Landgericht Magdeburg Urteil, 22. Nov. 2013 - 7 O 1504/12

ECLI:ECLI:DE:LGMAGDE:2013:1122.7O1504.12.0A
bei uns veröffentlicht am22.11.2013

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 27.111,47 Euro nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1.9.12 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten der Verweisung, die vorab die Klägerin zu tragen hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % der jeweils zu vollstreckenden Forderung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Wert: 27.111,47 Euro.

Tatbestand

1

Die Klägerin beteiligte sich an der vom Beklagten im offenen Verfahren veranlassten Ausschreibung betreffend die Errichtung eines Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Zentrums, Sanierung und Neubau von Institutsflächen, Baubereich 4 der Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg. Der geschätzte Kostenrahmen der Gesamtbaumaßnahme lag bei über fünf Millionen Euro, der Baubeginn war für den 13.5.2013 festgesetzt. Die Kostenschätzung für die hier streitgegenständliche Leistung, die nicht vorgelegt worden ist, schloss mit brutto 138.248,73 Euro.

2

Die Klägerin gab am 24.4.2012 online zwei Angebote ab:

3

Das zuerst eingegangene Angebot endete mit einem Gesamtpreis von 268.201,96 Euro brutto. In der Anlage 213 EG erklärte die Klägerin, die Leistungen, die sie nicht im Formblatt 235 EG angegeben habe, im eigenen Betrieb auszuführen. Im Formblatt 221 (II, 71) sind unter Ziffer 2 Nachunternehmerleistungen eingetragen, unter Ziffer 3. (Ermittlung der Angebotssumme) und hier insbesondere unter 3.5. (Nachunternehmerleistungen) ist keine Eintragung erfolgt. Auch das Formblatt 222 verhält sich hierzu nicht. Die Formblätter 235 und 236 EG wurden nicht ausgefüllt.

4

Das danach folgende Angebot endet mit einer Angebotssumme von 268.580,38 Euro. Auf dem Formblatt 213 EG gab die Klägerin wiederum die Erklärung ab, die Leistungen, die nicht im Formblatt 235 EG angegeben seien, im eigenen Betrieb auszuführen. Auf dem Formblatt 221 sind unter 2. Nachunternehmerleistungen aufgeführt, unter 3. (Ermittlung der Angebotssumme) sind unter Ziffer 3.5 Nachunternehmerleistungen in Höhe von 97.773,50 Euro aufgelistet. Formblatt 223 wurde nicht ausgefüllt. Gleiches gilt für die Formblätter 235 EG und 236 EG.

5

Ausweislich der Auflistung der Angebote vom 25.4.2012 hat der Beklagte lediglich das zweite Angebot der Klägerin über 268.580,38 Euro berücksichtigt.

6

Der Tischlereibetrieb G gab ein Angebot über 276.604,79 Euro ab, die Meier Betriebs-GmbH & Co. KG über 271.960,22 Euro

7

Das Submissionsergebnis teilte der Beklagte der Klägerin mit und lud sie unter dem 10.5.2012 zum Bietergespräch am 15.5.2012. Das Bietergespräch fand am 15.5.2012 statt. Die Klägerin teilte mit, dass die M Betriebs-GmbH & Co. KG für spezielle Tischlerarbeiten Nachunternehmer werde. Ihr wurde aufgegeben, die Formblätter 223 bis zum 16.5.2012 auszufüllen und einzureichen. Dem kam die Klägerin nach. Darin sind auch die Leistungen und Preise des Nachunternehmers aufgeführt.

8

Unter dem 21.5.2012 hob der Beklagte das Vergabeverfahren wegen angeblich schwerwiegender Gründe auf mit der Begründung, dass alle Angebote weit über den veranschlagten Haushaltsmitteln liegen würden. Es sei beabsichtigt, ein neues offenes Verfahren durchzuführen. Dieses Schreiben ging der Klägerin am 23.5.2012 zu. Die Klägerin erhob unter dem 25.5.2012 Rüge mit dem Ziel der Zuschlagserteilung. Der Beklagte half der Rüge nicht ab.

9

Mit Schriftsatz vom 14.6.2012 stellte die Klägerin einen Nachprüfungsantrag und begehrte Schadensersatz in Höhe des Erfüllungsschadens. Hilfsweise begehrte sie Schadensersatz in Höhe des Aufwandes für die Angebotserarbeitung sowie der im Zusammenhang mit der Beauftragung der Nachunternehmerin bestehenden Ansprüche, die Feststellung, dass die Aufhebung des Vergabeverfahrens rechtswidrig war, die Aufhebung der Aufhebung des Vergabeverfahrens und die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet sei, das positive Interesse aus der ansonsten erfolgten Beauftragung der Klägerin zu tragen. Äußerst hilfsweise beantragte sie festzustellen, dass ihr die vergeblichen Aufwendungen im Rahmen der Beteiligung am Ausschreibungsverfahren im Sinne des negativen Interesses nach § 126 GWB zu ersetzen seien und den Beklagten zur Zahlung von 6000 Euro nebst Zinsen zu verurteilen. Die Anträge wurden durch Beschluss vom 30.7.2012 der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt verworfen. Eine Zuständigkeit zur Entscheidung über den Hauptantrag (Schadensersatz) bestehe nach § 104 Abs. 3 GWB nicht, sie liege bei den ordentlichen Gerichten. Hinsichtlich des Hilfsantrages, gerichtet auf die Feststellung, dass die Aufhebung des Verfahrens rechtswidrig gewesen sei, fehle es an einem Feststellungsinteresse. Die Entscheidung könne nur im Hinblick auf einen Schadensersatzprozess von Interesse für die Klägerin sein. Ein Schadensersatzanspruch sei indes ausgeschlossen, weil die Klägerin nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 g) VOB/A zwingend vom Vergabeverfahren auszuschließen gewesen sei, da sie vorsätzlich unzutreffende Erklärungen in Bezug auf ihre Eignung abgegeben habe. Hinsichtlich des Hilfsantrages gerichtet auf Aufhebung der Aufhebung des Verfahrens sei die Klägerin nicht antragsbefugt i. S. d. § 107 Abs. 2 S. 2 GWB. Zur Entscheidung über die Hilfsanträge 4 – 6 sei die Kammer nicht berufen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen.

10

Hiergegen erhob die Klägerin sofortige Beschwerde zum Vergabesenat des OLG Naumburg. Diese hat sie zurückgenommen.

11

Im vorliegenden Verfahren macht sie Schadensersatzansprüche in Höhe des positiven, hilfsweise in Höhe des negativen Interesses geltend. Der Berechnung des Erfüllungsinteresses hat sie eine Gewinnmarge von 15 % auf die Materialkosten von 104.938,08 Euro, 3 % auf die Lohnkosten von 22.986.22 Euro und 15 % auf die Nachunternehmerleistungen von 97.773,50 Euro zu Grunde gelegt. Dem Hilfsantrag sind die Lohnkosten (16 Stunden a 55 Euro für die Angebotserstellung = 880 Euro; 8 Stunden a 85 Euro für die Wahrnehmung des Vergabegesprächs inklusive An- und Abfahrt, Vor- und Nachbereitung = 680 Euro) und die Fahrtkosten in Höhe von 61,20 Euro (2 x 102 km a 0,3 Euro) zu Grunde gelegt.

