Landgericht Hamburg Urteil, 18. Juni 2015 - 327 O 126/14

bei uns veröffentlicht am18.06.2015

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter wegen Insolvenzanfechtung in 214 Fällen zur Erstattung von Zahlungen in einer Gesamthöhe von EUR 21.390.487,59 in Anspruch sowie auf Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten.

2

Der Kläger ist mit Beschluss vom 28.12.2010 (67b IN 258/10) vom Amtsgericht Hamburg (Anlage K 1) zum Insolvenzverwalter der H. I. L... Gesellschaft mbH & Co. Betriebs-KG (nachfolgend: Schuldnerin) bestellt worden, nachdem diese am 19.10.2010 Insolvenzantrag gestellt hatte (vgl. Anlage K 74). Die Schuldnerin verfügte über neun Kommanditisten (vgl. Übersicht auf S. 10 der Klageschrift vom 18.12.2013) und über mehrere Tochtergesellschaften (vgl. Anlage K 4). Gegenstand des im Jahre 1998 gegründeten und am 12.03.1999 in das Handelsregister eingetragen Unternehmens war der Betrieb einer Charterfluglinie mit Streckennetz in Europa. Die Schuldnerin setzte ihre Flotte im Bereich des Voll- und Teilcharters, dem Ethnic-Charter sowie dem Ad-hoc-Charter ein. Kunden waren vor allem große Touristenveranstalter, die mit der Schuldnerin Rahmenverträge für Pauschalreisen vereinbarten.

3

Die Beklagte ist die Internationale Organisation zur zentralen Koordination der Luftverkehrskontrolle in Europa. Der Hauptsitz dieser Einrichtung für die Flugsicherung ist B. (B.). Die Beklagte wurde durch das Internationale Abkommen über Zusammenarbeit zur Sicherung der Luftfahrt „E.“ vom 13.12.1960 gegründet. Gemäß Art. 1 Abs. 2 i. V. m. Art 4 des Internationalen Abkommens über Zusammenarbeit zur Sicherung der Luftfahrt „E.“ wird sie durch die A. f. F. vertreten. Gemäß Artikel 3 i. V. m. Art. 15 Abs. 2 der Satzung der A. f. F. vertritt der Generaldirektor der Agentur die Beklagte gerichtlich und außergerichtlich. Die Beklagte zieht die Flugsicherungsgebühren für die Mitgliedsstaaten nach Maßgabe der Mehrseitigen Vereinbarung vom 12. Februar 1981 über Flugsicherungs-Streckengebühren (MV) ein und leitet sie anteilig an die jeweiligen Mitgliedsstaaten weiter.

4

Die Schuldnerin stand als in Europa tätige Fluggesellschaft in einer ständigen Geschäftsbeziehung mit der Beklagten. Die Schuldnerin erzielte im Jahr 2008 einen Umsatz in Höhe von 144 Mio. EUR. Die Jahresumsätze der Schuldnerin mit der Beklagten beliefen sich durchschnittlich zwischen April 2008 und März 2010 auf rund 9,7 Mio. EUR.

5

Wegen ausstehender Verbindlichkeiten traten die Schuldnerin und die Beklagte wie folgt in Kontakt:

6

Ausweislich einer E-Mail gemäß Anlage K 75 vom 16.01.2009 eines Mitarbeiters der Schuldnerin fragte die Beklagte telefonisch nach fälligen Beträgen in Höhe von 1,4 Mio. EUR. Die von der Schuldnerin angebotene Teilzahlung in Höhe von 500.000,00 EUR war seitens der Beklagten als zu wenig bezeichnet worden, „da sich dann die Deutsche Flugsicherung einschalten“ werde. Die Schuldnerin zahlte daraufhin am 19.01.2009 eine Abschlagszahlung in Höhe von EUR 600.000,00 und vereinbarte mit der Beklagten einen Ratenzahlungsplan bis Ende März (vgl. Anlagenkonvolut K 76). Dieser wurde eingehalten.

7

Im Dezember 2009 teilte die Schuldnerin ausweislich der E-Mailkorrespondenz gemäß Anlagenkonvolut K 77 der Beklagten mit, dass eine „große Rechnung [..] leider in 3 Raten beglichen“ werden müsse. Die Schuldnerin sagte zu, die versprochenen Ratenzahlungen bis zum 20.01.2010 geleistet zu haben. Die Beklagte wies darauf hin, dass der Forderungssaldo sich auf 1.713.992,20 EUR belaufe und vollständig zu diesem Termin beglichen werden müsse. Mit E-Mail vom 06.01.2010 mahnte die Beklagte die Schuldnerin, weil die Beklagte noch keine Zahlung empfangen habe. Mit Schreiben vom 11.01.2010 (Anlage K 78) drohte die Beklagte die Beschlagnahme von Flugzeugen der Schuldnerin für den Fall an, dass fällige Verbindlichkeiten in Höhe von 1.190.621,21 EUR nicht bis zum 12.01.2010 ausgeglichen würden. Die Schuldnerin trat daraufhin erneut in Kontakt mit der Beklagten und bat nach vorangegangener Telefonkonferenz um Zustimmung zu einem neuen Ratenzahlungsplan über einen Gesamtbetrag von 2.625.000 EUR (vgl. Anlagenkonvolut K 79). Am 20.01.2010 schlossen die Schuldnerin und die Beklagte einen Zahlungsplan über 1.194.132,20 EUR (Anlage K 80). Ausweislich der E-Mail des Folgetages (Anlage K 81) einigten sich die Schuldnerin und die Beklagte über die Verschiebung der Februarrate von rund 240.000,- EUR um weitere zwei Wochen. Mit E-Mail vom 23.02.2010 bat die Schuldnerin um die Streckung einer Rechnung zur Hälfte um eine Woche, was die Beklagte gestattete (Anlage K 82). Diese Ratenzahlungsvereinbarung wurde ebenfalls eingehalten.

8

Die Beklagte leitete sämtliche von der Schuldnerin erhaltene Zahlungen nach Maßgabe der Mehrseitigen Vereinbarung vom 12. Februar 1981 über Flugsicherungs-Streckengebühren (MV) an die jeweiligen Mitgliedsstaaten weiter (vgl. Anlage B 6 und Klagerwiderung vom 19.03.2014, dort S. 53 – 120).

9

Die Bilanz der Schuldnerin vom 29.06.2009 wies für 2008 einen Jahresfehlbetrag in Höhe von 24 Mio. EUR aus, davon einen nicht kapitalgedeckten Fehlbetrag in Höhe von 18 Mio. EUR.

10

Nach dem der Einstieg von Investoren scheiterte, stellte die Schuldnerin am 19.10.2010 Insolvenzantrag. Mit Forderungsanmeldung vom 19.01.2011 meldete die Beklagte zwei fällige Forderungen aus Oktober und November 2010 gegen die Schuldnerin in Höhe von EUR 2.239.725,09 im Insolvenzverfahren zur Tabelle an (Anlage K 83). Insgesamt sind zur Insolvenztabelle 482 Forderungen von 450 Gläubigern in Höhe von insgesamt 155.539.952,96 EUR angemeldet worden (vgl. Insolvenztabelle in der Fassung vom 29.08.2012, Anlage K 137).

11

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger wegen Insolvenzanfechtung in 214 Fällen die Erstattung von Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte in einer Gesamthöhe von EUR 21.390.487,59 und zwar wegen der folgenden, unstreitigen Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte:

12

Buchungsdatum

Gegenkontobezeichnung

Betrag in EUR

29.12.2008

P... Bank

148.939,33

20.01.2009

P... Bank

427,80

20.01.2009

P... Bank

8.819,15

20.01.2009

P... Bank

48.583,35

20.01.2009

P... Bank

29,00

20.01.2009

P... Bank

3.181,00

20.01.2009

N.L.B. € 101401255

600.000,00

06.02.2009

N.L.B. € 101401255

200.000,00

16.02.2009

P... Bank

55,99

16.02.2009

P... Bank

154,12

16.02.2009

P... Bank

322,38

16.02.2009

P... Bank

9.774,10

17.02.2009

H. V.. Bank € Kto6...6

276.778,42

17.02.2009

H. V.. Bank € Kto6...6

187,97

17.02.2009

N.L.B. € 101401255

200.000,00

17.02.2009

N.L.B. (USD)

101,84

17.02.2009

H. N... Bank € 127282000

38.300,28

17.02.2009

H. N... Bank € 127282000

61,00

20.02.2009

P... Bank

129,00

24.02.2009

P... Bank

4.074,00

06.03.2009

N.L.B. € 101401255

100.000,00

06.03.2009

N.L.B. € 101401255

100.000,00

17.03.2009

P... Bank

156,43

17.03.2009

P... Bank

7.723,86

17.03.2009

P... Bank

19,00

17.03.2009

P... Bank

531,78

17.03.2009

P... Bank

1.175,73

17.03.2009

P... Bank

41.116,33

17.03.2009

P... Bank

157,00

19.03.2009

P... Bank

270.000,00

19.03.2009

H. N... Bank € 127282000

8.196,00

19.03.2009

H. N... Bank € 127282000

138.491,85

07.04.2009

P... Bank

402.486,24

07.04.2009

P... Bank

4.827,00

15.04.2009

P... Bank

105,57

15.04.2009

P... Bank

276,28

15.04.2009

P... Bank

209,81

15.04.2009

P... Bank

537,61

15.04.2009

P... Bank

10,00

15.04.2009

P... Bank

8.295,83

15.04.2009

P... Bank

344,37

15.04.2009

P... Bank

31.849,42

16.04.2009

N.L.B. € 101401255

356.399,66

15.05.2009

N.L.B. € 101401255

479.105,18

15.05.2009

N.L.B. € 101401255

4.021,00

18.05.2009

P... Bank

787,52

18.05.2009

P... Bank

584,62

18.05.2009

P... Bank

419,62

18.05.2009

P... Bank

424,40

18.05.2009

P... Bank

35.929,76

18.05.2009

P... Bank

11,00

18.05.2009

P... Bank

7.542,17

15.06.2009

P... Bank

43,00

15.06.2009

P... Bank

273,06

15.06.2009

P... Bank

293,54

15.06.2009

P... Bank

900,65

15.06.2009

P... Bank

1.239,31

15.06.2009

P... Bank

3.436,37

15.06.2009

P... Bank

10.800,72

15.06.2009

P... Bank

34.415,81

15.06.2009

P... Bank

17,00

16.06.2009

N.L.B. € 101401255

734.991,56

16.06.2009

N.L.B. € 101401255

953,00

14.07.2009

H. N... Bank € 127282000

9.860,76

14.07.2009

H. N... Bank € 127282000

102,77

14.07.2009

H. N... Bank € 127282000

154,03

14.07.2009

H. N... Bank € 127282000

291,08

14.07.2009

H. N... Bank € 127282000

1.134,91

14.07.2009

H. N... Bank € 127282000

4.053,77

14.07.2009

H. N... Bank € 127282000

40.311,71

16.07.2009

N.L.B. € 101401255

1.052.105,97

10.08.2009

P... Bank

1.020,36

10.08.2009

P... Bank

33.315,08

10.08.2009

P... Bank

9.676,46

10.08.2009

P... Bank

6.168,43

18.08.2009

N.L.B. € 101401255

1.093.518,14

14.09.2009

P... Bank

1.251,52

14.09.2009

P... Bank

1.563,60

14.09.2009

P... Bank

3.627,69

14.09.2009

P... Bank

8.788,38

14.09.2009

P... Bank

33.014,16

16.09.2009

N.L.B. € 101401255

1.235.421,98

16.09.2009

N.L.B. € 101401255

568,00

12.10.2009

P... Bank

211,45

12.10.2009

P... Bank

1.040,52

12.10.2009

P... Bank

1.479,14

12.10.2009

P... Bank

4.292,96

12.10.2009

P... Bank

8.384,14

12.10.2009

P... Bank

32.890,16

12.10.2009

P... Bank

608.370,33

13.10.2009

P... Bank

1.772,00

15.10.2009

P... Bank

700.000,00

06.11.2009

H. V.. Bank € Kto6...6

550,38

06.11.2009

H. V.. Bank € Kto6...6

738,22

06.11.2009

H. V.. Bank € Kto6...6

1.033,76

09.11.2009

P... Bank

181,90

09.11.2009

P... Bank

8.487,38

09.11.2009

P... Bank

333,00

10.11.2009

P... Bank

4.652,49

10.11.2009

P... Bank

39.243,23

17.11.2009

P... Bank

1.032.854,41

27.11.2009

H. V.. Bank € Kto6...6

189,00

11.12.2009

P... Bank

1.141,70

14.12.2009

P... Bank

437,66

14.12.2009

P... Bank

625,79

14.12.2009

P... Bank

1.100,76

14.12.2009

P... Bank

2.058,05

14.12.2009

P... Bank

2.705,25

14.12.2009

P... Bank

16.018,06

14.12.2009

P... Bank

90,00

14.12.2009

P... Bank

50.000,00

11.01.2010

P... Bank

112,28

15.01.2010

P... Bank

525.000,00

19.01.2010

H. N... Bank € 127282000

47.932,25

19.01.2010

H. N... Bank € 127282000

20.666,68

01.02.2010

P... Bank

250.000,00

08.02.2010

P... Bank

235.000,00

15.02.2010

P... Bank

235.000,00

16.02.2010

P... Bank

280,70

16.02.2010

P... Bank

209,81

16.02.2010

P... Bank

209,81

16.02.2010

P... Bank

767,36

16.02.2010

P... Bank

375,91

16.02.2010

P... Bank

2.017,74

16.02.2010

P... Bank

3.227,00

16.02.2010

P... Bank

1.394,00

16.02.2010

P... Bank

5.140,00

16.02.2010

P... Bank

18.828,40

16.02.2010

P... Bank

0,00

16.02.2010

P... Bank

44.846,56

19.02.2010

N.L.B. € 101401255

235.000,00

26.02.2010

P... Bank

257.000,00

08.03.2010

P... Bank

239.132,20

11.03.2010

P... Bank

257.509,89

15.03.2010

P... Bank

1,00

15.03.2010

P... Bank

172,74

15.03.2010

P... Bank

203,24

15.03.2010

P... Bank

674,46

15.03.2010

P... Bank

1.244,07

15.03.2010

P... Bank

12.526,00

15.03.2010

P... Bank

17.477,21

15.03.2010

P... Bank

45,00

15.03.2010

P... Bank

47.243,14

15.03.2010

P... Bank

106,00

16.03.2010

P... Bank

527.100,18

18.03.2010

P... Bank

129,00

22.03.2010

P... Bank

1,00

22.03.2010

P... Bank

14,00

23.03.2010

P... Bank

7.322,00

08.04.2010

H. V.. Bank € Kto6...6

2.882,38

08.04.2010

H. V.. Bank € Kto6...6

43.995,08

08.04.2010

H. V.. Bank € Kto6...6

18.463,46

09.04.2010

H. V.. Bank € Kto6...6

246,22

09.04.2010

H. V.. Bank € Kto6...6

197,87

13.04.2010

P... Bank

507.112,30

17.05.2010

H. N...  Bank € 127282000

427,95

17.05.2010

H. N... Bank € 127282000

293,33

17.05.2010

H. N... Bank € 127282000

854,12

17.05.2010

H. N... Bank € 127282000

452,67

17.05.2010

H. N... Bank € 127282000

1.496,18

17.05.2010

H. N... Bank € 127282000

3.737,98

17.05.2010

H. N... Bank € 127282000

4.177,37

17.05.2010

H. N... Bank € 127282000

20.274,28

17.05.2010

H. N... Bank € 127282000

50.000,00

18.05.2010

P... Bank

794.597,88

18.05.2010

P... Bank

1.488,00

16.06.2010

P... Bank

122,94

16.06.2010

P... Bank

437,65

16.06.2010

P... Bank

1.897,77

16.06.2010

P... Bank

2.057,00

16.06.2010

P... Bank

2.129,56

16.06.2010

P... Bank

18.848,59

16.06.2010

P... Bank

42.141,71

16.06.2010

P... Bank

-6.534,00

16.06.2010

P... Bank

819.057,52

13.07.2010

P... Bank

150,03

13.07.2010

P... Bank

213,53

13.07.2010

P... Bank

328,66

13.07.2010

P... Bank

379,12

13.07.2010

P... Bank

2.877,20

13.07.2010

P... Bank

3.795,54

13.07.2010

P... Bank

5.428,19

13.07.2010

P... Bank

10.962,96

13.07.2010

P... Bank

34.996,86

15.07.2010

H. N... Bank € 127282000

632.011,19

16.07.2010

P... Bank

600.000,00

                 

