellt werden, als ob er ordnungsgemäß belehrt worden wäre. Dann hätte er sein Widerspruchsrecht ausüben können und mangels wirksamen Vertrages keine Prämien gezahlt.
- 44
- b) Eine Einschränkung der bereicherungsrechtlichen Abwicklung ist nicht etwa geboten, um Widersprüche zu den §§ 9 Abs. 1 und 152 Abs. 2 VVG n.F. zu vermeiden. Danach erhält der Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung den auf die Zeit nach Zugang des Widerrufs entfallenden Teil der Prämien, wenn er auf sein Widerrufsrecht, die Rechtsfolgen des Widerrufs und den zu zahlenden Betrag hingewiesen worden ist und zugestimmt hat, dass der Versicherungsschutz vor Ende der Widerrufsfrist beginnt, und bei Unterbleiben des Hinweises zusätzlich den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile oder - falls dies günstiger ist - die für das erste Jahr des Versicherungsschutzes gezahlten Prämien zurück. Einer rückwirkenden analogen Anwendung der genannten Vorschriften steht Art. 1 Abs. 1 EGVVG entgegen, nach dem auf Altverträge grundsätzlich bis zum 31. Dezember 2008 das Versicherungsvertragsgesetz in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung anzuwenden ist. Unabhängig davon, ob man im Vertragsschluss bereits einen abgeschlossenen Sachverhalt sieht, in den wegen des Verbotes der echten Rückwirkung nicht eingegriffen werden darf (so Looschelders/Pohlmann/Brand, VVG 2. Aufl. Art. 1 EGVVG Rn. 14), können auf Altverträge Vorschriften des neuen VVG, die vor oder bei Abschluss des Vertrages zu beachten sind, auch nach dem 31. Dezember 2008 keine Anwendung finden (Begr. RegE BT-Drucks. 16/3945 S. 118 zu Art. 1 Abs. 1 EGVVG). Das gilt auch für das Widerrufsrecht des § 8 Abs. 1 VVG n.F., das den Vertragsparteien bei Vertragsschlüssen vor 2008 nicht bekannt sein konnte, sowie für die Rechtsfolgen des Widerrufs gemäß den §§ 9 Abs. 1, 152 Abs. 2 VVG n.F., die an die vorvertragliche Belehrungspflicht nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VVG n.F. anknüpfen.
- 45
- II. Der Höhe nach umfasst der Rückgewähranspruch des Klägers nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht uneingeschränkt alle Prämien, die er an die Beklagte gezahlt hat, ohne hierzu durch einen wirksamen Versicherungsvertrag verpflichtet zu sein. Im Rahmen einer gemeinschaftsrechtlich geforderten rechtsfortbildenden Auslegung einer nationalen Norm darf bei der Regelung der Rechtsfolgen des Widerspruchs nach nationalem Recht ein vernünftiger Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung zwischen den Beteiligten hergestellt werden (vgl. EuGH, NJW 2010, 1511 Rn. 48; BGH, Beschluss vom 12. Juli 2010 - II ZR 250/09, juris unter 1). Eine einschränkungslose Ausgestaltung des W iderspruchsrechts auch auf der Rechtsfolgenseite wäre nicht sachgerecht. Der Versicherungsnehmer hat während der Prämienzahlung Versicherungsschutz genossen. Es ist davon auszugehen, dass er diesen im Versicherungsfall in Anspruch genommen und sich - selbst bei zwischenzeitlich erlangter Kenntnis von seinem Widerspruchsrecht - gegen eine Rückabwicklung entschieden hätte. Mit Blick darauf führte eine Verpflichtung des Versicherers zur Rückgewähr sämtlicher Prämien zu einem Ungleichgewicht innerhalb der Gemeinschaft der Versicherten (so auch OLG München, VersR 2013, 1025 Rn. 28). Daher muss sich der Kläger im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den Versicherungsschutz anrechnen lassen, den er jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossen hat. Erlangter Versicherungsschutz ist ein Vermögensvorteil , dessen Wert nach den §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB zu ersetzen sein kann (BGH, Urteile vom 30. Juni 1983 - III ZR 114/82, NJW 1983, 2692 unter III 3; vom 2. Dezember 1982 - III ZR 90/81, NJW 1983, 1420 unter IV 1 b). Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen wer- den; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen.
- 46
- Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben. Das gilt auch für die vom Kläger geltend gemachten und von der Beklagten in Abrede gestellten Nutzungszinsen, mit denen sich das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang nicht befasst hat.
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 13.07.2010- 22 O 587/09 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 31.03.2011- 7 U 147/10 -
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Vollstreckungsbescheide bedürfen der Vollstreckungsklausel nur, wenn die Zwangsvollstreckung für einen anderen als den in dem Bescheid bezeichneten Gläubiger oder gegen einen anderen als den in dem Bescheid bezeichneten Schuldner erfolgen soll.
(2) Einwendungen, die den Anspruch selbst betreffen, sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, nach Zustellung des Vollstreckungsbescheids entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.
(3) Für Klagen auf Erteilung der Vollstreckungsklausel sowie für Klagen, durch welche die den Anspruch selbst betreffenden Einwendungen geltend gemacht werden oder der bei der Erteilung der Vollstreckungsklausel als bewiesen angenommene Eintritt der Voraussetzung für die Erteilung der Vollstreckungsklausel bestritten wird, ist das Gericht zuständig, das für eine Entscheidung im Streitverfahren zuständig gewesen wäre.
(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.
(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.
(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.
(1) Der Vollstreckungsbescheid steht einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleich.
(2) Die Streitsache gilt als mit der Zustellung des Mahnbescheids rechtshängig geworden.