12

Der Beklagte hat die Leistungen erneut am 16.10.2012 ausgeschrieben, wobei allerdings die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Leistungen in vier Einzelvergaben gesplittet worden sind. Zuschläge sind erteilt worden.

13

Mit Beschluss vom 2.10.2012 hat sich das Landgericht ..., bei dem die Klage zunächst erhoben worden war, für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf Antrag der Klägerin an das Landgericht Magdeburg verwiesen.

14

Die Klägerin meint, sie habe den Auftrag erhalten müssen. Aus der Tatsache, dass alle Angebote dicht beisammen liegen würden, sei zu schließen, dass sie richtig kalkuliert und berechnet seien und dem marktüblichen Preis entsprechen würden. Sie ist ferner der Ansicht, dass schwerwiegende Gründe, die die Aufhebung des Verfahrens rechtfertigen würden, nicht vorgelegen hätten. Offensichtlich habe sich der Beklagte verkalkuliert, weshalb er sich nun weigere, seine Kalkulation offen zu legen. Außerdem sei ihres Erachtens die Mitteilung nach § 17 VOB/A nicht unverzüglich erfolgt, da zuvor das Bietergespräch stattgefunden habe. Das Bietergespräch habe im übrigen dem Zweck gedient, die noch offenen Fragen u. a. in Bezug auf Nachunternehmerleistungen zu klären, so dass die Klägerin nicht mit dem Argument, sie habe unwahre Angaben zu Nachunternehmerleistungen gemacht, hätte ausgeschlossen werden dürfen.

15

Die Klägerin beantragt,

16

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 27.111,47 Euro nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung (1.9.12) zu zahlen;

17

hilfsweise

18

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.621 Euro zu zahlen.

19

Der Beklagte beantragt,

20

die Klage abzuweisen.

21

Der Beklagte meint, dass andere schwerwiegende Gründe für die Aufhebung der Ausschreibung vorgelegen hätten, nachdem die Ausschreibung zu keinem wirtschaftlich akzeptablen Ergebnis geführt habe. Dass die Angebote dicht beieinander lagen, deute auf Absprachen der Bieter hin. Außerdem seien alle Angebote durch Ausreißerpreise, die nichts mit Markpreisen zu tun hätten, gekennzeichnet. Auch sei die Mitteilung der Aufhebung ohne schuldhaftes Zögern erfolgt, weil auf die Erkenntnisse des Bietergesprächs abzustellen sei.

22

Zudem meint der Beklagte, dass die Klägerin ohnehin von der Ausschreibung auszuschließen gewesen sei, nachdem sie zunächst mitgeteilt habe, die Leistung im eigenen Betrieb zu erbringen und erst im Bietergespräch mitgeteilt habe, einen Teil der Leistungen durch einen Subunternehmer erbringen zu wollen, der zudem Mitbieter gewesen sei. Es ergebe sich der Verdacht des kollusiven Verhaltens. Der Ausschluss der Klägerin sei nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 g VOB/A angezeigt gewesen, so dass ihr keineswegs der Zuschlag zu erteilen gewesen wäre und damit ein Schadensersatzanspruch nicht bestehe.

23

Ferner meint er, dass das ordentliche Gericht gem. § 124 Abs. 1 GWB an die bestandskräftige Entscheidung der Vergabekammer und die Entscheidung des Oberlandesgerichts gebunden sei. Die Vergabekammer habe festgestellt, dass die Klägerin gem. § 16 Abs. 1 Nr. 1 g VOB/ A von der Vergabe auszuschließen gewesen sei. Außerdem sei die Klägerin auszuschließen gewesen, weil sie zwei Angebote abgegeben habe, die sich lediglich im Preis unterschieden hätten.

24

Zu den Ergebnissen und Inhalten der neuen Submission müsse der Beklagte nichts vortragen, da die Klägerin Einsicht in die Vergabeakten nehmen könne. Zudem sei die Ausschreibung nicht im ursprünglichen Umfang erfolgt, so dass keine Rückschlüsse auf die aufgehobene Ausschreibung gezogen werden könnten.

25

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

26

Die zulässige Klage ist begründet.

27

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 27.111,47 Euro gem. den §§ 280, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB.

28

Ein auf das positive Interesse gerichteter Schadensersatzanspruch eines Bieters setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass dem Bieter bei ordnungsgemäßem Verlauf des Vergabeverfahrens der Zuschlag hätte erteilt werden müssen und dass der ausgeschriebene oder ein diesem wirtschaftlich gleichzusetzender Auftrag vergeben worden ist (BGH, Urteil vom 8. September 1998 - X ZR 48/97, BGHZ 139, 259; Urteil vom 26. Januar 2010 – X ZR 86/08, VergabeR 2010, 855 Rdn. 16 - Abfallentsorgung I).

29

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

30

Im Einzelnen:

31

Soweit der Beklagte meint, dass die Klägerin – wie die Vergabekammer ausgeführt habe - gem. § 16 Abs. 1 Nr. 1 g VOB/A vom Vergabeverfahren auszuschließen gewesen wäre, teilt die Kammer diese Auffassung nicht.

32

Die Vergabekammer hat ausgeführt:

33

Die Klägerin „hat in Bezug auf ihre Eignung vorsätzlich unzutreffende Erklärungen abgegeben. In ihrem Angebotsschreiben hat sie unter Nummer drei erklärt, die Leistungen im eigenen Betrieb auszuführen, sofern sie im Formblatt 235EG keine Nachunternehmerleistungen einträgt. Da sie eine entsprechende Eintragung nicht vorgenommen hatte, ist ihre Erklärung nur so zu verstehen, dass sie für die Leistungserbringung keinen Nachunternehmer bindet. Diese Erklärung war jedoch objektiv unrichtig. Wie sich im Aufklärungsgespräch ergab, beabsichtigte sie sehr wohl einen Nachunternehmer einzusetzen. Die Tatsache, dass sie an anderer Stelle, nämlich im Formblatt 221 (Preisermittlung bei Zuschlagskalkulation), Zuschläge auf Einzelkosten der Teilleistungen auch für Nachunternehmer aufführte, ändert nichts daran, dass die Erklärung im Angebotsschreiben objektiv unzutreffend war. Dies gilt auch ungeachtet der Tatsache, dass sie im Aufklärungsgespräch den Einsatz von Nachunternehmern offenlegte und anschließend das Formblatt 235 EG entsprechend ausgefüllt nachreichte.

34

Sie handelte dabei auch vorsätzlich. In diesem Zusammenhang genügt, dass die Antragstellerin entsprechende Angaben tätigte, obwohl sie mit deren Unrichtigkeit rechnete und dies billigend in Kauf nahm (bedingter Vorsatz). …Die Vergabeunterlagen haben es nicht zugelassen, dass die Bieter sich den Einsatz von Nachunternehmern bis nach Angebotsabgabe offen halten können. Vielmehr war verlangt, dass sie diesbezüglich bereits im Angebotsschreiben verbindliche Erklärungen abgeben….“.

