Landgericht Rostock Urteil, 15. Nov. 2010 - 9 O 174/10

bei uns veröffentlicht am15.11.2010

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Tatbestand

1

Die Kläger machen Reisemängel geltend.

2

Die Kläger haben mit der Beklagten einen Reisevertrag geschlossen. Dieser beinhaltete eine Pauschalreise in Form einer Karibikkreuzfahrt auf der A. in der Zeit vom 26.12.2009 bis zum 9.1.2010. Die Buchung der Kläger bezog sich auf den Aufenthalt in einer Premium-Suite SB (Kabine 7.). Hierbei handelt es sich um eine hochwertige Kategorie von Kabinen auf dem von der Beklagten betriebenen Kreuzfahrtschiff, die sich im Bugbereich des 7. Decks befinden und über separate Sonnendecks verfügen. Für den Aufenthalt auf dem Kreuzfahrtschiff der A. war ein Reisepreis von 5085 € pro Person von den Klägern zu zahlen; insgesamt, das heißt mit An- und Abreise, belief sich der Reisepreis auf 14.392 €.

3

Die Kläger bezogen am 26.12.2009 die Kabine 7. auf der A.. Unterhalb des zur Kabine gehörenden Sonnendecks befindet sich auf Deck 6 ein Lufteinzug (ca. 1,5 m²) zum Betreiben der Lüftungsanlagen. Am 27.12.2009 trugen die Kläger an der Rezeption des Kreuzfahrtschiffes eine Beschwerde über den Geräuschpegel in der Suite 7. vor. Durch Mitarbeiter der Beklagten wurde der Geräuschpegel in der Kabine der Kläger geprüft. Da eine gleichwertige Kabine beziehungsweise eine Balkonkabine nicht verfügbar war, wurde den Klägern die Außenkabine 5. ohne Balkon angeboten, die von diesen jedoch abgelehnt wurde. Die Kläger bemühten sich daraufhin selbstständig um den Tausch ihrer Kabine und führten diesen noch am 27.12.2009 durch. In der Zeit vom 20.12.2009 bis zum 9.1.2010 bewohnten die Kläger sodann die Außenkabine mit Balkon 7..

4

Mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 4.2.2010 erfolgte eine schriftliche Geltendmachung von Reisemängeln gegenüber der Beklagten.

5

Die Kläger behaupten, die von ihnen in gebuchte Premium-Suite SB 7. sei aufgrund einer unerträglichen Geräuschbelästigung durch die Lüftungsanlage nicht nutzbar gewesen. Eine Nachtruhe sei nicht möglich gewesen, da die Geräusche auch bei geschlossenem Fenster erheblich laut gewesen seien. Zudem seien die Geräusche durch eine Art Schalltrichter, verursacht durch die Bauart der Terrasse, noch verstärkt worden.

6

Die Kläger tragen vor, dass die Mitarbeiter der Beklagten die Geräuschbelästigung bei Prüfung bestätigt hätten. Es sei von Seiten der Beklagten jedoch keine Reaktion auf die Beschwerde vom 27.12.2009 erfolgt. Die Kläger behaupten, der Klägerin zu 1. sei ein Schlafen mit Ohrstöpseln nicht möglich, da diese bei ihr starke Kopfschmerzen verursachen würden und eine Nachtruhe so nicht gewährleistet sei. In den Reiseunterlagen beziehungsweise den Prospekten der Beklagten (Anlage 4, Bl. 17 d.A.) befinde sich zudem kein spezieller Hinweis auf eine Geräuschbelästigung im Hinblick auf die Premium-Suite SB. Vielmehr sei aufgrund der exponierten Lage der Kabine am Bug des Schiffes gerade keine besondere Geräuschbeeinträchtigungen zu erwarten gewesen. Aufgrund des Begriffes „Premium“ sei offenkundig ein ganz besonderer Komfort angepriesen worden, die neben einer besonders komfortablen Ausstattung auch eine entsprechende Abschirmung vor Lärmquellen habe erwarten lassen.

