Landgericht Köln Urteil, 23. Jan. 2015 - 10 S 145/13
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 26.03.2013 (211 C 543/12) wird zurückgewiesen.
Die Widerklage der Beklagten wird abgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe
21. Die Parteien streiten um das Nutzungsrecht an einem Teil des Gartengrundstücks des Hauses E-Straße 51 in 51053 Köln.
3Der Kläger ist Miteigentümer des Grundstücks E-Straße 53, 51063 Köln. Er hat ein Sondereigentumsrecht an der Wohnung im Erdgeschoss links, Aufteilungs- Nr. 53. An dem Gartenstück, das gemäß der Teilungserklärung des Notars B, UR-Nr. ####/#### vom 23.04.2010 mit den Buchstaben F1-F2-F3-F4-F5-F6-F7-F1 umschrieben ist, hat der Kläger ein dingliches Sondernutzungsrecht (Lageplan Bl. 58 der Akte).
4Die Beklagten waren seit dem 01.05.2004 Mieter der im Dachgeschoss gelegenen Wohnung Nr. 3 des Hauses E-Straße 51 in Köln. Der Mietvertrag sah die Mitbenutzung des Gartens vor. Am 08.10.2010 schlossen die Beklagten mit der Streithelferin eine Vereinbarung, die unter anderem die folgende Regelung enthielt:
5„Hiermit wird bestätigt, dass der Mieter einen Teil des Gartens als Sondernutzungsrecht weiterhin nutzen kann. Dieser Teil ist in dem beigefügten Lageplan mit den Buchstaben A1 – B – C – C1 – A1 gekennzeichnet. Weiterhin wird dem Mieter bei einem Kauf seiner Mietwohnung dieser Teil des Gartens als Sondernutzungsrecht für die Wohnung mit verkauft.“
6Die Streithelferin war sowohl die Vermieterin der Beklagten als auch Verkäuferin des Grundstücks des Klägers. Die Vermessung der Grenzen des Grundstücks E-Straße 53 durch die Streithelferin war fehlerhaft. Die Nutzungsrechte der Parteien überschnitten sich in einem etwa 30 m² großen Teilgartenstück in Form eines Dreiecks.
7Nach Bezug des Wohnungseigentums durch den Kläger Ende des Jahres 2011 nahmen die Beklagten im April 2012 Kontakt zu diesem auf. Mit E-Mail vom 20.04.2012 teilte der Beklagte zu 2 dem Kläger unter anderem mit:
8„Letztendlich hat sich in den letzten Wochen herauskristallisiert, dass WVM bzgl. der uns nicht zugänglichen aber gemieteten 30 m² Garten gar nicht unser Ansprechpartner ist, sondern Sie. Sie haben ja die 30 m² Garten gekauft und als Beigabe haben Sie ein Stück des Mietvertrages mitgekauft.
9Ich möchte Sie bitten, den Sachverhalt ihrem Anwalt zu geben. Er kann sich gerne mit unserem Anwalt abstimmen. Wenn dann die Situation rechtlich geklärt ist und auch aus Sicht ihres Anwalts dem entspricht, was oben skizziert ist, dann haben Sie eine Basis für die Kommunikation mit WVM und wir können überlegen, wie wir damit umgehen wollen. Letztendlich ist WVM dann gefordert, Angebote zwecks Entschädigung zu unterbreiten.“ Auf den weiteren Schriftverkehr der Parteien im Anlagenkonvolut K3 (Bl. 82 ff.) wird Bezug genommen. Mit E-Mails vom 06.06.2012 und 13.06.2012 kündigte der Beklagte zu 2 an, den gemieteten Garten vollständig in Besitz zu nehmen. Er stellte in Aussicht, die dort befindliche Blumenwanne zu versetzen und eine Hecke zu entfernen.
10Diesem Ansinnen widersprachen die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit E-Mail vom 14.06.2012 ausdrücklich und forderten den Beklagten zu 2 auf, zu bestätigen, dass dieser bis zu einer endgültigen (notfalls gerichtlichen) Klärung keine eigenmächtigen Änderungen der Gartenanlage und der vorhandenen Grenzziehungen vornehmen werde. Für den Fall des Ausbleibens einer Bestätigung wurde ein Antrag auf eine einstweilige Unterlassungsverfügung bei dem Amtsgericht Köln angekündigt (Anlage K6, Bl. 93).
11Am 15.06.2012 nahm der Beklagte zu 2 die Änderung der Grenzziehung vor. Hierbei versetzte er die vorhandene Hecke wie aus Anl. K7, Bl. 95 ff. der Akte, ersichtlich. Der ebenfalls als Grenze/Sichtschutz dienende Blumenkübel wurde auf die Terrasse des Klägers versetzt.
12Mit Schreiben vom 04.10.2012 (Bl. 106 ff.) sprachen die Prozessbevollmächtigten des Klägers die fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung der im Lageplan mit den Buchstaben F1 bis F7 umschriebenen Teilfläche aus.
13In der mündlichen Verhandlung am 26.02.2013 wurde die schriftliche Kündigung vom 15.02.2013 (Bl. 154 der Akte) durch den Kläger persönlich und für die Streithelferin durch Herrn L unterzeichnet und dem Beklagten zu 2 übergeben.
14Am 14.03.2013 schlossen die Eheleute N/T, ihrerseits Eigentümer der im Erdgeschoss liegenden Wohnung Nr. 1 des Objekts Düsseldorferstr. 51, mit der Streithelferin einen notariellen Kaufvertrag über die von den Beklagten bewohnte Wohnung Nummer 3 ab (Bl. 246 ff. der Akte). Der Beklagte zu 2 übte daraufhin sein Vorkaufsrecht als Mieter aus und erwarb von der Streithelferin die Wohnung Nr. 3, nicht aber das Sondernutzungsrecht am Gartenteilstück, das bei den Eigentümern der Erdgeschosswohnung verblieb. Unter Bezugnahme auf den Erwerb der Wohnung forderten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten die Streithelferin mit Schreiben vom 16.05.2013 (Bl. 250 ff.) auf, der „Mandantschaft“ nunmehr auch das Sondernutzungsrecht an dem Gartenteil A1 – B – C – C1 – A1 zu verkaufen bzw. zu verschaffen.
15Durch das den Beklagten am 02.04.2013 zugestellte Urteil des Amtsgerichts Köln vom 26.03.2013, auf das hiermit zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht der Klage im Rahmen der ausgelegten Anträge in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dem Kläger sei der unmittelbare Besitz an dem streitgegenständlichen Teilgrundstück durch den Beklagten zu 2 entzogen worden. Durch die verbotene Eigenmacht des Beklagten zu 2 seien beide Beklagte Besitzer des Teilgrundstücks geworden, so dass sich der Anspruch nach § 861 BGB auch gegen beide Beklagte richte. Die Veränderung der Grenze durch den Beklagten sei nicht durch ein Selbsthilferecht nach § 859 BGB erlaubt gewesen, da die Entziehung des Besitzes durch den Beklagten zu 2 jedenfalls nicht sofort nach einer Entziehung des Besitzes der Beklagten erfolgt sei. Obwohl es bereits im Jahr 2011 zu Beeinträchtigungen des Besitzes der Beklagten gekommen sei, habe der Beklagte zu 2 erst im Juni 2012 die Hecke sowie die Blumenkübel versetzt.
16Der Anspruch des Klägers aus § 861 Abs. 1 BGB sei auch nicht wegen eines fehlerhaften Besitzes des Klägers dem Beklagten gegenüber ausgeschlossen. Die Beklagten hätten jedenfalls nicht dargelegt, dass der Besitz des Klägers im Juni 2012 fehlerhaft war.
17Schließlich seien die Beklagten mit dem Einwand, der Kläger müsse seinen Besitz wegen des Besitzrechts der Beklagten sofort wieder herausgeben, nach § 863 BGB ausgeschlossen.