35

Die Klägerin hat die Beklagte indes nicht getäuscht, sondern von Anfang an mitgeteilt, einen Nachunternehmer einsetzen zu wollen. Sie hat im Formblatt 221 zum Angebot über 268.580,38 Euro Nachunternehmerleistungen aufgeführt, was seitens des Beklagten auch zur Kenntnis genommen wurde, wie die handschriftliche Ergänzung des Bruttopreises beweist.

36

Auf die Erklärung der Klägerin, sie werde die Leistungen im eigenen Betrieb ausführen, sofern sie im Formblatt 235 EG keine Nachunternehmerleistungen eintrage, kann sich der Beklagte daher nicht berufen, ohne sich dem Vorwurf widersprüchlichen und treuwidrigen Verhaltens auszusetzen. Das gilt umso mehr, als die Klägerin auf der Grundlage ihres Angebotes zum Bietergespräch geladen und zum Ausfüllen und Einreichen der noch fehlenden Formblätter bis zum folgenden Tag aufgefordert wurde, ohne die Klägerin mit ihrem Angebot zuvor auszuschließen (§ 16 Abs. 1 Ziffer 3 VOB/A). Zudem sind Nachunternehmerleistungen ausweislich des Protokolls, das den in Aussicht genommenen Nachunternehmer ausweist, offensichtlich Thema des Bietergesprächs gewesen.

37

Auch die Tatsache, dass die Klägerin – unstreitig – zwei Angebote eingereicht hat, führt nicht dazu, dass sie zwingend auszuschließen gewesen wäre. Insbesondere ergibt sich das nicht aus der vom Beklagten in Bezug genommenen Rechtsprechung des OLG Naumburg und des OLG Düsseldorf. Es ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher nicht abschließend geklärt, ob es unzulässig ist, mehrere Angebote parallel abzugeben. Das OLG Naumburg geht mit dem OLG Brandenburg jedenfalls davon aus, dass ein Bieter jeweils nur ein Angebot aufrechterhalte. Das hat offenbar auch der Beklagte so gesehen, der das zuletzt eingegangene Angebot berücksichtigt hat. Die Kammer schließt sich dieser Auffassung an.

38

Tatsachen, die einen Ausschluss der Klägerin nach § 16 Abs. 1 Ziffer 1 d) VOB/A (Preisabsprachen) gerechtfertigt hätten, hat der Beklagte nicht mit Substanz dargetan.

39

Ebenfalls ist nicht hinreichend dargetan worden, dass die Angebotspreise der Klägerin unangemessen hoch waren und deshalb ein Zuschlag nicht zu erteilen gewesen wäre (§ 16 Abs. 6 Nr. 1 VOB/A).

40

Andere Gründe, die zwingend einen Ausschluss der Klägerin zur Folge hätten haben müssen, sind weder ersichtlich noch dargetan worden.

41

Soweit der Beklagte meint, die Kammer sei an die Entscheidung der Vergabekammer, wonach die Klägerin zwingend auszuschließen gewesen sei, gebunden, geht diese Auffassung fehl. Nur die Feststellung des objektiven Verstoßes bzw., dass kein Verstoß vorgelegen hat, einschließlich der dazugehörigen Tatsachenfeststellungen entfaltet Bindungswirkung. Die Bindungswirkung erstreckt sei bei Identität der Verfahrensbeteiligten auf die Entscheidung der Vergabenachprüfungsinstanzen über den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften sowie auf die Frage, ob ein am Vergabeverfahren benachteiligtes Unternehmen in bieterschützenden Rechten verletzt worden ist (KG Berlin, Urteil vom 20.5.2011, 7 U 125/10). Sie beschränkt sich mithin auf den Tenor und die tragenden Entscheidungsgründe einschließlich der tatsächlichen Feststellungen sowie die rechtliche Würdigung der Frage, ob bieterschützende Normen verletzt wurden. Eingeschlossen sind die Sachverhaltsfeststellungen. Keinerlei Bindungswirkung entfaltet eine Entscheidung, die den Nachprüfungsantrag als unzulässig zurückweist und dann keine Feststellungen zum gerügten Vergaberechtsverstoß beinhaltet (vgl. Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, 2. Auflage, § 124 GWB Rdn. 7 m. w. N.).

42

So liegt der Fall hier: Die Anträge der Klägerin sind sämtlichst als unzulässig angesehen worden. Ausführungen zu einem Vergaberechtsverstoß – hier die Frage der zulässigen Aufhebung des Vergabeverfahrens – hat die Vergabekammer nicht gemacht.

43

Mithin kommt es darauf an, ob das Ausschreibungsverfahren zulässigerweise nach § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A aufgehoben worden ist, also ein schwer wiegender Grund bestand, was hier nicht festgestellt werden kann.

44

Ein schwer wiegender Grund kann vorliegen, wenn bei der Ausschreibung wegen beträchtlich überteuerter Angebote kein wirtschaftlich akzeptables Ergebnis erzielt werden kann. Darauf hat auch der Beklagte die Aufhebung gestützt, nachdem die Angebote die Kostenschätzung um nahezu 100 % überschritten.

45

Die Aufhebung ist indes nicht schon dann gerechtfertigt, wenn die eingegangenen Angebote wirtschaftlich den Vorstellungen des Auftraggebers nicht entsprechen. Voraussetzung ist vielmehr, dass nach der Prüfung der Angebote oder deren Wertung objektiv überhaupt kein angemessenes oder annehmbares Angebot vorliegt und daher die bisherige Vergabeabsicht des Auftraggebers entscheidend beeinflusst wird (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.12.2006, Verg 54/06).

46

Da die Bieter in die Vorbereitung von Angeboten Zeit und Kosten investiert haben und in der Regel auf eine ordnungsgemäße Beendigung des Vergabeverfahrens durch Erteilung des Auftrags vertrauen dürfen, sind strenge Maßstäbe bei der Prüfung anzulegen. Einem öffentlichen Auftraggeber ist eine Aufhebung der Ausschreibung aus diesem Grund vor allem mit Rücksicht auf das Gebot zu sparsamer und wirtschaftlicher Verwendung der Haushaltsmittel aber jedenfalls dann nicht zu verwehren, wenn solche Wirtschaftlichkeitsüberlegungen auf von ihm zutreffend ermittelten Kosten beruhen (OLG Düsseldorf, a.a.O., Rdn. 44).

47

Dass der Beklagte die Kosten zutreffend ermittelt hat, hat die Klägerin bestritten. Da es sich bei der Aufhebung der Ausschreibung um einen Ausnahmefall handelt, ist der Beklagte in der Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen für die Aufhebung vorgelegen haben. Es hätte ihm mithin oblegen, die Kostenschätzung vorzulegen und die Richtigkeit – soweit bestritten – unter Beweis zu stellen. Das hat er trotz entsprechender Forderung der Klägerin und Hinweises der Kammer nicht getan.

48

Mithin ist das Verfahren vergaberechtswidrig aufgehoben worden. Der Klägerin, die unstreitig das niedrigste Gebot abgegeben hatte, wäre bei ordnungsgemäßer Durchführung des Verfahrens der Zuschlag zu erteilen gewesen.

