Landgericht Köln Urteil, 30. Sept. 2015 - 28 O 7/14
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Geldentschädigung in Höhe von 335.000,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6.8.2010 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.127,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6.8.2010 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.237,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.1.2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 78% und die Beklagte zu 22%.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
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Tatbestand
2Der Kläger ist ein ehemaliger Fernsehmoderator und betrieb bis zu seinem Ausscheiden im Herbst 2013 das von ihm gegründete Unternehmen N2, produzierte und moderierte u.a. die Sendung „Das Wetter im Ersten“ und bewarb verschiedene Produkte wie u.a. „Actimel“ und Unternehmen wie Mercedes-Benz, N und Bank24. Ferner wurde der Kläger regelmäßig für Vortragsveranstaltungen von Unternehmen und Verbänden gebucht. Bis zur Berichterstattung über das gegen ihn gerichtete Ermittlungsverfahren war sein Privatleben nicht in der Öffentlichkeit bekannt.
3Die Beklagte verlegt die bundesweiten Tageszeitungen „BILD“, „BILD am Sonntag“, die auflagenstärkste Sonntagszeitung Deutschlands, „Welt“ und das „Hamburger Abendblatt“ und betreibt zudem die Internetseiten www.welt.de, die jährlich 8,56 Millionen Nutzer und 38.917.873 „Visits“ aufweist, und www.abendblatt.de.
4Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen den Kläger wegen des Verdachts der Vergewaltigung in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Ihm wurde vorgeworfen, am 9.2.2010 seine damalige Freundin zum Geschlechtsverkehr gezwungen zu haben. Vom 20.3.2010 bis zum 29.7.2010 befand der Kläger sich in Untersuchungshaft. Mit Urteil vom 31.5.2011 wurde der Kläger freigesprochen. Er veröffentlichte im Jahre 2012 ein Buch unter dem Titel „Y“.
5Der Kläger forderte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 19.7.2010 erfolglos zur Zahlung einer Geldentschädigung i.H.v. 750.000,- EUR auf.
6Der Kläger ist der Auffassung, dass es sich bei der trotz bestehender gerichtlicher Verbote fortgesetzten, hartnäckigen und kollusiv mit anderen Medien betriebenen Pressekampagne der Beklagten um keine neutrale und objektive Begleitung eines Strafprozesses gegen eine prominente Person gehandelt habe, sondern sie sich vielmehr unter Ausnutzung ihrer finanziellen Übermacht gezielt gegen die Grundlagen seiner Persönlichkeit gerichtet habe. Gegenstand der stigmatisierenden, vorverurteilenden und oftmals schlicht falschen Berichterstattung der Beklagten, die teilweise mehrmals täglich erfolgt sei, sei immer wieder sein Privat- und Intimleben gewesen, obwohl die Öffentlichkeit von weiten Teilen der Hauptverhandlung, insbesondere der Vernehmungen der ehemaligen Freundinnen, ausgeschlossen worden sei. Zudem habe die Beklagte den privaten und teilweise intimen Kommunikationsverkehr veröffentlicht und hierdurch seine Geheimsphäre verletzt. Ferner habe sie immer wieder durch Nachstellungen und Belästigungen sein Recht am eigenen Bild verletzt.
7Die Beklagte habe maßgeblich über einen sehr langen Zeitraum durch eine Vielzahl von Berichterstattungen eine beispiellose Pressekampagne betrieben und das Gebot einer unparteiischen Darstellung in drastischer Weise verletzt. Sie habe entgegen der Unschuldsvermutung vor- und nachverurteilend unter Verwendung eines Täter-/Opfer-Schemas über ihn berichtet. Durch die vorverurteilende und grenzüberschreitende Berichterstattung habe die Beklagte ihn an den Pranger gestellt, einen Schauprozess gestaltet und das Strafverfahren beeinflusst. Er ist zudem der Meinung, dass seine Beziehungen zu anderen Frauen für den Vergewaltigungsvorwurf mangels Anwesenheit derselben in der vermeintlichen Tatnacht irrelevant gewesen seien, so dass die Analyse seiner Beziehungen entgegen der Meinung der Beklagten nicht unabdingbare Voraussetzung für die Aufklärung des Tatvorwurfs gewesen sei.
8Zudem habe die Beklagte auf seine Kosten unter planmäßigem Zusammenwirken mit anderen Medien – teilweise werbend für diese - in Schädigungsabsicht und in Kenntnis der Rechtswidrigkeit Umsätze in Millionenhöhe durch systematische, wiederholte, zeitnahe und kommerzielle Ausbeutung seiner Person, seines Intimlebens und seines hohen Marktwerts über einen extrem langen Zeitraum erwirtschaftet. Hierdurch seien alle objektiven und subjektiven Merkmale einer Pressekampagne verwirklicht worden, weshalb die Schuld der Beklagten besonders schwer wiege.
9Ferner handele sich bei den beanstandeten Berichterstattungen um gleichartige Verletzungshandlungen, von denen eine Vielzahl jeweils erst begangen worden sei, nachdem der Beklagten eine vergleichbare Handlung bereits gerichtlich untersagt worden sei. Verlässlichere Anhaltspunkte für die Unzulässigkeit einer bestimmten Berichterstattung als ein gerichtliches Verbot seien kaum vorstellbar. Außerdem hätten die Veröffentlichungen der Beklagten, die zudem als erste über seine Verhaftung berichtet habe, den Kreis der Rezipienten erheblich vergrößert und seien Anlass für andere Medien gewesen, die mitgeteilten Inhalte aufzugreifen und weiter zu verbreiten. Diese Ausstrahlungswirkung müsse sich die Beklagte zurechnen lassen. Diese stimmungsmachende und abwertende Berichterstattung hätte sein Bild in der Öffentlichkeit so nachhaltig und massiv beeinträchtigt, dass auch der spätere Freispruch diesen Makel nicht mehr habe beseitigen können.
10Zudem sei im Stadium der Untersuchung des Vorwurfs einer Sexualstraftat aufgrund der Unschuldsvermutung davon auszugehen, dass es keine gewalttätigen Übergriffe in die sexuelle Selbstbestimmung und die körperliche Unversehrtheit einer anderen Person gegeben habe. Wenn es einen solchen Übergriff jedoch nicht gegeben habe, existiere auch keinerlei Rechtfertigung dafür, den Betroffenen mit Blick auf eine Berichterstattung über die Untersuchung des Tatvorwurfs die Berufung auf die Intimsphäre zu versagen. Es bestehe in diesem Stadium keinerlei Interesse der Öffentlichkeit, zum Zwecke der Prävention oder aus Mitgefühl mit den Betroffenen über Hintergründe informiert zu werden. Zudem berge eine Berichterstattung über Details aus dem Intimleben des Betroffenen anlässlich der bloßen Untersuchung eines Strafvorwurfs maximales Schädigungspotenzial für den Betroffenen. Es sei schon nicht ersichtlich, aus welchem Grunde überhaupt ein anerkennenswertes Interesse der Öffentlichkeit daran bestehen solle, über Einzelheiten eines laufenden Strafverfahrens informiert zu werden, da es ausreichend sei, der Öffentlichkeit lediglich das Ergebnis eines solchen Verfahrens mitzuteilen. Zumindest aber müsse ein etwaiges Informationsinteresse der Öffentlichkeit an Einzelheiten aus einem laufenden Strafverfahren dort seine Grenzen, wo eine Stigmatisierung des Angeklagten drohe.
11Insbesondere habe die Beklagte:
12I. vorverurteilend über ihn berichtet:
131.a. „L ab und zu wirklich nicht zurechnungsfähig“ vom 31.7.2010 auf www.abendblatt.de (Anlage K 16);
141.b. „L droht angeblich weiteres Verfahren“ vom 31.7.2010 auf www.welt.de (Anlage K 17);
151.c. „Neuer Ärger in der Freiheit“ vom 1.8.2010 auf www.welt.de (Anlage K 18):
16Die Beklagte habe, ausgerechnet kurz nachdem er aus der Untersuchungshaft entlassen worden war, von angeblichen, neuen Vorwürfen gegen ihn berichtet, derentwegen angeblich die Staatsanwaltschaft Mannheim in einem weiteren Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung ermittele. Die Berichterstattung begründe die gesteigerte Gefahr der Vorverurteilung als frauenverachtender, gewaltbereiter Mensch. Ferner habe keine zulässige Verdachtsberichterstattung vorgelegen, weil es bereits an dem erforderlichen Mindestbestand an Beweistatsachen gefehlt habe.
172. „Plötzlich macht Ls Handy neue Aussage“ vom 5.12.2010 in der „Welt am Sonntag“ (Anlage K 23):
18Der Kläger ist der Auffassung, dass es sich um eine unzulässige Verdachtsberichterstattung handele, da es am Mindestbestand an Beweistatsachen fehle, weil lediglich ein Aktenvermerk über ein Telefonat vorliege, und die Berichterstattung vorverurteilend sei.
193. „L und die gefährliche Zeugin“ vom 6.3.2011 in der „Bild am Sonntag“ (Anlage K 26):
20Der Kläger ist der Auffassung, dass der Beitrag vorverurteilend und stigmatisierend sei. Ferner enthalte er vermeintliche Details aus seiner Intimsphäre, namentlich seines Liebes- und Sexuallebens. Ferner beruhe der Beitrag auf einer angeblichen Aussage einer Zeugin im Strafverfahren, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit in der Schweiz angehört worden sei.
214. „Ls Anwalt wettert gegen unliebsame Zeuginnen“ vom 25.3.2011 in der „Bild“ (Anlage K 28):
22Der Kläger ist der Auffassung, dass dieser Artikel vorverurteilend, falsch und stigmatisierend sei. Zudem sei es - unwidersprochen – unzutreffend, dass er während der Verhandlung mit seinem ipad gespielt habe. Diese Falschbehauptung ziele darauf ab, den Kläger in der Öffentlichkeit verächtlich zu machen als eine Person, die den gegen sie geführten Strafprozess und das Gericht nicht ernst nehme und sich aus Langeweile die Zeit mit Spielen vertreibe. Durch die betreffenden Beiträge sei ein völlig unzutreffendes Bild von ihm gezeichnet worden. So sei er als notorischer Gewalttäter hingestellt worden, obwohl er in Wahrheit ein völlig friedfertiger Mensch sei.
23II. seine Intimsphäre verletzt, indem sie intime Details zu angeblichen Sexualpraktiken und vermeintlichen sexuellen Vorlieben veröffentlicht sowie über Krankheiten und seinen Gesundheitszustand spekuliert habe:
245. „Es geht um Schläge, Peitschen, Fessel-Sex - Das bizarre Liebesleben von L und seiner Ex“ vom 19.7.2010 in der „Bild“ (Anlage K 30):
25Der Kläger ist der Auffassung, dass die angegriffenen Äußerungen einen unzulässigen Eingriff in seine Intimsphäre darstellten, da seine vermeintlichen Sexualpraktiken thematisiert würden, die nicht im Zusammenhang mit dem Tatvorwurf gestanden hätten.
266. „Der Fall L – Mit Zuckerbrot und Reitpeitsche“ vom 2.8.2010 auf www.abendblatt.de (Anlage K 34):
27Der Kläger ist der Meinung, dass die angegriffenen Äußerungen Einzelheiten aus seinem Intim- und Sexualleben an die Öffentlichkeit gezerrt hätten, teilweise falsch, teilweise beleidigend und vorverurteilend seien.
287. „Der nette Wettermoderater und die SM-Spiele mit Peitsche“ vom 13.9.2010 auf www.welt.de (Anlage K 37):
29Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte durch die Veröffentlichung seiner vermeintlichen sexuellen Vorlieben sowie der angeblich zwischen ihm und der Anzeigeerstatterin üblichen Sexualpraktiken seine Intimsphäre verletzt habe. Zudem habe die Beklagte über seine angebliche Zeugungsunfähigkeit und die damals noch nicht öffentlich bekannte Nichtleiblichkeit seiner Kinder berichtet und hierdurch seine Intim- und Privatsphäre verletzt, ohne dass ein Berichterstattungsinteresse oder ein Bezug zum Tatvorwurf bestanden habe. Der Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht sei auch schwerwiegend, da die Bereiche „Sexualität“ und „Gesundheit“ nicht ohne Grund einem absoluten Schutz unterworfen seien. Mit Blick auf die Äußerungen zu seinen angeblichen sadomasochistischen Neigungen käme ein ganz erhebliches Rufschädigungspotenzial hinzu, da diese vermeintlichen Neigungen in weiten Teilen der Gesellschaft als etwas Anormales gelten würden, das auf eine gestörte Persönlichkeit schließen lasse.
308. „Vergewaltigungsprozess immer absurder – Hier reist das ganze Gericht zu Ls Geliebter Nr. 10 in die Schweiz“ vom 16.2.2011 in der „Bild“ (Anlage K 40):
31Der Kläger ist der Auffassung, dass die Veröffentlichung intime, falsche, vorverurteilende und gegen die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung verstoßende Äußerungen enthalte.
32III. seine Intim-, Privat- und Geheimsphäre verletzt, da sie private Chatnachrichten und E-Mails sowie einen Blogeintrag im Wortlaut veröffentlicht habe, die keinerlei Bezug zum Tatvorwurf gehabt hätten:
339. „Popstar X und L – Er schickte ihr 50 heiße Flirt-SMS“ vom 7.4.2010 in „Bild“ (Anlage K 42):
34Der Kläger ist der Meinung, dass er als schlüpfriger Schürzenjäger dargestellt werde, ohne dass hieran irgendein öffentliches Interesse bestanden habe. Die dargestellten Nachrichten hätten aufgrund ihres Inhalts ersichtlich einen vertraulichen Charakter und nichts mit der vermeintlichen Vergewaltigung zu tun.
3510. „Hatte L 6 Frauen gleichzeitig?“ vom 29.4.2010 in „Bild“ (Anlage K 44):
36Der Kläger ist der Meinung, dass er durch den Artikel charakterlich massiv abqualifiziert werde und dass der Inhalt der E-Mail keinerlei Bezug zum Tatvorwurf aufweise.
3711. „Du wirst allein und unglücklich sein…“ vom 30.5.2010 (Anlage K49):
38Der Kläger ist der Meinung, dass die Beklagte sein Recht auf gewählte Anonymität und seine Intimsphäre, zumindest aber seine Geheimsphäre verletzt habe, weil sie seinen unter einem Pseudonym geposteten Blogeintrag veröffentlicht habe.
39IV. falsch über ihn berichtet:
4012. „Wer verliert wer profitiert im L-Chaos – Es geht um Geld, Macht, Liebe, Lüge. Alle Zutaten eines Dramas“ vom 11.7.2010 (Anlage K51):
41Der Kläger behauptet, dass es unzutreffend sei, dass er getobt und geschrien habe, als er von dem Interview erfahren habe. Wenn über ihn unzutreffend behauptet werde, er habe vor Wut getobt und geschrien, werde unterstellt, dass er sich in einer bestimmten Situation nicht im Griff gehabt habe. Diese Charaktereigenschaft werde jedoch in unserer Gesellschaft äußerst negativ belegt. Denn jemand, der die Kontrolle über sich verliere, gelte im wahrsten Sinne des Wortes als gemeingefährlich. Hinzu komme, dass diese Falschbehauptung im diametralen Widerspruch sowohl zu seinem wahren Charakter als auch zu seinem öffentlichen Image stehe.
4213. „L ist sein eigenes Opfer“ vom 22.12.2010 in „Bild“ (Anlage K55) und „L und die Mitleidsmasche“ vom 29.10.2010 in „Bild“ (Anlage K 56):
43Der Kläger behauptet unwidersprochen, dass es unzutreffend sei, dass er fünf bzw. sechs Frauen gleichzeitig die Ehe versprochen habe. Diese Behauptungen seien dazu geeignet, ihn in der öffentlichen Meinung ganz erheblich herabzuwürdigen. Es gelte in unserer Gesellschaft als moralisch höchst verwerflich, einer einzelnen Person Heiratsabsichten bzw. einen Kinderwunsch vorzugaukeln. Umso schwerer wiege der Vorwurf, mehreren Personen gleichzeitig derartige Absichten und Wünsche vorgegaukelt zu haben.
4414. „L in Zürich vernommen“ vom 16.2.2011 auf www.welt.de (Anlage K60):
45Der Kläger behauptet unwidersprochen, dass es unzutreffend sei, dass er in Zürich vernommen worden sei.
46V. sein Recht am eigenen Bild verletzt:
4715. „Neue Geliebte aufgetaucht – Hat L ihr die Ehe versprochen?“ vom 11.4.2010 (Anlage K 62):
48Der Kläger ist der Meinung, dass er sich in einem abgeschiedenen, der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Raum befunden habe und nicht damit habe rechnen müssen, dass heimlich Lichtbilder von ihm angefertigt würden. Ferner werde die Tatsache, dass er sich in Untersuchungshaft befunden habe, bildlich lediglich zur Befriedigung eines Sensationsinteresses dargestellt. Zudem sei es unzutreffend, dass der Innenhof der JVA Mannheim vom öffentlichen Straßenraum aus einsehbar sein. Er habe die betreffenden Abschüsse auch nicht billigend in Kauf genommen. Er habe lediglich keine andere Wahl gehabt, als sich mit etwaigen Paparazzi-Abschüssen abzufinden, weil er ansonsten auf jeglichen Hofgang hätte verzichten müssen. Die stigmatisierende Wirkung ergebe sich zudem bereits aus seiner Präsentation als Häftling.
4916. „Hier sonnt sich L im Knast“ vom 21.7.2010 in „Bild“ (Anlage K 66):
50Der Kläger ist der Meinung, dass er sich in einem abgeschiedenen, der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Raum befunden habe und nicht damit habe rechnen müssen, dass heimlich Lichtbilder von ihm angefertigt würden. Ferner werde die Tatsache, dass er sich in Untersuchungshaft befunden habe, bildlich lediglich zur Befriedigung eines Sensationsinteresses dargestellt.
5117. „Geheimnisvolle Frau fährt ihn morgens zur Anwältin – Wer ist die Neue an Ls Steuer?“ vom 7.2.2011 (Anlage K 70):
52Der Kläger ist der Auffassung, dass die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Fotos unzulässig sei, da er in dieselbe nicht eingewilligt habe und es sich auch nicht um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handele. Die streitgegenständlichen Fotos wiesen vielmehr sowohl für sich genommen als auch im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung einen geringen Informationswert auf. So zeigten die Fotos ihn in einer für sich genommen völlig belanglosen privaten Situation, nämlich auf den Weg von seinem Auto zu seiner Strafverteidigerin. Dass er seine Strafverteidigerin aufgesucht habe, sei jedoch kein Ereignis, über das die Öffentlichkeit informiert werden müsse. Auch der dazugehörende Artikel enthalte keinerlei Informationen, welche die Verbreitung der Fotos als für die Öffentlichkeit bedeutsam erschienen ließen. Insbesondere enthalte der Artikel keine relevanten Informationen zu dem gegen ihn geführten Strafverfahren. Vielmehr beschränke sich der Artikel darauf, auf reißerische Art und Weise Spekulationen über die private Beziehung zwischen ihm und seiner nunmehrigen Ehefrau anzustellen, zu der er sich zum damaligen Zeitpunkt nicht geäußert habe. Die Informationen zum Strafverfahren erschöpften sich in nichtssagenden Allgemeinplätzen, die lediglich den Aufhänger und den Rahmen für die Mitteilung vermeintlich neuer Details aus seinem Privatleben bildeten.
53Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten unterstellte, dass es sich bei den Parkplatzfotos um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelte, wäre die entsprechende Veröffentlichung jedenfalls wegen seiner entgegenstehenden überwiegenden Interessen unzulässig. Denn er als Angeklagter in einem Strafverfahren stehe ohnehin unter einer enormen Anspannung, welche durch die massive Präsenz von Medienvertretern und Schaulustigen im Gerichtssaal noch ganz erheblich verstärkt worden sei. Deshalb sei er elementar darauf angewiesen gewesen, wenigstens außerhalb des Gerichtssaals für sich zu sein und sich frei von öffentlicher Beobachtung entspannen und sammeln zu können. Dies gelte in besonderem Maße für die Zeit unmittelbar vor dem Gerichtstermin. Schließlich falle ins Gewicht, dass die Fotos ausweislich der geringen Auflösung aus weiter Ferne, unter Verwendung eines Teleobjektivs heimlich sowie aufgrund beharrlicher Nachstellung entstanden seien.
5418. „Muss Ls Ex nochmal vor Gericht?“ vom 4.3.2011 (Anlage K 72):
55Der Kläger behauptet, dass der Parkplatz der Kanzlei seiner Strafverteidigerin in Heidelberg ein privater, der Allgemeinheit nicht zu Verfügung stehender Innenhof hinter den Kanzleiräumlichkeiten sei, der von einer mehrstöckigen Wohnbebauung umgeben und von der Straße aus nur durch eine Toreinfahrt einsehbar gewesen sei. Er ist zudem der Meinung, dass es sich nicht um ein kontextneutrales Foto handele. Ferner werde durch dessen Verwendung keine Belästigung vermieden, sondern durch die heimliche Fertigung eine solche geschaffen, da er – ohne damit rechnen zu müssen – in einem anderen Zusammenhang fotografiert werde, um exklusive und aktuelle Fotos zu erhalten.
5619. „Der Ring der Gerüchte“ vom 27.3.2011 (Anlage K 76):
57Der Kläger behauptet, dass der Parkplatz der Kanzlei seiner Strafverteidigerin in Heidelberg ein privater, der Allgemeinheit nicht zu Verfügung stehender Innenhof hinter den Kanzleiräumlichkeiten sei, der von einer mehrstöckigen Wohnbebauung umgeben und von der Straße aus nur durch eine Toreinfahrt einsehbar gewesen sei. Er ist der Meinung, dass es sich nicht um ein kontextneutrales Foto handele. Ferner werde durch dessen Verwendung keine Belästigung vermieden, sondern durch die heimliche Fertigung eine solche geschaffen, da er – ohne damit rechnen zu müssen – in einem anderen Zusammenhang fotografiert werde, um exklusive und aktuelle Fotos zu erhalten.
5820. „Die Ls auf Prozess-Urlaub in Kanada“ vom 18.4.2011 (Anlage K 79):
59Der Kläger ist der Auffassung, dass der Urlaub auch bei Prominenten zum Kernbereich der Privatsphäre gehöre. Erkennbar private Lebensvorgänge könnten auch in der Öffentlichkeit Teil der geschützten Privatsphäre sein, da es eine erhebliche Einschränkung des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit darstellen würde, wenn jeder, der einer breiteren Öffentlichkeit bekannt sei, sich in der Öffentlichkeit nicht unbefangen bewegen könnte, weil auch bei privaten Gelegenheiten jederzeit widerspruchslos fotografiert werden dürfte. Auch sei der bloße Umstand, dass ein Prozess eine Unterbrechung für einen Urlaub erfahre, kein ausreichender Anlass für eine öffentliche Diskussion.
6021. „Heimliche Hochzeit auf Z“ vom 12.3.2012 in der Regionalausgabe Halle:
61Der Kläger behauptet, dass das Foto aufgrund beharrlicher Nachstellungen und unter Missachtung eines bereits zuvor gegen den Fotografen ausgesprochenen Hausverbots entstanden sei.
62VI. seine Privatsphäre verletzt:
6322. „Krimi um L – In der Knast-Bibliothek darf er TV gucken“ vom 26.3.2010 (Anlage K 92):
64Der Kläger ist der Meinung, dass die Beklagte haarklein über seine privaten Lebensumstände berichtet habe und ihn zur Unterhaltung ihrer Leserschaft zum Objekt degradiert habe, zumal die Darstellungen in diesem Artikel keinerlei Informationswert hätten. Sie sollten ausschließlich das Sensationsinteresse der Leserschaft befriedigen. Selbst der private Zwangs-Rückzugsraum der Gefängniszelle werde in voyeuristischer Weise für neugierige Gaffer öffentlich gemacht.
6523. „So lebt L im Knast“ vom 18.7.2010 (Anlage K 93):
66Der Kläger ist der Meinung, dass die Beklagte auch hier unter Einbruch in seine Privatsphäre über sein Leben in der JVA berichtet habe.
6724. „Rätsel um goldenen Ring von L“ vom 24.3.2011 (Bl. 123 GA):
68Der Kläger ist der Meinung, dass die Beklagte seine Privatsphäre verletzt habe, weil sie öffentlich über seine Eheschließung spekuliert habe.
6925. „Ls Heirat, ist es Liebe oder nur ein Schachzug?“ vom 31.3.2011 (Bl. 124 GA).
70Der Kläger ist der Meinung, dass die Beklagte seine Privatsphäre verletzt habe und der Beitrag zudem vorverurteilend sei. Zudem habe die Eheschließung in keinerlei Zusammenhang mit dem gegen ihn geführten Strafverfahren gestanden, so dass keinerlei Informationsinteresse der Öffentlichkeit bestanden habe. Ferner sei die haltlose Unterstellung, er habe nur aus taktischen Erwägungen geheiratet und dabei die angebliche Naivität seiner jungen Frau skrupellos ausgenutzt, dazu geeignet, ihn in der öffentlichen Meinung ganz erheblich herabzuwürdigen.
7126. „Heimliche Hochzeit im Schloss!“ vom 31.5.2011 (Anlage K 94):
72Der Kläger ist der Meinung, dass die Beklagte seine Privatsphäre verletzt habe, da sie Details über seinen Hochzeitsort veröffentlicht habe.
7327. „L in Kanada aufgetaucht“ vom 19.8.2010 (Anlage K 85) sowie „Intrigen-Gewitter über L Wetterfirma“ vom 22.8.2010 (Anlage K 95):
74Der Kläger ist der Meinung, dass die Beklagte seine Privatsphäre dadurch verletzt habe, dass sie den Urlaubsort mitgeteilt habe. Der Öffentlichkeit sei weder bekannt gewesen, wo er seinen Urlaub verbracht habe, noch habe die Frage, wo er seinen Urlaub verbracht habe, öffentlich erörtert werden dürfen.
75VII. seine Intim- und Geheimsphäre verletzt:
7628. „L hatte bis zu 14 Geliebte“ vom 27.5.2010 (Anlage K 84):
77Der Kläger ist der Meinung, dass die Beklagte unzutreffend und seine Intimsphäre verletzend behauptet habe, er zerfließe in der U-Haft in Selbstmitleid.
7829. „Darum ist es wichtig, dass Ex-Freundinnen vor Gericht aussagen“ vom 24.9.2010 (Bl. 127 f. GA):
79Der Kläger ist der Meinung, dass die Beklagte seine Intimsphäre verletzt habe, da sie sich über angebliche dissoziative Identitätsstörungen und sadistische Neigungen ausgelassen habe.
8030. „L schreibt Mail an A“ vom 3.8.2010 (Anlage K 96):
81Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte ihn unzutreffend, vorverurteilend und seine Intimsphäre verletzend „einen ziemlich gestörten Menschen, der dringend in Therapie gehört“ genannt habe.
8231. „Ls Vorlieben als Süßbärchen“ vom 4.7.2010 (Anlage K 89):
83Der Kläger ist der Meinung, dass die Beklagte unzutreffende intime und gesundheitsbezogene Behauptungen veröffentlicht habe, die darüber hinaus aus geheimen Dokumenten stammten und deshalb zu verbieten seien.
8432. „Das sagten die 7 Geliebten aus“ vom 20.9.2010 (Anlage K 97):
85Der Kläger ist der Meinung, dass die Beklagte seine Intimsphäre verletzt habe, da sie aus den ihr vorliegenden Aussageprotokollen Privates, Intimstes und vornehmlich Despektierliches veröffentlicht habe.
8633. „Aussage gegen Aussage! Wem glaubt der Richter?“ vom 31.7.2010 (Anlage K 98):
87Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte seine Intimsphäre verletzt habe, da sie veröffentlicht habe, dass es „offenbar ein erotisches Spiel“ zwischen ihm und der Anzeigenerstatterin gegeben habe.
8834. „L flog nach Kanada“ vom 15.11.2010 (Bl. 134 GA):
89Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte seine Intimsphäre dadurch verletzt habe, dass sie geäußert habe, dass er nicht der leibliche Vater seiner zwei Söhne sei. Es sei weder ein Bezug zum Strafverfahren noch zum Tatvorwurf gegeben. Ferner handele es sich um keine ausgewogene Prozessberichterstattung.
90VIII. falsch berichtet:
9135. „L: Neue Hinweise?“ vom 13.6.2010 (Bl. 135 GA):
92Der Kläger behauptet, dass es unzutreffend sei, dass belastende DNA von ihm gefunden worden sei. Ferner ist er der Meinung, dass die Beklagte nicht auf eine angebliche Vorausberichterstattung des Focus vertrauen hätte dürfen.
9336. „Knast-Kumpel packt aus – so war mein Zellennachbar L“ vom 31.8.2010 (Bl. 135 f. GA):
94Der Kläger behauptet unwidersprochen, dass die Person, die dort Angaben mache, nicht sein Zellennachbar gewesen sei. Es stelle eine erhebliche Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, wenn ein Interview mit einer Person über eine dritte Person veröffentlicht werde, in dessen Rahmen sich der Interviewte unter anderem zum Gefühlsleben des Dritten äußere, obwohl man wisse, dass es zwischen diesen Personen keinerlei Kontakt gegeben habe.
95IX. vorverurteilend berichtet, indem sie
96- die Anzeigenerstatterin als „Opfer“ bezeichnet habe (Anlagen K99, K102, K103, K104, K105, Bl. 148 f. GA, K109, Bl. 152 f. GA, K110),
97- ihm unterstellt habe, eine Vergewaltigung begangen zu haben (Anlage K96, Bl. 154, Bl. 170, Bl. 171 f., Bl. 174 GA),
98- seinen Freispruch entwertet habe (K111),
99- ihm Nervosität bei der Vernehmung von Zeugen unterstellt habe (Bl. 158 GA),
100- die Aussage der Anzeigenerstatterin als glaubhaft dargestellt habe (Anlage K112, Bl. 160 f. GA),
101- die Unschuldsbekundungen seines Verteidigers entwertet habe (Anlage K113, Bl. 162, Bl. 166 GA),
102- das unzutreffende Bild eines grinsenden, den Prozess nicht ernst nehmenden, andere Prozessbeteiligte nicht respektierenden und das Gericht täuschenden (Anlage K119) Angeklagten hervorgerufen habe (Bl. 162, Bl. 164 f., Bl. 171 f. GA),
103- und indem sie schmähend („Sektenführer“, „Schwein“ u.a.) berichtet habe (Bl. 172 f. GA, Anlage K116, K117, K118).
104X. nachverurteilend berichtet, indem sie
105- unterstellt habe, dass sexuelle Gewalt erfolgt sei (Anlage K121),
106- die Urteilsgründe selektiv dargestellt habe,
107- die Anzeigenerstatterin als „Opfer“ dargestellt habe,
108- suggeriert habe, er sei der Täter, man habe ihm dies nur nicht nachweisen können,
109- bestimmte Zitate selektiv und suggestiv dargestellt habe,
110- suggeriert habe, die Anzeigenerstatterin habe zutreffende Beschuldigungen geäußert,
111- und indem sie tendenziös über den Zivilprozess berichtet habe (vgl. Bl. 180 – 193 GA, Anlage K122).
112XI. ihn und sein Umfeld mit abwertenden und diffamierenden Äußerungen belegt:
113- „Knacki“ (Anlage K93 und K124),
114- „Die Fliese“,
115- „Süßbärchen“, „ausgeprägter Narziss“ (Anlage K87),
116- „Wetterhanswurst“, „Frauen-Belüger“, „Einsames-Herz-Betrüger“, „Liebe-Lügner“ (Bl. 197 GA),
117- „Dreiwetter-Don-Juan“ (Anlage K110),
118- „Schwein“ (Anlage K117),
119- „Loser“, „Verlierer“, „Lump“ (Bl. 199 GA),
120- „miserabler Mann“ (Bl. 193 GA)
121- und „Kachelknast“ (Anlage K93).
122Er ist der Meinung, dass es unzulässig sei, sein Beziehungsleben in Form von schmähenden Bewertungen zu thematisieren, da an einer Berichterstattung über dieses kein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit bestanden habe. Zudem seien die Bezeichnungen „Knacki“ und „Kachelknast“ vorverurteilend, da er sich lediglich in Untersuchungshaft befunden habe.
123Die Berichterstattung habe durch ihre Intensität, die Breitenwirkung und die Nachhaltigkeit zu einer konkreten Bedrohung seiner Existenz geführt. Allein sein bezifferbarer materieller Schaden beliefe sich auf ca. 2 Mio. EUR. Zudem sei seine Karriere ein „Trümmerhaufen“: er habe aufgrund der Berichterstattung der Beklagten die Geschäftsanteile an seinem Unternehmen veräußern müssen und sei aus den Verwaltungsgremien ausgeschieden, habe keine Möglichkeit mehr, als Moderator von Fernsehsendungen tätig zu werden, habe seine Werbeverträge („Actimel“: 2007 – 2009; Mercedes Benz, Bank24: 2000 – 2010; N GmbH: 2010) verloren, keine Anfragen mehr für Vorträge erhalten und Immobilien veräußern müssen. Laufende Verträge seien aufgrund der Berichterstattung der Beklagten von Seiten der Vertragspartner außerordentlich beendet worden. Er behauptet, dass seine einzige Einnahmequelle bis Januar 2014 das Einkommen aus seiner Arbeit für das Radio B.tv i.H.v. 225,- EUR je Freitag gewesen sei.
124Auch sein allein durch die Berichterstattung der Beklagten erlittener immaterieller Schaden sei enorm. Er habe insoweit alles verloren und sei moralisch am Ende. Aufgrund seines hohen Bekanntheitsgrades sei die Kampagne der Beklagten besonders stark und nachhaltig in das Bewusstsein so gut wie aller Menschen in Deutschland, Österreich und der Schweiz gedrungen. Durch den Verlust seines Unternehmens sei sein Lebenswerk zerstört worden. Auch die psychische Belastung sei außerordentlich hoch gewesen. Denn die Angriffe der Beklagten, die im Kern gegen die Grundlagen seiner Persönlichkeit gerichtet gewesen seien, hätten sein Schamgefühl berührt und zu Peinlichkeiten, insbesondere im Umgang mit seiner eigenen Umgebung, geführt. Ferner habe er einen enormen Ansehensverlust erlitten. Die Beklagte habe ihn stigmatisiert und seine Beziehungen zu so gut wie allen Menschen in Deutschland, Österreich und der Schweiz über Jahre hinaus erheblich belastet. Ferner hätten sich unzählige Freunde und Bekannte von ihm abgewandt. Schließlich sei der Freispruch durch die Kampagne der Beklagten in der öffentlichen Wahrnehmung drastisch entwertet worden. Während er zuvor bestens in die Gesellschaft integriert gewesen sei, sei er heute sozial isoliert.
125Der Kläger ist der Meinung, dass sich seine Äußerungen im Verlaufe des Ermittlungs- und Hauptverfahrens darauf beschränkt hätten, der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass er unschuldig sei. Er habe sich zu keinem Zeitpunkt öffentlich zu seinem Privat- oder Intimleben geäußert. Er habe weder die Medien zu seinen Zwecken eingesetzt noch eine Debatte über Schuld und Unschuld angetrieben. Die Pressemitteilungen der bevollmächtigten Kanzlei hätten alleine den gerichtlichen Erfolg belegt, den er gegen die rechtswidrige Berichterstattung erwirkt habe und seien lediglich Ausdruck des berechtigten Verhaltens, den eigenen Ruf in der Öffentlichkeit wiederherzustellen. Es sei zudem sein Recht gewesen, sich nach seinem Freispruch öffentlich zu Wort zu melden und Kritik zu äußern. Zudem habe es zwar einen Austausch mit Journalisten gegeben. Hierbei habe es sich jedoch stets und ausschließlich um vertrauliche Hintergrundgespräche gehandelt. In keinem einzigen Fall sei ein Einverständnis erteilt worden, tatsächliche Angaben zum Tatvorwurf oder darüber hinausgehende detaillierte Darstellungen zu verwerten oder zu veröffentlichen.
126Der Kläger ist ferner der Auffassung, dass der Umstand, dass er hinsichtlich der im Teil B der Klageschrift aufgeführten Persönlichkeitsrechtsverletzungen keine anderweitigen Ansprüche geltend gemacht habe, einem Geldentschädigungsanspruch nicht entgegenstehe. Er behauptet, dass er von diesen Artikeln erst Anfang Dezember 2013 aufgrund einer von ihm beauftragten Recherche Kenntnis erlangt habe. Er meint, dass es zu diesem Zeitpunkt keinen Sinn mehr gemacht habe, anderweitig gegen die Berichterstattungen vorzugehen, da die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen seinen immateriellen Schaden nicht ausgleichen hätte können, eine Wiederholung der beanstandeten Berichterstattung wenig wahrscheinlich gewesen sei und er kein Geld mehr gehabt habe, um weitere Rechte geltend zu machen. Zudem habe es mehrere Gründe gegeben, aus denen er die Klage erst Ende 2013 eingereicht habe, hinsichtlich deren Einzelheiten auf Bl. 465 f. GA Bezug genommen wird.
127Der Kläger ist schließlich der Auffassung, dass er einen Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 7.794,80 EUR und angefallener Recherchekosten i.H.v. 1.237,66 EUR (vgl. Bl. 247 GA, Anlagen K161 und K162) hinsichtlich der Onlineveröffentlichungen der Beklagten habe.
128Der Kläger beantragt,
129die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine angemessene Geldentschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die jedoch nicht unter 1,5 Millionen EUR liegen soll, zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6.8.2010;
130die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 7.794,80 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6.8.2010 zu zahlen;
131die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.237,66 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.1.2014 zu zahlen.
132Die Beklagte beantragt,
133die Klage abzuweisen.
134Die Beklagte ist der Meinung, dass die seitens des Klägers nicht angegriffenen Beiträge nicht Grundlage einer Geldentschädigung sein könnten, da der Kläger zu erkennen gegeben habe, dass er mit der Verbreitung dieser Artikel leben könne.
135Die Beklagte ist zudem der Auffassung, dass ein Geldentschädigungsanspruch des Klägers wegen Berichterstattungen, die vor dem 1.1.2011 erschienen sind, verjährt sei, da der Kläger in seinem Mahnbescheidsantrag den zu Grunde liegenden Anspruch nicht hinreichend individualisiert habe und die im Rahmen der Klageerweiterung beanstandeten Artikel nicht von der vermeintlich verjährungshemmenden Wirkung der Zustellung des Mahnbescheids umfasst seien.
136Die Beklagte meint in der Sache, dass die streitgegenständlichen Artikel einem qualifizierten Informationsinteresse der Allgemeinheit gedient hätten, da der Kläger äußerst prominent und einer schweren Sexualstraftat verdächtig gewesen sei. Eine mit einer Berichterstattung über ein Strafverfahren wegen eines schweren Sexualdelikts nahezu zwangsläufig verbundene Prangerwirkung und die zwangsläufige Veröffentlichung von Details aus dem Intim- und Privatleben allein könnten den Zuspruch einer Geldentschädigung nicht rechtfertigen. Denn außergewöhnlich und berichtenswert sei auch der Hintergrund der dem Kläger zur Last gelegten Tat gewesen. In der Tatnacht habe das vermeintliche Opfer den Kläger mit seinem Verdacht der Untreue konfrontiert, den der Kläger daraufhin eingeräumt habe. Dieser systematische Missbrauch des Vertrauens seiner Geliebten habe dem Vorwurf der Vergewaltigung eine auch für Sexualstraftaten höchst ungewöhnliche Facette verlieren. Aufgrund der zahlreichen Geliebten habe sich auch die Öffentlichkeit aufgrund seines Saubermann-Images getäuscht gefühlt und wegen der vom Kläger selbst zu keinem Zeitpunkt bestrittenen charakterlichen und moralischen Verfehlungen erhebliche Zweifel an seiner Integrität und Glaubwürdigkeit gehabt. Mit seinem Charakter und seiner Persönlichkeit sowie seinem notorisch lügnerischen Umgang mit Frauen habe sich auch das Landgericht Mannheim auseinandersetzen müssen, um die Glaubwürdigkeit des Opfers bzw. des Klägers beurteilen zu können. Die Auseinandersetzung mit den zahlreichen gleichzeitig geführten Beziehungen des Klägers sowie seinen sexuellen Vorlieben sei demnach nicht nur ein Nebenschauplatz des Strafprozesses gewesen, sondern als Analyse des Beziehungsgeflechts des Klägers unabdingbare Voraussetzung für eine Beurteilung der sich widersprechenden Darstellungen und der Glaubwürdigkeit des Klägers bzw. der Anzeigenerstatterin gewesen. Da das Landgericht und die Staatsanwaltschaft Mannheim einen engen Zusammenhang zwischen dem Tatvorwurf und dem Beziehungsleben des Klägers gesehen hätten und die Aussagen der Zeuginnen teilweise (AA, BB) in öffentlicher Hauptverhandlung erfolgt seien bzw. die Inhalte, die in nichtöffentlicher Hauptverhandlung erörtert worden seien, später durch die Staatsanwaltschaft bzw. die Verteidigung in die öffentliche Hauptverhandlung eingeführt worden seien, hätten letztlich auch sämtliche Berichterstattungen über die zahlreichen betrogenen Geliebten in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Strafverfahren gestanden.
137Die Umstände einer Sexualtat, insbesondere die Beziehung des Täters zu seinem Opfer, würden nicht in besonderem Maße geschützt. Deshalb könne die Offenlegung intimer Details aus dem Liebes- und Sexualleben des Klägers allein keinen Geldentschädigungsanspruch begründen. So sei die vermeintlich unzulässige Erörterung intimer, privater und geheimer Details aus dem Leben des Klägers in Wahrnehmung eines qualifizierten Berichterstattungsinteresses, namentlich der Frage der Glaubwürdigkeit des vermeintlichen Opfers bzw. des Klägers, erfolgt.
138Soweit sie Teile von nicht rechtswidrig erlangten E-Mails oder sonstiger Kommunikation veröffentlicht, den Inhalt von Protokollen und Gutachten wiedergegeben und Aussagen und Einlassungen der Prozessbeteiligten kommentiert habe, habe es sich um Informationen gehandelt, die im Rahmen der öffentlichen Verhandlung oder anlässlich von Pressemitteilungen von dem Landgericht Mannheim, der Staatsanwaltschaft oder der Verteidigung des Klägers bekannt gegeben worden seien und die den Medien damit zur Veranschaulichung des Prozessgegenstandes und des Prozessverlaufs zur Verfügung gestanden hätten. Selbst wenn die Veröffentlichung wegen der Offenlegung intimer Details unzulässig gewesen sein sollte, sei die beeinträchtigende Wirkung mit der Verlesung der Einlassung des Klägers in der öffentlichen Verhandlung, der Einbeziehung der Gutachten in das Verfahren und der Vernehmung der Zeuginnen entfallen. Zudem sei insoweit zu berücksichtigen, dass die Beklagte für die Prozessführung nicht verantwortlich gewesen sei und lediglich hierüber berichtet habe. Die Kontrolle der Justiz durch eine Berichterstattung über einen Prozess gehöre jedoch zu den wesentlichen Aufgaben der Presse. Schließlich sei es inkonsequent, allein die Artikel der Beklagten zu beanstanden, obschon auch andere Medien unter Nennung von Details zum Sexualleben des Klägers berichtet hätten.
139Ferner sei zu berücksichtigen, dass der Kläger selbst an der öffentlichen Diskussion über seine Person und das gegen ihn geführte Verfahren teilgenommen und dabei keinerlei Rücksicht auf die Befindlichkeiten seiner Ex-Geliebten genommen habe sowie selbst Inhalte aus der Ermittlungsakte, welche detaillierte Beschreibungen seiner Sexualpraktiken beinhaltet hätten, an die Medien weitergegeben habe. Nichtsdestotrotz habe die Beklagte nicht ausschließlich kritisch, sondern ausgewogen, mitunter positiv über den Kläger berichtet. Es habe auch weder eine systematische Vor- noch Nachverurteilung durch die Beklagte gegeben. Ausgewogener als sie es getan habe, könne man über einen Freispruch „in dubio pro reo“ und dessen Folgen nicht berichten.
140Die Beklagte ist der Meinung, dass die ihr vorgeworfenen Falschbehauptungen allesamt in ihrer Zielrichtung harmlos seien. Sie beträfen gewöhnliche Gefühlsregungen des Klägers während des Strafprozesses, setzten sich mit der von ihm selbst eingeräumten Untreue auseinander oder behandelten Nebensächlichkeiten. Die aufgestellte Behauptung, der Kläger habe im Knast „getobt und geschrien“, sei nicht mehr als die Beschreibung eines gewöhnlichen Wutausbruchs. Selbst wenn man von der Unwahrheit dieser Äußerung ausgehen wollte, begründe sie keinen besonders schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers. Gleiches gelte für die Behauptung, der Kläger habe mindestens sechs Frauen gleichzeitig die Ehe versprochen. Die Kritik daran, dass der Kläger systematisch und gleichzeitig eine Vielzahl von Frauen über eine bestehende alleinige Liebesbeziehung belogen habe, stelle den Schwerpunkt der Äußerung dar und sei berechtigt. Zudem habe die Beklagte am 28.1.2011 klargestellt, dass der Kläger nicht sechs, sondern lediglich drei Frauen ein Eheversprechen gemacht habe. Selbst wenn es unzutreffend sein sollte, dass der Kläger während der Hauptverhandlung mit seinem ipad gespielt habe, führe dies zu keinem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers, der fortwirken würde, da der streitige Beitrag im Wesentlichen wahr sei und es sich lediglich um ein unwesentliches Detail handele. Irrelevant sei es zudem, dass der Kläger nicht in Zürich vernommen worden sei.
141Auch die angeblich unzulässige Verdachtsberichterstattung sei nicht entschädigungswürdig. Sämtliche der vom Kläger angegriffenen Beiträge wiesen aufgrund der Relevanz des Beziehungs- und Sexuallebens des Klägers und des vermeintlichen Opfers für ihre jeweilige Glaubwürdigkeit einen unmittelbaren Bezug zu dem gegen den Kläger wegen des Verdachts der schwerwiegenden Vergewaltigung vor dem Landgericht Mannheim geführten Strafverfahren auf, setzten sich mit dem Stand des Verfahrens sowie neuen Entwicklungen bzw. einem anderen Ermittlungsverfahren wegen eines weiteren Tatvorwurfs auseinander, und bedienten dabei ein durch die Befassung durch das Landgericht Mannheim vorhandenes, aktuelles Informationsinteresse, ohne dabei ein unzutreffendes Bild vom Kläger zu vermitteln oder vorverurteilend zu sein.
142Die Beklagte ist der Meinung, dass die streitgegenständlichen Bildveröffentlichungen keinen Geldentschädigungsanspruch begründen könnten. Hinsichtlich der Fotos des Klägers in der JVA sei sich der Kläger der Beobachtung durch Fotografen bewusst gewesen und habe es billigend in Kauf genommen, dass er während des Hofgangs fotografiert worden sei. Ferner zeigten die Fotos den Kläger im Innenhof der JVA, der vom öffentlichen Straßenraum aus einsehbar sei. Zudem habe die Beklagte in Ausübung ihrer „Wachhundfunktion“ aus Anlass einer jeweils neuen Entwicklung im Ermittlungs- und Strafverfahren gegen den Kläger aufgrund eines aktuellen Berichterstattungsinteresses berichtet, so dass die Darstellung der Fotos im Zusammenhang mit dem Strafprozess gegen den Kläger, insbesondere der Untersuchungshaft in der JVA, seinem Umgang mit der wiedergewonnenen Freiheit nach Aufhebung des Haftbefehls und der Gewährung eines Prozessurlaubs in Kanada, stünde. Auch eine mit der Veröffentlichung verbundene vermeintliche Prangerwirkung allein könne ein unabwendbares Bedürfnis für die Zuerkennung eines Anspruches nicht begründen. Dass der Kläger in Untersuchungshaft gesessen habe, sei allgemein bekannt gewesen. Vorverurteilend seien die Darstellungen ebenfalls nicht gewesen. Auch die Art und Weise der Darstellung des Klägers verleihe den Aufnahmen keine besondere Eingriffsqualität. Die Aufnahmen seien weder verfremdend noch abträglich und legten auch keine Umstände offen, die dem Bereich der Intimsphäre zugehörig und damit der öffentlichen Anschauung entzogen wären. Jedenfalls gehöre die kontextneutrale Bebilderung von Beiträgen zum Kern der Pressefreiheit.
143Der Beklagten sei auch unter dem Gesichtspunkt einer angeblich hartnäckigen Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Klägers aufgrund der Bild- und Wortberichterstattungen keine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers zur Last zu legen. Denn es fehle an der erforderlichen Gleichartigkeit der Berichterstattungen, zumal der Gedanke der Hartnäckigkeit bei Wortberichterstattungen nicht zum Tragen komme. Zudem habe die Beklagte keinen Vorsatz bezüglich der vermeintlich rechtswidrigen Veröffentlichungen gehabt. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Feststellung der vermeintlichen Rechtswidrigkeit in den streitgegenständlichen Fällen nur nach einer umfangreichen Prüfung und Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles und einer sorgfältigen Abwägung der widerstreitenden Interessen möglich sei. Ferner habe sie sich nicht über gerichtliche Verbote hinweggesetzt. Zudem unterschieden sich die Beiträge der Beklagten inhaltlich erheblich voneinander.
144Gegen eine für den Kläger besonders unerträgliche Eingriffsqualität der Berichterstattungen spreche schließlich auch, dass er vielfach auf die Geltendmachung von Gegendarstellungs-, Unterlassungs- und Richtigstellungsansprüchen verzichtet habe. Dies belege, dass es ihm vorliegend nicht um den Ausgleich einer verbleibenden Beeinträchtigung gehe, sondern er ausschließlich finanzielle Interessen verfolge. Auch die jahrelange Untätigkeit des Klägers zeige, dass er die Berichterstattungen als nicht derart beeinträchtigend empfunden haben könne, als dass die Zahlung eines finanziellen Ausgleiches unbedingt erforderlich wäre.
145Die Beklagte treffe auch nicht der Vorwurf eines besonderen Verschuldens. Denn es habe keine verlässlichen Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Berichterstattungen gegeben. Im Gegenteil sei die öffentliche Diskussion des Strafverfahrens wesentlich auch durch die zahlreichen Presseerklärungen der Staatsanwaltschaft und Ausführungen des Landgerichts bestimmt gewesen. Da diese privilegierte Quellen darstellten, habe die Beklagte auf die Zulässigkeit der Berichterstattungen über das gegen den Kläger geführte Strafverfahren vertrauen dürfen, zumal sie sich dabei in weiten Teilen auf Verlautbarungen und Informationen der Staatsanwaltschaft gestützt habe. Dass die Beklagte diese Mitteilungen aufgegriffen, reflektiert und kommentiert habe, könne man ihr nicht vorwerfen.
146Die streitgegenständlichen Beiträge seien nicht Teil einer Medienkampagne, die von der Beklagten dominiert und mit anderen Medien kollusiv durchgeführt worden wäre und die allein das Ziel gehabt hätte, den Kläger zu diskreditieren, gewesen. Zudem hätten andere Medien weit häufiger über den Prozess berichtet. Schließlich sei die häufige Berichterstattung die Konsequenz der dichten Abfolge der Ereignisse und Wendungen im Strafprozess gewesen, die jeweils durch Pressemitteilungen des Landgerichts Mannheim angekündigt worden seien.
147Insbesondere der Vorwurf einer systematischen Vor- und Nachverurteilung gehe fehl. Dass die Beklagte über den Ausgang des Verfahrens berichten sowie den Inhalt und die Bedeutung des Freispruchs einschließlich der für den Kläger erfreulichen mündlichen Urteilsbegründung kommentieren habe dürfen, werde der Kläger nicht ernsthaft bestreiten wollen. Auch der Hinweis auf die Besonderheiten dieses Freispruchs aus Mangel an Beweisen sei ihr nicht verwehrt. Zudem habe nicht die Beklagte, sondern das Unternehmen des Klägers in einer Pressemitteilung vom 22.3.2010 sowie die dpa und andere Presseunternehmen unter Namensnennung dafür gesorgt, dass die Öffentlichkeit von der Verhaftung des Klägers erfahren habe. Auch habe die Beklagte durch ihre Berichterstattung nicht die Saalöffentlichkeit in unzulässiger Weise erweitert. Selbst wenn die Beklagte Gegenstände einer nicht-öffentlichen Verhandlung publiziert habe, vermöge dies allein eine Unzulässigkeit der Berichterstattung noch nicht zu begründen. Auch habe die Beklagte nicht wörtlich aus der Ermittlungsakte, der Anklageschrift oder den Protokollen zitiert.
148Die Beklagte ist der Auffassung, dass sämtliche zum Beleg einer angeblich systematischen Verletzung seiner Privatsphäre genannten Berichterstattungen harmlos seien und keine Tendenz zu vermeintlichen Falschbehauptungen oder zur Verletzung seiner Privatsphäre gehabt oder eine Vielzahl derselben aufgewiesen hätten. Auch habe sie ihn nicht diffamiert oder mit Schmähkritik versehen, da jeweils die Auseinandersetzung in der Sache im Vordergrund gestanden habe.
149Die Kritik der Beklagten an der von dem Kläger in anderen Medien betriebenen Hetzjagd auf das mutmaßliche Opfer und seine weiteren Ex-Geliebten habe der Kläger hinnehmen müssen. Denn bereits während des Strafverfahrens habe der Kläger keine Gelegenheit ausgelassen, seine Ex-Geliebten und die Prozessgutachter öffentlich zu diskreditieren. Auch nach dem Freispruch habe er von Diffamierungen nicht abgelassen. Während er selbst für sich die Unschuldsvermutung in Anspruch nehme, habe er im Rahmen presserechtlicher Verfahren und auch in seinem Buch zahlreiche Frauen der Falschbeschuldigung bezichtigt.
150Ferner habe der Kläger von Anfang an durch eigene Presseerklärungen und durch die Veröffentlichung von Prozessinhalten – insbesondere intime Details enthaltenden Gutachten aus der Ermittlungsakte – sowie Stellungnahmen in den Medien, welche Angaben enthielten, die einen klaren Bezug zu seiner Privat- und Intimsphäre aufgewiesen hätten, eine aggressive Öffentlichkeitsarbeit betrieben und auf diese Weise versucht, die Berichterstattung über ihn zu beeinflussen. Allein durch die Verbreitung dieser Gutachten habe der Kläger dafür gesorgt, dass die Medien bis ins Detail von seinen sadistischen Neigungen erfahren und darüber berichtet hätten. Auch habe der Kläger den Medien „Der Spiegel“ und „Die Zeit“ die komplette Ermittlungsakte und den Beschluss des OLG Karlsruhe vom 29.7.2010 zur Verfügung gestellt und sich gegen die entsprechende Berichterstattung, welche zahlreiche Details zu seinem Intim- und Sexualleben enthalte, nicht gewehrt. Zudem habe der Kläger der Beklagten die Überlassung der Ermittlungsakten im Gegenzug für eine wohlwollende Berichterstattung angeboten und die Beklagte wiederholt mit Informationen aus dem Strafprozess gefüttert, um seine Ex-Geliebten zum Schweigen zu bringen. Mit dieser aggressiven Medienpolitik habe der Kläger das Verfahren bewusst an die Öffentlichkeit getragen, weshalb er auch scharfe Kritik an seiner Person und seinem Auftreten hinnehmen müsse. Letztlich sei der Kläger – so behauptet die Beklagte – mit der Verlesung des Protokolls der haftrichterlichen Vernehmung einverstanden gewesen.
151Jedenfalls habe der Kläger sich durch den persönlichen Rundumschlag gegen Justiz, die Presse, das vermeintliche Opfer und die Frauenwelt in seinem Buch selbst hinreichend Genugtuung verschafft und Details zu seinem Intim- und Sexualleben preisgegeben. Es gebe deshalb keinerlei Grund, ihm zusätzlich nun auch noch eine Geldentschädigung in Millionenhöhe zuzusprechen.
152Auch Anhaltspunkte für eine Zwangskommerzialisierung seiner Persönlichkeitsrechte habe der Kläger nicht vorgetragen. Vielmehr solle nach seiner Meinung die Beklagte für eine grundsätzliche Entwicklung der Medienberichterstattung haften, an der man Anstoß nehmen mag, die eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Geldentschädigung jedoch nicht rechtfertigen könne. Überdies sei es unzutreffend, dass sie durch die vermeintlichen Persönlichkeitsrechtsverletzungen eine gezielte Gewinnmaximierung angestrebt und sich über gerichtliche Verbote hinweggesetzt habe.
153Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird ergänzend auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
154Am 30.7.2010 hat der Kläger den Erlass eines Mahnbescheids beantragt, der am 2.8.2010 erlassen und der Beklagten am 5.8.2010 zugestellt worden ist. Am 14.12.2010 ist der Kläger aufgefordert worden, die Mahnbescheidskosten i.H.v. 2.978,- EUR zu zahlen, was am 18.2.2011 erfolgt ist. Am 20.12.2013 hat der Kläger die weiteren Gerichtskosten i.H.v. 14.890,- EUR eingezahlt, weshalb das Verfahren am 23.12.2013 an das Landgericht Köln abgegeben worden ist, wo es am 30.12.2013 eingegangen ist. Die mit Rechnung vom 15.1.2014 angeforderten weiteren Gerichtskosten in Höhe von 4.080,- EUR hat der Kläger am 20.1.2014 gezahlt, weshalb die Klage am 27.1.2014 zugestellt worden ist.
155Entscheidungsgründe
156Die Klage ist im tenorierten Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
157I.
158Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 335.000,- EUR gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG.
159Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen kommt eine Geldentschädigung zum Ausgleich für erlittene Persönlichkeitsrechtsverletzungen dann in Betracht, wenn es sich um eine schwerwiegende Verletzung handelt und wenn sich die erlittene Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgleichen lässt. Die Gewährung des Anspruchs auf eine Geldentschädigung findet ihre Rechtfertigung in dem Gedanken, dass der Verletzte andernfalls wegen der erlittenen Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts ohne Rechtsschutz bliebe und damit der vom Grundgesetz vorgesehene Schutz der Persönlichkeit lückenhaft wäre. Aufgrund der Schwere der Beeinträchtigung und des Fehlens anderweitiger Ausgleichsmöglichkeiten muss dabei ein unabwendbares Bedürfnis für einen finanziellen Ausgleich bestehen (BGH, NJW 1995, 861; BVerfG, NJW 1973, 1221). Ob eine schuldhafte Verletzung des Persönlichkeitsrechts schwer ist, bestimmt sich unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach Art und Schwere der zugefügten Beeinträchtigung, der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, also dem Ausmaß der Verbreitung der Veröffentlichung, der Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- oder Rufschädigung des Verletzten, ferner nach dem Grad des Verschuldens sowie Anlass und Beweggrund des Handelns des Verletzers. Dabei kann schon ein einziger jener Umstände zur Schwere des Eingriffs führen (BGH, NJW 1996, 1131; BGH, NJW 2014, 2029).
160Ferner darf es keine anderweitige Ausgleichsmöglichkeit geben. Die Gewährung einer Geldentschädigung hat die Aufgabe, eine sonst verbleibende Lücke des Persönlichkeitsrechtsschutzes zu schließen. Der Anspruch besteht jedoch nur, wenn auf andere Weise ein ausreichender Rechtsschutz des Persönlichkeitsrechts nicht ermöglicht würde (vgl. Burkhardt in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage 2003, Kap. 14, Rn. 120). Bei Eingriffen in die Privat- und Intimsphäre besteht eine anderweitige Ausgleichsmöglichkeit in der Regel nicht. Denn die Privatsphäre ist nach ihrer Öffnung unwiederbringlich, weder Gegendarstellung noch Beseitigung oder Widerruf können sie wieder herstellen.
161Zudem muss den Verletzer ein Verschulden treffen. Ein schweres Verschulden im Sinne von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit ist nicht erforderlich (Burkhardt, a.a.O., Kap. 14, Rn. 115 m.w.N.). Andererseits kann sich aus einem schweren Verschulden jedoch gerade die Schwere des Eingriffs ergeben (BGH, NJW 1996, 1131) oder umgekehrt sein Fehlen bei der Gesamtabwägung mitentscheidend dafür sein, dass ein Anspruch auf Geldentschädigung zu verneinen ist.
162Schließlich bedarf es eines unabwendbaren Bedürfnisses für die Gewährung einer Geldentschädigung. Ein solches liegt dann vor, wenn sich der Angriff gegen die Grundlagen der Persönlichkeit richtet; ebenso dann, wenn die Persönlichkeitsverletzung das Schamgefühl berührt, zu Peinlichkeiten führt und wenn sie ein Gefühl des Ausgeliefertseins hervorruft (Burkhardt, a.a.O., Kap. 14, Rn. 128). Die Gewährung einer Geldentschädigung hängt nicht nur von der Schwere des Eingriffs ab, es kommt vielmehr auf die gesamten Umstände des Einzelfalls an, nach denen zu beurteilen ist, ob ein anderweitiger befriedigender Ausgleich für die Persönlichkeitsrechtsverletzung fehlt (vgl. BGH, NJW 1996, 1131). Bei der Abwägung ist auch die Zweckbestimmung der Geldentschädigung zu berücksichtigen. Es handelt sich dabei um ein Recht, das auf den Schutzauftrag aus Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Die Zubilligung einer Geldentschädigung, die in Verbindung mit diesen Vorschriften ihre Grundlage in § 823 Abs. 1 BGB findet, beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Anders als beim Schmerzensgeldanspruch steht bei dem Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll er der Prävention dienen (BGH, NJW 1996, 985).
163Es ist jedoch zu beachten, dass der „Kumulationsgedanke“ grundsätzlich nur bei Bildnisveröffentlichungen in Betracht kommt, jedoch grundsätzlich nicht bei der Wortberichterstattung (vgl. OLG Hamburg, ZUM 2009, 234). Folglich kann sich aus einer hartnäckigen Verletzung des Rechts am eigenen Bild ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung ergeben, obschon eine einzelne Veröffentlichung möglicherweise einen solchen Anspruch nicht auslöst (BGH, NJW 1996, 985). Auf eine fortgesetzte Wortberichterstattung sind diese Grundsätze jedoch nicht anzuwenden, so dass bei jeder Wortberichterstattung einzeln überprüft werden muss, ob die Voraussetzungen eines Geldentschädigungsanspruchs vorliegen, es sei denn, es läge im Einzelfall eine Gleichartigkeit der Wortberichterstattungen vor, diese also jeweils nicht in „ganz unterschiedlichem Gewande und Kontext“ (OLG Hamburg, a.a.O.) erschienen wären.
164Sofern der Kläger die Entscheidung des OLG Hamburg (GRUR-RR 2009, 438) als Stütze seiner gegenteiligen Auffassung anführt, nimmt derselbe Senat des OLG Hamburg - wie in der zuvor zitierten Entscheidung - bei der Bemessung der Höhe der Geldentschädigung zwar – zutreffend - eine Gesamtschau vor, verweist jedoch im Übrigen auf das erstinstanzliche Urteil des LG Hamburg, welches allein bei gleichartigen Bildberichterstattungen mit entsprechenden Überschriften eine Hartnäckigkeit i.S.d. der oben zitierten Rechtsprechung des BGH angenommen hat. Hinzu kommt, dass derselbe Senat seine Rechtsprechung hiernach ausdrücklich bestätigt hat (vgl. OLG Hamburg, ZUM 2010, 976).
165Nach Auffassung der Kammer ist bei der streitgegenständlichen Wortberichterstattung die für die Annahme der Hartnäckigkeit erforderliche Gleichartigkeit der angegriffenen Passagen nicht gegeben. Es wurden zwar in den Artikeln oftmals ähnliche Themenkomplexe (Sexualität, Gewalt, Verdachte etc.) behandelt. Diese Ähnlichkeit der Themen war jedoch dem gegen den Kläger erhobenen Vorwurf der schweren Vergewaltigung geschuldet. Eine Gleichartigkeit der streitgegenständlichen Wortberichterstattung durch die wiederholte Befassung mit diesen Themen ist jedoch nach Auffassung der Kammer nicht zu erkennen. Denn aufgrund des steten Fortgangs des gegen den Kläger gerichteten Strafverfahrens mit stets neuen „Enthüllungen“ und Wendungen erscheinen die angegriffenen Passagen trotz des vorherrschenden Grundthemas in „ganz unterschiedlichem Gewande und Kontext“ (OLG Hamburg, a.a.O.).
166A.
167Vor diesem Hintergrund gilt hinsichtlich der einzelnen Berichterstattungen das Folgende:
1681.a. „L ab und zu wirklich nicht zurechnungsfähig“ vom 31.7.2010 auf www.abendblatt.de (Anlage K 16);
1691.b. „L droht angeblich weiteres Verfahren“ vom 31.7.2010 auf www.welt.de (Anlage K 17);
1701.c „Neuer Ärger in der Freiheit“ vom 1.8.2010 auf www.welt.de (Anlage K 18):
171Hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen
172a) „L „ab und zu wirklich nicht zurechnungsfähig““
173b) „Er habe eine Frau gefesselt und dann mit einem Rohrstock geschlagen.“
174c) „Der 52-jährige soll im Jahr 2001 eine Frau nackt an Badezimmerarmaturen gefesselt und ihr dann mit einem Rohrstock auf den Po gehauen haben. Die Frau habe drei Tage nach Ls Festnahme an das Amtsgericht Mannheim geschrieben, dass sie eine Affäre mit L durchlebt habe und bestätigen könne, dass er „ab und zu wirklich nicht zurechnungsfähig“ sei.“
175e) „Drei Tage nach der Festnahme von L am 20. März soll eine ehemalige Geliebte dem Mannheimer Amtsgericht per Mail mitgeteilt haben, der Moderator solle ab und zu wirklich nicht zurechnungsfähig gewesen sein. L, der vorher nie gewalttätig gewesen sei, habe sie 2001 einmal wegen einer fehlgeleiteten SMS in ihrer Wohnung nackt an die Duscharmatur gefesselt und mit einem selbst mitgebrachten Rohrstock auf das Hinterteil geschlagen.“
176f) „Der unter Vergewaltigungsverdacht stehende 52-jährige Schweizer soll die Frau demnach im Jahr 2001 in ihrer Wohnung nackt an der Armatur der Dusche festgebunden und sie mit einem etwa 50 Zentimeter langen Rohrstock auf den Po geschlagen haben. Die Frau habe drei Tage nach Ls Festnahme an das Amtsgericht Mannheim geschrieben, dass sie eine Affäre mit L durchlebt habe und bestätigen könne, dass er „ab und zu wirklich nicht zurechnungsfähig“ sei.“
177und deren Rechtswidrigkeit wird auf das Urteil der Kammer vom 22.6.2011 (Az. 28 O 950/10, Anlage K20) sowie auf das Urteil des OLG Köln vom 14.2.2012 (Az. 15 U 130/11, Anlage K21) Bezug genommen.
178Eine solche Verweisung ist zulässig, da die Entscheidungen zwischen den Parteien ergangen und ihnen durch Zustellung bekannt gemacht geworden sind (Musielak in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Auflage 2013, § 313 ZPO, Rn. 13 m.w.N.).
179Die Äußerung
180d) „Ls Anwalt Reinhardt Birkenstock bestätigte am Sonnabend einen Bericht des Münchener Magazins „Focus“, nach dem die Staatsanwaltschaft Mannheim wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt. L soll dem Magazin zufolge schon vor Jahren eine Frau in ihrer Wohnung geschlagen haben.“
181ist nicht streitgegenständlich, da der entsprechende Artikel „Körperverletzung: Weiteres Verfahren gegen L“, veröffentlicht auf der Internetseite www.abendblatt.de am 31.7.2010, weder vorgelegt oder in der Klagebegründung in Bezug genommen wurde.
182Nach Auffassung der Kammer liegt hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vor.
