Landgericht Stuttgart Urteil, 20. Nov. 2013 - 13 S 100/13

bei uns veröffentlicht am20.11.2013

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 06.06.2013 - Az. 1 C 5903/12 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsrechtstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die vorläufige Vollstreckung der Beklagten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages, es sei denn, dass die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Berufungsstreitwert: bis 2.000 Euro.

Gründe

 
I.
Der Kläger beansprucht Rückzahlung seiner eingezahlten Prämien im Bezug auf eine Kapitallebensversicherung zuzüglich Zinsen abzüglich des ausgezahlten Rückkaufswertes.
Am 19.05.2005 beantragte der Kläger bei der K AG eine Kapitallebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Die K AG nahm den Antrag mit Übersendung der Police am 26.07.2005 an. Versicherungsbeginn war der 01.07.2005. Die Versicherungssumme betrug 11.965 Euro. Ab Versicherungsbeginn bezahlte der Kläger einen monatlichen Beitrag in Höhe von 30 Euro unter Einschluss eines monatlichen Ratenzuschlags in Höhe von 5 % des Jahresbeitrags.
Mit Übersendung des Versicherungsscheins erhielt der Kläger die notwendigen Verbraucherinformationen sowie die Allgemeinen Versicherungsbedingungen.
Der Kläger kündigte den Versicherungsvertrag mit Schreiben vom 22.07.2011 (Bl. 125 d. A.) und bestätigte dies nochmals mit Schreiben vom 18.08.2011 (Bl. 130 d. A.). Die K AG erstellte mit Schreiben vom 25.08.2011 (Bl. 54 d. A.) eine Abrechnung und kehrte den Rückkaufswert in Höhe von 621,08 Euro an den Kläger aus. Nach Rechtshängigkeit bezahlte die Beklagte im Nachgang auf ihren Schriftsatz vom 22.01.2013 (Bl. 200 d. A.) einen weiteren Betrag in Höhe von 164,27 Euro.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 28.03.2012 (Bl. 56 d. A.) erklärte der Kläger den Widerspruch gem. § 5 a VVG gegenüber dem Versicherungsvertrag und gleichzeitig den Widerruf des Vertrages gem. § 355 BGB.
Rückwirkend zum 01.01.2007 wurde die K AG auf die Beklagte verschmolzen.
Der Kläger ist der Auffassung, ihm stehe ein bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsanspruch zu. Es sei schon kein wirksamer Vertrag zustande gekommen, da das in § 5 a Abs. 1 VVG a. F. normierte Policenmodell gegen Europarecht verstoße. Der Versicherungsvertrag sei zudem aufgrund des wirksamen Widerspruchs rückwirkend entfallen.
Das Widerspruchsrecht habe aufgrund der fehlerhaften Belehrung bis zur Ausübung fortbestanden.
Zudem stehe dem Kläger ein Schadensersatzanspruch gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB zu, da die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt habe.
10 
Der Kläger beantragte im ersten Rechtszug, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.999,68 Euro sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 445,30 Euro jeweils nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 13.04.2012 zu zahlen.
11 
Hilfsweise machte der Kläger erstinstanzlich Auskunftsansprüche bezüglich des Rückkaufswerts sowie entsprechende weitere Zahlungsansprüche in Höhe von 51,97 Euro geltend.
12 
Letztlich beantragte der Kläger, das Verfahren dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen bzw. das Verfahren auszusetzen im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des BGH vom 28.03.2012, Az. IV ZR 76/11 (Europarechtskonformität von § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG).
13 
Die Beklagte beantragte Klagabweisung.
14 
Sie ist der Auffassung, das Policenmodell gem. § 5 a Abs. 1 VVG sei mit Europarecht vereinbar.
15 
Der Kläger sei ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht aufgeklärt worden.
16 
Das Widerspruchsrecht des Klägers sei jedenfalls gem. § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG verfristet.
17 
Ein Anspruch auf Schadensersatz bestehe nicht.
18 
Das Amtsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, das Policenmodell sei nicht europarechtswidrig, der Widerspruch vom 28.03.2012 sei verfristet, dem Kläger stehe kein Widerrufsrecht zu und ein Schadensersatzanspruch aus c. i. c. scheide aus.
19 
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.
20 
Der Kläger wiederholt seine erstinstanzlich vorgebrachten Einwendungen und beantragt wie in erster Instanz, macht allerdings hilfsweise keinen Auskunfts- bzw. Restzahlungsanspruch im Hinblick auf den Rückkaufswert mehr geltend.
21 
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