17.001.757,05

13

sowie innerhalb des Drei-Monats-Zeitraums vor Stellung des Insolvenzantrages:

14

Buchungsdatum

Gegenkontobezeichnung    

Soll in EUR

16.08.2010

P... Bank

199,34

16.08.2010

P... Bank

427,06

16.08.2010

P... Bank

545,46

16.08.2010

P... Bank

845,64

16.08.2010

P... Bank

1.552,86

16.08.2010

P... Bank

568,68

16.08.2010

P... Bank

9.016,54

16.08.2010

P... Bank

9.992,44

16.08.2010

P... Bank

23.273,64

18.08.2010

P... Bank

917,49

18.08.2010

H. N... Bank € 127282000

1.296.836,12

09.09.2010

H. N... Bank € 127282000

36.407,78

09.09.2010

H. N... Bank € 127282000

11,00

09.09.2010

H. N... Bank € 127282000

12.550,43

09.09.2010

H. N... Bank € 127282000

10.053,65

09.09.2010

H. N... Bank € 127282000

1.090,92

09.09.2010

H. N... Bank € 127282000

455,92

09.09.2010

H. N... Bank € 127282000

379,12

09.09.2010

H. N... Bank € 127282000

1.458.771,62

09.09.2010

H. N... Bank € 127282000

105,18

12.10.2010

H. N... Bank € 127282000

961,00

12.10.2010

H. N... Bank € 127282000

411,00

12.10.2010

H. N... Bank € 127282000

1.460.365,64

12.10.2010

H. N... Bank € 127282000

1.363,65

12.10.2010

H. N... Bank € 127282000

9.907,65

12.10.2010

H. N... Bank € 127282000

10,00

12.10.2010

H. N... Bank € 127282000

14.159,33

12.10.2010

H. N... Bank € 127282000

37.551,38

                 

4.388.730,54

15

(vgl. Aufstellung auf S. 86 - 90 der Klageschrift vom 18.12.2013, Anlagenkonvolut K 84)

16

Ferner begehrt der Kläger die Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten.

17

Der Kläger behauptet, die Schuldnerin habe sich spätestens seit Anfang des Jahres 2007 in Liquiditätsproblemen befunden, was sich im Jahre 2008 weiter verschärft habe (vgl. Bericht vom 29.06.2009 über die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31.12.2008, Anlage K 6). Die Schuldnerin sei bereits zu den Stichtagen 01.03.2008 und 01.01.2009 objektiv zahlungsunfähig gewesen. So habe sich zum Stichtag 01.03.2008 aus dem Vergleich der fälligen Verbindlichkeiten zu den verfügbaren Mitteln ein Liquiditätsdeckungsgrad von 26,81 % ergeben, mithin eine Liquiditätslücke in Höhe von 73,19 %. Diese habe sich in den nachfolgenden drei Wochen lediglich auf 81,49 % (Liquiditätsdeckungsgrad) bzw. 18,51 % (Liquiditätslücke) verbessert (vgl. Klageschrift vom 18.12.2013, S. 21 – 36, Anlagen K 7 – K 30; Schriftsatz der Klägerin vom 30.10.2014, S. 2 – 17, Anlagen K 88 – K 111). Zum Stichtag 01.01.2009 habe sich aus dem Vergleich der fälligen Verbindlichkeiten zu den verfügbaren Mitteln ein Liquiditätsdeckungsgrad von 28,74 % ergeben, mithin eine Liquiditätslücke in Höhe von 71,26 %. Diese habe sich in den nachfolgenden drei Wochen lediglich auf 85,55 % (Liquiditätsdeckungsgrad) bzw. 14,45 % (Liquiditätslücke) verbessert (vgl. Klageschrift vom 18.12.2013, S. 36 - 52, Anlagen K 30 – 54; Schriftsatz des Klägers vom 30.10.2014, S. 17 - 31, Anlagen K 112 – K 136).

18

Die Zahlungsunfähigkeit habe sich, so der Kläger, auch aus der Zahlungseinstellung zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Zahlungen ergeben. So sei ein wesentlicher Teil der fälligen Gesamtverbindlichkeiten nicht beglichen worden (vgl. Klageschrift vom 18.12.2013, S. 53 - 65). Auch seien einzelne wesentliche, fällige Verbindlichkeiten unbeglichen geblieben (vgl. Klageschrift vom 18.12.2013, S. 66/67, Anlagen K 55 - 59), insbesondere gegenüber der N. L. B. und der H. N... Bank sowie gegenüber der L. Technik und einzelnen Flughafengesellschaften. Ferner habe es mit einzelnen Gläubigern Stundungs- und Ratenzahlungsvereinbarungen gegeben, nämlich mit der L. S. C. D. GmbH, der L. Technik AG und mit zwei Flugzeug-Leasinggebern der Schuldnerin, der A. Fi. Fl. GmbH & Co. KG und der A. Fu. Fl. GmbH & Co. KG (vgl. Klageschrift vom 18.12.2013, S. 67 - 72, Anlagen K 60 - 73; Schriftsatz des Klägers vom 30.10.2014, S. 36 - 38, Anlagen K 139 – K 143).

19

Der Kläger macht geltend, dass Charterreisen stets im Voraus vor Reiseantritt zu begleichen seien und daher der Schuldnerin planmäßig die vollständige Liquidität vor Leistungserbringung zur Verfügung gestanden habe. Im Winter habe bei der Schuldnerin jedoch eine unstreitige Auftragsflaute bestanden und erst die Durchführung späterer, weiterer Charterflüge habe insoweit die Altverbindlichkeiten ausgleichen können, aber gleichzeitig insofern neue Löcher aufgerissen.

20

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe nach Auswertung der Buchhaltungsunterlagen aus dem Zahlungsverhalten der Schuldnerin spätestens zum Zeitpunkt der ersten angefochtenen Zahlung am 29.12.2008 die (drohende) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin erkennen müssen (vgl. Tabellen auf S. 77 und 79 der Klageschrift vom 18.12.2013). Der letztmalige Ausgleich der fälligen Verbindlichkeiten sei vor April 2008 erfolgt; danach hätten die Zahlungen der Schuldnerin maximal eine Höhe von 87,79 % in Bezug auf die fälligen Gesamtverbindlichkeiten erreicht. Die Rückstände fälliger Verbindlichkeiten hätten im Dezember 2009 mehr als das 1,5-fache eines durchschnittlichen Monatsumsatzes der Beklagten betragen. Im September 2008 habe gegenüber der Beklagten eine fällige Verbindlichkeit in Höhe von EUR 1.265.056,33 bestanden, die nicht beglichen worden sei und auch in den drei Folgemonaten (Oktober, November und Dezember 2008) sei kein vollständiger Ausgleich der fälligen Verbindlichkeiten erfolgt. Die zum Ende des Monats Dezember 2008 verbleibenden, ungedeckten fälligen Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten hätten eine Höhe von EUR 1.463.714,51 erreicht und somit 157,61 % eines durchschnittlichen Monatsumsatzes betrugen.

21

Die Beklagte habe damit, so der Kläger, Kenntnis von Umständen gehabt, welche zwingend auf die Zahlungseinstellung bzw. Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hindeuteten. Ihr, der Beklagten, sei bekannt gewesen, dass die Schuldnerin nicht mehr in der Lage gewesen sei, ihre Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen und dass der Schuldnerin die Zahlungsunfähigkeit zumindest drohte. Maßgeblich sei alleine, ob die Beklagte die maßgeblichen Umstände gekannt habe, die auf die drohende Zahlungsunfähigkeit schließen lassen, nicht aber, ob im Hause der Beklagten tatsächlich dieser Schluss gezogen worden sei.

22

Der Kläger beantragt,

23

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 21.390.487,59 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.2010 zu zahlen,

24

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger gegenüber den Rechtsanwälten B. von der Verbindlichkeit aus der Kostenrechnung vom 11.12.2013, Rechnungsnummer 484/2013, in Höhe von EUR 85.424,80 freizustellen,

25

Die Beklagte beantragt,

26

die Klage abzuweisen.

27

Die Beklagte nimmt ihre Passivlegitimation in Abrede. Sie ist der Auffassung, sie ziehe die Gebühren nur für die Mitgliedstaaten ein und sei gemäß Art. 8 Mehrseitigen Vereinbarung vom 12. Februar 1981 über Flugsicherungs-Streckengebühren (MV) nur Abrechnungsstelle. Zudem sei die Gebühr eine öffentlich-rechtliche Geldforderung und keine zivilrechtliche. Schließlich sei sie, die Beklagte, in Zwangsvollstreckungssachen nicht Titelgläubigerin und auch nicht Klauselberechtigte; das sei in Deutschland nur die Deutsche Flugsicherung.

28

Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass die Schuldnerin ihre Vergütung vollständig vor Leistungserbringung erhalten und ihr somit planmäßig die vollständige Liquidität vor Leistungserbringung zur Verfügung gestanden habe. Diese Darstellung widerspräche dem Bericht des Klägers vom 21.02.2011 (Anlage B 38), in welchem unter Punkt „Forderungen aus Lieferungen und Leistungen vor Antragstellung“ ausgeführt sei, dass die Bücher der Schuldnerin Forderungen in Höhe von rund T€ 5.800 ausgewiesen hätten. Es ergäben sich daher insoweit gerade keine Unterschiede zum produzierenden Gewerbe. Der Vortrag des Klägers zu den Kundenbeziehungen erfasse nur einen Teil des von ihm in seinem Bericht vom 21.02.2011 aufgeführten tatsächlichen Kundenkreises. Insbesondere die Leasingkosten – geleast seien mindestens acht Flugzeuge (vgl. Anlagen B 54 – 56) – seien im Voraus zu zahlen gewesen.

29

Die Beklagte bestreitet, dass zum 01.03.2008 eine Deckungslücke in Höhe von mehr als 10 % der fälligen Verbindlichkeiten vorgelegen habe (vgl. Klagerwiderung vom 19.03.2014, S. 5 – 17). Auch zum 01.01.2009 habe es eine solche nicht gegeben (vgl. Klagerwiderung vom 19.03.2014, S. 17 – 29). Sie bestreitet, dass die Schuldnerin ihre Zahlungen Anfang des Jahres 2008 oder später eingestellt habe (vgl. Klagerwiderung vom 19.03.2014, S. 30 – 42).

30

Die Beklagte macht geltend, dass die Schuldnerin nicht mit Benachteiligungsabsicht gehandelt habe, da sie weder zahlungsunfähig noch drohend zahlungsunfähig gewesen sei. Zudem habe eine Benachteiligungsabsicht der Schuldnerin auch deswegen nicht bestanden, weil die Aufnahme eines neuen Gesellschafters geplant gewesen sei, wodurch der Schuldnerin durch die Einzahlung von Kapitaleinlagen liquide Mittel in einer Größenordnung in Höhe von T€ 16.000 zugeführt werden sollten. Der Vertrag hierzu sei am 12.05.2009 geschlossen worden. Weiterhin habe die Schuldnerin damit gerechnet, aus einem Weiterverkauf von Flugzeugen weitere T€ 12.000 als Mittelzufluss generieren zu können. Sowohl von Seiten eines Investors als auch nach Presseinformationen sei die Insolvenzantragstellung überraschend gewesen (vgl. Artikel der portfolia-international.de, Anlage B 45, und Hamburger Abendblatt, Anlage B 46). Auch aus Sicht des Luftfahrtbundesamtes, das regelmäßig die Genehmigungsfähigkeit und daher auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Luftfahrtunternehmens zu prüfen hat, habe sich weder zum 01.03.2008 noch zum 01.01.2009 eine (drohende) Zahlungsfähigkeit ergeben (vgl. Schreiben des Luftfahrtbundesamtes vom 03.12.2014, Anlage B 48).

31

Die Beklagte macht ferner geltend, keine Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gehabt zu haben. Ihr seien auch keine Umstände bekannt gewesen, die den Schluss auf die (drohende) Zahlungsunfähigkeit hätten zwingend erscheinen lassen. Zu den Zahlungsströmen der Schuldnerin mit der Beklagten trägt die Beklagte vor, dass sie, die Beklagte, die Flugsicherungsgebühren (Streckengebühren und An- und Abfluggebühren) für die in einem Monat durchgeführten Flüge regelmäßig im nächsten Monat in Rechnung stelle. Fällig würden diese dann jeweils 30 Tage später. Beispielhaft verhalte es sich also so, dass wenn die Gesellschaft im Monat Oktober 2008 Flüge durchführe, die daraus resultierenden Gebühren im November 2008 in Rechnung gestellt würden und im Dezember 2008 fällig wären. Dies sei in der klägerischen Aufstellung aus der Klageschrift nicht berücksichtigt worden. Die Schuldnerin habe ihre Zahlungen im Wesentlichen pünktlich oder innerhalb der Dreiwochenfrist erbracht.