18Hiergegen richtet sich die am 02.05.2013 eingelegte und mit Schriftsatz vom 27.05.2013 begründete Berufung der Beklagten. Die Beklagten vertreten die Auffassung, § 863 BGB verbiete jedenfalls nicht die klageweise Durchsetzung des Besitzrechts, weshalb nunmehr mit der Berufung die petitorische Widerklage erhoben werde. Diese begründen die Beklagten damit, ihnen stehe aus dem Mietvertrag ein Anspruch auf Einräumung des Besitzes zu. Aus der ergänzenden Vereinbarung vom 08.10.2010 ergebe sich, dass den Beklagten das alleinige Nutzungsrecht an dem streitbefangenen Gartenteil zustehe. Gegebenenfalls sei der Kläger infolge einer Dienstbarkeit bezogen auf das Gartenteilstück Vermieter geworden. Insoweit sei er jedoch allenfalls als Mitglied einer Bruchteilsgemeinschaft gemäß § 566 BGB in ein einheitliches Mietverhältnis eingetreten.
19Die Beklagten vertreten weiter die Auffassung, sie hätten nicht den Besitz an dem Gartenteilstück sondern allenfalls die Sachherrschaft zeitweilig verloren. Die fehlende Besitzaufgabe ergebe sich insbesondere daraus, dass diverse Prozesse geführt worden seien. Schließlich meinen die Beklagten, jedenfalls soweit der Kläger seinen Garten bis zur Mauer eingezäunt haben möchte, habe er in Kenntnis der verbotenen Eigenmacht der Streithelferin gehandelt. Hinsichtlich der Fläche unmittelbar vor der Mauer bestehe keine Dienstbarkeit des Klägers und kein Besitzanspruch.
20Die Beklagten beantragen,
21das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 26.03.2013 (211 C 543/12) aufzuheben und die Klage abzuweisen.
22Widerklagend beantragen sie,
23den Kläger zu verurteilen, das Teilgrundstück in der E-Straße 51,51063 Köln, welches in der Anlage WK1 (Bl. 201 der Akte) grün eingezeichnet ist, an sie herauszugeben.
24Der Kläger und die Streithelferin beantragen,
25die Berufung zurückzuweisen und die Widerklage der Beklagten abzuweisen.
26Der Kläger vertritt die Auffassung, sofern ein Mietverhältnis bezogen auf das streitgegenständliche Gartenteilgrundstück bestanden haben sollte, sei dieses jedenfalls durch die mehrfachen Kündigungen des Klägers und der Streithelferin, zuletzt übergeben im Verhandlungstermin am 26.02.2013, beendet worden. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass nach Ausübung des Vorkaufsrechts auf Beklagtenseite kein Mietvertrag mehr bestehe.
27Hinsichtlich des weiteren Sach – und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien und der Streithelferin nebst Anlagen Bezug genommen.
282. Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
29Das Amtsgericht hat der Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung stattgegeben. Der Kläger hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner gemäß §§ 861,421 BGB einen Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes. Seit Bezug seiner Wohnung war der Beklagte auch Besitzer der zugehörigen Terrassen– beziehungsweise Gartenfläche.
30Soweit sich die Beklagten darauf berufen, aufgrund des bestehenden Mietverhältnisses zum Besitz des Gartenteilstücks berechtigt zu sein, hat das Amtsgericht die Einwendungen zu Recht mit Verweis auf § 863 BGB zurückgewiesen. Einwendungen aus materiellem Recht sind gegenüber den Ansprüchen aus § 861 BGB grundsätzlich ausgeschlossen, um eine rasche Wiederherstellung des durch verbotene Eigenmacht beeinträchtigten Besitzstandes zu ermöglichen. Aus der Korrespondenz der Parteien zwischen dem 20.04.2012 und dem 15.06.2012 lässt sich klar nehmen, dass der Beklagte im Zeitpunkt seines Tätigwerdens sowohl Kenntnis von der ungeklärten Rechtslage bezogen auf das Teilgartenstück wie auch von der ausdrücklichen Ablehnung verändernder Maßnahmen durch den Kläger hatte. Nichtsdestotrotz änderte der Beklagte zu 2 eigenmächtig gegen den Willen des Klägers die Grenzziehung. Selbst wenn der Kläger seinerseits den Besitz im Wege der verbotenen Eigenmacht erlangt hätte – wovon die Kammer aus den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung nicht ausgeht – konnte der Beklagte zu 2 ein halbes Jahr später, nach Scheitern gerichtlicher Verfahren, umfänglicher Korrespondenz und ausdrücklichem Widerspruch der Klägerseite nicht davon ausgehen, zu einer Veränderung der Grenzziehung befugt zu sein. Ein Fall des § 859 BGB kommt schon in zeitlicher Hinsicht nicht in Betracht.
31Die Beklagten können auch im Wege der Widerklage nicht mit Erfolg eigene Besitzrechte an dem Teilgrundstück geltend machen.
32Zwar ist eine Widerklage gegenüber einer Besitzschutzklage auch zulässig, wenn sie auf eine nach § 863 BGB ausgeschlossene Einwendung gestützt wird (Palandt/Bassenge, 74. Auflage, § 863 BGB, Rn. 3). Die Widerklage ist auch nach § 533 ZPO zulässig, da sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrundezulegen hatte, und davon auszugehen ist kann, dass der Streit zwischen den Parteien auf diese Weise endgültig ausgeräumt werden kann.
33Die Widerklage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Beklagten haben gegen den Kläger keinen Anspruch auf Herausgabe des in der Anlage WK 1 grün eingezeichneten Teilgrundstücks E-Straße 51 in Köln. Unproblematisch stehen den Beklagten weder Eigentum noch ein Sondernutzungsrecht an dem streitgegenständlichen Gartenstück zu. Ausweislich des Schreibens vom 16.05.2013 gingen die Beklagten selber nicht davon aus, ein Sondernutzungsrecht an der Gartenfläche zu haben.
34Ein Recht auf Herausgabe des streitgegenständlichen Gartenteilstücks ergibt sich auch nicht aus einem einheitlichen Mietverhältnis der Beklagten betreffend die Wohnung Nr. 3.
35Zwar ist entgegen den Ausführungen der Kammer in der mündlichen Verhandlung am 12.12.2014 nicht bereits davon auszugehen, dass ein bestehendes Mietverhältnis bezogen auf das hier streitgegenständliche Gartenteilstück jedenfalls durch die in der mündlichen Verhandlung am 26.02.2013 vom Kläger und der Streithelferin ausgesprochene und an die Beklagten übergebende Kündigung beendet wurde. Es kann insoweit dahinstehen, ob und gegebenfalls mit welcher Beteiligung im Februar 2013 eine Bruchteilsgemeinschaft bestand. Im Rahmen des einheitlichen Mietverhältnisses über die Wohnung Nr. 3 sowie des Gartenteilstücks scheidet die isolierte Kündigung nur eines Teils des Gartenteilstücks A1–B–C–C1–A1 aus. Grundsätzlich kann der Kündigende immer nur das gesamte Mietverhältnis kündigen. Eine Teilkündigung bezogen auf nur einzelne Teile der Mietsache ist unwirksam (BGH NJW 2012, 224, 225, Rn. 11, Blank in Blank/Börstinghaus, 4. Auflage 2014, § 542 BGB, Rn. 96 mit weiteren Nachweisen). Ein Fall, in dem die Teilkündigung des Vermieters nach § 573 b BGB ausnahmsweise zulässig ist, liegt nicht vor. Vielmehr sollte ein Anteil von etwa 30% der Gartenteilfläche gekündigt werden. Dies ist im Rahmen eines Wohnungsmietverhältnisses nicht möglich. Aus den genannten Gründen konnte auch die Kündigung vom 04.10.2012 keine Wirkung entfalten.