183Denn es kann zwar unter Berücksichtigung der Stellung des Klägers in der Gesellschaft und seines dadurch begründeten Bekanntheitsgrades sowohl aufgrund seiner Berufstätigkeit als auch aufgrund des gegen ihn gerichteten Strafverfahrens wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung wie auch unter Berücksichtigung der hier infrage stehenden möglichen Tat grundsätzlich ein gewichtiges Informationsinteresse der Öffentlichkeit bejaht werden. Andererseits ist aber zu berücksichtigen, dass die Berichterstattung über das Bestehen eines Verdachts der Begehung einer Straftat durch die Medien besondere Gefahren für den jeweils Betroffenen begründen kann. Denn Verdächtigungen, Gerüchte und insbesondere Berichterstattungen durch die Medien werden oft für wahr genommen, ihre später erwiesene Haltlosigkeit beseitigt den einmal entstandenen Mangel kaum, und Korrekturen finden selten die gleiche Aufmerksamkeit wie die Bezichtigung, insbesondere wenn es später zu einem Freispruch unter dem Gesichtspunkt in dubio pro reo kommt. Deswegen gebietet die bis zur rechtskräftigen Verurteilung zu Gunsten des Angeklagten sprechende Unschuldsvermutung eine entsprechende Pflicht der Medien, die Stichhaltigkeit der ihr zugeleiteten Informationen unter Berücksichtigung der den Verdächtigen bei identifizierender Berichterstattung drohenden Nachteile gewissenhaft nachzugehen, und eine entsprechende Zurückhaltung, gegebenenfalls einhergehend mit einer Beschränkung auf eine ausgewogene Berichterstattung. Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch bereits an dem für eine zulässige Verdachtsberichterstattung erforderlichen Mindestbestand an Beweistatsachen, da sich der Vorwurf allein auf die Aussage der Anzeigenerstatterin gründet und weitere Umstände weder vorgetragen noch ersichtlich sind. Basiert jedoch der Vorwurf einzig auf einer Anzeige/Aussage einer Person, gehört es zu der journalistischen Pflicht eines Presseorgans auch, die Glaubhaftigkeit derselben zu hinterfragen. Dies ist hier offenkundig nicht geschehen, obschon der Beklagten diese Pflicht hätte bekannt sein müssen. Vielmehr hat die Beklagte den entsprechenden Verdacht zumindest fahrlässig gegenüber dem Kläger ohne weitere Verifizierung der Aussage der Zeugin geäußert. Aufgrund der Prominenz des Klägers und der Art und Schwere der ihm vorgeworfenen Tat bleibt jedoch eine erhebliche Stigmatisierung im Sinne einer Gewaltbereitschaft gegenüber Frauen bei den Rezipienten haften. Denn die vorliegende Berichterstattung in auflagenstarken Presseerzeugnissen sowie auf deutschlandweit abrufbaren Internetseiten begründet die gesteigerte Gefahr der Vorverurteilung des Klägers als frauenverachtender, gewaltbereiter Mensch, da durch die stete Wiederholung eines im Kern vergleichbaren Vorwurfs der Gewaltausübung gegenüber Frauen sich in der öffentlichen Meinung die Einschätzung verfestigen kann, dass der Vergewaltigungsvorwurf zutreffend sein könnte. Verstärkt wird die Stigmatisierungswirkung auch durch das Zitat, der Kläger sei „ab und zu wirklich nicht zurechnungsfähig“, da dem unbefangenen Leser damit ein zwanghaftes Verhalten des Klägers nahe gelegt wird, das ein entsprechendes Tatgeschehen wie auch den in dem anhängig gewesenen Strafverfahren erhobenen Vorwurf plausibler erscheinen lässt.
184Vor dem Hintergrund, dass dem Rezipienten durch diese unzulässige Verdachtsberichterstattung suggeriert wird, dass beide Vorwürfe aufgrund ihrer Häufung zutreffend sein könnten, besteht nach Auffassung der Kammer auch keine anderweitige Ausgleichsmöglichkeit als eine Geldentschädigung, die geeignet wäre, die hierdurch entstandene Stigmatisierung des Klägers in der Öffentlichkeit zu revidieren oder zu mildern. Denn jede erneute Thematisierung dieser Umstände würde den durch die Berichterstattung der Beklagten bei der Leserschaft hervorgerufenen Eindruck, der Kläger sei ein frauenverachtender und gewaltbereiter Mensch, nur noch verfestigen.
1852. „Plötzlich macht Ls Handy neue Aussage“ vom 5.12.2010 in der „Welt am Sonntag“ (Anlage K 23):
186Hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen
187a) „In monatelanger Kleinarbeit rekonstruierten Ermittler die gelöschten Daten und fanden Hinweise auf ein möglicherweise neues Opfer.“
188b) „Laut „Focus“ kamen die Ermittler so auch einer neuen Zeugin auf die Spur, deren Aussage ihn schwer belastet. Die Frau soll behaupten, dass L sie beim Liebesspiel am 17. Januar plötzlich brutal behandelt habe. Er sei für kurze Zeit ein anderer Mensch geworden.“
189und deren Rechtswidrigkeit wird auf das Urteil der Kammer vom 10.7.2013 (Az. 28 O 439/12, Anlage K25) sowie auf das Urteil des OLG Köln vom 18.2.2014 (Az. 15 U 110/13, Anlage K186) Bezug genommen.
190Nach Auffassung der Kammer liegt hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vor.
191Denn es ist zu berücksichtigen, dass dem Kläger durch die angegriffenen Äußerungen eine weitere Straftat, begangen gegenüber der in dem Artikel genannten Zeugin, vorgeworfen wird. Es wird in diesem Zusammenhang von einem „neuen Opfer“ sowie einer „schweren Belastung“ des Klägers gesprochen und auf eine Brutalität beim Liebesspiel hingewiesen. Verstärkt wird diese Deutung durch die Äußerungen „Sprengstoff für das Verfahren“ sowie „kam das BKA zu einem brisanten Ergebnis“. Diese Formulierungen stellen den Zusammenhang zwischen dem in der Öffentlichkeit zum damaligen Zeitpunkt präsenten Verdacht und einem behaupteten weiteren Fall „brutaler Behandlung“ her und verstärkten den Eindruck, dass der Zusammenhang auch hier ein strafrechtlich relevanter sein könne. Es ist jedoch unstreitig, dass der in dem Artikel angesprochene Verdacht weder zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch zu einem späteren Zeitpunkt bestand. Folglich fehlte es bereits an einem Mindestbestand an Beweistatsachen für eine zulässige Verdachtsberichterstattung, was die Beklagte hätte erkennen können. Hinzu kommt, dass in einer Verdachtsberichterstattung auch Entlastungsmomente anzugeben sind, um eine Vorverurteilung des Verdächtigen zu vermeiden. Daran fehlt es hier jedoch gänzlich. Der Artikel erwähnt nicht, ob es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die beschriebenen Liebesspiele nicht gegen den Willen der genannten Zeugin erfolgten. Selbst wenn die Beklagte für sich geltend machen könnte, dass ein Interesse an einer näheren Kenntnis von weiteren Beziehungen des Klägers bestünde, so hätte sie doch klarstellen müssen und können, dass der berichtete Vorfall nicht notwendig Anhaltspunkte für strafbares Verhalten gibt. Im Ergebnis bleibt daher der den Kläger stigmatisierende Verdacht, eine weitere Frau misshandelt zu haben, stehen, ohne dass ausgewogen berichtet worden wäre. Vor dem Hintergrund, dass dem Rezipienten durch diese unzulässige Verdachtsberichterstattung suggeriert wird, dass auch der angeklagte Vorwurf aufgrund der Häufung der Vorfälle zutreffend sein könnte, besteht nach Auffassung der Kammer auch keine anderweitige Ausgleichsmöglichkeit als eine Geldentschädigung, die geeignet wäre, die hierdurch entstandene Stigmatisierung des Klägers in der Öffentlichkeit zu revidieren oder zu mildern. Denn jede erneute Thematisierung dieser Umstände würde den durch die Berichterstattung der Beklagten bei der Leserschaft hervorgerufenen Eindruck, der Kläger sei ein frauenverachtender und gewaltbereiter Mensch nur noch verfestigen.
1923. „L und die gefährliche Zeugin“ vom 6.3.2011 in der „Bild am Sonntag“ (Anlage K 26):
193Hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen
194a) „Wenige Sekunden später soll L Linda T. an die Wand gedrückt, ihr das Oberteil ausgezogen haben. L habe sie am Hals gepackt und mehrmals geschlagen. Er soll sie dann über die Lehne der Couch gebeugt und eine sexuelle Handlung an ihr verübt haben, bei der er in ihren Körper eindrang, und die Linda T. als sadomasochistisch beschreibt. Er soll sie auch an den Haaren gezogen und am Arm gezerrt haben.“
195b) „Linda T. soll außerdem ausgesagt haben, sich an diesem Nachmittag nicht gegen L gewehrt zu haben. Gegenüber einem Vertrauten soll sie später gesagt haben, dass sie ruhig geblieben sei, um L nicht zu provozieren.“
196c) „Er soll sie geschlagen haben.“
197und deren Rechtswidrigkeit wird auf das Urteil der Kammer vom 10.6.2015 (Az. 28 O 563/14) Bezug genommen.
198Nach Auffassung der Kammer liegt hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen auch eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vor, da es bereits an einem Mindestbestand an Beweistatsachen fehlt, der es rechtfertigen würde, über den jeweils von der Zeugin M erhobenen Vorwurf zu berichten. Denn als Grundlage einer Verdachtsäußerung liegt hier erneut lediglich die Aussage der Zeugin selbst vor. Der Beweisgehalt dieser Quelle ist zudem maßgeblich relativiert, da die Beklagte lediglich mittelbar durch eine weitere Quelle vom Hörensagen von den Ausführungen der Zeugin in der nicht-öffentlichen Sitzung bei der Staatsanwaltschaft Zürich erfahren haben wolle. Dem hingegen hat die Zeugin selbst über ihren Rechtsanwalt erklären lassen, sich nicht mehr weiter zu den Vorgängen zu äußern. Unabhängig davon lässt sich eine Verdachtsberichtserstattung über einen gravierenden – möglicherweise strafrechtlichen - Vorwurf im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK nicht alleine auf die Aussage des jeweiligen Opfers stützen, sofern nicht weitere Beweistatsachen vorliegen, welche diese Aussage stützen. Dies war jedoch nicht der Fall, was die Beklagte hätte erkennen müssen. Die Unschuldsvermutung gebietet in einem solchen Fall jedoch eine entsprechende Zurückhaltung, mindestens aber eine ausgewogene Berichterstattung. Auch ist bei der Abwägung zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass er deutschlandweit als Person mit gewalttätigen Neigungen dargestellt wird und dies seinem Ansehen in der Öffentlichkeit äußerst abträglich ist. Im Ergebnis bleibt der den Kläger stigmatisierende Verdacht, eine weitere Frau misshandelt zu haben, stehen, ohne dass seitens der Beklagten ausgewogen berichtet worden wäre. Hinzu kommt, dass eine Prozessberichterstattung zwar im Grundsatz nicht auf die Wiedergabe von Zeugenaussagen verzichten kann, um den Lesern den weiteren Verlauf des Strafverfahrens, z.B. die erneute Vernehmung eines Zeugen oder den derzeitigen Stand des Verfahrens nachvollziehbar darzustellen. Andererseits ist hier jedoch zu beachten, dass der Aussage der Zeugin M mangels Anwesenheit in der Tatnacht hinsichtlich der angeklagten Tat - anders als der Aussage der Zeugin E als mutmaßliches Tatopfer - für das konkrete Tatgeschehen keinerlei Bedeutung zukam, weil kein enger Bezug zu dem eigentlichen Tatvorwurf bestand. Schließlich folgt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht bereits aus dem Umstand, dass eine Zeugin ausgesagt hat, dass sämtliche Details aus ihrer Vernehmung von der Presse öffentlich verbreitet werden dürfen, unabhängig davon, dass die Zeugin M hier unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen wurde. Denn von dem Grundsatz der „Saalöffentlichkeit“, auf welchen sich die Medien auch nicht in jedem Fall berufen können, werden zum Schutze von Persönlichkeitsrechten Einschränkungen gemacht. Auch wenn Zeugen im Rahmen eines Strafverfahrens vernommen werden und diese Aussagen vom Gericht im Urteil gewürdigt werden, stellt dies keine Berechtigung der Presse dar, sämtliche Details dieser Aussagen unabhängig davon zu veröffentlichen, ob im konkreten Fall das Persönlichkeitsrecht des Angeklagten oder der Zeugen selbst eine Wiedergabe der fraglichen Details verbietet oder ob dagegen das öffentliche Berichterstattungsinteresse überwiegt. Letztlich ist auch hier maßgeblich zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Fall konkrete Details der Aussage der Zeugin M in Bezug auf die – vermeintlichen - sexuellen und mit Gewalt verbundenen Handlungen des Klägers wiedergegeben wurden. Damit wird schließlich – deren Wahrheit unterstellt - auch nach Auffassung der Zeugin ein konkreter sadomasochistischer Akt erläutert. Hierdurch werden jedoch solche Details über das Sexualleben des Klägers an die Öffentlichkeit gebracht, welche in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem angeklagten Tatgeschehen standen. Aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs mit der angeklagten Tat wird der Kläger – wie bereits dargestellt - zudem nicht nur als gewaltaffin, sondern auch als Wiederholungstäter dargestellt. Unter Berücksichtigung der für den Kläger auch hinsichtlich der von der Zeugin erhobenen Vorwürfe, die – soweit ersichtlich – nicht selbst zu weiteren Ermittlungen geführt haben, streitenden Unschuldsvermutung, der Preisgabe intimer Einzelheiten, der eingetretenen Stigmatisierung in der Öffentlichkeit als ein frauenverachtender und gewaltbereiter Mensch und des Umstandes, dass die Aussagen der Zeugin für das eigentliche Tatgeschehen keinerlei Bedeutung hatten, ist auch insofern eine Geldentschädigung zuzuerkennen.
1994. „Ls Anwalt wettert gegen unliebsame Zeuginnen“ vom 25.3.2011 in der „Bild“ (Anlage K 28):
200Hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen
201a) „All diese Frauen, denen L meist von Liebe und einer gemeinsamen Zukunft vorgeschwärmt haben soll, ist eines gemein: Sie werfen ihm vor, er sei in ihrer Beziehung gewalttätig gewesen.“
202b) „Nämlich darum, dass mehrere Ex-Freundinnen über einen Zeitraum von zehn Jahren alle das Gleiche sagen: Dass L in der Beziehung gewalttätig geworden sein soll. Denn stimmen die Aussagen der anderen Ex-Freundinnen, hätte L sich in dieser Nacht nicht zum ersten Mal gewalttätig verhalten.“
203c) „Ach ja, und neuerdings spielt er auch mit seinem iPad. Während der Verhandlung.“
204und deren Rechtswidrigkeit wird auf das Urteil der Kammer vom 10.6.2015 (Az. 28 O 564/14) Bezug genommen.
205Nach Auffassung der Kammer liegt hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen a) und b) eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vor, da es bereits an einem Mindestbestand an Beweistatsachen fehlt, der es rechtfertigen würde, über den jeweils von den drei Zeuginnen D, M und Q erhobenen Vorwurf zu berichten, da es lediglich die jeweiligen Aussagen der Zeuginnen gibt, ohne dass weitere, diese Aussagen stützende Anhaltspunkte ersichtlich oder vorgetragen wären. Die jeweilige Aussage des Opfers allein rechtfertigt es vor dem Hintergrund der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgenden und in Art. 6 Abs. 2 EMRK anerkannten Unschuldsvermutung – wie bereits dargestellt - jedoch nicht, bereits über den insoweit bestehenden Verdacht zu berichten, sofern nicht weitere Beweistatsachen vorliegen, welche die Aussage des Opfers stützen, was der Beklagten hätte bekannt sein müssen. Die Unschuldsvermutung gebietet in solchen Fällen eine entsprechende Zurückhaltung bei der Mitteilung von Einzelheiten aus dem privaten Lebensbereich, deren Kenntnis zur Befriedigung des berechtigten Informationsinteresses nicht zwingend erforderlich ist. Dass es sich bei den in Rede stehenden Äußerungen nicht um die dem Kläger vorgeworfene Straftat selbst handelt, sondern um eine wahre Tatsachenbehauptung - nämlich den Umstand, dass die Zeuginnen im Rahmen ihrer Aussagen, jeweils den Vorwurf äußerten, der Kläger sei gewalttätig gewesen - aus dem gegen ihn geführten Strafverfahren, steht der Berücksichtigung der Unschuldsvermutung im Rahmen der Abwägung auch nicht entgegen. Denn auch eine wahre Tatsachenbehauptung kann das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussage geeignet ist, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden droht. Deshalb ist bei der Abwägung zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass er als Person mit gewalttätigen Neigungen dargestellt wird und dies seinem Ansehen in der Öffentlichkeit äußerst abträglich sein kann. Ferner ist zu berücksichtigen, dass bei einem Strafverfahren die Kenntnis des Inhalts der Zeugenaussagen für die Beurteilung des weiteren Verfahrensverlaufs und das Verständnis der Beweiserhebungen sowie die Würdigung der Beweisergebnisse in der Hauptverhandlung von nicht so erheblicher Bedeutung ist, wie z.B. die Einlassung des Angeklagten. Gleichwohl wird man den seitens des jeweiligen Gerichts für erforderlich gehaltenen Zeugenaussagen – unabhängig davon, ob es sich um Belastungszeugen handelt oder nicht – eine gewisse Relevanz für den weiteren Verlauf des Strafverfahrens grundsätzlich nicht absprechen können. Eine ausgewogene Prozessberichterstattung wird deshalb grundsätzlich nicht auf die Wiedergabe derselben verzichten können, um den Lesern den weiteren Verlauf des Strafverfahrens, z.B. die erneute Vernehmung eines Zeugen oder den derzeitigen Stand des Verfahrens nachvollziehbar darzustellen. Andererseits ist hier zu beachten, dass den Aussagen der Zeugen Q, M und D mangels Anwesenheit in der Tatnacht hinsichtlich der angeklagten Tat, anders als der Aussage der Zeugin E, für das Tatgeschehen keine Bedeutung zukam, weil kein enger Bezug zu dem eigentlichen Tatvorwurf bestand. Auch bedeutet der Umstand, dass die Zeuginnen sich in ihren Vernehmungen dahingehend äußerten, der Kläger sei im Rahmen von sexuellen Handlungen gewalttätig gewesen, nicht, dass sämtliche Details aus diesen Vernehmungen von der Presse veröffentlicht oder in sonstiger Weise verbreitet werden dürfen, zumal zu berücksichtigen ist, dass sämtliche Zeuginnen – wohlweislich - unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen wurden. Denn auch wenn Zeugen im Rahmen eines Strafverfahrens vernommen werden und diese Aussagen vom Gericht im Urteil gewürdigt werden, stellt dies – wie bereits dargestellt - keine Berechtigung der Presse dar, sämtliche Details dieser Aussagen unabhängig davon zu veröffentlichen, ob im konkreten Fall das Persönlichkeitsrecht des Angeklagten eine Wiedergabe der fraglichen Details verbietet oder ob dagegen das öffentliche Berichterstattungsinteresse überwiegt. Vor diesem Hintergrund ist zwar zu berücksichtigen, dass die Aussagen der Zeuginnen D, M und Q nicht detailliert wiedergegeben wurden, sondern nur ihrem wesentlichen Inhalt nach. Andererseits wird hierdurch ein Bild des Klägers in der Öffentlichkeit als „Serientäter“ gezeichnet, welches höchst abträglich ist. Unter Berücksichtigung der für den Kläger auch hinsichtlich der von den Zeuginnen D, Q und M erhobenen Vorwürfe, die jeweils nicht zu einem Hauptverfahren geführt haben, streitenden Unschuldsvermutung und des Umstandes, dass die Aussagen der Zeuginnen für das eigentliche Tatgeschehen keinerlei Bedeutung hatten, so dass ihre Darstellung nicht zwingend erforderlich war, ist auch insoweit eine Geldentschädigung zuzuerkennen.
206Demgegenüber ist fehlt es hinsichtlich der Äußerung c) an der erforderlichen Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung. Der Kläger ist zwar in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht betroffen, da die Äußerung suggeriert und auch suggerieren will, dass der Kläger im Gerichtssaal ein unangemessenes Verhalten an den Tag gelegt hat, in dem er während der Verhandlung mit seinem ipad gespielt habe. Gleichwohl wird selbst bei unterstellter Wahrheit die Persönlichkeit des Klägers nicht in ihren Grundfesten tangiert oder er selbst wegen intimer oder privater Details seines Sexuallebens in der Öffentlichkeit stigmatisiert.
2075. „Es geht um Schläge, Peitschen, Fessel-Sex - Das bizarre Liebesleben von L und seiner Ex“ vom 19.7.2010 in der „Bild“ (Anlage K 30):
208Hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen
209a) “ES GEHT UM SCHLÄGE, PEITSCHEN, FESSEL-SEX”
210b) “Denn aus Ermittlungsakten, die BILD vorliegen, geht hervor, dass beide eine Vorliebe für sadomasochistische Sexualpraktiken gehabt haben sollen.”
211c) “Es geht um bizarre Spiele mit Schlägen, es geht um Fessel-Sex, Handschellen und Peitschen. Alles soll einvernehmlich gewesen sein. Das wird auch in einer E-Mail deutlich, in der die Ex-Freundin gegenüber L ausdrücklich versicherte, dass sie sich von ihm nicht prügeln ließe, wenn sie etwas dagegen hätte.”
212d) “L versichert seiner Ex-Freundin in einer E-Mail vom 28. Januar 2010 – also nur zwei Wochen vor der vermeintlichen Tat – dass er ihr ein “Mitspracherecht” bei Dingen gewähre, wenn er sie züchtige.”
213e) “In einer weiteren E-Mail fragt L seine Freundin, ob sie dauerhaft in seine Hände und unter seine “Peitsche” will. Sie beteuerte ihm gegenüber, es gehöre zu ihrem Leben, seine “Dienerin” zu sein.”
214f) “Bei einer Befragung im Zuge der Ermittlungen gibt Sabine W. später an, L habe beim Sex mit ihr gerne zur Peitsche gegriffen. Es sei für ihn ein “Lustgewinn” gewesen, sie zu schlagen.”
215und deren Rechtswidrigkeit wird auf das Urteil der Kammer vom 22.6.2011 (Az. 28 O 951/10, Anlage K32) sowie auf das Urteil des OLG Köln vom 14.2.2012 (Az. 15 U 126/11, Anlage K33) Bezug genommen.
216Nach Auffassung der Kammer liegt hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen auch eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vor, da die Berichterstattung einen konkreten Bezug zu den Tatvorwürfen vermissen lässt. Schon die Überschrift rückt die angeblichen sexuellen Vorlieben des Klägers und der Anzeigenerstatterin in den Vordergrund; das Verfahren wegen Vergewaltigung bleibt insofern unerwähnt. Durch den Gesamtkontext wird bei dem Leser bewusst der Eindruck erweckt, dass es sich bei den erwähnten „pikanten Details“ um solche mit Bezug zum Sexualleben des Klägers handelt. Dieser Erwartung wird der nachfolgende Artikel, insbesondere durch die beanstandeten Äußerungen, gerecht. Es folgen zwar zwei Absätze, in denen das Strafverfahren und der Prozessbeginn angesprochen werden. Sodann geht die Berichterstattung allerdings über in die Mitteilung intimer Details, die sich aus der Ermittlungsakte ergäben. Auch lag der Kern des Strafverfahrens, welches gegen den Kläger gerichtet war, in der Klärung der Frage, ob der Kläger der schweren Vergewaltigung schuldig ist. Ansonsten einvernehmlich zwischen ihm und der Anzeigenerstatterin durchgeführte Sexualpraktiken waren insofern bedeutungslos. Der Artikel stellt dementsprechend inhaltlich keinen konkreten Bezug zu dem Strafverfahren her und berichtet insbesondere nicht über die Relevanz der Erkenntnisse zu der einvernehmlich ausgelebten Sexualität zwischen dem Kläger und der Anzeigeerstatterin. Damit dienen die beanstandeten Äußerungen in ihrem Kontext vorrangig der Darstellung angeblicher sexueller Vorlieben des Klägers, hinsichtlich derer ein Informationsinteresse der Allgemeinheit zu verneinen ist. Zudem ist die Bedeutung der beanstandeten Äußerungen für das Strafverfahren vorliegend als gering zu bewerten, da die mitgeteilten Tatsachen für die Schuldfrage der vorgeworfenen Vergewaltigung ohne Belang sind. Vielmehr stellen sie bis dahin angeblich übliche, einvernehmlich praktizierte sexuelle Handlungen zwischen dem Kläger und der Anzeigeerstatterin dar. Diese sexuellen Vorlieben, die durch die Beklagte öffentlich gemacht und verbreitet wurden, werden auch trotz des späteren Freispruches einem Großteil der Rezipienten in Erinnerung bleiben. Hierdurch wird der Kläger als eine Person mit Neigung zu sadomasochistischen Praktiken beschrieben und seine vermeintlichen sexuellen Vorlieben der Öffentlichkeit präsentiert. Dass dies die Gefahr einer sozialen Ausgrenzung und Isolation in sich birgt, da er als auf Sexualverkehr mit Ausleben von Gewalt fixierte Person charakterisiert wird, bedarf keiner weiteren Erläuterung und hätte der Beklagten auch klar sein müssen. Bei Eingriffen in die Privat- und Intimsphäre besteht eine anderweitige Ausgleichsmöglichkeit in der Regel nicht. Die Privatsphäre ist nach ihrer Öffnung unwiederbringlich, weder Gegendarstellung noch Beseitigung oder Widerruf können sie wieder herstellen. Das gilt auch, wenn ein Umstand zwar bereits bekannt war, durch seine Verbreitung und seine Anreicherung mit eigenen Beurteilungen aber vertieft wird. Diese Steigerung der Eingriffsintensität kann nicht durch einen Beseitigungs- oder Gegendarstellungsanspruch allein kompensiert werden und bedarf zu ihrer Kompensation nach Auffassung der Kammer der Zuerkennung einer Geldentschädigung.
2176. „Der Fall L – Mit Zuckerbrot und Reitpeitsche“ vom 2.8.2010 auf www.abendblatt.de (Anlage K 34)
218Hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen
219a. „Mit Zuckerbrot und Reitpeitsche“
220b. „Nun kommt heraus (…), dass L seine Gespielin (…) bei Peitschen- und Folterspielen wund geschlagen hat und sich, zwecks sexueller Erregung, diese Bilder von Striemen und Verletzungen in ihrem Computer mit Zeichen wohlwollender Erregung angeschaut hat: ein sadistischer Voyeur sozusagen.“
221c. „andere Opfer seines aggressiven Wohlgefallens“
222d. „So wie er (…) die Zuneigung geduldiger Dienerinnen, die er mit Zuckerbrot und Reitpeitsche psychisch über elf Jahre ruiniert hat, (…).“
223und deren Rechtswidrigkeit (Äußerungen b. und d.) bzw. deren Rechtmäßigkeit (Äußerungen a. und c.) wird auf das Urteil des OLG Köln vom 21.10.2014 (Az. 15 U 55/14, Anlage K191) Bezug genommen.
224Hinsichtlich der rechtswidrigen Äußerungen liegt nach Auffassung der Kammer eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vor, da es bereits an einem Mindestbestand an Beweistatsachen für die vorliegend gegebene Verdachtsberichterstattung bezüglich eines sadistischen Voyeurismus des Klägers und/oder einer psychischen Ruinierung seiner Partnerinnen fehlt. Denn zum einen konnten die Zeuginnen T und Q, auf deren Angaben sich der Artikel im Focus stützt, selbst nach dem Vorbringen der Beklagten keine Angaben zu den sexuellen Praktiken zwischen der Anzeigenerstatterin und dem Kläger machen. Zum anderen haben weder die Anzeigenerstatterin noch die erwähnten Zeuginnen konkrete Angaben dazu gemacht, dass sie vom Kläger „psychisch ruiniert“ worden seien oder dies so empfunden hätten. Vielmehr handelt es sich um eine eigene Schlussfolgerung des Autors, für die es an einer hinreichenden Grundlage fehlt und die den Kläger – auch für die Beklagte ersichtlich – in der Öffentlichkeit erheblich als frauenverachtenden Menschen stigmatisiert. Im Ergebnis bleibt daher der den Kläger stigmatisierende Verdacht, mehrere Frauen misshandelt zu haben, stehen. Vor dem Hintergrund, dass dem Rezipienten durch diese unzulässige Verdachtsberichterstattung suggeriert wird, dass auch der angeklagte Vorwurf aufgrund der Häufung der Vorfälle zutreffend sein könnte, besteht nach Auffassung der Kammer auch keine anderweitige Ausgleichsmöglichkeit als eine Geldentschädigung, die geeignet wäre, die hierdurch entstandene Stigmatisierung des Klägers in der Öffentlichkeit zu revidieren oder zu mildern. Denn jede erneute Thematisierung dieser Umstände würde den durch die Berichterstattung der Beklagten bei der Leserschaft hervorgerufenen Eindruck, der Kläger sei ein frauenverachtender und gewaltbereiter Mensch, nur noch verfestigen.
2257. „Der nette Wettermoderater und die SM-Spiele mit Peitsche“ vom 13.9.2010 auf www.welt.de (Anlage K 37):
226Hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen
227a. „Der nette Wettermann und seine SM-Spiele mit Peitsche“
228b. „bis er nach einem ärztlichen Test belehrt wurde, dass er nicht zeugungsfähig sei.“
229c. „(…) gern auch mal mit Handschelle oder bereit gelegter Reitpeitsche.“
230d. „Das Kuschelbärchen aus den Schweizer Bergen soll dunkle Triebe mit SM-Spielchen und multiplen Liebschaften ausgelebt haben.“
231und deren Rechtswidrigkeit (Äußerung b.) bzw. deren Rechtmäßigkeit (Äußerungen a., c. und d.) wird auf das Urteil des OLG Köln vom 21.10.2014 (Az. 15 U 56/14, Anlage K192) Bezug genommen.
232Hinsichtlich der rechtswidrigen Äußerung liegt nach Auffassung der Kammer eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vor, da die Frage der Zeugungsfähigkeit des Klägers seiner Intimsphäre zuzurechnen ist, hinsichtlich derer eine Berichterstattung schlechthin unzulässig ist. Zudem steht dieses medizinische Detail weder in unmittelbarer Beziehung zur Tat noch gibt es Aufschlüsse über Motive oder andere Tatvoraussetzungen oder erscheint es für die Bewertung der Schuld wesentlich. Dies hätte die Beklagte auch erkennen können. Die Mitteilung dieses Umstandes diente allein der Sensationslust der Leser, die weitere intime Details aus dem Privatleben des Klägers erfahren wollten. Ferner hätte die Berichterstattung über den Prozesstag und die Angaben des Klägers zum Ablauf der Tatnacht auch ohne Nennung dieses Details zum Gesundheitszustand des Klägers vollständig erfolgen können. Vor dem Hintergrund, dass die Intimsphäre des Klägers unwiederbringlich geöffnet wurde, ist die Kammer der Auffassung, dass auch keine anderweitige Ausgleichsmöglichkeit für den erlittenen Eingriff gegeben ist, so dass auch insofern eine Geldentschädigung zuzuerkennen ist.
2338. „Vergewaltigungsprozess immer absurder – Hier reist das ganze Gericht zu Ls Geliebter Nr. 10 in die Schweiz“ vom 16.2.2011 in der „Bild“ (Anlage K 40):
234Hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen
235a. „Hier reist das ganze Gericht zu Ls Geliebter Nr. 10 in die Schweiz“
236b. „HIER REIST DAS GERICHT ZUR GELIEBTEN NR. 10!“
237c. „Er sei beim Sex am 17. Januar 2010 zu weit gegangen“
238d. „Der Vorfall soll zwei Wochen vor der mutmaßlichen Vergewaltigung von Ls Ex-Freundin Sabine W.* (37) passiert sein.“
239und deren Rechtswidrigkeit (Äußerung c. und d.) bzw. deren Rechtmäßigkeit (Äußerungen a. und b.) wird auf das Urteil des LG Köln vom 10.6.2015 (Az. 28 O 565/14) Bezug genommen.
240Hinsichtlich der rechtswidrigen Äußerungen liegt nach Auffassung der Kammer eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vor, da durch die Beschreibung des übergriffigen Verhaltens des Klägers gegenüber der Zeugin M, der direkten sachlichen und zeitlichen Bezugnahme auf die die Anklage tragenden Vorwürfe gegen den Kläger, die Bezeichnung als Belastungszeugin und die Frage, wie gefährlich die Aussage für den Kläger werde, die Gefahr einer Vorverurteilung im Hinblick auf den Tatvorwurf besteht. Zudem wird damit der Verdacht einer möglichen weiteren Straftat zu Lasten der Zeugin M verbreitet. Hierfür fehlt es jedoch bereits an einem Mindestbestand an Beweistatsachen, welcher es rechtfertigen würde, über den von der Zeugin M mutmaßlich erhobenen Vorwurf zu berichten. Grundlage des Mitteilung, dass der Kläger beim Sex zu weit gegangen sei, ist erkennbar allein der in Bezug genommene Focus-Artikel vom 6.12.2010 und der entsprechende Telefonvermerk des Oberstaatsanwalts H, welchen die Kammer bereits im Hinblick auf eine vorherige Veröffentlichung als inhaltlich wenig aussagekräftig angesehen hat (Urteil vom 10.7.2013, 28 O 439/12; bestätigend OLG Köln Urteil vom 18.2.2014, 15 U 110/13). Die Kammer verkennt insofern nicht, dass im Gegensatz zur der dort streitgegenständlichen Veröffentlichung, welche von Frau M als neues „Opfer“ sprach, der Verdacht hier tendenziell zurückhaltender geäußert wird und zusätzlich durch die konkret angesetzte Zeugenvernehmung auch ein neuer Anlass für die Berichterstattung bestand. Zum Zeitpunkt des Berichts war jedoch nicht bekannt, was die Zeugin tatsächlich aussagen würde. Hiergegen wird jedoch durch die konkrete Berichterstattung das Bild des Klägers als Serientäter gezeichnet – dies insbesondere deshalb, da durch die Betonung der zeitlichen Abfolge die Vorfälle in eine enge Beziehung zueinander gestellt werden. Die Zeugin M belastete den Kläger schließlich im Hinblick auf einen möglichen strafrechtlich relevanten Vorwurf auch nicht, da sie in ihrer Vernehmung selbst angab, dem Kläger zu keiner Zeit verbal oder durch Gesten Einhalt geboten zu haben. Aufgrund der Tatsache, dass der Kläger als notorischer Gewalttäter dargestellt wird, besteht nach Auffassung der Kammer auch keine anderweitige Ausgleichsmöglichkeit als eine Geldentschädigung, die geeignet wäre, die hierdurch entstandene Stigmatisierung des Klägers in der Öffentlichkeit zu revidieren oder zu mildern. Denn jede erneute Thematisierung dieser Umstände würde den durch die Berichterstattung der Beklagten bei der Leserschaft hervorgerufenen Eindruck, der Kläger sei ein frauenverachtender und gewaltbereiter Mensch, nur noch verfestigen.
2419. „Popstar X und L – Er schickte ihr 50 heiße Flirt-SMS“ vom 7.4.2010 in „Bild“ (Anlage K 42):
242Hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen
243„Wie erreicht man als Alm-Öhi, dass Du Heidi wirst?“
244„Wie schnell sollte man sein, damit einem andere nicht zuvorkommen?“
245„Ich hatte gehofft, besonders zu sein.“
246„Es war auch wunderschön zu spüren, dass Du kein Blödchen bist, wie blöde alte Männer bei Castingmädchen denken könnten.“
247„Grmpf, greift ins voll Eifersüchtigguck.“
248„Ohoho, Stalking grenzwert erreicht?“
249„Ich ahnte es so. Nach Alpöhi-Weltbild würde das arme Vreni nur noch zu Hause wild sein dürfen.“
250„Sympathisch, Lausemädchen.“
251und deren Rechtswidrigkeit wird auf das Urteil der Kammer vom 9.7.2014 (Az. 28 O 522/13, Anlage K182) sowie auf das Urteil des OLG Köln vom 3.2.2015 (Az. 15 U 133/14) Bezug genommen.
252Insofern liegt nach Auffassung der Kammer eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vor, da ein Eingriff der Beklagten in die Privatsphäre des Klägers dadurch vorliegt, dass sie die ihr durch Frau X rechtswidrig, weil ohne Einwilligung des Klägers, zur Verfügung gestellten SMS-Nachrichten in ihrem Wortlaut veröffentlicht hat und damit die Äußerungen des Klägers über seine Gefühle und Empfindungen in Form des von ihm geschriebenen Wortes der Öffentlichkeit bekannt gemacht hat. Durch die Veröffentlichung des exakten Wortlauts der SMS-Nachrichten wurden die Äußerungen des Klägers gerade in ihrer textlichen Fixierung aller Einzelheiten des Ausdrucks reproduziert. Damit stellt sich die Weitergabe der SMS nicht nur als bloße Indiskretion dar, sondern als eine komplexe Preisgabe der Person des Klägers an die Öffentlichkeit. Der Beklagten ist insofern eine rücksichtslose Verfügung über die Person des Klägers vorzuwerfen. Denn der Beklagten war schon aufgrund der Umstände – der Kläger befand sich in Untersuchungshaft, das Ermittlungsverfahren dauerte an – bewusst, dass dieser keine Einwilligung zur wörtlichen Veröffentlichung der betreffenden SMS-Nachrichten erteilen würde und sie hat eine solche Einwilligung auch nicht versucht einzuholen. Des Weiteren betreffen die Äußerungen des Klägers in den streitgegenständlichen Textnachrichten seine Privatsphäre. Denn sie enthalten Angaben über seine Gefühle gegenüber Frau X und geben Auskunft über seine Bemühungen, eine (intime) Beziehung mit ihr zu beginnen. In die Intimsphäre sind sie trotz dieses höchstpersönlichen Bezuges nur deshalb nicht einzuordnen, weil sie ihrem konkreten Inhalt nach keine Angaben zu höchstpersönlichen Belangen (sexuelle Vorlieben etc.) enthalten, sondern sich lediglich bei einer Gesamtschau die sexuell motivierte Situation des Klägers ergibt. Es ist jedoch nicht ersichtlich, welches Interesse an einer Berichterstattung über die Einzelheiten der privaten Kommunikation des Klägers mit Frau X bestehen sollte, zumal die Beklagte darüber, dass der Kläger den Versuch unternommen hat, eine (intime) Beziehung zu Frau X aufzubauen und dass die betreffenden Kontakte über SMS-Nachrichten geführt wurden, auch hätte berichten können, ohne die Einzelheiten der SMS-Nachrichten wörtlich wiederzugeben. Insoweit ist festzustellen, dass der Wortlaut der betreffenden SMS-Nachrichten keinen maßgebenden Informationswert für die Öffentlichkeit hatte und zwar weder im Zusammenhang mit den ursprünglich gegen den Kläger erhobenen strafrechtlichen Vorwürfen noch mit Rücksicht auf die Bekanntheit des Klägers in der Öffentlichkeit und seiner damit verbundenen Leitbild- und Kontrastfunktion. Vielmehr diente die Wiedergabe der SMS-Nachrichten des Klägers an Frau X allein der Befriedigung der Neugier der Öffentlichkeit. Vor diesem Hintergrund ist eine anderweitige Ausgleichsmöglichkeit nicht erkennbar und folglich auch insoweit eine Geldentschädigung zuzuerkennen.
25310. „Hatte L 6 Frauen gleichzeitig?“ vom 29.4.2010 in „Bild“ (Anlage K 44):
254Hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerung
255„Meine gesundheitliche Lage ist ziemlich unangenehm. (…) Es ist einfach von den Geräten so, dass es jederzeit einen Infarkt oder Schlaganfall geben kann. (…) Ich will kein toter Vater für deine hübschen Kinder sein.“
256und deren Rechtswidrigkeit wird auf das Urteil der Kammer vom 16.3.2011 (Az. 28 O 497/10, Anlage K46) sowie auf das Urteil des OLG Köln vom 15.11.2011 (Az. 15 U 60/11, Anlage K47) Bezug genommen.
257Insofern liegt nach Auffassung der Kammer eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vor, da der angegriffenen Textpassage in ihrer konkreten Einbettung in die Berichterstattung eine die Person des Klägers charakterlich negativ abqualifizierende Aussage zu entnehmen ist, deren Verbreitung dieser weder unter dem Gesichtspunkt einer Verdachtsberichterstattung noch wegen seiner unabhängig von dem gegen ihn vorgebrachten Verdacht einer Straftat bestehenden Prominenz und eines insoweit bestehenden Interesses einer Berichterstattung über seine Lebensweise akzeptieren muss. Denn die auszugsweise Verbreitung des Inhalts der E-Mail des Klägers an seine damalige Freundin stellt einen rechtswidrigen Eingriff in die Privatsphäre des Klägers dar. Dass der Kläger bei dieser Mitteilung von der Vertraulichkeit an der Geheimhaltung durch die Adressatin jedenfalls gegenüber einer nicht zu deren engsten Vertrauten zählenden Öffentlichkeit ausging, liegt nach dem Inhalt der E-Mail und der Beziehung des Klägers mit seiner Freundin auf der Hand. Danach war es der Beklagten erkennbar, dass der Kläger mit der öffentlichen Preisgabe des Inhalts seiner an seine Freundin gerichteten E-Mail nicht einverstanden war. Darüber hinaus begründet auch der veröffentlichte konkrete Inhalt der E-Mail im Kontext des Beitrags eine in die Privatsphäre und das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers eingreifende Aussage. Nach dem in dem streitgegenständlichen Artikel auszugsweise mitgeteilten Inhalt der E-Mail waren beim Kläger schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen festgestellt worden, die befürchten ließen, dass er daran sterben könnte. Im Zusammenhang mit der dem veröffentlichten Textauszug unmittelbar vorangestellten Formulierung wonach der Kläger diese schweren Krankheiten nur vorgeschoben haben soll, ruft das aus der maßgeblichen Sicht eines unvoreingenommenen Rezipienten die Vorstellung hervor, der Kläger habe die in der E-Mail angesprochenen lebensgefährlichen gesundheitlichen Beeinträchtigung nur vorgetäuscht, um einen Grund für die Beendigung der Beziehung vorgeben zu können. Insgesamt wird der Kläger auf diese Weise durch die in Rede stehende Textpassage charakterlich massiv abqualifiziert. Denn er wird nicht nur, was im allgemeinen bereits für sich genommen als sittlich missbilligenswert eingeordnet wird, als ein Mann dargestellt, der gleichzeitig Beziehungen zu mehreren Frauen unterhält, sondern überdies als jemand, der sich einer unangenehmen Situation nicht nur überhaupt durch eine Lüge zu entziehen sucht, sondern dies gerade durch eine solche Lüge, welche die Situation mit dem Vortäuschen einer schweren Erkrankung und Rücksichtnahme auf die Freundin in ganz besonderem Maße zu seinen Gunsten manipuliert. Ein Mann, dem die beschriebene Verhaltensweise attestiert wird, wird nicht nur eine Rolle eines Lügners, sondern überdies die eines sich der Verantwortung für sein Verhalten mit Ausreden entziehenden und dabei sogar noch um Mitleid nachsuchenden, perfide agierenden Feiglings zugeschrieben. Der Informationsgehalt, dass der Kläger mit mehreren Frauen gleichzeitig Affären gehabt oder Beziehungen geführt, die betroffenen Frauen hintergangen und ihnen gemachte Versprechungen unter Lügen nicht eingehalten habe, stellt jedoch keinen über die allgemeine charakterliche Abqualifizierung des Klägers hinausgehenden Bezug zu der ihm vorgeworfenen konkreten Tat, seine vermeintlichen Motive oder andere angebliche Tatvoraussetzungen und die Bewertung seiner Schuld her. Vor diesem Hintergrund läuft der Kläger aber Gefahr, ungeachtet der rehabilitierenden Wirkung eines Freispruches von dem Vorwurf der schweren Vergewaltigung und gefährlichen Körperverletzung in den Augen einer breiten Öffentlichkeit weiterhin mit dem Makel eines charakterlich defizitären, lügnerischen und perfiden Verhaltens gegenüber Frauen gebrandmarkt zu sein, ohne dass ein über die Befriedigung der bloßen Neugier hinausreichendes Informationsinteresse erkennbar wäre. Vor diesem Hintergrund ist eine anderweitige Ausgleichsmöglichkeit nicht erkennbar und folglich auch insoweit eine Geldentschädigung zuzuerkennen.
25811. „Du wirst allein und unglücklich sein…“ vom 30.5.2010 (Anlage K49):
259Hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerung, die der Kläger unter dem Pseudonym „Darling“ im Blog „SeaLounge Diary“ der Bloggerin „O“ gepostet hat,
260„Die Homepage fand sie mit einer Internet-Suchmaschine, weil L einen der Beiträge seiner neuen Freundin kommentiert hatte. Zwar unter Pseudonym (,Darling‘) - aber er benutzte in seinem Kommentar eine ungewöhnliche Redewendung: ,von vorauseilendem Priapismus gebeutelt‘.“
261und deren Rechtswidrigkeit wird auf das Urteil der Kammer vom 9.7.2014 (Az. 28 O 487/13, Anlage K184) sowie auf das Urteil des OLG Köln vom 3.2.2015 (Az. 15 U 132/14) Bezug genommen.
262Insofern liegt nach Auffassung der Kammer eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vor, da die Veröffentlichung einer vertraulichen Kommunikation und insbesondere des exakten Wortlauts derselben die Vertraulichkeitssphäre des Klägers sowie sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts betrifft, und zwar unabhängig vom Aussagewert der diesbezüglichen Berichterstattung schon unter dem Aspekt der Preisgabe von nicht für die breite Öffentlichkeit bestimmter Kommunikation. Ein Bericht über eine private Kommunikation des Klägers mit derartigen Andeutungen über eine sexuelle Erregung betrifft mindestens seine Privatsphäre. Es ist jedoch nicht ersichtlich, welches Interesse an einer Berichterstattung über die Einzelheiten der privaten Kommunikation des Klägers mit der Blogbetreiberin bestehen sollte, zumal die Beklagte darüber, dass der Kläger Beziehungen zu mehreren Frauen hatte, über den von der Beklagten in den Vordergrund gerückten Untreuevorwurf sowie letztlich auch über die Kontaktanbahnung über das Internet, ja sogar über die Art und Weise des Auffindens der neuen Freundin durch die - vom Kläger betrogene - frühere Freundin des Klägers auch hätte berichten können, ohne die Einzelheiten der privaten Kommunikation wörtlich wiederzugeben. Der Bericht dient erkennbar allein der Befriedigung der Neugier der Öffentlichkeit. Zugleich geht es in der Sache um mehr als eine bloße Indiskretion der Adressatin des vom Kläger verfassten Kommentars, weil eben nicht nur die Privatheit und Vertraulichkeit der Kommunikation des Klägers mit der Blogbetreiberin betroffen ist, sondern angesichts dessen, dass der wiedergegebene Kommentar sich auf den Kläger bezieht und die Andeutung einer sexuellen Erregung enthält, über den Kernbereich des Privatlebens des Klägers berichtet wird. Hierbei stellt die wörtliche Wiedergabe des Zitats einen eigenständigen Eingriff dar. Nicht nur wegen der wörtlichen Wiedergabe des vom Kläger verfassten, allein an seine „neue Freundin“ gerichteten Gedankeninhalts selbst, sondern auch wegen dessen Inhalts, nämlich der Andeutung einer sexuellen Erregung des Klägers gegenüber der Blogbetreiberin, hat der Bericht einen anderen Aussagewert und war auch und insbesondere angesichts des gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Vorwurfs geeignet, das Bild des Klägers in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen, nämlich ihm einen starken und rücksichtslosen Sexualtrieb zu unterstellen. Vor diesem Hintergrund ist eine anderweitige Ausgleichsmöglichkeit nicht erkennbar und folglich auch insoweit eine Geldentschädigung zuzuerkennen.
26312. „Wer verliert wer profitiert im L-Chaos – Es geht um Geld, Macht, Liebe, Lüge. Alle Zutaten eines Dramas“ vom 11.7.2010 (Anlage K51):
264Die Äußerung
265„Er soll im Knast getobt und geschrien haben, als er vom Interview erfuhr.“
266ist als unwahre Tatsachenbehauptung zu behandeln. Denn die Beklagte hat lediglich unsubstantiiert bestritten, dass diese Äußerung zutreffend sei, obschon sie dies substantiiert hätte darlegen müssen. Die Beweislast für die Unwahrheit der Tatsachenbehauptung trägt zwar grundsätzlich nach den allgemeinen Darlegungs- und Beweislastgrundsätzen der jeweilige Kläger, da sie anspruchsbegründende Voraussetzung ist. Es ist im Rahmen der jeweiligen Darlegungslast der Parteien jedoch nach der Art der Äußerung weitergehend zu differenzieren. So wird für ehrenrührige Behauptungen von einer erweiterten Darlegungslast des jeweiligen Beklagten ausgegangen. Bei ehrenrührigen Behauptungen genügt es in diesen Fällen aufgrund der Grundsätze der erweiterten Darlegungslast, wenn der Betroffene die Unwahrheit behauptet. Denn dem Betroffenen kann in diesen Fällen nicht zugemutet werden, sich gewissermaßen ins Blaue hinein rechtfertigen zu müssen und dabei Umstände aus einem persönlichen oder geschäftlichen Bereich in einem Umfang zu offenbaren, der bei ordnungsgemäßer Einlassung des Äußernden leicht vermeidbar wäre (Kammer, Urteil vom 21.07.2010 - 28 O 146/10). Diese Darlegungslast bildet die prozessuale Entsprechung der materiell-rechtlichen Regel, dass bei haltlosen Behauptungen der Schutz der Meinungsfreiheit hinter dem Persönlichkeitsschutz zurückzutreten hat (BVerfG, NJW 1999, 1322 ff). Dieser Darlegungslast ist die Beklagte jedoch nicht nachgekommen.
267Diese unwahre Tatsachenbehauptung verletzt den Kläger rechtswidrig in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
268Denn bei Tatsachenbehauptungen kommt es im Rahmen der anzustellenden Abwägung für die Zulässigkeit ihrer Äußerung entscheidend auf den Wahrheitsgehalt der Tatsachenbehauptung an. Bewusst unwahre Tatsachen – wie hier der Fall - oder Tatsachen, deren Unwahrheit im Zeitpunkt der Äußerung zweifelsfrei feststeht, fallen nicht unter den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG. Ihre Äußerung ist daher grundsätzlich unzulässig (Palandt, Kommentar zum BGB, 74. Auflage 2015, Rn. 101a m. w. N.).
269Die Veröffentlichung dieser Unwahrheit verletzt den Kläger auch schwerwiegend in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht, da ihm eine heftige emotionale Reaktion auf eine „Enthüllung“ unterstellt wird, die in den Augen der Öffentlichkeit zum einen als Charakterschwäche und zum anderen als Eingeständnis der „Enthüllung“ interpretiert werden könnte. Ferner wird durch diese Veröffentlichung anlasslos ein Bild einer Person gezeichnet, die sich emotional nicht im Griff hat und schnell aus der Haut fährt. Auch diese Charakterschwäche ist geeignet, den Kläger in der Öffentlichkeit nicht nur in ein schlechtes Licht zu rücken, sondern andere vermeintliche Entgleisungen - wie den gegen ihn gerichteten strafrechtlichen Vorwurf - wahrscheinlicher zu machen.
27013. „L ist sein eigenes Opfer“ vom 22.12.2010 in „Bild“ (Anlage K55) und „L und die Mitleidsmasche“ vom 29.10.2010 in „Bild“ (Anlage K 56)
271Hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen
272a) „Dieses Leben mit mindestens sechs Frauen gleichzeitig, denen er allen die Ehe versprochen hat.“
273b) Er hatte zur angeblichen Tatzeit schließlich 5 Frauen gleichzeitig Ehe und Kinder versprochen und soll von jeder erwartet haben, dass sie „treu“ ist.“
274und deren Rechtswidrigkeit wird auf das Urteil der Kammer vom 19.10.2011 (Az. 28 O 129/11, Anlage K58) sowie auf das Urteil des OLG Köln vom 3.7.2012 (Az. 15 U 200/11) Bezug genommen.
275Insofern liegt nach Auffassung der Kammer eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vor, da sämtliche angegriffenen Äußerungen die unwahre Tatsachenbehauptung enthalten, der Kläger habe fünf bzw. sechs Frauen gleichzeitig die Ehe versprochen. Diese unwahre Behauptung ist geeignet, ihn in der öffentlichen Meinung erheblich herabzuwürdigen. Denn dem Kläger wird unterstellt, dass er nicht nur moralisch anstößig gehandelt habe, indem er fünf bis sechs Frauen gleichzeitig die Ehe versprochen habe, sondern ihm wird wider besseren Wissens gleichzeitig ein systematisches Vorgehen und eine besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber einer Vielzahl von ihm vertrauenden Partnerinnen unterstellt, wodurch der Kläger charakterlich erheblich abqualifiziert und als lügender, aus eigensüchtigen Motiven täuschender und gegenüber den Gefühlen der Frauen mitleidloser Mensch dargestellt wird. Da wiederum seine Privatsphäre betroffen ist, scheidet nach Auffassung der Kammer eine anderweitige Ausgleichsmöglichkeit als die Zuerkennung einer Geldentschädigung aus.
27614. „L in Zürich vernommen“ vom 16.2.2011 auf www.welt.de (Anlage K60):
277Nach Auffassung der Kammer liegt keine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers vor, obschon zwischen den Parteien unstreitig ist, dass der Kläger nicht in Zürich vernommen wurde. Denn insofern handelt es sich zwar um eine unwahre Tatsachenbehauptung. Die unzutreffende Angabe des Ortes der Vernehmung des Klägers ist jedoch nicht geeignet, die Grundlagen seiner Persönlichkeit zu tangieren und stellt deshalb keine für eine Zuerkennung einer Geldentschädigung erforderliche schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung dar.
27815. „Neue Geliebte aufgetaucht – Hat L ihr die Ehe versprochen?“ vom 11.4.2010 (Anlage K 62):
279Hinsichtlich der streitgegenständlichen Fotos wird auf Bl. 296 AH II Bezug genommen.
280Hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der öffentlichen Zurschaustellung bzw. Verbreitung derselben wird auf das Urteil der Kammer vom 16.3.2011 (Az. 28 O 505/10, Anlage K64) sowie auf das Urteil des OLG Köln vom 15.11.2011 (Az. 15 U 62/11, Anlage K65) Bezug genommen.
281Insofern liegt nach Auffassung der Kammer eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vor. Denn es ist zunächst zu berücksichtigen, dass es keinen aktuellen Anlass zur Verbreitung der streitgegenständlichen Fotos, die den Kläger während eines Hofgangs in der JVA Mannheim zeigen, zum Zeitpunkt der Veröffentlichungen gab, da der Kläger sich bereits seit drei Wochen in Untersuchungshaft befand. Die Wirkung der beanstandeten Veröffentlichungen erschöpfte sich lediglich darin, das mögliche Fehlverhalten des Klägers erneut ins öffentliche Licht zu rücken, ohne dass hierfür ein öffentlichkeitsrelevanter Anlass bestand. Dass sich der Kläger nicht freiwillig in diesem Umfeld aufhielt, vermag an der Beurteilung, dass er sich zu diesem Zeitpunkt in einem Bereich der die Öffentlichkeit ausschließenden Abgeschiedenheit befand, nichts zu ändern. Denn der Kläger befand sich in einer Situation, in der er nicht erwarten musste, von der Presse behelligt zu werden, wobei dies vorliegend umso mehr gilt, als sich der Kläger in der betroffenen Situation nicht in einem öffentlich zugänglichen Verkehrsraum bewegte. Ein besonderes Gewicht kommt auch der Tatsache zu, dass die Beklagte die Bilder heimlich, d.h. ohne Kenntnis des Klägers und unter Ausnutzung von technischen Mitteln aufnahm. Vor diesem Hintergrund ist nach Auffassung der Kammer aufgrund des Eingriffs in den Kernbereich der Privatsphäre des Klägers eine anderweitige Ausgleichsmöglichkeit als die Zuerkennung einer Geldentschädigung nicht gegeben, da die Beklagte die streitgegenständlichen Fotos allein zur Befriedigung der Neugier der Öffentlichkeit veröffentlichte, obschon sie nach Auffassung der Kammer hätte erkennen können, dass sie durch die Veröffentlichung der Fotos den Kläger gegenüber der Öffentlichkeit als Häftling in einer Situation vorführte, in der er der Verfolgung durch die Fotografen – selbst wenn er sie wahrgenommen hätte – nur unter Aufgabe des täglichen Hofgangs hätte entkommen können, ihr mithin ausgeliefert war.
28216. „Hier sonnt sich L im Knast“ vom 21.7.2010 in „Bild“ (Anlage K 66):
283Hinsichtlich der streitgegenständlichen Fotos wird auf Bl. 332 AH III Bezug genommen.
284Hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der öffentlichen Zurschaustellung bzw. Verbreitung derselben wird auf das Urteil der Kammer vom 22.6.2011 (Az. 28 O 952/10, Anlage K68) sowie auf das Urteil des OLG Köln vom 14.2.2012 (Az. 15 U 117/11, Anlage K69) Bezug genommen.
285Nach Auffassung der Kammer liegt eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers vor. Insofern kann auf die Ausführungen unter Ziffer 15. Bezug genommen werden. Ferner ist zu beachten, dass die Beklagte hartnäckig im Sinne der eingangs der Entscheidungsgründe dargestellten Rechtsprechung handelte, weil sie bereits durch den Beschluss der Kammer vom 16.4.2010 wusste, dass sie keine Fotos des Klägers im Hof der JVA zeigen durfte.
28617. „Geheimnisvolle Frau fährt ihn morgens zur Anwältin – Wer ist die Neue an Ls Steuer?“ vom 7.2.2011 (Anlage K 70):
287Hinsichtlich der streitgegenständlichen Fotos wird auf Bl. 365 AH III Bezug genommen.
288Hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der öffentlichen Zurschaustellung bzw. Verbreitung derselben wird auf das Urteil der Kammer vom 10.6.2015 (Az. 28 O 567/14) Bezug genommen.
289Nach Auffassung der Kammer liegt auch insoweit eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers vor. Denn die Fotos verletzen den Kläger in erheblicher Weise in seiner Privatsphäre. Der Schutz der Privatsphäre hat verschiedene Dimensionen. In thematischer Hinsicht betrifft er insbesondere solche Angelegenheiten, die von dem Grundrechtsträger einer öffentlichen Erörterung oder Zurschaustellung entzogen zu werden pflegen. In räumlicher Hinsicht gehört zur Privatsphäre ein Rückzugsbereich des Einzelnen, der ihm insbesondere im häuslichen, aber auch im außerhäuslichen Bereich die Möglichkeit des Zu-Sich-Selbst-Kommens und der Entspannung sichert und der das Bedürfnis verwirklichen hilft, „in Ruhe gelassen zu werden". Dabei lassen sich die Grenzen der geschützten Privatsphäre nicht generell und abstrakt festlegen. Soweit die Beklagten vorgetragen haben, dass das Strafverfahren öffentlich und der Kläger damit thematisch nur in seiner Sozialsphäre betroffen sei, überzeugt dies nicht. Sofern sich nämlich die begleitende Wortberichterstattung mit Spekulationen über die Beziehung des Klägers zu der damals unbekannten Frau befasst, ist bereits thematisch die Privatsphäre des Klägers betroffen, da auch Beziehungen einer „prominenten Person“ ihrer Privatsphäre zuzuordnen sind, solange und sofern keine Selbstöffnung erfolgt. Sofern sich die begleitende Wortberichterstattung am Rande mit dem Inhalt des Strafverfahrens befasst, ist dies nicht von Belang, da insofern nicht die thematische Dimension der Privatsphäre Anknüpfungspunkt für die Rechtsverletzung des Klägers ist, sondern deren räumliche Dimension. Für die Annahme einer Verletzung der Privatsphäre ist nicht erforderlich, dass beide Dimensionen kumulativ betroffen sind. So setzt der Schutz vor Abbildungen in der räumlich geschützten Privatsphäre nicht erst dann ein, wenn der Betroffene dort ein Verhalten an den Tag legt, das er unter den Augen der Öffentlichkeit vermeiden würde. Die örtliche Abgeschiedenheit vermag ihre Schutzfunktion für die Persönlichkeitsentfaltung vielmehr nur dann zu erfüllen, wenn sie dem Einzelnen ohne Rücksicht auf sein jeweiliges Verhalten einen Raum der Entspannung sichert, in dem er nicht mit der Anwesenheit von Fotografen oder Kameraleuten rechnen muss.
290Vorliegend hatte sich der Kläger auf einem im Innenhof befindlichen Parkplatz der Kanzleiräume seiner Strafverteidigerin aufgehalten, um sodann mit dieser gemeinsam das Landgericht aufzusuchen. Der Umgang mit dem eigenen Strafverteidiger ist im Falle eines laufenden Strafverfahrens jedoch thematisch der Privatsphäre zuzuordnen, da die Erörterung des Strafverfahrens der Öffentlichkeit entzogen werden soll. Muss für die Interaktion mit der Strafverteidigerin deren Kanzlei aufgesucht werden, so wird die Kanzlei und auch deren unmittelbares Umfeld von der räumlichen Dimension der Privatsphäre erfasst. Bei dem hier in Rede stehenden Parkplatz im Innenhof der Kanzlei der Strafverteidigerin des Klägers handelte es sich um einen Privatparkplatz, der unstreitig überwiegend von Gebäuden umschlossen ist und nur durch eine etwas mehr als fahrzeugbreite Tordurchfahrt unter einem Haus hindurch zu erreichen ist. Es handelte sich klar erkennbar nicht um einen öffentlichen, von einer Vielzahl von Menschen frequentierten und einzusehenden Parkplatz. Die Tatsache, dass der Ort von einer eingeschränkten Personenanzahl einsehbar ist, schließt die Annahme einer Abgeschiedenheit nicht aus. Auch die Tatsache, dass der Kläger in einer alltäglichen Situation beim Aus- bzw. Einsteigen abgebildet ist – eine Handlung, die der Kläger in anderem Zusammenhang sicherlich auch öffentlich tätigt - und die Bebilderung als solche den Kläger nicht in negativem Licht erscheinen lässt, ändert nichts daran, dass im hier gegebenen konkreten Fall der Kläger, der sich auf die Fahrt zum Hauptverhandlungsort mit seiner Verteidigerin vorbereitete, sich noch in einer Phase des Rückzugs vor öffentlicher Wahrnehmung befand. Der Kläger war im Verlauf des Strafverfahrens Gegenstand zahlreicher Wort- und Bildberichterstattungen, die er zu vermeiden suchte. Wenn auch die Ankunft am Ort der Hauptverhandlung in Mannheim bereits dem Strafverfahren selbst und damit dem der öffentlichen Berichterstattung zugänglichen Geschehen zuzuordnen sein dürfte, so zählt das Zusammentreffen mit der Verteidigerin in deren Kanzlei bzw. die Vorbereitung dazu noch zu dem der Privatsphäre zuzurechnenden Vorbereitungsstadium, in welchem die Privatsphäre des Klägers zu schützen ist. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass das veröffentlichte Foto im Hinblick auf das in dem Beitrag thematisierte Strafverfahren nur von äußerst schwachem Informationswert ist. Denn die Bildinformation, dass der Kläger vor dem Antritt seines Wegs zur Hauptverhandlung - wie auf dem Foto dargestellt – von seiner Strafverteidigerin zur Hauptverhandlung gefahren wird, ist banal und von nur geringem Informationswert und durch weniger in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht eingreifende Fotos im unmittelbaren Umfeld des Gerichtsgebäudes darstellbar. Sofern die Wortberichterstattung den Abschied des Klägers von einer damals unbekannten Frau und Spekulationen über seine Beziehung zu dieser betrifft, ist durch die erfolgte Bebilderung – wie bereits dargestellt – der thematische Bereich der Privatsphäre betroffen. Insofern vermag die Kammer kein die Privatsphäre des Klägers überwiegendes Berichterstattungsinteresse zu erkennen, welches eine Bebilderung einer Abschiedsszene des Klägers mit einer damals in der Öffentlichkeit unbekannten Frau rechtfertigen könnte. Vor dem Hintergrund, dass erneut und hartnäckig (vgl. sogleich die Ziffern 18. und 19.) die Privatsphäre des Klägers seitens der Beklagten verletzt wurde, sieht die Kammer keine anderweitige Ausgleichsmöglichkeit als die Zuerkennung einer Geldentschädigung.
29118. „Muss Ls Ex nochmal vor Gericht?“ vom 4.3.2011 (Anlage K72):Hinsichtlich der streitgegenständlichen Fotos wird auf Bl. 370 AH III Bezug genommen.
292Hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der öffentlichen Zurschaustellung bzw. Verbreitung derselben wird auf das Urteil der Kammer vom 24.4.2013 (Az. 28 O 371/12, Anlage K74) sowie auf das Urteil des OLG Köln vom 10.12.2013 (Az. 15 U 73/13, Anlage K75) Bezug genommen.
293Insofern kann auf die Ausführungen unter Ziffer 17. Bezug genommen werden. Aufgrund der wiederholten und hartnäckigen Verletzung der Privatsphäre des Klägers erachtet die Kammer mangels anderweitiger Ausgleichsmöglichkeit auch hier die Zuerkennung einer Geldentschädigung für gerechtfertigt.
29419. „Der Ring der Gerüchte“ vom 27.3.2011 (Anlage K 76):
295Hinsichtlich der streitgegenständlichen Fotos wird auf Bl. 408 AH III Bezug genommen.
296Hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der öffentlichen Zurschaustellung bzw. Verbreitung derselben wird auf das Urteil der Kammer vom 24.7.2013 (Az. 28 O 61/13, Anlage K78) sowie auf das Urteil des OLG Köln vom 18.2.2014 (Az. 15 U 126/13, Anlage K187) Bezug genommen.
297Insofern kann auf die Ausführungen unter Ziffer 17. Bezug genommen werden. Aufgrund der wiederholten und hartnäckigen Verletzung der Privatsphäre des Klägers erachtet die Kammer mangels anderweitiger Ausgleichsmöglichkeit auch hier die Zuerkennung einer Geldentschädigung für gerechtfertigt.
29820. „Die Ls auf Prozess-Urlaub in Kanada“ vom 18.4.2011 (Anlage K79):
299Hinsichtlich der streitgegenständlichen Fotos wird auf Bl. 424 AH III Bezug genommen.
300Hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der öffentlichen Zurschaustellung bzw. Verbreitung derselben wird auf das Urteil der Kammer vom 8.5.2013 (Az. 28 O 349/12, Anlage K81) sowie auf das Urteil des OLG Köln vom 10.12.2013 (Az. 15 U 77/13, Anlage K82) Bezug genommen.
301Nach Auffassung der Kammer liegt auch insoweit eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers vor. Denn die beanstandeten Fotos zeigen den Kläger und seine jetzige Ehefrau bei ihrer Ankunft auf dem Flughafen der kanadischen Stadt Kamloops bzw. auf dem Weg in den Urlaub. Sie zeigen ihn damit in einer Umgebung, die grundsätzlich zum geschützten Kernbereich seiner Privatsphäre gehört. Dieser Kernbereich der Privatsphäre kennzeichnet ein besonderes Schutzinteresse des jeweils Betroffenen, das gegenüber einer im Wesentlichen allein der Zerstreuung oder der Befriedigung von Neugier dienenden Berichterstattung regelmäßig vorrangig ist. Eine solche schutzwürdige Situation ist hier in Bezug auf den Kläger gegeben. Auch wenn der Weg in den Urlaub allein keine Aktivität mit typischerweise besonderem Entspannungseffekt darstellt, ergibt sich die Schutzbedürftigkeit aus dem Umstand, dass in aller Regel der Reisende auch schon auf dem Weg in den Urlaub den Alltag hinter sich lassen will, was sich häufig dadurch zeigt, dass z.B. – wie auch hier – auf die optische Außenwirkung weniger Wert gelegt wird. Vor diesem Hintergrund wird auch dieser Teil eines Urlaubs grundsätzlich von dem erhöhten Schutzbereich erfasst. In diesem Zusammenhang ist ferner zu berücksichtigen, dass der Gegenstand des allgemeinen öffentlichen Interesses in erster Linie die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe waren und damit nicht zwangsläufig jedem Detail des Prozessablaufs ein gleiches öffentliches Interesse entgegengebracht wurde. So mag im Hinblick auf die zügige Verfolgung der strafrechtlichen Vorwürfe gegen den Kläger eine Unterbrechung der Hauptverhandlung und deren Grund von öffentlichem Interesse sein. Indessen war dies nicht der Gegenstand der begleitenden Wortberichterstattung. Denn der Wortbeitrag erwähnt nur kurz den Grund für die Unterbrechung des Strafverfahrens, der darin lag, dass der Kläger seine Kinder besuchen wollte. Im Übrigen befasste sich der Artikel lediglich mit dem Urlaub und dessen Ablauf, wobei auch die Angabe des Grundes für die Unterbrechung in erster Linie als Anknüpfungspunkt für die Informationen über die Aktivitäten des Klägers in seinem Urlaub diente. Ferner werden noch Informationen zu persönlichen Umständen eingestreut, wie z.B. die Tatsache, dass der Kläger seine in Kanada liegende Ranch zum Verkauf anbietet, die aber ebenfalls mit dem Prozessverlauf nichts zu tun hat. Auch dass der Besuch den Hintergrund hatte, dem Kläger das Umgangsrecht für seine Kinder zu erhalten, wird nicht erwähnt. Ebenfalls nicht thematisiert wird eine eventuelle Sonderbehandlung des Klägers, die gegebenenfalls eine Bildberichterstattung gerechtfertigt hätte.
