Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 27. Apr. 2010 - L 11 R 6027/09 B
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 4. Dezember 2009 aufgehoben. Der Klägerin wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart ab 11. Februar 2005 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung gewährt und Rechtsanwalt S., K., zu den Bedingungen eines Rechtsanwaltes beigeordnet, der seine Kanzlei am Wohnsitz der Klägerin oder am Sitz des Sozialgerichts Stuttgart hat.
Gründe
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Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 27. Apr. 2010 - L 11 R 6027/09 B
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Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 27. Apr. 2010 - L 11 R 6027/09 B zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen; § 181 des Gerichtsverfassungsgesetzes bleibt unberührt. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Landessozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Die Belehrung über das Beschwerderecht ist auch mündlich möglich; sie ist dann aktenkundig zu machen.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.
(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.
(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Beklagte begehrt Prozesskostenhilfe für ihre Rechtsverteidigung in erster Instanz.
- 2
- Die Kläger haben unter anderem die Beklagte zu 1 (im Folgenden: Beklagte ) auf Zahlung von Miete und Betriebskosten für eine Gewerbeeinheit in Anspruch genommen. Auf Antrag der Kläger hat das Landgericht Berlin im schriftlichen Vorverfahren gegen die Beklagte ein Versäumnis- und Schlussurteil erlassen, gegen das sie mit Schriftsatz vom 10. Juni 2008 Einspruch eingelegt hat mit der Begründung, sie sei nicht Mieterin der Räume. Zugleich hat sie beantragt, ihr Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Rechtsverteidigung zu bewilligen. Mit Verfügung vom 13. Juni 2008, die dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am 17. Juni 2008 zugestellt worden ist, hat das Landgericht den Klägern Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen unter anderem zu dem Prozesskostenhilfeantrag eingeräumt. Nachdem das Landgericht in dem anschließend ergangenen Einstellungsbeschluss vom 20. Juni 2008 zudem auf die Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung hingewiesen hatte, haben die Kläger mit Schriftsatz vom 1. Juli 2008 die Klage gegen die Beklagte zurückgenommen. Auf den entsprechenden Antrag der Beklagten hat das Landgericht den Klägern die außergerichtlichen Kosten der Beklagten auferlegt und am 7. August 2008 zugunsten der Beklagten einen Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen.
- 3
- Mit Beschluss vom 18. Dezember 2008 hat das Landgericht den Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Das Kammergericht hat die sofortige Beschwerde hiergegen zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.
II.
- 4
- Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.
- 5
- 1. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 574 Abs. 2 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen. Daran ist der Senat gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Dass Gegenstand des Verfahrens die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist, stand der Zulassung der Rechtsbeschwerde im Übrigen nicht entgegen. Denn die Rechtsbeschwerde wirft Fragen auf, die das Verfahren der Prozesskostenhilfe betreffen (Senatsbeschluss vom 18. Juli 2007 - XII ZA 11/07 - FamRZ 2007, 1720 Tz. 6).
- 6
- 2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
- 7
- Das Beschwerdegericht vertritt die Auffassung, dass Prozesskostenhilfe für die Rechtsverteidigung nicht mehr bewilligt werden könne, wenn im Zeitpunkt der Entscheidungsreife die Klage zurückgenommen worden sei und die beklagte Partei im Hinblick auf den ihr zustehenden Kostenerstattungsanspruch keine Kosten der Prozessführung aufbringen müsse.
- 8
- Diese Auffassung hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 9
- a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht allerdings davon ausgegangen, dass die Kläger vor Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs die Klage zurückgenommen haben.
- 10
- Für die gemäß § 114 Satz 1 ZPO vorzunehmende Erfolgsprognose ist der Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Beschlussfassung Entscheidungsgrundlage , wenn alsbald nach Entscheidungsreife entschieden wird. Zur Entscheidung reif ist das Prozesskostenhilfebegehren, wenn die Partei es schlüs- sig begründet, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt und wenn der Gegner Gelegenheit gehabt hat, sich innerhalb angemessener Frist zum Prozesskostenhilfegesuch zu äußern (Zöller/Philippi ZPO 27. Aufl. § 119 Rdn. 44 m.w.N.).