49

Auch die übrigen Voraussetzungen für einen auf das Erfüllungsinteresse gerichteten Schadensersatzanspruch sind erfüllt:

50

Unstreitig sind die Leistungen – wenn auch in vier Lose gesplittet – erneut ausgeschrieben und entsprechende Zuschläge erteilt worden. Weitere Einzelheiten hierzu konnte und musste die Klägerin nicht vortragen, um den Anforderungen an einen substantiierten Vortrag zu genügen. Da sie nicht Beteiligte des erneuten Ausschreibungsverfahrens war, konnte sie keine weitergehenden Kenntnisse haben und sich auch nicht über eine Akteneinsicht verschaffen. Hätte der Beklagte sich gegen den Vortrag der Klägerin wenden wollen, hätte er im Rahmen der sekundären Darlegungslast Einzelheiten zur zweiten Ausschreibung und deren Ergebnis vortragen müssen. Das hat er trotz Hinweises der Kammer nicht getan.

51

Der Höhe nach ist der schlüssig dargelegte Anspruch nicht bestritten worden.

52

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 288, 291 BGB.

53

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 281 Abs. 3, 709 ZPO.


Urteilsbesprechung zu Landgericht Magdeburg Urteil, 22. Nov. 2013 - 7 O 1504/12

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Bundesgerichtshof Urteil, 26. Jan. 2010 - X ZR 86/08

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1.
bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes nach § 123 höchstens fünf Jahre ab dem Tag der rechtskräftigen Verurteilung von der Teilnahme an Vergabeverfahren ausgeschlossen werden,
2.
bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes nach § 124 höchstens drei Jahre ab dem betreffenden Ereignis von der Teilnahme an Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.

(1) Verteidigungs- oder sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge sind öffentliche Aufträge, deren Auftragsgegenstand mindestens eine der folgenden Leistungen umfasst:

1.
die Lieferung von Militärausrüstung, einschließlich dazugehöriger Teile, Bauteile oder Bausätze,
2.
die Lieferung von Ausrüstung, die im Rahmen eines Verschlusssachenauftrags vergeben wird, einschließlich der dazugehörigen Teile, Bauteile oder Bausätze,
3.
Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in unmittelbarem Zusammenhang mit der in den Nummern 1 und 2 genannten Ausrüstung in allen Phasen des Lebenszyklus der Ausrüstung oder
4.
Bau- und Dienstleistungen speziell für militärische Zwecke oder Bau- und Dienstleistungen, die im Rahmen eines Verschlusssachenauftrags vergeben werden.

(2) Militärausrüstung ist jede Ausrüstung, die eigens zu militärischen Zwecken konzipiert oder für militärische Zwecke angepasst wird und zum Einsatz als Waffe, Munition oder Kriegsmaterial bestimmt ist.

(3) Ein Verschlusssachenauftrag im Sinne dieser Vorschrift ist ein Auftrag im speziellen Bereich der nicht-militärischen Sicherheit, der ähnliche Merkmale aufweist und ebenso schutzbedürftig ist wie ein Auftrag über die Lieferung von Militärausrüstung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 oder wie Bau- und Dienstleistungen speziell für militärische Zwecke im Sinne des Absatzes 1 Nummer 4, und

1.
bei dessen Erfüllung oder Erbringung Verschlusssachen nach § 4 des Gesetzes über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes oder nach den entsprechenden Bestimmungen der Länder verwendet werden oder
2.
der Verschlusssachen im Sinne der Nummer 1 erfordert oder beinhaltet.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

(1) Öffentliche Auftraggeber können unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn

1.
das Unternehmen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge nachweislich gegen geltende umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat,
2.
das Unternehmen zahlungsunfähig ist, über das Vermögen des Unternehmens ein Insolvenzverfahren oder ein vergleichbares Verfahren beantragt oder eröffnet worden ist, die Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist, sich das Unternehmen im Verfahren der Liquidation befindet oder seine Tätigkeit eingestellt hat,
3.
das Unternehmen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit nachweislich eine schwere Verfehlung begangen hat, durch die die Integrität des Unternehmens infrage gestellt wird; § 123 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden,
4.
der öffentliche Auftraggeber über hinreichende Anhaltspunkte dafür verfügt, dass das Unternehmen mit anderen Unternehmen Vereinbarungen getroffen oder Verhaltensweisen aufeinander abgestimmt hat, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken,
5.
ein Interessenkonflikt bei der Durchführung des Vergabeverfahrens besteht, der die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit einer für den öffentlichen Auftraggeber tätigen Person bei der Durchführung des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte und der durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam beseitigt werden kann,
6.
eine Wettbewerbsverzerrung daraus resultiert, dass das Unternehmen bereits in die Vorbereitung des Vergabeverfahrens einbezogen war, und diese Wettbewerbsverzerrung nicht durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen beseitigt werden kann,
7.
das Unternehmen eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags oder Konzessionsvertrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat,
8.
das Unternehmen in Bezug auf Ausschlussgründe oder Eignungskriterien eine schwerwiegende Täuschung begangen oder Auskünfte zurückgehalten hat oder nicht in der Lage ist, die erforderlichen Nachweise zu übermitteln, oder
9.
das Unternehmen
a)
versucht hat, die Entscheidungsfindung des öffentlichen Auftraggebers in unzulässiger Weise zu beeinflussen,
b)
versucht hat, vertrauliche Informationen zu erhalten, durch die es unzulässige Vorteile beim Vergabeverfahren erlangen könnte, oder
c)
fahrlässig oder vorsätzlich irreführende Informationen übermittelt hat, die die Vergabeentscheidung des öffentlichen Auftraggebers erheblich beeinflussen könnten, oder versucht hat, solche Informationen zu übermitteln.

(2) § 21 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, § 98c des Aufenthaltsgesetzes, § 19 des Mindestlohngesetzes, § 21 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 22 des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes vom 16. Juli 2021 (BGBl. I S. 2959) bleiben unberührt.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 86/08 Verkündet am:
26. Januar 2010
Wermes,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Abfallentsorgung
BGB § 280 Abs. 1; § 311 Abs. 2
Die Rechtsprechung, wonach regelmäßig eine Verurteilung zu Schadensersatz wegen
eines Vergabefehlers des Auftraggebers nur in Betracht kommt, wenn der Kläger
bei in jeder Hinsicht rechtmäßigem Vergabeverfahren den Auftrag hätte erhalten
müssen, gilt auch für Fälle, in denen dem Kläger im fehlerhaften Vergabeverfahren
der Zuschlag erteilt worden ist.
BGH, Urteil vom 26. Januar 2010 - X ZR 86/08 - OLG Oldenburg
LG Osnabrück
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Januar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Scharen und die
Richter Keukenschrijver, Gröning, Dr. Berger und Hoffmann