22 
Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO ergänzend Bezug genommen. Wegen des Berufungsvorbringens wird auf die vorgelegten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
23 
Der form- und fristgerecht eingelegten Berufung bleibt in der Sache der Erfolg versagt. Das Amtsgericht hat im Ergebnis zutreffend einen weitergehenden Zahlungsanspruch des Klägers verneint.
24 
1. Die Kammer teilt die Auffassung des Amtsgerichts, dass zwischen den Parteien ein wirksamer Versicherungsvertrag gemäß § 5 a Abs. 1 Satz 1 a. F. VVG entsprechend dem so genannten Policenmodell wirksam zustande gekommen ist. Auch die Kammer ist gemäß ihrer ständigen Rechtsprechung nicht der Auffassung, dass das Policenmodell des § 5 a Abs. 1 Satz 1 VVG a. F. gegen europäisches Recht verstoßen könnte (Urteil vom 10. April 2013, 13 S 77/12). Sie folgt damit der ganz herrschenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur (vgl. zuletzt OLG München, VersR 2013, 1025; OLG Stuttgart, Beschluss vom 16.07.2012, 7 U 54/12, zu weiteren Rechtsprechungsnachweisen vgl. bereits Urteil des Amtsgerichts Seite 8; Bl. 247 d. A.).
25 
2. Auf die Frage der Wirksamkeit des vom Kläger mit Anwaltsschreiben vom 28.03.2012 erklärten Widerspruchs (Anlage K4; Bl. 56 d. A.) gemäß § 5 a Abs. 1 VVG a. F. kommt es nicht an. Vielmehr wurde das Versicherungsverhältnis aufgrund der unstreitigen Kündigung des Klägers vom 22.07.2011 bzw. vom 18.08.2011 ex nunc, d. h. mit Wirkung für die Zukunft, beendet. Diese Kündigung steht dem später erklärten Widerspruch des Klägers entgegen, da der Kläger über sein Widerspruchsrecht ausreichend belehrt worden war.
26 
Teile der Rechtsprechung und des Schrifttums vertreten die Auffassung, dass die Kündigung eines Vertrages einem späteren Widerruf generell entgegenstehe (OLG Karlsruhe r+s 2013, 483; OLG Celle, Urteil vom 2. Februar 2012 - 8 U 125/11, juris Rn. 45; OLG Hamm, Beschluss vom 31. August 2011 - 20 U 81/11, juris Rn. 15 f.; OLG Stuttgart, VersR 2011, 786Rn. 4; OLG Stuttgart, Urteil vom 17.09.2009, 7 U 75/09; OLG Stuttgart, Beschluss vom 31.01.2011, 7 U 199/10; OLG Stuttgart, Urteil vom 31.03.2011, 7 U 27/10; OLG Stuttgart, Beschluss vom 16.07.2012, 7 U 4/12). Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist diese Ansicht für die Fälle abzulehnen, in denen der Versicherungsnehmer sein Wahlrecht zwischen Kündigung und Widerspruch mangels ausreichender Belehrung über sein Widerspruchsrecht nicht sachgerecht ausüben konnte (BGH, BB 2013, 2753, juris Rn. 24).
27 
Eine solche Sachverhaltskonstellation, die eine Ablehnung der oben genannten Ansicht nach Auffassung des Bundesgerichtshofs rechtfertigen würde, ist vorliegend nicht gegeben. Die Beklagte hat den Kläger ordnungsgemäß im Sinne von § 5 a Abs. 2 S. 1 VVG a. F. über sein Widerspruchsrecht belehrt (vergleiche Hinweisbeschluss der Kammer vom 17.09.2013, Seite 4; Bl. 295).
28 
Entgegen den Angriffen der Berufung ist die Belehrung in drucktechnisch deutlicher Form erfolgt. Dies erfordert ausreichende Lesbarkeit und setzt die Verwendung einer hinreichend großen Schrift voraus (BGH NJW 2011, 1061). Darüber hinaus muss sich der Belehrungstext in einer nicht zu übersehenden Weise (etwa durch farbige Gestaltung, größere Buchstaben, Sperrschrift oder Fettdruck) aus dem übrigen Text hervorheben (BGH, NJW 2006, 3060). Nur eine Erklärung, die darauf angelegt ist, den Angesprochenen aufmerksam zu machen und das Wissen, um das es geht, zu vermitteln, kann als geeignete Belehrung angesehen werden (BGH, BB 2013, 2753). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Belehrung auf Seite 2 des Versicherungsscheins (Anl. K 2, Bl. 37 der Aktenrückseite) ist als zweiter Absatz unmittelbar unter der fett gedruckten Überschrift „Wichtig für den Versicherungsnehmer“ abgedruckt, vom vorangehenden Text durch einen Absatz abgerückt, außerdem wurde sie in Fettdruck und in Kursivschrift gestaltet. Sie ist daher geeignet, das Augenmerk des Lesers auf sich zu ziehen. Insbesondere durch die fett gedruckte Überschrift „Wichtige für den Versicherungsnehmer“ erhält diese ein Signal, dass das folgende für ihn von besonderer Bedeutung und deshalb zu lesen ist.
29 