36Dennoch können die Beklagten aus dem Mietverhältnis keinen Herausgabeanspruch mehr ableiten. Das einheitliche Mietverhältnis besteht nach der Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Beklagten zu 2) nicht mehr fort. Bezogen auf den Fortbestand des Mietverhältnisses der Beklagten an der Wohnung Nr. 3 hat die Kammer - in anderer Besetzung - in dem Parallelverfahren Landgericht Köln 10 S 58/14, in dem die Eigentümer der Wohnung Nr. 1, der das Sondernutzungsrecht am Garten zugeordnet wurde, die Herausgabe eines näher bezeichneten Teilstücks der Gartenfläche E-Straße 51 von den Beklagten verlangten und die WvM als Streitverkündete beteiligt war, wie folgt entschieden:
37„Wie das Amtsgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung ausgeführt hat, ist das Mietverhältnis zwar nicht bereits durch den lediglich als Option in der Vereinbarung vom 08.10.2010 enthaltenen Mietaufhebungsvertrag, wohl aber durch den Eigentumserwerb an der Wohnung insgesamt beendet worden. Auch die Kammer geht davon aus, dass das Mietverhältnis hierdurch insgesamt erloschen ist.
38Hinsichtlich des Beklagten zu 2) ergibt sich sein Ausscheiden aus dem Mietverhältnis schon aufgrund seines Eigentumserwerbs. Zwar liegt, unabhängig von der Frage der Bruchteilsgemeinschaft auf Vermieterseite, eine Konfusion im eigentlichen Sinn schon deshalb nicht vor, da das Mietverhältnis mit mehreren Mietern bestand, von denen nur einer das Eigentum erworben hat. Jedenfalls aber kann der Beklagte zu 2) nicht gleichzeitig Mieter und Vermieter der Wohnung sein und muss daher mit Erwerb des Eigentums aus dem Mietvertrag ausscheiden. Darüber hinaus ist das Mietverhältnis auch nicht hinsichtlich des Gartens als fortbestehend anzusehen. Schon der Grundsatz der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses steht einer Aufspaltung in einen Mietvertrag über die Wohnung und einen solchen über den Garten entgegen, zumal es sich bei dem Garten um einen untergeordneten Teil des Mietobjekts handelt, der den Beklagten lediglich nachträglich zur alleinigen Nutzung zugewiesen worden war.
39Ist aber das Mietverhältnis hinsichtlich des Beklagten zu 2) beendet, so kann es auch nicht allein mit der Beklagten zu 1) auf Mieterseite fortbestehen. Zunächst findet § 566 Abs. 1 BGB keine Anwendung auf den vorliegenden Fall. Hiergegen spricht schon der Wortlaut des § 566 Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift tritt der Erwerber in die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. Voraussetzung ist jedoch, dass der vermietete Wohnraum an einen Dritten veräußert wird. Der Begriff des Dritten wird hierbei gerade neben den Begriffen des Mieters und des Vermieters verwendet. Der Beklagte zu 2) war jedoch gerade nicht Dritter sondern selbst Mieter der Wohnung. Zudem geht auch die Kammer davon aus, dass die Annahme einer Fortsetzung des Mietverhältnisses lediglich der Beklagten zu 1) – sei es mit einer angenommen Bruchteilsgemeinschaft zwischen Klägern und Beklagtem zu 2) oder allein mit dem Beklagten zu 2) – dem Grundsatz der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses widersprechen würde. Dieser Grundsatz zeigt sich schon darin, dass ein Ausscheiden nur eines Mieters aus dem Mietverhältnis nur im Einvernehmen aller Parteien möglich ist, und eine Kündigung grundsätzlich einheitlich von bzw. gegenüber allen Mietern erklärt werden muss. Daneben wäre die Annahme eines weiter bestehenden Mietverhältnisses lediglich der Beklagten zu 1) aber auch praktisch kaum durchführbar. Schon im Hinblick auf die Frage, welcher Mietzins jetzt insgesamt geschuldet wäre, nachdem der Beklagte zu 2) als Vermieter die Wohnung selbst bewohnt, kommt eine so weitgehende ergänzende Vertragsauslegung nicht in Betracht. Schließlich kommt auch eine analoge Anwendung des § 563 a BGB, bei dem es sich gerade um eine Ausnahmevorschrift nur für den Fall des Todes eines Mitmieters handelt, nicht in Betracht. Das Mietverhältnis ist daher vielmehr insgesamt durch das Ausscheiden des Beklagten zu 2) erloschen.
40Dem steht auch, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, der Gedanke des Mieterschutzes jedenfalls im vorliegenden Fall nicht entgegen. So mag die Annahme einer automatischen Fortsetzung für den verbleibenden Mieter auch negative Auswirkungen haben, wenn ein weiterer Mitmieter wegfällt und der verbleibende Mieter insofern allein haftet, insbesondere im Hinblick auf die Zahlung des gesamten Mietzinses. Insbesondere aber dient schon das Vorkaufsrecht des Mieters aus § 577 BGB gerade dem Schutz vor einer Verdrängung im Zusammenhang mit der Umwandlung der Wohnung in Wohneigentum (BGH, Urteil v. 22.06.2007, V ZR 269/06, Rz. 9; Urteil v. 17.12.2008, VIII ZR 13/08 Rz. 17 – jeweils zitiert nach Juris). Nach § 472 BGB besteht aber bei mehreren Vorkaufsberechtigten gerade die Möglichkeit, dass einer von ihnen das Vorkaufsrecht im Ganzen ausübt. Jeder Mieter hat danach die Wahlmöglichkeit, das Vorkaufsrecht entweder selbst auszuüben oder aber bewusst darauf zu verzichten und die Beendigung des Mietverhältnisses in Kauf zu nehmen. Gerade im vorliegenden Fall hat die Beklagte zu 1) im Hinblick auf die weiter bestehende Möglichkeit der Nutzung der Wohnung nach dem Erwerb durch ihren Mann bewusst auf den Eigentumserwerb verzichtet. Die Notwendigkeit einer Berücksichtigung des Gedankens des Mieterschutzes besteht daher im vorliegenden Fall nicht.“
41Dieser Rechtsauffassung schließt sich die Kammer in ihrer aktuellen Besetzung an. Es ist für beide Beklagte davon auszugehen, dass das Mietverhältnis nach der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht mehr fortbesteht und den Beklagten auch unter keinem anderen rechtlichen Gesichtspunkt ein Besitzrecht an der streitgegenständlichen Fläche zusteht.
42Soweit die Beklagten in der Berufungsinstanz die Auffassung vertreten, der Kläger könne jedenfalls das Teilgartengrundstück zwischen der Mauer zum Rhein hin und der mit F1-F7 umschriebenen Garten bzw. Terrassenfläche des Klägers nicht beanspruchen, bedarf dies im Ergebnis keiner Entscheidung. Bezogen auf die Klage sind die Beklagten nach § 863 BGB mit Einwendungen ausgeschlossen. Mit ihrer Widerklage machen die Beklagten ausweislich der Anlage WK 1 (Bl. 201 der Akte) nicht die Herausgabe von Flächen geltend, die über den Umfang der Fläche F1 – F7 hinausgehen. Die grüne Markierung in der Anlage WK 1 zeigt klar, dass eine Fläche zwischen dem von den Beklagten verlangten Teilstück und der Begrenzungsmauer verbleibt. Die Herausgabe dieser Fläche verlangen die Beklagten gerade nicht.
43Im Übrigen bleibt festzuhalten, dass den Beklagten aus den oben genannten Gründen keinerlei mietvertragliche Ansprüche mehr bezüglich Teilstücken der Gartenfläche des Grundstücks E-Straße 51 zustehen, so dass das verbleibende Teilstück bis zur Mauer vom Kläger jedenfalls nicht an sie herauszugeben wäre.
44Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 101 Abs. 1, 708 Nr.10, 711 ZPO.