7

Die Kläger vertreten die Auffassung, dass es sich bei der Geräuschbelästigung um einen Reisemangel handelt, der eine Reisepreisminderung in Höhe von 50 % rechtfertige.

8

Die Kläger beantragen,

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1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1. einem Betrag von 3046,50 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.2.2010, sowie an den Kläger zu 2. einem Betrag von 3046,50 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.2.2010 zu zahlen,

10

2. die Beklagte zu verurteilen, außergerichtliche Kosten für die Beiziehung eines Rechtsanwalts in Höhe von 625,30 € zu erstatten.

11

Die Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Die Beklagte trägt vor, dass es sich bei den von den Klägern bemängelten Geräuschen um typische Schiffsgeräusche handele, die ein Reisender hinzunehmen habe. Eine Bestätigung einer unerträglichen Geräuschbelästigung durch Mitarbeiter der Beklagten sei nicht erfolgt. Die Beklagte habe sich auch um einen Kabinenwechsel bemüht, der von den Klägern jedoch abgelehnt worden sei. Eine Überprüfung habe ergeben, dass auch bisher noch keine Beschwerden über die betreffende Kabine 7. vorgelegen hätten. Die entsprechenden Hinweis im Reisekatalog der Beklagten würden eine Geräuschbelästigung in der Premium-Suite SB gerade nicht ausschließen, da sich Aggregate auf dem gesamten Schiff befinden würden.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien zu den Akten gelangten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.

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Die Kläger haben in gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Minderung des Reisepreises gemäß §§ 651 a, 651 d Abs. 1, 651 c. Abs. 1 BGB.

17

Die Kläger haben in die erforderliche Mängelanzeige bereits am 27. 12. 2009 an der Rezeption des Kreuzfahrtschiffes A. der Beklagten erstattet. Ebenso haben die Kläger den Anspruch auf Reisepreisminderung mit Schriftsatz vom 4.2.2010 fristgerecht gemäß § 641 g BGB geltend gemacht. Das Gericht konnte den er für eine Reisepreisminderung gemäß § 651 d Abs. 1 BGB erforderlichen Reisemangel vorliegend jedoch nicht feststellen. Ein Reisemangel ist gemäß § 651 c Abs. 1 BGB ist dann gegeben, wenn die Reise mit einem Fehler behaftet ist, der den mit der Reise bezweckten Nutzen beeinträchtigt oder wenn die Reise nicht die zugesicherte Eigenschaft besitzt. Die Soll-Beschaffenheit und somit der Leistungsinhalt einer Reise wird regelmäßig durch den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkennbar geltenden, vom Veranstalter herausgegebenen Prospekt bestimmt, sowie durch die Reisebestätigung. Eine übermäßige Lärmbelästigung kann grundsätzlich einen Reisemangel darstellen. Diese muss jedoch im allgemeinen hingenommen werden, wenn sie das zumutbare und üblicherweise zu erwartende Maß nicht übersteigt oder wenn - wie hier von der Beklagten dargelegt - im Reiseprospekt darauf hingewiesen wird.