(3) Wird Einspruch eingelegt, so gibt das Gericht, das den Vollstreckungsbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das Gericht ab, das in dem Mahnbescheid gemäß § 692 Abs. 1 Nr. 1 bezeichnet worden ist, wenn die Parteien übereinstimmend die Abgabe an ein anderes Gericht verlangen, an dieses. § 696 Abs. 1 Satz 3 bis 5, Abs. 2, 5, § 697 Abs. 1, 4, § 698 gelten entsprechend. § 340 Abs. 3 ist nicht anzuwenden.
(4) Bei Eingang der Anspruchsbegründung ist wie nach Eingang einer Klage weiter zu verfahren, wenn der Einspruch nicht als unzulässig verworfen wird. § 276 Abs. 1 Satz 1, 3, Abs. 2 ist nicht anzuwenden.
(5) Geht die Anspruchsbegründung innerhalb der von der Geschäftsstelle gesetzten Frist nicht ein und wird der Einspruch auch nicht als unzulässig verworfen, bestimmt der Vorsitzende unverzüglich Termin; § 697 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend.
(6) Der Einspruch darf nach § 345 nur verworfen werden, soweit die Voraussetzungen des § 331 Abs. 1, 2 erster Halbsatz für ein Versäumnisurteil vorliegen; soweit die Voraussetzungen nicht vorliegen, wird der Vollstreckungsbescheid aufgehoben.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- 1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
- 2
- Das Berufungsgericht hat die Revision zur Fortbildung des Rechts zugelassen , weil die Frage, ob der Vermieter - gestützt auf eine nachträglich erteilte Betriebskostenabrechnung - Vollstreckungsgegenklage gegen das ihn zur Rückzahlung der Betriebskostenvorauszahlungen verpflichtende Urteil erheben kann, noch nicht entschieden sei. Diese Erwägung trägt indessen weder den vom Berufungsgericht genannten Zulassungsgrund noch liegt einer der weiteren im Gesetz genannten Zulassungsgründe vor.
- 3
- Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung; eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Denn die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage, über die, soweit ersichtlich, weder in der Rechtsprechung der Instanzgerichte noch in der Literatur ein Meinungsstreit besteht, ist nicht zweifelhaft; sie lässt sich vielmehr anhand der Rechtsprechung des Bun- desgerichtshofs eindeutig in dem auch vom Berufungsgericht entschiedenen Sinne beantworten.
- 4
- a) Nach der Rechtsprechung des Senats, von der auch das Berufungsgericht zutreffend ausgeht, ist eine Klage des Mieters auf Rückzahlung von Vorauszahlungen , die mangels Erteilung der fälligen Betriebskostenabrechnung Erfolg hat, lediglich "zur Zeit begründet" (Senatsurteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 57/04, NJW 2005, 1499, unter II 4 g), so dass der Vermieter auch noch nach Rechtskraft dieser Entscheidung mit einer Abrechnung die Voraussetzung für die Fälligkeit der Betriebskostenabrechnung schaffen und den Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Vorauszahlungen damit nachträglich zu Fall bringen kann (Senatsurteil, aaO, unter II 5 c).
- 5
- b) Die mit der vorliegenden Vollstreckungsgegenklage erhobene Einwendung des Klägers, die Rückforderung der Vorauszahlungen sei angesichts der zwischenzeitlich erteilten Betriebskostenabrechnung (nunmehr) unbegründet , ist nach § 767 Abs. 2 ZPO zulässig, denn sie beruht auf der am 14. Oktober 2008 erfolgten Abrechnung der Nebenkosten und somit auf Gründen, die erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess (2. Oktober 2008) entstanden sind und nicht mehr durch Einspruch hätten geltend gemacht werden können.
- 6
- Zwar ist für Gestaltungsrechte wie beispielsweise die Aufrechnung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass es für die Frage des Einwendungsausschlusses nicht auf die Ausübung des Gestaltungsrechts ankommt , sondern darauf, ob dieses - also etwa die Aufrechnungslage - zu dem nach § 767 Abs. 2 ZPO maßgeblichen Zeitpunkt objektiv bereits bestanden hat (BGHZ 24, 97, 98; 34, 274, 279; 100, 222, 225, st. Rspr.). Bei der Betriebskostenabrechnung , der nach der Rechtsprechung des Senats schon kein rechtsge- schäftlicher Erklärungswert zukommt, handelt es sich aber nicht um ein Gestaltungsrecht , sondern lediglich um einen Rechenvorgang im Sinne des § 259 BGB (Senatsurteile vom 28. April 2010 - VIII ZR 263/09, NJW 2010, 1965, Tz. 8 sowie vom 23. November 1981 - VIII ZR 298/80, NJW 1982, 573, unter I 2 aa), der die materielle Voraussetzung dafür schafft, dass dem Vermieter die Vorauszahlungen - soweit durch das Abrechnungsergebnis gerechtfertigt - endgültig verbleiben und ein etwaiger Nachforderungsanspruch fällig wird.
- 7
- Für den Ausschluss einer Einwendung nach § 767 Abs. 2 ZPO kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darauf an, ob sie bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung objektiv hätte erhoben werden können; hieran fehlt es, wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Einwendung - hier die die Fälligkeit der Nebenkostenforderung des Vermieters herbeiführende Betriebskostenabrechnung - zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorgelegen haben. Dass der Schuldner die materiellen Voraussetzungen für eine Einwendung vor diesem Zeitpunkt hätte schaffen können, genügt für den Einwendungsausschluss nicht (BGH, Urteil vom 7. Juli 2005 - VII ZR 351/03, NJW 2005, 2926, unter II 2 b cc).