302Vor dem Hintergrund, dass die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Fotos des Klägers dessen Privatsphäre deshalb erheblich verletzt, weil er in einer Urlaubssituation dargestellt wird, in der er nicht damit rechnen musste, der Öffentlichkeit präsentiert zu werden, und die Wortberichterstattung diesen Eingriff in das Recht am eigenen Bild des Klägers nicht rechtfertigt, erachtet die Kammer aufgrund der geringeren Anforderungen, die hinsichtlich der Zuerkennung einer Geldentschädigung an eine Bildberichterstattung zu stellen sind, und aufgrund einer fehlenden anderen Ausgleichsmöglichkeit, da die Privatsphäre unwiederbringlich geöffnet wurde, auch insofern die Zuerkennung einer Geldentschädigung für gerechtfertigt.
30321. „Heimliche Hochzeit auf Z“ vom 12.3.2012 in der Regionalausgabe F (Anlage K 83):
304Hinsichtlich der streitgegenständlichen Fotos wird auf Bl. 108 GA und Anlage K94 Bezug genommen.
305In der Veröffentlichung der den Kläger zeigenden Fotografie liegt nach Auffassung der Kammer eine Verletzung des Rechts des Klägers am eigenen Bild aus § 22 KUG. Es fehlt bereits an einem Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, weil im Zeitpunkt der Veröffentlichung kein hinreichendes öffentliches Interesse an einer öffentlichen Zurschaustellung der beanstandeten Aufnahme bestand. Die Heirat des bekannten Klägers mag zwar ein gesellschaftliches Ereignis von nicht ganz untergeordneter Bedeutung gewesen sein. An diesem Vorgang mag auch grundsätzlich ein öffentliches Interesse bestanden haben, da die Öffentlichkeit ein anerkennenswertes Interesse daran hat zu erfahren, wie Prominente wie der Kläger ihre Hochzeit ausgestalten, wen sie zu Feierlichkeiten einladen und wie sie feiern. Gerade Feierlichkeiten wie Hochzeiten sind dazu geeignet, das reale Leben prominenter Persönlichkeiten damit zu vergleichen, wie sie sich bislang gegenüber der Öffentlichkeit präsentiert haben, und damit als Bestätigungs- oder Kontrastbild für die von ihnen öffentlich vertretenen Lebensentwürfe zu dienen. Es ist jedoch zu beachten, dass gerade dieses –unterstellt – zeitgeschichtliche Ereignis nicht dargestellt wird. Auf dem streitgegenständlichen Foto ist der Kläger in dem Foyer des Hotels am Morgen nach der Hochzeit zu sehen. Folglich wird nicht das zeitgeschichtliche Ereignis der Hochzeit dargestellt, sondern der Kläger in seiner Privatsphäre abgelichtet, ohne dass das Foto einen Informationswert hinsichtlich der Hochzeit des Klägers hätte. Vielmehr wird er in einem privaten Rückzugsbereich, namentlich im Foyer des Hotels, fotografiert, obschon er die berechtigte Erwartung haben durfte, in diesem Moment der Verabschiedung der Gäste in Ruhe gelassen zu werden. Aufgrund des Umstandes, dass die Kammer kein Berichterstattungsinteresse, das über bloße Neugier hinausgeht, zu erkennen vermag, welches diesen Eingriff in die Privatsphäre des Klägers rechtfertigen könnte, und der Kernbereich seiner Privatsphäre betroffen ist, da er selbst auf seiner – wie die Beklagte freimütig einräumt – „heimlichen Hochzeit“ nicht in Ruhe gelassen wurde, ist nach Auffassung der Kammer keine anderweitige Ausgleichsmöglichkeit als die Zuerkennung einer Geldentschädigung angemessen.
306B.
307Hinsichtlich der weiteren streitgegenständlichen Artikel:
30822. „Krimi um L – In der Knast-Bibliothek darf er TV gucken“ vom 26.3.2010 (Anlage K92),
30923. „So lebt L im Knast“ vom 18.7.2010 (Anlage K93),
31024. „Rätsel um goldenen Ring von L“ vom 24.3.2011 (Bl. 123 GA),
31125. „Ls Heirat, ist es Liebe oder nur ein Schachzug?“ vom 31.3.2011 (Bl. 124 GA),
31226. „Heimliche Hochzeit im Schloss!“ vom 31.5.2011 (Anlage K94),
31327. „L in Kanada aufgetaucht“ vom 19.8.2010 (Anlage K85) sowie „Intrigen-Gewitter über L Wetterfirma“ vom 22.8.2010 (Anlage K95),
31428. „L hatte bis zu 14 Geliebte“ vom 27.5.2010 (Anlage K84),
31529. „Darum ist es wichtig, dass Ex-Freundinnen vor Gericht aussagen“ vom 24.9.2010 (Bl. 127 f. GA),
31630. „L schreibt Mail an A“ vom 3.8.2010 (Anlage K96),
31731. „Ls Vorlieben als Süßbärchen“ vom 4.7.2010 (Anlage K89),
31832. „Das sagten die 7 Geliebten aus“ vom 20.9.2010 (Anlage K97),
31933. „Aussage gegen Aussage! Wem glaubt der Richter?“ vom 31.7.2010 (Anlage K98),
32034. „L flog nach Kanada“ vom 15.11.2010 (Bl. 134 GA),
32135. „L: Neue Hinweise?“ vom 13.6.2010 (Bl. 135 GA),
32236. „Knast-Kumpel packt aus – so war mein Zellennachbar L“ vom 31.8.2010 (Bl. 135 f. GA),
32337. der vermeintlich ihn vorverurteilenden Bezeichnungen der Anzeigenerstatterin als „Opfer“ (Anlagen K99, K102, K103, K104, K105, Bl. 148 f. GA, K109, Bl. 152 f. GA, K110),
32438. der vermeintlichen Unterstellungen, er habe eine Vergewaltigung begangen (K96, Bl. 154 GA, Bl. 170 GA, Bl. 171 f. GA, Bl. 174 GA),
32539. der vermeintlichen Entwertung seines Freispruchs (K111),
32640. der vermeintlichen Unterstellung von Nervosität bei der Vernehmung von Zeugen (Bl. 158 GA),
32741. der vermeintlichen Darstellung der Aussage der Anzeigenerstatterin als glaubhaft (Anlage K112, Bl. 160 f. GA),
32842. der vermeintlichen Entwertung der Unschuldsbekundungen seines Verteidigers (Anlage K113, Bl. 162 GA, Bl. 166 GA),
32943. des vermeintlichen Hervorrufens eines unzutreffenden Bildes eines grinsenden, den Prozess nicht ernst nehmenden, andere Prozessbeteiligte nicht respektierenden und das Gericht täuschenden Angeklagten (Anlage K119, Bl. 162 GA, Bl. 164 f. GA, Bl. 171 f. GA),
33044. der vermeintlichen Schmähungen seiner Person (Bl. 172 f. GA, Anlage K116, Anlage K117, Anlage K118, Anlage K93, Anlage K124, Anlage K87, Bl. 197 GA, Anlage K110, Anlage K117, Bl. 199 GA, Bl. 193 GA, Anlage K93)
33145. und der vermeintlich nachverurteilenden Berichterstattung (Bl. 180 – 193 GA, Anlagen K121 und K122) gilt das Folgende:
332Nach Auffassung der Kammer führt der grundsätzliche Verzicht des Klägers auf die außergerichtliche und gerichtliche Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen hinsichtlich der weiteren Artikel bzw. Äußerungen, welche nach seiner Auffassung eine Geldentschädigung rechtfertigen sollen, dazu, dass ihm im Ergebnis insofern ein Geldentschädigungsanspruch versagt bleiben muss. Die Gewährung einer Geldentschädigung hat nämlich die Aufgabe, eine sonst verbleibende Lücke des Persönlichkeitsschutzes zu schließen; der Anspruch hat also subsidiären Charakter. Kann die Verletzung auf andere Weise hinreichend ausgeglichen werden, entfällt der Anspruch (LG Berlin, Urteil vom 18.3.2008 - 27 O 884/07, m.w.N.). Vorliegend wäre in Betracht gekommen, die Beklagte zumindest zur Unterlassung aufzufordern, da der jeweils Betroffene grundsätzlich gehalten ist, sich um einen solchen anderweitigen Ausgleich - notfalls mit gerichtlicher Hilfe - zu bemühen, bevor er eine Geldentschädigung verlangen kann (BGH, NJW 1979, 1041; OLG Hamm, Urteil vom 6.4.2001 - 9 U 130/00; LG Berlin, a.a.O.). Ferner ist nach der Rechtsprechung des BGH bei der gebotenen Gesamtwürdigung ein erwirkter Unterlassungstitel zu berücksichtigen, weil dieser und die damit zusammenhängenden Ordnungsmittelandrohungen den Geldentschädigungsanspruch beeinflussen und im Zweifel sogar ausschließen können (vgl. BGH, Urteil vom 25.5.1971 - VI ZR 26/70; BGH, Beschluss vom 30.6.2009 - VI ZR 340/08; BGH, Urteil vom 21.4.2015 - VI ZR 245/14). Auch dies spricht dafür, dass der Kläger zumindest Unterlassungsansprüche gegen die Beklagte hätte geltend machen müssen.
333Sofern der Kläger die Auffassung vertritt, dass ihm ein Vorgehen gegen alle seiner Meinung nach rechtswidrigen Artikel nicht zumutbar gewesen sei, ist anzumerken, dass die Kammer es nicht für erforderlich hält, dass der Kläger sich gegen alle ihn vermeintlich rechtswidrig in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht betreffenden Artikel hätte wenden müssen. Jedoch hätte er die Beklagte zumindest hinsichtlich derjenigen Artikel zur Unterlassung auffordern müssen, die er für so schwerwiegend erachtet, dass sie seiner Meinung nach eine Geldentschädigung rechtfertigen. Soweit der Kläger zudem ausführt, dass ihm dies aus finanziellen Gründen nicht möglich gewesen sei, hätte er Prozesskostenhilfe für die gerichtlichen Verfahren beantragen können. Wenn der Kläger sodann vorträgt, dass er von denjenigen Artikel, die er nicht angegriffen hat, erst Ende 2013 erfahren habe und er deshalb keinen Sinn in der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen gesehen habe, da eine Wiederholung derselben wenig wahrscheinlich sei, ist dem entgegenzuhalten, dass der Sinn der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen die Verhinderung der fortgesetzten Verbreitung vermeintlich rechtswidriger und nach Auffassung des Klägers schwerwiegend persönlichkeitsverletzender Inhalte ist. Sofern er selbst die Auffassung vertritt, dass eine Wiederholung dieser Inhalte wenig wahrscheinlich ist, stellt sich die Frage, ob der bei der Zuerkennung der Geldentschädigung zumindest auch zu berücksichtigende Präventionsgedanke für die Zuerkennung derselben streitet. Soweit der Kläger ferner ausführt, dass es ihm auch darauf angekommen sei, den Abschluss möglichst vieler Einzelverfahren abzuwarten, verkennt der Kläger, dass es gerade um diejenigen Artikel geht, hinsichtlich derer er keine gerichtlichen Verfahren angestrengt hat. Wenn der Kläger schließlich darauf abstellt, dass er die Geldentschädigung auf die seitens der Beklagten durchgeführte und zusammenhängende Pressekampagne gestützt werde, kann auf die einleitenden Ausführungen zum „Kumulationsgedanken“ verwiesen werden.
334Im Ergebnis ist die Kammer der Auffassung, dass es widersprüchlich wäre, dem Kläger auch für solche Artikel bzw. Äußerungen eine Geldentschädigung zuzuerkennen, die weiterhin rechtmäßig veröffentlicht werden dürfen. Ein solches „dulde und liquidiere“ würde der Subsidiarität des Geldentschädigungsanspruchs nicht gerecht.
335C.
336Vor dem Hintergrund der unter I. A. dargestellten schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen liegt nach Auffassung der Kammer auch ein unabwendbares Bedürfnis für die Zuerkennung einer Geldentschädigung vor.
337Ob ein derart schwerer Eingriff anzunehmen und die dadurch verursachte nicht vermögensmäßige Einbuße auf andere Weise nicht hinreichend ausgleichbar ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (vgl. BGH, GRUR 2010, 171 - Roman „Esra“, m.w.N.). Die Gewährung einer Geldentschädigung hängt demnach nicht nur von der Schwere des Eingriffs ab, es kommt – wie eingangs der Entscheidungsgründe bereits dargestellt - vielmehr auf die gesamten Umstände des Einzelfalls an, nach denen zu beurteilen ist, ob ein anderweitiger befriedigender Ausgleich für die Persönlichkeitsrechtsverletzung fehlt (vgl. BGH a.a.O., m.w.N.). Bei der Abwägung ist auch die Zweckbestimmung der Geldentschädigung zu berücksichtigen. Es handelt sich dabei um ein Recht, das auf den Schutzauftrag aus Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Die Zubilligung einer Geldentschädigung, die in Verbindung mit diesen Vorschriften ihre Grundlage in § 823 Abs. 1 BGB findet, beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Anders als beim Schmerzensgeldanspruch steht bei dem Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll er der Prävention dienen (BGH, NJW 1996, 985 - Kumulationsgedanke). Im Rahmen dieser Abwägung ist dabei die Kollision des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit dem Recht der freien Meinungsäußerung bzw. Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) zu berücksichtigen.
338Im Rahmen der durchzuführenden Gesamtschau (vgl. OLG Hamburg, GRUR-RR 2009, 438) ist zu berücksichtigen, dass der Kläger durch die Beklagte insgesamt zwanzig Mal (hinsichtlich der Wortberichterstattung dreizehn und hinsichtlich der Bildberichterstattung sieben Mal) schwerwiegend in seiner Privat- bzw. Intimsphäre verletzt wurde. So veröffentlichte die Beklagte seine private Kommunikation, ohne dass sie einen Zusammenhang mit dem gegen ihn geführten Strafverfahren aufgewiesen hätte. So unterstellte die Beklagte ihm, seine Partnerinnen „psychisch ruiniert“ zu haben, ohne dass es hierfür irgendwelche Anhaltspunkte gegeben hätte. So berichtete die Beklagte über seine Zeugungsunfähigkeit, obschon diese für das gegen ihn gerichtete Verfahren keinerlei Bedeutung aufwies. So berichtete die Beklagte detailreich über seine vermeintlichen sexuellen Beziehungen mit diversen Frauen, ohne dass diese Detailtiefe von Belang für das gegen ihn geführte Strafverfahren gewesen wäre. So berichtete die Beklagte mehrfach und entgegen der Unschuldsvermutung über vermeintliche weitere sexuelle Übergriffe, obschon lediglich die Aussage des vermeintlichen Opfers als vermeintliche Beweistatsache vorlag. Schließlich veröffentlichte die Beklagte unter hartnäckiger Verletzung der Privatsphäre des Klägers mehrfach Fotos, die ihn als Häftling in der JVA, im Urlaub, nach seiner Hochzeit und im Hof der Kanzlei seiner Verteidigerin zeigten, ohne dass er die Möglichkeit gehabt hätte, dieser – mitunter heimlichen - Nachstellung zu entkommen.
339Zudem ist zu beachten, dass neben der – wie dargestellt unzulässigen - Berichterstattung über weitere Vorwürfe von anderen Frauen als der Anzeigenerstatterin gerade die – ebenfalls unzulässige - Mitteilung von Details aus seinem Sexual- und Privatleben geeignet war, eine erheblich stigmatisierende Wirkung in der breiten Öffentlichkeit zu entfalten. Denn der Kläger wurde durch die Berichterstattung der Beklagten als gewaltaffiner und frauenverachtender Serientäter charakterisiert, der aus eigensüchtigen Motiven nicht nur mehrere Partnerinnen gleichzeitig gehabt, sondern diese auch systematisch zur Befriedigung seiner sexuellen Bedürfnisse belogen haben soll. Dass eine den Kläger derart abqualifizierende Berichterstattung nicht nur eine erhebliche Prangerwirkung entfaltet und zu einer sozialen Isolation führt, sondern den Kläger zudem mit einem Makel belegt, den er trotz des Freispruchs sein Leben lang mit sich führen wird, bedarf sicherlich keiner weiteren Erörterung.
340Ferner ist zu berücksichtigen, dass seitens der Beklagten Details aus der Ermittlungsakte an die Öffentlichkeit getragen wurden, die noch nicht Gegenstand öffentlicher Verlautbarungen der Staatsanwaltschaft oder der Gerichte gewesen waren. Zudem wurden Zeugenaussagen zum Sexual- und Privatleben des Klägers veröffentlicht, bevor die Zeuginnen in der Hauptverhandlung vernommen wurden. Hierdurch wurde trotz der bestehenden Unschuldsvermutung, der deshalb gebotenen Zurückhaltung bei der Berichterstattung und der Breitenwirkung derselben schon vor der eigentlichen Hauptverhandlung durch die Beklagte ein Bild des Klägers in der Öffentlichkeit gezeichnet, das die gesteigerte Gefahr der Vorverurteilung des Klägers als frauenverachtenden und gewaltbereiten Menschen in sich barg. Denn durch die stete Wiederholung eines im Kern vergleichbaren Vorwurfs der Gewaltausübung gegenüber Frauen verfestigte sich in der öffentlichen Meinung die Einschätzung, dass auch der Vergewaltigungsvorwurf zutreffend sein könnte.
341Zudem ist der enorme Verbreitungsgrad der Berichterstattung zu berücksichtigen. Denn die BILD-Zeitung ist nach ihren eigenen Angaben die größte Tageszeitung Europas mit 12,13 Millionen Lesern täglich. Hinzu kommt die hier ebenfalls streitgegenständliche Berichterstattung über die Internetseiten www.welt.de und www.abendblatt.de. Ein größerer Umfang der Verbreitung der den Kläger stigmatisierenden Artikel innerhalb Deutschlands ist kaum denkbar. Zudem wurden die angegriffenen Berichte im Internet zahlreich verlinkt und kopiert. Gerade das Ausmaß der Verbreitung der angegriffenen Veröffentlichung ist jedoch auch bei Prüfung, ob ein unabwendbares Ereignis für die Zuerkennung einer Geldentschädigung vorliegt, zu berücksichtigen (vgl. BGH, NJW 2014, 2029 m.w.N.). Diese Verletzungen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers sind der Beklagten auch insoweit zuzurechnen, als sie erst durch die Weiterverbreitung der Ursprungsbeiträge durch Dritte (bspw. durch die „BUNTE“) im Internet entstanden sind. Da Meldungen im Internet typischerweise von Dritten verlinkt und kopiert werden, ist die durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags verursachte Rechtsverletzung sowohl äquivalent als auch adäquat kausal auf die Erstveröffentlichung zurückzuführen. Der Zurechnungszusammenhang ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Persönlichkeitsrechtsverletzung insoweit erst durch das selbstständige Dazwischentreten Dritter verursacht worden ist (vgl. BGH, a.a.O.).
342Demgegenüber kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass ein unabwendbares Bedürfnis für die Zuerkennung einer Geldentschädigung deshalb nicht vorliege, weil die vermeintlichen Sexualpraktiken des Klägers in anderen Medien ebenfalls thematisiert und dadurch einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht wurden. Denn es gilt auch insofern der Grundsatz, dass der Verweis auf das – möglicherweise – rechtswidrige Verhalten eines Dritten – wie hier - den Verletzer nicht entlasten kann (BVerfG, NJW 2010, 1195, 1197). Denn der Umstand, dass bereits vor und gleichzeitig neben den angegriffenen Beiträgen in verschiedenen Veröffentlichungen über den Kläger in vergleichbarer Art und Weise berichtet wurde, wirkt sich nicht mindernd auf das Gewicht der durch die angegriffenen Äußerungen bewirkten Persönlichkeitsrechtsverletzungen aus. Denn weder werden unbewiesene Tatsachenbehauptungen herabsetzenden Charakters deswegen zulässig, weil sie auch von anderen aufgestellt worden sind, noch verliert der Betroffene durch die erste belastende Berichterstattung seine Ehre und soziale Anerkennung in dem Sinne, dass diese Schutzgüter nicht erneut oder nur mit geringerer Intensität verletzt werden könnten (vgl. BGH, NJW 2014, 2029),. Die Veröffentlichungen durch andere Verlage stellen jeweils eigenständige Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des Klägers dar, die einer selbstständigen Beurteilung unterliegen. Eine andere Betrachtung würde weder dem Wesen der genannten Schutzgüter des allgemeinen Persönlichkeitsrechts noch der Funktion der Entschädigung als Rechtsbehelf zu ihrem Schutz gerecht (vgl. BGH, a.a.O.). Die Vorveröffentlichungen könnten sich allenfalls dann mindernd auf die Höhe der zuzubilligenden Geldentschädigung auswirken, wenn und soweit das Interesse der von dem streitgegenständlichen Beitrag angesprochenen Personen durch sie bereits verringert war (vgl. BGH, a.a.O.), was jedoch nach Auffassung der Kammer aufgrund der fortgesetzten und skandalisierenden Berichterstattung der Beklagten nicht der Fall war.
343Die Verbreitung der beanstandeten Äußerungen und Bildnisse ist schließlich auch nicht zulässig unter dem Gesichtspunkt der Kritik an der Lebensführung einer prominenten Person. Als schon vor der Verhaftung prominente Person muss sich der Kläger zwar das weitgehende Interesse an seiner Person und eine entsprechende Berichterstattung gefallen lassen; gleichwohl genießt er Schutz in seiner Privatsphäre, insbesondere in dem hier oftmals betroffenen Kernbereich seiner Sexualsphäre. Wie bereits ausgeführt, ist die Beklagte der Darstellung des Klägers, diesen Bereich stets den Einblicken der Öffentlichkeit entzogen zu haben, nicht mit konkretem Vorbringen entgegengetreten. Diesen Lebensbereich hat er nicht öffentlich preisgegeben und ist insoweit auch nicht mit allgemeinen Vorstellungen an die Öffentlichkeit getreten, die unter Umständen auf ihre Umsetzung im Leben des Klägers zu überprüfen gewesen wären. Ein schützenswertes, über die Befriedigung einer allgemeinen Neugier oder Sensationslust hinausgehendes Interesse an der Aufdeckung dieses absolut geschützten Bereiches besteht dementsprechend nicht.
344Eine Selbstöffnung des Klägers zu intimen Details seines Sexuallebens liegt ebenfalls nicht vor. Der Kläger hat sich selbst nicht zu intimen Details seines Sexuallebens in der Öffentlichkeit geäußert. Bei den zulässigen Inhalten der Berichterstattung über den Angeklagten eines Strafverfahrens ist zwar zu berücksichtigen, dass er sich unter Umständen nicht mehr mit Gewicht auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht berufen kann, etwa wenn er sich in eigenverantwortlicher Weise den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen in der medialen Öffentlichkeit gestellt hat (BVerfG, ZUM 2010, 243). So entfällt der Schutz der Privatsphäre, wenn sich jemand selbst damit einverstanden erklärt, dass bestimmte Angelegenheiten, die gewöhnlich als privat gelten, öffentlich gemacht werden, etwa durch Exklusivverträge über die Berichterstattung aus seiner Privatsphäre (BVerfG, NJW 2000, 1021 – Caroline von Monaco). Gleiches gilt für den Intimbereich, sofern nicht besondere Umstände eingreifen; insbesondere sind das Medium, dessen Zielgruppe und sonstige Begleitumstände mit zu berücksichtigen bei der Feststellung, in welchem Umfang die Intimsphäre geöffnet wurde. Dies bedarf einer Abgrenzung im Einzelfall (Burkhardt in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage 2003, Kap. 5, Rn. 51 m.w.N.). Dass der Kläger mit Details aus seinem Intimleben an die Öffentlichkeit getreten ist, lässt sich dem Vortrag der Beklagten nicht entnehmen. Zwar hat der Kläger einige Interviews gegeben; selbst aus den von der Beklagten zitierten Auszügen ergibt sich jedoch kein Hinweis darauf, dass er hierin auf seine sexuellen Vorlieben eingegangen ist; vielmehr hat er entsprechende Fragen ausdrücklich zurückgewiesen.
345In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, dass der Kläger bzw. seine Rechtsanwälte Teile der Ermittlungsakte verschiedenen Presseunternehmen überlassen haben. Denn die stete Wiederholung des Vortrags des Klägers, die entsprechenden Behauptungen der Beklagten seien „nicht einlassungsfähig“, führen nach Auffassung der Kammer dazu, dass dieses Vorbringen der Beklagten als zutreffend unterstellt werden kann. Gleichwohl folgt weder hieraus noch aus den unstreitigen vertraulichen Hintergrundgesprächen des Klägers mit der Presse, dass er mit der Veröffentlichung sämtlicher in den Akten befindlicher Inhalte einverstanden war.
346Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass das Berichterstattungsinteresse hinsichtlich des strafrechtlichen Ermittlungs- und Hauptverfahrens aufgrund der Prominenz des Klägers und der Schwere des erhobenen Vorwurfs unzweifelhaft immens war. Gleichwohl rechtfertigt dieses außergewöhnlich große Informationsinteresse der Öffentlichkeit aus den bereits dargestellten Gründen nicht jedwede Berichterstattung, da gerade bei der Berichterstattung über das Bestehen eines Verdachts der Begehung einer Straftat durch die Medien besondere Gefahren für den jeweils Betroffenen bestehen. Denn Verdächtigungen, Gerüchte und insbesondere Berichterstattungen durch die Medien werden oft für wahr genommen, ihre später erwiesene Haltlosigkeit beseitigt den einmal entstandenen Mangel kaum und Korrekturen finden selten die gleiche Aufmerksamkeit wie die Bezichtigung, insbesondere wenn es später zu einem Freispruch unter dem Gesichtspunkt in dubio pro reo kommt. Deswegen gebietet die bis zur rechtskräftigen Verurteilung zu Gunsten des Angeklagten sprechende Unschuldsvermutung eine entsprechende Pflicht der Medien, die Stichhaltigkeit der ihr zugeleiteten Informationen unter Berücksichtigung der den Verdächtigen bei identifizierender Berichterstattung drohenden Nachteile gewissenhaft nachzugehen, und eine entsprechende Zurückhaltung, gegebenenfalls einhergehend mit einer Beschränkung auf eine ausgewogene Berichterstattung.
347Ferner ist der Einschüchterungseffekt zu beachten, der durch eine nachträgliche Sanktionierung einer Presseberichterstattung durch eine hohe Geldentschädigung zu erwarten ist, deren Rechtswidrigkeit das Ergebnis einer jeweils einzelfallbezogenen Abwägung ist. Insofern sind auch konkrete Anhaltspunkte, dass die Beklagte hinsichtlich der rechtswidrigen Persönlichkeitsrechtsverletzungen vorsätzlich und mit Schädigungsabsicht gehandelt hätte, entgegen der Auffassung des Klägers nicht gegeben. Dass sich die Beklagte subjektiv rücksichtslos der Grenze zwischen dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht und der Pressefreiheit angenähert hätte, ergibt die Würdigung der streitgegenständlichen Artikel nicht. Der Beklagten kann daher nur der Vorwurf gemacht werden, auf einem außerordentlich schwierigen Gebiet der Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen die rechtliche Grenzziehung fahrlässig verfehlt zu haben.
348In diesem Zusammenhang ist auch ist zu berücksichtigen, dass die Details aus der Ermittlungsakte durch Einführung in die Hauptverhandlung zumindest der „Saalöffentlichkeit“ offenbar wurden und das LG Mannheim die diversen Beziehungen des Klägers und deren Erörterung in der Hauptverhandlung als relevant für die Beweiswürdigung erachtete. Der Beklagten ist beizupflichten, dass bei einem Strafverfahren die Kenntnis des Inhalts der Einlassung des Angeklagten und der Zeugenaussagen für die Beurteilung des weiteren Verfahrensverlaufs und das Verständnis der Beweiserhebungen sowie die Würdigung der Beweisergebnisse in der Hauptverhandlung von Bedeutung sind. Eine ausgewogene Prozessberichterstattung wird deshalb grundsätzlich kaum auf die Wiedergabe derselben verzichten können, um den Lesern den weiteren Verlauf des Strafverfahrens, z.B. die erneute Vernehmung eines Zeugen oder den derzeitigen Stand des Verfahrens nachvollziehbar darzustellen. Andererseits ist jedoch zu beachten, dass allein der Umstand, dass entsprechende Äußerungen in der Hauptverhandlung erfolgten, nicht bedeutet, dass sämtliche Details aus diesen Einlassungen bzw. Vernehmungen von der Presse veröffentlicht oder in sonstiger Weise verbreitet werden dürfen, vor allem dann, wenn die Vernehmungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgten. Denn auch wenn Angeklagte sich zur Tat einlässt oder Zeugen im Rahmen eines Strafverfahrens vernommen und diese Aussagen vom Gericht im Urteil gewürdigt werden, stellt dies keine Berechtigung der Presse dar, sämtliche Details dieser Aussagen unabhängig davon zu veröffentlichen, ob im konkreten Fall das Persönlichkeitsrecht des Angeklagten eine Wiedergabe der fraglichen Details verbietet oder ob dagegen das öffentliche Berichterstattungsinteresse überwiegt. Eine solche Abwägung muss vielmehr für jedes wiedergegebene Detail der Aussage gesondert durchgeführt werden.
349Außerdem ist der Beklagten nach Auffassung der Kammer keine vom Kläger angeführte Pressekampagne mit anderen Verlagen zu unterstellen. Denn greifbare Anhaltspunkte, die für ein kollusives Zusammenwirken der Beklagten mit anderen Verlagen sprächen, hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen. Vor dem Hintergrund der grundsätzlich bestehenden Konkurrenz der einzelnen Verlage stellt allein das wechselseitige Zitieren der Berichterstattung kein hinreichendes Indiz für ein planmäßiges und auf die Schädigung des Klägers gerichtetes Zusammenarbeiten der Verlage dar. Demgegenüber kann es nicht zum Nachteil des Klägers gereichen, dass er sich nicht auch gegen die Veröffentlichungen anderer Presseunternehmen gewandt hat. Denn ob der Kläger etwaige andere Verletzer seines Persönlichkeitsrechts in gleicher Weise in Anspruch nimmt, ist unerheblich, da es dem Verletzten frei steht, selbst darüber zu entscheiden, ob und in welcher Weise er gegen verschiedene Verletzer vorgehen will (OLG Hamburg, GRUR-RR 2009, 438).
350Schließlich ist zu beachten, dass der Kläger sich während und im Nachgang zum Strafprozess in Interviews zu eben diesem und seinen diversen Beziehungen geäußert hat. Zwar teilte er auch in diesem Zusammenhang keine Details zu seinem Sexualleben mit, äußerte sich jedoch zu dem Umstand, diverse Beziehungen gehabt zu haben. Zudem veröffentlichte der Kläger Ende 2012 ein Buch, in dem er seine Sicht der Dinge darstellte und u.a. auch Kritik - u.a. an der Presse (vgl. Seiten 123 ff. des Buches) – äußerte. Auch diese Möglichkeit, seine Sicht des Prozesses gewinnbringend zu publizieren, ist im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigen (vgl. Burkhardt in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage 2003, Kap. 14, Rn. 130). Letztlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger mit der Geltendmachung seines Geldentschädigungsanspruchs drei bzw. zwei Jahre zuwartete und hinsichtlich der Ansprüche aus dem Jahre 2010 die Verjährungsfrist ausreizte (vgl. hierzu Burkhardt, a.a.O.). Gleichwohl ist natürlich zu beachten, dass der Kläger sich durch eine Vielzahl von Verfahren massiv gegen die Berichterstattungen der Beklagten zur Wehr gesetzt hat.
351D.
352Vor dem Hintergrund der unter I. A. und I. C. ausgeführten Erwägungen sprechen sowohl der Präventionsgedanke als auch der Kompensationszweck für die Zuerkennung einer nicht nur unerheblichen Geldentschädigung. Denn zum einen muss der Beklagten durch die Höhe der Geldentschädigung verdeutlicht werden, in Zukunft bei der Berichterstattung über vergleichbare Geschehnisse eine größere Sorgfalt und Zurückhaltung an den Tag zu legen; gleichzeitig darf die Höhe der Geldentschädigung keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Pressefreiheit darstellen. Zum anderen war zu beachten, dass der Kläger zumindest auch durch die seine Intim- und Privatsphäre verletzende sowie in weiten Teilen reißerische Berichterstattung der Beklagten nicht nur während des Zeitraums derselben, sondern auch in Zukunft als frauenverachtender und gewaltbereiter Wiederholungstäter stigmatisiert wurde bzw. bleiben wird, wodurch sowohl sein berufliches Wirken als auch sein Privatleben massiv beeinträchtigt wurden bzw. bleiben werden.
353Unter Berücksichtigung dessen und unter erneuter Abwägung der unter I. A. und I. C. ausgeführten Erwägungen erachtet die Kammer im Ergebnis eine Geldentschädigung in Höhe von 335.000,- EUR für angemessen, aber auch ausreichend, den Kläger für seine erlittene immaterielle Unbill zu entschädigen und gleichzeitig die Beklagte zu mehr Augenmaß bei zukünftigen Berichterstattungen vergleichbarer Brisanz anzuhalten.
354E.
355Die geltend gemachten Ansprüche aus dem Jahre 2010 sind nicht gemäß den §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB verjährt.
356Es kann hier dahinstehen, ob eine Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB durch die Zustellung des Mahnbescheids erfolgte, ob dieser die geltend gemachten Ansprüche hinreichend individualisiert und ob die Voraussetzungen des § 204 Abs. 2 BGB vorliegen.
357Denn die am 31.12.2010 beginnende und am 31.12.2013 ablaufende Verjährungsfrist wurde durch die Zustellung der Anspruchsbegründung vom 30.12.2013 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB i.V.m. § 167 ZPO gehemmt (vgl. BGH, Urteil vom 23.9.2008 - XI ZR 253/07, Rn. 29), da die Aufforderung zu Zahlung des Gerichtskostenvorschusses am 15.1.2014 und die Zahlung desselben am 20.1.2014 erfolgte.
358F.
359Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 291, 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 S. 2 BGB.
360II.
361Der Antrag zu 2. ist teilweise begründet.
362Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Schadenersatzanspruch in Höhe von 3.127,80 EUR gemäß § 823 Abs. 1 BGB hinsichtlich der angefallenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
363Die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Zugrunde zu legen war der Abmahnung eine Geschäftsgebühr mit dem 1,3-fachen Satz und ein Streitwert in Höhe von 335.000,- EUR.
364Hieraus ergibt sich ein berechtigter Anspruch des Klägers in Höhe von 3.127,80 EUR (wie beantragt exklusive Unkostenpauschale und exklusive MwSt.).
365Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 291, 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 S. 2 BGB.
366III.
367Der Antrag zu 3. ist begründet.
368Der Kläger hat ferner gegen die Beklagte einen Schadenersatzanspruch in Höhe von 1.237,66 EUR gemäß § 823 Abs. 1 BGB hinsichtlich der ihm angefallenen Recherchekosten.
369Denn es handelt sich hierbei um Kosten der Schadensfeststellung und nicht um Kosten der Schadensregulierung (vgl. Grüneberg in: Palandt, Kommentar zum BGB, 74. Auflage 2015, § 249 BGB, Rn. 58 f.).
370Während der Gläubiger eines Schadenersatzanspruchs Anspruch auf Ersatz der Kosten hat, die ihm im Rahmen der Schadensbehebung einschließlich der Schadenfeststellung entstanden sind, steht ihm ein solcher Anspruch hinsichtlich der Kosten der Schadenregulierung, insb. also der Kosten der außergerichtlichen Verfolgung seiner Schadenersatzansprüche, nicht zu, denn es handelt sich dabei um eigene Mühewaltung des Geschädigten zur Durchsetzung seines Anspruchs (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.1976 –II ZR 133/74, Rn. 9; BGH, Urt. v. 9.3.1976 – VI ZR 98/75, Rn. 14), die zum eigenen Pflichtenkreis des Geschädigten gehört (BAG, Urt. v. 23.1.1992 – 8 AZR 246/91, Rn. 35; BGH, Urt. v. 31.1.1991 – III ZR 10/90, Rn. 9; BGH, Urt. v. 31.5.1976 – II ZR 133/74, Rn. 9; BGH, Urt. v. 28.2.1969 – II ZR 154/67, Rn. 14).
371Selbst wenn man dies anders sehen wollte, ist zu berücksichtigen, dass ein Anspruch auch Ersatz der Kosten für die eigene Mühewaltung besteht, wenn – wie hier aufgrund der Vielzahl der Berichterstattungen der Fall - im einzelnen konkreten Schadensfall der Umfang der Schadenregulierung einen solch ungewöhnlich hohen Aufwand erfordert, dass diese nicht mehr mit den von dem Berechtigten üblichen persönlichen Bemühungen bewältigt werden könnte (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.1976 – II ZR 133/74, Rn. 9; BGH, Urt. v. 9.3.1976 – VI ZR 98/75, Rn. 16).
372Hinsichtlich der Höhe wird auf den durch die Anlagen K161 und K162 substantiierten Vortrag auf Seite 247 der Klageschrift (Bl. 247 GA) Bezug genommen.
373Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 291, 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 S. 2 BGB.
374IV.
375Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 709 ZPO.
376Streitwert: 1.501.237,66 EUR
377Rechtsbehelfsbelehrung:
378Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
3791. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
3802. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
381Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
382Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.
383Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
384Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Urteilsbesprechung zu Landgericht Köln Urteil, 30. Sept. 2015 - 28 O 7/14
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Landgericht Köln Urteil, 30. Sept. 2015 - 28 O 7/14 zitiert oder wird zitiert von 14 Urteil(en).
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Das Urteil enthält:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten; - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben; - 3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist; - 4.
die Urteilsformel; - 5.
den Tatbestand; - 6.
die Entscheidungsgründe.
(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.
(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 10.07.2013 - 28 O 439/12 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Diese Entscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e:
2I.
3Die Parteien streiten über die Zulässigkeit einer Wortberichterstattung der Beklagten über den Kläger.
4Der als Moderator, Journalist und Unternehmer bekannte Kläger war Angeklagter in einem vor dem Landgericht Mannheim verhandelten Strafverfahren wegen des Verdachts der schweren Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Er wurde wegen des Verdachts der schweren Vergewaltigung am 20.03.2010 verhaftet und blieb bis zum 29.07.2010 in Untersuchungshaft. Die Hauptverhandlung begann am 06.09.2010. Im Ermittlungs- und Strafverfahren wurde festgestellt, dass der Kläger gleichzeitig intime Beziehungen zu mehreren Frauen unterhalten hatte, ohne dass diese voneinander wussten. Während der Hauptverhandlung fand ein Telefonat zwischen der Staatsanwaltschaft und einer Sexualpartnerin des Klägers statt, das zu einem Aktenvermerk des Staatsanwalts vom 29.11.2010 führte. Die Zeugin wurde am 15.2.2011 im Wege der Rechtshilfe vernommen. Am 31.5.2011 wurde der Kläger freigesprochen. Das Urteil ist rechtskräftig.
5Am 05.12.2010 veröffentlichte die Beklagte in der von ihr bundesweit verlegten Zeitung „C“ einen Artikel, in dem es über eine im Rahmen des Ermittlungsverfahrens vorgenommene Untersuchung des Mobiltelefons des Klägers u.a. heißt:
6„In monatelanger Kleinarbeit rekonstruierten Ermittler die gelöschten Daten und fanden Hinweise auf ein möglicherweise neues Opfer“
7und weiter
8„Laut „G“ kamen die Ermittler einer neuen Zeugin auf die Spur, deren Aussage ihn schwer belastet. Die Frau soll behaupten, dass (der Kläger) sie beim Liebesspiel am 17. Januar plötzlich brutal behandelt habe. Er sei für kurze Zeit ein anderer Mensch geworden.“.
9Der Kläger hat die Berichterstattung als persönlichkeitsrechtsverletzend abgemahnt und ist gegen sie erfolgreich mit einer einstweiligen Verfügung vorgegangen. Der vorliegende Rechtsstreit betrifft das Hauptverfahren. Der Kläger hat gemeint, die Äußerungen behaupteten ein strafbares Verhalten, ohne dass die Voraussetzungen der zulässigen Verdachtsberichterstattung durch die Presse erfüllt seien. Es habe zum Zeitpunkt der Veröffentlichung ein Mindestbestand an Beweistatsachen gefehlt, die Mitteilung betreffe das Intimleben des Klägers, das er zu keiner Zeit bereitwillig öffentlich gemacht habe; die Äußerungen seien einseitig und tendenziös. Ein aktueller Berichtsanlass habe gefehlt, weil die Existenz der Zeugin bereits seit September 2010 bekannt gewesen sei. Die Äußerung sei vorverurteilend, sie verstoße gegen die Unschuldsvermutung und erzeuge eine Prangerwirkung. Da die zugrundeliegenden Informationen aus Ermittlungsakten stammten, die zum fraglichen Zeitpunkt noch nicht Bestandteil der Gerichtsakten waren, gelte im Rahmen der Abwägung zwischen Persönlichkeitsinteressen und Berichtsfreiheit der Grundsatz des § 353d Nr. 3 StGB. Schließlich hat der Kläger gemeint, dass die Wiederholungsgefahr hinsichtlich der vorliegend in Rede stehenden Äußerungen nicht durch die Verlesung des Protokolls über die Vernehmung des Klägers durch den Ermittlungsrichter in der öffentlichen Hauptverhandlung des Strafverfahrens – wie der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 19.3.2013 (VI ZR 93/12) angenommen hat – entfallen sei.
10Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger seinen Unterlassungsanspruch in der Hauptsache weiter und begehrt zudem Freistellung von den vorgerichtlich entstandenen Abmahnkosten.
11Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Unzulässigkeit der Klage gerügt. Ferner hat sie die Auffassung vertreten, dass der angegriffene Artikel ausschließlich wahrheitsgemäße Angaben enthalte, deren Darstellung im Rahmen einer Verdachtsberichterstattung zulässig gewesen sei, da angesichts der großen Bekanntheit und medialen Omnipräsenz des Klägers ein außerordentliches öffentliches Interesse an dem gegen ihn gerichteten Ermittlungs- und Strafverfahren bestanden habe, der Kläger durch Preisgabe von Ermittlungsdetails selbst in die Öffentlichkeit getreten sei und in dem Artikel auch die Stellungnahme des Klägers wiedergegeben wurde. Die Angaben der neuen Zeugin seien als mögliche Hinweise auf eine Tatneigung des Klägers relevant und als solche in dem freisprechenden Urteil gewürdigt worden.
12Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat die vom BGH in der Entscheidung NJW 2000, 1036 formulierten Grundsätze zur Verdachtsberichterstattung geprüft, aber für nicht erfüllt erachtet. Die Äußerung, dass Ermittler „Hinweise auf ein mögliches neues Opfer (fanden)“ verstehe der Durchschnittsleser nach dem Gesamtzusammenhang der Berichterstattung dahingehend, dass ein neues Vergewaltigungsopfer aufgetaucht sei. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung hätte es diesbezüglich allerdings nur einen Telefonvermerk gegeben, so dass es an einem Mindestbestand an Beweistatsachen gefehlt habe. Die spätere Vernehmung habe den Verdacht nicht bestätigt, zumal die Zeugin zwar von einem brutalen und deftigen Verhalten, nicht aber von einem Verhalten berichtet habe, dem sie Widerstand entgegengesetzt habe, das die Zeugin also als „Opfer“ eines strafbaren Verhaltens erscheinen lasse. Die Berichterstattung sei einseitig und vorverurteilend. Dies treffe auch für die weitere Äußerung zu, wonach der Kläger „die Frau … plötzlich brutal behandelt habe“ und er „für kurze Zeit ein anderer Mensch geworden“ sei. Auch diese Äußerung sei vorverurteilend, weil sie als Vorwurf eines strafbaren Verhaltens verstanden werde, ohne dass es zum Zeitpunkt der Berichterstattung oder später hierfür einschlägige Beweistatsachen gegeben habe. Die Vermutung der Wiederholungsgefahr sei nicht widerlegt, könne auch vorliegend nur durch eine Unterwerfung widerlegt werden, die vorgerichtliche Abmahnung sei daher berechtigt gewesen.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen in dem Urteil vom 10.7.2013 (Bl. 373 ff. GA) Bezug genommen.
14Die Beklagte greift das Urteil mit ihrer Berufung an. Insgesamt hält sie die Berichterstattung für durch die Pressefreiheit gedeckt, da die Berichtsfreiheit in einem die Öffentlichkeit wesentlich interessierenden Gerichtsverfahren sowohl nach verfassungsrechtlichen als auch den Maßstäben des EGMR besonders großzügig ausgestaltet sei. Der Kläger sei nicht nur eine sehr bekannte Person des öffentlichen Lebens, seine Prominenz habe sich auch im Verlauf des Ermittlungs- und Gerichtsverfahrens erheblich gesteigert. Der Kläger habe insbesondere durch eigene Pressearbeit die öffentliche Meinung mit eigenen Informationen zu beeinflussen gesucht. Dabei seien auch Informationen über das Privat- und Beziehungsleben in die Öffentlichkeit gegeben worden und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits allgemein bekannt gewesen. Das Landgericht habe es versäumt, zu dem Status des Klägers als prominenter Person Feststellungen zu treffen. Die dem Artikel vom 5.12.2010 zugrundeliegende Berichterstattung sei wahrheitsgemäß, soweit behauptet werde, dass die Zeugin behauptet habe, der Kläger habe sie beim Liebesspiel ihrem Eindruck nach brutal behandelt. Sowohl die Ermittlungsergebnisse als auch die Äußerungen der Zeugin entsprächen der Wahrheit und zeigten, dass der Kläger in seinem Sexualverhalten gewaltgeneigt sei, ein Umstand, der im Rahmen des damaligen Ermittlungsverfahrens zum Verständnis des Geschehens und zur Unterrichtung der Öffentlichkeit von Bedeutung gewesen sei. Das Landgericht habe die streitgegenständlichen Äußerungen aus dem Zusammenhang gelöst und fehlerhaft gedeutet. Es habe die Reichweite der Begriffe Vorverurteilung, Unschuldsvermutung und Stigmatisierung fehlerhaft bestimmt. Insbesondere die Äußerung, dass die Aussage der im Presseartikel erwähnten Zeugin den Kläger „schwer belastet“, sei als Werturteil anzusehen. Die Deutung, dass die Zeugin Opfer einer Straftat sei, sei unrichtig. Zum einen werde sie nur als „mutmaßliches Opfer“ bezeichnet. Zum anderen bezeichne sie der Artikel lediglich als Opfer einer brutalen Behandlung beim Liebesspiel. Daraus müsse weder der Verdacht einer Vergewaltigung noch einer anderen Straftat folgen, das Landgericht habe sich mit anderen Deutungen nicht auseinandergesetzt. Auch sei der Kläger durchaus zu Wort gekommen, denn der Artikel schließe mit der Einschätzung seines Prozessbevollmächtigten, dass die Vorwürfe unwahr und leicht widerlegbar seien. An einer Vorverurteilung, die der Unschuldsvermutung zuwiderlaufe, fehle es, weil nicht die Schuld oder Verurteilung des Klägers fest behauptet worden sei. Da die Berichterstattung zulässig gewesen sei, sei auch die vorprozessuale Abmahnung nicht erforderlich und daher unberechtigt gewesen.
15Die Beklagte beantragt,
16das Urteil des Landgerichts Köln vom 10.7.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
17Der Kläger beantragt,
18die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
19Er verteidigt das angegriffene Urteil. Weder der Umstand, dass die in dem Bericht selbst geäußerten Fakten wahr sein mögen, was der Kläger bestreitet, noch die am Ende des Artikels wiedergegebene Stellungnahme des Prozessbevollmächtigten des Klägers rechtfertigten die Berichterstattung. Auf die von der Beklagten hervorgehobenen Umstände komme es im Ergebnis nicht an, weil es für das vom Landgericht festgestellte Verständnis einer Verdachtsberichterstattung an Belegtatsachen fehlte. Das Verständnis, dass der Verdacht einer Straftat geäußert werde, müsse nicht gewiss, sondern nur wahrscheinlich sein. Zu berücksichtigen sei auch, dass es in dem berichteten Fall nicht um ein eigenständiges Gerichts- oder Ermittlungsverfahren gegangen sei.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschrift vom 28.1.2014 verwiesen.
21II.
22Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog zu Recht für begründet gehalten. Daher war auch die vorgerichtliche Geltendmachung dieses Anspruchs erforderlich, so dass Freistellung von diesen Kosten verlangt werden kann.
231. Unterlassungsanspruch
24Der Anspruch des Klägers auf Unterlassung der streitgegenständlichen Äußerung ist wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts gem. § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB begründet.
25a) Das Landgericht hat den Artikel zutreffend nach dem durchschnittlichen Leserverständnis, auf das es ankommt (vgl. BGH NJW 2009, 1872, 1873; NJW 2006, 601 ‚Tz. 14), ausgelegt.
26Für die Auslegung sind der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen, soweit diese für die Leser, Hörer oder Zuschauer erkennbar sind (BGH NJW 2006, 601 Tz. 14). Insbesondere darf der umstrittene Äußerungsteil nicht isoliert betrachtet werden (vgl. BGH, MDR 2004, 393 f. m.w.N.)
27Das Landgericht kommt zu der Deutung, dass durch beide angegriffene Äußerungen dem Kläger eine weitere Straftat, begangen gegenüber der im Artikel genannten Zeugin, vorgeworfen wird. Diese Deutung ist naheliegend. Es wird von einem „neuen Opfer“, einer „schweren Belastung“ des Klägers gesprochen und auf eine Brutalität beim Liebesspiel hingewiesen. Diese Behauptungen erfolgen im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen den Kläger wegen des damals öffentlich bekannten Vorwurfs der Vergewaltigung. Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass der durchschnittliche Rezipient den Eindruck erhält, dass auch in diesem Fall eine Vergewaltigung oder jedenfalls eine Körperverletzung stattgefunden haben könnte. Damit aber wird der Verdacht einer Straftat geäußert. Verstärkt wird diese Deutung durch die Äußerungen „Sprengstoff für das Verfahren“ sowie „kam das BKA zu einem brisanten Ergebnis“. Diese Formulierungen stellen den Zusammenhang zwischen dem in der Öffentlichkeit zum damaligen Zeitpunkt präsenten Verdacht und einem behaupteten weiteren Fall „brutaler Behandlung“ her und verstärken den Eindruck, dass der Zusammenhang auch hier ein strafrechtlich relevanter sein kann. Die Auslegung betrifft beide angegriffenen Äußerungen. Auch wenn nur die erste Äußerung untersagt würde, bleibt angesichts des Gesamtzusammenhangs der Aussagen in dem Bericht sowie des Berichtsumfeldes der Verdachtscharakter auch dieser Meldung erhalten.
28Die von der Beklagten dagegen angeführte Deutung, in dem Bericht werde lediglich wahrheitsgemäß über Einzelheiten der Ermittlungstätigkeit sowie ein zur damaligen Zeit bereits allgemein bekanntes Sexualverhalten des Klägers berichtet, erschöpft den Gehalt des Presseartikels nicht. Selbst wenn die inhaltlich behaupteten Vorfälle zuträfen, so entnimmt der das Prozessgeschehen auch nur beiläufig verfolgende typische Leser schon der prominenten Erwähnung eines „möglicherweise neuen Opfers“ in der Unterzeile der Überschrift, dass es nicht nur um einverständliche Liebespraktiken geht. Wer von einem „Opfer“ im Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren liest, geht von einer weiteren Straftat, nicht nur von einer opferhaften Rolle in einer Beziehung aus, mag die Straftat auch noch nicht genau benannt sein. Diese Deutung wird durch das „möglicherweise“ nicht entkräftet, denn hieraus entnimmt der Leser allenfalls, dass es vorläufig noch um einen Verdacht geht. Der Artikel befasst sich auch im Kern nicht mit einem behaupteten gewaltbetonten Sexualverhalten des Klägers, sondern er berichtet ausschließlich über ein „brisantes Ereignis“ im Rahmen des bereits in der Hauptsache laufenden Ermittlungsverfahrens. Es geht damit – anders als die Beklagte meint - nicht nur um Fakten, die der öffentlichen Debatte um eine bekannte Person dienen, sondern um einen diese Person betreffenden Aspekt, der nicht neutral berichtender, sondern verdächtigender Natur ist.
29b) Der in dem Artikel angesprochene Verdacht bestand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung (und auch später) unstreitig nicht. Das Landgericht hat die von der Rechtsprechung zur Verdachtsberichterstattung entwickelten Kriterien zutreffend angewendet.
30aa) Das Landgericht hat gesehen, dass eine Straftat zum Zeitgeschehen gehört, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist und dass der Umstand einer Verletzung der Rechtsordnung und der Beeinträchtigung von Rechtsgütern der betroffenen Bürger oder der Gemeinschaft ein anzuerkennendes Interesse an näherer Information über Tat und Täter begründet (BGH NJW 2013, 229 Tz. 13; ferner BGHZ 143, 199, 204 = NJW 2000, 1036; gebilligt durch BVerfG, NJW 2009, 3357 Tz. 18; EGMR, NJW 2012, 1058 Rn. 96).
31Daraus folgt aber nicht, dass auch über weitere Tatvorwürfe, die nicht Gegenstand des hauptsächlich in Rede stehenden Verfahrens waren, grenzenlos berichtet werden durfte. Wenn in einer Weise berichtet wird, die den Eindruck des Verdachts einer weiteren strafbaren Handlung erzeugt, so gelten hierfür die Grenzen der Verdachtsberichterstattung und sie gelten nicht in verkürzter Weise, weil es bereits ein Verfahren in anderer Angelegenheit gibt.
32bb) Zu berücksichtigen ist dabei, dass die öffentliche Berichterstattung über eine Straftat den Beschuldigten erheblich in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt, weil sie sein (mögliches) Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und damit seine Person in den Augen der Adressaten von vornherein negativ qualifiziert wird (BGH NJW 2000, 1036; mit Hinweis auf BVerfGE 35, 202, 226 = NJW 1973, 1226). Dieser Umstand spielt eine Rolle, wenn die Gefahr droht, dass gerade wegen der Begleitberichterstattung selbst dann „etwas hängen bleiben“ kann, wenn im Hauptverfahren später ein Freispruch erfolgt.
33cc) Zwar dürfen die Anforderungen an die pressemäßige Sorgfalt und die Wahrheitspflicht nicht überspannt und insbesondere nicht so bemessen werden, dass darunter die Funktion der Meinungsfreiheit leidet (BGH NJW 2000, 1036, 1037; bestätigt in BGHZ 183, 353 = NJW 2010, 757 Tz. 14 und BGH NJW 2009, 350 – Holzklotz-Fall Tz. 11). Diesen Konflikt hat das Landgericht aber gesehen und daher im Wege einer Abwägung die gegenläufigen Gesichtspunkte einander gegenübergestellt.
34Voraussetzung für eine zulässige Verdachtsberichterstattung ist (1) ein Mindestbestand an Beweistatsachen. (2) Die Anforderungen an die pressemäßige Sorgfalt sind umso höher je schwerer das Ansehen des Betroffenen durch die Veröffentlichung beeinträchtigt wird. (3) Durch die Art der Berichterstattung darf es zu keiner Vorverurteilung kommen. (4) Entlastungsmomente sind zu berücksichtigen. (5) Regelmäßig ist eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen und es muss – insbesondere bei identifizierender Berichterstattung - um (6) einen Vorgang von gravierendem Gewicht gehen, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (BGHZ 143, 199 = NJW 2000, 1036; G. Müller, VersR 2000, 797, 801; vgl. auch bereits BGHZ 68, 331 = NJW 1977, 1268). Sämtliche genannten Umstände betreffen die in solchen Fällen anzuwendende publizistische Sorgfalt (B. Peters, NJW 1997, 1334, 1338).
35Das Landgericht hat zu Recht bereits auf das erste der genannten Kriterien abgestellt. Wenn für eine zulässige Verdachtsberichterstattung jedenfalls ein Mindestbestand an Beweistatsachen vorliegen muss (BGHZ 68, 331 = NJW 1977, 1288, 1289; NJW 1997, 1148, 1149), so hat die Presse nähere Umstände vorzutragen, aus denen auf die Richtigkeit der Information, vorliegend also auf den Verdacht einer Straftat, geschlossen werden kann (vgl. Senat, Urt. v. 23.10.2001 – 15 U 43/01, AfP 2001, 524, 525). Diese Last dient nicht nur dazu, den Wahrheitsgehalt der Äußerung, sondern auch ihren Öffentlichkeitswert zu untermauern (BGHZ 68, 331 = NJW 1977, 1288, 1289).
36Für beide angegriffenen Äußerungen fehlt eine Darlegung dahingehend, in welchem Stadium sich die Verdachtsmeldung befindet, ob sie auf Basis einer Vernehmung oder – wie zwischen den Parteien unstreitig ist – nur auf Basis eines Telefonvermerks stattgefunden hat, der im Zeitpunkt der Berichterstattung die einzige Grundlage war. Es fehlt auch eine Einschätzung dazu, inwieweit die angegebenen brutalen Praktiken den Verdacht einer Straftat begründen.
37Hinzu kommt, dass in einer den Verdacht strafbaren Verhaltens nährenden Berichterstattung auch Entlastungsmomente anzugeben sind (BGH NJW 2000, 1036), also ausgewogen zu berichten ist (BVerfG NJW 2009, 350 – Holzklotz-Fall, Tz. 14). Daran fehlt es. Der Artikel erwähnt nicht, ob es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die beschriebenen Liebesspiele gegen den Willen der genannten Zeugin erfolgten. Selbst wenn die Beklagte für sich geltend machen könnte, dass ein Interesse an einer näheren Kenntnis von weiteren Beziehungen des Klägers bestand, so hätte sie doch klarstellen müssen und können, dass der berichtete Vorfall nicht notwendig Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten gibt. Im Ergebnis bleibt daher der Verdacht stehen, ohne dass ausgleichend berichtet wird. Die Nichterfüllung dieser Pflicht wird nicht dadurch ersetzt, dass ein wenig aussagekräftiges Dementi des Prozessbevollmächtigten des Klägers an das Ende des Artikels gesetzt und dieses Dementi fett hervorgehoben wird. Durch die Stellung am Ende wird keineswegs ein Kontrapunkt gesetzt, sondern die Stellungnahme erscheint beziehungslos zu den wesentlich ausführlicheren und brisanteren Details im Kopf des Textes. Gerade die Allgemeinheit der Stellungnahme erzeugt eine nur schwache klarstellende Wirkung und erweckt den Eindruck einer routinemäßigen anwaltlichen Abwiegelung.
38Da bereits Recherche und Berichterstattung die Grenzen der zulässigen Verdachtsberichterstattung verlassen, kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger eine derart bekannte Person war, dass über sein Privatleben in der geschilderten Weise berichtet werden durfte. Das Landgericht musste hierzu – entgegen der Darstellung der Beklagten – keine Erhebungen anstellen, denn die vorstehenden Grundsätze gelten unabhängig davon, ob der Kläger eine in jeder Hinsicht prominente oder eine bisher unbekannte Persönlichkeit ist. Unerheblich ist im Ergebnis auch, ob die Berichterstattung bereits die Grenzen der Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK überschreitet und zu einer Vorverurteilung in der Öffentlichkeit führt. Die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung werden durch diese Rechtsprinzipien zwar beeinflusst, sie gelten aber auch unterhalb der möglicherweise engeren Grenzen der strafprozessualen Grundsätze.
39c) Zu Recht hat das Landgericht die Vermutung der Wiederholungsgefahr für nicht widerlegt angesehen. Die Beklagte hat keine Unterwerfungserklärung abgegeben. In dem streitgegenständlichen Vorfall hat es kein weiteres Ermittlungsverfahren gegeben. Die schon damals missverständliche Berichterstattung ist auch aus heutiger Sicht nicht zulässig. Schon der Umstand, dass der Fall des Klägers erhebliche Aufmerksamkeit erregt hat, lässt die Wahrscheinlichkeit einer wiederholten Berichterstattung nicht entfallen. Selbst wenn die Aussagen der Zeugin auch später Teil der Ermittlung im Verfahren gegen den Kläger geworden und auch in den Urteilsgründen niedergelegt worden sind, so trifft dies nicht für die aus dem streitgegenständlichen Artikel folgende Verdachtsberichterstattung zu. Ein Verdacht dieser Art ist gerade nicht substantiiert oder bestätigt worden.
402. Kostenfreistellungsanspruch
41Das Landgericht hat dem Kläger zu Recht einen Anspruch auf Freistellung von den vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten zugesprochen.
42Zum einen besteht insoweit wegen der rechtswidrigen Berichterstattung der Beklagten ein deliktischer Schadensersatz- bzw. Freistellungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 257 BGB, da der Schadensersatzanspruch nach §§ 249 ff. BGB grundsätzlich auch die Kosten der Rechtsverfolgung, insbesondere Anwaltsgebühren, umfasst (vgl. dazu: Palandt/Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Auflage 2011, § 249 BGB Rn 56 ff.; vgl. auch BGH, Urteil vom 27.7.2010 – VI ZR 261/09, in: MDR 2010, 1156 f. zur Höhe des Gegenstandswertes ohne Beanstandung der Bejahung eines Anspruchs dem Grunde nach).
43Zum anderen ergibt sich ein solcher Anspruch bei einer berechtigten Abmahnung auch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 683 Satz 1 BGB). Bei der Abmahnung handelt es sich jedenfalls um ein sog. auch-fremdes Geschäft, das der Abmahnende nicht nur im eigenen Interesse, sondern auch im Interesse des Abgemahnten vornimmt, um diesem Gelegenheit zu geben, den Unterlassungsanspruch ohne Notwendigkeit der Durchführung eines gerichtlichen Verfahren mit den damit verbundenen (höheren) Kosten zu akzeptieren. Die (zwischenzeitlich erfolgte) gesetzliche Kodifikation entsprechender Erstattungsansprüche in anderen Rechtsgebieten (z.B. Wettbewerbs- oder Urheberrecht) spricht nicht dagegen, diese Grundsätze im Äußerungsrecht weiterhin anzuwenden (vgl. auch BGH, Urteil vom 12.12.2006 – VI ZR 175/05, in: NJW-RR 2007, 856 f.).
443. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288, 291 BGB.
45III.
46Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
47Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
48Berufungsstreitwert: 40.000,- €)
49(entsprechend der für richtig erachteten erstinstanzlichen Festsetzung, gegen die von den Parteien keine Einwendungen erhoben wurden)
50Tenor
1. Die Beklagten zu 1) bis 3) werden verurteilt, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, in Bezug auf den Kläger zu veröffentlichen und/oder sonst zu verbreiten,
a) „Wenige Sekunden später soll L Linda T. an die Wand gedrückt, ihr das Oberteil ausgezogen haben. L habe sie am Hals gepackt und mehrmals geschlagen. Er soll sie dann über die Lehne der Couch gebeugt und eine sexuelle Handlung an ihr verübt haben, bei der er in ihren Körper eindrang, und die Linda T. als sado-masochistisch beschreibt. Er soll sie auch an den Haaren gezogen und am Arm gezerrt haben.“
b) „Linda T. soll außerdem ausgesagt haben, sich an diesem Nachmittag nicht gegen L gewehrt zu haben. Gegenüber einem Vertrauten soll sie später gesagt haben, dass sie ruhig geblieben sei, um L nicht zu provozieren.“
c) „Er soll sie geschlagen haben.“
wenn dies geschieht wie im Rahmen des in der Zeitung „Y1“ vom 6.3.2011 veröffentlichten Artikels mit der Überschrift „L und die gefährliche Zeugin“.
2. Die Beklagte zu 4) wird verurteilt, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, in Bezug auf den Kläger zu veröffentlichen und/oder sonst zu verbreiten,
a) „Wenige Sekunden später soll L Linda T. an die Wand gedrückt, ihr das Oberteil ausgezogen haben. L habe sie am Hals gepackt und mehrmals geschlagen. Er soll sie dann über die Lehne der Couch gebeugt und eine sexuelle Handlung an ihr verübt haben, bei der er in ihren Körper eindrang, und die Linda T. als sado-masochistisch beschreibt. Er soll sie auch an den Haaren gezogen und am Arm gezerrt haben.“
b) „Linda T. soll außerdem ausgesagt haben, sich an diesem Nachmittag nicht gegen L gewehrt zu haben. Gegenüber einem Vertrauten soll sie später gesagt haben, dass sie ruhig geblieben sei, um L nicht zu provozieren.“
wenn dies jeweils geschieht wie im Rahmen des am 6.3.2011 auf „anonymY.de“ veröffentlichten Artikels mit der Überschrift „L und die gefährliche Zeugin“.
3. Die Beklagten werden verurteilt, den Kläger von der Forderung der J Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung jeweils i.H.v. 275,08 EUR freizustellen.
4. Die Beklagten zu 1-3 tragen die Kosten des Rechtsstreits zu ¾ gesamtschuldnerisch; die Beklagte zu 4 trägt die Kosten des Rechtsstreits zu ¼ .
5. Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors zu 1. und 2. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,- EUR, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1Der Kläger ist ein bekannter Wettermoderator, moderierte unter anderem die von ihm produzierte Sendung „Das Wetter im Ersten“ und hielt sein Privatleben stets vor der Öffentlichkeit verborgen. Ab Frühjahr 2010 wurde gegen ihn wegen des Verdachts der schweren Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil von Frau E ermittelt. Vom 20.3.2010 bis zum 29.7.2010 befand sich der Kläger in Untersuchungshaft. Die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Mannheim begann am 6.9.2010. Am 31.5.2011 wurde der Kläger vom Vorwurf der schweren Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil von E freigesprochen. Das Urteil ist seit dem 7.10.2011 rechtskräftig. Im Ermittlungs- und Strafverfahren stellte sich heraus, dass der Kläger gleichzeitig intime Beziehungen zu mehreren Frauen unterhalten hatte, ohne dass diese voneinander wussten. Die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe fanden in der Öffentlichkeit große Beachtung und waren Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen in verschiedenen Medien.
2Die Beklagte zu 1) verlegt unter anderem die Zeitung „Y1“. Der Beklagte zu 2) ist Redakteur dieser Zeitung, der Beklagte zu 3) Autor und Fotograf, die Beklagte zu 4) betreibt auf der Internetseite www.anonymY.de die Onlineausgabe der Zeitungen „BILD“ und „Y1“.
3Im Zuge der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Mannheim wurde die Zeugin Toini K am 15.2.2011 im Wege der Rechtshilfe in einem nicht öffentlichen Termin durch die Staatsanwaltschaft Zürich vernommen, an dem die Beteiligten des Strafverfahrens teilnahmen. Das Landgericht Mannheim verwertete deren Aussage später im Rahmen der Beweiswürdigung. Zu den Einzelheiten wird auf die Anlage B 22, S. 257 ff. des Strafurteils Bezug genommen.
4Am 6.3.2011 veröffentlichte die Beklagte zu 1) in der „Y1“ einen Artikel unter der Überschrift „L und die gefährliche Zeugin“, welcher von den Beklagten zu 2) und zu 3) verfasst wurde. In diesem Artikel heißt es unter anderem wie folgt:
5„Wenige Sekunden später soll L Linda T. an die Wand gedrückt, ihr das Oberteil ausgezogen haben. L habe sie am Hals gepackt und mehrmals geschlagen. Er soll sie dann über die Lehne der Couch gebeugt und eine sexuelle Handlung an ihr verübt haben, bei der er in ihren Körper eindrang, und die Linda T. als sado-masochistisch beschreibt. Er soll sie auch an den Haaren gezogen und am Arm gezerrt haben.
6(…)
7Linda T. soll außerdem ausgesagt haben, sich an diesem Nachmittag nicht gegen L gewehrt zu haben. Gegenüber einem Vertrauten soll sie später gesagt haben, dass sie ruhig geblieben sei, um L nicht zu provozieren.“
8In größerer Schrift zwischen den Text eingefügt wurde zudem die Aussage: „Er soll sie geschlagen haben.“
9Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage K6 Bezug genommen.
10Am gleichen Tag veröffentliche die Beklagte zu 4) einen fast identischen Artikel auf www.anonymY.de, welcher lediglich die zusätzliche hervorgehobene Aussage „Er soll sie geschlagen haben.“ nicht enthielt.
11Vor dem Erscheinen kontaktierte der Beklagte zu 2) den Medienvertreter des Klägers, Prof. Dr. J telefonisch und setzte ihn über den geplanten Inhalt in Kenntnis. Dieser teilte mit, dass er zu den nicht öffentlich geäußerten Vorwürfen von Frau K nicht für den Kläger Stellung nehmen könne und wies darauf hin, dass eine Veröffentlichung wegen des Bezugs der Vorwürfe zum Sexualleben des Klägers unzulässig sei.
12Mit anwaltlichen Schreiben vom 9.3.2011 sowie 10.3.2011 forderte der Kläger die Beklagte erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Mit zwei Beschlüssen vom 16.3.2011 – Az. 28 O 208/11 sowie 28 O 209/11 - hat die Kammer einstweilige Verfügungen erlassen, hinsichtlich deren Einzelheiten auf die Anlage K14 und K15 Bezug genommen wird.
