Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 24. Feb. 2016 - L 5 KA 5799/11

bei uns veröffentlicht am24.02.2016

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.12.2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen, für das Berufungsverfahren mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 46.316,87 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über eine im Wege sachlich-rechnerischer Berichtigung verfügte Honorarkürzung für die Quartale 2/2006 bis 2/2008.
Der während des Berufungsverfahrens am 28.11.2013 verstorbene Kläger (im Folgenden Arzt) - dessen Rechtsnachfolgerin den Rechtsstreit fortführt - nahm als Facharzt für Orthopädie mit Sitz in R. an der vertragsärztlichen Versorgung teil.
Im Jahr 2007 überprüfte der bei der Bezirksdirektion R. der Beklagten eingerichtete Plausibilitätsausschuss die vom Arzt im Quartal 2/2006 für endoskopisch-arthroskopische Eingriffe am Meniskus (im Folgenden: Meniskusresektion) abgerechneten Leistungen wegen Auffälligkeiten in der Tagesarbeitszeit. Für Meniskusresektionen sind - soweit hier von Belang - folgende Regelungen des vertragsärztlichen Vergütungsrechts (Gebührennummern - GNR - des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen - EBM) maßgeblich:
EBM Fassung (ab 01.04.2005) bis Quartal 1/2007:
GNR 31142 Endoskopischer Gelenkeingriff (Arthroskopie) der Kategorie E 2
Obligater Leistungsinhalt
- Chirurgischer Eingriff der Kategorie E 2 entsprechend Anhang 2
Fakultativer Leistungsinhalt
- Ein postoperativer Arzt-Patienten-Kontakt
10 
11 
Bewertung: 5380 Punkte
12 
GNR 31143 Endoskopischer Gelenkeingriff (Arthroskopie) der Kategorie E 3
13 
Obligater Leistungsinhalt
14 
- Chirurgischer Eingriff der Kategorie E 3 entsprechend Anhang 2
15 
Fakultativer Leistungsinhalt
16 
- Ein postoperativer Arzt-Patienten-Kontakt
17 
18 
Bewertung: 7580 Punkte
19 
EBM Fassung ab Quartal 2/2007 bis 2/2008:
20 
GNR 36142 Endoskopischer Gelenkeingriff (Arthroskopie) der Kategorie E 2
21 
Obligater Leistungsinhalt
22 
- Chirurgischer Eingriff der Kategorie E 2 entsprechend Anhang 2
23 
24 
Bewertung: 3305 Punkte
25 
GNR 36143 Endoskopischer Gelenkeingriff (Arthroskopie) der Kategorie E 3
26 
Obligater Leistungsinhalt
27 
- Chirurgischer Eingriff der Kategorie E 3 entsprechend Anhang 2
28 
29 
Bewertung: 4955 Punkte
30 
Der in den genannten GNRn des EBM bezeichnete Anhang 2 betrifft die Zuordnung der arthroskopischen Eingriffe zu dem vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) für Operationen herausgegebenen Schlüssel für Operationen und sonstige medizinische Prozeduren - OPS - (vgl. § 295 Abs. 1 Satz 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V). Die hier einschlägigen OPS-Nrn. haben folgenden Wortlaut:
31 
OPS-Nr. 5-812.5: Arthroskopische Operation am Gelenkknorpel und an den Menisken: Meniskusresektion partiell“.
32 
Der Eingriff ist der Kategorie E 2 zugeordnet, wofür eine Schnitt-Naht-Zeit von 15 bis 30 Minuten vorgesehen ist.
33 
OPS-Nr. 5-812.6: „Arthroskopische Operation am Gelenkknorpel und an den Menisken: Meniskusresektion total“.
34 
Der Eingriff ist der Kategorie E 3 zugeordnet, wofür eine Schnitt-Naht-Zeit von 30 bis 45 Minuten vorgesehen ist.
35 
Mit Schreiben vom 19.06.2007 erläuterte der Arzt sein Abrechnungsverhalten bei Meniskusresektionen. Für Meniskusresektionen setze er meist die im EBM für die totale Meniskusresektion vorgesehene GNR an. Eine „totale“ Meniskektomie im „anatomischen Sinne“ führe allerdings kein Arzt durch, da in diesem Fall der fest mit der Kapsel verwachsene Innenmeniskus mitsamt Kapsel und Innenbandteilen entfernt werden müsste. Vielmehr bleibe immer ein circulärer Ring übrig, weshalb das Resultat des Eingriffs einer (anatomisch) „totalen“ Meniskusresektion (eigentlich) nicht entspreche. Mit der GNR des EBM für die totale Meniskusresektion könne daher nur die „funktionell komplette“ Meniskusresektion gemeint sein und die GNR für die Teilresektion könne nur die Entfernung eines kleinen Lappenanteils, der nicht bis zur Basis gehe und sich deswegen - im funktionellen Sinne - nur teilweise auswirke, betreffen. Sobald die Basis des Meniskus an einer Stelle durchschnitten werde, handele es sich um eine „funktionell komplette“ Meniskusentfernung. Die Umwandlung der Drucklast in Zugkräfte sei durch diesen Schnitt gestört und es komme zu Querfriktionen, die dann letztlich auch für die Schmerzen des Patienten verantwortlich seien. Der Meniskus sei nur an seiner Basis gefäß- und nervenversorgt, so dass relevante Meniskusbeschwerden nur auftreten könnten, wenn auch die Basis mit betroffen sei. Das bedinge im therapeutischen Sinne meistens die Notwendigkeit einer „funktionell kompletten“ Meniskusresektion. In praktischer Hinsicht verlange er vor jeder Operation eine kernspintomographische Untersuchung; er operiere nur klinisch und kernspintomographisch relevante Menisken. Der Operationsverlauf werde auf einem Video dokumentiert, das der Patient erhalte. Bei jeder Meniskusresektion oder Teilresektion würden alle Abschnitte des Meniskus bearbeitet, beginnend im Hinterhorn. An der Stelle der Basisbeteiligung werde dann bis zur Kapsel reseziert. Darin liege seiner Ansicht nach die „funktionell komplette“ Meniskusresektion. Eine „anatomisch komplette“ Meniskusresektion gebe es nicht, weswegen eine entsprechende Regelung des vertragsärztlichen Gebührenrechts ins Leere ginge.
36 
Mit Schreiben vom 07.12.2007 teilte der Plausibilitätsausschuss dem Arzt mit, man habe sich in einer Sitzung vom 27.08.2007 abschließend mit den Abrechnungsunterlagen des Quartals 2/2006 befasst. Dabei sei festgestellt worden, dass der Arzt Meniskusresektionen vorwiegend als totale Meniskusresektion nach GNR 31143 bzw. GNR 31143 K EBM abrechne und nicht als Teilmeniskusresektion nach GNR 31142 bzw. GNR 31142 K EBM. Aufgrund der vorliegenden OP-Berichte sei man unter Hinzuziehung des Fachreferenten für Abrechnungsmanagement zu der Auffassung gelangt, dass zwar die Resektion des gesamten Meniskus vom Vorder- bis zum Hinterhorn unter Belassen einer Randleiste als Meniskustotalresektion abrechenbar sei. Die Resektion (nur) eines funktionellen Teils, wie beispielsweise des Hinterhorns bis auf eine Randleiste, stelle demgegenüber nur eine Teilresektion i. S. d. GNR 31142 bzw. GNR 31142 K EBM dar. Die Abrechnungen, die nach den Angaben der OP-Berichte nur Teilresektionen beträfen, sollten daher entsprechend sachlich-rechnerisch berichtigt werden; hierfür werde die Angelegenheit an die Beklagte abgegeben.
37 
Am 13.08.2008 fand bei der Beklagten eine Besprechung mit dem Arzt unter Beteiligung eines Sachverständigen statt. Dabei wurden Videodokumentationen über 20 Meniskusresektionen, die der Arzt im Quartal 2/2006 durchgeführt hatte, in Augenschein genommen. Der Arzt hatte die Eingriffe jeweils der OPS-Nr. 5-812.6 zugeordnet und als „arthroskopische Operation am Knorpel und an den Menisken: Meniskusresektion, total“ bezeichnet.
38 
Mit Bescheid vom 11.11.2008 verfügte die Beklagte Honorarkürzungen im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung für die Quartale 2/2006 bis 2/2008 wie folgt:
39 
Quartal
Kürzungsbetrag/EUR
2/2006
5.827,88
3/2006
6.363,94
4/2006
5.369,06
1/2007
4.249,20
2/2007
5.398,84
3/2007
4.660,82
4/2007
3.507,82
1/2008
6.165,41
2/2008
4.773,90
Summe 
46.316,87
40 
Zur Begründung führte sie aus, der Plausibilitätsausschuss habe die Abrechnungsunterlagen des Quartals 2/2006 wegen Auffälligkeiten der Tagesarbeitszeit geprüft. Bei den zeitauffälligen Tagen handele es sich ausschließlich um OP-Tage, weshalb die Berichte über die OP-Leistungen eingesehen und beurteilt worden seien. Dabei habe der Plausibilitätsausschuss festgestellt, dass der Arzt Meniskusresektionen als totale Meniskusresektion nach GNR 31143 K EBM (endoskopischer Gelenkeingriff - Arthroskopie - der Kategorie E 3) abgerechnet habe, obwohl diese ausweislich der OP-Berichte lediglich als Teilmeniskusresektionen nach GNR 31142 K EBM (endoskopischer Gelenkeingriff - Arthroskopie - der Kategorie E 2) abzurechnen gewesen wären. Die Auffassung des Arztes, wonach unter einer „totalen“ Meniskusresektion (nach GNR 31143 K EBM) nicht die „anatomisch-totale“, sondern die „funktionell-totale“ Meniskusresektion zu verstehen sei, teile der Plausibilitätsausschuss nicht. Die Resektion (nur) eines funktionellen Teils des Meniskus, wie beispielsweise des Hinterhorns bis auf eine Randleiste, stelle eine totale Resektion i. S. d. OPS-Nr. 5-812.6 (des Anhangs 2 zum EBM) nicht dar, weshalb in diesem Fall (nur) die für Teilresektionen vorgesehene GNR 31142 K EBM, nicht jedoch die für Totalresektionen vorgesehene GNR 31143 K EBM angesetzt werden dürfe. Als totale Meniskusresektion i. S. d. OPS-Nr. 5-812.6 sei nach Auffassung des Plausibilitätsausschusses nur die Resektion des gesamten Meniskus vom Vorder- bis zum Hinterhorn unter Belassen einer Randleiste einzustufen. Die am 13.08.2008 in Augenschein genommenen Videodokumentationen über 20 im Quartal 2/2006 durchgeführte Meniskusresektionen zeigten überwiegend ausgedehnte Teilresektionen. Hierzu habe der Arzt seine Auffassung bekräftigt, wonach die funktionell vollständige Resektion des Vorder- oder Hinterhorns als totale Meniskusresektion abgerechnet werden dürfe. Im Hinblick darauf habe man auf die Durchsicht weiterer Videodokumentationen des Quartals 2/2006 im gegenseitigen Einvernehmen verzichtet. Der Arzt habe erklärt, er habe die Meniskusresektionen auch in den Folgequartalen in gleicher Weise durchgeführt und abgerechnet. Der Arzt habe die der OPS-Nr. 5-812.6 zugeordnete Operation (arthroskopische Operation am Gelenkknorpel und an den Menisken: Meniskusresektion total) seit dem Quartal 2/2006 als ambulante und stationäre Operation durchgeführt und nach der GNR 31143 K EBM bzw. ab dem Quartal 2/2007 nach der GNR 36143 EBM (i. V. m. den entsprechenden Kostenpauschalen) wie folgt abgerechnet.
41 
Quartal
GNR 31143
GNR 31143 K
GNR 36143
2/2006
19
32
        
3/2006
13
35
        
4/2006
8
39
        
1/2007
10
27
        
2/2007
2
32
7
3/2007
2
25
12
4/2007
5
23
6
1/2008
5
31
11
2/2008
6
23
12
42 
Ausweislich der OP-Berichte und der Videodokumentationen habe der Arzt aber nur partielle Meniskusresektionen, die der OPS-Nr. 5-812.5 zuzuordnen seien, erbracht; er hätte die Leistungen daher nach GNR 31142 K bzw. GNR 36142 EBM abrechnen müssen. Im Einvernehmen mit dem Beigeladenen zu 1) sei man der Auffassung, dass für die Abrechnung arthroskopischer Operationen nach den GNRn 31143 K bzw. 36143 EBM i. V. m. der OPS-Nr. 5-812.6 eine vollständige Resektion des gesamten Meniskus zu erfolgen habe. Das erfordere eine relevante, quasi vollständige Abtragung im Bereich des Vorder- und Hinterhorns sowie der Pars intermedia, ggf. unter Belassen einer Randleiste. Die abweichende Auffassung des Arztes, wonach für die Abrechnung einer „totalen“ Meniskusresektion auch die (bloße) Resektion eines funktionellen Teils, etwa des Hinterhorns bis auf eine Randleiste, genüge, teile man nicht. Zwar sei nachvollziehbar, dass (anatomisch) vollständige Meniskusresektionen praktisch kaum durchführbar seien, zumal nach bundesweiten Statistiken überwiegend partielle Meniskektomien vorgenommen würden, die offensichtlich auch zu besseren Ergebnissen als die totale Resektion führten. Wegen des klaren Wortlauts der (von den einschlägigen GNRn in Bezug genommenen) OPS-Nrn. 5-812.6 bzw. 5-812.5, die die Begriffe „total“ bzw. „partiell“ verwendeten, könne als totale Meniskusresektion nach GNR 31143 K und 36143 EBM gleichwohl nur die vollständige Resektion eines Meniskus (Vorder- bis Hinterhorn unter Belassen einer Randleiste) abgerechnet werden. Man habe die Ansätze der GNRn 31143 K und 36143 EBM daher als partielle Meniskusresektionen behandelt und die hierfür maßgeblichen GNRn angesetzt und außerdem die zugehörigen Kostenpauschalen angepasst. Ausgehend vom Quartal 2/2006 seien entsprechende Berichtigungen auch für die Folgequartale bis zum Quartal 2/2008 vorgenommen worden, da der Arzt das in Rede stehende Abrechnungsverhalten auch in den Folgequartalen in gleicher Weise praktiziert habe. Von der Berichtigung betroffen seien nur (ausschließlich) der OPS-Nr. 5-812.6 zugeordnete Ansätze der GNRn 31143 K bzw. 36143 EBM, nicht jedoch Operationen mit weiteren OPS-Nrn. Die von der Honorarberichtigung betroffenen Fälle wurden in einer dem Bescheid beigefügten Anlage aufgeführt.
43 
Am 25.11.2008 erhob der Arzt Widerspruch. Zur Begründung trug er (erneut) vor, der EBM könne keine GNRn enthalten, deren Leistungsinhalt niemand erfüllen könne. Eine (anatomisch) totale Meniskusresektion gebe es nicht, weshalb mit der OPS-Nr. 5-812.6 die funktionelle komplette Meniskusresektion gemeint sein müsse. Die OPS-Nr. 5-812.5 für die partielle Meniskektomie gelte für Operationen, bei denen nicht in allen Teilen des Meniskus gearbeitet werde. Werde jedoch sowohl im Vorder- als auch im Hinterhorn und auch im Bereich der Pars intermedia eines Meniskus reseziert und werde hierbei an manchen Stellen auch die Kapsel erreicht, so bewirke das eine funktionelle komplette Meniskektomie und es verblieben in allen Anteilen des Meniskus (anatomisch) nur noch Reste des ursprünglichen Meniskusgewebes, wobei diese im Vorderhornbereich noch etwas ausgedehnter sein könnten. Anatomisch komplette Meniskusresektionen würden in der Praxis nicht oder allenfalls in ganz vereinzelten Ausnahmefällen durchgeführt.
44 
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, worauf der Arzt am 10.09.2009 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhob.
45 
Er trug unter Bekräftigung des bisherigen Vorbringens vor, die Ansicht der Beklagten, wonach unter einer totalen Meniskusresektion im Sinne des vertragsärztlichen Vergütungsrechts nur eine (anatomisch) vollständige Resektion des gesamten Meniskus zu verstehen sei, treffe nicht zu. Vielmehr genüge es, wenn der Meniskus funktionell total reseziert werde. Die Auffassung der Beklagten widerspreche der gängigen medizinischen Nomenklatur, der Entstehungsgeschichte des EBM und führe zu nicht praktikablen Ergebnissen. In der orthopädischen Literatur würden drei Arten der Meniskusentfernung unterschieden: Die partielle Meniskusresektion mit der Entfernung von weniger als 50 % der Meniskussubstanz unter Erhalt des Faserrings, die subtotale Meniskusresektion mit der Entfernung von mehr als 50 % der Meniskussubstanz unter Erhalt des Faserrings und die totale Meniskektomie; unter Letzterer verstehe die orthopädische Wissenschaft jede Meniskusresektion, bei der funktionell die Randleiste verletzt werde, auch bei erhaltenem Restmeniskus. Die von der sachlich-rechnerischen Berichtigung erfassten Meniskusresektionen hätten das Ringsystem unterbrochen, wobei allerdings noch ein mehr oder weniger großer Rest an Meniskusanteilen zurückgeblieben sei. Nach der dargestellten Begriffsbildung in der Fachliteratur seien die Eingriffe als totale Meniskusresektion einzustufen; für das vertragsärztliche Vergütungsrecht könne nichts anderes gelten. Die Auslegung der GNRn des EBM, die von fachkundigen Ärzten verfasst worden seien, müsse sich am Begriffsverständnis (hier) der orthopädischen Fachkreise orientieren. Meniskusresektionen seien vor Inkrafttreten des EBM 2000plus Gegenstand der GNRn 2445 und 2447 EBM a. F. gewesen. Diese hätten folgenden Wortlaut gehabt:
46 
GNR 2445 EBM a.F.
47 
Diagnostische arthroskopische Operation, ggf. einschl. Entnahme von Gewebeproben aus Weichteilen, Knorpel oder Knochen und/oder Plica-(Teil-)Resektion, Entfernung von Synovalzotten, (Teil-)Resektion des Hoffa´schen Fettkörpers, Knorpelglättung und/oder Herausspülen freier Gelenkkörper einschl. Kosten.
48 
GNR 2447 EBM a. F.
49 
Resezierende arthroskopische Operation und/oder arthroskopische Kapsel-Band-Spaltung und/oder arthroskopisch-instrumentelle Entfernung freier Gelenkkörper und/oder (sub-)totale Synovektomie, einschl. Kosten.
50 
Die genannten GNRn hätten nicht zwischen der totalen und der partiellen Resektion unterschieden. Deswegen sei der Leistungsinhalt der GNR 2445 EBM a.F. nur in solchen Fällen erfüllt worden, in denen ausschließlich eine (Knorpel-)Glättung durchgeführt worden sei. Dagegen habe der Arzt nahezu jeden Eingriff, bei dem auch nur ein kleiner Bereich des Meniskus reseziert worden sei, unterschiedslos wie eine umfangreichere und wesentlich anspruchsvollere Entfernung des Meniskus mit Unterbrechung der Randleiste abrechnen können. Das habe man mit der Neuregelung ändern wollen. Hierzu habe die Beigeladene zu 1) seinerzeit eine Stellungnahme abgegeben, die allerdings nur bei Kenntnis der Anatomie des Meniskus zu verstehen sei. Anatomisch könne der Meniskus in Längsrichtung in drei Zonen eingeteilt werden. Der jeweils am weitesten außen liegende Teil werde als „rot-rote Zone“ bezeichnet, weil dort eine intensive Durchblutung vorhanden sei. Das mittlere Drittel sei die „rot-weiße Zone“ mit geringer durchblutetem Gewebe. Beim innersten Teil des Meniskus handele es sich um die „weiß-weiße Zone“ ohne Durchblutung. Hierauf bezogen habe die KBV in der genannten Stellungnahme ausgeführt, von einer totalen Meniskusresektion sei auszugehen, wenn verbleibende Meniskusreste höchstens noch an den Anhaftungsstellen (Hinterhorn- und Vorderhornaufhängung) nachweisbar seien. Die partielle Meniskusresektion sei davon deutlich abzugrenzen. Bei ihr werde nur der innere, schlechter durchblutete Meniskusteil entfernt. Diese Darlegungen verdeutlichten, dass die partielle Meniskusresektion diejenigen Eingriffe habe betreffen sollen, bei denen (nur) in der „weiß-weißen Zone“ bzw. in der „rot-weißen Zone“ eine Meniskusabtragung durchgeführt werde. Demgegenüber sei eine Operation, die bis in die „rot-rote Zone“ vordringe, als totale Meniskusresektion einzustufen. Man habe geringfügige Meniskusresektionen (vergütungsrechtlich) anders (geringer) bewerten wollen als solche Eingriffe, bei denen der Arzt in allen drei Zonen des Meniskus operiere. Nach der dargestellten Begriffsbildung der (orthopädischen) Anatomie könne es auch nicht darauf ankommen, ob bei einer solchen (Total-)Operation von der „rot-roten Zone“ noch mehr oder weniger geringe anatomische Teile zurückblieben, sofern diese Zone nur an jedenfalls einer Stelle gänzlich bis zur Randleiste durchbrochen werde. Die anatomischen Gegebenheiten verdeutlichten außerdem, dass eine „vollständige“ Meniskusresektion, bei der nach dem Eingriff keinerlei Meniskuszellen mehr nachweisbar seien, schon theoretisch gar nicht vorstellbar sei und sich in der Begriffsbildung auch nicht mit den von den Fachkreisen verwendeten Begriffen decken würde. Die Meniskusresektion, die für den Patienten schonend durchzuführen sei, habe nicht die möglichst vollständige Resektion des Meniskus (im anatomischen Sinne) zum Ziel. Für den Operationsaufwand mache es einen deutlichen Unterschied, ob nur in der „weiß-weißen Zone“ eine kleine Abtragung stattfinde oder in der „rot-roten Zone“ bis auf das Ringsystem reseziert werden müsse. Daran knüpfe die Unterteilung in den einschlägigen OPS-Nrn. nach Eingriffen der Kategorie E 2 bzw. E 3 an. Die Schnitt-Naht-Zeiten seien bei einer Resektion, die bis auf die Randleiste führe, mit 30 bis 35 Minuten erheblich höher angesetzt als bei Eingriffen in der „weiß-weißen“ bzw. der „rot-weißen Zone“ (15 bis 30 Minuten). Dies spiegele sich auch bei den Tages- bzw. Quartalsprofilen wieder, die für die Leistung nach GNR 31143 EBM mit 44 Minuten und für die Leistung nach GNR 31142 EBM mit 36 Minuten angesetzt seien. Häufig müsse im Bereich des Pars intermedia bis zum Hinterhorn bzw. bis auf die Randleiste operiert werden, wo aufgrund der Enge des Gelenks die Darstellung schwierig sei, weshalb mehr Zeit benötigt werde. Bei der von der Beklagten vertretenen Auffassung würden die Zeitprofile dem Regelfall nicht gerecht. Seine - des Arztes Auffassung - sei demgegenüber auch insoweit stimmig. Wollte die Beklagte von der bislang üblichen Auslegung des vergütungsrechtlichen Regelwerks abweichen, wäre schließlich der Vertrauensschutz verletzt.
51 
Die Beklagte trat der Klage entgegen und trug vor, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei das vertragliche Regelwerk des Vergütungsrechts (der EBM) in erster Linie nach dem Wortlaut der einschlägigen Leistungslegenden auszulegen. Da das (gesamt-)vertraglich festgelegte Vergütungsrecht dem Ausgleich unterschiedlicher Interessen von Ärzten und Krankenkassen diene, sei es Sache des Bewertungsausschusses, auftretende Unklarheiten zu beseitigen. Die primäre Bindung an den Wortlaut folge außerdem aus dem Gesamtkonzept des EBM. Als abschließende Regelung lasse er Ergänzungen oder Lückenfüllungen durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch die analoge Anwendung von GNRn nicht zu. Nur wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestands zweifelhaft sei und es der (bloßen) Klarstellung diene, sei Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände, ggf. auch für eine entstehungsgeschichtliche Auslegung anhand von Dokumenten, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert hätten. Bei der Begutachtung der 20 ausgewählten Meniskusresektionen (des Quartales 2/2006) habe man anhand der Bilddokumentationen festgestellt, dass es sich bei den vom Arzt durchgeführten Meniskektomien um ausgedehnte Teilresektionen gehandelt habe, bei denen das Vorder- bzw. Hinterhorn unter Belassen einer Randleiste entfernt worden sei. Die Abrechnung einer Totalresektion sei nur zulässig bei einer relevanten, quasi vollständigen Abtragung im Bereich des Vorder- und Hinterhorns sowie der Pars intermedia, ggf. unter Belassen einer Randleiste. Angesichts des klaren Wortlauts der einschlägigen OPS-Nrn. (OPS-Nr. 5-812.6: „total“ - OPS-Nr. 5-812.5: „partiell“) könne eine (nur) funktionell komplette Meniskusresektion nicht als Totalresektion abgerechnet werden.
52 
Der Arzt wandte abschließend ein, für die Auslegung der Wortfolge „Meniskusresektion, total“ nach OPS-Nr. 5-812.6 (in den einschlägigen GNRn des EBM) müsse in erster Linie der fachsprachlich vorgeprägte Wortsinn nach Maßgabe der einschlägigen Fachliteratur ausschlaggebend sein. Die orthopädische Fachliteratur bezeichne als totale Meniskektomie aber jede Meniskusresektion, bei der funktionell die Randleiste verletzt werde, auch wenn Restmeniskus (anatomisch) erhalten bleibe. Die Definition der Beklagten könne aus der Fachliteratur daher nicht belegt werden. Der Begriff „Ektomie“ - Herausschneiden - werde in der Medizin für die vollständige operative Entfernung eines Organs verwendet, während man die nur teilweise Entfernung von Organen als „Resektion“ bezeichne. Demzufolge meine auch der „Resektionsbegriff“ in den hier maßgeblichen GNRn des EBM nicht die vollständige Entfernung des Meniskus, sondern - der lateinischen Wurzel des Begriffs resecare entsprechend - nur dessen „Zurückschneiden“. Die Wendung „total“ beziehe sich daher auf die Funktion und nicht auf das Gewebe des Meniskus. Schließlich müsse man in anatomischer Hinsicht auch den Außen- vom Innenmeniskus unterscheiden. Unter die von der Beklagten befürwortete Definition könnte auch die Entfernung des Innenmeniskus subsumiert werden, obwohl der Außenmeniskus verbleibe. Auch das spreche dagegen, den Begriff der Totalität der Resektion auf das Gewebe (und nicht auf die Funktion) zu beziehen.
53 
Mit Urteil vom 14.12.2011 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 11.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.08.2009 auf. Zur Begründung führte es aus, die von der Beklagten vertretene Auslegung des Begriffs „Meniskusresektion total“ in OPS-Nr. 5-812.6 sei zu eng. Der Arzt habe die in Rede stehenden Meniskusresektionen rechtsfehlerfrei abgerechnet. Für die einen Eingriff näher qualifizierenden Merkmale - wie lokale oder radikale Exzision - gälten (so die Präambel zum Anhang 2 EBM) die Definitionen nach dem vom DIMDI für Operationen herausgegebenen OPS-Schlüssel. Die hier maßgebliche OPS-Nr. 5-812.6 sei nicht eindeutig in dem von der Beklagten vertretenen Sinne zu verstehen. Der Begriff „Meniskusresektion total“ sei - wie der Arzt zu Recht geltend mache - in sich widersprüchlich. Der Begriff „Resektion“ (lateinisch: resecare - weg- bzw. zurückschneiden) meine in der Medizin die Entfernung (kranker) Organteile, während die vollständige operative Entfernung eines Organs als „Ektomie“ bezeichnet werde. Die Begriffsbildung des DIMDI - die man wörtlich als „teilweise Entfernung des Meniskus total“ übersetzen könnte - sei damit unglücklich oder gar verfehlt. Die (fachkundig besetzte) Kammer sei darüber hinaus der Auffassung, dass die totale Entfernung des Meniskus nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Wissenschaft wegen des daraus folgenden Arthroserisikos für den Patienten nicht als lege artis zu bewerten wäre und deswegen auch praktisch nicht mehr durchgeführt werde. Daher betreffe die OPS-Nr. 5-812.6 nicht nur die totale Entfernung des gesamten Meniskusgewebes. Zur Auslegung des Begriffs „Meniskusresektion total“ werde es vielmehr als sachgerecht angesehen, sich an der orthopädischen Fachliteratur zu orientieren. Als „Meniskusresektion total“ sei danach (schon) die „subtotale Meniskusresektion“, also die Entfernung von mehr als 50 % der Meniskussubstanz unter Erhalt des Faserrings zu verstehen.
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Gegen das ihr am 27.12.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 30.12.2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie ergänzend vor, der Begriff „Meniskusresektion total“ in OPS-Nr. 5-812.6 - worauf sich die GNRn. 31143 K und 36143 (bzw. 40752) EBM bezögen - sei selbsterklärend und eindeutig. Er verlange eine relevante, vollständige Abtragung im Bereich des Vorder- und Hinterhorns sowie der Pars intermedia ggf. unter Belassen einer Randleiste. Der Arzt habe demgegenüber nur Teilresektionen durchgeführt unter Resektion eines funktionellen Teils wie des Hinterhorns bei Belassen einer Randleiste. Dabei habe es sich i. S. d. OPS-Nr. 5-812.5 um „Meniskusresektion(en) partiell“ gehandelt. Auf die Bedeutung der Begriffe „Ektomie“ und „Resektion“ in der medizinischen Wissenschaft komme es nicht an. Im medizinischen Sprachgebrauch würden die Begriffe „Meniskusresektion“ und „Meniskektomie“ praktisch synonym verwendet. Das möge darauf beruhen, dass der Meniskus lediglich einen Teil des funktionellen Kniegelenks darstelle und mit der Kniegelenkskapsel an der Stelle verwachsen sei, die substantiell den größten Anteil des Meniskusvolumens ausmache. Daher verlaufe die bei Organen übliche absolute Grenze in der Verwachsungszone mit der Gelenkkapsel. Unter einer kompletten Meniskektomie sei demzufolge eine Resektion über die gesamte Zirkumferenz bis zur Gelenkkapsel zu verstehen. Daher stelle ihre Definition des Begriffs „Meniskusresektion total“ - die das Belassen (auch) einer Randleiste und nicht nur der Gelenkkapsel erlaube - bereits ein Zugeständnis an die Ärzte dar. Entgegen der Auffassung des SG könne die in der orthopädischen Literatur als „subtotale Meniskusresektion“ bezeichnete Operation mit der Entfernung von mehr als 50 % der Meniskussubstanz unter Erhalt des Faserrings nicht mit einer „totalen Meniskusresektion“ i. S. d. OPS-Nr. 5-812.6 gleichgesetzt werden. Das folge schon aus dem Präfix „sub“; „subtotal“ bedeute weniger als „total“, auch wenn bei der subtotalen Meniskusresektion eine weitreichende (über die Hälfte erfassende) Entfernung von Meniskusgewebe stattfinde. Das DIMDI habe eine OPS-Nr. für die „subtotale Meniskusresektion“ nicht vorgesehen. Daher liege bis zum Überschreiten der Grenze zwischen subtotaler und totaler Meniskusresektion (eben) nur eine „Meniskusresektion partiell“ i. S. d. OPS-Nr. 5-812.5 bzw. eine Meniskusteilresektion vor. Für die Auslegung des Vergütungsrechts müsse es bei der grundsätzlichen Maßgeblichkeit des Wortlauts der Gebührentatbestände bleiben, auch wenn die Totalentfernung des Meniskus nicht (mehr) dem Stand der Wissenschaft entsprechen sollte und als nicht lege artis zu bewerten wäre. Das SG habe die OPS-Nr. 5-812.6 letztendlich auf subtotale Meniskusresektionen - unzulässigerweise - entsprechend angewendet. Im Übrigen müsse auch anatomisch zwischen dem Innen- und Außenmeniskus unterschieden werde; das Vorbringen, nach ihrer (der Beklagten) Auffassung liege offenbar auch bei vollständiger Entfernung des Innenmeniskus und Verbleiben des Außenmeniskus eine totale Meniskusresektion vor, sei daher nicht nachvollziehbar. Für die Auslegung des Vergütungsrechts komme es auf die Begriffsbestimmungen im orthopädischen Schrifttum nicht an. Die dortige Unterscheidung dreier Arten der Meniskusresektion (partiell, subtotal und total) finde sich im OPS-Verzeichnis nicht wieder; dieses kenne nur zwei Arten der Meniskusresektion (partiell und total). Der „subtotalen“ Meniskusresektion sei eine OPS-Nr. nicht zugeordnet, weshalb sie für das Vergütungsrecht - als nicht totale Resektion - der partiellen Meniskusresektion i. S. d. OPS-Nr. 5-812.5 zuzuordnen sei.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.12.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
57 
Die Klägerin, die das Verfahren als Rechtsnachfolgerin (Erbin) des am 28.11.2013 verstorbenen Arztes fortführt, beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
59 
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und bekräftigt das bisherige Vorbringen. Eine totale Meniskusresektion liege vor, wenn der Meniskus in seiner Funktionalität total ausfalle. In der Medizin werde die Resektion von der Ektomie unterschieden; das gelte auch für die Meniskuschirurgie. Bei den von der Kürzung betroffenen Eingriffen sei jeweils die Randleiste durchbrochen worden. Da die Randleiste aber funktionell von entscheidender Bedeutung sei, müssten die Operationen nach der Begrifflichkeit der orthopädischen Wissenschaft als totale Meniskektomie eingestuft werden, auch wenn der Restmeniskus erhalten geblieben sei. Für ihre einschränkende Auslegung könne sich die Beklagte weder auf die Grundsätze der historischen noch der teleologischen Auslegung stützen. Wie bereits im sozialgerichtlichen Verfahren vorgetragen, habe die Beigeladene zu 1) mit einer Änderung der einschlägigen GNRn des EBM a.F. (durch den EBM 2000plus) sicherstellen wollen, dass eine (aufwändigere) totale Meniskusresektion nur noch dann angenommen werde, wenn verbleibende Meniskusreste höchstens an den Anhaftungsstellen (Hinterhorn- und Vorderhornaufhängung) nachweisbar seien. Eine partielle Meniskusresektion liege vor, wenn nur der innere, schlechter durchblutete Meniskusteil entfernt werde. Im Hinblick auf die Begriffsbestimmungen in der orthopädischen Literatur, komme es für die „Totalität“ der Meniskusresektion allein auf die (vollständige) Aufhebung der Meniskusfunktion an.
60 
Die Beklagte wendet ein, man habe im Rahmen der Begutachtung festgestellt, dass in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle eine Resektion (auch) der Randleiste nicht vorgenommen worden sei. Aus ihrer Sicht komme es freilich auf die Durchbrechung der Randleiste für sich allein - und damit auf die (bloße) Aufhebung der Meniskusfunktion - für das Vorliegen einer Totalresektion im vergütungsrechtlichen Sinne nicht an.
61 
Die mit Beschluss vom 20.10.2014 Beigeladenen stellen keine Anträge.
62 
Sie tragen (für den Bewertungsausschuss als dessen Trägerorganisationen) vor, der Bewertungsausschuss, der aus Vertretern der KBV und des S. B. der K. bestehe, könne nur über seine Trägerorganisationen Stellung nehmen. Hinsichtlich der Abrechnung von Meniskusresektionen werde (durch KBV und S. B. der K.) folgendes mitgeteilt: Der vom DIMDI herausgegebene OPS für das Jahr 2013 sehe für den Meniskus lediglich eine partielle und eine totale Resektion vor. Diese könnten arthroskopisch oder offen chirurgisch durchgeführt werden. Eine Differenzierung im Hinblick auf eine funktionelle Resektion, die im OPS oder im EBM in anderem Zusammenhang vorgenommen werde, sei für die Meniskusresektion nicht vorgesehen. Unter dem chirurgischen Eingriff der Meniskektomie bzw. totalen Meniskusresektion verstehe man nach seiner Auffassung immer eine totale Entfernung des Meniskus. Ein funktionell äquivalentes Ergebnis falle nicht unter die totale Meniskusresektion. Eine subtotale Meniskektomie sei insofern unter die OPS-Nr. der partiellen Resektion zu subsumieren.
63 
Die Beigeladene zu 1) trägt vor, eine totale Meniskusresektion (entweder des Außen- oder des Innenmeniskus) sei nach ihrer Auffassung als totale Entfernung des Meniskus zu verstehen im Sinne einer organsubstanzbezogenen Sichtweise. Damit werde keine Aussage darüber getroffen, ob bzw. wie häufig eine totale Entfernung des Meniskus medizinisch indiziert sei. Selbst wenn in den allermeisten Fällen eine totale Meniskusresektion nicht indiziert sein sollte, würde dies ein anderes Begriffsverständnis nicht rechtfertigen. Eine GNR des EBM bzw. ein OPS-Code sei nicht deshalb rechtswidrig, weil die Leistung nur in sehr seltenen Fällen abrechenbar sei. Die Rechtswidrigkeit einer vergütungsrechtlichen Regelung folge erst aus dem Verstoß gegen eine (höherrangige) Rechtsnorm. Dabei sei zu berücksichtigen, dass dem Bewertungsausschuss ein weiter Gestaltungsspielraum zustehe, der insbesondere die Befugnis zur Generalisierung, Pauschalierung, Schematisierung und Typisierung umfasse (vgl. etwa BSG, Urteil vom 09.04.2008, - B 6 KA 40/07 R -, in juris). Die Gerichte dürften nicht überprüfen, ob der Bewertungsausschuss die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden habe (BSG, Urteil vom 29.01.1997, - 6 RKa 3/96 -, in juris). Ein Rechtsverstoß, insbesondere gegen Art. 12 Abs. 1 GG oder Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), sei hier nicht erkennbar. Ein grundrechtsfundierter Anspruch auf höhere Vergütung stehe dem Vertragsarzt erst dann zu, wenn durch eine zu niedrige Vergütung ärztlicher Leistungen das vertragsärztliche Versorgungssystem als Ganzes oder zumindest in Teilbereichen, etwa für eine Arztgruppe, und als Folge davon auch die berufliche Existenz der an dem Versorgungssystem teilnehmenden Vertragsärzte gefährdet sei (BSG, Beschluss vom 11.03.2009, - B 6 KA 31/08 B -, in juris). Man schließe sich der Auffassung des Beigeladenen zu 2) an.
64 
Der Beigeladene zu 2) trägt vor, für die Auslegung der in Rede stehenden GNRn des EBM sei ein anatomisches bzw. organsubstanzbezogenes und nicht, wie von der Klägerin befürwortet, ein organfunktionsbezogenes Verständnis maßgebend. Letzteres wäre mit der Funktionsweise von OPS-Codes auch nicht vereinbar, die der Einordnung der jeweiligen Leistung in den Anhang 2 des EBM dienten. Dieser stelle somit ein Klassifikationssystem dar, welches die operativen Eingriffe im Kontext mit dem für die Operation durchschnittlichen operativen Aufwand (Schnitt-Naht-Zeit) abbilde. Eine medizinische Bewertung im Sinne einer Funktionalität des verbleibenden Restgewebes erfolge demgegenüber nicht. Daher seien unter den zeitgetakteten GNRn auch mehrere, teilweise sehr unterschiedliche operative Eingriffe zusammengefasst. Bei der Unterscheidung der partiellen von der totalen Meniskusresektion seien unter partieller Resektionen alle Eingriffe zu verstehen, bei denen keine vollständige Entfernung eines Meniskus (d.h. Entfernung des Vorder- bis Hinterhorns unter Belassung einer Randleiste) vorgenommen werde. Das entspreche auch der Rechtsprechung des BSG, wonach die Bestimmungen des EBM in erster Linie nach dem Wortlaut auszulegen seien. Die lediglich totale Aufhebung der Meniskusfunktion ohne eine totale Entfernung der Meniskussubstanz könne daher nicht als totale Meniskusresektion im vergütungsrechtlichen Sinne eingestuft werden. Die Bewertung der in Rede stehenden Leistungen (totale und partielle Meniskusresektion) durch den Bewertungsausschuss sei aus seiner, des Beigeladenen zu 2), Sicht nicht zu beanstanden. Insbesondere könne gegen die Ausgestaltung des EBM nicht eingewandt werden, die GNR 31143 bzw. 36143 erfasse vom Wortlaut her („total“) eine ärztliche Handlung, die regelmäßig als Kunstfehler einzustufen sei. Grundsätzlich sei zwar richtig, dass eine partielle Entfernung des Meniskus mit vollständiger Aufhebung der Meniskusfunktion schonender sei als eine totale Resektion. Die Aufhebung der Meniskusfunktion bei partieller Meniskusentfernung sei aber nicht die Regel, sondern trete nur dann ein, wenn der zirkuläre Faserring (Meniskusrandleiste) unterbrochen bzw. beschädigt sei, also bei Meniskusverletzungen bis in/über diesen Bereich hinaus, der die Meniskusbasis fixiere. Daraus folge aber nicht, dass eine totale Meniskusresektion regelmäßig als Kunstfehler einzustufen wäre. Ziel eines resezierenden operativen Eingriffs sei es, den verletzten/pathologischen Meniskusanteil zu entfernen und so viel wie möglich gesunden Meniskusrest zu erhalten. Schließlich diene der Meniskus dazu, Inkongruenzen der am Gelenk beteiligten Knochen (Oberschenkelrolle - Unterschenkelplateau) beim Bewegungsablauf auszugleichen. Daraus resultiere, dass nur dann eine Indikation zur totalen Meniskusentfernung bestehe, wenn der gesamte Meniskus irreparabel geschädigt sei. In einem solchen Fall sei eine totale Meniskusresektion aber auch erforderlich und entspreche den Regeln der ärztlichen Kunst. Es treffe auch nicht zu, dass eine partielle Meniskusresektion mit vollständiger Aufhebung der Meniskusfunktion regelmäßig aufwändiger oder schwieriger sei als eine totale Meniskusresektion. Bei der Meniskusteil- oder -totalentfernung würden die zu entfernenden Meniskusanteile mit handbetriebenen (Scheren, Knabberzangen), motorisierten (z.B. Meniskusresektor, Rotationsmesser) oder elektrochirurgischen (z.B. HF-Messer) Instrumenten bearbeitet. Es liege auf der Hand, dass ein randständiger Meniskuslappenriss (der einer partiellen Meniskusresektion unterzogen werde) weniger aufwändig sei, als den kompletten Meniskus in seinem Ansatz in voller Länge abzutragen. Danach sei es nicht richtig, dass die partielle Entfernung der Meniskussubstanz mit vollständiger Aufhebung der Meniskusfunktion sich regelmäßig im Vergleich zur vollständigen Entfernung der Meniskussubstanz als aufwändigerer und schwierigerer Eingriff darstelle. Vor diesem Hintergrund sei nicht zu beanstanden, dass für die - regelmäßig aufwändigere - totale Meniskusresektion eine höhere Vergütung vorgesehen sei als für eine partielle Meniskusresektion. Auch der Einwand, die in Rede stehenden GNRn differenzierten nicht hinreichend zwischen leichten und schweren Eingriffen, sei nicht zutreffend. Der Bewertungsausschuss verfüge bei der Ausgestaltung des EBM über einen Gestaltungsspielraum. Er dürfe insbesondere auch Mischkalkulationen vornehmen. Die Mischkalkulation stoße an ihre Grenze, wenn durch eine zu niedrige Vergütung das Versorgungssystem als Ganzes gefährdet sei, z.B., wenn in einem - fachlichen und/oder örtlichen - Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr bestehe, vertragsärztlich tätig zu werden, und dadurch in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet sei. Eine Unterbewertung nur einzelner Leistungen oder Leistungskomplexe genüge regelmäßig nicht; das gelte auch dann, wenn ein Arzt sich auf diese Leistungen spezialisiert habe (BSG, Urteil vom 07.02.1996, - 6 RKa 6/95 - , in juris). Es sei nicht ersichtlich, dass der Bewertungsausschuss hier gegen diese Vorgaben verstoßen hätte. Das gelte umso mehr, als auch die vom DIMDI herausgegebenen OPS-Codes, auf die der Anhang 2 des EBM verweise, für die partielle Meniskusresektion ebenfalls keine weitere Differenzierung vorsähen. Insgesamt seien die hier maßgeblichen Regelungen des EBM nicht zu beanstanden.
65 
Die Beklagte schließt sich der Einschätzung der Beigeladenen an. Die Klägerin bekräftigt abschließend ihren Standpunkt.
66 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem Kürzungsbetrag von über 46.000 EUR überschritten.
68 
Die Berufung ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Das SG hätte der Klage des Arztes (dessen Rechtsnachfolgerin den Rechtsstreit zulässigerweise fortführt) nicht stattgeben dürfen.
I.
69 
Rechtsgrundlage für die sachlich-rechnerische Berichtigung von Vertragsarztabrechnungen bzw. die Aufhebung bereits ergangener Honorarbescheide und die Rückforderung von Vertragsarzthonorar ist § 106a SGB V (i. V. m. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X); ergänzende Regelungen enthalten bzw. enthielten zu dem für die Rückforderung maßgeblichen Zeitpunkt § 45 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä).
70 
Gem. § 106a Abs. 1 SGB V prüfen die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen die Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität und die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Nach den im Jahr 2009 im Wesentlichen gleichlautenden Vorschriften in § 45 Abs. 1 und 2 BMV-Ä und § 34 EKV-Ä obliegt der Kassenärztlichen Vereinigung die Prüfung der von den Vertragsärzten vorgelegten Abrechnungen ihrer vertragsärztlichen Leistungen hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Das gilt insbesondere für die Anwendung des Regelwerks. Die Kassenärztliche Vereinigung berichtigt die Honorarforderung des Vertragsarztes bei Fehlern hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit (§ 45 Abs. 1 und 2 Satz 1 BMV-Ä bzw. § 34 Abs. 4 EKV-Ä).
71 
Die sachlich-rechnerische Berichtigung kann sowohl vor wie nach Erlass des Honorarbescheids erfolgen. Die Berichtigung bereits erlassener Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung) stellt im Umfang der vorgenommenen Korrekturen zugleich eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheids dar und bewirkt, dass überzahltes Honorar gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zurückzuzahlen ist. Das Recht (und die Pflicht) der Kassenärztlichen Vereinigung zur Berichtigung bereits erlassener Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung) unterliegt nicht der Verjährung. Allerdings gilt für die nachgehende Richtigstellung eine (an das Verjährungsrecht angelehnte) Ausschlussfrist von 4 Jahren (vgl. etwa BSG, Urteil vom 05.05.2010, - B 6 KA 5/09 R - m. w. N., in juris). Vertrauensschutz kann der Vertragsarzt gegen die nachgehende Richtigstellung von Honorarbescheiden regelmäßig nicht einwenden. Besonderer Vertrauensschutz gem. § 45 SGB X ist für den Anwendungsbereich der §§ 106a SGB V, 45 BMV-Ä, 34 Abs. 4 EKV-Ä ausgeschlossen, da diese Bestimmungen als Sonderregelungen i. S. d. § 37 Satz 1 SGB I das allgemeine Sozialverwaltungsrecht verdrängen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 14.12.2005, - B 6 KA 17/05 R -; auch Urteil vom 23.06.2010, - B 6 KA 12/09 R -, alle in juris). Nur außerhalb des Anwendungsbereichs der Berichtigungsvorschriften kommt Vertrauensschutz gem. § 45 SGB X in Betracht. Das ist nach der Rechtsprechung des BSG der Fall, wenn die Ausschlussfrist für nachgehende Richtigstellungen von 4 Jahren abgelaufen oder die Befugnis zur nachgehenden Richtigstellung „verbraucht“ ist, etwa, indem die Kassenärztliche Vereinigung die Honorarforderung in einem der Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat. Dann wird die jedem Honorarbescheid innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt aufgehoben, und die Kassenärztliche Vereinigung kann einen Honorarbescheid wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurücknehmen (vgl. BSG, Beschluss vom 03.02.2010, - B 6 KA 22/09 B -; auch Urteil vom 14.12.2005, - B 6 KA 17/05 R -; Urteil vom 08.12.2006, - B 6 KA 12/05 R -, alle in juris). Allgemeiner (rechtsstaatlicher) Vertrauensschutz ist sowohl innerhalb wie außerhalb des Anwendungsbereichs der Berichtigungsvorschriften in (seltenen) Ausnahmefällen möglich. Ein solcher Ausnahmefall kann etwa angenommen werden wenn die Kassenärztliche Vereinigung bei Erlass des Honorarbescheids auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung nicht hingewiesen und dadurch schutzwertes Vertrauen bei den Vertragsärzten hervorgerufen hat, oder wenn die Fehlerhaftigkeit des Honorarbescheids aus Umständen herrührt, die die besonderen Funktionsbedingungen des Systems vertragsärztlicher Honorierung nicht konkret berühren (Senatsurteil vom 29.08.2012, - L 5 KA 2439/10 - nicht veröffentlicht, sowie BSG, Urteil vom 28.08.2013, - B 6 KA 43/12 R -, in juris).
72 
Die (nachgehende) sachlich-rechnerische Berichtigung von Honorarabrechnungen setzt ein Verschulden des Vertragsarztes nicht voraus, sofern die Kassenärztliche Vereinigung den ergangenen Honorarbescheid wegen Falschabrechnung lediglich teilweise - hinsichtlich der als fehlerhaft beanstandeten Leistungsabrechnung - aufhebt und auch nur den hierauf entfallenden Honoraranteil zurückfordert, dem Vertragsarzt das Honorar im Übrigen also ungeschmälert belässt (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2006, - B 6 KA 76/04 R -, in juris).
II.
73 
Die angefochtenen Bescheide (Kürzungsbescheid vom 11.11.2008 / Widerspruchsbescheid vom 12.08.2009) haben die nachgehende sachlich-rechnerische Berichtigung des vom Arzt in den Quartalen 2/2006 bis 2/2008 abgerechneten Vertragsarzthonorars zum Gegenstand. Die - als Kassenärztliche Vereinigung hierfür zuständige - Beklagte hat die Abrechnung von Meniskusresektionen wegen fehlerhafter Anwendung des Regelwerks (des EBM) berichtigt, die für die genannten Quartale ergangenen Honorarbescheide in Höhe des Berichtigungs- bzw. Kürzungsbetrags teilweise aufgehoben und das zuviel gezahlte Honorar zurückgefordert. Sie hat die für nachgehende Berichtigungen geltende Vierjahresfrist beachtet und in der Sache zu Recht angenommen, dass der Arzt bei den in den genannten Quartalen durchgeführten Meniskusresektionen fehlerhaft die für „totale Meniskusresektionen“ vorgesehenen GNRn des EBM angesetzt hatte. Er hatte jeweils nur den Leistungsinhalt der für „partielle Meniskusresektionen“ vorgesehenen GNRn des EBM erbracht (dazu sogleich). Dass dem Arzt wegen der Falschabrechnung ein Verschuldensvorwurf nicht gemacht werden kann, steht der (nachgehenden) sachlich-rechnerischen Berichtigung nicht entgegen, da die Honorarbescheide unter Belassung des Vertragsarzthonorars im Übrigen nur teilweise aufgehoben werden. Auch für besonderen Vertrauensschutz ist nichts ersichtlich. Fehler hinsichtlich der Berechnung des Kürzungsbetrags im Einzelnen sind nicht erkennbar und auch nicht geltend gemacht. Die Beteiligten streiten vielmehr (allein) über die Auslegung der für Meniskusresektionen vorgesehenen GNRn des EBM.
74 
Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 11.02.2015, - B 6 KA 15/14 R -; BSG, Beschluss vom 12.12.2012, - B 6 KA 31/12 B -, beide in juris) in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM-Ä - des Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs. 1 SGB V - ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM-Ä als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf; eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Diese Auslegungsgrundsätze gelten nicht allein für Vergütungstatbestände, sondern auch für Kostenerstattungstatbestände, soweit diese nicht auf die Erstattung des konkreten Kostenaufwands angelegt sind, sondern Pauschalerstattungen vorsehen (so: BSG, Urteil vom 11.12.2013, - B 6 KA 14/13 R - m.w.N., in juris).
75 
Über die Auslegung des von den zuständigen Gremien erlassenen Regelwerks für die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen muss im Streitfall das Gericht im Wege der Rechtsanwendung, nämlich der Anwendung der nach der Rechtsprechung des BSG hierfür maßgeblichen Auslegungsregeln, entscheiden. Die Entscheidung über die Enge oder Weite von Leistungstatbeständen ist eine Frage der rechtlichen Auslegung. Auf Fragen der Medizin kommt es grundsätzlich nicht an. Daher ist im Streit um sachlich-rechnerische Richtigstellungen grundsätzlich kein Raum für Sachverständigenvernehmungen (so jurisPK-SGB V/Clemens, § 106a Rdnr. 49 unter Bezugnahme u.a. auf die Rspr. des BSG). Sind danach allein maßgeblich juristische Auslegungsmethoden, tritt die medizinische Beurteilung in den Hintergrund (BSG, Beschluss vom 12.12.2012, - B 6 KA 31/12 B -; vgl. auch BSG, Beschluss vom 10.03.2004, - B 6 KA 118/03 B -: u.a. Frage, welche Leistungen mit der Pauschale nach GNR 3454 EBM a.F. - Grundpauschale für Ärzte für Laboratoriumsmedizin - abgegolten sind, dem Beweis durch Sachverständigen nicht zugänglich; alle Entscheidungen in juris).
76 
Der Normgeber des EBM hat bei der Abfassung der Vergütungstatbestände im Übrigen eine weite Gestaltungsfreiheit (vgl. etwa BSG, Urteil vom 28.05.2008, - B 6 KA 9/07 R -, in juris). Er hat insbesondere die Befugnis zur Generalisierung, Pauschalierung, Schematisierung und Typisierung. Unwirksam wäre eine Regelung nur dann, wenn sie nicht sachgerecht wäre. Ob dies der Fall ist, ist nach rechtlichen Kriterien zu beurteilen. Einwendungen aus medizinischer Sicht sind grundsätzlich unerheblich (jurisPK-SGB V/Clemens § 106a Rdnr. 96 m. N.).
77 
Davon ausgehend kann die GNR 31143 EBM (Fassung bis Quartale 1/2007) bzw. die - soweit hier von Belang gleichlautende - GNR 36143 EBM (Fassung ab Quartal 2/2007) nur abgerechnet werden, wenn eine in anatomischem bzw. (organ-)substanzbezogenen Sinne totale (vollständige) Resektion bzw. vollständige Entfernung des Meniskus durchgeführt wird. Der Leistungsinhalt der genannten GNRn ist hingegen nicht erfüllt, wenn ohne vollständige Entfernung der Meniskussubstanz nur die Meniskusfunktion vollständig aufgehoben wird. Die Begriffe „total“ bzw. „partiell“ in den OPS-Nrn. 5-812.6 bzw. 5-812.5 sind (organ-)substanzbezogen und nicht (organ-)funktionsbezogen zu verstehen. Der Wortlaut der genannten OPS-Nrn. lässt eine andere Auslegung nicht zu. Mit welchem Inhalt die gleichlautenden Begriffe außerhalb des vertragsärztlichen Vergütungsrechts, insbesondere im orthopädischen Schrifttum und in der orthopädischen Wissenschaft und der ärztlichen (Behandlungs-)Praxis verwendet werden, ist für die Auslegung des vergütungsrechtlichen Regelwerks nicht maßgeblich. Im Einzelnen sind für die Auslegung der in Rede stehenden GNRn des EBM folgende Erwägungen des Senats maßgeblich:
78 
Die hier (Quartale 2/2006 bis 2/2008) maßgeblichen GNRn des EBM für die Abrechnung von endoskopischen Gelenkeingriffen (Arthroskopien) nehmen im Wortlaut der Leistungslegende auf den Anhang 2 des EBM und die darin vorgenommene Zuordnung der arthroskopischen Eingriffe zu den OPS-Nrn. des DIMDI Bezug. Der Bewertungsausschuss hat damit den Wortlaut der OPS-Nrn. - hier der OPS Nr. 5-812.5 und 5-812.6 - zum Bestandteil des Wortlauts der Leistungslegende und damit des Leistungstatbestands der in Rede stehenden GNRn des EBM gemacht. Der Wortlaut der in den EBM-Leistungstatbestand inkorporierten OPS-Nrn. ist deswegen nach den gleichen Rechtsgrundsätzen wie der Wortlaut der GNRn selbst auszulegen.
79 
Die Wortfolge „Meniskusresektion total“ (OPS-Nr. 5-812.6) bzw. „Meniskusresektion partiell“ (OPS-Nr. 5-812.5) bezeichnet nach dem Wortsinn mit dem Begriff der „Resektion“ - verstanden als (weg-)Schneiden - eine ärztliche Handlung (Tätigkeit), mit dem Begriff „Meniskus“ das Organ, an dem das ärztliche Schneiden vorgenommen wird (Tätigkeitsobjekt oder Tätigkeitssubstrat), und mit den Begriffen „partiell“ und „total“ das Ergebnis, das durch das ärztliche Schneiden an dem Organ eingetreten sein muss (Tätigkeitserfolg). Die Aufgabe des Organs (Organfunktion), an dem das ärztliche Schneiden stattfindet, ist nicht Gegenstand der Wortfolge „Meniskusresektion total“; sie klingt darin auch nicht an.
80 
Die enge Verknüpfung von Tätigkeit, Tätigkeitsobjekt und Tätigkeitserfolg lässt im Ausgangspunkt nur ein organsubstanzbezogenes, nicht jedoch ein organfunktionsbezogenes Verständnis der „totalen“ oder „partiellen“ Meniskusresektion im Wortsinne zu. Die in Rede stehende Wortfolge enthält keinen Hinweis auf die Organfunktion des Meniskus, erwähnt ist nur das Meniskusorgan selbst, mithin in seiner Organsubstanz als Objekt oder Substrat des ärztlichen Handelns (Schneidens). Auf die Organfunktion des Meniskus kann der Erfolg, der durch das ärztliche Schneiden am Meniskusorgan eintreten muss, daher nicht bezogen werden. Bleibt nach dem ärztlichen Schneiden am Meniskus noch (nicht vernachlässigbare) Meniskussubstanz zurück, hat das Schneiden nur zu einer partiellen Resektion geführt; bleibt keine Meniskussubstanz mehr zurück, hat eine totale Resektion stattgefunden. Wenn der Bewertungsausschuss in den maßgeblichen Leistungstatbeständen als „totale“ Meniskusresektion auch die bloße „totale“ Funktionsaufhebung des Meniskusorgans hätte erfassen und vergüten wollen, hätte er das im Wortlaut der Leistungstatbestände zum Ausdruck bringen müssen. Das ist nicht geschehen.
81 
Im Hinblick darauf ist der Wortlaut der in Rede stehenden Leistungstatbestände bei Anwendung der einschlägigen Auslegungsgrundsätze für den Senat nicht zweifelhaft. Zweifel folgen insbesondere nicht daraus, dass die Begriffe „total“ und „partiell“ - ergänzt um den Begriff „subtotal“ - außerhalb des vertragsärztlichen Vergütungsrechts, namentlich im orthopädischen Schrifttum und in der orthopädischen Wissenschaft oder in der ärztlichen (Behandlungs-)Praxis mit anderem Begriffsinhalt verwendet und dort im Kern offenbar organfunktionsbezogen verstanden werden. Für die Auslegung des vergütungsrechtlichen Regelwerks kommt es darauf rechtlich nicht an. Deswegen sind hierzu auch Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht, etwa durch die Erhebung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens, nicht durchzuführen und nicht statthaft. Die Tatsache, auf welche Weise in der orthopädischen Praxis (mit welcher Häufigkeit) Meniskusarthroskopien durchgeführt werden und in welchem Ausmaß dabei Meniskussubstanz entfernt oder belassen wird und welche Auswirkungen daraus für die Meniskusfunktion oder die Schmerzbelastung des Patienten folgen, ist im vorliegenden Vergütungsrechtsstreit nicht entscheidungserheblich. Auch die medizinisch-wissenschaftliche Terminologie mit der begrifflich-definitorischen Unterscheidung von Resektion und Ektomie - worauf der Arzt hingewiesen hatte - ist für die Auslegung der hier maßgeblichen GNRn des EBM nicht von Belang. Die Begriffsdefinitionen der Resektion - verstanden als teilweises „Wegschneiden“ von Organteilen - und der Ektomie - verstanden als vollständiges „Herausschneiden“ (Entfernen) eines Organs (vgl. die Definitionen in Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 258. Auflage) - sind für den wissenschaftlichen Diskurs und die ärztliche Behandlungspraxis maßgeblich, um dort einen (möglichst) genauen und einheitlichen Sprachgebrauch sicherzustellen; auch dort werden sie - nach Kenntnis des mit ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Ärzte sachkundig besetzten Senats - aber nicht immer folgerichtig und teils auch ungenau und synonym verwendet. Für die Auslegung des vertragsärztlichen Vergütungsrechts kommt es auf diese Begriffsbestimmungen ausschlaggebend nicht an. Es genügt, dass sowohl mit dem Begriff der „Resektion“ wie mit dem Begriff der „Ektomie“ ärztliches „Schneiden“ am menschlichen Körper gemeint ist. Der Begriff „Meniskusresektion total“ in OPS-Nr. 5-812.6 ist nicht deswegen in sich widersprüchlich mit der Folge eines unklaren Wortlauts des auf diese OPS-Nr. Bezug nehmenden Leistungstatbestands, weil es definitorisch korrekt - (nur) „Meniskektomie“ oder (dann freilich pleonastisch) „Meniskektomie total“ heißen müsste.
82 
Da der Wortlaut der in Rede stehenden GNRn des EBM damit durchgreifende Auslegungszweifel nicht aufwirft, die (und das auch nur) zur Klarstellung durch den in engen Grenzen zulässigen Rückgriff auf Methoden der systematischen oder entstehungsgeschichtlichen Auslegung auszuräumen wären, kommt es (bspw.) auf die Motive, die den Bewertungsausschuss zur Neufassung der GNRn 2445 und 2447 EBM a.F. (durch den ab 01.04.2005 geltenden EBM 2000plus) bewogen haben, nicht an. Der Senat hat im Berufungsverfahren die Trägerorganisationen des Bewertungsausschusses (gleichwohl und vorsorglich) beigeladen. Diese teilen die vorstehend dargestellte Auslegung der in Rede stehenden GNRn des EBM. Danach ist unter dem chirurgischen Eingriff der Meniskektomie bzw. der totalen Meniskusresektion eine totale Entfernung des Meniskus zu verstehen. Ein funktionell äquivalentes Ergebnis stellt auch aus Sicht der Beigeladenen eine totale Meniskusresektion (im vergütungsrechtlichen Sinne) nicht dar.
83 
Es mag zutreffen, dass totale Meniskusresektionen, wie sie das vertragsärztliche Vergütungsrecht nach den vorstehenden Darlegungen versteht, also mit vollständiger Entfernung der Meniskussubstanz, in der orthopädischen Praxis nur in Ausnahmefällen durchgeführt und auch im Interesse einer schonenden Behandlung nur partielle Resektionen - freilich mit vollständiger Aufhebung der Meniskusfunktion - vorgenommen werden. Ob für diesen Eingriff möglicherweise eine höhere Bewertung als mit den in Rede stehenden GNRn für partielle Meniskusresektionen angemessen wäre, hat der Bewertungsausschuss und nicht der Senat zu entscheiden. Für die Verwerfung der Vergütungsregelungen für Meniskusresektionen in der Gesamtheit als nichtig bestehen jedenfalls keine ausreichenden Gründe. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Bewertungsausschuss die rechtlichen Grenzen seines weiten Bewertungsspielraums überschritten hätte und einer Vergütungsregelung etwa eine ärztliche Handlung zugrunde gelegt hätte, die (bei Erfüllung der Leistungslegende) den Tatbestand eines ärztlichen Kunstfehlers verwirklichen würde. Dies hat insbesondere der Beigeladene zu 1) in seiner abschließenden Stellungnahme - im Kern unwidersprochen - dargetan.
III.
84 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Es entspricht nicht der Billigkeit, außergerichtliche Kosten der Beigeladenen der Klägerin aufzuerlegen (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
85 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

