Landgericht Münster Urteil, 28. Jan. 2016 - 102 O 18/14
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 14.801,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.08.2011 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 36 % und die Beklagte 64 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar – für den Kläger nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrags, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
1
Tatbestand:
2Der Kläger macht in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Zahnärztin X1 Ansprüche aufgrund von vorgenommenen Verrechnungen im Kontokorrentkonto gegen die beklagte Bank aus Insolvenzanfechtung geltend.
3Die Insolvenzschuldnerin ist niedergelassene Zahnärztin, die bei der Beklagten ein Kontokorrentkonto mit einer Kontokorrentlinie in Höhe von 25.000,00 EUR unterhielt (vgl. Vertrag in Anlage 5 zur Klageschrift vom 03.06.2015, Bl. 208 d.A.). Im Jahr 1998 schloss sie mit der Beklagten einen Abtretungsvertrag (Anlage pp. 7 zur Klageschrift vom 03.06.2015, Bl. 257 ff. d. A.), laut dem sie „sämtliche gegenwärtige und künftige Forderungen aus laufender Vergütung, soweit sie der Pfändung unterliegen, gegen die jeweils zuständige Kassenärztliche /Kassenzahnärztliche Vereinigung“ abtritt. Die Sicherung erfolgte zur „Sicherung aller bestehenden künftigen und bedingten Ansprüche, die der Bank […] aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung“ mit der Insolvenzschuldnerin zustehen.
4Neben dem Kontokorrentkredit gewährte die Beklagte der Insolvenzschuldnerin vier weitere Darlehen:
5 Mit Darlehensvertrag vom 02.06.2006 ein Investitionsdarlehen über 23.000,00 EUR mit einer monatlichen Annuitätsrate in Höhe von 399,84 EUR – Konto-Nr. ###/#######-## (Anlage B1 zur Klageerwiderung vom 28.04.2015 – Bl. 132 d.A.)
6 Mit Darlehensvertrag vom 25.10.2007 ein Investitionsdarlehen über 109.081,35 EUR mit einer monatlichen Zinsrate in Höhe von 1.690,76 EUR – Konto-Nr. ###/######-## (Anlage B2 zur Klageerwiderung vom 28.04.2015 – Bl. 134 d.A.)
7 Mit Darlehensvertrag vom 25.10.2007 ein Investitionsdarlehen über 121.000,00 EUR mit einer monatlichen Annuitätsrate in Höhe von 1.363,27 EUR – Konto-Nr. ###/#######-## (Anlage B3 zur Klageerwiderung vom 28.04.2015 – Bl. 137 d.A.)
8 Mit Darlehensvertrag vom 25.10.2007 ein Investitionsdarlehen über 20.000,00 EUR mit einer monatlichen Annuitätsrate in Höhe von 391,33 EUR – Konto-Nr. ###/#######-## (Anlage B4 zur Klageerwiderung vom 28.04.2015 – Bl. 140 d.A.)
9Die Insolvenzschuldnerin ermächtigte die Beklagte in den Darlehensverträgen jeweils, die fälligen Zins- und Annuitätszahlungen vom streitgegenständlichen Kontokorrentkonto einzuziehen.
10Zu Beginn des Buchungstages am 25.02.2011 befand sich das Kontokorrentkonto mit einem Betrag in Höhe von 24.927,80 EUR im Debet. Bis zum 27.06.2011 wurde das Debet auf einen Betrag in Höhe von 9.154,44 EUR zurückgeführt. Mithin liegen Buchungen zugunsten der Beklagten in Höhe von 15.773,36 EUR vor.
11In diesem Zeitraum sind zum einen Buchungen in Höhe von 7.531,46 EUR zugunsten der Beklagten vorgenommen worden. Sie erfolgten aufgrund von fälligen Zins- und Annuitätszahlungen aus den anderen Darlehensverträgen zwischen der Beklagten und der Insolvenzschuldnerin sowie aufgrund von in Rechnung gestellten Portokosten (vgl. Aufstellung auf S. 6 der Klageerwiderung vom 30.06.2015; Bl. 273 f. d.A.).
12Des Weiteren sind Zahlungen dritter Schuldner der Insolvenzschuldnerin in Höhe von insgesamt 1.188,94 EUR auf das Kontokorrentkonto in der Zeit vom 08.03.2011 bis zum 18.05.2011 gebucht worden (vgl. Aufstellung S. 6 der Klageschrift vom 06.03.2015, Bl. 168 f. d.A.).
13In diesem Zeitraum erfolgten auch zwei Abschlagszahlungen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung X2 (im Folgenden „KZVX2“) in Höhe von jeweils 7.400,00 EUR auf das Kontokorrentkonto. Die erste Zahlung ist datiert auf den 16.05.2011, die zweite auf den 15.06.2011. Beide Zahlungen erfolgten für das zweite Quartal 2011. Zudem erfolgten weitere Zahlungseingänge der KZVX2 in Höhe von weiteren 25.909,73 EUR im Zeitraum vom 28.02.2011 bis 27.05.2011 (vgl. Aufstellung S. 5 der Klageerwiderung vom 30.06.2015, Bl. 272 d.A.).
14Die Insolvenzschuldnerin erhielt regelmäßig von der KZVX2 zwei Abschlagszahlungen für jedes Quartal eines Jahres. Diese Abschlagszahlungen erfolgten direkt auf das Kontokorrentkonto der Insolvenzschuldnerin, wozu letztere mit Schreiben vom 12.09.2000 (Anlage B5 zur Klageerwiderung vom 28.04.2014, Bl. 143 d.A.) ihr Einverständnis erteilte. Nach Abschluss eines jeweiligen Quartals erfolgte dann eine Abrechnung der Insolvenzschuldnerin gegenüber der KZVX2, die dann auf Basis der eingereichten Unterlagen eine Vierteljahresabrechnung erstellte und im Verhältnis zu den Abschlagszahlungen etwaige Korrekturen vornahm.
15Am 25.05.2011 stellte die Knappschaft C Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin. Das Amtsgericht N ordnete mit Beschluss vom 10.06.2011 die vorläufige Insolvenzverwaltung unter Benennung des Klägers zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt an. Hierüber informierte der Kläger die Beklagte mit Fax vom 10.06.2011. Mit Beschluss vom 01.08.2011 eröffnete das Amtsgericht N unter dem Az. ## IN ##/## das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin und ernannte den Kläger zum Insolvenzverwalter.
16Mit Schreiben vom 06.07.2011 kündigte die Beklagte die Darlehen mit der Insolvenzschuldnerin wegen wesentlicher Vermögensverschlechterung fristlos. Die Beklagte meldete in dem Insolvenzverfahren Forderungen aus den fünf Darlehen in Höhe von 236.585,18 EUR zur Insolvenztabelle an.
17Der Kläger behauptet, die Insolvenzschuldnerin sei bereits spätestens am 25.02.2011 – also drei Monate vor Antragstellung – zahlungsunfähig gewesen. Das Finanzamt X3 habe Forderungen in Höhe von 46.280,45 EUR gegen die Insolvenzschuldnerin zur Tabelle angemeldet. Davon sei die Einkommenssteuer für das Jahr 2008 nebst Nebenforderungen in Höhe von 14.833,79 EUR schon im Jahr 2010 fällig gewesen. Auch seien Einkommenssteuervorauszahlungen für das Jahr 2010 in Höhe von über 15.000,00 EUR schon im Jahr 2010 fällig gewesen. Ferner stünden bei dem Dentallabor der Insolvenzschuldnerin – der O GmbH & Co. KG – Forderungen in Höhe von 45.851,20 EUR zzgl. Zinsen aus, wovon 33.386,33 EUR schon Anfang Februar 2011 fällig gewesen seien. Auch seien im Februar 2011 Forderungen der U Krankenkasse in Höhe von 3.126,85 EUR offen gewesen. Sämtliche genannte Forderungen seien bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr beglichen worden.
18Den für die Abschlagszahlungen von je 7.400,00 EUR für das zweite Quartal 2011 maßgeblichen Abrechnungsbescheid habe die Insolvenzschuldnerin am 05.07.2011 beantragt.
19Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte sei verpflichtet aufgrund der ausgesprochenen Insolvenzanfechtung alle Buchungen zu ihren Gunsten im relevanten Zeitraum der letzten drei Monate vor Antragstellung in Höhe von 15.773,36 EUR sowie die Buchungen in Höhe von 7.531, 46 EUR aufgrund der Annuitäts- und Zinszahlungen aus Darlehen (insgesamt 23.304,82 EUR) zu zahlen, die er hier klageweise geltend macht.
20Der Kläger beantragt,
21die Beklagte zu verurteilen an den Kläger einen Betrag in Höhe von 23.304,82 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 01.08.2011 zu zahlen.
22Die Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Die Beklagte ist der Ansicht sie habe die Buchungen zu ihren Gunsten jeweils anfechtungsfest erworben. So hätten sich die Zahlungen der KZVX2 ausweislich ihres Verwendungszwecks jeweils auf Leistungen bezogen, die die Insolvenzschuldnerin im vorherigen Kalendermonat erbracht habe. Insoweit habe sie jeweils einen fälligen Anspruch gegen die KZVX2 auf Erbringung der Zahlungen gehabt.
25Wegen des weitergehenden Sachvortrags und der Rechtsansichten der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.12.2015 (Bl. 312 f. d.A.) verwiesen.
26Entscheidungsgründe:
27Die zulässige Klage ist in Höhe von 14.801,10 EUR begründet.
28A.
29Der Kläger kann von der Beklagten Zahlung in Höhe von 14.800,00 EUR gem. §§ 143 Abs. 1 S. 1, 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO verlangen.
30Die Zahlungen der KZVX2 am 16.05.2011 und am 15.06.2011 auf das Kontokorrentkonto der Insolvenzschuldnerin und der damit verbundenen Buchung zugunsten der Beklagten waren nicht insolvenzfest. Gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, wenn die Handlung innerhalb des Monats vor dem Eröffnungsantrag oder danach vorgenommen worden ist. Die Voraussetzungen des vom Kläger geltend gemachten Anfechtungstatbestandes gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind gegeben.
31I.
32Zunächst liegt eine anfechtbare Rechtshandlung der Insolvenzschuldnerin vor. Die Buchungen zugunsten der Beklagten in Form der Tilgung des Kontokorrentkredits erfolgten zwar durch die KZVX2 und nicht durch die Insolvenzschuldnerin. Hat die Leistung jedoch auf Anweisung der Insolvenzschuldnerin hin erfolgt und war dies für die Beklagte erkennbar, dann liegt auch eine Rechtshandlung des Schuldners vor (BGH ZIP 2011, 438; 2009, 2301). Laut Schreiben vom 12.09.2000 (Anlage B5 zur Klageerwiderung vom 28.04.2014, Bl. 143 d.A.) ermächtigte die Insolvenzschuldnerin die KZVX2 zur Überweisung der Zahlungen auf ihr Kontokorrentkonto. Dieses Schreiben lag der Beklagten offensichtlich vor, sodass sie so von der Anweisung durch die Insolvenzschuldnerin Kenntnis hatte.
33II.
34Die Handlung ist auch innerhalb der Frist nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt. Der Antrag der Knappschaft C auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, der auch zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens führte, ging am 25.05.2011 beim zuständigen Amtsgericht N, Insolvenzgericht, ein. Die erste Zahlung der KZVX2 erfolgte am 16.05.2011, die zweite erfolgte sogar nach Antragstellung am 15.06.2011.
35II.
36Es liegt auch eine inkongruente Deckung im Sinne von § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO vor. Hierbei handelt es sich um eine Rechtshandlung, die der Insolvenzgläubiger nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hat. Eine inkongruente Deckung liegt stets vor, wenn eine Forderung zum Zeitpunkt ihrer Befriedigung noch nicht fällig oder betagt ist (BGH ZIP 2005, 1243). Grundsätzlich stellt die Rückführung eines nicht gekündigten Kontokorrentkredits während des Anfechtungszeitraums infolge eines Überschusses der verrechneten Zahlungseingänge über die erfolgten Zahlungsausgänge eine inkongruente Deckung im Sinne von § 131 Abs. 1 InsO dar. Eine Gläubigerbenachteiligung ist jedoch ausgeschlossen, soweit die eingegangen Gutschriften auf der Bezahlung solcher Forderungen beruhen, die der Bank zur Sicherheit abgetreten worden waren (vgl. BGH, Urteil vom 26.04.2012 – IX ZR 67/09). Bei Abtretungen von künftigen Forderungen ist der nach § 131 Abs. 1 InsO relevante Zeitpunkt für die Frage der Inkongruenz nicht die Abtretungsvereinbarung, sondern der Zeitpunkt, in dem der abgetretene Anspruch entsteht und fällig ist. Die Beklagte hat also noch nicht mit der Abtretungsvereinbarung im Jahr 1998 alle künftigen Forderungen der Insolvenzschuldnerin gegen die KZVX2 anfechtungsfest erworben. Dafür ist erforderlich, dass der Honoraranspruch entstanden und fällig ist. Die Kammer ist zu der Auffassung gelangt, dass der Anspruch der Beklagten auf die Zahlungen der KZVX2 noch nicht mit dem Eingang der Abschlagszahlung entstanden und fällig geworden sind, sondern erst mit der Einreichung der Unterlagen des Kassenzahnarztes bei der KZVX2.