13Der Kläger ist der Auffassung, dass die Berichterstattung über die Ausdrucksformen seiner Sexualität seine absolut geschützte Intimsphäre verletze. Insofern werde ein konkreter sadomasochistischer Sexualakt im Einzelnen wiedergegeben. Unabhängig davon liege auch ein doppelter Verstoß gegen die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung vor. Im Hinblick auf den im Hauptverfahren erhobenen Vorwurf der schweren Vergewaltigung sei die Äußerung vorverurteilend und stigmatisierend, da bei den Lesern zwangsläufig ein „Aha-Effekt“ eintreten müsse. Zudem liege auch über die Vorfälle zwischen der Zeugin und dem Kläger eine unzulässige Verdachtsberichterstattung vor, da das beschriebene Verhalten den Straftatbestand der sexuellen Nötigung erfülle. Dabei liege schon kein Mindestbestand an Beweistatsachen vor, da die Informationen lediglich auf Hörensagen hinsichtlich der Aussage von Frau K in der nicht-öffentlichen Verhandlung beruhen. Schließlich sei auch keine ordnungsgemäße Anhörung erfolgt, da das – mit einer Drucksituation verbundene – telefonische Vorlesen des Artikels diese Voraussetzungen nicht erfülle.
14Der Kläger beantragt,
151. die Beklagten zu 1) bis 3) zu verurteilen, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, in Bezug auf den Kläger zu veröffentlichen und/oder sonst zu verbreiten,
16a) „Wenige Sekunden später soll L Linda T. an die Wand gedrückt, ihr das Oberteil ausgezogen haben. L habe sie am Hals gepackt und mehrmals geschlagen. Er soll sie dann über die Lehne der Couch gebeugt und eine sexuelle Handlung an ihr verübt haben, bei der er in ihren Körper eindrang, und die Linda T. als sado-masochistisch beschreibt. Er soll sie auch an den Haaren gezogen und am Arm gezerrt haben.“
17b) „Linda T. soll außerdem ausgesagt haben, sich an diesem Nachmittag nicht gegen L gewehrt zu haben. Gegenüber einem Vertrauten soll sie später gesagt haben, dass sie ruhig geblieben sei, um L nicht zu provozieren.“
18c) „Er soll sie geschlagen haben.“
19wenn dies jeweils geschieht wie im Rahmen des in der Zeitung „Y1“ vom 6.3.2011 veröffentlichten Artikels mit der Überschrift „L und die gefährliche Zeugin“.
202. die Beklagten 4) zu verurteilen, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, in Bezug auf den Kläger zu veröffentlichen und/oder sonst zu verbreiten,
21a) „Wenige Sekunden später soll L Linda T. an die Wand gedrückt, ihr das Oberteil ausgezogen haben. L habe sie am Hals gepackt und mehrmals geschlagen. Er soll sie dann über die Lehne der Couch gebeugt und eine sexuelle Handlung an ihr verübt haben, bei der er in ihren Körper eindrang, und die Linda T. als sado-masochistisch beschreibt. Er soll sie auch an den Haaren gezogen und am Arm gezerrt haben.“
22b) „Linda T. soll außerdem ausgesagt haben, sich an diesem Nachmittag nicht gegen L gewehrt zu haben. Gegenüber einem Vertrauten soll sie später gesagt haben, dass sie ruhig geblieben sei, um L nicht zu provozieren.“
23wenn dies jeweils geschieht wie im Rahmen des am 6.3.2011 auf „anonymY.de“ veröffentlichten Artikels mit der Überschrift „L und die gefährliche Zeugin“.
243. die Beklagten zu verurteilen, den Kläger von der Forderung der J Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung jeweils i.H.v. 275,08 EUR freizustellen.
25Die Beklagten beantragen,
26die Klage abzuweisen.
27Sie sind der Meinung, dass es sich bei den streitgegenständlichen Passagen um wahrheitsgemäße Äußerungen im Rahmen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung handele. Die Aussagen der Zeugin K seien allesamt wahr und so auch wiedergegeben worden. Der Umstand der Ausübung von Gewalt im Rahmen sexueller Aktivitäten sei ein zentraler Punkt in dem gegen den Kläger geführten Strafverfahren gewesen. Dort sei die ausgeprägte sadistische, demütigende und von einem absoluten Beherrschungs- und Unterwerfungsanspruch gekennzeichnete Einstellung des Klägers zu Frauen als mögliches Indiz für seine „Tatneigung“ im Zusammenhang mit einem Sexualverbrechen von Staatsanwaltschaft und Gericht angesehen worden – auch wenn diese nach den Urteilsgründen schließlich nur im Zusammenhang mit anderen Beweisen bzw. Indizien hätte Bedeutung erlangen können. Diese sadistischen Neigungen seien auch seit Monaten der Öffentlichkeit bekannt gewesen – durch die Medienöffentlichkeit auch bereits vor Beginn des Verfahrens – und schließlich durch die Verlesung des Protokolls der untersuchungsrichterlichen Vernehmung des Klägers v. 23.2.2010 in der Hauptverhandlung v. 13.9.2010 mit Zustimmung des Klägers allgemein bekannt geworden. Die in den streitgegenständlichen Artikeln wiedergegebenen Aussagen der Zeugin K hätten somit im Zusammenhang mit dem Strafvorwurf gestanden und seien deshalb auch im Urteil der Strafkammer festgehalten und als glaubhaft gewürdigt worden. Ihre Wiedergabe würde keine Vorverurteilung darstellen. Es lägen vielmehr keine gewichtigen Gründe vor, die Berichterstattung zu verbieten. Insofern seien alle Sachverhalte, die mit dem Strafvorwurf im weitesten Sinne im Zusammenhang stehen, zulässiger Berichtsgegenstand. Die Unschuldsvermutung schütze den Kläger nur vor Nachteilen, die Schuldspruch oder Strafe gleichkämen, ohne dass ihm in dem gesetzlich dafür vorgeschriebenen Verfahren strafrechtliche Schuld nachgewiesen worden ist. Sie schließe dagegen nicht aus, dass eine Verdachtslage beschrieben und bewertet werde, was der Kläger als prominente Personen hinzunehmen habe, zumal die intimen Beziehungen des Klägers und sein Verhalten im Rahmen derselben Gegenstand des Ermittlungs- und Strafverfahrens gewesen seien, weshalb – so meinen die Beklagten – nicht seine Intimsphäre betroffen sei. Somit sei es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagten die Aussagen der Zeuginnen wahrheitsgemäß wiedergäben, selbst wenn damit der Kläger belastet werde.
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
29Entscheidungsgründe
30Die zulässige Klage ist begründet.
311.
32Der Kläger hat gegen die Beklagten zu 1) – 3) einen Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB, Art. 2. Abs. 1, 1 Abs.1 GG hinsichtlich der Äußerungen „Wenige Sekunden später soll L Linda T. an die Wand gedrückt, ihr das Oberteil ausgezogen haben. L habe sie am Hals gepackt und mehrmals geschlagen. Er soll sie dann über die Lehne der Couch gebeugt und eine sexuelle Handlung an ihr verübt haben, bei der er in ihren Körper eindrang, und die Linda T. als sadomasochistisch beschreibt. Er soll sie auch an den Haaren gezogen und am Arm gezerrt haben.“ sowie „Linda T. soll außerdem ausgesagt haben, sich an diesem Nachmittag nicht gegen L gewehrt zu haben. Gegenüber einem Vertrauten soll sie später gesagt haben, dass sie ruhig geblieben sei, um L nicht zu provozieren.“ und „Er soll sie geschlagen haben.“
a) Die Beklagte zu 1) ist aufgrund ihrer Eigenschaft als Verlegerin der Zeitung„Y1“, die Beklagten zu 2) und zu 3) aufgrund ihrer Eigenschaft als Autoren des in der „Y1“ erschienenen streitgegenständlichen Artikels passivlegitimiert.
33b) Der Kläger wird durch die streitgegenständlichen Passagen in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht betroffen. Denn in diesen wird eine mutmaßliche Aussage der Zeugin K (hier als Linda T. bezeichnet) so wiedergegeben, dass dezidiert sexuelle Handlungen beschrieben werden, welche zusätzlich in besonderem Maße durch die Anwendung von Gewalt und die Ohnmacht der Zeugin gekennzeichnet sind. Diese sind geeignet, sich negativ auf sein Bild auszuwirken, und eröffnen zugleich private Angelegenheiten dem öffentlichen Blick.
34c) Dieser Eingriff geschieht auch rechtswidrig. Bei dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht handelt es sich um einen sogenannten offenen Tatbestand, d.h. die Rechtswidrigkeit ist nicht durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert, sondern im Rahmen einer Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles und Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit positiv festzustellen (Sprau in: Palandt, Kommentar zum BGB, 74. Auflage 2015, § 823 BGB, Rn. 95 m.w.N.). Stehen sich als widerstreitende Interessen – wie vorliegend – die Meinungs- bzw. Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG) gegenüber, kommt es für die Zulässigkeit einer Äußerung maßgeblich darauf an, ob es sich um Tatsachenbehauptungen oder Meinungsäußerungen handelt. Eine Tatsachenbehauptung bezieht sich auf etwas Geschehenes oder einen gegenwärtigen Zustand und steht deshalb grundsätzlich dem Beweis offen, d.h. ihre Wahrheit oder Unwahrheit ist grundsätzlich mit den in der Prozessordnung vorgesehenen Beweismitteln überprüfbar. Werturteile sind demgegenüber durch Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens und Meinens geprägt und deshalb dem Beweis nicht zugänglich (BVerfG, NJW 2004, 354, 355).
35Unabdingbare Voraussetzung für eine zutreffende Einordnung einer Äußerung ist zunächst allerdings die zutreffende Ermittlung des Aussagegehalts. Dabei darf nicht isoliert auf den durch den Antrag herausgehobenen Text abgestellt werden. Vielmehr ist dieser Zusammenhang mit dem gesamten Aussagetext zu deuten. Hierbei ist auf den objektiven Sinn der Äußerung aus der Sicht eines unvoreingenommenen Durchschnittslesers abzustellen (vgl. BGH, NJW 1998, 3047). Maßgeblich für das Verständnis der Behauptung ist dabei weder die subjektive Sicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums hat (BVerfG, NJW 2006, 207).
36Danach gilt im vorliegenden Fall Folgendes: Sowohl hinsichtlich der Frage, ob die Zeugin K bei ihrer Vernehmung in der Schweiz die Vorgänge in der wiedergegebenen Weise geschildert hat, als auch hinsichtlich der Frage, ob ihre Aussagen den Tatsachen entsprochen haben, handelt es sich um dem Beweis zugängliche Umstände. Inwiefern diese der Wahrheit entsprechen, kann nach Auffassung der Kammer letztlich dahinstehen. Denn insofern sind die angegriffenen Äußerungen im konkreten Fall sowohl nach den Grundsätzen der Verdachtsberichtserstattung unzulässig als auch unter dem Gesichtspunkt einer aktuellen Gerichtsberichterstattung über die Beweisaufnahme und deren Inhalte.
37aa) Denn die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung hinsichtlich eines nicht in unmittelbaren Bezug zum gegen den Kläger geführten Hauptverfahren stehenden Verdachts einer (strafrechtlich relevanten) Überschreitung gegenüber der Zeugin K sind nicht erfülllt. Eine zulässige Verdachtsberichterstattung setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2000, 1036, 1037 m.w.N.) voraus, dass ein Mindestbestand an Beweistatsachen gegeben ist, der für den Wahrheitsgehalt der Information spricht und ihr damit erst „Öffentlichkeitswert" verleiht. Die Darstellung darf ferner keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten, also durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen strafbaren Handlung bereits überführt. Unzulässig ist nach diesen Grundsätzen eine auf Sensationen ausgehende, bewusst einseitige oder verfälschende Darstellung, vielmehr müssen auch die zur Verteidigung des Beschuldigten vorgetragenen Tatsachen und Argumente berücksichtigt werden. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (BGH a. a. O.).
38Hier fehlt es bereits an einem Mindestbestand an Beweistatsachen, der es rechtfertigen würde, über den jeweils von der Zeugin K erhobenen Vorwurf zu berichten. Denn als Grundlage einer Verdachtsäußerung liegt hier lediglich die Aussage der Zeugin selbst vor. Der Beweisgehalt dieser Quelle ist zudem maßgeblich relativiert, da die Beklagten lediglich mittelbar durch eine weitere Quelle vom Hörensagen von den Ausführungen der Zeugin in der nicht öffentlichen Sitzung bei der Staatsanwaltschaft Zürich erfahren haben wollen. Dem gegenüber hat die Zeugin selbst über ihren Rechtsanwalt erklären lassen, sich nicht mehr weiter zu den Vorgängen zu äußern. Unabhängig davon lässt sich eine Verdachtsberichtserstattung über einen gravierenden Verstoß im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK nicht alleine auf die Aussage des jeweiligen Opfers stützen, sofern nicht weitere Beweistatsachen vorliegen, welche diese Aussage stützen. Die Unschuldsvermutung gebietet nämlich eine entsprechende Zurückhaltung, mindestens aber eine ausgewogene Berichterstattung (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 2013 – VI ZR 93/12 –, juris). Daneben ist eine mögliche Prangerwirkung zu berücksichtigen, die durch die Medienberichterstattung bewirkt werden kann. Im Hinblick darauf kann bis zu einem erstinstanzlichen Freispruch oftmals das Recht auf Schutz der Persönlichkeit und Achtung des Privatlebens gegenüber der Freiheit der Berichterstattung überwiegen (BGH, a.a.O.). Inwiefern die weiteren Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung, insbesondere die ordnungsgemäße Möglichkeit zur Stellungnahme, vorliegen, kann daher dahinstehen.
39bb) Die angegriffenen Äußerungen wären jedoch auch dann unzulässig, wenn man – worauf sich die Beklagten berufen - diese allein unter dem Gesichtspunkt einer Gerichtsberichterstattung über die Inhalte einer durchgeführten Zeugenvernehmung betrachten würde. Im Hinblick auf die später erfolgte – im Strafurteil dargelegte - Darstellung der Zeugenaussage durch das Landgericht Mannheim ist dabei bereits zweifelhaft, inwiefern die Aussagen von der Zeugin in der wiedergegebenen Form im Einzelnen tatsächlich so getätigt worden sind oder ob deren Äußerungen durch Umformulierungen in nicht unerheblicher Weise eine abweichende Tendenz gegeben worden ist. Selbst wenn man eine ordnungsgemäße Zitierung unterstellen würde, führt eine Abwägung der widerstreitenden Interessen insgesamt jedoch ebenfalls zur Unzulässigkeit der Wortberichterstattung.
40Im Rahmen der durchzuführenden Abwägung der entgegenstehenden Interessen ist zu berücksichtigen, dass die Medien über die Person des Verdächtigen nicht schrankenlos berichten dürfen. Vielmehr ist für jeden einzelnen Umstand aus dem persönlichen Lebensbereich, der Gegenstand der Medienberichterstattung ist, aufgrund einer Abwägung zu entscheiden, ob das Schutzinteresse des Betroffenen das Interesse an einer Berichterstattung überwiegt. Entgegen der Ansicht der Beklagten folgt aus der Rechtsprechung damit nicht, dass im Rahmen einer grundsätzlich zulässigen Gerichtsberichterstattung alle Sachverhalte mitgeteilt werden könnten, die mit dem Strafvorwurf im weitesten Sinne im Zusammenhang stehen. Bei der Beurteilung des dem Persönlichkeitsrecht dabei zukommenden Gewichts ist - wie auch sonst bei der Medienberichterstattung über personenbezogene Umstände - von entscheidender Bedeutung, ob das Thema der Berichterstattung der Intimsphäre, der Privatsphäre oder der Sozialsphäre zuzuordnen ist (BGH, a.a.O.).
41Ob ein Sachverhalt dem Kernbereich höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung angehört, hängt davon ab, ob der Betroffene ihn geheim halten will, ob er nach seinem Inhalt höchstpersönlichen Charakters ist und in welcher Art und Intensität er aus sich heraus die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt. Ob ein Vorgang die Intim- oder die Privatsphäre betrifft, hängt auch davon ab, in welchem Umfang Einzelheiten berichtet werden. Dem unantastbaren Kernbereich gehören grundsätzlich Ausdrucksformen der Sexualität an (vgl. BGH, a.a.O.). Vermeintliche – auch die Grenze zur Strafbarkeit nicht überschreitende - Übergriffe im Rahmen des Sexualverkehrs – damit auch die von der Zeugin K geschilderten Voränge - gehören jedoch, weil sie zumindest einen Übergriff in das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung des vermeintlichen Opfers beinhalten, nicht der absolut geschützten Intimsphäre des Tatverdächtigen an, weshalb die berichteten Umstände nicht in den absolut geschützten Kernbereich des Persönlichkeitsrechts des Klägers fallen, sondern allenfalls in seine Privatsphäre.
42Zudem ist zu berücksichtigen, dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit durch die prominente Stellung des Klägers erhöht ist. Diese kann ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit an seinem Alltagsleben begründen, selbst wenn sich sein Verhalten weder in skandalösen noch in rechtlich oder sittlich zu beanstandenden Verhaltensweisen äußert. Wegen seiner Prominenz berührt das Verhalten des Klägers die Belange der Gemeinschaft noch stärker, wenn – wie hier - der Vorwurf der Begehung von gewalttätigen Übergriffen im Raum steht (vgl. BGH, a.a.O.).Dieses große Interesse der Öffentlichkeit an dem Strafverfahren und vor allem an der Hauptverhandlung gegen den prominenten und als Fernsehmoderator sehr bekannten Kläger spiegelte sich in der intensiven Berichterstattung in den Medien wider. Gleichwohl können sich die Beklagten nicht darauf berufen, dass auch anderen Medien über diese Umstände berichtet haben, da dieser Umstand keine Rechtfertigung für die in Rede stehenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen darstellt, sondern die Intensität der einzelnen Verletzungshandlung allenfalls verringert.
43Da die Berichterstattung während eines laufenden Strafverfahrens erfolgte, ist zu Gunsten des Klägers zudem die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Unschuldsvermutung zu berücksichtigen. Diese gebietet Zurückhaltung bei der Mitteilung von Einzelheiten aus dem privaten Lebensbereich, deren Kenntnis zur Befriedigung des berechtigten Informationsinteresses nicht zwingend erforderlich ist (vgl. BGH, a.a.O.). Dass die in Rede stehenden Äußerungen nicht die dem Kläger vorgeworfene Straftat selbst thematisieren, sondern hiervon zunächst unabhängige Vorwürfe im Rahmen des gegen ihn geführten Strafverfahren, steht der Berücksichtigung der Unschuldsvermutung bei der Abwägung nicht entgegen. Denn auch eine wahre Tatsachenbehauptung kann das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussage geeignet ist, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden droht (BGH, a.a.O.). Deshalb ist bei der Abwägung zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass er als Person mit gewalttätigen Neigungen dargestellt wird und dies seinem Ansehen in der Öffentlichkeit abträglich sein kann. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht garantiert grundsätzlich, die eigenen Ausdrucksformen der Sexualität für sich zu behalten und sie in einem dem Zugriff anderer entzogenen Freiraum zu erleben (vgl. BGH, a.a.O.).
44Ferner ist zu berücksichtigen, dass bei einem Strafverfahren die Kenntnis des Inhalts der Zeugenaussage für die Beurteilung des weiteren Verfahrensverlaufs und das Verständnis der Beweiserhebungen sowie die Würdigung der Beweisergebnisse in der Hauptverhandlung von nicht so erheblicher Bedeutung ist, wie z.B. die Einlassung des Angeklagten. Gleichwohl wird man den seitens des jeweiligen Gerichts für erforderlich gehaltenen Zeugenaussagen – unabhängig davon, ob es sich um Belastungszeugen handelt oder nicht – eine gewisse Relevanz für den weiteren Verlauf des Strafverfahrens grundsätzlich nicht absprechen können. Eine ausgewogene Prozessberichterstattung wird deshalb im Grundsatz kaum auf die Wiedergabe derselben verzichten können, um den Lesern den weiteren Verlauf des Strafverfahrens, z.B. die erneute Vernehmung eines Zeugen oder den derzeitigen Stand des Verfahrens nachvollziehbar darzustellen. Andererseits ist hier zu beachten, dass den Aussage der Zeugin K mangels Anwesenheit in der Tatnacht hinsichtlich der angeklagten Tat - anders als der Aussage der Zeugin E als mutmaßliches Tatopfer - für das konkrete Tatgeschehen keine Bedeutung zukam, weil kein enger Bezug zu dem eigentlichen Tatvorwurf bestand. Auch das Landgericht Mannheim hat der Aussage der Zeugin K nur eine theoretisch mögliche indizielle Wirkung im Zusammenhang mit anderen Beweismitteln zugesprochen, welche sich schließlich auch nicht ergeben habe. Schließlich folgt nicht bereits aus dem Umstand, dass eine Zeugin ausgesagt hat, dass sämtliche Details aus ihrer Vernehmung von der Presse öffentlich verbreitet werden dürfen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Zeugin K hier unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen wurde. Insofern werden selbst von dem Grundsatz der „Saalöffentlichkeit“, auf welche sich die Medien auch nicht in jedem Fall berufen können, zum Schutze von Persönlichkeitsrechten Einschränkungen gemacht. Denn daraus, dass Zeugen im Rahmen eines Strafverfahrens vernommen werden und diese Aussagen vom Gericht im Urteil gewürdigt werden, folgt noch nicht, dass sämtliche Details dieser Aussagen unabhängig davon veröffentlicht werden dürfen, ob im konkreten Fall das Persönlichkeitsrecht des Angeklagten oder der Zeugen selbst einer Wiedergabe der fraglichen Details entgegensteht. Eine solche Abwägung muss vielmehr für jedes wiedergegebene Detail der Aussage gesondert durchgeführt werden. Zwar ist die Aussage des vermeintlichen Tatopfers von zentraler Bedeutung für die Berichterstattung und für die öffentliche Meinungsbildung hinsichtlich eines möglichen Geschehensablaufs in der Tatnacht und die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Beteiligten. Für Aussagen von Zeugen, welche nicht zum eigentlichen Tatgeschehen vernommen werden, sondern denen – wenn überhaupt - allenfalls eine indizielle Bedeutung beigemessen werden kann, gilt dies jedoch nicht gleichermaßen. Insofern kann sich eine zentrale Bedeutung für die Berichterstattung und die öffentliche Meinungsbildung nur auf solche Angaben beziehen, die gerade den möglichen Geschehensablauf in der Tatnacht sowie die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Beteiligten zum Inhalt haben. Nicht in diesem Sinne von zentraler Bedeutung sind dagegen andere persönliche Umstände, die eine derartige Verbindung zum Tatgeschehen bzw. zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit nicht aufweisen.
45Bei der Abwägung ist danach hier auch maßgeblich zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Fall konkrete Details zur Aussage der Zeugin K in Bezug auf die sexuellen und mit Gewalt verbundenen Handlungen des Klägers wiedergegeben wurden. Damit wird schließlich – deren Wahrheit unterstellt - auch nach Auffassung der Zeugin ein konkreter sado-masochistischer Akt erläutert. Damit werden jedoch solche Details über das Sexualleben des Klägers an die Öffentlichkeit gebracht, welche in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem angeklagten Tatgeschehen standen. Aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs mit der angeklagten Tat wird der Kläger zudem nicht nur als gewaltaffin, sondern auch als Wiederholungstäter dargestellt. Unter Berücksichtigung der für den Kläger auch hinsichtlich der von den Zeugin erhobenen Vorwürfe, die – soweit ersichtlich – nicht selbst zu weiteren Ermittlungen geführt haben, streitenden Unschuldsvermutung, der Preisgabe intimer Einzelheiten und des Umstandes, dass die Aussagen der Zeugin für das eigentliche Tatgeschehen keinerlei Bedeutung hatten, überwiegt nach Auffassung der Kammer aufgrund der mit der Berichterstattung einhergehenden Prangerwirkung das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers.
46d) Auch die Wiederholungsgefahr als materielle Anspruchsvoraussetzung des Unterlassungsanspruchs ist gegeben. Diese wurde bereits durch die Erstbegehung indiziert (Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 12, Rn. 17 m.w.N.) und ist bislang nicht ausgeräumt. Mangels Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung der Beklagten besteht sie weiterhin. Die der Berichterstattung nachfolgende Würdigung der Aussagen der Zeugin K im Urteil des Landgerichts Mannheim führt nicht zum Wegfall der Wiederholungsgefahr. Dem steht das Urteil des BGH vom 19.03.2013 (VI ZR 93/12) nicht entgegen. Soweit der BGH in diesem Zusammenhang einen Wegfall der Wiederholungsgefahr angenommen hat, ging es um die Veröffentlichung von die Privatsphäre des Klägers berührenden Aussagen, die der Kläger in seiner ersten richterlichen Vernehmung im Ermittlungsverfahren getätigt hatte. Da diese Einlassung des Klägers die Geschehnisse in der vermeintlichen Tatnacht betraf und deshalb nach Auffassung des BGH unmittelbaren Tatbezug hatte, sei die Berichterstattung hierüber mit der Verlesung des Vernehmungsprotokolls in der öffentlichen Hauptverhandlung zulässig geworden, denn eine ausgewogene Prozessberichterstattung könne auf die Wiedergabe der Einlassung des Angeklagten kaum verzichten.
47Diese Situation ist vorliegend nicht gegeben, da bei den geschilderten Umständen – wie bereits dargestellt - der enge Tatbezug fehlt und die Aussagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfanden. Gerade der letztgenannte Umstand würde jedoch ad absurdum geführt, wenn über Aussagen, welche aus Gründen des Schutzes der Intim- bzw. Privatsphäre unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, zunächst aus den nämlichen Gründen nicht berichtet werden dürfte, dieser Schutz jedoch aufgehoben würde, wenn das jeweilige Gericht sich im Rahmen der Urteilsgründe mit der Zeugenaussage auseinandersetzt, respektive auseinandersetzen muss.
48Dass auch der BGH nicht generell davon ausgeht, dass jede Erörterung in der Hauptverhandlung bzw. im Urteil zum Wegfall der Wiederholungsgefahr führt, zeigt sich im Übrigen auch daran, dass der BGH in drei Fällen die Nichtzulassungsbeschwerden der jeweiligen Beklagten zurückgewiesen hat (BGH vom 19.03.2013, VI ZR 106/12, VI ZR 107/12, VI ZR 108/12). In den dort zugrunde liegenden Fällen ging es - insoweit dem vorliegenden Fall vergleichbar - ebenfalls um Berichterstattungen zu der Aussage einer früheren Freundin des Klägers. Die Vorinstanzen hatten jeweils die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung verneint. Obschon es auch hier zu einer Würdigung der Aussage im Urteil des Landgerichts Mannheim gekommen war, hat der BGH dennoch die Nichtzulassungsbeschwerden zurückgewiesen.
492.
50Der Kläger hat gegen die Beklagte zu 4) einen Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB, Art. 2. Abs. 1, 1 GG hinsichtlich der Äußerungen „Wenige Sekunden später soll L Linda T. an die Wand gedrückt, ihr das Oberteil ausgezogen haben. L habe sie am Hals gepackt und mehrmals geschlagen. Er soll sie dann über die Lehne der Couch gebeugt und eine sexuelle Handlung an ihr verübt haben, bei der er in ihren Körper eindrang, und die Linda T. als sadomasochistisch beschreibt. Er soll sie auch an den Haaren gezogen und am Arm gezerrt haben.“ sowie „Linda T. soll außerdem ausgesagt haben, sich an diesem Nachmittag nicht gegen L gewehrt zu haben. Gegenüber einem Vertrauten soll sie später gesagt haben, dass sie ruhig geblieben sei, um L nicht zu provozieren.“
51Die Passivlegitimation der Beklagten zu 4) ergibt sich aus ihrer Eigenschaft als Betreiberin der Internetseite www.anonymY.de. Hinsichtlich der Unzulässigkeit der Äußerung und der Wiederholungsgefahr wird auf die Ausführungen unter 1. mit der Maßgabe Bezug genommen, dass in dem auf anonymY.de veröffentlichten – ansonsten wortidentischen - Artikel die zusätzliche Einblendung der Aussage „Er soll sie geschlagen haben“ fehlte.
523.
53Soweit der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der betreffenden Äußerung hat, sind diese gemäß §§ 823, 249, 257 S. 1 BGB auch zur Freistellung des Klägers von den Anwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit seines Prozessbevollmächtigten verpflichtet.
54Die erstattungsfähigen Anwaltskosten berechnen sich daher im Hinblick auf die streitgegenständlichen zu unterlassende Äußerung nach einem Streitwert von 160.000,- EUR, so dass sich bei dem vom Kläger geltend gemachten Ansatz der nicht anzurechnenden 0,65-Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) nebst Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG) ein Gesamtbetrag in Höhe von insgesamt 1.100,30 EUR, also jeweils 275,08 EUR ergibt.
554.
56Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 100, 709 ZPO.
575.
58Streitwert: 160.000 EUR
Tenor
1. Die Beklagten werden jeweils verurteilt, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, in Bezug auf den Kläger zu veröffentlichen und/oder sonst zu verbreiten:
a) „All diese Frauen, denen L meist von Liebe und einer gemeinsamen Zukunft vorgeschwärmt haben soll, ist eines gemein: Sie werfen ihm vor, er sei in ihrer Beziehung gewalttätig gewesen.“
b) „Nämlich darum, dass mehrere Ex-Freundinnen über einen Zeitraum von zehn Jahren alle das Gleiche sagen: Dass L in der Beziehung gewalttätig geworden sein soll. Die Behauptung der Ex-Freundin aus G, er habe sie vergewaltigt, ist also denkbar. Denn stimmen die Aussagen der anderen Ex-Freundinnen, hätte L sich in dieser Nacht nicht zum ersten Mal gewalttätig verhalten.“
c) „Ach ja, und neuerdings spielt er auch mit seinem iPad. Während der Verhandlung.“
wenn dies geschieht wie im Rahmen des in der Y-Zeitung vom 25.03.2011 veröffentlichten Artikels „Ls Anwalt wettert gegen unliebsame Zeuginnen“ bzw. im Rahmen des auf www.anonymY.de am 25.03.2011 veröffentlichten Artikels „Ls Anwalt wettert gegen unliebsame Zeuginnen“.
2. Die Beklagten werden jeweils verurteilt, den Kläger von der Forderung der J Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung jeweils in Höhe von 350,08 EUR freizustellen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten jeweils zu 1/3.
4. Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors zu 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 5.000,- EUR, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Kläger ist ein bekannter Wettermoderator, moderierte unter anderem die von ihm produzierte Sendung „A“ und hielt sein Privatleben stets vor der Öffentlichkeit verborgen. Ab Frühjahr 2010 wurde gegen ihn wegen des Verdachts der Vergewaltigung ermittelt. Vom 20.3.2010 bis zum 29.7.2010 befand sich der Kläger in Untersuchungshaft. Die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Mannheim begann am 6.9.2010. Am 31.5.2011 wurde der Kläger vom Vorwurf der schweren Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil von Frau E freigesprochen. Das Urteil ist seit dem 7.10.2011 rechtskräftig. Die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe fanden in der Öffentlichkeit große Beachtung und waren Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen in verschiedenen Medien.
3Am 25.3.2011 veröffentlichten die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2, ohne den Kläger zuvor angehört zu haben, jeweils einen von der Beklagten zu 3 verfassten Artikel mit der Überschrift „(L) Ls Anwalt wettert gegen unliebsame Zeuginnen“, der unter anderem folgende Passagen enthielt:
4„(…) All diese Frauen, denen L meist von Liebe und einer gemeinsamen Zukunft vorgeschwärmt haben soll, ist eines gemein: Sie werfen ihm vor, er sei in ihrer Beziehung gewalttätig gewesen. (…) Nämlich darum, dass mehrere Ex-Freundinnen über einen Zeitraum von zehn Jahren alle das Gleiche sagen: Dass L in der Beziehung gewalttätig geworden sein soll. Die Behauptung der Ex-Freundin aus G, er habe sie vergewaltigt, ist also denkbar. Denn stimmen die Aussagen der anderen Ex-Freundinnen, hätte L sich in dieser Nacht nicht zum ersten Mal gewalttätig verhalten. (…) Ach ja, und neuerdings spielt er auch mit seinem iPad. Während der Verhandlung.“
5Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlagen K6 und K10 Bezug genommen.
6Mit anwaltlichem Schreiben vom 31.3.2011 forderte der Kläger die Beklagten erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und zur Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten auf.
7Mit Beschluss vom 12.4.2011 – Az. 28 O 263/11 – hat die Kammer eine einstweilige Verfügung erlassen, hinsichtlich deren Einzelheiten auf die Anlage K16 Bezug genommen wird.
8Im Oktober 2012 veröffentlichte der Kläger ein Buch mit dem Titel „Z“.
9Der Kläger behauptet, noch nie gegenüber seinen Ex-Freundinnen körperliche Gewalt gegen ihren Willen angewendet zu haben. Entsprechendes hätten die Zeuginnen U, S und F in ihren polizeilichen Vernehmungen angegeben. Zudem hätten die Beklagten insofern gegen die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung verstoßen, da die streitgegenständlichen Äußerungen im Hinblick auf den gegen ihn erhobenen Vorwurf der schweren Vergewaltigung vorverurteilend und stigmatisierend gewesen seien, da sowohl suggeriert werde, dass der gegen ihn erhobene Vorwurf der Anzeigenerstatterin zutreffend sei, als auch impliziert werde, dass er gegenüber seinen anderen Ex-Freundinnen Gewalt angewendet habe. Bezüglich des letztgenannten Vorwurfes fehle es jedoch am Vorliegen eines hinreichenden Mindestbestands an Beweistatsachen, da insofern keine Ermittlungsverfahren gegen ihn geführt worden seien. Unabhängig hiervon wurde der Kläger – unstreitig – zu diesen Vorwürfen nicht angehört.
10Ferner behauptet der Kläger, dass er in der Hauptverhandlung nicht mit seinem ipad gespielt habe. Wenn er dieses während der Hauptverhandlung in seine Hand nahm - was zwischen den Parteien unstreitig ist -, sei dies lediglich deshalb geschehen, um sich Notizen zu machen oder in Dokumenten zu recherchieren, soweit dies für das Strafverfahren relevant gewesen sei oder sein Verteidiger ihn darum gebeten habe.
11Der Kläger beantragt,
121. die Beklagten zu verurteilen, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, in Bezug auf den Kläger zu veröffentlichen und/oder sonst zu verbreiten:
13a) „All diese Frauen, denen L meist von Liebe und einer gemeinsamen Zukunft vorgeschwärmt haben soll, ist eines gemein: Sie werfen ihm vor, er sei in ihrer Beziehung gewalttätig gewesen.“
14b) „Nämlich darum, dass mehrere Ex-Freundinnen über einen Zeitraum von zehn Jahren alle das Gleiche sagen: Dass L in der Beziehung gewalttätig geworden sein soll.
15Die Behauptung der Ex-Freundin aus G, er habe sie vergewaltigt, ist also denkbar. Denn stimmen die Aussagen der anderen Ex-Freundinnen, hätte L sich in dieser Nacht nicht zum ersten Mal gewalttätig verhalten.“
16c) „Ach ja, und neuerdings spielt er auch mit seinem iPad. Während der Verhandlung.“
17wenn dies geschieht wie im Rahmen des in der Y-Zeitung vom 25.03.2011 veröffentlichten Artikels „Ls Anwalt wettert gegen unliebsame Zeuginnen“ bzw. im Rahmen des auf www.anonymY.de am 25.03.2011 veröffentlichten Artikels „Ls Anwalt wettert gegen unliebsame Zeuginnen“.
182. die Beklagten zu verurteilen, den Kläger von der Forderung der J Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung jeweils in Höhe von 350,08 EUR freizustellen.
19Die Beklagten beantragen,
20die Klage abzuweisen.
21Die Beklagten sind der Auffassung, dass streitgegenständlich ausschließlich wahrheitsgemäße Äußerungen im Rahmen einer Gerichtsberichterstattung seien. Die Berichterstattung umfasse die wahrheitsgemäße Wiedergabe von Ermittlungsergebnissen, insbesondere von vier Zeugenaussagen, die zutreffend wiedergegeben würden und inhaltlich wahr seien.
22Denn der in der streitgegenständlichen Berichterstattung im Zusammenhang mit den Zeugenaussagen der Zeuginnen E, K, O und N angesprochene Umstand der Ausübung von Gewalt im Rahmen sexueller Aktivitäten durch den Kläger sei ein zentraler Punkt in dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren gewesen und von allen vier Zeuginnen übereinstimmend berichtet worden. Die 5. Große Strafkammer des Landgerichts Mannheim sei zutreffend davon ausgegangen, dass die ausgeprägte sadistische, demütigende und von einem absoluten Beherrschungs- und Unterwerfungsanspruch gekennzeichnete Einstellung des Klägers zu Frauen, welche durch die übereinstimmenden Aussagen der vier Zeuginnen belegt werde, ein Indiz für seine „Tatneigung“ in Zusammenhang mit einem Sexualverbrechen hätte sein können. Die diesbezüglichen Aussagen der vorgenannten Zeuginnen hätten in diesem Zusammenhang gestanden und seien entsprechend in dem Urteil der Strafkammer festgehalten und gewürdigt worden. Hinsichtlich der Einzelheiten des Urteils wird auf die Anlage B17 Bezug genommen. Diese Umstände seien der Öffentlichkeit überdies bereits Monate vor der Berichterstattung, insbesondere in einem Bericht des „Focus“ vom 26.7.2010, bekannt gewesen. Insofern wird auf das Anlagenkonvolut B15 und die Anlage B16 Bezug genommen. Ferner habe die Staatsanwaltschaft Mannheim hinsichtlich der Aussage der Zeugin N ein Ermittlungsverfahren – Az. 404 Js 13815/10 - gegen den Kläger eingeleitet.
23Die Aussagen der Zeuginnen hätten zudem der Wahrheit entsprochen, was sich die Beklagten zum Zwecke der Rechtsverteidigung zu Eigen machen. Demgegenüber enthalte die Berichterstattung der Beklagten keine Behauptung dahin, der Kläger sei der ihm im Strafverfahren vorgeworfenen Tat schuldig oder bereits überführt. Ebenso wenig werde in der Berichterstattung behauptet, der Kläger sei einer anderen Straftat zum Nachteil der Zeuginnen schuldig oder überführt. Die Unschuldsvermutung schütze den Kläger nur vor Nachteilen, die Schuldspruch oder Strafe gleichkommen, ohne dass ihm in dem gesetzlich dafür vorgeschriebenen Verfahren strafrechtliche Schuld nachgewiesen worden ist. Sie schließe dagegen nicht aus, dass eine Verdachtslage beschrieben und bewertet werde, was der Kläger als prominente Personen hinzunehmen habe, zumal die intimen Beziehungen des Klägers und sein Verhalten im Rahmen derselben Gegenstand des Ermittlungs- und Strafverfahrens gewesen seien, weshalb – so meinen die Beklagten – nicht seine Intimsphäre betroffen sei. Somit sei es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagten die Aussagen der Zeuginnen wahrheitsgemäß wiedergäben, selbst wenn damit der Kläger belastet werde.
24Soweit der Kläger rüge, ihm sei keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden, sei diese Rüge unbeachtlich, weil er nicht vortrage, was er gesagt hätte, wäre er angehört worden. Ferner sei eine entsprechende Stellungnahmemöglichkeit entbehrlich gewesen, weil seine Bevollmächtigten öffentlich verlautbart hätten, dass der Kläger sich zu Medienanfragen nicht äußern werde.
25Sofern der Kläger meine, die Berichterstattung beziehe sich auf die Aussagen aller Zeuginnen, finde dies in dem Wortlaut der Berichterstattung keine Stütze, weil dort nur von vier Zeuginnen die Rede sei.
26Ferner sei die Äußerung „Die Behauptung der Ex-Freundin aus G, er habe sie vergewaltigt, ist also denkbar.“ ein Werturteil, welches als nicht schmähende Meinungsäußerung hinzunehmen sei, weil es der strafprozessualen Rechtslage, die für die Eröffnung des Hauptverfahrens einen hinreichenden Tatverdacht, mithin die Wahrscheinlichkeit der späteren Verurteilung, genügen lasse, entspreche.
27Auch bei der Äußerung „Denn stimmen die Aussagen der anderen Ex-Freundinnen, hätte L sich in dieser Nacht nicht zum ersten Mal gewalttätig verhalten.“ handele sich um eine Meinungsäußerung, da die Wahrheit der Aussagen der Zeuginnen infrage gestellt und auch das dem Kläger vorgeworfene strafbare Verhalten in der angeblichen Tatnacht lediglich als Hypothese formuliert werde.
28Schließlich handele sich auch bei der Äußerung „Ach ja, und neuerdings spielt er auch mit seinem iPad. Während der Verhandlung.“ um eine Meinungsäußerung. Das Verb „spielt“ habe die Beklagte zu 3 offenkundig zur kritischen Unterstreichung des aus ihrer Sicht unangemessenen Verhaltens des Klägers verwendet, der sich in der Hauptverhandlung – unstreitig - mit seinem ipad beschäftigte.
29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
30Entscheidungsgründe
31Die Klage ist begründet.
321.
33Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG hinsichtlich der Äußerung„All diese Frauen, denen L meist von Liebe und einer gemeinsamen Zukunft vorgeschwärmt haben soll, ist eines gemein: Sie werfen ihm vor, er sei in ihrer Beziehung gewalttätig gewesen.“.
34Der Kläger ist durch die streitgegenständliche Passage in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht i.S.d. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG betroffen, da die Beklagten berichten, dass insgesamt vier Zeuginnen im Rahmen des Strafverfahrens ausgesagt haben, der Kläger sei ihnen gegenüber gewalttätig gewesen. Diese Äußerung greift aufgrund des abträglichen Inhalts in den Schutzbereich seines Allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein.
35Der Eingriff in den Schutzbereich des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts erfolgte rechtswidrig.
36Bei dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht handelt es sich um einen sogenannten offenen Tatbestand, d.h. die Rechtswidrigkeit ist nicht durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert, sondern im Rahmen einer Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles und Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit positiv festzustellen (Sprau in: Palandt, Kommentar zum BGB, 74. Auflage 2015, § 823 BGB, Rn. 95 m.w.N.). Stehen sich als widerstreitende Interessen – wie vorliegend – die Meinungs- bzw. Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG) gegenüber, kommt es für die Zulässigkeit einer Äußerung maßgeblich darauf an, ob es sich um Tatsachenbehauptungen oder Meinungsäußerungen handelt. Eine Tatsachenbehauptung bezieht sich auf etwas Geschehenes oder einen gegenwärtigen Zustand und steht deshalb grundsätzlich dem Beweis offen, d.h. ihre Wahrheit oder Unwahrheit ist grundsätzlich mit den in der Prozessordnung vorgesehenen Beweismitteln überprüfbar. Werturteile sind demgegenüber durch Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens und Meinens geprägt und deshalb dem Beweis nicht zugänglich (BVerfG, NJW 2004, 354, 355).
37Unabdingbare Voraussetzung für eine zutreffende Einordnung einer Äußerung ist zunächst allerdings die zutreffende Ermittlung des Aussagegehalts. Dabei darf nicht isoliert auf den durch den Antrag herausgehobenen Text abgestellt werden. Vielmehr ist dieser im Zusammenhang mit dem gesamten Aussagetext zu deuten. Hierbei ist auf den objektiven Sinn der Äußerung aus der Sicht eines unvoreingenommenen Durchschnittslesers abzustellen (vgl. BGH, NJW 1998, 3047). Maßgeblich für das Verständnis der Behauptung ist dabei weder die subjektive Sicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums hat (BVerfG, NJW 2006, 207).
38Die dem Beweis zugängliche Tatsache, dass die vier Zeuginnen dem Kläger während des Strafverfahrens vorgeworfen haben, ihnen gegenüber gewalttätig gewesen zu sein, ist unstreitig wahr, wie sich zudem dem Urteil des Landgerichts Mannheim (Anlage B14) entnehmen lässt.
39Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es auch lediglich auf die seitens der Beklagten in ihrem Artikel genannten vier Zeuginnen E, O, K und N an, da sich aus dem zu berücksichtigenden Gesamtkontext der Äußerung ergibt, dass allein diese in der streitgegenständlichen Äußerung gemeint sind. Denn vor der streitgegenständlichen Äußerung heißt es „In diesen Tagen hatte Schwenn sich drei der Frauen vorgeknöpft. Eine vierte, die Hauptbelastungszeugin, steht heute vor Gericht.“ Hierdurch und durch den Umstand, dass im weiteren Verlauf des Artikels die drei zuvor genannten Zeuginnen näher charakterisiert werden, erschließt sich für den Durchschnittsrezipienten, dass hiermit nicht diejenigen Zeuginnen gemeint sind, deren polizeiliche Vernehmungsprotokolle der Kläger im hiesigen Rechtsstreit vorgelegt hat, sondern diejenigen Zeuginnen, welche die geschilderten Vorwürfe im Rahmen der Hauptverhandlung gemacht haben.
40Es kann nach Auffassung der Kammer dahin stehen, ob diese Äußerung an den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung zu messen ist, weil es sich im Gegensatz zu einer Veröffentlichung der Vorwürfe der Zeuginnen vor ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung nunmehr um eine Berichterstattung nach der erfolgten Vernehmung in der Hauptverhandlung handelt, in welcher die Zeuginnen die dargestellten Vorwürfe erhoben haben.
41a.
42Denn nähme man entsprechend der Meinung des Klägers an, dass die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung Anwendung finden würden, weil die Beklagten durch die Wiedergabe der Vorwürfe der drei Zeuginnen O, K und N, deren Aussagen nicht Grundlage des gegen den Kläger durchgeführten Hauptverfahrens gewesen sind, einen Verdacht äußerten, wäre eine solche Verdachtsberichterstattung in der konkreten Verletzungsform im Ergebnis unzulässig.
43Eine zulässige Verdachtsberichterstattung setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2000, 1036, 1037 m.w.N.) voraus, dass ein Mindestbestand an Beweistatsachen gegeben ist, der für den Wahrheitsgehalt der Information spricht und ihr damit erst „Öffentlichkeitswert" verleiht. Die Darstellung darf ferner keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten, also durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen strafbaren Handlung bereits überführt. Unzulässig ist nach diesen Grundsätzen eine auf Sensationen ausgehende, bewusst einseitige oder verfälschende Darstellung, vielmehr müssen auch die zur Verteidigung des Beschuldigten vorgetragenen Tatsachen und Argumente berücksichtigt werden. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (BGH a. a. O.).
44Hier fehlt es bereits an einem Mindestbestand an Beweistatsachen, der es rechtfertigen würde, über den jeweils von den drei Zeuginnen O, K und N erhobenen Vorwurf zu berichten, da es lediglich die jeweiligen Aussagen der Zeuginnen gibt, ohne dass weitere, diese Aussagen stützende Anhaltspunkte ersichtlich oder vorgetragen wären. Die jeweilige Aussage des Opfers allein rechtfertigt vor dem Hintergrund der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgenden und in Art. 6 Abs. 2 EMRK anerkannten Unschuldsvermutung jedoch nicht, bereits über den insoweit bestehenden Verdacht zu berichten, sofern nicht weitere Beweistatsachen vorliegen, welche die Aussage des Opfers stützen. Die Unschuldsvermutung gebietet nämlich eine entsprechende Zurückhaltung, mindestens aber eine ausgewogene Berichterstattung (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 2013 – VI ZR 93/12 –, juris). Außerdem ist eine mögliche Prangerwirkung zu berücksichtigen, die durch die Medienberichterstattung bewirkt werden kann. Im Hinblick darauf kann bis zu einem erstinstanzlichen Freispruch oftmals das Recht auf Schutz der Persönlichkeit und Achtung des Privatlebens gegenüber der Freiheit der Berichterstattung überwiegen (BGH, a.a.O.).
45Da eine Berichterstattung über die seitens der Zeuginnen O, K und N erhobenen Vorwürfe unterbleiben müsste, erfasst der Unterlassungsanspruch die streitgegenständliche Äußerung in ihrer konkreten Verletzungsform, somit auch hinsichtlich der Aussage der Zeugin E.
46b.
47Selbst wenn man jedoch mit den Beklagten die Meinung verträte, dass nicht die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung Anwendung fänden, weil es sich um eine Gerichtsberichterstattung handelte, im Rahmen derer lediglich der Inhalt der Zeugenaussagen zusammengefasst wiedergegeben würde, wäre die Äußerung dieser insoweit zutreffenden Tatsachbehauptung aufgrund einer Abwägung der widerstreitenden Interessen ebenfalls unzulässig.
48Im Rahmen der durchzuführenden Abwägung der entgegenstehenden Interessen ist zu berücksichtigen, dass die Medien über die Person des Verdächtigen nicht schrankenlos berichten dürfen. Vielmehr ist für jeden einzelnen Umstand aus dem persönlichen Lebensbereich, der Gegenstand der Medienberichterstattung ist, aufgrund einer Abwägung zu entscheiden, ob das Schutzinteresse des Betroffenen das Interesse an einer Berichterstattung überwiegt. Bei der Beurteilung des dem Persönlichkeitsrecht dabei zukommenden Gewichts ist - wie auch sonst bei der Medienberichterstattung über personenbezogene Umstände - von entscheidender Bedeutung, ob das Thema der Berichterstattung der Intimsphäre, der Privatsphäre oder der Sozialsphäre zuzuordnen ist (BGH, a.a.O.).
49Ob ein Sachverhalt dem Kernbereich höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung angehört, hängt davon ab, ob der Betroffene ihn geheim halten will, ob er nach seinem Inhalt höchstpersönlichen Charakters ist und in welcher Art und Intensität er aus sich heraus die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt. Ob ein Vorgang die Intim- oder die Privatsphäre betrifft, hängt auch davon ab, in welchem Umfang Einzelheiten berichtet werden. Dem unantastbaren Kernbereich gehören grundsätzlich Ausdrucksformen der Sexualität an (vgl. BGH, a.a.O.).
50Vermeintliche – auch die Grenze zur Strafbarkeit nicht überschreitende - Übergriffe im Rahmen des Sexualverkehrs – wie sie von den Zeuginnen jeweils in ihren Vernehmungen beschrieben werden - gehören jedoch, weil sie zumindest einen Übergriff in das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung des vermeintlichen Opfers beinhalten, nicht der absolut geschützten Intimsphäre des Tatverdächtigen an, weshalb die berichteten Umstände nicht in den absolut geschützten Kernbereich des Persönlichkeitsrechts des Klägers fallen, sondern allenfalls in seine Privatsphäre.
51Zudem ist zu berücksichtigen, dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit durch die prominente Stellung des Klägers erhöht ist. Schon die prominente Stellung des Klägers kann ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit an seinem Alltagsleben begründen, selbst wenn sich sein Verhalten weder in skandalösen noch in rechtlich oder sittlich zu beanstandenden Verhaltensweisen äußert. Wegen seiner Prominenz berührt das Verhalten des Klägers die Belange der Gemeinschaft noch stärker, wenn – wie hier - der Vorwurf der Begehung von gewalttätigen Übergriffen im Raum steht (vgl. BGH, a.a.O.).
52Dieses große Interesse der Öffentlichkeit an dem Strafverfahren und vor allem an der Hauptverhandlung gegen den prominenten und als Fernsehmoderator sehr bekannten Kläger spiegelte sich in der intensiven Berichterstattung in den Medien wider. Gleichwohl können sich die Beklagten nicht darauf berufen, dass auch anderen Medien über diese Umstände berichtet haben, da dieser Umstand keine Rechtfertigung für die in Rede stehenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen darstellt, sondern die Intensität der einzelnen Verletzungshandlung allenfalls verringert.
53Da die Berichterstattung während eines laufenden Strafverfahrens erfolgte, ist zu Gunsten des Klägers jedoch die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Unschuldsvermutung zu berücksichtigen. Diese gebietet Zurückhaltung bei der Mitteilung von Einzelheiten aus dem privaten Lebensbereich, deren Kenntnis zur Befriedigung des berechtigten Informationsinteresses nicht zwingend erforderlich ist (vgl. BGH, a.a.O.).
54Dass es sich bei den in Rede stehenden Äußerungen nicht um die dem Kläger vorgeworfene Straftat selbst handelt, sondern um eine wahre Tatsachenbehauptung - nämlich den Umstand, dass die Zeuginnen im Rahmen ihrer Aussagen, jeweils den Vorwurf äußerten, der Kläger sei gewalttätig gewesen - aus dem gegen ihn geführten Strafverfahren, steht der Berücksichtigung der Unschuldsvermutung im Rahmen der Abwägung auch nicht entgegen. Denn auch eine wahre Tatsachenbehauptung kann das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussage geeignet ist, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden droht (BGH, a.a.O.). Deshalb ist bei der Abwägung zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass er als Person mit gewalttätigen Neigungen dargestellt wird und dies seinem Ansehen in der Öffentlichkeit abträglich sein kann. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht garantiert grundsätzlich, die eigenen Ausdrucksformen der Sexualität für sich zu behalten und sie in einem dem Zugriff anderer entzogenen Freiraum zu erleben (vgl. BGH, a.a.O.).
55Ferner ist zu berücksichtigen, dass bei einem Strafverfahren die Kenntnis des Inhalts der Zeugenaussagen für die Beurteilung des weiteren Verfahrensverlaufs und das Verständnis der Beweiserhebungen sowie die Würdigung der Beweisergebnisse in der Hauptverhandlung von nicht so erheblicher Bedeutung ist, wie z.B. die Einlassung des Angeklagten. Gleichwohl wird man den seitens des jeweiligen Gerichts für erforderlich gehaltenen Zeugenaussagen – unabhängig davon, ob es sich um Belastungszeugen handelt oder nicht – eine gewisse Relevanz für den weiteren Verlauf des Strafverfahrens grundsätzlich nicht absprechen können. Eine ausgewogene Prozessberichterstattung wird deshalb grundsätzlich kaum auf die Wiedergabe derselben verzichten können, um den Lesern den weiteren Verlauf des Strafverfahrens, z.B. die erneute Vernehmung eines Zeugen oder den derzeitigen Stand des Verfahrens nachvollziehbar darzustellen.
56Andererseits ist hier zu beachten, dass den Aussagen der Zeugen N, K und O mangels Anwesenheit in der Tatnacht hinsichtlich der angeklagten Tat anders als der Aussage der Zeugin E für das Tatgeschehen keine Bedeutung zukam, weil kein enger Bezug zu dem eigentlichen Tatvorwurf bestand. Auch bedeutet der Umstand, dass die Zeuginnen sich in ihren Vernehmungen dahingehend äußerten, der Kläger sei im Rahmen von sexuellen Handlungen gewalttätig gewesen, nicht, dass sämtliche Details aus diesen Vernehmungen von der Presse veröffentlicht oder in sonstiger Weise verbreitet werden dürfen, zumal zu berücksichtigen ist, dass sämtliche Zeuginnen – wohlweislich - unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen wurden. Denn auch wenn Zeugen im Rahmen eines Strafverfahrens vernommen werden und diese Aussagen vom Gericht im Urteil gewürdigt werden, stellt dies keine Berechtigung der Presse dar, sämtliche Details dieser Aussagen unabhängig davon zu veröffentlichen, ob im konkreten Fall das Persönlichkeitsrecht des Angeklagten eine Wiedergabe der fraglichen Details verbietet oder ob dagegen das öffentliche Berichterstattungsinteresse überwiegt. Eine solche Abwägung muss vielmehr für jedes wiedergegebene Detail der Aussage gesondert durchgeführt werden. Zwar ist die Aussage des vermeintlichen Tatopfers von zentraler Bedeutung für die Berichterstattung und für die öffentliche Meinungsbildung hinsichtlich eines möglichen Geschehensablaufs in der Tatnacht und die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Beteiligten. Für Aussagen von Zeugen, welche nicht zum eigentlichen Tatgeschehen vernommen werden, sondern denen – wenn überhaupt - allenfalls eine indizielle Bedeutung beigemessen werden kann, gilt dies jedoch nicht gleichermaßen. Insofern kann sich eine zentrale Bedeutung für die Berichterstattung und die öffentliche Meinungsbildung nur auf solche Angaben beziehen, die gerade den möglichen Geschehensablauf in der Tatnacht sowie die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Beteiligten zum Inhalt haben. Nicht in diesem Sinne von zentraler Bedeutung sind dagegen andere persönliche Umstände, die eine derartige Verbindung zum Tatgeschehen bzw. zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit nicht aufweisen.
57Vor diesem Hintergrund ist zwar zu berücksichtigen, dass die Aussagen der Zeuginnen O, K und N nicht detailliert wiedergegeben wurden, sondern nur ihrem wesentlichen Inhalt nach. Ferner ist zu beachten, dass das Interesse der Öffentlichkeit an dem Verlauf des Strafverfahrens aufgrund der Prominenz des Klägers groß war und dass auch die Wiedergabe von Zeugenaussagen grundsätzlich zu einer begleitenden und ausgewogenen Berichterstattung gehört. Andererseits wird hierdurch ein Y des Klägers in der Öffentlichkeit als „Serientäter“ gezeichnet, welches höchst abträglich ist. Unter Berücksichtigung der für den Kläger auch hinsichtlich der von den Zeuginnen O, N und K erhobenen Vorwürfe, die jeweils nicht zu einem Hauptverfahren geführt haben, streitenden Unschuldsvermutung und des Umstandes, dass die Aussagen der Zeuginnen für das eigentliche Tatgeschehen keinerlei Bedeutung hatten, so dass ihre Darstellung nicht zwingend erforderlich war, überwiegt nach Auffassung der Kammer aufgrund der mit der Berichterstattung einhergehenden Prangerwirkung das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers.
58Auch die Wiederholungsgefahr als materielle Anspruchsvoraussetzung des Unterlassungsanspruchs ist gegeben. Diese wurde bereits durch die Erstbegehung indiziert (Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 12, Rn. 17 m.w.N.) und ist bislang nicht ausgeräumt. Mangels Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung der Beklagten besteht sie weiterhin. Die der Berichterstattung nachfolgende Würdigung der Aussagen der Zeuginnen im Urteil des Landgerichts Mannheim führt nicht zum Wegfall der Wiederholungsgefahr. Dem steht das Urteil des BGH vom 19.03.2013 (VI ZR 93/12) nicht entgegen. Soweit der BGH in diesem Zusammenhang einen Wegfall der Wiederholungsgefahr angenommen hat, ging es um die Veröffentlichung von die Privatsphäre des Klägers berührenden Aussagen, die der Kläger in seiner ersten richterlichen Vernehmung im Ermittlungsverfahren getätigt hatte. Da diese Einlassung des Klägers die Geschehnisse in der vermeintlichen Tatnacht betraf und deshalb nach Auffassung des BGH unmittelbaren Tatbezug hatte, sei die Berichterstattung hierüber mit der Verlesung des Vernehmungsprotokolls in der öffentlichen Hauptverhandlung zulässig geworden, denn eine ausgewogene Prozessberichterstattung könne auf die Wiedergabe der Einlassung des Angeklagten kaum verzichten.
59Diese Situation ist vorliegend nicht gegeben, da bei den geschilderten Umständen – wie bereits dargestellt - der enge Tatbezug fehlt und die Aussagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfanden. Gerade der letztgenannte Umstand würde jedoch ad absurdum geführt, wenn über Aussagen, welche aus Gründen des Schutzes der Intim- bzw. Privatsphäre unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, zunächst aus den nämlichen Gründen nicht berichtet werden dürfte, dieser Schutz jedoch aufgehoben würde, wenn das jeweilige Gericht sich im Rahmen der Urteilsgründe mit der Zeugenaussage auseinandersetzt, respektive auseinandersetzen muss.
60Dass auch der BGH nicht generell davon ausgeht, dass jede Erörterung in der Hauptverhandlung bzw. im Urteil zum Wegfall der Wiederholungsgefahr führt, zeigt sich im Übrigen auch daran, dass der BGH in drei Fällen die Nichtzulassungsbeschwerden der jeweiligen Beklagten zurückgewiesen hat (BGH vom 19.03.2013, VI ZR 106/12, VI ZR 107/12, VI ZR 108/12). In den dort zugrunde liegenden Fällen ging es - insoweit dem vorliegenden Fall vergleichbar - ebenfalls um Berichterstattungen zu der Aussage einer früheren Freundin des Klägers. Die Vorinstanzen hatten jeweils die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung verneint. Obschon es auch hier zu einer Würdigung der Aussage im Urteil des Landgerichts Mannheim gekommen war, hat der BGH dennoch die Nichtzulassungsbeschwerden zurückgewiesen.
612.
62Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG hinsichtlich der Äußerungen„Nämlich darum, dass mehrere Ex-Freundinnen über einen Zeitraum von zehn Jahren alle das Gleiche sagen: Dass L in der Beziehung gewalttätig geworden sein soll.
63Die Behauptung der Ex-Freundin aus G, er habe sie vergewaltigt, ist also denkbar. Denn stimmen die Aussagen der anderen Ex-Freundinnen, hätte L sich in dieser Nacht nicht zum ersten Mal gewalttätig verhalten.“.
64Hinsichtlich der ersten Passage gilt das zuvor unter 1. Gesagte entsprechend.
65Hinsichtlich der zweiten Passage ist es zwar zutreffend, dass es sich hierbei um eine Meinungsäußerung handelt, da die Beklagten die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin E bzw. deren Glaubwürdigkeit bewerten. Dieser Äußerung wohnt erkennbar das Element der Stellungnahme inne.
66Gleichwohl ist diese Meinungsäußerung aufgrund einer Abwägung der widerstreitenden Interessen und unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes unzulässig.
67Denn diese Würdigung der bisherigen Beweisaufnahme bewertet auch die zuvor dargestellten Aussagen der drei Zeuginnen O, K und N, setzt sie in Beziehung zu der Aussage der Zeugin E und führt sie als Beleg für die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin E und für die Glaubwürdigkeit derselben an. Da jedoch die Darstellung der Aussagen der Zeuginnen O, K und N aufgrund der zuvor unter 1. dargestellten Umstände gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verstößt, gilt dasselbe auch für eine Darstellung des Inhalts derselben im Rahmen einer Bewertung der Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin E.
683.
69Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG hinsichtlich der Äußerung„Ach ja, und neuerdings spielt er auch mit seinem iPad. Während der Verhandlung.“.
70Der Kläger ist in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht betroffen, da die Äußerung suggeriert und auch suggerieren will, dass der Kläger im Gerichtssaal ein unangemessenes Verhalten an den Tag gelegt hat, in dem er während der Verhandlung mit seinem ipad gespielt habe.
71Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei dieser Äußerung nicht um eine Meinungsäußerung, sondern um eine Tatsachenbehauptung, da es grundsätzlich dem Beweis zugänglich ist, ob der Kläger mit seinem ipad gespielt hat oder nicht. Demgegenüber handelt es sich nicht um eine Bewertung des unstreitigen Umstandes, dass der Kläger das ipad während der Verhandlung in die Hand nahm und sich hiermit beschäftigte.
72Diese Tatsachenbehauptung ist – unabhängig von der Frage der Beweislast - als unwahr zu behandeln, da der Kläger substantiiert vorgetragen hat, aus welchem Grunde er das ipad zur Hand nahm, während die Beklagte nichts dazu vorträgt, dass ihre Äußerung, der Kläger habe mit diesem ipad gespielt, untermauern könnte.
73Diese unwahre Tatsachenbehauptung muss der Kläger jedoch nicht hinnehmen. Denn bewusst unwahre Tatsachen oder Tatsachen, deren Unwahrheit im Zeitpunkt der Äußerung zweifelsfrei feststeht, fallen nicht unter den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG. Ihre Äußerung ist daher grundsätzlich unzulässig (Palandt, a.a.O., Rn. 101a m. w. N.).
74Die Äußerung ist zwar mehrdeutig, jedoch sind alle in Betracht kommenden Verständnismöglichkeiten als unwahr zu behandeln, sodass die in der mündlichen Verhandlung abgegebene Klarstellung der Beklagten die Wiederholungsgefahr nicht beseitigt.
75Nur dann, wenn ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum die Äußerung als mehrdeutig wahrnimmt oder erhebliche Teile des Publikums den Inhalt jeweils unterschiedlich verstehen, ist bei der weiteren Prüfung von einem mehrdeutigen Inhalt auszugehen (BVerfG NJW 2006, 207).
76Hier kann der Durchschnittsrezipient die Äußerung dahingehend verstehen, dass der Kläger auf dem ipad ein Spiel gespielt hat.
77Diese Verständnisvariante ist unstreitig unwahr.
78Der Durchschnittsrezipient kann die Äußerung möglicherweise auch dahingehend verstehen, dass der Kläger mit dem ipad - gleich einem Kugelschreiber – hantiert hat, obschon allein die Größe desselben gegen unbewusste Fingerübungen spricht.
79Auch diese Verständnisvariante ist jedoch unwahr, weil die Beklagten dem substantiierten Vortrag des Klägers, er habe das ipad lediglich deshalb in die Hand genommen, um sich Notizen zu machen oder in Dokumenten zu recherchieren, soweit dies für das Strafverfahren relevant gewesen sei oder sein Verteidiger ihn darum gebeten habe, nicht entgegengetreten sind. Diese verfahrensbezogene Nutzung des ipad ist jedoch nicht gleichzusetzen mit einer bewussten Nutzung zu verfahrensfremden Zwecken.
804.
81Ferner hat der Kläger gegen die Beklagten einen Freistellungsanspruch gemäß den §§ 823 Abs. 1, 257 BGB in der zutreffend berechneten Höhe.
825.
83Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 100 Abs. 1, 709 ZPO.
84Streitwert: 150.000,-EUR (2 x 3 x 25.000,- EUR)
85Rechtsbehelfsbelehrung:
86Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
87a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
88b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
89Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
90Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.
91Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
92Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 19.2.2014 (28 O 433/12) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, in Bezug auf den Kläger zu veröffentlichen oder sonst zu verbreiten,
„bis er nach einem ärztlichen Test belehrt wurde, dass er nicht zeugungsfähig sei“
wenn dies geschieht wie auf „X.de“ in dem nachfolgend wiedergegebenen Artikel vom 13.9.2010 unter der Überschrift „Der nette Wettermann und die SM-Spiele mit Peitsche“.
(Bild/Grafik nur in Originalentscheidung ersichtlich)
Die Beklagte wird weiter verurteilt, den Kläger von der Forderung der Höcker Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung in Höhe von 399,72 Euro freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Beklagte zu ¼ und der Kläger zu ¾.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich der Hauptsache gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 Euro, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Parteien streiten um die Zulässigkeit einer Wortberichterstattung.
4Der Kläger ist ein bekannter Wettermoderator und moderierte u.a. die von ihm produzierte Sendung „Das Wetter im Ersten“. Ab Frühjahr 2010 wurde gegen ihn wegen des Verdachts der Vergewaltigung ermittelt. Vom 20.3.2010 bis zum 29.7.2010 befand sich der Kläger in Untersuchungshaft. Die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Mannheim begann am 6.9.2010. Am 31.5.2011 wurde der Kläger vom Vorwurf der schweren Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil von Claudia Dinkel freigesprochen. Das Urteil ist seit dem 7.10.2011 rechtskräftig. Im Ermittlungs- und Strafverfahren stellte sich heraus, dass der Kläger gleichzeitig intime Beziehungen zu mehreren Frauen unterhalten hatte, ohne dass diese voneinander wussten. Die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe fanden in der Öffentlichkeit große Beachtung und waren Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen in verschiedenen Medien.
5Nachdem der Kläger in der Hauptverhandlung von seinem Recht zum Schweigen Gebrauch gemacht hatte, wurde am 13.9.2010 das Protokoll der Vernehmung des Klägers durch den Ermittlungsrichter mit seiner Einlassung zu den Geschehnissen in der Tatnacht verlesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Am selben Tage veröffentlichte die Beklagte auf der von ihr betriebenen Internetseite www.X.de den streitgegenständlichen Artikel unter der Überschrift „Der nette Wettermann und die SM-Spiele mit Peitsche“ (Anlage K 2). Darin heißt es unter anderem:
6„Der nette Wettermann und die SM-Spiele mit Peitsche“, „Er habe zwei Kinder, hatte er bei seiner Vernehmung dem Amtsrichter erklärt, und er dachte lange, es seien die eigenen – bis er nach einem ärztlichen Test belehrt wurde, dass er nicht zeugungsfähig sei“, „Im Schlafzimmer, nackt oder dürftig bekleidet, lag seine Geliebte schon bereit zum Sex, gern auch mal mit Handschelle oder bereit gelegter Reitpeitsche“, „Das Kuschelbärchen aus den Schweizer Bergen soll dunkle Triebe mit SM-Spielchen und multiplen Liebschaften ausgelebt haben?“.
7Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 19.04.2011 ab und beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Landgericht Köln, die am 16.5.2011 antragsgemäß erlassen wurde. Soweit durch diese einstweilige Verfügung der Beklagten aufgegeben wurde, es zu unterlassen, über den Kläger zu veröffentlichen oder sonst zu verbreiten
8„Er habe zwei Kinder, hatte er bei seiner Vernehmung dem Amtsrichter erklärt, und er dachte lange, es seien die eigenen“,
9hat der Kläger mit Schreiben vom 9.6.2011 auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung verzichtet.