- 11
- Im vorliegenden Fall war entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde vor Eingang der Klagerücknahme am 1. Juli 2008 noch keine Entscheidungsreife eingetreten, da die Frist zur Stellungsnahme gemäß §§ 222 Abs. 1 ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB erst mit Ablauf des 1. Juli 2008 endete.
- 12
- b) Nicht zutreffend ist indessen die Auffassung des Beschwerdegerichts, wonach Prozesskostenhilfe nach Rücknahme der Klage nicht mehr bewilligt werden kann.
- 13
- Die Frage, ob bei Vorliegen der sachlichen und persönlichen Voraussetzungen auch nach Rücknahme der Klage vor Entscheidungsreife noch Prozesskostenhilfe für die Rechtsverteidigung zu bewilligen ist, ist vom Bundesgerichtshof bislang nicht entschieden. In Rechtsprechung und Literatur ist sie umstritten.
- 14
- aa) Die vom Senat mit Beschluss vom 30. September 1981 (- IVb ZR 694/80 - NJW 1982, 446) entschiedene Fallgestaltung ist mit der vorliegenden nicht vergleichbar. Dort ging es um die Frage, ob dem Revisionsbeklagten noch - das seinerzeit geltende - "Armenrecht" bewilligt werden könne, wenn der Revisionskläger seine Revision bereits zurückgenommen hat. Der Senat hat in der Entscheidung die Auffassung vertreten, dass dem Revisionsbeklagten im Allgemeinen das Armenrecht erst zu gewähren sei, wenn die Revision begründet worden sei und die Voraussetzungen für eine Verwerfung des Rechtsmittels nicht gegeben seien. Da der Revisionskläger die Revision vor ihrer Begründung zurückgenommen hatte, hat der Senat der Revisionsbeklagten das Armenrecht - außer für das Verfahren über die Verlustigkeitserklärung und die Kosten der Revision - versagt. Das Revisionsverfahren habe bis zur Zurücknahme des Rechtsmittels durch den Revisionskläger keinen Stand erreicht, in dem die Revisionsbeklagte zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Vertretung durch einen Revisionsanwalt bedurft habe (aaO S. 446). Im Ausschluss mutwilliger Rechtsverfolgung komme der Grundsatz zum Ausdruck, dass das Armenrecht nur in dem Umfang in Anspruch genommen werden könne, als es für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung (oder Rechtsverteidigung) notwendig sei. Der Partei, die auf Kosten der Allgemeinheit das Armenrecht in Anspruch nehme, müsse zugemutet werden, zulässige Maßnahmen erst dann vorzunehmen , wenn diese im Einzelfall wirklich notwendig würden (aaO S. 447). Die Entscheidung kann daher für die vorliegende Fallgestaltung nicht herangezogen werden.
- 15
- bb) Für die vorliegende Fallgestaltung wird zum einen vertreten, dass Prozesskostenhilfe für die Rechtsverteidigung nicht mehr bewilligt werden kann, wenn die Klage bereits bei Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs zurückgenommen worden war (OLG Hamburg OLGR 1997, 13; jeweils zur teilweisen Klagerücknahme: OLG Hamm [Beschluss vom 31. Januar 2003 - 11 WF 364/02 -] FamRZ 2003, 1761; OLG Celle OLGR 1999, 215; OLG Brandenburg OLGR 2007, 246; s. auch Sächsisches OVG, Beschluss vom 16. März 2004 - 5 E 27/04 - Juris; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 67. Aufl. § 114 Rdn. 94; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe 4. Aufl. Rdn. 483 [Fn. 10]; Zöller/Philippi aaO § 119 Rdn. 45 [s. aber auch § 117 Rdn. 2 c und § 114 Rdn. 25]). Etwas anderes soll nur dann gelten, wenn die Klage nach Entscheidungsreife zurückgenommen wird. Hat das Gericht die Bewilligungsentscheidung durch nachlässige Bearbeitung verzögert und ist dadurch eine ursprünglich bestehende Erfolgsaussicht nachträglich weggefallen, so soll Prozesskostenhilfe bewilligt werden können (OLG Hamm aaO; OLG Hamburg aaO).