Auch inhaltliche Fehler sind nicht ersichtlich. Die Berufung rügt insoweit, die Formulierung für die Kennzeichnung der fristauslösenden Unterlagen sei lückenhaft. Dies insbesondere, weil im Hinblick auf die maßgeblichen Verbraucherinformationen § 10 a VAG nicht ausdrücklich mit zitiert wurde. Aus Sicht der Kammer ist diese Formulierung nicht zu unbestimmt. Sie lautet: „Der Lauf der Widerspruchsfrist beginnt erst, wenn ihnen der Versicherungsschein und die weiteren vor genannten Unterlagen vollständig vorliegen. ...“. Es wird klargestellt, dass die Widerspruchsfrist erst nach Überlassung „der Unterlagen“ beginnt. Welche Unterlagen dies genau sind, erschließt sich dem Versicherungsnehmer unproblematisch aus dem weiteren Text, insbesondere wird ausdrücklich auf die „vor genannten“ Unterlagen Bezug genommen. Dieses sind der Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen, wie sich aus dem unmittelbar davor stehenden Absatz ergibt. Dass es sich bei diesen um solche des § 10 a VAG handelt, ist ebenfalls dem oben stehenden Absatz zu entnehmen (vgl. zur Frage der Verwendung des Begriffs „Unterlagen“ OLG Köln, Versicherungsrecht 2013, 443, Rnr. 49).
30 
Im Übrigen wird vollumfänglich auf die Gründe des amtsgerichtlichen Urteils zur Frage der Wirksamkeit der Widerspruchsbelehrung Bezug genommen (Urteil, S. 8 ff.; Bl. 247 d. A.).
31 
Da vorliegend eine ordnungsgemäße Belehrung des Klägers über sein Widerspruchsrecht erfolgt ist, war der Kläger durch die Beklagte in die Lage versetzt worden, eine sachgerechte Auswahl zwischen Kündigungs- und Widerspruchsrecht zu treffen. Ihm war bewusst, dass er zum Zeitpunkt der Ausübung des Kündigungsrecht auch über ein Widerspruchsrecht verfügte. Es stand ihm frei, die Vor- und Nachteile der Kündigung gegen die eines Widerspruchs abzuwägen. Nachdem der Kläger mit Erklärung vom 22.07.2011 die Kündigung des Vertrages ausgesprochen hatte, hat er das Gestaltungsrecht gewählt, das sich als vertragsändernd für die Zukunft auswirkt. Er hat damit zugleich denknotwendig den wirksamen Vertragsschluss in der Vergangenheit anerkannt und des bisherigen Bestand des Vertragsverhältnisses unterstellt und gebilligt. So rechnete die Beklagte am 25.08.2011 (Bl. 132 d. A.) den Vertrag ab und bezahlte an den Kläger 621,08 Euro. Der - nach anwaltlicher Beratung - zeitlich deutlich spätere Widerspruch stellt sich als widersprüchliches Verhalten des Klägers nach bereits beendetem Vertrag dar.
32 
3. Auch ein möglicher Schadensersatzanspruch des Klägers gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB wegen fehlerhafter Belehrung über das Widerspruchsrecht steht dem Kläger nicht zu.
33 
Wie bereits unter 2. dargelegt, war die Widerspruchsbelehrung der Beklagten nicht fehlerhaft.
34 
Darüber hinaus ist die erforderliche Schadensursächlichkeit eines möglichen Belehrungsverstoßes ist nicht ersichtlich. Es genügt nicht, dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Belehrung die Möglichkeit gehabt hätte, den Vertrag zu widerrufen. Der Kläger müsste vielmehr konkret nachweisen, dass er den Versicherungsvertrag bei ordnungsgemäßer Belehrung tatsächlich widerrufen und sich von der vertraglichen Beziehung innerhalb der kurzen Frist des § 5 a Abs. 1 VVG losgesagt hätte. Auf die sogenannte Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens kann sich der Kläger dabei nicht stützen. Diese Vermutung setzt voraus, dass es für ihn bei ordnungsgemäßer Belehrung nur eine bestimmte Möglichkeit der Reaktion gab (BGHZ 160, 58). Davon kann hier nicht ausgegangen werden, da keinerlei Gründe dargetan und nachgewiesen wurden, warum der Kläger innerhalb der kurzen Widerrufsfrist von dem Vertrag hätte Abstand nehmen sollen (BGH ZIP 2006, 2262).
III.
35 
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
36 
2. Es besteht keine Veranlassung, dem EuGH die Sache zur Vorabentscheidung gemäß § 267 Abs. 3 AEUV vorzulegen. Eine Vorlage des Policenmodells an den Europäischen Gerichtshof zur Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens ist nicht geboten, da offenkundig ist, dass das Policenmodell mit europäischen Gemeinschaftsrecht vereinbar ist (OLG Stuttgart, Urteil vom 16.07.2012, 7 U 54/12).
37 
Im Übrigen sind zur Vorlage an den EuGH nur letztinstanzliche Gerichte verpflichtet. Andere als letztinstanzliche Gerichte sind zur Vorlage berechtigt, § 267 Abs. 2 AEUV (Greger in Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 148 Rn. 3 b). Nachdem die Kammer die Revision gegen dieses Urteil zulässt, ist sie nicht letztinstanzliches Gericht.
38 
3. Die Revision wird zugelassen. Das Urteil wirft in entscheidungserheblichen Punkten verschiedene Rechtsfragen auf, zu denen es bislang keine eindeutige höchstrichterliche Rechtsprechung gibt.