Gründe

 
67 
Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem Kürzungsbetrag von über 46.000 EUR überschritten.
68 
Die Berufung ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Das SG hätte der Klage des Arztes (dessen Rechtsnachfolgerin den Rechtsstreit zulässigerweise fortführt) nicht stattgeben dürfen.
I.
69 
Rechtsgrundlage für die sachlich-rechnerische Berichtigung von Vertragsarztabrechnungen bzw. die Aufhebung bereits ergangener Honorarbescheide und die Rückforderung von Vertragsarzthonorar ist § 106a SGB V (i. V. m. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X); ergänzende Regelungen enthalten bzw. enthielten zu dem für die Rückforderung maßgeblichen Zeitpunkt § 45 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä).
70 
Gem. § 106a Abs. 1 SGB V prüfen die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen die Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität und die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Nach den im Jahr 2009 im Wesentlichen gleichlautenden Vorschriften in § 45 Abs. 1 und 2 BMV-Ä und § 34 EKV-Ä obliegt der Kassenärztlichen Vereinigung die Prüfung der von den Vertragsärzten vorgelegten Abrechnungen ihrer vertragsärztlichen Leistungen hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Das gilt insbesondere für die Anwendung des Regelwerks. Die Kassenärztliche Vereinigung berichtigt die Honorarforderung des Vertragsarztes bei Fehlern hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit (§ 45 Abs. 1 und 2 Satz 1 BMV-Ä bzw. § 34 Abs. 4 EKV-Ä).
71 
Die sachlich-rechnerische Berichtigung kann sowohl vor wie nach Erlass des Honorarbescheids erfolgen. Die Berichtigung bereits erlassener Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung) stellt im Umfang der vorgenommenen Korrekturen zugleich eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheids dar und bewirkt, dass überzahltes Honorar gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zurückzuzahlen ist. Das Recht (und die Pflicht) der Kassenärztlichen Vereinigung zur Berichtigung bereits erlassener Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung) unterliegt nicht der Verjährung. Allerdings gilt für die nachgehende Richtigstellung eine (an das Verjährungsrecht angelehnte) Ausschlussfrist von 4 Jahren (vgl. etwa BSG, Urteil vom 05.05.2010, - B 6 KA 5/09 R - m. w. N., in juris). Vertrauensschutz kann der Vertragsarzt gegen die nachgehende Richtigstellung von Honorarbescheiden regelmäßig nicht einwenden. Besonderer Vertrauensschutz gem. § 45 SGB X ist für den Anwendungsbereich der §§ 106a SGB V, 45 BMV-Ä, 34 Abs. 4 EKV-Ä ausgeschlossen, da diese Bestimmungen als Sonderregelungen i. S. d. § 37 Satz 1 SGB I das allgemeine Sozialverwaltungsrecht verdrängen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 14.12.2005, - B 6 KA 17/05 R -; auch Urteil vom 23.06.2010, - B 6 KA 12/09 R -, alle in juris). Nur außerhalb des Anwendungsbereichs der Berichtigungsvorschriften kommt Vertrauensschutz gem. § 45 SGB X in Betracht. Das ist nach der Rechtsprechung des BSG der Fall, wenn die Ausschlussfrist für nachgehende Richtigstellungen von 4 Jahren abgelaufen oder die Befugnis zur nachgehenden Richtigstellung „verbraucht“ ist, etwa, indem die Kassenärztliche Vereinigung die Honorarforderung in einem der Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat. Dann wird die jedem Honorarbescheid innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt aufgehoben, und die Kassenärztliche Vereinigung kann einen Honorarbescheid wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurücknehmen (vgl. BSG, Beschluss vom 03.02.2010, - B 6 KA 22/09 B -; auch Urteil vom 14.12.2005, - B 6 KA 17/05 R -; Urteil vom 08.12.2006, - B 6 KA 12/05 R -, alle in juris). Allgemeiner (rechtsstaatlicher) Vertrauensschutz ist sowohl innerhalb wie außerhalb des Anwendungsbereichs der Berichtigungsvorschriften in (seltenen) Ausnahmefällen möglich. Ein solcher Ausnahmefall kann etwa angenommen werden wenn die Kassenärztliche Vereinigung bei Erlass des Honorarbescheids auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung nicht hingewiesen und dadurch schutzwertes Vertrauen bei den Vertragsärzten hervorgerufen hat, oder wenn die Fehlerhaftigkeit des Honorarbescheids aus Umständen herrührt, die die besonderen Funktionsbedingungen des Systems vertragsärztlicher Honorierung nicht konkret berühren (Senatsurteil vom 29.08.2012, - L 5 KA 2439/10 - nicht veröffentlicht, sowie BSG, Urteil vom 28.08.2013, - B 6 KA 43/12 R -, in juris).
72 
Die (nachgehende) sachlich-rechnerische Berichtigung von Honorarabrechnungen setzt ein Verschulden des Vertragsarztes nicht voraus, sofern die Kassenärztliche Vereinigung den ergangenen Honorarbescheid wegen Falschabrechnung lediglich teilweise - hinsichtlich der als fehlerhaft beanstandeten Leistungsabrechnung - aufhebt und auch nur den hierauf entfallenden Honoraranteil zurückfordert, dem Vertragsarzt das Honorar im Übrigen also ungeschmälert belässt (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2006, - B 6 KA 76/04 R -, in juris).
II.
73 
Die angefochtenen Bescheide (Kürzungsbescheid vom 11.11.2008 / Widerspruchsbescheid vom 12.08.2009) haben die nachgehende sachlich-rechnerische Berichtigung des vom Arzt in den Quartalen 2/2006 bis 2/2008 abgerechneten Vertragsarzthonorars zum Gegenstand. Die - als Kassenärztliche Vereinigung hierfür zuständige - Beklagte hat die Abrechnung von Meniskusresektionen wegen fehlerhafter Anwendung des Regelwerks (des EBM) berichtigt, die für die genannten Quartale ergangenen Honorarbescheide in Höhe des Berichtigungs- bzw. Kürzungsbetrags teilweise aufgehoben und das zuviel gezahlte Honorar zurückgefordert. Sie hat die für nachgehende Berichtigungen geltende Vierjahresfrist beachtet und in der Sache zu Recht angenommen, dass der Arzt bei den in den genannten Quartalen durchgeführten Meniskusresektionen fehlerhaft die für „totale Meniskusresektionen“ vorgesehenen GNRn des EBM angesetzt hatte. Er hatte jeweils nur den Leistungsinhalt der für „partielle Meniskusresektionen“ vorgesehenen GNRn des EBM erbracht (dazu sogleich). Dass dem Arzt wegen der Falschabrechnung ein Verschuldensvorwurf nicht gemacht werden kann, steht der (nachgehenden) sachlich-rechnerischen Berichtigung nicht entgegen, da die Honorarbescheide unter Belassung des Vertragsarzthonorars im Übrigen nur teilweise aufgehoben werden. Auch für besonderen Vertrauensschutz ist nichts ersichtlich. Fehler hinsichtlich der Berechnung des Kürzungsbetrags im Einzelnen sind nicht erkennbar und auch nicht geltend gemacht. Die Beteiligten streiten vielmehr (allein) über die Auslegung der für Meniskusresektionen vorgesehenen GNRn des EBM.
74 
Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 11.02.2015, - B 6 KA 15/14 R -; BSG, Beschluss vom 12.12.2012, - B 6 KA 31/12 B -, beide in juris) in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM-Ä - des Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs. 1 SGB V - ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM-Ä als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf; eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Diese Auslegungsgrundsätze gelten nicht allein für Vergütungstatbestände, sondern auch für Kostenerstattungstatbestände, soweit diese nicht auf die Erstattung des konkreten Kostenaufwands angelegt sind, sondern Pauschalerstattungen vorsehen (so: BSG, Urteil vom 11.12.2013, - B 6 KA 14/13 R - m.w.N., in juris).
75 
Über die Auslegung des von den zuständigen Gremien erlassenen Regelwerks für die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen muss im Streitfall das Gericht im Wege der Rechtsanwendung, nämlich der Anwendung der nach der Rechtsprechung des BSG hierfür maßgeblichen Auslegungsregeln, entscheiden. Die Entscheidung über die Enge oder Weite von Leistungstatbeständen ist eine Frage der rechtlichen Auslegung. Auf Fragen der Medizin kommt es grundsätzlich nicht an. Daher ist im Streit um sachlich-rechnerische Richtigstellungen grundsätzlich kein Raum für Sachverständigenvernehmungen (so jurisPK-SGB V/Clemens, § 106a Rdnr. 49 unter Bezugnahme u.a. auf die Rspr. des BSG). Sind danach allein maßgeblich juristische Auslegungsmethoden, tritt die medizinische Beurteilung in den Hintergrund (BSG, Beschluss vom 12.12.2012, - B 6 KA 31/12 B -; vgl. auch BSG, Beschluss vom 10.03.2004, - B 6 KA 118/03 B -: u.a. Frage, welche Leistungen mit der Pauschale nach GNR 3454 EBM a.F. - Grundpauschale für Ärzte für Laboratoriumsmedizin - abgegolten sind, dem Beweis durch Sachverständigen nicht zugänglich; alle Entscheidungen in juris).
76 
Der Normgeber des EBM hat bei der Abfassung der Vergütungstatbestände im Übrigen eine weite Gestaltungsfreiheit (vgl. etwa BSG, Urteil vom 28.05.2008, - B 6 KA 9/07 R -, in juris). Er hat insbesondere die Befugnis zur Generalisierung, Pauschalierung, Schematisierung und Typisierung. Unwirksam wäre eine Regelung nur dann, wenn sie nicht sachgerecht wäre. Ob dies der Fall ist, ist nach rechtlichen Kriterien zu beurteilen. Einwendungen aus medizinischer Sicht sind grundsätzlich unerheblich (jurisPK-SGB V/Clemens § 106a Rdnr. 96 m. N.).
77 
Davon ausgehend kann die GNR 31143 EBM (Fassung bis Quartale 1/2007) bzw. die - soweit hier von Belang gleichlautende - GNR 36143 EBM (Fassung ab Quartal 2/2007) nur abgerechnet werden, wenn eine in anatomischem bzw. (organ-)substanzbezogenen Sinne totale (vollständige) Resektion bzw. vollständige Entfernung des Meniskus durchgeführt wird. Der Leistungsinhalt der genannten GNRn ist hingegen nicht erfüllt, wenn ohne vollständige Entfernung der Meniskussubstanz nur die Meniskusfunktion vollständig aufgehoben wird. Die Begriffe „total“ bzw. „partiell“ in den OPS-Nrn. 5-812.6 bzw. 5-812.5 sind (organ-)substanzbezogen und nicht (organ-)funktionsbezogen zu verstehen. Der Wortlaut der genannten OPS-Nrn. lässt eine andere Auslegung nicht zu. Mit welchem Inhalt die gleichlautenden Begriffe außerhalb des vertragsärztlichen Vergütungsrechts, insbesondere im orthopädischen Schrifttum und in der orthopädischen Wissenschaft und der ärztlichen (Behandlungs-)Praxis verwendet werden, ist für die Auslegung des vergütungsrechtlichen Regelwerks nicht maßgeblich. Im Einzelnen sind für die Auslegung der in Rede stehenden GNRn des EBM folgende Erwägungen des Senats maßgeblich:
78 
Die hier (Quartale 2/2006 bis 2/2008) maßgeblichen GNRn des EBM für die Abrechnung von endoskopischen Gelenkeingriffen (Arthroskopien) nehmen im Wortlaut der Leistungslegende auf den Anhang 2 des EBM und die darin vorgenommene Zuordnung der arthroskopischen Eingriffe zu den OPS-Nrn. des DIMDI Bezug. Der Bewertungsausschuss hat damit den Wortlaut der OPS-Nrn. - hier der OPS Nr. 5-812.5 und 5-812.6 - zum Bestandteil des Wortlauts der Leistungslegende und damit des Leistungstatbestands der in Rede stehenden GNRn des EBM gemacht. Der Wortlaut der in den EBM-Leistungstatbestand inkorporierten OPS-Nrn. ist deswegen nach den gleichen Rechtsgrundsätzen wie der Wortlaut der GNRn selbst auszulegen.
79 
Die Wortfolge „Meniskusresektion total“ (OPS-Nr. 5-812.6) bzw. „Meniskusresektion partiell“ (OPS-Nr. 5-812.5) bezeichnet nach dem Wortsinn mit dem Begriff der „Resektion“ - verstanden als (weg-)Schneiden - eine ärztliche Handlung (Tätigkeit), mit dem Begriff „Meniskus“ das Organ, an dem das ärztliche Schneiden vorgenommen wird (Tätigkeitsobjekt oder Tätigkeitssubstrat), und mit den Begriffen „partiell“ und „total“ das Ergebnis, das durch das ärztliche Schneiden an dem Organ eingetreten sein muss (Tätigkeitserfolg). Die Aufgabe des Organs (Organfunktion), an dem das ärztliche Schneiden stattfindet, ist nicht Gegenstand der Wortfolge „Meniskusresektion total“; sie klingt darin auch nicht an.
80 
Die enge Verknüpfung von Tätigkeit, Tätigkeitsobjekt und Tätigkeitserfolg lässt im Ausgangspunkt nur ein organsubstanzbezogenes, nicht jedoch ein organfunktionsbezogenes Verständnis der „totalen“ oder „partiellen“ Meniskusresektion im Wortsinne zu. Die in Rede stehende Wortfolge enthält keinen Hinweis auf die Organfunktion des Meniskus, erwähnt ist nur das Meniskusorgan selbst, mithin in seiner Organsubstanz als Objekt oder Substrat des ärztlichen Handelns (Schneidens). Auf die Organfunktion des Meniskus kann der Erfolg, der durch das ärztliche Schneiden am Meniskusorgan eintreten muss, daher nicht bezogen werden. Bleibt nach dem ärztlichen Schneiden am Meniskus noch (nicht vernachlässigbare) Meniskussubstanz zurück, hat das Schneiden nur zu einer partiellen Resektion geführt; bleibt keine Meniskussubstanz mehr zurück, hat eine totale Resektion stattgefunden. Wenn der Bewertungsausschuss in den maßgeblichen Leistungstatbeständen als „totale“ Meniskusresektion auch die bloße „totale“ Funktionsaufhebung des Meniskusorgans hätte erfassen und vergüten wollen, hätte er das im Wortlaut der Leistungstatbestände zum Ausdruck bringen müssen. Das ist nicht geschehen.
81 
Im Hinblick darauf ist der Wortlaut der in Rede stehenden Leistungstatbestände bei Anwendung der einschlägigen Auslegungsgrundsätze für den Senat nicht zweifelhaft. Zweifel folgen insbesondere nicht daraus, dass die Begriffe „total“ und „partiell“ - ergänzt um den Begriff „subtotal“ - außerhalb des vertragsärztlichen Vergütungsrechts, namentlich im orthopädischen Schrifttum und in der orthopädischen Wissenschaft oder in der ärztlichen (Behandlungs-)Praxis mit anderem Begriffsinhalt verwendet und dort im Kern offenbar organfunktionsbezogen verstanden werden. Für die Auslegung des vergütungsrechtlichen Regelwerks kommt es darauf rechtlich nicht an. Deswegen sind hierzu auch Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht, etwa durch die Erhebung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens, nicht durchzuführen und nicht statthaft. Die Tatsache, auf welche Weise in der orthopädischen Praxis (mit welcher Häufigkeit) Meniskusarthroskopien durchgeführt werden und in welchem Ausmaß dabei Meniskussubstanz entfernt oder belassen wird und welche Auswirkungen daraus für die Meniskusfunktion oder die Schmerzbelastung des Patienten folgen, ist im vorliegenden Vergütungsrechtsstreit nicht entscheidungserheblich. Auch die medizinisch-wissenschaftliche Terminologie mit der begrifflich-definitorischen Unterscheidung von Resektion und Ektomie - worauf der Arzt hingewiesen hatte - ist für die Auslegung der hier maßgeblichen GNRn des EBM nicht von Belang. Die Begriffsdefinitionen der Resektion - verstanden als teilweises „Wegschneiden“ von Organteilen - und der Ektomie - verstanden als vollständiges „Herausschneiden“ (Entfernen) eines Organs (vgl. die Definitionen in Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 258. Auflage) - sind für den wissenschaftlichen Diskurs und die ärztliche Behandlungspraxis maßgeblich, um dort einen (möglichst) genauen und einheitlichen Sprachgebrauch sicherzustellen; auch dort werden sie - nach Kenntnis des mit ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Ärzte sachkundig besetzten Senats - aber nicht immer folgerichtig und teils auch ungenau und synonym verwendet. Für die Auslegung des vertragsärztlichen Vergütungsrechts kommt es auf diese Begriffsbestimmungen ausschlaggebend nicht an. Es genügt, dass sowohl mit dem Begriff der „Resektion“ wie mit dem Begriff der „Ektomie“ ärztliches „Schneiden“ am menschlichen Körper gemeint ist. Der Begriff „Meniskusresektion total“ in OPS-Nr. 5-812.6 ist nicht deswegen in sich widersprüchlich mit der Folge eines unklaren Wortlauts des auf diese OPS-Nr. Bezug nehmenden Leistungstatbestands, weil es definitorisch korrekt - (nur) „Meniskektomie“ oder (dann freilich pleonastisch) „Meniskektomie total“ heißen müsste.
82 
Da der Wortlaut der in Rede stehenden GNRn des EBM damit durchgreifende Auslegungszweifel nicht aufwirft, die (und das auch nur) zur Klarstellung durch den in engen Grenzen zulässigen Rückgriff auf Methoden der systematischen oder entstehungsgeschichtlichen Auslegung auszuräumen wären, kommt es (bspw.) auf die Motive, die den Bewertungsausschuss zur Neufassung der GNRn 2445 und 2447 EBM a.F. (durch den ab 01.04.2005 geltenden EBM 2000plus) bewogen haben, nicht an. Der Senat hat im Berufungsverfahren die Trägerorganisationen des Bewertungsausschusses (gleichwohl und vorsorglich) beigeladen. Diese teilen die vorstehend dargestellte Auslegung der in Rede stehenden GNRn des EBM. Danach ist unter dem chirurgischen Eingriff der Meniskektomie bzw. der totalen Meniskusresektion eine totale Entfernung des Meniskus zu verstehen. Ein funktionell äquivalentes Ergebnis stellt auch aus Sicht der Beigeladenen eine totale Meniskusresektion (im vergütungsrechtlichen Sinne) nicht dar.
83 
Es mag zutreffen, dass totale Meniskusresektionen, wie sie das vertragsärztliche Vergütungsrecht nach den vorstehenden Darlegungen versteht, also mit vollständiger Entfernung der Meniskussubstanz, in der orthopädischen Praxis nur in Ausnahmefällen durchgeführt und auch im Interesse einer schonenden Behandlung nur partielle Resektionen - freilich mit vollständiger Aufhebung der Meniskusfunktion - vorgenommen werden. Ob für diesen Eingriff möglicherweise eine höhere Bewertung als mit den in Rede stehenden GNRn für partielle Meniskusresektionen angemessen wäre, hat der Bewertungsausschuss und nicht der Senat zu entscheiden. Für die Verwerfung der Vergütungsregelungen für Meniskusresektionen in der Gesamtheit als nichtig bestehen jedenfalls keine ausreichenden Gründe. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Bewertungsausschuss die rechtlichen Grenzen seines weiten Bewertungsspielraums überschritten hätte und einer Vergütungsregelung etwa eine ärztliche Handlung zugrunde gelegt hätte, die (bei Erfüllung der Leistungslegende) den Tatbestand eines ärztlichen Kunstfehlers verwirklichen würde. Dies hat insbesondere der Beigeladene zu 1) in seiner abschließenden Stellungnahme - im Kern unwidersprochen - dargetan.
III.
84 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Es entspricht nicht der Billigkeit, außergerichtliche Kosten der Beigeladenen der Klägerin aufzuerlegen (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
85 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 24. Feb. 2016 - L 5 KA 5799/11

Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 24. Feb. 2016 - L 5 KA 5799/11

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we
Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 24. Feb. 2016 - L 5 KA 5799/11 zitiert 18 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 45 Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen de

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 50 Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen


(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten. (2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatt

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 87 Bundesmantelvertrag, einheitlicher Bewertungsmaßstab, bundeseinheitliche Orientierungswerte


(1) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen vereinbaren mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen durch Bewertungsausschüsse als Bestandteil der Bundesmantelverträge einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen und einen einheitliche

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 106a Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlicher Leistungen


(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 37 Vorbehalt abweichender Regelungen


Das Erste und Zehnte Buch gelten für alle Sozialleistungsbereiche dieses Gesetzbuchs, soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt; § 68 bleibt unberührt. Der Vorbehalt gilt nicht für die §§ 1 bis 17 und 31 bis 36. Das Zweite Kapite

Referenzen - Urteile

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 24. Feb. 2016 - L 5 KA 5799/11 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 24. Feb. 2016 - L 5 KA 5799/11 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 11. Feb. 2015 - B 6 KA 15/14 R

bei uns veröffentlicht am 11.02.2015

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 26. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 11. Dez. 2013 - B 6 KA 14/13 R

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Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Januar 2013 aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz

Bundessozialgericht Urteil, 28. Aug. 2013 - B 6 KA 43/12 R

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Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. September 2012 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts St

Bundessozialgericht Beschluss, 12. Dez. 2012 - B 6 KA 31/12 B

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Tenor Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 23. Juni 2010 - B 6 KA 12/09 R

bei uns veröffentlicht am 23.06.2010

Tatbestand 1 Umstritten ist die Berechtigung der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV), dem klagenden Vertragsarzt die Vergütung für eine Substitutionsbehandlung

Bundessozialgericht Urteil, 05. Mai 2010 - B 6 KA 5/09 R

bei uns veröffentlicht am 05.05.2010

Tatbestand 1 Im Streit steht ein Regress wegen der Verordnung eines Arzneimittels. 2

Bundessozialgericht Beschluss, 03. Feb. 2010 - B 6 KA 22/09 B

bei uns veröffentlicht am 03.02.2010

Tatbestand 1 Im Streit steht die Rechtmäßigkeit von sachlich-rechnerischen Richtigstellungen, welche die Quartale I/1998 bis IV/2000 betreffen.

Referenzen

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

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(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106c geprüft werden. Die Prüfung kann neben dem zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumen auch Überweisungen sowie sonstige veranlasste ärztliche Leistungen, insbesondere aufwändige medizinisch-technische Leistungen umfassen; honorarwirksame Begrenzungsregelungen haben keinen Einfluss auf die Prüfungen.

(2) Veranlassung für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 1 besteht insbesondere

1.
bei begründetem Verdacht auf fehlende medizinische Notwendigkeit der Leistungen (Fehlindikation),
2.
bei begründetem Verdacht auf fehlende Eignung der Leistungen zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels (Ineffektivität),
3.
bei begründetem Verdacht auf mangelnde Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualitätsmangel), insbesondere in Bezug auf die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthaltenen Vorgaben,
4.
bei begründetem Verdacht auf Unangemessenheit der durch die Leistungen verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel oder
5.
bei begründetem Verdacht, dass Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie unvereinbar mit dem Heil- und Kostenplan sind.

(3) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. November 2019 das Nähere zu den Voraussetzungen nach Absatz 2 in Rahmenempfehlungen. Die Rahmenempfehlungen sind bei den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 zu berücksichtigen.

(4) Die in § 106 Absatz 1 Satz 2 genannten Vertragspartner können über die Prüfung nach Absatz 1 hinaus Prüfungen ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen, dürfen bei Ärzten der betroffenen Arztgruppe keine Prüfungen nach Durchschnittswerten durchgeführt werden. In den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 sind die Zahl der je Quartal höchstens zu prüfenden Ärzte in einer Kassenärztlichen Vereinigung sowie im Rahmen der Prüfungen nach Absatz 1 und der Prüfungen nach Satz 1 als Kriterien zur Unterscheidung Praxisbesonderheiten festzulegen, die sich aus besonderen Standort- und Strukturmerkmalen des Leistungserbringers oder bei besonderen Behandlungsfällen ergeben. Die Praxisbesonderheiten sind vor Durchführung der Prüfungen als besonderer Versorgungsbedarf durch die Prüfungsstellen anzuerkennen; dies gilt insbesondere auch bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Besuchsleistungen.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106c geprüft werden. Die Prüfung kann neben dem zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumen auch Überweisungen sowie sonstige veranlasste ärztliche Leistungen, insbesondere aufwändige medizinisch-technische Leistungen umfassen; honorarwirksame Begrenzungsregelungen haben keinen Einfluss auf die Prüfungen.

(2) Veranlassung für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 1 besteht insbesondere

1.
bei begründetem Verdacht auf fehlende medizinische Notwendigkeit der Leistungen (Fehlindikation),
2.
bei begründetem Verdacht auf fehlende Eignung der Leistungen zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels (Ineffektivität),
3.
bei begründetem Verdacht auf mangelnde Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualitätsmangel), insbesondere in Bezug auf die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthaltenen Vorgaben,
4.
bei begründetem Verdacht auf Unangemessenheit der durch die Leistungen verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel oder
5.
bei begründetem Verdacht, dass Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie unvereinbar mit dem Heil- und Kostenplan sind.

(3) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. November 2019 das Nähere zu den Voraussetzungen nach Absatz 2 in Rahmenempfehlungen. Die Rahmenempfehlungen sind bei den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 zu berücksichtigen.

(4) Die in § 106 Absatz 1 Satz 2 genannten Vertragspartner können über die Prüfung nach Absatz 1 hinaus Prüfungen ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen, dürfen bei Ärzten der betroffenen Arztgruppe keine Prüfungen nach Durchschnittswerten durchgeführt werden. In den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 sind die Zahl der je Quartal höchstens zu prüfenden Ärzte in einer Kassenärztlichen Vereinigung sowie im Rahmen der Prüfungen nach Absatz 1 und der Prüfungen nach Satz 1 als Kriterien zur Unterscheidung Praxisbesonderheiten festzulegen, die sich aus besonderen Standort- und Strukturmerkmalen des Leistungserbringers oder bei besonderen Behandlungsfällen ergeben. Die Praxisbesonderheiten sind vor Durchführung der Prüfungen als besonderer Versorgungsbedarf durch die Prüfungsstellen anzuerkennen; dies gilt insbesondere auch bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Besuchsleistungen.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

Tatbestand

1

Im Streit steht ein Regress wegen der Verordnung eines Arzneimittels.

2

Der Beigeladene zu 1. ist Chefarzt der Klinik für Frauenheilkunde des Kreiskrankenhauses H. und war im fraglichen Zeitraum zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt. Am 18.12.2000 verordnete er zugunsten eines bei der Beigeladenen zu 8. versicherten Patienten Wobe Mugos E-Tabletten. Am 22.10.2001 stellte die Beigeladene zu 8. bei der klagenden Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) einen Antrag auf Prüfung dieser Verordnung und Festsetzung eines Regresses in Höhe von 260,27 DM (= 133,07 Euro). Mit Schreiben vom 27.12.2001 setzte die Bezirksstelle Hannover der Klägerin den Beigeladenen zu 1. über den Prüfantrag in Kenntnis. Zugleich teilte sie diesem sowie der Beigeladenen zu 8. mit, dass sie den Antrag bis zur Klärung der Rechtslage ruhen lassen werde; die Verordnungsfähigkeit des Präparats sei unsicher, da für Wobe Mugos E-Tabletten nur eine fiktive Zulassung vorliege.

3

Nachdem das BSG mit Urteil vom 27.9.2005 (B 1 KR 6/04 R - BSGE 95, 132 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3)entschieden hatte, dass Wobe Mugos E-Tabletten nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können, setzte der Prüfungsausschuss mit Bescheid vom 10.8.2006 gegen den Beigeladenen zu 1. einen Regress in Höhe von 133,07 Euro fest. Der vom Beigeladenen zu 1. unter Hinweis auf zwischenzeitlich eingetretene Verjährung eingelegte Widerspruch blieb erfolglos. Der Beklagte vertrat die Auffassung, der Ablauf der hier maßgeblichen Verjährungsfrist von vier Jahren sei dadurch unterbrochen (bzw gehemmt) worden, dass der betroffene Vertragsarzt von der Prüfungseinrichtung über die Antragstellung der Krankenkasse informiert und ihm rechtliches Gehör eingeräumt worden sei.

4

Auch die hiergegen von der Klägerin erhobene Klage ist ohne Erfolg geblieben. Das SG hat die Auffassung vertreten, die vierjährige Ausschlussfrist sei im Rahmen der richterlichen Rechtsfortbildung für Honorarkürzungen entwickelt worden; durch die hier festgesetzten Regresse werde jedoch unmittelbar keine Honorarkürzung bewirkt. Eine Ausschlussfrist sei auch nicht zur Wahrung der Rechtssicherheit erforderlich, weil die Prüfvereinbarung vorsehe, dass Krankenkassen Anträge auf Festsetzung eines sonstigen Schadens innerhalb von vier Jahren nach der Pflichtverletzung stellen müssten. Die von der Klägerin erhobene Einrede der Verjährung sei ohne Rechtswirkung, weil das hier fragliche verfahrensrechtliche Gestaltungsrecht grundsätzlich nicht der Verjährung unterliegen könne (Urteil vom 10.10.2007).

5

Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das Urteil des SG sowie den Bescheid des Beklagten aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, zwar sei der Beigeladene zu 1. dem Grunde nach verpflichtet, der betroffenen Krankenkasse den Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unzulässige Verordnung von Wobe Mugos E entstanden sei. Jedoch sei der Beklagte durch Fristablauf an der Festsetzung eines Regresses gehindert gewesen. Allerdings greife nicht die von der BSG-Rechtsprechung entwickelte Ausschlussfrist ein, denn für diese sei von vornherein kein Raum, wenn sich - wie hier - die Regressforderung aus einem Schadensersatzanspruch ergebe, bei dem die zeitliche Begrenzung bereits aus der Möglichkeit der Verjährung folge. Der Schadensersatzanspruch der Beigeladenen zu 8. sei verjährt, denn ausgehend von der Einlösung der umstrittenen Verordnung im Jahre 2001 sei der Lauf der vierjährigen Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2005 - und damit vor Erlass des Bescheides des Prüfungsausschusses vom 10.8.2006 - vollendet gewesen. Die Verjährung sei auch nicht dadurch gehemmt worden, dass die Beigeladene zu 8. die Festsetzung des Schadensersatzanspruchs bei der Klägerin beantragt und die Klägerin dies dem Beigeladenen zu 1. mitgeteilt habe. § 45 Abs 3 SGB I sei nicht einschlägig, da die darin liegende Privilegierung des Anspruchsinhabers auf Sozialleistungen beschränkt sei(Urteil vom 28.1.2009).

6

Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Er teile zwar die Auffassung des Berufungsgerichts, dass bei einem Arzneimittelverordnungsregress im Einzelfall wegen der Nähe zum klassischen Schadensersatzrecht keine Ausschlussfrist eingreife, sondern Regressansprüche der Krankenkassen der Verjährung unterlägen, gehe jedoch von einer wirksamen Hemmung der Verjährungsfrist aus. Bei den gesetzlichen Verjährungsregelungen gehe es jeweils um ein Zweierverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner, während im komplizierten Kompetenzgeflecht im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung immer Verhältnisse mit mehr als zwei Beteiligten zu beurteilen seien. Zudem sei er - der Beklagte - nie Gläubiger der Regressforderung, die er festsetze. Als Konsequenz aus diesen Besonderheiten dürften etwaige Hemmungsvorschriften nur entsprechend und nicht direkt zur Anwendung kommen. In diesem Sinne seien "Verhandlungen" iS des § 203 BGB nF (in der seit dem 1.1.2002 gültigen Fassung) in Form der Rechtsverfolgung bzw eines alle Instanzen durchlaufenden Gerichtsverfahrens erfolgt. Auch eine Anwendung des § 206 BGB sei nicht ausgeschlossen, denn er - der Beklagte - habe die höchstrichterliche Entscheidung zu dem Problemkomplex um das Präparat Wobe Mugos E abwarten müssen, um ggf nicht sehenden Auges rechtswidrige Bescheide zu erlassen. Die vom LSG angeführte Entscheidung des BVerwG sei auf den vorliegenden Fall mangels Vergleichbarkeit nicht übertragbar; sie benachteilige auch diejenigen, die auf ein zweistufiges Verwaltungsverfahren verwiesen würden. Schließlich sei der Grundsatz nicht beachtet worden, dass die Verjährung nicht gegen denjenigen laufe, welcher den Eintritt der Verjährung nicht - klageweise - verhindern könne. Die Beigeladene zu 8. habe keine Möglichkeit gehabt, das laufende Verfahren zu beeinflussen, sondern sei zur Untätigkeit gezwungen gewesen. Nach der Entscheidung des erkennenden Senats vom 28.8.1996 sei eine Hemmung der Verjährungsfrist dann gegeben, wenn die Beteiligten über den Hemmungsgrund "offiziell" Kenntnis erlangt hätten, dieser Hemmungsgrund zweckmäßig sei und nicht eine sittenwidrige Verzögerung bedinge, und der Hemmungszeitraum angemessen sei und nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße. Diese Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt.

7

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 28. Januar 2009 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 10. Oktober 2007 zurückzuweisen,

hilfsweise, das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 28. Januar 2009 aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

8

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Die Prüfbefugnis der Gremien nach § 106 SGB V unterliege als verfahrensrechtliches Gestaltungsrecht allein einer vierjährigen Ausschlussfrist. Die Prüfgremien seien in jedem Einzelfall verpflichtet, zunächst von Amts wegen zu prüfen, ob die Prüfbefugnis gegeben oder aufgrund des Ablaufs der Ausschlussfrist entfallen sei. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit dürften die Verfahren hinsichtlich der Fristenregelung nicht unterschiedlich beurteilt werden. Es müsse den Prüfgremien von vornherein klar sein, ob Fristenregelungen von Amts wegen vor Beginn der Prüfung (Ausschlussfrist) oder erst im Rahmen der Durchführung der materiellen rechtlichen Prüfung auf Einrede (Verjährung) zu beachten seien. Im vorliegenden Fall sei die Ausschlussfrist nicht wirksam gehemmt worden. Dies erfordere zwingend den Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber dem Betroffenen; die bloße Kenntnisnahme einer solchen Möglichkeit vor Ablauf der Ausschlussfrist genüge nicht. Bei dem Schreiben ihrer Bezirksstelle vom 27.12.2001 handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um eine bloße Information. Eine Hemmung durch Rechtshandlungen der antragstellenden Krankenkasse komme nur in Ausnahmefällen in Betracht, nämlich dann, wenn es darum gehe, einer Vereitelung der Wirtschaftlichkeitsprüfung durch die Prüfgremien entgegenzutreten. Der Beigeladenen zu 8. habe die Möglichkeit offengestanden, eine Hemmung der Frist durch Erhebung der Untätigkeitsklage nach § 88 SGG zu bewirken. Es hätten weder Verhandlungen in Form der Rechtsverfolgung stattgefunden, noch stelle das Zuwarten auf eine höchstrichterliche Entscheidung höhere Gewalt dar, die eine Rechtsverfolgung verhindert habe.

10

Die Beigeladenen zu 6. und zu 8. haben sich - ohne Anträge zu stellen - den Ausführungen des Beklagten angeschlossen. Die übrigen Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich geäußert.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Beklagten ist begründet. Das LSG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Anspruch der Beigeladenen zu 8. auf Festsetzung eines Arzneikostenregresses verjährt ist. Er ist auch nicht aus anderen Gründen ausgeschlossen.

12

1. Die KÄV ist durch den Bescheid, mit dem der Beklagte einen Arzneikostenregress gegen den Beigeladenen zu 1. festgesetzt hat, rechtlich beschwert (BSGE 79, 97, 99 f = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 3 f; BSGE 92, 283 = SozR 4-2500 § 106 Nr 5, RdNr 21). Eine Betroffenheit der KÄV in eigenen Rechten hat der Senat aus der Gesamtverantwortung der KÄVen für eine den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entsprechende Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung (§ 75 Abs 1 SGB V)abgeleitet, in die durch die Entscheidung der Prüfgremien eingegriffen wird (BSGE 79 aaO S 99 f = SozR aaO S 4; BSGE 92 aaO = SozR aaO, RdNr 22). Hieraus folgt ihre Befugnis, die Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung unabhängig vom Nachweis eines darüber hinausgehenden konkreten rechtlichen Interesses im Einzelfall geltend zu machen (BSGE 79 aaO S 100 = SozR aaO S 4 mwN).

13

2. Für die vom Beigeladenen zu 1. im Quartal IV/2000 vorgenommene Verordnung von Wobe Mugos E haben die Prüfgremien zu Recht einen Regress festgesetzt. Dieser ist - wie auch nicht im Streit steht - in der Sache nicht zu beanstanden. Der Festsetzung eines Regresses stehen auch weder ein Verjährungseintritt noch ein Verstreichen der Ausschlussfrist von vier Jahren entgegen.

14

a) Rechtsgrundlage des Arzneikostenregresses ist § 106 Abs 2 SGB V (hier zugrunde zu legen idF des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626, die im Quartal IV/2000 galt; - zur Zugrundelegung des § 106 Abs 2 SGB V vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 17 RdNr 12 und BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19, RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 14). Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen, und zwar entweder nach Durchschnittswerten oder bei Überschreitung von Richtgrößen nach § 84 SGB V106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V) und/oder auf der Grundlage von Stichproben (§ 106 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V) geprüft. Über diese Prüfungsarten hinaus können die Landesverbände der Krankenkassen mit den KÄVen gemäß § 106 Abs 2 Satz 4 SGB V andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren; diese Prüfvereinbarungen ermächtigen regelmäßig auch zu Einzelfallprüfungen (s zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 17 RdNr 12 bis 14 mwN). Diese waren auch in der hier einschlägigen Prüfvereinbarung vom 24.6.1996 vorgesehen, wie sich aus dem Urteil des SG ergibt, das für die Feststellung und Auslegung von Landesrecht (auch) zuständig ist (s § 162 SGG und dazu zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 17 RdNr 12 mwN). Einzelfallprüfungen sind insbesondere dann sachgerecht - und ihre Auswahl daher rechtmäßig - wenn das individuelle Vorgehen eines Arztes in einem bestimmten Behandlungsfall hinsichtlich des Behandlungs- und Verordnungsumfangs am Maßstab des Wirtschaftlichkeitsgebots überprüft werden soll (s BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 17 RdNr 16; BSG SozR § 106 Nr 21 RdNr 14). Dem Beschluss des Beklagten ist auch mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass er eine Einzelfallprüfung wegen Unwirtschaftlichkeit durchgeführt hat.

15

b) Die im vorliegenden Fall aufgrund vorgenannter Rechtsgrundlage durchgeführte Einzelfallprüfung lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Die Annahme der Unwirtschaftlichkeit wie auch die Höhe des festgesetzten Regresses sind nicht zu beanstanden.

16

Wie der Senat bereits mit Urteilen vom 5.11.2008 (B 6 KA 63/07 R = SozR 4-2500 § 106 Nr 21 und B 6 KA 64/07 R) sowie vom 6.5.2009 (B 6 KA 3/08 R = USK 2009-14 = MedR 2010, 276) entschieden hat, war die vom Beigeladenen zu 1. vorgenommene Verordnung von Wobe Mugos E im Quartal IV/2000 nicht zulässig. Denn dieses Arzneimittel durfte nicht im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnet werden; insoweit bestand weder eine Leistungspflicht der Krankenkassen noch ein Versorgungsanspruch der Versicherten. Jedenfalls seit der Ablehnung der Zulassungsverlängerung durch den Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 9.6.1998 war Wobe Mugos E nicht mehr verordnungsfähig im Sinne des SGB V (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 25). Fehlte die Verordnungsfähigkeit, so ist Unwirtschaftlichkeit gegeben (BSG aaO unter Hinweis auf BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 52 S 281 f und BSG MedR 2007, 557).

17

c) Die Festsetzung des Regresses ist auch nicht wegen Zeitablaufs ausgeschlossen.

18

aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts unterliegt das Recht der Prüfgremien auf Erlass von Prüfbescheiden nicht der Verjährung. Dies hat das BSG - unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 16.1.1991 - BSGE 68, 97 = SozR 3-2500 § 106 Nr 4, und vom 31.7.1991 - BSGE 69, 147 = SozR 3-2500 § 106 Nr 7) bereits mit Urteil vom 16.6.1993 (14a/6 RKa 37/91- BSGE 72, 271 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19; bestätigt durch BSGE 79, 97, 100 = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 4; s auch BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 16; BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 20)entschieden.

19

(1) Wie der Senat dargelegt hat, unterliegt nach § 194 Abs 1 BGB der Verjährung nur das Recht, von einem Anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (Anspruch); Rechte, die keine Ansprüche sind, unterliegen nicht der Verjährung (BSGE 72, 271, 273 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 S 107). Das gilt insbesondere für Gestaltungsrechte (BSGE aaO = SozR aaO mwN; s auch Ellenberger in: Palandt, BGB, 69. Aufl 2010, § 194 RdNr 3). Das Prüfverfahren ist nach dem Gesetz auf die endgültige Feststellung des Honoraranspruchs in Ersetzung des Honorarbescheides und auf die Festsetzung eines etwaigen Regresses wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise ausgerichtet (BSG aaO). Das Recht des Prüfungsausschusses, den Honoraranspruch endgültig und entsprechend dem Prüfergebnis anders als im Honorarbescheid festzusetzen, ist nicht auf ein Tun oder Unterlassen des Vertragsarztes gerichtet (BSG aaO). Es ist jedenfalls kein Anspruch, sondern einem Gestaltungsrecht vergleichbar (BSG aaO; s auch BSGE 79, 97, 100 = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 4).

20

(2) Etwas anderes gilt lediglich für das Verfahren auf Feststellung eines "sonstigen Schadens" (s BSGE 79, 97, 100 = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 4). Zur Begründung hat der Senat (aaO) auf die Unterschiede verwiesen, die zwischen der Überprüfung des dem Vertragsarzt gegen die KÄV zustehenden Honoraranspruchs unter den Gesichtspunkten der sachlich-rechnerischen Richtigkeit und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung auf der einen und der Feststellung eines gegen den Vertragsarzt gerichteten Schadensersatzanspruchs auf der anderen Seite bestehen. Anders als die auf Prüfung und ggf Kürzung der eingereichten Honorarforderung gerichtete Prüfungsbefugnis der Prüfgremien, die - wie dargelegt - als verfahrensrechtliches Gestaltungsrecht nicht der Verjährung unterliegt, bildet das Verfahren auf Feststellung eines "sonstigen Schadens" nach bundesmantelvertraglichen Vorschriften (jetzt § 48 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte/§ 44 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen sowie § 23 Abs 1 Satz 2 Bundesmangelvertrag-Zahnärzte) die Grundlage für die Geltendmachung eines gegen den Vertragsarzt gerichteten Schadensersatzanspruchs, der wie jeder Anspruch verjähren kann (BSG aaO). In diesem Fall wird dem Interesse des betroffenen Vertragsarztes, nicht zeitlich unbegrenzt Ersatzansprüchen aus einer abgeschlossenen Behandlung ausgesetzt zu sein, bereits durch die Verjährungsvorschriften Rechnung getragen.

21

(3) Bei Arzneikostenregressen, die auf der Verordnung eines nicht zu Lasten der GKV verordnungsfähigen Arzneimittels beruhen, handelt es sich jedoch nicht um einen Fall des "sonstigen Schadens" im Sinne der BSG-Rechtsprechung. Der gegenteiligen Auffassung des LSG kann nicht gefolgt werden.