10Im vorliegenden Hauptsacheverfahren auf Unterlassung und Freistellung von den außergerichtlichen Anwaltskosten hat der Kläger die Ansicht vertreten, er werde durch die Mitteilung von Einzelheiten aus seinem Intim-und Sexualleben durch die Beklagte in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Die angegriffenen Äußerungen über sadomasochistische sexuelle Handlungen griffen in seine absolut geschützte Intimsphäre ein. Darüber hinaus bestünde hinsichtlich dieser Einzelheiten auch kein öffentliches Berichterstattungsinteresse im Hinblick auf das Strafverfahren. Soweit er bzw. sein damaliger Verteidiger während des Strafverfahrens Einzelheiten aus der Ermittlungsakte an ausgewählte Pressevertreter mitgeteilt hätten, sei dies unter der Prämisse der Vertraulichkeit geschehen und nicht zur ungenehmigten Weiterverbreitung mitgeteilt worden. Auch die Mitteilung von Details seines Gesundheitszustandes (Zeugungsunfähigkeit) sei unzulässig, weil dadurch neben seinem Persönlichkeitsrecht auch die verfassungsrechtlich geschützte Eltern-Kind-Beziehung zu seinen Söhnen betroffen sei.
11Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, der streitgegenständliche Artikel enthalte lediglich Äußerungen, die in der im Hauptverhandlungstermin vom 13.9.2010 verlesenen Einlassung des Klägers enthalten seien. Darüber hinaus hätten der Kläger bzw. sein Strafverteidiger den Medien bewusst Einzelheiten aus der Ermittlungsakte mitgeteilt, um so die öffentliche Meinung in ihrem Sinne zu beeinflussen. Alle im streitgegenständlichen Beitrag wiedergegebenen Details wiesen einen Bezug zur Tat auf, weil sie bei der Frage der Glaubwürdigkeit des Klägers, den Feststellungen zu den Geschehnissen in der Tatnacht sowie bei der Frage einer möglichen Tatneigung des Klägers von Belang seien. Schon bei Verlesung der Einlassung des Klägers am 13.9.2010, spätestens aber bei Erhebung der vorliegenden Klage seien die streitgegenständlichen Äußerungen allgemein bekannt gewesen. Darüber hinaus bestehe ein öffentliches Berichterstattungsinteresse, weil die Angaben einen unmittelbaren Bezug zum Strafverfahren gegen den Kläger aufwiesen. Da die Einlassung in öffentlicher Verhandlung verlesen worden sei und der Kläger keinen Ausschluss der Öffentlichkeit beantragt habe, seien die teilnehmenden Medien berechtigt, über diesen Vorgang in der mündlichen Verhandlung wahrheitsgemäß zu berichten.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes, des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien sowie der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
13Mit Urteil vom 19.2.2014 hat die Kammer die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers durch die Beklagte sei nicht rechtswidrig. Angesichts des im Zeitpunkt der Berichterstattung eingeleiteten Hauptverfahrens gegen den Kläger wegen des Vorwurfs der schweren Vergewaltigung und gefährlichen Körperverletzung sowie seiner Prominenz sei ein öffentliches Interesse an der individualisierenden Berichterstattung gegeben, so dass – obwohl Details der sexuellen Betätigungen des Klägers sowie das Ergebnis einer medizinischen Untersuchung über seine Zeugungsfähigkeit Gegenstand der Berichterstattung gewesen seien – der absolut geschützte Kernbereich seines Persönlichkeitsrechts nicht betroffen sei. Eine Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Klägers einerseits und dem Recht der Beklagten auf Pressefreiheit bzw. dem Informationsinteresse andererseits führe zu dem Ergebnis, dass das Berichterstattungsinteresse der Beklagten höher zu bewerten sei, denn nach Verlesung des Protokolls über seine haftrichterliche Vernehmung in der öffentlichen Hauptverhandlung sei eine aktuelle Prozessberichterstattung unter Einbeziehung der beanstandeten Äußerungen zulässig. Es handele sich um eine aktuelle Gerichtsberichterstattung, da sich die streitgegenständlichen Äußerungen in einem Artikel befänden, der am Tage der Hauptverhandlung vom 13.9.2010, in welcher die Verlesung der Aussage des Klägers stattfand, erschienen sei. Die Beklagte sei angesichts der gemeinschaftswichtigen Bedeutung der Gerichtsberichterstattung berechtigt, objektiv und sachlich über alle Gerichtsverfahren zu berichten. Da die Medienöffentlichkeit ein aliud gegenüber der Saalöffentlichkeit sei, müsse dem Interesse der unbegrenzten Öffentlichkeit das Persönlichkeitsrecht der Verfahrensbeteiligten und ihr Anspruch auf ein faires Verfahren gegenübergestellt werden. Diesen Anforderungen genügten die streitgegenständlichen Äußerungen.
14Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge in vollem Umfang weiter. Er macht geltend, das Landgericht habe zu Unrecht einen Straftatbezug der streitgegenständlichen Äußerungen bejaht und sei deshalb in eine Abwägung eingetreten, die nicht habe stattfinden dürfen. Ein Ausnahmefall, wonach eine Berichterstattung über Umstände aus der Intimsphäre zulässig sei, sei vorliegend nicht gegeben, weil die beanstandeten Äußerungen nicht in unmittelbarer Beziehung zur Tat stünden, keine Aufschlüsse über Motive oder andere Tatvoraussetzungen gäben und für die Bewertung der Schuld des Klägers auch nicht wesentlich erschienen. Vielmehr dienten die Angaben zur Zeugungsunfähigkeit des Klägers und zu seinen sexuellen Vorlieben lediglich zur Befriedigung der Sensationslust der Nutzer. Die Entscheidung des BGH vom 19.3.2013 (VI ZR 93/12) sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da die Beklagte mit den streitgegenständlichen Äußerungen keine Gerichtsberichterstattung im Sinne einer nüchternen und objektiven Darstellung des Prozesstages vornehme, sondern vielmehr mit „süffisanten Seitenhieben“ und „herablassenden rhetorischen Fragen“ arbeite. Daneben sei das Landgericht rechtsfehlerhaft der vom BGH aufgestellten Prämisse gefolgt, dass alles, was in einer Hauptverhandlung geäußert wurde, im Rahmen einer aktuellen Gerichtsberichterstattung mitgeteilt werden dürfe. Die darin liegende faktische Gleichsetzung von Saal- und Medienöffentlichkeit verletze den Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht.
15Der Kläger beantragt,
16unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Köln vom 19.2.2014 (28 O 433/12) die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren zu unterlassen, in Bezug auf den Kläger zu veröffentlichen oder sonst zu verbreiten,
17a. Der nette Wettermann und die SM-Spiele mit Peitsche
18und/oder
19b. bis er nach einem ärztlichem Test belehrt wurde, dass er nicht zeugungsfähig sei
20und/oder
21c. zu den üblichen sexuellen Handlungen zwischen der Anzeigenerstatterin und dem Kläger habe der Gebrauch von Handschellen und/oder Reitgerte gehört, wie nachstehend wiedergegeben:
22(…) gern auch mal mit Handschelle oder bereit gelegter Reitpeitsche.
23und/oder
24d. Das Kuschelbärchen aus den Schweizer Bergen soll dunkle Triebe mit SM-Spielchen und multiplen Liebschaften ausgelebt haben?
25wenn dies geschieht wie auf „X.de“ im Artikel vom 13.9.2010 unter der Überschrift „Der nette Wettermann und die SM-Spiele mit Peitsche“.
26Die Beklagte weiter zu verurteilen, den Kläger von der Forderung der I Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung in Höhe von 606,30 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
27Die Beklagte beantragt,
28die Berufung zurückzuweisen.
29Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt die angefochtene Entscheidung.
30II.
31Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet und führt in diesem Umfang zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteils, da ihm hinsichtlich der Wiedergabe von Details über seine Zeugungsfähigkeit ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG sowie ein entsprechender Anspruch auf Freistellung von den außergerichtlichen Anwaltskosten zusteht. Die weitergehende Berufung des Klägers ist dagegen unbegründet.
32Im Einzelnen:
331. Die vom Kläger beanstandeten Äußerungen im streitgegenständlichen Beitrag der Beklagten betreffen die Intimsphäre des Klägers, da es um seinen Gesundheitszustand (Angabe über Zeugungsfähigkeit) sowie sein Sexualleben (Aussagen über Verwendung von Handschellen bzw. Reitgerte und Vorliegen von „SM-Spielchen“ sowie multiplen Liebschaften) geht. Ist damit zunächst der Kernbereich privater Lebensgestaltung berührt, in dem eine öffentliche Erörterung unzulässig ist, gilt dies im vorliegenden Fall allerdings nicht ausnahmslos: Der Bereich der Sexualität kann von dem gegenüber einer Berichterstattung in den Medien unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung ausgenommen sein, wenn eine Sexualstraftat als Ausdrucksform der Sexualität eines Menschen im Raume steht. Die aktuelle Berichterstattung über eine solche Straftat rechtfertigt unter dem Gesichtspunkt des Informationsinteresses nicht allein die identifizierende Veröffentlichung des Tatvorwurfs, sondern unter Umständen auch Berichte über das persönliche Leben des Täters, wenn der Inhalt der Berichte in einer unmittelbaren Beziehung zur Tat steht, Aufschlüsse über Motive oder andere Tatvoraussetzungen gibt und für die Bewertung der Schuld wesentlich erscheint (BVerfG, Beschl. v. 10.6.2009 – 1 BvR 1107/09, NJW 2009, 3357). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die im Beitrag der Beklagten enthaltenen Informationen nicht sämtlich der Intimsphäre des Klägers zuzuordnen:
34a. Dass zu den Ausdrucksformen der Sexualität des Klägers (auch) die Benutzung von Handschellen und Reitpeitsche und damit – wie von der Beklagten in pointierter Form ausgedrückt – die Durchführung von „SM-Spielen/Spielchen“ gehörte, ist für die Würdigung der Einlassung des Klägers zum Tatgeschehen bzw. die Beurteilung seiner Glaubwürdigkeit von Bedeutung, so dass ein hinreichender Tatbezug zu bejahen ist (vgl. BGH, Urt. v. 19.3.2013 – VI ZR 93/12) und die betreffende Äußerung der Beklagten daher nicht mehr die Intimsphäre des Klägers betrifft.
35b. Gleiches gilt für die Wiedergabe des Umstandes, dass der Kläger mit einer Vielzahl von Frauen sexuell verkehrte („multiple Liebschaften“). Zwar betrifft auch diese Angabe zunächst die Intimsphäre des Klägers, da es sich um eine Ausdrucksform seiner Sexualität handelt. Sie weist jedoch – unabhängig von dem Umstand, dass es keine Tatbestandsvoraussetzung der angeklagten Vergewaltigung ist, ob der Kläger vor, nach oder zeitgleich mit seinem Verhältnis zur Nebenklägerin noch Verhältnisse mit weiteren Frauen gehabt hat – einen hinreichenden Bezug zu dem Strafverfahren auf, über deren Verlauf die Beklagte in dem streitgegenständlichen Beitrag berichtete. Denn der damalige Verteidiger des Klägers selbst hat – was auch der Kläger nicht in Abrede stellt – im Verlauf des Strafverfahrens die zuständige Strafkammer des Landgerichts Mannheim aufgrund der Reihenfolge der Zeugenvernehmung scharf kritisiert und bemängelt, dass es unüblich sei, zunächst eine Vielzahl von (ehemaligen) Freundinnen des Klägers und erst im Anschluss mit der Nebenklägerin die eigentliche Belastungszeugin zu vernehmen. Insoweit haben der Kläger bzw. sein damaliger Verteidiger das Ausmaß der vom Kläger nacheinander bzw. zeitgleich unterhaltenen sexuellen Beziehungen zu verschiedenen Frauen selbst zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, über das die Beklagte berichten wollte. Eine sachgerechte Berichterstattung über das vom Verteidiger kritisierte Vorgehen der Strafkammer konnte nicht darauf verzichten, das Vorbringen des Verteidigers des Klägers und dessen Kritik an der Prozessführung durch die Strafkammer erwähnen.
36c. Abweichend davon ist jedoch die Frage einer Zeugungsfähigkeit des Klägers seiner Intimsphäre zuzurechnen, hinsichtlich derer eine Berichterstattung schlechthin unzulässig ist. Denn dieses medizinische Detail steht weder in unmittelbarer Beziehung zur Tat, noch gibt es Aufschlüsse über Motive oder andere Tatvoraussetzungen oder erscheint es für die Bewertung der Schuld wesentlich.
37Die Beantwortung der Frage, ob der Kläger zeugungsunfähig ist oder nicht, lässt keine Aufschlüsse über mögliche Motive oder andere Tatvoraussetzungen der angeklagten schweren Vergewaltigung zu. Weder die angeklagte Vergewaltigung noch die Beziehung des Klägers zur Nebenklägerin bzw. das von ihm nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen gegenüber Frauen im Allgemeinen gezeigte Dominanzverhalten weisen einen Bezug zu der medizinischen Angabe auf, dass der Kläger zeugungsunfähig sein soll. Der Kläger hat zwar im Rahmen seiner richterlichen Vernehmung vor dem Ermittlungsrichter angegeben, dass die Mitteilung, seine Kinder seien nicht seine leiblichen Kinder, und die nachfolgende Feststellung seiner Zeugungsunfähigkeit mittels Spermatogramm bei ihm ein tiefes Misstrauen gegen feste Beziehungen ausgelöst und dazu geführt hätten, dass er (bei einer Vielzahl von Frauen) auf die Suche nach Bestätigung gegangen sei. Die Zeugungsunfähigkeit war jedoch – nach der insoweit zu unterstellenden Einlassung des Klägers – nicht der Grund für diese Bindungsangst und das Misstrauen gegenüber langfristigen Bindungen, ungeachtet der Tatsache, dass auch diese Gefühle des Klägers keinen Bezug zu der angeklagten schweren Vergewaltigung aufweisen. Grund für die angegebene Bindungsangst war vielmehr der Umstand, dass der Kläger erfahren hat, dass seine beiden Kinder nicht seine leiblichen Kinder sind. Dies ist jedoch weder ein Motiv noch ein Tatbestandsmerkmal der angeklagten Tat und auch für die Schuldfrage nicht von Bedeutung. Des Weiteren spielt die Zeugungsfähigkeit des Klägers weder beim möglichen Geschehensablaufs in der Tatnacht noch bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Beteiligten eine Rolle, sondern dient allein der Sensationslust der Leser, die weitere intime Details aus dem Privatleben des Klägers erfahren wollen. Es entspricht insoweit den übereinstimmenden Angaben des Klägers und der Nebenklägerin im Strafverfahren, dass es im Vorfeld der angeblichen Vergewaltigung zwischen den beiden zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr ohne Kondom gekommen ist, was das Auffinden von DNS am Tatort erklärt. Der konkrete Grund für die Nichtbenutzung eines Kondoms ist für das mögliche Tatgeschehen dagegen unerheblich. Die Berichterstattung über den Prozesstag und die Angaben des Klägers zum Ablauf der Tatnacht hätten auch ohne Nennung dieses Details zum Gesundheitszustand des Klägers vollständig erfolgen können.
38Der Kläger hat dieses Detail seines Gesundheitszustandes auch nicht selbst öffentlich gemacht, so dass mangels Geheimhaltung durch ihn eine Zuordnung zum Intimbereich ausscheiden würde. Denn in den öffentlichen Äußerungen des Klägers – namentlich im Interview für die Zeitschrift „Die Zeit“ vom 9.6.2011 (Anl. B 20) – ist lediglich davon die Rede, dass seine beiden Söhne keine leiblichen Kinder sind. Dagegen wird die Zeugungsunfähigkeit des Klägers weder von ihm selbst angesprochen, noch ergibt sie sich zwingend aus diesem Umstand.
39Der einzige objektive Bezugspunkt zwischen der Zeugungsunfähigkeit des Klägers und der vor dem Landgericht Mannheim seinerzeit angeklagten Straftat ist die fehlende Verwendung eines Kondoms durch den Kläger (nach seinen Angaben im Einvernehmen mit der Nebenklägerin, die von seiner Zeugungsunfähigkeit wusste), die zwar bei den gerichtlichen Feststellungen erwähnt wurde, aber weder für den von der Nebenklägerin geschilderten Tatverlauf noch für Tatbestand, Motiv oder Schuldfrage eine Rolle spielt.
402. Soweit die beanstandeten Äußerungen der Beklagten nicht wegen Eingriffs in die Intimsphäre des Klägers schlechthin unzulässig sind, sondern lediglich dessen Privatsphäre betreffen (Anträge zu 2a, 2c, 2d), hängt die Zulässigkeit der Berichterstattung durch die Beklagte von der Abwägung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit einerseits und den schutzwürdigen Belangen des Klägers andererseits ab. Diese Abwägung führt vorliegend zu dem Ergebnis, dass die Berichterstattung der Beklagten im Hinblick auf die mit den Anträgen zu 2a, 2c und 2d gerügten Äußerungen nicht zu beanstanden ist.
41Im Einzelnen:
42a. Die Beklagte kann sich zunächst nicht darauf berufen, dass aufgrund der Verlesung des Vernehmungsprotokolls im Hauptverhandlungstermin vor dem Landgericht Mannheim vom 13.9.2010 sämtliche dort genannten Umstände aus der Einlassung des Klägers vor dem Ermittlungsrichter einer Gerichtsberichterstattung zugänglich seien. Eine solche grundsätzliche Zulässigkeit der Berichterstattung scheidet nach Ansicht des Senates aus und lässt sich – entgegen der Ansicht der Beklagten – auch der Entscheidung des BGH vom 19.3.2013 (VI ZR 93/12) nicht entnehmen.
43aa. Der BGH hatte sich in der vorgenannten Entscheidung mit einer Berichterstattung zu befassen, die schon vor Verlesung des haftrichterlichen Vernehmungsprotokolls am 13.9.2010 über Details aus dieser Einlassung des Klägers berichtet hat. Der VI. Zivilsenat hat einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers bejaht, der rechtswidrig sei, weil das Informations- und Berichterstattungsinteresse die für den Kläger sprechenden Umstände nicht überwiege. Er hat jedoch trotzdem einen Unterlassungsanspruch des Klägers verneint, weil nach der etwa drei Monate später erfolgten Verlesung des Vernehmungsprotokolls die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr entfallen sei. Die künftige Veröffentlichung der beanstandeten Aussage würde nur in anderer Form in die Öffentlichkeit tragen, was die Presse aus Anlass der Verlesung des fraglichen Vernehmungsprotokolls in der öffentlichen Hauptverhandlung zulässigerweise berichtet habe. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte allerdings über Details aus der klägerischen Einlassung nicht vor deren Verlesung am 13.9.2010, sondern erst danach berichtet, indem sie diese zum Gegenstand der Prozessberichterstattung des betreffenden Tages gemacht hat. Insofern weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass es vorliegend nicht um die Frage einer Wiederholungsgefahr, sondern darum geht, ob der Berichterstattung überhaupt eine Eingriffseignung zukommt bzw. ob das Schutzinteresse des Klägers nicht schon deshalb zurücktreten muss, weil die Medien berechtigt sind, über die in öffentlicher Verhandlung wiedergegebene Einlassung des Klägers in vollem Umfang zu berichten.
44bb. Soweit der VI. Zivilsenat in der vorgenannten Entscheidung eine Wiederholungsgefahr verneint, wenn „die künftige Veröffentlichung der beanstandeten Aussage nur in anderer Form in die Öffentlichkeit tragen würde, was die Presse aus Anlass der Verlesung des fraglichen Vernehmungsprotokolls in der öffentlichen Hauptverhandlung zulässigerweise berichtete“, bedeutet dies jedoch nicht, dass sämtliche Details aus der Einlassung des Angeklagten von der Presse veröffentlicht oder in sonstiger Weise verbreitet werden dürfen. Denn auch wenn ein Angeklagter sich in öffentlicher Hauptverhandlung zur Tat äußert, stellt dies keine Einwilligung seinerseits dar, sämtliche Details dieser Einlassung unabhängig davon zu veröffentlichen, ob im konkreten Fall das Persönlichkeitsrecht des Angeklagten eine Wiedergabe der fraglichen Details verbietet oder ob dagegen das öffentliche Berichterstattungsinteresse überwiegt. Eine solche Abwägung muss vielmehr für jedes wiedergegebene Detail der Einlassung gesondert durchgeführt werden. Zwar ist die Einlassung von zentraler Bedeutung für die Berichterstattung und für die öffentliche Meinungsbildung hinsichtlich eines möglichen Geschehensablaufs in der Tatnacht und die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Beteiligten. Allerdings kann sich diese zentrale Bedeutung für Berichterstattung und öffentliche Meinungsbildung auch nur auf solche Angaben des Betroffenen beziehen, die gerade den möglichen Geschehensablauf in der Tatnacht sowie die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Beteiligten zum Inhalt haben. Nicht in diesem Sinne von zentraler Bedeutung sind dagegen andere persönliche Umstände, die der Angeklagte im Rahmen seiner Vernehmung bzw. der Verlesung eines Vernehmungsprotokolls preisgibt und die eine derartige Verbindung zum Tatgeschehen bzw. zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit nicht aufweisen.
45cc. Soweit sich die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf beruft, der Kläger habe wie jeder Angeklagte selbst entscheiden können, welche Details seiner privaten Lebensumstände er in öffentlicher Hauptverhandlung preisgibt bzw. durch Verlesung des richterlichen Vernehmungsprotokolls preisgeben lässt, geht diese Argumentation fehl: Der Kläger hat sich zunächst in nichtöffentlicher Vernehmung vor dem Haftrichter geäußert und dabei – unabhängig davon, ob er überhaupt das Bewusstsein hatte, dass eine Veröffentlichung seiner Angaben in Zukunft bevorstand – als Betroffener eines Strafverfahrens agiert, was auf die Art und den Umfang der Einlassung Einfluss gehabt hat. Er hatte sodann in der öffentlichen Hauptverhandlung vor dem Landgericht Mannheim die Wahl, sich nach § 243 Abs. 5 StPO selbst zur Sache zu äußern oder aber die Verlesung des Vernehmungsprotokolls nach § 254 Abs. 1 StPO zu dulden. Bei keiner dieser beiden Alternativen kann jedoch ein (ggf. konkludent geäußerter) Willen festgestellt werden, eine Öffentlichkeit, die über die Saalöffentlichkeit hinausgeht, an Details seines Sexuallebens teilhaben zu lassen. Auch wenn dem Kläger bereits im Rahmen der richterlichen Vernehmung vor dem Haftrichter am 24.3.2010 (Anl. B 21) aufgrund der vorangegangenen Belehrung klar gewesen sein dürfte, dass es ihm freistand, sich zur Sache zu äußern, sind seine dann folgenden Äußerungen nicht darauf angelegt gewesen, die Öffentlichkeit zu informieren, sondern dienten der ihm als Beschuldigten zustehenden Darstellung der Tatnacht. Würde in solchen Fällen eine generelle Berechtigung der Presse bejaht werden, die Einlassung vollumfänglich zum Gegenstand einer öffentlichen Berichterstattung zu machen, wäre es unzulässigerweise der Kläger selbst, der – den Fragen der Prozessbeteiligten bzw. zuvor der nichtöffentlichen Vernehmung durch den Ermittlungsrichter ausgesetzt – im Rahmen der einzelnen Antwort abzuwägen hätte, welche Details aus seinem Privatleben er noch preiszugeben bereit ist, gleichzeitig aber auch im Auge behalten müsste, dass es ihm in erster Linie darum geht, seine Sicht der Dinge im Hinblick auf den Tatvorwurf darzulegen.
46dd. Soweit die Entscheidung des BGH vom 19.3.2013 (VI ZR 93/12) schließlich unter Hinweis auf die Entscheidung vom 19.10.2004 (VI ZR 292/03) sowie deren verfassungsrechtliche Billigung (BVerfG, Beschl. v. 21.8.2006 – 1 BvR 2606/04) darauf verweist, dass die Veränderung tatsächlicher Umstände eine ursprünglich rechtswidrige Berichterstattung für die Zukunft rechtmäßig erscheinen lassen könne, treffen diese Erwägungen auf den vorliegenden Fall schon nicht zu. Denn dem Urteil vom 19.10.2004 (VI ZR 292/03) lag ein Sachverhalt zugrunde, in welchem die Klägerin mit ihrem prominenten Partner eine öffentliche Veranstaltung (Verleihung eines Film- und Videopreises) aufgesucht und dort die persönliche Beziehung – von der zuvor und anschließend in der Presse berichtet worden war – sowie Details aus ihrem Privatleben offen gelegt hatte. Mit einer solchen Entscheidung, sich gemeinsam bei einer Preisverleihung mit bekanntermaßen hohem Presseaufkommen der medialen Öffentlichkeit zu zeigen und damit willentlich bestimmte private Angelegenheiten öffentlich zu machen, ist die nicht-öffentliche Vernehmung als Beschuldigter durch den Ermittlungsrichter nicht vergleichbar.
47b. Eine danach trotz öffentlicher Verlesung der Einlassung erforderliche Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Klägers sowie dem Berichterstattungsinteresse der Öffentlichkeit führt jedoch im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass die von der Beklagten im streitgegenständlichen Beitrag wiedergegebenen Details, wie sie in den Anträgen zu 2a, 2c und 2d angeführt werden, als zulässige Gerichtsberichterstattung einzustufen sind.
48aa. Soweit der Kläger geltend macht, dass die Unzulässigkeit der Berichterstattung sich schon daraus ergebe, dass die Beklagte überhaupt keine Gerichtsberichterstattung im Sinne einer sachlichen und objektiven Wiedergabe des Prozesstages vorgenommen habe, sondern es sich lediglich um herablassende Äußerungen und süffisante Seitenhiebe handele (Bl. 434 GA), greift dieser Einwand im Ergebnis nicht durch. Der Kläger weist zwar zutreffend darauf hin, dass der Beitrag der Beklagten sich nicht auf eine reine Wiedergabe des Prozessgeschehens vor dem Landgericht Mannheim am 13.9.2010 beschränkt. Dadurch ist er aber nicht schon per se aus dem Geltungsbereich „gerichtliche Berichterstattung“ auszuscheiden. Die Beklagte hat wertende, teilweise sehr pointierte Formulierungen verwendet, um die ihr im Rahmen des Hauptverhandlungstermins bekannt gewordenen (wahren) Tatsachen für den Leser aufzubereiten. Mit diesen Werturteilen („Kuschelbärchen“, „SM-Spielchen“, „dunkle Triebe“) überschreitet sie zum einen jedoch nicht die Grenzen der Schmähkritik. Zum anderen darf es auch einer Gerichtsberichterstattung nicht verwehrt sein, die Geschehnisse im Rahmen der geltenden Grenzen einem Werturteil zu unterziehen bzw. sprachlich zugespitzt auszudrücken. Letztlich ist auch nicht in Abrede zu stellen, dass die Beklagte in dem fraglichen Artikel keine Vorverurteilung des Klägers vornimmt, sondern gerade diese Vorverurteilung durch die Öffentlichkeit kritisch kommentiert und nach Gründen dafür sucht („Es scheint, als habe die Causa Kachelmann ganz tief im deutschen (und Schweizer) Befinden etwas durcheinandergewirbelt, das die Öffentlichkeit auf irgendeine Weise wieder gerade gerückt haben will. Nur so lässt sich das überbordende Interesse erklären, das der Prozess auf sich zieht“).
49bb. Im Rahmen der damit vorliegenden Gerichtsberichterstattung ist die mit dem Antrag zu 2a gerügte Äußerung der Beklagten „Der nette Wettermann und die SM-Spiele mit Peitsche“ nicht zu beanstanden. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass diese Äußerung insofern als sachliche Wiedergabe anzusehen ist, als der Kläger in seiner richterlichen Vernehmung ausgeführt hatte „In ihrem Besitz und zu ihrem Haushalt gehörten auch Handschellen, die sie in diesem Fall schon in der Hand hatte und auch eine Reitgerte, die auch zu ihrem Haushalt gehörte, die immer bei ihr war und die sie dann jeweils, wenn sie Lust darauf hatte, bereitlegte“. Aufgrund dieser Angaben des Klägers handelt es sich bei der Überschrift um eine zusammengefasste und wertend pointierte Kommentierung, die zu dem vor dem Strafverfahren in der Öffentlichkeit bestehenden Bild des Klägers in Bezug gesetzt worden ist.
50Gleiches gilt für die mit dem Antrag zu 2c beanstandete Äußerung „gern auch mal mit Handschelle oder bereit gelegter Reitpeitsche“. Auch hier besteht der Tatsachenkern in der Wiedergabe der klägerischen Einlassung, dass im Rahmen seiner Sexualbeziehung zur Nebenklägerin Handschellen und Reitpeitsche eine Rolle gespielt haben. Die Formulierung „gern auch mal“ greift, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, die Einlassung des Klägers auf, die betreffenden Utensilien würden nicht immer, sondern lediglich dann verwandt, „wenn sie Lust darauf hatte“.
51cc. Gleiches gilt schließlich auch für die mit dem Antrag zu 2d gerügte Formulierung „Das Kuschelbärchen aus den Schweizer Bergen soll dunkle Triebe mit SM-Spielchen und multiplen Liebschaften ausgelebt haben?“. Auch hier hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass es sich bei der fraglichen Äußerung um eine echte und nicht lediglich um eine rhetorische Frage handele, die unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit einem Werturteil gleichsteht und als solches zulässig ist. Mit den Formulierungen „Kuschelbärchen aus den Schweizer Bergen“, „dunkle Triebe“ und „SM-Spielchen“ wird in pointierter Form das bis zum Beginn des Strafverfahrens vorherrschende Bild des Klägers in der Öffentlichkeit mit denjenigen Erkenntnissen in Beziehung gesetzt, die die Beklagte zulässigerweise aus der verlesenen Einlassung des Klägers im Strafverfahren gewonnen hat, nämlich die vom Kläger bestätigte gelegentliche Verwendung von Handschellen und Reitgerte als Ausformung seines Sexuallebens mit der Nebenklägerin. Die weiter in der Äußerung enthaltene Angabe der wahren Tatsache, dass der Kläger mit einer Vielzahl von Frauen nacheinander bzw. zeitlich parallel verkehrt hat („multiple Liebschaften“) ist zwar für das unmittelbare Tatgeschehen, nämlich die angeklagte schwere Vergewaltigung als solche unbeachtlich. Allerdings überwiegt auch insoweit das Berichterstattungsinteresse der Beklagten das Persönlichkeitsrecht des Klägers, weil dieser selbst bzw. sein damaliger Verteidiger diese Tatsache zum Gegenstand des Verfahrens gemacht haben, indem das prozessuale Vorgehen des Gerichtes, zunächst die als Zeuginnen auftretenden (ehemaligen) Freundinnen des Klägers und erst dann die Nebenklägerin als Zeugin zu vernehmen, von der Verteidigung kritisiert wurde. Im Rahmen einer Berichterstattung über den Verlauf des dies betreffenden Teils des Prozesstages konnte dieser Umstand nicht ausgespart werden.
523. Soweit der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der betreffenden Äußerung über seine Zeugungsfähigkeit hat, ist diese gemäß § 257 S. 1 BGB auch zur Freistellung des Klägers von den Anwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit seines Prozessbevollmächtigten verpflichtet. Die erstattungsfähigen Anwaltskosten berechnen sich im Hinblick auf die zu unterlassende Äußerung nach einem Streitwert von 10.000 Euro, so dass sich bei dem vom Kläger geltend gemachten Ansatz der nicht anzurechnenden 0,65-Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) nebst Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG) und Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG) ein Gesamtbetrag in Höhe von 399,72 Euro ergibt. Die beantragten Zinsen auf den Freistellungsanspruch können dagegen nicht nach §§ 288 Abs. 1 S. 1, 291 S. 1 BGB zuerkannt werden, da ein Freistellungsanspruch keine zu verzinsende Geldschuld darstellt. Es ist auch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Kläger bereits einen konkreten Schaden durch die bisherige Nichtzahlung der Anwaltsgebühren erlitten hätte.
53III.
54Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
55Die Revision ist nicht entsprechend der Anregung der Beklagten zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, da die Beurteilung des Rechtsstreits auf der Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und im Übrigen auf den Einzelfallumständen beruht. Höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.
56Streitwert: 40.000 Euro
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 10.07.2013 - 28 O 439/12 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Diese Entscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e:
2I.
3Die Parteien streiten über die Zulässigkeit einer Wortberichterstattung der Beklagten über den Kläger.
4Der als Moderator, Journalist und Unternehmer bekannte Kläger war Angeklagter in einem vor dem Landgericht Mannheim verhandelten Strafverfahren wegen des Verdachts der schweren Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Er wurde wegen des Verdachts der schweren Vergewaltigung am 20.03.2010 verhaftet und blieb bis zum 29.07.2010 in Untersuchungshaft. Die Hauptverhandlung begann am 06.09.2010. Im Ermittlungs- und Strafverfahren wurde festgestellt, dass der Kläger gleichzeitig intime Beziehungen zu mehreren Frauen unterhalten hatte, ohne dass diese voneinander wussten. Während der Hauptverhandlung fand ein Telefonat zwischen der Staatsanwaltschaft und einer Sexualpartnerin des Klägers statt, das zu einem Aktenvermerk des Staatsanwalts vom 29.11.2010 führte. Die Zeugin wurde am 15.2.2011 im Wege der Rechtshilfe vernommen. Am 31.5.2011 wurde der Kläger freigesprochen. Das Urteil ist rechtskräftig.
5Am 05.12.2010 veröffentlichte die Beklagte in der von ihr bundesweit verlegten Zeitung „C“ einen Artikel, in dem es über eine im Rahmen des Ermittlungsverfahrens vorgenommene Untersuchung des Mobiltelefons des Klägers u.a. heißt:
6„In monatelanger Kleinarbeit rekonstruierten Ermittler die gelöschten Daten und fanden Hinweise auf ein möglicherweise neues Opfer“
7und weiter
8„Laut „G“ kamen die Ermittler einer neuen Zeugin auf die Spur, deren Aussage ihn schwer belastet. Die Frau soll behaupten, dass (der Kläger) sie beim Liebesspiel am 17. Januar plötzlich brutal behandelt habe. Er sei für kurze Zeit ein anderer Mensch geworden.“.
9Der Kläger hat die Berichterstattung als persönlichkeitsrechtsverletzend abgemahnt und ist gegen sie erfolgreich mit einer einstweiligen Verfügung vorgegangen. Der vorliegende Rechtsstreit betrifft das Hauptverfahren. Der Kläger hat gemeint, die Äußerungen behaupteten ein strafbares Verhalten, ohne dass die Voraussetzungen der zulässigen Verdachtsberichterstattung durch die Presse erfüllt seien. Es habe zum Zeitpunkt der Veröffentlichung ein Mindestbestand an Beweistatsachen gefehlt, die Mitteilung betreffe das Intimleben des Klägers, das er zu keiner Zeit bereitwillig öffentlich gemacht habe; die Äußerungen seien einseitig und tendenziös. Ein aktueller Berichtsanlass habe gefehlt, weil die Existenz der Zeugin bereits seit September 2010 bekannt gewesen sei. Die Äußerung sei vorverurteilend, sie verstoße gegen die Unschuldsvermutung und erzeuge eine Prangerwirkung. Da die zugrundeliegenden Informationen aus Ermittlungsakten stammten, die zum fraglichen Zeitpunkt noch nicht Bestandteil der Gerichtsakten waren, gelte im Rahmen der Abwägung zwischen Persönlichkeitsinteressen und Berichtsfreiheit der Grundsatz des § 353d Nr. 3 StGB. Schließlich hat der Kläger gemeint, dass die Wiederholungsgefahr hinsichtlich der vorliegend in Rede stehenden Äußerungen nicht durch die Verlesung des Protokolls über die Vernehmung des Klägers durch den Ermittlungsrichter in der öffentlichen Hauptverhandlung des Strafverfahrens – wie der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 19.3.2013 (VI ZR 93/12) angenommen hat – entfallen sei.
10Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger seinen Unterlassungsanspruch in der Hauptsache weiter und begehrt zudem Freistellung von den vorgerichtlich entstandenen Abmahnkosten.
11Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Unzulässigkeit der Klage gerügt. Ferner hat sie die Auffassung vertreten, dass der angegriffene Artikel ausschließlich wahrheitsgemäße Angaben enthalte, deren Darstellung im Rahmen einer Verdachtsberichterstattung zulässig gewesen sei, da angesichts der großen Bekanntheit und medialen Omnipräsenz des Klägers ein außerordentliches öffentliches Interesse an dem gegen ihn gerichteten Ermittlungs- und Strafverfahren bestanden habe, der Kläger durch Preisgabe von Ermittlungsdetails selbst in die Öffentlichkeit getreten sei und in dem Artikel auch die Stellungnahme des Klägers wiedergegeben wurde. Die Angaben der neuen Zeugin seien als mögliche Hinweise auf eine Tatneigung des Klägers relevant und als solche in dem freisprechenden Urteil gewürdigt worden.
12Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat die vom BGH in der Entscheidung NJW 2000, 1036 formulierten Grundsätze zur Verdachtsberichterstattung geprüft, aber für nicht erfüllt erachtet. Die Äußerung, dass Ermittler „Hinweise auf ein mögliches neues Opfer (fanden)“ verstehe der Durchschnittsleser nach dem Gesamtzusammenhang der Berichterstattung dahingehend, dass ein neues Vergewaltigungsopfer aufgetaucht sei. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung hätte es diesbezüglich allerdings nur einen Telefonvermerk gegeben, so dass es an einem Mindestbestand an Beweistatsachen gefehlt habe. Die spätere Vernehmung habe den Verdacht nicht bestätigt, zumal die Zeugin zwar von einem brutalen und deftigen Verhalten, nicht aber von einem Verhalten berichtet habe, dem sie Widerstand entgegengesetzt habe, das die Zeugin also als „Opfer“ eines strafbaren Verhaltens erscheinen lasse. Die Berichterstattung sei einseitig und vorverurteilend. Dies treffe auch für die weitere Äußerung zu, wonach der Kläger „die Frau … plötzlich brutal behandelt habe“ und er „für kurze Zeit ein anderer Mensch geworden“ sei. Auch diese Äußerung sei vorverurteilend, weil sie als Vorwurf eines strafbaren Verhaltens verstanden werde, ohne dass es zum Zeitpunkt der Berichterstattung oder später hierfür einschlägige Beweistatsachen gegeben habe. Die Vermutung der Wiederholungsgefahr sei nicht widerlegt, könne auch vorliegend nur durch eine Unterwerfung widerlegt werden, die vorgerichtliche Abmahnung sei daher berechtigt gewesen.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen in dem Urteil vom 10.7.2013 (Bl. 373 ff. GA) Bezug genommen.
14Die Beklagte greift das Urteil mit ihrer Berufung an. Insgesamt hält sie die Berichterstattung für durch die Pressefreiheit gedeckt, da die Berichtsfreiheit in einem die Öffentlichkeit wesentlich interessierenden Gerichtsverfahren sowohl nach verfassungsrechtlichen als auch den Maßstäben des EGMR besonders großzügig ausgestaltet sei. Der Kläger sei nicht nur eine sehr bekannte Person des öffentlichen Lebens, seine Prominenz habe sich auch im Verlauf des Ermittlungs- und Gerichtsverfahrens erheblich gesteigert. Der Kläger habe insbesondere durch eigene Pressearbeit die öffentliche Meinung mit eigenen Informationen zu beeinflussen gesucht. Dabei seien auch Informationen über das Privat- und Beziehungsleben in die Öffentlichkeit gegeben worden und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits allgemein bekannt gewesen. Das Landgericht habe es versäumt, zu dem Status des Klägers als prominenter Person Feststellungen zu treffen. Die dem Artikel vom 5.12.2010 zugrundeliegende Berichterstattung sei wahrheitsgemäß, soweit behauptet werde, dass die Zeugin behauptet habe, der Kläger habe sie beim Liebesspiel ihrem Eindruck nach brutal behandelt. Sowohl die Ermittlungsergebnisse als auch die Äußerungen der Zeugin entsprächen der Wahrheit und zeigten, dass der Kläger in seinem Sexualverhalten gewaltgeneigt sei, ein Umstand, der im Rahmen des damaligen Ermittlungsverfahrens zum Verständnis des Geschehens und zur Unterrichtung der Öffentlichkeit von Bedeutung gewesen sei. Das Landgericht habe die streitgegenständlichen Äußerungen aus dem Zusammenhang gelöst und fehlerhaft gedeutet. Es habe die Reichweite der Begriffe Vorverurteilung, Unschuldsvermutung und Stigmatisierung fehlerhaft bestimmt. Insbesondere die Äußerung, dass die Aussage der im Presseartikel erwähnten Zeugin den Kläger „schwer belastet“, sei als Werturteil anzusehen. Die Deutung, dass die Zeugin Opfer einer Straftat sei, sei unrichtig. Zum einen werde sie nur als „mutmaßliches Opfer“ bezeichnet. Zum anderen bezeichne sie der Artikel lediglich als Opfer einer brutalen Behandlung beim Liebesspiel. Daraus müsse weder der Verdacht einer Vergewaltigung noch einer anderen Straftat folgen, das Landgericht habe sich mit anderen Deutungen nicht auseinandergesetzt. Auch sei der Kläger durchaus zu Wort gekommen, denn der Artikel schließe mit der Einschätzung seines Prozessbevollmächtigten, dass die Vorwürfe unwahr und leicht widerlegbar seien. An einer Vorverurteilung, die der Unschuldsvermutung zuwiderlaufe, fehle es, weil nicht die Schuld oder Verurteilung des Klägers fest behauptet worden sei. Da die Berichterstattung zulässig gewesen sei, sei auch die vorprozessuale Abmahnung nicht erforderlich und daher unberechtigt gewesen.
15Die Beklagte beantragt,
16das Urteil des Landgerichts Köln vom 10.7.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
17Der Kläger beantragt,
18die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
19Er verteidigt das angegriffene Urteil. Weder der Umstand, dass die in dem Bericht selbst geäußerten Fakten wahr sein mögen, was der Kläger bestreitet, noch die am Ende des Artikels wiedergegebene Stellungnahme des Prozessbevollmächtigten des Klägers rechtfertigten die Berichterstattung. Auf die von der Beklagten hervorgehobenen Umstände komme es im Ergebnis nicht an, weil es für das vom Landgericht festgestellte Verständnis einer Verdachtsberichterstattung an Belegtatsachen fehlte. Das Verständnis, dass der Verdacht einer Straftat geäußert werde, müsse nicht gewiss, sondern nur wahrscheinlich sein. Zu berücksichtigen sei auch, dass es in dem berichteten Fall nicht um ein eigenständiges Gerichts- oder Ermittlungsverfahren gegangen sei.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschrift vom 28.1.2014 verwiesen.
21II.
22Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog zu Recht für begründet gehalten. Daher war auch die vorgerichtliche Geltendmachung dieses Anspruchs erforderlich, so dass Freistellung von diesen Kosten verlangt werden kann.
231. Unterlassungsanspruch
24Der Anspruch des Klägers auf Unterlassung der streitgegenständlichen Äußerung ist wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts gem. § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB begründet.
25a) Das Landgericht hat den Artikel zutreffend nach dem durchschnittlichen Leserverständnis, auf das es ankommt (vgl. BGH NJW 2009, 1872, 1873; NJW 2006, 601 ‚Tz. 14), ausgelegt.
26Für die Auslegung sind der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen, soweit diese für die Leser, Hörer oder Zuschauer erkennbar sind (BGH NJW 2006, 601 Tz. 14). Insbesondere darf der umstrittene Äußerungsteil nicht isoliert betrachtet werden (vgl. BGH, MDR 2004, 393 f. m.w.N.)
27Das Landgericht kommt zu der Deutung, dass durch beide angegriffene Äußerungen dem Kläger eine weitere Straftat, begangen gegenüber der im Artikel genannten Zeugin, vorgeworfen wird. Diese Deutung ist naheliegend. Es wird von einem „neuen Opfer“, einer „schweren Belastung“ des Klägers gesprochen und auf eine Brutalität beim Liebesspiel hingewiesen. Diese Behauptungen erfolgen im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen den Kläger wegen des damals öffentlich bekannten Vorwurfs der Vergewaltigung. Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass der durchschnittliche Rezipient den Eindruck erhält, dass auch in diesem Fall eine Vergewaltigung oder jedenfalls eine Körperverletzung stattgefunden haben könnte. Damit aber wird der Verdacht einer Straftat geäußert. Verstärkt wird diese Deutung durch die Äußerungen „Sprengstoff für das Verfahren“ sowie „kam das BKA zu einem brisanten Ergebnis“. Diese Formulierungen stellen den Zusammenhang zwischen dem in der Öffentlichkeit zum damaligen Zeitpunkt präsenten Verdacht und einem behaupteten weiteren Fall „brutaler Behandlung“ her und verstärken den Eindruck, dass der Zusammenhang auch hier ein strafrechtlich relevanter sein kann. Die Auslegung betrifft beide angegriffenen Äußerungen. Auch wenn nur die erste Äußerung untersagt würde, bleibt angesichts des Gesamtzusammenhangs der Aussagen in dem Bericht sowie des Berichtsumfeldes der Verdachtscharakter auch dieser Meldung erhalten.
28Die von der Beklagten dagegen angeführte Deutung, in dem Bericht werde lediglich wahrheitsgemäß über Einzelheiten der Ermittlungstätigkeit sowie ein zur damaligen Zeit bereits allgemein bekanntes Sexualverhalten des Klägers berichtet, erschöpft den Gehalt des Presseartikels nicht. Selbst wenn die inhaltlich behaupteten Vorfälle zuträfen, so entnimmt der das Prozessgeschehen auch nur beiläufig verfolgende typische Leser schon der prominenten Erwähnung eines „möglicherweise neuen Opfers“ in der Unterzeile der Überschrift, dass es nicht nur um einverständliche Liebespraktiken geht. Wer von einem „Opfer“ im Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren liest, geht von einer weiteren Straftat, nicht nur von einer opferhaften Rolle in einer Beziehung aus, mag die Straftat auch noch nicht genau benannt sein. Diese Deutung wird durch das „möglicherweise“ nicht entkräftet, denn hieraus entnimmt der Leser allenfalls, dass es vorläufig noch um einen Verdacht geht. Der Artikel befasst sich auch im Kern nicht mit einem behaupteten gewaltbetonten Sexualverhalten des Klägers, sondern er berichtet ausschließlich über ein „brisantes Ereignis“ im Rahmen des bereits in der Hauptsache laufenden Ermittlungsverfahrens. Es geht damit – anders als die Beklagte meint - nicht nur um Fakten, die der öffentlichen Debatte um eine bekannte Person dienen, sondern um einen diese Person betreffenden Aspekt, der nicht neutral berichtender, sondern verdächtigender Natur ist.
29b) Der in dem Artikel angesprochene Verdacht bestand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung (und auch später) unstreitig nicht. Das Landgericht hat die von der Rechtsprechung zur Verdachtsberichterstattung entwickelten Kriterien zutreffend angewendet.
30aa) Das Landgericht hat gesehen, dass eine Straftat zum Zeitgeschehen gehört, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist und dass der Umstand einer Verletzung der Rechtsordnung und der Beeinträchtigung von Rechtsgütern der betroffenen Bürger oder der Gemeinschaft ein anzuerkennendes Interesse an näherer Information über Tat und Täter begründet (BGH NJW 2013, 229 Tz. 13; ferner BGHZ 143, 199, 204 = NJW 2000, 1036; gebilligt durch BVerfG, NJW 2009, 3357 Tz. 18; EGMR, NJW 2012, 1058 Rn. 96).
31Daraus folgt aber nicht, dass auch über weitere Tatvorwürfe, die nicht Gegenstand des hauptsächlich in Rede stehenden Verfahrens waren, grenzenlos berichtet werden durfte. Wenn in einer Weise berichtet wird, die den Eindruck des Verdachts einer weiteren strafbaren Handlung erzeugt, so gelten hierfür die Grenzen der Verdachtsberichterstattung und sie gelten nicht in verkürzter Weise, weil es bereits ein Verfahren in anderer Angelegenheit gibt.
32bb) Zu berücksichtigen ist dabei, dass die öffentliche Berichterstattung über eine Straftat den Beschuldigten erheblich in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt, weil sie sein (mögliches) Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und damit seine Person in den Augen der Adressaten von vornherein negativ qualifiziert wird (BGH NJW 2000, 1036; mit Hinweis auf BVerfGE 35, 202, 226 = NJW 1973, 1226). Dieser Umstand spielt eine Rolle, wenn die Gefahr droht, dass gerade wegen der Begleitberichterstattung selbst dann „etwas hängen bleiben“ kann, wenn im Hauptverfahren später ein Freispruch erfolgt.
33cc) Zwar dürfen die Anforderungen an die pressemäßige Sorgfalt und die Wahrheitspflicht nicht überspannt und insbesondere nicht so bemessen werden, dass darunter die Funktion der Meinungsfreiheit leidet (BGH NJW 2000, 1036, 1037; bestätigt in BGHZ 183, 353 = NJW 2010, 757 Tz. 14 und BGH NJW 2009, 350 – Holzklotz-Fall Tz. 11). Diesen Konflikt hat das Landgericht aber gesehen und daher im Wege einer Abwägung die gegenläufigen Gesichtspunkte einander gegenübergestellt.
34Voraussetzung für eine zulässige Verdachtsberichterstattung ist (1) ein Mindestbestand an Beweistatsachen. (2) Die Anforderungen an die pressemäßige Sorgfalt sind umso höher je schwerer das Ansehen des Betroffenen durch die Veröffentlichung beeinträchtigt wird. (3) Durch die Art der Berichterstattung darf es zu keiner Vorverurteilung kommen. (4) Entlastungsmomente sind zu berücksichtigen. (5) Regelmäßig ist eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen und es muss – insbesondere bei identifizierender Berichterstattung - um (6) einen Vorgang von gravierendem Gewicht gehen, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (BGHZ 143, 199 = NJW 2000, 1036; G. Müller, VersR 2000, 797, 801; vgl. auch bereits BGHZ 68, 331 = NJW 1977, 1268). Sämtliche genannten Umstände betreffen die in solchen Fällen anzuwendende publizistische Sorgfalt (B. Peters, NJW 1997, 1334, 1338).
35Das Landgericht hat zu Recht bereits auf das erste der genannten Kriterien abgestellt. Wenn für eine zulässige Verdachtsberichterstattung jedenfalls ein Mindestbestand an Beweistatsachen vorliegen muss (BGHZ 68, 331 = NJW 1977, 1288, 1289; NJW 1997, 1148, 1149), so hat die Presse nähere Umstände vorzutragen, aus denen auf die Richtigkeit der Information, vorliegend also auf den Verdacht einer Straftat, geschlossen werden kann (vgl. Senat, Urt. v. 23.10.2001 – 15 U 43/01, AfP 2001, 524, 525). Diese Last dient nicht nur dazu, den Wahrheitsgehalt der Äußerung, sondern auch ihren Öffentlichkeitswert zu untermauern (BGHZ 68, 331 = NJW 1977, 1288, 1289).
36Für beide angegriffenen Äußerungen fehlt eine Darlegung dahingehend, in welchem Stadium sich die Verdachtsmeldung befindet, ob sie auf Basis einer Vernehmung oder – wie zwischen den Parteien unstreitig ist – nur auf Basis eines Telefonvermerks stattgefunden hat, der im Zeitpunkt der Berichterstattung die einzige Grundlage war. Es fehlt auch eine Einschätzung dazu, inwieweit die angegebenen brutalen Praktiken den Verdacht einer Straftat begründen.
37Hinzu kommt, dass in einer den Verdacht strafbaren Verhaltens nährenden Berichterstattung auch Entlastungsmomente anzugeben sind (BGH NJW 2000, 1036), also ausgewogen zu berichten ist (BVerfG NJW 2009, 350 – Holzklotz-Fall, Tz. 14). Daran fehlt es. Der Artikel erwähnt nicht, ob es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die beschriebenen Liebesspiele gegen den Willen der genannten Zeugin erfolgten. Selbst wenn die Beklagte für sich geltend machen könnte, dass ein Interesse an einer näheren Kenntnis von weiteren Beziehungen des Klägers bestand, so hätte sie doch klarstellen müssen und können, dass der berichtete Vorfall nicht notwendig Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten gibt. Im Ergebnis bleibt daher der Verdacht stehen, ohne dass ausgleichend berichtet wird. Die Nichterfüllung dieser Pflicht wird nicht dadurch ersetzt, dass ein wenig aussagekräftiges Dementi des Prozessbevollmächtigten des Klägers an das Ende des Artikels gesetzt und dieses Dementi fett hervorgehoben wird. Durch die Stellung am Ende wird keineswegs ein Kontrapunkt gesetzt, sondern die Stellungnahme erscheint beziehungslos zu den wesentlich ausführlicheren und brisanteren Details im Kopf des Textes. Gerade die Allgemeinheit der Stellungnahme erzeugt eine nur schwache klarstellende Wirkung und erweckt den Eindruck einer routinemäßigen anwaltlichen Abwiegelung.
38Da bereits Recherche und Berichterstattung die Grenzen der zulässigen Verdachtsberichterstattung verlassen, kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger eine derart bekannte Person war, dass über sein Privatleben in der geschilderten Weise berichtet werden durfte. Das Landgericht musste hierzu – entgegen der Darstellung der Beklagten – keine Erhebungen anstellen, denn die vorstehenden Grundsätze gelten unabhängig davon, ob der Kläger eine in jeder Hinsicht prominente oder eine bisher unbekannte Persönlichkeit ist. Unerheblich ist im Ergebnis auch, ob die Berichterstattung bereits die Grenzen der Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK überschreitet und zu einer Vorverurteilung in der Öffentlichkeit führt. Die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung werden durch diese Rechtsprinzipien zwar beeinflusst, sie gelten aber auch unterhalb der möglicherweise engeren Grenzen der strafprozessualen Grundsätze.
39c) Zu Recht hat das Landgericht die Vermutung der Wiederholungsgefahr für nicht widerlegt angesehen. Die Beklagte hat keine Unterwerfungserklärung abgegeben. In dem streitgegenständlichen Vorfall hat es kein weiteres Ermittlungsverfahren gegeben. Die schon damals missverständliche Berichterstattung ist auch aus heutiger Sicht nicht zulässig. Schon der Umstand, dass der Fall des Klägers erhebliche Aufmerksamkeit erregt hat, lässt die Wahrscheinlichkeit einer wiederholten Berichterstattung nicht entfallen. Selbst wenn die Aussagen der Zeugin auch später Teil der Ermittlung im Verfahren gegen den Kläger geworden und auch in den Urteilsgründen niedergelegt worden sind, so trifft dies nicht für die aus dem streitgegenständlichen Artikel folgende Verdachtsberichterstattung zu. Ein Verdacht dieser Art ist gerade nicht substantiiert oder bestätigt worden.
402. Kostenfreistellungsanspruch
41Das Landgericht hat dem Kläger zu Recht einen Anspruch auf Freistellung von den vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten zugesprochen.
42Zum einen besteht insoweit wegen der rechtswidrigen Berichterstattung der Beklagten ein deliktischer Schadensersatz- bzw. Freistellungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 257 BGB, da der Schadensersatzanspruch nach §§ 249 ff. BGB grundsätzlich auch die Kosten der Rechtsverfolgung, insbesondere Anwaltsgebühren, umfasst (vgl. dazu: Palandt/Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Auflage 2011, § 249 BGB Rn 56 ff.; vgl. auch BGH, Urteil vom 27.7.2010 – VI ZR 261/09, in: MDR 2010, 1156 f. zur Höhe des Gegenstandswertes ohne Beanstandung der Bejahung eines Anspruchs dem Grunde nach).
43Zum anderen ergibt sich ein solcher Anspruch bei einer berechtigten Abmahnung auch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 683 Satz 1 BGB). Bei der Abmahnung handelt es sich jedenfalls um ein sog. auch-fremdes Geschäft, das der Abmahnende nicht nur im eigenen Interesse, sondern auch im Interesse des Abgemahnten vornimmt, um diesem Gelegenheit zu geben, den Unterlassungsanspruch ohne Notwendigkeit der Durchführung eines gerichtlichen Verfahren mit den damit verbundenen (höheren) Kosten zu akzeptieren. Die (zwischenzeitlich erfolgte) gesetzliche Kodifikation entsprechender Erstattungsansprüche in anderen Rechtsgebieten (z.B. Wettbewerbs- oder Urheberrecht) spricht nicht dagegen, diese Grundsätze im Äußerungsrecht weiterhin anzuwenden (vgl. auch BGH, Urteil vom 12.12.2006 – VI ZR 175/05, in: NJW-RR 2007, 856 f.).
443. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288, 291 BGB.
45III.
46Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
47Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
48Berufungsstreitwert: 40.000,- €)
49(entsprechend der für richtig erachteten erstinstanzlichen Festsetzung, gegen die von den Parteien keine Einwendungen erhoben wurden)
50Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 9.7.2014 (28 O 522/13) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten je zur Hälfte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Die Parteien streiten um die Zulässigkeit der Wortberichterstattung in einer Print- bzw. einer Onlineausgabe der Beklagten.
4Der Kläger ist ein bekannter Journalist und moderierte bis März 2010 u.a. die von ihm produzierte die Sendung „Das Wetter im Ersten“. Ab Frühjahr 2010 wurde gegen ihn wegen des Verdachts der Vergewaltigung ermittelt. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe fanden in der Öffentlichkeit große Beachtung und waren Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen in verschiedenen Medien. Am 31.05.2011 wurde der Kläger freigesprochen.
5Die Beklagte zu 1), die ursprünglich unter „T AG“ firmierte, verlegt die Zeitungen „C“ und „C2“. Die Beklagte zu 2) betreibt unter der Domain www.C.de die Online-Ausgaben dieser beiden Zeitungen.
6Im vorliegenden Fall veröffentlichte die Beklagte zu 1) in ihrer Printausgabe vom 7.4.2010 den Wortlaut einiger SMS-Nachrichten, die der Kläger, beginnend im Oktober 2009 über mehrere Wochen an Frau X, ein ehemaliges Mitglied der Pop-Band „C3“ geschickt hatte und die von Frau X an einen Redakteur der Beklagten weitergegeben worden waren. Die Beklagte zu 2) veröffentlichte dieselben Nachrichten ebenfalls im Wortlaut in ihrer Online-Ausgabe vom selben Tage. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
7Nach Erlass entsprechender einstweiliger Verfügungen vom 7.4.2010 (28 O 194/10 LG Köln sowie 28 O 193/10 LG Köln) hat der Kläger im vorliegenden Hauptsacheverfahren Klage erhoben.
8Er hat beantragt,
91. die Beklagte zu 1) hat es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, SMS-Nachrichten, die der Kläger ausschließlich an Frau X gesendet hat, zu verbreiten, wenn dies geschieht wie nachstehend wiedergegeben in der Ausgabe der Tageszeitung Bild vom 7.4.2010 im Artikel „Popstar X und L“:
10„Wie erreicht man als Alm-Öhi, dass Du Heidi wirst?“
11„Wie schnell sollte man sein, damit einem andere nicht zuvorkommen“?
12„Ich hatte gehofft, besonders zu sein“
13„Es war auch wunderschön zu spüren, dass Du kein Blödchen bist, wie blöde alte Männer bei Castingmädchen denken könnten“
14„Grmpf, greif ins voll Eifersüchtigguck“
15„Ohoho, Stalking grenzwert erreicht?“
16„Ich ahnte es so. Nach Alpöhi-Weltbild würde das arme Vreni nur noch zu Hause wild sein dürfen“
17„Sympathisch, Lausemädchen“
18- 19
2. die Beklagte zu 1) wird verurteilt, den Kläger von der Forderung der I Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung in Höhe von 445,05 Euro freizustellen.
3. die Beklagte zu 2) hat es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, SMS-Nachrichten, die der Kläger ausschließlich an Frau X gesendet hat, zu veröffentlichen oder sonst zu verbreiten, wenn dies geschieht wie nachstehend wiedergegeben unter der Domain C.de im Artikel vom 7.4.2010 mit der Überschrift „POPSTAR X UND L – Er schickte ihr 50 heiße Flirt-SMS“:
21„Wie erreicht man als Alm-Öhi, dass Du Heidi wirst?“
22„Wie schnell sollte man sein, damit einem andere nicht zuvorkommen“?
23„Ich hatte gehofft, besonders zu sein“
24„Es war auch wunderschön zu spüren, dass Du kein Blödchen bist, wie blöde alte Männer bei Castingmädchen denken könnten“
25„Grmpf, greif ins voll Eifersüchtigguck“
26„Ohoho, Stalking grenzwert erreicht?“
27„Ich ahnte es so. Nach Alpöhi-Weltbild würde das arme Vreni nur noch zu Hause wild sein dürfen“
28„Sympathisch, Lausemädchen“
294. die Beklagte zu 2) wird verurteilt, den Kläger von der Forderung der I Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung in Höhe von 445,05 Euro freizustellen.
30Die Beklagten haben beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Mit Urteil vom 9.7.2014 hat die Kammer der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Veröffentlichungen der SMS-Zitate durch die Beklagten stellten einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers dar. Ob die Beklagten die Geheimsphäre des Klägers verletzt hätten, könne offen bleiben, da jedenfalls mangels eines überwiegenden öffentlichen Informationsinteresses ein rechtswidriger Eingriff in die Privatsphäre vorliege. Das legitime Interesse der Öffentlichkeit am Verlauf und Inhalt des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger sowie die öffentliche Diskussion betreffend sein langjähriges, von Untreue geprägtes Beziehungsverhalten rechtfertigten nicht die Veröffentlichung privatester SMS-Nachrichten. Eine Verdachtsberichterstattung liege – unabhängig von der Frage, ob dies eine Verletzung der Geheimsphäre des Klägers rechtfertigen würde – schon deshalb nicht vor, weil die Beziehung zwischen dem Kläger und Frau X nicht Gegenstand des Ermittlungsverfahrens gewesen sei.
33Mit der Berufung verfolgen die Beklagten ihren erstinstanzlichen Antrag auf Klageabweisung weiter. Sie rügen, dass das Landgericht die Voraussetzungen einer Verdachtsberichterstattung im Hinblick darauf hätte bejahen müssen, dass in beiden Beiträgen Frau X mit der Äußerung zitiert werde: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein so charmanter und liebevoller Mann wie L eine Frau vergewaltigt haben soll“. Diese Einschätzung in Bezug auf den Kläger habe durch Wiedergabe des Inhalts der betreffenden SMS untermauert werden sollen. Das Ermittlungs- und Strafverfahren habe sich nicht allein auf den Vergewaltigungsvorwurf, sondern auch auf die Beziehungen zwischen dem Kläger und seinen zahlreichen Ex-Freundinnen bezogen, die im Rahmen der Hauptverhandlung als Zeuginnen vernommen worden seien. Insofern sei auch die Kommunikation des Klägers per SMS-Nachrichten bei der Anbahnung von Beziehungen zu Frauen von Bedeutung. Die Beklagten bestreiten wie schon in erster Instanz, dass der Kläger davon ausgegangen sei und ausgehen durfte, dass seine an Frau X gerichteten Äußerungen Dritten nicht zugänglich gemacht würden. Der Kläger habe Frau X in seinen Schriftsätzen als flüchtige Bekannte bezeichnet, die in der öffentlichen Wahrnehmung als leicht naiv gelte. Vor diesem Hintergrund sei es nicht nachvollziehbar, dass er davon ausgegangen sei, Frau X werde die empfangenen Textnachrichten nicht an Dritte weitergeben. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schütze nicht das Vertrauen darin, dass derjenige, dem ein Geheimnis anvertraut werde, sich dieses Vertrauens auch würdig erweise. Die Indiskretion durch Frau X hindere die Beklagten daher nicht, die von ihr erhaltenen Informationen auch öffentlich zu machen. Es handele sich darüber hinaus bei dem SMS-Mitteilungen nicht um „privateste Mitteilungen“, sondern um alltägliche Äußerungen ohne jeglichen Bezug zu besonders privaten oder gar intimen Sachverhalten. Schließlich sei das angefochtene Urteil widersprüchlich, weil die Kammer die Frage einer Verletzung der Geheimsphäre zunächst offen lasse, eine solche bei der Interessenabwägung jedoch bejahe.
34Die Beklagten beantragen,
35unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 9.7.2014 (28 O 522/13) die Klage abzuweisen.
36Der Kläger beantragt,
37die Berufung zurückzuweisen.
38Er vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt die angefochtene Entscheidung. Die Beziehungen des Klägers zu anderen Frauen seien für den strafrechtlichen Vorwurf irrelevant gewesen. Zu Frau X habe auch keine (intime) Beziehung bestanden, so dass die Wiedergabe der SMS-Nachrichten allein dazu gedient habe, das Sensationsinteresse der Öffentlichkeit zu befriedigen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der streitgegenständlichen Beiträge habe es noch keine öffentliche Diskussion über das Beziehungsverhalten und die Kommunikationsgewohnheiten des Klägers gegeben. Der Kläger habe mit einer Weiterverbreitung der SMS-Nachrichten auch nicht rechnen müssen, da selbst eine vermeintlich naive Person aufgrund des privaten Charakters der Mitteilungen ohne weiteres habe erkennen können, dass der Kläger mit der Weitergabe an einen Redakteur der Bildzeitung nicht einverstanden sei. Die SMS-Nachrichten des Klägers seien schon deshalb als privat einzustufen, weil es ersichtlich um die Anbahnung eines intimen Verhältnisses bzw. einen „Flirt“ gegangen sei. Für die Frage einer Rechtswidrigkeit des Eingriffs in die Privatsphäre des Klägers sei ohne Bedeutung, ob Frau X aus dem Motiv heraus gehandelt habe, als Fürsprecherin des Klägers aufzutreten. Soweit das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung im Rahmen der Interessenabwägung den Begriff „Geheimsphäre“ verwende, handele es sich um ein offensichtliches Versehen, da die „Privatsphäre“ gemeint sei. Aus einer gegebenenfalls unpräzisen Verwendung der Begriffe aus der Sphärentheorie könne kein Rechtsfehler im Sinne von § 520 ZPO abgeleitet werden.
39II.
40Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, weil das Landgericht der Klage auf Unterlassung und Freistellung von außergerichtlichen Anwaltskosten zu Recht stattgegeben hat. Denn unabhängig von der Frage, ob der Inhalt der veröffentlichten SMS-Nachrichten „privateste“ oder gar intime Details des Klägers preisgibt, besteht jedenfalls kein überwiegendes öffentliches Informationsinteresse an der Wiedergabe dieser Textnachrichten im Wortlaut, so dass dem Kläger ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 S. 2 analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK zusteht.
41Im Einzelnen:
421. Es liegt ein Eingriff der Beklagten in die Privatsphäre des Klägers dadurch vor, dass sie die ihnen durch Frau X rechtswidrig, weil ohne Einwilligung des Klägers, zur Verfügung gestellten SMS-Nachrichten in ihrem Wortlaut veröffentlicht haben und damit die Äußerungen des Klägers über seine Gefühle und Empfindungen in Form des von ihm geschriebenen Wortes der Öffentlichkeit bekannt gemacht haben. Denn diese Äußerungen betreffen die Vertraulichkeitssphäre des Klägers sowie sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (vgl. BGH, Urt. v. 30.09.2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534).
43a. Die Vertraulichkeitssphäre und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung schützen als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts das Interesse des Kommunikationsteilnehmers daran, dass der Inhalt privater Nachrichten nicht an die Öffentlichkeit gelangt (vgl. BGH, Urt. v. 30.09.2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534 m.w.N.). Sie gewährleisten die Selbstbestimmung über die eigene Darstellung in der Kommunikation mit anderen und beziehen sich neben gesprochenen und geschriebenen Worten auch auf alle weiteren Kommunikationswege. Allein dem Betroffenen steht die Befugnis zu, selbst zu bestimmen, ob die betreffende Äußerung in ihrem jeweils übermittelten Inhalt nur dem jeweiligen Gesprächspartner, einem eingeschränkten Personenkreis oder uneingeschränkt der Öffentlichkeit übermittelt werden soll. Denn der Einzelne hat ein grundsätzliches Recht darauf, nicht den Blicken der Öffentlichkeit ausgesetzt zu sein und selbst zu bestimmen, ob er Äußerungen z.B. nur einem Gesprächspartner, einem bestimmten Adressatenkreis oder der Öffentlichkeit zugänglich macht (BVerfG, Beschl. v. 3.6.1980 - 1 BvR 185/77, juris; BGH, Urt. v. 30.09.2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534; BGH, Urt. v. 21.11.2006 - VI ZR 259/05, NJW-RR 2007, 619; OLG Saarbrücken, Urt. v. 13.6.2012 – 5 U 5/12, juris; OLG Stuttgart, Urt. v. 10.11.2010 – 4 U 96/10, juris). In welchem Umfang der Einzelne berechtigterweise davon ausgehen darf, den Blicken der Öffentlichkeit nicht ausgesetzt zu sein, lässt sich dabei nur unter Berücksichtigung der konkreten Situation und damit unter Einbeziehung des eigenen Verhaltens des Betroffenen beurteilen. Der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme kann etwa dort entfallen oder zumindest im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung zurücktreten, wo sich der Betroffene selbst damit einverstanden erklärt hat, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht werden (BVerfG NJW 2006, 3406) oder wo er selbst an die Öffentlichkeit getreten ist. Letzteres scheidet vorliegend aus.