Urteilsbesprechung zu Landgericht Stuttgart Urteil, 20. Nov. 2013 - 13 S 100/13

Urteilsbesprechungen zu Landgericht Stuttgart Urteil, 20. Nov. 2013 - 13 S 100/13

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh
Landgericht Stuttgart Urteil, 20. Nov. 2013 - 13 S 100/13 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 355 Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen


(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher

Referenzen - Urteile

Landgericht Stuttgart Urteil, 20. Nov. 2013 - 13 S 100/13 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Landgericht Stuttgart Urteil, 20. Nov. 2013 - 13 S 100/13 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 16. Juli 2012 - 7 U 54/12

bei uns veröffentlicht am 16.07.2012

Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 5.3.2012 (16 O 527/11) wirdzurückgewiesen.2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.3. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig v
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landgericht Stuttgart Urteil, 20. Nov. 2013 - 13 S 100/13.

Landgericht Ansbach Endurteil, 06. Nov. 2014 - 1 S 1412/13

bei uns veröffentlicht am 06.11.2014

Tenor 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Ansbach vom 02.12.2013, Az. 1 C 509/13, wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstrec

Amtsgericht Geldern Urteil, 16. Jan. 2014 - 17 C 597/12

bei uns veröffentlicht am 16.01.2014

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwe

Referenzen

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 5.3.2012 (16 O 527/11) wird

zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Streitwert des Berufungsverfahrens. 5.118,74 EUR