22

Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl BSG, Urteile vom 14.3.2001 = SozR 3-2500 § 106 Nr 52 S 283 sowie B 6 KA 18/00 R, vom 30.1.2002, B 6 KA 9/01 R = USK 2002-110 sowie vom 20.10.2004 = SozR 4-2500 § 106 Nr 7 RdNr 12)sind Schadens- und Verordnungsregresse wegen eines Verstoßes gegen die Arzneimittelrichtlinien bzw generell wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel nicht als Fall der Festsetzung eines "sonstigen Schadens" im Sinne der bundesmantelvertraglichen Vorschriften anzusehen. Der durch fehlerhaftes Verordnungsverhalten des Arztes einer Krankenkasse entstandene Schaden unterscheidet sich grundlegend von dem - verschuldensabhängigen (s hierzu BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 52 S 283 und BSG USK 2002-110) - "sonstigen Schaden".

23

Bei Verordnungsregressen besteht der zu ersetzende Schaden der Krankenkasse darin, dass sie an Apotheken Geldbeträge für Arzneien gezahlt hat, welche dem Versicherten gegen Vorlage einer vertragsärztlichen Verordnung ausgehändigt wurden und ausgehändigt werden durften (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 52 S 284; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 7 RdNr 12). Die Krankenkasse hat mithin Kosten aufgewandt, die sie prinzipiell aufwenden muss, die aber im konkreten Fall nicht angefallen wären, wenn der Vertragsarzt den normativen Vorgaben entsprochen hätte (Wenner, Das Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 28 RdNr 3). Der "Schaden", der durch einen Verordnungsregress auszugleichen ist, entspricht somit demjenigen, der durch eine unwirtschaftliche Verordnungsweise im Sinne von § 106 Abs 2 Satz 1 SGB V verursacht worden ist(BSG aaO).

24

Der typische Schadensregress außerhalb des Verordnungsverhaltens ist hingegen dadurch gekennzeichnet, dass das Verhalten des Arztes (zB ein Behandlungsfehler oder eine falsche Bescheinigung) Folgekosten der Krankenkasse in anderen Leistungsbereichen ausgelöst hat (zB notwendige Nachbehandlung, Leistungen wegen Mutterschaft). Der dann zu ersetzende Schaden ist der Struktur nach einem Mangelfolgeschaden nach bürgerlichem Recht vergleichbar (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 52 S 284; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 7 RdNr 12; in diesem Sinne auch Wenner aaO RdNr 3; vgl ferner BSGE 55, 144 = SozR 2200 § 368n Nr 26).

25

Aber auch außerhalb dieser typischen Konstellationen kann es Verordnungsregresse geben, die dem Schadensregress nach den bundesmantelvertraglichen Vorschriften zuzuordnen sind. Hierfür kommen insbesondere Fallgestaltungen in Betracht, bei denen Fehler in Frage stehen, die nicht speziell der Verordnung selbst anhaften, sondern sich aus der Art und Weise der Ausstellung der Verordnung ergeben. Dies kann zB in Betracht kommen, wenn ein Vertragsarzt für einen Patienten eine Verordnung ausstellt, obgleich er ihn nicht selbst in Behandlung hat, dieser sich zur Zeit der Ausstellung der Verordnung in der Behandlung eines Krankenhauses befindet, in dem umfassend Therapien einschließlich aller Arzneimittel zu gewähren sind. Gleiches gilt, wenn ein ermächtigter Krankenhausarzt Arzneiverordnungen im Rahmen seiner Ermächtigungstätigkeit durch einen insoweit nicht vertretungsbefugten anderen Krankenhausarzt unterzeichnen lässt. In solchen Fällen ist im Wege des Schadensregresses vorzugehen, dessen Rechtmäßigkeit ein Verschulden und die Einhaltung der vierjährigen Verjährungsfrist voraussetzt.

26

Kein Schadensregress nach den bundesmantelvertraglichen Vorschriften, sondern ein Fall der Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 106 SGB V liegt indessen zB dann vor, wenn eine Krankenkasse gegenüber einem Vertragsarzt geltend macht, dieser habe die Verteilung des Sprechstundenbedarfs zwischen Primär- und Ersatzkassen fehlerhaft vorgenommen(s BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 7). Ein Fall des § 106 SGB V ist auch dann gegeben, wenn ein Regress deshalb erfolgt, weil die Grenzen der gesetzlichen Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht eingehalten wurden. Auch dieser Regress entspricht der systematischen Struktur nach einem Arzneikostenregress wegen unzureichender Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots oder einer Kürzung vertragsärztlichen Honorars wegen unwirtschaftlicher Leistungserbringung. Diese Maßnahmen knüpfen an die inhaltliche Ausrichtung der Verordnung an, die sich als unzulässig bzw unwirtschaftlich darstellt. Diese Zuordnung wird durch § 106 Abs 5b SGB V bekräftigt, der klarstellt, dass im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung die Einhaltung der Arzneimittel-Richtlinien zu prüfen ist. In solchen Fällen kommt es auf ein Verschulden nicht an.

27

bb) Dass ein Prüfanspruch nicht der Verjährung unterliegt, bedeutet jedoch nicht, dass ein Regressbescheid wegen unzulässiger - und damit unwirtschaftlicher - Arzneiverordnungen zeitlich unbegrenzt ergehen könnte.

28

(1) Wie das BSG bereits mit Urteil vom 16.6.1993 (14a/6 RKa 37/91 - BSGE 72, 271 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19)entschieden hat, ergibt sich die Notwendigkeit einer zeitlichen Begrenzung des Prüfverfahrens bereits aus dem rechtsstaatlichen Gebot der Rechtssicherheit (Art 20 Abs 3 GG); greifen die Verjährungsvorschriften nicht ein, so muss der Gefahr eines "ewigen Prüfverfahrens" auf andere Weise Rechnung getragen werden (BSGE aaO S 275 = SozR aaO S 109 f). Daher hat es das BSG als sachgerecht angesehen, die in den Büchern des SGB für die Verjährung einheitlich festgesetzte Frist von vier Jahren im Sinne einer zeitlichen Höchstgrenze als Ausschlussfrist auch auf das Verfahren zur endgültigen Festsetzung der vertragsärztlichen Honorare zu übertragen (BSGE aaO S 277 = SozR aaO S 112). Diese Ausschlussfrist, innerhalb derer der Bescheid ergehen muss, gilt für sachlich-rechnerische Richtigstellungen (s hierzu BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 22 RdNr 14; BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16)und für Bescheide zur Umsetzung degressionsbedingter Honorarminderungen (BSG MedR 2008, 100 RdNr 15 ff, und BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 15 ff)gleichermaßen wie für Wirtschaftlichkeitsprüfungen (s hierzu BSGE 72, 271, 277 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 S 111 f; BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 62).

29

(2) Diese Ausschlussfrist gilt auch für Regresse wegen solcher Verordnungen, die die Grenzen der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht eingehalten haben, da sie - wie dargelegt - der systematischen Struktur nach einem Arzneikostenregress wegen unzureichender Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots entsprechen. Soweit das LSG die Auffassung vertritt, dass für eine Ausschlussfrist von vornherein dann kein Raum sei, wenn sich die Regressforderung aus einem Schadensersatzanspruch ergebe, bei dem die zeitliche Begrenzung bereits aus der Möglichkeit der Verjährung erfolge, trägt es der Argumentation des 14a Senats zur Ausschlussfrist nicht hinreichend Rechnung. Dieser hat seine Entscheidung, dass das Recht der Prüfgremien auf Erlass von Honorarkürzungsbescheiden nicht der Verjährung unterliegt, damit begründet, dass dieses Recht keinen Anspruch im Sinne des § 194 BGB darstellt, sondern vielmehr einem Gestaltungsrecht vergleichbar ist. Zwar unterliegen Rückzahlungs- und Schadensersatzansprüche als solche der Verjährung; damit kann aber eine Verjährung des Prüfrechts nicht begründet werden (BSGE 72, 271, 274 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 S 108 f).

30

cc) Der Bescheid vom 10.8.2006 ist allerdings nicht innerhalb der hier maßgeblichen Ausschlussfrist von vier Jahren ergangen.

31

Der die Wirtschaftlichkeitsprüfung bzw die Prüfung der sachlich-rechnerischen Berichtigung abschließende Bescheid muss nach der zitierten Senatsrechtsprechung innerhalb der Ausschlussfrist von vier Jahren ergehen. Dabei kann offen bleiben, wann diese Ausschlussfrist in den Fällen zu laufen beginnt, in denen - wie hier - ein Regress wegen einzelner Arzneimittelverordnungen im Streit steht. Wie der Senat mit Urteil vom 28.3.2007 (B 6 KA 22/06 R - BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35; ebenso die weiteren Urteile vom 28.3.2007, MedR 2008, 100 und B 6 KA 28/06 R) entschieden hat, beginnt die Ausschlussfrist "in allen Fällen der Berichtigung von Honorarbescheiden" mit dem Tag nach der Bekanntgabe des für den Abrechnungszeitraum maßgeblichen Honorarbescheids zu laufen (BSGE aaO = SozR aaO, RdNr 18). Ob dies - im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung - auch bei Arzneikostenregressen entsprechend gilt (zu weiteren möglichen Anknüpfungspunkten s SG Berlin, Urteil vom 27.8.2008 - S 83 KA 653/07, juris), braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn unabhängig davon, ob die Ausschlussfrist noch im Laufe des Jahres 2000 oder - äußerstenfalls - mit Ablauf des Jahres 2001 zu laufen begonnen hatte, war sie spätestens mit Ende des Jahres 2005, also vor Erlass des Regressbescheides, abgelaufen.

32

Später ergehende Kürzungs- bzw Rückforderungsbescheide können regelmäßig nur noch dann Rechtswirkungen entfalten, wenn die Vertrauensschutzausschlusstatbestände des § 45 SGB X(Abs 2 iVm Abs 4 Satz 1) vorliegen (BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 16; BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 12). Deren Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt, denn es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beigeladene zu 1. "bösgläubig" im Sinne des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X war.

33

dd) Der Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist ist jedoch unbeachtlich, weil die Ausschlussfrist vorliegend unterbrochen bzw gehemmt worden ist.

34

(1) Die Möglichkeit einer Unterbrechung bzw Hemmung der Ausschlussfrist für den Erlass von Prüf- und Richtigstellungsbescheiden folgt aus der entsprechenden Anwendung der Vorschriften des § 45 SGB I über die Unterbrechung bzw Hemmung der Verjährung(s hierzu BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 14; s auch BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 28, und BSG, Beschluss vom 27.4.2005 - B 6 KA 46/04 B - juris RdNr 10 f; vgl auch BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 62). Die Anwendung einzelner Verjährungsvorschriften, insbesondere der über die Unterbrechung bzw Hemmung der Verjährung, auf Ausschlussfristen ist trotz der Unterschiede zwischen Verjährung und Ausschlussfrist nicht ausgeschlossen und auch im bürgerlichen Recht anerkannt (BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 15 mwN).

35

Dabei sind die Änderungen des § 45 SGB I wie auch der entsprechend anwendbaren BGB-Vorschriften durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz im Ergebnis ohne Bedeutung. Insbesondere für die ohnehin nur entsprechende Heranziehung der Hemmungs- bzw Unterbrechungstatbestände des BGB auf die Ausschlussfrist kommt es nicht darauf an, in welcher Weise sich die zum 1.1.2002 in Kraft getretenen Neuregelungen des BGB auf bereits laufende Verjährungsvorschriften auswirkten. Denn für die Wahrung der genannten Ausschlussfrist ist es ohne Belang, ob die Frist vor dem 1.1.2002 unterbrochen, die Unterbrechungswirkung danach fortdauerte oder ob sie nach diesem Zeitpunkt gehemmt wurde. Für § 45 SGB I gilt nichts anderes. Die Rechtswirkungen von Unterbrechung und Hemmung bleiben insoweit gleich (s schon BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 14). Nach § 205 BGB aF wie nach § 209 BGB nF bewirkt die Hemmung, dass der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet wird; die Unterbrechung der Verjährung bewirkte nach § 217 BGB aF, dass die bis zur Unterbrechung verstrichene Zeit nicht in Betracht kommt.

36

(2) Eine Hemmung der Verjährung bzw des Ablaufs der Ausschlussfrist bei höherer Gewalt nach § 206 BGB nF bzw § 203 BGB aF kommt hier entgegen der Auffassung des Beklagten allerdings nicht in Betracht. Dem steht entgegen, dass höhere Gewalt - zu der auch der Stillstand der Rechtspflege gehört (s Ellenberger in Palandt, BGB, 69. Aufl 2010, § 206 RdNr 1; vgl § 203 Abs 1 BGB aF) - nur dann vorliegt, wenn der Berechtigte auch bei äußerster, nach den Umständen vernünftigerweise zu erwartender Sorgfalt an der Rechtsverfolgung gehindert ist (Lakkis in: JurisPK-BGB, 4. Aufl 2008, § 206 RdNr 2; vgl auch BSGE 101, 235 = SozR 4-1300 § 44 Nr 17, RdNr 31). Die Beigeladene zu 8. war aber nicht in diesem Sinne an der Rechtsverfolgung gehindert, denn ihr stand die rechtliche Möglichkeit offen, im Wege der Untätigkeitsklage nach § 88 Abs 1 SGG eine Entscheidung der Prüfgremien herbeizuführen.

37

Der Senat hat wiederholt auf die Möglichkeit verwiesen, zur Unterbrechung bzw Hemmung der Ausschlussfrist Untätigkeitsklage gegen das zuständige Prüfgremium zu erheben. Bereits mit Urteil vom 8.12.1993 (BSGE 73, 244 = SozR 3-1500 § 88 Nr 1)hatte der 14a Senat betont, dass Antragsteller gegenüber den Prüfgremien einen Rechtsanspruch auf Erlass eines Prüfbescheides haben und ihre Interessen nicht nur durch den Inhalt der Entscheidungen der Prüfgremien berührt werden, sondern auch durch ihren Zeitpunkt (BSGE aaO = SozR aaO S 5). Diesen Anspruch können sie ggf mit der Untätigkeitsklage durchsetzen (BSGE aaO = SozR aaO; s hierzu auch BSG, Urteil vom 20.9.1995 - BSGE 76, 285, 287 = SozR 3-2500 § 106 Nr 30 S 167, 168; BSG, Urteil vom 14.5.1997 - SozR 3-2500 § 106 Nr 39 S 215; zuletzt Urteil vom 6.9.2006 - BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 17). Deren Erhebung unterbricht bzw hemmt auch - in entsprechender Anwendung des § 209 Abs 1 BGB aF (in der bis zum 31.12.2001 gültigen Fassung) bzw § 204 BGB nF - die vierjährige Ausschlussfrist(BSGE 76, 285, 289 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 30 S 170; s auch BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 39 S 215). Ungeachtet des Umstandes, dass eine Verjährungsunterbrechung bzw -hemmung im Regelfall nur eintritt, wenn die Klage gegen den Schuldner gerichtet wird (s BSGE 79, 97, 103 = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 7), wird eine analoge Anwendung jedenfalls dann bejaht, wenn dem betroffenen Vertragsarzt vor Ablauf der Frist der Beschluss über seine Beiladung zu diesem Verfahren zugestellt wird und er damit förmlich Kenntnis nimmt (BSGE 76, 285, 293 = SozR 3-2500 § 106 Nr 30 S 170; BSGE 79, 97, 103 = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 7; s auch BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 17).

38

Sofern die Ausführungen des 14a Senats in seiner Entscheidung vom 16.6.1993 (BSGE 72, 271 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19), die Deutung des Prüfungsrechts als ein der Verjährung unterliegender Anspruch sei auch deshalb abzulehnen, weil diejenigen Beteiligten, die die Folgen der Verjährung letztlich wirtschaftlich träfe, nämlich Krankenkassen und KÄVen, nicht in der Lage seien, "den Eintritt der Verjährung zu verhindern" (BSGE aaO S 274 = SozR aaO S 109), im gegenteiligen Sinne verstanden werden könnten, wird hieran nicht festgehalten.

39

(3) Zu Recht hat das LSG auch eine Ablaufhemmung in entsprechender Anwendung des § 203 BGB nF(bzw § 852 Abs 2 BGB aF analog) verneint, denn es fanden gerade keine Verhandlungen zwischen dem Schuldner - also dem Beigeladenen zu 1. - und dem Gläubiger - der Beigeladenen zu 8. - statt. Abgesehen davon, dass ein dem Vertragsarzt "aufgezwungenes" Verfahren vor den Prüfgremien schon wegen fehlender Freiwilligkeit nicht einer Verhandlung im Sinne des § 203 BGB nF gleichgestellt werden kann, beschränkten sich die Handlungen der Beteiligten des Verwaltungsverfahrens bis zu dessen Wiederaufnahme auf die Geltendmachung einer entsprechenden (Regress-)Forderung auf der einen und deren Zurückweisung auf der anderen Seite.

40

(4) Eine Unterbrechung bzw Hemmung des Ablaufs der Ausschlussfrist ist jedoch durch die Stellung des Prüfantrages seitens der Beigeladenen zu 8. eingetreten. Diese Wirkung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 204 Abs 1 Nr 12 Halbs 1 BGB nF(bzw § 210 Satz 1 BGB aF)wie auch des § 45 Abs 3 SGB I.

41

(a) Nach § 204 Abs 1 Nr 12 Halbs 1 BGB nF(bzw § 210 Satz 1 BGB aF) wird die Verjährung durch die Einreichung des Antrags bei einer Behörde gehemmt, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird. Eine "Vorabentscheidung" einer Behörde stellen auch die Entscheidungen der Prüfstellen (bzw der früheren Prüfungsausschüsse) nach § 106 SGB V dar.

42

Dem steht nicht entgegen, dass nach ganz herrschender Auffassung in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nur diejenigen Anträge verjährungshemmende Wirkung haben, die unmittelbar, also ohne weitere Verfahrensschritte, Voraussetzung für die Klageerhebung sind (so grundlegend BVerwGE 57, 306, 309 f; bestätigt durch BVerwGE 102, 33; ohne nähere Begründung auch BVerwG, Urteile vom 15.6.2006 - 2 C 17/05 - Buchholz 240 § 73 BBesG Nr 13 und - 2 C 15/05 - IÖD 2007, 7; die verwaltungsgerichtliche Instanzrechtsprechung ist dem gefolgt: vgl Verwaltungsgericht Kassel, Urteil vom 19.6.2007 - 1 E 520/05 - juris RdNr 7; VG Magdeburg, Urteil vom 21.3.2006 - 5 A 104/05 - juris RdNr 15; Thüringer Oberverwaltungsgericht , Urteil vom 29.10.2009 - 2 KO 893/07 - juris RdNr 40). Zur Begründung wird darauf verwiesen (BVerwGE 57, 306, 309 f), aus der Gleichstellung des Gesuchs an eine Behörde mit den Wirkungen einer die Verjährung unterbrechenden Klageerhebung ergebe sich, dass nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nur solche Schritte als ausreichend anzusehen seien, die den eindeutigen Willen zur gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs gegenüber dem Schuldner erkennen ließen. Diesem Zweck diene die erstmalige Geltendmachung eines Anspruchs noch nicht, sondern zunächst nur der Konkretisierung eines sich aus dem Gesetz lediglich abstrakt ergebenden Anspruchs. Es sei dem Betroffenen zuzumuten, seinen Anspruch so rechtzeitig bei der Behörde einzureichen, dass gegen den daraufhin erlassenen Verwaltungsakt noch vor Ablauf der Verjährungsfrist Widerspruch eingelegt werden könne.

43

Diese einschränkende Auslegung des § 204 Abs 1 Nr 12 BGB kann jedoch auf die lediglich entsprechende Anwendung der Norm im Vertragsarztrecht wegen der dort bestehenden Besonderheiten nicht übertragen werden. Das BSG hat bereits in seinem Urteil vom 28.8.1996 (BSGE 79, 97 = SozR 3-5545 § 23 Nr 1) dargelegt, dass ein Antrag auf Schadensfeststellung im Prinzip geeignet ist, eine Verjährungsunterbrechung zu bewirken, und eine Anwendung des § 210 BGB (aF) in Betracht käme (BSGE aaO S 101 f = SozR aaO S 6). Es hat ausgeführt, dass diese Norm den Interessen des Anspruchstellers Rechnung tragen solle, der seine Forderung nicht unmittelbar durch Klageerhebung geltend machen könne, weil das Gesetz die Zulässigkeit der Klage von einer vorherigen Überprüfung des Anspruchs in einem Verwaltungsverfahren abhängig mache. Der Rechtsgedanke des § 210 BGB (aF) sei grundsätzlich auf sozialrechtliche Ansprüche übertragbar.

44

Diesen Gedanken fortführend hält der Senat eine Anwendung des § 204 Abs 1 Nr 12 BGB nF im Vertragsarztrecht deswegen für geboten, weil nur so den hier bestehenden Besonderheiten Rechnung getragen werden kann. Im Verwaltungsrecht stehen sich üblicherweise Gläubiger und Schuldner in Zweierbeziehungen unmittelbar gegenüber. So lag der oben angeführten Entscheidung des BVerwG ein Antrag eines Beamten gegen seinen Dienstherrn auf Gewährung beamtenrechtlicher Besoldungszahlungen zugrunde. Demgegenüber bestehen im Vertragsarztrecht wegen der hier maßgeblichen Trennung der Rechtskreise keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen zwischen dem "Gläubiger" (der Krankenkasse) und dem "Schuldner" (dem Vertragsarzt). Die Krankenkasse hat im Regelfall keine Möglichkeit, den Vertragsarzt unmittelbar "in Regress" zu nehmen. Vielmehr ist nach den gesetzlichen Vorgaben die Festsetzung eines Regresses ausschließlich den Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen zugewiesen (vgl § 106 Abs 4 Satz 1 iVm Abs 5 Satz 1 SGB V). Eine Krankenkasse, die einen Regressanspruch gegen einen Vertragsarzt durchsetzen möchte, ist daher auf ein Tätigwerden der Prüfgremien angewiesen.

45

Dem steht auch nicht die Überlegung entgegen, dass die Beigeladene zu 8. die Möglichkeit gehabt hätte, eine Untätigkeitsklage nach § 88 Abs 1 SGG zu erheben. Zum einen wäre die rechtliche Wirkung einer derartigen Klage nicht sicher zu beurteilen, da die „verjährungsunterbrechende“ Wirkung der Untätigkeitsklage von einer (einfachen) Beiladung des betroffenen Vertragsarztes abhängig ist (vgl BSGE 76, 285, 293 = SozR 3-2500 § 106 Nr 30 S 174; BSGE 79, 97, 103 = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 7 f; s auch BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 17), die wiederum im Ermessen des Gerichts steht. Zum anderen entspricht das Vorgehen, bei einer strittigen und schwierig zu beurteilenden Frage wie der Verordnungsfähigkeit von Wobe Mugos E eine höchstrichterliche Klärung abzuwarten, dem gesetzlich angelegten partnerschaftlichen System der gemeinsamen Selbstverwaltung von Vertragsärzten und Krankenkassen. Dieses würde empfindlich gestört, wenn Krankenkassen wegen des Fehlens einer den Ablauf der Ausschlussfrist hemmenden Wirkung ihres Prüfantrages gezwungen wären, die Prüfungsstellen regelhaft durch Erhebung von Untätigkeitsklagen zu einer vorzeitigen Entscheidung zu nötigen.

46

Somit reicht es im Vertragsarztrecht aus, dass die vom Tätigwerden eines Dritten abhängige Krankenkasse ihr Recht geltend macht. Um allerdings die Rechte des ebenfalls von einer Entscheidung der Prüfgremien abhängigen Vertragsarztes zu wahren, ist der Eintritt einer die Ausschlussfrist unterbrechenden bzw hemmenden Wirkung des Prüfantrags zudem davon abhängig, dass der Anspruchsgegner - der Vertragsarzt - von der Stellung des Prüfantrages Kenntnis erlangt. Dies war vorliegend der Fall. Darüber hinaus war der Beigeladene zu 1. auch über die Gründe informiert, die einer zügigen Entscheidung über den von der Krankenkasse gestellten Prüfantrag entgegenstanden, so dass sich bei ihm kein Vertrauen dahingehend bilden konnte, dass sich der Antrag zwischenzeitlich erledigt haben könnte.

47

(b) Zum selben Ergebnis führt eine entsprechende Anwendung des § 45 Abs 3 SGB I. Danach wird die Verjährung neben den im BGB genannten - nach § 45 Abs 2 SGB I entsprechend anwendbaren - Fällen auch durch schriftlichen Antrag auf die Sozialleistung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt(in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung: "unterbrochen"). Dementsprechend hat der Antrag der Beigeladenen zu 8. auf Festsetzung eines Arzneikostenregresses den Ablauf der Ausschlussfrist bis zu der Entscheidung der Prüfungsstelle gehemmt.

48

§ 45 SGB I gilt zwar unmittelbar nur für Sozialleistungen, findet aber nach der Rechtsprechung des Senats bezüglich der im Vertragsarztrecht geltenden Ausschlussfristen entsprechende Anwendung(BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 14; BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 28; BSG, Beschluss vom 27.4.2005 - B 6 KA 46/04 B - juris RdNr 10 f). Auch wenn sich die genannten Entscheidungen des Senats allein auf § 45 Abs 2 SGB I beziehen, ist eine entsprechende Anwendung des § 45 Abs 3 SGB I jedenfalls in den Fällen zu bejahen, in denen der Arzt - wie hier - von dem Prüfantrag der Krankenkasse unterrichtet ist und über den Grund informiert wird, weshalb mit einer zügigen Entscheidung nicht gerechnet werden kann.

49

(c) Die das Verstreichen der Ausschlussfrist unterbrechende bzw hemmende Wirkung des Prüfantrags ist schließlich nicht dadurch entfallen, dass das Verfahren infolge des angeordneten "Ruhens" nicht "betrieben" wurde. Nach § 204 Abs 2 BGB nF endet die Hemmung nach Absatz 1 der Norm ("Hemmung durch Rechtsverfolgung") sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens(Satz 1). Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle (§ 204 Abs 2 Satz 2 BGB nF, § 211 Abs 2 Satz 1 BGB aF). Die letzte Verfahrenshandlung in diesem Sinne wäre die Mitteilung des Ruhens durch die KÄV gewesen.

50

Es entspricht jedoch herrschender Auffassung, dass § 204 Abs 2 Satz 2 BGB nF bzw § 211 Abs 2 BGB aF in dem vom Amtsermittlungsgrundsatz beherrschten sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren nicht entsprechend anzuwenden ist(BSGE 92, 159 = SozR 4-6580 Art 19 Nr 1, RdNr 12; LSG Hamburg, Urteil vom 24.2.2005 - L 6 RJ 122/03 - juris RdNr 27; Rolfs in Hauck/Noftz, SGB I, § 45 RdNr 26 mwN; aA noch Kretschmer in: GK-SGB I, 3. Aufl 1996, § 45 RdNr 24). Denn das "Betreiben" ist ein spezifisches Erfordernis des vom Beibringungsgrundsatz beherrschten zivilrechtlichen Verfahrens; die Vorschrift passt daher nicht auf das sozialrechtliche Verfahren (BSGE aaO = SozR aaO, RdNr 13; LSG Hamburg aaO).

51

Auch außerhalb des Sozialrechts führt eine Untätigkeit des Gläubigers nicht zur Beendigung der Unterbrechung bzw Hemmung, wenn die Behörde von Amts wegen für den Fortgang des Verfahrens zu sorgen hat (BGH VersR 77, 647; ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.12.2008 - 4 N 77.07 - juris RdNr 9; Ellenberger in: Palandt, BGB, 69. Aufl 2010, § 204 RdNr 27; Peters/Jacoby in: Staudinger, BGB, 2009, § 204 RdNr 125, 140; Mansel/Budzikiewicz in: Anwaltkommentar BGB, Band 1, 2005, § 204 RdNr 125; Kesseler in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 4. Aufl 2009, § 204 RdNr 19, 21). Diese Voraussetzungen sind angesichts des Umstandes, dass die Beigeladene zu 8. - abgesehen von der "irregulären" Option einer Untätigkeitsklage - keine Möglichkeit hatte, auf den Fortgang des Verfahrens Einfluss zu nehmen, auch in diesem Fall gegeben.

52

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen, da sie unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil diese im Verfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO; vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106c geprüft werden. Die Prüfung kann neben dem zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumen auch Überweisungen sowie sonstige veranlasste ärztliche Leistungen, insbesondere aufwändige medizinisch-technische Leistungen umfassen; honorarwirksame Begrenzungsregelungen haben keinen Einfluss auf die Prüfungen.

(2) Veranlassung für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 1 besteht insbesondere

1.
bei begründetem Verdacht auf fehlende medizinische Notwendigkeit der Leistungen (Fehlindikation),
2.
bei begründetem Verdacht auf fehlende Eignung der Leistungen zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels (Ineffektivität),
3.
bei begründetem Verdacht auf mangelnde Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualitätsmangel), insbesondere in Bezug auf die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthaltenen Vorgaben,
4.
bei begründetem Verdacht auf Unangemessenheit der durch die Leistungen verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel oder
5.
bei begründetem Verdacht, dass Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie unvereinbar mit dem Heil- und Kostenplan sind.

(3) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. November 2019 das Nähere zu den Voraussetzungen nach Absatz 2 in Rahmenempfehlungen. Die Rahmenempfehlungen sind bei den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 zu berücksichtigen.

(4) Die in § 106 Absatz 1 Satz 2 genannten Vertragspartner können über die Prüfung nach Absatz 1 hinaus Prüfungen ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen, dürfen bei Ärzten der betroffenen Arztgruppe keine Prüfungen nach Durchschnittswerten durchgeführt werden. In den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 sind die Zahl der je Quartal höchstens zu prüfenden Ärzte in einer Kassenärztlichen Vereinigung sowie im Rahmen der Prüfungen nach Absatz 1 und der Prüfungen nach Satz 1 als Kriterien zur Unterscheidung Praxisbesonderheiten festzulegen, die sich aus besonderen Standort- und Strukturmerkmalen des Leistungserbringers oder bei besonderen Behandlungsfällen ergeben. Die Praxisbesonderheiten sind vor Durchführung der Prüfungen als besonderer Versorgungsbedarf durch die Prüfungsstellen anzuerkennen; dies gilt insbesondere auch bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Besuchsleistungen.

Das Erste und Zehnte Buch gelten für alle Sozialleistungsbereiche dieses Gesetzbuchs, soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt; § 68 bleibt unberührt. Der Vorbehalt gilt nicht für die §§ 1 bis 17 und 31 bis 36. Das Zweite Kapitel des Zehnten Buches geht dessen Erstem Kapitel vor, soweit sich die Ermittlung des Sachverhaltes auf Sozialdaten erstreckt.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Berechtigung der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV), dem klagenden Vertragsarzt die Vergütung für eine Substitutionsbehandlung zu versagen.

2

Der 1940 geborene und bis Ende 2007 als Arzt ohne Gebietsbezeichnung zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Kläger verfügte über die Berechtigung zur Durchführung und Abrechnung von Methadon-Substitutionsbehandlungen bei manifest Opiatabhängigen. Seit 1995 führte er bei dem Versicherten G. H. eine Substitutionsbehandlung durch, die G. H. zu Beginn des Jahres 2005 von sich aus beendete. Nachdem G. H. zwischenzeitlich bei einem anderen Arzt in Behandlung gewesen war, meldete ihn der Kläger im Juli 2005 erneut zur Substitutionsbehandlung an. Die Beklagte ließ eine Evaluierung des Behandlungsfalls durch ihre Qualitätssicherungskommission durchführen. Diese gelangte auf der Grundlage der mitgeteilten Befunde und der Angaben des Klägers zu der Auffassung, die Substitutionsbehandlung könne wegen des hohen Benzodiazepin-Konsums des Versicherten G. H. nicht weitergeführt werden.

3

Mit Bescheid vom 16.1.2006 gab die Beklagte dem Kläger auf, die Substitutionsbehandlung des Versicherten durch Ausschleichen spätestens bis zum 13.2.2006 zu beenden. Danach werde eine Vergütung der Substitutionsbehandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr erfolgen.

4

Widerspruch und Klage sind ohne Erfolg geblieben. Auf die Berufung des Klägers hat das LSG den angefochtenen Bescheid insoweit aufgehoben, als dem Kläger aufgegeben wurde, die Substitutionsbehandlung des Versicherten zu beenden. Für eine derartige Regelung bestehe zumindest seit der Neufassung der Richtlinie des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur Durchführung von Substitutionsbehandlungen (Substitutions-RL) zum 1.1.2003 keine Grundlage mehr. Die KÄV dürfe nicht unmittelbar durch Verwaltungsakt in das Rechtsverhältnis zwischen einem Vertragsarzt und dem Versicherten eingreifen. Soweit die Beklagte dem Kläger mit dem angefochtenen Bescheid aber zugleich mitgeteilt habe, nach dem Ablauf des 13.2.2006 werde die Substitutionsbehandlung vertragsärztlich nicht mehr vergütet, sei diese Entscheidung nicht zu beanstanden. Der Fortführung der Substitutionsbehandlung habe der nach wie vor bestehende hohe Beikonsum des Versicherten hinsichtlich eines anderen Suchtstoffs entgegengestanden. Der Kläger habe mehrere Wochen Zeit gehabt, mit dem betroffenen Versicherten sowie mit potenziellen Kostenträgern zu klären, ob die Substitution auf anderer Rechtsgrundlage als derjenigen einer Behandlung zu Lasten der Krankenkasse fortgeführt werden könne (Urteil vom 11.3.2009).

5

Nur der Kläger hat Revision eingelegt. Er rügt eine Verletzung der Substitutions-RL. Die Annahme des LSG, zwar dürfe die KÄV einen Vertragsarzt nicht durch Verwaltungsakt auffordern, die Substitutionsbehandlung eines gesetzlich Krankenversicherten zu beenden, gleichwohl sei sie aber berechtigt, die Vergütung für eine solche Substitutionsbehandlung zu versagen, sei widersprüchlich. Aus der allein maßgeblichen Perspektive des Versicherten mache es keinen Unterschied, ob die KÄV dem substituierenden Arzt untersage, die Behandlung als vertragsärztliche Behandlung fortzuführen, oder ob sie ihm ankündige, ab einem bestimmten Termin die Behandlung nicht mehr zu honorieren. Die Reaktion des Arztes sei in beiden Varianten die gleiche, nämlich die Beendigung der Behandlung; ein heroinabhängiger Patient verfüge typischerweise nicht über die Mittel, die Behandlung privat zu bezahlen. Im Übrigen habe das LSG zu Unrecht unter Hinweis auf die Ausführungen der Qualitätssicherungskommission der Beklagten angenommen, die Substitutionsbehandlung des G. H. hätte über den 13.2.2006 hinaus nicht fortgeführt werden dürfen. Zwar habe dieser Versicherte weiterhin Benzodiazepin konsumiert, weil er anders seine Schlafstörungs- und Unruhezustände nicht habe beherrschen können, doch sei das nach dem einhellig vertretenen Standpunkt der medizinischen Wissenschaft kein Grund, eine für den Versicherten lebensnotwendige Substitutionsbehandlung nicht fortzuführen. Das Berufungsurteil beruhe auch auf einer Verletzung des Art 12 Abs 1 GG sowie der Berufsordnung für Ärzte, weil es der KÄV das Recht gebe, mittelbar über die Art und Weise der Behandlung eines Versicherten zu entscheiden. Nach der einschlägigen Richtlinie der Bundesärztekammer über Drogensubstitution entscheide allein der Arzt über die Fortführung einer medizinischen Behandlung und dürfe nach ärztlichem Berufsrecht insoweit keine Weisungen von Nichtärzten entgegennehmen. Schließlich habe das LSG § 9 der Substitutions-RL sowie die Regelung der KÄV Hessen zur Durchführung der Qualitätsprüfung im Rahmen der substitutionsgeschützten Behandlung Opiatabhängiger vom Juli 2004 falsch angewandt.

6

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Hessischen LSG vom 11.3.2009 insoweit aufzuheben, als die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Marburg vom 22.8.2007 zurückgewiesen worden ist, und auf die Berufung des Klägers dieses Urteil zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 16.1.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.2.2007 insgesamt aufzuheben.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen

8

Sie verweist darauf, dass sie nach den Abrechnungsbestimmungen ihres Honorarverteilungsmaßstabs berechtigt sei, Leistungen von der Abrechnung auszuschließen, wenn die vorgeschriebenen Abrechnungsvoraussetzungen nicht vorlägen. Leistungen, die ohne die entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen erbracht worden seien, dürfe bzw müsse sie sachlich rechnerisch richtigstellen. Das geschehe durch Verwaltungsakt. Deshalb sei sie auch berechtigt, vorab durch Verwaltungsakt vertragsärztliche Leistungen von der Honorierung auszunehmen, wenn sie diese ohnehin nicht vergüten dürfe. Auch in der Sache habe das Berufungsgericht zutreffend entschieden. Die Substitutionsbehandlung als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung dürfe nur im Rahmen der dazu erlassenen Richtlinie des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen bzw des Gemeinsamen Bundesausschusses durchgeführt werden. Behandlungen, die dieser Richtlinie nicht (mehr) entsprächen, dürften nicht als Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung honoriert werden. Das gelte unabhängig davon, ob ihre Fortführung mit ärztlichem Berufsrecht in Übereinstimmung stehe oder nicht.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist - soweit der Senat darüber auf die nur vom Kläger eingelegte Revision zu entscheiden hat - nicht rechtswidrig.

10

1. Nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V in der seit dem 1.1.2004 geltenden Fassung stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest. Gegenstand des Richtigstellungsverfahrens ist, die Abrechnung des Vertragsarztes auf ihre Übereinstimmung mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - zu überprüfen. Auf der Grundlage dieses nunmehr in § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V kodifizierten und zuvor in § 45 Abs 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte und § 34 Abs 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte-Ersatzkassen geregelten Prüfungs- und Richtigstellungsrechts klärt die KÄV die Übereinstimmung der vertragsärztlichen Abrechnung mit allen maßgeblichen Vorschriften, also nicht nur mit den Leistungstatbeständen der vertragsärztlichen Gebührenordnungen, sondern prüft etwa auch die Beachtung der Fachgebietsgrenzen bei vertragsärztlichen Leistungen, das Vorliegen von Genehmigungserfordernissen und die Erfüllung von Qualitätsvorgaben(vgl zuletzt BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 15, und BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr 7, RdNr 13, 16, 21 sowie Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 21/09 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Beklagte auf dieser Rechtsgrundlage berechtigt ist, die Abrechnung der Substitutionsleistungen, die der Kläger in der Zeit nach dem 13.2.2006 durchführte, richtigzustellen und zu Unrecht gezahltes vertragsärztliches Honorar gegebenenfalls zurückzufordern, soweit er die Substitutionsbehandlung nicht im Einklang mit den maßgeblichen gesetzlichen bzw untergesetzlichen Vorschriften durchführte. § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V setzt als selbstverständlich und typisch voraus, dass vertragsärztliche Leistungen zunächst erbracht werden und im Anschluss an die Vorlage der Quartalsabrechnung durch den Vertragsarzt die Prüfung bei der KÄV vorgenommen wird.

11

In besonders gelagerten Fällen können nach der Rechtsprechung des Senats indessen Bestandteile der Honorarabrechnung losgelöst vom konkreten Honorarbescheid für ein bestimmtes Quartal zum Gegenstand von Entscheidungen der KÄV gemacht werden, soweit sie sich auf abgrenzbare Fragen beziehen und für mehrere Quartale von Bedeutung sind (vgl BSG vom 3.2.2010 - B 6 KA 31/08 R - RdNr 12 mwN, zur Veröffentlichung vorgesehen). Das hat praktische Bedeutung für die Fachfremdheit bestimmter Leistungen, soweit diese zwischen dem Vertragsarzt und seiner KÄV umstritten ist, weiterhin für die Frage, ob bestimmte Leistungen einem Genehmigungsvorbehalt nach Qualitätssicherungsvereinbarungen auf der Grundlage des § 135 Abs 2 SGB V unterliegen und ggf, ob der betroffene Vertragsarzt die Voraussetzungen für die Erbringung der entsprechenden Leistungen nachgewiesen hat. Im Interesse der Begrenzung des Streitstoffs bei der Anfechtung von Honorarberichtigungen und der ökonomischen Steuerung und Entlastung der Verfahren von immer wiederkehrenden Streitfragen hat der Senat es gebilligt, dass bestimmte Grundfragen der Honorarabrechnung gleichsam vor die Klammer gezogen und zum Gegenstand eines eigenen Verwaltungsverfahrens gemacht werden (Urteil vom 3.2.2010, aaO, zur Einbeziehung von Nephrologen in das System der Regelleistungsvolumina). Von dieser Möglichkeit hat die KÄV hier sinngemäß mit dem Bescheid vom 16.1.2006 Gebrauch gemacht und dem Kläger mit einer Frist von knapp vier Wochen mitgeteilt, dass sie Substitutionsbehandlungen bei dem Versicherten G. H. ab dem 13.2.2006 nicht mehr für vergütungsfähig hält. Durch diese Entscheidung ist der Kläger insoweit (auch) begünstigt, als er rechtzeitig vor der Leistungserbringung den Standpunkt der Beklagten erfahren hat, sich darauf einstellen kann und nicht dem Risiko ausgesetzt ist, dass erst Monate nach der Leistungserbringung seine Abrechnung richtiggestellt und Honorar zurückgefordert wird.

12

2. Für die Vorabentscheidung der Beklagten über die Berechnungsfähigkeit der Substitutionsleistungen des Klägers gegenüber dem Versicherten G. H. über den 13.2.2006 hinaus und für eine nachträgliche Richtigstellung von (unterstellt) weiterhin erbrachten Substitutionsleistungen gelten dieselben rechtlichen Maßstäbe. Leistungen, die den maßgeblichen vertragsärztlichen Vorschriften nicht entsprechen, dürfen Vertragsärzte nicht erbringen und die KÄVen dürfen sie nicht honorieren. Zutreffend hat das LSG dazu dargelegt, dass Substitutionsleistungen des Klägers gegenüber dem intravenös heroinabhängigen Versicherten G. H. über den 13.2.2006 hinaus von der Beklagten nicht zu vergüten sind. Die Fortsetzung der Behandlung hätte nämlich im Widerspruch zu § 8 Nr 3 der Anlage A Nr 2("substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger") der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs 1 SGB V (im Folgenden: Substitutions-RL) gestanden. Nach dieser Vorschrift ist die Substitution zu beenden, wenn der Gebrauch von Suchtstoffen neben der Substitution ausgeweitet oder verfestigt wird.

13

Die Bestimmungen der Substitutions-RL sind nach § 91 Abs 6 SGB V für den klagenden Vertragsarzt, die beklagte KÄV, die Krankenkasse des Versicherten G. H. sowie diesen selbst verbindlich. Die Vorschriften der Substitutions-RL, die als Anlage zu einer Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V erlassen worden sind, stehen - soweit das hier von Bedeutung ist - mit höherrangigem Recht im Einklang(vgl näher BSG vom 6.11.2002 - B 6 KA 39/01 R - USK 2002-100, S 607, 610 ff, zur bis Ende 2002 geltenden Fassung der Substitutions-RL sowie grundlegend BSGE 78, 70 = SozR 3-2500 § 92 Nr 6). Das bedarf hier keiner näheren Ausführungen, weil die Beteiligten dies nicht in Frage stellen.

14

Aus der Präambel der Substitutions-RL ergibt sich, dass die Krankenbehandlung iS des § 27 SGB V auch die Behandlung von Suchterkrankungen umfasst, dass aber das alleinige Ersetzen des Opiates durch ein Substitutionsmittel keine Behandlungsmethode darstellt und von der Leistungspflicht der Krankenversicherung nicht umfasst ist. Daran hat sich auch durch die Aufnahme der diamorphingestützten Substitutionsbehandlung in die Leistungspflicht der Krankenversicherung als Folge der Neufassung der Substitutions-RL durch Beschluss des G-BA vom 18.3.2010 (BAnz Nr 85 vom 11.6.2010) nichts geändert. Der verbindlichen Zielvorgabe in der Präambel trägt ua § 9 Abs 5 Substitutions-RL Rechnung. Danach hat der Arzt bei allen Substitutionsbehandlungen gemäß dieser Richtlinie mit Ablauf von jeweils fünf Behandlungsjahren die patientenbezogenen Dokumentationen gemäß § 7 mit den jeweiligen umfassenden Therapiekonzepten und den Behandlungsdokumentationen an die Qualitätssicherungskommission zur Prüfung zu übermitteln. Diese Qualitätssicherungskommissionen werden nach § 9 Abs 1 Satz 1 Substitutions-RL bei den KÄVen eingerichtet. Die Verpflichtung zur Vorlage aller Dokumentationen bei einer Substitutionsdauer von mehr als fünf Jahren dient der Überprüfung, ob nach Ablauf dieses Zeitpunktes das Behandlungsziel der Drogenfreiheit mit dem vom Arzt praktizierten Behandlungskonzept auf der Basis der persönlichen Situation des Versicherten noch erreicht werden kann. Entsprechend dieser Vorschrift teilte der Kläger, der den Versicherten G. H. von 1995 bis Ende des Jahres 2004 schon zehn Jahre substituiert hatte, der Beklagten dessen Wiedereinstieg in eine methadongestützte Substitution mit. Daraufhin hat die Qualitätssicherungskommission der Beklagten auf der Grundlage der Angaben des Klägers zum bisherigen Behandlungsverlauf, zum derzeitigen Gesundheitszustand des Versicherten G. H. und zu dessen Suchtstoffkonsum den Sachverhalt beurteilt und ist zu der Einschätzung gelangt, wegen des noch ausgeweiteten dauerhaften und kontinuierlichen Konsums von Benzodiazepin durch G. H. könne eine weitere Methadon-Substitution nicht befürwortet werden. Diese Bewertung ist nicht zu beanstanden. Wenn die Beklagte auf dieser Grundlage dem Kläger durch den angefochtenen Bescheid mitgeteilt hat, ab einem Zeitpunkt von knapp vier Wochen nach dessen Bekanntgabe seien die Voraussetzungen für eine Methadon-Substitution bei dem Versicherten G. H. als vertragsärztliche Leistung nicht mehr erfüllt, so ist auch das nicht zu beanstanden.

15

Ob die Beklagte einen Vertragsarzt, der eine Substitutionsbehandlung bei einem bestimmten Versicherten fortsetzen will, obwohl er sie nach § 8 Nr 3 Substitutions-RL abbrechen müsste, zur Beendigung auffordern darf, kann der Senat in diesem Verfahren nicht entscheiden. Das LSG hat eine dahingehende Befugnis der Beklagten verneint und deren angefochtenen Bescheid insoweit aufgehoben. Die Beklagte hat die zur Klärung dieser Frage auch für sie zugelassene Revision nicht eingelegt. Die KÄV ist jedenfalls nicht gehindert, durch Verwaltungsakt die Vergütungsfähigkeit von Substitutionsleistungen ab einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft zu verneinen, soweit sie entsprechende vertragsärztliche Leistungsabrechnungen auch nachträglich richtigstellen dürfte.

16

a) Der Kläger macht gegenüber dieser Berechtigung der Beklagten zunächst geltend, allein der Arzt entscheide, ob und ggf wie lange er einen Opiatabhängigen trotz fortgesetzten Beigebrauchs von Suchtstoffen neben der Substitution mit Methadon versorgen wolle. Damit bezieht sich der Kläger auf Nr 11 letzter Satz der Richtlinien der Bundesärztekammer (BÄK) zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger in der Fassung vom 22.3.2002 (DÄ 2002, A 1458); die derzeit geltende Fassung der Richtlinien der BÄK vom 19.2.2010 (DÄ 2010, A 511) enthält eine solche Regelung in Nr 11 "Therapiekontrolle" nicht mehr. Aus den Richtlinien der BÄK kann jedoch nichts für die Auslegung und Anwendung der Regelung des § 8 Nr 3 Substitutions-RL abgeleitet werden. Die in Ausführung des § 5 Abs 11 der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) von der BÄK beschlossenen Richtlinien beschreiben die Voraussetzungen, unter denen Ärzte Betäubungsmittel im Rahmen von Substitutionsbehandlungen straf- bzw berufsrechtlich verschreiben dürfen. Insoweit ergibt sich aus Nr 11 letzter Satz der Richtlinien der BÄK in der seit 2002 geltenden Fassung nur, dass ein Arzt trotz Beigebrauchs nicht gezwungen ist, die Verschreibung eines Opiatersatzes sofort zu beenden. In Nr 11 Satz 7 der Richtlinien der BÄK in der Fassung vom 19.2.2010 ist im Übrigen formuliert, bei einem die Substitution gefährdenden Konsum weiterer psychotroper Substanzen sei deren Entzug - ggf unter stationären Bedingungen - einzuleiten. Zu den Regelungen des G-BA über die substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 27 SGB V) verhält sich die Richtlinie der BÄK nicht. Der BÄK steht keine Befugnis zur Regelung des Leistungsumfangs der gesetzlichen Krankenversicherung zu, und sie nimmt eine solche auch für den Sachbereich der Substitution nicht für sich in Anspruch.

17

Der Senat hat bereits in seinem Urteil zur Methadon-Substitution dargelegt, dass die Ermöglichung der Heroin-Substitution durch Regelungen im Betäubungsmittelrecht nicht notwendig zur Folge hat, das jede strafrechtlich zulässige Therapie Gegenstand der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung wird (BSGE 78, 70, 86 = SozR 3-2500 § 92 Nr 6 S 42). Deren Gegenstand wird eine Substitutionstherapie als "neue" Behandlungsmethode iS des § 135 Abs 1 SGB V nur nach einer positiven Richtlinienempfehlung des G-BA. Wenn dieser die Leistungspflicht der Krankenkassen für Substitutionsbehandlungen nur vorschreibt, soweit diese dem Ziel dienen, den Gebrauch von Drogen zu beenden, und zugleich dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügen (BSGE aaO S 87 = SozR aaO S 43), steht das mit den gesetzlichen Vorgaben im Einklang.

18

Dieser Beurteilung der Rechtslage entspricht auch die im Jahr 2009 erfolgte Erweiterung der zur Substitution zugelassenen Stoffe um Diamorphin (= synthetisches Heroin). Der Gesetzgeber hat mit dem "Gesetz zur diamorphingestützten Substitutionsbehandlung" vom 15.7.2009 (BGBl I, 1801) durch Änderungen des Betäubungsmittelgesetzes und der BtMVV den Weg zum Einsatz von verschreibungspflichtigen Diamorphin freigegeben. Mit den sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen dieser Freigabe hat er sich nicht befasst. Diese sind erst im Nachhinein durch den G-BA in Form des Änderungsbeschlusses zu der Substitutions-RL vom 18.3.2010 gezogen worden, nachdem im Gesetzgebungsverfahren eine dahingehende Erwartung formuliert worden war (vgl Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks 16/11515 S 3). Seit dem Inkrafttreten dieses Beschlusses am 12.6.2010 gilt (auch) für die diamorphingestützte Substitutionsbehandlung in krankenversicherungsrechtlicher Hinsicht allein die Substitutions-RL. Auch nach der Aufnahme der diamorphingestützten Substitution in die Substitutions-RL sind im Übrigen Reichweite und Zielsetzung jeder Substitutionsbehandlung als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung, wie sie ua in der Präambel der Substitutions-RL beschrieben sind, unverändert geblieben.

19

Aus vergleichbaren Erwägungen treffen auch die Schlussfolgerungen nicht zu, die die Revision aus § 2 der Berufsordnung für Ärzte ableitet. Dort ist bestimmt, dass Ärzte keine Anweisungen beachten dürfen, die mit ihren Aufgaben nicht vereinbar sind oder deren Befolgung sie nicht verantworten können, und dass sie hinsichtlich ihrer Entscheidungen keine Weisungen von Nichtärzten entgegennehmen dürfen. Zu diesen berufsrechtlichen Vorgaben hat sich die Beklagte nicht in Widerspruch gesetzt, wenn sie dem Kläger mitteilt, die Substitutionsbehandlung des G. H. ab dem 13.2.2006 nicht mehr zu vergüten. Zahlreiche ärztliche Leistungen dürfen Ärzte berufsrechtlich erbringen, ohne dafür eine Vergütung von der KÄV erhalten zu können, weil insoweit keine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung besteht. Das betrifft etwa Leistungen der ästhetischen Chirurgie und der Reproduktionsmedizin, soweit die Voraussetzungen des § 27a SGB V nicht gegeben sind. In der Entscheidung der KÄV, derartige Leistungen nicht als vertragsärztliche Leistungen iS des § 85 Abs 2 Satz 2 SGB V anzusehen und zu vergüten, liegt schon von vornherein keine berufsrechtswidrige Weisung eines Nichtarztes. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass in vertragsärztlichen Regelungen Anforderungen an die Qualifikation von Ärzten für die Erbringung bestimmter ärztlicher Leistungen normiert werden dürfen, die über berufsrechtliche Anforderungen hinausgehen (BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 27; BSG vom 28.10.2009 - B 6 KA 26/08 R - SozR 4-2500 § 87 Nr 19 RdNr 12 f). Soweit die KÄV einem Vertragsarzt in Anwendung entsprechender vertragsärztlicher Bestimmungen mitteilt, sie werde bestimmte Leistungen - im Fall des Senatsurteils vom 28.10.2009 (aaO) auf proktologischem Gebiet - künftig nicht mehr honorieren, muss der Vertragsarzt das hinnehmen, auch wenn er die betroffenen Leistungen medizinisch für notwendig hält und sie berufsrechtlich erbringen darf. Für den hier zu beurteilenden Fall, dass eine Behandlung wegen in der Person des Patienten liegender Umstände jedenfalls als vertragsärztliche Behandlung von keinem Arzt mehr durchgeführt werden darf, gilt im Ergebnis nichts anderes.