- 8
- 2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
- 9
- a) Das Berufungsgericht hat die Zwangsvollstreckung aus dem im Vorprozess ergangenen Urteil vom 19. Juni 2008 zu Recht für unzulässig erklärt. Die Einwendung des Klägers, dass der Anspruch des Beklagten auf Rückzahlung der Vorauszahlungen mit der Erteilung der Betriebskostenabrechnung entfallen sei, ist - wie dargelegt - gemäß § 767 Abs. 2 ZPO zulässig. Die vom Beklagten erbrachten Vorauszahlungen gebühren nach der Abrechnung, die einen Saldo zu Lasten des Beklagten aufweist, vollständig dem Kläger.
- 10
- b) Soweit die Revision die Entscheidung des Berufungsgerichts über die von dem Beklagten erhobenen Einwände gegen die inhaltliche Richtigkeit der Betriebskostenabrechnung vom 14. Oktober 2008 mit Verfahrensrügen angreift, hat der Senat diese geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).
- 11
- 3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses. Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Fetzer Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
AG Nauen, Entscheidung vom 30.03.2009 - 12 C 355/08 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 19.11.2009 - 11 S 41/09 -
(1) Die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) wirkt auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.
(2) Durch die Rückwirkung werden Verfügungen nicht unwirksam, die vor der Genehmigung über den Gegenstand des Rechtsgeschäfts von dem Genehmigenden getroffen worden oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Insolvenzverwalter erfolgt sind.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
Tenor
Die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 30.06.2006 – Az.: 18 O 13/06 – wird für unzulässig erklärt.
Die Beklagte wird verurteilt, die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils des Landgerichts Bielefeld vom 30.06.2006 – Az.: 18 O 13/06 – an den Kläger herauszugeben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 80% und der Kläger zu 20%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 22.000,00 € zzgl. 110% der zu vollstreckenden Kosten. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleisung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet).
1
Tatbestand
2Der Kläger schloss am 27.05.2003 einen Kreditvertrag mit der B-Bank Privatkunden AG über einen Betrag Nettokreditbetrag von 32.643,58 €. Gleichzeitig wurde eine Restschuldversicherung mit der D. Versicherung abgeschlossen, für den ein mit kreditierter Einmalbetrag von 5.428,40 € zu zahlen war.
3Die in dem Kreditvertrag enthaltene Widerrufsbelehrung enthält dabei keinen Hinweis auf die Rechtsfolgen des Widerrufs verbundener Geschäfte. Wegen der Einzelheiten und des genauen Wortlautes wird auf den Kreditvertrag (Anlage K12) und den Versicherungsvertrag (Anlage K13) vom 27.05.20103 Bezug genommen.
4Durch Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 30.06.2006 (Az.: 18 O 13/06) wurde der Kläger verurteilt, an die B-Bank aus dem Kreditvertrag einen Betrag in Höhe von 36.983,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.10.2004 zu zahlen.
5Mit Schreiben vom 23.09.2011 (Anlage K4) hat der Kläger gegenüber der U.Bank (vormals B-Bank) den Widerruf des Kreditvertrages und des Versicherungsvertrages erklärt.
6Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er an die Zedentin einen Betrag in Höhe von 43.655,79 € gezahlt.
7Am 26.11.2012 hat die U.Bank die Forderung an die Beklagte verkauft und abgetreten.
8Der Kläger vertritt die Auffassung, zum Widerruf noch berechtigt gewesen zu sein, da die zugrunde liegende Widerrufsbelehrung wegen fehlenden Hinweises auf die Widerrufsfolgen bei Vorliegen eines verbundenen Geschäfts fehlerhaft gewesen sei.
9Der Widerruf sei auch nicht präkludiert. Abzustellen sei auf den Zeitpunkt der Ausübung des Gestaltungsrechts und nicht auf den der Möglichkeit seiner Ausübung. Es bestehe danach auch ein Anspruch auf Neuberechnung und Rückzahlung der überzahlten Beträge. Im Übrigen sei die Vollstreckung als rechtsmissbräuchlich einzustufen.
10Der Kläger beantragt,
111.
12die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des angerufenen Gerichts vom 30.06.2006, Az. 18 O 13/06, für unzulässig zu erklären,
132.
14die Beklagte zu verurteilen, die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils des erkennenden Gerichts vom 30.06.2006, Az. 18 O 13/06, an ihn herauszugeben,
153.
16die Beklagte zu verurteilen, den Kreditvertrag unter Berücksichtigung des erklärten Widerrufs neu zu berechnen,
174.
18die Beklagte zu verurteilen, ihm den Betrag, der sich aufgrund der Neuabrechnung ergibt, zu erstatten.
19Die Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Sie vertritt die Auffassung, der Widerruf sei gem. § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert. Abzustellen sei auf den Zeitpunkt, in dem das Gestaltungsrecht hätte ausgeübt werden können. Das Widerrufsrecht hätte bis zum Abschluss des Vorprozesses ausgeübt werden müssen. Die Rechtskraft des Urteils stehe der Ausübung des Widerrufsrechts entgegen.
22Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe
24Die Klage ist teilweise begründet.
25I.
26Die Klage ist mit dem Antrag zu 1. zulässig und begründet.
271.
28Die Klage ist als Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO statthaft, da der Kläger materiell-rechtliche Einwendungen gegen den titulierten Anspruch geltend macht. Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts folgt aus §§ 767 Abs. 1, 802 ZPO. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben, da ein nach Form und Inhalt zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vorliegt.
292.
30Die Klage ist auch begründet.
31Dem Kläger steht eine nicht präkludierte materiell-rechtliche Einwendung gegen den titulierten Anspruch aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB zu.