Gründe

 
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Gem. § 522 Abs. 2 S. 3 ZPO nimmt der Senat zur Begründung der vorliegenden Entscheidung auf die Ausführungen in seinem Hinweisbeschluss vom 16.5.2012 Bezug.
Im Hinblick auf die Stellungnahme des Klägers zum genannten Hinweisbeschluss ergänzend ist auszuführen:
1. Der Senat bleibt nach nochmaliger Überprüfung bei seiner Auffassung, dass die Belehrung über das Widerspruchsrecht weder an einem formalen noch einem inhaltlichen Mangel leidet. Sie war deshalb geeignet, den Lauf der Widerspruchsfrist nach Übermittlung der erforderlichen Informationen an den Kläger in Gang zu setzen.
2. Der Senat bleibt auch bei seiner Auffassung, dass § 5 a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. (sog. „Policenmodell“) nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstößt. Insoweit wird auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 16.5.2012 Bezug genommen.
3. Die Sache ist nicht dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung gem. § 267 Abs. 3 AEUV vorzulegen. Der Senat kann vielmehr ohne eine solche Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs entscheiden.
§ 267 AEUV hat folgenden Wortlaut:
(1). Der Gerichtshof der Europäischen Union entscheidet im Wege der Vorabentscheidung
a) über die Auslegung der Verträge,
b) über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union,
 (2). Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen.
(3). Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet.
(4). Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren, das eine inhaftierte Person betrifft, bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, so entscheidet der Gerichtshof innerhalb kürzester Zeit.
10 
a. Da die Zurückweisungsentscheidung des Senats mit Rücksicht auf den 20.000 EUR nicht übersteigenden Streitwert nicht mit der Nichtzulassungsbeschwerde anfechtbar ist (§§ 522 Abs. 3, 544 Abs. 1 S. 1 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO), ist § 267 Abs. 3 AEUV einschlägig. In einem solchen Fall muss nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs das letztinstanzliche nationale Gericht wegen einer Frage des Gemeinschaftsrechts, die sich in dem bei ihm schwebenden Verfahren stellt, grundsätzlich die Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs einholen. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die gestellte gemeinschaftsrechtliche Frage nicht entscheidungserheblich ist oder wenn die betreffende gemeinschaftsrechtliche Frage bereits durch den Europäischen Gerichtshof geklärt wurde oder wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81 "C.I.L.F.I.T." -, Slg. 1982, S. 03415, Rn. 21).
11 
b. Die vorliegend aufgeworfene Frage, ob die bundesdeutsche Regelung des sog. Policenmodells gem. § 5 a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind, war noch nicht Gegenstand einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs.
12 
c. Die Frage ist auch entscheidungserheblich. Aus dem Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs vom 28.3.2012 im Verfahren IV ZR 76/11 (VersR 2012, 608 ff) zur Frage, ob § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a. F. mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, kann entnommen werden, dass der Bundesgerichtshof eine richtlinienkonforme Auslegung des § 5 a VVG jedenfalls für denkbar und möglich hält. Vor diesem Hintergrund gibt der Senat seine bislang vertretene gegenteilige Auffassung auf.
13 
d. Der Senat hält es jedoch für offenkundig, dass das Policenmodell gem. § 5 a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, und ist überzeugt, dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und für den Europäischen Gerichtshof die gleiche Gewissheit besteht. Diese Überzeugung beruht auf folgenden Erwägungen:
14 