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das am 9. Juli 2008 verkündete Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg wird zurückgewiesen , soweit ausgesprochen worden ist, der auf § 15 Abs. 2 des Entsorgungsvertrags vom 13. Oktober 2003 gestützte Anspruch auf Anpassung der Vergütung der Klägerin sei dem Grunde nach berechtigt, und insoweit die Sache zur Verhandlung und Entscheidung über die Höhe der Forderung an das Landgericht Osnabrück zurückverwiesen worden ist.
Im Übrigen wird das am 9. Juli 2008 verkündete Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten vor dem Bundesgerichtshof - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der beklagte Landkreis schrieb 2003 die Abfallentsorgung im Kreisgebiet europaweit aus. Mit seiner schriftlichen Bieterinformation 3 änderte der Beklagte den Leistungsgegenstand und die Frist zur Abgabe von Angeboten. Das Sammeln und Befördern von Biomüll einerseits und Restmüll andererseits sollte nun nicht wie zunächst vorgesehen in jeweils getrennten Gefäßen (Mülltonnen und Müllsäcken) erfolgen. Die Biotonnen sollten abgeschafft und der Biomüll sollte, soweit er nicht durch Eigenkompostierung verwertet werde, zusammen mit dem Restabfall entsorgt werden. In der Bieterinformation 3 hieß es weiter: "…die für die Leistungserbringung zu Grunde zu legende Restabfallmenge erhöht sich dadurch von 10.600 Mg/a auf 13.250 Mg/a."
2
Nach Nr. 7.2 der Bieterinformation 3 war der Preis gestaffelt nach Gefäßgrößen pro Gefäß und Jahr anzugeben (Nr. 7.2.1), wobei für den Fall, dass sich die Anzahl der zu entsorgenden Gefäße um mehr als 5 % verringere oder erhöhe, auch Preise angegeben werden konnten, die statt dessen gelten sollten (Nr. 7.2.2, 7.2.3). Nr. 7.2.7 der Bieterinformation 3 enthielt ferner eine Formel über die Berechnung einer Preisanpassung im Falle von Änderungen von Indices für bestimmte dem Angebotspreis zu Grunde liegende Kosten. Als Ausgangspreis für diese Berechnung war dort der Preis bei Angebotsabgabe genannt.
3
Die Klägerin erhielt auf ihr Angebot den Zuschlag. Der am 13. Oktober 2003 geschlossene Entsorgungsvertrag benennt in § 3 die Vertragsbestandteile und ihre Rangfolge. Danach geht der Entsorgungsvertrag selbst den Bieterinformationen vor. Hinsichtlich des Entgelts sieht § 7 Abs. 3 vor, dass die Preise für das Jahr 2006 und die Folgejahre auf befristete schriftliche Aufforderung eines Vertragspartners angepasst werden, sofern die Veränderung infolge der Anwendung der Preisanpassungsformel mehr als 2 % ausmacht, und dass für die Anpassung die Preisindices des Monats Mai des abgelaufenen Kalenderjahres in Verbindung mit den Indices für Mai des laufenden Kalenderjahres maßgeblich sind.
4
Der Entsorgungsvertrag enthält ferner in § 15 eine Klausel für höhere Gewalt und Änderung/Wegfall der Geschäftsgrundlage, die nach Absatz 2 folgenden Wortlaut hat: "Sollten sich die technischen, wirtschaftlichen, abfallwirtschaftlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die für den Abschluss und Vollzug dieses Vertrages maßgebend waren, während der Vertragsdauer gegenüber dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses nachhaltig so wesentlich ändern, dass die Rechte und Pflichten der Vertragspartner nicht mehr in angemessenem Verhältnis zueinander stehen und ein Festhalten an diesem Vertrag in seiner ursprünglichen Fassung eine unbillige Härte bedeuten würde, kann jeder der Vertragspartner nach Treu und Glauben eine Anpassung des Vertrages an die geänderten Verhältnisse nach Vernunft und Billigkeit verlangen. ..."
5
Im Jahre 2004 musste die Klägerin im Entsorgungsgebiet insgesamt 18.175,53 t (= Mg) und im Jahre 2005 insgesamt 18.174,587 t Abfall einsammeln und befördern. Die Gefäßanzahl stieg dagegen nur unwesentlich um jedenfalls weniger als 5 %.
6
Im Hinblick auf § 7 Abs. 3 des Entsorgungsvertrags erkannte der Beklagte mit Schreiben vom 6. Februar 2006 eine Preisanpassung in Höhe von 3,361 % als berechtigt an. Eine weitere Preisanpassung und Ersatz für Mehrkosten in Höhe von 179.669,-- € pro Jahr, welche die Klägerin angesichts der angefallenen Mehrmengen an Restabfällen geltend gemacht hatte, lehnte der Beklagte jedoch ab.
7
Die Klägerin hat deshalb im Klagewege einmal Zahlung von 477.532,50 € nebst Zinsen, zum anderen Feststellung begehrt, dass der Beklagte verpflichtet sei, ihr aus dem Entsorgungsvertrag vom 13. Oktober 2003 ab dem 1. Juli 2006 bestimmte angepasste Eurobeträge pro Gefäß/Sack pro Jahr zu zahlen.
8
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht dieses Urteil abgeändert und die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.
9
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision. Die Klägerin tritt diesem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