20

b) Soweit der Kläger rügt, das LSG hätte den Sachverhalt weiter aufklären und die Richtigkeit der Feststellungen der Qualitätssicherungskommission der Beklagten weiter überprüfen müssen, folgt der Senat dem nicht. Der Kläger selbst hat alle Unterlagen und Befunde der Beklagten zur Verfügung gestellt, die für die Beurteilung des verfestigten Gebrauchs von Suchtstoffen neben dem Heroinkonsum iS des § 8 Nr 3 Substitutions-RL von Bedeutung sind. Soweit die Qualitätssicherungskommission, die nach § 9 Abs 1 Substitutions-RL mit Fachleuten von Seiten der Vertragsärzte und der Krankenkassen besetzt ist und die besondere Erfahrung im Bereich der Behandlung heroinabhängiger Personen hat, aus dem dauerhaftem Nachweis einer hohen Benzodiazepinkonzentration im Urin des Versicherten den Schluss zog, dass dieser nicht nur gelegentlich bei auftretenden persönlichen Krisen, sondern fortdauernd neben dem Opiatersatz einen weiteren Suchtstoff konsumiert, durfte das LSG dies seiner Entscheidung zugrunde legen. Der Kläger hat nicht aufgezeigt, inwieweit die Feststellungen der Qualitätssicherungskommission fehlerhaft sein könnten. Die Auslegung, dass auch die Einnahme von Benzodiazepin einen Beikonsum iS des § 8 Nr 3 Substitutions-RL darstellt, ist nicht zu beanstanden. Der Ansicht des Klägers, die Regelung des § 8 Nr 3 Substitutions-RL sei zu unbestimmt, vermag der Senat nicht zu folgen; denn ihr Inhalt ist ohne Weiteres durch Auslegung näher bestimmbar, ohne dass unzuträgliche Ungewissheiten verbleiben (vgl BVerfGE 110, 33, 56 f mwN).

21

Soweit der Kläger im Berufungsverfahren eingewandt und im Revisionsverfahren bekräftigt hat, der Versicherte G. H. habe nur wenig Benzodiazepin konsumiert, rechtfertigt das keine andere Beurteilung. Verschiedene Regelungen der Substitutions-RL lassen hinreichend deutlich erkennen, dass jeder dauerhafte Beigebrauch ua von Benzodiazepin der Aufnahme bzw Weiterführung einer Substitution des Konsums von Heroin entgegensteht. So ist in § 3 Abs 5 Satz 3 Substitutions-RL bestimmt, dass bei Beigebrauch die Indikation für eine Substitution wegen der möglichen Lebensgefahr eine sorgfältige Abwägung voraussetzt. Nach § 4 Nr 1 Substitutions-RL ist die primäre Abhängigkeit ua von Benzodiazepinen sogar ein strikter Ausschließungsgrund für eine Substitutionsbehandlung. In Verbindung mit der oben näher dargestellten Vorschrift des § 8 Nr 3 Substitutions-RL über die Notwendigkeit eines Abbruchs der Substitution hat das LSG daraus zutreffend abgeleitet, dass es für die Unvereinbarkeit von Beigebrauch und Substitution nicht auf die einmalige oder seltene Einnahme von Benzodiazepinen und auch nicht primär auf die Menge der eingenommenen Tabletten, sondern auf die Dauer des Beigebrauchs und die Chancen seiner Beendigung ankommt. Von diesen rechtlichen Ausgangspunkten her bedarf weder der Umfang eines prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraums der Qualitätssicherungskommission der Beklagten (§ 9 Abs 1 Substitutions-RL) noch der Umfang der Amtsermittlungspflicht des LSG (§ 103 SGG) näherer Erörterung. Der Kläger stellt selbst nicht in Frage, dass G. H. bis zur Entscheidung der Beklagten regelmäßig Benzodiazepine eingenommen hat und dass er als Arzt keinen Versuch zur Entziehung durchgeführt hat, der mindestens vorübergehenden Erfolg gebracht hätte.

22

c) Im Zentrum des Vorbringens des Klägers stehen daher auch nicht Zweifel an der medizinisch-fachlichen Richtigkeit der Feststellung der Qualitätssicherungskommission, sondern er ist der Auffassung, selbst ein konstanter Beigebrauch eines anderen Suchtstoffs (hier: Benzodiazepin) stelle auch nach 10jähriger Substitution den Sinn der Fortsetzung der Substitutionsbehandlung nicht in Frage. Diese Beurteilung steht im Grundsatz nicht im Einklang mit der Richtlinie, wonach die Substitutionsbehandlung nur dann Bestandteil der gesetzlichen Krankenversicherung ist, wenn sie das Ziel eines Lebens ohne Abhängigkeit von Suchtstoffen verfolgt. Dauerhafter hoher Beikonsum eines anderen Suchtstoffs, für den der behandelnde Arzt keinen Zeitpunkt benennt, zu dem dieser mutmaßlich eingestellt werden wird, schließt die Substitutionsbehandlung nach den Vorgaben der Substitutions-RL aus dem Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung aus.

23

Der Kläger hat weder gegenüber der Beklagten noch in den Vorinstanzen erläutert, welche Bemühungen er unternahm, seinen Patienten G. H. von der kontinuierlichen Einnahme von Benzodiazepin zu entwöhnen und welche Aussichten entsprechende therapeutische Bemühungen nach seiner Einschätzung haben würden. So musste die Kommission nach § 9 Substitutions-RL den Eindruck gewinnen, der Versicherte sei (auch) abhängig von Benzodiazepin, oder der Kläger sehe jedenfalls keine Notwendigkeit bzw Möglichkeit, selbst in einer längeren zeitlichen Perspektive therapeutisch auf eine Reduzierung und schließlich Vermeidung des entsprechenden Beigebrauchs hinzuwirken. Weist ein Vertragsarzt gegenüber der Qualitätssicherungskommission solche Bemühungen nach, wird die KÄV ihm hinreichend Zeit zubilligen müssen, diese Absicht umzusetzen, bevor sie die Vergütung für die Behandlung versagt. Auch gelegentliche Rückschläge im gemeinsamen Bemühen von Arzt und Patient um eine Vermeidung des Beikonsums dürften im Hinblick auf die Schwere der Erkrankungen und die Schwierigkeiten erfolgreichen therapeutischen Einwirkens auf den betroffenen Patientenkreis einer Vergütung der substitutionsvertragsärztlichen Leistung nicht entgegenstehen. Eine solche Situation liegt hier jedoch nicht vor.

24

d) Soweit der Kläger pauschal eine fehlerhafte Anwendung der "Regelung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen zur Durchführung der Qualitätsprüfung im Rahmen der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger gemäß § 136 Abs. 1 SGB"(Anlage 3 zum Landesrundschreiben vom 16.7.2004) rügt, ist dem nicht weiter nachzugehen. Der Revisionsbegründung ist schon nicht iS des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG hinreichend deutlich zu entnehmen, welche Vorschrift genau der Kläger als rechtswidrig oder falsch angewandt, rügen will. Im Übrigen stellt die Regelung Landesrecht iS des § 162 SGG dar, dessen Verletzung mit der Revision grundsätzlich nicht gerügt werden kann. Einer der Sachverhalte, in denen landesrechtliche Regelungen ausnahmsweise revisibel sind (dazu zuletzt Senatsurteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 6/09 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen), liegt nicht vor.

25

Die Kostentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 iVm § 154 Abs 2 VwGO.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Rechtmäßigkeit von sachlich-rechnerischen Richtigstellungen, welche die Quartale I/1998 bis IV/2000 betreffen.

2

Die Kläger zu 1, 2 und 4 waren im streitigen Zeitraum als Fachärzte für Radiologische Diagnostik zur vertragsärztlichen Versorgung in L. zugelassen und in (unterschiedlich zusammengesetzter) Gemeinschaftspraxis tätig; die Klägerin zu 3 ist Witwe und Rechtsnachfolgerin eines 2002 verstorbenen weiteren Mitglieds der Gemeinschaftspraxis. Die Kläger rechneten im streitigen Zeitraum ua die Gebühren-Nr 5210 und 5211 sowie die Gebühren-Nr 5520 und 5521 (Computertomographie und Magnetresonanztherapie ) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) ab.

3

1999 schlossen die Kläger mit der Rechtsvorgängerin der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) einen Vergleich, welcher die Neuberechnung der Vergütung der in den Quartalen I/1997 bis II/1998 erbrachten Großgeräteleistungen nach den Kapiteln Q Abschnitt I Nr 7 und R EBM-Ä CT- und MRT-Leistungen zum Gegenstand hatte. Darin verpflichtete sich die Beklagte, die Honorare für diese Leistungen mit der Maßgabe neu zu berechnen, dass die Regelung des § 7 B 8.7.5 Abs 5 iVm § 7 B 8.2e des Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) für 85 % der von den Klägern erbrachten Leistungen im Gerätebereich Anwendung findet. Die Kläger verpflichteten sich im Gegenzug zur Rücknahme der Widersprüche bzw Klagen bezüglich des Sachverhalts "[Vergütung von Zielaufträgen] § 7 B Ziff 8.7.5 Abs 5 HVM".

4

Mit Bescheiden vom 17.7.2002 teilte die Beklagte den Klägern mit, dass in den Quartalen I/1998 bis III/1998 bzw IV/1998 bis IV/2000 die in den Kapiteln Q Abschnitt I Nr 7 und R EBM-Ä für die Gebühren-Nr 5210 und 5211 bzw 5520 und 5521 EBM-Ä geltenden Abstaffelungsregelungen nicht ordnungsgemäß umgesetzt worden seien. Daher seien die Honorarabrechnungsbescheide für diese Quartale aufzuheben und durch eine Neuberechnung zu ersetzen, welche die Abstaffelungsregelung des EBM-Ä berücksichtige; hieraus resultiere eine Rückforderung in Höhe von 584.807,23 DM für die erstgenannten bzw von 1.907.137,54 DM für die letztgenannten Quartale. Die Größenordnung der Rückforderung im Vergleich zum verbleibenden Honorarvolumen betrug nach den Feststellungen des Sozialgerichts (SG) zwischen 8 % und 23,47 %.

5

Die hiergegen erhobenen Widersprüche wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheide vom 17.3.2005) . Das SG hat den (verbundenen) Klagen teilweise stattgegeben und den die Quartale I/1998 bis III/1998 betreffenden Bescheid aufgehoben, soweit die Beklagte darin eine Neuberechnung des Honorars für die Quartale I/1998 und II/1998 vornahm; im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Verfahren bezüglich des Quartals I/1998 abgetrennt. Sodann hat es das Urteil des SG insoweit aufgehoben, als der Bescheid der Beklagten vom 17.7.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.3.2005 bezüglich der Neuberechnung des Quartals II/1998 aufgehoben wurde, und die Klage auch insoweit abgewiesen. Die Berufung der Kläger hat es zurückgewiesen.

6

Das LSG hat ausgeführt, die Beklagte sei zu einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung berechtigt gewesen, ohne dass die Voraussetzungen des § 45 SGB X zu prüfen gewesen seien. Keiner der vom Bundessozialgericht (BSG) herausgearbeiteten Anwendungsfälle für Vertrauensschutz liege vor. Einer sachlich-rechnerischen Überprüfung stehe auch nicht der im Jahre 1999 geschlossene Vergleich entgegen, da die hier streitigen Abstaffelungsregelungen nicht zu dessen Gegenstand gehört hätten; entsprechend habe sich auch die "Erledigungserklärung" unter Ziffer 3 des Vergleiches allein auf den dortigen Gegenstand - die Vergütung von Zielaufträgen - bezogen. Zu Recht habe das SG die Größenordnung der Rückforderungen im Vergleich zum verbleibenden Honoraranteil (zwischen 8 % und 23,47 %) noch als "kleineren Anteil" im Sinne der BSG-Rechtsprechung angesehen (Urteil vom 29.4.2009) .

7

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil machen die Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) .

Entscheidungsgründe

8

Die Beschwerde der Kläger hat keinen Erfolg. Soweit sie nicht bereits unzulässig ist, ist sie jedenfalls unbegründet.

9

Für die Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache muss gemäß den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Darlegungsanforderungen in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung bezeichnet (vgl BVerfGE 91, 93, 107 = SozR 3-5870 § 10 Nr 5 S 31; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 37 f) und ausgeführt werden, inwiefern diese Rechtsfrage in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich (klärungsfähig) sowie klärungsbedürftig ist. Es muss ersichtlich sein, dass sich die Antwort nicht ohne Weiteres aus der bisherigen Rechtsprechung ergibt. Bei einer Revisions-Nichtzulassungsbeschwerde ist es Aufgabe des Prozessbevollmächtigten, die einschlägige Rechtsprechung aufzuführen und sich damit zu befassen; eine Beschwerdebegründung, die es dem Gericht überlässt, die relevanten Entscheidungen zusammenzusuchen, wird den Darlegungserfordernissen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG nicht gerecht. Lediglich kursorische Hinweise ohne Durchdringung des Prozessstoffs reichen nicht aus (vgl Bundesverfassungsgericht - BVerfG - , DVBl 1995, 35). Diesen - verfassungsrechtlich unbedenklichen - Anforderungen (s die zitierte BVerfG-Rspr und zB BVerfG , SozR 3-1500 § 160a Nr 7 S 14; BVerfG , SozR 4-1500 § 160a Nr 12) entspricht die Beschwerde nur teilweise.

10

Aber auch soweit die Rügen den Darlegungsanforderungen entsprechen, ist die Beschwerde jedenfalls unbegründet, denn nicht alle Erfordernisse für die Revisionszulassung sind erfüllt. Diese setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BVerfG , SozR 3-1500 § 160a Nr 7 S 14; s auch BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 19 S 34 f; Nr 30 S 57 f mwN) . Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, falls die Rechtsfrage schon beantwortet ist, ebenso dann, wenn Rechtsprechung zu dieser Konstellation zwar noch nicht vorliegt, sich aber die Antwort auf die Rechtsfrage ohne Weiteres ergibt (zur Verneinung der Klärungsbedürftigkeit im Falle klarer Antwort s zB BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6; BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 8 S 34; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; vgl auch BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f) . Auch diese Anforderungen sind verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl zB BVerfG , Beschluss vom 29.5.2001 - 1 BvR 791/01 -, und früher schon BVerfG , SozR 3-1500 § 160a Nr 6 S 10 f; Nr 7 S 14; s auch BVerfG , DVBl 1995, 35) .

11

1. Bezüglich der Rechtsfragen,

        

-       

ob eine sachlich-rechnerische Richtigstellung von Honorarbescheiden auch dann noch erfolgen könne, wenn sie von der KÄV erneut nachträglich geprüft worden sei und in einem Vergleich mit Abgeltungsklauseln einzelne strittige Punkte einvernehmlich erledigt worden seien, oder ob in diesem Fall wie bei einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung das Recht zur erneuten Überprüfung außerhalb des § 45 SGB X verbraucht sei,

        

-       

ob die vom BSG zum Verbrauch des Richtigstellungsrechts aufgestellten Grundsätze nicht auch gälten, wenn - wie hier - statt einer förmlichen sachlich-rechnerischen Richtigstellung eine Überprüfung einzelner Punkte des Honorarbescheides mit dem Abschluss des Vergleichs erfolgt sei,

        

-       

ob nicht auch vergleichbar mit dem vom BSG im Verfahren B 6 KA 3/01 R entschiedenen Fall eine KÄV bei dem hier gewählten Verfahren ihre Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung verbraucht habe,

        

-       

ob nicht zumindest dann kein Recht zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung mehr bestehe, wenn die KÄV auch noch in einem Vergleich eine Erledigungsklausel aufgenommen habe,

sind die Rügen zulässig, jedoch unbegründet, denn die aufgeworfenen Fragen sind weder klärungsbedürftig noch klärungsfähig. Zutreffend ist, dass nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, jeweils RdNr 15; BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, jeweils RdNr 15) die Befugnis einer KÄV zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung unter Vertrauensschutzgesichtspunkten dann entfallen ist, wenn sie diese bereits "verbraucht" hat. Dies ist der Fall, wenn eine KÄV die Honorarforderung des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit geprüft und vorbehaltlos bestätigt hat (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, jeweils RdNr 15; BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, jeweils RdNr 15) . In diesem Fall wird die jedem Honorarbescheid innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt insoweit aufgehoben, und die KÄV kann einen Honorarbescheid wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurücknehmen (BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, jeweils RdNr 15; BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, jeweils RdNr 15) . Die Frage, ob einem Vergleichsschluss grundsätzlich dieselbe Bedeutung zukommt wie einer (isolierten) Entscheidung der Beklagten zugunsten des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren, kann daher anhand der vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden. Sie ist grundsätzlich zu bejahen, denn es macht im Hinblick auf den Vertrauensschutz eines Vertragsarztes keinen Unterschied, ob die Beklagte eine Honorarabrechnung einseitig oder im Rahmen eines Vergleiches bestätigt.

12

Die Rechtsfrage ist jedoch auch im Übrigen nicht klärungsbedürftig. Denn es ist in der Rechtsprechung des Senats bereits geklärt (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 19) , dass nicht jede beliebige, von der KÄV zugunsten des Vertragsarztes verfügte Rückgängigmachung einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung dazu führt, dass weitere Korrekturen, deren Voraussetzungen möglicherweise erst später offenbar werden, künftig ausgeschlossen oder nur nach Maßgabe des § 45 SGB X durchführbar sind. Die Aufhebung einer zuvor von der KÄV vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellung kann vielmehr bei dem betroffenen Vertragsarzt spezifisches Vertrauen nur insoweit hervorrufen, als dabei erkennbar eine Prüfung der zugrunde liegenden Streitfrage vorgenommen wurde (BSG aaO) . Der in Rede stehende Vergleich betraf zwar die Abrechnung von CT- und MRT-Leistungen, jedoch nicht die hier maßgebliche Frage einer ordnungsgemäßen Umsetzung der den Gebühren-Nrn 5210, 5211 bzw 5520, 5521 vorangestellten Abstaffelungsregelungen des EBM-Ä. Vielmehr ging es allein um die Anwendung spezifischer, eindeutig bezeichneter Regelungen im HVM der Beklagten. Angesichts des klar umgrenzten Regelungsgegenstandes dieses Vergleiches konnte ein Vertrauen der Kläger dergestalt, dass damit die Abrechnung der strittigen Leistungen unter jedem rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkt geklärt war, nicht entstehen.

13

Dass der Vergleich eine Erledigungsklausel enthalten hat, ändert daran vorliegend schon deswegen nichts, weil sich diese Klausel ausdrücklich auf die "oben genannten Sachverhalte" bezog.

14

2. Hinsichtlich der Rechtsfragen,

        

-       

welche "quantitätsmäßigen Grenzen" für eine Rückforderung bei der Korrektur von Honorarbescheiden im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung bestünden,

        

-       

ob nicht eine Rückforderung über 15 % rechtswidrig und allenfalls nach § 45 SGB X unter Beachtung von Vertrauensschutzmaßstäben rechtmäßig sei, vor allem dann, wenn die gesamte Rückforderung bei weit über einer Mio Euro liege und damit existenzvernichtend sei,

        

-       

ob die Einschränkung der sachlich-rechnerischen Richtigstellung auf nur "kleinere Anteile" unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes einfach entfallen könne, weil unterstellt werde, der Arzt hätte den Fehler erkennen können,

        

-       

ob allein wegen der Höhe der zu viel geleisteten Zahlungen ein Vertrauensschutz entfalle,

sind die Rügen ebenfalls zulässig, aber - mangels Klärungsbedürftigkeit - unbegründet.

15

Der Senat hat in zwei Entscheidungen, in denen ein Vorläufigkeitsvorbehalt zu beurteilen war, mit dem die KÄV unter Berufung auf umstrittene Regelungen des EBM-Ä alle Honorarbescheide versehen hatte, ausgeführt, dass sich die Vorläufigkeit des Honorarbescheides ihrem Gegenstand nach nur auf begrenzte Teile des Honorarbescheides bzw - wirtschaftlich betrachtet - kleinere Anteile der Honorarforderung des Vertragsarztes beziehen darf (BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42; BSG, Urteil vom 26.6.2002, B 6 KA 26/01 R - juris, dort RdNr 20). Eine Vorläufigkeit, die es ermöglichen würde, das vertragsärztliche Honorar für ein bestimmtes Quartal auf die Hälfte des Betrages zu reduzieren, der sich aus dem Honorarbescheid zunächst ergibt, nähme diesem Bescheid den Charakter als Regelung des Honoraranspruchs des Vertragsarztes für ein Kalendervierteljahr, weil dem Arzt in der Sache lediglich eine Abschlagzahlung zugebilligt würde (BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42; BSG, Urteil vom 26.6.2002 aaO) . Diese Auslegung der Richtigstellungsvorschriften bietet einen angemessenen Ausgleich zwischen der Notwendigkeit vorläufiger Regelungen bei der Honorarverteilung auf Seiten der KÄV einerseits und dem berechtigten Interesse des Vertragsarztes an einer möglichst umfassenden Bestandskraft eines einmal erlassenen Honorarbescheides andererseits (BSGE 89, 62, 73 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42) .

16

Ob diese Aussagen überhaupt für alle Fälle sachlich-rechnerischer Richtigstellungen Geltung beanspruchen oder allein auf pauschale Richtigstellungsvorbehalte bezogen sind (zur möglichen Begrenzung des Geltungsbereiches vgl BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, jeweils RdNr 13; BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, jeweils RdNr 21) , kann offenbleiben. Denn selbst wenn Ersteres der Fall wäre, lassen sich die von den Klägern aufgeworfenen Fragen nach den "quantitätsmäßigen Grenzen" anhand der Rechtsprechung des Senats beantworten.

17

Einer Konkretisierung des "kleineren Anteils" in einem Revisionsverfahren bedarf es vorliegend schon deswegen nicht, weil durch die Tatsacheninstanzen nicht festgestellt worden ist, dass die Höhe der Rückforderungen eine nach der Senatsrechtsprechung bedenkliche Größenordnung erreichen könnte. Nach den - nicht durch Verfahrensrügen angegriffenen - Feststellungen der Vorinstanzen lag die Größenordnung "zwischen" 8 % und 23,47 %. In der Rechtsprechung des Senats ist eine Größenordnung von 15 % noch als "kleinerer Anteil" gewertet worden (vgl BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, jeweils RdNr 21 mwN) . Es ist schon nicht erkennbar - und auch nicht vorgetragen -, dass der Wert von 15 % regelhaft überschritten wurde; vielmehr liegt die Annahme nahe, dass sich die Größenordnung der Rückforderungen im Mittel um diesen Wert bewegen dürfte und der von den Vorinstanzen erwähnte Wert von 23,47 % einen "Ausreißer" darstellt.

18

Zudem entzieht sich die Frage, ab welchem Prozentsatz eine Rückforderung dem Honorarbescheid seinen Regelungscharakter nimmt, einer generellen Festlegung, weil insoweit die näheren Umstände in die Beurteilung einzubeziehen sind. Wenn - wie vorliegend - eine Rückforderung wegen desselben Sachverhalts mehrere Quartale umfasst, ist es nicht zu beanstanden, wenn der Beurteilung nicht die einzelne Überschreitung im Quartal, sondern der gemittelte Umfang der Überschreitung über die betroffenen Quartale hinweg zugrunde gelegt wird. Jedenfalls käme in derartigen Fällen die Zugrundelegung eines höheren Toleranzwertes in Betracht.

19

Im Übrigen ließe sich selbst dann, wenn die Höhe der Rückforderungen vorliegend in der Regel über dem Wert von 15 % liegen sollten, anhand der vorliegenden Senatsrechtsprechung klären, dass dieser Umstand nicht dazu nötigt, die Richtigstellungen den Anforderungen des § 45 SGB X zu unterwerfen. In der Rechtsprechung des Senats ist eine Größenordnung von 15 % noch als "kleinerer Anteil" gewertet worden (vgl BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, jeweils RdNr 21 mwN) , ohne dass dieser Wert ausdrücklich als Obergrenze bezeichnet worden ist. Auch diesen Wert maßvoll überschreitende Rückforderungsanteile liegen jedenfalls noch deutlich unter der in der Senatsrechtsprechung als inakzeptabel genannten "Hälfte" des sich aus dem Honorarbescheid ergebenden Betrages.

20

Angesichts dessen bedarf es keiner Beantwortung der weiteren Frage, ob die Einschränkung der Richtigstellung des Honorars auf "kleinere Anteile" dann entfällt, wenn der Vertragsarzt die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung unschwer hätte erkennen können.

21

3. Die Rechtsfrage,

        

-       

ob bei einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung für mehrere Jahre mit einer Rückforderung eines Gesamtbetrages von über 1,2 Mio Euro Vertrauensschutz zu gewähren sei bzw unmittelbar § 45 SGB X Anwendung zu finden habe über die bisher von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefälle, wenn der Arzt - wie hier die Kläger - die Fehlerhaftigkeit nicht gekannt habe,

ist - bei angenommener Zulässigkeit der Rüge - nicht klärungsbedürftig. Wie der Senat bereits entschieden hat (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, jeweils RdNr 28) , setzt die Rechtmäßigkeit sachlich-rechnerischer Richtigstellungen grundsätzlich kein Verschulden des Vertragsarztes voraus; etwas anderes gilt nur dann, wenn die KÄV den gesamten Honorarbescheid für ein Quartal allein wegen der Unrichtigkeit der Abrechnungssammelerklärung aufhebt (BSG aaO) .

22

4. Bezüglich der Rechtsfrage,

        

-       

ob allein wegen der angeblichen Besonderheiten des Vergütungssystems der KÄVen die grundgesetzlichen Schranken außer Betracht bleiben könnten und Vertrauensschutz nur in den bisher von der Rechtsprechung anerkannten Fällen zu gewähren sei,

entspricht die Rüge nicht der Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG, da sie weder eine Auseinandersetzung mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Senats enthält noch erkennen lässt, welche "grundgesetzlichen Schranken" der Senatsrechtsprechung entgegenstehen könnten. Im Übrigen wäre die Rechtsfrage auch nicht klärungsbedürftig, da sie sich aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats beantwortet. Insbesondere in seinem Urteil vom 22.3.2006 (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6) hat der Senat ausführlich die Gründe dargelegt, auf denen die umfassende Richtigstellungsbefugnis der KÄVen beruht (BSG aaO, jeweils RdNr 11 f) .

23

5. Auch zu der Rechtsfrage,

        

-       

ob es verfassungsrechtlich nicht geboten ist, über die bisher anerkannten Fälle hinaus Vertrauensschutz zu gewähren, wenn wie hier derart exorbitante Beträge zurückgefordert werden und der Arzt keine Kenntnis hatte,

entspricht die Rüge nicht den Darlegungsanforderungen, da sie schon nicht erkennen lässt, welche verfassungsrechtlichen Erwägungen weitergehenden Vertrauensschutz erfordern könnten. Im Übrigen besteht ohnehin das Erfordernis - wie unter 2. ausgeführt -, dass die Höhe der Rückforderung in Relation zum Gesamthonorar der Kläger in den streitbefangenen Quartalen die Verhältnismäßigkeit wahren muss.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm §§ 154 ff Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Als unterlegene Beteiligte haben die Kläger auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO) .

25

Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der Festsetzung der Vorinstanz vom 29.4.2009 (in der berichtigten Fassung vom 11.5.2009), die von keinem der Beteiligten in Frage gestellt worden ist (§ 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 Gerichtskostengesetz).

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. September 2012 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. September 2011 zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten auch des Berufungs- und Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Streitig sind sachlich-rechnerische Richtigstellungen wegen Überschreitung der für die Job-Sharing-Praxis des Klägers festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen III/2008 und IV/2008.

2

Der Kläger ist als Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (HNO) zur vertragsärztlichen Versorgung in W. zugelassen. Mit Beschluss vom 30.1.2008 erteilte ihm der Zulassungsausschuss (ZA) eine Genehmigung zur Beschäftigung der HNO-Ärztin Dr. E. im zeitlichen Umfang von 10 Wochenstunden ab dem 1.4.2008 als sog Job-Sharing-Partnerin nach § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V. Mit der Genehmigung war die Festsetzung quartalsbezogener Gesamtpunktzahlen verbunden, die bei der Abrechnung als Leistungsobergrenze maßgeblich sein sollten.

3

Auf einen Antrag des Klägers vom 21.3.2008 setzte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) mit Bescheid vom 28.5.2008 aus Sicherstellungsgründen die Fallzahlzuwachsbegrenzung für das Jahr 2008 aus. Der Kläger hatte angegeben, dass der HNO-Arzt Dr. S.
in V. (Bezirk der KÄV Hessen) mit Wirkung zum 1.10.2007 seine Zulassung zurückgegeben habe und dessen Patienten mangels Nachfolger zum Teil von ihm versorgt werden müssten. Der Praxisnachfolger nahm tatsächlich seine vertragsärztliche Tätigkeit zum Quartal II/2008 auf.

4

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 12.1.2009 mit, dass bei Job-Sharing-Praxen, die die vom ZA festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina überschreiten, eine quartalsbezogene Rückforderung vorgenommen werden solle. Nach Ablauf von vier Quartalen erfolge ggf eine Saldierung, sodass im Fall einer Unterschreitung eine Rückvergütung erfolge. Er habe im Quartal II/2008 die Punktzahlobergrenze um 49.811,1 Punkte unterschritten. Mit Honorarbescheid vom 15.1.2009 setzte die Beklagte für das Quartal III/2008 ein Honorar in Höhe von insgesamt 47 420,35 Euro fest. Für das Quartal IV/2008 setzte sie mit Bescheid vom 15.4.2009 insgesamt ein Honorar in Höhe von 51 282,37 Euro fest. Dabei berücksichtigte sie jeweils sämtliche der Fallzahlzuwachsbegrenzung unterliegenden Fälle, nicht jedoch die Leistungsbegrenzung durch die Gesamtpunktzahlvolumina.

5

Mit Bescheid vom 25.6.2009 nahm die Beklagte wegen Überschreitungen der Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen III/2008 und IV/2008 eine sachlich-rechnerische Richtigstellung vor und kürzte das Honorar des Klägers für das Quartal III/2008 um 3455,25 Euro und für das Quartal IV/2008 um 5204,42 Euro. Aufgrund einer Rückvergütung für das Quartal II/2008 in Höhe von 1910,80 Euro werde ein Betrag in Höhe von insgesamt 6748,87 Euro im Rahmen des Honorarbescheides für das Quartal II/2009 verrechnet. Für das Quartal III/2008 wurde dabei eine individuelle Punktzahlobergrenze von 1.211.887,6 Punkten und für das Quartal IV/2008 eine individuelle Punktzahlobergrenze von 1.191.850,5 Punkten zugrunde gelegt. Abgerechnet worden seien im Quartal III/2008 1.308.945,0 Punkte und im Quartal IV/2008 1.327.520,0 Punkte, sodass die Differenz in Höhe von 97.057,4 Punkten (Quartal III/2008) und 135.669,5 Punkten (Quartal IV/2008) abzuziehen sei.

6

Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6.8.2010 zurück. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22.9.2011 abgewiesen. Aus dem bestandskräftigen Bescheid des ZA vom 7.4.2008 (= Beschluss vom 30.1.2008), der für die Beteiligten und das Gericht bindend sei, ergebe sich eine Begrenzung der abrechenbaren Leistungsmenge. Da dem Kläger die Begrenzung des abrechenbaren Leistungsumfangs bekannt gewesen sei, habe kein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend entstehen können, dass er Leistungen über die Gesamtpunktzahlvolumina hinaus abrechnen könne. Ein solches Vertrauen sei auch nicht durch die Befreiung von der Fallzahlzuwachsbegrenzung entstanden. Aufgrund der unterschiedlichen Regelungsgegenstände und Zuständigkeiten habe der Kläger nicht davon ausgehen können, von der Einhaltung der Punktzahlobergrenzen befreit zu sein. Es habe daher dem Kläger oblegen, für die Zeit ab dem 1.4.2008 bei dem ZA eine Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina zu beantragen.

7

Mit dem angefochtenen Urteil vom 26.9.2012 hat das LSG das Urteil des SG vom 22.9.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 25.6.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.8.2010 aufgehoben. Grundsätzlich seien hier die Voraussetzungen für eine nachträgliche Richtigstellung der Honorarbescheide erfüllt, weil der Kläger die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina überschritten habe. Indes sei Grund hierfür nicht eine dauerhafte Mengenausweitung unter Missachtung der für die Praxis festgesetzten Leistungsbegrenzung, sondern der durch die Rückgabe der Zulassung durch Dr. S. entstandene zeitlich begrenzte zusätzliche Versorgungsbedarf. Die aus diesem Grund erteilte befristete Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung hätte im Falle einer "Normalpraxis" zur Vergütung der zur Sicherstellung der Versorgung erbrachten Mehrleistungen geführt. Im Falle einer Job-Sharing-Praxis müssten indes zusätzlich die Gesamtpunktzahlvolumina für die Übergangszeit angehoben werden. Einen entsprechenden Antrag bei dem ZA hätten jedoch weder die Beklagte noch der Kläger gestellt. Der Kläger habe zwar die statusrechtlichen Voraussetzungen der Leistungserbringung und -abrechnung zu kennen und müsse sich bei Zweifeln ggf informieren, sodass er sich nicht auf Unkenntnis berufen könne. Es liege jedoch ein Sonderfall vor, weil die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (BedarfsplRL) eine Änderung der Gesamtpunktzahlvolumina für den Fall eines zeitlich begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs nicht vorsehe und die Notwendigkeit einer vorübergehenden Änderung der Leistungsgrenze bei Job-Sharing im Falle eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs dem ZA und der Beklagten jedenfalls aus Sicht des Klägers habe bekannt sein müssen. Das sich hieraus ergebende Vertrauen des Klägers darauf, die Mehrleistungen auch ohne ausdrücklichen statusrechtlichen Ausnahmebescheid des ZA vergütet zu erhalten, sei ausnahmsweise schutzwürdig.

8

Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten. Das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger sich hier auf Vertrauensschutz berufen könne. Der Beschluss des ZA vom 30.1.2008 habe Bestandskraft erlangt und sei daher für sie und den Kläger bindend. Änderungen und Anpassungen der Gesamtpunktzahlvolumina könne sie zwar beantragen, die Umsetzung sei aber ausschließlich dem ZA vorbehalten. Der Bescheid vom 28.5.2008 habe daher die in dem Bescheid des ZA festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht aufheben können. Er beziehe sich im Übrigen ausdrücklich auch nur auf die Fallzahlzuwachsbegrenzung, die ein völlig anderes Regelungsinstrument als die Gesamtpunktzahlvolumina im Rahmen des Job-Sharing sei. Aufgrund der unterschiedlichen Regelungsbereiche und Zuständigkeiten habe der Kläger nicht ohne Weiteres davon ausgehen dürfen, von der Einhaltung der Job-Sharing-Obergrenze entbunden zu sein. Er habe sich vielmehr, nachdem er den Bescheid über die Aussetzung der Fallzahlbegrenzungsregelung erhalten habe, bei dem ZA oder bei ihr, der Beklagten, nach den Auswirkungen dieser Aussetzung auf die Gesamtpunktzahlvolumina erkundigen und ggf einen entsprechenden Änderungsantrag stellen müssen.

9

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 26. September 2012 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Stuttgart vom 22.9.2011 zurückzuweisen.

10

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend. Es sei bereits keine Unrichtigkeit der Honorarbescheide anzunehmen, da er durch den Bescheid vom 28.5.2008 ausdrücklich damit beauftragt worden sei, den durch die Rückgabe der Zulassung durch Dr. S. vorübergehend entstandenen Versorgungsmangel auszugleichen. Selbst bei Annahme der Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide habe die Beklagte durch die zeitlich nach der Festsetzung der Gesamtpunktzahlvolumina erfolgte Aufhebung der Fallzahlzuwachsbegrenzung jedenfalls einen Vertrauenstatbestand geschaffen, der der Honorarkürzung entgegenstehe. Vertrauensschutz scheide nicht deshalb aus, weil es sich bei der Beklagten und dem ZA um zwei unterschiedliche Behörden handele. Diese Betrachtung lasse außer Acht, dass auch die Beklagte regelmäßig Anpassungen der Punktzahlgrenzen vornehme, die durch den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) oder den Honorarverteilungsvertrag bedingt würden. Im Übrigen bestehe der ZA zur Hälfte aus Mitgliedern der Beklagten und werde bei der Beklagten geführt. Es habe der Beklagten oblegen, ihn über sein Antragsrecht auf Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina zu informieren oder den Antrag selbst zu stellen. Sie hätte die Bewilligung der Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzungsregelung auch mit der Bedingung versehen können, dass dennoch die Gesamtpunktzahlvolumina eingehalten werden müssten. Da in den BedarfsplRL eine Ausnahmeregelung für den Fall eines zeitlich begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs nicht vorgesehen gewesen sei, könne es nicht zu seinen Lasten gehen, dass er keinen Antrag auf Aussetzung der Gesamtpunktzahlvolumina bei dem ZA gestellt habe.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Beklagte war berechtigt, die Abrechnungen des Klägers sachlich-rechnerisch richtig zu stellen, weil er die für seine Job-Sharing-Praxis geltenden Gesamtpunktzahlvolumina in den streitbefangenen Quartalen überschritten hat.

13

1. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und Rückforderung ist § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V(idF des Gesetzes zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 , insoweit in der Folgezeit unverändert). Danach stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet worden sind. Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheides. Die genannten Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 SGB I in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X verdrängen(stRspr, zB BSGE 89, 62, 66 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 345 f und BSGE 89, 90, 93 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 6 f; BSG, SozR 4-5520 § 32 Nr 2 RdNr 10; BSGE 96, 1, 2 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; BSG, SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12). Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Rücknahme des Honorarbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus(BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 3; BSGE 89, 62, 75 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 355; BSGE 96, 1, 3 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12; aaO Nr 3 RdNr 18).

14

a) Die Tatbestandsvoraussetzung für eine nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellung nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V ist vorliegend erfüllt, weil die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht berücksichtigt wurden und daher die Honorarbescheide vom 15.1.2009 und vom 15.4.2009 rechtswidrig sind. In wessen Verantwortungsbereich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt, ist unerheblich; einzige tatbestandliche Voraussetzung ist die Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides (vgl BSGE 93, 69, 71 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 7 - hierzu Engelhard, jurisPR-SozR 44/2004 Anm 1).

15

Der ZA hat auf der Grundlage von §§ 23 c ff BedarfsplRL(in der Fassung vom 15.2.2007 mit Wirkung ab dem 1.4.2007, Bundesanzeiger Nr 64 S 3491 vom 31.3.2007; zur weiteren BedarfsplRL-Änderung, die am 1.1.2013 in Kraft getreten ist, siehe die Neufassung der BedarfsplRL vom 20.12.2012, BAnz vom 31.12.2012, Bekanntmachung Nr 7, mit Neunummerierung der §§ 23a-23m als §§ 40-47, 58-62) mit Beschluss vom 30.1.2008 die Gesamtpunktzahlvolumina für die Job-Sharing-Praxis festgelegt (vgl zur Berechnung der Leistungsbegrenzung BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 12 RdNr 21 ff). Diesen Beschluss hat der Kläger nicht angegriffen, sodass Bestandskraft eingetreten ist. Auch die Beklagte, die den Honoraranspruch des Vertragsarztes festsetzt, ist an die bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs aufgrund der Genehmigung der Anstellung einer Ärztin in der Praxis des Klägers unter Job-Sharing-Bedingungen gebunden.

16

Die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina hat der Kläger in den streitbefangenen Quartalen überschritten. Für die streitbefangenen Quartale hat die hierfür gemäß § 23c Satz 4 BedarfsplRL aF(§ 42 Satz 4 BedarfsplRL nF) zuständige Beklagte ausweislich des Bescheides vom 25.6.2009 eine Anpassung der quartalsbezogenen Punktzahlobergrenzen vorgenommen und eine individuelle Punktzahlobergrenze von 1.211.887,6 Punkten (Quartal III/2008) bzw 1.191.850,5 Punkten (Quartal IV/2008) ermittelt. Die ermittelten Gesamtpunktzahlvolumina hat der Kläger in den streitbefangenen Quartalen um 97.057,4 Punkte (Quartal III/2008) bzw 135.669,5 Punkte (Quartal IV/2008) überschritten. Diese Überschreitungen wurden in den Honorarbescheiden vom 15.1.2009 (Quartal III/2008) und vom 15.4.2009 (Quartal IV/2008) zunächst nicht berücksichtigt.

17

b) Für eine Ausnahme von der Leistungsbegrenzung aufgrund eines befristeten lokalen Versorgungsbedarfs, wie der Kläger ihn hier behauptet hat, wäre eine Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina erforderlich gewesen. Einen entsprechenden Antrag hat der Kläger hier nicht gestellt. Es kann offenbleiben, ob der Widerspruch des Klägers gegen den Richtigstellungsbescheid hier als solcher Antrag hätte aufgefasst werden können (vgl zu den Anforderungen BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 1/12 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 14 vorgesehen -; zur rückwirkenden Antragstellung vgl Urteil des Senats vom heutigen Tag - B 6 KA 36/12 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Beklagte wäre dann verpflichtet gewesen, den Antrag an den zuständigen ZA weiterzuleiten. Allein die Zulassungsgremien können eine Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina vornehmen, die grundsätzlich nur unter Beachtung der Voraussetzungen, die in den Tatbeständen des § 23e Satz 2, 3 BedarfsplRL aF(§ 44 Satz 2 und 3 BedarfsplRL nF) normiert sind, zulässig ist (vgl BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 1/12 R - Juris RdNr 27, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 14 vorgesehen). Der Antrag wäre jedenfalls nicht erfolgreich gewesen.

18

Der ZA hätte allerdings die Punktzahlobergrenze der Praxis anheben können, wenn kurzfristig ein regionaler zusätzlicher Versorgungsbedarf bestanden hätte. Nach § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 Halbsatz 1 SGB V(eingefügt durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz vom 22.12.2006 mit Wirkung vom 1.1.2007) hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in den BedarfsplRL Regelungen bezüglich einer Ausnahme von der Leistungsbegrenzung zu treffen, soweit und solange dies zur Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs erforderlich ist. Eine solche Ausnahmeregelung hat der G-BA in den §§ 23i ff BedarfsplRL aF(§§ 58 ff BedarfsplRL nF), mit denen der Regelungsauftrag des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V umgesetzt wurde, nicht vorgesehen. Der G-BA hat lediglich mit Beschluss vom 13.3.2008 (BAnz Nr 80, S 1950) gestützt auf § 101 Abs 3a SGB V in § 34a BedarfsplRL aF geregelt, dass der Landesausschuss festlegt, für welche Bezugsregionen innerhalb eines nicht unterversorgten Planungsbereiches er die Feststellung von zusätzlichem lokalem Versorgungsbedarf trifft(§ 34a Abs 2 Satz 1 BedarfsplRL aF). Diese Vorschrift erfasst mithin nur strukturell und damit langfristig bestehende lokale Bedarfe. Der Landesausschuss für Ärzte und Krankenkassen hat hier dementsprechend nur auf der Grundlage von § 103 Abs 1, 3 SGB V das Vorliegen einer Überversorgung geprüft und mit Beschluss vom 20.2.2008 (abrufbar im Internet unter: http://www.kvbawue.de/vertraegerecht/bekanntmachungen/landesausschuss/, letzter Aufruf am 12.7.2013) für den Planungsbereich Rhein-Neckar-Kreis, in dem der Sitz des Klägers liegt, eine Überversorgung mit HNO-Ärzten angenommen und keinen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf festgestellt. Auch § 23e BedarfsplRL aF(§ 44 BedarfplRL nF), der die Voraussetzungen für die Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina regelt, berücksichtigt den Fall einer erkennbar nur vorübergehenden Steigerung des Leistungsumfangs zur Sicherstellung eines befristeten regionalen Mehrbedarfs nicht. Nach dieser Vorschrift kommt eine Neubestimmung der Abrechnungsobergrenzen nur in Betracht, wenn Änderungen des EBM oder vertragliche Vereinbarungen spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen haben (Satz 2) oder Änderungen der Berechnung der für die Obergrenze maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirken und die Beibehaltung der durch den ZA festgestellten Gesamtpunktzahlvolumina im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung darstellen würde (Satz 3). Fehlt es damit zwar an einer ausdrücklichen normativen Grundlage für die Berücksichtigung eines zeitlich begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs, der etwa durch die vorübergehende Schließung einer Praxis entstehen kann, ist eine Erhöhung der Leistungsgrenze in einem solchen Fall gleichwohl nicht ausgeschlossen. Sie kann vielmehr im Interesse der Sicherstellung der Versorgung der Versicherten ausnahmsweise geboten sein. Eine Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina kann in diesen Fällen unter Rückgriff auf den Rechtsgedanken des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 Halbsatz 1 SGB V erfolgen. Das LSG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Honorierung der zur Sicherstellung eines befristeten zusätzlichen Versorgungsbedarfs erbrachten Mehrleistungen einer Job-Sharing-Praxis nicht nur eine Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung, wie sie hier von der Beklagten erteilt wurde, erfordert, sondern auch eine Erhöhung der Leistungsgrenze.

19

Ohne eine solche zeitlich auf das Bestehen eines begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs beschränkte Erhöhung der Leistungsgrenze käme eine Job-Sharing-Praxis für die Deckung des Bedarfs nicht in Betracht. Es müssten dann ggf Ermächtigungen erteilt werden, um die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung auch während der vorübergehenden Vakanz einer Praxis zu gewährleisten, obwohl Vertragsärzte bereit und imstande wären, den Bedarf zu decken. Damit würde der prinzipielle Vorrang der Vertragsärzte (und Medizinischen Versorgungszentren) in der ambulanten Versorgung allein deshalb in Frage gestellt, weil in den BedarfsplRL keine Regelung für eine Erhöhung der Leistungsgrenzen in den hier in Rede stehenden Konstellationen getroffen worden ist. Der G-BA wird daher entsprechende Regelungen zu treffen haben, damit künftig ein unmittelbarer Durchgriff der Zulassungsgremien auf den Rechtsgedanken des § 101 Satz 1 Nr 5 SGB V entbehrlich wird.

20

Eine Möglichkeit der Erhöhung der Leistungsgrenze gebietet in diesen Fällen nicht zuletzt der Grundsatz der Gleichbehandlung der Job-Sharing-Praxen mit den Praxen, für die die Zulassungsgremien keine Gesamtpunktzahlvolumina festgesetzt haben; diesem Grundsatz wird auch in § 23e Satz 3 BedarfsplRL aF(§ 44 Satz 3 BedarfsplRL nF) besondere Bedeutung beigemessen. Den Nicht-Job-Sharing-Praxen würde nämlich, worauf das LSG zu Recht hingewiesen hat, allein die Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung die Vergütung der erbrachten Mehrleistungen sichern.

21

Eine Situation, die kurzfristig eine zeitlich begrenzte Anhebung der Leistungsgrenzen hätte erfordern können, war hier jedoch nicht gegeben. Der seit dem 1.10.2007 vakante Vertragsarztsitz von Dr. S. war schon zu Beginn des Quartals II/2008, als Dr. E. ihre Tätigkeit in der Praxis des Klägers aufnahm, wieder besetzt. Sofern durch die vorübergehende Schließung der Praxis ein besonderer Versorgungsbedarf entstanden war, erstreckte er sich jedenfalls nicht (mehr) auf die streitbefangenen Quartale.

22

2. Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der fehlerhaften Honorarbescheide war auch nicht durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes eingeschränkt. Vertrauensschutz kann der Kläger insbesondere nicht aus dem Bescheid der Beklagten vom 28.5.2008 herleiten, mit dem ihm - zu Unrecht, weil ein etwaiger Sicherstellungsbedarf schon seit dem 1.4.2008 wieder entfallen war - eine Ausnahme der Fallzahlzuwachsbegrenzung bewilligt wurde.

23

a) Der Vertragsarzt kann nach der Rechtsprechung des Senats auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilten Honorarbescheides grundsätzlich nicht vertrauen (stRspr zB BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 4; BSGE 89, 90, 94 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 7 mwN; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 24 RdNr 18). Die Auskehrung der Gesamtvergütungsanteile durch die KÄV im Wege der Honorarverteilung ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass diese quartalsmäßig auf die Honoraranforderungen ihrer Vertragsärzte hin Bescheide zu erlassen hat, ohne dass sie - aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen - die Rechtmäßigkeit der Honoraranforderungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. Die Berechtigung der KÄV zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide ist nicht auf die Berichtigung von Fehlern aus der Sphäre des Vertragsarztes beschränkt, sondern besteht umfassend, unabhängig davon, in wessen Verantwortungsbereich die allein maßgebliche sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt.

24

Die umfassende Berichtigungsbefugnis der KÄV, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, ist daher im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gilt nach der Rechtsprechung des Senats sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre des Vertragsarztes finden, wie auch bei anderen Fehlern, etwa der Unwirksamkeit der generellen Grundlagen der Honorarverteilung. Insbesondere im letztgenannten Fall müssen die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der KÄV auf die Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragsärzte andererseits zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden (vgl BSGE 93, 69, 72 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 9 mwN). Zur generellen Sicherstellung dieses Interessenausgleichs und damit zur Beurteilung der Frage, in welchen Konstellationen das Vertrauen des Vertragsarztes auf den Bestand eines rechtswidrigen, ihn begünstigenden Verwaltungsaktes schutzwürdig ist, hat der Senat Fallgruppen herausgearbeitet, in denen die Befugnis zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen aus Gründen des Vertrauensschutzes begrenzt ist (zusammenfassend BSGE 96, 1, 4 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16; vgl im Einzelnen zu den Fallgruppen Clemens, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 106a SGB V RdNr 189 ff; Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33 ff; Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 366 ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 180 ff).

25

b) Die nachträgliche Korrektur eines Honorarbescheides nach den Vorschriften über die sachlich-rechnerisch Richtigstellung ist nicht mehr möglich, wenn die Frist von vier Jahren seit Erlass des betroffenen Honorarbescheides bereits abgelaufen ist (BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16 mwN; vgl jüngst zur Hemmung der vierjährigen Ausschlussfrist BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 35/12 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 10; vgl im Hinblick auf die Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V auch: BSG Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 27/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 19 ff; Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 45/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 16 ff). Eine Rücknahme des Honorarbescheides ist nach Ablauf der Frist nur noch unter Berücksichtigung der Vertrauensausschlusstatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X möglich. Diese Fallgruppe ist vorliegend nicht einschlägig, da ersichtlich die Frist von vier Jahren, die nach der Rechtsprechung des Senats am Tag nach der Bekanntgabe des Honorarbescheides beginnt (vgl BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16; BSG Urteil vom 28.3.2007 - B 6 KA 26/06 R - Juris RdNr 16; BSGE 106, 222, 236 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 60 mwN), nicht abgelaufen ist.

26

c) Weiterhin ist die Befugnis der KÄV zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten eingeschränkt, soweit die KÄV ihre Befugnis zur sachlich-rechnerische Richtigstellung bereits "verbraucht" hat, indem sie die Honoraranforderung des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat (BSGE 89, 90, 98 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 11 f; bekräftigt in BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 19; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 18 ff für den Fall der Rückgängigmachung einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung). In diesem Fall ist die jedem Honorarbescheid innewohnende spezifische Vorläufigkeit und damit die Anwendbarkeit der Berichtigungsvorschriften entfallen (vgl BSGE 93, 69, 74 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 15). Auch eine solche Fallkonstellation ist hier nicht gegeben.

27

d) Darüber hinaus ist nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu beachten, wenn die KÄV es unterlassen hatte, bei der Erteilung des Honorarbescheides auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung oder ihrer Auslegung (BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSGE 93, 69, 75 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 16; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20) oder auf ein noch nicht abschließend feststehendes Gesamtvergütungsvolumen (BSGE 96, 1, 7 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20)hinzuweisen und durch einen Vorläufigkeitshinweis zu manifestieren. Der Vorläufigkeitshinweis muss sich dabei nicht ausdrücklich aus dem Honorarbescheid selbst ergeben, es genügt vielmehr, dass sich der Vorbehalt aufgrund bestehender Ungewissheiten ausreichend deutlich aus den Gesamtumständen ergibt (zB BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20; BSGE 96, 1, 7 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20; BSGE 98, 169, 177 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 28). Hat die KÄV einen derartigen Hinweis in der notwendigen Form unterlassen, sind die Berichtigungsvorschriften zwar weiterhin anwendbar, wegen des durch das Verhalten der KÄV begründeten Vertrauensschutzes der Vertragsärzte ist für die Aufhebung eines Honorarbescheides aber nur Raum, wenn in entsprechender Anwendung des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X Vertrauensausschlusstatbestände gegeben sind(BSGE 96, 1, 5 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 16). Eine solche Fallkonstellation liegt hier nicht vor. Im Hinblick auf den hier maßgeblichen Grund für die Richtigstellung, die Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina, bestand bei Erlass der Honorarbescheide vom 15.1.2009 und vom 15.4.2009 keine Ungewissheit im genannten Sinn. Weder waren die normativen Grundlagen der Honorarverteilung betroffen, noch Unsicherheiten im Hinblick auf das Gesamtvergütungsvolumen. Die Richtigstellung resultierte vielmehr aus Besonderheiten bei der Honorarbegrenzung für Job-Sharing-Praxen, über die bei Erlass der Honorarbescheide auch keine Unsicherheit bestand.