aa. Die veröffentlichten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und der deutschen Oberlandesgerichte (aus der jüngeren Rechtsprechung z. B. OLG Köln, Urteil vom 2.3.2012, 20 U 178/11; OLG Celle, Urteil vom 9.2.2012, 8 U 191/11; OLG Hamm, Beschluss vom 31.8.2011, 20 U 81/11; allesamt nachgewiesen bei juris) belegen einen einhelligen Konsens, dass das Policenmodell mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Auch der oben erwähnte Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs stellt die europarechtliche Vereinbarkeit des Policenmodells gem. § 5 a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 als solches nicht in Frage, sondern beschränkt sich auf die Vorlagefrage, ob die Regelung des § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a. F. – also ein Vertragsschluss ohne jede Vorlage von Informationen und Versicherungsbedingungen an den Versicherungsnehmer – mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Hätte der Bundesgerichtshof schon die europarechtliche Vereinbarkeit des Policenmodells als solches in Zweifel gezogen, so hätte es nahegelegen, auch die Vereinbarkeit von § 5 a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. mit dem Europarecht zum Gegenstand der Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu machen.
15 
bb. Soweit ersichtlich, sind auch in anderen Mitgliedsstaaten der EU, die den Abschluss von Versicherungsverträgen nach einem dem Policenmodell des § 5 a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. ähnlichen Ablauf kennen (wie z. B. in Österreich, vgl. § 5 b ÖVVG), keine durchgreifenden europarechtlichen Bedenken geltend gemacht worden, die Gerichten der betreffenden Mitgliedsstaaten zur Herbeiführung von Vorabentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs Anlass gegeben hätten.
16 
cc. Aus den bisherigen Entscheidungen des EuGH zur Richtlinie 92/96 EWG des Rates vom 10.11.1992 und zur Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5.11.2002, insbesondere zu deren Art 31 Abs. 1 bzw. Art. 36 Abs. 1, ergeben sich keine Hinweise, der Gerichtshof könnte europarechtliche Bedenken gegen die Vereinbarkeit von Policenmodellen mit dem Gemeinschaftsrecht hegen. So ließ der Gerichtshof in seiner Vorabentscheidung vom 5.3.2002 im Verfahren C-386/00 (VersR 2002, 1011 ff) auf den Vorlagenbeschluss des Cour d'appel Brüssel, ob Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie 92/96 EWG der belgischen Regelung entgegenstehe, nach der das Angebot einer Lebensversicherungoder mangels eines Angebots die Versicherungspolice den Versicherungsnehmer darüber aufklären müsse, dass die Kündigung, die Herabsetzung oder der Rückkauf eines laufenden Lebensversicherungsvertrags zu dem Zweck, einen anderen Lebensversicherungsvertrag abzuschließen, im Allgemeinen für den Versicherungsnehmer nachteilig sei, hinsichtlich des Umstandes unbeanstandet, dass die in Rede stehende Aufklärung auch erst in der Police erfolgen könne.
17 
dd. Entgegen der Auffassung der Berufung ergibt sich aus der Entscheidung des EuGH vom 13.1.2001, Rs. C-481/99 („Heininger“), Slg. 2001, I – 9945, Tz 48, weder ein Anhaltspunkt für eine etwaige Europarechtswidrigkeit des Policenmodells gem. § 5 a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. noch ein Anhaltspunkt dafür, dass der Europäische Gerichtshof diese Regelung nach ähnlichen Gesichtspunkten beurteilen könnte.
18 
(1) Schon in formaler Hinsicht ergeben sich keine Berührungspunkte zum vorliegenden Verfahren. Im Kern ging es in jenem Verfahren um die Frage, ob das in der Haustürgeschäft-Richtlinie vorgesehene Widerrufsrecht ohne Befristungsmöglichkeit vom deutschen Gesetzgeber richtig umgesetzt wurde, indem dieser eine solche Befristung vornahm. Vorliegend sah der europäische Gesetzgeber überhaupt kein Widerrufs- oder gar Widerspruchsrecht als Instrument zur Verwirklichung des Verbraucherschutzes vor. Wenn der deutsche Gesetzgeber ein solches Instrument eingesetzt hat, konnte er sich demnach nicht von entsprechenden europarechtlichen Vorgaben unzulässig entfernen.
19 
(2) Auch inhaltlich sind die Problemstellungen des vorliegenden Falles und des Falles Heininger nicht vergleichbar: Dient das Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften der Abwehr der Gefahr, überrumpelt zu werden, so verfolgt das Widerspruchsrecht vorliegend den Zweck, den Verbraucher vor der Komplexität des abzuschließenden Geschäfts zu schützen und ihm eine ausreichende Zeitspanne zur Prüfung zu geben. Anders als im Falle eines Haustürgeschäfts, das schon im Grundsatz die missbilligungswürdige Gefahr der Überrumpelung in sich trägt, ist die Komplexität eines Versicherungsprodukts grundsätzlich nicht zu beanstanden. Anders als im Falle eines Rechts zum Widerruf eines Haustürgeschäfts hat das Widerspruchsrecht gem. § 5 a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. keinen Sanktions-, sondern ausschließlich Schutzcharakter.
