Landgericht Schwerin Urteil, 28. Nov. 2008 - 6 S 100/08

bei uns veröffentlicht am28.11.2008

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Schwerin vom 11.07.2008 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung oder Hinterlegung von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in dieser Höhe leistet.

4. Der Streitwert für die Berufung wird auf 2.666,71 Euro festgesetzt.

5. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Der Kläger ist Insolvenzverwalter, die Beklagte eine gesetzliche Krankenkasse.

2

Die Parteien streiten um die Rechtsfrage, ob § 28 e Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der seit 01.01.2008 geltenden Fassung im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers die Anfechtung hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile gegenüber den Sozialkassen ausschließt (so die Beklagte) oder nicht (so der Kläger).

3

Die Beklagte hat vorprozessual die Hälfte eines im Wege der Zwangsvollstreckung von der  Insolvenzschuldnerin eingezogenen Betrages als Arbeitgeberanteile an den Kläger ausgezahlt. Die Parteien streiten um den Restbetrag, nämlich die Arbeitnehmeranteile i.H.v. 2.666,71 Euro.

4

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

5

Der Kläger meint, diese Arbeitnehmeranteile gehörten zum pfändbaren Vermögen der Insolvenzschuldnerin und hätten daher von der Beklagten nicht im Wege der Zwangsvollstreckung eingezogen werden dürfen. Es handele sich um eine anfechtbare inkongruente Rechtshandlung innerhalb eines Monats vor Insolvenzantrag gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO.

6

Erstinstanzlich hat die Beklagte die Erstattung der Arbeitnehmeranteile mit der Begründung verweigert, § 28 e Abs. 1 Satz 2 SGB IV stünde der Anfechtung entgegen, weil es sich bei den Arbeitnehmerbeiträgen um Vermögen des Beschäftigten und nicht des Arbeitgebers, also der Insolvenzschuldnerin handele. Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich, dass der "Besitzstand" des Arbeitnehmers im Fall der Insolvenz seines Arbeitgebers gewahrt werden solle.

7

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 2.666,71 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.04.2008 (Rechtshängigkeit) verurteilt.

8

Der Kläger sei zur Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO berechtigt. Er habe durch Vorlage von Kontoauszügen nachgewiesen, dass die Zahlung an die Beklagte aus dem Guthaben der Schuldnerin vorgenommen wurde. Das Guthaben und der daraus folgende Auszahlungsanspruch der Schuldnerin gehörten noch zum pfändbaren Vermögen. § 28 e Abs. 1 Satz 2 SGB IV stünde der Anfechtung nicht entgegen. Der Bundesgerichtshof habe am 27.03.2008 ausdrücklich entschieden, dass § 28 e Abs. 1 Satz 2 SGB IV nicht lediglich eine Klarstellung, sondern eine Rechtsänderung bewirkt habe. Ob die Neuregelung die nach dem bisherigen Recht entstandenen Anfechtungsrechte beseitigen wollte, habe der Bundesgerichtshof indessen ausdrücklich offengelassen. Der Wortlaut der Regelung stelle auf eine "Zahlung" ab, vorliegend sei der Zahlung jedoch eine selbständig anfechtbare und vom Kläger angefochtene Rechtshandlung der Beklagten, nämlich die Pfändung und Einziehung der Kontoforderung gegen die Bank vorausgegangen. Nach dem Gesetzeswortlaut mache es einen Unterschied, ob die Auskehrung aufgrund einer freiwilligen Leistung des Arbeitgebers oder - wie hier - im Rahmen einer Pfändungs- und Überweisungsverfügung bewirkt werde.

9

Der aus der Gesetzesbegründung abzuleitende Sinn und Zweck der Norm gebiete keine andere Auslegung in einem für die Beklagte günstigen Sinne. Nach der Gesetzesbegründung solle die gesetzliche Regelung klarstellen, dass der vom Beschäftigten zu tragende und vom Arbeitgeber einbehaltene Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag dem Vermögen des Beschäftigten zugehörig sei. Es gehe ausdrücklich um die "Besitzstandswahrung" des Arbeitnehmers gegenüber dem Sozialversicherungsträger, nicht um Sonderrechte des Sozialversicherungsträgers im Insolvenzverfahren, die bereits seit längerer Zeit abgeschafft worden seien. Diese "Besitzstandswahrung" werde durch die gesetzliche Fiktion ("gilt") erreicht, dass der Beitrag als vom Arbeitnehmer erbracht anzusehen sei. Durch die Anordnung dieser Fiktion wolle der Gesetzgeber offensichtlich verhindern, dass der Sozialversicherungsträger gegenüber Ansprüchen des Arbeitnehmers einwenden könnte, sein Beitragsanteil sei nicht erbracht. Dieser Einwand werde durch § 28 e Abs. 1 Satz 2 SGB IV abgeschnitten, und zwar ohne jegliche Einschränkung, etwa dergestalt, dass es darauf ankäme, ob der Sozialversicherungsträger die erhaltene Zahlung letztlich behalten dürfe oder ggf. an den Insolvenzverwalter zurückgeben müsse.