- 16
- Dabei wird u.a. darauf abgestellt, dass der Rechtsstreit gemäß § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO nach Klagrücknahme als nicht anhängig geworden anzusehen sei, so dass eine Rechtsverteidigung nicht mehr möglich sei (vgl. OLG Hamburg aaO).
- 17
- cc) Nach der Gegenmeinung kann dem Beklagten auch nach Rücknahme der Klage und damit nach Abschluss des Verfahrens Prozesskostenhilfe für seine Rechtsverteidigung bewilligt werden (OLG Hamm [Beschluss vom 17. März 2004 - 11 WF 4/04 -] FamRZ 2005, 463; OLG Köln MDR 1997, 690; OLG Frankfurt NJW-RR 1995, 703; Zimmermann Prozesskostenhilfe 3. Aufl. Rdn. 265). Diese Auffassung wird u.a. damit begründet, dass man dem Beklagten die Möglichkeit für seine Rechtsverteidigung entziehen würde, wenn man die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Rechtsverteidigung nach Klagrücknahme ablehnen würde. Dass das Verteidigungsvorbringen so überzeugend sei, dass der Kläger mit der sofortigen Klagrücknahme reagiere, dürfe nicht zu Lasten des Beklagten gehen und zur Folge haben, dass dieser seinen Rechtsanwalt selbst bezahlen müsse (OLG Hamm aaO). Ferner wird darauf hingewiesen, dass die Bescheidung des Prozesskostenhilfeantrages nicht voraussetze , dass der Rechtsstreit schon oder noch anhängig sei; vielmehr handele es sich um zwei verschiedene Verfahren (OLG Köln aaO; OLG Frankfurt aaO).
- 18
- dd) Das Oberlandesgericht München (FamRZ 2001, 1309) vertritt eine vermittelnde Auffassung. Zwar kann auch seiner Ansicht nach die Rücknahme eines Antrages die Erfolgsaussicht entfallen lassen. Es stellt dabei aber maßgeblich darauf ab, ob das Gericht (zugunsten der Prozesskostenhilfe begehren- den Partei) bereits eine Kostenentscheidung erlassen habe (s. auch OLG Hamm FamRZ 2003, 1761); sei dies nicht der Fall, habe die Rechtsverteidigung noch Aussicht auf Erfolg, weil das Verfahren noch nicht endgültig abgeschlossen sei (OLG München aaO).
- 19
- c) Der Senat folgt der oben unter cc) genannten Auffassung, wonach dem Beklagten auch noch nach Rücknahme der Klage und damit nach Abschluss des Verfahrens Prozesskostenhilfe für seine Rechtsverteidigung bewilligt werden kann. Dies gilt ebenso, wenn der Beklagte gegen den Kläger einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch hat, dieser aber nicht durchsetzbar ist.
- 20
- aa) Gemäß § 114 Satz 1 ZPO ist Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn Rechtsverteidigung und Prozesskostenhilfeantragstellung bereits vor Klagerücknahme erfolgt waren und die Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte.
- 21
- Zwar weist die Gegenauffassung zutreffend darauf hin, dass mit der Klagrücknahme der Rechtsstreit gemäß § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO als nicht anhängig bzw. rechtshängig geworden anzusehen sei (vgl. etwa OLG Hamburg OLGR 1997, 13). Dieser Umstand steht einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe indes nicht entgegen. Denn § 114 Satz 1 ZPO setzt für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe die bereits oder noch bestehende Anhängigkeit des entsprechenden Hauptsacheverfahrens nicht voraus. Insoweit handelt es sich bei dem Prozesskostenhilfeverfahren einerseits und dem Hauptsacheverfahren andererseits um zwei verschiedene Verfahren (vgl. BGHZ 91, 311, 312; OLG Frankfurt NJW-RR 1995, 703; OLG Köln MDR 1997, 690).