20 
ee. In seiner Entscheidung vom 10.4.2008 – Rs. C-412/06 – Hamilton, Slg. 2008, I-2383, hat der Europäische Gerichtshof in Weiterentwicklung der „Heininger“-Entscheidung klargestellt, dass auch verbraucherschützende Widerrufsrechte nicht schrankenlos gewährt werden, selbst dann nicht, wenn sie aus Sanktionsgründen wegen mangelnder Belehrung im Grundsatz keiner Befristung unterliegen. Auch wenn diese Entscheidung im vorliegenden Fall nicht unmittelbar einschlägig ist, verdeutlicht sie doch, dass das Gemeinschaftsrecht auch den Verbraucherschutz nur in einem bestimmten Rahmen gewährleistet. In dem vorliegend durch die Richtlinien 92/96/EWG und 2002/83/EG abgesteckten Rahmen, innerhalb dessen es nicht nur den Schutz des Verbrauchers zu berücksichtigen gilt, kann das Widerspruchsrecht des Versicherungsinteressenten im Rahmen des Policenmodells keinen weiteren Raum beanspruchen, als er in ausschließlich verbraucherschützenden Normen zugewiesen bekommen hat. Wenn selbst bei Haustürgeschäften bei ordnungsgemäßer Belehrung das Widerrufsrecht befristet ist, kann für den Bereich des Widerspruchsrechts bei ordnungsgemäßer Belehrung und ausreichender Information des Versicherungsnehmers nichts anderes gelten.
21 
ff. Auch der Umstand, dass die Europäische Kommission im Vertragsverletzungsverfahren 2005/5046 die Regelungen des § 5 a VVG a. F. als richtlinienwidrig ansah, steht der Offenkundigkeit der europarechtlichen Zulässigkeit des Policenmodells in der Ausprägung des § 5 a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. nicht entgegen. So verkannte die Kommission in ihrem Aufforderungsschreiben an das deutsche Bundesministerium der Justiz vom 4.4.2006 [K(2006), 1309, S. 4 f] offensichtlich die durch § 5 a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. begründete Rechtslage, indem sie die Auffassung vertrat, bereits mit der Übersendung der Versicherungspolice komme der Vertrag mit Bindungswirkung für den Versicherungsnehmer zu Stande, dem das Widerspruchsrecht lediglich die Möglichkeit eröffne, sich vom bereits wirksamen Vertragsschluss einseitig wieder zu lösen. Nachdem die Bundesregierung in ihrem Schreiben vom 8.6.2006 auf die einhellige Auffassung der Rechtsprechung hingewiesen hatte, die Übersendung der Police nebst sämtlichen erforderlichen Unterlagen führe nach dem in § 5 a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. vorgegebene Vertragsschlussmechanismus zunächst nur zu einem schwebend unwirksamen Vertragsschluss ohne jede Bindungswirkung für den Versicherungsnehmer, verfolgte die Kommission ihre bisherige Argumentation nicht weiter. Sie stützte ihre Stellungnahme vom 18.10.2006 [K (2006) 4688 Tz 10] stattdessen auf die These, die Unvereinbarkeit der deutschen Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht ergebe sich daraus, dass der Verbraucher „nicht rechtzeitig“ informiert werde, insbesondere unter Berücksichtigung, dass ihm eine „Widerspruchslast“ aufgebürdet werde.
22 
Diese Argumentation ist aus folgenden Gründen offensichtlich verfehlt:
23 
(1) In den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens zu Art. 31 der Dritten Richtlinie Lebensversicherung ist zum Passus „vor Abschluss des Vertrages“ ausgeführt, dass die Mitgliedsstaaten im Hinblick auf die in der Richtlinie angeordneten vorvertraglichen Informationspflichten selbst darüber bestimmen können, „wann genau ein Vertrag als abgeschlossen gilt und wann genau die … vorgeschriebenen Angaben dem Versicherungsnehmer mitgeteilt werden müssen“ (vgl. Ratsprotokoll Nr. 2 zu Art. 31, Dok. 7307/92, auszugsweise abgedruckt bei Bücher, Der Referentenentwurf eines Dritten Durchführungsgesetzes/EWG zum VAG auf dem Prüfstand, Münsteraner Reihe Bd. 18, 1993, S. 13). Dass der historische Werdegang der Richtlinien-Gesetzgebung als Auslegungsmaßstab herangezogen werden kann, ist spätestens seit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 21.1.1992 – Rs. C-310/90 – Egle, Slg. 1992, I – 197, Tz 12, anerkannt. Im Lichte dieser Äußerung eines Gesetzgebungsorgans gewinnt der Erwägungsgrund Nr. 19 zu Art. 31 und Anhang II. A. der Richtlinie 92/96 EWG „Die den Mitgliedsstaaten belassene Möglichkeit, die Anwendung ihres eigenen Rechts für Versicherungsverträge vorzuschreiben, bei denen die Versicherungsunternehmen Verpflichtungen in ihrem eigenen Hoheitsgebiet eingehen, stellt deshalb eine hinreichende Sicherung für die Versicherungsnehmer dar. “ solche Eindeutigkeit und Klarheit, dass ein Verstoß der bundesdeutschen Regelung zum Vertragschlussmechanismus nach dem Policenmodell schlechterdings auszuschließen ist.