10

Die Beklagte hat Berufung eingelegt mit dem Ziel der Klagabweisung.

11

Sie meint, es handele sich um eine nur nach § 130 InsO (kongruente Deckung) anfechtbare Verrechnung, die Anfechtungsvoraussetzungen der Zahlungsunfähigkeit und der positiven Kenntnis des Gläubigers davon seien nicht erfüllt. Auch die Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 131 InsO lägen nicht vor, weil weder bei Zustellung der Pfändungsverfügung noch bei Überweisung des Betrages Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin vorgelegen habe.

12

Die Anfechtung scheitere jedenfalls daran, dass es sich bei den Arbeitnehmeranteilen nicht um Vermögenswerte der Schuldnerin handele. Die Beklagte hält an ihrer Rechtsauffassung fest, wonach der Gesetzgeber durch § 28 e Abs. 1 Satz 2 SGB IV n.F. die Anfechtbarkeit der Arbeitnehmeranteile aus den Sozialversicherungsbeiträgen in der Insolvenz des Arbeitgebers ausschließen wollte. Dies habe das Amtsgericht nicht berücksichtigt. Der Gesetzgeber habe weder Grund noch Motivation für die vom Amtsgericht vertretene Auffassung, wonach mit der Fiktion des § 28 e Abs. 1 Satz 2 SGB IV dieser verhindern, dass der Sozialversicherungsträger gegenüber Ansprüchen des Arbeitnehmers einwenden könnte, sein Beitragsanteil sei nicht erbracht. Der Bundesgerichtshof habe in seinem Beschluss vom 27.03.2008 ausdrücklich festgestellt, der Gesetzgeber habe eine Anfechtung hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile gegenüber den Sozialkassen im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers, die bisher gegeben war (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 08.12.2005 - IX ZR 182/01 - ZIP 2006, 290, 291) ausschließen wollen.

13

Die Beklagte beantragt,

14

das am 11.07.2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schwerin zum Az.: 17 C 64/08 aufzuheben und die Klage vom 27.03.2008 abzuweisen.

15

Der Kläger beantragt,

16

die Berufung zurückzuweisen.

17

Er verteidigt das angefochtene Urteil und weist darauf hin, es handele sich hier nicht um die Anfechtung einer Verrechnung, sondern um die Anfechtung der Pfändung und Überweisung des Auszahlungsanspruches der Schuldnerin gegen ihre Bank. Deckungen im Wege der Zwangsvollstreckung seien nach einhelliger Rechtsprechung inkongruent, sodass nur § 131 InsO einschlägig sei. Sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO seien erfüllt. Die Rechtsauffassung der Beklagten, wonach § 28 e Abs. 1 Satz 2 SGB IV die Anfechtung nach § 131 InsO ausschließe, sei nicht nachvollziehbar. Die Vorschrift enthalte keine Regelung, die bestimme, dass die vom Träger der Kranken- oder Rentenversicherung gepfändete und zur Einziehung überwiesene Vermögensposition des Arbeitsgebers, soweit sich die Pfändung auf Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung beziehe, als dem Vermögen des Arbeitsnehmers zugehörig gelte. Deshalb gehörten die Arbeitnehmeranteile ausschließlich zum pfändbaren Vermögen der Schuldnerin.

II.

18

Die Berufung ist zulässig, insbesondere in rechter Form und Frist eingelegt.

19

In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

20

Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung gem. §§ 131 Abs. 1 Nr. 1, 143 Abs. 1 InsO i.V.m. §§ 819, 818 Abs. 4, 292 Abs. 1, 989, 990 BGB.

21

Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich hier um die Anfechtung einer inkongruenten Deckung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Die Pfändung und Einziehung des die streitgegenständlichen Arbeitnehmeranteile umfassenden Betrages ist eine selbstständige Rechtshandlung der Beklagten (vgl. BGH, Urteil 21.03.2000, IX ZR 138/99, NJW-RR 2000, 1215, zitiert nach Juris). Die damit einhergehende Sicherung der Beklagten ist im Wege der Zwangsvollstreckung nicht früher als drei Monate vor Stellung des Insolvenzantrages erlangt und daher inkongruent (vgl. dazu BGH, Urteil v. 17.07.2008, IX ZR 203/07, RZ. 4, zitiert nach Juris). Zwischen der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 17.01.2008 und dem Eingang des Insolvenzantrages bei Gericht am 30.01.2008 liegen nur 13 Tage. Auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und die Kenntnis des Gläubigers hiervon kommt es im Falle einer Anfechtung nach § 131 InsO entgegen der Ansicht der Beklagten nicht an.

22

Wie das Amtsgericht geht auch die Kammer davon aus, dass die Vorschrift des - unstreitig in der Neufassung anzuwendenden -  § 28 e Abs. 1 Satz 2 SGB IV der Anfechtung nicht entgegensteht. Die Begründung des Amtsgerichts ist sorgfältig abgewogen und überzeugend. Die Kammer folgt ihr in allen Punkten.