28

e) Schließlich ist die Richtigstellungsbefugnis der KÄV begrenzt, wenn die Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, die in der Rechtsprechung für die Verdrängung der Regelung des § 45 SGB X durch die Vorschriften über die sachlich-rechnerische Richtigstellung angeführt worden sind, nicht konkret tangiert sind(BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 18 ff; BSGE 96, 1, 6 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 26). Diese Fallgruppe erfasst die fehlerhafte Abrechnung im Einzelfall etwa infolge eines Rechenfehlers oder der versehentlichen Verwendung eines falschen Berechnungsfaktors. Auch in einem solchen Fall wird die Honorarberichtigung zwar nach den einschlägigen bundesmantelvertraglichen Regelungen durchgeführt, im Rahmen des Berichtigungsverfahrens sind indes die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs 2 iVm Abs 4 SGB X entsprechend heranzuziehen(vgl BSGE 93, 69, 76 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 18). Ein solcher Sachverhalt gibt keinen Anlass, von den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen abzuweichen, wonach die Behörde vorbehaltlich der besonderen Tatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 SGB X das Risiko dafür trägt, dass sie einen für den Bürger günstigen Verwaltungsakt erlässt, der sich nachträglich als teilweise rechtswidrig erweist(BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 20). Eine Beschränkung der Richtigstellungsbefugnis der Beklagten ergibt sich auch unter diesem Gesichtspunkt nicht. Die Umsetzung der Bescheide der Zulassungsgremien über die Punktzahlobergrenzen nach Zulassungen oder Arztanstellungen unter Job-Sharing-Bedingungen in den Honorarbescheiden der vertragsärztlichen Praxen betrifft spezifische Umstände der Honorierung der vertragsärztlichen Leistungen. Die ursprünglichen Honorarbescheide der Beklagten gegenüber dem Kläger enthielten dementsprechend keinen Rechenfehler oder vergleichbare Defizite, die Beklagte hatte sie vielmehr bewusst - wie bei allen anderen Job-Sharing-Praxen - zunächst ohne Anwendung der Regelungen über die Leistungsgrenzen erstellt. Ob das für diese Vorgehensweise angeführte Argument einer Entlastung der Verwaltung bei der zeitnahen Erstellung der Honorarbescheide das Gewicht hat, das die Beklagte ihm zumisst, kann auf sich beruhen. Jedenfalls vollzog die Richtigstellung einen komplexen Berechnungsschritt bei Festsetzung des vertragsärztlichen Honorars nach. Mit den in der Entscheidung des Senats vom 30.6.2004 (BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 20) angesprochenen individuellen Rechtsanwendungsfehlern ohne Bezug zu den Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen hat das keine Berührungspunkte.

29

f) Ob daneben ein allgemeiner Vertrauensschutz weiterhin in Betracht kommt, wenn die KÄV die rechtswidrige Erbringung bestimmter Leistungen in Kenntnis aller Umstände längere Zeit geduldet hat, diese später jedoch insgesamt von einer Vergütung ausschließt, kann offenbleiben (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16, hieran anknüpfend: Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33d; ebenso Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 370 ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 181). Die Frage bedarf vorliegend keiner Beantwortung, da die Beklagte die Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina nicht längere Zeit geduldet hat.

30

g) Es besteht nach den Besonderheiten des Falles auch kein Anlass, über die in der Rechtsprechung des Senats anerkannten Konstellationen hinaus Vertrauensschutz zu gewähren. Ein Schutzbedürfnis des Klägers, das mit demjenigen in den anerkannten Fallgruppen vergleichbar ist, besteht nicht. Es kann offenbleiben, ob ein rechtswidriger Verwaltungsakt - hier die ungerechtfertigte Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung - überhaupt geeignet sein kann, schutzwürdiges Vertrauen zu begründen. Durch die mit Bescheid vom 28.5.2008 gewährte Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung begründete die Beklagte jedenfalls keinen Vertrauenstatbestand darauf, dass auch die vom ZA festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht mehr gelten sollten. Dieser Bescheid hatte ausschließlich die Fallzahlzuwachsbegrenzung zum Gegenstand und ließ keinen Zusammenhang zu dem Job-Sharing sowie dem hierdurch bedingten Gesamtpunktzahlvolumen erkennen. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei der Fallzahlzuwachsbegrenzung und dem Gesamtpunktzahlvolumen um unterschiedliche Regelungsbereiche handelt. Dies wird bereits aus den unterschiedlichen Zuständigkeiten deutlich. Der Kläger kannte die Festsetzungen des ZA. Die Abgabe einer entsprechenden Verpflichtungserklärung war nach § 101 Abs 1 Nr 5 SGB V Voraussetzung für die Genehmigung des Job-Sharing. Ausweislich des Beschlusses vom 30.1.2008 haben sich der Kläger und Frau Dr. E. schriftlich gegenüber dem ZA damit einverstanden erklärt, den bestehenden Umfang der Praxis nicht wesentlich zu überschreiten. Dem Kläger war also, was auch nicht in Abrede gestellt wird, bewusst, dass die vom ZA festgesetzten Obergrenzen einzuhalten waren. Weder die organisatorische Anbindung der Zulassungsgremien an die KÄV nach § 96 Abs 3 SGB V noch die Besetzung der Gremien (auch) mit von den KÄVen bestellten Vertretern sind geeignet, den Anschein zu begründen, die KÄV könne eine vom ZA getroffene Regelung ändern. Es kann vorausgesetzt werden, dass dem Vertragsarzt die Unterscheidung zwischen ZA und KÄV bekannt ist. Auch der Umstand, dass die Beklagte gemäß § 23c Satz 4 BedarfsplRL aF(§ 42 Satz 4 BedarfsplRL nF) die Berechnung der Anpassung der Gesamtpunktzahlvolumina entsprechend der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts nach § 23f BedarfsplRL aF(§ 45 BedarfsplRL nF) vornimmt, kann kein Vertrauen darauf begründen, dass sie auch für eine Neuberechnung oder Aufhebung der Gesamtpunktzahlvolumina vornehmen kann. Dass es dafür nach § 23e BedarfsplRL aF(§ 44 BedarfsplRL nF) eines besonderen Antrags an den ZA bedarf, darf für die Job-Sharing-Partner als bekannt vorausgesetzt werden.

31

Fallzahlzuwachsbegrenzung und Leistungsbegrenzung durch Gesamtpunktzahlvolumina sind zudem unterschiedliche Regelungsinstrumente mit jeweils eigenständiger Bedeutung. Die Fallzahlzuwachsbegrenzung gemäß § 3 Nr 1 des in den streitbefangenen Quartalen geltenden Vertrages über den Honorarverteilungsmaßstab (HVM-V) iVm Anlage 1 zum HVM-V findet für alle in der Anlage genannten Arztgruppen Anwendung, während die Gesamtpunktzahlvolumina in Anwendung der BedarfsplRL nur in der besonderen Konstellation eines Job-Sharing von Bedeutung sind. Eine Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung kann auch dann Vorteile für den Vertragsarzt mit sich bringen, wenn die Gesamtpunktzahlvolumina - wie vorliegend - nicht an- oder aufgehoben wurden. Dies ergibt sich daraus, dass die Fallzahlzuwachsbegrenzung gemäß § 4 Nr 1 Satz 3 HVM-V für die Berechnung des Punktzahlgrenzvolumens maßgeblich ist. Die über das Punktzahlgrenzvolumen hinausgehende Leistungsmenge wird gemäß § 4 Nr 1 Satz 2 HVM-V mit einem abgestaffelten Punktwert vergütet. Hieraus folgt, dass die ohne Abstaffelung vergütete Leistungsmenge mit der anerkannten Fallzahl wächst. Auch wenn dies im Fall des Job-Sharing nur bis zur Höhe des für die Praxis festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumens gilt, hat die Fallzahlbegrenzung eine eigenständige Bedeutung und kann sich begünstigend auf die Honorarfestsetzung auswirken. Dass erst im Zusammenspiel von Regelungen zur Fallzahlzuwachsbegrenzung und Gesamtpunktzahlvolumina aus einem die Leistungsgrenze übersteigenden Leistungsumfang auch ein entsprechendes Honorar generiert werden, ändert nichts daran, dass es sich um verschiedene Instrumente zur Mengenbegrenzung mit jeweils unterschiedlichem Anwendungsbereich handelt.

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Es hätte für den Kläger nahe gelegen, mit dem im März 2008 gestellten Antrag auf Ausnahme von der Fallzuwachsbegrenzung mit der Begründung des zusätzlichen Versorgungsbedarfs bei dem ZA ein höheres Gesamtpunktzahlvolumen zu beantragen. Soweit er vorträgt, zu diesem Zeitpunkt sei ihm noch nicht bekannt gewesen, dass er ohne Verletzung der Obergrenzen den Sicherstellungsauftrag nicht habe einhalten können, mag dies vor dem Hintergrund des erstmals im Quartal III/2008 überschrittenen Gesamtpunktzahlvolumens zutreffend sein. Letztlich bedarf dies jedoch keiner Klärung, da der Kläger in Folge des Beschlusses vom 30.1.2008 jedenfalls wissen musste, dass er die Gesamtpunktzahlvolumina einhalten musste. Spätestens nach der Zustellung des Beschlusses des ZA im April 2008 und damit nach seinem Antrag auf Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung hätte sich die Frage aufdrängen müssen, in welchem Verhältnis die Gesamtpunktzahlvolumina zur Fallzahlzuwachsbegrenzung stehen. Den Honorarbescheiden vom 15.1.2009 und 15.4.2009 war zu entnehmen, dass keine Fallzahlzuwachsbegrenzung zugrunde gelegt und dementsprechend sämtliche in diesem Zusammenhang relevanten Fälle bei der Berechnung der PZGV berücksichtigt worden waren, jedoch die Gesamtpunktzahlvolumina keine Beachtung gefunden hatten. Es hätte damit Anlass bestanden, bei der Beklagten nachzufragen, ob die Gesamtpunktzahlvolumina keine Anwendung finden. Zwar hat die Beklagte den Kläger auch nicht auf die ggf erforderliche Antragstellung beim ZA hingewiesen, indes hat sie allein hierdurch noch keinen Vertrauenstatbestand geschaffen.

33

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung des § 154 Abs 1 und 2 VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten auch des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu tragen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 26. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten auch für das Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Richtigkeit der Honorarabrechnungen von Vertragsärzten, soweit diese im Quartal II/2007 für Schwangerschaftsbetreuungen die Nr 01770 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für die ärztlichen Leistungen (EBM-Ä) abgerechnet haben.

2

Mit Schreiben vom 29.11.2007 machte die klagende Krankenkasse gegenüber der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) geltend, dass im Quartal II/2007 die Nr 01770 EBM-Ä in 152 Fällen zu Unrecht abgerechnet worden sei. Der von der Beklagten für das Quartal II/2007 geforderte Gesamtbetrag in Höhe von 11 528 033,77 Euro werde daher um 16 832,48 Euro gekürzt (110,74 Euro <2280 Punkte x 4,857 Cent> x 152); die vorgenannte Leistungsziffer könne je Quartal nur einmal von einem Arzt abgerechnet werden. Dies gelte auch dann, wenn die Schwangere in einem Quartal von mehreren Ärzten betreut worden sei.

3

Die Beklagte folgte dem Begehren der Klägerin in insgesamt sieben Fällen, lehnte aber im Übrigen die Vornahme von Berichtigungen ab. In sieben Fällen seien Gutschriften erfolgt, in den übrigen Fällen sei jedoch keine Berichtigung vorzunehmen. Es sei für die in Anspruch genommenen Gynäkologen nicht erkennbar gewesen, dass weitere Gynäkologen in die Betreuung der Schwangeren eingebunden gewesen seien (Widerspruchsbescheid vom 11.4.2012).

4

Auf die hiergegen erhobene Klage hob das SG die angefochtenen Bescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides auf und verurteilte die Beklagte, über die Honorarberichtigungsanträge der Klägerin erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Die Beklagte habe über die Anträge der Klägerin zutreffend durch Verwaltungsakt entschieden; die entsprechende Befugnis ergebe sich aus § 10 des zwischen der Klägerin und der Beklagten am 13.12.1995 geschlossenen Gesamtvertrages. Die Bescheide seien jedoch materiell rechtswidrig. Der Wortlaut der Nr 01770 EBM-Ä sei eindeutig. In Abs 3 Satz 1 Nr 01770 EBM-Ä sei geregelt, dass die Leistungsziffer nur von einem Vertragsarzt im Quartal abgerechnet werden dürfe. Diese Regelung werde durch den nachfolgenden zweiten Satz des Absatzes nicht eingeschränkt, es werde vielmehr klargestellt, dass die Regelung auch in den dort genannten Konstellationen und damit umfassend Anwendung finde. Die Verwendung des Wortes "auch" in diesem zweiten Satz verdeutliche gerade, dass der Abrechnungsausschluss sogar dann gelten solle, wenn eine Betreuung durch mehrere Vertragsärzte stattfinde. Eine Ausnahme von dem Abrechnungsausschluss könne auch nicht aus dem Klammerzusatz zu Satz 2 abgeleitet werden. Die einleitende Formulierung "z. B." in der Klammer gebe zu erkennen, dass es sich um eine nicht abschließende Aufzählung handele, in der der Abrechnungsausschluss "auch" Anwendung finde. Es sei davon auszugehen, dass der Bewertungsausschuss (BewA), sofern er bestimmte Fallkonstellationen von dem Abrechnungsausschluss habe ausnehmen wollen, dies entsprechend formuliert hätte (Urteil vom 26.2.2014).

5

Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, der Wortlaut der Nr 01770 EBM-Ä sei nicht eindeutig. Durch den zweiten Satz des dritten Absatzes der Leistungsziffer werde eine Einschränkung vorgenommen. Anderenfalls wäre dieser Satz überflüssig, weil der erste Satz des dritten Absatzes für sich genommen klar formuliert sei. Die Wendung "dies gilt auch" beziehe sich zwar auf den ersten Satz des dritten Absatzes, der Klammerzusatz enthalte indes Sachverhalte, die jeweils eine Kenntnis der beteiligten Ärzte von einer Vorbehandlung voraussetzten. Durch die Einleitung mit "z. B." würde aber auch Raum für Konstellationen eröffnet, in denen Ärzte Schwangere betreuten, ohne Kenntnis von der Vorbehandlung zu haben. Sinn und Zweck des Abrechnungsausschlusses sei es, demjenigen Vertragsarzt die Vergütung zukommen zu lassen, der die Schwangere in dem Quartal tatsächlich betreut habe. In diese Zielrichtung füge sich auch die mit Wirkung zum 1.4.2005 vorgenommene Ergänzung des Klammerzusatzes um "im Notfall" ein, da ein solcher wie die Mitbehandlung und die Vertretung keine umfassende Betreuung der Schwangeren darstelle. Es sei damit eindeutig, dass mehrere Ärzte die Nr 01770 EBM-Ä abrechnen dürften, wenn sie den Leistungsinhalt erbracht, also die Schwangere betreut, hätten. Im Ergebnis seien zwei Konstellationen denkbar, in denen ein Arzt - neben dem ursprünglich die Betreuung durchführenden Arzt - die Betreuung mit allen Leistungen im Sinne der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (jetzt: des Gemeinsamen Bundesausschusses ) über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung (Mutterschafts-Richtlinien) durchführe: Dies könne zum einen der Fall sein, wenn die Schwangere im laufenden Quartal den betreuenden Arzt vollständig wechsele. Zum anderen könne dies auch der Fall sein, wenn sich der die Betreuung durchführende Vertragsarzt in Unkenntnis darüber befinde, dass die Schwangere im selben Quartal bereits von einem anderen Arzt betreut worden sei. Diese beiden Fälle von der Abrechnungsmöglichkeit der Nr 01770 EBM-Ä auszuschließen, sei mit der Entstehungsgeschichte der aus der Nr 100 EBM-Ä in der ab dem 1.7.1997 geltenden Fassung hervorgegangenen Leistungsposition nicht vereinbar. Es sei nicht Sinn des Leistungsausschlusses gewesen, die Problematik einer mehrfachen Durchführung der Leistungen in der Weise zu Lasten der Vertragsärzte zu lösen, dass diese ihre Leistungen nicht vergütet bekämen.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Mainz vom 26.2.2014 aufzuheben und die Klage der Klägerin gegen die Bescheide vom 3.11.2009, vom 25.1.2010 und vom 25.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.4.2012 abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Die Klägerin hält das Urteil des SG für zutreffend. Der Wortlaut der Nr 01770 EBM-Ä sei eindeutig. Satz 1 des dritten Absatzes dieser Ziffer sehe einen ausnahmslosen Ausschluss der Mehrfachabrechnung vor. Dieser Grundsatz werde durch Satz 2 des dritten Absatzes nur konkretisiert, nicht aber beschränkt. Hätten hier Ausnahmen, etwa für den Fall eines Arztwechsels, vorgesehen werden sollen, hätte es insbesondere angesichts der Rechtsprechung des BSG nahe gelegen, dass diese ausdrücklich aufgeführt worden wären. Entgegen der Ansicht der Beklagten komme es nicht darauf an, ob der "Zweitbehandler" Kenntnis von einer Vorbehandlung gehabt habe. Im Übrigen könne auch der entstehungsgeschichtlichen Auslegung der Beklagten nicht gefolgt werden. Selbst wenn die Begründung der Gebührenordnungskommission zur Auslegung herangezogen werden könnte, ließe sich hieraus nicht ableiten, dass es Ausnahmen von dem Abrechnungsausschluss geben müsse. Vielmehr habe ausweislich der Begründung "unmissverständlich" klargestellt werden sollen, dass die pauschal vergütete Betreuung der Schwangeren nur einmal abgerechnet werden könne. Aus der Ergänzung des Klammerzusatzes um den Notfall werde zudem ersichtlich, dass der BewA keine Kenntnis von der Betreuung durch einen anderen Vertragsarzt habe fordern wollen, da gerade der Notfall eine klassische Fallgestaltung sei, in der eine solche nicht bestehe. Soweit die Beklagte schließlich darauf abstelle, dass maßgeblich sei, ob eine ordnungsgemäße Betreuung entsprechend der Mutterschafts-Richtlinien stattgefunden habe, verkenne sie, dass Nr 01770 EBM-Ä wie jede andere Ziffer des EBM-Ä ohnehin nur dann abrechnungsfähig sei, wenn der in ihr beschriebene Leistungsinhalt komplett erbracht worden sei. Würde die Auffassung der Beklagten zu Grunde gelegt, wäre der Leistungsausschluss insgesamt überflüssig.

9

Die zu 1. beigeladene Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV) ist der Auffassung, dass sich bereits aus dem Wortlaut von Satz 2 des dritten Absatzes der Leistungsziffer, namentlich dem Klammerzusatz, ergebe, dass der Abrechnungsausschluss nur dann greife, wenn sich der Vertragsarzt bewusst gewesen sei, dass die Versicherte keinen Anspruch auf eine weitere Betreuung gehabt habe. Bestätigt werde dies durch die Hintergründe des Leistungsausschlusses. Aus der Begründung des Vorschlags der Gebührenordnungskommission ergebe sich, dass die Abrechnung der Leistungsziffer nur möglich sein solle, wenn die Betreuung in ihrer ganzen Bandbreite erfolgt sei. Dies sei in den in dem Klammerzusatz aufgeführten Fällen nicht der Fall. Dass im Falle einer bewussten Zweitbehandlung die Abrechnung der Leistungsziffer nicht möglich sei, ergebe sich bereits daraus, dass die Versicherte keine Zweitbetreuung beanspruchen dürfe. Für den Arzt, der Kenntnis von der vorangehenden Betreuung habe, sei die Erbringung der Leistungen folglich erkennbar unwirtschaftlich. Etwas anderes gelte nur in den beiden von der Beklagten genannten Konstellationen: Im Falle eines gewillkürten Wechsels des Vertragsarztes durch die Versicherte müssten sowohl der "alte" wie aber der "neue" Arzt die Pauschale abrechnen können. In der zweiten Konstellation, dass der Vertragsarzt keine Kenntnis von der Zweitbetreuung habe, handele es sich aus dessen Sicht nicht um eine unwirtschaftliche Leistungserbringung. In beiden Fällen würden Leistungen nach den Vorgaben der Mutterschafts-Richtlinien erbracht. Es sei daher unbillig, wenn die Abrechnung der Nr 01770 EBM-Ä in diesen Fällen nicht erfolgen könne. Im Übrigen sprächen auch verfassungsrechtliche Erwägungen für ihre Auffassung. Das Verständnis des SG zu Grunde gelegt, sei der Abrechnungsausschluss unverhältnismäßig. Zumindest, wenn für den Vertragsarzt nicht ersichtlich sei, dass die Versicherte anderweitig betreut werde, ergebe sich sowohl aus Art 12 GG als auch aus Art 20 GG die Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung der Nr 01770 EBM-Ä. Es sei nicht erforderlich, dem Vertragsarzt das Risiko der unberechtigten Inanspruchnahme und damit der Abrechenbarkeit der Leistungsziffer aufzuerlegen. Hier sei die Sanktionierung der Schwangeren als milderes Mittel anzusehen, wenn sie den Vertragsarzt in Unkenntnis darüber lasse, dass sie einen zweiten Arzt zur Betreuung in Anspruch nehme. Zudem sei es unverhältnismäßig im engeren Sinne, wenn die Abrechenbarkeit der Leistungsziffer auch bei unbewusster Mitbetreuung ausscheide.

10

Der zu 2. beigeladene GKV-Spitzenverband erachtet das Urteil des SG als zutreffend. Nr 01770 EBM-Ä sei eindeutig formuliert und damit nach der Rechtsprechung des BSG weder auslegungsbedürftig noch -fähig. Für eine systematische oder entstehungsgeschichtliche Auslegung sei folglich kein Raum. Bei der seitens der Beklagten herangezogenen Begründung der Gebührenordnungskommission habe es sich lediglich um eine solche des die Beschlussfassung im BewA vorbereitenden Arbeitsausschusses gehandelt. Zudem habe danach unmissverständlich klargestellt werden sollen, dass die pauschal vergütete Betreuung einer Schwangeren nur einmal abgerechnet werden könne.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der beklagten KÄV hat keinen Erfolg. Das SG hat die Bescheide der Beklagten über die Verweigerung von Honorarberichtigungen zu Recht aufgehoben und die Beklagte zur neuen Entscheidung über die Berichtigungsanträge der klagenden Krankenkasse verpflichtet.

12

A. Der Senat entscheidet - wie das SG - in der sich aus § 40 Satz 1, § 33 Abs 1 Satz 2 und § 12 Abs 3 Satz 1 SGG ergebenden Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und der Krankenkassen. In der vorliegenden Konstellation ist zwischen einer Krankenkasse und einer KÄV streitig, ob Vertragsärzte eine Leistungsposition des EBM-Ä zutreffend angesetzt haben. Zwar stammen die in diesem Verfahren beklagten Bescheide vom Vorstand der Beklagten, also einem Gremium, das nur mit Vertragsärzten besetzt ist. Daraus ist jedoch nicht zu schließen, in einer solchen Konstellation sei in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte zu entscheiden, weil die Ausgangsentscheidung nur von einem mit Ärzten besetzten Gremium getroffen worden sei. Streitgegenstand ist hier der auf § 106a Abs 4 SGB V sowie den Vorschriften der Bundesmantelverträge beruhende Anspruch der Krankenkasse, dass die beklagte KÄV für die Korrektheit der Abrechnungen der Vertragsärzte sorgt. Dieser Streit wurzelt in den Rechtsbeziehungen zwischen einer Krankenkasse und der KÄV, was zur Folge hat, dass an dem Rechtsstreit zwei ehrenamtliche Richter je aus den Kreisen der Vertragsärzte und der Krankenkasse mitwirken müssen (vgl auch Urteil vom 13.5.1998 - B 6 KA 34/97 R - SozR 3-5555 § 10 Nr 1 und vom 28.4.2004 - B 6 KA 19/03 R - SozR 4-2500 § 87 Nr 5, jeweils zum Vertragszahnarztrecht). Das kann zur Folge haben, dass über die Rechtsmäßigkeit von Honorarberichtigungen in unterschiedlichen Besetzungen der Richterbank iS des § 12 Abs 3 SGG zu entscheiden ist, je nachdem, ob die KÄV einem Berichtigungsantrag der Krankenkasse entspricht oder nicht. Kommt sie dem Antrag nach und erlässt gegenüber dem betroffenen Arzt einen entsprechenden Bescheid, ist über die Klage des Arztes gegen diesen Berichtigungsbescheid in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte zu entscheiden. Die Abhängigkeit der Besetzung der Richterbank vom Streitgegenstand - Rechtsverhältnis der KÄV zur Krankenkasse oder zu ihrem Mitglied - gilt auch dann, wenn die betroffenen Ärzte zum Verfahren der Krankenkasse gegen die KÄV oder die Krankenkasse zum Rechtsstreit des Arztes gegen die KÄV (einfach) beigeladen wurden (dazu B.).

13

B. Die von dem Richtigstellungsbegehren mitbetroffenen Vertragsärzte, die in dem Antrag der Klägerin nicht namentlich benannt worden sind, mussten im Revisionsverfahren nicht beigeladen werden. Ein Fall der - im Revisionsverfahren nach § 168 Satz 2 SGG allein zulässigen - notwendigen Beiladung(§ 75 Abs 2 SGG) liegt nicht vor. Im Hinblick auf die Besonderheit der extrabudgetär nach den Grundsätzen einer echten Einzelleistungsvergütung zu honorierenden Leistung nach Nr 01770 EBM-Ä gehen die Beteiligten davon aus, dass der Berichtigungsanspruch der Klägerin allein davon abhängt, dass diese Leistung zu Unrecht abgerechnet worden ist. Steht das fest, lässt sich ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte beziffern, dessen Durchsetzung nicht von der Bestandskraft eines von der Beklagten gegenüber den einzelnen Vertragsärzten zu erlassenden Berichtigungsbescheids abhängt. Deshalb präjudiziert die hier betroffene Entscheidung im Rechtsverhältnis zwischen Kasse und KÄV nicht die Entscheidung im Rechtsverhältnis zwischen der beklagten KÄV und den Ärzten, die die Position Nr 01770 EBM-Ä abgerechnet haben (vgl zum Vertragszahnarztrecht bei Einzelleistungsvergütung SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 5). Da indessen in beiden Rechtsbeziehungen im Kern über die gleiche Rechtsfrage zu entscheiden ist, kann die einfache Beiladung (§ 75 Abs 1 SGG) der mitbetroffenen Ärzte sinnvoll sein, soweit dies nicht im Hinblick auf die uU große Zahl der Betroffenen untunlich ist.

14

C. Die Klägerin hat im ersten Rechtszug eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erhoben. Das beruht auf dem in § 106a Abs 4 Satz 1 SGB V geregelten Recht der Krankenkassen, bei der KÄV ua Prüfungen der sachlichen Richtigkeit der vertragsärztlichen Abrechnungen iS des § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V zu beantragen. Die Klägerin hat sich hier auf einen Bescheidungsantrag beschränkt, auch weil nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten im Hinblick auf die Vergütung der Leistungen nach Nr 01770 EBM-Ä als Einzelleistung zu festen Punktwerten allein mit der rechtskräftigen Feststellung einer fehlerhaften Abrechnung ein Erstattungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten besteht. Wie zu verfahren ist, wenn ein Erstattungsanspruch der Krankenkassen nur begründet ist, wenn die KÄV die Honorarberichtigung und die darauf beruhende Rückforderung überzahlten Honorars gegenüber dem einzelnen Vertragsarzt durchsetzen kann, bedarf hier keiner Entscheidung. Anders als die Durchsetzung des hier in Rede stehenden Rückzahlungsanspruchs der Krankenkasse gegen die KÄV hängt die Rechtmäßigkeit von Honorarberichtigungen im Rechtsverhältnis zwischen KÄV und Vertragsarzt nicht allein von der sachlichen Fehlerhaftigkeit der Abrechnung nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V, sondern auch davon ab, dass die hierfür geltende vierjährige Ausschlussfrist noch nicht abgelaufen ist(vgl nur BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 12 RdNr 24 mwN) und Vertrauensschutzgesichtspunkte der Berichtigung nicht entgegenstehen (vgl hierzu jüngst BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 38/13 R - Juris RdNr 20 mwN, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Die Krankenkassen haben ungeachtet dessen jedenfalls im Regelfall ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn sie klären lassen wollen, ob Vertragsärzte die Leistungspositionen des EBM-Ä korrekt angewandt haben (vgl zB LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 16.7.2014 - L 9 KA 12/12 - Juris RdNr 37 = GesR 2014, 691, 693 und SG Marburg Urteil vom 3.9.2014 - S 11 KA 718/11 - Juris RdNr 20, 24).

15

D. Die Beklagte war befugt, den Antrag der Klägerin durch Verwaltungsakt zu bescheiden (1.), diesen Antrag hat die Klägerin fristgerecht gestellt (2.), die Beklagte hat jedoch die Durchführung der sachlich-rechnerischen Berichtigung zu Unrecht abgelehnt (3.).

16

1. Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte befugt war, gegenüber der Klägerin durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Es entspricht langjähriger Rechtsprechung des Senats, dass Kassenzahnärztliche Vereinigungen (KZÄV) trotz des prinzipiellen Gleichordnungsverhältnisses zu den Kassen bei der Feststellung von Schadensregressen und der Durchführung von sachlich-rechnerischen Abrechnungsberichtigungen einer antragstellenden Kasse gegenüber durch Verwaltungsakt entscheiden. Maßgeblich ist insoweit, dass die KZÄV nach den bundesmantelvertraglichen Regelungen die allgemeine Vertragsinstanz ist, der (auch) die Feststellung obliegt, ob Vertragszahnärzte ihre vertragszahnärztlichen Pflichten verletzt und dadurch der betroffenen Krankenkasse des Versicherten einen Schaden verursacht haben (BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 1 S 3; BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 2 S 8; BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 3 S 13, jeweils im Hinblick auf die Befugnis der KZÄV, Schadensersatzansprüche einer Vertragskasse gegen den Vertragszahnarzt wegen Verletzung von Pflichten aus dem Ersatzkassenvertrag-Zahnärzte durch Verwaltungsakt geltend zu machen). Die entsprechende Handlungsbefugnis der KZÄV bei einem Streit um sachlich-rechnerische Honorarberichtigungen hat der Senat ebenso bejaht (BSG SozR 4-5555 § 21 Nr 2 RdNr 16 ff)wie im Falle von Anträgen der (Ersatz-)Kassen gegenüber der KZÄV auf Erstattung von Gutachterkosten im Rahmen zahnprothetischer Versorgung (BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 46/13 R - Juris RdNr 13, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen und Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 5/14 R - Juris RdNr 15).

17

Für Anträge einer Krankenkasse gegenüber einer KÄV gilt nichts anderes. Der KÄV steht, ebenso wie der KZÄV, nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V die Honorarprüfungs- und Berichtigungskompetenz zu. Die Krankenkassen können gemäß § 106a Abs 4 Satz 1 SGB V Prüfungen nach § 106a Abs 2 SGB V bei den KÄVen beantragen. Dementsprechend ist die KÄV auch nach den bundesmantelvertraglichen Regelungen die allgemeine Vertragsinstanz im vorgenannten Sinne und die Krankenkassen haben nur ein Antragsrecht für nachgehende sachlich-rechnerische Berichtigungen (vgl § 45 Abs 4 Satz 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte idF vom 1.10.2013, dieser entspricht § 45 Abs 2 Satz 2 BMV-Ä, Stand: 2.3.2006). Dazu regeln gemäß § 45 Abs 4 Satz 2 BMV-Ä die zwischen den Landesverbänden der Kassen und den KÄVen gemäß § 83 Abs 1 SGB V zu schließenden Gesamtverträge das Nähere. Hier haben die Beteiligten in § 10 des zwischen ihnen geschlossenen Gesamtvertrages eine entsprechende Regelung getroffen und sind dabei erkennbar selbst davon ausgegangen, dass die Beklagte in Fällen der vorliegenden Art gegenüber der Klägerin durch Verwaltungsakt handeln darf. Deutlich wird dies in § 10 Abs 6 Satz 3 des Gesamtvertrages, wonach die Krankenkasse "gegen einen ablehnenden Bescheid" Klage erheben kann. Ebenso wie im vertragszahnärztlichen Bereich ist zwar zu berücksichtigen, dass die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und KÄV einerseits und KÄV und Vertragsarzt andererseits grundsätzlich getrennt sind. Gleichwohl geht es bei Anträgen der Kassen auf sachlich-rechnerische Richtigstellung und bei den die sachlich-rechnerische Korrektur festsetzenden Bescheiden der KÄV gegenüber dem Vertragsarzt der Sache nach vorrangig um dieselbe Frage, ob die vertragsärztliche Abrechnung Fehler aufweist (vgl im Hinblick auf Berichtigungen im vertragszahnärztlichen Bereich: BSG SozR 4-5555 § 21 Nr 2 RdNr 20). Diese Frage kann in beiden Rechtsbeziehungen nur einheitlich beantwortet werden, und Auslegung und Anwendung der maßgeblichen Vorschriften sind deshalb an dem Zweck auszurichten, eine solche einheitliche Entscheidung zu ermöglichen. Das wird verlässlich und rechtssicher dadurch erreicht, dass die KÄV auf einen Antrag einer Krankenkasse auf sachlich-rechnerische Berichtigung dieser wie gegebenenfalls dem Vertragsarzt gegenüber durch Verwaltungsakt entscheidet.

18

2. Die Klägerin hat den Antrag auf sachlich-rechnerische Korrektur fristgerecht gestellt. Gemäß § 10 Abs 4 des zwischen den Beteiligten geschlossenen Gesamtvertrages sind Berichtigungen binnen drei Monaten, in begründeten Ausnahmefällen binnen sechs Monaten, nach Zugang der Abrechnungsunterlagen geltend zu machen. Die Klägerin hat den Antrag auf sachlich-rechnerische Korrektur für das Quartal II/2007 mit Schreiben vom 29.11.2007 gestellt. Ausweislich der Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ging dieser Antrag am 3.12.2007 bei der Beklagten ein.

19

3. Das SG hat zutreffend entschieden, dass die Beklagte die Durchführung der sachlich-rechnerischen Berichtigung zu Unrecht abgelehnt hat.

20

a) Gemäß § 106a Abs 1 SGB V prüfen die KÄVen und die Krankenkassen die Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung. Aufgrund von § 106a Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V ist die Beklagte berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte festzustellen und diese nötigenfalls richtigzustellen. Die Krankenkassen oder ihre Verbände können, sofern dazu Veranlassung besteht, gezielte Prüfungen durch die KÄV nach Absatz 2 beantragen (§ 106a Abs 4 Satz 1 SGB V). Hier hat die Beklagte die Prüfung der ärztlichen Abrechnungen rechtswidrig abgelehnt. Die Leistung nach Nr 01770 EBM-Ä kann je Schwangerer und Quartal auch dann nur von einem Vertragsarzt abgerechnet werden, wenn mehrere Vertragsärzte - gleich aus welchem Grund - mit der Betreuung befasst sind.

21

b) Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl etwa BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4 mwN; BSGE 88, 126, 127 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 146; BSG SozR 4-5540 § 44 Nr 1 RdNr 13; BSG Beschluss vom 12.12.2012 - B 6 KA 31/12 B - Juris RdNr 4; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11) in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM-Ä - also des BewA gemäß § 87 Abs 1 SGB V - ist, Unklarheiten zu beseitigen(etwa BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11). Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM-Ä als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse oder Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11). Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist nur dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben (etwa BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4 mwN; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 11 und Nr 10 RdNr 10, jeweils mwN; BSG SozR 4-5540 § 44 Nr 1 RdNr 13; BSG Beschluss vom 12.12.2012 - B 6 KA 31/12 B - Juris RdNr 4; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11).

22

Der Wortlaut der Nr 01770 EBM-Ä ist weder unklar oder mehrdeutig (1), noch rechtfertigen ein Rückgriff auf die Entstehungsgeschichte (2) oder Systematik (3) ein anderes Ergebnis. Es liegt auch kein Fall eines Missbrauchs vor, der eine Ausnahme von den vorgenannten Grundsätzen rechtfertigen könnte (4). Schließlich führt der Abrechnungsausschluss auch nicht dazu, dass erbrachte Leistungen nicht angemessen vergütet würden (5).

23

(1) Der Wortlaut der Nr 01770 EBM-Ä ist weder unklar noch mehrdeutig, sondern lässt deutlich erkennen, dass diese Position nicht von mehreren Ärzten je Quartal für die Betreuung einer Schwangeren abgerechnet werden kann. Für die Auffassung der Beklagten, wonach eine Ausnahme vom Prinzip der (nur) einmaligen Abrechenbarkeit in den Fällen bestehe, in denen die Schwangere während des laufenden Quartals den behandelnden Arzt wechsele, und auch dann, wenn der zweite Vertragsarzt in Unkenntnis der Betreuung durch den ersten Arzt tätig geworden sei, ergibt sich aus dem Wortlaut nichts.

24

Nr 01770 EBM-Ä lautete im Quartal II/2007 wie folgt:
Betreuung einer Schwangeren gemäß den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung (Mutterschafts-Richtlinien)
Obligater Leistungsinhalt
- Beratungen und Untersuchungen gemäß den Mutterschafts-Richtlinien,
- Ultraschalluntersuchungen nach Anlage 1a und 1b der Mutterschafts-Richtlinien,
- Bilddokumentation(en),
einmal im Behandlungsfall.
Die Berechnung der Leistung nach der Nr. 01770 setzt eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung nach der Ultraschall-Vereinbarung gemäß § 135 Abs. 2 SGB V voraus.
Die Leistung nach der Nr. 01770 kann für die Betreuung einer Schwangeren im Laufe eines Quartals nur von einem Vertragsarzt abgerechnet werden. Dies gilt auch, wenn mehrere Vertragsärzte in die Betreuung der Schwangeren eingebunden sind (z. B. bei Vertretung, im Notfall oder bei Mit- bzw. Weiterbehandlung).
Die Leistung nach der Nr. 01770 ist im Behandlungsfall nicht neben den Leistungen nach den Nrn. 33043 und 33044 berechnungsfähig.

25

Nach dem Wortlaut von Abs 3 Satz 1 der Nr 01770 EBM-Ä kann die Leistungsziffer "nur von einem Vertragsarzt" berechnet werden. Hieraus ergibt sich nicht nur, dass allein "ein Vertragsarzt" die Ziffer je Quartal und Schwangerer abrechnen kann, sondern durch die zusätzliche Verwendung des Wortes "nur" wird diese Beschränkung besonders betont.

26

Unklarheiten werden auch durch Abs 3 Satz 2 der Nr 01770 EBM-Ä nicht hervorgerufen. Satz 2 schränkt die Abrechnungsbeschränkung nach Satz 1 - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht ein. Vielmehr betont Satz 2 die Aussage von Satz 1 und verdeutlicht durch die Verwendung des Wortes "auch", dass die Abrechnungsbeschränkung sogar dann gelten soll, wenn mehrere Vertragsärzte in die Betreuung eingebunden sind. Satz 2 stellt somit eine Konkretisierung von Satz 1 dar. Ergänzend enthält der Klammerzusatz zu Satz 2 eine - wie durch die Verwendung der Formulierung "z. B." zum Ausdruck kommt - nicht abschließende Auflistung von Fällen der Einbindung mehrerer Vertragsärzte in die Betreuung, in denen ausdrücklich dennoch nur eine einmalige Abrechnung der Nr 01770 EBM-Ä je Quartal und schwangerer Frau erfolgen darf. Dies sind neben der Vertretung und dem Notfall namentlich die Fälle der Mit- oder Weiterbehandlung. Hierdurch wird zum Ausdruck gebracht, dass nicht nur die eher punktuelle Einbindung in die Betreuung wie etwa im Falle der Vertretung oder des Notfalls die mehrfache Abrechnung der Nr 01770 EBM-Ä ausschließt, sondern dies auch dann gelten soll, wenn - wie bei der Mit- oder Weiterbehandlung - durch den weiteren Arzt uU längerfristig eine Betreuung der Schwangeren erfolgt.

27

Der EBM-Ä definiert zwar die Begriffe "Mitbehandlung" und "Weiterbehandlung" nicht. Dem Sprachgebrauch nach ist jedoch unter einer "Weiterbehandlung" eine "weitere, die bisherige Behandlung fortsetzende Behandlung" zu verstehen. Nach § 24 Abs 7 Nr 4 BMV-Ä idF vom 1.10.2013 (dieser entspricht § 24 Abs 7 Nr 4 BMV-Ä, Stand: 2.3.2006) wird bei einer Überweisung zur Weiterbehandlung die gesamte diagnostische und therapeutische Tätigkeit dem weiterbehandelnden Vertragsarzt übertragen (§ 24 Abs 7 Nr 4 BMV-Ä). Demgegenüber erfolgt eine Überweisung zur Mitbehandlung nach § 24 Abs 7 Nr 3 BMV-Ä idF vom 1.10.2013 zur gebietsbezogenen Erbringung begleitender oder ergänzender diagnostischer oder therapeutischer Maßnahmen, über deren Art und Umfang der Vertragsarzt entscheidet, an den überwiesen wurde. Im letztgenannten Fall einer Mitbehandlung behandelt der zunächst tätig werdende Arzt den Patienten folglich auch weiterhin, während im Falle einer Weiterbehandlung künftig ausschließlich derjenige Arzt tätig wird, der die weitere Behandlung übernimmt. Durch die ausdrückliche Nennung der Weiterbehandlung kommt zum Ausdruck, dass eine mehrfache Abrechnung von Nr 01770 EBM-Ä auch in den einer Weiterbehandlung vergleichbaren Fällen ausgeschlossen sein soll, in denen die Betreuung der Schwangeren durch mehrere zeitlich nacheinander tätig werdende Vertragsärzte erfolgt.

28

Deutlich wird vor diesem Hintergrund zugleich, dass die Auffassung der Beklagten, der Abrechnungsausschluss gelte nicht für mehrere eigenständige "Betreuungen", nicht in Einklang mit dem Wortlaut der Regelung steht (aA allerdings ohne Begründung Köhler/Hess, Kölner Kommentar zum EBM, Stand: 1.10.2013, zu Nr 01770 S 122; so im Anschluss daran - allerdings ebenfalls ohne nähere Begründung - wohl auch Bayerisches LSG Beschluss vom 30.7.2009 - L 12 B 1074/08 KA ER - Juris RdNr 20). Durch die Beispiele in dem Klammerzusatz zu Satz 2 wird klargestellt, dass auch etwa der Weiterbehandlung vergleichbare Fälle, in denen also nacheinander von mehreren Ärzten der Leistungsinhalt der Nr 01770 EBM-Ä erbracht wird, von dem Abrechnungsausschluss erfasst sein sollen. Dabei handelt es sich indes gerade um "mehrere Betreuungen" im Sinne der Auffassung der Beklagten. Insoweit kann auch aus der Formulierung "eingebunden" in Abs 3 Satz 2 der Regelung nichts anderes abgeleitet werden, da Einbindung nicht meinen kann, dass die Betreuung - verstanden als Erbringung des Leistungsinhalts - durch mehrere Vertragsärzte erfolgen kann. Ein anderes Ergebnis wäre widersprüchlich. Um Nr 01770 EBM-Ä abrechnen zu können, muss, wie bei jeder Leistungsziffer des EBM-Ä, grundsätzlich der vollständige Leistungsinhalt durch den Vertragsarzt erfüllt werden. Der Hinweis in Satz 2 hat somit von vornherein nur Bedeutung, wenn die angesprochenen "mehreren Vertragsärzte" jeweils den gesamten Leistungsinhalt erbracht haben. Insoweit bestehen erhebliche Zweifel, ob dies im Rahmen eines Notfalls oder einer Vertretung möglich ist, da in Nr 01770 EBM-Ä gerade keine Einzelleistung, sondern ein umfassender Leistungskomplex beschrieben wird. Dies führt allerdings nicht dazu, dass die Formulierung "Betreuung" in Satz 1 aufgrund einer Zusammenschau mit Satz 2, insbesondere aufgrund des Klammerzusatzes, so - wie von der Beklagten vorgeschlagen - zu verstehen wäre, dass "mehrere Betreuungen" in einem Quartal die mehrfache Abrechnung der Leistungsziffer auslösen könnten. Dieses Verständnis zu Grunde gelegt, wäre Abs 3 der Nr 01770 EBM-Ä, worauf die Klägerin zutreffend hingewiesen hat, vielmehr insgesamt überflüssig. Ausreichend wäre in diesem Fall der in Abs 1 enthaltene Verweis auf die einmalige Abrechenbarkeit im Behandlungsfall (zur Definition des Behandlungsfalles s § 21 Abs 1 BMV-Ä).

29

Entgegen der Ansicht der Beklagten lässt sich dem Wortlaut von Nr 01770 Abs 3 Satz 2 EBM-Ä auch nicht entnehmen, dass Voraussetzung für den Abrechnungsausschluss die Kenntnis des die Behandlung übernehmenden Arztes von der Vorbehandlung sei, mit der Folge, dass dieser nicht greife, wenn der weitere Vertragsarzt hiervon keine Kenntnis habe. Der Leistungslegende ist kein derartiges Wissenselement zu entnehmen. Durch die Verwendung der Formulierung "z. B." in dem Klammerzusatz wird vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass auch andere Formen der Betreuung durch mehrere Vertragsärzte erfasst sein sollen. Hätten solche Betreuungen, die in Unkenntnis der "Vor-" oder Mitbetreuung erfolgen, von dem Abrechnungsverbot ausgenommen werden sollen, hätte es eines entsprechenden Zusatzes bedurft. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der eingangs erläuterten Rechtsprechungsgrundsätze zur Auslegung der Gebührenordnung, die sowohl zum Zeitpunkt der Beschränkung der Abrechenbarkeit der damaligen Nr 100 EBM-Ä (der heutigen Nr 01770 EBM-Ä) zum Quartal III/1996 auf einmal je Behandlungsfall als auch insbesondere zum Zeitpunkt der Formulierung des im Wesentlichen (später wurde mit Wirkung zum Quartal II/2005 nur noch der Klammerzusatz um den "Notfall" ergänzt) heute noch geltenden Abs 3 zum Quartal III/1997 bereits etabliert und den Normgebern des EBM-Ä nach § 87 Abs 1 SGB V folglich bekannt waren(vgl nur bereits BSGE 46, 140, 143 = SozR 5533 Nr 45 Nr 1 S 4 mwN).

30

(2) Unabhängig von dem Umstand, dass in Anwendung der eingangs genannten Grundsätze wegen des eindeutigen Wortlauts kein Raum mehr für eine entstehungsgeschichtliche Auslegung ist, würde eine solche zu keinem anderen Ergebnis führen. Insoweit kann auch offenbleiben, ob die Begründung des Arbeitsausschusses des BewA aus dessen 138. Sitzung vom 18.2.1997 zu der Ergänzung von Nr 100 EBM-Ä um Abs 3 überhaupt im Sinne der eingangs genannten Rechtsprechung des Senats als "Dokument, in dem die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben" angesehen werden und damit zu einer entstehungsgeschichtlichen Auslegung herangezogen werden kann. Vorgenannter Begründung ist zu entnehmen, dass Nr 100 EBM-Ä bei Einführung der Praxisbudgets zum 1.7.1997 als nicht budgetierte Einzelleistung berechnungsfähig blieb. "Deswegen" sollte "unmissverständlich klargestellt werden, dass die pauschal vergütete Betreuung einer Schwangeren jeweils nur von dem die Schwangere betreuenden Arzt abgerechnet werden kann." Bis dato sei es häufig zu Fehlinterpretationen, insbesondere bei Mit- oder Weiterbehandlungen, gekommen.

31

Weil gerade die erwähnten Fehlinterpretationen vermieden werden sollten, wird erkennbar, dass durch den in Abs 3 Satz 2 der Regelung normierten Klammerzusatz gerade keine Einschränkung von Abs 3 Satz 1, sondern vielmehr eine Klarstellung im bereits aufgezeigten Sinn erreicht werden sollte. Unterstützt wird damit die sich aus dem Wortlaut ergebende Auslegung, wonach Satz 2 der Betonung und Verdeutlichung der in Satz 1 genannten Aussage dienen soll. Zudem ergibt sich aus dem ersten Teil der Begründung, wonach "unmissverständlich" die nur einmalige Abrechenbarkeit der damaligen Nr 100 EBM-Ä (aF) klargestellt werden sollte, dass dies ausnahmslos gelten soll. Deutlich wird diese Intention auch durch den Verweis darauf, dass Nr 100 EBM-Ä (aF) bei Einführung der Praxisbudgets als nicht in ein Budget einbezogene Einzelleistung berechnungsfähig bleiben und "deswegen" die Klarstellung erfolgen sollte. Die Privilegierung, die die Leistungen aufgrund der nicht erfolgten Budgetierung erfahren, sollte erkennbar nur einem Vertragsarzt zukommen. Das war und ist im Hinblick auf den Charakter der Leistung nach Nr 01770 EBM-Ä sachgerecht.

32

Zum Leistungsinhalt gehören neben Beratungen und Untersuchungen gemäß den Mutterschafts-Richtlinien, Ultraschalluntersuchungen nach Anlage 1a und 1b der Mutterschafts-Richtlinien sowie Bilddokumentation(en). In Teil A der Mutterschafts-Richtlinien (idF vom 10.12.1985, zuletzt geändert am 24.3.2003, BAnz Nr 126 vom 11.7.2003 S 14906, in Kraft getreten am 12.7.2003) sind die "Untersuchungen und Beratungen" während der Schwangerschaft näher konkretisiert. Insbesondere handelt es sich dabei um eine umfassende Anamnese (Familien-, Eigen-, Schwangerschafts- sowie Arbeits- und Sozialanamnese, Nr 2a), eine Allgemein- und gynäkologische Untersuchung (Nr 2b), Gewichtskontrolle, Blutdruckmessung, Untersuchung des Mittelstrahlurins auf Eiweiß, Zucker und Sediment, Hämoglobinbestimmung (im Regelfall ab dem 6. Monat), Kontrolle des Standes der Gebärmutter, der kindlichen Herzaktion, Feststellung der Lage des Kindes (Nr 4) und ein Ultraschallscreening entsprechend der Anlage 1a (Nr 5). Ergeben sich aus dem Screening auffällige Befunde, insbesondere bei den in Anlage 1b aufgeführten Indikationen, sind diese Kontroll-Untersuchungen auch außerhalb der vorgegebenen Untersuchungszeiträume als Bestandteil des Screenings durchzuführen (ebenfalls Nr 5). Nr 100 EBM-Ä stellte demnach eine Pauschale dar, durch die der standardisierte, in der Regel bei allen Schwangeren zu erbringende "Aufwand" in Form von Untersuchungen und Beratungen, die gesamte Dokumentation sowie die Standardlabordiagnostik (vgl auch Köhler/Hess, Kölner Kommentar zum EBM, Stand: 1.10.2013, zu Nr 01770 S 120) als Leistungen der Prävention insgesamt abgegolten werden soll. Diese ist insoweit aber "privilegiert", als dass sie als nicht budgetierte Leistung und zudem - aufgrund der Erfassung mehrerer Leistungen mit der Komplexvergütung - mit einer verhältnismäßig hohen Punktzahl vergütet werden sollte (zunächst war Nr 100 EBM-Ä mit 1850 Punkten, im streitgegenständlichen Quartal war die Nr 01770 EBM-Ä mit 2280 Punkten bewertet; aktuell sind nur noch 1093 Punkte vorgesehen). Der Umstand, dass "deswegen" die unmissverständliche Klarstellung der nur einmal möglichen Abrechenbarkeit erfolgen sollte, lässt erkennen, dass hier gerade aufgrund der vorgenannten "Privilegierung" eine Fallvermehrung durch Einbindung weiterer Vertragsärzte in die Grundbetreuung der Schwangeren vermieden und über die Vergütung sichergestellt werden sollte, dass die Leistungserbringung allein durch einen Vertragsarzt erfolgt.

33

(3) Auch eine systematische Auslegung würde ebenfalls nicht zu dem Ergebnis führen, dass in bestimmten Konstellationen eine Mehrfachabrechnung der Nr 01770 EBM-Ä möglich ist. Wegen der bereits erwähnten gebotenen Zurückhaltung der Gerichte bei der Auslegung von Gebührenordnungen kann eine systematische Interpretation lediglich im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Gebührenregelungen erfolgen (BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4 mwN).

34

Die in einem inneren Zusammenhang mit Nr 01770 EBM-Ä stehenden Ziffern des Kapitels 1.7.4 (Mutterschaftsvorsorge) liefern keine Hinweise für eine systematische Auslegung mit dem von der Beklagten für richtig gehaltenen Ergebnis. Die nachfolgenden Nrn 01772 bis 01775 EBM-Ä haben die weiterführenden Sonographien nach Anlagen 1c und 1d der Mutterschafts-Richtlinien zum Gegenstand, die über die von Nr 01770 EBM-Ä erfassten Untersuchungen hinaus zur Abklärung bestimmter fetaler Merkmale oder konkreter pathologischer Befunde notwendig sind und damit nicht mehr dem standardisierten Bereich zugeordnet werden können. Es handelt sich hierbei folglich weder um der Nr 01770 EBM-Ä vergleichbare Komplexvergütungen noch findet sich eine vergleichbare Abrechnungsbeschränkung. Allein verdeutlicht wird, dass Nr 01770 EBM-Ä in einem Komplex diejenigen Leistungen umfasst, die regelhaft bei jeder Schwangerschaft durchzuführen sind, während andere Untersuchungen, wie etwa die nach Nr 01772 EBM-Ä abrechenbare "weiterführende sonographische Diagnostik I", eigenständig abrechenbar sind. Sind aber die "Grundleistungen" in einem nicht aufteilbaren Komplex zusammengefasst und erstreckt sich die Erbringung dieser Leistungen aufgrund der zeitlichen Vorgaben in den Mutterschafts-Richtlinien zwangsläufig über einen längeren Zeitraum, liegt es auf der Hand, dass dieser Komplex von einem Vertragsarzt erbracht werden soll, der diesen entsprechend nur einmal je Quartal abrechnen können soll.