45Die Revision war zuzulassen nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Frage, wie sich die Ausübung des Vorkaufsrechts durch einen Mieter auf das Mietverhältnis des weiteren Mitmieters auswirkt, insbesondere im Hinblick auf die Anwendbarkeit von § 566 BGB und den Mieterschutz, ist bisher höchstrichterlich nicht entschieden worden.
46Streitwert für das Berufungsverfahren: 3.900 € (davon entfallen 3.000 € auf die Widerklage).
Urteilsbesprechung zu Landgericht Köln Urteil, 23. Jan. 2015 - 10 S 145/13
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Landgericht Köln Urteil, 23. Jan. 2015 - 10 S 145/13 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Wird der Besitz durch verbotene Eigenmacht dem Besitzer entzogen, so kann dieser die Wiedereinräumung des Besitzes von demjenigen verlangen, welcher ihm gegenüber fehlerhaft besitzt.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der entzogene Besitz dem gegenwärtigen Besitzer oder dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft war und in dem letzten Jahre vor der Entziehung erlangt worden ist.
(1) Der Besitzer darf sich verbotener Eigenmacht mit Gewalt erwehren.
(2) Wird eine bewegliche Sache dem Besitzer mittels verbotener Eigenmacht weggenommen, so darf er sie dem auf frischer Tat betroffenen oder verfolgten Täter mit Gewalt wieder abnehmen.
(3) Wird dem Besitzer eines Grundstücks der Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen, so darf er sofort nach der Entziehung sich des Besitzes durch Entsetzung des Täters wieder bemächtigen.
(4) Die gleichen Rechte stehen dem Besitzer gegen denjenigen zu, welcher nach § 858 Abs. 2 die Fehlerhaftigkeit des Besitzes gegen sich gelten lassen muss.
(1) Wird der Besitz durch verbotene Eigenmacht dem Besitzer entzogen, so kann dieser die Wiedereinräumung des Besitzes von demjenigen verlangen, welcher ihm gegenüber fehlerhaft besitzt.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der entzogene Besitz dem gegenwärtigen Besitzer oder dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft war und in dem letzten Jahre vor der Entziehung erlangt worden ist.
(1) Wird der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein.
(2) Erfüllt der Erwerber die Pflichten nicht, so haftet der Vermieter für den von dem Erwerber zu ersetzenden Schaden wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Erlangt der Mieter von dem Übergang des Eigentums durch Mitteilung des Vermieters Kenntnis, so wird der Vermieter von der Haftung befreit, wenn nicht der Mieter das Mietverhältnis zum ersten Termin kündigt, zu dem die Kündigung zulässig ist.
(1) Wird der Besitz durch verbotene Eigenmacht dem Besitzer entzogen, so kann dieser die Wiedereinräumung des Besitzes von demjenigen verlangen, welcher ihm gegenüber fehlerhaft besitzt.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der entzogene Besitz dem gegenwärtigen Besitzer oder dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft war und in dem letzten Jahre vor der Entziehung erlangt worden ist.
(1) Der Besitzer darf sich verbotener Eigenmacht mit Gewalt erwehren.
(2) Wird eine bewegliche Sache dem Besitzer mittels verbotener Eigenmacht weggenommen, so darf er sie dem auf frischer Tat betroffenen oder verfolgten Täter mit Gewalt wieder abnehmen.
(3) Wird dem Besitzer eines Grundstücks der Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen, so darf er sofort nach der Entziehung sich des Besitzes durch Entsetzung des Täters wieder bemächtigen.
(4) Die gleichen Rechte stehen dem Besitzer gegen denjenigen zu, welcher nach § 858 Abs. 2 die Fehlerhaftigkeit des Besitzes gegen sich gelten lassen muss.
Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn
- 1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und - 2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Wird der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein.
(2) Erfüllt der Erwerber die Pflichten nicht, so haftet der Vermieter für den von dem Erwerber zu ersetzenden Schaden wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Erlangt der Mieter von dem Übergang des Eigentums durch Mitteilung des Vermieters Kenntnis, so wird der Vermieter von der Haftung befreit, wenn nicht der Mieter das Mietverhältnis zum ersten Termin kündigt, zu dem die Kündigung zulässig ist.
(1) Werden vermietete Wohnräume, an denen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet worden ist oder begründet werden soll, an einen Dritten verkauft, so ist der Mieter zum Vorkauf berechtigt. Dies gilt nicht, wenn der Vermieter die Wohnräume an einen Familienangehörigen oder an einen Angehörigen seines Haushalts verkauft. Soweit sich nicht aus den nachfolgenden Absätzen etwas anderes ergibt, finden auf das Vorkaufsrecht die Vorschriften über den Vorkauf Anwendung.
(2) Die Mitteilung des Verkäufers oder des Dritten über den Inhalt des Kaufvertrags ist mit einer Unterrichtung des Mieters über sein Vorkaufsrecht zu verbinden.
(3) Die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgt durch schriftliche Erklärung des Mieters gegenüber dem Verkäufer.
(4) Stirbt der Mieter, so geht das Vorkaufsrecht auf diejenigen über, die in das Mietverhältnis nach § 563 Abs. 1 oder 2 eintreten.
(5) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger sind Mieter einer Wohnung, die sich in einem Mehrfamilienhaus befindet. Jahre nach der Anmietung wurde das Hausgrundstück von dem Sohn des Beklagten zu 1 gekauft, der im Januar 1999 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wurde. Im Folgenden wurde das Grundstück nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilt. Nachdem eine Gläubigerin die Anordnung der Zwangsverwaltung und der Zwangsversteigerung erwirkt hatte, veräußerte der Sohn mit Zustimmung der Gläubigerin u.a. die von den Klägern bewohnte Eigentumswohnung an den Beklagten zu 1, der am 10. März 2004 als Eigentümer eingetragen wurde. Mit notariellem Vertrag vom 4. Mai 2004 verkaufte der Beklagte zu 1 die Wohnung an die Beklagte zu 2, zu deren Gunsten eine Auflassungsvormerkung eingetragen wurde. Nachdem die Kläger mit Schreiben vom 16. Juni 2004 dem Beklagten zu 1 erklärt hatten, sie machten von ihrem Vorkaufsrecht nach § 577 BGB Gebrauch, kam es zwischen den Parteien zunächst zu einem einstweiligen Verfügungsverfahren, in dessen Verlauf den Be- klagten mit Berufungsurteil des Landgerichts vom 21. Dezember 2004 verboten wurde, die Eintragung der Beklagten zu 2 als Eigentümerin in das Grundbuch zu beantragen (bzw. einen bereits gestellten Eintragungsantrag aufrecht zu erhalten
).
- 2
- Das Amtsgericht hat die in der Hauptsache gegen beide Beklagte erhobene Unterlassungsklage mit dem Ziel der Verhinderung einer Eintragung der Beklagten zu 2 ebenso abgewiesen wie den weiteren Antrag, den Beklagten zu 1 zur Auflassung des Wohnungseigentums und zur Erteilung einer Löschungsbewilligung zu verurteilen. Die dagegen eingelegte Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Anträge weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Landgericht hat ein Vorkaufsrecht der Kläger mit der Begründung verneint, § 577 BGB erfasse nur den ersten Verkaufsfall nach der Umwandlung in Wohnungseigentum. Das gelte auch dann, wenn die Wohnung an einen Familienangehörigen oder an eine zum Hausstand gehörende Person mit der Folge verkauft werde, dass ein Vorkaufsrecht nicht zur Entstehung gelange. Eine Einschränkung der „Verfügungsbefugnis“ desjenigen, der privilegiert nach § 577 Abs. 1 Satz 2 BGB erworben habe, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Dass ein missbräuchlicher Verkauf an privilegierte Personen möglich sei, rechtfertige keine andere Beurteilung. Missbrauchsfällen sei mit der Anwendung von § 242 BGB zu begegnen. Ein Missbrauch lasse sich hier jedoch nicht feststellen.
II.