37Wann die Vergütungsforderungen eines Kassenarztes gegen die Kassenärztliche Vereinigung entstehen, bzw. wann der anfechtungsrelevante Zeitpunkt gem. § 140 Abs. 1 InsO ist, wird von der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet.
381.
39Der BGH stellt in seiner Entscheidung bzgl. Abschlagszahlungen von Bauleistungen vom 26.06.2008 (IX ZR 144/05) darauf ab, wann die Forderungen werthaltig werden. Die tatsächliche Dienstleistungserbringung führe zur Werthaltigkeit und damit zum Entstehen der Forderung.
40Zur dogmatischen Einordnung von Ansprüchen des Kassenarztes gegenüber der Krankenkasse führt der BGH (Urt. V. 11.05.2006 – IX ZR 247/03) aus, dass Voraussetzung jeglicher Vergütungsansprüche sei, dass der Kassenarzt vergütungsfähige ärztliche Leistungen erbringt. Diese seien Grundlage des endgültigen Honorarbescheides der kassenärztlichen Vereinigung. Abschlagszahlungen, die der Kassenarzt aufgrund satzungsmäßiger Bestimmungen erhalten mag, würden daran nichts ändern. Das vertragsärztliche Vergütungssystem der §§ 82 ff. SGB V betreffe die Abrechnung; die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs habe auf dessen Entstehen jedoch keinen Einfluss.
41Das Bundessozialgericht (Urteil v. 17.08.2011 – B 6 KA 24/10) führt hingegen zu Aufrechnungen aus, dass vertragsärztliche Honoraransprüche erst mit Erlass des jeweiligen Honorarbescheides fällig werden. Im Hinblick auf die Anfechtungsvorschriften der InsO sei davon auszugehen, dass mit dem Abschluss eines Quartals, in dem der Vertragsarzt vertragsärztliche Leistungen erbracht hat, und auf Vorlage der entsprechenden Abrechnung bereits ein „genereller“ Anspruch des Arztes auf Teilhabe an der Honorarverteilung und insofern schon dem Grunde nach ein Vergütungsanspruch des Arztes entstehe (so auch BSG, Urteil v . 23.03.2011 – B 6 KA 14/10).
42Da für Verrechnungen auch nach dem BGH der § 96 InsO Anwendung findet, liegt jedenfalls die Konsequenz, dass es hier, wie bei der Aufrechnung auf den Zeitpunkt der Vorlage der entsprechenden Abrechnung ankommen soll, nahe.
43Kayser (ZIP 2015, 1083) nimmt in einem Aufsatz auch am Rande zu dieser vom Bundessozialgericht entschiedenen Frage Stellung. Er relativiert zum einen die Entscheidung des BGH dahingehend, dass die dortigen Ausführungen keine tragenden Erwägungen zu der hier streitgegenständlichen Frage waren. Zum anderen führt er aus, dass aus Gründen der Praktikabilität und der Besonderheiten des Sozialversicherungsrechts viel für die Entscheidung des Bundessozialgerichts spreche, die von einem relevanten Zeitpunkt beim Eingang der Honorarabrechnungen ausgeht.
442.
45Die Kammer schließt sich der Auffassung des Bundessozialgerichts an. Die Vornahme der Abschlagszahlung führt nicht dazu, dass der Anspruch des Kassenarztes auf Honorar zu der Zeit im Sinne von § 131 Abs. 1 InsO verlangt werden kann. Die Abschlagszahlungen sind lediglich unselbständige Vorschüsse des eigentlichen Vergütungsanspruchs.
46Der Vergütungsanspruch des Kassenarztes und die Abrechnung dessen ist ein Vergütungsanspruch eigener Art und mit dem eines Arbeitnehmers nicht vergleichbar. Die Grundsätze des BGH (Urteil vom 09.06.2005 – IX ZR 152/03) zur Entstehung von Arbeitnehmervergütungansprüchen, nach denen auf die Leistungserbringung abgestellt wird, sind daher nicht anwendbar. Die Verteilung der Gesamtvergütung, den die KZVX2 ausschüttet, ist in der Honorarverteilung geregelt, die die KZVX2 als Satzung aufstellt (vgl. Anlage pp. 9 zum Schriftsatz vom 01.12.2015; B. 303 ff. d.A.). Der Vergütungsanspruch des Kassenarztes ergibt sich aus § 5 Abs. 2 der Satzung der KZVX2. § 10 Abs. 1 der Satzung stellt klar, dass alle Zahlungen der KZVX2 als Vorschüsse auf die Vergütungsansprüche des Zahnarztes gelten, bis die Bescheide rechtskräftig sind. Diese Regelung spricht ebenfalls gegen ein Entstehen des Anspruchs vor dem Einreichen der Unterlagen bzw. vor dem Erlass des Honorarbescheids, da klargestellt wird, dass die Zahlungen lediglich Vorschüsse für den noch nicht endgültig feststehenden Vergütungsanspruch sind. Zwar spricht § 12 Abs. 6 der Satzung der KZVX2 von einer „fällig werdenden monatlichen Abschlagszahlung“ – dies zeigt aber nur, dass eben die Abschlagszahlung monatlich fällig wird – nicht der originäre Vergütungsanspruch. Die Abschlagszahlung ist jedoch ein unselbständiger Vorschuss auf den eigentlichen Vergütungsanspruch (§ 10 Abs. 1 der Satzung).
47Die Besonderheit des Honoraranspruchs eines Kassenarztes im Sozialversicherungsrecht liegt insbesondere auch in dem Punktesystem. Die Einzelleistungen des Arztes entsprechen Punktzahlen. Bei der Anzahl der Punkte erhöht sich der Honoraranspruch nicht immer weiter je höher die Punktzahl ist, sondern ab einem gewissen Punkt findet ein Cap oder eine Degression statt. Nicht jede Leistung des Arztes wird daher auch in der Vergütung berücksichtigt werden.
48Legt man diese Grundsätze der Frage der Anspruchsentstehung von Forderungen eines Kassenarztes gegen die KZVX2 zugrunde, ist davon auszugehen, dass zwar möglicherweise der Kassenarzt vor Einreichung der Unterlagen Abschlagszahlungen nach § 2 Abs. 9 der Honorarvereinbarung und § 12 Abs. 1 der Satzung verlangen kann. Dieses Recht ist jedoch ein unselbständiges Nebenrecht des eigentlichen Vergütungsanspruchs (vgl. § 10 Abs. 1 der Satzung) und kann nicht selbständig abgetreten werden (vgl. MünchKomm/Roth/Kieninger, 7. Aufl. 2016, § 398 BGB Rn. 62). Hier abgetreten wurde der Vergütungsanspruch samt Abschlagszahlungen. Wirksam entstanden ist der Vergütungsanspruch jedoch noch nicht mit der Abschlagszahlung, sondern mit der Einreichung der Unterlagen bei der KZVX2.
49Dass diese Handlung vor Antragstellung auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte, konnte die Beklagte nicht ausreichend substantiiert darlegen. Den Beweis der Inkongruenz erbringt der Insolvenzverwalter schon dadurch, dass er die Behauptung des Anfechtungsgegners, auf die dieser seinen angeblichen fälligen Anspruch auf die Sicherung oder Befriedigung dieser Art stützt, widerlegt. Der Gegner muss also die einen fälligen, bestehenden Anspruch auf eine Sicherung oder Befriedigung dieser Art begründenden Tatsachen substantiiert vortragen (Henckel/Jaeger: Kommentar zur Insolvenzordnung § 131 Rn. 78). Das pauschale Bestreiten der Beklagten, die Insolvenzschuldnerin habe nicht am 05.07.2011 den Antrag auf einen Abrechnungsbescheid gestellt und dabei entsprechende Unterlagen eingereicht, reicht also nicht aus.
503.
51Der Anspruch auf Verzinsung des begründeten Klagebetrages folgt aus § 143 Abs. 1 S. 2 InsO i.V.m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291 Abs. 1 S. 2, 288 BGB i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Insolvenzeröffnung am 01.08.2011.
52B.
53Die Klage war jedoch hinsichtlich der weiteren Posten bis auf 1,10 EUR als unbegründet abzuweisen.
54I.
55Zunächst kann der Kläger – bis auf 1,10 EUR - nicht die Rückzahlung der 7.531,46 EUR verlangen, da die Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung nicht vorliegen.
561. Ein Anspruch auf Rückzahlung der 7.531,46 EUR nach § 131 Abs. 1 InsO scheitert am Vorliegen einer inkongruenten Rechtshandlung. Denn die beklagte Bank durfte die Verrechnungen in dieser Höhe vom Kontokorrentkonto vornehmen, da sie insoweit die Befriedigung in der Art und zu dieser Zeit verlangen konnte.
57Zwar ist es zutreffend, dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Buchungen keinen fälligen Anspruch auf eine Tilgung der vereinbarten Kontokorrentkreditlinie hatte, weil das laufende Geschäftskonto der Insolvenzschuldnerin in dem betreffenden Zeitraum noch ungekündigt war. Die Verrechnung war jedoch anderweitig vertraglich vereinbart. Soweit Tilgungszahlungen der Bank die fällig gewordenen Zins- und Tilgungsraten betreffen, sind sie kongruent, andernfalls inkongruent (vgl. OLG Schleswig v. 5.7.2007 – 5 U 48/07, ZIP 2008, 68). Die Bezahlung vereinbarter monatlicher Tilgungsraten und fälliger Darlehenszinsen ist kongruent (BGH, Urteil vom 17. 6. 1999 - IX ZR 62–98). Bzgl. der Kontobelastungen zu Gunsten der Beklagten über 7.531,46 EUR hatte die Beklagte jeweils einen fälligen Anspruch, da hiermit im Wesentlichen fällige Zins- und Annuitätszahlungen entsprechend der Regelungen der jeweiligen Darlehensverträge erbracht wurden. Da die Beklagte - wie die vier weiteren Darlehensverträge zeigen – berechtigt war die fälligen Annuitätszahlungen und Zinszahlungen aus den sonstigen Darlehensverträgen aus dem Kontokorrent zu tilgen, hatte sie einen vertraglichen Anspruch auf die Verrechnung und hat damit kongruent gehandelt.
58Die Zins- und Annuitätszahlungen waren fällig. Auch der Kläger hat nichts Gegenteiliges behauptet.
592. Eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO kommt ebenfalls nicht in Betracht. Der Kläger konnte weder darlegen noch nachweisen, dass die Beklagte, die die Kreditlinie bis zuletzt offenhielt, Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hatte. Sicher ist lediglich, dass die Beklagte Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit seit Mitteilung des Klägers per Fax über das vorläufige Insolvenzverfahren seit dem 10.06.2011 hatte. Nach diesem Zeitpunkt sind lediglich zwei mal 0,55 EUR – also 1,10 EUR – zu Gunsten der Beklagten verbucht worden. Diese kann der Kläger verlangen, da die Beklagte nunmehr Kenntnis von dem vorläufigen Insolvenzverfahren und damit auch von der Zahlungsunfähigkeit hatte. Von der Zahlungsunfähigkeit kann zu diesem Zeitpunkt schon allein deswegen ausgegangen werden, da das Insolvenzgericht das vorläufige Insolvenzverfahren angeordnet hatte.
60II.
611. Auch liegen die Voraussetzungen für eine Rückforderung nach Insolvenzanfechtung gem. §§ 143 Abs. 1, 131 Abs. 1 InsO hinsichtlich der 1.188,94 EUR nicht vor. Es fehlt auch hier an einer Inkongruenz.