23

Bereits der Wortlaut des § 28 e Abs. 1 Satz 2 SGB IV - "Zahlung" - trägt die Auslegung der Norm dahingehend, dass Sicherungen im Wege der Zwangsvollstreckung nicht erfasst sein sollen.

24

Aber auch der Sinn und Zweck der Neuregelung macht die abweichende Rechtsauffassung der Beklagten nicht zwingend.

25

Zwar hat der Bundesgerichtshof festgestellt - darauf weist die Berufung zu Recht hin -, der Gesetzgeber habe eine Anfechtung hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile gegenüber den Sozialkassen im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers, die bisher gegeben war, ausschließen wollen (BGH, Beschluss v. 27.03.2008, IX ZR 210/07, Rz. 9, zitiert nach Juris).

26

Die Intention des Gesetzgebers, die Arbeitnehmerbeiträge im Insolvenzfall des Arbeitgebers als "Besitzstand des Arbeitnehmers" zu sichern (vgl. BT-Drucksache Nr. 16/6540 S. 18), wird durch die Fiktion in § 28 e Abs. 1 Satz 2 SGB IV aber auch dann erreicht, wenn der Sozialversicherungsträger die bereits eingezogenen Beiträge nicht endgültig behalten, sondern ggf. der Insolvenzmasse zur Verfügung stellen muss. Die Fiktion des § 28 e Abs. 1 Satz 2 SGB IV n.F. wirkt jedenfalls inter partes, nämlich zwischen Sozialversicherungsträger und Arbeitnehmer. Eine weitergehende Schutzwirkung dahingehend, dass auch der Sozialversicherungsträger im Fall der Insolvenz eines Arbeitgebers bevorzugt werden soll, ist der streitgegenständlichen Neuregelung nicht zu entnehmen. Darauf hat das Amtsgericht zu Recht abgestellt.

27

Für die Richtigkeit dieser Auslegung spricht nicht zuletzt der Umstand, dass der Bundesgerichtshof ausdrücklich die in der Literatur bereits diskutierte Frage aufgegriffen und für klärungsbedürftig angesehen hat, ob der Gesetzgeber durch die Neuregelung des § 28 e Abs. 1 Satz 2 SGB IV das Ziel, eine Gläubigerbenachteiligung hinsichtlich des Arbeitnehmeranteils in der Insolvenz des Arbeitgebers künftig auszuschließen, erreicht habe (BGH, a.a.O., Rz. 12). Die Tatsache, dass der Bundesgerichtshof hier nur zweifelnde Stimmen aus der Literatur zitiert, wertet die Kammer als deutliches Indiz dafür, dass der Bundesgerichtshof diese Zweifel teilen könnte.

28

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 97 ZPO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

29

Der Streitwertbeschluss (Nr. 4 des Tenors) beruht auf §§ 47, 63 GKG, §§ 3 ff. ZPO.

30

Die Kammer hat die Revision zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Landgericht Schwerin Urteil, 28. Nov. 2008 - 6 S 100/08

Urteilsbesprechungen zu Landgericht Schwerin Urteil, 28. Nov. 2008 - 6 S 100/08

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

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(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn
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(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, 1. wenn die Handlung im letzten Monat

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Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.666,71 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.04.2008 zu zahlen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Referenzen

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.666,71 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.04.2008 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

und beschlossen:

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter Rückgewähr von Beträgen nach einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung der Beklagten, einer deutschen Krankenkasse.

2

Das Amtsgericht R bestellte den Kläger am 22.02.2008 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der C S und eröffnete das Insolvenzverfahren am gleichen Tag. Diesem Beschluss ging der Insolvenzantrag der Insolvenzschuldnerin vom 28.01.2008, eingegangen beim Amtsgericht R am 30.01.2008, voraus.

3

Am 07.02.2008 hatte die ... Bank ... zur Erledigung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung der Beklagten vom 17.01.2008 an die Beklagte von dem Konto der Insolvenzschuldnerin den Betrag in Höhe von 5.333,43 Euro überwiesen. Einen Betrag in Höhe von 2.666,72 Euro überwies die Beklagte später an den Kläger zurück.

4

Der Kläger begehrt nunmehr von der Beklagten die Zahlung des restlichen Betrages in Höhe von 2.666,71 Euro. Er ist der Ansicht, der von der Beklagten gepfändete und eingezogene Anspruch der Insolvenzschuldnerin gegen die Bank auf fortlaufende Auszahlung des sich zwischen den Rechnungsabschlüssen ergebenden Guthabens des Kontos der Insolvenzschuldnerin in Höhe von 5.333,43 Euro habe zum pfändbaren Vermögen der Insolvenzschuldnerin gehört. Ohne die Pfändungs- und Einziehungsverfügung der Beklagten vom 17.01.2008 habe die Beklagte diese Forderung nicht einziehen können und dürfen; die Sicherung der Beklagten sei inkongruent. Die Rechtshandlung sei im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin vorgenommen worden und damit gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar. Das Kontoguthaben des von der Beklagten gepfändeten Kontos habe sich am 07.02.2008 auf einen Betrag in Höhe von insgesamt 12.379,63 Euro belaufen. Von diesem Guthaben sei die Überweisung an die Beklagte erfolgt. Der Kläger meint, die Beklagte könne sich auch nicht auf die neue Regelung des § 28 e Abs. 1 Satz 2 SGB IV berufen, denn auf die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes selbständig anfechtbare Pfändung einer Forderung des Schuldners durch den Gläubiger und deren Überweisung zur Einziehung an den Gläubiger auf Grund einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung habe diese Regelung keinen Einfluss.