32

Die Beklagte behauptet, die Schuldnerin habe ihr gegenüber erklärt, dass sie kein Polster für die umsatzstarken Wintermonate habe aufbauen können und der niedrigere Cashflow saisonal bedingt sei. Die Darstellung sei aus Sicht der Beklagten auch plausibel, denn die Flugsicherungsgebühren aus Monaten mit starken Flugbewegungen (hier z. B. Oktober) würden in Monaten mit weniger starken Flugbewegungen und entsprechend weniger Umsätzen fällig. Die Beklagte trägt vor, dass in der Luftfahrtbranche zwei Saisons unterschieden würden, die Sommersaison von April März bis Ende Oktober und die Wintersaison von Ende Oktober bis Ende März (vgl. Worldwide Slot Guidelines der IATA, Anlage B 50). Besonders in Europa sei der Unterschied zwischen den Saisons bemerkbar. Während in der Sommersaison pro Tag, insbesondere zwischen Juli und September, ca. 30.000 Flüge stattfänden, seien es in der Wintersaison nur etwa 22.000, mithin ein Rückgang von 30% (vgl. Industry Monitor der Beklagten, Anlage B 51, und Seven-Year Forecast der Beklagten, Anlage B 52). Typischerweise würden in den schwachen Wintermonaten umfangreiche Wartungsarbeiten an den Flugzeugen durchgeführt, wodurch hohe Kosten entstünden, die erst nach Anlaufen der Sommersaison wieder aufgefangen würden (vgl. Auszug aus „Foundations of Airline Finance“, Anlage B 42).

33

Die Schuldnerin sei diesen saisonalen Schwankungen noch in einem stärkeren Maße unterlegen. In den Sommermonaten habe die Schuldnerin bis zu 1.200 Flüge pro Monat durchgeführt, in Wintermonaten nur 350 – 450 (vgl. Klagerwiderung vom 19.03.2014, S. 53 – 54). Insbesondere die Charterbranche sei ein klassisches Saisongeschäft (vgl. Anlagen B 42 und B 53). Dies gelte auch für die Schuldnerin. Beispielsweise hätten die Flugsicherungsgebühren für den Monat Oktober 2008 1.048.939,33 EUR betragen, für die Monate Dezember 2008 bis März 2009 dagegen nur zwischen 356.000 und 479.000 EUR.

34

Die Schuldnerin habe die Ratenzahlungsvereinbarungen eingehalten und pünktlich gezahlt. Generell sei es in der Luftverkehrsbranche üblich, in den umsatzschwachen Monaten mit Gläubigern Stundungsabreden zu treffen. Die Beklagte habe alleine im Jahre 2008 9,99 Millionen Flüge im Hinblick auf die Einziehung von Flugsicherungsgebühren bearbeitet und pro Monat ca. 3.300 Rechnungen für mehr als 5.900 Luftraumnutzer, darunter die Schuldnerin, erstellt. Mehr als 10 % der Luftraumnutzer würden ihre Gebühren nicht bei Fälligkeit bezahlen. Gleichzeitig sei sie, die Beklagte, keine Großgläubigerin der Schuldnerin gewesen. Denn in den Kostenstrukturen der Airlines würden Flugsicherungsgebühren im Allgemeinen lediglich 3 % der Gesamtkosten ausmachen (vgl. Auszug aus dem „Airline Operational Cost Task Force Report, Anlage B 40).

35

Die Beklagte erhebt schließlich die Einrede nach Art. 13 EUInsVO in vier Fällen, insbesondere betreffend die Zahlungen nach dem Recht des Staates Ägypten (rd. 270 TEUR) und Marokko (rd. 271 TEUR, vgl. Bl. 344 d.A.).

36

Auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 und 16.04.2015 wird ergänzend Bezug genommen. Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen A. H., diesbezüglich wird auf das Protokoll der Beweisaufnahme vom 16.04.2015 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

37

Die Klage ist zulässig aber unbegründet. Der Kläger kann sich weder mit Erfolg auf den Anfechtungsgrund des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO noch auf den des § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO stützen

I.

38

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Beklagte passivlegitimiert.

39

1. Die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts folgt dem Gerichtsstand des Insolvenzverfahrens, Art. 3 Absatz 1 EuInsVO. Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BGH sind für Insolvenzanfechtungsklagen gegen Gläubiger in anderen Mitgliedstaaten, die Gerichte desjenigen Mitgliedstaates zuständig, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist (EuGH, NJW 2009, 2189, 2190; BGH, NJW 2009, 2215, 2216).

40

2. Die Passivlegitimation der Beklagten folgt aus § 143 Abs. 1 S. 1 InsO. Nach dieser Vorschrift muss zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist. Anfechtungsgegner ist derjenige, der (anfechtbar) etwas aus dem Vermögen des Schuldners erlangt hat (HambKomm/Rogge/Leptien, 4. Auflg. 2012, § 143 Rn. 7). Die Vorschrift stellt daher einzig und allein auf den Empfänger der Leistung ab und verweist in ihrem Satz 2 auf die entsprechend einschlägigen Rechtsfolgen des Bereicherungsrechts nach § 818 Abs. 4, 819 BGB.

41

a) Unstreitig hat die Beklagte die streitgegenständlichen 214 Zahlungen erhalten. Soweit die Beklagte einwendet, sie ziehe die Gebühren gemäß Art. 8 der Mehrseitigen Vereinbarung vom 12. Februar 1981 über Flugsicherungs-Streckengebühren (MV) nur für die Mitgliedstaaten als Abrechnungsstelle ein und habe diese dementsprechend auch weitergeleitet (vgl. Anlage B 6), steht dies der Stellung als Empfänger iSd § 143 InsO nicht entgegen. Denn die Beklagte ist nach dieser völkerrechtlichen Vereinbarung zur Einziehung im eigenen Namen berechtigt und verpflichtet, der Schuldner wird durch Leistung an sie frei. Dass ein Schuldner durch die Zahlung an den Anfechtungsgegner frei wird, hatte der BGH auch in der ähnlich gelagerten Entscheidung zur PKW-Maut als maßgeblich für die Frage der Passivlegitimation angesehen (vgl. BGH, NZI 2013, 1068, 1070). Vorliegend verhält es sich zudem so, dass die Beklagte ausweislich Art. 12 und 14 MV auch zur gerichtlichen Beitreibung der Flugsicherungsgebühren berechtigt ist. Die völkerrechtliche Ermächtigung geht sogar so weit, dass, falls ein Mitgliedsstaat – auf Bitten der Beklagten, Art 12 Ziffer 1. MV – eine Forderung selbst eintreiben sollte, dieser die beigetriebenen Gelder unverzüglich an die Beklagte auszukehren hat, Art. 21 MV. Die Beklagte verquotelt dann nach Maßgabe der MV in eigener Verantwortung die auf die jeweiligen Staaten entfallenden Anteile. Die Passivlegitimation der Beklagten findet auch in dem tatsächlichen Umstand eine Stütze, dass die Beklagte selbst und nicht etwa die einzelnen Mitgliedsstaaten bzw. deren Flugsicherungsorganisationen Forderungen zur Insolvenztabelle der Schuldnerin angemeldet hat (vgl. Anlage K 83). Die Beklagte hat damit mindestens die selbe Stellung, wie sie bislang in der Rechtsprechung beispielsweise den gesetzlichen Krankenkassen als Empfänger der Gesamtsozialversicherungsbeiträgen zugesprochen werden, die ebenfalls taugliche Anfechtungsgegner sind, auch wenn sie im Innenverhältnis Beiträge an die Träger der Sozialversicherung weitergeleitet haben (vgl. BGH, NJW 2004, 2163; OLG Hamburg, ZIP 2001, 708, 710). Auf einen möglichen Entreicherungseinwand kann sich die Beklagte nicht berufen; denn das Gesetz schließt diesen Einwand durch § 143 Abs. 1 S. 2 InsO mit der Verweisung auf §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB für den Regelfall aus (BGH, NJW 2004, 2163, 2164).

42

b) Dass es sich bei den streitgegenständlichen Flugsicherungsgebühren jedenfalls in der Bundesrepublik gemäß Art. 3 des Gesetzes zu dem Protokoll vom 12. Februar 1981 zur Änderung des Internationalen Übereinkommens über Zusammenarbeit zur Sicherung der Luftfahrt "E." vom 13. Dezember 1960 und zu der Mehrseitigen Vereinbarung vom 12. Februar 1981 über Flugsicherungs-Streckengebühren (MV) um öffentlich-rechtliche Geldforderungen handelt, ist für die Passivlegitimation des § 143 InsO mit dem vorstehend Gesagten ohne Belang. Die befreiende Wirkung der Zahlung und die daraus folgende Passivlegitimation der Beklagten ist von der Einstufung der Forderung unabhängig. Um ein öffentlich-rechtliches Nutzungsentgelt handelt es sich beispielsweise auch bei der PKW-Maut (vgl. BGH, NZI 2013, 1068, 1069).

II.

43

Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn die Tatbestandsvoraussetzungen eines Anfechtungsrechts nach § 133 Abs. 1 InsO bzw. § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO liegen weder hinsichtlich einzelner noch hinsichtlich aller streitgegenständlichen 214 Zahlungen vor, da die Beklagte keine Kenntnis von der Benachteiligungsabsicht der Schuldnerin bei Vornahme der jeweiligen Zahlungen hatte. Vor dem Hintergrund der branchentypischen saisonalen Besonderheiten der Luftverkehrsbranche im Allgemeinen und für Charterfluggesellschaften im Besonderen stellt das jeweils in den Wintermonaten verschlechterte Zahlungsverhalten der Schuldnerin keine Tatsache dar, die objektiv den Schluss auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit schließen zugelassen hätte. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Schuldnerin am 01.03.2008 oder am 01.01.2009 drohend zahlungsunfähig war.

44

1. Die Anwendbarkeit deutschen Rechts folgt aus Art. 4 Abs. 2 lit m) EUInsVO als dem Statut des Insolvenzverfahrensortes.

45

2. Nach § 133 Abs. 1 S. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Nach Satz 2 wird diese Kenntnis vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

46

3. Es kann offen bleiben, ob die Schuldnerin bei Vornahme der streitgegenständlichen 214 Zahlungen (drohend) zahlungsunfähig gewesen ist.

47

a) Der Kläger hat durch umfangreiche Übersichten und Auswertungen der Zahlungsströme vorgetragen, dass die Schuldnerin am 01.03.2008 oder am 01.01.2009 drohend zahlungsunfähig gewesen sei und dass – der Vermutungsregel des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO folgend – die Schuldnerin bei Vornahme der streitgegenständlichen 214 Zahlungen mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt habe. Dieser Benachteiligungsvorsatz ist dann gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge – sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils – erkannt und gebilligt hat (st. Rspr., vgl. nur BGH Urt. v. 06.12.2012 = NJW 2013, 940). Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen (BGH aaO.).

48

b) Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit i. S. d. § 17 Abs. 2 S. 1 InsO kann eine Liquiditätsbilanz aufgestellt werden (BGH, NJW 2013, 940, 941). Der Kläger hat zwar nicht für die einzelnen Zeitpunkte der angefochtenen 214 Zahlungen beginnend mit dem 29.12.2008, aber zu zwei anderen Stichtagen, dem 01.03.2008 und dem 01.01.2009, jeweils eine Liquiditätsbilanz aufgestellt und diese auf den Einwand der Beklagten zu den Fälligkeitsterminen der eigenen gegenüber der Schuldnerin bestandenen Forderungen angepasst. Demnach habe sich zum Stichtag 01.03.2008 eine Liquiditätslücke in Höhe von 73,19 % ergeben, die sich in den nachfolgenden drei Wochen lediglich auf 18,51 % verbessert habe. Zum Stichtag 01.01.2009 habe sich eine Liquiditätslücke in Höhe von 71,26 % ergeben, die sich in den nachfolgenden drei Wochen lediglich auf 14,45 % verbessert habe. Das 10%-Kriterium der Rechtsprechung des BGH wäre demnach erfüllt.

49

c) Der Kläger ist zudem der Auffassung, dass sich aus einzelnen Beweisanzeichen, nämlich den von der Schuldnerin getroffenen Stundungsvereinbarungen mit der L. Technik, den L. S. Chefs, den Gesellschaften A. Fi. und A. Fu. sowie mit der Beklagten und die darin liegende Nichtzahlung von Verbindlichkeiten, eine Zahlungseinstellung tatsächlich ableiten lassen könne. Denn eine Zahlungseinstellung kann aus einem einzelnen, aber auch aus einer Gesamtschau mehrerer darauf hindeutender, in der Rechtsprechung entwickelter Beweisanzeichen gefolgert werden, wie der tatsächlichen Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten, der Nichtzahlung einer einzigen Verbindlichkeit, wenn die Forderung von insgesamt nicht unbeträchtlicher Höhe ist, eigene Erklärungen des Schuldners, fällige Verbindlichkeiten nicht begleichen zu können oder wenn der Schuldner infolge der ständigen verspäteten Begleichung seiner Verbindlichkeiten einen Forderungsrückstand vor sich hergeschoben hat und demzufolge ersichtlich am Rande des finanzwirtschaftlichen Abgrunds operierte (st. Rspr., vgl. zuletzt BGH, NJW 2013, 940, 941).

50

d) Den Gegenbeweisangeboten der Beklagten, insbesondere zum zu erwartenden Mittelzufluss, dem (gescheiterten) Sanierungskonzept und zur sachverständigen Aufbereitung der Zahlungsfähigkeit (Schriftsatz vom 02.09.2014, dort S. 8 – 11 und 27) war nicht nachzugehen. Zwar ist es einem Anfechtungsgegner gestattet, wenn sich ein Kläger für die Begründung der Zahlungsunfähigkeit nicht allein auf die Forderung(en) der Beklagten stützt, sondern wesentlich auch auf den Bestand von Forderungen Dritter, derartige Ansprüche „mit Nichtwissen” zu bestreiten (vgl. BGH, NJW 2002, 515, 518; ebenso zur Entkräftung der Vermutungsregel des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO: BGH, NJW-RR 2011, 1413, 1414). Dies kann jedoch ebenso offen bleiben, wie die Frage, ob die klägerseitig vorgebrachten Beweisanzeichen alternativ für die Annahme von Zahlungsunfähigkeit genügen. Denn jedenfalls fehlt es der Beklagten an der erforderlichen Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin (dazu sogleich).