32a)
33Denn der Kläger hat den Kreditvertrag wirksam gem. § 355, 495 BGB widerrufen. Bei Abgabe der Widerrufserklärung am 23.09.2011 war die Widerrufsfrist noch nicht verstrichen. Sie war durch die in dem Darlehensvertrag vom 27.05.2003 enthaltene Widerrufsbelehrung nicht in Lauf gesetzt worden. Die Belehrung war nicht ordnungsgemäß, weil sie keinen Hinweis gemäß § 358 Abs. 5 BGB auf die Rechtsfolgen des Widerrufs verbundener Geschäfte nach § 358 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 2 BGB enthielt.
34Ein Darlehensvertrag und ein Restschuldversicherungsvertrag bilden dabei verbundene Geschäfte, sofern die Voraussetzungen des § 358 Abs. 3 BGB vorliegen. (BGH, NJW 2010, 531; NJW 2011, 1063). Dies ist hier der Fall, da das Darlehen der Finanzierung des anderen Vertrages diente und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bildeten.
35b)
36Diese Einwendung gegen den titulierten vertraglichen Darlehensrückzahlungsanspruch ist auch nicht gem. § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert.
37aa)
38Dabei kann nicht darauf abgestellt werden, dass die Ausübung des Widerrufsrechts nicht als Gestaltungsrecht, sondern als rechtshindernde Einwendung anzusehen sei, die lediglich bewirke, dass der Vertrag mit Ablauf der Widerrufsfrist wirksam werde (so BGH, NJW 1996, 57).
39Durch die Neuausgestaltung des Widerrufsrechts in § 355 BGB ist für diese Auffassung kein Raum mehr. Das Widerrufsrecht ist nunmehr ein Gestaltungsrecht, es ist seinem Inhalt nach ein besonders ausgestaltetes Rücktrittsrecht, das den zunächst wirksam zustande gekommenen Vertrag durch Widerruf der Willenserklärung des Verbrauchers in ein Abwicklungsverhältnis umgestaltet (BGH, NJW-RR 2004, 1058).
40b)
41Wie die Präklusionsproblematik zu beurteilen wäre, wenn der Gesetzgeber – wie nunmehr in § 355 BGB geschehen – von einer schwebenden Wirksamkeit des Vertrages bis zur Ausübung des Rücktritts(Widerrufs)rechts ausgegangen wäre, ist vom Bundesgerichtshof in der oben genannten Entscheidung ausdrücklich offen gelassen worden.
42Nach zutreffender Auffassung, der das Gericht folgt, ist – anders als z.B. im Falle der Aufrechnung (vgl. BGH, NJW 2009, 1671), der Anfechtung (BGHZ 42, 37) oder der Kündigung (BGH, NJW-RR 2006, 229) - bei den verbraucherschützenden Widerrufsrechten des § 355 BGB auf den Zeitpunkt ihrer Ausübung abzustellen (Zöller-Herget, ZPO, 30. Auflage, § 767 Rn. 14; Zöller-Vollkommer, 30. Auflage, Vor § 322 Rn. 66K.Schmidt/Brinkmann in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Auflage, § 767 Rn. 82; Staudinger-Kaiser, BGB, Neubearbeitung 2012, § 355 BGB Rn. 38; Stein/Jonas-Münzberg, ZPO, 22. Auflage, § 767 Rn. 33; Fischer, VuR 2004, 172; Schwab, JZ 2006, 170; LG Darmstadt, NJOZ 2011, 644). Diese Auslegung berücksichtigt, dass sich die zeitlichen Grenzen des auf europäischen Richtlinienvorgaben beruhenden Widerrufsrechts gem. § 355 Abs. 3 BGB ausschließlich danach bemessen, ob und ggfs. wann der Verbraucher über den Bestand seines Widerrufsrechts belehrt wurde. Soweit danach nach materiellem Recht mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung ein zeitlich unbefristetes Widerrufsrecht besteht, kann dieses nicht abweichend davon durch prozessuale Normen – gerade auch bei richtlinienkonformer Auslegung - eine Einschränkung erfahren.
43c)
44Angesichts dessen besteht der titulierte Anspruch infolge wirksamer Ausübung des Widerrufsrechts nicht mehr. Unabhängig davon, dass der danach bestehende Rückgewähranspruch (§§ 357, 346 BGB) nicht tituliert ist, bestünde nach der unbestrittenen Berechnung der Klägerin in der Klageschrift ohnehin kein verbleibender Zahlungsanspruch der Beklagten mehr.
45II.
46Die Klage ist auch mit dem Antrag zu 2. begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Herausgabe des Titels analog § 371 BGB (vgl. BGH, NJW 1994, 3225), da diese aus dem Titel nicht mehr vollstrecken kann.
47III.
48Im Übrigen ist die Klage dagegen unbegründet.
49Der Kläger hat gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Neuberechnung des – widerrufenen – Kreditvertrages noch auf Erstattung eines sich aus der Neuabrechnung ergebenden Betrages.
50Die Beklagte ist insoweit nicht passivlegtimiert. Sie ist lediglich Abtretungsempfängerin des – nicht bestehenden – Darlehensrückzahlungsanspruchs. Der Forderungsverkauf sowie die Abtretung führten lediglich zum Übergang der Gläubigerstellung hinsichtlich des titulierten Anspruchs. Der Kläger war danach berechtigt, der Beklagten gem. §§ 404 BGB die bestehenden Einwendungen gegen die abgetretene Forderung entgegenzuhalten. Die Abtretung führte nicht jedoch dazu, dass die Beklagte Schuldnerin von Rückabwicklungsansprüchen des Klägers geworden ist. Infolge des Widerrufs wandelte sich der Vertrag gem. § 357 BGB in ein Rückabwicklungsverhältnis um. Schuldner des Rückgewähranspruchs ist aber die U.Bank (vormals B-Bank) als Vertragspartnerin des Klägers und diejenige, an die sämtliche Zahlungen geleistet worden sind.
51Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die Beklagte im Wege der Vertragsübernahme antelle der Zedentin insgesamt Vertragspartner des Klägers geworden wäre, ihr mithin das gesamte Schuldverhältnis übertragen worden wäre. Dafür ist her jedoch nichts ersichtlich. Der Wortlaut der entsprechenden Mitteilungen, in denen lediglich von Verkauf und Abtretung der Forderung die Rede ist, spricht dagegen. Zum Anderen hätte es für eine Vertragsübernahme der Zustimmung des Klägers bedurft (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 73. Auflage, § 398 Rn. 42 m.w.Nachw.). Auch dafür ist hier nichts ersichtlich.
52Insofern war – unabhängig davon, ob die Parteien nur auf der ersten Stufe verhandelt haben – die gesamte Stufenklage als unbegründet abzuweisen (vgl.BGH, NJW 1982, 235; Zöller-Greger, ZPO, 30. Auflage, § 254 Rn. 9, 14).
53IV.
54Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
55Wird – wie vorliegend – eine Stufenklage wegen Fehlens einer materiell-rechtlichen Grundlage für die verfolgten Ansprüche insgesamt abgewiesen, bemisst sich die Unterliegensquote nicht nur nach einem Bruchteil des Hauptanspruchs (vgl. BGH, NJW 2002, 71). Maßgeblich waren insoweit die Vorstellungen des Klägers zu Beginn in der Instanz (Zöller-Herget a.a.O., § 3 Rn. 16 „Stufenklage“). Der Kläger ist vorliegend in der Klageschrift von einer Überzahlung in Höhe von 5.168,00 € ausgegangen. Hiernach bemisst sich sein Unterliegensanteil.
56Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709, 708 Rn. 11, 711 ZPO.
57V.
58Der Streitwert wird abweichend von der bisherigen Festsetzung (§ 63 Abs. 3 GKG) auf bis zu 30.000,00 € festgesetzt (Streitige Restforderung: 21.756,00 €, wobei die in der Klageschrift erfolgte Bezifferung des Gegenstandswertes auf den Betrag der vollstreckten Restforderung eine konkludente Beschränkung des Gegenstandswertes der Vollstreckungsgegenklage darstellt (OLG Köln, OLGR 2004, 140); Auskunftsanspruch: 300,00 €; Leistungsanspruch: 5.168,00 €).
(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.
(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit
- 1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist, - 2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat, - 3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,
- 1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat, - 2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre, - 3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.
(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.
(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit
- 1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist, - 2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat, - 3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,
- 1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat, - 2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre, - 3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.
(1) Die empfangenen Leistungen sind spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren.
(2) Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren. Dies gilt nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden sind, weil er sich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat.
(3) Für die Rückzahlung muss der Unternehmer dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn ausdrücklich etwas anderes vereinbart worden ist und dem Verbraucher dadurch keine Kosten entstehen.
(4) Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.
(5) Der Verbraucher trägt die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche von dieser Pflicht unterrichtet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen.
(6) Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die Waren zurückzusenden, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.
(7) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers gebracht worden sind, ist der Unternehmer verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können.
(8) Für die Rechtsfolgen des Widerrufs von Verträgen über die Bereitstellung digitaler Produkte gilt ferner § 327p entsprechend.
(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.
(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.
(1) Erhebt aus einem gegenseitigen Vertrag der eine Teil Klage auf die ihm geschuldete Leistung, so hat die Geltendmachung des dem anderen Teil zustehenden Rechts, die Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung zu verweigern, nur die Wirkung, dass der andere Teil zur Erfüllung Zug um Zug zu verurteilen ist.
(2) Hat der klagende Teil vorzuleisten, so kann er, wenn der andere Teil im Verzug der Annahme ist, auf Leistung nach Empfang der Gegenleistung klagen.
(3) Auf die Zwangsvollstreckung findet die Vorschrift des § 274 Abs. 2 Anwendung.
(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.
(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit
- 1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist, - 2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat, - 3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,
- 1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat, - 2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre, - 3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger verkaufte dem Beklagten mit notariellem Vertrag vom 18. Dezember 2002 eine Eigentumswohnung für 31.000 €. Der Kaufpreis sollte wie folgt berichtigt werden: (1) 16.000 € in Geld, (2) 7.000 € durch Anrechnung von vor Vertragsschluss erbrachten Planungs- und Bauleistungen und (3) 8.000 € durch Durchführung folgender Werkleistungen am Gemeinschaftseigentum : - Sanierung der Außenfassade im Bereich der von ihm erworbenen Sondereigentumseinheit 16 (einschließlich Anstrich, Wärmedämmung und Austausch von Fenstern) und - Eindeckung der Dachfläche des Seitenflügels einschließlich statischer Verstärkungsmaßnahmen.
- 2
- Diese zuletzt genannten Leistungen waren nach § 16 des Vertrags bis zum 31. August 2004 „insoweit fertig zu stellen, dass von den Baumaßnahmen keine unvertretbaren Belästigungen für die anderen Sondereigentümer ausgehen“. Bei Fristüberschreitung war eine Vertragsstrafe von 500 € je angefangenem Monat bestimmt. Streit „über die Fertigstellung und/oder Ordnungsgemäßheit der Leistungen“ sollten durch einen Schiedsgutachter geklärt werden, dessen Kosten die Parteien anteilig zu tragen haben sollten.