62Nach der ständiger Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 07.07.2011 – IX ZR 100/10) ist die bankmäßige Verrechnung von Gutschriften im ungekündigten Kontokorrent mit Überziehungskredit insoweit kongruent, als die Bank erneute Verfügungen des Schuldners über diese Deckungsmasse zugelassen hat, also insoweit auch Buchungen zulasten der Bank in dieser Höhe vorgenommen worden sind. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Prüfung dessen ist der gesamte relevante Anfechtungszeitraum nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO oder nach § 131 Abs. 1 Nr. 2, 3 InsO. Die Kongruenzfrage kann hierbei innerhalb des Anfechtungszeitraums für den gleichen Betrag nur einheitlich beantwortet werden (BGH, Urteil vom 7. 03.2002 - IX ZR 223/01). Demgegenüber führt die Verrechnung in kritischer Zeit eingehender Zahlungen, denen keine Belastungsbuchungen gegenüberstehen, bei ungekündigtem Überziehungskredit wegen der damit verbundenen Kredittilgung zu einer inkongruenten Deckung, weil die Erfüllung des Rückzahlungsanspruchs noch nicht verlangt werden kann (BGH, Urteil vom 11. 10.2007 - IX ZR 195/04).
63Die Frage des Bargeschäfts nach § 142 InsO und der hierbei vorausgesetzte zeitliche Zusammenhang der Kontobewegungen spielt für die Kongruenzbeurteilung keine Rolle. Denn das Bargeschäft ist erst zu prüfen, wenn es auf die Gläubigerbenachteiligung einer kongruenten Deckung ankommt (BGH, Urteil vom 07.07.2011 – IX ZR 100/10).
64Dass den Eingängen in Höhe von 1.188,94 UER mindestens in der Höhe Buchungen zu Lasten der Beklagten entgegenstanden, hat der Kläger nicht bestritten.
652. Ebenso scheidet ein Anspruch auf Zahlung gem. §§ 143 Abs. 1, 130 Abs. 1 InsO aus. Für die Anfechtung einer kongruenten Rechtshandlung bedarf es einer Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Zahlungsunfähigkeit. Da der Kläger jedoch keine Umstände vorgetragen hat, die eine Kenntnis vor dem Fax vom 10.06.2011 erkennen lassen und sämtliche Buchungen bis zur Höhe von 1.188,94 EUR vor diesem Zeitpunkt vorgenommen worden sind (vgl. S. 6 f. der Klageschrift vom 03.06.2015, Bl. 168 f. d.A.) fehlt es an dieser sowohl für § 130 Abs. 1 Nr. 1 als auch Nr. 2 InsO notwendigen Voraussetzung.
66C.
67Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO und die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit für den Kläger auf § 709 Satz 2 ZPO und für die Beklagte auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
68Der Streitwert wird auf 23.304,82 EUR festgesetzt.
69Unterschriften |
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Urteilsbesprechung zu Landgericht Münster Urteil, 28. Jan. 2016 - 102 O 18/14
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Landgericht Münster Urteil, 28. Jan. 2016 - 102 O 18/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.
(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.
(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
- 1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, - 2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder - 3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 18. Dezember 2007 wird zurückgewiesen , soweit die Beklagte über den Betrag von 601.371,91 € hinaus zur Zahlung von weiteren 419.724 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. August 2004 verurteilt worden ist.
Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 10. März 2004 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der A. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin), welche in zahlreichen Einzelhandelsgeschäften mit Schuhen handelte. Die Schuldnerin unterhielt bei der beklagten Bank ein Kontokorrentkonto. Zur Sicherung der eingeräumten Kreditlinie war die Übereignung näher bezeichneter Warenlager an die Beklagte vereinbart.
- 2
- Gegen Ende des Jahres 2003 wurde im Auftrag der Schuldnerin ein sogenanntes Restrukturierungskonzept erstellt, welches vorsah, 15 rentable Filialgeschäfte auf andere Gesellschaften zu übertragen. Dieses Konzept sollte bis zum 1. Januar 2004 umgesetzt werden. Jedenfalls seit dem 1. Januar 2004 war die Schuldnerin zahlungsunfähig, wobei der Beklagten Umstände bekannt waren , welche zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen ließen. Im März 2004 verkaufte die Schuldnerin 15 Filialgeschäfte zum Preis von insgesamt 1.380.070,89 € anzwei Gesellschaften, welche zu diesem Zweck vom Gesellschafter und Geschäftsführer der Schuldnerin erworben worden waren. Ausweislich der Kaufverträge wurde bei der Bemessung des Kaufpreises auf den Warenbestand ein Teilwertabschlag von 35 vom Hundert und sodann ein weiterer Abschlag in Höhe von 20 vom Hundert vorgenommen. Auf dieser Grundlage wurde der zum 31. Dezember 2003 vorhandene Warenbestand der verkauften Filialen in den Kaufverträgen mit insgesamt 587.112,93 € bewertet. Die Kaufverträge sahen vor, dass die Kaufpreise an die Beklagte abgetreten und auf das Konto der Schuldnerin bei der Beklagten gezahlt werden sollten. Ferner enthielten die Verträge folgende Bestimmung: "Den Parteien ist bekannt, dass die Vorräte (...) an die finanzierende Hausbank sicherungsübereignet sind. Die Übertragung erfolgt bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises unter Eigentumsvorbehalt. Die Käuferin ist berechtigt, im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebs die Vorräte zu veräußern, wenn sichergestellt ist, dass die Erlöse daraus an die finanzierende Hausbank fließen.“
- 3
- Der Kontokorrentkredit der Schuldnerin bei der Beklagten war unter Berücksichtigung aller Verrechnungsposten am 10. Februar 2004 in Höhe von 2.341.039,47 € in Anspruch genommen, und am 19. Februar 2004 in Höhe von 2.421.733,47 €. Am 5. März2004 gingen die Kaufpreise aus dem Verkauf der Filialen auf dem Konto ein. Ob die Kaufpreisansprüche zuvor an die Beklagte abgetreten worden waren, ist zwischen den Parteien streitig. Nach Kündigung des Kontokorrentvertrags durch die Beklagte am 12. März 2004 schloss diese das Konto am 23. März 2004 mit einem negativen Schlusssaldo in Höhe von 865.242,56 €.
- 4
- Der Kläger verlangt die Zahlung von 1.556.490,91 € als Differenzbetrag zwischen dem Saldo des Kontokorrentkontos vom 19. Februar 2004 und dessen Schlusssaldo vom 23. März 2004. Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Verurteilung im Umfang von 601.371,91 € bestätigt und die weitergehende Klage abgewiesen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision hat teilweise Erfolg. Sie führt, soweit das Berufungsgericht die Klage in Höhe von mehr als 454.701 € abgewiesen hat, zur Aufhebung des Berufungsurteils.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Verringerung des Kontokorrentsaldos sei jedenfalls als kongruente Deckung gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 InsO anfechtbar. Die Insolvenzanfechtung komme jedoch nur insoweit in Betracht, als der Saldo des Kontokorrentkredits im letzten Monat vor dem Insolvenzantrag sowie nach Antragstellung zurückgeführt worden sei, während nicht auf den Zeitraum seit dem 19. Februar 2004 abgestellt werden könne. Aus diesem Grunde habe das Landgericht dem Kläger einen Betrag in Höhe von 80.694 € zu viel zuerkannt, weil in diesem Umfang der in Anspruch genommene Kredit zwischen dem 10. Februar und dem 19. Februar 2004 ausgeweitet worden sei.
- 7
- Von der Saldoreduzierung im damit maßgeblichen Zeitraum nach dem 10. Februar 2004 in Höhe von 1.475.796,91 € sei der Wert des Sicherungseigentums der Beklagten an den Warenlagern abzuziehen. Indem die Beklagte der Veräußerung der Waren nur mit der Maßgabe zugestimmt habe, dass der Kaufpreis an sie gelange, sei mit der Zahlung des Kaufpreises das Sicherungseigentum der Beklagten abgelöst worden. In Höhe des Werts der abgelösten Sicherheit fehle es an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung. Dabei sei unerheblich , ob die Kaufpreisansprüche vor der Zahlung des Kaufpreises an die Beklagte abgetreten worden seien. Bei Abzug des objektiven Verkehrswerts der Waren, welche am 5. März 2004 in den verkauften Warenlagern noch vorhanden gewesen seien, in Höhe von 874.425 € verbleibe eine anfechtbare Saldoreduzierung in Höhe von 601.371,91 €.
II.
- 8
- Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält rechtlicher Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
- 9
- 1. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen nicht dessen Auffassung, die Beklagte könne den Auszahlungsanspruch des Klägers anfechtungsfrei mit einem Betrag von 80.694 € verrechnen.
- 10
- a) Die Erteilung von Gutschriften stellt ein abstraktes Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis der Bank dar, aus welchem der Begünstigte unmittelbar einen Anspruch auf Auszahlung des gutgeschriebenen Betrages erwirbt (BGH, Urteil vom 25. Januar 1988 - II ZR 320/87, BGHZ 103, 143, 146; vom 7. Dezember 2004 - XI ZR 361/03, BGHZ 161, 273, 278 f; vom 23. November 2010 - XI ZR 26/10, BGHZ 187, 327 Rn. 18). In der Insolvenz des Bankkunden kann der Insolvenzverwalter diesen Anspruch gegen die Bank geltend machen, soweit nicht die Bank die Verrechnung mit Gegenforderungen im Rahmen des Kontokorrentverhältnisses oder andere Gegenrechte wie etwa ein vereinbartes Pfandrecht an der Gutschrift (§ 14 Abs. 1 Satz 2 AGB-Banken, § 21 Abs. 1 AGB-Sparkassen) einwenden kann. Soweit die Verrechnung mit Gegenforderungen der Bank im Kontokorrentverhältnis der Insolvenzanfechtung unterliegt, kann sich der Verwalter unmittelbar auf die Unwirksamkeit der Verrechnung gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO berufen und den Anspruch aus der Gutschrift uneingeschränkt geltend machen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2008 - IX ZR 148/07, ZInsO 2008, 913 Rn. 8 f; Bork in Festschrift Gero Fischer, 2008, S. 37,
38).
- 11
- Liegen die Voraussetzungen der Anfechtung von Verrechnungen im Kontokorrentverhältnis vor, so kann auch die Verrechnung von Gutschriften mit dem Aufwendungsersatzanspruch der Bank aus solchen Belastungsbuchungen, die im Anfechtungsraum vorgenommen worden sind, gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unwirksam sein. Kongruente Verrechnungen sind jedoch insolvenzrechtlich wirksam, wenn die Voraussetzungen eines Bargeschäfts (§ 142 InsO) gegeben sind (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGH, Urteil vom 7. März 2002 - IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122, 130 ff). Die vom Berufungsgericht für maßgeblich erachtete Frage, auf welchen Zeitraum für die Rückführung des Kredits abzustellen sei (vgl. dazu BGH, Urteil vom 15. November 2007 - IX ZR 212/06, ZInsO 2008, 159 Rn. 16 f; vom 7. Juli 2011 - IX ZR 100/10, ZInsO 2011, 1500 Rn. 6, 8 f), stellt sich daher nur dann, wenn im Hinblick auf den Aufwendungsersatzanspruch der Bank aus Zahlungsausgängen der Einwand des Bargeschäfts durchgreift und damit im Ergebnis nur inkongruente Verrechnungen von Zahlungseingängen mit dem offenen Schuldsaldo der Anfechtung unterliegt.
- 12
- b) Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen den Bargeschäftseinwand im Hinblick auf die zwischen dem 10. Februar und dem 19. Februar 2004 zugelassenen Belastungsbuchungen nicht.
- 13
- aa) Ein unanfechtbares Bargeschäft setzt voraus, dass die Bank ihrem Kunden gestattet, den durch Zahlungseingänge eröffneten Liquiditätsspielraum wieder auszuschöpfen, indem die vereinbarte Kreditlinie offen gehalten und vom Kunden nach eigenem Ermessen erteilte Zahlungsaufträge ausgeführt werden (vgl. Kayser in Festschrift Gero Fischer, 2008, S. 267, 277). Setzt die Bank auf diese Weise den Girovertrag fort, so handelt sie kongruent, wodurch die Möglichkeit des Bargeschäftseinwands gemäß § 142 InsO eröffnet wird (BGH, Urteil vom 7. März 2002, aaO S. 129 f; vom 17. Juni 2004 - IX ZR 124/03, ZInsO 2004, 856, 857; vom 11. Oktober 2007 - IX ZR 195/04, ZInsO 2008, 163 Rn. 6, 9; vom 7. Juli 2011 - IX ZR 100/10, ZInsO 2011, 1500 Rn. 6, 8). Voraussetzung des Bargeschäfts ist dabei ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Zahlungseingängen und -ausgängen, während es auf deren Reihenfolge nicht ankommt (BGH, Urteil vom 7. März 2002, aaO S. 131, vom 11. Oktober 2007, aaO Rn. 5). Ein unanfechtbares Bargeschäft kann auch dann vorliegen, wenn die Bank nur noch einzelne Belastungsverfügungen des Schuldners ausführt, sofern dessen eigenes Bestimmungsrecht gewahrt wird und Verrechnungen nicht gegen seinen Willen stattfinden (BGH, Urteil vom 1. Oktober 2002 - IX ZR 360/99, ZInsO 2002, 1136, 1138; HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 142 Rn. 10). Hingegen kommt ein Bargeschäft nicht in Betracht, soweit durch Kontobelastungen unmittelbar oder mittelbar Forderungen der kontoführenden Bank getilgt werden (BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - IX ZR 124/03, ZInsO 2004, 856, 857; vom 11. Oktober 2007 - IX ZR 195/04, ZInsO 2008, 163 Rn. 9; vom 7. Mai 2009 - IX ZR 140/08, ZInsO 2009, 1054 Rn. 12).