35

(4) Schließlich steht der Auffassung der Beklagten auch der eingangs genannte Grundsatz entgegen, wonach die Gerichte grundsätzlich nicht mit punktuellen Entscheidungen in das Gefüge des EBM-Ä eingreifen dürfen (vgl nur BSG SozR 5530 Allg Nr 1 S 4; BSGE 46, 140, 143 = SozR 5533 Nr 45 Nr 1 S 4; BSGE 58, 35, 37 f = SozR 5557 Nr 1 Nr 1 S 3 f; BSG Urteil vom 5.5.1988 - 6 RKa 13/87 - Juris RdNr 13; BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 22; BSG Beschluss vom 21.10.1992 - 6 BKa 2/92 - Juris RdNr 6; BSGE 83, 205, 208 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 214). Ausnahmen davon hat der Senat nur für seltene Fälle als denkbar erachtet, in denen die zur Bewertung der ärztlichen Leistungen berufenen Selbstverwaltungsorgane ihren Regelungsspielraum überschritten oder ihre Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgeübt haben (etwa BSG SozR 5530 Allg Nr 1 S 4; BSG SozR 3-5533 Nr 115 Nr 1 S 2 mwN; BSGE 83, 218, 220 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 109 mwN; BSGE 83, 205, 208 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 214 f; BSG Urteil vom 26.1.2000 - B 6 KA 59/98 R - Juris RdNr 18). Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich die Selbstverwaltungsorgane bei dem ihnen aufgetragenen Interessenausgleich von sachfremden Erwägungen haben leiten lassen, indem sie etwa eine ärztliche Minderheitsgruppe bei der Honorierung willkürlich benachteiligt haben (BSG SozR 5530 Allg Nr 1 S 4; BSG SozR 3-5533 Nr 115 Nr 1 S 2; BSGE 83, 218, 220 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 109 mwN). Ein solcher Verstoß der Regelung gegen das Gleichbehandlungsgebot nach Art 3 Abs 1 GG würde jedoch nicht die Nichtigkeit der Regelung begründen, sondern nur ihre Unvereinbarkeit mit dem GG. Dem Normgeber wäre zunächst Gelegenheit zu einer Neuregelung zu geben, bevor eine abschließende Entscheidung ergehen könnte (ausführlich BSGE 83, 218, 223 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 113; vgl jüngst auch BSG SozR 4-2500 § 135 Nr 20 RdNr 46 ff, auch für BSGE vorgesehen).

36

Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Zwar führt der Abrechnungsausschluss dazu, dass ein Vertragsarzt, der - gleich aus welchen Gründen - in dem maßgeblichen Quartal den vollständigen Leistungsinhalt erbracht hat, diese umfassende Betreuung aber nicht als erster Vertragsarzt durchgeführt hat, die Leistung nach Nr 01770 EBM-Ä nicht abrechnen kann. Es ist jedoch weder ersichtlich, dass sachfremde Erwägungen maßgebend für den Abrechnungsausschluss gewesen wären noch führt dieser zu der Benachteiligung einer bestimmten ärztlichen Gruppe. Vielmehr sprechen sachliche Gründe dafür, die hoch bewertete Leistung als nur einmal berechnungsfähig auszugestalten. Durch die "Zusammenfassung" standardisierter Maßnahmen, die regelmäßig bei allen Schwangeren nach einem bestimmten zeitlichen Schema durchzuführen sind, will der BewA über die Vergütungsebene sicherstellen, dass die Beurteilung eines Schwangerschaftsrisikos gleichsam aus einer Hand erfolgt und eine gewisse Dauerhaftigkeit der ärztlichen Begleitung sichergestellt ist. Da erst nach Erfassung der anamnestischen Daten und Durchführung standardisierter Untersuchungen, wie der Ultraschalluntersuchungen nach Anlage 1a und 1b Mutterschafts-Richtlinien, die Zuordnung etwa zu einer Risikogruppe möglich ist und so die weitere Betreuung organisiert werden kann, erweist sich dieser Gedanke als sachgerecht. Im Übrigen korrespondiert diese Einschränkung auf Vergütungsebene mit dem Rechtsgedanken des § 76 Abs 1 Satz 1, Abs 3 Satz 1 SGB V, wonach Versicherte zwar grundsätzlich unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern frei wählen können, jedoch innerhalb eines Kalendervierteljahres den Arzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln sollen.

37

Durch den Abrechnungsausschluss wird auch nicht eine Minderheitsgruppe benachteiligt. Gemäß Nr 3 der Präambel zu Nr 1.7 EBM-Ä sind die Leistungen ua des Abschnitts 1.7.4 grundsätzlich nur von Fachärzten für Frauenheilkunde berechnungsfähig; die von diesem Grundsatz vorgesehenen Ausnahmen greifen bezüglich Nr 01770 EBM-Ä nicht. Diese dem Grunde nach zur Berechnung der Nr 01770 EBM-Ä berechtigten Fachärzte sind indes gleichermaßen von der Regelung betroffen, da der Abrechnungsausschluss nicht auf die Zugehörigkeit zu einer ärztlichen Gruppe abstellt. Maßgeblich für den Abrechnungsausschluss ist vielmehr, ob der Vertragsarzt als Erster in dem jeweiligen Quartal die Schwangere betreut und den obligaten Leistungsinhalt der Nr 01770 EBM-Ä in dem jeweiligen Quartal erbracht hat; betroffen sind also alle Ärzte der Gruppe in grundsätzlich gleichem Maße.

38

Zu berücksichtigen ist schließlich, dass sich der Vertragsarzt vor einer Erbringung der Leistungen in Unkenntnis des Umstandes, dass diese schon durch einen anderen Arzt erbracht sind, jedenfalls in gewissem Umfang durch eine Einsichtnahme in den Mutterpass und die Befragung der Versicherten selbst schützen kann. Gemäß Teil H Nr 1 der Mutterschafts-Richtlinien in der hier maßgeblichen Fassung vom 10.12.1985, zuletzt geändert am 24.3.2003, stellt der Arzt nach Feststellung der Schwangerschaft einen Mutterpass aus, sofern die Schwangere einen solchen nicht bereits besitzt. Nach diesem richten sich gemäß Teil H Nr 2 der Mutterschafts-Richtlinien die von dem Arzt vorzunehmenden Eintragungen der Ergebnisse der Untersuchungen im Rahmen der ärztlichen Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung. Durch Einsichtnahme in den Mutterpass kann der Vertragsarzt folglich grundsätzlich erkennen, ob die durch Nr 01770 EBM-Ä erfassten standardisierten Untersuchungen in dem entsprechenden Quartal schon erbracht wurden. Zwar lässt sich auf diese Weise nicht ausschließen, dass im Einzelfall eine Versicherte vorgibt, einen solchen (noch) nicht zu haben. Dieses theoretisch mögliche Fehlverhalten einer Versicherten belegt jedoch nicht, dass der BewA durch den generellen Ausschluss der Doppelabrechnung der Nr 01770 EBM-Ä seinen Bewertungsspielraum überschritten hätte. Kann der Vertragsarzt anhand des Mutterpasses im Regelfall nachvollziehen, dass die von Nr 01770 EBM-Ä umfassten Leistungen in dem entsprechenden Quartal (ganz oder teilweise) bereits erbracht wurden, dürfte die nochmalige Erbringung der Leistung unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebotes (§ 2 Abs 4, § 12 SGB V) zum einen nicht geboten sein, zum anderen kann der Vertragsarzt die Schwangere unter Berücksichtigung des § 76 Abs 3 SGB V in der Regel für das entsprechende Quartal auf den bisher die standardisierte Betreuung durchführenden Arzt verweisen, sofern kein Notfall vorliegt. Die Krankenkassen sind gehalten, diesen Zusammenhang auch ihren Versicherten zu verdeutlichen und sie dahingehend zu informieren, dass diese den Zweitbehandler darüber in Kenntnis setzen sollen, dass eine ärztliche Schwangerschaftsfeststellung schon erfolgt ist, und dass der für die Fortführung der Behandlung ausgewählte Vertragsarzt nicht generell rechtswidrig handelt, wenn er die umfassende Begleitung der Schwangerschaft erst mit Beginn des Folgequartals übernehmen will.

39

(5) Schließlich führt der Abrechnungsausschluss auch nicht dazu, dass erbrachte Leistungen nicht angemessen vergütet würden. Im Hinblick auf die vorrangige Funktionszuweisung an den BewA nach § 87 SGB V, den Inhalt der abrechenbaren Leistungen und ihre Punktzahlen zu bestimmen, sowie an die Vertragsparteien der Gesamtverträge, nach Maßgabe des § 85 Abs 3 SGB V aF die Gesamtvergütungen zu bemessen, kann das Niveau von Vergütungen erst dann von den Gerichten beanstandet werden, wenn die Funktionsfähigkeit der Versorgung mangels ausreichenden Anreizes, vertragsärztlich tätig zu werden, gefährdet wäre(vgl BSGE 75, 187, 189 f = SozR 3-2500 § 72 Nr 5 S 6 f; BSGE 78, 191, 199 = SozR 3-2200 § 368i Nr 1 S 10; BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 5 f mwN). Da die Vergütung nicht für jede Leistung kostendeckend sein muss und sich die Frage der Kostendeckung auch nicht auf die bei einem einzelnen Arzt anfallenden Kosten beziehen kann, ergibt sich selbst aus einer etwaigen Kostenunterdeckung bei einzelnen Leistungen kein zwingender Grund für eine bestimmte Auslegung des Gebührentatbestandes (BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 6).

40

Der Abrechnungsausschluss in Nr 01770 EBM-Ä hat nicht zur Folge, dass erbrachte Leistungen nicht abgerechnet werden könnten oder nur eine unangemessene Vergütung iS von § 72 Abs 2, § 85 Abs 3 SGB V gewährt würde. In der Präambel zu Nr 1.7.4 EBM-Ä wird klargestellt, dass "Leistungen der Mutterschaftsvorsorge, die bei Vertretung, im Notfall oder bei Mit- bzw. Weiterbehandlung erbracht werden, … nach den kurativen Leistungspositionen berechnungsfähig [sind], wobei die nach Maßgabe der Kassenärztlichen Vereinigung für präventive Leistungen vorgegebene Kennzeichnung zu beachten ist". Unabhängig von dem Umstand, dass dies auch für alle anderen aufgrund des Abrechnungsausschlusses nach Abs 3 von einer weiteren Abrechnung der Leistungsposition ausgeschlossenen Konstellationen dem Grunde nach gelten muss, wird hierdurch zum Ausdruck gebracht, dass in diesen Fällen weitere Abrechnungsmöglichkeiten bestehen. Wie bereits dargelegt, umfasst der obligate Leistungsinhalt der Nr 01770 EBM-Ä neben den allgemeinen Beratungen und Untersuchungen insbesondere Ultraschalluntersuchungen. Die Einzelleistungen der Ultraschalldiagnostik sind nach Kapitel 33 und damit grundsätzlich nach den dort normierten Positionen berechnungsfähig. In Betracht kommen hier insbesondere die Nrn 33043 (Sonographische Untersuchung eines oder mehrerer Uro-Genital-Organe mittels B-Mode-Verfahren, 230 Punkte im Quartal II/2007) und 33044 EBM-Ä (Sonographische Untersuchung eines oder mehrerer weiblicher Genitalorgane, ggf. einschließlich Harnblase, mittels B-Mode-Verfahren, 380 Punkte im Quartal II/2007), die dementsprechend nicht neben Nr 01770 EBM-Ä berechnungsfähig sind. Laborleistungen können grundsätzlich nach den Positionen des Kapitels 32 (Laboratoriumsmedizin, Molekulargenetik und Molekularpathologie) berechnet werden, etwa Nr 32031 EBM-Ä (Mikroskopische Untersuchung des Harns auf morphologische Bestandteile). Vor diesem Hintergrund liegt der seitens der zu 1. beigeladenen KÄBV gerügte Verstoß gegen Art 12 Abs 1 GG und gegen Art 20 GG erkennbar nicht vor.

41

Im Ergebnis ist der Abrechnungsausschluss damit nicht zu beanstanden. Namentlich entspricht es dem in § 76 Abs 3 Satz 1 SGB V zum Ausdruck kommenden Quartalsbindungsgedanken, dass die von Nr 01770 EBM-Ä erfassten Komplexleistungen in einem Quartal von nur einem Vertragsarzt erbracht und entsprechend berechnet werden können. Soweit § 76 Abs 3 Satz 1 SGB V von dieser grundsätzlichen Bindung eine Ausnahme bei Vorliegen eines wichtigen Grundes vorsieht, enthält Nr 01770 EBM-Ä indes kein entsprechendes Korrelat. Insoweit könnte es sachgerecht sein, diesen Gedanken auch auf Nr 01770 EBM-Ä zu übertragen und (bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen) eine wiederholte Berechnung von Nr 01770 EBM-Ä ausnahmsweise dann zu erlauben, wenn die Versicherte zwar zunächst von einem - zur Berechnung der Nr 01770 EBM-Ä berechtigten - Vertragsarzt behandelt wird, jedoch aus einem wichtigen Grund iS von § 76 Abs 3 Satz 1 SGB V während des Quartals den betreuenden Arzt wechselt. Ein solcher Grund kann etwa vorliegen, wenn der Versicherten eine weitere Behandlung nicht mehr zumutbar ist (s BSG SozR 4-5555 § 15 Nr 1 RdNr 17), weil etwa das Vertrauensverhältnis zu dem behandelnden Arzt objektiv zerstört ist. Eine solche Ausnahme wäre insbesondere vor dem Hintergrund zu erwägen, dass die standardisierten Leistungen bei Schwangeren nach einem festen zeitlichen Schema zu erfolgen haben, der Schwangeren also nach einer massiven Störung des Vertrauensverhältnisses zum "Erstbehandler" möglicherweise nicht stets zugemutet werden kann, den Beginn des folgenden Quartals abzuwarten und erst dann den behandelnden Arzt zu wechseln. Es ist Sache des BewA, die für und gegen eine derartige Ausnahme von generellen Abrechnungsausschluss sprechenden Gesichtspunkte zu bewerten. In Betracht kommt dabei auch, die punktzahlmäßige Bewertung der Betreuungsleistungen des "Zweitbehandlers" zu vermindern, um von vornherein keine Anreize zu einem arztinduzierten Behandlerwechsel zu geben.

42

E. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO); eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 95 614 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Im Streit ist eine sachlich-rechnerische Richtigstellung und Honorarrückforderung für die Quartale II/2001 bis II/2003. Die Klägerin ist eine gynäkologische Gemeinschaftspraxis, die ein zytologisches Labor betreibt. Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung stellte in einer Plausibilitätsprüfung einen deutlichen Anstieg der nach der Nummer 4950 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) abgerechneten Leistungen fest. Sie kürzte daher mit Bescheid vom 1.3.2004 die Honoraransprüche der Klägerin für die streitbefangenen Quartale um insgesamt 95 613,77 Euro. Es sei festzustellen, dass in allen Quartalen zu nahezu 100 % die Nummer 4950 EBM-Ä (zytologische Untersuchung eines oder mehrerer speziell gefärbter Abstriche zur Diagnostik der hormonellen Funktion) zusammen mit der Nummer 4951 EBM-Ä (zytologische Untersuchung eines oder mehrerer Abstriche, auch Bürstenabstriche, von Ekto- und/oder Endozervix) abgerechnet worden sei. Aus dem eindeutigen Wortlaut der Leistungslegende der Nummer 4951 EBM-Ä ergebe sich, dass auch mehrere Abstriche von Ekto- und/oder Endozervix nur ein "Material" darstellten. Bei Untersuchungen an demselben Material sei aber die Leistung nach Nr 4950 EBM-Ä neben der Leistung nach Nr 4951 EBM-Ä nicht berechnungsfähig. Widerspruch, Klage und Berufung hiergegen sind erfolglos geblieben. In dem angefochtenen Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG führt das LSG aus, der Begriff "dasselbe Material" in der Nummer 4951 EBM-Ä den Stoff meine, der bereits Gegenstand der Abrechnung unter der Nummer 4950 EBM-Ä gewesen sei. Nach dieser Ziffer werde die "zytologische Untersuchung eines oder mehrerer Abstriche … von Ekto- und/oder Endozervix " zusammenfassend mit 140 Punkten bewertet. Der Anregung der Klägerin, zur Frage "desselben Materials" ein Sachverständigengutachten einzuholen, sei nicht nachzugehen gewesen, weil es nicht entscheidend auf medizinische Gesichtspunkte, sondern auf die rechtlichen Vorgaben des EBM-Ä ankomme.

2

Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, zu deren Begründung sie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) sowie einen Verfahrensfehler rügt (§ 160 Abs 1 Nr 3 SGG).

3

II. Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung oder eines Verfahrensmangels sind nicht gegeben.

4

1. Bei einer die Amtsermittlungspflicht des Gerichts nach § 103 SGG betreffenden Beanstandung muss ein Beweisantrag genannt und dazu ausgeführt werden, dass das LSG diesem ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Darzulegen ist ferner, dass der Beweisantrag im Berufungsverfahren noch zusammen mit den Sachanträgen gestellt oder sonst aufrechterhalten worden ist. Die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde erfordert die genaue Bezeichnung des Beweisantrages, die schlüssige Darstellung des den Mangel ergebenden Sachverhalts und Ausführungen zur Aufklärungspflicht des Gerichts (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 160 RdNr 18 ff). Ausgehend von einem prozessordnungsgerechten Beweisantrag liegt eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nicht vor. Das LSG hat vielmehr zu Recht ausgeführt, dass es der Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht bedurfte, weil es sich bei der Auslegung der Leistungslegende um eine Rechtsfrage und nicht um eine medizinische Frage handelt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats, auf die auch das LSG Bezug genommen hat, ist für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich (vgl zuletzt BSG, Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 34/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG SozR 4-5531 Nr 7120 Nr 1 RdNr 11). Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12; SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 11 und Nr 10 RdNr 10, jeweils mwN). Sind danach allein maßgeblich juristische Auslegungsmethoden, tritt die medizinische Beurteilung in den Hintergrund. Selbst im medizinischen Sinne unterschiedliche Materialien können im maßgeblichen rechtlichen Sinne als dasselbe Material angesehen werden. Die Ergebnisse eines medizinischen Sachverständigengutachtens wären damit nicht entscheidungserheblich gewesen.

5

2. Auch der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache liegt nicht vor. Für die Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache muss gemäß den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Darlegungsanforderungen in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung bezeichnet(vgl BVerfGE 91, 93, 107 = SozR 3-5870 § 10 Nr 5 S 31; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 37 f) und ausgeführt werden, inwiefern diese Rechtsfrage in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich (klärungsfähig) sowie klärungsbedürftig ist. Es muss ersichtlich sein, dass sich die Antwort nicht ohne Weiteres aus der bisherigen Rechtsprechung ergibt.

6

Die von der Klägerin aufgeworfene Frage:

        

"Ist bei der Entnahme von Abstrichen der Endo- und Ektozervix eine parallele Abrechnung der Ziffern 4950 und 4951 möglich, weil es sich nicht um dasselbe Material im Sinne des EBM-Ä handelt?"

ist zwar noch nicht ausdrücklich höchstrichterlich geklärt. Angesichts der Nachfolgeregelungen in Nr 19331 und 19311 EBM-Ä betrifft sie auch nicht nur sog ausgelaufenes Recht. Der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf es aber nicht, weil die Grundsätze der Auslegung von Vergütungstatbeständen in der Rechtsprechung des Senats geklärt sind. Aus der richtigen oder falschen Anwendung dieser Grundsätze auf einzelne Gebührennummern kann sich eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Regelfall nicht ergeben (vgl Beschlüsse vom 16.5.2001 - B 6 KA 15/01 B - und vom 13.12.2000 - B 6 KA 30/00 B - Juris). Darüber hinaus kann die Frage anhand der Auslegungskriterien eindeutig beantwortet werden. Das LSG hat insofern zutreffend aus dem Wortlaut der Nummer 4951 EBM-Ä gefolgert, dass die Leistung auch dann nur einmal abgerechnet werden kann, wenn mehrere Abstriche von Ekto- und Endozervix untersucht wurden. Werden diese somit rechtlich durch die EBM-Ä-Ziffer zusammengefasst, sind sie - unabhängig von der medizinischen Klassifizierung - rechtlich als "dasselbe Material" im Sinne des Zusatzes zu Nr 4951 anzusehen.

7

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt die Klägerin die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO).

8

4. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Seine Bemessung erfolgt entsprechend dem streitigen Regressbetrag.

(1) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen vereinbaren mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen durch Bewertungsausschüsse als Bestandteil der Bundesmantelverträge einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen und einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die zahnärztlichen Leistungen, im ärztlichen Bereich einschließlich der Sachkosten. In den Bundesmantelverträgen sind auch die Regelungen, die zur Organisation der vertragsärztlichen Versorgung notwendig sind, insbesondere Vordrucke und Nachweise, zu vereinbaren. Bei der Gestaltung der Arzneiverordnungsblätter ist § 73 Abs. 5 zu beachten. Die Arzneiverordnungsblätter sind so zu gestalten, daß bis zu drei Verordnungen je Verordnungsblatt möglich sind. Dabei ist für jede Verordnung ein Feld für die Auftragung des Kennzeichens nach § 300 Abs. 1 Nr. 1 sowie ein weiteres Feld vorzusehen, in dem der Arzt seine Entscheidung nach § 73 Abs. 5 durch Ankreuzen kenntlich machen kann. Die für eine Verordnung nach § 37 Absatz 8 zu verwendenden Vordrucke und Nachweise sind so zu gestalten, dass sie von den übrigen Verordnungen nach § 37 zu unterscheiden sind. Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen prüfen, inwieweit bislang papiergebundene Verfahren zur Organisation der vertragsärztlichen Versorgung durch elektronische Kommunikationsverfahren ersetzt werden können. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen regeln in dem Bundesmantelvertrag für Zahnärzte bis zum 31. Dezember 2019 das Nähere zu einem elektronischen Beantragungs- und Genehmigungsverfahren für bewilligungspflichtige zahnärztliche Leistungen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen können die an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer durch Regelungen im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte dazu verpflichten, die für die Beantragung von bewilligungspflichtigen Leistungen notwendigen Angaben an die jeweilige Kassenzahnärztliche Vereinigung und an die jeweilige Krankenkasse im Wege elektronischer Datenübertragung zu übermitteln. Zur Durchführung der elektronischen Antrags- und Genehmigungsverfahren sind die an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer befugt, die hierfür erforderlichen versichertenbezogene Angaben an die jeweilige Kassenzahnärztliche Vereinigung und an die jeweilige Krankenkasse zu übermitteln. Die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung ist befugt, die für die Durchführung der elektronischen Antrags- und Genehmigungsverfahren erforderlichen versicherungsbezogenen übermittelten Angaben zu verarbeiten. Für die Übermittlung digitaler Vordrucke und Nachweise sind die Dienste der Telematikinfrastruktur zu nutzen, sobald diese zur Verfügung stehen. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen ist mit Wirkung zum 1. Januar 2021 vorzusehen, dass Leistungen nach § 346 Absatz 1 Satz 1 und 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der Verarbeitung medizinischer Daten in der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2022 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen vorzusehen, dass Leistungen nach § 346 Absatz 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der erstmaligen Befüllung der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen ist vorzusehen, dass Leistungen im aktuellen Behandlungskontext zur Aktualisierung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 sowie Leistungen zur Aktualisierung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 und 7 zusätzlich vergütet werden.

(1a) In dem Bundesmantelvertrag haben die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen festzulegen, dass die Kosten für Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit die gewählte Versorgung der Regelversorgung nach § 56 Abs. 2 entspricht, gegenüber den Versicherten nach Absatz 2 abzurechnen sind. Darüber hinaus sind im Bundesmantelvertrag folgende Regelungen zu treffen: Der Vertragszahnarzt hat vor Beginn der Behandlung einen kostenfreien Heil- und Kostenplan zu erstellen, der den Befund, die Regelversorgung und die tatsächlich geplante Versorgung auch in den Fällen des § 55 Abs. 4 und 5 nach Art, Umfang und Kosten beinhaltet. Im Heil- und Kostenplan sind Angaben zum Herstellungsort des Zahnersatzes zu machen. Der Heil- und Kostenplan ist von der Krankenkasse vor Beginn der Behandlung insgesamt zu prüfen. Die Krankenkasse kann den Befund, die Versorgungsnotwendigkeit und die geplante Versorgung begutachten lassen. Bei bestehender Versorgungsnotwendigkeit bewilligt die Krankenkasse die Festzuschüsse gemäß § 55 Abs. 1 oder 2 entsprechend dem im Heil- und Kostenplan ausgewiesenen Befund. Nach Abschluss der Behandlung rechnet der Vertragszahnarzt die von der Krankenkasse bewilligten Festzuschüsse mit Ausnahme der Fälle des § 55 Abs. 5 mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung ab. Der Vertragszahnarzt hat bei Rechnungslegung eine Durchschrift der Rechnung des gewerblichen oder des praxiseigenen Labors über zahntechnische Leistungen und die Erklärung nach Anhang XIII Abschnitt 1 der Verordnung (EU) 2017/745 in der jeweils geltenden Fassung beizufügen. Der Bundesmantelvertrag regelt auch das Nähere zur Ausgestaltung des Heil- und Kostenplans, insbesondere muss aus dem Heil- und Kostenplan erkennbar sein, ob die zahntechnischen Leistungen von Zahnärzten erbracht werden oder nicht.

(1b) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren im Bundesmantelvertrag erstmals bis spätestens zum 30. Juni 2016 die Voraussetzungen für eine besonders qualifizierte und koordinierte palliativ-medizinische Versorgung. Im Bundesmantelvertrag sind insbesondere zu vereinbaren:

1.
Inhalte und Ziele der qualifizierten und koordinierten palliativ-medizinischen Versorgung und deren Abgrenzung zu anderen Leistungen,
2.
Anforderungen an die Qualifikation der ärztlichen Leistungserbringer,
3.
Anforderungen an die Koordination und interprofessionelle Strukturierung der Versorgungsabläufe sowie die aktive Kooperation mit den weiteren an der Palliativversorgung beteiligten Leistungserbringern, Einrichtungen und betreuenden Angehörigen,
4.
Maßnahmen zur Sicherung der Versorgungsqualität.
Der Bundesärztekammer und der Bundespsychotherapeutenkammer sowie den in § 92 Absatz 7b genannten Organisationen ist vor Abschluss der Vereinbarung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in den Entscheidungsprozess einzubeziehen. Auf der Grundlage der Vereinbarung hat der Bewertungsausschuss den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen nach Absatz 2 Satz 2 zu überprüfen und innerhalb von sechs Monaten nach dem in Satz 1 genannten Zeitpunkt anzupassen. Der Bewertungsausschuss hat dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre beginnend zum 31. Dezember 2023 über die Entwicklung der abgerechneten palliativ-medizinischen Leistungen auch in Kombination mit anderen vertragsärztlichen Leistungen, über die Zahl und Qualifikation der ärztlichen Leistungserbringer, über die Versorgungsqualität sowie über die Auswirkungen auf die Verordnung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung zu berichten. Das Bundesministerium für Gesundheit kann das Nähere zum Inhalt des Berichts und zu den dafür erforderlichen Auswertungen bestimmen.

(1c) Die Krankenkassen können in den in § 275 Absatz 1, 2 und 3 geregelten Fällen insbesondere

1.
bei kieferorthopädischen Maßnahmen,
2.
bei der Behandlung von Parodontopathien,
3.
bei der Versorgung von Zahnersatz und Zahnkronen, einschließlich der Prüfung der Gewährleistung nach § 136a Absatz 4 Satz 3,
4.
für implantologische Maßnahmen bei Ausnahmeindikationen gemäß § 28 Absatz 2 Satz 9
abweichend von § 275 Absatz 1, 2 und 3 statt einer gutachterlichen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes eine gutachterliche Stellungnahme im Wege des nach Satz 2 im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehene Gutachterverfahrens einholen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren im Bundesmantelvertrag das Nähere zu einem Gutachterverfahren für Zahnärzte insbesondere zur Bestellung der Gutachter, zur Einleitung des Gutachterverfahrens und zur Begutachtung sowie die Maßnahmen und Behandlungen die Gegenstand des Gutachtenverfahrens sein können. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen sowie für ihren regionalen Zuständigkeitsbereich die Partner der Gesamtverträge können vereinbaren, dass die Krankenkassen einheitlich für die im Bundesmantelvertrag näher bestimmten Maßnahmen und Behandlungen ausschließlich das nach Satz 2 vorgesehene Gutachterverfahren anwenden oder ausschließlich die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst vornehmen lassen. Der behandelnde Vertragszahnarzt ist verpflichtet, dem von der Krankenkasse benannten vertragszahnärztlichen Gutachter die für die gutachterliche Stellungnahme erforderlichen Daten zu übermitteln. Der vertragszahnärztliche Gutachter darf die vom Vertragszahnarzt übermittelten Daten nur zur Erstellung der in Satz 1 genannten gutachterlichen Stellungnahme verarbeiten. Im Übrigen gelten § 275 Absatz 5, § 276 Absatz 1, 2 Satz 2 und Absatz 3 und § 277 Absatz 1 Satz 1 bis 3 für das im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehene Gutachterwesen entsprechend.

(2) Der einheitliche Bewertungsmaßstab bestimmt den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander; soweit möglich, sind die Leistungen mit Angaben für den zur Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand des Vertragsarztes zu versehen; dies gilt nicht für vertragszahnärztliche Leistungen. Die Bewertungsmaßstäbe sind in bestimmten Zeitabständen auch daraufhin zu überprüfen, ob die Leistungsbeschreibungen und ihre Bewertungen noch dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik sowie dem Erfordernis der Rationalisierung im Rahmen wirtschaftlicher Leistungserbringung entsprechen, wobei in die Überprüfung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen auch die Regelung nach § 33 Absatz 9 erstmalig bis spätestens zum 31. Oktober 2012 einzubeziehen ist; bei der Bewertung der Leistungen ist insbesondere der Aspekt der wirtschaftlichen Nutzung der bei der Erbringung von Leistungen eingesetzten medizinisch-technischen Geräte zu berücksichtigen. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen sind die Bewertung der Leistungen nach Satz 1 und die Überprüfung der wirtschaftlichen Aspekte nach Satz 2, insbesondere bei medizinisch-technischen Geräten, unter Berücksichtigung der Besonderheiten der betroffenen Arztgruppen auf in bestimmten Zeitabständen zu aktualisierender betriebswirtschaftlicher Basis durchzuführen. Grundlage der Aktualisierung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen bilden grundsätzlich die vom Statistischen Bundesamt nach dem Gesetz über die Kostenstrukturstatistik bei Arzt- und Zahnarztpraxen sowie bei Praxen von psychologischen Psychotherapeuten erhobenen Daten der Kostenstruktur; ergänzend können sachgerechte Stichproben bei vertragsärztlichen Leistungserbringern verwendet werden. Der Bewertungsausschuss hat die nächste Überprüfung gemäß Satz 3 und die anschließende Aktualisierung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen spätestens bis zum 29. Februar 2020 mit der Maßgabe durchzuführen, insbesondere die Angemessenheit der Bewertung von Leistungen zu aktualisieren, die einen hohen technischen Leistungsanteil aufweisen. Hierzu legt der Bewertungsausschuss dem Bundesministerium für Gesundheit spätestens bis zum 31. August 2019 ein Konzept vor, wie er die verschiedenen Leistungsbereiche im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einschließlich der Sachkosten anpassen wird. Dabei soll die Bewertung der Leistungen mit einem hohen technischen Leistungsanteil, die in einem bestimmten Zeitraum erbracht werden, insgesamt so festgelegt werden, dass die Punkte, die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für diese Leistungen vergeben werden, ab einem bestimmten Schwellenwert mit zunehmender Menge sinken. Die Bewertung der Sachkosten kann abweichend von Satz 1 in Eurobeträgen bestimmt werden.

(2a) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen sind entsprechend der in § 73 Abs. 1 festgelegten Gliederung der vertragsärztlichen Versorgung in Leistungen der hausärztlichen und Leistungen der fachärztlichen Versorgung zu gliedern mit der Maßgabe, dass unbeschadet gemeinsam abrechenbarer Leistungen Leistungen der hausärztlichen Versorgung nur von den an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und Leistungen der fachärztlichen Versorgung nur von den an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten abgerechnet werden dürfen; die Leistungen der fachärztlichen Versorgung sind in der Weise zu gliedern, dass den einzelnen Facharztgruppen die von ihnen ausschließlich abrechenbaren Leistungen zugeordnet werden. Bei der Bestimmung der Arztgruppen nach Satz 1 ist der Versorgungsauftrag der jeweiligen Arztgruppe im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zugrunde zu legen. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen hat eine Regelung zu enthalten, nach der ärztliche Leistungen zur Diagnostik und ambulanten Eradikationstherapie einschließlich elektronischer Dokumentation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) vergütet werden. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit quartalsbezogen über Auswertungsergebnisse der Regelung nach Satz 3. Das Bundesministerium für Gesundheit kann das Nähere zum Inhalt des Berichts nach Satz 4 sowie zur Auswertung der anonymisierten Dokumentationen zum Zwecke der Versorgungsforschung und zur Förderung der Qualität bestimmen; es kann auch den Bewertungsausschuss mit der Vorlage des Berichts beauftragen. Im Übrigen gilt die Veröffentlichungspflicht gemäß § 135b Absatz 1 Satz 2. Bei der Überprüfung nach Absatz 2 Satz 2 prüfen der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a jeweils, in welchem Umfang ambulante telemedizinische Leistungen erbracht werden können; auf dieser Grundlage beschließen der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a jeweils, inwieweit der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen anzupassen ist. In die Überprüfung nach Absatz 2 Satz 2 ist auch einzubeziehen, in welchem Umfang die Durchführung von insbesondere telemedizinischen Fallbesprechungen im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen zum Kinder- und Jugendschutz nach § 73c angemessen vergütet werden kann; auf dieser Grundlage ist eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen zu beschließen. In die Überprüfung nach Absatz 2 Satz 2 ist auch einzubeziehen, in welchem Umfang delegationsfähige Leistungen durch Personen nach § 28 Absatz 1 Satz 2 qualifiziert erbracht und angemessen vergütet werden können; auf dieser Grundlage ist eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Versorgungsstrukturen bis zum 23. Januar 2016 zu beschließen. Nach Inkrafttreten der Bestimmungen nach § 27b Absatz 2 Satz 2 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen durch den Bewertungsausschuss gemäß Absatz 5a eine Regelung zu treffen, nach der Leistungen und Kosten im Rahmen der Einholung der Zweitmeinungen nach § 27b abgerechnet werden können. Sofern drei Monate nach Inkrafttreten der Bestimmungen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 27b Absatz 2 keine Regelung im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen getroffen wurde, können Versicherte die Leistungen nach § 27b bei den dafür berechtigten Leistungserbringern im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 in Anspruch nehmen. Die Kosten sind von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 endet, sobald die Regelung nach Satz 9 in Kraft getreten ist. Mit Wirkung zum 30. September 2020 ist durch den Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen zu regeln, dass Konsilien in einem weiten Umfang in der vertragsärztlichen und in der sektorenübergreifenden Versorgung als telemedizinische Leistung abgerechnet werden können, wenn bei ihnen sichere elektronische Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt werden. Die Regelungen erfolgen auf der Grundlage der Vereinbarung nach § 367 Absatz 1. Der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a legen dem Bundesministerium für Gesundheit im Abstand von zwei Jahren, erstmals zum 31. Oktober 2022, einen gemeinsamen Bericht über den Stand der Beratungen und Beschlussfassungen nach Satz 7 sowie zur Erbringung von ambulanten telemedizinischen Leistungen und zu der Teilnahme der Leistungserbringer an der Erbringung von Leistungen im Rahmen der Videosprechstunde vor. Das Bundesministerium für Gesundheit leitet den Bericht an den Deutschen Bundestag weiter. In dem Beschluss nach Satz 7 sind durch den Bewertungsausschuss Regelungen im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen zu treffen, nach denen telemedizinische Leistungen, insbesondere Videosprechstunden, in einem weiten Umfang ermöglicht werden. Die im Hinblick auf Videosprechstunden bisher enthaltene Vorgabe von Krankheitsbildern im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen entfällt. Bei den Regelungen nach Satz 18 sind die Besonderheiten in der Versorgung von Pflegebedürftigen durch Zuschläge und die Besonderheiten in der psychotherapeutischen Versorgung einschließlich der Versorgung mit gruppentherapeutischen Leistungen und Leistungen der psychotherapeutischen Akutbehandlung zu berücksichtigen. Die Regelungen nach Satz 18 erfolgen auf der Grundlage der Vereinbarung nach § 365 Absatz 1 Satz 1. Bis zum 30. Juni 2016 ist mit Wirkung zum 1. Oktober 2016 eine Regelung zu treffen, nach der ärztliche Leistungen nach § 31a vergütet werden. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen hat eine Regelung über die Vergütung von ärztlichen Leistungen zur Erstellung und Aktualisierung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 und 7 zu enthalten; die Vergütung für die Erstellung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 ist in dem Zeitraum vom 20. Oktober 2020 bis zum 20. Oktober 2021 auf das Zweifache der sich nach dem einheitlichen Bewertungsmaßstab ergebenden Vergütung zu erhöhen; die Vergütungsregelung für die Erstellung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 ist bis zum 1. Januar 2024 zu vereinbaren. Der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a beschließt im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen die nach dem Schweregrad zu differenzierenden Regelungen für die Versorgung im Notfall und im Notdienst sowie bis zum 31. März 2022 Regelungen für die Versorgung im Notdienst mit telemedizinischen Leistungen. Zwei Jahre nach Inkrafttreten dieser Regelungen hat der Bewertungsausschuss nach Absatz 5a die Entwicklung der Leistungen zu evaluieren und hierüber dem Bundesministerium für Gesundheit zu berichten; Absatz 3a gilt entsprechend. Der Bewertungsausschuss überprüft, in welchem Umfang Diagnostika zur schnellen und zur qualitätsgesicherten Antibiotikatherapie eingesetzt werden können, und beschließt auf dieser Grundlage erstmals bis spätestens zum 1. Dezember 2017 entsprechende Anpassungen des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 6b vom Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a anzupassen. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist mit Wirkung zum 1. Januar 2021 vorzusehen, dass Leistungen nach § 346 Absatz 1 Satz 1 und 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der Verarbeitung medizinischer Daten in der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2022 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen vorzusehen, dass ärztliche Leistungen nach § 346 Absatz 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der erstmaligen Befüllung der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Der Bewertungsausschuss hat im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen die Leistungen, die durch Videosprechstunde erbracht werden, auf 30 Prozent der jeweiligen Leistungen im Quartal des an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers zu begrenzen. Zudem hat der Bewertungsausschuss im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen die Anzahl der Behandlungsfälle im Quartal, in denen ausschließlich Leistungen im Rahmen einer Videosprechstunde erbracht werden, auf 30 Prozent aller Behandlungsfälle des an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers zu begrenzen. Von der Begrenzung auf 30 Prozent nach den Sätzen 30 und 31 kann der Bewertungsausschuss in besonderen Ausnahmesituationen, wie etwa nach Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, für einen befristeten Zeitraum abweichen. Der Bewertungsausschuss legt bis zum 30. September 2021 fest, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang unter Berücksichtigung der Sätze 30 und 31 die psychotherapeutische Akutbehandlung im Rahmen der Videosprechstunde erbracht werden kann.

(2b) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der hausärztlichen Versorgung sollen als Versichertenpauschalen abgebildet werden; für Leistungen, die besonders gefördert werden sollen oder nach Absatz 2a Satz 7 und 8 telemedizinisch oder im Wege der Delegation erbracht werden können, sind Einzelleistungen oder Leistungskomplexe vorzusehen. Mit den Pauschalen nach Satz 1 sollen die gesamten im Abrechnungszeitraum regelmäßig oder sehr selten und zugleich mit geringem Aufwand im Rahmen der hausärztlichen Versorgung eines Versicherten erbrachten Leistungen einschließlich der anfallenden Betreuungs-, Koordinations- und Dokumentationsleistungen vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2023 sind in den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen folgende Zuschläge auf die jeweilige Versichertenpauschale aufzunehmen:

1.
ein Zuschlag in Höhe von bis zu 200 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für Behandlungen im Akutfall nach § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 4, wenn die Behandlung spätestens am Folgetag der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle beginnt,
2.
ein Zuschlag in Höhe von 100 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am vierten Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt,
3.
ein Zuschlag in Höhe von 80 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 14. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt,
4.
ein Zuschlag in Höhe von 40 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 35. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt, sowie
5.
ein Zuschlag in Höhe von mindestens 15 Euro für die erfolgreiche Vermittlung eines Behandlungstermins nach § 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2.
Zudem können Qualitätszuschläge vorgesehen werden, mit denen die in besonderen Behandlungsfällen erforderliche Qualität vergütet wird. Der Bewertungsausschuss beschließt spätestens bis zum 31. Dezember 2021 mit Wirkung zum 1. März 2022 eine Anpassung der im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der hausärztlichen Versorgung zur Vergütung der regelmäßigen zeitgebundenen ärztlichen Beratung nach § 2 Absatz 1a des Transplantationsgesetzes in der ab dem 1. März 2022 geltenden Fassung über die Organ- und Gewebespende sowie über die Möglichkeit, eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende im Register nach § 2a des Transplantationsgesetzes in der ab dem 1. März 2022 geltenden Fassung abgeben, ändern und widerrufen zu können. Der Vergütungsanspruch besteht je Patient alle zwei Jahre.

(2c) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der fachärztlichen Versorgung sollen arztgruppenspezifisch und unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen als Grund- und Zusatzpauschalen abgebildet werden; Einzelleistungen sollen vorgesehen werden, soweit dies medizinisch oder auf Grund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung, einschließlich der Möglichkeit telemedizinischer Erbringung gemäß Absatz 2a Satz 7 oder der Erbringung im Wege der Delegation nach Absatz 2a Satz 8, erforderlich ist. Mit den Grundpauschalen nach Satz 1 sollen die regelmäßig oder sehr selten und zugleich mit geringem Aufwand von der Arztgruppe in jedem Behandlungsfall erbrachten Leistungen vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2023 sind in den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen folgende Zuschläge auf die jeweilige Grundpauschale aufzunehmen:

1.
ein Zuschlag in Höhe von bis zu 200 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für Behandlungen im Akutfall nach § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 4, wenn die Behandlung spätestens am Folgetag der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle beginnt,
2.
ein Zuschlag in Höhe von 100 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am vierten Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt,
3.
ein Zuschlag in Höhe von 80 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 14. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt, sowie
4.
ein Zuschlag in Höhe von 40 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 35. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt.
Die in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Zuschläge gelten bei der Behandlung aufgrund einer erfolgten Vermittlung nach § 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Mit den Zusatzpauschalen nach Satz 1 wird der besondere Leistungsaufwand vergütet, der sich aus den Leistungs-, Struktur- und Qualitätsmerkmalen des Leistungserbringers und, soweit dazu Veranlassung besteht, in bestimmten Behandlungsfällen ergibt. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 kann die Behandlung von Versichertengruppen, die mit einem erheblichen therapeutischen Leistungsaufwand und überproportionalen Kosten verbunden ist, mit arztgruppenspezifischen diagnosebezogenen Fallpauschalen vergütet werden. Für die Versorgung im Rahmen von kooperativen Versorgungsformen sind spezifische Fallpauschalen festzulegen, die dem fallbezogenen Zusammenwirken von Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen in diesen Versorgungsformen Rechnung tragen. Die Bewertungen für psychotherapeutische Leistungen haben eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit zu gewährleisten. Bis zum 29. Februar 2020 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ein Zuschlag in Höhe von 15 Prozent auf diejenigen psychotherapeutischen Leistungen vorzusehen, die im Rahmen des ersten Therapieblocks einer neuen Kurzzeittherapie erbracht werden. Der Zuschlag ist auf die ersten zehn Stunden dieser Leistungen zu begrenzen und für Psychotherapeuten vorzusehen, die für die in § 19a Absatz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte festgelegten Mindestsprechstunden für gesetzlich Versicherte tatsächlich zur Verfügung stehen.

(2d) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen sind Regelungen einschließlich Prüfkriterien vorzusehen, die sicherstellen, dass der Leistungsinhalt der in den Absätzen 2a bis 2c genannten Leistungen und Pauschalen jeweils vollständig erbracht wird, die jeweiligen notwendigen Qualitätsstandards eingehalten, die abgerechneten Leistungen auf den medizinisch notwendigen Umfang begrenzt sowie bei Abrechnung der Fallpauschalen nach Absatz 2c die Mindestanforderungen zu der institutionellen Ausgestaltung der Kooperation der beteiligten Ärzte eingehalten werden; dazu kann die Abrechenbarkeit der Leistungen an die Einhaltung der vom Gemeinsamen Bundesausschuss und in den Bundesmantelverträgen beschlossenen Qualifikations- und Qualitätssicherungsanforderungen sowie an die Einhaltung der gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung zu erbringenden Dokumentationsverpflichtungen geknüpft werden. Zudem können Regelungen vorgesehen werden, die darauf abzielen, dass die Abrechnung der Versichertenpauschalen nach Absatz 2b Satz 1 sowie der Grundpauschalen nach Absatz 2c Satz 1 für einen Versicherten nur durch einen Arzt im Abrechnungszeitraum erfolgt, oder es können Regelungen zur Kürzung der Pauschalen für den Fall eines Arztwechsels des Versicherten innerhalb des Abrechnungszeitraums vorgesehen werden.

(2e) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist jährlich bis zum 31. August ein bundeseinheitlicher Punktwert als Orientierungswert in Euro zur Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen festzulegen.

(2f) (weggefallen)

(2g) Bei der Anpassung des Orientierungswertes nach Absatz 2e sind insbesondere

1.
die Entwicklung der für Arztpraxen relevanten Investitions- und Betriebskosten, soweit diese nicht bereits durch die Weiterentwicklung der Bewertungsrelationen nach Absatz 2 Satz 2 erfasst worden sind,
2.
Möglichkeiten zur Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven, soweit diese nicht bereits durch die Weiterentwicklung der Bewertungsrelationen nach Absatz 2 Satz 2 erfasst worden sind, sowie
3.
die allgemeine Kostendegression bei Fallzahlsteigerungen, soweit diese nicht durch eine Abstaffelungsregelung nach Absatz 2 Satz 3 berücksichtigt worden ist,
4.
(weggefallen)
zu berücksichtigen.

(2h) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen können zu Leistungskomplexen zusammengefasst werden. Die Leistungen sind entsprechend einer ursachengerechten, zahnsubstanzschonenden und präventionsorientierten Versorgung insbesondere nach dem Kriterium der erforderlichen Arbeitszeit gleichgewichtig in und zwischen den Leistungsbereichen für Zahnerhaltung, Prävention, Zahnersatz und Kieferorthopädie zu bewerten. Bei der Festlegung der Bewertungsrelationen ist wissenschaftlicher Sachverstand einzubeziehen.

(2i) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen ist eine zusätzliche Leistung vorzusehen für das erforderliche Aufsuchen von Versicherten, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind, in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind und die die Zahnarztpraxis aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit, Behinderung oder Einschränkung nicht oder nur mit hohem Aufwand aufsuchen können. § 71 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(2j) Für Leistungen, die im Rahmen eines Vertrages nach § 119b Absatz 1 erbracht werden, ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen eine zusätzliche, in der Bewertung über Absatz 2i Satz 1 hinausgehende Leistung vorzusehen. Voraussetzung für die Abrechnung dieser zusätzlichen Leistung ist die Einhaltung der in der Vereinbarung nach § 119b Absatz 2 festgelegten Anforderungen. Die Leistung nach Absatz 2i Satz 1 ist in diesen Fällen nicht berechnungsfähig. § 71 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(2k) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen sind Videosprechstundenleistungen vorzusehen für die Untersuchung und Behandlung von den in Absatz 2i genannten Versicherten und von Versicherten, an denen zahnärztliche Leistungen im Rahmen eines Vertrages nach § 119b Absatz 1 erbracht werden. Die Videosprechstundenleistungen nach Satz 1 können auch Fallkonferenzen mit dem Pflegepersonal zum Gegenstand haben. § 71 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Die Anpassung erfolgt auf Grundlage der Vereinbarung nach § 366 Absatz 1 Satz 1.

(2l) Mit Wirkung zum 30. September 2020 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen zu regeln, dass Konsilien in einem weiten Umfang in der vertragszahnärztlichen und in der sektorenübergreifenden Versorgung als telemedizinische Leistungen abgerechnet werden können, wenn bei ihnen sichere elektronische Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt werden. Die Regelungen erfolgen auf der Grundlage der Vereinbarung nach § 367 Absatz 1. Der Bewertungsausschuss legt dem Bundesministerium für Gesundheit im Abstand von zwei Jahren jeweils einen Bericht über die als telemedizinische Leistungen abrechenbaren Konsilien vor.

(2m) Der Bewertungsausschuss hat den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einschließlich der Sachkosten daraufhin zu überprüfen, wie der Aufwand, der den verantwortlichen Gesundheitseinrichtungen im Sinne von § 2 Nummer 5 Buchstabe b und d des Implantateregistergesetzes in der vertragsärztlichen Versorgung auf Grund ihrer Verpflichtungen nach den §§ 16, 17 Absatz 1 sowie den §§ 18, 20, 24, 25 und 33 Absatz 1 Nummer 1 des Implantateregistergesetzes entsteht, angemessen abgebildet werden kann. Auf der Grundlage des Ergebnisses der Prüfung hat der Bewertungsausschuss eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen bis zum 30. September 2020 mit Wirkung zum 1. Januar 2021 zu beschließen.

(3) Der Bewertungsausschuß besteht aus drei von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bestellten Vertretern sowie drei vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestellten Vertreter. Den Vorsitz führt abwechselnd ein Vertreter der Ärzte und ein Vertreter der Krankenkassen. Die Beratungen des Bewertungsausschusses einschließlich der Beratungsunterlagen und Niederschriften sind vertraulich. Die Vertraulichkeit gilt auch für die zur Vorbereitung und Durchführung der Beratungen im Bewertungsausschuss dienenden Unterlagen der Trägerorganisationen und des Instituts des Bewertungsausschusses.

(3a) Der Bewertungsausschuss analysiert die Auswirkungen seiner Beschlüsse insbesondere auf die Versorgung der Versicherten mit vertragsärztlichen Leistungen, auf die vertragsärztlichen Honorare sowie auf die Ausgaben der Krankenkassen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann das Nähere zum Inhalt der Analysen bestimmen. Absatz 6 gilt entsprechend.

(3b) Der Bewertungsausschuss wird bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben von einem Institut unterstützt, das gemäß der vom Bewertungsausschuss nach Absatz 3e zu vereinbarenden Geschäftsordnung die Beschlüsse nach den §§ 87, 87a und 116b Absatz 6 sowie die Analysen nach Absatz 3a vorbereitet. Träger des Instituts sind die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Erfüllt das Institut seine Aufgaben nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den geltenden Vorgaben oder wird es aufgelöst, kann das Bundesministerium für Gesundheit eine oder mehrere der in Satz 2 genannten Organisationen oder einen Dritten mit den Aufgaben nach Satz 1 beauftragen. Absatz 6 gilt entsprechend.

(3c) Die Finanzierung des Instituts oder des beauftragten Dritten nach Absatz 3b erfolgt durch die Erhebung eines Zuschlags auf jeden ambulant-kurativen Behandlungsfall in der vertragsärztlichen Versorgung. Der Zuschlag ist von den Krankenkassen außerhalb der Gesamtvergütung nach § 85 oder der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung nach § 87a zu finanzieren. Das Nähere bestimmt der Bewertungsausschuss in seinem Beschluss nach Absatz 3e Satz 1 Nr. 3.

(3d) Über die Ausstattung des Instituts nach Absatz 3b mit den für die Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Sach- und Personalmittel und über die Nutzung der Daten gemäß Absatz 3f durch das Institut entscheidet der Bewertungsausschuss. Die innere Organisation des Instituts ist jeweils so zu gestalten, dass sie den besonderen Anforderungen des Datenschutzes nach den Artikeln 24, 25 und 32 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung gerecht wird. Absatz 6 gilt entsprechend. Über die Ausstattung des beauftragten Dritten nach Absatz 3b Satz 3 mit den für die Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Sach- und Personalmitteln sowie über die Nutzung der Daten gemäß Absatz 3f entscheidet das Bundesministerium für Gesundheit.

(3e) Der Bewertungsausschuss beschließt

1.
bis spätestens zum 31. August 2017 eine Verfahrensordnung, in der er insbesondere die Antragsberechtigten, methodische Anforderungen und Fristen in Bezug auf die Vorbereitung und Durchführung der Beratungen sowie die Beschlussfassung über die Aufnahme in den einheitlichen Bewertungsmaßstab insbesondere solcher neuer Laborleistungen und neuer humangenetischer Leistungen regelt, bei denen es sich jeweils nicht um eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode nach § 135 Absatz 1 Satz 1 handelt,
2.
eine Geschäftsordnung, in der er Regelungen zur Arbeitsweise des Bewertungsausschusses und des Instituts gemäß Absatz 3b trifft, insbesondere zur Geschäftsführung und zur Art und Weise der Vorbereitung der in Absatz 3b Satz 1 genannten Beschlüsse, Analysen und Berichte, sowie
3.
eine Finanzierungsregelung, in der er Näheres zur Erhebung des Zuschlags nach Absatz 3c bestimmt.
Die Verfahrensordnung, die Geschäftsordnung und die Finanzierungsregelung bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Verfahrensordnung und die Geschäftsordnung sind im Internet zu veröffentlichen. Der Bewertungsausschuss ist verpflichtet, im Einvernehmen mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss hinsichtlich einer neuen Leistung auf Verlangen Auskunft zu erteilen, ob die Aufnahme der neuen Leistung in den einheitlichen Bewertungsmaßstab in eigener Zuständigkeit des Bewertungsausschusses beraten werden kann oder ob es sich dabei um eine neue Methode handelt, die nach § 135 Absatz 1 Satz 1 zunächst einer Bewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss bedarf. Eine Auskunft können pharmazeutische Unternehmer, Hersteller von Medizinprodukten, Hersteller von Diagnostikleistungen und deren jeweilige Verbände, einschlägige Berufsverbände, medizinische Fachgesellschaften und die für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen nach § 140f verlangen. Das Nähere regeln der Bewertungsausschuss und der Gemeinsame Bundesausschuss im gegenseitigen Einvernehmen in ihrer jeweiligen Verfahrensordnung.