- 4
- Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
- 5
- 1. Die Rüge der Revision, das Berufungsurteil verfüge nicht über einen Tatbestand und sei deshalb aufzuheben, geht fehl. Das Berufungsgericht nimmt nach § 540 Abs. 1 ZPO zulässigerweise Bezug auf die Darstellung des Sachund Streitstands in dem erstinstanzlichen Urteil und gibt an, inwieweit die Klageanträge im Berufungsrechtszug modifiziert worden sind. Auch wenn die Berufungsanträge selbst nicht ausdrücklich wiedergegeben werden, wird damit jedenfalls im Zusammenhang mit den Erwägungen des Berufungsgerichts hinreichend deutlich, über welche Anträge entschieden worden ist. Das genügt (vgl. dazu nur Senatsurt. v. 6. Juni 2003, V ZR 392/02, NJW-RR 2003, 1290, 1291; BGH, Urt. v. 30. September 2003, VI ZR 438/02, NJW 2004, 293, 294; jeweils m.w.N.).
- 6
- 2. Auch in der Sache bleibt dem Rechtsmittel der Erfolg versagt.
- 7
- a) Erfüllungsansprüche gegen den Beklagten zu 1 nach §§ 433 Abs. 1 Satz 1, 464 Abs. 2 BGB bestehen nicht.
- 8
- aa) Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass der hier in Rede stehende zweite Verkauf nach der Umwandlung in Wohnungseigentum kein Vorkaufsrecht der Kläger begründet hat. Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass nur der erste Verkauf nach der Umwandlung geeignet ist, ein Vorkaufsrechts des Mieter nach § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB zu begründen, und dass dies selbst dann gilt, wenn die Entstehung des Vorkaufsrechts bei dem ersten Verkauf aufgrund gesetzlicher Regelungen - wie etwa bei einem "Verkauf" im Wege der Zwangsversteigerung (so § 471 BGB) - ausgeschlossen ist (BGHZ 167, 58, 61 ff.; vgl. auch BGHZ 141, 194, 198 ff.). Auf dieser Grundlage kann nichts anderes gelten, wenn der Erstverkauf nach § 577 Abs. 1 Satz 2 http://www.juris.de/jportal/portal/t/9gr/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE001800314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/9gr/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE003100314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 6 - BGB deshalb zu keinem Vorkaufsrecht geführt hat, weil es sich bei dem Käufer um einen Familien- oder Haushaltsangehörigen des Vermieters handelt.
- 9
- (1) Nach der verfassungsrechtlich unbedenklichen Einschätzung des Gesetzgebers realisiert sich bei der gebotenen typisierenden Betrachtung bei einem zweiten Verkauf nicht mehr die Gefahr der Verdrängung des Mieters aufgrund einer spekulativen Umwandlung von Wohnungen in Eigentumswohnungen , der mit der Regelung des § 577 BGB begegnet werden soll (vgl. BGHZ 167, 58, 61 f.). Ist eine durch die Umwandlung herbeigeführte gesteigerte Verdrängungsgefahr bei einem späteren Verkauf aber nicht mehr vorhanden, ist der mit einem Vorkaufsrecht einhergehende Eingriff in die Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit des Wohnungseigentümers (Art. 14 Abs. 1 GG) nicht mehr gerechtfertigt (BGHZ aaO, 62 f.). Rechtsmissbräuchen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass nur zur Ausschaltung des Vorkaufsrechts an eine nach § 577 Abs. 1 Satz 2 BGB privilegierte Person veräußert wird, kann im Einzelfall mit der Anwendung von § 242 BGB begegnet werden (vgl. auch Senat, BGHZ 115, 335, 340). Einer Ausweitung des Vorkaufsrechts auf weitere Verkaufsfälle nach der Umwandlung bedarf es hierzu nicht (vgl. BGHZ 141, 194, 200).
- 10
- Soweit die Revision geltend macht, der Privilegierungstatbestand des § 577 Abs. 1 Satz 2 BGB sei in Anlehnung an den auf ein berechtigtes Interesse abstellenden § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB geschaffen worden, gibt diese Überlegung allenfalls Anlass zur Klärung der Frage, ob § 577 Abs. 1 Satz 2 BGB teleologisch dahin zu reduzieren ist, dass der Ausschluss des Vorkaufsrechts nur eingreift, wenn dem Erwerber ein Nutzungsinteresse zur Seite steht (zu dieser Frage Staudinger/Rolfs, BGB, [2006], § 577 Rdn. 46 ff. m.w.N.). Das aber verhilft der Klage nicht zum Erfolg. Denn selbst die Bejahung der Frage führte lediglich dazu, dass der Vorkaufsfall bereits mit dem ersten - hier zwischen dem Beklagten zu 1 und dessen Sohn abgeschlossenen - Kaufvertrag eingetreten wäre. Insoweit ist aber weder ein Vorkaufsrecht ausgeübt worden noch sind etwaige Erfüllungsansprüche gegen den Sohn Gegenstand des Rechtsstreits.
- 11
- (2) Entgegen der Auffassung der Revision rechtfertigt auch der Umstand, dass der erste Verkauf der Wohnung nicht isoliert, sondern "en bloc" - zusammen mit weiteren Eigentumswohnungen - erfolgte, nicht die ausnahmsweise Zubilligung eines Vorkaufsrechts bei dem nachfolgenden Verkauf. Denn auch in solchen Fällen steht dem Mieter ein Vorkaufsrecht an der von ihm bewohnten Eigentumswohnung bereits aufgrund des ersten Verkaufsfalls zu (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 9. Aufl., § 577 BGB, Rdn. 50, m.w.N.; vgl. auch BGH, Urt. v. 15. Juni 2005, VIII ZR 271/04, NJW-RR 2005, 1534 f.). Dass bei dem gebündelten Verkauf mehrerer Wohnungen die Ermittlung des anteiligen Kaufpreises schwierig sein kann, rechtfertigt nicht die Annahme, dass das Vorkaufsrecht nur bei einem Einzelverkauf oder bei Angabe des auf die Wohnung entfallenden Teilkaufpreises gegeben wäre. Zum einen führte das von der Revision befürwortete Hinausschieben der Vorkaufsberechtigung auf künftige - und damit in der Regel ungewisse - Verkaufsfälle zu einer nicht akzeptablen Beschneidung des von § 577 BGB bezweckten Mieterschutzes, weil es auch der Erwerber bei einem Weiterverkauf in der Hand hätte, das Eingreifen der Vorschrift wiederum durch eine en-bloc-Veräußerung mit fehlender Teilkaufpreisbestimmung zu verhindern. Zum anderen kann den Schwierigkeiten des Mieters, den auf seine Wohnung entfallenden anteiligen Kaufpreis zu ermitteln oder zumindest einigermaßen zuverlässig abzuschätzen, bei einem Streit über die Höhe des zu zahlenden Kaufpreises über die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) Rechnung getragen werden (vgl. BGHZ 141, 194, 200). Dabei können Zweifel, die dem Mieter bei der Einschätzung des auf ihn entfallenden Kaufpreises bei seiner Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts innerhalb der Frist des § 469 Abs. 2 Satz 1 BGB (dazu Senat, BGHZ 168, 152, 156) berechtigterweise verblieben sind, im Einzelfall zu Lasten des Vermieters ausschlagen, weil dieser die die Ausübung des Vorkaufsrechts erschwerende Vertragsgestaltung zu verantworten hat.
- 12
- bb) Eine abweichende Beurteilung ist nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) geboten. Das Berufungsgericht hat ein auf Umgehung der Rechtsfolgen des § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB gerichtetes rechtsmissbräuchliches Zusammenwirken des Beklagten zu 1 mit seinem Sohn - insbesondere vor dem Hintergrund der angeordneten Zwangsverwaltung und der Abstimmung des Erstverkaufs mit der betreibenden Gläubigerin (zu diesem Aspekt BGHZ 141, 194, 202) - rechtsfehlerfrei verneint.