5

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.666,71 Euro nebst 5 % Zinsen über den Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

6

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

7

Die Beklagte ist der Auffassung, eine etwaige Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 InsO liege nicht vor. Dies beruhe auf der Änderung des SGB IV, das in § 28 e Abs. 1 die Regelung enthalte, dass der vom Beschäftigten zu tragende und vom Arbeitgeber einbehaltene Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag dem Vermögen des Beschäftigten zugehörig ist. Somit sei ein Vermögensabfluss aus dem Arbeitgebervermögen hinsichtlich der hälftigen Beiträge, die allein nicht zurücküberwiesen worden seien, nicht erfolgt und ein dermaßen zu erstattender Anspruch nicht gegeben. Die Entscheidung des Gesetzgebers sei eindeutig, denn ausweislich der Begründung des Gesetzesentwurfes habe diese Regelung unter anderem der Sicherung der Arbeitnehmerbeiträge im Insolvenzfall als Besitzstand des Arbeitnehmers dienen sollen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Klage ist begründet.

9

Dem Kläger steht ein Anspruch aus § 143 Abs. 1 InsO zu. Danach muss zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldner veräußert, weggegeben oder auch aufgegeben ist. Gemäß § 131 Abs. 1 Ziffer 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

10

Der Gläubiger eines Zahlungsanspruchs soll dessen Durchsetzung mit staatlichem Zwangsmitteln während der Krise des Schuldner im Sinne von § 131 InsO gegenüber den Insolvenzgläubigern nicht beanspruchen, solche Deckungen im Wege der Zwangsvollstreckung sind unterschiedslos für alle Gläubiger inkongruent. Der Vorrang des schnelleren Gläubigers, der die Einzelzwangsvollstreckung beherrscht, soll durch den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger während der Krise ersetzt werden. Der maßgebende Zeitpunkt ist allgemein derjenige, in dem der Gläubiger die Sicherung verlangt (vgl. Kirchhof: in Münchner Kommentar zur Insolvenzordnung, Band 2., 2. Aufl., § 131 Rn 26, 27). Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung der Beklagten auf die es nach den vorgenannten Grundsätzen maßgeblich ankommt, erging 13 Tage vor dem Eingang des Insolvenzantrages beim Amtsgericht R

11

Der Kläger hat durch Vorlage von Kontoauszügen nachgewiesen, dass die Zahlung letztlich aus einem Guthaben der Schuldnerin vorgenommen worden ist.

12

Es liegt mit der Pfändung und Einziehung auch eine Gläubigerbenachteiligung im Sinne von § 131 InsO vor. Denn das Guthaben auf dem Konto und der daraus folgende Auszahlungsanspruch des Schuldners gegen die Bank gehörten – noch – zum pfändbaren Vermögen der Insolvenzschuldnerin, das zur Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung gestanden hätte und durch die Pfändung und Einziehung geschmälert worden ist.

13

Dem Einwand der Beklagten, die Neuregelung des § 28 e Abs. 1 Satz 2 SGB IV entziehe Anfechtungen der vorliegenden Art die Grundlage, vermag das Gericht im Ergebnis nicht zu folgen. Zwar hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 27.03.2008 ausdrücklich entschieden, dass diese Norm nicht lediglich eine Klarstellung, sondern eine Rechtsänderung bewirkt hat (vgl. BGH NJW 2008, 1535, 1536). Ob die Neuregelung die nach dem bisher bestehenden Recht entstanden Anfechtungsrechte beseitigen wollte, hat der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung indessen ausdrücklich offen gelassen. Ungeachtet der auch vom Kläger zitierten kritischen Stimmen der Literatur ist der Wortlaut des Gesetzes nach Auffassung des Gerichts eindeutig, wenn auch nicht in dem von der Beklagten dargelegten Sinne. Nach § 28 e Abs. 1 Satz 2 SGB IV "gilt die Zahlung des vom Beschäftigten zu tragenden Teils des Sozialversicherungsbeitrages als aus dem Vermögen des Beschäftigten erbracht". Das Gesetz stellt ausdrücklich auf die "Zahlung" ab. Im vorliegenden Fall ging der Zahlung jedoch eine – nach allgemeiner Auffassung selbstständig anfechtbare und vom Kläger angefochtene – Rechtshandlung der Beklagten, nämlich die Pfändung und Einziehung der Kontoforderung gegen die Bank voraus. Es macht also nach dem Gesetzeswortlaut durchaus einen Unterschied, ob die Auskehrung aufgrund einer freiwilligen Leistung des Arbeitgebers oder – wie hier – im Rahmen einer Pfändungs- und Überweisungsverfügung bewirkt wird.