- 14
- bb) Zwischen der Beklagten und der Schuldnerin war von den erwarteten Kaufpreiszahlungen aus dem Verkauf der Filialen unstreitig vereinbart worden, nach dem Eingang dieser Zahlungen die vereinbarte Kreditlinie zu vermindern, was sodann auch absprachegemäß erfolgt ist. Die Kaufpreiserlöse sollten da- her nicht dazu verwendet werden, neue Belastungsbuchungen der Schuldnerin zu ermöglichen. Da es auf die Reihenfolge von Ein- und Auszahlungen nicht ankommt, kann ein Bargeschäft zwar auch dann in Betracht kommen, wenn die Beklagte der Schuldnerin vor dem Eingang der Kaufpreiszahlungen gestattet hat, die vereinbarte Kreditlinie nach eigenem Ermessen durch Belastungsverfügungen zu Gunsten Dritter wieder in Anspruch zu nehmen. Ob die Voraussetzungen eines Bargeschäfts im Hinblick auf die zwischen dem 10. Februar und dem 19. Februar 2004 vorgenommenen Belastungsbuchungen vorliegen, hat das Berufungsgericht jedoch nicht festgestellt.
- 15
- Wie die Revision aufzeigt, betreffen die in diesem Zeitraum vorgenommenen Kontobelastungen überwiegend Zahlungsvorgänge innerhalb der Unternehmensgruppe , welcher die Schuldnerin angehörte (P. ). Ausweislich der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Übersicht der Kontobewegungen sind in diesem Zeitraum erhebliche Zahlungen an andere Unternehmen der P. erfolgt, namentlich an die P. GmbH am 11. Februar 2004 in Höhe von 127.341,30 € sowie am 19. Februar 2004 in Höhe von 184.452,52 €. Belastungsbuchungen zu Gunsten von Zahlungsempfängern außerhalb der P. hat es hingegen in diesem Zeitraum nur noch zu Gunsten weniger Zahlungsempfänger in jeweils geringer Höhe gegeben. Die monatlichen Daueraufträge wie Miet- und Gehaltszahlungen wurden nicht mehr ausgeführt.
- 16
- Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen war die vereinbar- te Kreditlinie von 3,1 Mio. € am 19. Februar 2004 in Höhe von 1.733,47 € über- zogen, indem das streitgegenständliche Kontokorrentkonto (Nr. ... ) einen Schuldsaldo von 2.421.733,47 € und ein ebenfalls in die Kreditlinie einzu- stellendes weiteres Konto der Schuldnerin (Nr. ... ) einen Schuldsaldo von 680.000 € aufwies. Die Beklagte konnte folglich vor dem 19. Februar 2004 nicht mehr sämtliche Zahlungsaufträge der Schuldnerin ausführen, ohne dass dies zu einer Überschreitung des vereinbarten Kreditlimits geführt hätte. Nach welchem Maßstab die Beklagte diejenigen Zahlungsaufträge ausgewählt hat, welche innerhalb des vereinbarten Kreditrahmens noch ausgeführt wurden, hat das Berufungsgericht jedoch nicht festgestellt. Es ist daher offen, ob die Beklagte das eigene Bestimmungsrecht der Schuldnerin über die Verwendung der eingeräumten Kreditlinie gewahrt hat. Aufgrund der fehlenden Feststellungen des Berufungsgerichts ist es auch möglich, dass durch die Zahlungen an andere Unternehmen der P. zugleich deren Kredit bei der Beklagten zurückgeführt worden ist, wodurch der Bargeschäftseinwand insoweit ausgeschlossen wäre. Das Berufungsurteil kann daher in diesem Punkt keinen Bestand haben.
- 17
- 2. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung auch insoweit nicht in vollem Umfang stand, als das Berufungsgericht angenommenen hat, die angefochtene Verrechnung bedeute im Umfang von 874.425 € keine objektive Gläubigerbenachteiligung. Zwar hat eine Ablösung eines insolvenzfesten Sicherungsrechts der Beklagten stattgefunden, hierdurch wird eine objektive Gläubigerbenachteiligung jedoch nur im Umfang von 454.701 € ausgeschlossen.
- 18
- a) Das Berufungsgericht hat angenommen, aufgrund des Sicherungsvertrages vom 17. April 2003 hätten die Schuhe in den Lagern der Schuldnerin, welche mit dem Verkauf der Filialen veräußert worden seien, im Sicherungseigentum der Beklagten gestanden. Dabei sei der Erwerb des Sicherungseigentums der Beklagten insoweit nicht anfechtbar, als die Schuhe vor dem 1. Januar 2004 in die Warenlager eingebracht worden seien. Diese Annahmen lassen keinen Rechtsfehler erkennen und werden auch von der Revision nicht in Frage gestellt.
- 19
- b) Die Rüge der Revision, die Zahlung der Kaufpreise habe keine Ablösung des Sicherungsrechts der Beklagten an den Warenlagern dargestellt, weshalb die Verrechnung in vollem Umfang eine objektive Gläubigerbenachteiligung bedeute, greift nicht durch.
- 20
- aa) Allein aus dem Umstand, dass nach den Kaufverträgen über die Filialen die Kaufpreisforderungen an die Beklagte abgetreten werden sollten, ergibt sich allerdings nicht, dass die Verrechnung der Kaufpreiserlöse mit dem Darlehensrückzahlungsanspruch der Beklagten keine objektive Gläubigerbenachteiligung darstellte. Zwar benachteiligt die Verrechnung im Kontokorrentverhältnis die Gläubiger nicht, soweit die eingegangenen Gutschriften auf der Bezahlung solcher Forderungen beruhen, welche der Bank anfechtungsfest zur Sicherheit abgetreten worden waren (BGH, Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 Rn. 13; vom 26. Juni 2008 - IX ZR 47/05, ZInsO 2008, 803 Rn. 20; vom 26. Juni 2008 - IX ZR 144/05, ZInsO 2008, 801 Rn. 14 f; vom 17. März 2011 - IX ZR 63/10, BGHZ 189, 1 Rn. 32). Ein solcher Sachverhalt ist jedoch nicht festgestellt, weil das Berufungsgericht offen gelassen hat, ob die beabsichtigte Abtretung der Kaufpreisforderungen an die Beklagte tatsächlich erfolgt ist.
- 21
- bb) Gleichwohl benachteiligt die Verrechnung der eingegangenen Kaufpreiserlöse mit den Gegenforderungen der Beklagten die Gläubiger der Schuldnerin nicht in voller Höhe, weil das Sicherungseigentum der Beklagten an den im Rahmen des Filialverkaufs veräußerten Schuhen durch die Zahlung der Kaufpreise abgelöst worden ist und die Kaufpreisforderungen bereits zuvor einer treuhänderischen Bindung zu Gunsten der Beklagten unterlegen haben.
- 22
- (1) Eine Befriedigung, die ein Gläubiger aufgrund eines insolvenzfesten Absonderungsrechts erlangt, benachteiligt die Gesamtheit der Gläubiger nicht (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, 353; vom 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 156; vom 9. Oktober 2008 - IX ZR 138/06, BGHZ 178, 171 Rn. 22). Eine objektive Gläubigerbenachteiligung liegt daher nicht vor, wenn der Schuldner ein Absonderungsrecht durch Zahlung des Betrags ablöst, den der Absonderungsberechtigte durch Verwertung des Sicherungsguts hätte erzielen können (BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - IX ZR 124/03, ZInsO 2004, 856, 858; vom 13. Januar 2005 - IX ZR 457/00, ZInsO 2005, 373, 375; vom 6. April 2006 - IX ZR 185/04, ZInsO 2006, 544 Rn. 20 f; Beschluss vom 19. März 2009 - IX ZR 39/08, ZInsO 2009, 828 Rn. 13). Einer Zahlung des Schuldners zum Zwecke der Ablösung des Sicherungsrechts steht dabei der Fall gleich, dass der Käufer des belasteten Gegenstands den Kaufpreis unmittelbar an den Absonderungsberechtigten zahlt, soweit die Zahlung dem Wert des Absonderungsrechts entspricht (BGH, Beschluss vom 19. März 2009, aaO Rn. 14 f). Ebenso ist der Fall zu beurteilen, dass der Käufer die Zahlung zur Ablösung des Sicherungsrechts auf ein im Soll befindliches Kontokorrentkonto leistet, das der Schuldner bei der absonderungsberechtigten Bank führt, wodurch dieser die Befriedigung aus dem Zahlungseingang im Wege der Verrechnung ermöglicht wird.
- 23
- (2) Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass durch die Zahlung auf das bei der Beklagten geführte Konto der Schuldnerin das Absonderungsrecht der Beklagten an den zur Sicherheit übereigneten Waren abgelöst worden ist.
- 24
- Zwar bedeutet die Aufgabe eines Sicherungsrechts zu Gunsten eines anderen Rechts kein anfechtungsrechtlich neutrales Tauschgeschäft, wenn das eine Recht erloschen ist, bevor das andere Recht begründet worden ist, so dass dem Schuldner in der Zwischenzeit ein dinglich unbelastetes Recht zugestanden hat, auf welches Gläubiger hätten zugreifen können (BGH, Urteil vom 19. Januar 2006 - IX ZR 154/03, ZInsO 2006, 493 Rn. 14 ff; vom 24. Mai 2007 - IX ZR 105/05, ZInsO 2007, 658 Rn. 21). Die angefochtene Verrechnung führte daher in vollem Umfang zu einer objektiven Gläubigerbenachteiligung, wenn die Beklagte ihr Sicherungseigentum aufgegeben und im Gegenzug hierfür zunächst lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Schuldnerin erhalten hätte, nach welchem der Erlös aus dem Verkauf der Filialen auf ein bei ihr geführtes Konto hätte entrichtet werden müssen. Eine solche Zeitspanne, in welcher die Beklagte weder eine Verrechnungsmöglichkeit noch eine sonstige Sicherheit besaß, hat es jedoch nicht gegeben.
- 25
- Das Berufungsgericht hat angenommen, mit der Zahlung des Kaufpreises auf das bei der Beklagten geführte Konto hätten die Käufer der Filialen das Eigentum an den zur Sicherheit übereigneten Waren erhalten. Wie diese Verknüpfung des Eigentumsübergangs an den Waren auf die Käufer mit der Kaufpreiszahlung rechtlich umgesetzt worden ist, führt das Berufungsurteil nicht aus. Die Fassung der Kaufverträge über die Filialen legt die Auslegung nahe, dass die Schuldnerin die im Eigentum der Beklagten stehenden Waren als Nichtberechtigte an die Käufer der Filialen übereignet hat, aufschiebend bedingt durch die Zahlung des Kaufpreises auf das bei der Beklagten geführte Konto (§§ 929, 158 Abs. 1 BGB), wobei die Beklagte als Berechtigte in diese Verfügung mit Eingang der Zahlungen eingewilligt hat (§ 185 Abs. 1 BGB). Bei einer solchen Auslegung der Vereinbarungen mit den Käufern der Filialen hätte die Beklagte ihr Sicherungseigentum erst zu dem Zeitpunkt verloren, als die Kaufpreise auf dem bei ihr geführten Kontokorrentkonto der Schuldnerin eingingen und die Beklagte damit eine Verrechnungsmöglichkeit erworben hatte.
- 26
- Ob die Übereignung der Waren an die Erwerber der Filialen in diesem Sinne aufschiebend bedingt war, kann aber letztlich dahinstehen. Soll durch die Zahlung des Kaufpreises ein an der Kaufsache bestehendes Recht der Bank des Verkäufers abgelöst werden, so unterliegt die Kaufpreisforderung einer treuhänderischen Bindung, wenn der Kaufpreis nach der vertraglichen Vereinbarung nur auf das bei der betreffenden Bank im Soll geführte Konto des Verkäufers gezahlt werden darf; diese treuhänderische Bindung müssen auch die Gläubiger des Verkäufers gegen sich gelten lassen (BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - IX ZR 124/03, ZInsO 2004, 856, 857; vgl. auch BGH, Urteil vom 20. November 1997 - IX ZR 152/96, WM 1998, 40, 43; vom 16. Dezember 1999 - IX ZR 270/98, WM 2000, 264, 266). Durch die Vereinbarung, dass der Kaufpreis auf das bei der Beklagten geführte Konto zu zahlen sei, war die Beklagte daher gegen den Zugriff anderer Gläubiger der Schuldnerin auf die Kaufpreisforderung geschützt. Hat die Beklagte im Gegenzug für diese Treuhandbindung ihr Sicherungseigentum an den verkauften Waren aufgegeben, so liegt im Umfang des Werts des aufgegebenen Sicherungsrechts ein Sicherheitentausch vor, der die Gläubiger nicht benachteiligt (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 Rn. 13; vom 17. September 2009 - IX ZR 106/08, BGHZ 182, 264 Rn. 16; vom 17. März 2011 - IX ZR 63/10, BGHZ 189, 1 Rn. 32).