- 3
- Der Beklagte zahlte 16.000 € und führte einen Teil der zu erbringenden Leistungen aus. Mit Schreiben vom 22. Juni 2004 wies der Kläger den Beklagten darauf hin, dass die zu erbringenden Bauleistungen noch teilweise ausstünden , und behielt sich vor, nach Setzung einer angemessenen Nachfrist von dem Vertrag zurückzutreten. Mit weiterem Schreiben vom 7. September 2004 setzte der Kläger dem Beklagten eine Nachfrist bis zum 30. September 2004, die von ihm geschuldeten Bauleistungen zu erbringen. Diese blieb fruchtlos. Der Beklagte stellte die Zahlung der geforderten Vertragsstrafe nach zwei Monatsraten ein. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2004 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag. Er holte ein Schiedsgutachten ein, das zu dem Ergebnis kam, die noch ausstehenden Arbeiten führten zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der anderen Sondereigentümer. Der Kläger verlangt, soweit hier von Interesse, Räumung und Herausgabe der Wohnung und Zustimmung zur Löschung der eingetragenen Auflassungsvormerkung.
- 4
- Das Landgericht hat der Klage insoweit stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Kammergericht die Klage unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen insoweit abgewiesen. Mit der von dem Senat zuge- lassenen Revision möchte der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen. Der Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Das Berufungsgericht meint, dem Kläger stünden die geltend gemachten Ansprüche auf Herausgabe der Eigentumswohnung und auf Löschung der Auflassungsvormerkung nicht zu. Die Voraussetzungen für einen Rücktritt vom Vertrag nach § 323 Abs. 1 BGB lägen nicht vor. Der Kläger habe in seiner Rücktrittserklärung zur Begründung geltend gemacht, der Beklagte habe die mit Schreiben vom 7. September 2004 gesetzte Nachfrist unbeachtet verstreichen lassen. Diese Nachfrist habe sich darauf bezogen, dass der Beklagte die Bauleistungen nicht innerhalb der vereinbarten Frist bis zum 31. August 2004 vollständig erbracht habe. Das rechtfertige einen Rücktritt nicht. Der Beklagte sei zur Durchführung der in § 2 Nr.1 des Kaufvertrags bezeichneten Maßnahmen verpflichtet gewesen. In § 16 des Vertrages sei diese Verpflichtung jedoch dahin eingeschränkt worden, dass die Leistungen bis zum 31. August 2004 nur insoweit fertig zu stellen gewesen seien, dass von den Baumaßnahmen keine unvertretbaren Belästigungen für die anderen Sondereigentümer ausgingen. Das habe der Kläger nicht dargelegt. Das von ihm dazu vorgelegte Gutachten sei unbrauchbar, weil es von einer unzutreffenden Begrifflichkeit ausgehe.
II.
- 6
- Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
- 7
- 1. Der Kläger kann von dem Beklagten nach § 346 Abs. 1 BGB die Räumung und die Herausgabe der verkauften Eigentumswohnung und nach §§ 346 Abs. 1, 894 BGB die Zustimmung zur Löschung der Auflassungsvormerkung verlangen. Auf Grund des erklärten Rücktritts sind das Recht des Beklagten zum Besitz der Wohnung und sein Eigentumsverschaffungsanspruch erloschen.
- 8
- 2. Der Kläger ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wirksam vom Kaufvertrag der Parteien zurückgetreten. Er war dazu nach § 323 Abs. 1 BGB berechtigt, weil der Beklagte seine fälligen Verpflichtungen nicht vollständig erfüllt und der Kläger ihm erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat.
- 9
- a) Der Beklagte hatte nach § 2 des Vertrags bestimmte Werkleistungen zu erbringen. Diese Verpflichtung ist mit dem Ablauf des 31. August 2004 insgesamt fällig geworden.
- 10
- aa) Das Berufungsgericht legt den Vertrag der Parteien allerdings in diesem Punkt abweichend aus. Es entnimmt der Regelung in § 16 des Vertrags, dass mit dem Ablauf des 31. August 2004 nur die Werkleistungen fällig geworden seien, von deren Ausführung unvertretbare Belästigungen für die anderen Sondereigentümer ausgingen. Diese Auslegung ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt , nämlich nur darauf nachprüfbar, ob das Berufungsgericht Auslegungs - und Ergänzungsregeln oder Denk- oder Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände unbeachtet gelassen hat (Senat, BGHZ 111, 110, 115; Urt. v. 12. Dezember 1997, V ZR 250/96, NJW 1998, 1219, 1220; BGH, Urt. v. 17. April 2002, VIII ZR 297/01, NJW 2002, 2310; Senat, Urt. v. 13. Februar 2004, V ZR 225/03, NJW 2004, 1873; Urt. v. 23. Januar 2009, V ZR 197/07, NJW 2009, 1810, 1811). Ein solcher Rechtsfehler ist dem Berufungsgericht aber unterlaufen. Die Auslegung der Regelung durch das Berufungsgerichts ist mit dem in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannten Erfordernis einer beiderseits interessengerechten Auslegung (BGHZ 131, 136, 138; 143, 175, 178 [Senat]; Senat, Urt. v. 31. Oktober 1997, V ZR 248/96, NJW 1998, 535, 536; Urt. v. 9. Mai 2003, V ZR 240/02, NJW-RR 2003, 1053, 1054; Urt. v 23. Januar 2009, V ZR 197/07, NJW 2009, 1810, 1812; BGH, Urt. v. 28. Mai 2009, VII ZR 206/07, BGH-Report 2009, 866) nicht zu vereinbaren.