14

Auch der aus der Gesetzesbegründung – und nicht aus etwaigen subjektiven Erwägungen am Gesetzgebungsverfahren beteiligter Kreise – abzuleitende Sinn und Zweck der Norm des § 28 e Abs. 1 Satz 2 SGB IV gebietet keine Auslegung in einem für die Beklagten günstigen Sinne. Nach der von der Beklagten vorgelegten Gesetzesbegründung soll die gesetzliche Regelung klarstellen, dass der vom Beschäftigten zu tragende und vom Arbeitgeber einbehaltene Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag dem Vermögen des Beschäftigten zugehörig ist. Der Arbeitgeber nehme mit seiner Zahlung nur eine Aufgabe des Sozialversicherungsträgers wahr. Es geht dabei ausdrücklich um die "Besitzstandswahrung" des Arbeitnehmers gegenüber dem Sozialversicherungsträger, nicht um Sonderrechte des Sozialversicherungsträgers im Insolvenzverfahren, die bereits seit längerer Zeit abgeschafft worden sind. Diese "Besitzstandswahrung" wird nach dem Wortlaut des § 28 e Abs. 1 Satz 2 SGB IV durch die gesetzliche Fiktion ("gilt") erreicht, dass der Beitrag als vom Arbeitnehmer erbracht anzusehen ist.

15

Durch die Anordnung dieser Fiktion will der Gesetzgeber offensichtlich verhindern, dass der Sozialversicherungsträger gegenüber Ansprüchen des Arbeitnehmers einwenden könnte, sein Beitragsanteil sei nicht erbracht. Dieser Einwand wird durch § 28 e Abs. 1 Satz 2 SGB IV abgeschnitten, und zwar ohne jegliche Einschränkung, etwa dergestalt, dass es darauf ankäme, ob der Sozialversicherungsträger die erhaltene Zahlung letztlich auch behalten dürfe, oder diese – wie hier – gegebenenfalls wieder an den Insolvenzverwalter zurückgeben müsse. Ob der Gesetzgeber dieser weitreichende Konsequenz gesehen hat, mag dahinstehen.

16

Da die Beklagte den durch die Pfändung und Einziehung erlangten Vorteil, nämlich den Zahlungsanspruch gegen die Bank, nach Erfüllung desselben nicht mehr "in Natura" zurückgewähren kann, ist diese gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO i. V. m. §§ 819, 818 Abs. 4, 292 Abs. 1, 989, 990 BGB zum Wertersatz in entsprechender Höhe verpflichtet und somit zur Leistung einer Zahlung an den Kläger.

17

Der Zinsanspruch beruht auf § 291 BGB.

18

Die Kostenentscheidung erging nach § 91 Abs. 1 ZPO

19

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.

(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Dem vorbereitenden Schriftsatz sind die in den Händen der Partei befindlichen Urkunden, auf die in dem Schriftsatz Bezug genommen wird, in Abschrift beizufügen.

(2) Kommen nur einzelne Teile einer Urkunde in Betracht, so genügt die Beifügung eines Auszugs, der den Eingang, die zur Sache gehörende Stelle, den Schluss, das Datum und die Unterschrift enthält.

(3) Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder von bedeutendem Umfang, so genügt ihre genaue Bezeichnung mit dem Erbieten, Einsicht zu gewähren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 138/99 Verkündet am:
21. März 2000
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
KO § 30 Nr. 2
Die Pfändung und Überweisung einer Forderung einerseits und die Zahlung
durch den Drittschuldner andererseits sind selbständige Rechtshandlungen.
BGH, Urteil vom 21. März 2000 - IX ZR 138/99 - OLG Frankfurt a. M.
LG Frankfurt a. M.
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. März 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch und die
Richter Dr. Kreft, Kirchhof, Dr. Fischer und Dr. Ganter

für Recht erkannt:
Auf die Revision des verklagten Landes wird das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, 8. Zivilsenat, vom 2. März 1999, berichtigt durch Beschluß vom 16. März 1999, aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Das verklagte Land erließ am 27. September 1996 eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung gegen die F. GmbH (im folgenden: GmbH oder Gemeinschuldnerin ) wegen einer fälligen Steuernachforderung in Höhe von 12.877.260,91 DM. Am 4. Oktober 1996 stellte die GmbH wegen Zahlungsunfähigkeit Konkursantrag, von dem das Land am 28. Oktober 1996 erfuhr. Am 11. Februar 1997 wurde das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger zum Konkursverwalter bestellt. Zwischen dem 18. April und dem 16. Oktober 1997
erhielt das Land auf die gepfändeten Forderungen von Drittschuldnern 259.081,91 DM.
Der Kläger hat das Land, gestützt auf die Vorschriften der Konkursanfechtung , auf Auskehr dieses Betrages verklagt. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 72.608,41 DM stattgegeben. Die Berufung des Landes, das die vollständige Klageabweisung erstrebte, hatte keinen Erfolg. Dagegen wendet sich das Land mit seiner Revision.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.