- 27
- cc) Die Revision meint im Anschluss an eine im Schrifttum vertretene Auffassung (MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 129 Rn. 109a), eine objektive Gläubigerbenachteiligung liege auch dann vor, wenn ein absonderungsberechtigter Gläubiger durch rechtswidriges oder potentiell anfechtbares Zusammenwirken mit dem Schuldner die eigene Verwertung des Sicherungsguts ermögliche. Hierdurch werde das Entstehen der Kostenbeiträge nach §§ 170, 171 InsO als Massevermögen verhindert und das Schuldnervermögen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens auseinandergerissen. Dieser Fall liege hier vor, weil das Konzept zur Ausgliederung der Filialen nach dem Vortrag des Klägers in enger Abstimmung mit der Beklagten entworfen und umgesetzt worden sei. Dieses Vorbringen begründet eine objektive Gläubigerbenachteiligung nicht.
- 28
- (1) Zwar stellt das Verwertungsrecht des Verwalters an mit Absonderungsrechten belasteten Gegenständen gemäß § 166 InsO einen selbständigen , im Kern geschützten Vermögenswert der Insolvenzmasse dar (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 - IX ZR 28/03, ZInsO 2003, 1101, 1102 f; vom 29. März 2007 - IX ZR 27/06, ZInsO 2007, 605 Rn. 26; vom 29. September 2011 - IX ZR 74/09, ZInsO 2011, 1979 Rn. 8; zur Konkursordnung vgl. BGH, Urteil vom 5. April 2001 - IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233, 239). Das bloße Entfallen von Kostenbeiträgen gemäß §§ 170, 171 InsO bedeutet aber keine objektive Gläubigerbenachteiligung , weil die Kostenbeiträge lediglich die Mehrkosten ausgleichen sollen, die durch die Bearbeitung von Absonderungsrechten innerhalb des Insolvenzverfahrens anfallen (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003, aaO; vom 20. November 2003 - IX ZR 259/02, ZInsO 2004, 1137, 1138; vom 22. Juli 2004 - IX ZR 270/03, ZInsO 2004, 1028, 1030; vom 23. September 2004 - IX ZR 25/03, ZInsO 2005, 148, 149; vom 29. März 2007, aaO).
- 29
- (2) Die getroffene Ablösungsvereinbarung stellt auch nicht deshalb eine objektive Gläubigerbenachteiligung dar, weil durch diese Vereinbarung die Verkäufe der Filialen und damit das Ausscheiden des Sicherungsguts aus dem Besitz der Schuldnerin ermöglicht worden sind.
- 30
- Die Gläubiger können daran interessiert sein, vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Einheit des Schuldnervermögens zu erhalten, um die Fortführung oder Veräußerung eines vom Schuldner geführten Unternehmens zu erleichtern (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 InsO). Es kann hier offen bleiben, ob sich wegen dieses Interesses eine objektive Gläubigerbenachteiligung daraus ergeben kann, dass eine Rechtshandlung zum Ausscheiden eines Gegenstands aus dem Schuldnervermögen geführt hat, welcher wegen des bestehenden Absonderungsrechts zwar für sich genommen wertlos ist, dem jedoch für die Unternehmensfortführung betriebliche Bedeutung zukommt (vgl. HK-InsO/ Kreft, aaO § 129 Rn. 60; FK-InsO/Dauernheim, 6. Aufl., § 129 Rn. 40). Denn der Kläger hat nicht vorgetragen, dass die Schuhe, welche durch die Veräußerung der Filialen aus dem Vermögen der Schuldnerin ausgeschieden sind, für die Möglichkeit einer Betriebsfortführung der verbliebenen Schuhgeschäfte von erheblicher Bedeutung waren; dies läge auch fern.
- 31
- c) Die Ablösung des Sicherungseigentums der Beklagten an den Schuhen schließt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine objektive Gläubigerbenachteiligung durch die angefochtenen Verrechnungen nicht in Höhe von 874.425 € aus, sondern lediglich in Höhe von 454.701 €.
- 32
- aa) Löst der Schuldner das Absonderungsrecht eines Gläubigers ab, so benachteiligt die Zahlung die Gläubiger in Höhe des Betrages nicht, den der Absonderungsberechtigte durch Verwertung des Sicherungsguts hätte erzielen können (BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - IX ZR 124/03, ZInsO 2004, 856, 858; vom 13. Januar 2005 - IX ZR 457/00, ZInsO 2005, 373, 375; vom 6. April 2006 - IX ZR 185/04, ZInsO 2006, 544 Rn. 20 f; Beschluss vom 19. März 2009 - IX ZR 39/08, ZInsO 2009, 828 Rn. 13). Im Umfang des hypothetischen Verwertungserlöses liegt ein für die Masse neutrales Tauschgeschäft vor, weil dieser Erlös bei einer Verwertung durch den Insolvenzverwalter an den absonderungsberechtigten Gläubiger auszukehren gewesen wäre (§ 50 Abs. 1, § 51 Nr. 1, § 170 Abs. 1 Satz 2 InsO). Auf den hypothetischen Verwertungserlös kommt es hingegen dann nicht an, wenn der Schuldner aus der Veräußerung des Sicherungsguts tatsächlich einen Erlös erzielt hat.
- 33
- Hat der Schuldner Waren unter Eigentumsvorbehalt erworben, die er an seine Kunden weiterveräußern darf, sofern er die daraus erzielten Kaufpreisforderungen an den Vorbehaltsverkäufer abtritt (verlängerter Eigentumsvorbehalt), so stellt die Abtretung der Kaufpreisforderungen in Höhe des vom Vorbehaltskäufer für die jeweilige Ware an den Vorbehaltsverkäufer zu zahlenden Kaufpreises einen masseneutralen Sicherheitentausch dar. Sichert die Forderungsabtretung neben dem Kaufpreisanspruch aus der Lieferung der jeweiligen Ware auch weitere Forderungen des Vorbehaltsverkäufers und tritt der Vorbehaltskäufer diesem die Kaufpreisforderung aus dem Weiterverkauf der Waren in voller Höhe ab (verlängerter und erweiterter Eigentumsvorbehalt), so liegt eine objektive Gläubigerbenachteiligung vor, soweit die Vorausabtretung die vom Schuldner aus dem Weiterverkauf verdiente Marge betrifft (BGH, Urteil vom 6. April 2000 - IX ZR 122/99, WM 2000, 1072, 1074; vom 17. März 2011 - IX ZR 63/10, BGHZ 189, 1 Rn. 32 f; vgl. auch BGH, Urteil vom 14. Mai 1975 - VIII ZR 254/73, BGHZ 64, 312, 315 f; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 129 Rn. 155; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 129 Rn. 120; HK-InsO/Kreft, aaO § 129 Rn. 59). Denn die Kaufpreisforderung, die der Vorbehaltskäufer durch den Weiterverkauf erworben hat, beruht im Umfang des Einkaufswerts der gelieferten Ware auf deren Sachwert und löst insoweit den Eigentumsvorbehalt des Vorbehaltsverkäufers ab. Die Handelsspanne, die der Vorbehaltskäufer durch den Weiterverkauf der Ware verdient hat, ist hingegen durch den Arbeitseinsatz und die weiteren betrieblichen Aufwendungen des Vorbehaltskäufers erwirtschaftet worden. Im Hinblick auf diese Aufwendungen hat der Eigentumsvorbehalt dem Vorbehaltsverkäufer keine Sicherheit verschafft, welche durch die Forderungsabtretung abgelöst worden wäre.
- 34
- Diese Grundsätze sind auf den Fall übertragbar, dass der Sicherungsgeber den zur Sicherheit übereigneten Warenbestand mit Zustimmung des Sicherungsnehmers veräußert. Wird das Sicherungseigentum abgelöst, indem die Kaufpreisansprüche aus dem Weiterverkauf an den Sicherungsnehmer abgetreten oder zu dessen Gunsten treuhänderisch gebunden werden, so liegt keine Gläubigerbenachteiligung vor, soweit die Kaufpreisansprüche den verkehrsüblichen Einkaufspreisen der Waren (Wiederbeschaffungskosten) entsprechen.
- 35
- bb) Der Wert des von der Schuldnerin abgelösten Sicherungseigentums ist danach nicht nach den Einkaufspreisen der Waren zu bemessen, weil diese Preise bei der Veräußerung der Waren im Rahmen der Filialverkäufe tatsächlich nicht erzielt worden sind.
- 36
- (1) Die für die Filialen bezahlten Gesamtkaufpreise in Höhe von insgesamt 1.380.070,89 € stellten nicht allein die Gegenleistung für die im Sicherungseigentum der Beklagten stehenden Waren dar, sondern deckten weitere Vermögenswerte ab. Der zum Stichtag 31. Dezember 2003 vorhandene Warenbestand wurde bei der Bestimmung der Gesamtkaufpreise mit 587.112,93 € bemessen. Da das Sicherungseigentum der Beklagten mit ihrer Zustimmung zu diesen Bedingungen abgelöst worden ist, kann die Beklagte nicht geltend machen , die Waren hätten tatsächlich einen höheren Wert besessen. Wenn die Beklagte gemeint haben sollte, durch die Verwertung ihres Sicherungseigentums einen höheren Erlös erzielen zu können, hätte sie die Ablösung des Sicherungsrechts verweigern und dessen Verwertung selbst betreiben müssen. An ihrer Entscheidung, der Ablösung des Rechts zu den vereinbarten Bedingungen zuzustimmen, muss sie sich festhalten lassen. Der Wert des Sicherungseigentums der Beklagten, welches durch die kaufvertragliche Vereinbarung abgelöst worden ist, ist daher im Ausgangspunkt mit dem auf diese Waren entfallenden Kaufpreisanteil in Höhe von 587.112,93 € zu bemessen.
- 37
- (2) Eine Ablösung des Sicherungsrechts durch die Kaufpreiszahlungen hat jedoch nur insoweit stattgefunden, als das Sicherungseigentum der Beklagten zum Zeitpunkt der Ablösung noch vorhanden gewesen ist.
- 38
- Der Sicherungsübereignungsvertrag vom 17. April 2003 enthielt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Vorausabtretung der Forderungen , welche die Schuldnerin aus dem Verkauf des Sicherungsguts erzielte. Soweit bis zum Abschluss der Kaufverträge über die Filialen im März 2004 Schuhe aus den Warenlagern an Endkunden verkauft worden sind, ist das Sicherungseigentum der Beklagten daher ersatzlos untergegangen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Erlöse aus dem Verkauf der Schuhe durch die Schuldnerin vereinnahmt worden sind oder - wie der Kläger vorgetragen hat - die Erwerber der Filialen das operative Geschäft bereits im Januar 2004 und damit vor Unterzeichnung der Kaufverträge übernommen und auf diese Weise auch die Erlöse aus den Abverkäufen vereinnahmt haben. In jedem Fall hat die treuhänderische Bindung des Kaufpreisanspruchs aus den Filialverkäufen insoweit nicht das Sicherungseigentum der Beklagten abgelöst, weil die Endkunden zumindest gutgläubig (§ 929 Satz 1, § 932 Abs. 1 Satz 1 BGB) Eigentum an den verkauften Schuhen erworben haben und das Sicherungseigentum der Beklagten damit untergegangen ist.
- 39
- Von dem Kaufpreisanteil in Höhe von 587.112,93 €, welcher im Rahmen der Filialverkäufe für die Waren angesetzt worden ist, ist folglich der Anteil zu ermitteln, der auf diejenigen Waren entfällt, an welchen die Beklagte ihr Sicherungseigentum bis zum Abschluss der Kaufverträge nicht verloren hat. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich dabei um Waren mit einem Einkaufswert in Höhe von 874.425 €. Auf den Einkaufswertist nach der Kalkulation des Gesamtkaufpreises in den Kaufverträgen ein Abschlag in Höhe von 35 vom Hundert und sodann ein weiterer Abschlag in Höhe von 20 vom Hundert vorgenommen worden, woraus sich ein auf die Ablösung des Siche- rungsrechts entfallender Kaufpreisanteil in Höhe von 454.701 € errechnet.