(3f) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen erfassen jeweils nach Maßgabe der vom Bewertungsausschuss zu bestimmenden inhaltlichen und verfahrensmäßigen Vorgaben die für die Aufgaben des Bewertungsausschusses nach diesem Gesetz erforderlichen Daten, einschließlich der Daten nach § 73b Absatz 7 Satz 5 und § 140a Absatz 6, arzt- und versichertenbezogen in einheitlicher pseudonymisierter Form. Die Daten nach Satz 1 werden jeweils unentgeltlich von den Kassenärztlichen Vereinigungen an die Kassenärztliche Bundesvereinigung und von den Krankenkassen an den Spitzenverband Bund der Krankenkassen übermittelt, die diese Daten jeweils zusammenführen und sie unentgeltlich dem Institut oder dem beauftragten Dritten gemäß Absatz 3b übermitteln. Soweit erforderlich hat der Bewertungsausschuss darüber hinaus Erhebungen und Auswertungen nicht personenbezogener Daten durchzuführen oder in Auftrag zu geben oder Sachverständigengutachten einzuholen. Für die Verarbeitung der Daten nach den Sätzen 2 und 3 kann der Bewertungsausschuss eine Datenstelle errichten oder eine externe Datenstelle beauftragen; für die Finanzierung der Datenstelle gelten die Absätze 3c und 3e entsprechend. Das Verfahren der Pseudonymisierung nach Satz 1 ist vom Bewertungsausschuss im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zu bestimmen.

(3g) Die Regelungen der Absätze 3a bis 3f gelten nicht für den für zahnärztliche Leistungen zuständigen Bewertungsausschuss.

(4) Kommt im Bewertungsausschuß durch übereinstimmenden Beschluß aller Mitglieder eine Vereinbarung ganz oder teilweise nicht zustande, wird der Bewertungsausschuß auf Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern um einen unparteiischen Vorsitzenden und zwei weitere unparteiische Mitglieder erweitert. Für die Benennung des unparteiischen Vorsitzenden gilt § 89 Absatz 6 entsprechend. Von den weiteren unparteiischen Mitgliedern wird ein Mitglied von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sowie ein Mitglied vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen benannt.

(5) Der erweiterte Bewertungsausschuß setzt mit der Mehrheit seiner Mitglieder die Vereinbarung fest. Die Festsetzung hat die Rechtswirkung einer vertraglichen Vereinbarung im Sinne des § 82 Abs. 1. Zur Vorbereitung von Maßnahmen nach Satz 1 für den Bereich der ärztlichen Leistungen hat das Institut oder der beauftragte Dritte nach Absatz 3b dem zuständigen erweiterten Bewertungsausschuss unmittelbar und unverzüglich nach dessen Weisungen zuzuarbeiten. Absatz 3 Satz 3 und 4 gilt entsprechend; auch für die Unterlagen der unparteiischen Mitglieder gilt Vertraulichkeit.

(5a) Bei Beschlüssen zur Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes zur Vergütung der Leistungen der spezialfachärztlichen Versorgung nach § 116b ist der Bewertungsausschuss für ärztliche Leistungen nach Absatz 3 um drei Vertreter der Deutschen Krankenhausgesellschaft zu ergänzen. Kommt durch übereinstimmenden Beschluss aller Mitglieder eine Vereinbarung des ergänzten Bewertungsausschusses nach Satz 1 ganz oder teilweise nicht zustande, wird der ergänzte Bewertungsausschuss auf Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern um einen unparteiischen Vorsitzenden und ein weiteres unparteiisches Mitglied erweitert. Die Benennung der beiden unparteiischen Mitglieder durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung, den Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft soll bis spätestens zum 30. Juni 2019 erfolgen; § 89a Absatz 6 gilt entsprechend. Im ergänzten erweiterten Bewertungsausschuss sind nur jeweils zwei Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft sowie die beiden unparteiischen Mitglieder stimmberechtigt. Der ergänzte erweiterte Bewertungsausschuss setzt den Beschluss mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner stimmberechtigten Mitglieder innerhalb von drei Monaten fest. Wird eine Mehrheit von zwei Dritteln nicht erreicht, setzen die beiden unparteiischen Mitglieder den Beschluss fest. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(5b) Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 in Verbindung mit § 135 Absatz 1 anzupassen. Satz 1 gilt entsprechend für weitere Richtlinienbeschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses, die eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen erforderlich machen. In diesem Zusammenhang notwendige Vereinbarungen nach § 135 Absatz 2 sind zeitgleich zu treffen. Für Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses, die vor dem 23. Juli 2015 in Kraft getreten sind, gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Frist nach Satz 1 mit dem 23. Juli 2015 beginnt. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist zeitgleich mit dem Beschluss nach § 35a Absatz 3 Satz 1 anzupassen, sofern die Fachinformation des Arzneimittels zu seiner Anwendung eine zwingend erforderliche Leistung vorsieht, die eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen erforderlich macht. Das Nähere zu ihrer Zusammenarbeit regeln der Bewertungsausschuss und der Gemeinsame Bundesausschuss im gegenseitigen Einvernehmen in ihrer jeweiligen Verfahrensordnung. Für Beschlüsse nach § 35a Absatz 3 Satz 1, die vor dem 13. Mai 2017 getroffen worden sind, gilt Satz 5 entsprechend mit der Maßgabe, dass der Bewertungsausschuss spätestens bis 13. November 2017 den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen anzupassen hat.

(5c) Sind digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e Absatz 3 dauerhaft in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e aufgenommen worden, so sind entweder der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen oder der einheitliche Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen innerhalb von drei Monaten nach der Aufnahme anzupassen, soweit ärztliche Leistungen für die Versorgung mit der jeweiligen digitalen Gesundheitsanwendung erforderlich sind. Sind digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e Absatz 4 vorläufig in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e aufgenommen worden, so vereinbaren die Partner der Bundesmantelverträge innerhalb von drei Monaten nach der vorläufigen Aufnahme eine Vergütung für ärztliche Leistungen, die während der Erprobungszeit nach Festlegung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte nach § 139e Absatz 4 Satz 3 zur Versorgung mit und zur Erprobung der digitalen Gesundheitsanwendung erforderlich sind; die Vereinbarung berücksichtigt die Nachweispflichten für positive Versorgungseffekte, die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nach § 139e Absatz 4 Satz 3 festgelegt worden sind. Solange keine Entscheidung über eine Anpassung nach Satz 1 getroffen ist, hat der Leistungserbringer Anspruch auf die nach Satz 2 vereinbarte Vergütung. Soweit und solange keine Vereinbarung nach Satz 2 getroffen ist oder sofern eine Aufnahme in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e ohne Erprobung erfolgt und keine Entscheidung über eine Anpassung nach Satz 1 getroffen ist, können Versicherte die ärztlichen Leistungen, die für die Versorgung mit oder zur Erprobung der digitalen Gesundheitsanwendung erforderlich sind, im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 bei Leistungserbringern in Anspruch nehmen; Absatz 2a Satz 12 gilt entsprechend. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 endet, sobald eine Entscheidung über die Anpassung nach Satz 1 getroffen ist.

(6) Das Bundesministerium für Gesundheit kann an den Sitzungen der Bewertungsausschüsse, des Instituts oder des beauftragten Dritten nach Absatz 3b sowie der von diesen jeweils gebildeten Unterausschüssen und Arbeitsgruppen teilnehmen; ihm sind die Beschlüsse der Bewertungsausschüsse zusammen mit den den Beschlüssen zugrunde liegenden Beratungsunterlagen und den für die Beschlüsse jeweils entscheidungserheblichen Gründen vorzulegen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann die Beschlüsse innerhalb von zwei Monaten beanstanden; es kann im Rahmen der Prüfung eines Beschlusses vom Bewertungsausschuss zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen dazu anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Frist unterbrochen. Die Nichtbeanstandung eines Beschlusses kann vom Bundesministerium für Gesundheit mit Auflagen verbunden werden; das Bundesministerium für Gesundheit kann zur Erfüllung einer Auflage eine angemessene Frist setzen. Kommen Beschlüsse der Bewertungsausschüsse ganz oder teilweise nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist zustande oder werden die Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit nicht innerhalb einer von ihm gesetzten Frist behoben, kann das Bundesministerium für Gesundheit die Vereinbarungen festsetzen; es kann dazu Datenerhebungen in Auftrag geben oder Sachverständigengutachten einholen. Zur Vorbereitung von Maßnahmen nach Satz 4 für den Bereich der ärztlichen Leistungen hat das Institut oder der beauftragte Dritte oder die vom Bundesministerium für Gesundheit beauftragte Organisation gemäß Absatz 3b dem Bundesministerium für Gesundheit unmittelbar und unverzüglich nach dessen Weisungen zuzuarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit kann zur Vorbereitung von Maßnahmen nach Satz 4 bereits vor Fristablauf das Institut nach Satz 5 beauftragen, Datenerhebungen in Auftrag geben oder Sachverständigengutachten einholen, sofern die Bewertungsausschüsse die Beratungen sowie die Beschlussfassungen nicht oder nicht in einem angemessenen Umfang vorbereiten oder durchführen. Die mit den Maßnahmen nach Satz 4 verbundenen Kosten sind von dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung jeweils zur Hälfte zu tragen; das Nähere bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit. Abweichend von Satz 4 kann das Bundesministerium für Gesundheit für den Fall, dass Beschlüsse der Bewertungsausschüsse nicht oder teilweise nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist zustande kommen, den erweiterten Bewertungsausschuss nach Absatz 4 mit Wirkung für die Vertragspartner anrufen. Der erweiterte Bewertungsausschuss setzt mit der Mehrheit seiner Mitglieder innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist die Vereinbarung fest; Satz 1 bis 7 gilt entsprechend. Die Beschlüsse und die entscheidungserheblichen Gründe sind im Deutschen Ärzteblatt oder im Internet bekannt zu machen; falls die Bekanntmachung im Internet erfolgt, muss im Deutschen Ärzteblatt ein Hinweis auf die Fundstelle veröffentlicht werden.

(7) Klagen gegen Maßnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit nach Absatz 6 haben keine aufschiebende Wirkung.

(8) bis (9) (weggefallen)

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Januar 2013 aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 21. März 2012 zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Im Streit steht eine sachlich-rechnerische Richtigstellung für das Quartal I/2008.

2

Die Klägerin ist eine ehemalige Berufsausübungsgemeinschaft von fünf Ärzten für Pathologie, die im streitbefangenen Zeitraum im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) an der vertragsärztlichen Versorgung teilnahm; zwischenzeitlich wurde sie in ein Medizinisches Versorgungszentrum umgewandelt. Mit Bescheid vom 16.6.2008 stellte die beklagte KÄV die Abrechnung der Klägerin für das Quartal I/2008 hinsichtlich der Gebührenordnungsposition (GOP) Nr 40120 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) sachlich-rechnerisch richtig, soweit in den aufgeführten Behandlungsfällen auch die Nr 40100 EBM-Ä in Ansatz gebracht worden war. Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 6.5.2010) und Klage (Urteil des SG vom 21.3.2012) sind erfolglos geblieben. Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide aufgehoben (Urteil des LSG vom 17.1.2013).

3

Zur Begründung hat es ausgeführt, der - für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen in erster Linie der maßgebliche - Wortlaut der Nr 40120 EBM-Ä sei auch in den Fällen erfüllt, in denen die Klägerin histologische Untersuchungsergebnisse an nicht auftragserteilende (dritte) Ärzte übermittelt habe. Die Anmerkung zur GOP Nr 40120 EBM-Ä schließe in diesen Fällen den Ansatz der GOP nicht aus, weil der dort normierte Abrechnungsausschluss nur dann eingreife, wenn eine Übermittlung von Untersuchungsergebnissen an den auftragserteilenden Arzt erfolge. Angesichts des eindeutigen Wortlauts der GOP vermöge der Senat auch aus der Systematik der Pauschalerstattungen nicht zu schließen, dass in jedem Fall einer bereits erfolgten Abrechnung nach Nr 40100 EBM-Ä der Ansatz einer weiteren Kostenpauschale nach Nr 40120 EBM-Ä ausgeschlossen sein solle. Die vom Bewertungsausschuss (BewA) gewählte Formulierung lege im Gegenteil nahe, dass vom BewA bewusst auch eine notwendige Unterrichtung Dritter mit einer gesonderten Kostenerstattung "belohnt" werden sollte. Eine solche Unterrichtung insbesondere des Hausarztes könne jedenfalls in Einzelfällen sinnvoll sein.

4

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Die Kosten für die Versendung von Briefen an dritte Ärzte (zB Hausärzte) seien bereits in der umfassenden Kostenpauschale der GOP Nr 40100 EBM-Ä enthalten. Dass die Klägerin die Kosten für die Übersendung der Untersuchungsergebnisse an Dritte nicht abrechnen könne, habe das BSG mit seiner Entscheidung zu fraktionierten Laboruntersuchungen für die GOP Nr 7120 EBM-Ä aF (die Vorgängerregelung zur Nr 40120 EBM-Ä) bestätigt. Befundberichte müssten nicht an die Hausärzte versandt werden. Es sei Aufgabe des Facharztes, dem zuweisenden Hausarzt nach Kenntnisnahme des Befundberichts durch den Pathologen eine Therapieempfehlung zu geben. Soweit der Hausarzt und nicht der Facharzt den Patienten weiterbehandele, werde er sich nur nach Vorlage der Therapieempfehlung des Facharztes in der Lage sehen, den Patienten sachgemäß zu behandeln. Die Pathologen treffe auch keine Berichtspflicht. Schließlich stelle die Übersendung des vom Pathologen erstellten Befundberichts unmittelbar an den Hausarzt eine Verletzung des Datenschutzrechts des Patienten dar.

5

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 17.1.2013 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Mainz vom 21.3.2012 zurückzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Das LSG sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Abrechnungsausschluss immer nur dann eingreife, wenn das Verhältnis des Pathologen zum auftragserteilenden Arzt betroffen sei. Jede andere Wertung würde dem Wortlaut der Nr 40120 EBM-Ä widersprechen, weil andernfalls der Normgeber dort den "auftragserteilenden" Arzt überhaupt nicht hätte nennen müssen. Aus der Entscheidung des BSG vom 18.8.2010 (B 6 KA 23/09 R) ergebe sich nichts Gegenteiliges, weil sie einen anderen Sachverhalt betreffe. Vorliegend gehe es nicht um die Aufteilung von Laboruntersuchungen auf verschiedene laborärztliche Praxen, sondern um das Verhältnis zu einem nicht in das Auftragsverhältnis einbezogenen - mitbehandelnden - Arzt, dessen Unterrichtung über den Befund notwendig sei. Die Nr 40100 EBM-Ä stelle eine pauschale Kostenerstattung für Versandmaterial pp dar und decke die realen Kosten nur äußerst unzureichend ab. Die Information eines dritten Arztes erfolge nur dann, wenn dies ausdrücklich und schriftlich auf dem Untersuchungsauftrag durch den beauftragenden Facharzt vermerkt werde. Die Notwendigkeit des direkten Befundberichts an den Hausarzt ergebe sich aus dem möglichen Zeitgewinn für den Patienten. Der Befund des Pathologen sei mit dem des zuweisenden Facharztes gleichwertig und entscheide häufig direkt die Therapie, wenn zB kein pathologischer Befund gefunden werde und eine Infektion durch Heliobacter pylori vorliege; zB bei allen bösartigen Tumoren stellten Befundberichte des Pathologen die Behandlungsgrundlage dar.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das LSG hat das Urteil des SG zu Unrecht aufgehoben. Dieses hat zutreffend entschieden, dass die Beklagte berechtigt war, die von der Klägerin abgerechneten Leistungen nach der Nr 40120 EBM-Ä in Behandlungsfällen, in denen auch die Nr 40100 EBM-Ä angesetzt worden ist, sachlich-rechnerisch richtig zu stellen.

9

1. Die Beklagte ist aufgrund von § 106a Abs 2 Satz 1 Teilsatz 1 SGB V, der durch Art 1 Nr 83 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, 2217) mit Wirkung zum 1.1.2004 (Art 37 Abs 1 GMG) eingefügt worden ist, gesetzlich berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte festzustellen und die Abrechnungen nötigenfalls richtigzustellen.

10

2. Die auf dieser Grundlage vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen sind rechtmäßig. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Abrechnung der Kostenpauschale nach der Nr 40120 EBM-Ä in den Fällen, in denen sie (auch) die Kostenpauschale nach der Nr 40100 EBM-Ä abgerechnet hat.

11

a. Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl BSGE 88, 126, 127 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 146; BSG SozR 4-5540 § 44 Nr 1 RdNr 13; zuletzt BSG Beschluss vom 12.12.2012 - B 6 KA 31/12 B - Juris RdNr 4) in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM-Ä - des BewA gemäß § 87 Abs 1 SGB V - ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM-Ä als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf; eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 11 und Nr 10 RdNr 10, jeweils mwN; BSG SozR 4-5540 § 44 Nr 1 RdNr 13; zuletzt BSG Beschluss vom 12.12.2012 - B 6 KA 31/12 B - Juris RdNr 4). Diese Auslegungsgrundsätze gelten nicht allein für Vergütungstatbestände, sondern auch für Kostenerstattungstatbestände, soweit diese nicht auf die Erstattung des konkreten Kostenaufwands angelegt sind, sondern - wie hinsichtlich der hier relevanten GOPen Nr 40100 und Nr 40120 EBM-Ä - Pauschalerstattungen vorsehen (vgl BSG Urteil vom 25.8.1999 - B 6 KA 57/98 R - MedR 2000, 201, 202; BSG SozR 3-5533 Nr 7103 Nr 1 S 6; BSGE 97, 170 = SozR 4-2500 § 87 Nr 13, RdNr 34; BSG SozR 4-5531 Nr 7120 Nr 1 RdNr 11; BSG SozR 4-5540 § 44 Nr 1 RdNr 13).

12

b. Bei Anwendung dieser Maßstäbe hat die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung der ihr (ggf) beim Versand von Befundberichten an Hausärzte entstehenden Kosten (aA Wezel-Liebold, EBM-Ä-Kommentar, zu Nr 40100 EBM-Ä).

13

aa. Gegenstand der GOP Nr 40120 EBM-Ä ist eine Kostenpauschale für die "Versendung bzw. den Transport von Briefen und/oder schriftlichen Unterlagen bis 20 g (z.B. im Postdienst Standardbrief) oder für die Übermittlung eines Telefax" in Höhe von 0,55 Euro. Die - seinerzeit maßgebliche und bis zum 30.6.2013 unverändert fortgeltende (s DÄ 2013, A 1283) - Anmerkung hierzu lautet: "Kosten für die Versendung, den Transport bzw. die Übermittlung laboratoriumsdiagnostischer, histologischer, zytologischer, zytogenetischer oder molekulargenetischer Untersuchungsergebnisse an den auftragserteilenden Arzt können für die Fälle nicht berechnet werden, in denen die Kostenpauschale nach der Nr. 40100 abgerechnet worden ist." Gegenstand der Nr 40100 EBM-Ä ist eine Kostenpauschale für "Versandmaterial, Versandgefäße usw. sowie für die Versendung bzw. den Transport von Untersuchungsmaterial, ggf. auch von infektiösem Untersuchungsmaterial, einschl. der Kosten für die Übermittlung von Untersuchungsergebnissen (u.a.) der Histologie, einmal im Behandlungsfall", in Höhe von 2,60 Euro. Diese Kostenpauschale ist gemäß der Vorbemerkung Nr 40.3 Nr 1 Satz 1 EBM-Ä nur einmal im Behandlungsfall und nur von dem Arzt berechnungsfähig, dem der Überweisungsauftrag zur Probenuntersuchung erteilt wurde.

14

bb. Die nach dem Wortlaut der GOP Nr 40120 EBM-Ä ("Versendung … von Briefen ...") dem Grunde nach auch bei einer Unterrichtung Dritter bestehende Erstattungspflicht wird durch die Anmerkung zur GOP beschränkt, wonach die Kosten der Versendung an den auftragserteilenden Arzt in den Fällen nicht berechnet werden können, in denen die Kostenpauschale nach der Nr 40100 EBM-Ä abgerechnet worden ist. Die vom BewA selbst normierte Anmerkung zu einer GOP hat denselben Rang wie die Leistungslegende (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 10 RdNr 16; BSG SozR 4-5531 Nr 7120 Nr 1 RdNr 13 ff; zuletzt BSG Beschluss vom 11.12.2013 - B 6 KA 38/13 B); für ihre Auslegung gelten deshalb dieselben Grundsätze wie für die Auslegung der Leistungslegende der GOP.

15

(1) Nach dieser Anmerkung ist der Ansatz der "kleinen" Portopauschale nach der Nr 40120 EBM-Ä immer dann ausgeschlossen, wenn im jeweiligen Behandlungsfall die Pauschale nach der Nr 40100 EBM-Ä berechnet worden ist. Dieser bereits dem Wortlaut der Anmerkung ("… in Fällen nicht berechnet werden, in denen ...") folgende Normbefehl wird durch systematische Erwägungen - als Teil einer systematischen Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Gebührenregelungen (BSG SozR 4-5531 Nr 7120 Nr 1 RdNr 14 unter Hinweis auf BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4) - bestätigt.

16

Wie der Senat bereits zur Nr 7103 EBM-Ä aF (der Vorgängerregelung zur Nr 40100 EBM-Ä) entschieden hat, stellt die Nr 40100 EBM-Ä eine umfassende Kostenpauschale für den Komplex "Übersendung von Untersuchungsmaterial einschließlich Befundbericht" dar, mit deren Ansatz der gesamte Versendungsaufwand des Laborarztes (oder Pathologen) im Zusammenhang mit der Versendung von Untersuchungsmaterial und Berichten abgegolten ist (BSG SozR 4-5531 Nr 7120 Nr 1 RdNr 13 ff). Der Senat hat dabei auf den im Wortlaut der GOP verwendeten Terminus "Fälle", der unspezifischer ist als der Begriff des "Behandlungsfalles" (aaO, RdNr 13), sowie auf die Intention des Normgebers verwiesen, dass mit dieser GOP die gesamten Kosten für die Versendung, den Transport bzw die Übermittlung der Untersuchungsergebnisse abgegolten sein sollen (aaO, RdNr 14). Schließlich lässt auch die Beschränkung der Abrechenbarkeit in der Anmerkung zur GOP Nr 7120 EBM-Ä aF (der Vorgängerregelung zur Nr 40120 EBM-Ä) erkennen, dass die Pauschale nach der Nr 7103 EBM-Ä aF die gesamten Kosten für Laborleistungen für einen Patienten in einem Quartal erfassen will (BSG SozR 4-5531 Nr 7120 Nr 1 RdNr 15; so schon LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 27.8.2004 - L 5 KA 197/04 - Juris RdNr 41; vgl auch BSG SozR 3-5533 Nr 7103 Nr 1 S 9). Die Ausführungen des Senats zum Verhältnis der GOPen Nr 7120 EBM-Ä aF und Nr 7103 EBM-Ä aF zueinander gelten nicht allein für die dort entschiedene Frage einer wiederholten Abrechenbarkeit der Kostenpauschale im Falle einer Fraktionierung von Laborleistungen, sondern besitzen generelle Gültigkeit für den Charakter der Kostenpauschale nach der Nr 7103 EBM-Ä aF als Vorläuferin zur Nr 40100 EBM-Ä nF.

17

(2) Entgegen der Auffassung des LSG kommt es insoweit nicht darauf an, ob der "Brief" im Sinne der Nr 40120 EBM-Ä an den überweisenden Arzt oder an einen Dritten, zB den Hausarzt des Patienten gesandt wird. Soweit in der Anmerkung ausdrücklich nur die gesonderte Berechnungsfähigkeit von Briefen an den auftragserteilenden Arzt ausgeschlossen ist, hat das nicht zur Folge, dass Briefe an Dritte auch dann berechnungsfähig sind, wenn der Pathologe im jeweiligen Behandlungsfall die Pauschale nach Nr 40100 EBM-Ä abgerechnet hat.

18

Das LSG entnimmt der - vom 1.4.2005 bis zum 30.6.2013 in der Anmerkung enthaltenen (s DÄ 2013, A 1283) - Wendung "an den auftragserteilenden Arzt" zu Unrecht, dass die Versendung an Dritte - dh alle anderen Empfänger - von der Einschränkung der Abrechenbarkeit nicht erfasst sein soll. Dieser Ansicht ist nicht zu folgen, weil die für die Einschränkung der Abrechenbarkeit maßgebliche Regelung im nachfolgenden Satzteil "in denen die Kostenpauschale nach der Nr. 40100 abgerechnet worden ist" normiert ist. Nicht die Versendung des Untersuchungsergebnisses an den Auftraggeber, sondern die Abrechnung der - wie dargestellt, umfassenden - Kostenpauschale nach der Nr 40100 EBM-Ä begründet den Ausschluss der Abrechenbarkeit der "Portopauschale". Deshalb ist die Berechnung dieser Position der maßgebliche Grund für den Ausschluss der Ansatzfähigkeit der "kleinen" Portopauschale; an wen der die Überweisung ausführende Arzt einen Brief versendet, ist gleichgültig.

19

Die Wendung "an den auftragserteilenden Arzt" ist demgegenüber nur als Beschreibung des Regelfalles zu sehen, nicht aber als Regelung in dem Sinne, dass die Versendung eines Befundberichts an Dritte den Ansatz (auch) der Nr 40120 EBM-Ä ermöglicht. Sie beschreibt allein den Umstand, dass der Untersuchungsbericht an den auftragserteilenden Arzt übersandt wird. Eine Abrechnung der Nr 40100 EBM-Ä setzt die Versendung von Untersuchungsmaterial voraus, sodass der Abrechnungsausschluss auch nur in Konstellationen relevant wird, in denen ein (auftraggebender) Arzt einen anderen (auftragnehmenden) Arzt mit der Untersuchung von Material beauftragt. Zu einer - für den Abrechnungsausschluss relevanten - Versendung von Untersuchungsergebnissen durch einen Arzt kommt es mithin nur in den Fällen, in denen zuvor ein anderer Arzt eine Überweisung zur Auftragsleistung ausgestellt hat; im Rahmen dieses Auftragsverhältnisses stellt es eine Selbstverständlichkeit dar, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber (und - zumindest im Regelfall - niemandem sonst) die Untersuchungsergebnisse mitteilt.

20

(3) Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Vertragspartner mit dem Zusatz "an den auftragserteilenden Arzt" die Absicht verfolgt haben könnten, lediglich in Fällen einer Übersendung von Untersuchungsergebnissen an diesen die dargestellte umfassende Abgeltungswirkung der Nr 40100 EBM-Ä durchzusetzen, nicht aber bei der Versendung an Dritte. Erst recht bietet der Tatbestand keine Grundlage für die Annahme des LSG, dass der BewA mit einer gesonderten Kostenerstattung bewusst einen Anreiz für Fälle einer notwendigen Unterrichtung Dritter habe schaffen wollen. Diese Erwägungen beachten nicht hinreichend den Grundsatz, dass sich die Gerichte bei der Auslegung von Vorschriften über die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen Zurückhaltung aufzuerlegen haben (stRspr des BSG: SozR 3-5533 Nr 1460 Nr 1 S 2; SozR 3-5533 Nr 2000 Nr 1 S 2; SozR 3-2500 § 87 Nr 1 S 2; BSGE 69, 166, 167 = SozR 3-2500 § 87 Nr 2 S 5; SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 22).

21

Für solche Anreize besteht auch in der Sache kein Anlass: Zum einen kann nicht außer Betracht bleiben, dass Pathologen als ausschließlich auf Überweisung tätige Ärzte iS des § 13 Abs 4 des Bundesmantelvertrags-Ärzte von der nach Kap I Nr 2.1.4 der Allgemeinen Bestimmungen zum EBM-Ä bestehenden Pflicht befreit sind, dem Hausarzt einen Bericht oder die Kopie eines an den überweisenden Facharzt gerichteten Berichts zu übersenden (vgl Kap I Nr 2.1.5, aaO). Dies lässt die Einschätzung der im BewA vertretenen Institutionen erkennen, dass es derartiger Berichte (grundsätzlich) nicht bedarf.

22

Zum anderen ist - ggf abgesehen von seltenen Konstellationen, die keiner gebührenrechtlichen Regelung bedürfen - nicht erkennbar, dass eine unmittelbare Information des Hausarztes durch den Pathologen erforderlich ist. Der (Fach-)Arzt, der die Untersuchung durch den Pathologen veranlasst hat, soll und muss erfahren, was die Untersuchung ergeben hat. Er muss diesen Befund mit dem Patienten besprechen oder diesen Befund zumindest in seinen Befundbericht einbeziehen. Daran ändert nichts, wenn der die Untersuchung in Auftrag gebende (Fach-)Arzt ausdrücklich den Wunsch äußert, der Pathologe möge den Untersuchungsbericht (auch) an den Hausarzt des Patienten übermitteln. Der Pathologe weiß typischerweise nichts über das Verhältnis des Patienten zu seinem Hausarzt und über die Kommunikation zwischen den an der Behandlung des Patienten beteiligten Ärzte. Im Übrigen benötigt der Hausarzt im Allgemeinen die Ergebnisse sowohl der vom Facharzt durchgeführten (zB endoskopischen) als auch der vom Pathologen durchgeführten histologischen Untersuchung, um eine sachgerechte Behandlung durchführen zu können.

23

(4) Der Hinweis der Klägerin, dass die tatsächlichen Kosten für die Versendung höher seien als der Erstattungsbetrag nach der Nr 40100 EBM-Ä, ist rechtlich unerheblich, wie der Senat bereits mit Urteil vom 25.8.1999 (B 6 KA 57/98 R - Juris RdNr 19 = MedR 2000, 201 = USK 99153) dargelegt hat.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zu tragen, da sie unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO).

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 95 614 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Im Streit ist eine sachlich-rechnerische Richtigstellung und Honorarrückforderung für die Quartale II/2001 bis II/2003. Die Klägerin ist eine gynäkologische Gemeinschaftspraxis, die ein zytologisches Labor betreibt. Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung stellte in einer Plausibilitätsprüfung einen deutlichen Anstieg der nach der Nummer 4950 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) abgerechneten Leistungen fest. Sie kürzte daher mit Bescheid vom 1.3.2004 die Honoraransprüche der Klägerin für die streitbefangenen Quartale um insgesamt 95 613,77 Euro. Es sei festzustellen, dass in allen Quartalen zu nahezu 100 % die Nummer 4950 EBM-Ä (zytologische Untersuchung eines oder mehrerer speziell gefärbter Abstriche zur Diagnostik der hormonellen Funktion) zusammen mit der Nummer 4951 EBM-Ä (zytologische Untersuchung eines oder mehrerer Abstriche, auch Bürstenabstriche, von Ekto- und/oder Endozervix) abgerechnet worden sei. Aus dem eindeutigen Wortlaut der Leistungslegende der Nummer 4951 EBM-Ä ergebe sich, dass auch mehrere Abstriche von Ekto- und/oder Endozervix nur ein "Material" darstellten. Bei Untersuchungen an demselben Material sei aber die Leistung nach Nr 4950 EBM-Ä neben der Leistung nach Nr 4951 EBM-Ä nicht berechnungsfähig. Widerspruch, Klage und Berufung hiergegen sind erfolglos geblieben. In dem angefochtenen Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG führt das LSG aus, der Begriff "dasselbe Material" in der Nummer 4951 EBM-Ä den Stoff meine, der bereits Gegenstand der Abrechnung unter der Nummer 4950 EBM-Ä gewesen sei. Nach dieser Ziffer werde die "zytologische Untersuchung eines oder mehrerer Abstriche … von Ekto- und/oder Endozervix " zusammenfassend mit 140 Punkten bewertet. Der Anregung der Klägerin, zur Frage "desselben Materials" ein Sachverständigengutachten einzuholen, sei nicht nachzugehen gewesen, weil es nicht entscheidend auf medizinische Gesichtspunkte, sondern auf die rechtlichen Vorgaben des EBM-Ä ankomme.

2

Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, zu deren Begründung sie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) sowie einen Verfahrensfehler rügt (§ 160 Abs 1 Nr 3 SGG).

3

II. Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung oder eines Verfahrensmangels sind nicht gegeben.

4

1. Bei einer die Amtsermittlungspflicht des Gerichts nach § 103 SGG betreffenden Beanstandung muss ein Beweisantrag genannt und dazu ausgeführt werden, dass das LSG diesem ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Darzulegen ist ferner, dass der Beweisantrag im Berufungsverfahren noch zusammen mit den Sachanträgen gestellt oder sonst aufrechterhalten worden ist. Die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde erfordert die genaue Bezeichnung des Beweisantrages, die schlüssige Darstellung des den Mangel ergebenden Sachverhalts und Ausführungen zur Aufklärungspflicht des Gerichts (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 160 RdNr 18 ff). Ausgehend von einem prozessordnungsgerechten Beweisantrag liegt eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nicht vor. Das LSG hat vielmehr zu Recht ausgeführt, dass es der Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht bedurfte, weil es sich bei der Auslegung der Leistungslegende um eine Rechtsfrage und nicht um eine medizinische Frage handelt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats, auf die auch das LSG Bezug genommen hat, ist für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich (vgl zuletzt BSG, Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 34/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG SozR 4-5531 Nr 7120 Nr 1 RdNr 11). Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12; SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 11 und Nr 10 RdNr 10, jeweils mwN). Sind danach allein maßgeblich juristische Auslegungsmethoden, tritt die medizinische Beurteilung in den Hintergrund. Selbst im medizinischen Sinne unterschiedliche Materialien können im maßgeblichen rechtlichen Sinne als dasselbe Material angesehen werden. Die Ergebnisse eines medizinischen Sachverständigengutachtens wären damit nicht entscheidungserheblich gewesen.

5

2. Auch der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache liegt nicht vor. Für die Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache muss gemäß den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Darlegungsanforderungen in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung bezeichnet(vgl BVerfGE 91, 93, 107 = SozR 3-5870 § 10 Nr 5 S 31; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 37 f) und ausgeführt werden, inwiefern diese Rechtsfrage in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich (klärungsfähig) sowie klärungsbedürftig ist. Es muss ersichtlich sein, dass sich die Antwort nicht ohne Weiteres aus der bisherigen Rechtsprechung ergibt.

6

Die von der Klägerin aufgeworfene Frage:

        

"Ist bei der Entnahme von Abstrichen der Endo- und Ektozervix eine parallele Abrechnung der Ziffern 4950 und 4951 möglich, weil es sich nicht um dasselbe Material im Sinne des EBM-Ä handelt?"

ist zwar noch nicht ausdrücklich höchstrichterlich geklärt. Angesichts der Nachfolgeregelungen in Nr 19331 und 19311 EBM-Ä betrifft sie auch nicht nur sog ausgelaufenes Recht. Der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf es aber nicht, weil die Grundsätze der Auslegung von Vergütungstatbeständen in der Rechtsprechung des Senats geklärt sind. Aus der richtigen oder falschen Anwendung dieser Grundsätze auf einzelne Gebührennummern kann sich eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Regelfall nicht ergeben (vgl Beschlüsse vom 16.5.2001 - B 6 KA 15/01 B - und vom 13.12.2000 - B 6 KA 30/00 B - Juris). Darüber hinaus kann die Frage anhand der Auslegungskriterien eindeutig beantwortet werden. Das LSG hat insofern zutreffend aus dem Wortlaut der Nummer 4951 EBM-Ä gefolgert, dass die Leistung auch dann nur einmal abgerechnet werden kann, wenn mehrere Abstriche von Ekto- und Endozervix untersucht wurden. Werden diese somit rechtlich durch die EBM-Ä-Ziffer zusammengefasst, sind sie - unabhängig von der medizinischen Klassifizierung - rechtlich als "dasselbe Material" im Sinne des Zusatzes zu Nr 4951 anzusehen.

7

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt die Klägerin die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO).

8

4. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Seine Bemessung erfolgt entsprechend dem streitigen Regressbetrag.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106c geprüft werden. Die Prüfung kann neben dem zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumen auch Überweisungen sowie sonstige veranlasste ärztliche Leistungen, insbesondere aufwändige medizinisch-technische Leistungen umfassen; honorarwirksame Begrenzungsregelungen haben keinen Einfluss auf die Prüfungen.

(2) Veranlassung für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 1 besteht insbesondere

1.
bei begründetem Verdacht auf fehlende medizinische Notwendigkeit der Leistungen (Fehlindikation),
2.
bei begründetem Verdacht auf fehlende Eignung der Leistungen zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels (Ineffektivität),
3.
bei begründetem Verdacht auf mangelnde Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualitätsmangel), insbesondere in Bezug auf die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthaltenen Vorgaben,
4.
bei begründetem Verdacht auf Unangemessenheit der durch die Leistungen verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel oder
5.
bei begründetem Verdacht, dass Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie unvereinbar mit dem Heil- und Kostenplan sind.

(3) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. November 2019 das Nähere zu den Voraussetzungen nach Absatz 2 in Rahmenempfehlungen. Die Rahmenempfehlungen sind bei den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 zu berücksichtigen.

(4) Die in § 106 Absatz 1 Satz 2 genannten Vertragspartner können über die Prüfung nach Absatz 1 hinaus Prüfungen ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen, dürfen bei Ärzten der betroffenen Arztgruppe keine Prüfungen nach Durchschnittswerten durchgeführt werden. In den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 sind die Zahl der je Quartal höchstens zu prüfenden Ärzte in einer Kassenärztlichen Vereinigung sowie im Rahmen der Prüfungen nach Absatz 1 und der Prüfungen nach Satz 1 als Kriterien zur Unterscheidung Praxisbesonderheiten festzulegen, die sich aus besonderen Standort- und Strukturmerkmalen des Leistungserbringers oder bei besonderen Behandlungsfällen ergeben. Die Praxisbesonderheiten sind vor Durchführung der Prüfungen als besonderer Versorgungsbedarf durch die Prüfungsstellen anzuerkennen; dies gilt insbesondere auch bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Besuchsleistungen.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106c geprüft werden. Die Prüfung kann neben dem zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumen auch Überweisungen sowie sonstige veranlasste ärztliche Leistungen, insbesondere aufwändige medizinisch-technische Leistungen umfassen; honorarwirksame Begrenzungsregelungen haben keinen Einfluss auf die Prüfungen.

(2) Veranlassung für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 1 besteht insbesondere

1.
bei begründetem Verdacht auf fehlende medizinische Notwendigkeit der Leistungen (Fehlindikation),
2.
bei begründetem Verdacht auf fehlende Eignung der Leistungen zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels (Ineffektivität),
3.
bei begründetem Verdacht auf mangelnde Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualitätsmangel), insbesondere in Bezug auf die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthaltenen Vorgaben,
4.
bei begründetem Verdacht auf Unangemessenheit der durch die Leistungen verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel oder
5.
bei begründetem Verdacht, dass Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie unvereinbar mit dem Heil- und Kostenplan sind.

(3) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. November 2019 das Nähere zu den Voraussetzungen nach Absatz 2 in Rahmenempfehlungen. Die Rahmenempfehlungen sind bei den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 zu berücksichtigen.

(4) Die in § 106 Absatz 1 Satz 2 genannten Vertragspartner können über die Prüfung nach Absatz 1 hinaus Prüfungen ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen, dürfen bei Ärzten der betroffenen Arztgruppe keine Prüfungen nach Durchschnittswerten durchgeführt werden. In den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 sind die Zahl der je Quartal höchstens zu prüfenden Ärzte in einer Kassenärztlichen Vereinigung sowie im Rahmen der Prüfungen nach Absatz 1 und der Prüfungen nach Satz 1 als Kriterien zur Unterscheidung Praxisbesonderheiten festzulegen, die sich aus besonderen Standort- und Strukturmerkmalen des Leistungserbringers oder bei besonderen Behandlungsfällen ergeben. Die Praxisbesonderheiten sind vor Durchführung der Prüfungen als besonderer Versorgungsbedarf durch die Prüfungsstellen anzuerkennen; dies gilt insbesondere auch bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Besuchsleistungen.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

Tatbestand

1

Im Streit steht ein Regress wegen der Verordnung eines Arzneimittels.

2

Der Beigeladene zu 1. ist Chefarzt der Klinik für Frauenheilkunde des Kreiskrankenhauses H. und war im fraglichen Zeitraum zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt. Am 18.12.2000 verordnete er zugunsten eines bei der Beigeladenen zu 8. versicherten Patienten Wobe Mugos E-Tabletten. Am 22.10.2001 stellte die Beigeladene zu 8. bei der klagenden Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) einen Antrag auf Prüfung dieser Verordnung und Festsetzung eines Regresses in Höhe von 260,27 DM (= 133,07 Euro). Mit Schreiben vom 27.12.2001 setzte die Bezirksstelle Hannover der Klägerin den Beigeladenen zu 1. über den Prüfantrag in Kenntnis. Zugleich teilte sie diesem sowie der Beigeladenen zu 8. mit, dass sie den Antrag bis zur Klärung der Rechtslage ruhen lassen werde; die Verordnungsfähigkeit des Präparats sei unsicher, da für Wobe Mugos E-Tabletten nur eine fiktive Zulassung vorliege.

3

Nachdem das BSG mit Urteil vom 27.9.2005 (B 1 KR 6/04 R - BSGE 95, 132 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3)entschieden hatte, dass Wobe Mugos E-Tabletten nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können, setzte der Prüfungsausschuss mit Bescheid vom 10.8.2006 gegen den Beigeladenen zu 1. einen Regress in Höhe von 133,07 Euro fest. Der vom Beigeladenen zu 1. unter Hinweis auf zwischenzeitlich eingetretene Verjährung eingelegte Widerspruch blieb erfolglos. Der Beklagte vertrat die Auffassung, der Ablauf der hier maßgeblichen Verjährungsfrist von vier Jahren sei dadurch unterbrochen (bzw gehemmt) worden, dass der betroffene Vertragsarzt von der Prüfungseinrichtung über die Antragstellung der Krankenkasse informiert und ihm rechtliches Gehör eingeräumt worden sei.

4

Auch die hiergegen von der Klägerin erhobene Klage ist ohne Erfolg geblieben. Das SG hat die Auffassung vertreten, die vierjährige Ausschlussfrist sei im Rahmen der richterlichen Rechtsfortbildung für Honorarkürzungen entwickelt worden; durch die hier festgesetzten Regresse werde jedoch unmittelbar keine Honorarkürzung bewirkt. Eine Ausschlussfrist sei auch nicht zur Wahrung der Rechtssicherheit erforderlich, weil die Prüfvereinbarung vorsehe, dass Krankenkassen Anträge auf Festsetzung eines sonstigen Schadens innerhalb von vier Jahren nach der Pflichtverletzung stellen müssten. Die von der Klägerin erhobene Einrede der Verjährung sei ohne Rechtswirkung, weil das hier fragliche verfahrensrechtliche Gestaltungsrecht grundsätzlich nicht der Verjährung unterliegen könne (Urteil vom 10.10.2007).

5

Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das Urteil des SG sowie den Bescheid des Beklagten aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, zwar sei der Beigeladene zu 1. dem Grunde nach verpflichtet, der betroffenen Krankenkasse den Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unzulässige Verordnung von Wobe Mugos E entstanden sei. Jedoch sei der Beklagte durch Fristablauf an der Festsetzung eines Regresses gehindert gewesen. Allerdings greife nicht die von der BSG-Rechtsprechung entwickelte Ausschlussfrist ein, denn für diese sei von vornherein kein Raum, wenn sich - wie hier - die Regressforderung aus einem Schadensersatzanspruch ergebe, bei dem die zeitliche Begrenzung bereits aus der Möglichkeit der Verjährung folge. Der Schadensersatzanspruch der Beigeladenen zu 8. sei verjährt, denn ausgehend von der Einlösung der umstrittenen Verordnung im Jahre 2001 sei der Lauf der vierjährigen Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2005 - und damit vor Erlass des Bescheides des Prüfungsausschusses vom 10.8.2006 - vollendet gewesen. Die Verjährung sei auch nicht dadurch gehemmt worden, dass die Beigeladene zu 8. die Festsetzung des Schadensersatzanspruchs bei der Klägerin beantragt und die Klägerin dies dem Beigeladenen zu 1. mitgeteilt habe. § 45 Abs 3 SGB I sei nicht einschlägig, da die darin liegende Privilegierung des Anspruchsinhabers auf Sozialleistungen beschränkt sei(Urteil vom 28.1.2009).

6

Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Er teile zwar die Auffassung des Berufungsgerichts, dass bei einem Arzneimittelverordnungsregress im Einzelfall wegen der Nähe zum klassischen Schadensersatzrecht keine Ausschlussfrist eingreife, sondern Regressansprüche der Krankenkassen der Verjährung unterlägen, gehe jedoch von einer wirksamen Hemmung der Verjährungsfrist aus. Bei den gesetzlichen Verjährungsregelungen gehe es jeweils um ein Zweierverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner, während im komplizierten Kompetenzgeflecht im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung immer Verhältnisse mit mehr als zwei Beteiligten zu beurteilen seien. Zudem sei er - der Beklagte - nie Gläubiger der Regressforderung, die er festsetze. Als Konsequenz aus diesen Besonderheiten dürften etwaige Hemmungsvorschriften nur entsprechend und nicht direkt zur Anwendung kommen. In diesem Sinne seien "Verhandlungen" iS des § 203 BGB nF (in der seit dem 1.1.2002 gültigen Fassung) in Form der Rechtsverfolgung bzw eines alle Instanzen durchlaufenden Gerichtsverfahrens erfolgt. Auch eine Anwendung des § 206 BGB sei nicht ausgeschlossen, denn er - der Beklagte - habe die höchstrichterliche Entscheidung zu dem Problemkomplex um das Präparat Wobe Mugos E abwarten müssen, um ggf nicht sehenden Auges rechtswidrige Bescheide zu erlassen. Die vom LSG angeführte Entscheidung des BVerwG sei auf den vorliegenden Fall mangels Vergleichbarkeit nicht übertragbar; sie benachteilige auch diejenigen, die auf ein zweistufiges Verwaltungsverfahren verwiesen würden. Schließlich sei der Grundsatz nicht beachtet worden, dass die Verjährung nicht gegen denjenigen laufe, welcher den Eintritt der Verjährung nicht - klageweise - verhindern könne. Die Beigeladene zu 8. habe keine Möglichkeit gehabt, das laufende Verfahren zu beeinflussen, sondern sei zur Untätigkeit gezwungen gewesen. Nach der Entscheidung des erkennenden Senats vom 28.8.1996 sei eine Hemmung der Verjährungsfrist dann gegeben, wenn die Beteiligten über den Hemmungsgrund "offiziell" Kenntnis erlangt hätten, dieser Hemmungsgrund zweckmäßig sei und nicht eine sittenwidrige Verzögerung bedinge, und der Hemmungszeitraum angemessen sei und nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße. Diese Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt.

7

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 28. Januar 2009 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 10. Oktober 2007 zurückzuweisen,

hilfsweise, das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 28. Januar 2009 aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

8

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Die Prüfbefugnis der Gremien nach § 106 SGB V unterliege als verfahrensrechtliches Gestaltungsrecht allein einer vierjährigen Ausschlussfrist. Die Prüfgremien seien in jedem Einzelfall verpflichtet, zunächst von Amts wegen zu prüfen, ob die Prüfbefugnis gegeben oder aufgrund des Ablaufs der Ausschlussfrist entfallen sei. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit dürften die Verfahren hinsichtlich der Fristenregelung nicht unterschiedlich beurteilt werden. Es müsse den Prüfgremien von vornherein klar sein, ob Fristenregelungen von Amts wegen vor Beginn der Prüfung (Ausschlussfrist) oder erst im Rahmen der Durchführung der materiellen rechtlichen Prüfung auf Einrede (Verjährung) zu beachten seien. Im vorliegenden Fall sei die Ausschlussfrist nicht wirksam gehemmt worden. Dies erfordere zwingend den Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber dem Betroffenen; die bloße Kenntnisnahme einer solchen Möglichkeit vor Ablauf der Ausschlussfrist genüge nicht. Bei dem Schreiben ihrer Bezirksstelle vom 27.12.2001 handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um eine bloße Information. Eine Hemmung durch Rechtshandlungen der antragstellenden Krankenkasse komme nur in Ausnahmefällen in Betracht, nämlich dann, wenn es darum gehe, einer Vereitelung der Wirtschaftlichkeitsprüfung durch die Prüfgremien entgegenzutreten. Der Beigeladenen zu 8. habe die Möglichkeit offengestanden, eine Hemmung der Frist durch Erhebung der Untätigkeitsklage nach § 88 SGG zu bewirken. Es hätten weder Verhandlungen in Form der Rechtsverfolgung stattgefunden, noch stelle das Zuwarten auf eine höchstrichterliche Entscheidung höhere Gewalt dar, die eine Rechtsverfolgung verhindert habe.

10

Die Beigeladenen zu 6. und zu 8. haben sich - ohne Anträge zu stellen - den Ausführungen des Beklagten angeschlossen. Die übrigen Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich geäußert.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Beklagten ist begründet. Das LSG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Anspruch der Beigeladenen zu 8. auf Festsetzung eines Arzneikostenregresses verjährt ist. Er ist auch nicht aus anderen Gründen ausgeschlossen.

12

1. Die KÄV ist durch den Bescheid, mit dem der Beklagte einen Arzneikostenregress gegen den Beigeladenen zu 1. festgesetzt hat, rechtlich beschwert (BSGE 79, 97, 99 f = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 3 f; BSGE 92, 283 = SozR 4-2500 § 106 Nr 5, RdNr 21). Eine Betroffenheit der KÄV in eigenen Rechten hat der Senat aus der Gesamtverantwortung der KÄVen für eine den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entsprechende Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung (§ 75 Abs 1 SGB V)abgeleitet, in die durch die Entscheidung der Prüfgremien eingegriffen wird (BSGE 79 aaO S 99 f = SozR aaO S 4; BSGE 92 aaO = SozR aaO, RdNr 22). Hieraus folgt ihre Befugnis, die Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung unabhängig vom Nachweis eines darüber hinausgehenden konkreten rechtlichen Interesses im Einzelfall geltend zu machen (BSGE 79 aaO S 100 = SozR aaO S 4 mwN).

13

2. Für die vom Beigeladenen zu 1. im Quartal IV/2000 vorgenommene Verordnung von Wobe Mugos E haben die Prüfgremien zu Recht einen Regress festgesetzt. Dieser ist - wie auch nicht im Streit steht - in der Sache nicht zu beanstanden. Der Festsetzung eines Regresses stehen auch weder ein Verjährungseintritt noch ein Verstreichen der Ausschlussfrist von vier Jahren entgegen.

14

a) Rechtsgrundlage des Arzneikostenregresses ist § 106 Abs 2 SGB V (hier zugrunde zu legen idF des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626, die im Quartal IV/2000 galt; - zur Zugrundelegung des § 106 Abs 2 SGB V vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 17 RdNr 12 und BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19, RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 14). Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen, und zwar entweder nach Durchschnittswerten oder bei Überschreitung von Richtgrößen nach § 84 SGB V106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V) und/oder auf der Grundlage von Stichproben (§ 106 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V) geprüft. Über diese Prüfungsarten hinaus können die Landesverbände der Krankenkassen mit den KÄVen gemäß § 106 Abs 2 Satz 4 SGB V andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren; diese Prüfvereinbarungen ermächtigen regelmäßig auch zu Einzelfallprüfungen (s zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 17 RdNr 12 bis 14 mwN). Diese waren auch in der hier einschlägigen Prüfvereinbarung vom 24.6.1996 vorgesehen, wie sich aus dem Urteil des SG ergibt, das für die Feststellung und Auslegung von Landesrecht (auch) zuständig ist (s § 162 SGG und dazu zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 17 RdNr 12 mwN). Einzelfallprüfungen sind insbesondere dann sachgerecht - und ihre Auswahl daher rechtmäßig - wenn das individuelle Vorgehen eines Arztes in einem bestimmten Behandlungsfall hinsichtlich des Behandlungs- und Verordnungsumfangs am Maßstab des Wirtschaftlichkeitsgebots überprüft werden soll (s BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 17 RdNr 16; BSG SozR § 106 Nr 21 RdNr 14). Dem Beschluss des Beklagten ist auch mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass er eine Einzelfallprüfung wegen Unwirtschaftlichkeit durchgeführt hat.

15

b) Die im vorliegenden Fall aufgrund vorgenannter Rechtsgrundlage durchgeführte Einzelfallprüfung lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Die Annahme der Unwirtschaftlichkeit wie auch die Höhe des festgesetzten Regresses sind nicht zu beanstanden.

16

Wie der Senat bereits mit Urteilen vom 5.11.2008 (B 6 KA 63/07 R = SozR 4-2500 § 106 Nr 21 und B 6 KA 64/07 R) sowie vom 6.5.2009 (B 6 KA 3/08 R = USK 2009-14 = MedR 2010, 276) entschieden hat, war die vom Beigeladenen zu 1. vorgenommene Verordnung von Wobe Mugos E im Quartal IV/2000 nicht zulässig. Denn dieses Arzneimittel durfte nicht im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnet werden; insoweit bestand weder eine Leistungspflicht der Krankenkassen noch ein Versorgungsanspruch der Versicherten. Jedenfalls seit der Ablehnung der Zulassungsverlängerung durch den Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 9.6.1998 war Wobe Mugos E nicht mehr verordnungsfähig im Sinne des SGB V (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 25). Fehlte die Verordnungsfähigkeit, so ist Unwirtschaftlichkeit gegeben (BSG aaO unter Hinweis auf BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 52 S 281 f und BSG MedR 2007, 557).