51

4. Vor dem Hintergrund der branchentypischen saisonalen Besonderheiten der Luftverkehrsbranche im Allgemeinen und für Charterfluggesellschaften im Besonderen stellt das in den Wintermonaten verschlechterte Zahlungsverhalten der Schuldnerin in Bezug auf die angefochtenen Zahlungen vom 29.12.2008 bis zum 14.12.2009 keine Tatsache dar, das objektiv den Schluss auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit zugelassen hätte.

52

Im Einzelnen:

53

a) Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine Kenntnis des Gläubigers von drohender Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und von einer Gläubigerbenachteiligung i. S. v. § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO in der Regel anzunehmen, wenn die Verbindlichkeiten des Schuldners bei dem späteren Anfechtungsgegner über einen längeren Zeitraum hinweg ständig in beträchtlichem Umfang nicht ausgeglichen werden und diesem den Umständen nach bewusst ist, dass es noch weitere Gläubiger mit ungedeckten Ansprüchen gibt (BGH, DNotZ 2010, 286, 288; BGH, NJW-RR 2007, 1537, 1539; vgl. auch Hans. OLG, Urt. v. 04.04.2014 - 1 U 69/13 = BeckRS 2014, 09381). Diese Formulierung ist – wie der BGH klarstellt – allerdings nicht dahin zu verstehen, dass in einem solchen Fall eine entsprechende Kenntnis – widerleglich – vermutet werde (BGH, DNotZ 2010, 286, 288). Es handelt sich vielmehr ebenfalls nur um ein Beweisanzeichen im Sinne eines Erfahrungssatzes (BGH, aaO.). Soweit es um die Kenntnis des Gläubigers von einer zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners geht, muss deshalb darauf abgestellt werden, ob sich die schleppende, möglicherweise erst unter dem Druck einer angedrohten Zwangsvollstreckung erfolgende oder auch ganz ausbleibende Tilgung der Forderung des Gläubigers bei einer Gesamtbetrachtung der ihm bekannten Umstände, insbesondere der Art der Forderung, der Person des Schuldners und des Zuschnitts seines Geschäftsbetriebs, als ausreichendes Indiz für eine solche Kenntnis darstellt (BGH, DNotZ 2010, 286, 288). Es handelt sich mithin um eine Frage der tatrichterlichen Würdigung, § 286 ZPO.

54

b) Auch nach dem Klägervortrag konnte die Beklagte nur aus dem Zahlungsverhalten der Schuldnerin ihr gegenüber und den ihr gegenüber geäußerten Stundungsbitten Rückschlüsse auf die Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin schließen. Andere Umstände, wie Steuer- oder Sozialversicherungsschulden, bis zum Schluss unbeglichene Forderungen, geplatzte Schecks oder Lastschriften, waren der Beklagten auch nach dem Klägervortrag nicht bekannt, sofern es sie überhaupt gab – überwiegend gab es sie nicht. Der Beklagten waren auch nach dem Klägervortrag selbst die Stundungsvereinbarungen mit der L. Technik, den L. S. Chefs, der A. Fi. und A. Fu. unbekannt. Sonstige Hinweise, wie auf eine schlechte Auftragslage, ökonomische Schieflage, mögliche Entlassungen oder einem Gewinneinbruch gab es – jedenfalls nach dem Kenntnisstand der Beklagten – nicht. Auch einzelne, erhebliche bis zum Schluss unbeglichene Forderungen konnte sie in diesem Zeitraum nicht verzeichnen; die Beklagte selbst meldete lediglich zwei fällige Forderungen aus Oktober und November 2010 zur Tabelle an (vgl. Anlage K 83).

55

c) Für die Kammer steht auf der Basis des wechselseitigen Parteivorbringens fest, dass es sich bei der europäischen Luftverkehrsbranche und insbesondere bei der Charterbranche, in der die Schuldnerin tätig war, um eine stark saisonal geprägte Branche handelt. Die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass in der Luftfahrtbranche zwei Saisons unterschieden würden, die Sommersaison von April/März bis Ende Oktober und die Wintersaison von Ende Oktober bis Ende März. Besonders in Europa sei der Unterschied zwischen den Saisons bemerkbar und betrage bis zu 30%. Diesen Vortrag hat die Beklagte mit eigenen und fremden Quellen belegt (vgl. Worldwide Slot Guidelines der IATA, Anlage B 50, Industry Monitor der Beklagten, Anlage B 51, und Seven-Year Forecast der Beklagten, Anlage B 52). Dies hat der Kläger nicht nur nicht in Abrede genommen, sondern ist vielmehr ebenfalls davon ausgegangen, dass im Sommer die „Hochsaison“ der Schuldnerin gelegen habe und dass diese die „produktionsintensive“ Zeit gewesen sei (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 30.04.2014, S. 31/32). Hingegen habe, so der Kläger, im Winter „unstreitig eine Auftragsflaute“ bestanden (Schriftsatz des Klägers vom 30.04.2014, S. 36). Diese Feststellung steht auch mit der allgemeinen Lebenserfahrung der Kammer, deren Mitglieder ebenfalls regelmäßig Flugreisen tätigen, in Einklang. Der Kläger ist ferner nicht dem Vortrag der Beklagten entgegen getreten, dass typischerweise in den schwachen Wintermonaten umfangreiche Wartungsarbeiten an den Flugzeugen durchgeführt würden, wodurch hohe Kosten entstünden, die erst nach Anlaufen der Sommersaison wieder aufgefangen würden; einen Vortrag, den die Beklagte ebenfalls mit einer fremden Quelle belegt hat (vgl. Auszug aus „Foundations of Airline Finance“, Anlage B 42).

56

d) Von dieser starken saisonalen Prägung des Fluggeschäfts machte der Betrieb der Schuldnerin unstreitig keine Ausnahme. Wie sich anhand der Flugdaten der Schuldnerin und den von beiden Parteien vorgetragenen Rechnungsstellungen der Beklagten an die Schuldnerin ablesen lässt, betrug der winterliche Rückgang der Flugbewegungen der Schuldnerin nicht nur 30%, sondern sogar bis zu 70%, nämlich 350 – 450 Flugbewegungen in den Wintermonaten gegenüber 1.200 in den Sommermonaten. Der Kläger ist dem nicht entgegen getreten; vielmehr hat er das Bestehen einer ausgesprochenen Auftragsflaute im Winter, wie gesagt, unstreitig gestellt. Die Behauptungen des Klägers, dass Charterreisen stets im Voraus vor Reiseantritt zu begleichen seien und daher der Schuldnerin planmäßig die vollständige Liquidität vor Leistungserbringung zur Verfügung gestanden habe, hat die Beklagte bestritten. Zwar mögen die Flugreisenden dem Reiseveranstalter schon vor Reiseantritt ihre Leistung bezahlen; dass die Reiseveranstalter diese Gelder aber ihrerseits im Voraus an die Chartergesellschaften auskehren würden, ist streitig und steht im Widerspruch zum eigenen Bericht des Klägers gemäß Anlage B 38 und 39. Der darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat hierzu auch keinen erheblichen Beweis angetreten.

57

e) Vor diesem Hintergrund kann für die angefochtenen Zahlungen vom 29.12.2008 bis zum 14.12.2009 nach tatrichterlicher Würdigung gemäß § 286 ZPO nicht von der erforderlichen Kenntnis der Beklagten iSd § 133 Abs. 1 InsO ausgegangen werden. Im Rahmen der erforderlichen Gesamtbetrachtung aller der Beklagten bekannten Umstände, insbesondere der Art der Forderung, der Person der Schuldnerin und des Zuschnitts ihres Geschäftsbetriebs, konnte die Beklagte bei objektiver Betrachtung nicht von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin, sondern lediglich einer saisonal bedingten, vorübergehenden Zahlungsstockung ausgehen.

58

aa) Für die Zahlung vom 29.12.2008 iHv 148.939,33 EUR fehlt es bereits an jeglichen, zu diesem Zeitpunkt gegenüber der Beklagten zu Tage getretenen Umständen, die eine drohende Zahlungsunfähigkeit zu begründen vermöchten. Denn bis dahin waren alle Forderungen ihr gegenüber stets pünktlich beglichen worden; die erste vom Kläger vorgetragene Stundungsbitte stammt aus der Zeit danach.

59

bb) Auch hinsichtlich der weiteren Zahlungen bis zum 14.12.2009 ergeben sich in der Gesamtschau keine hinreichenden Beweisanzeichen, die einem unbefangenen Betrachter eine drohende Zahlungsunfähigkeit nahe gelegt hätten.

60

(1) Zwar hatte sich die Schuldnerin per E-Mail vom 16.01.2009 (Anlage K 75) wegen einer Nachfrage der Beklagte wegen aufgelaufener Gesamtforderungen in Höhe von 1,4 Mio. EUR mit der Beklagten in Verbindung gesetzt und über eine Abschlagszahlung und einen Ratenzahlungsplan verhandelt. Nach dem unbestrittenen Beklagtenvorbringen hatte die Schuldnerin im gerade abgelaufenen Jahr 2008 einen Umsatz in Höhe von 144 Mio. EUR (vgl. Klagerwiderung vom 19.03.2014, S. 127). Die Jahresumsätze der Schuldnerin mit der Beklagten beliefen sich durchschnittlich zwischen April 2008 und März 2010 auf rund 9,7 Mio. EUR (Duplik der Beklagten vom 02.09.2014, S. 20/21). Bei den vorgenannten Außenständen in Höhe von 1,4 Mio. EUR handelt es sich daher um eine nicht unerhebliche Forderung, die knapp 1% des Jahresumsatzes der Schuldnerin und 14% des Jahressumsatzes der Schuldnerin mit der Beklagten erreichte. Allerdings beglich die Schuldnerin hiervon umgehend am 19.01.2009 mittels einer Abschlagszahlung in Höhe von EUR 600.000,00 über 40% und vereinbarte mit der Beklagten einen Ratenzahlungsplan bis Ende März (vgl. Anlagenkonvolut K 76). Dieser Ratenzahlungsplan wurde eingehalten, so dass innerhalb von wenig mehr als zwei Monaten die gesamten Forderungen der Beklagten bedient worden waren.

61

(2) Die vorgenannte Ratenzahlungsbitte ist aus Sicht der Anfechtungsgegnerin vor dem Hintergrund des stark saisonal geprägten Gewerbes der Schuldnerin kein hinreichendes Indiz für die Annahme einer Zahlungseinstellung. Vielmehr war angesichts der saisonalen Struktur der Charterbranche lediglich von einer wintertypischen, vorübergehenden Zahlungsstockung auszugehen. Entgegen der Auffassung des Klägers sind – ebenso wie der Zuschnitt des Geschäftsbetriebs des Schuldners (vgl. BGH, DNotZ 2010, 286, 288) – gerade auch etwaige (unstreitige) saisonale Besonderheiten der betroffenen Branche im Rahmen der tatrichterlichen Gesamtwürdigung einzubeziehen. Aus der Rechtsprechung des BGH ergibt sich insbesondere, dass selbst der Befund branchenübergreifender Zahlungsverzögerungen – sofern er denn durch verifizierbare Tatsachen, wie etwa empirischen Materials oder auch nur anhand von Medienberichten, festgestellt werden kann – für die Frage des Gläubigervorsatzes von Bedeutung sein kann (BGH, NJW 2014, 2579, 2581). Vorliegend geht es ganz konkret um die Cash-Flow-Ausstattung einer bestimmten Branche, nämlich der Flugbranche im Allgemeinen und der Charterbranche im Speziellen und das auch zu bestimmten, hier relevanten Zeitpunkten, nämlich den Wintermonaten. Dass die Cash-Flow-Ausstattung in den saisonal schwachen Wintermonaten schlechter ist, als in den saisonal starken Sommermonaten, liegt angesichts der Veränderungen der Zahl an Flugbewegungen auf der Hand. In diesem Lichte steht auch der Klägervortrag, wonach im Sommer die „Hochsaison“ der Schuldnerin gelegen habe und dass diese die produktionsintensive Zeit gewesen sei (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 30.04.2014, S. 31/32). Und auch nach dem Klägervortrag habe auf Seiten der Schuldnerin im Winter „unstreitig eine Auftragsflaute“ bestanden und erst die Durchführung späterer, weiterer Charterflüge habe insoweit die Altverbindlichkeiten ausgleichen können (Schriftsatz des Klägers vom 30.04.2014, S. 36).