- 13
- cc) Allerdings rügt die Revision zu Recht, dass sich das Berufungsgericht zumindest nicht ausdrücklich mit dem an die Kläger gerichteten Schreiben des Beklagten zu 1 vom 11. Januar 2005 befasst hat. Nur führt auch dessen Berücksichtigung nicht zu einer den Klägern günstigen Beurteilung. Entgegen der Auffassung der Kläger kann dem Schreiben nämlich nicht entnommen werden, der Beklagte zu 1 habe bindend erklärt, dass die Kläger wirksam das Vorkaufsrecht ausgeübt hätten und zwischen ihnen und dem Beklagten zu 1 ein Kaufvertrag zustande gekommen sei. Nach dem Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils, auf das das Berufungsurteil Bezug nimmt, hat der Beklagte zu 1 mit seinem Schreiben das in dem Verfügungsrechtsstreit ergangene Berufungsurteil anerkannt. Seine Erklärung bezog sich damit bei verständiger Würdigung allein auf den zuerkannten Unterlassungsanspruch, mithin auf ein Recht, dem ersichtlich nur die dienende Funktion zukommt sicherzustellen, dass Erfüllungsansprüche bis zur Abklärung ihres Bestehens nicht vereitelt werden. Nur insoweit wollte der Beklagte zu 1 den Klägern entgegen kommen und die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens entbehrlich machen. Zu dem Bestehen von Erfüllungsansprüchen und zu der vorgreiflichen Frage, ob den Klägern ein Vorkaufsrecht zur Seite steht, verhält sich das Schreiben nicht. Die Revision verweist auf kein tatsächliches Vorbringen, auf dessen Grundlage dem Schreiben ein wei- tergehender Gehalt beigelegt werden könnte. Davon abgesehen zeigt die Revision auch keinen Parteivortrag auf, aus dem sich ergibt, dass die Kläger die außerprozessuale Erklärung des Beklagten zu 1 - zumal innerhalb der Frist des § 147 Abs. 2 BGB - angenommen haben. Im Gegenteil, die Kläger haben Klage in der Hauptsache erhoben, was der Beklagte zu 1 mit seinem "Anerkenntnis" gerade hatte vermeiden wollen.
- 14
- b) Auch im Übrigen bleibt der Klage der Erfolg versagt.
- 15
- aa) Die gegen beide Beklagten erhobene Unterlassungsklage ist zulässig , auch soweit sie sich gegen den Beklagten zu 1 richtet. Zwar können die Parteien durch Prozessvertrag die Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren zu einer endgültigen machen (vgl. nur Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 926 Rdn. 4 m.w.N.). Daran fehlt es hier indessen schon deshalb, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Kläger die Erklärung des Beklagten zu 1 vom 11. Januar 2005 angenommen haben (zu diesem Erfordernis BGH, Urt. v. 4. Mai 2005, I ZR 127/02, NJW 2005, 2550, 2552; vgl. auch Urt. v. 5. Dezember 1980, I ZR 179/78, NJW 1981, 1955).
- 16
- bb) Die Unterlassungsklage ist jedoch unbegründet, weil für "dienende Unterlassungsansprüche" der in Rede stehenden Art kein Raum mehr bleibt, wenn - wie hier - feststeht, dass Erfüllungsansprüche nicht bestehen.
III.
- 17
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Hannover, Entscheidung vom 20.02.2006 - 547 C 15625/05 -
LG Hannover, Entscheidung vom 17.11.2006 - 16 S 20/06 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Beklagten mieteten mit Vertrag vom 2./8. April 1998 von der G. GbR (im Folgenden: Schuldnerin) eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in D. . Mit Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 19. Januar 2004 wurde auf Antrag der B. bank AG (im Folgenden: Gläubigerin) die Zwangsverwaltung über das Grundstück angeordnet und der Kläger zum Zwangsverwalter bestellt.
- 2
- Die Schuldnerin bildete mit notarieller Teilungserklärung vom 30. Juni 2004 insgesamt neun Einheiten Wohnungseigentum und Teileigentum an dem Grundstück. Sie verkaufte die von den Beklagten gemietete, im Aufteilungsplan mit Nr. 5 bezeichnete Wohnung mit notariellem Vertrag vom selben Tag zu- sammen mit drei weiteren Eigentumswohnungen zu einem Gesamtpreis von 314.000,-- € an einen Dritten. Diese Wohnungen sind ebenso wie die weiteren Eigentumseinheiten jeweils mit Grundschulden der Gläubigerin in Höhe von 1.022.583,76 € nebst Zinsen sowie der Sparkasse Bad S. in Höhe von 511.291,88 € nebst Zinsen belastet. Die Beklagten übten mit Schreiben vom 25. Juli 2005 - ebenso wie die Mieter der drei anderen Eigentumswohnungen - gegenüber der Schuldnerin ihr Vorkaufsrecht nach § 577 BGB aus. Die Gläubigerin wies den Notar der Beurkundungen vom 30. Juni 2004 mit Schreiben vom 14. September 2005 darauf hin, sie habe wegen des damit zusätzlich verbundenen Aufwands keinerlei Interesse an einer Einzelverwertung der Wohnungen; da die Aufteilung der Immobilie in Wohneigentum ohne ihr Wissen erfolgt sei, sei die Aufteilung im Falle der Unmöglichkeit der Abwicklung der geschlossenen Kaufverträge - verursacht durch das geltend gemachte Vorkaufsrecht einiger Mieter - rückgängig zu machen, damit die Immobilie anschließend insgesamt veräußert bzw. versteigert werden könne. Den Beklagten und den Mietern der drei anderen Wohnungen teilte die Gläubigerin mit Schreiben vom 6. Oktober 2005 mit, es hänge vom Kaufpreis (für das Gesamtobjekt) ab, ob sie die Löschungsbewilligung für die Grundschulden erteilen werde, und stellte ihnen anheim , ein Kaufangebot für sämtliche Wohnungen zu unterbreiten, das sie an die Schuldnerin weiterleiten werde; sie habe aber keinen Einfluss darauf, mit wem die Schuldnerin einen Kaufvertrag schließe.
- 3
- Die Beklagten forderten die Schuldnerin mit Schreiben vom 7. November 2005 auf, bis zum 25. November 2005 ihre Bereitschaft zu erklären, an der Erfüllung des durch Ausübung des Vorkaufsrechts mit ihnen zustande gekommenen Kaufvertrags mitzuwirken; die Schuldnerin gab keine entsprechende Erklärung ab. Seit Dezember 2005 zahlen die Beklagten die monatliche Grundmiete nicht mehr an den Kläger. Sie berufen sich darauf, dass ihnen gegenüber dem Kläger ein Zurückbehaltungsrecht an der Miete zustehe, bis der Kaufvertrag mit ihnen seitens der Schuldnerin erfüllt werde.