Das Oberlandesgericht hat sein Urteil wie folgt begründet:
Die Zahlungen des Drittschuldners in Höhe von 72.608,41 DM stellten Rechtshandlungen dar, die nach Stellung des Konkursantrags vorgenommen worden seien. Zwar sei die Pfändungs- und Überweisungsverfügung ergangen, bevor das verklagte Land Kenntnis vom Konkursantrag erhalten habe. Darauf komme es jedoch nicht an. Die Pfändung und Überweisung der Ansprüche stelle zusammen mit der daraus erfolgten Zahlung einen mehraktigen Er-
werbstatbestand dar. Für die Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Stellung des Konkursantrags komme es auf den letzten Teilakt an. Das sei hier die Zahlung. In dem betreffenden Zeitpunkt habe das verklagte Land die Kenntnis gehabt. Die Anfechtungsfrist des § 41 KO sei rechtzeitig unterbrochen worden, weil ihr Lauf erst mit Zahlungseingang begonnen habe.

II.


Diese Begründung hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat in den Entscheidungsgründen nicht deutlich gemacht, welchen Anfechtungstatbestand es für gegeben hält. Die Bezugnahme auf das landgerichtliche Urteil im Tatbestand läßt aber darauf schließen, daß ihm die Vorschrift des § 30 Nr. 1 Halbs. 2 KO vor Augen gestanden hat.
2. Den dort verwendeten Begriff der "Rechtshandlung" hat das Berufungsgericht verkannt. Läßt ein Gläubiger eine Forderung des Schuldners pfänden und sich zur Einziehung überweisen (§§ 828, 835 ZPO) oder erläßt ein - hierzu befugter - Gläubiger eine Pfändungs- und Überweisungsverfügung (§§ 309 ff AO) und zahlt der Drittschuldner hernach auf die gepfändete Forderung an den Gläubiger, so liegt kein einheitlicher - mehraktiger - Erwerbstatbestand vor. Vielmehr sind einerseits die Pfändung und Überweisung und andererseits die Zahlung jeweils selbständige Rechtshandlungen. Durch die Pfändung und Überweisung erwirbt der pfändende Gläubiger ein Pfändungspfandrecht , also eine dingliche Sicherheit, die ihm im Konkurs ein Absonderungs-
recht an der ihm überwiesenen Forderung verschafft (§ 49 Abs. 1 Ziff. 2 KO). Durch die Zahlung des Drittschuldners erlangt der Gläubiger in entsprechender Höhe Befriedigung für seine Forderung, derentwegen er vollstreckt. Mit einem Grundstückserwerb - bei dem für den Erwerb einer und derselben Sache mehrere Vorgänge (Einigung und Eintragung) erforderlich sind - ist dies, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts, nicht vergleichbar. Sowohl die Erlangung des Pfändungspfandrechts als auch die Befriedigung können jeweils selbständig angefochten werden. Die Anfechtung der Befriedigung ist aber nicht erfolgversprechend , wenn die Pfändung und Überweisung wirksam und insolvenzbeständig sind. Denn in diesem Falle wird die Gläubigergesamtheit durch die Erlangung der Befriedigung nicht benachteiligt. Der Pfändungspfandgläubiger erhält dadurch nur das, was ihm bereits aufgrund des Pfändungspfandrechts zusteht (vgl. BGHZ 64, 312, 314 f; 118, 171, 179; BGH, Urt. v. 11. Juli 1991 - IX ZR 230/90, ZIP 1991, 1014, 1017 unter C 2 a m.w.N.).
3. Das Berufungsgericht hätte deshalb nicht auf die Zahlung, sondern auf die vorausgegangene Pfändung abstellen müssen. Dahin ging auch der Prozeßvortrag der Parteien. Ob die Pfändung anfechtbar ist, hat das Berufungsgericht nicht geprüft.

III.


Das angefochtene Urteil läßt sich auch nicht mit anderer Begründung aufrechterhalten (§ 563 ZPO). Aufgrund der bisherigen Sach- und Rechtslage
kann insbesondere nicht abschließend beurteilt werden, ob die Pfändungsverfügung vom 27. September 1996 anfechtbar ist oder nicht.
Es ist nicht festgestellt, wann diese Pfändungsverfügung zugestellt worden ist. Dieser Zeitpunkt ist für das Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen maßgeblich. Falls die Zustellung vor dem 4. Oktober 1996 erfolgte, ist die Pfändung vor dem Konkurseröffnungsantrag wirksam geworden. Damit steht indes - entgegen der Ansicht der Revision - die Unanfechtbarkeit der Pfändung noch nicht fest. Diese ist nicht nach § 30 Nr. 1 Halbs. 2, sondern nach § 30 Nr. 2 KO zu beurteilen, weil es sich bei der Pfändung um eine Maßnahme der "Sicherung" handelte, die das verklagte Land "nicht... zu beanspruchen" hatte. Die Pfändung ist gemäß § 30 Nr. 2 KO anfechtbar, wenn die GmbH zu dem genannten Zeitpunkt ihre Zahlungen eingestellt hatte oder sie binnen zehn Tagen danach einstellte und das verklagte Land nicht beweist, daß ihm zur Zeit der Pfändung (d.h. deren Zustellung) die Zahlungseinstellung nicht bekannt und es überzeugt war, das Vermögen der GmbH reiche zur vollständigen Befriedigung aller ihrer Gläubiger aus oder sie werde die dafür erforderlichen Mittel in absehbarer Zeit erhalten (vgl. BGHZ 128, 196, 202).
Wann die Gemeinschuldnerin ihre Zahlungen eingestellt hat, steht nicht fest. Auch ist nicht festgestellt, welche Vorstellungen das Land bei Zustellung der Pfändung über die finanzielle Lage der Gemeinschuldnerin hatte.