62

(3) Die Schlussfolgerung des Klägers, die Schuldnerin habe in einer Art „Roll-Over-System“ für die Verbindlichkeiten der Beklagten letztlich am Rande des wirtschaftlichen Abgrunds operiert, findet indes in den Zahlungsströmen gegenüber der Beklagten – und nur auf diese kann es für den Gläubigervorsatz ankommen – keine Stütze. Weder die Forderungshöhe noch die Dauer des Zahlungsverzuges begründeten eine solche Annahme. Die umgehende Begleichung von 40% der Forderungssumme noch am 19.01.2009 und der sich anschließende, stetige Abbau des Forderungsstandes in sechs Raten sind eher das Gegenteil dessen, was nach der Rechtsprechung des BGH eine ständige verspätete Begleichung der Verbindlichkeiten und infolge dessen ein Vor-sich-Herschieben eines Forderungsrückstandes beinhaltet, geschweige denn eines stetig anwachsenden Forderungsstandes. Vielmehr war der Forderungsstand binnen gut zwei Monaten wieder auf null ausgeglichen und neue, fällige (wie die Rechnung vom 01.03.2009 iHv 401.796,31) binnen Monatsfrist ausgeglichen. Und das ordnungsgemäße Zahlungsverhalten der Schuldnerin setzte sich ab Ende des ersten Quartals für die nächsten 8 Monate fort, wie sich aus der nachfolgenden Aufstellung basierend auf dem Klägervortrag ergibt (fällige Verbindlichkeiten > 50 TEUR in rot, < 50 TEUR in grün):

Abbildung

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63

(4) Dass auch die Beklagte selbst zu Recht für sich in Anspruch nehmen kann, in der konkreten Situation das Zahlungsverhalten der Schuldnerin subjektiv lediglich als saisonale Zahlungsstockung gewertet zu haben, ergibt sich aus dem unwidersprochenen Beklagtenvortrag, die Schuldnerin habe ihr, der Beklagten gegenüber, erklärt, dass sie kein Polster für die umsatzstarken Wintermonate habe aufbauen können und der niedrigere Cash-Flow saisonal bedingt sei. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Schuldnerin ein gewerbliches Unternehmen betrieb und es daher für die Beklagte offensichtlich gewesen sein musste, dass außer ihr noch weitere Gläubiger vorhanden waren (vgl. BGH, NJW 2013, 940, 943). Auch ist nicht zu verkennen, dass es sich bei der Beklagten, wenn auch nicht um einen Großgläubiger, doch immerhin um einen Schlüsselgläubiger handelt. Eine Forderungen der Europäischen Flugsicherung nicht zu zahlen, könnte zumindest mittelbar die Fortführung des Flugbetriebes insgesamt gefährden. Gleichwohl stellen die Flugsicherungsgebühren angesichts monatlicher Gesamtumsätze der Schuldnerin in Höhe von 12 Mio. EUR nur einen verschwinden kleinen Anteil dar, nämlich durchschnittlich etwa 0,67% monatlich. Damit scheint die Schuldnerin auch in dieser Hinsicht keine Ausnahme von den branchenüblichen Kostenstrukturen zu machen, nach denen, dem unbestrittenen Beklagtenvortrag folgend, Flugsicherungsgebühren im Allgemeinen lediglich 3 % der Gesamtkosten eines Luftfahrtunternehmens ausmachten (vgl. Auszug aus dem „Airline Operational Cost Task Force Report, Anlage B 40). Die Zahlungsschwierigkeiten fallen auch ausnahmslos in die, der Beklagten bekannte, branchentypische saisonale Schwächephase des Cash-Flows. Gerade die – jedenfalls aus Sicht der Anfechtungsgegnerin – nachhaltige Erholung noch vor Beginn der Sommersaison belegt die Einstufung als lediglich saisonal bedingte Zahlungsstockung. Es verhielt sich auch nicht so, dass die Schuldnerin mit dem ersten Monat der Wintersaison, die von Ende Oktober bis Ende März dauert, um Ratenzahlung gebeten habe, was auf eine zu dünne Kapitaldecke schließen ließe, sondern erst zu dessen Mitte gegen Ende Dezember.

64

(5) Dieses Ergebnis findet auch seine Stütze in den Angaben des Herrn H. im Termin am 16.04.2015. Dessen Angaben sind – soweit sie sich der Kläger nicht ohnehin zu eigen gemacht hat – als Zeugenaussage verwertbar. Bei Herrn H. handelt es sich nicht um ein Organ der Beklagten, sondern lediglich um einen leitenden Angestellten, mit lediglich rechtsgeschäftlichen und nicht satzungsmäßigen Befugnissen. Er ist auch nicht satzungsmäßiger Vertreter des Organs, mithin des Generaldirektors. Vielmehr wird, wenn der Generaldirektor beispielsweise in Urlaub geht, von dem Generaldirektor selbst einer der fünf Direktoren zu seinem Vertreter für die Dauer des Urlaubs bestellt. Das ist eine rechtsgeschäftliche Bestellung und keine satzungsmäßige.

65

Die Angaben des Zeugen sind gerade auch als Indiz für die Ermittlung des subjektiven Tatbestandsmerkmals des Gläubigervorsatzes heranziehbar. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Zeuge von seiner Nähe zur Beklagten bei seiner Aussage habe leiten lassen, sich nicht erkennbar. Der Zeuge hat bestätigt, dass das Luftverkehrsaufkommen und das Zahlungsverhalten saisonal geprägt sind. Der Zeuge verfügt aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beklagten, die ihrerseits sämtliche Flugbewegungen in Europa buchhalterisch erfasst, über eine besondere interne Kenntnis des Luftverkehrs. Anhand des Zahlenmaterials aus dem Hause der Beklagten, das der Zeuge hat erstellen lassen, hat er detailliert und mit tabellarischen Auswertungen nachvollziehbar angegeben, dass auf das gesamte Jahr betrachtet, wie z. B. 2009, die Forderungen der Beklagten zu 99,58 % beglichen würden. Gleichzeitig hat er auch angegeben, dass die erfolgreichen Zahlungsquoten in den Wintermonaten bei nur 90% oder darunter lägen. Er hat insofern nachvollziehbar bekundet, dass Schreiben, wie die Zahlungsaufforderung gemäß Anlage K 78, etwa einmal pro Tag vorkämen und für die Beklagte – auch bei Beträgen über einer Million – Teil des normalen, täglichen Arbeitens seien. Damit ist auf der subjektiven Ebene nicht nur von einer saisonalen Prägung der Flugbewegungen als solchen, sondern eben auch von einer saisonalen Prägung des Zahlungsverhaltens jedenfalls eines Teils der Luftfahrtunternehmen auszugehen, nämlich derer, die nicht zu den Top 50 gehören. Denn er hat nicht nur bekundet, dass es die sog. Top-50-Airlines gibt, mit denen ungefähr 75 bis 80 % des Gesamtumsatzes gemacht werde und die in der Regel am Stichtag oder einen Tag danach bezahlten – eine Aussage, die sich der Kläger zu eigen gemacht hat. Sondern er hat zudem auch auf die übrigen Luftfahrtunternehmen hingewiesen, die nicht immer pünktlich zahlten, wie z.B. Unternehmen aus bei afrikanischen Ländern, bei denen das interne Zahlungsziel bei weniger als 50 % liege. Da sich der Zeuge des Zahlenmaterials der Buchhaltung der Beklagten bediente, lässt dies seinerseits Rückschlüsse auf die subjektive Sicht der Organe der Beklagten zu.

66

(6) Schließlich steht dieses Ergebnis zum subjektiven Kenntnis- und Erfahrungsstand der Beklagten auch im Einklang mit den Kenntnissen der maßgeblichen Aufsichtsbehörde, dem Luftfahrtbundesamt. Das Luftfahrtbundesamt verfügt über recht weitreichende Befugnisse zur Überprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse von Luftfahrtunternehmen und kann daher ebenso wie die Beklagte als besondere Brancheninsiderin angesehen werden. Diesem war jedoch ausweislich der Antwort auf ein Amtshilfeersuchen der Beklagten ebenfalls weder zum 01.03.2008 noch zum 01.01.2009 eine (drohende) Zahlungsfähigkeit ersichtlich (vgl. Schreiben des Luftfahrtbundesamtes vom 03.12.2014, Anlage B 48).

67

cc) Auch auf die Vermutungsregel des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO kann sich der Kläger nicht mit Erfolg stützen. Denn sie greift ihrerseits erst ein, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Daran fehlt es jedoch, wie ausgeführt, hier.

68

5. Vor dem Hintergrund der branchentypischen saisonalen Besonderheiten der Luftverkehrsbranche im Allgemeinen und für Charterfluggesellschaften im Besonderen stellt auch das in den Wintermonaten 2009/2010 erneut verschlechterte Zahlungsverhalten der Schuldnerin für die angefochtenen Zahlungen vom 14.12.2009 bis zum 19.10.2010 keine Tatsache dar, das objektiv den Schluss auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit hätte ziehen lassen. Auch hinsichtlich dieses Teils der angefochtenen Zahlungen kann nach tatrichterlicher Würdigung gemäß § 286 ZPO nicht von der erforderlichen Kenntnis der Beklagten iSd § 133 Abs. 1 InsO ausgegangen werden.

69

a) Wie schon im Winter des Vorjahres bat die Schuldnerin auch im Winter 2009/2010 um eine Ratenzahlungsmöglichkeit. Auch dieses, sich wiederholende Zahlungsverhalten ist nicht als Indiz einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin, sondern lediglich einer vorübergehenden Zahlungsstockung zu werten. Denn es zeigte lediglich erneut den branchentypischen und der Beklagten bekannten, saisonalen Cash-flow-Engpass auf Seiten der Schuldnerin und dies wieder (erst) zur Mitte der Wintersaison. Da sich der Engpass nicht sogleich mit dem ersten Monat der Wintersaison realisierte, lässt auch dieser Engpass für die Beklagte keine Rückschlüsse auf eine etwaig insgesamt zu dünne Kapitalausstattung zu. Angesichts der – jedenfalls aus Sicht der Beklagten – nachhaltigen Erholung ab des März 2009 war vielmehr aus Sicht der Beklagten auch im Jahr 2010 mit einer erneuten Erholung zu rechnen – was auch so kam.

70

aa) Zwar handelte es sich angesichts eines Jahresumsatzes der Schuldnerin in Höhe von 144 Mio. EUR und mit der Beklagten von rund 9,7 Mio. EUR bei dem Forderungssaldo per 15.12.2009 von 1.713.992,20 EUR auch hier um eine nicht unerhebliche Forderung. Diese machte gut 1% des Jahresumsatzes der Schuldnerin und 17,5% des Jahressumsatzes der Schuldnerin mit der Beklagten aus. Allerdings belief sich der Forderungssaldo schon am 20.01.2010 auf nur noch 1.194.132,20 EUR. Das bedeutet, dass die Schuldnerin binnen eines Monats hiervon 519.860 EUR zahlte, mithin 30% der Schuld. Der Ratenzahlungsplan sah im Übrigen eine vollständige Begleichung in fünf Raten bis Anfang März zu, mithin binnen anderthalb Monaten. Dieses Zahlungsziel wurde nur für die Schlussrate um eine Woche verlängert (Anlage K 82). Im Übrigen wurde dieser Ratenzahlungsplan eingehalten, so dass innerhalb von wenig mehr als zwei Monaten die gesamten Forderungen der Beklagten bedient worden waren. Die umgehende Begleichung von 30% der Forderungssumme binnen gut eines Monats (15.12.2009 bis 20.01.2010) und der sich anschließende stetige Abbau des Forderungsstandes in fünf Raten sind – wie auch im Vorjahr – kein Vor-sich-Herschieben eines Forderungsrückstandes, sondern aus Sicht der Beklagten eine saisontypische, kurzzeitige Schwäche. Der Forderungsstand war binnen gut zwei Monaten wieder auf null ausgeglichen. Neue, fällige Forderungen (wie die Rechnung vom 14.03.2010 iHv 2.760.008,61) wurden sogar binnen Wochenfrist ausgeglichen. Erneut blieb es – dieses Mal schon ab März, mithin noch während der laufenden Wintersaison – bei der pünktlichen Begleichung aller Forderungen bis zur Insolvenzanmeldung, wie sich aus der nachfolgenden Aufstellung basierend auf dem Klägervortrag ergibt (fällige Verbindlichkeiten > 50 TEUR in rot, < 50 TEUR in grün):

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71

bb) Zwar drohte diesmal die Beklagte mit Schreiben vom 11.01.2010 (Anlage K 78) die Beschlagnahme von Flugzeugen an, falls fällige Verbindlichkeiten in Höhe von 1.190.621,21 EUR nicht bis zum 12.01.2010 ausgeglichen würden. In Ermangelung sonstiger, der Beklagten bekannter Beweisanzeichen und angesichts einer – wie im Vorjahr – erfolgten umgehenden Einigung auf eine Ratenzahlungsvereinbarung und der anschließenden, saisontypischen Erholung sogar noch vor Beginn der Sommersaison genügt auch die einmalige Androhung von Zwangsmaßnahmen nicht für die Annahme, die möglicherweise erst unter dem Druck einer angedrohten Zwangsvollstreckung erfolgende Tilgung der Forderung der Gläubigerin stelle ein ausreichendes Indiz den Gläubigervorsatz dar. Vielmehr fand die saisonale Prägung des europäischen Luftfahrgeschäfts im Allgemeinen und des Chartergeschäfts der Beklagten im Besonderen im Winter 2009/2010 ebenso seine erneute Bestätigung, wie die anschließende Erholungsphase ab Ende des ersten Quartals. Die Schlussfolgerung des Klägers, die Schuldnerin habe in einer Art „Roll-Over-System“ für die Verbindlichkeiten der Beklagten letztlich am Rande des wirtschaftlichen Abgrunds operiert, findet auch für diesen Zeitraum ausweislich der vorstehenden Zahlungsströme gegenüber der Beklagten – und nur auf diese kann es für den Gläubigervorsatz ankommen – keine Stütze. Weder die Forderungshöhe noch die Dauer des Zahlungsverzuges begründeten eine solche Annahme. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann daher auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

72

b) Da die Beklagte, wie ausgeführt, im Winter 2008/2009 nichts von einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin wusste, greift auch die Beweisregel bei einer einmal eingetretenen Zahlungseinstellung nicht ein, wonach der Anfechtungsgegner anschließend darzulegen und zu beweisen habe, warum er später davon ausging, der Schuldner habe seine Zahlungen möglicherweise allgemein wieder aufgenommen (vgl. hierzu BGH, NJW 2013, 940, 942).

73

6. Der Klageanspruch ist auch nicht in Höhe eines Teilbetrages von 4.388.730,54 EUR nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO begründet. Nach dieser Vorschrift ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte. Auch diese Anfechtungsnorm setzt die Kenntnis des Gläubigers – mithin der Beklagten – von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin voraus. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Nicht nur fehlte es daran, wie ausgeführt, aufgrund des stark saisonal geprägten Geschäfts der Schuldnerin, sondern gerade die letzten drei Monate vor Stellung des Insolvenzantrages waren von einem reibungslosen Zahlungsverhalten der Schuldnerin gegenüber der Beklagten geprägt. Die Beklagte kann sich ferner ergänzend auf die unbestrittenen Presseinformationen, wonach die Insolvenzantragstellung überraschend gewesen sei (vgl. Artikel der portfolia-international.de, Anlage B 45, und Hamburger Abendblatt, Anlage B 46) als auch auf die Sicht des Luftfahrtbundesamtes, als Aufsichtsbehörde, stützen (vgl. Schreiben des Luftfahrtbundesamtes vom 03.12.2014, Anlage B 48).

74

7. Der geltend gemachte Anspruch auf Freistellung von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung teilt das Schicksal des Hauptanspruches und ist daher ebenfalls unbegründet.

75

8. Auf das Vorliegen der Voraussetzungen der von der Beklagten erhobenen Einrede des Art. 13 EUInsVO kommt es damit nicht an.

III.