- 11
- bb) Der Regelung in § 16 des Vertrags ist zwar zu entnehmen, dass die Werkleistungen, die der Beklagte unter Anrechnung auf den Kaufpreis zu erbringen hatte, nicht sofort fällig, sondern bis zum Ablauf des 31. August 2004 gestundet waren. Richtig ist auch, dass die mit unvertretbaren Belästigungen für die anderen Sondereigentümer verbundenen Arbeiten auf jeden Fall bis zu diesem Datum auszuführen waren. Das bedeutet aber nicht, dass mit dem Ablauf dieses Datums nur diese Leistungen fällig geworden wären. Ein solches Verständnis der Regelung liefe auf eine von Parteien ersichtlich nicht gewollte und sachlich nicht zu rechtfertigende einseitige Begünstigung des Beklagten hinaus. Die Folge wäre nämlich, dass die Leistungen, die mit vertretbaren Belästigungen für die Sondereigentümer erbracht werden können, auch knapp zwei Jahre nach Vertragsschluss noch nicht fällig geworden wären und auch künftig nicht fällig werden könnten. Der Kläger hätte auf Dauer keine Möglichkeit , ihre Erbringung durchzusetzen. Er könnte mangels Fälligkeit weder nach § 323 BGB von dem Vertrag zurücktreten noch nach §§ 280, 281 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen. Er könnte den Beklagten aus dem gleichen Grund nach § 286 BGB nicht in Verzug setzen und – als Folge davon – nach § 339 Satz 1 BGB nicht die im Vertrag bestimmte Vertragsstrafe verlangen. Der Beklagte könnte nicht einmal zur Leistung aufgefordert werden.
- 12
- cc) Die genannte Vorschrift sollte die werkvertraglichen Leistungsverpflichtung des Beklagten nach § 2 des Vertrags nicht inhaltlich einschränken. Sie hatte vielmehr nur den Zweck, die Modalitäten der Ausführung dieser Leistungen zu regeln. Dabei sollte einerseits dem Beklagten eine ausreichend lange Ausführungszeit eingeräumt werden. Andererseits sollte aber auch sichergestellt werden, dass in dieser Ausführungsfrist auf jeden Fall die Arbeiten durchgeführt wurden, die mit unvertretbaren Belästigungen für die anderen Sondereigentümer verbunden waren (und sind). Rechtlich haben die Parteien mit der Ausführungsfrist in § 16 des Vertrags zum einen die Fälligkeit aller werkvertraglichen Leistungspflichten des Beklagten bis zum Ablauf des 31. August 2004 hinausgeschoben. Zum anderen haben sie für einen Teil dieser Leistungen, nämlich für diejenigen, deren Ausführung mit unvertretbaren Belastungen für die anderen Sondereigentümer verbunden war, eine Leistungsfrist im Sinne von § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB vereinbart. Die Folge davon ist, dass der Kläger ohne weiteres von dem Vertrag zurücktreten konnte, wenn bei Ablauf der Frist solche Werkleistungen ganz oder teilweise fehlten. Außerdem wurden, worauf es hier ankommt, zu diesem Zeitpunkt nicht nur solche, sondern sämtliche werkvertraglichen Leistungen fällig, die der Beklagte zu erbringen hatte.
- 13
- b) Bei Ablauf des 31. August 2004 hatte der Beklagte unstreitig nur einen Teil der ihm obliegenden Werkleistungen erbracht. Der Kläger hat ihm, wie nach § 323 Abs. 1 BGB geboten, eine Frist zur Erbringung der fehlenden Teile seiner werkvertraglichen Leistungen gesetzt. Diese Frist war mit einem Monat angemessen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger dem Beklagten sein Vorgehen schon vor Ablauf der Frist rechtzeitig angekündigt hatte.
- 14
- c) Der Kläger war berechtigt, von dem ganzen Vertrag zurückzutreten.
- 15
- aa) Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte den Barkaufpreis gezahlt und einen Teil der ihm noch obliegenden Bauleistungen erbracht hat. Eine Teilleistung des Schuldners berechtigt den Gläubiger zwar nach § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB zum Rücktritt vom ganzen Vertrag nur, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Ein Fortfall des Interesses des Klägers an der Leistung des Beklagten kann hier auch nicht ohne Weiteres angenommen werden, weil die erbrachten Bauleistungen des Beklagten notwendig waren, um das Gebäude in einen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechenden Zustand zu versetzen. Das kann indessen offen bleiben, weil die Vorschrift hier nicht anwendbar ist.
- 16
- bb) Sie setzt nämlich voraus, dass nicht nur die Leistung des Schuldners teilbar ist, sondern auch die des Gläubigers. Daran fehlt es.
- 17
- (1) Mit § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB hat sich der Gesetzgeber für den Grundsatz des Teilrücktritts entschieden. Bei einem teilweisen Ausbleiben der geschuldeten Leistung soll dem Gläubiger im Regelfall kein Rücktritt vom ganzen Vertrag, sondern nur ein Teilrücktritt möglich sein. Damit will der Gesetzgeber erreichen, dass der Vertrag bei einer Teilleistung des Schuldners nicht immer vollständig rückabgewickelt werden muss, sondern sich auf die durchführbaren oder durchgeführten Teile beschränkt. Etwas anderes soll nur gelten, wenn der Gläubiger an dem durchgeführten Teil des Vertrags kein Interesse hat (Begründung des Entwurfs eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes in BTDrucks. 14/6040 S. 186). Dieses Regelungskonzept setzt gedanklich voraus, dass der als Regelfall gedachte Teilrücktritt möglich ist. Das ist bei dem typi- schen Anwendungsfall, der dem Gesetzgeber dabei vorschwebte, der Erbringung einer teilbaren Sachleistung gegen Entgelt, regelmäßig der Fall. Hier führt der Teilrücktritt zu dem angestrebten Ergebnis, dass sich die wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem Vertrag auf den durchgeführten Teil beschränken. Anders liegt es aber dann, wenn der teilbaren Leistung des Schuldners eine nicht teilbare Leistung des Gläubigers gegenübersteht. In einer solchen Konstellation lässt sich das mit dem Teilrücktritt angestrebte Ergebnis einer Beschränkung „des Vertrags“ auf den durchgeführten Teil nicht erreichen. Der Gläubiger kann seine – unteilbare - Leistung nicht auf einen Teil beschränken, der der Teilleistung des Schuldners entspricht. Er kann sie nur ganz erbringen oder ganz davon absehen. Eine solche Konstellation lässt sich auch nicht mit dem Erfordernis eines Interessefortfalls sinnvoll beherrschen. Dieses Abgrenzungskriterium erfasst nicht das Problem, dass sich der Vertrag selbst bei bestehendem Interesse des Gläubigers an der Leistung des Schuldners nicht eingeschränkt rückabwickeln lässt. Diese Möglichkeit setzt die Norm vielmehr stillschweigend voraus. Daran fehlt es, wenn nur die Leistung des Schuldners, nicht auch die Leistung des Gläubigers teilbar ist.