- 22
- Der Bewilligung von Prozesskostenhilfe steht auch nicht entgegen, dass die Rechtsverteidigung bereits erfolgt ist. Denn § 114 Satz 1 ZPO setzt nicht voraus, dass die Rechtsverteidigung, für die um Prozesskostenhilfe nachgesucht wird, im Zeitpunkt der Entscheidung noch aussteht. Die Rechtsverteidigung kann vielmehr - wie hier - bei Antragsstellung auch schon begonnen haben (Musielak/Fischer ZPO 7. Aufl. § 114 Rdn. 13). Dem Beklagten ist es regelmäßig nicht zumutbar, sich auf eine Prüfung der Rechtsfragen im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren zu beschränken. Zutreffend weist das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm [Beschluss vom 17. März 2004 - 11 WF 4/04 -] FamRZ 2005, 463) darauf hin, dass man - folgte man der Gegenauffassung - dem Beklagten die Möglichkeit für seine Rechtsverteidigung entzöge. Denn in einem bereits anhängigen Verfahren, in dem Fristen laufen, wird er sich regelmäßig bereits in der Sache verteidigen müssen, will er nicht Rechtsnachteile hinnehmen. Um sich sachgerecht verteidigen zu können, wird er vielfach einen Rechtsanwalt beauftragen und dadurch Kosten verursachen müssen.
- 23
- Dies gilt umso mehr, wenn sich die beklagte Partei - wie im hier zu entscheidenden Fall - gegen ein bereits erlassenes Versäumnisurteil verteidigen will, weil dieses gemäß § 709 Nr. 2 ZPO ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist. Insoweit hat das Verfahren - anders als etwa bei einer noch nicht begründeten Revision (vgl. Senatsbeschluss vom 30. September 1981 - IVb ZR 694/80 - NJW 1982, 446) - einen Stand erreicht, in dem die beklagte Partei zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Vertretung eines Anwaltes bedurfte.
- 24
- Zudem spricht einiges dafür, dass die Klägerseite erst das - Erfolg versprechende - Verteidigungsvorbringen dazu veranlasst hat, die Klage zurückzunehmen (vgl. dazu auch OLG Hamm Beschluss vom 17. März 2004 - 11 WF 4/04 - FamRZ 2005, 463). Würde man hier Prozesskostenhilfe versagen, hinge es schließlich vom Zufall ab, nämlich vom Zeitpunkt der Klagerücknahme (vor oder nach Prozesskostenhilfebewilligung), ob der hilfsbedürftigen Partei der Anspruch auf Gewährung einer staatlichen Sozialleistung rückwirkend genommen wird.
- 25
- Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn die Beklagtenseite im Zeitpunkt der Klagerücknahme lediglich Prozesskostenhilfe beantragt, sich in der Sache aber noch nicht verteidigt hatte. Denn in diesem Fall fehlt es an einer Rechtsverteidigung. Da die Klage zurückgenommen wurde, bleibt auch kein Raum mehr für eine beabsichtigte Rechtsverteidigung. Würde man hier Prozesskostenhilfe bewilligen, liefe das auf Prozesskostenhilfe für das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren hinaus, worauf nach den §§ 114 ff. ZPO indes kein Anspruch besteht (BGHZ 91, 311; Musielak/Fischer aaO § 114 Rdn. 17).
- 26
- bb) Der Bewilligung von Prozesskostenhilfe steht auch der Umstand nicht entgegen, dass die Beklagte bei der hier gegebenen besonderen Fallgestaltung gegen den Kläger bereits einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch erlangt hatte.