76

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709 S. 1 und 2 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Landgericht Hamburg Urteil, 18. Juni 2015 - 327 O 126/14

Urteilsbesprechungen zu Landgericht Hamburg Urteil, 18. Juni 2015 - 327 O 126/14

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs


(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt

Insolvenzordnung - InsO | § 133 Vorsätzliche Benachteiligung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Tei
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Insolvenzordnung - InsO | § 133 Vorsätzliche Benachteiligung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Tei

Insolvenzordnung - InsO | § 130 Kongruente Deckung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, 1. wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, we

Insolvenzordnung - InsO | § 143 Rechtsfolgen


(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem E

Insolvenzordnung - InsO | § 17 Zahlungsunfähigkeit


(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit. (2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner sei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 819 Verschärfte Haftung bei Kenntnis und bei Gesetzes- oder Sittenverstoß


(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit recht

Insolvenzordnung - InsO | § 140 Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung


(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. (2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Regist

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Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 04. Apr. 2014 - 1 U 69/13

bei uns veröffentlicht am 04.04.2014

Tenor 1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 18.03.2013, Az. 303 O 195/12, unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird verur

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(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.

(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.

(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.

(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 18.03.2013, Az. 303 O 195/12, unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 35.065,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Juni 2009 zu zahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger bis einschließlich 14. Juni 2009 Zinsen p.a. in Höhe des jeweils geltenden 3-Monats-EURIBOR-Zinssatzes

auf einen Betrag von 69,43 € seit dem 6. Juni 2008,

auf weitere 49,43 € seit dem 6. Juni 2008,

auf weitere 1.790,01 € seit dem 6. Juni 2008,

auf weitere 1.500,00 € seit dem 13. Juni 2008,

auf weitere 161,50 € seit dem 24. Juli 2008,

auf weitere 3.293,50 € seit dem 5. September 2008,

auf weitere 1.500,00 € seit dem 9. September 2008,

auf weitere 593,47 € seit dem 16. September 2008,

auf weitere 541,25 € seit dem 8. Oktober 2008,

auf weitere 443,33 € seit dem 8. Oktober 2008,

auf weitere 1.500,00 € seit dem 4. November 2008,

auf weitere 3.255,25 € seit dem 4. November 2008,

auf weitere 733,63 € seit dem 11. November 2008,

auf weitere 2.424,02 € seit dem 19. November 2008,

auf weitere 99,88 € seit dem 21. November 2008,

auf weitere 96,00 € seit dem 28. November 2008,

auf weitere 1.500,00 € seit dem 11. November 2008,

auf weitere 666,75 € seit dem 24. Dezember 2008,

auf weitere 1.500,00 € seit dem 14. Januar 2009,

auf weitere 644,16 € seit dem 29. Januar 2009,

auf weitere 1.000,00 € seit dem 29. Januar 2009,

auf weitere 662,96 € seit dem 21. Februar 2009,

auf weitere 2.795,37 € seit dem 24. Februar 2009,

auf weitere 47,00 € seit dem 7. März 2009,

auf weitere 300,00 € seit dem 18. März 2009,

auf weitere 200,00 € seit dem 25. März 2009,

auf weitere 646,69 € seit dem 2. April 2009,

auf weitere 662,96 € seit dem 22. April 2009,

auf weitere 1.621,50 € seit dem 22. April 2009,

auf weitere 745,41 € seit dem 15. Mai 2009,

auf weitere 22,00 € seit dem 15. Mai 2009 und

auf weitere 1.000,00 € seit dem 27.05.2009

zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 76 % und die Beklagte 24 % zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 °% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 °% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Der Kläger macht in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter gegen die Beklagte die Rückgewähr insolvenzrechtlich angefochtener Zahlungen auf Steuerverbindlichkeiten, Nutzungsherausgabe und - im Wege der Stufenklage - Auskunft, Versicherung an Eides statt und weitere Rückgewähr nach Maßgabe erteilter Auskunft geltend.

2

Mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 15. Juli 2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der ... (im Folgenden: Schuldnerin) eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Geschäftsführer der Schuldnerin war damals Herr ....

3

In den Jahren 2005 bis 2007 sah sich die Schuldnerin diversen Forderungen aus Lieferung und Leistung ihrer Gläubiger ausgesetzt. So stellte ihr die ... zwischen dem 12. Dezember 2005 und 18. Oktober 2007 insgesamt 16 Rechnungen, die ... zwischen dem 15. Dezember 2006 und dem 1. November 2007 insgesamt 153 Rechnungen, die ... GmbH zwischen dem 11. April 2007 und 9. Mai 2007 insgesamt elf Rechnungen und die ... zwischen dem 24. September 2007 und 19. November 2007 insgesamt drei Rechnungen aus. Darunter befanden sich teilweise Gutschriften, auf die die Insolvenzschuldnerin im Zeitpunkt der jeweiligen Fälligkeit der Forderung keine Zahlungen leistete. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die Darstellung in der Klageschrift Seiten 7 bis 11 (Bl. 7 bis 11 d. A.) und die als Anlage K 3 eingereichte Insolvenztabelle mit Stand 23. Mai 2012 verwiesen. Das Weitere hierzu ist zwischen den Parteien streitig.

4

Mit Stand vom 18. Dezember 2007 befand sich die Schuldnerin in Höhe von 17.024,34 € im Rückstand mit der Begleichung ihrer gegenüber der Beklagten bestehenden Steuerverbindlichkeiten. Darunter waren die Umsatzsteuervorauszahlungen für August 2007, fällig im Oktober 2007, und für September 2007, fällig im November 2007. Mit Schreiben vom selbigen Tag wandte sich der Geschäftsführer der Schuldnerin an das Finanzamt Hamburg-Oberalster und stellte einen Antrag auf Stundung und Abzahlung der Umsatzsteuerschuld (Anlage K 1). In dem Schreiben heißt es:

5

[] zur Zeit weist unser Konto einen Rückstand von € 17.024,34 auf. Wir bitten Sie zunächst das im Voraus gezahlte 1/11 von € 6.039,-- bei dieser Summe gegen zu rechnen. Wir werden dann in Zukunft unsere Umsatzsteuer jeweils zum 10. des darauf folgenden Monats erklären. Für den Monat Dezember 2007 erwarten wir eine Zahllast von ca. € 4.000,--, so dass unsere Gesamtschuld zum 10.01.2008 bei ca. € 15.000,-- liegen wird.

6

Für diesen Rückstand möchten wir Sie höflich bitten, eine Zahlungsvereinbarung beginnend mit dem 10.01.2008 bis einschl. zum 10.02.2008 von € 1.500,-- und ab dem 10.03.2008 einen Betrag i. H. v. € 3.000,-- mit uns zu treffen.

7

Da wir einen Auftragsrückgang von 50% zu verzeichnen haben und wir uns von schlechten Auftraggebern getrennt haben, mussten wir mit massiven Personalabbau reagieren. Unser jetziger Umsatz hat unsere wirtschaftliche Situation so verändert, dass wir gezwungen sind, mit dieser auch für uns sehr unangenehmen Bitte an Sie heranzutreten. Diese Vereinbarung stützt sich auf die neuen Aufträge von 2008 und dem daraus zu erwartenden Gewinn.

8

Uns ist sehr daran gelegen unsere Schuld zu begleichen und hoffen, dass Sie uns entgegenkommen können. []

9

Im Folgenden kamen die Schuldnerin und die Beklagte mit einer Stundungsvereinbarung vom 4. Januar 2008 darin überein, dass die Schuldnerin zunächst monatliche Beträge von 1.500,00 €, später einen Betrag von 3.000,00 € auf die ausstehenden Steuerverbindlichkeiten zu zahlen habe.

10

Die Schuldnerin erbrachte daraufhin eine erste Zahlung in Höhe von 1.500,00 € am 9. Januar 2008 und eine weitere Zahlung in Höhe von 1.500,00 € am 8. Februar 2008 auf Steuerverbindlichkeiten mit Fälligkeit im August 2007. Am 10. März 2008 überwies sie 3.000,00 € an die Beklagte mit dem Verwendungszweck "Zahl. lt. Stundung". Die laut Stundungsvereinbarung zum 10. April 2008 und zum 10. Mai 2008 fälligen Ratenzahlungen blieben aus. Am 15. Mai 2008 überwies die Schuldnerin weitere 3.000,00 € mit der Verwendungszweckangabe "UST9/07". Hierneben leistete sie weitere zehn Zahlungen auf Steuerforderungen der Beklagten im Zeitraum 25. Januar bis 23. April 2008. Sämtliche Zahlungen erfolgten als Überweisungen vom Geschäftskonto der Schuldnerin.

11

Die zum 10. April 2008 zu entrichtende Umsatzsteuer für den Monat Februar 2008 blieb bei der Beklagten aus. Auch die Umsatzsteuerbeträge für die Monate März, April und Mai 2008, zu entrichten zum 10. Mai bzw. 10. Juni 2008, zahlte die Schuldnerin nicht. Im Hinblick auf diese Zahlungsausfälle leitete die Beklagte Vollstreckungsmaßnahmen ein, woraufhin die Schuldnerin um einen Vollstreckungsaufschub bat. Dieser Bitte kam die Beklagte mit Schreiben vom 12. Juni 2008 (Anlage K 2) nach.

12

Der zum 3. Januar 2009 erstellte Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 1. Januar bis 31. Dezember 2007 (Anlage K 4) wies für die Schuldnerin zum 31. Dezember 2007 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von EUR 93.441,75 und zum 31. Dezember 2006 einen Fehlbetrag in Höhe von EUR 73.660,22 aus.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, des Vortrags der Parteien in erster Instanz und ihrer dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (Bl. 162-171 d.A.) verwiesen.

14

Mit Urteil vom 18. März 2013, mit Beschluss vom 8. April 2014 berichtigt, hat das Landgericht der Klage in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang teilweise stattgegeben.

15

Gegen das ihm am 19. März 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 16. April 2013 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel mit einem (nach Schriftsatznachlass fristgemäß) am 29. Juli 2013 eingegangenen Schriftsatz begründet.

16

Hinsichtlich der Einzelheiten dieser Begründung wird ebenso wie für die Anträge auf diese Berufungsbegründung vom 29. Juli 2013 (Bl. 275 ff. d.A.) verwiesen.

17

Die Zustellung des Urteils bei der Beklagten ist am 20. März 2013 erfolgt, mit am 18. April 2013 eingegangenem Schriftsatz hat auch sie Berufung eingelegt. Die Begründung ist mit einem (nachgelassenem und damit fristgemäß) am 2. August 2013 eingegangenen Schriftsatz erfolgt.

18

Darin beantragt die Beklagte die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und die Klagabweisung.

19

Die Beklagte bekräftigt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Für Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 31. Juli 2013 (Bl. 308 ff. d.A.), 21. September 2013 (Bl. 338 ff. d.A.), 11. März 2014 (Bl. 392 ff. d.A.) und 3. April 2014 (Bl. 408 ff. d.A.) verwiesen.

II.

20

Die zulässige Berufung der Klägerin hat nur teilweise Erfolg.

21

Der Kläger hat gegen die Beklagte im tenorierten Umfang einen insolvenzrechtlichen Rückgewähranspruch (1.) und einen Anspruch auf Nutzungsherausgabe wegen ersparter Zinsen (2.), aber keinen Auskunftsanspruch (3.).

1.

22

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückgewähr von 33 angefochtenen Zahlungen in Höhe von insgesamt 35.065,50 € aus §§ 143 Abs. 1, 133 Abs. 1, 129 Abs. 1 InsO (a.). Hinsichtlich der übrigen 13 angefochtenen Zahlungen besteht ein solcher Anspruch nicht (b.).

23

Was durch eine anfechtbare Handlung aus dem Vermögen veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muss gemäß § 143 Abs. 1 S. 1 InsO zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Anfechtbar ist gemäß § 133 Abs. 1 InsO eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Darüber hinaus ist - wie bei jeder Insolvenzanfechtung - eine objektive Gläubigerbenachteiligung i.S.d. § 129 Abs. 1 InsO erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2007, IX ZR 194/04, Rn. 17; Urteil vom 17. Juni 1999, IX ZR 176/98, Rn. 14, jeweils zitiert - wie auch alle im Folgenden genannten Entscheidungen - nach juris).

a.

24

Diese Voraussetzungen sind hier hinsichtlich der genannten 33 Zahlungen gegeben.

aa.

25

Sie sind Rechtshandlungen, die auch in den 10-Jahres-Zeitraum des § 133Abs. 1InsO fielen. Sie wurden von der Schuldnerin als Überweisungen von ihrem Geschäftskonto in der Zeit zwischen dem 15. Mai 2008 und 26. Mai 2009 veranlasst.

bb.

26

Die Zahlungen haben auch die Gläubiger der Schuldnerin objektiv benachteiligt.

27

Eine objektive Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Gläubigerzugriff auf das Schuldnervermögen vereitelt, erschwert oder verzögert hat; es müssen mit anderen Worten die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die angefochtene Rechtshandlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gewesen sein (BGH, Urteil vom 17. Juni 1999, IX ZR 176/98, Rn. 14.; Urteil vom 26. April 2012, IX ZR 74/11, Rn. 11, m.w.N.). Dabei ist es unerheblich, ob der Schuldner zum Zeitpunkt ihrer Rechtshandlung schon weitere Gläubiger hatte. Für eine Insolvenzanfechtung nach Maßgabe des § 133 Abs. 1InsO genügt die mittelbare, erst künftig (im Zeitpunkt der Haftungsrealisierung) eintretende Gläubigerbenachteiligung (BGH, Urteil vom 13. August 2009, IX ZR 159/06, Rn. 5).

28

Die Überweisungen haben zu einer Minderung des Kontoguthabens der Schuldnerin bei ihrer Geschäftsbank und damit zu einer Verkürzung ihres Auszahlungsanspruchs geführt. Damit konnte sie ab dem Zeitpunkt der jeweiligen Gutschrift bei der Beklagten in entsprechender Höhe keine Überweisungen mehr zur Befriedigung der Forderungen ihrer anderen Gläubiger veranlassen. Das Landgericht hat hier zutreffend auch einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den Überweisungen und der Gläubigerbenachteiligung angenommen (S. 14-16 des Urteils, Bl. 147-149d.A.).

cc.

29

Die Insolvenzschuldnerin nahm die 33 Überweisungen mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vor.

30

Gläubigerbenachteiligungsvorsatz ist gegeben, wenn der Insolvenzschuldner bei Vornahme der Rechtshandlung die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge - sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils - erkannt und gebilligt hat (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012, IX ZR 3/12, Rn. 15). Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - zumeist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Soweit dabei Rechtsbegriffe wie die Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, muss deren Kenntnis außerdem oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen geschlossen werden (BGH, Urteil vom 13. August 2009, IX ZR 159/06, Rn. 8,m.w.N.).