IV.


Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit festgestellt wird, ob die Pfändungsverfügung anfechtbar ergangen ist.
Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht überdies Gelegenheit, sich nochmals mit der Frage zu befassen, ob der Kläger die Ausschluß-(nicht: Verjährungs-)Frist des § 41 Abs. 1 Satz 1 KO gewahrt hat. Ist die Masse zur Tragung der Kosten des Anfechtungsprozesses außerstande, wird zwar die Frist des § 41 Abs. 1 Satz 1 KO durch ein rechtzeitig gestelltes, ordnungsgemäß begründetes und vollständiges Prozeßkostenhilfegesuch gehemmt im Sinne von § 203 Abs. 2 BGB (BGHZ 70, 235, 237; BGH, Urt. v. 8. März 1989 - IVa ZR 221/87, NJW 1989, 3149). Diese Vorschrift ist auf die Anfechtungsfrist entsprechend anwendbar (§ 41 Abs. 1 Satz 2 KO). Indes hat der Kläger innerhalb der - seit der Verfahrenseröffnung zu rechnenden - Jahresfrist nur den Prozeßkostenhilfeantrag vom 29. Januar 1998 gestellt. Damit sollte eine Klage auf Auskehr eines Betrages von 16.400 DM vorbereitet werden. Es erscheint fraglich, ob damit die Anfechtung der Pfändungs- und Überweisungsverfügung hinreichend deutlich geltend gemacht worden ist. Zwar muß die Anfechtung nicht als solche besonders erklärt oder geltend gemacht werden (BGHZ 135, 140, 149). Genügend - aber auch erforderlich - ist der Vortrag eines Sachverhalts , der die Voraussetzungen eines Anfechtungstatbestands erfüllt. Daran könnte es im vorliegenden Fall fehlen, weil im Prozeßkostenhilfegesuch vom 29. Januar 1998 nur vorgetragen war, das Finanzamt O. habe wegen fruchtloser Vollstreckungsmaßnahmen Konkursantrag gestellt und verwahre einen bei ihm eingegangenen, nicht näher zuzuordnenden Betrag von 16.400 DM, den es im Hinblick auf Rechte Dritter nicht an den Kläger herausgeben wolle.
Falls das zur Geltendmachung der Anfechtung nicht ausreichen sollte, könnte der Vortrag des Klägers erheblich werden, das verklagte Land sei gemäß § 242 BGB gehindert, sich auf den Ablauf der Anfechtungsfrist zu berufen (zur Anwendbarkeit des § 242 BGB in diesem Falle vgl. Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 41 Rdnr. 41), weil es dem Kläger in vorwerfbarer Weise die von ihm
benötigten Informationen vorenthalten habe. Auch dazu können - jedenfalls nach weiterer Substantiierung des klägerischen Vorbringens - Feststellungen erforderlich werden.
Paulusch Kreft Kirchhof Fischer Ganter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 203/07
Verkündet am:
17. Juli 2008
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren aufgrund
der bis zum 31. Mai 2008 eingereichten Schriftsätze durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Ganter, die Richter Raebel und Prof. Dr. Kayser, die Richterin
Lohmann und den Richter Dr. Pape