- 27
- Es kann dahin stehen, ob der prozessuale Kostenerstattungsanspruch, der daraus resultiert, dass das Gericht dem Gegner der Prozesskostenhilfe begehrenden Partei die Kosten des Rechtsstreits auferlegt hat, einsetzbares Vermögen im Sinne von § 115 ZPO darstellt (so OLG Celle OLGR 2009, 532; OLG Köln FamRZ 1990, 642; Zöller/Philippi aaO § 115 Rdn. 49 b; a.A. LG Siegen MDR 1993, 1116). Denn der Einsatz dieses Anspruchs ist jedenfalls dann ausgeschlossen , wenn er gegen den Gegner nicht durchsetzbar ist (OLG Celle aaO; OLG Köln aaO; LG Siegen aaO). Nicht durchsetzbar ist der Kostenerstattungsanspruch auch, wenn dem Gegner gegen diesen Anspruch - wie hier - eine Aufrechnungsmöglichkeit zusteht (OLG Köln aaO).
- 28
- d) Der Senat kann in der Sache gemäß § 577 Abs. 5 ZPO abschließend entscheiden. Nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Beklagten sind die Voraussetzungen für Prozesskostenhilfe ohne Raten gemäß §§ 114, 115 ZPO erfüllt. Der Beklagten ist deshalb Prozesskostenhilfe zur Rechtsverteidigung in erster Instanz zu gewähren.
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 18.12.2008 - 32 O 651/07 -
KG Berlin, Entscheidung vom 06.04.2009 - 12 W 18/09 -
(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.
(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.
(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.
(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.
(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.
(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.
(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.
(1) Mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe setzt das Gericht zu zahlende Monatsraten und aus dem Vermögen zu zahlende Beträge fest. Setzt das Gericht nach § 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 mit Rücksicht auf besondere Belastungen von dem Einkommen Beträge ab und ist anzunehmen, dass die Belastungen bis zum Ablauf von vier Jahren ganz oder teilweise entfallen werden, so setzt das Gericht zugleich diejenigen Zahlungen fest, die sich ergeben, wenn die Belastungen nicht oder nur in verringertem Umfang berücksichtigt werden, und bestimmt den Zeitpunkt, von dem an sie zu erbringen sind.
(2) Die Zahlungen sind an die Landeskasse zu leisten, im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof an die Bundeskasse, wenn Prozesskostenhilfe in einem vorherigen Rechtszug nicht bewilligt worden ist.
(3) Das Gericht soll die vorläufige Einstellung der Zahlungen bestimmen,
- 1.
wenn die Zahlungen der Partei die voraussichtlich entstehenden Kosten decken; - 2.
wenn die Partei, ein ihr beigeordneter Rechtsanwalt oder die Bundes- oder Landeskasse die Kosten gegen einen anderen am Verfahren Beteiligten geltend machen kann.
(4) (weggefallen)
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Mit Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 24. April 2003 wurde der Antragstellerin für den ersten Rechtszug des Scheidungsverfahrens Prozeßkostenhilfe mit einer monatlichen Ratenzahlung von 45 € bewilligt. Das Familiengericht ging dabei von dem vom Antragsgegner gezahlten Barunterhaltin Höhe von insgesamt 1.554 € für die Antragstellerin und die beiden 1994 und 1997 geborenen, bei ihr lebenden Kinder aus sowie als weiterem Einkommen von dem monatlichen Kindergeld in Höhe von 308 €. Von dem Gesamteinkommen von 1.862 € zog das Familiengericht Beträge in Höhe von 157 € (halber Eckregelsatz als Mehrbedarf für Erwerbstätige), 360 € (Parteifreibetrag), 750 € (Kosten für Unterkunft und Heizung) sowie von 462 € (sonstiger Unterhaltsfreibetrag ) ab, so daß ein einzusetzendes Einkommen von 133 € verblieb. Auf Antrag der Antragstellerin, die Ratenzahlungsverpflichtung aufzuheben , weil sie selbst lediglich über einen Trennungsunterhalt in Höhe von 1.035 € verfüge, erließ der Rechtspfleger des Amtsgerichts am 4. September 2003 einen Beschluß, mit dem er die von der Antragstellerin zu leistenden Ratenzahlungen von 45 € auf 75 € erhöhte, obwohl sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht geändert hatten. Dagegen hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie weiterhin Gewährung ratenfreier Prozeßkostenhilfe erstrebt hat. Das Oberlandesgericht hat den angefochtenen Beschluß mit der Maßgabe aufgehoben, daß die Antragstellerin auf die Kosten der Prozeßführung monatliche Raten von 45 € anstelle der im Beschluß vom 4. September 2003 festgesetzten Raten von 75 € zu entrichten hat. Mit der hiergegen gerichteten - zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr bisheriges Begehren weiter.