31

Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel (auch) dann anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO), das heißt wenn ein Verhalten des Schuldners nach außen hervorgetreten ist, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (BGH, Urteil vom 13.08.2009, a.a.O.; Urteil vom 30.06.2011, IX ZR 134/10, juris Rn. 12). Zahlungsunfähigkeit droht, wenn eine im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1InsO erhebliche Liquiditätslücke unter Berücksichtigung der bestehenden, aber erst künftig fällig werdenden Verbindlichkeiten und der im entsprechenden Zeitraum verfügbaren Zahlungsmittel voraussichtlich eintreten wird (BGH, Urteil vom 13. August 2009, a.a.O., m.w.N.). Werden die Verbindlichkeiten des Schuldners bei dem späteren Anfechtungsgegner über einen längeren Zeitraum hinweg ständig in beträchtlichem Umfang nicht ausgeglichen und ist diesem den Umständen nach bewusst, dass es noch weitere Gläubiger mit ungedeckten Ansprüchen gibt, begründet dies ein Beweisanzeichen im Sinne eines Erfahrungssatzes (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007, a.a.O). Soweit es um die Kenntnis des Gläubigers von einer zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners geht, muss darauf abgestellt werden, ob sich die schleppende, möglicherweise erst unter dem Druck einer angedrohten Zwangsvollstreckung erfolgende oder auch ganz ausbleibende Tilgung der Forderung des Gläubigers bei einer Gesamtbetrachtung der ihm bekannten Umstände, insbesondere der Art der Forderung, der Person des Schuldners und des Zuschnitts seines Geschäftsbetriebs als ausreichendes Indiz für eine solche Kenntnis darstellt (BGH, Urteil vom 13. August 2009, a.a.O.).

32

Es muss sich mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen und eingeforderten Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen (BGH, Urteil vom 25. Januar 2001, IX ZR 6/00, WM 2001, 689, 690; Urteil vom 12. Oktober 2006, IX ZR 228/03, WM 2006, 2312, 2313; Urteil vom 21. Juni 2007, IX ZR 231/04, WM 2007,1616, 1618). Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus (BGH, Urteil vom 13. April 2000, IX ZR144/99, WM 2000, 1207, 1208; Urteil vom 21. Juni 2007, a.a.O.). Umgekehrt stehen einzelne Zahlungen des Schuldners der Annahme einer nach außen erkennbar gewordenen Zahlungseinstellung nicht entgegen. Es genügt, dass das Unvermögen zur Zahlung und die darauf beruhende Zahlungsunfähigkeit den wesentlichen Teil der Verbindlichkeiten betreffen (BGH, Urteil vom 11. Juli 1991, IX ZR230/90, NJW 1992, 624). Eigene Erklärungen des Schuldners, eine fällige Verbindlichkeit nicht begleichen zu können, deuten auf eine Zahlungseinstellung hin. Daran ändert eine gleichzeitig geäußerte Stundungsbitte nichts; dies kann vielmehr gerade auf die Nachhaltigkeit der Liquiditätskrise hindeuten (BGH, Urteil vom 4. Oktober 2001, IX ZR 81/99, Rn. 15; Urteil vom 20. Dezember 2007, IX ZR 93/06, Rn. 21 vgl. auch Eilenberger, in: MünchKomm. -InsO, 2. Aufl. 2007, § 17 Rn. 30).

33

Eine Zahlungseinstellung - mit der Folge der Vermutung der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin - war vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung spätestens am 10. Mai 2008 anzunehmen.

34

Mit dem Schreiben vom 18. Dezember 2007 wandte sich die Schuldnerin angesichts offener Steuerforderungen in Höhe von 17.024,34 € mit einer Stundungsbitte an die Beklagte. Als Grund für die Rückstände benannte sie eine Restrukturierungsphase, deren Maßnahmen sie im Einzelnen erläuterte. Die Maßnahmen waren aber in Bezug auf die Liquidität der Schuldnerin im Jahre 2008 nicht erfolgreich, die mit Schreiben der Beklagten vom 4. Januar 2008 gewährte Stundungsvereinbarung wurde von der Schuldnerin ab dem 10. April 2008 nicht mehr eingehalten. Zu diesem Datum hätte sie nach dem Zahlungsplan Umsatzsteuerverbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 3.000,00 € zahlen müssen. Aufgrund des Zahlungsverzugs war laut Verfallsklausel in der Stundungsvereinbarung der gesamte noch offene Rückstand sofort fällig. Eine Zahlung erfolgte dennoch nicht, nicht einmal die nächste, zum 10. Mai 2008 fällige Teilzahlung von wieder 3.000,00 € wurde fristgerecht gezahlt. Spätestens angesichts dieser erneuten Nichtzahlung war nach Auffassung des Gerichts eine Zahlungseinstellung zwingend anzunehmen. Die April-Rate wurde schließlich erst mit der angefochtenen Zahlung vom 15. Mai 2008 gezahlt (1.808,29 € für die Umsatzsteuer 2007 und 1.191,71 € für die Umsatzsteuer September 2007).

35

Dabei berücksichtigt der Senat, dass Forderungen, die rechtlich oder auch nur tatsächlich - also ohne rechtlichen Bindungswillen oder erkennbare Erklärung - gestundet sind, bei der Feststellung der Zahlungseinstellung und Zahlungsunfähigkeit nicht berücksichtigt werden dürfen. Hat der Gläubiger die Stundung an die Erbringung gewisser Leistungen, insbesondere Ratenzahlungen, geknüpft, wird der Schuldner allerdings von Neuem zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, diese Leistungen zu erbringen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012, IX ZR 3/12, Rn. 29). So liegt es wegen der nicht eingehaltenen Stundungsvereinbarung mit dadurch aktivierter Verfallsklausel hier.

36

Eine tatsächliche Stundung war entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht hinsichtlich der Forderungen der Gläubiger ... GmbH, ... OHG und ... GmbH anzunehmen.

37

Gemäß § 17 Abs. 2 S. 1 InsO ist der Insolvenzschuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Eine Forderung ist bereits dann im Sinne des § 17 Abs. 2 S. 1 InsO fällig, wenn eine Gläubigerhandlung feststeht, aus der sich der Wille, vom Schuldner Erfüllung zu verlangen, im Allgemeinen ergibt. Hierfür genügen bereits sämtliche fälligkeitsbegründenden Handlungen des Gläubigers; die Fälligkeit kann sich aus der ursprünglichen Vertragsabrede oder aus einer nach Fertigstellung der Leistung übersandten Rechnung ergeben. Eine zusätzliche Rechtshandlung im Sinne eines Einforderns ist daneben entbehrlich (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012, IX ZR 3/12, Rn. 26; Urteil vom 14. Februar 2008, IX ZR 38/04, Rn. 22; Thüringer OLG, Urteil vom 17.07.2013, 2 U 815/12, Rn. 32; OLG Karlsruhe, Urteil vom 6. Februar 2013, 13 U 50/12, Rn. 20). Das Merkmal des ernsthaften Einforderns dient damit lediglich dem Zweck, solche fälligen Forderungen bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit auszunehmen, die rein tatsächlich - also auch ohne rechtlichen Bindungswillen oder erkennbare Erklärungen - gestundet sind (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012, a.a.O.; Urteil vom 8. März 2012, IX ZR 102/11, Rn. 7; Urteil vom 14. Mai 2009, IX ZR 63/08, Rn. 22; Beschluss vom 14. Juli 2011, IX ZB 57/11, Rn. 9). Der Einstellung der Bemühungen des Gläubigers, vom Schuldner Erfüllung zu verlangen, muss aber zweifelsfrei, d.h. klar und unmissverständlich das Einverständnis des Gläubigers zu entnehmen sein, dass der Schuldner seine Verbindlichkeit vorerst nicht erfüllt (Thüringer OLG, Urteil vom 17. Juli 2013, 2 U 815/12, a.a.O.).

38

Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung ist der Senat der Auffassung, dass die Forderungen der Gläubiger ... GmbH, ... OHG und ... GmbH bei der Bewertung, ob Zahlungsunfähigkeit vorliegt, zu berücksichtigen sind. Die Forderungen sind fällig im Sinne des § 17 Abs. 2 S. 1 InsO. Die Gläubiger haben unstreitig Rechnungen an die Schuldnerin versandt. Allein Fortsetzung des Geschäftskontakts mit der Schuldnerin trotz offener Rechnungen lässt keine Rückschlüsse darauf zu, dass sich etwas an der mit der Rechnungstellung zum Ausdruck gebrachten Ernsthaftigkeit des Einforderns verändert hätte. Hinsichtlich der früheren Rechnungen lässt sich aus der weiteren Zusammenarbeit keine Aussage entnehmen - geschweige denn eine klare und unmissverständliche dahin, dass diese Rechnungen vorerst nicht zu begleichen sind.

39

Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Vergleich zu den Fällen der vorzitierten Rechtsprechung, bei denen ein ernsthaftes Einfordern nicht angenommen wurde. In den beiden Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 6. Dezember 2012 und 19. Juli 2007 lagen jeweils nachweisliche Erklärungen der Gläubiger dahin vor, dass die Forderungen nicht zu den eigentlichen Fälligkeitsterminen bedient zu werden bräuchten. Es war deshalb konsequent, derartige Forderungen nicht zur Begründung einer Zahlungsunfähigkeit im Sinne von § 17 Abs. 1 InsO heranzuziehen. In dem vom Oberlandesgericht Karlsruhe zu beurteilenden Fall machte der Gläubiger seine fortgesetzte Belieferung des Schuldners erklärtermaßen davon abhängig, dass dieser zumindest unregelmäßig Teilzahlungen zu leisten habe und sich der Gesamtsaldo nicht erhöhen dürfe. Anhaltspunkte dafür anzunehmen, dass vorliegend entsprechende Erklärungen der Gläubiger vorlagen, sind demgegenüber nicht ersichtlich. Damit ist der mit der Übersendung der Rechnungen erklärte Wille maßgeblich, nämlich die fristgerechte Zahlung.

40

Hinsichtlich der weiteren Gesichtspunkte zur Gläubigerbenachteiligung wird auf die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts in dessen Urteil (dort S. 16-23, Bl. 175-182 d.A.) Bezug genommen, die sich der Senat zu eigen macht.

dd.

41

Die Beklagte hatte zum Zeitpunkt der Zahlung vom 15. Mai 2008 und bei allen Zahlungen danach auch Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin im Sinne des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO.

42

Der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007, IX ZR 97/06, ZIP 2007, 1511 ff.; Urteil vom 20. November 2008, IX ZR 188/07, ZIP 2009, 189 f.). Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die drohende Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGH, Urteil vom 19. Februar 2009, IX ZR 62/08, BGHZ 180, 63 ff.; Urteil vom 1. Juli 2010, IX ZR 70/08, Rn. 9). Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. (BGH, Urteil vom 13. August 2009, a.a.O.).

43

Hier folgt der Senat den Ausführungen des Landgerichts, auf die verwiesen wird (Urteil S. 23 bis 27, Bl. 182-186 d.A.). Abweichend von der dort vorgenommenen Würdigung der Gesamtumstände nimmt der Senat jedoch an, dass sich im Zusammenhang mit der Stundungsvereinbarung vom 4. Januar 2008 eine Kenntnis von der Zahlungseinstellung bei der Beklagten nicht erst am 15. Mai 2008, sondern bereits zuvor vorhanden gewesen sein musste. Bereits nachdem feststand, dass die Schuldnerin die zum 10. April 2008 fällige Rate nicht fristgemäß gezahlt hatte, spätestens aber mit der Nichtzahlung auch der zum nächsten Termin am 10. Mai 2008 fälligen Rate - dies alles trotz Verfallsbestimmung in der Stundungsvereinbarung konnte sich die Beklagte dieser Erkenntnis nicht mehr verschließen.

ee.

44

Die Rückgewähr der 35.065,50 € hat gemäß § 143 Abs. 1 InsO an den Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin zu erfolgen. Eine Entreicherung der Beklagten hat das Landgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die verwiesen wird (Urteil S. 27ff., Bl. 186ff. d.A.), verneint.

ff.

45

Der mit dem Klageantrag zu 1. geltend gemachte Zinsanspruch des Klägers in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Bezug auf den Gesamtbetrag der 33 Zahlungen folgt aus §§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO i.V.m. 819, 818 Abs. 4, 291, 288 Abs. 1 BGB.

b.

46

Hinsichtlich der mit dem Klageantrag zu 1. begehrten weiteren EUR 9.869,85 aus den übrigen 13 Zahlungen sowie dem daran anknüpfenden Zinsanspruch ist die Klage unbegründet.

47

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch gemäß §§ 143 Abs. 1, 140 Abs. 1, 133 Abs. 1, 129 Abs. 1 InsO auf Rückgewähr derjenigen Beträge, die die Beklagte aus den zwischen dem 9. Januar 2008 und 23. April 2008 geleisteten Überweisungen erhalten hat.

48

Der Senat verweist insoweit auf die zutreffende Begründung der landgerichtlichen Entscheidung (dort S. 29-31, Bl. 188-190 d.A.) und macht sich diese mit der Maßgabe zu eigen, dass hinsichtlich der Zahlung vom 15. Mai 2008 ein Rückgewähranspruch besteht (s.o., Ziffer 1.a.).

2.

49

Der Kläger hat zudem einen Anspruch auf Herausgabe derjenigen Nutzungen, die sich die Beklagte aufgrund von 32 Überweisungen der Schuldnerin seit dem 6. Juni 2008 in Form von Zinsen für Finanzierungskredite erspart hat.

50

Der Antrag des Klägers zu Ziffer 2. aus der Berufung vom 29. Juli 2013 wird vom Senat dahin ausgelegt, dass über die erstinstanzlich bereits zugesprochenen Nutzungen hinaus die Herausgabe auch etwaiger weiterer Nutzungen in Bezug auf die übrigen 14 Überweisungen begehrt wird. Dieser Antrag konnte für die 13 zwischen dem 9. Januar 2008 und 23. April 2008 geleisteten Zahlungen mangels Anfechtbarkeit schon keinen Erfolg haben. Er scheitert aber auch für die verbleibende 14. Zahlung, die am 15. Mai 2008 erfolgt ist. Insoweit war der mit der Berufung gestellte Antrag nicht vollstreckungsfähig. Es sind "Nutzungen" begehrt worden, ohne deren Umfang durch Angabe einer Zinshöhe näher zu bestimmen. Hierzu lässt sich auch dem weiteren Schriftsatz nichts entnehmen. Zu dem Antrag zu 2. enthält er schlicht gar keine Ausführungen. Auch nach entsprechendem Hinweis der Beklagten mit Schriftsätzen vom 21. September 2013 (dort S. 2, Bl. 339 d.A.) und vom 29. September 2013 (S. 1, Bl. 355 d.A.) ist hierzu nichts vorgetragen worden.