III.
- 40
- 1. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit es die Verrechnung mit den zwischen dem 10. Februar und dem 19. Februar 2004 vorgenommenen Belastungsbuchungen in Höhe von 80.694 € für wirksam erachtet und ferner eine objektive Gläubigerbenachteiligung im Umfang von mehr als 454.701 € verneint und die Klage insoweit abgewiesen hat. Soweit das Berufungsgericht über den Betrag von 454.701 € hinaus eine objektive Gläubi- gerbenachteiligung im Umfang von weiteren 419.724 € verneint hat,ist die Be- rufung der Beklagten zurückzuweisen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Im Hinblick auf den verbleibenden Teil der Klageforderung in Höhe von 80.694 € ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif und daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
- 41
- 2. Das Berufungsgericht wird nach der Zurückverweisung der Sache prüfen müssen, ob im Hinblick auf die von der Beklagten eingewandten Belas- tungsbuchungen im Umfang von 80.694 € die Voraussetzungen eines anfech- tungsfesten Bargeschäfts vorgelegen haben. Dabei ist zu klären, ob die Beklagte der Schuldnerin das Bestimmungsrecht über die vorzunehmenden Kontobelastungen belassen hat und durch die vorgenommenen Vermögensumschichtungen innerhalb der P. auch nicht mittelbar Kreditforderungen der Beklagten zurückgeführt worden sind. Die Darlegungs- und Beweislast für den Bargeschäftseinwand trifft die Beklagte (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 Rn. 42; vom 21. Januar 2010 - IX ZR 65/09, BGHZ 184, 101 Rn. 15).
- 42
- Das Berufungsgericht wird sich ferner mit dem Einwand des Klägers zu befassen haben, der Bargeschäftseinwand sei der Beklagten schon deshalb verwehrt, weil sie die streitgegenständlichen Zahlungseingänge aus einer gemäß § 133 Abs. 1 InsO anfechtbaren Schuldnerhandlung erlangt habe.
- 43
- Der Bargeschäftseinwand kommt gemäß § 142 InsO nicht in Betracht, wenn die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) vorliegen. Eine Rechtshandlung des Schuldners im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO ist dabei auch dann gegeben, wenn eine andere Person die Handlung im einver- ständlichen Zusammenwirken mit dem Schuldner vornimmt (BGH, Urteil vom 5. Juli 2007 - IX ZR 256/06, BGHZ 173, 129 Rn. 50 mwN). Nach diesem Maßstab beruht der Eingang der Kaufpreise aus dem Verkauf der Filialen in Höhe von 1.380.070,89 € am 5. März 2004 auf dem Kontokorrentkonto auf einer Rechtshandlung der Schuldnerin, weil sie mit den Erwerbern vereinbart hatte, die Zahlungen seien auf das bei der Beklagten geführte Konto zu leisten. Da ein Schuldner, der seine Zahlungsunfähigkeit kennt, regelmäßig mit dem Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO handelt (BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 83 f; vom 3. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 191 Rn. 14; vom 5. März 2009 - IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 Rn. 10), liegt die Annahme nahe, die Schuldnerin habe mit dem Vorsatz gehandelt, die Gesamtheit ihrer Gläubiger zu benachteiligen, indem sie der Beklagten im Wege der Verrechnung den Zugriff auf die erlösten Kaufpreise eröffnete.
- 44
- Im Hinblick auf die weiteren Gutschriften, welche der Schuldnerin nach dem 19. Februar 2004 erteilt worden sind, fehlen jedoch bislang tragfähige Anhaltspunkte für die Annahme, diese Zahlungseingänge beruhten auf einer mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vorgenommenen Rechtshandlung der Schuldnerin. Dies gilt entgegen der Auffassung das Klägers auch im Hinblick auf die zwischen dem 5. März und dem 9. März 2004 eingegangenen Zahlungen in Höhe von 217.000 €. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sollten hiermit solche Zahlungen rückabgewickelt werden, welche die Schuldnerin zuvor zur Tilgung von Gesellschafterdarlehen geleistet hatte. Dass die Schuldnerin die Rückzahlung gerade auf ein bei der Beklagten geführtes Konto verlangt hätte, ist tatrichterlich nicht festgestellt. Andere Anhaltspunkte, aus welchen auf den Vorsatz der Schuldnerin geschlossen werden könnte, diese Zahlungseingänge dem Zugriff ihrer übrigen Gläubiger zu entziehen, sind eben- falls nicht festgestellt. Damit bleibt die Frage des Bargeschäfts, die weiterer tatrichterlicher Feststellungen zu ihrer Klärung bedarf, im Umfang der Zurückweisung entscheidungserheblich.
Lohmann Pape
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 18.12.2007 - 3 O 398/06 -
OLG Köln, Entscheidung vom 04.03.2009 - 2 U 15/08 -
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
- 1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, - 2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder - 3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.
(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.
(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.
(1) Die Aufrechnung ist unzulässig,
- 1.
wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist, - 2.
wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat, - 3.
wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat, - 4.
wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.
(2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
- 1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, - 2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder - 3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.
(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.
(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.
(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.
(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
- 1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, - 2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder - 3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 16. März 2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
- 1
Die Klägerin nimmt die Beklagten aus Bürgschaftserklärungen vom 22. August 2001 in Anspruch. Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes 1. Instanz sowie der dortigen Anträge der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
- 2
Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, die Bürgschaftsschuld erstrecke sich zwar auch auf die hinsichtlich der Hauptverbindlichkeit entstandenen Verzugszinsen sowie die von dem Hauptschuldner zu ersetzenden Kosten der Rechtsverfolgung. Hier gehe es aber bei den geltend gemachten Kosten der Rechtsverfolgung nicht um solche, die von der Hauptschuldnerin - nämlich der L. GmbH - zu ersetzen gewesen wären. Diese Kosten seien vielmehr angefallen, weil die Klägerin auf die Hauptschuld Gutschriften verrechnet hätte und insoweit von dem Insolvenzverwalter im Wege der Anfechtung in Anspruch genommen worden sei. Die dadurch entstandenen Kosten seien nicht mehr von der Bürgschaftserklärung gedeckt. Auch die von der Klägerin beanspruchten Verzugszinsen würden nicht die Hauptforderung betreffen. In dem Zeitraum, für den eine Verzinsung verlangt werde, hätte die Hauptforderung nicht bestanden, diese sei erst durch Zahlung der Klägerin an die Insolvenzverwalterin gem. § 144 InsO erneut aufgelebt. Eine Pflichtverletzung im Rahmen des Bürgschaftsvertrages nach § 280 BGB sei den Beklagten nicht vorzuwerfen. Bei der Verrechnung und deren Folgen habe es sich um eine eigene Angelegenheit der Klägerin gehandelt, für die die Beklagten nicht einstehen müssten.
- 3
Gegen dieses Urteil wendet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin. Die Klägerin macht geltend:
- 4
Die Entscheidung des Landgerichts sei fehlerhaft, weil das Landgericht davon ausgehe, dass die Hauptforderung erst zum Zeitpunkt der Zahlung der Klägerin an die Insolvenzverwalterin nach dem verloren gegangenen Prozess um die Insolvenzanfechtung wieder aufgelebt sei. Die Forderung lebe aber mit dieser Zahlung gem. § 144 InsO rückwirkend auf die Zeit vor der Insolvenzeröffnung wieder auf. Sie sei mithin seit Mitte Februar 2003 wieder existent und fällig gewesen, weshalb die Beklagten durch das Zahlungsaufforderungsschreiben der Klägerin vom 25. März 2003 wirksam in Verzug gesetzt worden seien und die Zinsen schon unter dem Gesichtspunkt des § 286 BGB ausgleichen müssten. Für die Prozesskosten gelte nichts anderes. Die Kosten des Anfechtungsprozesses müsse man als Prozesskosten im Hauptsacheverhältnis ansehen, so dass sich die Erstattungsfähigkeit aus § 767 Abs. 2 BGB ergebe. Im Anfechtungsprozess werde im Ergebnis lediglich darüber gestritten, ob die Hauptforderung noch bestehe. Mit negativem Ausgang dieses Verfahrens werde über § 144 InsO festgestellt, dass die Hauptforderung zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch bestehe.
- 5
Die Beklagten könnten sich nicht mit dem Einwand entlasten, die Klägerin hätte den Anfechtungsprozess nicht führen brauchen und gleich auf Anforderung der Insolvenzverwalterin zahlen können. Die Klägerin habe die Beklagten nämlich durch Schreiben vom 7. Mai 2003 aufgefordert, das Anfechtungsbegehren der Insolvenzverwalterin unstreitig zu stellen. Das hätten diese aber verweigert. Sie könnten sich letztlich jetzt nicht dagegen wehren, mit den Folgen und Kosten ihrer Weigerung konfrontiert zu werden. Die beiden Beklagten seien bis dahin Geschäftsführer der insolventen Hauptschuldnerin gewesen. Nach Treu und Glauben sei es ihre Pflicht gewesen, entweder dem Anfechtungsbegehren der Insolvenzverwalterin zuzustimmen oder nunmehr die Kosten zu tragen. Wenn sie sich seinerzeit anders entschieden hätten, wäre der gesamte Anfechtungsprozess mit dem Verzugsschaden vermieden worden.
- 6
Die Klägerin beantragt,
- 7
die Beklagten zu 1) und 2) gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 13.312,20 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
- 8
Die Beklagten beantragen,
- 9
die Berufung zurückzuweisen.
- 10
Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil. Sie verweisen darauf, dass die Hauptforderung von 39.032,50 € bis zur eigenen Zahlung der Klägerin an die Insolvenzverwaltung am 20. April 2006 beglichen gewesen sei, was die Klägerin den Beklagten selbst mit Schreiben vom 24. Januar 2003 mitgeteilt habe. Deshalb führe die Rückwirkung nach der Regelung des § 144 InsO nicht dazu, dass die Klägerin Anspruch auf Erstattung der von ihr selbst an die Insolvenzverwaltung gezahlten Zinsen habe. In ihrem Abrechnungswerk fehle jedenfalls die eigene Fruchtziehung auf den fraglichen Betrag zwischen Januar 2003 und dem 20. April 2006.
- 11
Die Kosten des Anfechtungsprozesses könne die Klägerin auch nicht mit Rücksicht auf Treu und Glauben verlangen. Sie selbst habe schon im März 2003 erkannt, dass die Anfechtung der Insolvenzverwaltung durchgreife. Dann hätte sie es zu dem Vorprozess nicht kommen lassen dürfen.
II.
- 12
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg, weil das Landgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat.
- 13
Der Senat kann dahinstehen lassen, ob Ansprüche der Klägerin aus den Bürgschaftsverträgen mit den Beklagten schon wegen der - etwa mangels Anfechtungsgrundes nicht wirksam angefochtenen - Entlassung aus der Bürgschaft scheitern, die die Klägerin nach Aufforderung der Beklagten diesen gegenüber mit Schreiben vom 4. Februar 2003 erklärt hat. Denn auch wenn dies nicht der Fall sein sollte, greift die Klagforderung nicht durch.
- 14
1. Für die durch den Rechtsstreit der Klägerin mit der Insolvenzverwalterin über die Insolvenzanfechtung entstandenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten in Höhe von 6.180,21 € müssen die Beklagten bereits deshalb nicht einstehen, weil sich ihre etwa noch bestehende Bürgenverpflichtung auf derartige Kosten jedenfalls nicht erstreckt.
- 15
Allerdings haftet der Bürge nach § 767 Abs. 2 BGB für die dem Gläubiger von dem Hauptschuldner zu ersetzenden Kosten der Rechtsverfolgung. Von dieser Norm erfasst sind sämtliche im Zusammenhang mit der Beitreibung der Hauptschuld anfallenden Rechtsverfolgungskosten. Dazu gehören nach ganz herrschender Meinung aber nicht die Kosten eines Gläubigeranfechtungsprozesses, die Kosten einer von einem Dritten gegen den Gläubiger gewonnenen Interventionsklage oder einer Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO (Münchener Kommentar zum BGB/Habersack, 4. Aufl. 2004, § 767 Rn 9; Sörgel/Mühl, BGB 11. Aufl. 1985, § 767 Rn. 15; Staudinger/Horn, BGB, 13. Aufl. 1997, § 767 Rn. 34 jeweils mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).