II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil das Beschwerdegericht sie gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtspre-chung zugelassen hat. Daran ist der Senat gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Zwar kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bei der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) oder der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozeßkostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (Senatsbeschluß vom 4. August 2004 - XII ZA 6/04 - FamRZ 2004, 1633, 1634; BGH Beschluß vom 21. November 2002 - V ZB 40/02 - FamRZ 2003, 671). Das ist hier indessen der Fall, da die Antragstellerin geltend macht, die Voraussetzungen ratenfreier Prozeßkostenhilfe lägen vor. 2. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache aber keinen Erfolg. Der Antragstellerin ist keine zu hohe Ratenzahlungsverpflichtung auferlegt worden. Es verbleibt vielmehr bei den nach dem Beschluß vom 24. April 2003 aufzubringenden Zahlungen.
a) Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2004, 382 veröffentlicht ist, hat der Ermittlung des nach § 115 ZPO einzusetzenden Einkommens der Antragstellerin die Berechnung des Amtsgerichts im Beschluß vom 24. April 2003 zugrundegelegt, da der Beschluß des Rechtspflegers gemäß § 120 Abs. 4 ZPO nicht habe ergehen dürfen. Es hat im wesentlichen ausgeführt : Das Amtsgericht habe der Antragstellerin zwar zu Unrecht den vom Antragsgegner gezahlten Kindesunterhalt als Einkommen zugerechnet. Ferner habe es fehlerhaft den halben Eckregelsatz mit 157 € in Abzug gebracht, obwohl die Antragstellerin nicht erwerbstätig sei. Darüber hinaus habe es einen sonstigen Unterhaltsfreibetrag von 462 € als abzugsfähig anerkannt, ohne die-
sen zu erläutern. Zu Recht habe es allerdings das staatliche Kindergeld von insgesamt 308 € dem Einkommen der Antragstellerin hinzugerechnet. Das Kindergeld sei grundsätzlich Einkommen desjenigen Elternteils, der es erhalte. Es stehe nicht den Kindern, sondern im vorliegenden Fall der Antragstellerin zu. Dementsprechend erhöhe es ihr Einkommen, und zwar in vollem Umfang der Zahlung, da unterhaltsrechtliche Verrechnungsgesichtspunkte bei der Ermittlung des nach § 115 ZPO einzusetzenden Einkommens nicht zu berücksichtigen seien. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.
b) Die Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit Kindergeld bei einem Prozeßkostenhilfeantrag eines Elternteils als dessen Einkommen zu berücksichtigen ist, wird in der Rechtsprechung und im Schrifttum nicht einheitlich beantwortet. Zum einen wird vertreten, das Kindergeld habe außer Betracht zu bleiben , weil es sich um eine zweckbestimmte Sozialleistung handele, die dazu bestimmt sei, Familien oder Einzelpersonen mit Kindern zu entlasten und deshalb nicht dazu dienen könne, einen Prozeß der Eltern zu finanzieren. Demgegenüber hält die wohl herrschende Meinung das Kindergeld für sozialhilferechtlich anrechenbares und deshalb auch bei der Prozeßkostenhilfe einsetzbares Einkommen desjenigen Elternteils, an den es gezahlt wird. Schließlich wird die Auffassung vertreten, das Kindergeld sei bei jedem Elternteil zur Hälfte zu berücksichtigen bzw. den Eltern jeweils nach dem Umfang ihrer Unterhaltsleistung als Einkommen zuzurechnen (vgl. zum Meinungsstand etwa die Nachweise bei Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe 3. Aufl. Rdn. 231; Zimmermann Prozeßkostenhilfe in Familiensachen 2. Aufl. Rdn. 55; Wohlgemuth FPR 2003, 60).