- 4
- Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der Grundmiete für die Monate Dezember 2005 bis April 2006 abzüglich eines Guthabens der Beklagten aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2004. Die der Höhe nach unstreitige Klageforderung beläuft sich auf 3.632,18 € nebst Zinsen. Die Beklagten haben erklärt, dass sie den Zahlungsanspruch Zug um Zug gegen Verschaffung des Eigentums an der von ihnen gemieteten Wohnung anerkennen, und haben widerklagend beantragt, den Kläger zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 3.632,18 € nebst Zinsen zu zahlen. Das Amtsgericht hat der Klage - ohne Einschränkung durch die von den Beklagten erstrebte Zug-um-Zug-Verurteilung - stattgegeben und hat die Widerklage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten, mit der diese Klageabweisung beantragt und ihre Widerklage nur noch hilfsweise verfolgt haben, zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der diese ihre Anträge aus dem zweiten Rechtszug weiterverfolgen.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
- 7
- Das Amtsgericht habe zu Recht der Zahlungsklage uneingeschränkt stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Gegenüber dem nach Grund und Höhe unstreitigen Mietzinsanspruch des Klägers als Zwangsverwalter könnten sich die Beklagten nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB berufen. Der fällige Anspruch der Beklagten auf Eigentumsverschaffung aufgrund des wirksam ausgeübten Vorkaufsrechts richte sich gegen die Zwangsverwaltungsschuldnerin. Der Kläger als Zwangsverwalter könne diesen Anspruch nicht erfüllen. Ihm obliege nur die Verwaltungsbefugnis über das zwangsverwaltete Objekt, das er in seinem wirtschaftlichen Bestand erhalten müsse, über das er aber nicht verfügen dürfe. Sei dem Zwangsverwalter daher die Erfüllung des Eigentumsverschaffungsanspruchs unmöglich, so könne ihm bezüglich der Verwaltungsbefugnis zur Einziehung der Mieten ein sich aus dem Eigentumsverschaffungsanspruch ergebendes Zurückbehaltungsrecht nicht entgegengehalten werden; es fehle an der Gegenseitigkeit. Im Übrigen würde die Annahme eines Zurückbehaltungsrechtes dazu führen, dass das Zwangsverwaltungsverfahren blockiert werden könnte, da der Zwangsverwalter keine Möglichkeit hätte, das Zurückbehaltungsrecht abzuwenden.
- 8
- Dem stehe auch nicht die gesetzliche Wertung des § 152 Abs. 2 ZVG entgegen. Zwar seien nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Erfüllungspflichten des Zwangsverwalters aus dem Mietverhältnis nicht auf die mit der Gebrauchsgewährungspflicht unmittelbar zusammenhängenden Pflichten begrenzt, sondern umfassten auch die Pflichten aus einer Kautionsabrede. Ausschlaggebend für die Pflicht des Zwangsverwalters zur Kautionsrückzahlung sei aber der besondere Charakter der treuhänderischen Kautionsabrede. Der sich daraus ergebenden besonderen Schutzbedürftigkeit des Mieters habe der Gesetzgeber bei der Neuregelung des § 566 BGB Rechnung getragen. Unter dem Gesichtspunkt des Mieterschutzes sei die hier dem Zwangsverwalter entgegengehaltene Eigentumsverschaffungspflicht aufgrund des gesetzlichen Vorkaufsrechts nicht mit der Rückgabepflicht aus der Kautionsabrede vergleichbar. Der von den Beklagten geltend gemachte Gegenanspruch ziele auf eine dingliche Verfügung über die zwangsverwaltete Mietsache, mit der die Beklagten gerade ihre Stellung als schutzwürdige Mieter aufgeben wollten.
- 9
- Der hilfsweise geltend gemachte Widerklageantrag der Beklagten auf Verzugsschadensersatz in Höhe der zuerkannten Miete sei nicht begründet. Wie auch von den Beklagten nicht in Abrede gestellt werde, sei der Kläger als Zwangsverwalter nicht Schuldner des Anspruchs auf Eigentumsverschaffung an der Wohnung. Daraus folge, dass der Kläger auch nicht passiv legitimiert sei für einen Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens wegen Nichterfüllung des fälligen Eigentumsverschaffungsanspruchs.
II.
- 10
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Dem Kläger steht der nach Grund und Höhe unstreitige Anspruch auf Zahlung der Mietrückstände für die Monate Dezember 2005 bis April 2006 zu (§ 535 Abs. 2 BGB, § 152 ZVG). Ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten gegenüber dem Anspruch des Klägers besteht aufgrund des von den Beklagten ausgeübten Vorkaufsrechts ebenso wenig wie der mit der Hilfswiderklage gegenüber dem Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch.
- 11
- 1. Die Beklagten sind aufgrund der Ausübung des ihnen zustehenden Vorkaufsrechts (§ 577 Abs. 1 BGB) in den zwischen der Schuldnerin und dem Dritten geschlossenen Kaufvertrag über die in Wohnungseigentum umgewandelte Mietwohnung eingetreten (§ 464 Abs. 2 BGB). Ihnen steht damit aus diesem Kaufvertrag ein Anspruch auf Verschaffung des Eigentums an der Mietwohnung zu (§ 433 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dieser Anspruch richtet sich aber, wie auch die Beklagten nicht verkennen, nicht gegen den Kläger, sondern gegen die Schuldnerin. Der Kläger ist nicht Partei des Kaufvertrages und aufgrund seiner Stellung als Zwangsverwalter auch nicht befugt, über das Eigentum an der Mietwohnung zu verfügen. Durch die Beschlagnahme des Grundstücks nach § 148 Abs. 2 ZVG findet kein Eigentumswechsel und kein Rechtsübergang auf den Zwangsverwalter statt, sondern dem Eigentümer wird lediglich die Verwaltung und die Benutzung des Grundstücks entzogen (Senatsurteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 330/03, WuM 2005, 460, Tz. 12). Dem Verwalter steht dementsprechend nur die Befugnis zur laufenden Verwaltung des Grundstücks zu (§ 152 Abs. 1 ZVG). Die Verfügungsbefugnis verbleibt dagegen auch nach angeordneter Zwangsverwaltung bei dem Zwangsverwaltungsschuldner (Haarmeyer /Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 4. Aufl., § 148 Rdnr. 3 f.; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 152 Rdnr. 4.3), hier der Schuldnerin, allerdings beschränkt durch das mit der Beschlagnahme verbundene relative Veräußerungsverbot , das im Verhältnis zu dem die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubiger besteht (§ 146 Abs. 1, § 20 Abs. 1, § 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG, §§ 135, 136 BGB). Der Zwangsverwalter kann daher weder die Auflassung erklären noch die Grundbucheintragung einer Verfügung über das Grundstück beantragen oder bewilligen (Stöber, aaO). Das wird auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen.
- 12
- 2. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Mieter dem Anspruch des Vermieters auf Zahlung der Miete ein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB wegen eines Auflassungsanspruchs aus einem Kaufvertrag über die Mietwohnung entgegenhalten kann. Den Beklagten steht, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, jedenfalls gegenüber dem Kläger das geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht wegen ihres gegen die Schuldnerin gerichteten Auflassungsanspruchs nicht zu. Da dieser Anspruch, wie ausgeführt, nicht gegenüber dem Kläger besteht, fehlt es bereits an der nach § 273 BGB für ein Zurückbehaltungsrecht erforderlichen Gegenseitigkeit der Ansprüche des Klägers und der Beklagten. Aus diesem Grund kann auch die prozessuale Rechtsfolge eines geltend gemachten Zurückbehaltungsrechts nicht eingreifen. Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts führt zu einer Verurteilung Zug um Zug gegen Erfüllung des einredeweise geltend gemachten Gegenanspruchs (§ 274 Abs. 1 BGB). Eine solche Verurteilung, wie sie die Beklagten mit ihrer Erklärung, dass sie den Zahlungsanspruch Zug um Zug gegen Verschaffung des Eigentums an der von ihnen gemieteten Wohnung anerkennen, zunächst erstrebt haben, kann nicht ausgesprochen werden, weil der Kläger nicht Schuldner dieses Anspruchs ist; das von den Beklagten im ersten Rechtszug erklärte "Anerkenntnis" ging daher ins Leere. Dagegen bringt die Revision nichts vor. Sie meint jedoch, trotz fehlender Gegenseitigkeit der beiderseitigen Ansprüche ergebe sich aus § 152 Abs. 2 ZVG und § 577 BGB, dass der Kläger als Zwangsverwalter den Kaufvertrag , in den die Beklagten eingetreten sind, gegen sich gelten lassen müsse und daher den Beklagten gegenüber dem Kläger ein Zurückbehaltungsrecht wegen ihres gegen die Schuldnerin gerichteten Anspruchs auf Eigentumsverschaffung zustehe. Dies trifft nicht zu.