10
Die zulässige Revision des Beklagten hat keinen Erfolg, soweit sie sich auch gegen die Feststellung des Berufungsgerichts wendet, dass der auf 477.532,50 € nebst Zinsen gerichtete Zahlungsantrag aufgrund einer wegen § 15 Abs. 2 des Entsorgungsvertrags notwendigen Vertragsanpassung dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Im Übrigen hat die Revision Erfolg und führt insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
11
I. Der mit 477.532,50 € zuzüglich Zinsen bezifferte Zahlungsantrag:
12
1. Dieses Begehren hat das Oberlandesgericht in doppelter Hinsicht für grundsätzlich gerechtfertigt erachtet. Obwohl dieser Ausspruch im Hinblick auf denselben Zahlungsbetrag ergangen ist, beinhaltet er eine Entscheidung über zwei verschiedene Streitgegenstände. Denn zur Begründung hat das Berufungsgericht aus dem Vortrag der Klägerin unterschiedliche tatsächliche Umstände herangezogen. Einmal - so das Oberlandesgericht - stehe der Klägerin ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB zu, weil der Beklagte sich nicht vergaberechtsgemäß verhalten habe. Nach § 8 VOL/A sei der Beklagte gehalten gewesen, die nachgefragte Leistung erschöpfend zu beschreiben und den Bietern kein ungewöhnliches Wagnis aufzubürden. Dem habe der Beklagte nicht genügt, weil er die mit 13.250 Mg/a angegebene Menge an zu sammelndem und zur Deponie zu beförderndem Abfall nur grob geschätzt , dies gleichwohl aber nicht hinreichend in den Vergabeunterlagen deutlich gemacht habe. Das zu den Gerichtsakten gereichte Parteigutachten belege auch einen gewissen auf diesen Vergabefehler zurückzuführenden Schaden der Klägerin. Zum anderen sei die bezifferte Zahlungsklage dem Grunde nach gerechtfertigt, weil der Klägerin ein Ausgleichsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 des Entsorgungsvertrags zustehe. Dies folge aus dem Umstand, dass 2004 bis 2006 jeweils rund 37 % höhere Abfallmengen angefallen seien, als nach der Bieterinformation 3 zu erwarten gewesen sei.
13
2. Das entbehrt der erforderlichen tatsächlichen Feststellungen, soweit hieraus ein Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen eines Vergabefehlers des Beklagten hergeleitet wird (Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB).
14
Wenn die Klägerin - wie von dem Berufungsgericht ohne Rechtsfehler (s. unter I 3) festgestellt - eine Anpassung der vereinbarten Vergütung gemäß § 15 Abs. 2 des abgeschlossenen Entsorgungsvertrags verlangen kann, kann ihr in Höhe des ihr aufgrund dieser Anpassung zustehenden Mehrbetrags an Vergütung kein Schaden entstanden sein. Ein Schaden der Klägerin kann unter diesen Umständen nur in einem Betrag bestehen, der das der Klägerin aufgrund der Anpassung Zustehende übersteigt. Eine Verurteilung zu Schadensersatz hätte deshalb Ausführungen und Feststellungen erfordert, dass noch ein Defizit im Vermögen der Klägerin verbleibt, das durch den Anspruch auf Vertragsanpassung nicht gedeckt wird. Hierüber verhält sich das angefochtene Urteil jedoch nicht.
15
Auch ansonsten sind die für einen Schadensersatzanspruch nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB erforderlichen Voraussetzungen nicht hinreichend festgestellt.
16
Als auf Ersatz des Erfüllungsinteresses gerichteter Schadensersatzanspruch kann das Begehren jedenfalls aus Kausalitätsgründen nach der Rechtsprechung des Senats nur gerechtfertigt sein, wenn davon auszugehen ist, dass der Kläger bei in jeder Hinsicht ordnungsgemäßem Vergabeverfahren den Auftrag hätte erhalten müssen (Sen.Urt. v. 18.9.2007 - X ZR 89/04, Tz. 8, VergabeR 2008, 69 m.w.N.).
17
Das setzt im Streitfall die Darlegung und den Nachweis voraus, welchen Preis die Klägerin angeboten hätte, wenn der Beklagte den festgestellten Vergabefehler unterlassen, wenn er also seine tatsächliche Schätzung als bloße Grobschätzung kenntlich gemacht hätte, sowie dass die Klägerin auch auf dieses Angebot den Zuschlag hätte erhalten müssen. Der Streitfall weist zwar insoweit einen Unterschied zu den bisher entschiedenen Fällen auf, als in jenen ein Bieter Schadensersatz verlangte, dessen Angebot nicht zum Zuge gekommen war. Hier hat hingegen die auf Schadensersatz klagende Partei den Auftrag tatsächlich erhalten. Auch in einem solchen Fall greift aber der der bisherigen Rechtsprechung zugrunde liegende Gesichtspunkt, dass die Aussicht, einen bestimmten Vorteil zu realisieren, regelmäßig nur dann zum Vermögen des sich an einer Ausschreibung Beteiligenden gehört haben kann, wenn es bei ordnungsgemäßer Vergabe der Anspruchsteller gewesen wäre, der den diesen Vorteil einschließenden Auftrag hätte erhalten müssen. Dies ergibt sich daraus, dass ein Auftrag nur einmal vergeben werden kann. Dazu, dass die Klägerin bei Offenbarung der minderen Qualität der Schätzung der Abfallmenge durch den Beklagten und einem hierauf ausgerichteten Angebot derjenige Bieter mit dem annehmbarsten Gebot gewesen wäre, verhält sich das angefochtene Urteil jedoch nicht.
18
Auch für einen durch den Vergabefehler bedingten anderen Schaden bietet das angefochtene Urteil keine tragfähige Grundlage. Ersatz von negativem Interesse kommt nach der Rechtsprechung des Senats (Sen.Urt. v. 16.12.2003 - X ZR 282/02, NZBau 2004, 283 m.w.N.) zwar nicht nur unter den soeben erörterten Voraussetzungen in Betracht (vgl. Sen.Urt. v. 27.11.2007 - X ZR 18/07, Tz. 36 ff. VergabeR 2008, 219; BGHZ 173, 33, 39 f., Tz. 13, 14). Kann der Kläger nicht dartun, dass er den Auftrag ohnehin hätte erhalten müssen , so kann er als tatsächlich zum Zuge gekommener Bieter geltend machen, dass es ohne den Vergabefehler nicht zum Vertragsschluss mit ihm gekommen wäre. Dann verbietet sich aber eine Schadensberechnung auf der Grundlage des tatsächlich abgeschlossenen Vertrags. Im Falle einer vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung durch den Auftragnehmer soll nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwar der Auftraggeber als Ersatz seines negativen Interesses unter Aufrechterhaltung des geschlossenen Vertrags den Betrag fordern können, um den er die Leistung zu teuer erworben hat (BGHZ 114, 87, 94). Angesichts der Wettbewerbssituation, die ein dann auf Schadensersatz verklagter Auftraggeber bei einer Ausschreibung ausnutzen will und auf die sich alle Bieter einlassen, ist aber weder für den zum Zuge gekommenen Bieter ein günstigeres Ergebnis vorgezeichnet, noch ein Sachverhalt gegeben, in dem ohne das beanstandete Verhalten typischer Weise (vgl. hierzu BGHZ 69, 53, 58) kein Vertrag zustande gekommen wäre. Eine Einbuße beim negativen Interesse lässt sich hier mithin nur im konkreten Vergleich mit der Vermögenssituation feststellen, die ohne den Vergabefehler des Auftraggebers bestanden hätte. Im Streitfall hätte es deshalb jedenfalls eines Eingehens darauf bedurft, wie sich die angesichts der Vertragsdurchführung bestehende Vermögenslage der Klägerin von der unterscheidet, die sich ergeben hätte, wenn die Klägerin den Auftrag nicht erhalten hätte. Auch dem von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung insoweit gebrachten bloßen Hinweis auf das mit der Klage eingereichte Parteigutachten lässt sich jedoch nicht einmal entnehmen, dass und gegebenenfalls in welchen Passagen sich dessen Inhalt zu dieser maßgeblichen Vergleichssituation verhält. Das Parteigutachten behandelt ausweislich seines Deckblatts die Mehraufwendungen, die offenbar auf der Grundlage der Kalkulation berechnet sind, die zu dem tatsächlichen Angebot der Klägerin geführt hat.
19
Die vermissten Feststellungen waren auch nicht etwa deshalb entbehrlich , weil der Urteilsausspruch des Berufungsgerichts nur den Grund des Anspruchs aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB umfasst. Ein Grundurteil darf nur ergehen, wenn zumindest wahrscheinlich ist, dass dem Kläger im Betragsverfahren jedenfalls etwas zugesprochen werden muss (z.B. BGH, Urt. v. 16.1.1991 - VIII ZR 14/90, NJW-RR 1991, 599, 600 m.w.N.). Das hängt aber von besagten Voraussetzungen ab. Eine Verurteilung des Beklagten nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB dem Grunde nach setzt deshalb sowohl entsprechende Feststellungen als auch voraus, dass sich über das, was die Klägerin auf Grund der Anpassung nach § 15 Abs. 2 des Entsorgungsvertrags erlangen kann, jedenfalls irgendein Betrag als Schaden ergibt.
20
Da sich das Berufungsgericht mit den hiernach entscheidungserheblichen Umständen nicht befasst hat, bietet das angefochtene Urteil keine Grundlage zu abschließender Entscheidung über einen Anspruch nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB. Insbesondere erscheint weder gänzlich ausgeschlossen, dass die Klägerin den Auftrag ohnehin hätte erhalten müssen, da sie, wie ihr tatsächliches Angebot belegt, offenbar in der Lage war, günstig zu kalkulieren, noch kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass kein Restschaden in Betracht kommt, weil für die den Geboten von Treu und Glauben unterliegende Anpassung nach § 15 Abs. 2 des Entsorgungsvertrags - anders als bei einem Schadensersatzanspruch - nicht nur die Vermögensinteressen der Klägerin maßgeblich sind. Dies gebietet die Zurückverweisung der Sache in dem erörterten Umfang. Wenn es noch darauf ankommen sollte, bietet die Zurückverweisung dem Berufungsgericht auch Gelegenheit, der Rüge der Revision nachzugehen , dass es die Anforderungen an eine den Vorgaben insbes. des § 8 VOL/A genügende Leistungsbeschreibung überspannt habe.