44b. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegt eine Einwilligung des Klägers mit einer Veröffentlichung der SMS-Nachrichten durch die Beklagten oder ein sonstiges Einverständnis seinerseits mit einer Verbreitung dieser Nachrichten durch Frau X an Dritte nicht vor.
45aa. Dabei ist im Hinblick auf die Zweckbestimmung der Nachrichten zunächst zu berücksichtigen, dass die streitgegenständlichen SMS-Nachrichten nur an Frau X und nicht auch an weitere Personen oder gar an einen nicht überschaubaren Personenkreis gerichtet waren. Der Kläger hatte damit in Bezug auf die Empfängerin ersichtlich die Bestimmung getroffen, dass seine in Textform fixierten Gedanken und Gefühle lediglich einer bestimmten Person, nämlich der konkreten Empfängerin, eröffnet werden sollten. Soweit die Beklagten bestritten haben, dass Frau X die einzige Empfängerin der Textnachrichten war und behauptet haben, der Kläger habe sie auch anderen Personen zugänglich gemacht (Bl. 48 GA), woraus gegebenenfalls ein Einverständnis mit einer Verbreitung über den unmittelbaren Empfängerkreis hinaus abgeleitet werden könnte, hat das Landgericht diesen Vortrag zu Recht als unsubstantiiert bzw. „ins Blaue hinein“ eingestuft. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es der Kläger war, der eine Verbreitung der Nachrichten in der Öffentlichkeit initiiert hat. Vielmehr behaupten die Beklagten selbst, dass Frau X sich konkret ihrem Redakteur offenbart hat – in keinem anderen Pressemedium sind die fraglichen Nachrichten zuvor oder zeitgleich abgedruckt bzw. veröffentlicht worden.
46bb. Die getroffene Geheimhaltungsbestimmung des Klägers gilt auch unabhängig davon, ob er für den Versand seiner Erklärungen den traditionellen Postweg oder - wie hier - ein modernes Kommunikationsmittel gewählt hat. Der Postversand im Kuvert gewährleistet lediglich, dass sich Dritte vom Inhalt des Schreibens nicht ohne weiteres selbst Kenntnis verschaffen können. Diese Garantie ist beim Versand von E-Mails und SMS-Nachrichten aufgrund der modernen technischen Möglichkeiten zwar nicht verlässlich gegeben. Daraus ergeben sich jedoch keine Unterschiede in Bezug auf die vom Verfasser nicht gewollte und damit persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigende Veröffentlichung ihres Inhaltes (vgl. OLG Saarbrücken, Urt. v. 13.6.2012 – 5 U 5/12, juris).
47cc. Eine wirksame Einwilligung zur Veröffentlichung der SMS-Nachrichten konnte den Beklagten auch nicht durch Frau X erteilt werden. Denn da die Beklagten lediglich den Wortlaut solcher SMS-Nachrichten veröffentlicht haben, die der Kläger verfasst hatte, konnte eine durch Frau X erteilte Einwilligung mit der Veröffentlichung den damit verbundenen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht rechtfertigen.
48dd. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat der Kläger auch nicht dadurch, dass er die SMS-Nachrichten an eine ihm nur flüchtig bekannte Frau geschickt hat, in eine spätere Veröffentlichung des Wortlauts dieser Nachrichten durch die Presse eingewilligt bzw. eine solche billigend in Kauf genommen. Da es allein Sache des Einzelnen ist, über das zu bestimmen, was den sozialen Geltungsanspruch ausmachen soll, kann für die Annahme eines Eingriffs nicht entscheidend sein, ob einem Schreiben nach seinem Inhalt - sei es aufgrund ausdrücklicher Deklaration oder auch nach den Umständen - besondere Vertraulichkeit zukommt. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob die konkrete Veröffentlichung im jeweiligen Fall die Billigung ihres Verfassers genießt (vgl. OLG Saarbrücken, Urt. v. 13.6.2012 – 5 U 5/12, juris).
49Die Beklagten legen nicht dar – und es ist auch aus den unstreitigen Umständen nicht ersichtlich – aufgrund welcher Umstände der Kläger Kenntnis davon hatte oder hätte haben müssen, dass Frau X die von ihm abgesandten SMS-Nachrichten zur Veröffentlichung in der Boulevardpresse weitergibt. Es ist zwar, insbesondere bei nur flüchtigen Bekanntschaften wie hier zwischen dem Kläger und Frau X, die sich unstreitig bei einer Veranstaltung kennengelernt hatten und danach ein einziges Mal zusammen essen waren, durchaus anzunehmen, dass dem Absender der SMS-Nachrichten mangels näherer Personenkenntnis eine genaue Einschätzung des Umstands, ob der Empfänger die SMS-Nachrichten später Dritten offenbart, nicht möglich ist. Grundsätzlich darf der Empfänger jedoch jedenfalls bei derart privaten Äußerungen, wie sie im vorliegenden Fall der Kläger getätigt hat, unabhängig vom Grad der Bekanntschaft mit dem Empfänger darauf vertrauen, dass diese jedenfalls nicht in ihrem konkreten Wortlaut öffentlich gemacht werden. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Kläger als im Fernsehen präsente und damit prominente Person (vgl. BGH, Urt. v. 19.03.2013 - VI ZR 93/12 , NJW 2013, 1681) gegebenenfalls in höherem Maße als der „Normalbürger“ damit rechnen muss, dass seine privaten Äußerungen an die Presse weitergegeben werden – sei es aus finanziellen Motiven des Empfängers, sei es mit dem Ziel, ein Presseecho über den Empfänger zu erzeugen und wiederum dessen Bekanntheitsgrad zu steigern. Denn auch wenn der Kläger im Rahmen von Wettervorhersagen oder Werbeauftritten im Fernsehen bzw. allgemein in den Medien bekannt war, war er doch nicht in einer Art und Weise prominent, dass er damit rechnen muss, dass seine privaten SMS-Mitteilungen zur eigenen Publicitysteigerung des Empfängers ausgenutzt werden würden.
502. Der Eingriff der Beklagten in die Privatsphäre des Klägers ist auch rechtswidrig. Denn das von ihnen verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit überwiegen nicht das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit.
51a. Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers ist nur dann rechtswidrig, wenn sein Schutzinteresse die schutzwürdigen Belange der Beklagten überwiegt (vgl. BGH, Urt. v. 29.4.2014 – VI ZR 137/13, AfP 2014, 325). Soweit die Beklagten die Ansicht vertreten, bereits aufgrund der freiwilligen Herausgabe durch Frau X sei ihnen unabhängig von einer Abwägung der betroffenen Grundrechte die Veröffentlichung der SMS-Nachrichten erlaubt, da nach der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 10.3.1987 – VI ZR 244/85, AfP 1987, 508) das Persönlichkeitsrecht nicht das Vertrauen darin schütze, dass derjenige, dem ein Geheimnis anvertraut wird, sich dieses Vertrauen auch würdig erweist, trifft dies auf die vorliegende Fallgestaltung nicht zu:
52aa. Die Entscheidung des BGH vom 10.3.1987 postuliert zunächst, dass die ungenehmigte Weitergabe von Tonbandaufzeichnungen durch den Gesprächspartner grundsätzlich das Recht der Person zur Selbstbestimmung über das gesprochene Wort verletzt. Das Festhalten der Stimme auf einem Tonträger, durch das nicht nur die Äußerungen ihrem Inhalt nach, sondern in allen Einzelheiten auch des Ausdrucks fixiert und aus der Sphäre einer von der Flüchtigkeit des Worts geprägten Unterhaltung herausgehoben sowie für eine jederzeitige Reproduzierbarkeit in einem gänzlich anderen Kreis und einer anderen Situation objektiviert und konserviert werden, stelle eine derart intensive "Verdinglichung" der Persönlichkeit dar, dass über ihren Kopf hinweg nicht über derartige Aufzeichnungen verfügt werden darf (vgl. BVerfGE 34, 238, 246; BGHZ 27, 284, 286). Der BGH führt weiter aus, dass dann, wenn der Gesprächspartner Tonbandaufzeichnungen ohne Einwilligung des Äußernden an die Presse weitergibt, auch diese das Persönlichkeitsrecht des Äußernden verletzt, wenn ihr bei der Publikation bekannt ist, dass der Äußernde ohne seine Einwilligung eine Veröffentlichung der Tonbandaufzeichnungen nicht wünscht. Überträgt man dies auf den vorliegenden Fall, ergibt sich daraus eine Unzulässigkeit der Berichterstattung der Beklagten, da ihnen im Zeitpunkt der Veröffentlichung zumindest in grober Fahrlässigkeit unbekannt, wenn nicht sogar positiv bekannt war, dass der Kläger mit der Veröffentlichung des Wortlautes der betreffenden SMS-Nachrichten nicht einverstanden war.
53bb. Soweit der BGH die vorstehend wiedergegebenen Grundsätze im weiteren Verlauf der Entscheidung vom 10.3.1987 eingeschränkt und bei der schlichten Indiskretion einen generellen deliktischen Schutz des Persönlichkeitsrechtes in Frage gestellt hat, bezieht sich dies auf diejenigen Fälle, in denen der indiskrete Gesprächspartner nicht die auf Tonband fixierten Äußerungen, sondern vielmehr Inhalte des Gespräches aus eigenem Wissen bzw. auf Basis von eigenen Aufzeichnungen weitergibt. Insoweit stehe, so der BGH, nicht die Verfügung über die Person im Vordergrund, sondern das enttäuschte Vertrauen in die Diskretion des Gesprächspartners, der sich über den Geheimhaltungswillen des sich Äußernden hinwegsetzt. Damit verwirkliche sich für den Betroffenen der Umstand, dass er sich in der Person seines nicht vertrauenswürdigen Gesprächspartners im Grunde der Öffentlichkeit preisgegeben habe, die er irrtümlich für ausgeschlossen ansah. Dem könne grundsätzlich schon durch sorgfältige Auswahl des Gesprächspartners oder durch entsprechende vertraglich vereinbarte Sanktionen entgegengewirkt werden.
54Diese Grundsätze führen im vorliegenden Fall jedoch nicht dazu, dass die Veröffentlichung der SMS-Nachrichten durch die Beklagten vom Kläger geduldet werden muss. Zunächst ist festzuhalten, dass die wortwörtliche Veröffentlichung einer SMS-Nachricht dem Fall einer Weitergabe von Tonbandaufzeichnungen vergleichbar ist. Ähnlich wie bei einer mündlichen Unterhaltung wird bei der Kommunikation per SMS-Nachrichten eine eher umgangssprachlich geprägte, durch Abkürzungen und/oder Verkürzungen gekennzeichnete Sprache verwendet. Vergleichbar mit der Tonbandaufzeichnung des gesprochenen Wortes wird bei einer SMS-Nachricht die Äußerung des Adressaten daher nicht nur ihrem Inhalt nach, sondern auch in den Einzelheiten des Ausdrucks fixiert und aus der Sphäre einer von der Flüchtigkeit des Worts geprägten Unterhaltung herausgehoben und konserviert. Ist damit einer SMS-Nachricht derselbe Schutz zuzubilligen wie der Tonbandaufzeichnung eines Gesprächs, so haben die Beklagten auch in diesen Bereich eingegriffen. Sie haben sich nämlich gerade nicht darauf beschränkt, das von Frau X aus der Kommunikation mit dem Kläger erlangte Wissen, nämlich dass sie ca. 50 Flirtnachrichten vom Kläger erhalten habe, deren Texte mal frech flirtend, mal schüchtern charmant gewesen seien, weiterzugeben, sondern haben vielmehr den exakten Wortlaut der SMS-Nachrichten veröffentlicht, womit die Äußerungen des Klägers gerade in ihrer textlichen Fixierung aller Einzelheiten des Ausdrucks reproduziert wurden. Damit stellt sich die Weitergabe der SMS nicht nur als bloße Indiskretion dar, sondern als eine komplexe Preisgabe der Person des Klägers an die Öffentlichkeit.
55b. Im Streitfall ist daher das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen.
56aa. Bei dieser Abwägung ist zugunsten des Klägers zunächst zu berücksichtigen, dass die Beklagten die streitgegenständlichen SMS-Nachrichten nur deshalb veröffentlichen konnten, weil diese ohne Einwilligung des Klägers und damit in rechtswidriger Art und Weise durch Frau X weitergegeben wurden. Zwar ist es der Presse nicht schlechthin verwehrt, auch rechtwidrig zugetragene Informationen zu veröffentlichen. Das durch die Verfassung gewährleistete Informationsrecht der Presse geht über die Freiheit des Bürgers, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten, hinaus (vgl. Art. 5 Abs. 1 S. 1 und 2 GG). Würde der Presse ein absolutes Verwertungsverbot bezüglich solcher Informationen auferlegt werden, die nach ihrer Kenntnis, aber ohne ihre Beteiligung in rechtswidriger Weise erlangt wurden, so könnte ihre Kontrollaufgabe leiden, zu deren Funktion es gehört, auf Missstände von öffentlicher Bedeutung hinzuweisen (BVerfGE 66, 116; BGH, Urt. v. 30.9.2014 – VI ZR 490/12, AfP 2014, 534; BGH, Urt. v. 19.12.1978 – VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120). Durch ein solches Verbot wäre ferner die Freiheit des Informationsflusses beeinträchtigt, die gerade durch die Pressefreiheit erhalten und gesichert werden soll. Die Vielfalt möglicher Fallgestaltungen lässt es aus diesen Gründen nicht zu, die Verbreitung rechtswidrig beschaffter Informationen aus dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG gänzlich auszuschließen. Andererseits muss sich die Presse jedoch stets der Gefahr bewusst bleiben, dass sie durch den Zugriff auf solche Informationen und deren Veröffentlichung Dritte zu Einbrüchen in die geschützte Eigensphäre anderer Personen ermuntern kann (BGH, Urt. v. 19.12.1978 – VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120). Insbesondere hat sie selbst eine Verantwortung gegenüber der Person des Betroffenen, über dessen schützenswerte Belange sie sich nicht rücksichtslos hinwegsetzen darf (KG, Urt. v. 18.4.2011 – 10 U 149/10, juris). Eine derart rücksichtslose Verfügung über die Person des Klägers ist den Beklagten hier aber vorzuwerfen. Den Beklagten war schon aufgrund der Umstände – der Kläger befand sich in Untersuchungshaft, das Ermittlungsverfahren dauerte an – bewusst, dass dieser keine Einwilligung zur wörtlichen Veröffentlichung der betreffenden SMS-Nachrichten erteilen würde und sie haben eine solche Einwilligung auch nicht versucht einzuholen.
57Des Weiteren betreffen die Äußerungen des Klägers in den streitgegenständlichen Textnachrichten seine Privatsphäre. Denn sie enthalten Angaben über seine Gefühle gegenüber Frau X und geben Auskunft über seine Bemühungen, eine (intime) Beziehung mit ihr zu beginnen. In die Intimsphäre sind sie trotz dieses höchstpersönlichen Bezuges nur deshalb nicht einzuordnen, weil sie ihrem konkreten Inhalt nach keine Angaben zu höchstpersönlichen Belangen (sexuelle Vorlieben etc.) enthalten, sondern sich lediglich bei Gesamtschau die sexuell motivierte Situation des Klägers ergibt. Soweit die Beklagten darauf hinweisen, dass die betreffenden SMS-Nachrichten keine besonders brisanten Äußerungen des Klägers beinhalten, sondern sich letztlich auf mehr oder minder alltägliche Bemerkungen im Rahmen eines Flirts beschränken, ändert dies nichts daran, dass aus ihrem Inhalt der Versuch der Anbahnung einer intimen Beziehung deutlich wird. Auf welche Art und Weise der Kläger jedoch versucht, eine intime Beziehung mit einer Frau einzugehen, berührt seine Privatsphäre unabhängig davon, ob die jeweiligen „Anmachsprüche“ für sich gesehen brisante persönliche Details enthüllen oder in ihrer Wortwahl ungewöhnlich bzw. bei öffentlicher Wiedergabe möglicherweise peinlich sind.
58bb. Es ist auf Seiten der Beklagten kein öffentliches Informationsinteresse gegeben, welches einen Eingriff in die Privatsphäre des Klägers durch wortwörtliche Wiedergabe der SMS-Nachrichten rechtfertigen könnte. Weder im Rahmen des gegen den Kläger zum damaligen Zeitpunkt andauernden Ermittlungsverfahrens noch unter Berücksichtigung seiner prominenten Stellung enthalten diese Nachrichten einen Informationswert, der über die reine Befriedigung der öffentlichen Neugier hinausgeht und damit den Eingriff in die Persönlichkeitssphäre des Klägers rechtfertigen könnte.
59(1) Zwar darf über den Kläger als prominente Person in größerem Umfang berichtet werden, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen ergibt, die einer Veröffentlichung entgegenstehen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, welches Interesse an einer Berichterstattung über die Einzelheiten der privaten Kommunikation des Klägers mit Frau X bestehen sollte, zumal die Beklagten darüber, dass der Kläger den Versuch unternommen hat, eine (intime) Beziehung zu Frau X aufzubauen und dass die betreffenden Kontakte über SMS-Nachrichten geführt wurden, auch hätten berichten können, ohne die Einzelheiten der SMS-Nachrichten wörtlich wiederzugeben. Dabei verkennt der Senat nicht, dass es Medien selbst obliegt, nach publizistischen Kriterien über Gegenstand und Inhalt ihrer Berichterstattung sowie darüber zu entscheiden, was öffentliches Interesse beansprucht (vgl. BGHZ 178, 213; BVerfGE 120, 180). Die Gewichtung des Informationsinteresses zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen obliegt im Fall eines Rechtsstreits jedoch den Gerichten (vgl. BGHZ 178, 213; BVerfGE 120, 180). Insoweit ist feststellen, dass der Wortlaut der betreffenden SMS-Nachrichten keinen maßgebenden Informationswert für die Öffentlichkeit hatte und zwar weder im Zusammenhang mit den ursprünglich gegen den Kläger erhobenen strafrechtlichen Vorwürfen noch mit Rücksicht auf die Bekanntheit des Klägers in der Öffentlichkeit und seiner damit verbundenen Leitbild- und Kontrastfunktion. Vielmehr diente die Wiedergabe der SMS-Nachrichten des Klägers an Frau X allein der Befriedigung der Neugier der Öffentlichkeit.
60(2) Soweit zu den Aufgaben der Medien auch die öffentliche Berichterstattung über Straftaten sowie innerhalb der Grenzen zulässiger Verdachtsberichterstattung (vgl. BGH, NJW 2000, 1036) auch die Berichterstattung über ein nur mögliches Fehlverhalten (vgl. KG Berlin, Urt. v. 18.4.2011 – 10 U 149/10, juris) gehört, muss der Kläger auch unter diesem Aspekt die Veröffentlichung der SMS-Nachrichten nicht dulden. Denn diese Aufgaben haben die Beklagten mit der streitgegenständlichen Berichterstattung nicht wahrgenommen, da es sich nicht um eine zulässige Verdachtsberichterstattung handelt.
61Die Beklagten äußern in den betreffenden Beiträgen keinen Verdacht hinsichtlich einer Täterschaft des Klägers in Bezug auf die angebliche Vergewaltigung, sondern sie machen in Form der Wiedergabe von wahren Tatsachen Teile einer privaten Kommunikation öffentlich. Insofern basiert der vom Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch nicht darauf, dass die Beklagten einen Verdacht ohne hinreichende Anhaltspunkte bzw. Recherche geäußert haben, sondern darauf, dass sie seine Privatsphäre durch wortwörtliche Veröffentlichung privater Nachrichten verletzt haben. Auch soweit die Beklagten geltend machen, dass in beiden Beiträgen Frau X mit der Äußerung zitiert wird: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein so charmanter und liebevoller Mann wie L eine Frau vergewaltigt haben soll“ und diese Einschätzung durch Wiedergabe der betreffenden SMS-Nachrichten untermauert werden sollte, handelt es sich auch damit nicht um die Äußerung eines Verdachtes im Hinblick auf das laufende Strafverfahren. Kern des klägerischen Vorwurfs ist auch unter Berücksichtigung des laufenden Ermittlungsverfahrens nicht, dass die Beklagten ihn als möglichen Täter einer Vergewaltigung darstellen, sondern dass sie Einzelheiten seiner privaten Kommunikation mit einer in das Strafverfahren nicht involvierten Frau veröffentlichen.
62Als Verdachtsberichterstattung wäre die wörtliche Wiedergabe der betreffenden SMS-Nachrichten aber auch nicht zulässig. Denn entgegen der Ansicht der Beklagten war Grundlage der streitgegenständlichen Berichterstattung nicht eine sittlich und rechtlich zu beanstandende Verhaltensweise, die dem Kläger im Rahmen eines Strafverfahrens vorgeworfen wurden. Der Kläger hat die veröffentliche SMS-Kommunikation zeitlich vor der angeblichen Tat mit einer Frau geführt, die in keinerlei Beziehung zur Nebenklägerin bzw. zum Gegenstand des Ermittlungsverfahrens stand und steht. Das Ermittlungs- bzw. das Strafverfahren hatten auch – entgegen der Ansicht der Beklagten – nicht neben dem Vergewaltigungsvorwurf noch das Beziehungsleben des Klägers mit seinen (zahlreichen) Ex-Freundinnen zum Gegenstand. Kern des strafrechtlichen Vorwurfs waren vielmehr die Geschehnisse zwischen dem Kläger und der Nebenklägerin in der Nacht des 9.2.2010. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das Landgericht Mannheim einige der (ehemaligen) Freundinnen des Klägers durch Vernehmung als Zeuginnen in der Hauptverhandlung Angaben zum Beziehungsverhalten des Klägers hat machen lassen. Denn auch insoweit ging es nicht um einen den Kläger treffenden strafrechtlichen Vorwurf, sondern allenfalls um die Abklärung einer möglichen Gewaltbereitschaft bzw. des psychischen Zustands des Klägers, also um Gesichtspunkte, zu deren Klärung die streitgegenständlichen SMS-Nachrichten überhaupt keinen Anhaltspunkt bieten.
63Im Zeitpunkt der Veröffentlichung der betreffenden Beiträge dauerte das Ermittlungsverfahren noch an, so dass die im Laufe der Hauptverhandlung erörterte und dann auch in der Öffentlichkeit diskutierte Frage, welche Beziehungen der Kläger auf welche Art und Weise parallel zu der mit der Nebenklägerin geführt hat, noch nicht virulent geworden war. Selbst wenn man in diesem Zusammenhang entsprechend dem Vortrag der Beklagten unterstellt, dass die öffentliche Diskussion zum Treueverhalten des Klägers bereits im Zeitpunkt der Veröffentlichung der streitgegenständlichen SMS-Nachrichten im Gange war, so rechtfertigt auch dies nicht die betreffende Berichterstattung durch die Beklagten. Denn gegenüber dem Interesse der Öffentlichkeit an der Beantwortung der Frage, mit welcher konkreten Wortwahl der Kläger in einem bestimmten Fall versucht hat, eine Beziehung mit einer Frau zu beginnen, verdient seine Privatsphäre jedenfalls den Vorzug. Vom öffentlichen Informationsinteresse wird die Angabe, mit welchem genauen Wortlaut dies geschehen ist, nicht umfasst.
643. Soweit die Beklagten rügen, das angefochtene Urteil sei widersprüchlich, weil die Kammer die Frage einer Verletzung der Geheimsphäre zunächst offen lasse, eine solche bei der Interessenabwägung jedoch bejahe, greift dies im Ergebnis ebenfalls nicht durch: Schon aus dem Obersatz auf S. 11 UA sowie weiter durch den ersten Satz unter Ziffer 2.b (S. 11 UA) wird deutlich, dass die Kammer eine Verletzung der Geheimsphäre durch die Beklagten offen lassen wollte, weil sie einen Eingriff in die Privatsphäre bejaht hat. Insofern mag es sich bei der Verwendung des Begriffes „Geheimsphäre“ auf S. 12 und 13 UA um ein Versehen oder eine sprachliche Ungenauigkeit handeln. Entscheidend ist jedoch, dass das Urteil nicht auf dieser fälschlichen Verwendung eines Begriffes aus der Sphärentheorie beruht, sondern die Ausführungen gleichermaßen gelten, wenn stattdessen der Begriff „Privatsphäre“ verwendet wird.
654. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs; vielmehr hat der Senat im Einzelfall über die Zulässigkeit der Veröffentlichung unter Abwägung der Belange der Parteien entschieden.
66Streitwert: 100.000 Euro
Tenor
-
1. Der Beklagten zu 1) wird es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft insgesamt nicht 2 Jahre übersteigen darf,
v e r b o t e n,
folgende Nachricht mit persönlichem Inhalt, die der Kläger unter dem Pseudonym „Darling“ im Blog „SeaLounge Diary“ der Bloggerin „P“ gepostet hat, unter Aufdeckung seines tatsächlichen Namens zu verbreiten, wie nachstehend wiedergegeben unter der Domain anonymY.de im Artikel vom 30.5.2010 mit der Überschrift „Du wirst allein und unglücklich sein…“ geschehen:
„Die Homepage fand sie mit einer Internet-Suchmaschine, weil L einen der Beiträge seiner neuen Freundin kommentiert hatte. Zwar unter Pseudonym (,Darling‘) - aber er benutzte in seinem Kommentar eine ungewöhnliche Redewendung: ,von vorauseilendem Priapismus gebeutelt‘.“
-
2. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 450,05 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.01.2014 zu zahlen.
-
3. Der Beklagten zu 2) wird es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft insgesamt nicht 2 Jahre übersteigen darf,
v e r b o t e n,
folgende Nachricht mit persönlichem Inhalt, die der Kläger unter dem Pseudonym „Darling“ im Blog „SeaLounge Diary“ der Bloggerin „P“ gepostet hat, unter Aufdeckung seines tatsächlichen Namens zu verbreiten, wie nachstehend wiedergegeben unter der Domain anonymY.de im Artikel vom 30.5.2010 mit der Überschrift „Du wirst meist allein und unglücklich sein, während er überall unterwegs ist…“ geschehen:
„Die Homepage fand sie mit einer Internet-Suchmaschine, weil L einen der Beiträge seiner neuen Freundin kommentiert hatte. Zwar unter Pseudonym (,Darling‘) - aber er benutzte in seinem Kommentar eine ungewöhnliche Redewendung: ,von vorauseilendem Priapismus gebeutelt‘.“
-
4. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an den Kläger 450,05 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.01.2014 zu zahlen.
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5. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten zu je 1/2.
-
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich des Tenors zu 1) und zu 3) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von je 60.000 EUR, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
2Der Kläger ist ehemaliger Fernsehmoderator und Journalist der ARD. Er betrieb das Unternehmen O zur Erfassung und zum Vertrieb meteorologische Daten, produzierte und moderierte unter anderem die Sendung „A“ und bewarb verschiedene Produkte. Unter anderem wirkte er bei der im Jahr 2009 und 2010 durchgeführten öffentlichen Kampagne unter dem Motto „Gewalt gegen Kinder ist eine Schande“ mit.
3Gegen den Kläger lief ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Vergewaltigung in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Ihm wurde vorgeworfen, am 9.2.2010 seine damalige Freundin zum Geschlechtsverkehr gezwungen zu haben. In dieser Sache befand er sich vom 20.3.2010 bis zum 29.7.2010 in Untersuchungshaft und wurde mit rechtskräftigem Urteil des LG Mannheim vom 31.5.2013 von dem Tatvorwurf freigesprochen. Am 24.3.2010 gab der Kläger gegenüber den Medienvertretern im Anschluss an seinen Haftprüfungstermin vor dem Amtsgericht Mannheim eine Erklärung ab, in der er seine Unschuld beteuerte. Im zeitlichen Zusammenhang mit der Haftentlassung gewährte der Kläger den Medien zudem mehrere Interviews. Im Oktober 2012 erschien ein Buch des Klägers mit dem Titel „Recht und Gerechtigkeit – ein Märchen aus der Provinz“, in welchem der Kläger das Ermittlungs- und Strafverfahren kritisch beleuchtet sowie über Missstände in der Justiz und den Medien aufklären möchte.
4Die Beklagte zu 1) ist inhaltlich für das Angebot der Webseite anonymY.de, der Online-Ausgabe der bundesweiten Tageszeitung „Y“ sowie „Y1“, verantwortlich.
5Die Beklagte zu 2) verlegt die Zeitung „Y1“.
6Die Beklagte zu 1) veröffentlichte am 30.5.2010 einen Artikel mit der Überschrift „Du wirst allein und unglücklich sein…“. In diesem zitiert sie auszugsweise einen Blog-Eintrag, den der Kläger am 19.2.2007 um 0:21 Uhr unter dem Pseudonym „Darling“ im Blog „SeaLounge Diary“ der Bloggerin „P“ (Frau P) gepostet hatte und der ausschließlich an die Inhaberin des Blogs gerichtet war. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung war der Kläger Angeklagter im Strafverfahren. In dem Artikel heißt es u.a.:
7„Eine Ex-Freundin hatte offenbar schon früh versucht, andere Frauen vor L zu warnen. In einer Mail, die Y1 vorliegt, schreibt sie schon im Jahr 2008 einer neuen Freundin des wechselhaften Wetterexperten: ,Er wird nie Zeit für Dich haben. Du wirst meist allein und unglücklich sein, während er überall unterwegs ist, nur nicht am Abend daheim.‘ Dann die Bitte: ,Wir Frauen sollten zusammenhalten…“
8Weiter heißt es in dem Artikel u.a.:
9„Die Homepage fand sie mit einer Internet-Suchmaschine, weil L einen der Beiträge seiner neuen Freundin kommentiert hatte. Zwar unter Pseudonym (,Darling‘) - aber er benutzte in seinem Kommentar eine ungewöhnliche Redewendung: ,von vorauseilendem Priapismus gebeutelt‘. Das soll der Moderator häufiger im Scherz gesagt haben. Priapismus bezeichnet eine schmerzhafte Dauererektion.“.
10Die Beklagte zu 2) veröffentlichte am 30.5.2010 auf der Seite 14 in der „Y1“ ebenfalls einen Artikel mit der Überschrift „Du wirst meist allein und unglücklich sein, während er überall unterwegs ist…“. Der Artikel ist inhaltlich identisch mit dem Artikel der Beklagten zu 1) und enthält ebenfalls auszugsweise den vorbenannten Blog-Eintrag des Klägers.
11Mit Schreiben vom 31.5.2010 forderten die klägerischen Prozessbevollmächtigten die Beklagten auf, eine öffentliche Zugänglichmachung anonymer Blog-Einträge des Klägers unter Aufdeckung seines Namens zu unterlassen sowie eine strafbewehrte Unterlassungs-/Verpflichtungserklärung abzugeben.
12Hierauf reagierten die Beklagten inhaltlich nicht. Das Landgericht Köln erließ daraufhin mit Beschluss vom 4.6.2010, Az. 28 O 368/10 und 28 O 369/10, die beantragten einstweiligen Verfügungen gegen die Beklagten im Hinblick auf die streitgegenständlichen Berichterstattungen. Die einstweiligen Verfügungen wurden daraufhin ordnungsgemäß vollzogen.
13Mit Schreiben vom 17.8.2010 sowie vom 24.10.2013 wurden die Beklagten, nachdem diese gegen den vorgenannten Beschluss keine Rechtsmittel eingelegt hatten, zur Abgabe einer Abschlusserklärung sowie zur Kostentragung aufgefordert. Auch hierauf erfolgte keine Reaktion.
14Neben dem Unterlassungsbegehren macht der Kläger gegenüber den Beklagten die Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes i.H.v. 100.000 EUR (2 x 50.000 EUR) sowie einer 0,65 Geschäftsgebühr geltend. Von dem hierdurch berechneten Betrag i.H.v. 900,10 EUR macht er für die jeweiligen Beklagten einen Betrag von je 450,05 EUR geltend.
15Der Kläger ist der Ansicht durch die streitgegenständliche Berichterstattung in seinem Recht auf gewählte Anonymität und in seiner Intimsphäre verletzt zu sein. Zudem seien die Grenzen einer ausnahmsweise zulässigen Verdachtsberichterstattung überschritten. Der von den Beklagten verbreitete Blog-Eintrag betreffe nicht das gegen den Kläger geführte Strafverfahren, sondern Einzelheiten seiner Intimsphäre, da sie sein Sexualleben tendieren würden. Hierdurch werde er stigmatisiert und in schwerer Weise als krankhaft sexgetriebener Mensch dargestellt. Die Berichterstattung könne auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer in Bezug auf eine prominente Person geäußerte Kritik an der privaten Lebensführung gerechtfertigt sein. Durch die Berichterstattung werde das ohnehin beeinträchtigte Bild des Klägers in der Öffentlichkeit nachhaltig massiv beeinträchtigt, so dass der zwischenzeitlich erfolgte Freispruch diesen Makel nicht mehr beseitigen könne. Zu berücksichtigen sei zudem, dass die sozialen, beruflichen und finanziellen Folgen der Berichterstattung für den Kläger unüberschaubar und irreparabel seien. Auch sein Werdegang sowie seine Medienpräsenz könnten zur Rechtfertigung der Berichterstattung nicht herangezogen werden. Weder sei er in den Medien omnipräsent noch sei ihm eine mediale Selbstdarstellung zuzusprechen. Vielmehr sei zu berücksichtigen, dass er sein Privatleben seit jeher unter Verschluss gehalten habe. Es komme zudem nicht darauf an, dass ein öffentliches Interesse an dem gegen den Kläger geführten Ermittlungsverfahren bestehe. Die Berichterstattung über Strafverfahren sei zu unterscheiden von einem Berichterstattungsinteresse über jedes einzelne, vermeintliche Indiz oder Beweismittel. Ein Interesse der Öffentlichkeit habe allenfalls an den strafrechtlichen Vorwürfen, nicht jedoch an seinem Privat- und Intimleben bestanden. Etwas anderes könne sich auch nicht daraus ergeben, dass sich das im Strafverfahren ergangene Urteil auch auf intime SMS-Nachrichten, E-Mails, Chat-Verläufe etc bezogen habe, da das vollständige Urteil des Landgerichts Mannheim zum Schutze der Persönlichkeitsrechte aller Beteiligten nicht veröffentlicht worden sei. Zudem behauptet er, der Strafprozess habe in weiten Teilen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden. Er ist der Ansicht, aus dem Kontext des Blog-Eintrags sei auch eindeutig zu entnehmen, dass die streitgegenständliche Äußerung auf ihn zu beziehen sei. Es liege auch keine zulässige Verdachtsberichterstattung vor, da die streitgegenständliche Äußerung in keinerlei Zusammenhang mit dem damals gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren stehe. Selbst wenn er als Person des öffentlichen Lebens einzustufen sei, so habe er hierdurch nicht sein Recht auf Privatsphäre verloren. Auch habe er einen Anspruch auf Zahlung der Rechtsanwaltskosten. Insofern komme es auf die Frage der tatsächlichen Vergütung der in Rede stehenden Abrechnung gegenüber dem Prozessbevollmächtigten nicht an, da das Klagebegehren dem Grunde nach verweigert worden sei.
16Der Kläger beantragt,
171. es der Beklagten zu 1) bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen,
18folgende Nachricht mit persönlichem Inhalt, die der Kläger unter dem Pseudonym „Darling“ im Blog „SeaLounge Diary“ der Bloggerin „P“ gepostet hat unter Aufdeckung seines tatsächlichen Namens zu verbreiten, wie nachstehend wiedergegeben unter der Domain anonymY.de im Artikel vom 30.5.2010 mit der Überschrift „Du wirst allein und unglücklich sein…“ geschehen:
19„Die Homepage fand sie mit einer Internet-Suchmaschine, weil L einen der Beiträge seiner neuen Freundin kommentiert hatte. Zwar unter Pseudonym (,Darling‘) - aber er benutzte in seinem Kommentar eine ungewöhnliche Redewendung: ,von vorauseilendem Priapismus gebeutelt‘.“
202. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an den Kläger 450,05 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
213. es der Beklagten zu 2) bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen,
22folgende Nachricht mit persönlichem Inhalt, die der Kläger unter dem Pseudonym „Darling“ im Blog „SeaLounge Diary“ der Bloggerin „P“ gepostet hat unter Aufdeckung seines tatsächlichen Namens zu verbreiten, wie nachstehend wiedergegeben unter der Domain anonymY.de im Artikel vom 30.5.2010 mit der Überschrift „Du wirst meist allein und unglücklich sein, während er überall unterwegs ist…“ geschehen:
23„Die Homepage fand sie mit einer Internet-Suchmaschine, weil L einen der Beiträge seiner neuen Freundin kommentiert hatte. Zwar unter Pseudonym (,Darling‘) - aber er benutzte in seinem Kommentar eine ungewöhnliche Redewendung: ,von vorauseilendem Priapismus gebeutelt‘.“
244. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an den Kläger 450,05 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
25Hilfsweise,
261. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, den Kläger von der Forderung der Höcker Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung in Höhe von 450,05 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
272. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, den Kläger von der Forderung der Höcker Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung in Höhe von 450,05 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
28Die Beklagten beantragen,
29die Klage abzuweisen.
30Die Beklagten sind der Ansicht, der Kläger werde durch die streitgegenständliche Berichterstattung nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger in den Medien besondere öffentliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen und sich als Träger sozialer und politischer Botschaften präsentiert habe. Dieser sei daher eine Person der Zeitgeschichte, die besondere Integrität in Anspruch genommen habe. Die streitgegenständliche Berichterstattung sei zudem Bestandteil der Verdachtsberichterstattung über den gegen den Kläger erhobenen Strafvorwurf. Sie sei wahrheitsgemäß und damit zulässig, da Sachverhalte mitgeteilt werden dürften, die dem Strafvorwurf zugrundeliegen. Die Berichterstattung über laufende Strafverfahren sei keineswegs auf die schlichte Wiedergabe des Strafvorwurfs beschränkt. Es bestehe ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit über den Fortgang des Ermittlungs- und Strafverfahrens gegen den Kläger informiert zu werden. Zudem sei zu berücksichtigen, dass sich der Kläger persönlich unter gleichzeitiger Zulassung von Fotografien und Videoaufnahmen gegenüber den Medien zu den Vorwürfen geäußert und seine Unschuld beteuert habe. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Berichterstattung nicht zu entnehmen sei, auf welche Person sich die Äußerung beziehe. Die Äußerung sei nicht geeignet, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen. Es habe sich eine öffentliche Diskussion über das moralisch höchst verwerfliche Verhalten des Klägers gegenüber seinen Partnerinnen entwickelt sowie dessen Bedeutung für das Ermittlungsverfahren. In diese öffentliche Debatte habe sich die streitgegenständliche Berichterstattung eingereiht. Die Beklagten bestreiten, dass der Kläger davon ausgegangen sei, Dritte würden keine Kenntnis von seiner Äußerung in dem „Blog“ und der Identität der an der Kommunikation beteiligten Personen erlangen. Die Beklagten bestreiten zudem mit Nichtwissen, dass der Kläger die außergerichtlichen Tätigkeiten seiner Bevollmächtigten tatsächlich vergütet habe. Zudem seien die vorgelegten Abrechnungen nach ihrem Gegenstand und die davon erfassten angeblichen Tätigkeiten nicht verifizierbar.
31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
32Entscheidungsgründe
33Die Klage ist zulässig und begründet. Dem Kläger stehen die mit den Klageanträgen zu 1) bis 4) geltend gemachten Ansprüche zu.
341. Dem Kläger steht der gegenüber den Beklagten mit den Klageanträgen zu 1) und zu 3) geltend gemachte Unterlassungsanspruch im Hinblick auf die streitgegenständliche Äußerung gemäß §§ 1004 analog, 823 BGB iVm Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 GG zu.
35Die streitgegenständliche Berichterstattung ist weder unter dem Gesichtspunkt einer Verdachtsberichterstattung noch unter einem anderen Gesichtspunkt gerechtfertigt.
36a) Im Hinblick auf die streitgegenständliche Äußerung sind die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung nicht erfüllt.
37aa) Eine zulässige Verdachtsberichterstattung setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2000, 1036, 1037 m.w.N.) voraus, dass ein Mindestbestand an Beweistatsachen gegeben ist, der für den Wahrheitsgehalt der Information spricht und ihr damit erst „Öffentlichkeitswert" verleiht. Die Darstellung darf ferner keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten, also durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen strafbaren Handlung bereits überführt. Unzulässig ist nach diesen Grundsätzen eine auf Sensationen ausgehende, bewusst einseitige oder verfälschende Darstellung, vielmehr müssen auch die zur Verteidigung des Beschuldigten vorgetragenen Tatsachen und Argumente berücksichtigt werden. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist. (BGH a. a. O.)
38Hinsichtlich solcher Umstände, die den Tatvorwurf nicht unmittelbar betreffen, führt das OLG Köln zudem aus:
39„Die Beklagten weisen zwar im Ansatz zutreffend darauf hin, dass sich der höchstrichterlichen Rechtsprechung keine generelle Einschränkung dergestalt entnehmen lässt, dass von vornherein nur solche Umstände Eingang in eine zulässige Verdachtsberichterstattung finden dürfen, die in einem unmittelbaren Bezug oder Zusammenhang mit dem in Frage stehenden Tatvorwurf stehen und dessen Beurteilung zu begründen vermögen. Auch im Bereich der Verdachtsberichterstattung unterfällt es vielmehr grundsätzlich dem Selbstbestimmungsrecht der Presse, den Gegenstand der Berichterstattung frei zu wählen und darüber zu entscheiden, ob sie bestimmte Umstände für thematisch berichtenswert hält oder nicht. Das ändert indes nichts daran, dass bei der konkreten Berichterstattung über den in Bezug auf eine bestimmte identifizierbare Person erhobenen Verdacht, eine schwerwiegende Straftat begangen zu haben, verantwortungsvoll mit der Gefahr einer selbst im Falle eines Freispruchs bleibenden Stigmatisierung umzugehen ist. Dabei ist der Erwägung Rechnung zu tragen, dass der Angeklagte im Falle eines späteren Freispruchs zwar von dem Tatvorwurf als solchen auch in den Augen der Öffentlichkeit "reingewaschen" und insofern rehabilitiert ist. Diese freisprechende Wirkung tritt indessen umso weniger ein, je ferner die im Rahmen der vorangegangenen Verdachtsberichterstattung der Öffentlichkeit mitgeteilten, die Person des Angeklagten und seine Lebensumstände betreffenden Daten von dem eigentlichen Tatvorwurf liegen. Das gilt namentlich für solche Informationen, die die grundsätzliche Charakterstruktur des Angeklagten und die Eigenarten seines allgemeinen Umgangs mit anderen Menschen jenseits der vorgeworfenen Tat betreffen. Denn solche, die allgemeine Persönlichkeit des Betroffenen prägenden Umstände und ein insoweit ggf. zugeschriebener "allgemeiner" charakterlicher Makel bleiben dem Betroffenen aus der Sicht der Öffentlichkeit auch noch nach dem Freispruch von dem Vorwurf einer bestimmten Straftat und der damit einhergehenden Rehabilitation verhaftet und vermögen auch danach noch die Wahrnehmung seiner Person in der Öffentlichkeit zu bestimmen. Vor diesem Hintergrund spricht alles dafür, der Frage, ob der Inhalt der mitgeteilten Information in unmittelbarer Beziehung zur Tat steht, Aufschlüsse über Motive oder andere Tatvoraussetzungen gibt und für die Bewertung der Schuld des Täters wesentlich erscheint (vgl. BVerfG, NJW 2009, 3357 - Rdn. 22 gemäß Juris-Ausdruck) im Rahmen der die spezifischen Eigenarten des Einzelfalls einer Verdachtsberichterstattung einbeziehenden und würdigenden Abwägung ein besonderes Gewicht beizumessen.“
40(OLG Köln, Urteil vom 15. November 2011 – 15 U 60/11 –, juris)
41bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Blog-Eintrags nicht als zulässige Verdachtsberichterstattung gewertet werden. Zwar ist es im Hinblick auf die in der Öffentlichkeit stehende Person des Klägers zulässig, über das gegen ihn geführte Straf- und Ermittlungsverfahren identifizierend zu berichten. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass die vorliegende Berichterstattung, die einen persönlichen Blog-Eintrag des Klägers zum Gegenstand hat, in keinem Zusammenhang mit dem gegen ihn geführten Straf- und Ermittlungsverfahren steht. Eine Bedeutung für das im Zeitpunkt der Berichterstattung noch anhängige Strafverfahren ist nicht ersichtlich. Eine solche Bedeutung wäre nur dann anzunehmen, wenn die Berichterstattung geeignet wäre, über die Persönlichkeitsstruktur des Klägers Aufschluss zu geben und daher auch für die Überzeugungsbildung des Gerichts von Bedeutung sein könnte. Inhaltlich leistet die wörtliche Wiedergabe des Blog-Eintrags jedoch keinen Beitrag, der für die Überzeugungsbildung des Gerichts relevant sein könnte. Vielmehr birgt die wörtliche Wiedergabe der Äußerung die Gefahr der Vorverurteilung des Klägers, in dem sie diesen als einen sexgetriebenen Menschen darstellt. Die Berichterstattung ist geeignet, das Bild des Klägers nachhaltig und massiv zu beeinträchtigen, ohne einen für das Straf- und Ermittlungsverfahren relevanten Beitrag zu leisten.
42b) Die streitgegenständliche Berichterstattung ist auch unter keinem anderen rechtlichen Gesichtspunkt zulässig. Vielmehr verletzt sie den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
43aa) Bei der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich um einen sogenannten offenen Tatbestand, d.h. die Rechtswidrigkeit ist nicht durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert, sondern im Rahmen einer Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles und Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit positiv festzustellen (Palandt, BGB, § 823 Rn. 95 m.w.N.). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird nicht vorbehaltlos gewährleistet sondern durch die verfassungsmäßige Ordnung und Rechte anderer beschränkt. Insoweit stehen sich das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 1, 2 GG) und das Recht auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) gegenüber. Für die gebotene Abwägung haben sich dabei Leitlinien entwickelt, nach denen es für die Zulässigkeit einer Äußerung im Regelfall maßgeblich darauf ankommt, ob es sich um Tatsachenbehauptungen oder Meinungsäußerungen handelt.
44bb) Eine Berichterstattung kann aber auch deshalb unzulässig sein, weil sie in unzulässiger Weise in die Privatsphäre der betroffenen Person eingreift, die Schutz vor unbefugter, insbesondere öffentlicher Kenntnisnahme genießt (Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und YBerichterstattung, 5. Aufl.2003, Kap. 5 Rn. 35). Die Privatsphäre erfasst sachlich alle Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als „privat“ eingestuft werden, weil ihre öffentliche Erörterung als unschicklich gilt, wie etwa Auseinandersetzungen mit sich selbst in Tagebüchern, vertrauliche Kommunikation unter Eheleuten oder aber der Bereich der geschlechtlichen Begegnung zwischen Menschen (BVerfG NJW 2000, 1021, 1022 - Caroline von Monaco). Die eigenen Ausdrucksformen der Sexualität gehören dabei zur Intimsphäre einer Person, die als engster Bereich der Entfaltung der Persönlichkeit den stärksten Schutz gegen eine öffentliche Erörterung bietet (Burkhardt in Wenzel a. a.O. Kap. 5 Rn 47 f.). Ist eine Information der Intimsphäre zuzuordnen, genießt diese wegen ihrer Nähe zur Menschenwürde grundsätzlich absoluten Schutz vor den Einblicken der Öffentlichkeit (BVerfG NJW 2000, 2189; NJW 2009, 3357, 3359 - Fußballspieler).
45Die Frage, ob ein Vorgang dem Kernbereich der Entfaltung der Persönlichkeit zuzuordnen ist, hängt davon ab, ob der Betroffene ihn geheim halten will, ob er nach seinem Inhalt höchstpersönlichen Charakter hat und in welcher Art und Intensität er aus sich heraus die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt (BVerfG NJW 2009, 3357, 3359; LG Köln, Urteil vom 22. Juni 2011 – 28 O 392/10 –, juris).
46cc) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist hier von einer unzulässigen Berichterstattung auszugehen. Aufgrund des Inhalts der streitgegenständlichen Äußerung („von vorauseilendem Priapismus gebeutelt“) dürfte vorliegend die Intimsphäre des Klägers betroffen sein, welche unter dem absoluten Schutz vor den Einblicken der Öffentlichkeit steht. Dieser Schutz gilt auch für prominente Personen, sofern diese ihre Intimsphäre nicht der Öffentlichkeit preisgegeben haben. Dem Bereich der Intimsphäre unterfallen insbesondere Vorgänge aus dem Sexualbereich sowie nicht wahrnehmbare körperliche Gebrechen und gesundheitliche Zustände (Burkhardt/Wenzel, Das Recht der Wort- und YBerichterstattung, 5. Auflage, Kap. 5 Rn. 48). Die Bezeichnung Priapismus umschreibt zum einen den pathologischen Zustand einer schmerzhaften Dauererektion. In dem hier verwendeten umgangssprachlichen Sinne wird der starke Sexualtrieb des Klägers durch die Äußerung verdeutlicht. Die Frage der Betroffenheit der Intimsphäre kann jedoch letztlich dahinstehen, da jedenfalls der Kernbereich der Privatsphäre des Klägers in rechtswidriger Weise betroffen ist.
47dd) Der Schutz der vorliegend thematisierten Intim- bzw. Privatsphäre ist erst dann abzusprechen, wenn der Betroffene sein Sexualleben selbst öffentlich ausgebreitet hat (vgl. Burkhardt/Wenzel, Das Recht der Wort- und YBerichterstattung, 5. Auflage, Kap. 5 Rn. 51). Dies ist vorliegend jedoch zu verneinen.
48(1) Zum einen war der Geheimhaltungswille des Klägers im Hinblick auf den Blog-Eintrag vorliegend erkennbar. So wurde die streitgegenständliche Äußerung von dem Kläger unter dem Pseudonym „Darling“ der Bloggerin „P“ gepostet. Das Pseudonym lässt keinerlei Rückschluss auf die Identität des Klägers zu. Zudem war die Nachricht ausschließlich an die betreffende Person gerichtet, nicht jedoch der Öffentlichkeit preisgegeben. Insofern kann der Einwand der Beklagten nicht durchgreifen, der Kläger sei nicht davon ausgegangen, Dritte würden keine Kenntnis von seiner Äußerung in dem „Blog“ und der Identität der an der Kommunikation beteiligten Personen erlangen. Für diese Annahme bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte. Vielmehr legen die oben dargestellten Umstände sowie der Inhalt der Äußerung nahe, dass der Kläger davon ausging, sich vorliegend in einem geschützten Bereich zu äußern.
49(2) Es sind aber auch keine anderen Umstände erkennbar, die die Annahme einer Öffnung der Intimsphäre bzw. des Kernbereichs der Privatsphäre durch den Kläger rechtfertigen könnten. Zwar ist der Kläger in der Öffentlichkeit aufgetreten und gab der Presse auch mehrere Interviews. Die Äußerungen gegenüber den Medien hatten jedoch stets einen Bezug zu dem gegen ihn geführten Straf- und Ermittlungsverfahren. Eine Thematisierung der Intimsphäre kann hierin nicht gesehen werden. Auch hat sich der Kläger im Hinblick auf sein Privatleben und seine Beziehungen nicht in einer Weise geäußert, die die vorliegende Berichterstattung rechtfertigen könnte. Im Vordergrund seiner Äußerungen gegenüber den Medien war die Beteuerung seiner Unschuld. Zwar hatte sich der Kläger gegenüber den Medien auch über sein Privatleben geäußert. So heißt es in einem Interview in der Zeitschrift „Der Spiegel“ Nr. 31/2010 unter anderem:
50„L: Diese Beziehung lief länger, als ich es hätte zulassen sollen. Dadurch habe ich diese Frau in einer Weise gekränkt, die ich in der Nachschau nur im höchsten Maße bedauern kann. Ihrer Tragik ist, dass ihr Leben durch den unberechtigten Vergewaltigungsvorwurf eine solche Wende genommen hat. Ich hoffe, dass es ihr gelingt, durch die Rücknahme des Vorwurfs Frieden mit sich selbst wieder herzustellen.“
51Diese das Privatleben des Klägers betreffende Äußerung bezieht sich jedoch explizit auf den Vergewaltigungsvorwurf, der ihm gegenüber erhoben wurde. Hierin kann jedoch keine Selbstöffnung in der Weise gesehen werden, dass sich der Kläger allgemein über sein Privatleben, insbesondere über intimste Verhaltensweisen geäußert hat. So heißt es in dem Interview auch später:
52„L: Erotische Vorlieben diskutiere ich nicht öffentlich.“
53(3) Sofern sich das im Strafverfahren ergangene Urteil auch auf intime SMS-Nachrichten, E-Mails, Chat-Verläufe etc bezogen hat, kann letztlich dahinstehen, ob der Strafprozess in weiten Teilen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hat. Denn hinsichtlich der vorliegenden privaten Äußerung ist kein für das Strafverfahren relevanter Zusammenhang erkennbar.
54(4) Eine Rechtfertigung kann hier auch nicht aus der Veröffentlichung des Buches durch den Kläger mit dem Titel „Z“ gesehen werden. So haben die Beklagten nicht vorgetragen, dass der Kläger hierin seine privatesten und intimsten Lebensverhältnisse der Öffentlichkeit preisgibt. Vielmehr geben die Beklagten an, das Buch thematisiere das Ermittlungs- und Strafverfahren mit dem vorgeblichen Ziel einer Aufklärung der Öffentlichkeit über vermeintliche Missstände in der Justiz und den Medien.
55ee) Die übrigen Einwände der Beklagten zur Rechtfertigung der Berichterstattung können ebenfalls nicht durchgreifen.
56Sofern die Beklagten zur Rechtfertigung der Berichterstattung vortragen, der Kläger habe besondere Integrität für sich in Anspruch genommen, kann nichts anderes gelten. So ist bereits fraglich, ob dies allein aus dem Umstand hergeleitet werden kann, dass der Kläger an der öffentlichen Kampagne mit dem Motto „Gewalt gegen Kinder ist eine Schande“ mitgewirkt hat. Jedenfalls steht diese Kampagne in keinem Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Äußerung.
57Zudem ist der Einwand der Beklagten unerheblich, die Wiedergabe der Äußerung sei aufgrund der öffentlichen Diskussion über das moralisch höchst verwerfliche Verhalten des Klägers gegenüber seinen Partnerinnen entwickelt worden. Zum einen kann die öffentliche Erörterung seines Privatlebens nur insofern gerechtfertigt sein, als dieses eine Bedeutung für das Ermittlungs- und Strafverfahren hat. Zum anderen trägt die angegriffene Äußerung auch nicht zu dieser öffentlichen Diskussion bei, sondern stellt, insbesondere auch aufgrund der wörtlichen Wiedergabe, einen besonders schweren Eingriff jedenfalls in den Kernbereich der Privatsphäre des Klägers dar, ohne einen besonderen Informationswert zu enthalten.
58Auch sind keine anderen Gesichtspunkte erkennbar, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers gegenüber dem Berichterstattungsinteresse der Beklagten zurücktreten lassen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass durch die wörtliche Wiedergabe des Blog-Eintrags besonders schwerwiegend in das Persönlichkeitsrecht des Klägers eingegriffen wird. Die sprachliche Fassung eines bestimmten Gedankeninhalts ist Ausfluss der Persönlichkeit des Verfassers. Grundsätzlich steht daher allein dem Verfasser die Befugnis zu, darüber zu entscheiden, ob und in welcher Form seine Aufzeichnungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden (KG Berlin, Urteil vom 18. April 2011 – 10 U 149/10 –, juris).
59c) Die streitgegenständliche Äußerung bezieht sich auch erkennbar auf den Kläger. So heißt es in der Berichterstattung wörtlich:
60„Die Homepage fand sie mit einer Internet-Suchmaschine, weil L einen der Beiträge seiner neuen Freundin kommentiert hatte. Zwar unter Pseudonym (,Darling‘) - aber er benutzte in seinem Kommentar eine ungewöhnliche Redewendung: ,von vorauseilendem Priapismus gebeutelt‘. Das soll der Moderator häufiger im Scherz gesagt haben. Priapismus bezeichnet eine schmerzhafte Dauererektion.“.
61Zwar wird in der Berichterstattung nicht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Kläger die Redewendung auf sich selbst bezogen hat. Ausreichend ist jedoch, dass der unbefangene Durchschnittsleser die streitgegenständliche Äußerung zumindest auch dahingehend verstehen kann, der Kläger umschreibe mit der Redewendung seine eigene Situation. Dies ist vorliegend unzweifelhaft zu bejahen. Denn in dem Beitrag wird deutlich, dass die Äußerung gegenüber einer seiner Freundinnen gefallen ist. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Äußerung auf eine andere Person beziehen könnte, bestehen nicht. So führt auch das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf mehrdeutige Aussagen aus:
62„Ist der Äußernde nicht bereit, der Aussage einen eindeutigen Inhalt zu geben, besteht kein verfassungsrechtlich tragfähiger Grund, von einer Verurteilung zum Unterlassen nur deshalb abzusehen, weil die Äußerung mehrere Deutungsvarianten zulässt, darunter auch solche, die zu keiner oder nur einer geringeren Persönlichkeitsverletzung führen. Dem Äußernden steht es frei, sich in Zukunft eindeutig zu äußern und - wenn eine persönlichkeitsverletzende Deutungsvariante nicht dem von ihm beabsichtigten Sinn entspricht - klarzustellen, wie er seine Aussage versteht. Eine auf Unterlassung zielende Verurteilung des Zivilgerichts kann der Äußernde nach der Rechtsprechung vermeiden, wenn er eine ernsthafte und inhaltlich ausreichende Erklärung abgibt, die mehrdeutige Äußerung, der eine Aussage mit dem persönlichkeitsverletzenden Inhalt entnommen werden kann, nicht oder nur mit geeigneten Klarstellungen zu wiederholen.“
63(BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 2005 – 1 BvR 1696/98 –, BVerfGE 114, 339-356).
642. Der Kläger kann des Weiteren wegen dieser rechtswidrigen und zumindest auch fahrlässigen Persönlichkeitsrechtsverletzung aus § 823 BGB sowie nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag die Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangen. Diese sind der Höhe nach unter Zugrundelegung einer 0,65 Geschäftsgebühr zutreffend berechnet.
65Sofern die Beklagten mit Nichtwissen bestreiten, dass der Kläger die außergerichtlichen Tätigkeiten seiner Bevollmächtigten tatsächlich vergütet habe und die vorgelegten Abrechnungen nach ihrem Gegenstand und die davon erfassten angeblichen Tätigkeiten nicht verifizierbar seien, ist dieser Vortrag unerheblich. Auf eine tatsächlich erfolgte Vergütung kommt es vorliegend nicht an. Es ist anerkannt, dass, sofern die Erfüllung des Klagebegehrens, wie hier, ernsthaft und endgültig verweigert wird, sich der ursprünglich bestehende Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch umwandelt (vgl. BGH NJW 2004, 1868, 1869; NJW-RR 1990, 970, 971). Auch hat der Kläger die der Geltendmachung der Rechtsanwaltskosten zugrunde liegenden Umstände ausführlich dargelegt. Insofern ist der pauschale Vortrag der Beklagten, der Anspruch sei nicht nachvollziehbar dargelegt, unsubstantiiert. Daher bedurfte es auch keiner Entscheidung über die Hilfsanträge.
66Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
673. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und S. 2 ZPO.
684. Streitwert: EUR 100.000,00.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 09.07.2014 (28 O 487/13) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor in Ziffer 3. des angefochtenen Urteils ‑ wie folgt - nach § 319 ZPO berichtigt wird:
Der Beklagten zu 2) wird es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft insgesamt nicht 2 Jahre übersteigen darf,
v e r b o t e n,
folgende Nachricht mit persönlichem Inhalt, die der Kläger unter dem Pseudonym „E“ im Blog „T“ der Bloggerin „L2“ gepostet hat, unter Aufdeckung seines tatsächlichen Namens zu verbreiten, wie nachstehend wiedergegeben in der C vom 30.5.2010 auf Seite 14 im Artikel „Du wirst meist allein und unglücklich sein, während er überall unterwegs ist…“ geschehen:
„Die Homepage fand sie mit einer Internet-Suchmaschine, weil L einen der Beiträge seiner neuen Freundin kommentiert hatte. Zwar unter Pseudonym (,E‘) - aber er benutzte in seinem Kommentar eine ungewöhnliche Redewendung: ,von vorauseilendem Priapismus gebeutelt‘.“
Die Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten je zur Hälfte zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
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G r ü n d e
2I.
3Der Kläger ist Journalist und betreibt ein Unternehmen, welches sich mit der Erhebung und Vermittlung meteorologischer Daten befasst. Im März 2010 wurde er wegen des Verdachts einer Vergewaltigung verhaftet. Die Verhaftung des in der Öffentlichkeit wegen seines Auftretens als Fernsehmoderator und in der Werbung bekannten Klägers, der gegen ihn vorgebrachte Tatvorwurf sowie sein bis zu diesem Zeitpunkt der breiten Öffentlichkeit unbekanntes Privatleben, namentlich seine Beziehungen mit mehreren Frauen, waren ebenso Gegenstand intensiver Medienberichterstattung wie das gegen den Kläger wegen schwerer Vergewaltigung und gefährlicher Körperverletzung geführte Ermittlungsverfahren sowie der anschließende Strafprozess, in dem der Kläger mit rechtskräftig gewordenem Urteil des Landgerichts Mannheim vom 31.05.2011 schließlich freigesprochen wurde.
4Im zeitlichen Zusammenhang mit der Haftentlassung gewährte der Kläger den Medien mehrere Interviews. Im Oktober 2012 erschien ein Buch des Klägers mit dem Titel „Recht und Gerechtigkeit - ein Märchen aus der Provinz“, in welchem der Kläger das Ermittlungs- und Strafverfahren kritisch beleuchtet sowie über nach seiner Auffassung bestehende Missstände in der Justiz und den Medien aufklären möchte.
5Die Beklagte zu 1) ist inhaltlich für das Angebot der Webseite C2.de, der Online-Ausgabe der bundesweiten Tageszeitungen „C2“ und „C“, verantwortlich. Die Beklagte zu 2) verlegt die Zeitung „C“.
6Die Beklagte zu 1) veröffentlichte am 30.5.2010 - während der Kläger sich in Untersuchungshaft befand und noch bevor die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen war - auf C2.de einen Artikel mit der Überschrift „Du wirst allein und unglücklich sein…“. In diesem zitiert sie auszugsweise einen Blog-Eintrag, den der Kläger am 19.2.2007 um 0:21 Uhr unter dem Pseudonym „E“ im Blog „T“ der Bloggerin „L2“ gepostet und an die Inhaberin des Blogs gerichtet hatte. Der Artikel wird nach der Überschrift - wie folgt - eingeleitet:
7„Eine Ex-Freundin hatte offenbar schon früh versucht, andere Frauen vor L zu warnen. In einer Mail, die C vorliegt, schreibt sie schon im Jahr 2008 einer neuen Freundin des wechselhaften Wetterexperten: ,Er wird nie Zeit für Dich haben. Du wirst meist allein und unglücklich sein, während er überall unterwegs ist, nur nicht am Abend daheim.‘ Dann die Bitte: ,Wir Frauen sollten zusammenhalten.“
8Weiter heißt es in dem Artikel u.a.:
9„Später suchte sie im Internet nach anderen L-Frauen, fand die Homepage einer neuen Eroberung.
10[…]
11Die Homepage fand sie mit einer Internet-Suchmaschine, weil L einen der Beiträge seiner neuen Freundin kommentiert hatte. Zwar unter Pseudonym (,E‘) - aber er benutzte in seinem Kommentar eine ungewöhnliche Redewendung: ,von vorauseilendem Priapismus gebeutelt‘. Das soll der Moderator häufiger im Scherz gesagt haben. Priapismus bezeichnet eine schmerzhafte Dauererektion.“
12Die Beklagte zu 2) veröffentlichte am 30.5.2010 auf der Seite 14 in der „C“ ebenfalls einen Artikel mit der Überschrift „Du wirst meist allein und unglücklich sein, während er überall unterwegs ist…“ Der Artikel ist inhaltlich identisch mit dem Artikel der Beklagten zu 1) und enthält ebenfalls auszugsweise den vorbenannten Blog-Eintrag des Klägers.
13Mit Schreiben vom 31.5.2010 forderten die klägerischen Prozessbevollmächtigten die Beklagten auf, eine öffentliche Zugänglichmachung anonymer Blog-Einträge des Klägers unter Aufdeckung seines Namens zu unterlassen sowie eine strafbewehrte Unterlassungs-/Verpflichtungserklärung abzugeben. Das Landgericht Köln erließ in der Folge vom Kläger beantragte einstweilige Verfügungen gegen die Beklagten im Hinblick auf die streitgegenständlichen Berichterstattungen (Beschl. v. 4.06.2010, Az. 28 O 368/10 und 28 O 369/10). Die einstweiligen Verfügungen wurden vollzogen. Mit Schreiben vom 17.8.2010 sowie vom 24.10.2013 wurden die Beklagten zur Abgabe einer Abschlusserklärung sowie zur Kostentragung aufgefordert.
14Der Kläger begehrt nunmehr Unterlassung in der Hauptsache sowie die Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
15Der Kläger hat in erster Instanz die Ansicht vertreten, er sei durch die streitgegenständliche Berichterstattung in seinem Recht auf gewählte Anonymität und in seiner Intimsphäre verletzt. Dem Kontext des Blog-Eintrags sei zu entnehmen, dass die streitgegenständliche Äußerung auf ihn zu beziehen sei. Der von den Beklagten verbreitete Blog-Eintrag betreffe nicht das gegen den Kläger geführte Strafverfahren, sondern Einzelheiten seiner Intimsphäre, weil sie sein Sexualleben berührten. Hierdurch werde er stigmatisiert und in schwerer Weise als krankhaft sexgetriebener Mensch dargestellt.
16Die Grenzen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung seien überschritten. Ebenso wenig sei die Berichterstattung unter dem Gesichtspunkt einer in Bezug auf eine prominente Person geäußerte Kritik an der privaten Lebensführung gerechtfertigt. Durch die Berichterstattung werde das ohnehin beeinträchtigte C2 des Klägers in der Öffentlichkeit nachhaltig massiv beeinträchtigt, so dass der zwischenzeitlich erfolgte Freispruch diesen Makel nicht mehr beseitigen könne. Sein Werdegang sowie seine Medienpräsenz könnten zur Rechtfertigung der Berichterstattung nicht herangezogen werden.
17Der Kläger hat beantragt,
181. es der Beklagten zu 1) bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen,
19folgende Nachricht mit persönlichem Inhalt, die der Kläger unter dem Pseudonym „E“ im Blog „T“ der Bloggerin „L2“ gepostet hat unter Aufdeckung seines tatsächlichen Namens zu verbreiten, wie nachstehend wiedergegeben unter der Domain C2.de im Artikel vom 30.5.2010 mit der Überschrift „Du wirst allein und unglücklich sein…“ geschehen:
20„Die Homepage fand sie mit einer Internet-Suchmaschine, weil L einen der Beiträge seiner neuen Freundin kommentiert hatte. Zwar unter Pseudonym (,E‘) - aber er benutzte in seinem Kommentar eine ungewöhnliche Redewendung: ,von vorauseilendem Priapismus gebeutelt‘.“
212. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an den Kläger 450,05 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
223. es der Beklagten zu 2) bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen,
23folgende Nachricht mit persönlichem Inhalt, die der Kläger unter dem Pseudonym „E“ im Blog „T“ der Bloggerin „L2“ gepostet hat unter Aufdeckung seines tatsächlichen Namens zu verbreiten, wie nachstehend wiedergegeben unter der Domain C2.de im Artikel vom 30.5.2010 mit der Überschrift „Du wirst meist allein und unglücklich sein, während er überall unterwegs ist…“ geschehen:
24„Die Homepage fand sie mit einer Internet-Suchmaschine, weil L einen der Beiträge seiner neuen Freundin kommentiert hatte. Zwar unter Pseudonym (,E‘) - aber er benutzte in seinem Kommentar eine ungewöhnliche Redewendung: ,von vorauseilendem Priapismus gebeutelt‘.“
254. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an den Kläger 450,05 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
26Hilfsweise,
271. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, den Kläger von der Forderung der Höcker Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung in Höhe von 450,05 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
282. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, den Kläger von der Forderung der Höcker Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung in Höhe von 450,05 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
29Die Beklagten haben beantragt,
30die Klage abzuweisen.
31Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, der Kläger werde durch die streitgegenständliche Berichterstattung nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger in den Medien besondere öffentliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen und sich als Träger sozialer und politischer Botschaften präsentiert habe; unstreitig hatte er in den Jahren 2009 und 2010 an einer öffentlichen Kampagne unter dem Motto „Gewalt gegen Kinder ist eine Schande“ mitgewirkt. Die Beklagten haben gemeint, der Kläger sei daher eine Person der Zeitgeschichte, die besondere Integrität für sich in Anspruch genommen habe.