- 13
- a) Nach § 152 Abs. 2 ZVG ist ein vor der Beschlagnahme geschlossener Mietvertrag auch dem Verwalter gegenüber wirksam. Die Vorschrift bezieht sich schon ihrem Wortlaut nach nur auf den vor Anordnung der Zwangsverwaltung geschlossenen Mietvertrag der Beklagten, nicht aber auf den nach der Beschlagnahme zustande gekommenen Kaufvertrag über die Mietwohnung zwischen der Schuldnerin und dem Dritten, in den die Beklagten durch Ausübung ihres Vorkaufsrechts eingetreten sind.
- 14
- Auch aus dem Schutzzweck der Vorschrift und der von den Beklagten herangezogenen Senatsrechtsprechung zur Geltung einer mietvertraglichen Kautionsabrede gegenüber dem Zwangsverwalter (Senatsurteile vom 9. März 2005, aaO, und vom 16. Juli 2003 - VIII ZR 11/03, NJW 2003, 3342) ergibt sich nicht, dass die Beklagten dem Anspruch des Klägers auf Zahlung der Miete ihren Anspruch gegen die Schuldnerin auf Verschaffung des Eigentums an der Mietwohnung einredeweise entgegenhalten könnten. Nach der gesetzlichen Wertung des § 152 Abs. 2 ZVG soll der Mieter nicht dadurch schlechter gestellt werden, dass das vermietete Grundstück beschlagnahmt und die Zwangsvollstreckung angeordnet wird (Senatsurteil vom 9. März 2005, aaO, unter II 3 d). Daraus hat der Senat hergeleitet, dass der Zwangsverwalter in alle Rechte und Pflichten des Vermieters "aus dem bestehendem Mietverhältnis" eintritt (aaO, unter II 3 b; Senatsurteil vom 16. Juli 2003, aaO, unter II 2) mit der Folge, dass die Verwaltungs- und Erfüllungspflicht des Zwangsverwalters auch eine Kautionsabrede "als Bestandteil des Mietverhältnisses" einschließt (Senatsurteil vom 16. Juli 2003, aaO; Senatsurteil vom 9. März 2005, aaO, unter II 3 c). Daraus ist entgegen der Auffassung der Revision nicht herzuleiten, dass der Mieter dem Zwangsverwalter auch die Rechte aus einem mit dem Zwangsverwaltungsschuldner zustande gekommenen Kaufvertrag über die Mietwohnung entgegenhalten kann.
- 15
- Der Schutzzweck des § 152 Abs. 2 ZVG erfasst - dem Wortlaut der Vorschrift entsprechend - nur die Rechte und Pflichten des Mieters aus dem Mietverhältnis , nicht dagegen die Ansprüche aus einem Kaufvertrag über die Mietwohnung. Denn ein solcher Kaufvertrag ist - anders als die zur Sicherung mietvertraglicher Ansprüche des Vermieters getroffene Kautionsabrede - nicht Bestandteil des Mietverhältnisses, in dem der Mieter des besonderen Schutzes in der Zwangsverwaltung bedarf. § 152 Abs. 2 ZVG gewährt deshalb dem Mieter keinen Schutz, soweit der Mieter Ansprüche aus einem Kaufvertrag über die Mietwohnung durchsetzen und damit, worauf das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat, seine Stellung als Mieter aufgeben will. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kaufvertrag über die Mietwohnung durch unmittelbare Vereinbarung zwischen dem Mieter und dem Zwangsverwaltungsschuldner oder - wie hier - durch Ausübung des dem Mieter zustehenden Vorkaufsrechts aus § 577 BGB zustande kommt. Der Schutzzweck des § 152 Abs. 2 ZVG geht nicht so weit, dass dem Mieter mit dieser Bestimmung gegenüber dem Anspruch des Zwangsverwalters auf Zahlung der Miete ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Erfüllung des Kaufvertrags durch den Zwangsverwaltungsschuldner in die Hand gegeben werden soll, damit der Mieter auf diese Weise Druck auf den Zwangsverwaltungsgläubiger ausüben kann, dass dieser die für die Erfüllung des Kaufvertrags erforderlichen Voraussetzungen - Einstellung der Zwangsvollstreckung und Freistellung des Kaufobjekts von Grundpfandrechten - schafft.
- 16
- Für das Verhältnis zwischen Mieter und Zwangsverwalter ist der Abschluss des Kaufvertrages zwischen dem Mieter und dem Zwangsverwaltungsschuldner daher (zunächst) ohne Bedeutung. Erst wenn der Kaufvertrag vom Schuldner im Zusammenwirken mit dem die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubiger erfüllt wird und der Mieter damit Eigentum an der Mietwohnung erwirbt , so dass der Anspruch auf Zahlung der Miete durch Konfusion erlischt, müssen der Zwangsverwalter und der Gläubiger dies gegen sich gelten lassen.
- 17
- b) Auch aus § 577 BGB ist entgegen der Auffassung der Revision nicht herzuleiten, dass dem Mieter nach Ausübung des Vorkaufsrechts wegen seines Eigentumsverschaffungsanspruchs gegen den Verkäufer ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Anspruch des Zwangsverwalters auf Zahlung der Miete zusteht. Das Vorkaufsrecht nach § 577 BGB dient dem Schutz des Mieters vor einer Verdrängung im Zusammenhang mit der Umwandlung der Wohnung in Wohnungseigentum (BT-Drs. 12/3013, S. 18; BT-Drs. 12/3254, S. 40; Senatsurteil vom 29. März 2006 - VIII ZR 250/05, NJW 2006, 1869, Tz. 16; Senatsurteil vom 28. Mai 2008 - VIII ZR 126/07, NJW 2008, 2257, Tz. 8). Die Vorschrift richtet sich damit gegen den Vermieter, der die Mietwohnung in eine Eigentumswohnung umwandelt und verkauft, und gegen den Dritterwerber, nicht aber gegen den Zwangsverwalter und den Zwangsverwaltungsgläubiger, die nicht die Befugnisse des Eigentümers zur Umwandlung und zum Verkauf der Mietwohnung haben.
- 18
- Davon abgesehen bezweckt § 577 BGB auch nicht, den Mieter, der eine in Wohnungseigentum umgewandelte Mietwohnung durch Ausübung des Vorkaufsrechts kauft, etwa besser zu stellen als den Mieter, der eine solche Wohnung in der Zwangsverwaltung - unabhängig vom Vorkaufsrecht - durch unmittelbare Vereinbarung vom Vermieter kauft. Aus § 577 BGB ergibt sich ebenso wie aus § 152 Abs. 2 ZVG keine sachliche Rechtfertigung dafür, dass die Rechte des Mieters in der Zwangsverwaltung weiter gehen sollen, wenn der Mieter die Mietwohnung durch Ausübung des Vorkaufsrechts kauft, als sie gehen, wenn der Kaufvertrag durch unmittelbare Vereinbarung mit dem Vermieter zustande kommt. Ball Dr. Wolst Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Achilles
AG Dresden, Entscheidung vom 10.01.2007 - 141 C 3153/06 -
LG Dresden, Entscheidung vom 14.12.2007 - 4 S 63/07 -
Steht das Vorkaufsrecht mehreren gemeinschaftlich zu, so kann es nur im Ganzen ausgeübt werden. Ist es für einen der Berechtigten erloschen oder übt einer von ihnen sein Recht nicht aus, so sind die übrigen berechtigt, das Vorkaufsrecht im Ganzen auszuüben.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.
(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.
(1) Wird der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein.
(2) Erfüllt der Erwerber die Pflichten nicht, so haftet der Vermieter für den von dem Erwerber zu ersetzenden Schaden wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Erlangt der Mieter von dem Übergang des Eigentums durch Mitteilung des Vermieters Kenntnis, so wird der Vermieter von der Haftung befreit, wenn nicht der Mieter das Mietverhältnis zum ersten Termin kündigt, zu dem die Kündigung zulässig ist.