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Vorliegend ist die von den Klägern geltend gemachte "erhebliche" und "unerträgliche" Lärmbelästigung bereits nicht genügend substantiiert, um hierauf eine entsprechende Reisepreisminderung zu stützen. Zwar haben die Kläger hier vorgetragen, dass die durch den Betrieb der - durchgehend 24 h täglich - laufenden Lüftungsanlage verursachten Geräusche sich über den Fußboden in die Premium-Suite SB übertragen hätten und dass darüber hinaus die erheblichen Geräusche über die Terrasse auch bei geschlossenen Fenstern zu hören seien, offenbar sei hier eine Art Schalltrichter vorhanden, der die durch die Lüftungsanlage entstehenden Geräusche verstärke und weiterleite. Die Kläger haben es jedoch versäumt, die von ihnen bemängelte Geräuschbelästigung in irgendeiner Art und Weise nachvollziehbar zu quantifizieren. Zwar soll von den Klägern insofern nicht verlangt werden, hier objektive Messwerte (zum Beispiel Geräuschpegelmessungen in Dezibel) vorzutragen, es sollten jedoch zumindest objektiv nachvollziehbare Angaben dazu erfolgen, welche Qualität die geltend gemachten Geräuschbelästigungen gehabt haben sollen. Es wäre hier zum Beispiel denkbar, bestimmte Vibrationen/Erschütterungen zu beschreiben oder Geräuschbeeinträchtigungen auf andere, objektiv einschätzbare Geräuschquellen vergleichend zu beziehen (zum Beispiel dass Gespräche in Zimmerlautstärke bei offenen/geschlossenen Fenstern nicht möglich gewesen wäre). Die Kläger haben jedoch nichts dergleichen vorgetragen. Dies führt dazu, dass die Intensität der von den Klägern geltend gemachten Geräuschbelästigungen für das Gericht nicht nachvollziehbar ist. Die Kläger haben auch kein entsprechendes Beweisangebot (Zeugenbeweis bzw. Sachverständigengutachten) unterbreitet. Allein auf den Vortrag der Kläger, es habe sich um eine subjektiv "erhebliche" Geräuschbeeinträchtigung gehandelt, eine geordnete Nachtruhe sei für die Klägerin zu 1. ohne Ohrstöpsel - die sie nicht vertrage - nicht gewährleistet gewesen, vermag das Gericht die Feststellung einer entsprechenden Reisepreisminderung nicht zu stützen.

19

Es kommt hinzu, dass unter Berücksichtigung des Reisekataloges der Beklagten, der allgemeine Informationen und Hinweise zu den Kabinen auf den Aida-Kreuzfahrtschiffen enthält, die von den Klägern geltend gemachten Geräuschbeeinträchtigungen hinzunehmen sind. Es heißt dort zum Punkt Kabinen (Anlage 4 zur Klageschrift vom 9.4.2010, Blatt 17 der Akten) u.a.:

20

"Wir möchten darauf hinweisen, dass die Wahrnehmung von Motorengeräuschen an einigen Stellen auf dem Schiff unvermeidbar ist. "

21

Unter dem Begriff der "Motorengeräusche" sind hier bei modernen Kreuzfahrtschiffen auch die für die Versorgung und den Komfort der Passagiere erforderlichen Anlagen zu verstehen, soweit diese mit Motoren betrieben werden. Hierunter fallen insbesondere auch Klima- und Lüftungsanlagen, die erwartungsgemäß insbesondere bei einer Karibikkreuzfahrt, das heißt bei subtropischen Temperaturen, möglicherweise rund um die Uhr laufen, um den Passagieren den gewünschten Komfort zu bieten. Dass die Grenze der Zumutbarkeit von Geräuschbeeinträchtigungen vorliegend überschritten wurde, ist indes weder substantiiert dargelegt noch bewiesen.

22

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die von den Klägern gebuchte Kabine als "Premium-Suite SB" bezeichnet wird. Diese Bezeichnung rechtfertigt sich vorliegend insbesondere aus der Größe der Kabine, dem großzügigen Platzangebot und dem separaten Sonnendeck in exponierter Buglage. Dass diese Kabinen von der Beklagten als besonders ruhig oder lärmgeschützt beschrieben worden sind, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

23

Folglich könne die Kläger vorliegend keine Minderung des Reisepreises verlangen. Aufgrund des nicht vorhandenen Reisemangels besteht auch kein Anspruch auf Schadensersatz für aufgewendete und nutzlose Urlaubszeit gemäß § 651 f Abs. 2 BGB. Ein Verzugsschaden wegen aufgewandter vorgerichtlicher Anwaltskosten kann ebenfalls nicht geltend gemacht werden. Die Klage war abzuweisen.

24

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Landgericht Rostock Urteil, 15. Nov. 2010 - 9 O 174/10

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Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um
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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.