- 16
Dem Anfechtungsprozess liegt auch gerade im vorliegenden Fall die eigene Entscheidung der Klägerin als Gläubigerin der Hauptschuldnerin zugrunde, ihre Forderung aus dem eingeräumten und nicht erschöpften Kontokorrentkredit trotz Kenntnis der Insolvenzanmeldung - Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 30. Dezember 2002 - mit den auf dem Firmenkonto eingegangenen Gutschriften aus dem Zeitraum eines Monats vor dem Antrag zu verrechnen (ersichtlich im Wege des Saldoabschlusses zum Jahresende) und sich damit eine inkongruente Deckung i. S. des § 131 Abs. 1 Ziff. 1 InsO zu verschaffen. Indem die Klägerin auf die Insolvenzanfechtung nicht eingegangen ist, hat sie selbst verursacht, dass die Insolvenzverwalterin ein Klagverfahren anstrengen musste. In diesem Verfahren ist entgegen der Auffassung der Berufung nicht über den Bestand der Hauptschuld der L. GmbH - hier also des Kontokorrentkredits, für den sich die Beklagten verbürgt haben - gestritten worden, sondern über die Berechtigung des Verrechnungszugriffs der Klägerin auf die für die Insolvenzschuldnerin eingegangenen Kontogutschriften.
- 17
Allein das Kammergericht hat für eine vergleichbare Situation in einer Entscheidung aus historischer Zeit (OLGZ 34, 81) vertreten, es müsse im Einzelfall geprüft werden, ob es im Interesse einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung gelegen habe, dass sich der Gläubiger auf eine Widerspruchsklage eingelassen habe. Soweit dies der Fall sein sollte, war das Kammergericht entgegen der schon damals herrschenden Meinung offenbar der Auffassung, dass dann die entstandenen Kosten von der Bürgschaftsverpflichtung nach § 767 Abs. 2 BGB erfasst werden sollten.
- 18
Ob dem zu folgen wäre, kann offen bleiben. Im vorliegenden Fall war die Sach- und Rechtslage nämlich nicht problematisch. Im rechtskräftigen Urteil des Anfechtungsprozesses 16 O 34/05 vom 9. März 2006 verweist das Landgericht Lübeck zutreffend auf die unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in ähnlichen Fällen zweifelsfrei vorliegende Inkongruenz der Deckung. Auch die Klägerin selbst hatte ausweislich ihres Schreibens vom 25. März 2003 an die beiden Beklagten bereits lange vor dem Gerichtsverfahren erkannt, dass die Anfechtung durchgriff und nach dortiger rechtlicher Prüfung der von der Insolvenzverwalterin geforderte Betrag zu zahlen war. Wenngleich die Beklagten auf die zweifache Aufforderung der Klägerin, die Anfechtung durch die Insolvenzverwalterin unstreitig zu stellen, nicht eingegangen sind, konnte die Klägerin bei dieser Sach- und Rechtslage keinesfalls davon ausgehen, dass es im Interesse der Beklagten sein würde, sich auf den aussichtslosen Prozess mit der Insolvenzverwalterin einzulassen und diese nicht klaglos zu stellen.
- 19
Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Die Beklagten haben die Klägerin nicht aufgefordert, das Klagverfahren durchzuführen. Es war vielmehr die eigene Entscheidung der Klägerin, zunächst einerseits die Gutschriften trotz der Insolvenzantragstellung mit dem offenen Saldo aus dem Kontokorrentkredit zu verrechnen und später auch nach Aufforderung der Insolvenzverwalterin und eigener rechtlicher Prüfung dem Klagbegehren der Insolvenzverwalterin trotz Erkenntnis der Aussichtslosigkeit dieser Rechtsposition entgegen zu treten.
- 20
2. Der Klägerin steht gegen die Beklagten auch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein Anspruch auf Ersatz der Zinsen zu, die sie auf den fraglichen Verurteilungsbetrag von 39.032,50 € ihrerseits aus dem Gesichtspunkt des Verzuges seit dem 25. April 2003 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz an die Insolvenzverwalterin zahlen musste, nämlich insgesamt in Höhe von 7.197,61 €.
- 21
a. Diese Zinsen (abzgl. gezahlter 65,62 €) möchte die Klägerin gegenüber den Beklagten in erster Linie aus dem Gesichtspunkt des Verzuges geltend machen, weil die Klägerin die Beklagten mit Schreiben vom 25. März 2003 zur Zahlung von 39.032,50 € spätestens bis zum 8. April 2003 aufgefordert und diese Aufforderung dann später mit Schreiben vom 7. Mai 2003 noch einmal wiederholt hatte. Der Berufung ist nur insoweit recht zu geben, als die eigene Forderung der Klägerin gegen die Hauptschuldnerin aus dem Kontokorrentkredit, für die sich die Beklagten verbürgt hatten, mit der Rückzahlung der Gutschriften an die Insolvenzverwalterin nach erfolgreicher Anfechtung gem. § 144 Abs. 1 InsO wieder auflebt, wobei es allgemeiner Meinung entspricht, dass diese Forderung rückwirkend zum Zeitpunkt unmittelbar vor der Insolvenzeröffnung (hier 18.02.2003) in der Form wieder auflebt, in der sie damals bestanden hat (Uhlenbruck/Hirte, InsO, 12. Aufl. 2003, § 144 RdNr. 3 und Münchener Kommentar zur InsO/Kirchhof, § 144 InsO RdNr. 8).
- 22
Würde dann zwar auch die Bürgschaftsforderung wieder rückwirkend aufleben (soweit die Entlassung aus der Bürgschaft nicht wirksam wäre), betrifft dies aber nicht die Forderung aus Verzug und deren Voraussetzungen nach den §§ 286, 288 BGB. Verzug liegt nur dann vor, wenn der Schuldner die Leistung aus einem von ihm zu vertretenden Grund rechtswidrig verzögert, wie sich aus § 286 Abs. 4 BGB ergibt. Den Beklagten kann bereits nicht vorgeworfen werden, auf die fragliche Forderung nach dem Aufforderungsschreiben der Klägerin vom 25.3.2003 nicht gezahlt zu haben, weil zu diesem konkreten Termin die Kreditforderung mangels Zahlung der verrechneten Gutschriften an die Insolvenzverwalterin (durch die Klägerin) nicht bestand und damit ebenso wenig die Bürgschaftsforderung. Dies beruht auf der eigenen Entscheidung der Klägerin, die Verrechnung im Wege des Saldoabschlusses vorzunehmen und ihrerseits trotz der Insolvenzanfechtung die einbehaltenen Beträge nicht an die Insolvenzverwalterin auszuzahlen. Mag durch die Jahre später erfolgte Zahlung der Klägerin nach der Verurteilung in dem Prozess über die Insolvenzanfechtung die Forderung auch rückwirkend wieder entstanden sein (§ 144 I InsO) - und damit mittelbar auch die Bürgschaftsforderung -, kann dies doch nicht für die davon zu trennenden Voraussetzungen eines Verzuges mit der Begleichung der Bürgschaftsforderung gelten. Dies Ergebnis ist auch nicht unbillig, denn die Klägerin konnte ihrerseits - worauf die Beklagten in der Berufungserwiderung zu Recht hinweisen - für den Zeitraum von rund drei Jahren, wo sie aufgrund eigener Entscheidung die Gutschriften nicht freigegeben hat, die Früchte ziehen.
- 23
b. Die Beklagten schulden der Klägerin den fraglichen Zinsbetrag auch nicht unabhängig von eigenem Verzug unter dem Gesichtspunkt der Verzinsung der rückwirkend wieder entstandenen Hauptforderung aus Kontokorrentkredit. Zwar haben sich die Beklagten für diese Kreditforderung verbürgt und dürfte die Bürgschaftsverpflichtung auch dahin auszulegen sein, dass sie die Nebenforderungen aus dem Kreditvertrag - nämlich die Zinsen auf den Kontokorrentkredit - erfasst (vgl. dazu Staudinger/Horn aaO. § 765 Rn 40 f). Jedoch geht es hier um Zinsen, die erst ab dem 25. April 2003 angefallen sind. Dafür haften die Beklagten unter dem Gesichtspunkt ihrer Bürgenverpflichtung deshalb nicht, weil sie die Bürgschaft mit ihren Schreiben vom 21. Januar 2003 wirksam gekündigt haben.
- 24
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Bürge, der es auf unbestimmte Zeit übernimmt, für den einem Dritten eröffneten Kredit einzustehen, nach Treu und Glauben das Recht, die Bürgschaft nach Ablauf eines gewissen Zeitraums oder bei Eintritt besonders wichtiger Umstände mit der Wirkung zu kündigen, dass die Bürgschaft sich auf die Verbindlichkeiten beschränkt, die im Zeitpunkt der Kündigung bereits begründet waren (BGH NJW 1985, 3007). Das gilt gerade auch bei erheblicher Verschlechterung der Vermögenslage des Hauptschuldners (BGH NJW-RR 1993, 944; Palandt/Sprau, aaO., § 765 Rn 16 mwN). Durch die Insolvenzantragstellung wird deutlich, dass hier eine derartige erhebliche Verschlechterung der Vermögenslage der L. GmbH eingetreten war. Die Kündigung erfasst ersichtlich nicht die bereits entstandenen Verbindlichkeiten - offener Kreditbetrag einschl. aufgelaufener Zinsen -, wohl aber die in Zukunft entstehenden Zinsforderungen.
- 25
3. Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,
- 1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder - 2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.
(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.
(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.
(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die weitergehende Revision des Klägers wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Schuldnerin nahm vor Stellung eines Eigenantrags bei der beklagten Sparkasse ungekündigten Überziehungskredit in Anspruch, dessen Betragsgrenze bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 28. November 2005 nicht überschritten wurde. Im dritten Monat vor der Antragstellung verringerte sich die Überziehung um 5.862,02 €, im zweiten Monat um weitere 62.374,88 €, im letzten Monat erhöhte sie sich wieder um 63.185,33 €. Mit seiner Klage verlangt der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin den Rückführungs- betrag des Überziehungskredits aus dem zweiten und dritten Monat vor Antragsstellung von zusammen 68.236,90 € nebst Zinsen zur Masse.
- 2
- Mit diesem Antrag ist der Kläger in beiden Tatsacheninstanzen unterlegen. Eingeschlossen darin war der Betrag von 5.051,57 €, der bei Insolvenzeröffnung als Kreditrückführung verblieb. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag mit Haupt- und Hilfsbegründung weiter.
Entscheidungsgründe:
- 3
- Die Revision ist nur zum kleineren Teil begründet und die Sache in diesem Umfang noch nicht zur Endentscheidung reif.
I.
- 4
- Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in ZInsO 2010, 1287 ff (mit Anmerkung Stiller, aaO 2011, 87 f) abgedruckt ist, hat angenommen, die von der Beklagten vorgenommenen Verrechnungen im Bankkontokorrent seien kongruent und als Bargeschäft der Anfechtung entzogen. Anders liege es nur bei dem Betrag von 5.051,57 €, um den das Kontokorrent innerhalb der gesetzlichen Dreimonatsfrist insgesamt zurückgeführt worden sei. Dieser Hilfsanspruch sei mit der Klage aber nicht erhoben worden. Dagegen wendet sich die Revision mit Sach- und Verfahrensrügen. Mit Ausnahme des letztgenannten Punktes hat sie keinen Erfolg.
II.
- 5
- Mit zutreffender Begründung hat das Berufungsgericht die Einstellung der Gutschriften in das Sparkassenkontokorrent und die Verrechnungen der Beklagten innerhalb des Kontokorrents nicht als nach § 131 Abs. 1 InsO inkongruent gewertet.
- 6
- 1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die bankmäßige Verrechnung von Gutschriften im ungekündigten Kontokorrent mit Überziehungskredit insoweit kongruent, als die Bank erneute Verfügungen des Schuldners über diese Deckungsmasse zugelassen hat. Die Kongruenzfrage kann hierbei innerhalb des Anfechtungszeitraums für den gleichen Betrag nur einheitlich beantwortet werden (BGH, Urteil vom 7. März 2002 - IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122, 133 letzter Absatz der Entscheidung; Beschluss vom 6. April 2006 - IX ZR 107/05, juris Rn. 9; Urteil vom 15. November 2007 - IX ZR 212/06, NZI 2008, 184 Rn. 17; zur Möglichkeit betragsmäßiger Abspaltungen siehe auch Kayser, FS Gero Fischer 2008 S. 267, 275). Demgegenüber führt die Verrechnung in kritischer Zeit eingehender Zahlungen, denen keine Belastungsbuchungen gegenüberstehen, bei ungekündigtem Überziehungskredit wegen der damit verbundenen Kredittilgung zu einer inkongruenten Deckung, weil die Erfüllung des Rückzahlungsanspruchs noch nicht verlangt werden kann (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 - IX ZR 195/04, NZI 2008, 175 Rn. 6; vom 7. Mai 2009 - IX ZR 140/08, NZI 2009, 436 Rn. 8 f.).