24 
(2) Überdies hat die Kommission die Zielsetzungen der Richtlinien 92/96 EWG und 2002/83/EG verkannt. Maßgeblicher Zweck der älteren der beiden Richtlinien war eine Harmonisierung des Versicherungsaufsichtswesens, erst in zweiter Linie der Verbraucherschutz. Auch die Richtlinie 2002/83/EG verfolgt nicht den Verbraucherschutz als oberstes Ziel. Im unmittelbaren Anschluss an den Erwägungsgrund Nr. 1, der darstellt, dass aus Gründen der Klarheit eine Neufassung der Vorgänger-Richtlinien erforderlich sei, beschreibt der Erwägungsgrund Nr. 2 den maßgeblichen Zweck der neugefassten Richtlinie dahin, dass „zur Erleichterung der Aufnahme und der Ausübung der Tätigkeiten der Lebensversicherung … gewisse Unterschiede zwischen dem Aufsichtsrecht der verschiedenen Mitgliedstaaten zu beseitigen [sind], wobei ein angemessener Schutz der Versicherten und der Begünstigten in allen Mitgliedstaaten gewahrt bleiben muss.“ Damit ist klargestellt, dass dem Verbraucherschutz ein mindestens gleichrangiger gesetzgeberischer Zweck zur Seite gestellt ist, nämlich die Tätigkeit der Lebensversicherer zu erleichtern. Der dem nationalen Gesetzgeber zur Umsetzung der Richtlinie eröffnete Gestaltungsspielraum muss daher so weit sein, dass sinnvolle Regelungen zur Verwirklichung beider Ziele möglich sind. Dies bedeutet zugleich, dass dem Verbraucherschutz nach dem im Europarecht geltenden Prinzip des „effet utile“ nicht der Vorrang in dem Sinne einzuräumen ist, dass der nationale Gesetzgeber bei der Richtlinien-Umsetzung den größtmöglichen „effet utile“ zu gewährleisten hätte. Im Hinblick auf den im Grundsatz gegenläufigen weiteren Zweck, auch den Versicherern die Aufnahme und Ausübung ihrer Tätigkeit zu erleichtern, bedarf es vielmehr eines Ausgleichs der widerstreitenden Verbraucher- und Unternehmerinteressen, in dessen Rahmen es genügt, dass der Verbraucherschutz praktisch so wirksam bleibt, dass er nicht ernsthaft gefährdet, sinnentleert oder in erheblichem Maße geschmälert wird. Das Policenmodell gem. § 5 a Abs. 1 S. 1, Abs, 2 S. 1 VVG a. F. erfüllt diese Anforderungen. Dass dem Versicherungsnehmer die „Widerspruchslast“ auferlegt wird, schmälert den „effet utile“ im Sinne europarechtlicher Vorgaben nicht in bedenklicher Weise. Zahlreiche andere, ausdrücklich dem Verbraucherschutz gewidmeten Vorschriften des Gemeinschaftsrechts verwirklichen den Verbraucherschutz durch Widerrufsrechte. In allen diesen Fällen hatten die europäischen Gesetzgebungsorgane keine Bedenken, dem Verbraucher eine „Widerrufslast“ aufzuerlegen. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die nicht ausschließlich dem Verbraucherschutz dienenden Richtlinien 92/96 EWG und 2002/83/EG insoweit strengere Anforderungen an den Verbraucherschutz stellen sollten als diejenigen Richtlinien, die ganz oder wenigstens vorrangig den Verbraucher schützen wollen. Dies gilt umso mehr, als die in gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften verankerten Widerrufsrechte echte Gestaltungsrechte sind, indem sie dem Verbraucher die Lösung von einem bereits bindend geschlossenen Vertrag ermöglichen, während im Falle des § 5 a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. die Gestaltungswirkung des Widerspruchsrechts vorverlagert ist, indem seine Ausübung schon den Eintritt der Bindungswirkung an die abgegebene Willenserklärung hindert.
25 
(3) Wie gering die Kommission die den Verbrauchern durch das Policenmodell drohenden Gefahren selbst nach ihrer eigenen Rechtsauffassung einschätzte, lässt sich aus dem Umstand ersehen, dass sie das Vertragsverletzungsverfahren mit Rücksicht auf die Neufassung des deutschen VVG einstellte. Von der Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens bis zum Inkrafttreten des neuen VVG dauerte es mehr als 1 1/2 Jahre, in denen noch eine Vielzahl von Versicherungsverträgen nach dem Policenmodell abgeschlossen wurden.
26 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Vollstreckbarkeitsentscheidung auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.