32Die streitgegenständliche Berichterstattung sei zudem Bestandteil der Verdachtsberichterstattung über den gegen den Kläger erhobenen Strafvorwurf. Sie sei wahrheitsgemäß und damit zulässig, da dem Strafvorwurf zugrunde liegende Sachverhalte mitgeteilt werden dürften. Hierzu zählten auch die Beziehung zwischen dem Kläger und der Nebenklägerin des Strafprozesses, die weiteren Beziehungen und das Verhalten des Klägers gegenüber den Frauen; die Beziehungen seien auch durch die Kommunikation über das Internet sowie durch Kurznachrichten charakterisiert gewesen.
33Zudem sei zu berücksichtigen, dass sich der Kläger persönlich unter gleichzeitiger Zulassung von Fotografien und Videoaufnahmen gegenüber den Medien zu den Vorwürfen geäußert und seine Unschuld beteuert habe. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Berichterstattung nicht zu entnehmen sei, auf welche Person sich die Äußerung beziehe. Die Äußerung sei nicht geeignet, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen. Es habe sich eine öffentliche Diskussion über das moralisch höchst verwerfliche Verhalten des Klägers gegenüber seinen Partnerinnen sowie dessen Bedeutung für das Ermittlungsverfahren entwickelt. In diese öffentliche Debatte habe sich die streitgegenständliche Berichterstattung eingereiht.
34Die Beklagten haben mit Nichtwissen bestritten, dass der Kläger davon ausgegangen sei, Dritte würden keine Kenntnis von seiner Äußerung in dem „Blog“ und der Identität der an der Kommunikation beteiligten Personen erlangen. Die Beklagten haben zudem mit Nichtwissen bestritten, dass der Kläger die außergerichtlichen Tätigkeiten seiner Bevollmächtigten tatsächlich vergütet habe.
35Mit dem angegriffenen Urteil hat das Landgericht Köln der Klage stattgegeben. Der Kläger habe gegen die Beklagten Anspruch auf Unterlassung nach §§ 1004 analog, 823 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 GG, weil die Berichterstattung weder unter dem Gesichtspunkt einer Verdachtsberichterstattung noch aus anderen Gründen gerechtfertigt sei.
36Die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung bei den Tatvorwurf nicht unmittelbar betreffenden Umständen seien nicht erfüllt. Zwar sei es im Hinblick auf die in der Öffentlichkeit stehende Person des Klägers zulässig, über das gegen ihn geführte Straf- und Ermittlungsverfahren identifizierend zu berichten. Jedoch stehe die Berichterstattung über den Blog-Eintrag des Klägers nicht im Zusammenhang mit dem gegen diesen geführten Straf- und Ermittlungsverfahren; eine Bedeutung für das Strafverfahren sei nicht ersichtlich, auch nicht im Hinblick auf nach Meinung der Beklagten zum Gegenstand im Strafverfahren gemachter intimer SMS-Nachrichten, E-Mails und Chat-Verläufe. Eine solche Bedeutung wäre nur dann anzunehmen, wenn die Berichterstattung geeignet wäre, über die Persönlichkeitsstruktur des Klägers Aufschluss zu geben, und daher auch für die Überzeugungsbildung des Gerichts von Bedeutung sein könnte. Inhaltlich leiste die wörtliche Wiedergabe des Blog-Eintrags jedoch keinen Beitrag, der für die Überzeugungsbildung des Gerichts relevant sein könne. Vielmehr berge die wörtliche Wiedergabe der Äußerung die Gefahr der Vorverurteilung des Klägers, in dem sie diesen als einen sexgetriebenen Menschen darstelle. Die Berichterstattung sei geeignet, das Bild des Klägers nachhaltig und massiv zu beeinträchtigen, ohne einen für das Straf- und Ermittlungsverfahren relevanten Beitrag zu leisten.
37Die streitgegenständliche Berichterstattung sei auch unter keinem anderen rechtlichen Gesichtspunkt zulässig. Vielmehr verletze sie den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Aufgrund des Inhalts der Äußerung („von vorauseilendem Priapismus gebeutelt“) sei die Intimsphäre des Klägers betroffen, welche unter dem absoluten Schutz vor den Einblicken der Öffentlichkeit stehe. Die Bezeichnung Priapismus umschreibe den pathologischen Zustand einer schmerzhaften Dauererektion. In dem hier verwendeten umgangssprachlichen Sinne werde der starke Sexualtrieb des Klägers durch die Äußerung verdeutlicht. Die Frage der Betroffenheit der Intimsphäre könne jedoch letztlich dahinstehen, da jedenfalls der Kernbereich der Privatsphäre des Klägers in rechtswidriger Weise betroffen sei. Der Schutz der vorliegend thematisierten Intim- bzw. Privatsphäre sei erst dann abzusprechen, wenn der Betroffene sein Sexualleben selbst öffentlich ausgebreitet habe, was indes zu verneinen sei. Zum einen sei der Geheimhaltungswille des Klägers im Hinblick auf den Blog-Eintrag erkennbar, insbesondere die streitgegenständliche Äußerung unter dem Pseudonym „E“ gepostet worden. Im Übrigen sei der Kläger zwar in der Öffentlichkeit aufgetreten und habe der Presse mehrere Interviews gegeben. Der Kläger habe aber weder seine Intimsphäre thematisiert noch sich im Hinblick auf sein Privatleben und seine Beziehungen in einer Weise geäußert, die die vorliegende Berichterstattung rechtfertigen könne.
38Der Einwand der Beklagten, die Wiedergabe der Äußerung sei aufgrund der öffentlichen Diskussion über das moralisch höchst verwerfliche Verhalten des Klägers gegenüber seinen Partnerinnen entwickelt worden, sei unerheblich. Zum einen könne die öffentliche Erörterung seines Privatlebens nur insofern gerechtfertigt sein, als dieses eine Bedeutung für das Ermittlungs- und Strafverfahren habe. Zum anderen trage die angegriffene Äußerung auch nicht zu dieser öffentlichen Diskussion bei, sondern stelle, insbesondere auch aufgrund der wörtlichen Wiedergabe, einen besonders schweren Eingriff jedenfalls in den Kernbereich der Privatsphäre des Klägers dar, ohne einen besonderen Informationswert zu enthalten. Die sprachliche Fassung eines bestimmten Gedankeninhalts sei Ausfluss der Persönlichkeit des Verfassers. Grundsätzlich stehe daher allein dem Verfasser die Befugnis zu, darüber zu entscheiden, ob und in welcher Form seine Aufzeichnungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht würden.
39Schließlich beziehe sich die streitgegenständliche Äußerung erkennbar auf den Kläger. Zwar werde in der Berichterstattung nicht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Kläger die Redewendung auf sich selbst bezogen habe. Ausreichend sei jedoch, dass der unbefangene Durchschnittsleser die streitgegenständliche Äußerung zumindest auch dahingehend verstehen könne, der Kläger umschreibe mit der Redewendung seine eigene Situation. Dies sei vorliegend unzweifelhaft zu bejahen. Denn in dem Beitrag werde deutlich, dass die Äußerung gegenüber einer seiner Freundinnen gefallen sei.
40Zuletzt könne der Kläger (mit Erfolg) die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangen.
41Wegen der weiteren Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung wird ergänzend auf das angegriffene Urteil (Bl. 343 ff. d.A.) Bezug genommen.
42Mit ihrer Berufung verfolgen die Beklagten ihre Klageabweisungsbegehren weiter.
43Sie sind der Auffassung, die streitgegenständlichen Berichterstattungen wiesen einen unmittelbaren Bezug zu dem Ermittlungs- und Strafverfahren auf. Insbesondere der Umstand der (mehrfachen) Untreue des Klägers habe in unmittelbarem Zusammenhang mit dem erhobenen Strafvorwurf gestanden. Das Landgericht Mannheim habe sich im Strafurteil ausführlich mit der elektronischen Kommunikation zwischen dem Kläger und der Nebenklägerin (des Strafverfahrens) bzw. zwischen dem Kläger und den weiteren (im Strafverfahren vernommenen) Zeuginnen auseinandergesetzt und unter Würdigung des Wortlauts der Mitteilungen des Klägers dessen Verhalten bei der Beziehungsanbahnung untersucht, dieses als „initiativ“ und „offensiv“ bewertet, was wiederum für die Glaubwürdigkeit der Einlassung des Klägers von Relevanz gewesen sei.
44Die Beklagten meinen, das Landgericht habe den Sinngehalt der streitgegenständlichen Äußerung verkannt. Denn wiedergegeben werde die Äußerung als Kommentar des Klägers, ohne dass mitgeteilt werde, auf welche Person und auf welchen Sachverhalt der Kläger den Kommentar bezogen habe; der Bericht beinhalte keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger seinen Kommentar auf sich bezogen habe. Hinzu komme, dass ausdrücklich aufgeführt sei, dass der Kläger die Äußerung im Scherz gesagt, also nicht ernst gemeint habe. Die streitgegenständliche Äußerung sei eindeutig und bestehe bloß in der Wiedergabe eines Zitats.
45Scheide aber ein Eingriff in die Privat- oder Intimsphäre des Klägers aus, mangele es an einer äußerungsrechtlichen Betroffenheit des Klägers durch das wahrheitsgemäße Zitat, weil dieses keinerlei Eingriffscharakter habe.
46Benutzer eines Blogs könnten aufgrund deren Rahmenbedingungen nicht davon ausgehen, dass die Vertraulichkeit ihrer Äußerung gewahrt bleibe. Schon gar nicht sei der Adressat einer Äußerung verpflichtet, die Vertraulichkeit der Äußerung eines Dritten zu wahren. Die Beklagten hätten bloß die zuvor öffentlich bekannt gewordene Erklärung der Adressatin der Äußerung des Klägers zitiert.
47Schließlich betreffe die Berichterstattung moralisch verwerfliche Verhaltensweisen einer prominenten Person, nämlich die Untreue im Verhältnis zu mehreren Frauen, zu denen der Kläger parallel intime Beziehungen unterhalten habe, ohne sie über diesen Umstand aufzuklären. Die wahrheitsgemäße Berichterstattung belege eine Episode dieser Verhaltensweisen. Dem Zitat selbst (dessen Wortlaut) komme in diesem Zusammenhang keine eigenständige Eingriffseignung zu; die scherzhafte Verwendung des Begriffs „vorauseilender Priapismus“ sei nicht geeignet, den Zitierten in der Öffentlichkeit herabzuwürdigen oder verächtlich zu machen. Jedenfalls sei ein Bericht hierüber angesichts des Informationsinteresses über eine moralisch verwerfliche Verhaltensweise zulässig.
48Die Beklagten beantragen,
49unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 9.07.2014 - 28 O 487/13 - die Klage insgesamt abzuweisen.
50Der Kläger beantragt,
51die Berufung zurückzuweisen.
52Er ist der Auffassung, aus dem Kontext der Berichterstattung ergebe sich, dass er die streitgegenständliche Redewendung auf sich selbst bezogen habe; jedenfalls sei die Darstellung in den Artikeln mehrdeutig. Aufgrund der Verwendung eines Pseudonyms habe der Kläger davon ausgehen dürfen, dass Dritte ihn nicht mit den betreffenden Äußerungen in Verbindung bringen können.
53Der Kläger habe in der Öffentlichkeit nicht vorgegeben, eine bestimmte Art von Beziehungsleben zu führen; aufgetreten sei er lediglich in beruflicher Funktion. Deswegen habe auch kein Berichterstattungsinteresse mit Blick auf eine Leitbild- und Kontrastfunktion bestanden.
54II.
55Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Allerdings war der Tenor des angefochtenen Urteils im Wege der Berichtigung nach § 319 ZPO zu ändern.
561.
57Gemäß § 319 ZPO hatte eine Berichtigung des Tenors zu erfolgen, die der Senat im Berufungsverfahren vornehmen kann (vgl. BGHZ 133, 191). Denn der Kläger hatte mit seinem dem Wortlaut nach ebenfalls auf die Berichterstattung unter C2.de bezogenen Antrag zu 3. begehrt, die Berichterstattung wie in der C geschehen zu verbieten, was seinem Antrag im Wege der Auslegung zu entnehmen und vom Landgericht übersehen worden ist. Jedenfalls hat der Kläger aber im Berufungsverfahren seinen Antrag insoweit in zulässiger Weise geändert, ohne dass die Beklagten dem entgegengetreten sind.
582.
59Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht einen Anspruch des Klägers auf Unterlassung aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 analog, § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK bejaht. Die Beklagten haben in rechtswidriger Weise in das Recht des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens eingegriffen, indem sie über einen von ihm anonym und im Vertrauen auf die Wahrung der Anonymität abgegebenen Kommentar mindestens aus seiner Privatsphäre berichtet haben (a), ohne dass dieser Eingriff gerechtfertigt wäre (b), und zwar auch nicht im Rahmen einer Verdachtsberichterstattung (c).
60a) Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass die Beklagten in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers eingegriffen haben.
61aa) Dass und insbesondere mit welchem Wortlaut der Kläger in einem Blog einer Freundin einen Eintrag dieser unter einem Pseudonym kommentiert, betrifft seine Vertraulichkeitssphäre sowie sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (vgl. BGH, Urt. v. 30.09.2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534), nämlich unabhängig von Aussagewert der diesbezüglichen Berichterstattung schon unter dem Aspekt der Preisgabe von nicht für die breite Öffentlichkeit bestimmter Kommunikation.
62Die gilt auch unter der Prämisse, dass der Blog öffentlich einsehbar war. Denn da der Kläger seinen Kommentar auf einem privat betriebenen, nicht in der breiten Öffentlichkeit bekannten Blog unter einem Pseudonym abgegeben hat, und deswegen grundsätzlich davon ausgehen durfte, von anderen Personen als der Blogbetreiberin nicht ohne weiteres erkannt zu werden, handelte es sich letztlich um eine private Kommunikation zwischen ihm und der Blogbetreiberin. Vom Schutz der Privatsphäre wird auch der Geheimhaltungswille in Bezug auf solche Mitteilungen umfasst, die über die Person des sich Äußernden selbst nichts aussagen, die aber einem Vertrauten in der Erwartung gemacht werden, dass er sie für sich behalten werde (vgl. BGH, Urt. v. 10.03.1987 - VI ZR 244/85 -, NJW 1987, 2667), was hier jedenfalls für die Weitergabe an eine breite Öffentlichkeit unter Preisgabe der Identität des Klägers gilt. Die Privatheit der Kommunikation erschließt sich im Übrigen aus deren - nicht in der Berichterstattung wiedergegebenen - Inhalt, nämlich soweit der Kläger hiernach seinen Kommentar in Bezug auf ein Foto der Klägerin abgegeben und die beanstandete Redewendung ersichtlich auf sich bezogen hat. Angesichts dessen, dass der Kläger sich auf einem privaten Blog unter Verwendung eines Pseudonyms geäußert hat, kann ihm auch keine Einwilligung in die Veröffentlichung unterstellt werden, die hier vielmehr gegen seinen Willen erfolgt ist. Der Kläger musste auch nicht von vorneherein damit rechnen, dass sein Kommentar in die Öffentlichkeit gelangt; die Gefahr einer Identifizierung durch eine ihm vertraute Person war jedenfalls nicht wesentlich höher als im Falle einer Versendung einer E-Mail an einen einzelnen Adressaten (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 30.09.2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534).
63bb) Darüber hinaus ist angesichts der mit der Wortberichterstattung über den Kommentar verbundenen Aussage mindestens die Privatsphäre des Klägers betroffen.
64Nach dem gleichlautenden Inhalt der Berichte kann der Leser nur den Schluss ziehen, dass der Kläger seinen Kommentar auf sich bezogen hat. Wenn der Kläger - wie berichtet wurde - einen Beitrag „seiner neuen Freundin“ mit der beanstandeten Redewendung kommentiert, können sich der Kommentar und die darin enthaltene Redewendung nur auf ihn selbst beziehen (auf wen auch sonst?). Hinzu kommt, dass später noch über das den Kommentar auslösende Foto der neuen Freundin berichtet wird, woraus ein verständiger Leser wiederum nur schließen kann, dass sich der Kommentar auf eben dieses Foto bezieht und damit erkennbar die Reaktion des Klägers auf das Foto betrifft. Jedenfalls ist aber ein solches Verständnis des Berichts nicht fernliegend und daher unter Berücksichtigung der Stolpe-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 114, 339) im Hinblick auf den streitgegenständlichen Unterlassungsanspruch zugrunde zu legen.
65Sind die Berichte der Beklagten in dieser Weise zu verstehen, geht ihr Aussagewert aber noch in das Persönlichkeitsrecht des Klägers betreffender Weise hierüber hinaus, und zwar auch dann, wenn man berücksichtigt, dass die Berichte einen Hinweis darauf enthalten, dass der Kläger die Redewendung häufiger „im Scherz“ benutzt hat. Denn Letzteres schließt allenfalls aus, dass der Kläger tatsächlich eine „vorauseilende Dauererektion“ hatte, nicht aber, dass er sich bereits vom Foto seiner Freundin sexuell erregt fühlte und eben dies gegenüber ihr andeuten wollte. Ein Bericht über eine private Kommunikation des Klägers mit derartigen Andeutungen über eine sexuelle Erregung betrifft mindestens die Privatsphäre des Klägers.
66b) Die Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts des Klägers sind rechtswidrig.
67aa) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt. Im Streitfall ist das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen (vgl. BGH, Urt. v. 30.09.2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534).
68bb) Das Interesse des Klägers an der Geheimhaltung seines den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffenden Verhaltens überwiegt das Interesse der Beklagten an einer Berichterstattung, insbesondere im Hinblick auf den von den Beklagten wörtlich wiedergegebenen Kommentar.
69(1) Zwar erfolgte der (erste) Einbruch in die Vertraulichkeitssphäre nicht durch die Beklagten, weil nicht sie den Kläger identifiziert, sondern die Identifizierung des Klägers durch eine andere Person ausgenutzt haben. Die Beklagten haben den Einbruch in die Vertraulichkeitssphäre des Klägers jedoch vertieft, weil sie dessen anonym abgegebenen, seine Privatsphäre betreffenden Kommentar in die Öffentlichkeit getragen haben.
70(2) Dem steht kein hinreichendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit gegenüber; erst Recht haben die Informationen keinen hohen "Öffentlichkeitswert" (vgl. BGH, Urt. v. 30.09.2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534).
71Zwar ist das Informationsinteresse der Öffentlichkeit durch die prominente Stellung des Klägers erhöht (vgl. BGH, Urt. v. 19.03.2013 - VI ZR 93/12 -, NJW 2013, 1681) und darf über diesen als prominente Person in größerem Umfang berichtet werden, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen ergibt, die einer Veröffentlichung entgegenstehen (vgl. BGH, Urt. v. 01.07.2008 - VI ZR 243/06 -, NJW 2008, 3138).
72Es ist jedoch nicht ersichtlich, welches Interesse an einer Berichterstattung über die Einzelheiten der privaten Kommunikation des Klägers mit der Blogbetreiberin bestehen sollte, zumal die Beklagten darüber, dass der Kläger Beziehungen zu mehreren Frauen hatte, über den von den Beklagten in den Vordergrund gerückten Untreuevorwurf sowie letztlich auch über die Kontaktanbahnung über das Internet, ja sogar über die Art und Weise des Auffindens der neuen Freundin durch die - vom Kläger betrogene - frühere Freundin des Klägers auch hätten berichten können, ohne die Einzelheiten der privaten Kommunikation wörtlich wiederzugeben.
73Dabei verkennt der Senat nicht, dass es den Medien selbst obliegt, nach publizistischen Kriterien über Gegenstand und Inhalt ihrer Berichterstattung sowie darüber zu entscheiden, was öffentliches Interesse beansprucht (vgl. BGHZ 178, 213; BVerfGE 120, 180). Die Gewichtung des Informationsinteresses zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen obliegt im Fall eines Rechtsstreits jedoch den Gerichten (vgl. BGHZ 178, 213; BVerfGE 120, 180).
74Insbesondere der Wortlaut des Kommentars hatte indes keinen maßgebenden Informationswert für die Öffentlichkeit, weder im Zusammenhang mit den ursprünglich gegen den Kläger erhobenen strafrechtlichen Vorwürfen noch mit Rücksicht auf die Bekanntheit des Klägers in der Öffentlichkeit und seiner damit verbundenen Leitbild- und Kontrastfunktion. Dem wörtlichen Zitat kommt daher weder ein besonderer Dokumentationswert im Rahmen der Berichterstattung zu noch dient es dem Beleg und der Verstärkung des Aussagegehalts; es hat deswegen weder besondere Überzeugungskraft noch kommt ihm erhebliche Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung zu (vgl. BGH, Urt. v. 30.09.2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534).
75Vielmehr dient ein Bericht über die (häufige) Verwendung der nicht alltäglichen Redewendung durch den Kläger allein der Befriedigung der Neugier der Öffentlichkeit. Zugleich geht es in der Sache um mehr als eine bloße Indiskretion der Adressatin des vom Kläger verfassten Kommentars, weil eben nicht nur die Privatheit und Vertraulichkeit der Kommunikation des Klägers mit der Blogbetreiberin betroffen ist (vgl. BGH, Urt. v. 10.03.1987 - VI ZR 244/85 -, NJW 1987, 2667), sondern angesichts dessen, dass der wiedergegebene Kommentar sich auf den Kläger bezieht und die Andeutung einer sexuellen Erregung enthält, über den Kernbereich des Privatlebens des Klägers berichtet wird. Mit dem Landgericht ist der Senat dabei der Auffassung, dass die wörtliche Wiedergabe des Zitats einen eigenständigen Eingriff begründet. Nicht nur wegen der wörtlichen Wiedergabe des vom Kläger verfassten, allein an seine „neue Freundin“ gerichteten Gedankeninhalts selbst, sondern auch wegen dessen Inhalts, nämlich der Andeutung einer sexuellen Erregung des Klägers gegenüber der Blogbetreiberin, haben die Berichte einen anderen Aussagewert und waren auch und insbesondere angesichts des gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Vorwurfs geeignet, das Bild des Klägers in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen, nämlich ihm einen - starken und rücksichtslosen - Sexualtrieb zu unterstellen.
76cc) Die Berichterstattung ist auch nicht aufgrund einer - sich auf den Gegenstand der streitgegenständlichen Berichterstattung beziehenden - „Selbstöffnung“ des Klägers durch dessen Auftreten in der Öffentlichkeit vor und nach dem Strafverfahren sowie währenddessen gerechtfertigt. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Erwägungen des Landgerichts verwiesen werden; der Kläger hat sich jedenfalls nicht im Hinblick auf seine privaten Beziehungen und schon gar nicht hinsichtlich privater Kommunikation mit sexuellen Andeutungen geöffnet.
77c) Schließlich stellen die streitgegenständlichen Veröffentlichungen keine zulässigen Verdachtsberichterstattungen dar. Vielmehr steht der persönliche Blog-Eintrag des Klägers in keinem (hinreichenden) Zusammenhang mit dem gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren, was aber Voraussetzung einer zulässigen Verdachtsberichterstattung ist (vgl. BGH, Urt. v. 19.03.2013 - VI ZR 93/12 -, NJW 2013, 168; Senat, Urt. v. 15.11.2011 ‑ 15 U 60/11 -, AfP 2012, 66).
78Ob der Kläger in einer privaten Kommunikation mit einer Freundin Andeutungen über seine sexuelle Erregung unter Verwendung einer bestimmten Redewendung macht, ist für den im Ermittlungs- und Strafverfahren ursprünglich erhobenen Vorwurf der Vergewaltigung ohne Belang. Zwar versuchen die Beklagten einen Bezug zum Strafverfahren herzustellen, indem sie auf private Kommunikation zwischen dem Kläger und der dortigen Nebenklägerin sowie weiteren Frauen in Bezug nehmende Erwägungen des Landgerichts Mannheim dazu verweisen, wie der Kläger die Anbahnung und den weiteren Verlauf seiner Beziehung zur Nebenklägerin im Strafverfahren dargestellt hat. Dass überhaupt und - wenn ja - welchen Wert die wörtliche Wiedergabe des Kommentars des Klägers für den Vorwurf der Vergewaltigung oder auch nur die in Bezug genommenen Erwägungen des Landgerichts im Strafurteil haben sollte, ist jedoch weder von den Beklagten dargetan noch anderweit ersichtlich. Hinzu kommt, dass zum Zeitpunkt der Berichterstattung nicht einmal die Hauptverhandlung eröffnet und damit auch nicht abzusehen war, in welchem Umfang die Strafkammer die private Kommunikation des Klägers mit der Nebenklägerin und seinen weiteren Partnerinnen in den Strafprozess oder gar in das Urteil überhaupt einbeziehen werden würde. Schließlich wurde unstreitig die von den Beklagten in Bezug genommene Kommunikation tatsächlich nicht öffentlich verhandelt und das den Kläger freisprechende Urteil (insoweit) nicht veröffentlicht.
793.
80Wegen der vom Landgericht zugesprochenen Kosten der anwaltlichen Abmahnungen kann zuletzt auf zutreffenden und nicht ergänzungsbedürftigen Erwägungen des Landgerichts verwiesen werden.
814.
82Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
835.
84Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Weder kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs; vielmehr hat der Senat im Einzelfall über Veröffentlichung unter Abwägung zwischen den Belangen der Parteien entschieden.
85Berufungsstreitwert: 100.000,00 €.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Tenor
1. Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, die nachfolgend wiedergegebenen Fotos des Klägers ohne dessen Zustimmung zu veröffentlichen und/oder sonst zu verbreiten:
(Es folgt eine Darstellung)
wenn dies geschieht, wie im Rahmen des in der Zeitung „Bild“ vom 7.2.2011 veröffentlichten Artikels mit der Überschrift „Geheimnisvolle Frau fährt ihn morgens zur Anwältin – Wer ist die Neue an Ls Steuer?“.
2. Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, die nachfolgend wiedergegebenen Fotos des Klägers ohne dessen Zustimmung zu veröffentlichen und/oder sonst zu verbreiten:
(Es folgt eine Darstellung)
wenn dies geschieht, wie im Rahmen des am 7.2.2011 auf bild.de veröffentlichten Artikels mit der Überschrift „Geheimnisvolle Frau fährt ihn morgens zur Anwältin – Wer ist die Neue an Ls Steuer?“.
3. Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, den Kläger von der Forderung der J Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung i.H.v. 606,30 EUR freizustellen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten jeweils zur Hälfte.
5. Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors zu 1. und zu 2. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 5.000,- EUR und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Kläger ist ein bekannter Wettermoderator, moderierte unter anderem die von ihm produzierte Sendung „A“ und hielt sein Privatleben stets vor der Öffentlichkeit verborgen. Ab Frühjahr 2010 wurde gegen ihn wegen des Verdachts der Vergewaltigung ermittelt. Vom 20.3.2010 bis zum 29.7.2010 befand sich der Kläger in Untersuchungshaft. Die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Mannheim begann am 6.9.2010. Am 31.5.2011 wurde der Kläger vom Vorwurf der schweren Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil von Claudia Dinkel freigesprochen. Das Urteil ist seit dem 7.10.2011 rechtskräftig. Die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe fanden in der Öffentlichkeit große Beachtung und waren Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen in verschiedenen Medien.
3Am 7.2.2011 veröffentlichten die Beklagte zu 1 zwei und die Beklagte zu 2 vier Fotografien des Klägers zur Bebilderung des sowohl in der Printausgabe als auch in der Online-Ausgabe der Bild-Zeitung erschienenen Artikels mit der Überschrift „Geheimnisvolle Frau fährt ihn morgens zur Anwältin – wer ist die Neue an Ls Steuer?“. Auf den Fotografien ist der Kläger auf einem Privatparkplatz im Innenhof der Kanzlei seiner damaligen Strafverteidigerin zum einen beim Aussteigen aus einem Fahrzeug der Marke Volvo und zum anderen beim Einsteigen in ein Fahrzeug der Marke BMW zu sehen, bevor er zum Landgericht Mannheim fuhr. Hinsichtlich der Einzelheiten der Artikel nebst Fotografien wird auf die Anlagen K10 und K12 Bezug genommen. Hinsichtlich der Örtlichkeit wird auf die Anlage K9 Bezug genommen.
4Vor der Veröffentlichung der streitgegenständlichen Fotografien hatte sich der Kläger zu seiner nunmehrigen Ehefrau nicht in der Öffentlichkeit geäußert und war auch nicht mit ihr gemeinsam aufgetreten.
5Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.2.2011 forderte der Kläger die Beklagte erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.
6Mit Beschlüssen vom 14.2.2011– Az. 28 O 107/11 – und vom 17.2.2011 – Az. 28 O 127/11 - hat die Kammer einstweilige Verfügungen erlassen, hinsichtlich deren Einzelheiten auf die Anlagen K14 und K15 Bezug genommen wird.
7Im Oktober 2012 veröffentlichte der Kläger ein Buch mit dem Titel „Z“.
8Der Kläger ist der Auffassung, dass die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Fotos unzulässig sei, da er in dieselbe nicht eingewilligt habe und es sich auch nicht um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handele. Die streitgegenständlichen Fotos wiesen vielmehr sowohl für sich genommen als auch im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung einen geringen Informationswert auf. So zeigten die Fotos ihn in einer für sich genommen völlig belanglosen privaten Situation, nämlich auf den Weg von seinem Auto zu seiner Strafverteidigerin. Dass er seine Strafverteidigerin aufgesucht habe, sei jedoch kein Ereignis, über das die Öffentlichkeit informiert werden müsse. Auch der dazugehörende Artikel enthalte keinerlei Informationen, welche die Verbreitung der Fotos als für die Öffentlichkeit bedeutsam erscheinen ließen. Insbesondere enthalte der Artikel keine relevanten Informationen zu den gegen ihn geführten Strafverfahren. Vielmehr beschränke sich der Artikel darauf, auf reißerische Art und Weise Spekulationen über die private Beziehung zwischen ihm und seiner nunmehrigen Ehefrau anzustellen, zu der er sich zum damaligen Zeitpunkt nicht geäußert habe. Die Informationen zum Strafverfahren erschöpften sich in nichtssagenden Allgemeinplätzen, die lediglich den Aufhänger und den Rahmen für die Mitteilung vermeintlich neuer Details aus seinem Privatleben bildeten.
9Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten unterstellte, dass es sich bei den Parkplatzfotos um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelte, wäre die entsprechende Veröffentlichung jedenfalls wegen seiner entgegenstehenden überwiegenden Interessen unzulässig. Denn er als Angeklagter in einem Strafverfahren stehe ohnehin unter einer enormen Anspannung, welche durch die massive Präsenz von Medienvertretern und Schaulustigen im Gerichtssaal noch ganz erheblich verstärkt worden sei. Deshalb sei er elementar darauf angewiesen gewesen, wenigstens außerhalb des Gerichtssaals für sich zu sein und sich frei von öffentlicher Beobachtung entspannen und sammeln zu können. Dies gelte in besonderem Maße für die Zeit unmittelbar vor dem Gerichtstermin. Schließlich falle ins Gewicht, dass die Fotos ausweislich der geringen Auflösung aus weiter Ferne, unter Verwendung eines Teleobjektivs heimlich sowie aufgrund beharrlicher Nachstellung entstanden seien.
10Der Kläger beantragt,
111. die Beklagte zu 1 zu verurteilen, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, die in der Anlage K1 wiedergegebenen Fotos des Klägers ohne dessen Zustimmung zu veröffentlichen und/oder sonst zu verbreiten,
12wenn dies geschieht, wie im Rahmen des in der Zeitung „Bild“ vom 7.2.2011 veröffentlichten Artikels mit der Überschrift „Geheimnisvolle Frau fährt ihn morgens zur Anwältin – Wer ist die Neue an Ls Steuer?“ geschehen;
132. die Beklagte zu 2 zu verurteilen, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, die in der Anlage K2 wiedergegebenen Fotos des Klägers ohne dessen Zustimmung zu veröffentlichen und/oder sonst zu verbreiten,
14wenn dies geschieht, wie im Rahmen des am 7.2.2011 auf bild.de veröffentlichten Artikels mit der Überschrift „Geheimnisvolle Frau fährt ihn morgens zur Anwältin – Wer ist die Neue an Ls Steuer?“ geschehen;
153. die Beklagte zu 1 zu verurteilen, den Kläger von der Forderung der J Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung i.H.v. 606,30 EUR freizustellen.
16Die Beklagten beantragen,
17die Klage abzuweisen.
18Die Beklagten behaupten, dass der Parkplatz, auf dem sich der Kläger bei der Anfertigung der streitgegenständlichen Fotos – unstreitig - befand, jedermann ohne weiteres zugänglich und durch die Hofeinfahrt für jeden Passanten oder Fahrzeugführer von der Straße aus einsehbar sei, ohne dass der Betrachter das Gelände betreten oder aber irgendwelche Sicht- oder sonstige Hindernisse überwinden müsse. Ebenso sei der Parkplatz für die Bewohner und Besucher der umstehenden Gebäude ohne Einschränkung einsehbar. Folglich habe sich der Kläger gerade nicht in einem Bereich befunden, der gegen Einblicke von außen geschützt gewesen sei. Soweit der Kläger die abgebildete Situation als „für sich genommen völlig belanglos“ bezeichne, machen sie sich diesen Vortrag zu Eigen. Demgegenüber werde – so meinen die Beklagten – keine private Situation abgebildet. Ein privater oder sonstiger Austausch, verbal oder nonverbal, mit anderen Personen finde nicht statt. Der Kläger gehe keiner privaten Betätigung nach, insbesondere keiner solchen zum Zwecke der Entspannung, der Erholung oder des Sich-Gehen-Lassens. Ferner sei der Kläger bei Fertigung der Fotografie weder körperlich noch verbal bedrängt worden.
19Zudem befasse sich die begleitende Wortberichterstattung ausdrücklich mit dem gegen den Kläger gerichteten Strafverfahren, gebe den Anklagevorwurf und Teile des Verlaufs der Hauptverhandlung wieder. Es sei auch unzutreffend, dass die in der Berichterstattung gestellte Frage, wer die Begleiterin des Klägers sei, seiner Privatsphäre zuzuordnen sein. Denn bei der Begleiterin des Klägers handelte es sich – unstreitig - um eine damalige Zeugin, welche im Verlaufe des Strafverfahrens vernommen wurde, und die jetzige Ehefrau des Klägers.
20Aufgrund der Tatsache, dass der Kläger eine „Person der Zeitgeschichte“ bzw. eine „prominente Person“ sei, über die eine Berichterstattung in einem weiten Umfang zulässig sei, und seine Privatsphäre nicht betroffen sei, da die streitgegenständlichen Fotografien den Kläger im öffentlichen Verkehrsraum zeigten und nicht in einer Situation der Entspannung oder des Zu-sich-selbst-Kommens, habe er eine identifizierende Berichterstattung über seine Person zu dulden, insbesondere, da es sich hierbei um skandalöse, sittlich oder rechtlich zu beanstandende Verhaltensweisen handele, wie sie Gegenstand des Strafverfahrens gegen den Kläger gewesen seien. Da sich jedoch die streitgegenständliche Wortberichterstattung mit dem Strafverfahren auseinandersetze, sei auch eine Bebilderung des Artikels mit für jedermann sichtbaren Umständen der aktuellen Terminswahrnehmung durch den Kläger zulässig.
21Ferner handele sich bei den streitgegenständlichen Fotografien um kontextgerechte Fotos, welche das Zeitgeschehen darstellten, da sie den äußerst prominenten Kläger in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren unmittelbar vor Verhandlungsbeginn an einem Prozesstag zeigten. Unerheblich sei es, ob die streitgegenständlichen Fotografien dazu dienten, die Authentizität der Wortberichterstattung zu unterstreichen oder aber die Aufmerksamkeit des Betrachters des Bildnisses auf die Wortberichterstattung über diese Umstände zu lenken.
22Schließlich sei die Ehefrau des Klägers zum Zeitpunkt der Klageerhebung aufgrund eines eigenen Entschlusses, durch die Co-Autorenschaft an dem öffentlich präsentierten Buch des Klägers und den damit verbundenen Medienauftritten selbst zur prominenten Person geworden. Jedenfalls seit diesem Zeitpunkt sei eine YBerichterstattung zulässig geworden, zumal der Kläger sich zu seiner nunmehrigen Ehefrau in diversen Medien geäußert habe.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe
25Die Klage ist begründet.
26Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Unterlassungsanspruch betreffend die beanstandeten Fotos gemäß den §§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 823 Abs.1 BGB und Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG bzw. i.V.m. §§ 823 Abs. 2 BGB, 22, 23 KUG.
27Das OLG Köln (Az. 15 U 126/13) hat zu vergleichbaren Fotografien hinsichtlich des Prüfungsmaßstabes ausgeführt:
28„a) (…) Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen ist nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG (vgl. BGH, NJW 2009, 3032 ff.) unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. – „Caroline von Monaco IV“) und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Schutzgehalt des Art. 8 Abs. 1 EMRK zu beurteilen (EGMR, NJW 2004, 2647 ff.).
29Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden, § 22 S. 1 KUG. Ohne eine solche Einwilligung, die hier unstreitig nicht gegeben ist, dürfen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) veröffentlicht werden, es sei denn, durch die Bildveröffentlichung werden berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt (§ 23 Abs. 2 KUG). Die Beurteilung, ob ein Bildnis dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zuzuordnen ist, erfordert eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus den Artikeln 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK andererseits (vgl. BGH, NJW 2009, 1499 ff.; BVerfG, NJW 2008, 173 ff. – „Caroline von Monaco“). Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der YBerichterstattung ist dabei Folgendes zu berücksichtigen:
30Es ist ein normativer Maßstab zugrunde zu legen, welcher die Pressefreiheit und zugleich den Schutz der Persönlichkeit und der Privatsphäre ausreichend berücksichtigt (vgl. BGH, NJW 2009, 757 ff.; VersR 2010, 673 ff.). Maßgebend ist hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitgeschehen. Der Begriff des Zeitgeschehens ist zugunsten der Pressefreiheit in einem weiten Sinn zu verstehen; er umfasst nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Ein Informationsinteresse besteht allerdings nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt (BGH, NJW 2009, 757 ff.; NJW 2010, 2432 ff.; VersR 2010, 1090 ff.).
31Bei der Gewichtung des Informationsinteresses im Verhältnis zu dem kollidierenden Persönlichkeitsschutz kommt dem Gegenstand der Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu. Entscheidend ist insbesondere, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen, oder ob sie - ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis - lediglich die Neugier der Leser befriedigen (BGH, NJW 2009, 1499 ff.; BVerfGE 101, 361 ff. – „Caroline von Monaco II“; BVerfG, VersR 2007, 849 ff.; BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. -– „Caroline von Monaco IV“).
32Der Informationsgehalt einer YBerichterstattung ist dabei in dem Gesamtkontext, in den das Personenbildnis gestellt ist, und unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung zu ermitteln. Daneben sind für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes der Anlass der YBerichterstattung und die Umstände in die Beurteilung mit einzubeziehen, unter denen die Aufnahme entstanden ist. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird (BGH, NJW 2009, 757 ff.; NJW 2010, 2432 ff.; BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. –„Caroline von Monaco IV“.).
33Zu berücksichtigen ist ferner, ob bei der Presseberichterstattung die Abbildung eines anlässlich eines zeitgeschichtlichen Ereignisses gefertigten Fotos nur zum Anlass für Ausführungen über eine Person genommen wird oder die Berichterstattung nur dazu dient, einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt. In solchen Fällen ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen (BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. – „Caroline von Monaco IV“).
34b)
35(…)
36Dabei ist zu beachten, dass der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zwar das Recht der Presse umfasst, nach ihren publizistischen Kriterien zu entscheiden, was öffentliches Interesse beansprucht. Indessen erfasst dieses Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung, wie das Informationsinteresse im Zuge der Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern zu gewichten und der Ausgleich zwischen den betroffenen Rechtsgütern herzustellen ist. Dies ist vielmehr in erster Linie Aufgabe der Zivilgerichte, die bei der Auslegung und Anwendung der zivilrechtlichen Vorschriften über die Zuordnung unterschiedlicher rechtlich geschützter Interessen die Grundrechte des Grundgesetzes unter Berücksichtigung der Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention zu beachten haben, wobei die Gerichte im Rahmen dieser Abwägungsentscheidungen über einen Einschätzungsspielraum verfügen (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. – „Caroline von Monaco IV“).
37Vor diesem Hintergrund gilt das Folgende:
38Es kann offenbleiben, ob der Kläger eine Stellung als „prominente Person“ oder „Person des öffentlichen Lebens“ innehat. Denn die YBerichterstattung ist nicht schon deshalb zulässig, weil es sich bei dem Kläger um eine prominente Person handelte. Auch bei der Berichterstattung über Prominente ist eine Abwägung der kollidierenden Rechtspositionen erforderlich, wenn auch der Schutzbereich der Pressefreiheit auch unterhaltende Beiträge über das Privat- und Alltagsleben der Prominenten umfasst. Auch hier ist der Gegenstand der Berichterstattung von maßgeblicher Bedeutung, so etwa die Frage, ob private Angelegenheiten ausgebreitet werden, die lediglich die Neugier befriedigen. Ferner sind auch dann bei der YBerichterstattung der Anlass sowie die Umstände von Bedeutung, unter denen die Aufnahme entstanden ist (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. –„Caroline von Monaco IV“; BGH, NJW 2007, 1977 ff.).
39Die Fotos des Klägers als solche haben keinen eigenständigen Informationswert, da sie lediglich den Kläger beim Ein- bzw. Aussteigen und eine damals unbekannte Person, welche ihn zu seiner Strafverteidigerin bringt, sowie seiner Strafverteidigerin abbilden, ohne dass erkennbar ist, wo er sich befindet.
40Allerdings ist es ausreichend, dass die Fotos ihren Informationswert aus der dazugehörigen Wortberichterstattung beziehen (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. - „Caroline von Monaco IV“).
41In beiden streitgegenständlichen Wortberichterstattungen werden die damals aktuellen Vorgänge des Strafverfahrens des Klägers zumindest am Rande thematisiert, wobei der Schwerpunkt der Artikel – belegt durch die Überschrift - darin liegt, die Frage nach der Identität der Person, welche den Kläger zu seiner Strafverteidigerin bringt, und deren Beziehung zum Kläger aufzuwerfen. Beide Berichte befassen sich zwar auch mit dem Strafverfahren gegen den Kläger, welches in der Öffentlichkeit aufgrund der Bekanntheit des Klägers und der Schwere der Tat seinerzeit auf großes Interesse stieß, sowie mit dem Umstand, dass der Kläger von seiner Strafverteidigern zu den Hauptverhandlungsterminen gefahren wird, haben ihren Schwerpunkt jedoch überwiegend in Spekulationen über das Privatleben des Klägers.
42Den Fotos kann demzufolge der erforderliche Bezug zu den Wortberichterstattungen nicht abgesprochen werden.
43Denn der Kläger wird hier als Angeklagter in einem im Fokus der Öffentlichkeit stehenden Strafverfahren abgebildet, welches auch Gegenstand der Wortberichterstattung ist (vgl. BGH, NJW 2012, 763 ff.- Die INKA Story“). Die Fotos haben hier jeweils auch die zulässige Funktion, die Aufmerksamkeit des Lesers für den Wortbericht zu wecken, der wiederum auch Informationen über eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte enthält (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. – „Caroline von Monaco IV“; BGH, NJW 2009, 1503 ff).
44Ein über das Wecken von Interesse hinausgehendes Informationsinteresse der Fotos selbst besteht hinsichtlich des gegen den Kläger gerichteten Strafverfahrens, welches zweifellos von großem öffentlichen Interesse ist, hingegen nicht, da in den streitgegenständlichen Berichten insofern kein inhaltlicher Bezug auf die durch das Foto abgebildete Situation genommen wird.
45Ein inhaltlicher Bezug der Wortberichterstattung zu den Fotografien besteht allein hinsichtlich der die Privatsphäre des Klägers betreffenden Frage nach der Identität der ihn fahrenden Person und seiner Beziehung zu dieser sowie hinsichtlich des Umstandes, dass der Kläger von seiner Strafverteidigerin von der Kanzlei zu den jeweiligen Gerichtsterminen gefahren wird.
46Trotz der nicht zu verneinenden Bedeutung der Berichterstattung für die öffentliche Meinungsbildung überwiegt allerdings in beiden Fällen das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit gegenüber dem Berichterstattungsinteresse an einer solcherart bebilderten Mitteilung der Inhalte des Strafverfahrens, insbesondere des Gelangens zu den Hauptverhandlungsterminen, bzw. der Spekulation über seine Beziehung zu einer damals unbekannten Frau.
47Zwar tritt das Schutzinteresse des Betroffenen hinter die Informationsbelange zurück, je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist (vgl. BVerfG NJW 2008, 1793 ff. – „Caroline von Monaco IV“).
48Jedoch ist hier zu berücksichtigen, dass die Bebilderung weder den Aussagegehalt der Wortberichterstattung hinsichtlich der mitgeteilten Informationen über das Strafverfahren erweitert noch die Authentizität des Geschilderten insoweit unterstreicht.
49Anders ist dies hinsichtlich der mitgeteilten Information, dass der Kläger von seiner Strafverteidigerin zu den Hauptverhandlungsterminen gefahren wird und des Umstandes, dass der Kläger von einer bisher nicht in der Öffentlichkeit bekannten Frau zur Kanzlei seiner Strafverteidigerin gefahren wird. Insofern wird die Wortberichterstattung durch die streitgegenständlichen Fotos belegt und deren Authentizität unterstrichen.
50Gleichwohl ist jedoch bei der im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorzunehmenden Abwägung auf Seiten des Klägers zu berücksichtigen, dass die Fotos den Kläger in erheblicher Weise in seiner Privatsphäre verletzen.
51Der Schutz der Privatsphäre hat verschiedene Dimensionen. In thematischer Hinsicht betrifft er insbesondere solche Angelegenheiten, die von dem Grundrechtsträger einer öffentlichen Erörterung oder Zurschaustellung entzogen zu werden pflegen. In räumlicher Hinsicht gehört zur Privatsphäre ein Rückzugsbereich des Einzelnen, der ihm insbesondere im häuslichen, aber auch im außerhäuslichen Bereich die Möglichkeit des Zu-Sich-Selbst-Kommens und der Entspannung sichert und der das Bedürfnis verwirklichen hilft, "in Ruhe gelassen zu werden". Dabei lassen sich die Grenzen der geschützten Privatsphäre nicht generell und abstrakt festlegen (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. – „Caroline von Monaco IV“; BGH, NJW 2012, 763 ff. – „Die INKA Story“).
52Soweit die Beklagten vorgetragen haben, dass das Strafverfahren öffentlich und der Kläger damit thematisch nur in seiner Sozialsphäre betroffen sei, überzeugt dies nicht.
53Sofern sich nämlich die begleitende Wortberichterstattung mit Spekulationen über die Beziehung des Klägers zu der damals unbekannten Frau befasst, ist bereits thematisch die Privatsphäre des Klägers betroffen, da auch Beziehungen einer „prominenten Person“ ihrer Privatsphäre zuzuordnen sind, solange und sofern keine Selbstöffnung erfolgt.
54Sofern sich die begleitende Wortberichterstattung am Rande mit dem Inhalt des Strafverfahrens befasst, ist dies nicht von Belang, da insofern nicht die thematische Dimension der Privatsphäre Anknüpfungspunkt für die Rechtsverletzung des Klägers ist, sondern deren räumliche Dimension.
55Für die Annahme einer Verletzung der Privatsphäre ist nicht erforderlich, dass beide Dimensionen kumulativ betroffen sind. So setzt der Schutz vor Abbildungen in der räumlich geschützten Privatsphäre nicht erst dann ein, wenn der Betroffene dort ein Verhalten an den Tag legt, das er unter den Augen der Öffentlichkeit vermeiden würde. Die örtliche Abgeschiedenheit vermag ihre Schutzfunktion für die Persönlichkeitsentfaltung vielmehr nur dann zu erfüllen, wenn sie dem Einzelnen ohne Rücksicht auf sein jeweiliges Verhalten einen Raum der Entspannung sichert, in dem er nicht mit der Anwesenheit von Fotografen oder Kameraleuten rechnen muss (BVerfGE 101, 361 ff. – „Caroline von Monaco II“).
56Vorliegend hatte sich der Kläger auf einem im Innenhof befindlichen Parkplatz der Kanzleiräume seiner Strafverteidigerin aufgehalten, um sodann mit dieser gemeinsam das Landgericht aufzusuchen. Der Umgang mit dem eigenen Strafverteidiger ist im Falle eines laufenden Strafverfahrens jedoch thematisch der Privatsphäre zuzuordnen, da die Erörterung des Strafverfahrens der Öffentlichkeit entzogen werden soll. Muss für die Interaktion mit der Strafverteidigerin deren Kanzlei aufgesucht werden, so wird die Kanzlei und auch deren unmittelbares Umfeld von der räumlichen Dimension der Privatsphäre erfasst.
57Es kann nicht generell und abstrakt festgelegt werden, wo die räumlichen Grenzen der geschützten Privatsphäre außerhalb des Hauses verlaufen. Vielmehr muss anhand der jeweiligen Beschaffenheit des Ortes bestimmt werden, ob der Einzelne sich in einer Situation befindet, in der er begründetermaßen und somit auch für Dritte erkennbar davon ausgehen darf, den Blicken der Öffentlichkeit nicht ausgesetzt zu sein. Im Kern geht es um einen Raum, in dem er die Möglichkeit hat, frei von öffentlicher Beobachtung und damit der von ihr erzwungenen Selbstkontrolle zu sein, auch ohne dass er sich dort notwendig anders verhielte als in der Öffentlichkeit. Dafür ist ausreichend, dass es sich um eine Örtlichkeit handelt, die jedenfalls von der breiten Öffentlichkeit deutlich abgeschieden und geeignet ist, sich in einer von öffentlicher Beobachtung freien Weise zu bewegen (BVerfGE 101, 361 ff.- „Caroline von Monaco II “).
58Bei dem hier in Rede stehenden Parkplatz im Innenhof der Kanzlei der Strafverteidigerin des Klägers handelt es sich um einen Privatparkplatz, der unstreitig überwiegend von Gebäuden umschlossen ist und nur durch eine etwas mehr als fahrzeugbreite Tordurchfahrt unter einem Haus hindurch zu erreichen ist. Es handelte sich klar erkennbar nicht um einen öffentlichen, von einer Vielzahl von Menschen frequentierten und einzusehenden Parkplatz. Die Tatsache, dass der Ort von einer eingeschränkten Personenanzahl einsehbar ist, schließt die Annahme einer Abgeschiedenheit nicht aus (BVerfGE 101, 361 ff.- „Caroline von Monaco II). Auch die Tatsache, dass der Kläger in einer alltäglichen Situation beim Aus- bzw. Einsteigen abgebildet ist – eine Handlung, die der Kläger in anderem Zusammenhang sicherlich auch öffentlich tätigt - und die Bebilderung als solche den Kläger nicht in negativem Licht erscheinen lässt, ändert nichts daran, dass im hier gegebenen konkreten Fall der Kläger, der sich auf die Fahrt zum Hauptverhandlungsort mit seiner Verteidigerin vorbereitete, sich noch in einer Phase des Rückzugs vor öffentlicher Wahrnehmung befand. Der Kläger war im Verlauf des Strafverfahrens Gegenstand zahlreicher Wort- und YBerichterstattungen, die er zu vermeiden suchte. Wenn auch die Ankunft am Ort der Hauptverhandlung in Mannheim bereits dem Strafverfahren selbst und damit dem der öffentlichen Berichterstattung zugänglichen Geschehen zuzuordnen sein dürfte, so zählt das Zusammentreffen mit der Verteidigerin in deren Kanzlei bzw. die Vorbereitung dazu noch zu dem der Privatsphäre zuzurechnenden Vorbereitungsstadium, in welchem die Privatsphäre des Klägers zu schützen ist.
59Demgegenüber ist zu berücksichtigen, dass das veröffentlichte Foto im Hinblick auf das in dem Beitrag thematisierte Strafverfahren nur von äußerst schwachem Informationswert ist. Denn die Bildinformation, dass der Kläger vor dem Antritt seines Wegs zur Hauptverhandlung - wie auf dem Foto dargestellt – von seiner Strafverteidigerin zur Hauptverhandlung gefahren wird, ist banal und von nur geringem Informationswert und durch weniger in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht eingreifende Fotos im unmittelbaren Umfeld des Gerichtsgebäudes darstellbar.
60Sofern die Wortberichterstattung den Abschied des Klägers von einer damals unbekannten Frau und Spekulationen über seine Beziehung zu dieser betrifft, ist durch die erfolgte Bebilderung – wie bereits dargestellt – der thematische Bereich der Privatsphäre betroffen. Insofern vermag die Kammer kein die Privatsphäre des Klägers überwiegendes Berichterstattungsinteresse erkennen, welches eine Bebilderung einer Abschiedsszene des Klägers mit einer damals in der Öffentlichkeit unbekannten Frau rechtfertigen könnte.
61Es besteht schließlich auch die für den Unterlassungsanspruch in materieller Hinsicht vorauszusetzende Wiederholungsgefahr. Diese wird mit dem Vorliegen des nach den vorstehenden Ausführungen zu bejahenden Verletzungstatbestandes bzw. rechtswidrigen Eingriffs in das Recht des Klägers am eigenen Bild vermutet und entfällt in aller Regel nur durch die Abgabe einer – hier jedoch nicht vorliegenden – strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung des Verletzers. Zwar kann die Wiederholungsfahr ausnahmsweise auch ohne eine solche Unterlassungserklärung ausgeräumt sein, wenn eine Veränderung in den die Rechtsverletzung prägenden Umständen eintritt, aufgrund der eine erneute Begehung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Falles außerhalb vernünftiger Lebenswahrscheinlichkeit liegt (Burkhardt in: Wenzel, Das Recht der Wort- und YBerichterstattung, 5. Auflage 2003, 12. Kapitel, Rn. 19).
62Eine solche Situation liegt hier jedoch nicht vor.
63Nach dem Abschluss des Strafverfahrens gegen den Kläger und dessen rechtskräftigem Freispruch liegt zwar eine erneute aktuelle YBerichterstattung wie im gegebenen Fall fern. Dessen ungeachtet ist aber angesichts der digitalen und langfristigen Speicherungsmöglichkeiten eine Wiederholung der identischen YBerichterstattung durch die Beklagte etwa im Rahmen künftiger, sich mit dem gegen den Kläger geführten Strafprozess befassender retrospektiver Berichterstattung nicht außerhalb vernünftiger Lebenswahrscheinlichkeit angesiedelt, zumal die Beklagte den Standpunkt vertritt, dass die YBerichterstattung zulässig sei.
64Auch dass die Ehefrau des Klägers nunmehr in der Öffentlichkeit bekannt ist, führt nicht dazu, dass die streitgegenständliche YBerichterstattung zulässig würde. Denn es ist nicht von Belang, ob der Kläger von einer unbekannten Frau oder seiner Ehefrau zu seiner Strafverteidigerin gefahren wird und sich auf dem Privatparkplatz von jener verabschiedet. In beiden Fällen überwiegt seine Privatsphäre, insbesondere sein Recht, sich unbeobachtet von seiner Begleitung verabschieden zu können, das Berichterstattungsinteresse der Beklagten. Zwar mag insofern der räumliche Bereich der Privatsphäre stärker in den Vordergrund treten. Dennoch überwiegt auch unter Berücksichtigung des Umstandes der mittlerweile vorhandenen Bekanntheit der Ehefrau des Klägers seine Privatsphäre und die Erwartung, dass trotz des grundsätzlichen Interesses der Öffentlichkeit auch an seinem Privatleben, welches von dem Kläger und seiner Ehefrau durch öffentliche Auftritte und die Veröffentlichung des Buches geschürt wurde, Momente der Zurückgezogenheit – wie ein Abschied auf einem den Blicken der Öffentlichkeit entzogenen Privatparkplatz – nicht durch Fotografien an die Öffentlichkeit gelangen.
652.
66Der Freistellungsanspruch folgt aus den §§ 823 Abs. 1, 257 BGB in der seitens des Klägers zutreffend berechneten Höhe.
673.
68Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 100 Abs. 1, 709 ZPO.
69Streitwert: 80.000,- EUR (2 x 40.000,- EUR)
70Rechtsbehelfsbelehrung:
71Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
72a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
73b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
74Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
75Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.
76Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
77Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Tenor
1.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 24.04.2013, Az.: 28 O 371/12, wird zurückgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtstreits der zweiten Instanz tragen die Beklagten.
3.
Dieses Urteil und das landgerichtliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich der Unterlassungsansprüche zu Ziffer 1. und 2. des Tenors gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 5.000,00 €, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.
4.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e:
2I.
3Die Parteien streiten über Bildberichterstattungen der Beklagten. Die Beklagte zu 1) betreibt ein Verlagsunternehmen und gibt u.a. die Zeitung „C“ heraus. Die Beklagte zu 2) betreibt die Onlineausgabe der C-Zeitung, das Online-Portal „C.de“. Der Kläger ist ein bekannter Journalist und Unternehmer. Bis März 2010 moderierte er u.a. die von ihm produzierte Sendung „ Das Wetter im Ersten“. Ab Frühjahr 2010 wurde gegen ihn wegen des Verdachts der Vergewaltigung ermittelt. Vom 20.03.2010 bis zum 29.07.2010 befand sich der Kläger in Untersuchungshaft. Die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Mannheim begann am 06.09.2010. Am 31.05.2011 wurde der Kläger rechtskräftig freigesprochen. Das gegen den Kläger gerichtete Strafverfahren fand in der Öffentlichkeit große Beachtung und war Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen in einer Vielzahl von Medien.
4Am 03.03.2011 veröffentlichte die Beklagte zu 2) unter der Überschrift „Ls Ex-Geliebte muss erneut aussagen“ einen Artikel auf der von ihr betriebenen Internetseite www.C.de, den sie mit einem Foto des Klägers bebilderte, wobei sie das Foto mit der Bildunterschrift „Wettermoderator L (52) Donnerstag auf dem Weg zum Prozess“ versah. Das Foto zeigt den Kläger vor der Hauptverhandlung auf dem Parkplatz der Kanzlei T & Kollegen in I anlässlich eines Besuches bei seiner Strafverteidigerin Frau D. Wegen der Einzelheiten des Fotos und des Artikels wird auf die Anlage K 2, Bl. 7 GA, und K 5, Bl. 11 f. GA, zur Klageschrift Bezug genommen. Der Parkplatz befindet sich in einem Innenhof, der nur durch eine Toreinfahrt einsehbar und im Übrigen von mehrstöckigen Wohnhäusern umgeben ist. Wegen der Einzelheiten der Örtlichkeiten wird auf das Luftbild Bl. 10 GA und die Fotos Bl. 110 ff. GA Bezug genommen.
5Am 04.03.2011 veröffentlichte die Beklagte zu 1) in der Zeitung „C“ im Rahmen eines Artikels mit der Überschrift „Muss Ls Ex nochmal vor Gericht?“ einen kleineren Ausschnitt desselben Bildes, den sie mit der Innenschrift „Wettermoderator L (52) gestern auf dem Weg zum Prozess“ versah. Wegen der Einzelheiten dieses Fotos und des Artikels wird auf die Anlagen zur Klageschrift K1 und K3, Bl. 7 und 9 GA, verwiesen.
6Der Kläger mahnte die Beklagten wegen dieser Fotos mit anwaltlichen Schreiben vom 04.03.2011 und 08.03.2011 ab. Die Veröffentlichung der Fotos wurde den Beklagten auf Antrag des Klägers durch Beschlüsse des Landgerichts Köln vom 11.03.2011 im Wege einstweiliger Verfügungen untersagt.
7Mit dem vorliegenden Hauptsacheverfahren verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren weiter und macht die Freistellung von vorprozessual entstandenen Rechtsanwaltskosten geltend. Der Kläger hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, durch die Bildveröffentlichung in seinem Recht am eigenen Bild verletzt worden zu sein. Das Foto zeige ihn auf dem Parkplatz seiner Strafverteidigerin und daher in einer erkennbar privaten Situation. Es handele sich auch nicht um ein zeitgeschichtliches Ereignis. Der Innenhof sei gegen Einblicke weitgehend geschützt, so dass er sich vor Nachstellungen durch die Presse habe sicher fühlen dürfen. Die Umstände der Anfertigung des Fotos seien geeignet, das Mandatsverhältnis zwischen ihm und seiner Strafverteidigerin zu stören, wenn er auch in diesem Rückzugsbereich damit rechnen müsse, fotografiert zu werden.
8Die Beklagten haben die Ansicht vertreten, der Kläger müsse schon wegen der Leitbildfunktion prominenter Personen die identifizierende Berichterstattung grundsätzlich dulden. Gewichtige Gründe, die ein Verbot dennoch rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich. Insbesondere liege kein rechtswidriger Eingriff in die Privatsphäre des Klägers vor. Die Fotografie sei von der gegenüberliegenden Straßenseite aufgenommen worden, als sich der Kläger neben einem Fahrzeug in der Hofeinfahrt befunden habe, wo er für jeden Passanten auf der Straße sichtbar gewesen sei. Der Kläger sei im Begriff gewesen, das Gelände zu verlassen, um zum Landgericht Mannheim zu fahren. Insoweit werde der Kläger allenfalls in seiner Sozialsphäre betroffen. In dieser aber müsse er die Bildveröffentlichungen dulden. Das Bildnis selbst sei kontextneutral und bebildere ein zeitgeschichtliches Ereignis, indem es den Kläger in unmittelbarem Zusammenhang mit dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren zeige. Dass das Bild das zeitgeschichtliche Ereignis selbst abbilde, sei nicht erforderlich.
9Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, dass das Bild selbst kein Ereignis der Zeitgeschichte abbilde. Dass der Kläger sich vor einer Strafverhandlung zu seiner Verteidigerin begebe, sei kein Ereignis der Zeitgeschichte, sondern eine alltägliche Selbstverständlichkeit. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der zu berücksichtigenden begleitenden Wortberichterstattung über die Ereignisse des Strafverfahrens gegen den Kläger. Das Bild stehe damit nicht in Zusammenhang. Es ergänze weder die Wortberichterstattung noch erweitere es deren Aussagegehalt und unterstreiche auch nicht die Authentizität des Geschilderten. Soweit ein von Art. 5 Abs. 1 GG geschütztes Informationsanliegen auch darin liegen könne, durch Beigabe von Bildnissen der an dem berichteten Geschehen beteiligten Personen die Aufmerksamkeit des Lesers für den Wortbericht zu wecken, so würden jedenfalls die berechtigten Interessen des Klägers überwiegen. Die Voraussetzungen für die Verwendung von kontextneutralen Bildern lägen nicht vor. Der Kläger sei in seiner Privatsphäre betroffen. Auch wenn der Strafprozess öffentlich sei, sei die Vorbereitung des Klägers auf diesen gleichwohl seinem privaten Bereich zuzuordnen. Hinzu komme, dass das Bildnis heimlich angefertigt und der Kläger dadurch Nachstellungen ausgesetzt worden sei, die das Mandatsverhältnis zu seiner Verteidigerin beeinträchtigen könnten.
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes, des erstinstanzlichen Vortrages und der Anträge der Parteien sowie der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
11Mit der Berufung wenden sich die Beklagten gegen ihre Verurteilung. Sie vertreten die Ansicht, das Landgericht habe bei seiner Entscheidung die im Rahmen des § 23 KUG vorzunehmende Abwägung rechtsfehlerhaft durchgeführt. Zunächst habe es die Wortberichterstattung und deren Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung verkannt. Ein Bezug der Bebilderung zu der Wortberichterstattung ergebe sich schon aus dem Umstand, dass der Kläger als Angeklagter des Strafverfahrens, über das berichtet werde, gezeigt werde. Ferner habe das Landgericht im Rahmen der Abwägung den Schutzbereich der Privatsphäre verkannt und eine Verletzung der solchen zu Unrecht angenommen. Die Privatsphäre sei im außerhäuslichen Bereich thematisch nur geschützt, wenn der Betroffene auch tatsächlich in einer konkreten Situation der Entspannung abgelichtet werde. Dies sei hier nicht der Fall. Es handele sich auch räumlich nicht um einen Rückzugsbereich, sondern um einen öffentlichen Verkehrsraum.
12Die Beklagten beantragen,
13unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 24. April 2013 zur Geschäftsnummer 28 O 371/12 die Klage abzuweisen.
14Der das angefochtene Urteil verteidigende Kläger beantragt,
15die Berufung zurückzuweisen.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschrift vom 15.10.2013 verwiesen.
17II.
18Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
191.
20Das Landgericht hat zu Recht einen Unterlassungsanspruch des Klägers betreffend die beanstandeten Fotos als begründet angesehen. Dieser ergibt sich entsprechend § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 823 Abs.1 BGB bzw. i.V.m. §§ 823 Abs. 2 BGB, 22, 23 KUG.
21a)
22Das verwendete Foto des Klägers stellt ein Bildnis i.S.d. § 22 KUG dar. Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen ist nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG (vgl. BGH, NJW 2009, 3032 ff.) unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. – „Caroline von Monaco IV“) und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Schutzgehalt des Art. 8 Abs. 1 EMRK zu beurteilen (EGMR, NJW 2004, 2647 ff.).
23Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden, § 22 S. 1 KUG. Ohne eine solche Einwilligung, die hier unstreitig nicht gegeben ist, dürfen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) veröffentlicht werden, es sei denn, durch die Bildveröffentlichung werden berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt, (§ 23 Abs. 2 KUG). Die Beurteilung, ob ein Bildnis dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zuzuordnen ist, erfordert eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus den Artikeln 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK andererseits (vgl. BGH, NJW 2009, 1499 ff.; BVerfG, NJW 2008, 173 ff. – „Caroline von Monaco“). Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Bildberichterstattung ist dabei nach stetiger Rechtsprechung (vgl. u.a. Urteile des Senates vom 20.03.2012, Az. 15 U 184/11, und 03.07.2012, Az. 15 U 205/11) Folgendes zu berücksichtigen:
24Es ist ein normativer Maßstab zugrunde zu legen, welcher die Pressefreiheit und zugleich den Schutz der Persönlichkeit und der Privatsphäre ausreichend berücksichtigt (vgl. BGH, NJW 2009, 757 ff.; VersR 2010, 673 ff.). Maßgebend ist hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitgeschehen. Der Begriff des Zeitgeschehens ist zugunsten der Pressefreiheit in einem weiten Sinn zu verstehen; er umfasst nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Ein Informationsinteresse besteht allerdings nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt (BGH, NJW 2009, 757 ff.; NJW 2010, 2432 ff.; VersR 2010, 1090 ff.).
25Bei der Gewichtung des Informationsinteresses im Verhältnis zu dem kollidierenden Persönlichkeitsschutz kommt dem Gegenstand der Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu. Entscheidend ist insbesondere, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen, oder ob sie - ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis - lediglich die Neugier der Leser befriedigen (BGH, NJW 2009, 1499 ff.; BVerfGE 101, 361 ff. – „Caroline von Monaco II“; BVerfG, VersR 2007, 849 ff.; BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. -– „Caroline von Monaco IV“).
26Der Informationsgehalt einer Bildberichterstattung ist dabei in dem Gesamtkontext, in den das Personenbildnis gestellt ist, und unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung zu ermitteln. Daneben sind für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes der Anlass der Bildberichterstattung und die Umstände in die Beurteilung mit einzubeziehen, unter denen die Aufnahme entstanden ist. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird (BGH, NJW 2009, 757 ff.; NJW 2010, 2432 ff.; BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. –„Caroline von Monaco IV“.).
27Zu berücksichtigen ist ferner, ob bei der Presseberichterstattung die Abbildung eines anlässlich eines zeitgeschichtlichen Ereignisses gefertigten Fotos nur zum Anlass für Ausführungen über eine Person genommen wird oder die Berichterstattung nur dazu dient, einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt. In solchen Fällen ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen (BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. – „Caroline von Monaco IV“).
28b)
29Unter Berücksichtigung der im Rahmen dieser Abwägung maßgeblichen Umstände ist das Landgericht im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die schutzwürdigen Interessen des Klägers gegenüber den Interessen der Beklagten an einer solcherart bebilderten Berichterstattung überwiegen.
30Dabei ist zu beachten, dass der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zwar das Recht der Presse umfasst, nach ihren publizistischen Kriterien zu entscheiden, was öffentliches Interesse beansprucht. Indessen erfasst dieses Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung, wie das Informationsinteresse im Zuge der Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern zu gewichten und der Ausgleich zwischen den betroffenen Rechtsgütern herzustellen ist. Dies ist vielmehr in erster Linie Aufgabe der Zivilgerichte, die bei der Auslegung und Anwendung der zivilrechtlichen Vorschriften über die Zuordnung unterschiedlicher rechtlich geschützter Interessen die Grundrechte des Grundgesetzes unter Berücksichtigung der Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention zu beachten haben, wobei die Gerichte im Rahmen dieser Abwägungsentscheidungen über einen Einschätzungsspielraum verfügen (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. – „Caroline von Monaco IV“).