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 24. Oktober 2007 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Wert des Revisionsverfahrens wird auf 700 € festgesetzt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Verwalter in dem am 13. September 2004 beantragten und am 12. November 2004 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des F. (fortan: Schuldner). Der Beklagte hat gegen den Schuldner eine titulierte Forderung. Am 16. April 2003 hatte er den Anspruch des Schuldners auf Arbeitslohn gepfändet und sich zur Einziehung überweisen lassen. In den Monaten Juni, Juli und August 2004 hatte der Arbeitgeber des Schuldners an ihn jeweils 350 € ausgekehrt.
2
Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger Rückgewähr von insgesamt 1.050 € verlangt. Die Klage hatte wegen der in den Monaten Juli und August 2004 abgeführten Beträge, also in Höhe von 700 € nebst Zinsen, Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision will der Beklagte die vollständige Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
4
1. Das Berufungsgericht hat in den im Wege der Zwangsvollstreckung beigetriebenen Beträgen inkongruente Deckungen gesehen und § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO angewandt. Das ist richtig. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Sicherung oder Befriedigung, die im Wege der Zwangsvollstreckung nicht früher als drei Monate vor Stellung des Insolvenzantrags erlangt worden ist, inkongruent (BGHZ 136, 309, 311 ff; 155, 75, 80; 157, 350, 353; 162, 143, 149; 167, 11, 14 f Rn. 9).
5
2. Bei Prüfung der Frage, ob der Beklagte zuvor infolge des Pfändungsund Überweisungsbeschlusses vom 16. April 2003 ein anfechtungsfestes Absonderungsrecht (§ 50 Abs. 1 InsO) an den gepfändeten Lohnforderungen erlangt hatte (§ 129 Abs. 1 InsO), hat das Berufungsgericht den für die Anfechtung maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts der rechtlichen Wirkungen der Pfändung (§ 140 Abs. 1 InsO) - ebenfalls in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 157, 350, 353 f m.w.Nachw.) - als denjenigen der Entstehung der gepfändeten Forderung bestimmt. Es hat angenommen , der Anspruch des Arbeitnehmers auf monatlichen Arbeitslohn entstehe zum Anfang jeden Monats neu, so dass auch das Pfändungspfandrecht an den Lohnansprüchen für Juli und August 2004 anfechtbar gewesen sei. Auch das entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (RGZ 142, 291, 295; BGHZ 167, 363, 366 Rn. 7; BGH, Urt. v. 30. Januar 1997 - IX ZR 89/96, ZIP 1997, 513, 514; v. 26. Juni 2008 - IX ZR 87/07, z.V.b.; BAG NJW 1993, 2699, 2700). Entgegen der Ansicht der Revision entstehen die Lohnansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber nicht bereits mit Abschluss des Arbeitsvertrages. Der Vertragsschluss als solcher reicht nicht aus. Der Vertrag kann durch Kündigung beendet werden; bei Nichterfüllung seiner Arbeitspflicht hat der Schuldner ebenfalls keinen Anspruch auf Arbeitslohn. Aus diesem Grund findet auch die Vorschrift des § 140 Abs. 3 InsO keine Anwendung. Der Arbeitnehmer hat nicht bereits mit Abschluss des Arbeitsvertrages einen gesicherten , durch spätere Ereignisse nicht mehr entziehbaren Anspruch auf künftigen Arbeitslohn.
6
3. Die Anfechtbarkeit des durch Pfändung künftiger Lohnansprüche entstandenen Pfändungspfandrechts widerspricht weder § 832 ZPO noch § 114 Abs. 3 InsO.
7
a) Nach § 832 ZPO erstreckt sich das Pfandrecht, das durch die Pfändung einer Gehaltsforderung oder einer ähnlichen in fortlaufenden Bezügen bestehenden Forderung erworben wird, auch auf die "nach der Pfändung fällig werdenden Beträge". Die Vorschrift erfasst nach allgemeiner Meinung nicht nur bestehende, erst künftig fällig werdende, sondern auch künftige Forderungen (vgl. etwa BAG NJW 1993, 2699, 2700 f; Stein/Jonas/Brehm, ZPO 22. Aufl. § 832 Rn. 1; Zöller/Stöber, ZPO 26. Aufl. § 832 Rn. 2). Die Verwendung des Begriffs "fällig werden" steht nicht entgegen. Auch künftige Forderungen werden erst in der Zukunft fällig. Für die im vorliegenden Fall entscheidungserhebliche Frage, ob ein Lohnanspruch (§ 611 Abs. 1 BGB) bereits mit Vertrags- schluss oder monatlich fortlaufend entsteht, lässt sich aus § 832 ZPO folglich nichts herleiten.
8
b) Die Vorschrift des § 114 Abs. 3 InsO schließt eine Anfechtung von Lohnpfändungen nicht aus. Sie hat einen anderen Anwendungsbereich als die Anfechtungsvorschriften der §§ 129 ff InsO, betrifft nämlich die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die Frage eines „Wertungswiderspruchs“ stellt sich ebenso im Hinblick auf § 88 InsO, der die Unwirksamkeit der im letzten Monat vor dem Eröffnungsantrag und im Zeitraum zwischen Eröffnungsantrag und Eröffnung erlangten Pfändungspfandrechte anordnet, obwohl diese nach § 114 Abs. 3 InsO im Monat der Eröffnung und gegebenenfalls im Folgemonat Bestand haben. Gleichwohl bleibt die Vorschrift des § 88 InsO nach § 114 Abs. 3 Satz 2 InsO "unberührt". Nichts anderes gilt im Verhältnis zum Insolvenzanfechtungsrecht. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf das nach Erlass der angefochtenen Entscheidung ergangene, zur Veröffentlichung bestimmte Senatsurteil vom 26. Juni 2008 (IX ZR 87/07) Bezug genommen.
9
4. Die Revision war daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ganter Raebel Kayser
Lohmann Pape
Vorinstanzen:
AG Bonn, Entscheidung vom 27.02.2007 - 2 C 373/06 -
LG Bonn, Entscheidung vom 24.10.2007 - 5 S 44/07 -

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.