51

Als gezogene Nutzungen herauszugeben sind entweder Zinserträge von Einnahmeüberschüssen, die im Haushaltsvollzug ausnahmsweise zeitweilig nicht benötigt werden, oder ersparte Zinsen für Kassen(verstärkungs)kredite oder andere staatliche Refinanzierungsinstrumente, die infolge des Eingangs wirksam angefochtener Steuerzahlungen zurückgeführt oder vermieden worden sind (BGH, Urteil vom 24. Mai 2012, IX ZR 125/11, Rn. 11).

52

Ersparte Zinsen für eine vermiedene Kreditaufnahme stellen Nutzungen im Sinne von §§ 987 Abs. 1, 100 BGB dar. Der gemäß § 143 Abs. 1 S. 2 InsO i.V.m. § 819 Abs. 1 Alt. 1 BGB maßgebliche Zeitpunkt ist der Zeitpunkt der Vornahme der angefochtenen Überweisungen (BGH, Urteil vom 24. Mai 2012, IX ZR 125/11, a.a.O.; Urteil vom 01. Februar 2007, IX ZR 96/04, Rn. 22, jeweils m.w.N.).

53

Der Kläger hat seiner Darlegungslast für den geltend gemachten Anspruch auf Nutzungsherausgabe nach § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 987 BGB genügt, indem er Zinsersparnisse des Beklagten beim Haushaltsvollzug infolge der angefochtenen Steuerzahlungen behauptet hat. Die näheren haushaltswirtschaftlichen Daten bei der Beklagten kann der Kläger nicht vortragen. Der Haushaltsvollzug auch in seiner zeitlichen Entwicklung während des fraglichen Zeitraums ist dagegen dem Beklagten in allen Einzelheiten bekannt und belegbar. Ihn trifft daher entgegen dem Rechtsstandpunkt der Revisionserwiderung die sekundäre Darlegungslast, hierzu in der gebotenen Klarheit vorzutragen (BGH, Urteil vom 24. Mai 2012, IX ZR 125/11, Rn. 17).

54

Die Beklagte hat ausgeführt (Schriftsatz vom 31. August 2012, S. 6), dass die Freie und Hansestadt Hamburg im Zeitpunkt des Eingangs der einzelnen Zahlungen über verschiedene Alternativen Zahlungsmittel aufgenommen habe, zum Beispiel Kassenkredite. Ob auch Überschüsse vorhanden waren, die kurzfristig angelegt wurden, fehlt es an konkreterem Vortrag. Die rechtliche Grundlage für die Aufnahme von Krediten "zur Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Kassenwirtschaft (Kassenverstärkungkredite)" dürfte sich dabei zum damaligen Zeitpunkt aus § 18 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 der Landeshaushaltsordnung (LHO) in der bis zum 31. Dezember 2012 gültigen Fassung ergeben haben (mittlerweile gilt § 28 Abs. 3 Nr. 3 LHO in der Fassung vom 13. Dezember 2013).

55

Für die Berechnung der Höhe der ersparten Zinsen, hat die Beklagte (im Schriftsatz vom 2. Februar 2013, S. 16, Bl. 122 d.A.) ausgeführt, für eine Schätzung der Nutzungen könne man sich nur am Finanzierungskostenvolumen der öffentlichen Hand in der damaligen Zeit orientieren, zu dem aber keine genaueren Angaben möglich seien. "Der Reuters-Zinssatz" könne hier aber ein geeignetes Instrumentarium zur Berechnung sein, der höchst hilfsweise vorgeschlagen werde. Darüber hinaus könne auch auf den EONIA-Zinssatz abgestellt werden.

56

Einen "Reuters-Zinssatz" gibt es nicht. Als "Reuters-Zinssätze" werden die EURIBOR-Zinssätze (Euro InterBank Offered Rate) beschrieben mit Laufzeiten von zwischen einer Woche und zwölf Monaten. Der EONIA-Zinssatz (Euro OverNight Index Average) hat eine Laufzeit von einem Tag.

57

Das Landgericht hat gemäß §§ 287, 291 ZPO "mangels näherer Spezifizierung durch die Beklagten als gezogene Mindestnutzungen den zu Zeiten der jeweiligen Nutzungszeiträume geltenden 6-Monats-EURIBOR Zinssatz" angelegt.

58

Diese Vorgehensweise des Landgerichts teilt der Senat im Ansatz.

59

Es fehlt nämlich auch nach den Ausführungen in der Berufung an ausreichend detaillierten Darlegungen der Beklagten dazu, wie sie ihre Kreditaufnahme gestaltet. Anhaltspunkte zumindest dafür, wie dies auf Bundesebene erfolgt, lassen sich zum Beispiel dem Bericht des Bundesministeriums der Finanzen über die Kreditaufnahme des Bundes für 2011 (abrufbar über die Website des Ministeriums) entnehmen. Aufschluss darüber, wie auf Bundesebene Kassenkredite verzinst werden, ergeben sich - soweit ersichtlich - auch aus dem Gesetz zur Änderung von Vorschriften - über die Bewertung der Kapitalanlagen von Versicherungsunternehmen und zur Aufhebung des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes (Versicherungskapitalanlagen-Bewertungsgesetz - VersKa-pAG) vom 26. März 2002, in Kraft seit dem 3. April 2002. Nach Artikel 4 § 2 Abs. 1 VersKapAG gilt für Kassenkredite des Bundes der um 1,5 Prozentpunkte erhöhte Basiszinssatz nach § 247 BGB. Dahinter steht eine gesetzliche Entwicklung, die ihren Ausgangspunkt darin genommen hat, dass der Bundesbank wegen § 20 S. 1 BbankG, der auf Art. 104, 109 e) des EG-Vertrags zurückgeht, Kreditvergaben an die Länder mittlerweile untersagt sind. Diese Kassenkredite richteten sich früher nach dem Diskontsatz, später für einige Zeit nach dem Lombardsatz. Ob die dargestellten gesetzlichen Veränderungen auf für die Länder gelten, ist für den Senat nicht ohne weiteres ersichtlich. Hierzu hätte es Vortrags der Beklagten bedurft.

60

Vor diesem Hintergrund begrenzter Auskünfte erscheint es auch dem Senat sinnvoll, im Rahmen der richterlichen Schätzung einen Mittelwert heranzuziehen, wie es das Landgericht getan hat.

61

Allerdings stehen der Beklagten nach dem Verständnis des Senats die EURIBOR-Kredite mit Laufzeiten von neun und zwölf Monaten nicht immer zur Verfügung. Gemäß § 18 Abs. 2 S. 3 LHO a.F. (jetzt § 28 Abs. 3 Nr. 3 LHO) dürfen Kassenverstärkungskredite nicht später als sechs Monate nach Ablauf des Haushaltsjahres, für das sie aufgenommen worden sind, fällig werden. Der 6-Monats-EURIBOR sollte nach Einschätzung des Senats deshalb nicht als Mittelwert herangezogen werden. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Zinsen mit der Kreditlaufzeit deutlich steigen und die Beklagte also eher Kredite mit kürzeren Laufzeiten aufnehmen wird. Aus § 18 Abs. 3 LHO a.F. kann sich keine grundlegende Abweichung ergeben; er betrifft einen Ausnahmefall. Umgekehrt aber ist es unrealistisch anzunehmen, dass die Haushaltsführung der Freien und Hansestadt so aufwändig betrieben wird, dass immer nur mit Tageskrediten (zum EONIA-Zinssatz) gearbeitet wird. Der Mangel an genauerem Vortrag geht hier zu Lasten der sekundär darlegungsbelasteten Beklagten.

62

Unter Berücksichtigung dieser wenigen vorhandenen Abwägungskriterien nimmt der Senat im Ergebnis für den vorliegenden Einzelfall nach §§ 287, 291 ZPO eine Berechnung auf Grundlage des 3-Monats-EURIBOR vor.

63

Mit dem Landgericht ist weiter davon auszugehen, dass eine Verzinsung vom jeweiligen Zahlungseingang bis zur Insolvenzeröffnung stattfinden muss. Der unberechtigte Zahlungserhalt führt bei der Beklagten bei gebotener wirtschaftlicher Betrachtung für die gesamte Dauer des Einbehalts zu einer faktischen Verminderung eines etwaigen Fehlbestandes. Mit dem Zweck des § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO und dessen Rechtsfolgenverweisung ist nicht vereinbar, dass dem Anfechtungsgegner die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus dem Rückgewährbetrag gezogenen Zinsen verbleiben. Für zurückgeführte oder vermiedene Kreditinanspruchnahmen des Anfechtungsgegners und die hierdurch erzielten Zinsersparnisse kann nichts anderes gelten (BGH, Urteil vom 24. Mai 2012, IX ZR 125/11, Rn. 15).

3.

64

Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein zivilrechtlicher Auskunftsanspruch aus § 242 BGB i.V.m. § 143 InsO zu.

65

Es entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der auch der Senat folgt, dass sich der Insolvenzverwalter wegen aller benötigten Auskünfte grundsätzlich an den Schuldner zu halten hat, solange ein Rückgewährschuldverhältnis nicht feststeht (BGH, Urteil vom 6. Juni 1979, VIII ZR 255/78, Rn. 14; Urteil vom 21. Januar 1999, IX ZR 429/97, Rn. 14). Eine auf § 242 BGB i.V.m. § 143 InsO gestützte Auskunftsklage des Insolvenzverwalters gegen Gläubiger des Insolvenzschuldners wegen möglicher Anfechtungsansprüche kommt demnach nur in Betracht, wenn ein Anfechtungsanspruch dem Grunde nach feststeht und es nur noch um die nähere Bestimmung von Art und Umfang des Anspruchs geht (BGH, Urteil vom 13. August 2009, IX ZR 58/06, Rn. 7, m.w.N.).

66

Auf der Grundlage des dem Auskunftsverlangen des Klägers zugrunde liegenden Sachverhalts ist diese Voraussetzung nicht gegeben. Es besteht auch angesichts des den nun noch einmal modifizierten Antrags kein Auskunftsrecht des Klägers mit dem Ziel zu prüfen, ob von der Schuldnerin weitere als die vom Klagantrag zu 1. umfassten Zahlungen vorgenommen worden sind. Mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist davon auszugehen, dass jede selbstständig anfechtbare Rechtshandlung einen gesonderten Rückgewähranspruch begründet (BGH, Urteil vom 13. August 2009, IX ZR 58/06, Rn. 7, m.w.N.). Daraus folgt, dass zur Rechtfertigung eines Akteneinsichtsrechts für die einzelne Zahlung der Anfechtungsanspruch dem Grunde nach feststehen muss.

67

Weitere als die im Klagantrag zu 1. vorgetragenen Zahlungen sind vom Kläger nicht dargetan; es besteht allein die Möglichkeit, dass es solche gibt. Insofern fehlt es bezüglich vom Kläger vermuteter weiterer Zahlungen an der Darlegung der angefochtenen Rechtshandlung, weswegen insofern auch nicht angenommen werden kann, dass ein Anfechtungsanspruch dem Grunde nach besteht. Das Vorbringen des Klägers, dass Umstände gegeben gewesen seien, die belegten, dass die Schuldnerin im Falle in dem betreffenden Zeitraum vorgenommener weiterer Zahlungen an die Beklagte mit dem Vorsatz der Benachteiligung anderer Gläubiger gehandelt haben müsse, ersetzt nicht die Darlegung der einzelnen angefochtenen Rechtshandlungen.

68

Auch die Behauptung des Klägers, daraus, dass es in Entscheidungen des Bundesgerichtshofs heiße, in bestimmten Punkten lückenhafter Vortrag könne auf der Grundlage allgemeiner Erfahrungen und Gebräuche im Rechtsverkehr ergänzt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2007, IX ZR 210/04, Rn. 5) bzw. zum Beleg einer Zahlungseinstellung sei eine Ergänzung fehlender Tatsachen schon auf der Grundlage von Beweisanzeichen zulässig (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, IX ZR 134/10, Rn. 13; Urteil vom 08. Oktober 1998, IX ZR 337/97, Rn. 19), sei zu schließen, dass unter solchen Voraussetzungen ein Auskunftsanspruch gegeben sei, vermag seinem Klageanspruch nicht zum Erfolg zu verhelfen. Zum einen ist in den genannten Entscheidungen nicht von einem Auskunftsanspruch die Rede, sondern nur ausgeführt, dass der Tatrichter bei der Ausfüllung von Tatbestandsmerkmalen Lücken in bestimmten Punkten durch Erfahrungssätze schließen kann. Zum anderen - und vor allem - gibt es vorliegend keine Lücken, die durch Erfahrungssätze geschlossen werden könnten. Es geht vielmehr darum, dass weitere Zahlungen und damit selbstständig anfechtbare Rechtshandlungen nur vermutet werden, nicht aber Lücken für die Frage der Anfechtbarkeit einer vorliegenden Rechtshandlung geschlossen werden sollen. Insofern bleibt es dabei, dass die Voraussetzungen eines aus § 143 InsO i.V. mit § 242 BGB herleitbaren Anspruchs auf Einsicht in Akten oder auf Auskunft nicht gegeben sind.

69

Etwas anderes ergibt sich für den hier geltend gemachten, ausdrücklich auf § 143 InsO i.V. mit § 242 BGB gestützten Anspruch auch nicht aus dem Verweis des Klägers auf die Regelungen des Hamburgischen Transparenzgesetzes (HmbTG). Es verbietet sich, den aus § 242 BGB hergeleiteten Anspruch im Hinblick auf die Regelungen des Transparenzgesetzes auszudehnen, und zwar schon deshalb, weil damit das dort vorgeschaltete Verwaltungsverfahren umgangen würde (vgl. BGH, Urteil vom 13. August 2009, IX ZR 58/06, Rn. 8).

70

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

71

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO). Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf Grundlage des in diesem Verfahren vorgetragenen Streitstoffs. Dies gilt auch für den hinsichtlich des Antrags zu 2. angenommenen Zinssatz. Konkretere Darlegungen zu der Art und Weise der Finanzierungssteuerung der Beklagten im Allgemeinen und der Aufnahme von Kassenverstärkungskrediten im Besonderen hätten zur Annahme eines anderen Zinssatzes führen können.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.