c) Ausgangspunkt der Beurteilung, welche Behandlung das Kindergeld im Rahmen der wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozeßkostenhilfe zu erfahren hat, muß die Bestimmung des § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO sein. Danach gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Diese Definition stimmt wörtlich mit derjenigen des § 76 Abs. 1 BSHG bzw. der entsprechenden Bestimmung des § 82 Abs. 1 des seit dem 1. Januar 2005 geltenden Sozialgesetzbuches XII überein. Auch hinsichtlich der vom Einkommen vorzunehmenden Abzüge wird in § 115 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf § 76 Abs. 2 und 2 a BSHG bzw. § 82 Abs. 2 und 3 SGB XII verwiesen. Daraus wird deutlich, daß der Einkommensbegriff des § 115 Abs. 1 ZPO an denjenigen des Sozialhilferechts anknüpft. Dies erklärt sich auch daraus, daß Prozeßkostenhilfe eine Form der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege darstellt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist Kindergeld grundsätzlich sozialhilferechtlich anrechenbares Einkommen. Das gilt auch nach der steuerrechtlichen Regelung des Kindergeldes in §§ 61, 62 ff. EStG und nach dem Bundeskindergeldgesetz in der Fassung des Art. 2 Jahressteuergesetz 1996 vom 11. Oktober 1995 - BGBl. I 1250, 1378 - (BVerwGE 114, 339, 340 m.w.N.). Diese Beurteilung ist durch die seit dem 1. Januar 2000 vorgeschriebene Absetzung des Kinderfreibetrages vom Einkommen (§ 76 Abs. 2 Nr. 5 BSHG) bestätigt worden, durch die der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht hat, daß das Kindergeld grundsätzlich zum Einkommen gehören soll (vgl. Brühl in LPK-BSHG 6. Aufl. § 77 Rdn. 47). Die gesetzgeberische Bewertung hat inzwischen in eingeschränktem Umfang eine Änderung erfahren. Nach § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ist bei Minderjährigen das Kindergeld dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts benötigt wird. Nur in Höhe des darüber hinausgehenden Betrages ist Kindergeld demzu-
folge Einkommen der Eltern, und zwar aus sozialhilferechtlicher Sicht, die mit der unterhaltsrechtlichen nicht deckungsgleich ist, desjenigen Anspruchsberechtigten , dem es gemäß §§ 64 EStG, 3 BKGG zufließt. Diese Zurechnung des Kindergeldes beim minderjährigen Kind, das typischerweise in einem gemeinsam wirtschaftenden Familienhaushalt lebt, hat zum Ziel, die Sozialhilfebedürftigkeit möglichst vieler Kinder zu beseitigen (vgl. BT-Drucks. 15/1514 S. 65).