- 7
- 2. Von den genannten Grundsätzen geht auch die Revision aus. Sie beanstandet indes, als Anfechtungszeitraum im Sinne dieser Rechtsprechung sei entgegen der Meinung des Berufungsgerichts nicht der gesetzliche Zeitrahmen der besonderen Insolvenzanfechtung zu verstehen, sondern die zeitlichen Grenzen der Anfechtungstatbestände des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO einerseits - der letzte Monat vor der Antragstellung und die Zeit danach - und der § 131 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO andererseits - der zweite und dritte Monate vor dem Eröffnungsantrag. Das ist rechtlich nicht richtig.
- 8
- 3. Der Senat hat allerdings für die Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO die Prüfung der Gläubigerbenachteiligung und der Kongruenz der sie bewirkenden Kontokorrentverrechnungen auf den hier maßgebenden Handlungszeitraum - den letzten Monat vor der Antragstellung oder die Zeit danach - beschränkt (BGH, Urteil vom 15. November 2007 aaO Rn. 17). Denn eine vorangegangene Rechtshandlung oder Gläubigerbenachteiligung ist für diesen Anfechtungstatbestand ohne Bedeutung. Werden Rechtshandlungen dagegen nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 InsO angefochten, kann eine drohende Inkongruenz von Verrechnungen durch die Weiterentwicklung des Kontokorrents im letzten Monat vor der Antragstellung oder danach noch behoben werden. Eine Gläubigerbenachteiligung wäre nicht mehr gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 oder 3, § 143 Abs. 1 InsO wegen inkongruenter Deckung zu beseitigen, wenn das Kontokorrent zur Zeit der Kündigung oder der Verfahrenseröffnung einen ebenso hohen oder höheren Schuldsaldo aufgewiesen hätte wie zu Beginn des Anfechtungszeitraums. Bis dahin fehlt es für die Kongruenzprüfung an einem abgeschlossenen Gläubigerverhalten. Die Frage des Bargeschäfts nach § 142 InsO und der hierbei vorausgesetzte zeitliche Zusammenhang der Kontobewegungen spielt für die Kongruenzbeurteilung keine Rolle. Denn das Bargeschäft ist erst zu prüfen, wenn es auf die Gläubigerbenachteiligung einer kongruenten Deckung ankommt. Ein Analogieschluss, die zeitliche Deckung müsse sich in den Fällen des § 131 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO genauso ergeben wie nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO, widerspricht dem Sinn des Gesetzes.
- 9
- Das Berufungsgericht hat richtig erkannt, dass die von Klage und Revision vertretene Gesetzesauslegung willkürlichen Ergebnissen Tür und Tor öffnen würde. Ebenso wie der höchste zwischenzeitliche Sollstand bei der besonderen Insolvenzanfechtung von Verrechnungen im Bankenkontokorrent innerhalb des Anfechtungszeitraums außer Betracht zu bleiben hat (BGH, Urteil vom 15. November 2007 aaO Rn. 16 f.; Beschluss vom 27. März 2008 - IX ZR 29/07, juris Rn. 4), so gilt dies auch für den niedrigsten erreichten Zwischenstand.
- 10
- 4. Weil die Beklagte in Höhe von 63.185,33 € eine kongruente Deckung erlangt hat, ist die allein auf § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO gestützte Klage, Voraussetzungen des § 130 InsO sind nicht vorgetragen, in diesem Umfang nebst der darauf entfallenden Zinsen unbegründet.
III.
- 11
- Fehlerhaft ist das Berufungsurteil, soweit es die Klage darüber hinaus in vollem Umfang abgewiesen hat, weil der Kläger angeblich die inkongruente Kreditrückführung von 5.051,57 € innerhalb des Anfechtungszeitraums nicht geltend gemacht habe. Das Landgericht hat diese Hilfsbegründung als Hilfsanspruch auch wegen Verjährung nach § 146 InsO abgewiesen. Beides trifft nicht zu.
- 12
- Ein selbständig verjährender Hilfsanspruch in Höhe von 5.051,57 € liegt schon deshalb nicht vor, weil er nicht auf die Beseitigung einer anderen Gläubigerbenachteiligung gerichtet ist als die vom Kläger sonst erstrebte Verurteilung. Da insoweit die nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO zur Schlüssigkeit führenden Tatsachen vorgetragen sind, ist die Klage auch hierauf gestützt. In der Sache selbst ist der Rechtsstreit in diesem Umfang noch nicht spruchreif, weil Feststellungen zur streitigen Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin im Anfechtungszeitraum fehlen.
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 19.06.2009 - 3 O 510/08 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 27.05.2010 - 2 U 907/09 -
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
- 1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, - 2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder - 3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.
(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die weitergehende Revision des Klägers wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Schuldnerin nahm vor Stellung eines Eigenantrags bei der beklagten Sparkasse ungekündigten Überziehungskredit in Anspruch, dessen Betragsgrenze bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 28. November 2005 nicht überschritten wurde. Im dritten Monat vor der Antragstellung verringerte sich die Überziehung um 5.862,02 €, im zweiten Monat um weitere 62.374,88 €, im letzten Monat erhöhte sie sich wieder um 63.185,33 €. Mit seiner Klage verlangt der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin den Rückführungs- betrag des Überziehungskredits aus dem zweiten und dritten Monat vor Antragsstellung von zusammen 68.236,90 € nebst Zinsen zur Masse.
- 2
- Mit diesem Antrag ist der Kläger in beiden Tatsacheninstanzen unterlegen. Eingeschlossen darin war der Betrag von 5.051,57 €, der bei Insolvenzeröffnung als Kreditrückführung verblieb. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag mit Haupt- und Hilfsbegründung weiter.
Entscheidungsgründe:
- 3
- Die Revision ist nur zum kleineren Teil begründet und die Sache in diesem Umfang noch nicht zur Endentscheidung reif.
I.
- 4
- Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in ZInsO 2010, 1287 ff (mit Anmerkung Stiller, aaO 2011, 87 f) abgedruckt ist, hat angenommen, die von der Beklagten vorgenommenen Verrechnungen im Bankkontokorrent seien kongruent und als Bargeschäft der Anfechtung entzogen. Anders liege es nur bei dem Betrag von 5.051,57 €, um den das Kontokorrent innerhalb der gesetzlichen Dreimonatsfrist insgesamt zurückgeführt worden sei. Dieser Hilfsanspruch sei mit der Klage aber nicht erhoben worden. Dagegen wendet sich die Revision mit Sach- und Verfahrensrügen. Mit Ausnahme des letztgenannten Punktes hat sie keinen Erfolg.
II.
- 5
- Mit zutreffender Begründung hat das Berufungsgericht die Einstellung der Gutschriften in das Sparkassenkontokorrent und die Verrechnungen der Beklagten innerhalb des Kontokorrents nicht als nach § 131 Abs. 1 InsO inkongruent gewertet.
- 6
- 1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die bankmäßige Verrechnung von Gutschriften im ungekündigten Kontokorrent mit Überziehungskredit insoweit kongruent, als die Bank erneute Verfügungen des Schuldners über diese Deckungsmasse zugelassen hat. Die Kongruenzfrage kann hierbei innerhalb des Anfechtungszeitraums für den gleichen Betrag nur einheitlich beantwortet werden (BGH, Urteil vom 7. März 2002 - IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122, 133 letzter Absatz der Entscheidung; Beschluss vom 6. April 2006 - IX ZR 107/05, juris Rn. 9; Urteil vom 15. November 2007 - IX ZR 212/06, NZI 2008, 184 Rn. 17; zur Möglichkeit betragsmäßiger Abspaltungen siehe auch Kayser, FS Gero Fischer 2008 S. 267, 275). Demgegenüber führt die Verrechnung in kritischer Zeit eingehender Zahlungen, denen keine Belastungsbuchungen gegenüberstehen, bei ungekündigtem Überziehungskredit wegen der damit verbundenen Kredittilgung zu einer inkongruenten Deckung, weil die Erfüllung des Rückzahlungsanspruchs noch nicht verlangt werden kann (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 - IX ZR 195/04, NZI 2008, 175 Rn. 6; vom 7. Mai 2009 - IX ZR 140/08, NZI 2009, 436 Rn. 8 f.).
- 7
- 2. Von den genannten Grundsätzen geht auch die Revision aus. Sie beanstandet indes, als Anfechtungszeitraum im Sinne dieser Rechtsprechung sei entgegen der Meinung des Berufungsgerichts nicht der gesetzliche Zeitrahmen der besonderen Insolvenzanfechtung zu verstehen, sondern die zeitlichen Grenzen der Anfechtungstatbestände des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO einerseits - der letzte Monat vor der Antragstellung und die Zeit danach - und der § 131 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO andererseits - der zweite und dritte Monate vor dem Eröffnungsantrag. Das ist rechtlich nicht richtig.
- 8
- 3. Der Senat hat allerdings für die Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO die Prüfung der Gläubigerbenachteiligung und der Kongruenz der sie bewirkenden Kontokorrentverrechnungen auf den hier maßgebenden Handlungszeitraum - den letzten Monat vor der Antragstellung oder die Zeit danach - beschränkt (BGH, Urteil vom 15. November 2007 aaO Rn. 17). Denn eine vorangegangene Rechtshandlung oder Gläubigerbenachteiligung ist für diesen Anfechtungstatbestand ohne Bedeutung. Werden Rechtshandlungen dagegen nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 InsO angefochten, kann eine drohende Inkongruenz von Verrechnungen durch die Weiterentwicklung des Kontokorrents im letzten Monat vor der Antragstellung oder danach noch behoben werden. Eine Gläubigerbenachteiligung wäre nicht mehr gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 oder 3, § 143 Abs. 1 InsO wegen inkongruenter Deckung zu beseitigen, wenn das Kontokorrent zur Zeit der Kündigung oder der Verfahrenseröffnung einen ebenso hohen oder höheren Schuldsaldo aufgewiesen hätte wie zu Beginn des Anfechtungszeitraums. Bis dahin fehlt es für die Kongruenzprüfung an einem abgeschlossenen Gläubigerverhalten. Die Frage des Bargeschäfts nach § 142 InsO und der hierbei vorausgesetzte zeitliche Zusammenhang der Kontobewegungen spielt für die Kongruenzbeurteilung keine Rolle. Denn das Bargeschäft ist erst zu prüfen, wenn es auf die Gläubigerbenachteiligung einer kongruenten Deckung ankommt. Ein Analogieschluss, die zeitliche Deckung müsse sich in den Fällen des § 131 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO genauso ergeben wie nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO, widerspricht dem Sinn des Gesetzes.
- 9
- Das Berufungsgericht hat richtig erkannt, dass die von Klage und Revision vertretene Gesetzesauslegung willkürlichen Ergebnissen Tür und Tor öffnen würde. Ebenso wie der höchste zwischenzeitliche Sollstand bei der besonderen Insolvenzanfechtung von Verrechnungen im Bankenkontokorrent innerhalb des Anfechtungszeitraums außer Betracht zu bleiben hat (BGH, Urteil vom 15. November 2007 aaO Rn. 16 f.; Beschluss vom 27. März 2008 - IX ZR 29/07, juris Rn. 4), so gilt dies auch für den niedrigsten erreichten Zwischenstand.
- 10
- 4. Weil die Beklagte in Höhe von 63.185,33 € eine kongruente Deckung erlangt hat, ist die allein auf § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO gestützte Klage, Voraussetzungen des § 130 InsO sind nicht vorgetragen, in diesem Umfang nebst der darauf entfallenden Zinsen unbegründet.
III.
- 11
- Fehlerhaft ist das Berufungsurteil, soweit es die Klage darüber hinaus in vollem Umfang abgewiesen hat, weil der Kläger angeblich die inkongruente Kreditrückführung von 5.051,57 € innerhalb des Anfechtungszeitraums nicht geltend gemacht habe. Das Landgericht hat diese Hilfsbegründung als Hilfsanspruch auch wegen Verjährung nach § 146 InsO abgewiesen. Beides trifft nicht zu.
- 12
- Ein selbständig verjährender Hilfsanspruch in Höhe von 5.051,57 € liegt schon deshalb nicht vor, weil er nicht auf die Beseitigung einer anderen Gläubigerbenachteiligung gerichtet ist als die vom Kläger sonst erstrebte Verurteilung. Da insoweit die nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO zur Schlüssigkeit führenden Tatsachen vorgetragen sind, ist die Klage auch hierauf gestützt. In der Sache selbst ist der Rechtsstreit in diesem Umfang noch nicht spruchreif, weil Feststellungen zur streitigen Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin im Anfechtungszeitraum fehlen.
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 19.06.2009 - 3 O 510/08 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 27.05.2010 - 2 U 907/09 -
(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.
(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.
(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.