31aa)
32Soweit die Beklagten in der Berufung beanstanden, das Landgericht habe bei seiner Entscheidung ihre Ausführungen zu der Frage der Stellung des Klägers als „prominente Person“ oder „Person des öffentlichen Lebens“ übergangen, kommt es auf diese Frage nicht an.
33Die Bildberichterstattung wäre nicht schon allein deshalb zulässig, wenn es sich bei dem Kläger um eine prominente Person handeln würde. Auch bei Berichterstattungen über Prominente, bei denen der Schutzbereich der Pressefreiheit auch unterhaltende Beiträge über deren Privat- oder Alltagsleben und ihr soziales Umfeld umfasst, hat eine Abwägung der kollidierenden Rechtspositionen stattzufinden. Bei der Gewichtung des Informationsinteresses im Verhältnis zu dem kollidierenden Persönlichkeitsschutz kommt ebenfalls in diesen Fällen dem Gegenstand der Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu, so etwa der Frage, ob private Angelegenheiten ausgebreitet werden, die lediglich die Neugier befriedigen. Ferner sind auch dann bei der Bildberichterstattung der Anlass sowie die Umstände von Bedeutung, unter denen die Aufnahme entstanden ist (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. –„Caroline von Monaco IV“; BGH, NJW 2007, 1977 ff.).
34bb)
35Entgegen der Ansicht der Beklagten ist das Ergebnis der Abwägung des Landgerichts nicht zu beanstanden.
36Das Landgericht hat zum einen die Zulässigkeit der Bildberichterstattung deshalb abgelehnt, weil der Umstand, dass der Kläger sich vor einer Strafverhandlung zu seiner Verteidigerin begebe, kein Ereignis der Zeitgeschichte darstelle. Die begleitenden Wortberichterstattungen über die Ereignisse des Strafverfahrens, das ein zeitgeschichtliches Ereignis darstelle, könnten nicht herangezogen werden, weil das Bild damit nicht in Zusammenhang stehe. Weder ergänze es die Wortberichterstattung noch erweitere es deren Aussagegehalt oder unterstreiche die Authentizität des Geschilderten.
37Zunächst spricht das Landgericht dem Foto zu Recht einen eigenständigen Informationswert ab, da lediglich der Kläger selbst abgebildet ist, ohne dass erkennbar ist, wo er sich befindet. Dass sich der Kläger vor der Verhandlung mit der seiner Anwältin getroffen hat, ist der Berichterstattung nicht zu entnehmen. Das Foto selbst muss indessen - wie die Beklagten zu Recht beanstanden - keine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthalten, sondern kann seinen Informationswert gerade auch aus der dazu gehörenden Wortberichterstattung beziehen (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. –„Caroline von Monaco IV“). Der Informationsgehalt einer Bildberichtserstattung ist gerade in seinem Gesamtkontext und damit auch unter Berücksichtigung des Inhaltes der dazugehörigen Wortberichterstattung zu sehen (vgl. BGH, NJW 2009, 757 ff.; NJW 2009, 1503 ff.; NJW 2010, 2432 ff.; NJW 2012, 763 ff. – „Die INKA Story“). Die begleitenden Wortberichterstattungen befassen sich hier ausschließlich mit - damals aktuellen - Vorgängen im Rahmen des Strafverfahrens des Klägers, nämlich mit der Frage, ob eine Zeugin glaubhaft ist oder nicht und ob sie aufgrund neu gewonnener Erkenntnisse erneut zu vernehmen ist. Das Strafverfahren gegen den Kläger, insbesondere die Frage der Schuld oder Unschuld des die Tat bestreitenden Klägers, stieß damals in der Öffentlichkeit auf großes Interesse. Grund dafür war neben der Bekanntheit des Klägers auch der Inhalt des Vorwurfs der Vergewaltigung, weil an der Verfolgung von Straftaten solcher Art ein besonderes öffentliches Interesse besteht. Die in der Wortberichterstattung behandelte Frage der Glaubhaftigkeit der Aussage der Hauptbelastungszeugin war damit für die öffentliche Meinungsbildung von erheblicher Bedeutung.
38Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann dem Foto - in seinem jeweils verwendeten Ausschnitt - auch der erforderliche Bezug zu den Wortberichterstattungen nicht abgesprochen werden. Das Foto zeigt den Kläger als den Angeklagten des im Fokus der Öffentlichkeit stehenden Strafverfahrens, das Gegenstand der Wortberichterstattung ist (vgl. BGH, NJW 2012, 763 ff. – „Die INKA Story“). Zudem können Informationen – sofern sie Anlass für eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte sein können – es grundsätzlich auch rechtfertigen, die in dem Beitrag behandelten Personen im Bild darzustellen, etwa um die Aufmerksamkeit des Lesers für den Wortbericht zu wecken (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. – „Caroline von Monaco IV“; BGH, NJW 2009, 1503 ff.). Diese Funktion hat das Foto hier unzweifelhaft.
39Trotz der insgesamt erheblichen Bedeutung der Berichterstattung für die öffentliche Meinungsbildung überwiegt allerdings das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit gegenüber dem Informationsinteresse an einer solcherart bebilderten Mitteilung der Inhalte des Strafverfahrens. Zwar tritt das Schutzinteresse des Betroffenen hinter die Informationsbelange zurück, je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist (vgl. BVerfG NJW 2008, 1793 ff. – „Caroline von Monaco IV“). Indessen hat das Landgericht zu Recht ausgeführt, dass einerseits die Bebilderung vorliegend weder den Aussagegehalt der Wortberichterstattung erweitere noch die Authentizität des Geschilderten unterstreiche, anderseits aber bei der im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorzunehmenden Abwägung auf Seiten des Klägers zu berücksichtigen ist, dass die Fotos den Kläger in erheblicher Weise in seiner Privatsphäre verletzen. Gegen Letzteres wendet sich die Berufung der Beklagten vergeblich, denn entgegen der Ansicht der Beklagten greifen die Fotos in den Schutzbereich der Privatsphäre des Klägers ein.
40Der Schutz der Privatsphäre hat verschiedene Dimensionen. In thematischer Hinsicht betrifft er insbesondere solche Angelegenheiten, die von dem Grundrechtsträger einer öffentlichen Erörterung oder Zurschaustellung entzogen zu werden pflegen. In räumlicher Hinsicht gehört zur Privatsphäre ein Rückzugsbereich des Einzelnen, der ihm insbesondere im häuslichen, aber auch im außerhäuslichen Bereich die Möglichkeit des Zu-Sich-Selbst-Kommens und der Entspannung sichert und der das Bedürfnis verwirklichen hilft, "in Ruhe gelassen zu werden". Dabei lassen sich die Grenzen der geschützten Privatsphäre nicht generell und abstrakt festlegen (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. – „Caroline von Monaco IV“; BGH, NJW 2012, 763 ff. – „Die INKA Story“). Soweit die Beklagten vorgetragen haben, dass das Strafverfahren öffentlich und der Kläger damit thematisch nur seiner Sozialsphäre betroffen sei, überzeugt dies nicht. Zwar befasst sich die begleitende Wortberichterstattung tatsächlich nur mit dem Inhalt des Strafverfahrens. Darauf kommt es indessen nicht an, denn nicht die thematische Dimension der Privatsphäre ist Anknüpfungspunkt für die Rechtsverletzung des Klägers, sondern deren räumliche Dimension. Für die Annahme einer Verletzung der Privatsphäre ist entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht erforderlich, dass beide Dimensionen kumulativ betroffen sind. So setzt der Schutz vor Abbildungen in der räumlich geschützten Privatsphäre nicht erst dann ein, wenn der Betroffene dort ein Verhalten an den Tag legt, das er unter den Augen der Öffentlichkeit vermeiden würde. Die örtliche Abgeschiedenheit vermag ihre Schutzfunktion für die Persönlichkeitsentfaltung vielmehr nur dann zu erfüllen, wenn sie dem Einzelnen ohne Rücksicht auf sein jeweiliges Verhalten einen Raum der Entspannung sichert, in dem er nicht mit der Anwesenheit von Fotografen oder Kameraleuten rechnen muss (BVerfGE 101, 361 ff. – „Caroline von Monaco II“).
41Im Falle eines laufenden Strafverfahrens gehört der Umgang mit dem eigenen Strafverteidiger thematisch zur Privatsphäre, da in aller Regel der Inhalt der Erörterung des Strafverfahrens und der zugrundeliegenden Tat der Öffentlichkeit entzogen werden soll. Soweit dafür die Kanzlei des Strafverteidigers besucht werden muss, werden diese auch von der räumlichen Dimension der Privatsphäre erfasst. Darin ist aufgrund der örtlichen Gegebenheiten vorliegend auch der im Innenhof befindliche Parkplatz der Kanzleiräume eingeschlossen.
42Wo die räumlichen Grenzen der geschützten Privatsphäre außerhalb des Hauses verlaufen, lässt sich nicht generell und abstrakt festlegen. Sie können vielmehr nur aufgrund der jeweiligen Beschaffenheit des Ortes bestimmt werden, den der Betroffene aufsucht. Ausschlaggebend ist, ob der Einzelne eine Situation vorfindet oder schafft, in der er begründetermaßen und somit auch für Dritte erkennbar davon ausgehen darf, den Blicken der Öffentlichkeit nicht ausgesetzt zu sein. Im Kern geht es um einen Raum, in dem er die Möglichkeit hat, frei von öffentlicher Beobachtung und damit der von ihr erzwungenen Selbstkontrolle zu sein, auch ohne dass er sich dort notwendig anders verhielte als in der Öffentlichkeit. Dafür ist ausreichend, dass es sich um eine Örtlichkeit handelt, die jedenfalls von der breiten Öffentlichkeit deutlich abgeschieden und geeignet ist, sich in einer von öffentlicher Beobachtung freien Weise zu bewegen (BVerfGE 101, 361 ff. – „Caroline von Monaco II“).
43Bei dem Parkplatz im Innenhof handelte es sich um einen Privatparkplatz, der - wie aus den von dem Kläger vorgelegten Fotografien und Luftaufnahmen hervorgeht - überwiegend von Gebäuden umschlossen und nur durch eine etwas mehr als fahrzeugbreite Tordurchfahrt unter einem Haus hindurch straßenseitig zu erreichen ist. Unter Berücksichtigung der Örtlichkeiten durfte der Kläger davon ausgehen, den Blicken der Öffentlichkeit nicht ausgesetzt zu sein. Auch wenn aus den umstehenden Häusern und durch die Toreinfahrt ein Einblick auf den Parkplatz möglich ist, schließt der Umstand, dass ein Ort von einer eingeschränkten Personenanzahl einsehbar ist, die erforderliche Abgeschiedenheit nicht aus (BVerfGE 101, 361 ff. – „Caroline von Monaco II“, zur Abgeschiedenheit eines Gartenlokals). Es handelte sich jedenfalls nicht um einen von der breiten Öffentlichkeit frequentierten und einsehbaren Parkplatz. Auf die Frage, von wo bzw. wie die Fotos gemacht wurden, kommt es vor diesem Hintergrund nicht an.
44Einer Verletzung der Privatsphäre steht auch nicht entgegen, dass der Kläger lediglich bei einer alltäglichen Aktion, nämlich beim Aussteigen aus einem PKW abgebildet ist, die als solche keinerlei negative Assoziationen auslöst. Wie oben schon dargelegt, setzt der Schutz vor Abbildungen in der räumlichen Privatsphäre nicht erst dann ein, wenn der Betroffene dort ein Verhalten an den Tag legt, das er unter den Augen der Öffentlichkeit vermeiden würde (BVerfGE 101, 361 ff. – „Caroline von Monaco II“). Unabhängig davon muss ein entspanntes Verhalten des Betroffenen nicht zwangsweise visuell erkennbar sein. Der Kläger war im Verlauf des Strafverfahrens Gegenstand umfangreicher Bild- und Wortberichterstattung, die er – wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist – zu vermeiden suchte. Daher war es für ihn und seine innere An- bzw. Entspannung auch von erheblicher Bedeutung, darauf zu achten, wann und wo er dem Interesse der Öffentlichkeit konkret ausgesetzt war und wann und wo nicht. Vor diesem Hintergrund ist die Abgeschiedenheit des Parkplatzes unter den Umständen des gegebenen Falles als Bereich einzuordnen, in dem dem Kläger - gerade auch vor der Hauptverhandlung und den damit einhergehenden Beeinträchtigungen - die Möglichkeit verblieb, frei von öffentlicher Beobachtung und damit der von ihr erzwungenen Selbstkontrolle zu sein. Dass sich der Kläger bei dieser Gelegenheit dort nicht dauerhaft, sondern nur zum Ein- und Aussteigen in sein Fahrzeug aufhielt, ist ohne Belang.
45Ob durch die Fotos das Mandatsverhältnis des Klägers zu seiner Verteidigerin beeinträchtigt werden kann bzw. tatsächlich beeinträchtigt worden ist, ist unerheblich, weil das Interesse des Klägers an einem Schutz der Privatsphäre unabhängig davon unter Berücksichtigung der Bedeutung der Berichterstattung für die öffentliche Meinungsbildung überwiegt. Insoweit hat das Landgericht zutreffend berücksichtigt, dass die Bedeutung der Bebilderung für die Wortberichterstattung gering ist, weil die Fotos weder eine inhaltlich Ergänzung der Wortberichterstattung beinhalten, noch - etwa durch Unterstreichung der Authentizität des Geschilderten - der Erweiterung deren Aussagegehalts dienen, und deren Verwendung im Hinblick auf die Verletzung des Privatsphäre auch nicht damit begründet werden kann, dass Auswirkungen für die betroffenen prominenten Personen vermindert werden können, wenn die Bebilderung eines Bericht mit einem kontextneutralen Foto als zulässig angesehen wird (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. – „Caroline von Monaco IV“).
462.
47Betreffend die geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten steht dem Kläger jedenfalls ein Anspruch aus § 823 BGB zu. Hinsichtlich der Höhe wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen. Die Kosten bemessen sich an dem nicht angegriffenen erstinstanzlichen Streitwert von 50.000,00 € und sind zutreffend berechnet. Das Fehlen der Mehrwertsteuer beruht auf der Berechnung in der Klageschrift, ohnehin hat der Kläger auch kein Rechtsmittel eingelegt. Ob – wogegen sich die Beklagten mit der Berufung wenden - das Landgericht den Anspruch des Klägers zu Recht auch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag als begründet angesehen hat, kann im Hinblick auf die Begründetheit nach § 823 BGB dahinstehen.
48III.
49Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.
50Der Senat sah keinen Anlass für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO). Weder kommt der Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Im Übrigen handelt es sich um eine durch die Besonderheit der Verhältnisse gekennzeichnete Einzelfallentscheidung.
51Berufungsstreitwert: 50.000,00 €
Tenor
1.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 24.07.2013, Az.: 28 O 61/13, wird zurückgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtstreits der zweiten Instanz tragen die Beklagten.
3.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.
4.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Parteien streiten über eine Bildberichterstattung der Beklagten. Die Beklagte zu 1) betreibt ein Verlagsunternehmen und gibt u.a. die Zeitung „C“ heraus. Die Beklagte zu 2) betreibt die Onlineausgabe der C-Zeitung, das Online-Portal „C.de“. Der Kläger ist ein bekannter Journalist und Unternehmer. Bis März 2010 moderierte er u.a. die von ihm produzierte Sendung „ Das Wetter im Ersten“. Ab Frühjahr 2010 wurde gegen ihn wegen des Verdachts der Vergewaltigung ermittelt. Vom 20.03.2010 bis zum 29.07.2010 befand sich der Kläger in Untersuchungshaft. Die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Mannheim begann am 06.09.2010. Am 31.05.2011 wurde der Kläger rechtskräftig freigesprochen. Das gegen den Kläger gerichtete Strafverfahren fand in der Öffentlichkeit große Beachtung und war Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen in einer Vielzahl von Medien.
4Am 27.3.2011 veröffentlichte die Beklagte zu 1) in der Zeitung „C2“ auf Seite 8 unter der Überschrift „Der Ring der Gerüchte“ ein Foto des Klägers, welches ihn im Innenhof der Kanzlei T und Kollegen in I zeigt. Das Bild wird durch eine Bildinnenschrift ergänzt: „ L wird seit dem 6. September 2010 vor dem Landgericht Mannheim der Prozess gemacht. Ihm wird Vergewaltigung vorgeworfen, er bestreitet die Tat.“ Hinsichtlich der Einzelheiten des Bildes wird auf die Anlage K1 Bl. 12 der Akte, hinsichtlich des begleitenden Artikels wird auf die Anlage K4 Bl. 17 verwiesen. In dem Artikel wird über den vom Kläger getragenen Ring, die Frage des Strafkammervorsitzenden danach sowie die (mangelnde) Reaktion des Klägers berichtet und sodann darüber spekuliert, ob, wann und wen der Kläger geheiratet habe.
5Am 26.3.2011 veröffentlichte die Beklagte zu 2) auf der Internetseite www.C.de einen Ausschnitt des gleichen Fotos anlässlich eines Artikels mit der Überschrift „L lacht, seine Ex weint“. Unter dem Bild befindet sich der Text: „Der L-Prozess L gestern gut gelaunt auf dem Weg ins Landgericht; eine Anwaltsgehilfin trägt den Koffer“. Hinsichtlich der Einzelheiten dieser Veröffentlichung wird auf die Anlage K5 Bl. 18 ff der Akte verwiesen. Der Artikel berichtet über den 34. Prozesstag im Strafverfahren und referiert die 4. Vernehmung der Nebenklägerin (auch) durch den Verteidiger T2.
6Der Parkplatz, auf dem sich der Kläger bei Entstehung des Fotos aufhielt, befindet sich in einem Innenhof, der nur durch eine Toreinfahrt einsehbar und im Übrigen von mehrstöckigen Wohnhäusern umgeben ist. Wegen der Einzelheiten der Örtlichkeiten wird auf das Luftbild Bl. 22 GA und die Fotos Bl. 143 ff. GA Bezug genommen.
7Der Kläger mahnte die Beklagten wegen dieser Fotos mit anwaltlichen Schreiben vom 29.3.2011 ab. Die Beklagten lehnten am 30.3.2011 die Abgabe einer Unterlassungserklärung ab. Die Veröffentlichung des Fotos wurde der Beklagten zu 1) auf Antrag des Klägers durch Beschluss des Landgerichts Köln vom 05.04.2011 im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt (Az. 28 O 256/11), eine vom Kläger beantragte, auf Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung des Fotos gerichtete einstweilige Verfügung gegen die Beklagte zu 2) erging durch das Landgericht Köln am 6.4.2011 (28 O 254/11).
8Mit dem vorliegenden Hauptsacheverfahren verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren weiter und macht die Freistellung von vorprozessual entstandenen Rechtsanwaltskosten geltend. Der Kläger hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, durch die Bildveröffentlichung in seinem Recht am eigenen Bild verletzt worden zu sein. Das Foto zeige ihn auf dem Parkplatz seiner Strafverteidigerin und daher in einer erkennbar privaten Situation. Es handele sich auch nicht um ein zeitgeschichtliches Ereignis. Der Innenhof sei gegen Einblicke weitgehend geschützt, so dass er sich vor Nachstellungen durch die Presse habe sicher fühlen dürfen. Die Umstände der Anfertigung des Fotos seien geeignet, das Mandatsverhältnis zwischen ihm und seiner Strafverteidigerin zu stören, wenn er auch in diesem Rückzugsbereich damit rechnen müsse, fotografiert zu werden.
9Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
101. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, das als Anlage K1 wiedergegebene Foto des Klägers ohne dessen Zustimmung zu veröffentlichen oder sonst zu verbreiten, wenn dies geschieht wie auf Seite 8 der Zeitung „C2“ vom 27.3.2011 unter der Überschrift „Der Ring der Gerüchte“.
112. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, den Kläger von der Forderung der Höcker Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung in Höhe von 26,23 € freizustellen.
123. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, das als Anlage K 2 wiedergegebene Foto des Klägers ohne dessen Zustimmung zu veröffentlichen oder sonst zu verbreiten, wenn dies geschieht wie auf www.C.de im Artikel vom 26.3.2011 unter der Überschrift „L lacht, seine Ex weint“.
134. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, den Kläger von der Forderung der Höcker Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung in Höhe von 26,23 € freizustellen.
14Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt.
15Die Beklagten haben die Ansicht vertreten, der Kläger müsse schon wegen der Leitbildfunktion prominenter Personen die identifizierende Berichterstattung grundsätzlich dulden. Gewichtige Gründe, die ein Verbot dennoch rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich. Insbesondere liege kein rechtswidriger Eingriff in die Privatsphäre des Klägers vor. Die Fotografie sei von der gegenüberliegenden Straßenseite aufgenommen worden, als sich der Kläger neben einem Fahrzeug in der Hofeinfahrt befunden habe, wo er für jeden Passanten auf der Straße sichtbar gewesen sei. Der Kläger sei im Begriff gewesen, das Gelände zu verlassen, um zum Landgericht Mannheim zu fahren. Insoweit werde der Kläger allenfalls in seiner Sozialsphäre betroffen. In dieser aber müsse er die Bildveröffentlichungen dulden. Das Bildnis selbst sei kontextneutral und bebildere ein zeitgeschichtliches Ereignis, indem es den Kläger in unmittelbarem Zusammenhang mit dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren zeige. Dass das Bild das zeitgeschichtliche Ereignis selbst abbilde, sei nicht erforderlich.
16Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, dass das Bild selbst kein Ereignis der Zeitgeschichte abbilde. Dass der Kläger sich vor einer Strafverhandlung zu seiner Verteidigerin begebe, sei kein Ereignis der Zeitgeschichte, sondern eine alltägliche Selbstverständlichkeit. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der zu berücksichtigenden begleitenden Wortberichterstattung über die Ereignisse des Strafverfahrens gegen den Kläger. Das Bild stehe damit nicht in Zusammenhang. Es ergänze weder die Wortberichterstattung noch erweitere es deren Aussagegehalt und unterstreiche auch nicht die Authentizität des Geschilderten. Soweit ein von Art. 5 Abs. 1 GG geschütztes Informationsanliegen auch darin liegen könne, durch Beigabe von Bildnissen der an dem berichteten Geschehen beteiligten Personen die Aufmerksamkeit des Lesers für den Wortbericht zu wecken, so würden jedenfalls die berechtigten Interessen des Klägers überwiegen. Die Voraussetzungen für die Verwendung von kontextneutralen Bildern lägen nicht vor. Der Kläger sei in seiner Privatsphäre betroffen. Auch wenn der Strafprozess öffentlich sei, sei die Vorbereitung des Klägers auf diesen gleichwohl seinem privaten Bereich zuzuordnen.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes, des erstinstanzlichen Vortrages sowie der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
18Mit der Berufung wenden sich die Beklagten gegen ihre Verurteilung. Sie vertreten die Ansicht, das Landgericht habe bei seiner Entscheidung die im Rahmen des § 23 KUG vorzunehmende Abwägung rechtsfehlerhaft durchgeführt. Zunächst habe es die Wortberichterstattung und deren Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung verkannt, da es den Kläger auch fehlerhaft nicht als „prominente Person“ einordne. Ein Bezug der Bebilderung zu der Wortberichterstattung ergebe sich schon aus dem Umstand, dass der Kläger als Angeklagter des Strafverfahrens, über das berichtet werde, gezeigt werde und die Artikel, die durch die beanstandeten Bilder illustriert wurden, ausdrücklich auch die persönliche Anwesenheit des Klägers im Verfahren zum Gegenstand gehabt hätten. Ferner habe das Landgericht im Rahmen der Abwägung den Schutzbereich der Privatsphäre verkannt und eine Verletzung der solchen zu Unrecht angenommen. Die Privatsphäre sei im außerhäuslichen Bereich thematisch nur geschützt, wenn der Betroffene auch tatsächlich in einer konkreten Situation der Entspannung abgelichtet werde. Dies sei hier nicht der Fall. Es handele sich auch räumlich nicht um einen Rückzugsbereich, sondern um einen öffentlichen Verkehrsraum. Das Foto sei, wenn schon nicht als kontextbezogen, so doch als kontextgerecht einzuordnen und daher zulässig.
19Die Beklagten beantragen,
20unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 24.Juli 2013 zur Geschäftsnummer 28 O 61/13 die Klage abzuweisen.
21Der das angefochtene Urteil verteidigende Kläger beantragt,
22die Berufung zurückzuweisen.
23II.
24Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
251.
26Das Landgericht hat zu Recht einen Unterlassungsanspruch des Klägers betreffend die beanstandeten Fotos als begründet angesehen. Dieser ergibt sich entsprechend §
271004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 823 Abs.1 BGB bzw. i.V.m. §§ 823 Abs. 2 BGB, 22, 23 KUG.
28a)
29Das verwendete Foto des Klägers stellt ein Bildnis i.S.d. § 22 KUG dar. Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen ist nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG (vgl. BGH, NJW 2009, 3032 ff.) unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. – „Caroline von Monaco IV“) und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Schutzgehalt des Art. 8 Abs. 1 EMRK zu beurteilen (EGMR, NJW 2004, 2647 ff.).
30Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden, § 22 S. 1 KUG. Ohne eine solche Einwilligung, die hier unstreitig nicht gegeben ist, dürfen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) veröffentlicht werden, es sei denn, durch die Bildveröffentlichung werden berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt (§ 23 Abs. 2 KUG). Die Beurteilung, ob ein Bildnis dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zuzuordnen ist, erfordert eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus den Artikeln 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK andererseits (vgl. BGH, NJW 2009, 1499 ff.; BVerfG, NJW 2008, 173 ff. – „Caroline von Monaco“). Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Bildberichterstattung ist dabei nach stetiger Rechtsprechung (vgl. u.a. Urteile des Senates vom 20.03.2012, Az. 15 U 184/11, und 03.07.2012, Az. 15 U 205/11) Folgendes zu berücksichtigen:
31Es ist ein normativer Maßstab zugrunde zu legen, welcher die Pressefreiheit und zugleich den Schutz der Persönlichkeit und der Privatsphäre ausreichend berücksichtigt (vgl. BGH, NJW 2009, 757 ff.; VersR 2010, 673 ff.). Maßgebend ist hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitgeschehen. Der Begriff des Zeitgeschehens ist zugunsten der Pressefreiheit in einem weiten Sinn zu verstehen; er umfasst nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Ein Informationsinteresse besteht allerdings nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt (BGH, NJW 2009, 757 ff.; NJW 2010, 2432 ff.; VersR 2010, 1090 ff.).
32Bei der Gewichtung des Informationsinteresses im Verhältnis zu dem kollidierenden Persönlichkeitsschutz kommt dem Gegenstand der Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu. Entscheidend ist insbesondere, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen, oder ob sie - ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis - lediglich die Neugier der Leser befriedigen (BGH, NJW 2009, 1499 ff.; BVerfGE 101, 361 ff. – „Caroline von Monaco II“; BVerfG, VersR 2007, 849 ff.; BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. -– „Caroline von Monaco IV“).
33Der Informationsgehalt einer Bildberichterstattung ist dabei in dem Gesamtkontext, in den das Personenbildnis gestellt ist, und unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung zu ermitteln. Daneben sind für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes der Anlass der Bildberichterstattung und die Umstände in die Beurteilung mit einzubeziehen, unter denen die Aufnahme entstanden ist. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird (BGH, NJW 2009, 757 ff.; NJW 2010, 2432 ff.; BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. –„Caroline von Monaco IV“.).
34Zu berücksichtigen ist ferner, ob bei der Presseberichterstattung die Abbildung eines anlässlich eines zeitgeschichtlichen Ereignisses gefertigten Fotos nur zum Anlass für Ausführungen über eine Person genommen wird oder die Berichterstattung nur dazu dient, einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt. In solchen Fällen ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen (BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. – „Caroline von Monaco IV“).
35b)
36Unter Berücksichtigung der im Rahmen dieser Abwägung maßgeblichen Umstände ist das Landgericht im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die schutzwürdigen Interessen des Klägers gegenüber den Interessen der Beklagten an einer solcherart bebilderten Berichterstattung überwiegen.
37Dabei ist zu beachten, dass der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zwar das Recht der Presse umfasst, nach ihren publizistischen Kriterien zu entscheiden, was öffentliches Interesse beansprucht. Indessen erfasst dieses Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung, wie das Informationsinteresse im Zuge der Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern zu gewichten und der Ausgleich zwischen den betroffenen Rechtsgütern herzustellen ist. Dies ist vielmehr in erster Linie Aufgabe der Zivilgerichte, die bei der Auslegung und Anwendung der zivilrechtlichen Vorschriften über die Zuordnung unterschiedlicher rechtlich geschützter Interessen die Grundrechte des Grundgesetzes unter Berücksichtigung der Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention zu beachten haben, wobei die Gerichte im Rahmen dieser Abwägungsentscheidungen über einen Einschätzungsspielraum verfügen (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. – „Caroline von Monaco IV“).
38aa) Zu Recht hat es das Landgericht bei seiner Entscheidung offen gelassen, ob der Kläger eine Stellung als „prominente Person“ oder „Person des öffentlichen Lebens“ innehat. Denn die Bildberichterstattung ist nicht schon deshalb zulässig, wenn es sich bei dem Kläger um eine prominente Person handelt. Auch bei der Berichterstattung über Prominente ist eine Abwägung der kollidierenden Rechtspositionen erforderlich, wenn auch der Schutzbereich der Pressefreiheit auch unterhaltende Beiträge über das Privat- und Alltagsleben der Prominenten umfasst. Auch hier ist der Gegenstand der Berichterstattung von maßgeblicher Bedeutung, so etwa die Frage, ob private Angelegenheiten ausgebreitet werden, die lediglich die Neugier befriedigen. Ferner sind auch dann bei der Bildberichterstattung der Anlass sowie die Umstände von Bedeutung, unter denen die Aufnahme entstanden ist (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. –„Caroline von Monaco IV“; BGH, NJW 2007, 1977 ff.).
39bb) Das Ergebnis der landgerichtlichen Abwägung ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Es wird insoweit auch auf die parallel gelagerten, bereits vom Senat entschiedenen Fälle verwiesen, in denen vergleichbare Fotos des Klägers streitgegenständlich waren (Urteil vom 20. März 2012,15 U 184/11; Urteil vom 10. Dezember 2013,15 U 73/13; Urteil vom 19. Dezember 2013,15 U 64/13).
40Das Landgericht hat zunächst richtig dem Foto einen eigenständigen Informationswert abgesprochen, da es lediglich den Kläger selbst abbildet, ohne dass erkennbar ist, wo er sich befindet. Insoweit ist z.B. kein Kanzleischild zu sehen, auch die in der Veröffentlichung der Beklagten zu 2) sichtbare Anwaltsgehilfin ist ohne den begleitenden Text nicht als solche zu erkennen. Allerdings ist es ausreichend, dass das Foto seinen Informationswert aus der dazugehörigen Wortberichterstattung bezieht (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793 ff.- „Caroline von Monaco IV“). In beiden streitgegenständlichen Wortberichterstattungen werden die damals aktuellen Vorgänge im Rahmen des Strafverfahrens des Klägers thematisiert, wobei in dem Artikel der Beklagten zu 1) die vermutete Hochzeit des Klägers Schwerpunkt war, wohingegen in dem Artikel der Beklagten zu 2) die erneute Vernehmung der Nebenklägerin thematisiert wurde. Beide Berichte befassen sich mit dem Strafverfahren gegen den Kläger, welches in der Öffentlichkeit seinerzeit auf großes Interesse stieß. Der Grund für dieses große Interesse der Öffentlichkeit war zum einen die Bekanntheit des Klägers, zum anderen auch der Inhalt des gegen den Kläger gerichteten Vorwurfs der Vergewaltigung, da an der Klärung solcher Vorwürfe ein besonderes öffentliches Interesse besteht. Während der Artikel der Beklagten zu 2) ausschließlich die vierte Vernehmung der Nebenklägerin wiedergibt und damit zweifelsohne für die öffentliche Meinungsbildung zum Verlauf des Strafverfahrens relevant ist, befasst sich der Wortbeitrag der Beklagten zu 1) mehr mit Spekulationen über das Privatleben des Klägers. Auch hier ist jedoch zunächst auf Vorgänge im Gerichtssaal Bezug genommen, da auch durch die Strafkammer nach einer möglichen Erklärung für den vom Kläger getragenen Ring gefragt wurde. Auch die darauf folgende Erwägung der Beklagten zu 1), der Kläger könne möglicherweise eine Zeugin geheiratet haben, haben konkreten Bezug zu dem Strafverfahren und waren geeignet, insoweit der öffentlichen Meinungsbildung zu dienen.
41Dem Foto – in seinem jeweils verwendeten Ausschnitt – kann auch der erforderliche Bezug zu den Wortberichterstattungen nicht abgesprochen werden. Denn der Kläger wird hier als Angeklagter in einem im Fokus der Öffentlichkeit stehenden Strafverfahren abgebildet, welches Gegenstand der Wortberichterstattung ist (vgl. BGH, NJW 2012, 763 ff.- Die INKA Story“). Das Foto hat hier jeweils auch die zulässige Funktion, die Aufmerksamkeit des Lesers für den Wortbericht zu wecken, der wiederum Informationen über eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte enthält (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. – „Caroline von Monaco IV“; BGH, NJW 2009, 1503 ff). Ein über das Wecken von Interesse hinausgehendes Informationsinteresse des Fotos selbst besteht hingegen nicht, da in den streitgegenständlichen Berichten kein inhaltlicher Bezug auf die durch das Foto abgebildete Situation genommen wird bzw. im Bericht der Beklagten zu 2) der Ansatz in der Bildunterschrift „Eine Anwaltsgehilfin trägt den Koffer“ nicht weiter vertieft wird, um z.B. eine Diskussion über die bevorzugte Behandlung prominenter Mandanten o.Ä. zu führen.
42Trotz der insgesamt erheblichen Bedeutung der Berichterstattung für die öffentliche Meinungsbildung überwiegt allerdings das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit gegenüber dem Informationsinteresse an einer solcherart bebilderten Mitteilung der Inhalte des Strafverfahrens. Zwar tritt das Schutzinteresse des Betroffenen hinter die Informationsbelange zurück, je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist (vgl. BVerfG NJW 2008, 1793 ff. – „Caroline von Monaco IV“). Indessen hat das Landgericht zu Recht ausgeführt, dass einerseits die Bebilderung vorliegend weder den Aussagegehalt der Wortberichterstattung erweitere noch die Authentizität des Geschilderten unterstreiche, anderseits aber bei der im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorzunehmenden Abwägung auf Seiten des Klägers zu berücksichtigen ist, dass die Fotos den Kläger in erheblicher Weise in seiner Privatsphäre verletzen. Gegen Letzteres wendet sich die Berufung der Beklagten vergeblich, denn entgegen der Ansicht der Beklagten greifen die Fotos in den Schutzbereich der Privatsphäre des Klägers ein.
43Der Schutz der Privatsphäre hat verschiedene Dimensionen. In thematischer Hinsicht betrifft er insbesondere solche Angelegenheiten, die von dem Grundrechtsträger einer öffentlichen Erörterung oder Zurschaustellung entzogen zu werden pflegen. In räumlicher Hinsicht gehört zur Privatsphäre ein Rückzugsbereich des Einzelnen, der ihm insbesondere im häuslichen, aber auch im außerhäuslichen Bereich die Möglichkeit des Zu-Sich-Selbst-Kommens und der Entspannung sichert und der das Bedürfnis verwirklichen hilft, "in Ruhe gelassen zu werden". Dabei lassen sich die Grenzen der geschützten Privatsphäre nicht generell und abstrakt festlegen (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793 ff. – „Caroline von Monaco IV“; BGH, NJW 2012, 763 ff. – „Die INKA Story“). Soweit die Beklagten vorgetragen haben, dass das Strafverfahren öffentlich und der Kläger damit thematisch nur in seiner Sozialsphäre betroffen sei, überzeugt dies nicht. Zwar befasst sich die begleitende Wortberichterstattung tatsächlich überwiegend mit dem Inhalt des Strafverfahrens. Darauf kommt es indessen nicht an, denn nicht die thematische Dimension der Privatsphäre ist Anknüpfungspunkt für die Rechtsverletzung des Klägers, sondern deren räumliche Dimension. Für die Annahme einer Verletzung der Privatsphäre ist entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht erforderlich, dass beide Dimensionen kumulativ betroffen sind. So setzt der Schutz vor Abbildungen in der räumlich geschützten Privatsphäre nicht erst dann ein, wenn der Betroffene dort ein Verhalten an den Tag legt, das er unter den Augen der Öffentlichkeit vermeiden würde. Die örtliche Abgeschiedenheit vermag ihre Schutzfunktion für die Persönlichkeitsentfaltung vielmehr nur dann zu erfüllen, wenn sie dem Einzelnen ohne Rücksicht auf sein jeweiliges Verhalten einen Raum der Entspannung sichert, in dem er nicht mit der Anwesenheit von Fotografen oder Kameraleuten rechnen muss (BVerfGE 101, 361 ff. – „Caroline von Monaco II“).
44Vorliegend hatte sich der Kläger auf einem im Innenhof befindlichen Parkplatz der Kanzleiräume seiner Strafverteidigerin aufgehalten, um sodann mit dieser gemeinsam das Landgericht aufzusuchen. Der Umgang mit dem eigenen Strafverteidiger ist im Falle eines laufenden Strafverfahrens jedoch thematisch der Privatsphäre zuzuordnen, da die Erörterung des Strafverfahrens der Öffentlichkeit entzogen werden soll. Muss für die Interaktion mit der Strafverteidigerin deren Kanzlei aufgesucht werden, so wird die Kanzlei und auch deren unmittelbares Umfeld von der räumlichen Dimension der Privatsphäre erfasst.
45Es kann nicht generell und abstrakt festgelegt werden, wo die räumlichen Grenzen der geschützten Privatsphäre außerhalb des Hauses verlaufen. Vielmehr muss anhand der jeweiligen Beschaffenheit des Ortes bestimmt werden, ob der Einzelne sich in einer Situation befindet, in der er begründetermaßen und somit auch für Dritte erkennbar davon ausgehen darf, den Blicken der Öffentlichkeit nicht ausgesetzt zu sein. Im Kern geht es um einen Raum, in dem er die Möglichkeit hat, frei von öffentlicher Beobachtung und damit der von ihr erzwungenen Selbstkontrolle zu sein, auch ohne dass er sich dort notwendig anders verhielte als in der Öffentlichkeit. Dafür ist ausreichend, dass es sich um eine Örtlichkeit handelt, die jedenfalls von der breiten Öffentlichkeit deutlich abgeschieden und geeignet ist, sich in einer von öffentlicher Beobachtung freien Weise zu bewegen (BVerfGE 101, 361 ff.- „Caroline von Monaco II “).
46Bei dem hier in Rede stehenden Parkplatz im Innenhof der Kanzlei der Strafverteidigerin des Klägers handelt es sich um einen Privatparkplatz, der unstreitig überwiegend von Gebäuden umschlossen ist und nur durch eine etwas mehr als fahrzeugbreite Tordurchfahrt unter einem Haus hindurch zu erreichen ist. Es handelte sich klar erkennbar nicht um einen öffentlichen, von einer Vielzahl von Menschen frequentierten und einzusehenden Parkplatz. Die Tatsache, dass der Ort von einer eingeschränkten Personenanzahl einsehbar ist, schließt die Annahme einer Abgeschiedenheit nicht aus (BVerfGE 101, 361 ff.- „Caroline von Monaco II). Auch die Tatsache, dass der Kläger in einer alltäglichen Situation beim Aus-bzw. Einladen von Gegenständen aus einem Autokofferraum abgebildet ist – eine Handlung, die der Kläger in anderem Zusammenhang sicherlich auch öffentlich tätigt - und die Bebilderung als solche den Kläger nicht in negativem Licht erscheinen lässt, ändert nichts daran, dass im hier gegebenen konkreten Fall der Kläger, der sich auf die Fahrt zum Hauptverhandlungsort mit seiner Verteidigerin vorbereitete, sich noch in einer Phase des Rückzugs vor öffentlicher Wahrnehmung befand. Der Kläger war im Verlauf des Strafverfahrens Gegenstand zahlreicher Wort- und Bildberichterstattungen, die er – wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist – zu vermeiden suchte. Wenn auch die Ankunft am Ort der Hauptverhandlung in Mannheim bereits dem Strafverfahren selbst und damit dem der öffentlichen Berichterstattung zugänglichen Geschehen zuzuordnen sein dürfte, so zählt das Zusammentreffen mit der Verteidigerin in deren Kanzlei bzw. die Vorbereitung dazu noch zu dem der Privatsphäre zuzurechnenden Vorbereitungsstadium, in welchem die Privatsphäre des Klägers zu schützen ist.
47Die vorbezeichneten kollidierenden Interessenlagen in der Gesamtschau gegen-
48einander abwägend, hat nach alledem das Veröffentlichungsinteresse der Beklagten hinter dem Bildnisschutz des Klägers zurückzutreten.
492.
50Der Kläger hat weiterhin Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von jeweils 26,32 € gegen beide Beklagte gem. § 823 BGB und nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag. Die vom Kläger vorgenommene Berechnung begegnet keiner Beanstandung.
51III.
52Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.
53Der Senat sah keinen Anlass für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO). Weder kommt der Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Im Übrigen handelt es sich um eine durch die Besonderheit der Verhältnisse gekennzeichnete Einzelfallentscheidung.
54Streitwert: 50.000,00 Euro. (entsprechend den Wertfestsetzungen in den Verfahren 15 U 73/13 und 15 U 64/13)
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Gehörsrüge ist nicht begründet.
- 2
- Nach Art. 103 Abs. 1 GG sind die Gerichte verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die Gerichte brauchen jedoch nicht jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f.; BGH, Beschluss vom 24. Februar 2005 - III ZR 263/04 - NJW 2005, 1432 f.). Artikel 103 Abs. 1 GG gewährt keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (vgl. BVerfGE 21, 191, 194; 70, 288, 294; st.Rspr.). Nach § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO kann das Revisionsgericht von einer Begründung des Beschlusses, mit dem es über die Nichtzulassungsbeschwer- de entscheidet, absehen, wenn diese nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Von dieser Möglichkeit hat der Senat im vorliegenden Fall Gebrauch gemacht. Bei der Entscheidung über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde hat er das mit der Anhörungsrüge der Klägerin als übergangen beanstandete Vorbringen in vollem Umfang geprüft, ihm aber keine Gründe für eine Zulassung der Revision entnehmen können.
- 3
- Die Frage, ob ein Anspruch auf Geldentschädigung wegen hartnäckiger schwerwiegender Verletzung des Rechts am eigenen Bild nach dem Subsidiaritätsgrundsatz ausscheidet, wenn der in Anspruch Genommene in der Vergangenheit bereits unter Androhung von Ordnungsmitteln rechtskräftig verurteilt wurde, es generell zu unterlassen, Fotos des Betroffenen zu veröffentlichen und der Betroffene daher die Möglichkeit hat, im Falle von Bildrechtsverletzungen Ordnungsmittel gegen den Verletzer festsetzen zu lassen, ist über die bereits vorhandene höchstrichterliche Rechtsprechung nicht weiter klärungsbedürftig, sie ist auch nicht abstrakt klärungsfähig. Im Urteil vom 25. Mai 1971 - VI ZR 26/70 - VersR 1971, 845 (Dreckschleuder) hat der Senat bereits darauf hingewiesen , dass in jedem Einzelfall zu prüfen ist, ob dem Betroffenen, dessen nicht vermögensmäßige Einbuße auf andere Weise nicht hinreichend ausgleichbar ist, gerechterweise eine Genugtuung in Geld zuzusprechen ist. Ob ein derart schwerer Eingriff in den Eigenwert der Persönlichkeit anzunehmen ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Hierbei sind besonders die Art sowie Schwere der zugefügten Beeinträchtigung und der Grad des Verschuldens, auch Anlass und Beweggrund des Handelns zu berücksichtigen. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung ist auch zu berücksichtigen , ob ein Unterlassungstitel erwirkt worden ist. Dass ein Unterlassungstitel geeignet sein kann, die Entscheidung für eine Geldentschädigung zu beeinflussen , entspricht allgemeiner Rechtsmeinung. Soweit die Klägerin meint, dass in der Literatur (vgl. Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung , 5. Aufl., Kap. 14, Rn. 125) diese Auffassung kritisiert worden sei, sieht der Senat keine Veranlassung, deshalb von seiner Auffassung abzurücken. Die von der Klägerin in Bezug genommene Fundstelle bezieht sich im Übrigen nur auf die Wortberichterstattung und nicht auf die unzulässige Bildveröffentlichung. Im Streitfall wird die Klägerin durch die Abbildungen in ihrem Recht am eigenen Bild nicht in schwerwiegender Weise betroffen. Sie ist auf den Fotos nur über die Abbildung ihrer Eltern und die dazugehörige Wortberichterstattung identifizierbar. Wegen der vorliegenden Bildveröffentlichungen wird sie deshalb bei anderer Gelegenheit kaum wieder erkannt werden. Für die Berichterstattung bestimmendes Thema war außerdem in keinem Fall die Person der Klägerin, sondern die Beziehung ihrer Eltern, die Auswirkungen des Scheiterns von deren Ehe auf die Familie und die beruflichen Dispositionen ihres Vaters. Dass Unterlassungstitel und damit zusammenhängende Ordnungsmittelandrohungen den Geldentschädigungsanspruch beeinflussen und im Zweifel sogar ausschließen können, hat der Senat bereits im Urteil vom 25. Mai 1971 - VI ZR 26/70 - aaO ausgeführt. Die Gewährung einer Geldentschädigung hängt nicht nur von der Schwere des Eingriffs ab, es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an, nach denen zu beurteilen ist, ob ein anderweitiger befriedigender Ausgleich für die Persönlichkeitsverletzung fehlt (Senat, BGHZ 128, 1, 12 f.). Zwar kann die Persönlichkeitsentfaltung von Kindern durch die Berichterstattung in Medien empfindlicher gestört werden als diejenige von Erwachsenen, so dass der Bereich in dem sie sich frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürfen, umfassender geschützt sein muss. Die Genugtuungsfunktion der Geldentschädigung würde indessen zu wirtschaftlich gesehen, würde sie erfordern , dass dem Betroffenen selbst die finanziellen Mittel zufließen. Im vorliegenden Fall kann auch durch das Ordnungsmittelverfahren hinreichend Genugtuung erlangt werden. Müller Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
LG Hamburg, Entscheidung vom 11.07.2008 - 324 O 1172/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 04.11.2008 - 7 U 71/08 -
Tenor
-
Die Revisionen gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 14. Mai 2014 werden zurückgewiesen.
-
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
-
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
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Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen unzulässiger Veröffentlichung eines Fotos in Anspruch, das sie in Badekleidung (Bikini) auf einer Liege am Strand von El Arenal auf Mallorca zeigt.
- 2
-
Die Print-Ausgabe der Zeitung "BILD", deren Herausgeberin die Beklagte zu 1 ist, berichtete am 10. Mai 2012 über einen Raubüberfall auf den Profifußballer A. in El Arenal ("Am Ballermann"). Darin heißt es u.a.:
- 3
-
"Sonne, Strand, Strauchdiebe. Gestern sahen wir ... - Star A. (25) in pikanter Frauen-Begleitung am Ballermann. Jetzt wurde er Opfer einer Straftat."
- 4
-
Diesem Artikel war das beanstandete Foto beigefügt, das im Vordergrund A. am Strand von El Arenal vor einer Mülltonne zeigt, in die er einen Eimer leert. In dem Bildabschnitt, der die Mülltonne zeigt, findet sich der Text:
- 5
-
"Strohhut, dunkle Sonnenbrille: A. am Strand von El Arenal. Vorbildlich entsorgt er seinen Abfall".
- 6
-
Im Hintergrund sind mehrere Personen auf Strandliegen zu sehen. Am rechten Bildrand, auf der Liege unmittelbar hinter A., ist die Klägerin in einem Bikini zu erkennen.
- 7
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Ein Artikel mit demselben Berichtsgegenstand und einem größeren Ausschnitt desselben Fotos wurde bis zum 9. Mai 2013 im Internet-Portal www.bild.de veröffentlicht, das von der Beklagten zu 2 betrieben wird.
- 8
-
Die Klägerin nahm zuletzt die Beklagte zu 1 wegen des in der Print-Ausgabe veröffentlichten Fotos auf Unterlassung und wegen der Veröffentlichung des Fotos im Internet-Portal der Beklagten zu 2 beide Beklagten auf Unterlassung und Entfernung von der Webseite in Anspruch. Ferner begehrte sie von der Beklagten zu 1 wegen der Veröffentlichung in der Print-Ausgabe und von der Beklagten zu 2 wegen der Veröffentlichung im Internet die Zahlung einer angemessenen Entschädigung.
- 9
-
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht dem Unterlassungsbegehren stattgegeben, hinsichtlich des im Internet veröffentlichten Fotos jedoch nur gegenüber der Beklagten zu 2. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Unterlassungsbegehren gegen die Beklagte zu 1 sowie ihr Begehren auf Zahlung einer Entschädigung gegen beide Beklagten weiter. Die Beklagten erstreben mit ihren Revisionen die Wiederherstellung des die Klage insgesamt abweisenden Urteils des Landgerichts.
Entscheidungsgründe
-
I.
- 10
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Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 wegen der Veröffentlichung des Fotos in der Print-Ausgabe der Zeitung "BILD" vom 10. Mai 2012 gemäß § 1004 BGB i.V.m. § 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB, § 22 KUG bejaht. Es hat sich die Überzeugung gebildet, dass die Klägerin auf dem Foto identifizierbar abgebildet ist. Da die Klägerin weder ausdrücklich noch konkludent in die Veröffentlichung des Fotos eingewilligt habe, sei die Zulässigkeit der Veröffentlichung nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen. Danach komme eine Ausnahme vom Erfordernis der Einwilligung grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Berichterstattung ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung betreffe. Davon könne im Hinblick auf die Klägerin nicht ausgegangen werden. Auch wenn man annehme, dass die Abbildung des Fußballprofis nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG im Kontext des Berichts zulässig gewesen sei, sei damit noch nichts darüber ausgesagt, ob auch die von der Klägerin beanstandete identifizierbare Abbildung ihrer Person rechtmäßig sei. Da die Klägerin in keinerlei Beziehung zu dem Fußballspieler gestanden habe, lasse sich das öffentliche Interesse hiermit nicht begründen. Selbst wenn man mit der Beklagten davon ausginge, dass sich der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG auch auf unbekannte Personen beziehe, die zufällig mit relativen oder absoluten Personen der Zeitgeschichte abgebildet würden, wäre - das zeitgeschichtliche Ereignis unterstellt - jedenfalls bei der erforderlichen Interessenabwägung dem Recht der Klägerin am eigenen Bild gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit der Vorrang einzuräumen. Das unterstellte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einer Nachricht, dass der im Vordergrund abgebildete Fußballprofi, der gestern noch am Strand gewesen sei und dort vorbildlich seinen Abfall entsorgt habe, jetzt Opfer einer Straftat geworden sei, sei nicht von einem solchen Gewicht, dass dahinter der Schutz der Persönlichkeit der Klägerin zurücktreten müsse. Die Aufnahme zeige die Klägerin im Urlaub, der selbst bei Prominenten zum regelmäßig zu schützenden Kernbereich der Privatsphäre gehöre. Insbesondere sei es für die Information der Allgemeinheit nicht erforderlich gewesen, dass die völlig außerhalb des Geschehens stehende Klägerin identifizierbar abgebildet worden sei. Es sei der Beklagten zu 1 als Presseunternehmen ohne Weiteres möglich gewesen, die Klägerin durch Verpixelung oder Augenbalken unkenntlich zu machen. Was dies an der Aussagekraft des Berichts im Sinne ihres Anliegens, die Urlaubsgestaltung des Fußballprofis zu illustrieren, geändert hätte, sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Dabei falle auch ins Gewicht, dass die nur mit einem Bikini bekleidete Klägerin den Blicken des Publikums in einer deutlich intensiveren Weise preisgegeben werde als in anderen Situationen. Teile der Leserschaft hätten die Veröffentlichung auch zum Anlass für Spekulationen darüber nehmen können, ob es sich bei der Klägerin um die in dem Artikel genannte "pikante Frauenbegleitung" gehandelt habe. Die Bildveröffentlichung sei auch nicht - wie das Landgericht angenommen habe - aufgrund einer analogen Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG gerechtfertigt. Eine unmittelbare Anwendung dieser Vorschrift scheitere bereits daran, dass nicht die Abbildung einer Örtlichkeit im Vordergrund gestanden habe, sondern die Person des Fußballers A. Der teilweise vertretenen Auffassung, wonach auch Personen, die im zufälligen Zusammenhang mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis abgebildet würden, sofern sie dadurch nicht schon selbst Teil des zeitgeschichtlichen Ereignisses geworden seien, § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG in analoger Anwendung unterfielen, sei nicht zu folgen. Denn damit würden Personen, die rein zufällig mit einer prominenten Person abgebildet würden, ohne diese zu begleiten, schlechter gestellt als Begleitpersonen von prominenten Personen, bei denen eine alltägliche Begleitsituation nicht ohne Weiteres die Veröffentlichung des Begleiterfotos rechtfertige. Da bereits die Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zu interessengerechten Ergebnissen führe, liege insoweit auch keine Lücke vor. Die Klägerin habe auch gegen die Beklagte zu 2 aus § 1004 BGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB, § 22 KUG einen Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung des auf der von der Beklagten zu 2 betriebenen Webseite seit dem 10. Mai 2012 verbreiteten Fotos. Das Persönlichkeitsrecht der Klägerin sei hier noch in stärkerer Weise betroffen als durch die Veröffentlichung der Print-Ausgabe. Bei dem in der Print-Ausgabe abgedruckten Foto handele es sich lediglich um einen Ausschnitt des auf der Internetseite der Beklagten zu 2 vollständig veröffentlichten Fotos, welches auch die unbekleideten Beine der Klägerin zeige. Da der dazu veröffentlichte Text sich nicht erheblich von dem der Print-Ausgabe unterscheide, könne die Abwägung zu keinem anderen Ergebnis führen als bei der Print-Ausgabe der Beklagten zu 1. Der hinsichtlich der Internetveröffentlichung geltend gemachte Anspruch bestehe nicht gegen die Beklagte zu 1. Diese sei unstreitig nicht Betreiberin der Internetseite. Eine Haftung ergebe sich auch nicht - wie die Klägerin meine - aus Rechtsscheinsgesichtspunkten. Störer sei lediglich, wer willentlich und adäquat kausal zur Persönlichkeitsrechtsverletzung beitrage. Davon könne hier nicht ausgegangen werden. Die Beklagten hätten unwidersprochen vorgetragen, dass weder die Beklagte zu 2 entscheiden könne, welche Publikation in den Medien der Beklagten zu 1 erschienen, noch dass dies umgekehrt der Fall sei. Ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen der beanstandeten Bildveröffentlichungen stehe der Klägerin nicht zu, da es sich nicht um einen so schwerwiegenden Eingriff handele, dass eine Geldentschädigung gerechtfertigt sei.
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II.
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Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
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A) Revisionen der Beklagten:
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Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler einen Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 aus § 1004 und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 22, 23 KUG bejaht.
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1. Dabei ist es zutreffend davon ausgegangen, dass die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen nach der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen ist (vgl. grundlegend Senatsurteile vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06, BGHZ 171, 275 Rn. 9 ff.; vom 18. Oktober 2011 - VI ZR 5/10, VersR 2012, 116 Rn. 8 f.; vom 22. November 2011 - VI ZR 26/11, VersR 2012, 192 Rn. 23 f.; vom 18. September 2012 - VI ZR 291/10, VersR 2012, 1403 Rn. 26, vom 28. Mai 2013 - VI ZR 125/12, VersR 2013, 1178 Rn. 10, und vom 8. April 2014 - VI ZR 197/13, VersR 2014, 890 Rn. 8; jeweils mwN), das sowohl mit verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. BVerfGE 120, 180, 210) als auch mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Einklang steht (vgl. EGMR NJW 2004, 2647 Rn. 57 ff.; 2006, 591 Rn. 37 ff., sowie NJW 2012, 1053 Rn. 95 ff., und 1058 Rn. 75 ff.). Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Die Veröffentlichung des Bildes von einer Person begründet grundsätzlich eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts (vgl. BVerfG NJW 2011, 740 Rn. 52 mwN). Die nicht von der Einwilligung des Abgebildeten gedeckte Verbreitung seines Bildes ist nur zulässig, wenn dieses Bild dem Bereich der Zeitgeschichte oder einem der weiteren Ausnahmetatbestände des § 23 Abs. 1 KUG positiv zuzuordnen ist und berechtigte Interessen des Abgebildeten nicht verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). Dabei ist schon bei der Beurteilung, ob ein Bild dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen ist, eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK andererseits vorzunehmen (vgl. z.B. Senatsurteil vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06, VersR 2007, 1135 Rn. 17; ausführlich dazu v. Pentz, AfP 2013, 20, 23 f.).
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a) Nach den von den Revisionen nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin in die Veröffentlichung der Fotos nicht eingewilligt (§ 22 Satz 1 KUG).
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b) Das Foto ist auch nicht dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) zuzuordnen. Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens.
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aa) Der Begriff des Zeitgeschehens darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, in dem sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist, wobei unterhaltende Beiträge davon nicht ausgenommen sind (vgl. BVerfGE 101, 361, 389 ff.; BVerfG, AfP 2008, 163, 166 f. Nr. 61 ff.; Senatsurteile vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06, aaO; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06, aaO und vom 24. Juni 2008 - VI ZR 156/06, BGHZ 177, 123 Rn. 15 ff.; jeweils mwN).
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bb) Nach diesen Grundsätzen ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Veröffentlichung eines Fotos, das einem Millionenpublikum die - identifizierbar abgebildete - Klägerin im Bikini zeigt, sei durch den Anlass der Berichterstattung nicht gerechtfertigt, nicht zu beanstanden. Die veröffentlichten Bilder zeigen die Klägerin in einer erkennbar privaten Situation, die in keinem Zusammenhang mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis steht (vgl. - zu einer ähnlichen Fallgestaltung - Senatsurteil vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06, VersR 2007, 1135 Rn. 26).
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cc) Soweit die Revisionen meinen, das Berufungsgericht habe nicht geprüft, wie der Leser den Bericht interpretiere, sondern ausschließlich auf das Foto abgestellt und den Zusammenhang zum zugehörigen Text ignoriert, aus welchem sich ergebe, dass sich die Abbildung allein auf den Fußballer A. beziehe, kann dem nicht gefolgt werden. Das Bildnis zeigt auch die Klägerin, wie sie sich mit dem Betrachter halb zugewandtem Gesicht auf der Strandliege sonnt.
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dd) Entgegen der Auffassung der Revisionen der Beklagten hat das Berufungsgericht auch nicht den Begriff des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG verkannt und diesen Begriff zu eng gefasst. Das beanstandete Foto als solches hatte mit dem Umstand, dass der bekannte Fußball-Star A. am "Ballermann" überfallen und ausgeraubt wurde, ersichtlich nichts zu tun. Das Berufungsgericht hat gleichwohl zugunsten der Beklagten unterstellt, dass die Veröffentlichung des Bildnisses von Herrn A. im Kontext des Berichts zulässig war und für die Entscheidung des Streitfalles zutreffend darauf abgestellt, ob der Gegenstand dieses Berichts auch die Veröffentlichung einer Abbildung der Klägerin rechtfertigt. Dies hat es mit Recht verneint. Denn es besteht außer dem zufälligen Zugegensein keine Verknüpfung zwischen der als "Urlauberin" gezeigten Klägerin und dem - unterstellt - als Ereignis der Zeitgeschichte zu qualifizierenden Raubüberfall auf den Nationalspieler A.
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ee) Der Revisionen der Beklagten ist weiter nicht darin zu folgen, dass im Hinblick auf das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einem Bericht über ein zeitgeschichtliches Ereignis die Interessen von unbekannten Personen, die zufällig mit abgebildet werden, stets zurücktreten müssen. Vielmehr ist auch in solchen Fällen grundsätzlich eine Interessenabwägung erforderlich, bei der insbesondere der Informationswert für die Öffentlichkeit, die berechtigten Erwartungen des Betroffenen und die Möglichkeiten einer das Persönlichkeitsrecht wahrenden Modifikation des Fotos zu berücksichtigen sind. Dies steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats, nach der selbst die Abbildung von Begleitpersonen nicht ohne Weiteres zulässig ist. Wollte man dies anders sehen, würde dies zu dem (widersinnigen) Ergebnis führen, dass Begleitpersonen, die in einem gewissen Zusammenhang mit dem Gegenstand der Berichterstattung stehen (vgl. etwa Senatsurteil vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06, VersR 2007, 1135 Rn. 28), vor einer Veröffentlichung eher geschützt wären, als Personen, die ohne jeden Zusammenhang Gegenstand einer "zufälligen" Bildaufnahme geworden sind.
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c) Entgegen der Auffassung der Revisionen der Beklagten hat das Berufungsgericht auch ohne Rechtsfehler im Streitfall eine unmittelbare oder analoge Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG verneint.
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aa) Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG ist die Veröffentlichung eines Bildnisses ohne Einwilligung der abgebildeten Person grundsätzlich zulässig, wenn diese Person nur als "Beiwerk" neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheint. Hiervon kann nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nur dann ausgegangen werden, wenn die Abbildung einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit das Bild prägt und nicht selbst "Beiwerk" ist. Im Streitfall bezog sich die Abbildung indes - wovon die Revisionen der Beklagten selbst ausgehen - in erster Linie auf Herrn A. Das Strandleben am "Ballermann" bildete lediglich den Hintergrund des Fotos.
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Die Erwägungen der Revisionen der Beklagten zu der Frage, ob eine Abbildung von Badegästen im Zusammenhang mit einer Schilderung des Strandlebens zulässig wäre, sind im Streitfall unerheblich. Im unmittelbaren Anwendungsbereich von § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG kann ein Interesse an der Wiedergabe einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit zwar unabhängig von einem konkreten Ereignis der Zeitgeschichte bestehen. Die Revisionen der Beklagten gehen jedoch selbst davon aus, dass Zweck des Bildes die Berichterstattung über den Fußballer A. im Zusammenhang mit dem auf diesen erfolgten Überfall gewesen sei.
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bb) Entgegen der Auffassung der Revisionen kommt eine entsprechende Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG nicht in Betracht. Es fehlt bereits an einer Gesetzeslücke als Voraussetzung einer analogen Anwendung dieser Vorschrift. Denn dem von den Revisionen der Beklagten angeführten Interesse an der Berichterstattung über eine bestimmte Person unter Einbeziehung von Abbildungen anderer "zufällig" anwesender Personen wird bereits durch § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG und die dort erforderliche Interessenabwägung hinreichend Rechnung getragen.
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d) Selbst wenn eine entsprechende Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG in Betracht käme, erstreckte sich die Befugnis nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird (§ 23 Abs. 2 KUG).
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Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung mit Recht nicht nur auf das Foto, sondern auch auf den dazugehörigen Text abgestellt und dabei angenommen, dass die Erwähnung einer "pikanten Frauenbegleitung" zumindest bei einem Teil der Leserschaft zum Anlass für Spekulationen in Bezug auf die Klägerin genommen werden könnte. Eine andere Beurteilung ist auch nicht im Hinblick auf die Formulierung geboten: "Gestern sahen wir ... - Star A. (25) in pikanter Frauen-Begleitung am Ballermann. Jetzt wurde er Opfer einer Straftat." Denn die Revisionen der Beklagten zeigen keinen (übergangenen) Sachvortrag dazu auf, dass das Foto vom Folgetag stamme und dies für den Leser ersichtlich gewesen sei.
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e) Das Berufungsgericht hat auch zutreffend die Unkenntlichmachung der Klägerin durch Verpixelung oder Augenbalken für möglich und den Beklagten zumutbar erachtet. Die Revisionen berufen sich demgegenüber ohne Erfolg auf angebliche Redaktionsabläufe und die Gefahr der Verhinderung einer atmosphärischen Illustration. Eine Verpixelung hätte an der Aussagekraft des Berichts im Hinblick auf das Anliegen der Beklagten, die Urlaubsgestaltung des Fußballprofis zu illustrieren, nichts geändert. Darüber hinaus hat die Beklagte zu 2 nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei den im Internet im Zusammenhang mit der vorliegenden Berichterstattung veröffentlichten Bildern die Gesichter anderer dort mit dem Fußballprofi abgebildeter Frauen gepixelt, was dagegen spricht, dass ihr eine entsprechende Vorgehensweise im Hinblick auf die Abbildung der Klägerin nicht möglich oder unzumutbar gewesen wäre.
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B) Revision der Klägerin:
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Die Revision der Klägerin ist ebenfalls unbegründet.
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1. Das Berufungsgericht hat mit Recht eine Haftung der Beklagten zu 1 hinsichtlich der Veröffentlichung der beanstandeten Bilder im Internet abgelehnt, weil nicht ersichtlich sei, dass die Beklagte zu 1 willentlich und adäquat kausal durch die Veröffentlichung der - rechtlich selbständigen - Beklagten zu 2 im Internet zu einer Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin beigetragen hätte. Allein die Tatsache, dass beiden Beklagten dieselben Lichtbilder zugänglich waren, vermag noch keine wechselseitige Haftung hinsichtlich der Veröffentlichung der Fotos zu begründen. Die Revision der Klägerin zeigt keinen vom Berufungsgericht übergangenen Sachvortrag auf, wonach die Beklagte zu 1 der Beklagten zu 2 die Lichtbilder zur Verfügung gestellt hat. Die von der Revision der Klägerin in Bezug genommene Entscheidung des I. Zivilsenats vom 11. März 2009 (I ZR 114/06, BGHZ 180, 134 Rn. 16 ff.) betrifft eine andere Fallgestaltung (Verletzung von Schutzrechten durch Pflichtverletzung des Kontoinhabers bei der Verwahrung von Zugangsdaten).
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2. Entgegen der Auffassung der Revision der Klägerin hat das Berufungsgericht auch ohne Rechtsfehler den Antrag der Klägerin auf Zahlung einer Geldentschädigung für unbegründet erachtet.
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a) Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats begründet eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 12; vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 27; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 306; vom 24. November 2009 - VI ZR 219/08, BGHZ 183, 227 Rn. 11; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 38 ff.; vom 22. Januar 1985 - VI ZR 28/83, VersR 1985, 391, 393; vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87 - VersR 1988, 405; vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94, VersR 1996, 341 f.; vgl. auch BVerfG, NJW 2004, 591, 592). Ob ein derart schwerer Eingriff anzunehmen und die dadurch verursachte nicht vermögensmäßige Einbuße auf andere Weise nicht hinreichend ausgleichbar ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles beurteilt werden (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, aaO, 13; vom 24. November 2009 - VI ZR 219/08, aaO; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, aaO Rn. 38; vom 17. März 1970 - VI ZR 151/68, VersR 1970, 675, 676; vom 25. Mai 1971 - VI ZR 26/70, VersR 1971, 845, 846; Senatsbeschluss vom 30. Juni 2009 - VI ZR 340/08, juris Rn. 3). Bei der gebotenen Gesamtwürdigung ist ein erwirkter Unterlassungstitel zu berücksichtigen, weil dieser und die damit zusammenhängenden Ordnungsmittelandrohungen den Geldentschädigungsanspruch beeinflussen und im Zweifel sogar ausschließen können (vgl. Senatsurteil vom 25. Mai 1971 - VI ZR 26/70, DB 1971, 1660, 1661; Senatsbeschluss vom 30. Juni 2009 - VI ZR 340/08, aaO). Die Gewährung einer Geldentschädigung hängt demnach nicht nur von der Schwere des Eingriffs ab, es kommt vielmehr auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an, nach denen zu beurteilen ist, ob ein anderweitiger befriedigender Ausgleich für die Persönlichkeitsrechtsverletzung fehlt (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, aaO, 12 ff.; vom 24. November 2009 - VI ZR 219/08, aaO; Senatsbeschluss vom 30. Juni 2009 - VI ZR 340/08, aaO).
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b) Eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin hat das Berufungsgericht unter Würdigung der besonderen Umstände des Streitfalles mit Recht verneint. Selbst wenn man - was das Berufungsgericht offengelassen hat - zugunsten der Klägerin ihre Behauptung, sie sei im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von mehreren Personen angesprochen und ihr sei von "mehreren Männern" Geld für ein Treffen angeboten worden, als richtig unterstellt, vermag dies keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Denn das Berufungsgericht weist insoweit zutreffend darauf hin, dass die beanstandete Veröffentlichung des Strandbildes mit der Klägerin keine Veranlassung zu der Annahme gab, dass die Klägerin käuflich sei.
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Galke Wellner Diederichsen
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v. Pentz Offenloch
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
(1) Die Verjährung wird gehemmt durch
- 1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils, - 1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage, - 2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger, - 3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1), - 4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer - a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder - b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
- 5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess, - 6.
die Zustellung der Streitverkündung, - 6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird, - 7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, - 8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens, - 9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird, - 10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren, - 10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist, - 11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens, - 12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt, - 13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und - 14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.
(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.
(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.
Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.