d) Der vorgenannten gesetzlichen Änderung kommt wegen der Bezogenheit des Einkommensbegriffs des § 115 Abs. 1 ZPO auf denjenigen des Sozialhilferechts auch für die Prüfung der wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozeßkostenhilfe Bedeutung zu. Kindergeld ist danach lediglich insoweit zum Einkommen eines Elternteils zu rechnen, als es nicht zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts eines minderjährigen Kindes zu verwenden ist. Der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts (außerhalb von Einrichtungen ) mit Ausnahme von Leistungen für Unterkunft und Heizung sowie Sonderbedarf nach den §§ 30 bis 34 SGB XII wird nach Regelsätzen erbracht (§ 28 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Die Landesregierungen setzen durch Rechtsverordnung zum 1. Juli eines jeden Jahres die Höhe der monatlichen Regelsätze im Rahmen der Rechtsverordnung nach § 40 SGB XII fest (§ 28 Abs. 2 Satz 1 SGB XII). Da entsprechende auf dem neuen Recht basierende Verordnungen derzeit noch nicht verfügbar sind, jedenfalls aber keine Wirksamkeit zu entfalten vermögen, kann zur Ermittlung des notwendigen Lebensunterhalts nur auf die in § 115 Abs. 1 Nr. 2 ZPO für weitere Unterhaltsberechtigte vorgesehenen Freibeträge in Höhe von 45 % des - im Zeitpunkt der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe geltenden - Grundbetrages nach § 79 Abs. 1 Nr. 1, § 82 BSHG abgestellt werden. Mit Rücksicht darauf, daß der Ermittlung des Freibetrages der höchste Regelsatz der Länder sowie - bei Unterhaltsberechtigten - ein Zuschlag für einmalige Leistungen bei laufender Hilfe zum Lebensunterhalt von 18,5 %
zugrunde liegen, kann davon ausgegangen werden, daß damit das Existenzminimum eines Kindes (ohne die Kosten der Unterkunft und Heizung, die ohnehin vom Einkommen des Antragstellers abzusetzen sind) zumindest bis zum vollendeten 14. Lebensjahr gewährleistet ist (vgl. Zöller/Philippi ZPO 25. Aufl. § 115 Rdn. 34 sowie zur Berechnung: Regierungsentwurf zum Prozeßkostenhilfeänderungsgesetz , BT-Drucks. 12/6963 S. 9, 23). Denn die Regelung wird den Anforderungen gerecht, die das Bundesverfassungsgericht an eine Typisierung des Existenzminimums gestellt hat (vgl. BVerfGE 87, 153, 172). Mit der Wahrung des Existenzminimums im Rahmen der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe ist zugleich sichergestellt, daß auch der bedürftigen Partei die Prozeßführung nicht unmöglich gemacht wird, selbst wenn sie sich an den Kosten zu beteiligen hat (vgl. BVerfGE 78, 104, 117 f.).
e) Danach begegnet es im vorliegenden Fall keinen Bedenken, daß das volle Kindergeld dem Einkommen der Antragstellerin hinzugerechnet worden ist. Der notwendige Lebensunterhalt der Kinder, der mit dem im Zeitpunkt der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe geltenden Freibetrag von jeweils 253 € (§ 115 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) zu bemessen ist, wird durch die Unterhaltsleistungen des Antragsgegners von jeweils 259,50 € gewährleistet. Die Kosten der Unterkunft und Heizung, durch die auch der Wohnbedarf der Kinder gedeckt wird, sind von dem Einkommen der Antragstellerin in Abzug gebracht worden. Ein für diese günstigeres Ergebnis würde sich im übrigen auch dann nicht ergeben, wenn als Existenzminimum der Kinder 135 % des Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung (vgl. Senatsurteil vom 22. Januar 2003 - XII ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363, 365 f.) zugrunde gelegt würden. Diese würden sich (in der zweiten Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle) auf jeweils 308 € monatlich belaufen, die bis auf 48,50 € (308 € abzüglich 259,50 €) durch die Unterhaltsleistungen des Antragsgegners bestritten werden könnten. Dieser
restliche Betrag liegt jedenfalls unter den anteiligen Wohnkosten der Kinder, die ohnehin als abzugsfähig anerkannt worden sind.
f) Nach alledem ist die der Antragstellerin auferlegte Ratenzahlung nicht zu beanstanden. Ihr Einkommen beläuft sich auf insgesamt 1.343 € (Unterhalt: 1.035 €; Kindergeld: 308 €). Davon sind abzusetzen: der Parteifreibetrag von 360 €, die Kosten der Unterkunft von 750 € sowie - zugunsten der Antragstellerin - vom Amtsgericht zu Unrecht in Abzug gebrachte weitere 100 € (157 € + 462 € = 619 € abzüglich zu Unrecht angesetztes Einkommen von 519 €). Von dem verbleibenden Einkommen von 133 € sind nach der Tabelle in § 115 Abs. 1 Satz 4 ZPO monatliche Raten von 45 € zu zahlen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.
(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.
(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.
(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.
(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.
(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.
(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.
(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.