21
3. Im Übrigen ist das angefochtene Urteil, was die grundsätzliche Berechtigung des sich über 477.532,50 € zuzüglich Zinsen verhaltenden Zahlungsantrags anbelangt, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
22
Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne wegen der Abfallmengen, die tatsächlich zu entsorgen gewesen seien, die in § 15 Abs. 2 des Versorgungsvertrags vertraglich vorgesehene Anpassung der vereinbarten Vergütung verlangen. Bei der Entsorgung seien nicht nur die Anzahl der zu leerenden Gefäße, mit der sich die Nrn. 7.2.1 bis 7.2.3 der Bieterinformation 3 befassten , sondern auch die tatsächlich zu sammelnden und zu transportierenden Abfallmengen kalkulationsrelevant. Da die Beklagte lediglich eine Menge von ca. 13.250 Mg/a (+/- 5 %) angegeben habe, hätten die Bieter davon ausgehen dürfen, dass einer höheren zu entsorgenden Abfallmenge bei der Preiskalkulation nicht habe Rechnung getragen werden müssen. Angesichts des tatsächlichen Anfalls, der rund 37 % höher als angegeben gelegen habe, sei mithin eine nachhaltige und so wesentliche tatsächliche Änderung gegeben, dass die vertraglich vorgesehenen Rechte und Pflichten der Parteien nicht mehr im angemessenen Verhältnis zueinander stünden und eine Anpassung nach Vernunft und Billigkeit beansprucht werden könne.
23
Das ist eine mögliche und nachvollziehbare Bewertung des festgestellten und auch von der Revision als solchen nicht in Zweifel gezogenen Sachverhalts (§ 286 ZPO). Die Schlüsse, welche die Revision aus den Nrn. 7.2.1 bis 7.2.3 der Bieterinformation 3 gezogen wissen will, nämlich insbesondere, hiermit sei zum Ausdruck gekommen, dass Mengenänderungen, die sich nicht auf die Anzahl der zu leerenden Gefäße auswirkten, in den Risikobereich des Auftragnehmers fallen sollten, bedeuten deshalb nur den revisionsrechtlich unerhebli- chen Versuch einer anderen Auslegung des Inhalts des zustande gekommenen Vertragsverhältnisses.
24
Dies gilt auch im Hinblick auf den in der mündlichen Verhandlung angesprochenen Umstand, dass schon von Anbeginn der Vertragsdurchführung an mehr als 13.250 t/a Abfall zu entsorgen waren. Denn § 15 Abs. 2 des Entsorgungsvertrags stellt seinem ausdrücklichen Wortlaut nach auf die Verhältnisse ab, die für den Abschluss des Vertrags maßgeblich waren, so dass durchaus eine nachhaltige Änderung angenommen werden durfte, weil die Verhältnisse beim Abschluss des Vertrags durch die Angabe des Beklagten bestimmt waren, es seien ca. 13.250 t/a Abfall zu entsorgen.
25
4. Da das Grundurteil, soweit es den aus § 15 Abs. 2 des Entsorgungsvertrags hergeleiteten Streitgegenstand betrifft, mithin Bestand hat, kann insoweit auch die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht zur Entscheidung über die Höhe des Anpassungsanspruchs nicht als rechtsfehlerhaft erkannt werden. Sie ist vielmehr durch § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO gedeckt. Über den aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB hergeleiteten Streitgegenstand hat hingegen zunächst noch einmal das Oberlandesgericht zu entscheiden, weil insoweit sein Grundurteil und damit auch die hierauf gestützte Zurückverweisung an das Landgericht rechtsfehlerhaft ist. Das führt zu einem Auseinanderfallen der Zuständigkeiten , das aus prozessökonomischen Gründen unerwünscht sein mag, aber aus dem Rechtsfehler des Berufungsgerichts folgt und nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch in anderen Fällen hingenommen werden muss (vgl. BGH, Urt. v. 20.7.2001 - V ZR 170/00, NJW 2002, 302; v. 24.11.1987 - VI ZR 42/87, NJW 1988, 1984). Der Senat weist allerdings vorsorglich darauf hin, dass eine den Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB ganz oder teilweise zusprechende Entscheidung durch das Berufungsge- richt erst in Betracht kommt, wenn feststeht, welcher Betrag der Klägerin auf Grund von § 15 Abs. 2 des Entsorgungsvertrags zusteht. Das ist bei der weiteren Gestaltung des Verfahrens vor dem Berufungsgericht von diesem und den Parteien zu beachten. Möglichkeiten hierzu bestehen (vgl. Schneider MDR 1974, 624, 626 f.).
26
II. Die Feststellungsklage, ab 1. Juli 2006 bestimmte Mehrvergütung pro Gefäß pro Jahr zu zahlen:
27
1. Dieses Begehren betrifft eine andere Regelung des abgeschlossenen Entsorgungsvertrags als die bereits abgehandelten oder angesprochenen. In Streit stehen hier weder die vertraglich vorgesehenen Folgen der Notwendigkeit , mehr oder weniger Mengen an Müll zu entsorgen, noch die von der Revision insoweit für maßgeblich gehaltene, die Anzahl der Gefäße betreffenden Vorgaben in den Nrn. 7.2.1 bis 7.2.3 der Bieterinformation 3. Hier geht es um § 7 Abs. 3 des Versorgungsvertrags, wonach die Parteien auch eine Anpassung der Vergütung an bestimmte Preisindizes (Lohnkostenindex, Kraftstoffkostenindex , Kostenindex für Lkw mit Selbstzündung) vereinbart haben. Insoweit hatte der Beklagte wegen der Regelung in § 7 Abs. 3 des Entsorgungsvertrags eine Preisanpassung von 3,361 % zugestanden. Da über die Berechtigung jedenfalls dieser Anpassung zwischen den Parteien kein Streit bestand, muss das Berufungsurteil dahin ausgelegt werden, dass nur die grundsätzliche Berechtigung einer diesen Prozentsatz übersteigenden Forderung festgestellt worden ist. Das deckt sich mit dem Vorbringen der Klägerin in der Berufungsbegründung. Hiernach ist das als Feststellungsantrag formulierte Begehren prozentual auf die Zuerkennung weiterer 4,673 % gerichtet.
28
2. Die insoweit einzige Streitfrage der Parteien, welcher Bezugszeitpunkt für die Berechnung dieses Anpassungsanspruches vereinbart worden ist, hat das Berufungsgericht dahin entschieden, dass nicht auf den sich aus § 7 Abs. 3 des Entsorgungsvertrags ergebenden Zeitpunkt Mai 2004 bzw. Mai 2005 abzustellen sei. Da sich anderenfalls ergeben würde, dass die Zeit vom Abschluss des Entsorgungsvertrags bis zu dem Beginn einer eventuellen Änderung "inflationsmäßig völlig außen vor bliebe", müssten sich die Parteien am Wortlaut der Nr. 7.2.7 der Bieterinformation 3 orientieren, wonach ausgehend von dem Zeitpunkt der (früheren) Angebotsabgabe die Preisanpassungsberechnung vorzunehmen sei. Um ein widerspruchsfreies und interessengerechtes Ergebnis zu erreichen, stehe dem und der daraus zu folgernden grundsätzlichen Berechtigung dieser Forderung auch nicht entgegen, dass § 3 Abs. 1 des Entsorgungsvertrags eine Rangfolge vorsehe, wonach die Regelungen dieses Vertrags denen der Bieterinformationen vorgingen, die der Beklagte am Auftrag Interessierten gegeben habe.
29
3. Diese Würdigung bekämpft die Revision zu Recht als nicht mehr mit § 286 ZPO in Einklang stehend. Die Argumentation des Berufungsgerichts läuft letztlich darauf hinaus, dass nur die Interessen der Klägerin entscheiden, auch nicht zeitweise auf einen Inflationsausgleich verzichten zu müssen. Das kann kaum als Auslegung des übereinstimmenden Willens bezeichnet werden, den die Parteien in den verschiedenen Unterlagen zum Ausdruck gebracht haben; jedenfalls liegt ihm aber eine einseitige Sicht zugrunde, die den anerkannten Regeln der Vertragsauslegung nicht gerecht wird. So ist gänzlich unberücksichtigt geblieben, dass bei der Kalkulation von Preisen die Preisentwicklung in der sich unmittelbar anschließenden Zeit leichter einzuschätzen sein und weit eher von vornherein beim Angebotspreis berücksichtigt werden kann, als diejenige, die für spätere Zeiten bevorsteht. Schon das spricht für den ohnehin von § 3 Abs. 1 vorgegebenen Vorrang der Regelung in § 7 Abs. 3 des Entsorgungsvertrags und kann Anlass bieten, Nr. 7.2.7 der Bieterinformation 3 lediglich als ein Beispiel für eine Anpassung auf der Basis der genannten Indices zu verstehen, das im Entsorgungsvertrag dann einvernehmlich dahin konkretisiert worden ist, die betreffende Formel ausgehend von den zu den dort genannten (späteren) Zeitpunkten geltenden Preisen anzuwenden.
30
4. Eine eigene abschließende Entscheidung der Streitfrage der Parteien durch den Senat kommt auch hier nicht in Betracht, weil nicht ausgeschlossen erscheint, dass hierbei tatsächliches Geschehen zu berücksichtigen ist, das sich aus den insoweit bloß kursorischen Angaben des angefochtenen Urteils nicht ergibt. Sollte das Berufungsgericht nach Würdigung aller von den Parteien insoweit vorgetragenen Umstände wieder zu dem Ergebnis gelangen, die Parteien seien übereingekommen, der Änderung von Preisindizes gegenüber denen bei Angebotsabgabe Rechnung zu tragen, wird das Berufungsgericht sich ferner damit zu befassen haben, ob die in dem als Feststellungsantrag formulierten Begehren ausgeworfenen absoluten Beträge dem streitigen Prozentsatz von 4,673 % entsprechen, den allein das Berufungsgericht als von seinem Urteil betroffen erwähnt, und ob, soweit dies nicht der Fall ist, die Klage nicht schon von ihm selbst als teilweise unbegründet abgewiesen werden muss.
Scharen Keukenschrijver Gröning
Berger Hoffmann
Vorinstanzen:
LG Osnabrück, Entscheidung vom 11.05.2007 - 5 O 1824/06 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 09.07.2008 - 4 U 66/07 -