- 18
- (2) Dieser Fall liegt hier vor. Zwar sind die Leistungen, zu denen der Beklagte verpflichtet ist, teilbar. Ihnen steht aber die Verpflichtung des Klägers gegenüber, dem Beklagten die verkaufte Eigentumswohnung zu übergeben und aufzulassen. Diese Leistungen sind nicht teilbar. Damit scheidet ein Teilrücktritt von vornherein aus. Es kommt nur ein Rücktritt vom ganzen Vertrag in Betracht.
- 19
- d) Die Frage, welche Störungen der anderen Sondereigentümer die Durchführung der Arbeiten verursacht und ob das dazu eingeholte Schiedsgutachten brauchbar ist, stellt sich nicht. Auf sie käme es nur an, wenn der Kläger ohne Fristsetzung gemäß § 323 Abs. 2 BGB zurückgetreten wäre. Der Kläger ist aber nach Fristsetzung gemäß § 323 Abs. 1 BGB zurückgetreten.
- 20
- 3. Zur Herausgabe und Räumung der Wohnung und zur Bewilligung der Löschung der Auflassungsvormerkung ist der Beklagte zwar nach § 348 Satz 1 BGB nur Zug um Zug gegen Rückzahlung des Barkaufpreises und Ersatz der erbrachten Bauleistungen verpflichtet. Dieser Einwand wird aber nach § 348 Satz 2 i. V. m. §§ 320, 322 BGB nur auf Einrede des Rückgewährschuldners berücksichtigt (BGH, Urt. v. 7. Oktober 1998, VIII ZR 100/97, NJW 1999, 53, 54; Urt. v. 7. Juni 2006, VIII ZR 209/05, NJW 2006, 2839, 2842). Zur Erhebung der Einrede muss kein förmlicher Antrag gestellt werden; es genügt, wenn der Wille , die eigene Leistung im Hinblick auf das Ausbleiben der Gegenleistung zurückzubehalten , eindeutig erkennbar ist (BGH, Urt. v. 7. Oktober 1998, VIII ZR 100/97, NJW 1999, 53 f.). Das hat die Revisionserwiderung zwar mit einer Gegenrüge geltend gemacht. Sie hat aber nicht, wie geboten (MünchKommZPO /Wenzel, 3. Aufl., § 557 Rdn. 33), auf Vortrag verwiesen, der den Willen des Beklagten eindeutig ergibt, die bei der Rückabwicklung des Kaufvertrags seinerseits geschuldete Leistung wegen des Ausbleibens der Leistung zurückzubehalten , die der Kläger in diesem Rahmen ihm selbst schuldet. Die Folge hiervon ist, dass der Beklagte seine Gegenansprüche, die ihm durch ihre Nichtberücksichtigung im vorliegenden Rechtsstreit nicht abgeschnitten werden, gesondert geltend machen muss.
III.
- 21
- Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 10.04.2006 - 11 O 238/05 -
KG Berlin, Entscheidung vom 01.10.2008 - 21 U 72/06 -
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.
(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.
(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.
(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit
- 1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist, - 2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat, - 3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,
- 1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat, - 2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre, - 3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.
(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.
(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.
(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.
(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:
- 1.
aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vor einem deutschen Gericht oder vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle abgeschlossen sind, sowie aus Vergleichen, die gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 oder § 492 Abs. 3 zu richterlichem Protokoll genommen sind; - 2.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen; - 2a.
(weggefallen) - 2b.
(weggefallen) - 3.
aus Entscheidungen, gegen die das Rechtsmittel der Beschwerde stattfindet; - 3a.
(weggefallen) - 4.
aus Vollstreckungsbescheiden; - 4a.
aus Entscheidungen, die Schiedssprüche für vollstreckbar erklären, sofern die Entscheidungen rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind; - 4b.
aus Beschlüssen nach § 796b oder § 796c; - 5.
aus Urkunden, die von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind, sofern die Urkunde über einen Anspruch errichtet ist, der einer vergleichsweisen Regelung zugänglich, nicht auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist und nicht den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betrifft, und der Schuldner sich in der Urkunde wegen des zu bezeichnenden Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat; - 6.
aus für vollstreckbar erklärten Europäischen Zahlungsbefehlen nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006; - 7.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt worden sind; - 8.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 1; L 141 vom 5.6.2015, S. 118), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/2421 (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist, ergangen sind; - 9.
aus Titeln eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union, die nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zu vollstrecken sind.
(2) Soweit nach den Vorschriften der §§ 737, 743, des § 745 Abs. 2 und des § 748 Abs. 2 die Verurteilung eines Beteiligten zur Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich ist, wird sie dadurch ersetzt, dass der Beteiligte in einer nach Absatz 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde die sofortige Zwangsvollstreckung in die seinem Recht unterworfenen Gegenstände bewilligt.
Ist über die Forderung ein Schuldschein ausgestellt worden, so kann der Schuldner neben der Quittung Rückgabe des Schuldscheins verlangen. Behauptet der Gläubiger, zur Rückgabe außerstande zu sein, so kann der Schuldner das öffentlich beglaubigte Anerkenntnis verlangen, dass die Schuld erloschen sei.
(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.
(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.
(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.