(1) Öffentliche Auftraggeber können unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn

1.
das Unternehmen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge nachweislich gegen geltende umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat,
2.
das Unternehmen zahlungsunfähig ist, über das Vermögen des Unternehmens ein Insolvenzverfahren oder ein vergleichbares Verfahren beantragt oder eröffnet worden ist, die Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist, sich das Unternehmen im Verfahren der Liquidation befindet oder seine Tätigkeit eingestellt hat,
3.
das Unternehmen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit nachweislich eine schwere Verfehlung begangen hat, durch die die Integrität des Unternehmens infrage gestellt wird; § 123 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden,
4.
der öffentliche Auftraggeber über hinreichende Anhaltspunkte dafür verfügt, dass das Unternehmen mit anderen Unternehmen Vereinbarungen getroffen oder Verhaltensweisen aufeinander abgestimmt hat, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken,
5.
ein Interessenkonflikt bei der Durchführung des Vergabeverfahrens besteht, der die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit einer für den öffentlichen Auftraggeber tätigen Person bei der Durchführung des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte und der durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam beseitigt werden kann,
6.
eine Wettbewerbsverzerrung daraus resultiert, dass das Unternehmen bereits in die Vorbereitung des Vergabeverfahrens einbezogen war, und diese Wettbewerbsverzerrung nicht durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen beseitigt werden kann,
7.
das Unternehmen eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags oder Konzessionsvertrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat,
8.
das Unternehmen in Bezug auf Ausschlussgründe oder Eignungskriterien eine schwerwiegende Täuschung begangen oder Auskünfte zurückgehalten hat oder nicht in der Lage ist, die erforderlichen Nachweise zu übermitteln, oder
9.
das Unternehmen
a)
versucht hat, die Entscheidungsfindung des öffentlichen Auftraggebers in unzulässiger Weise zu beeinflussen,
b)
versucht hat, vertrauliche Informationen zu erhalten, durch die es unzulässige Vorteile beim Vergabeverfahren erlangen könnte, oder
c)
fahrlässig oder vorsätzlich irreführende Informationen übermittelt hat, die die Vergabeentscheidung des öffentlichen Auftraggebers erheblich beeinflussen könnten, oder versucht hat, solche Informationen zu übermitteln.

(2) § 21 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, § 98c des Aufenthaltsgesetzes, § 19 des Mindestlohngesetzes, § 21 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 22 des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes vom 16. Juli 2021 (BGBl. I S. 2959) bleiben unberührt.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.