17

c) Die Festsetzung des Regresses ist auch nicht wegen Zeitablaufs ausgeschlossen.

18

aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts unterliegt das Recht der Prüfgremien auf Erlass von Prüfbescheiden nicht der Verjährung. Dies hat das BSG - unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 16.1.1991 - BSGE 68, 97 = SozR 3-2500 § 106 Nr 4, und vom 31.7.1991 - BSGE 69, 147 = SozR 3-2500 § 106 Nr 7) bereits mit Urteil vom 16.6.1993 (14a/6 RKa 37/91- BSGE 72, 271 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19; bestätigt durch BSGE 79, 97, 100 = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 4; s auch BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 16; BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 20)entschieden.

19

(1) Wie der Senat dargelegt hat, unterliegt nach § 194 Abs 1 BGB der Verjährung nur das Recht, von einem Anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (Anspruch); Rechte, die keine Ansprüche sind, unterliegen nicht der Verjährung (BSGE 72, 271, 273 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 S 107). Das gilt insbesondere für Gestaltungsrechte (BSGE aaO = SozR aaO mwN; s auch Ellenberger in: Palandt, BGB, 69. Aufl 2010, § 194 RdNr 3). Das Prüfverfahren ist nach dem Gesetz auf die endgültige Feststellung des Honoraranspruchs in Ersetzung des Honorarbescheides und auf die Festsetzung eines etwaigen Regresses wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise ausgerichtet (BSG aaO). Das Recht des Prüfungsausschusses, den Honoraranspruch endgültig und entsprechend dem Prüfergebnis anders als im Honorarbescheid festzusetzen, ist nicht auf ein Tun oder Unterlassen des Vertragsarztes gerichtet (BSG aaO). Es ist jedenfalls kein Anspruch, sondern einem Gestaltungsrecht vergleichbar (BSG aaO; s auch BSGE 79, 97, 100 = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 4).

20

(2) Etwas anderes gilt lediglich für das Verfahren auf Feststellung eines "sonstigen Schadens" (s BSGE 79, 97, 100 = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 4). Zur Begründung hat der Senat (aaO) auf die Unterschiede verwiesen, die zwischen der Überprüfung des dem Vertragsarzt gegen die KÄV zustehenden Honoraranspruchs unter den Gesichtspunkten der sachlich-rechnerischen Richtigkeit und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung auf der einen und der Feststellung eines gegen den Vertragsarzt gerichteten Schadensersatzanspruchs auf der anderen Seite bestehen. Anders als die auf Prüfung und ggf Kürzung der eingereichten Honorarforderung gerichtete Prüfungsbefugnis der Prüfgremien, die - wie dargelegt - als verfahrensrechtliches Gestaltungsrecht nicht der Verjährung unterliegt, bildet das Verfahren auf Feststellung eines "sonstigen Schadens" nach bundesmantelvertraglichen Vorschriften (jetzt § 48 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte/§ 44 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen sowie § 23 Abs 1 Satz 2 Bundesmangelvertrag-Zahnärzte) die Grundlage für die Geltendmachung eines gegen den Vertragsarzt gerichteten Schadensersatzanspruchs, der wie jeder Anspruch verjähren kann (BSG aaO). In diesem Fall wird dem Interesse des betroffenen Vertragsarztes, nicht zeitlich unbegrenzt Ersatzansprüchen aus einer abgeschlossenen Behandlung ausgesetzt zu sein, bereits durch die Verjährungsvorschriften Rechnung getragen.

21

(3) Bei Arzneikostenregressen, die auf der Verordnung eines nicht zu Lasten der GKV verordnungsfähigen Arzneimittels beruhen, handelt es sich jedoch nicht um einen Fall des "sonstigen Schadens" im Sinne der BSG-Rechtsprechung. Der gegenteiligen Auffassung des LSG kann nicht gefolgt werden.

22

Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl BSG, Urteile vom 14.3.2001 = SozR 3-2500 § 106 Nr 52 S 283 sowie B 6 KA 18/00 R, vom 30.1.2002, B 6 KA 9/01 R = USK 2002-110 sowie vom 20.10.2004 = SozR 4-2500 § 106 Nr 7 RdNr 12)sind Schadens- und Verordnungsregresse wegen eines Verstoßes gegen die Arzneimittelrichtlinien bzw generell wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel nicht als Fall der Festsetzung eines "sonstigen Schadens" im Sinne der bundesmantelvertraglichen Vorschriften anzusehen. Der durch fehlerhaftes Verordnungsverhalten des Arztes einer Krankenkasse entstandene Schaden unterscheidet sich grundlegend von dem - verschuldensabhängigen (s hierzu BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 52 S 283 und BSG USK 2002-110) - "sonstigen Schaden".

23

Bei Verordnungsregressen besteht der zu ersetzende Schaden der Krankenkasse darin, dass sie an Apotheken Geldbeträge für Arzneien gezahlt hat, welche dem Versicherten gegen Vorlage einer vertragsärztlichen Verordnung ausgehändigt wurden und ausgehändigt werden durften (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 52 S 284; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 7 RdNr 12). Die Krankenkasse hat mithin Kosten aufgewandt, die sie prinzipiell aufwenden muss, die aber im konkreten Fall nicht angefallen wären, wenn der Vertragsarzt den normativen Vorgaben entsprochen hätte (Wenner, Das Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 28 RdNr 3). Der "Schaden", der durch einen Verordnungsregress auszugleichen ist, entspricht somit demjenigen, der durch eine unwirtschaftliche Verordnungsweise im Sinne von § 106 Abs 2 Satz 1 SGB V verursacht worden ist(BSG aaO).

24

Der typische Schadensregress außerhalb des Verordnungsverhaltens ist hingegen dadurch gekennzeichnet, dass das Verhalten des Arztes (zB ein Behandlungsfehler oder eine falsche Bescheinigung) Folgekosten der Krankenkasse in anderen Leistungsbereichen ausgelöst hat (zB notwendige Nachbehandlung, Leistungen wegen Mutterschaft). Der dann zu ersetzende Schaden ist der Struktur nach einem Mangelfolgeschaden nach bürgerlichem Recht vergleichbar (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 52 S 284; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 7 RdNr 12; in diesem Sinne auch Wenner aaO RdNr 3; vgl ferner BSGE 55, 144 = SozR 2200 § 368n Nr 26).

25

Aber auch außerhalb dieser typischen Konstellationen kann es Verordnungsregresse geben, die dem Schadensregress nach den bundesmantelvertraglichen Vorschriften zuzuordnen sind. Hierfür kommen insbesondere Fallgestaltungen in Betracht, bei denen Fehler in Frage stehen, die nicht speziell der Verordnung selbst anhaften, sondern sich aus der Art und Weise der Ausstellung der Verordnung ergeben. Dies kann zB in Betracht kommen, wenn ein Vertragsarzt für einen Patienten eine Verordnung ausstellt, obgleich er ihn nicht selbst in Behandlung hat, dieser sich zur Zeit der Ausstellung der Verordnung in der Behandlung eines Krankenhauses befindet, in dem umfassend Therapien einschließlich aller Arzneimittel zu gewähren sind. Gleiches gilt, wenn ein ermächtigter Krankenhausarzt Arzneiverordnungen im Rahmen seiner Ermächtigungstätigkeit durch einen insoweit nicht vertretungsbefugten anderen Krankenhausarzt unterzeichnen lässt. In solchen Fällen ist im Wege des Schadensregresses vorzugehen, dessen Rechtmäßigkeit ein Verschulden und die Einhaltung der vierjährigen Verjährungsfrist voraussetzt.

26

Kein Schadensregress nach den bundesmantelvertraglichen Vorschriften, sondern ein Fall der Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 106 SGB V liegt indessen zB dann vor, wenn eine Krankenkasse gegenüber einem Vertragsarzt geltend macht, dieser habe die Verteilung des Sprechstundenbedarfs zwischen Primär- und Ersatzkassen fehlerhaft vorgenommen(s BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 7). Ein Fall des § 106 SGB V ist auch dann gegeben, wenn ein Regress deshalb erfolgt, weil die Grenzen der gesetzlichen Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht eingehalten wurden. Auch dieser Regress entspricht der systematischen Struktur nach einem Arzneikostenregress wegen unzureichender Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots oder einer Kürzung vertragsärztlichen Honorars wegen unwirtschaftlicher Leistungserbringung. Diese Maßnahmen knüpfen an die inhaltliche Ausrichtung der Verordnung an, die sich als unzulässig bzw unwirtschaftlich darstellt. Diese Zuordnung wird durch § 106 Abs 5b SGB V bekräftigt, der klarstellt, dass im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung die Einhaltung der Arzneimittel-Richtlinien zu prüfen ist. In solchen Fällen kommt es auf ein Verschulden nicht an.

27

bb) Dass ein Prüfanspruch nicht der Verjährung unterliegt, bedeutet jedoch nicht, dass ein Regressbescheid wegen unzulässiger - und damit unwirtschaftlicher - Arzneiverordnungen zeitlich unbegrenzt ergehen könnte.

28

(1) Wie das BSG bereits mit Urteil vom 16.6.1993 (14a/6 RKa 37/91 - BSGE 72, 271 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19)entschieden hat, ergibt sich die Notwendigkeit einer zeitlichen Begrenzung des Prüfverfahrens bereits aus dem rechtsstaatlichen Gebot der Rechtssicherheit (Art 20 Abs 3 GG); greifen die Verjährungsvorschriften nicht ein, so muss der Gefahr eines "ewigen Prüfverfahrens" auf andere Weise Rechnung getragen werden (BSGE aaO S 275 = SozR aaO S 109 f). Daher hat es das BSG als sachgerecht angesehen, die in den Büchern des SGB für die Verjährung einheitlich festgesetzte Frist von vier Jahren im Sinne einer zeitlichen Höchstgrenze als Ausschlussfrist auch auf das Verfahren zur endgültigen Festsetzung der vertragsärztlichen Honorare zu übertragen (BSGE aaO S 277 = SozR aaO S 112). Diese Ausschlussfrist, innerhalb derer der Bescheid ergehen muss, gilt für sachlich-rechnerische Richtigstellungen (s hierzu BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 22 RdNr 14; BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16)und für Bescheide zur Umsetzung degressionsbedingter Honorarminderungen (BSG MedR 2008, 100 RdNr 15 ff, und BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 15 ff)gleichermaßen wie für Wirtschaftlichkeitsprüfungen (s hierzu BSGE 72, 271, 277 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 S 111 f; BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 62).

29

(2) Diese Ausschlussfrist gilt auch für Regresse wegen solcher Verordnungen, die die Grenzen der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht eingehalten haben, da sie - wie dargelegt - der systematischen Struktur nach einem Arzneikostenregress wegen unzureichender Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots entsprechen. Soweit das LSG die Auffassung vertritt, dass für eine Ausschlussfrist von vornherein dann kein Raum sei, wenn sich die Regressforderung aus einem Schadensersatzanspruch ergebe, bei dem die zeitliche Begrenzung bereits aus der Möglichkeit der Verjährung erfolge, trägt es der Argumentation des 14a Senats zur Ausschlussfrist nicht hinreichend Rechnung. Dieser hat seine Entscheidung, dass das Recht der Prüfgremien auf Erlass von Honorarkürzungsbescheiden nicht der Verjährung unterliegt, damit begründet, dass dieses Recht keinen Anspruch im Sinne des § 194 BGB darstellt, sondern vielmehr einem Gestaltungsrecht vergleichbar ist. Zwar unterliegen Rückzahlungs- und Schadensersatzansprüche als solche der Verjährung; damit kann aber eine Verjährung des Prüfrechts nicht begründet werden (BSGE 72, 271, 274 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 S 108 f).

30

cc) Der Bescheid vom 10.8.2006 ist allerdings nicht innerhalb der hier maßgeblichen Ausschlussfrist von vier Jahren ergangen.

31

Der die Wirtschaftlichkeitsprüfung bzw die Prüfung der sachlich-rechnerischen Berichtigung abschließende Bescheid muss nach der zitierten Senatsrechtsprechung innerhalb der Ausschlussfrist von vier Jahren ergehen. Dabei kann offen bleiben, wann diese Ausschlussfrist in den Fällen zu laufen beginnt, in denen - wie hier - ein Regress wegen einzelner Arzneimittelverordnungen im Streit steht. Wie der Senat mit Urteil vom 28.3.2007 (B 6 KA 22/06 R - BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35; ebenso die weiteren Urteile vom 28.3.2007, MedR 2008, 100 und B 6 KA 28/06 R) entschieden hat, beginnt die Ausschlussfrist "in allen Fällen der Berichtigung von Honorarbescheiden" mit dem Tag nach der Bekanntgabe des für den Abrechnungszeitraum maßgeblichen Honorarbescheids zu laufen (BSGE aaO = SozR aaO, RdNr 18). Ob dies - im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung - auch bei Arzneikostenregressen entsprechend gilt (zu weiteren möglichen Anknüpfungspunkten s SG Berlin, Urteil vom 27.8.2008 - S 83 KA 653/07, juris), braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn unabhängig davon, ob die Ausschlussfrist noch im Laufe des Jahres 2000 oder - äußerstenfalls - mit Ablauf des Jahres 2001 zu laufen begonnen hatte, war sie spätestens mit Ende des Jahres 2005, also vor Erlass des Regressbescheides, abgelaufen.

32

Später ergehende Kürzungs- bzw Rückforderungsbescheide können regelmäßig nur noch dann Rechtswirkungen entfalten, wenn die Vertrauensschutzausschlusstatbestände des § 45 SGB X(Abs 2 iVm Abs 4 Satz 1) vorliegen (BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 16; BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 12). Deren Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt, denn es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beigeladene zu 1. "bösgläubig" im Sinne des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X war.

33

dd) Der Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist ist jedoch unbeachtlich, weil die Ausschlussfrist vorliegend unterbrochen bzw gehemmt worden ist.

34

(1) Die Möglichkeit einer Unterbrechung bzw Hemmung der Ausschlussfrist für den Erlass von Prüf- und Richtigstellungsbescheiden folgt aus der entsprechenden Anwendung der Vorschriften des § 45 SGB I über die Unterbrechung bzw Hemmung der Verjährung(s hierzu BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 14; s auch BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 28, und BSG, Beschluss vom 27.4.2005 - B 6 KA 46/04 B - juris RdNr 10 f; vgl auch BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 62). Die Anwendung einzelner Verjährungsvorschriften, insbesondere der über die Unterbrechung bzw Hemmung der Verjährung, auf Ausschlussfristen ist trotz der Unterschiede zwischen Verjährung und Ausschlussfrist nicht ausgeschlossen und auch im bürgerlichen Recht anerkannt (BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 15 mwN).

35

Dabei sind die Änderungen des § 45 SGB I wie auch der entsprechend anwendbaren BGB-Vorschriften durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz im Ergebnis ohne Bedeutung. Insbesondere für die ohnehin nur entsprechende Heranziehung der Hemmungs- bzw Unterbrechungstatbestände des BGB auf die Ausschlussfrist kommt es nicht darauf an, in welcher Weise sich die zum 1.1.2002 in Kraft getretenen Neuregelungen des BGB auf bereits laufende Verjährungsvorschriften auswirkten. Denn für die Wahrung der genannten Ausschlussfrist ist es ohne Belang, ob die Frist vor dem 1.1.2002 unterbrochen, die Unterbrechungswirkung danach fortdauerte oder ob sie nach diesem Zeitpunkt gehemmt wurde. Für § 45 SGB I gilt nichts anderes. Die Rechtswirkungen von Unterbrechung und Hemmung bleiben insoweit gleich (s schon BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 14). Nach § 205 BGB aF wie nach § 209 BGB nF bewirkt die Hemmung, dass der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet wird; die Unterbrechung der Verjährung bewirkte nach § 217 BGB aF, dass die bis zur Unterbrechung verstrichene Zeit nicht in Betracht kommt.

36

(2) Eine Hemmung der Verjährung bzw des Ablaufs der Ausschlussfrist bei höherer Gewalt nach § 206 BGB nF bzw § 203 BGB aF kommt hier entgegen der Auffassung des Beklagten allerdings nicht in Betracht. Dem steht entgegen, dass höhere Gewalt - zu der auch der Stillstand der Rechtspflege gehört (s Ellenberger in Palandt, BGB, 69. Aufl 2010, § 206 RdNr 1; vgl § 203 Abs 1 BGB aF) - nur dann vorliegt, wenn der Berechtigte auch bei äußerster, nach den Umständen vernünftigerweise zu erwartender Sorgfalt an der Rechtsverfolgung gehindert ist (Lakkis in: JurisPK-BGB, 4. Aufl 2008, § 206 RdNr 2; vgl auch BSGE 101, 235 = SozR 4-1300 § 44 Nr 17, RdNr 31). Die Beigeladene zu 8. war aber nicht in diesem Sinne an der Rechtsverfolgung gehindert, denn ihr stand die rechtliche Möglichkeit offen, im Wege der Untätigkeitsklage nach § 88 Abs 1 SGG eine Entscheidung der Prüfgremien herbeizuführen.

37

Der Senat hat wiederholt auf die Möglichkeit verwiesen, zur Unterbrechung bzw Hemmung der Ausschlussfrist Untätigkeitsklage gegen das zuständige Prüfgremium zu erheben. Bereits mit Urteil vom 8.12.1993 (BSGE 73, 244 = SozR 3-1500 § 88 Nr 1)hatte der 14a Senat betont, dass Antragsteller gegenüber den Prüfgremien einen Rechtsanspruch auf Erlass eines Prüfbescheides haben und ihre Interessen nicht nur durch den Inhalt der Entscheidungen der Prüfgremien berührt werden, sondern auch durch ihren Zeitpunkt (BSGE aaO = SozR aaO S 5). Diesen Anspruch können sie ggf mit der Untätigkeitsklage durchsetzen (BSGE aaO = SozR aaO; s hierzu auch BSG, Urteil vom 20.9.1995 - BSGE 76, 285, 287 = SozR 3-2500 § 106 Nr 30 S 167, 168; BSG, Urteil vom 14.5.1997 - SozR 3-2500 § 106 Nr 39 S 215; zuletzt Urteil vom 6.9.2006 - BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 17). Deren Erhebung unterbricht bzw hemmt auch - in entsprechender Anwendung des § 209 Abs 1 BGB aF (in der bis zum 31.12.2001 gültigen Fassung) bzw § 204 BGB nF - die vierjährige Ausschlussfrist(BSGE 76, 285, 289 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 30 S 170; s auch BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 39 S 215). Ungeachtet des Umstandes, dass eine Verjährungsunterbrechung bzw -hemmung im Regelfall nur eintritt, wenn die Klage gegen den Schuldner gerichtet wird (s BSGE 79, 97, 103 = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 7), wird eine analoge Anwendung jedenfalls dann bejaht, wenn dem betroffenen Vertragsarzt vor Ablauf der Frist der Beschluss über seine Beiladung zu diesem Verfahren zugestellt wird und er damit förmlich Kenntnis nimmt (BSGE 76, 285, 293 = SozR 3-2500 § 106 Nr 30 S 170; BSGE 79, 97, 103 = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 7; s auch BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 17).

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Sofern die Ausführungen des 14a Senats in seiner Entscheidung vom 16.6.1993 (BSGE 72, 271 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19), die Deutung des Prüfungsrechts als ein der Verjährung unterliegender Anspruch sei auch deshalb abzulehnen, weil diejenigen Beteiligten, die die Folgen der Verjährung letztlich wirtschaftlich träfe, nämlich Krankenkassen und KÄVen, nicht in der Lage seien, "den Eintritt der Verjährung zu verhindern" (BSGE aaO S 274 = SozR aaO S 109), im gegenteiligen Sinne verstanden werden könnten, wird hieran nicht festgehalten.

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(3) Zu Recht hat das LSG auch eine Ablaufhemmung in entsprechender Anwendung des § 203 BGB nF(bzw § 852 Abs 2 BGB aF analog) verneint, denn es fanden gerade keine Verhandlungen zwischen dem Schuldner - also dem Beigeladenen zu 1. - und dem Gläubiger - der Beigeladenen zu 8. - statt. Abgesehen davon, dass ein dem Vertragsarzt "aufgezwungenes" Verfahren vor den Prüfgremien schon wegen fehlender Freiwilligkeit nicht einer Verhandlung im Sinne des § 203 BGB nF gleichgestellt werden kann, beschränkten sich die Handlungen der Beteiligten des Verwaltungsverfahrens bis zu dessen Wiederaufnahme auf die Geltendmachung einer entsprechenden (Regress-)Forderung auf der einen und deren Zurückweisung auf der anderen Seite.

40

(4) Eine Unterbrechung bzw Hemmung des Ablaufs der Ausschlussfrist ist jedoch durch die Stellung des Prüfantrages seitens der Beigeladenen zu 8. eingetreten. Diese Wirkung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 204 Abs 1 Nr 12 Halbs 1 BGB nF(bzw § 210 Satz 1 BGB aF)wie auch des § 45 Abs 3 SGB I.

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(a) Nach § 204 Abs 1 Nr 12 Halbs 1 BGB nF(bzw § 210 Satz 1 BGB aF) wird die Verjährung durch die Einreichung des Antrags bei einer Behörde gehemmt, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird. Eine "Vorabentscheidung" einer Behörde stellen auch die Entscheidungen der Prüfstellen (bzw der früheren Prüfungsausschüsse) nach § 106 SGB V dar.

42

Dem steht nicht entgegen, dass nach ganz herrschender Auffassung in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nur diejenigen Anträge verjährungshemmende Wirkung haben, die unmittelbar, also ohne weitere Verfahrensschritte, Voraussetzung für die Klageerhebung sind (so grundlegend BVerwGE 57, 306, 309 f; bestätigt durch BVerwGE 102, 33; ohne nähere Begründung auch BVerwG, Urteile vom 15.6.2006 - 2 C 17/05 - Buchholz 240 § 73 BBesG Nr 13 und - 2 C 15/05 - IÖD 2007, 7; die verwaltungsgerichtliche Instanzrechtsprechung ist dem gefolgt: vgl Verwaltungsgericht Kassel, Urteil vom 19.6.2007 - 1 E 520/05 - juris RdNr 7; VG Magdeburg, Urteil vom 21.3.2006 - 5 A 104/05 - juris RdNr 15; Thüringer Oberverwaltungsgericht , Urteil vom 29.10.2009 - 2 KO 893/07 - juris RdNr 40). Zur Begründung wird darauf verwiesen (BVerwGE 57, 306, 309 f), aus der Gleichstellung des Gesuchs an eine Behörde mit den Wirkungen einer die Verjährung unterbrechenden Klageerhebung ergebe sich, dass nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nur solche Schritte als ausreichend anzusehen seien, die den eindeutigen Willen zur gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs gegenüber dem Schuldner erkennen ließen. Diesem Zweck diene die erstmalige Geltendmachung eines Anspruchs noch nicht, sondern zunächst nur der Konkretisierung eines sich aus dem Gesetz lediglich abstrakt ergebenden Anspruchs. Es sei dem Betroffenen zuzumuten, seinen Anspruch so rechtzeitig bei der Behörde einzureichen, dass gegen den daraufhin erlassenen Verwaltungsakt noch vor Ablauf der Verjährungsfrist Widerspruch eingelegt werden könne.

43

Diese einschränkende Auslegung des § 204 Abs 1 Nr 12 BGB kann jedoch auf die lediglich entsprechende Anwendung der Norm im Vertragsarztrecht wegen der dort bestehenden Besonderheiten nicht übertragen werden. Das BSG hat bereits in seinem Urteil vom 28.8.1996 (BSGE 79, 97 = SozR 3-5545 § 23 Nr 1) dargelegt, dass ein Antrag auf Schadensfeststellung im Prinzip geeignet ist, eine Verjährungsunterbrechung zu bewirken, und eine Anwendung des § 210 BGB (aF) in Betracht käme (BSGE aaO S 101 f = SozR aaO S 6). Es hat ausgeführt, dass diese Norm den Interessen des Anspruchstellers Rechnung tragen solle, der seine Forderung nicht unmittelbar durch Klageerhebung geltend machen könne, weil das Gesetz die Zulässigkeit der Klage von einer vorherigen Überprüfung des Anspruchs in einem Verwaltungsverfahren abhängig mache. Der Rechtsgedanke des § 210 BGB (aF) sei grundsätzlich auf sozialrechtliche Ansprüche übertragbar.

44

Diesen Gedanken fortführend hält der Senat eine Anwendung des § 204 Abs 1 Nr 12 BGB nF im Vertragsarztrecht deswegen für geboten, weil nur so den hier bestehenden Besonderheiten Rechnung getragen werden kann. Im Verwaltungsrecht stehen sich üblicherweise Gläubiger und Schuldner in Zweierbeziehungen unmittelbar gegenüber. So lag der oben angeführten Entscheidung des BVerwG ein Antrag eines Beamten gegen seinen Dienstherrn auf Gewährung beamtenrechtlicher Besoldungszahlungen zugrunde. Demgegenüber bestehen im Vertragsarztrecht wegen der hier maßgeblichen Trennung der Rechtskreise keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen zwischen dem "Gläubiger" (der Krankenkasse) und dem "Schuldner" (dem Vertragsarzt). Die Krankenkasse hat im Regelfall keine Möglichkeit, den Vertragsarzt unmittelbar "in Regress" zu nehmen. Vielmehr ist nach den gesetzlichen Vorgaben die Festsetzung eines Regresses ausschließlich den Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen zugewiesen (vgl § 106 Abs 4 Satz 1 iVm Abs 5 Satz 1 SGB V). Eine Krankenkasse, die einen Regressanspruch gegen einen Vertragsarzt durchsetzen möchte, ist daher auf ein Tätigwerden der Prüfgremien angewiesen.

45

Dem steht auch nicht die Überlegung entgegen, dass die Beigeladene zu 8. die Möglichkeit gehabt hätte, eine Untätigkeitsklage nach § 88 Abs 1 SGG zu erheben. Zum einen wäre die rechtliche Wirkung einer derartigen Klage nicht sicher zu beurteilen, da die „verjährungsunterbrechende“ Wirkung der Untätigkeitsklage von einer (einfachen) Beiladung des betroffenen Vertragsarztes abhängig ist (vgl BSGE 76, 285, 293 = SozR 3-2500 § 106 Nr 30 S 174; BSGE 79, 97, 103 = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 7 f; s auch BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 17), die wiederum im Ermessen des Gerichts steht. Zum anderen entspricht das Vorgehen, bei einer strittigen und schwierig zu beurteilenden Frage wie der Verordnungsfähigkeit von Wobe Mugos E eine höchstrichterliche Klärung abzuwarten, dem gesetzlich angelegten partnerschaftlichen System der gemeinsamen Selbstverwaltung von Vertragsärzten und Krankenkassen. Dieses würde empfindlich gestört, wenn Krankenkassen wegen des Fehlens einer den Ablauf der Ausschlussfrist hemmenden Wirkung ihres Prüfantrages gezwungen wären, die Prüfungsstellen regelhaft durch Erhebung von Untätigkeitsklagen zu einer vorzeitigen Entscheidung zu nötigen.

46

Somit reicht es im Vertragsarztrecht aus, dass die vom Tätigwerden eines Dritten abhängige Krankenkasse ihr Recht geltend macht. Um allerdings die Rechte des ebenfalls von einer Entscheidung der Prüfgremien abhängigen Vertragsarztes zu wahren, ist der Eintritt einer die Ausschlussfrist unterbrechenden bzw hemmenden Wirkung des Prüfantrags zudem davon abhängig, dass der Anspruchsgegner - der Vertragsarzt - von der Stellung des Prüfantrages Kenntnis erlangt. Dies war vorliegend der Fall. Darüber hinaus war der Beigeladene zu 1. auch über die Gründe informiert, die einer zügigen Entscheidung über den von der Krankenkasse gestellten Prüfantrag entgegenstanden, so dass sich bei ihm kein Vertrauen dahingehend bilden konnte, dass sich der Antrag zwischenzeitlich erledigt haben könnte.

47

(b) Zum selben Ergebnis führt eine entsprechende Anwendung des § 45 Abs 3 SGB I. Danach wird die Verjährung neben den im BGB genannten - nach § 45 Abs 2 SGB I entsprechend anwendbaren - Fällen auch durch schriftlichen Antrag auf die Sozialleistung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt(in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung: "unterbrochen"). Dementsprechend hat der Antrag der Beigeladenen zu 8. auf Festsetzung eines Arzneikostenregresses den Ablauf der Ausschlussfrist bis zu der Entscheidung der Prüfungsstelle gehemmt.

48

§ 45 SGB I gilt zwar unmittelbar nur für Sozialleistungen, findet aber nach der Rechtsprechung des Senats bezüglich der im Vertragsarztrecht geltenden Ausschlussfristen entsprechende Anwendung(BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 14; BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 28; BSG, Beschluss vom 27.4.2005 - B 6 KA 46/04 B - juris RdNr 10 f). Auch wenn sich die genannten Entscheidungen des Senats allein auf § 45 Abs 2 SGB I beziehen, ist eine entsprechende Anwendung des § 45 Abs 3 SGB I jedenfalls in den Fällen zu bejahen, in denen der Arzt - wie hier - von dem Prüfantrag der Krankenkasse unterrichtet ist und über den Grund informiert wird, weshalb mit einer zügigen Entscheidung nicht gerechnet werden kann.

49

(c) Die das Verstreichen der Ausschlussfrist unterbrechende bzw hemmende Wirkung des Prüfantrags ist schließlich nicht dadurch entfallen, dass das Verfahren infolge des angeordneten "Ruhens" nicht "betrieben" wurde. Nach § 204 Abs 2 BGB nF endet die Hemmung nach Absatz 1 der Norm ("Hemmung durch Rechtsverfolgung") sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens(Satz 1). Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle (§ 204 Abs 2 Satz 2 BGB nF, § 211 Abs 2 Satz 1 BGB aF). Die letzte Verfahrenshandlung in diesem Sinne wäre die Mitteilung des Ruhens durch die KÄV gewesen.

50

Es entspricht jedoch herrschender Auffassung, dass § 204 Abs 2 Satz 2 BGB nF bzw § 211 Abs 2 BGB aF in dem vom Amtsermittlungsgrundsatz beherrschten sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren nicht entsprechend anzuwenden ist(BSGE 92, 159 = SozR 4-6580 Art 19 Nr 1, RdNr 12; LSG Hamburg, Urteil vom 24.2.2005 - L 6 RJ 122/03 - juris RdNr 27; Rolfs in Hauck/Noftz, SGB I, § 45 RdNr 26 mwN; aA noch Kretschmer in: GK-SGB I, 3. Aufl 1996, § 45 RdNr 24). Denn das "Betreiben" ist ein spezifisches Erfordernis des vom Beibringungsgrundsatz beherrschten zivilrechtlichen Verfahrens; die Vorschrift passt daher nicht auf das sozialrechtliche Verfahren (BSGE aaO = SozR aaO, RdNr 13; LSG Hamburg aaO).

51

Auch außerhalb des Sozialrechts führt eine Untätigkeit des Gläubigers nicht zur Beendigung der Unterbrechung bzw Hemmung, wenn die Behörde von Amts wegen für den Fortgang des Verfahrens zu sorgen hat (BGH VersR 77, 647; ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.12.2008 - 4 N 77.07 - juris RdNr 9; Ellenberger in: Palandt, BGB, 69. Aufl 2010, § 204 RdNr 27; Peters/Jacoby in: Staudinger, BGB, 2009, § 204 RdNr 125, 140; Mansel/Budzikiewicz in: Anwaltkommentar BGB, Band 1, 2005, § 204 RdNr 125; Kesseler in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 4. Aufl 2009, § 204 RdNr 19, 21). Diese Voraussetzungen sind angesichts des Umstandes, dass die Beigeladene zu 8. - abgesehen von der "irregulären" Option einer Untätigkeitsklage - keine Möglichkeit hatte, auf den Fortgang des Verfahrens Einfluss zu nehmen, auch in diesem Fall gegeben.

52

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen, da sie unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil diese im Verfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO; vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106c geprüft werden. Die Prüfung kann neben dem zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumen auch Überweisungen sowie sonstige veranlasste ärztliche Leistungen, insbesondere aufwändige medizinisch-technische Leistungen umfassen; honorarwirksame Begrenzungsregelungen haben keinen Einfluss auf die Prüfungen.

(2) Veranlassung für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 1 besteht insbesondere

1.
bei begründetem Verdacht auf fehlende medizinische Notwendigkeit der Leistungen (Fehlindikation),
2.
bei begründetem Verdacht auf fehlende Eignung der Leistungen zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels (Ineffektivität),
3.
bei begründetem Verdacht auf mangelnde Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualitätsmangel), insbesondere in Bezug auf die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthaltenen Vorgaben,
4.
bei begründetem Verdacht auf Unangemessenheit der durch die Leistungen verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel oder
5.
bei begründetem Verdacht, dass Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie unvereinbar mit dem Heil- und Kostenplan sind.

(3) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. November 2019 das Nähere zu den Voraussetzungen nach Absatz 2 in Rahmenempfehlungen. Die Rahmenempfehlungen sind bei den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 zu berücksichtigen.

(4) Die in § 106 Absatz 1 Satz 2 genannten Vertragspartner können über die Prüfung nach Absatz 1 hinaus Prüfungen ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen, dürfen bei Ärzten der betroffenen Arztgruppe keine Prüfungen nach Durchschnittswerten durchgeführt werden. In den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 sind die Zahl der je Quartal höchstens zu prüfenden Ärzte in einer Kassenärztlichen Vereinigung sowie im Rahmen der Prüfungen nach Absatz 1 und der Prüfungen nach Satz 1 als Kriterien zur Unterscheidung Praxisbesonderheiten festzulegen, die sich aus besonderen Standort- und Strukturmerkmalen des Leistungserbringers oder bei besonderen Behandlungsfällen ergeben. Die Praxisbesonderheiten sind vor Durchführung der Prüfungen als besonderer Versorgungsbedarf durch die Prüfungsstellen anzuerkennen; dies gilt insbesondere auch bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Besuchsleistungen.

Das Erste und Zehnte Buch gelten für alle Sozialleistungsbereiche dieses Gesetzbuchs, soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt; § 68 bleibt unberührt. Der Vorbehalt gilt nicht für die §§ 1 bis 17 und 31 bis 36. Das Zweite Kapitel des Zehnten Buches geht dessen Erstem Kapitel vor, soweit sich die Ermittlung des Sachverhaltes auf Sozialdaten erstreckt.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Berechtigung der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV), dem klagenden Vertragsarzt die Vergütung für eine Substitutionsbehandlung zu versagen.

2

Der 1940 geborene und bis Ende 2007 als Arzt ohne Gebietsbezeichnung zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Kläger verfügte über die Berechtigung zur Durchführung und Abrechnung von Methadon-Substitutionsbehandlungen bei manifest Opiatabhängigen. Seit 1995 führte er bei dem Versicherten G. H. eine Substitutionsbehandlung durch, die G. H. zu Beginn des Jahres 2005 von sich aus beendete. Nachdem G. H. zwischenzeitlich bei einem anderen Arzt in Behandlung gewesen war, meldete ihn der Kläger im Juli 2005 erneut zur Substitutionsbehandlung an. Die Beklagte ließ eine Evaluierung des Behandlungsfalls durch ihre Qualitätssicherungskommission durchführen. Diese gelangte auf der Grundlage der mitgeteilten Befunde und der Angaben des Klägers zu der Auffassung, die Substitutionsbehandlung könne wegen des hohen Benzodiazepin-Konsums des Versicherten G. H. nicht weitergeführt werden.

3

Mit Bescheid vom 16.1.2006 gab die Beklagte dem Kläger auf, die Substitutionsbehandlung des Versicherten durch Ausschleichen spätestens bis zum 13.2.2006 zu beenden. Danach werde eine Vergütung der Substitutionsbehandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr erfolgen.

4

Widerspruch und Klage sind ohne Erfolg geblieben. Auf die Berufung des Klägers hat das LSG den angefochtenen Bescheid insoweit aufgehoben, als dem Kläger aufgegeben wurde, die Substitutionsbehandlung des Versicherten zu beenden. Für eine derartige Regelung bestehe zumindest seit der Neufassung der Richtlinie des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur Durchführung von Substitutionsbehandlungen (Substitutions-RL) zum 1.1.2003 keine Grundlage mehr. Die KÄV dürfe nicht unmittelbar durch Verwaltungsakt in das Rechtsverhältnis zwischen einem Vertragsarzt und dem Versicherten eingreifen. Soweit die Beklagte dem Kläger mit dem angefochtenen Bescheid aber zugleich mitgeteilt habe, nach dem Ablauf des 13.2.2006 werde die Substitutionsbehandlung vertragsärztlich nicht mehr vergütet, sei diese Entscheidung nicht zu beanstanden. Der Fortführung der Substitutionsbehandlung habe der nach wie vor bestehende hohe Beikonsum des Versicherten hinsichtlich eines anderen Suchtstoffs entgegengestanden. Der Kläger habe mehrere Wochen Zeit gehabt, mit dem betroffenen Versicherten sowie mit potenziellen Kostenträgern zu klären, ob die Substitution auf anderer Rechtsgrundlage als derjenigen einer Behandlung zu Lasten der Krankenkasse fortgeführt werden könne (Urteil vom 11.3.2009).

5

Nur der Kläger hat Revision eingelegt. Er rügt eine Verletzung der Substitutions-RL. Die Annahme des LSG, zwar dürfe die KÄV einen Vertragsarzt nicht durch Verwaltungsakt auffordern, die Substitutionsbehandlung eines gesetzlich Krankenversicherten zu beenden, gleichwohl sei sie aber berechtigt, die Vergütung für eine solche Substitutionsbehandlung zu versagen, sei widersprüchlich. Aus der allein maßgeblichen Perspektive des Versicherten mache es keinen Unterschied, ob die KÄV dem substituierenden Arzt untersage, die Behandlung als vertragsärztliche Behandlung fortzuführen, oder ob sie ihm ankündige, ab einem bestimmten Termin die Behandlung nicht mehr zu honorieren. Die Reaktion des Arztes sei in beiden Varianten die gleiche, nämlich die Beendigung der Behandlung; ein heroinabhängiger Patient verfüge typischerweise nicht über die Mittel, die Behandlung privat zu bezahlen. Im Übrigen habe das LSG zu Unrecht unter Hinweis auf die Ausführungen der Qualitätssicherungskommission der Beklagten angenommen, die Substitutionsbehandlung des G. H. hätte über den 13.2.2006 hinaus nicht fortgeführt werden dürfen. Zwar habe dieser Versicherte weiterhin Benzodiazepin konsumiert, weil er anders seine Schlafstörungs- und Unruhezustände nicht habe beherrschen können, doch sei das nach dem einhellig vertretenen Standpunkt der medizinischen Wissenschaft kein Grund, eine für den Versicherten lebensnotwendige Substitutionsbehandlung nicht fortzuführen. Das Berufungsurteil beruhe auch auf einer Verletzung des Art 12 Abs 1 GG sowie der Berufsordnung für Ärzte, weil es der KÄV das Recht gebe, mittelbar über die Art und Weise der Behandlung eines Versicherten zu entscheiden. Nach der einschlägigen Richtlinie der Bundesärztekammer über Drogensubstitution entscheide allein der Arzt über die Fortführung einer medizinischen Behandlung und dürfe nach ärztlichem Berufsrecht insoweit keine Weisungen von Nichtärzten entgegennehmen. Schließlich habe das LSG § 9 der Substitutions-RL sowie die Regelung der KÄV Hessen zur Durchführung der Qualitätsprüfung im Rahmen der substitutionsgeschützten Behandlung Opiatabhängiger vom Juli 2004 falsch angewandt.

6

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Hessischen LSG vom 11.3.2009 insoweit aufzuheben, als die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Marburg vom 22.8.2007 zurückgewiesen worden ist, und auf die Berufung des Klägers dieses Urteil zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 16.1.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.2.2007 insgesamt aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen

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Sie verweist darauf, dass sie nach den Abrechnungsbestimmungen ihres Honorarverteilungsmaßstabs berechtigt sei, Leistungen von der Abrechnung auszuschließen, wenn die vorgeschriebenen Abrechnungsvoraussetzungen nicht vorlägen. Leistungen, die ohne die entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen erbracht worden seien, dürfe bzw müsse sie sachlich rechnerisch richtigstellen. Das geschehe durch Verwaltungsakt. Deshalb sei sie auch berechtigt, vorab durch Verwaltungsakt vertragsärztliche Leistungen von der Honorierung auszunehmen, wenn sie diese ohnehin nicht vergüten dürfe. Auch in der Sache habe das Berufungsgericht zutreffend entschieden. Die Substitutionsbehandlung als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung dürfe nur im Rahmen der dazu erlassenen Richtlinie des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen bzw des Gemeinsamen Bundesausschusses durchgeführt werden. Behandlungen, die dieser Richtlinie nicht (mehr) entsprächen, dürften nicht als Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung honoriert werden. Das gelte unabhängig davon, ob ihre Fortführung mit ärztlichem Berufsrecht in Übereinstimmung stehe oder nicht.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist - soweit der Senat darüber auf die nur vom Kläger eingelegte Revision zu entscheiden hat - nicht rechtswidrig.

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1. Nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V in der seit dem 1.1.2004 geltenden Fassung stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest. Gegenstand des Richtigstellungsverfahrens ist, die Abrechnung des Vertragsarztes auf ihre Übereinstimmung mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - zu überprüfen. Auf der Grundlage dieses nunmehr in § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V kodifizierten und zuvor in § 45 Abs 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte und § 34 Abs 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte-Ersatzkassen geregelten Prüfungs- und Richtigstellungsrechts klärt die KÄV die Übereinstimmung der vertragsärztlichen Abrechnung mit allen maßgeblichen Vorschriften, also nicht nur mit den Leistungstatbeständen der vertragsärztlichen Gebührenordnungen, sondern prüft etwa auch die Beachtung der Fachgebietsgrenzen bei vertragsärztlichen Leistungen, das Vorliegen von Genehmigungserfordernissen und die Erfüllung von Qualitätsvorgaben(vgl zuletzt BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 15, und BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr 7, RdNr 13, 16, 21 sowie Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 21/09 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Beklagte auf dieser Rechtsgrundlage berechtigt ist, die Abrechnung der Substitutionsleistungen, die der Kläger in der Zeit nach dem 13.2.2006 durchführte, richtigzustellen und zu Unrecht gezahltes vertragsärztliches Honorar gegebenenfalls zurückzufordern, soweit er die Substitutionsbehandlung nicht im Einklang mit den maßgeblichen gesetzlichen bzw untergesetzlichen Vorschriften durchführte. § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V setzt als selbstverständlich und typisch voraus, dass vertragsärztliche Leistungen zunächst erbracht werden und im Anschluss an die Vorlage der Quartalsabrechnung durch den Vertragsarzt die Prüfung bei der KÄV vorgenommen wird.

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In besonders gelagerten Fällen können nach der Rechtsprechung des Senats indessen Bestandteile der Honorarabrechnung losgelöst vom konkreten Honorarbescheid für ein bestimmtes Quartal zum Gegenstand von Entscheidungen der KÄV gemacht werden, soweit sie sich auf abgrenzbare Fragen beziehen und für mehrere Quartale von Bedeutung sind (vgl BSG vom 3.2.2010 - B 6 KA 31/08 R - RdNr 12 mwN, zur Veröffentlichung vorgesehen). Das hat praktische Bedeutung für die Fachfremdheit bestimmter Leistungen, soweit diese zwischen dem Vertragsarzt und seiner KÄV umstritten ist, weiterhin für die Frage, ob bestimmte Leistungen einem Genehmigungsvorbehalt nach Qualitätssicherungsvereinbarungen auf der Grundlage des § 135 Abs 2 SGB V unterliegen und ggf, ob der betroffene Vertragsarzt die Voraussetzungen für die Erbringung der entsprechenden Leistungen nachgewiesen hat. Im Interesse der Begrenzung des Streitstoffs bei der Anfechtung von Honorarberichtigungen und der ökonomischen Steuerung und Entlastung der Verfahren von immer wiederkehrenden Streitfragen hat der Senat es gebilligt, dass bestimmte Grundfragen der Honorarabrechnung gleichsam vor die Klammer gezogen und zum Gegenstand eines eigenen Verwaltungsverfahrens gemacht werden (Urteil vom 3.2.2010, aaO, zur Einbeziehung von Nephrologen in das System der Regelleistungsvolumina). Von dieser Möglichkeit hat die KÄV hier sinngemäß mit dem Bescheid vom 16.1.2006 Gebrauch gemacht und dem Kläger mit einer Frist von knapp vier Wochen mitgeteilt, dass sie Substitutionsbehandlungen bei dem Versicherten G. H. ab dem 13.2.2006 nicht mehr für vergütungsfähig hält. Durch diese Entscheidung ist der Kläger insoweit (auch) begünstigt, als er rechtzeitig vor der Leistungserbringung den Standpunkt der Beklagten erfahren hat, sich darauf einstellen kann und nicht dem Risiko ausgesetzt ist, dass erst Monate nach der Leistungserbringung seine Abrechnung richtiggestellt und Honorar zurückgefordert wird.

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2. Für die Vorabentscheidung der Beklagten über die Berechnungsfähigkeit der Substitutionsleistungen des Klägers gegenüber dem Versicherten G. H. über den 13.2.2006 hinaus und für eine nachträgliche Richtigstellung von (unterstellt) weiterhin erbrachten Substitutionsleistungen gelten dieselben rechtlichen Maßstäbe. Leistungen, die den maßgeblichen vertragsärztlichen Vorschriften nicht entsprechen, dürfen Vertragsärzte nicht erbringen und die KÄVen dürfen sie nicht honorieren. Zutreffend hat das LSG dazu dargelegt, dass Substitutionsleistungen des Klägers gegenüber dem intravenös heroinabhängigen Versicherten G. H. über den 13.2.2006 hinaus von der Beklagten nicht zu vergüten sind. Die Fortsetzung der Behandlung hätte nämlich im Widerspruch zu § 8 Nr 3 der Anlage A Nr 2("substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger") der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs 1 SGB V (im Folgenden: Substitutions-RL) gestanden. Nach dieser Vorschrift ist die Substitution zu beenden, wenn der Gebrauch von Suchtstoffen neben der Substitution ausgeweitet oder verfestigt wird.

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Die Bestimmungen der Substitutions-RL sind nach § 91 Abs 6 SGB V für den klagenden Vertragsarzt, die beklagte KÄV, die Krankenkasse des Versicherten G. H. sowie diesen selbst verbindlich. Die Vorschriften der Substitutions-RL, die als Anlage zu einer Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V erlassen worden sind, stehen - soweit das hier von Bedeutung ist - mit höherrangigem Recht im Einklang(vgl näher BSG vom 6.11.2002 - B 6 KA 39/01 R - USK 2002-100, S 607, 610 ff, zur bis Ende 2002 geltenden Fassung der Substitutions-RL sowie grundlegend BSGE 78, 70 = SozR 3-2500 § 92 Nr 6). Das bedarf hier keiner näheren Ausführungen, weil die Beteiligten dies nicht in Frage stellen.

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Aus der Präambel der Substitutions-RL ergibt sich, dass die Krankenbehandlung iS des § 27 SGB V auch die Behandlung von Suchterkrankungen umfasst, dass aber das alleinige Ersetzen des Opiates durch ein Substitutionsmittel keine Behandlungsmethode darstellt und von der Leistungspflicht der Krankenversicherung nicht umfasst ist. Daran hat sich auch durch die Aufnahme der diamorphingestützten Substitutionsbehandlung in die Leistungspflicht der Krankenversicherung als Folge der Neufassung der Substitutions-RL durch Beschluss des G-BA vom 18.3.2010 (BAnz Nr 85 vom 11.6.2010) nichts geändert. Der verbindlichen Zielvorgabe in der Präambel trägt ua § 9 Abs 5 Substitutions-RL Rechnung. Danach hat der Arzt bei allen Substitutionsbehandlungen gemäß dieser Richtlinie mit Ablauf von jeweils fünf Behandlungsjahren die patientenbezogenen Dokumentationen gemäß § 7 mit den jeweiligen umfassenden Therapiekonzepten und den Behandlungsdokumentationen an die Qualitätssicherungskommission zur Prüfung zu übermitteln. Diese Qualitätssicherungskommissionen werden nach § 9 Abs 1 Satz 1 Substitutions-RL bei den KÄVen eingerichtet. Die Verpflichtung zur Vorlage aller Dokumentationen bei einer Substitutionsdauer von mehr als fünf Jahren dient der Überprüfung, ob nach Ablauf dieses Zeitpunktes das Behandlungsziel der Drogenfreiheit mit dem vom Arzt praktizierten Behandlungskonzept auf der Basis der persönlichen Situation des Versicherten noch erreicht werden kann. Entsprechend dieser Vorschrift teilte der Kläger, der den Versicherten G. H. von 1995 bis Ende des Jahres 2004 schon zehn Jahre substituiert hatte, der Beklagten dessen Wiedereinstieg in eine methadongestützte Substitution mit. Daraufhin hat die Qualitätssicherungskommission der Beklagten auf der Grundlage der Angaben des Klägers zum bisherigen Behandlungsverlauf, zum derzeitigen Gesundheitszustand des Versicherten G. H. und zu dessen Suchtstoffkonsum den Sachverhalt beurteilt und ist zu der Einschätzung gelangt, wegen des noch ausgeweiteten dauerhaften und kontinuierlichen Konsums von Benzodiazepin durch G. H. könne eine weitere Methadon-Substitution nicht befürwortet werden. Diese Bewertung ist nicht zu beanstanden. Wenn die Beklagte auf dieser Grundlage dem Kläger durch den angefochtenen Bescheid mitgeteilt hat, ab einem Zeitpunkt von knapp vier Wochen nach dessen Bekanntgabe seien die Voraussetzungen für eine Methadon-Substitution bei dem Versicherten G. H. als vertragsärztliche Leistung nicht mehr erfüllt, so ist auch das nicht zu beanstanden.

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Ob die Beklagte einen Vertragsarzt, der eine Substitutionsbehandlung bei einem bestimmten Versicherten fortsetzen will, obwohl er sie nach § 8 Nr 3 Substitutions-RL abbrechen müsste, zur Beendigung auffordern darf, kann der Senat in diesem Verfahren nicht entscheiden. Das LSG hat eine dahingehende Befugnis der Beklagten verneint und deren angefochtenen Bescheid insoweit aufgehoben. Die Beklagte hat die zur Klärung dieser Frage auch für sie zugelassene Revision nicht eingelegt. Die KÄV ist jedenfalls nicht gehindert, durch Verwaltungsakt die Vergütungsfähigkeit von Substitutionsleistungen ab einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft zu verneinen, soweit sie entsprechende vertragsärztliche Leistungsabrechnungen auch nachträglich richtigstellen dürfte.

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a) Der Kläger macht gegenüber dieser Berechtigung der Beklagten zunächst geltend, allein der Arzt entscheide, ob und ggf wie lange er einen Opiatabhängigen trotz fortgesetzten Beigebrauchs von Suchtstoffen neben der Substitution mit Methadon versorgen wolle. Damit bezieht sich der Kläger auf Nr 11 letzter Satz der Richtlinien der Bundesärztekammer (BÄK) zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger in der Fassung vom 22.3.2002 (DÄ 2002, A 1458); die derzeit geltende Fassung der Richtlinien der BÄK vom 19.2.2010 (DÄ 2010, A 511) enthält eine solche Regelung in Nr 11 "Therapiekontrolle" nicht mehr. Aus den Richtlinien der BÄK kann jedoch nichts für die Auslegung und Anwendung der Regelung des § 8 Nr 3 Substitutions-RL abgeleitet werden. Die in Ausführung des § 5 Abs 11 der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) von der BÄK beschlossenen Richtlinien beschreiben die Voraussetzungen, unter denen Ärzte Betäubungsmittel im Rahmen von Substitutionsbehandlungen straf- bzw berufsrechtlich verschreiben dürfen. Insoweit ergibt sich aus Nr 11 letzter Satz der Richtlinien der BÄK in der seit 2002 geltenden Fassung nur, dass ein Arzt trotz Beigebrauchs nicht gezwungen ist, die Verschreibung eines Opiatersatzes sofort zu beenden. In Nr 11 Satz 7 der Richtlinien der BÄK in der Fassung vom 19.2.2010 ist im Übrigen formuliert, bei einem die Substitution gefährdenden Konsum weiterer psychotroper Substanzen sei deren Entzug - ggf unter stationären Bedingungen - einzuleiten. Zu den Regelungen des G-BA über die substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 27 SGB V) verhält sich die Richtlinie der BÄK nicht. Der BÄK steht keine Befugnis zur Regelung des Leistungsumfangs der gesetzlichen Krankenversicherung zu, und sie nimmt eine solche auch für den Sachbereich der Substitution nicht für sich in Anspruch.

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Der Senat hat bereits in seinem Urteil zur Methadon-Substitution dargelegt, dass die Ermöglichung der Heroin-Substitution durch Regelungen im Betäubungsmittelrecht nicht notwendig zur Folge hat, das jede strafrechtlich zulässige Therapie Gegenstand der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung wird (BSGE 78, 70, 86 = SozR 3-2500 § 92 Nr 6 S 42). Deren Gegenstand wird eine Substitutionstherapie als "neue" Behandlungsmethode iS des § 135 Abs 1 SGB V nur nach einer positiven Richtlinienempfehlung des G-BA. Wenn dieser die Leistungspflicht der Krankenkassen für Substitutionsbehandlungen nur vorschreibt, soweit diese dem Ziel dienen, den Gebrauch von Drogen zu beenden, und zugleich dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügen (BSGE aaO S 87 = SozR aaO S 43), steht das mit den gesetzlichen Vorgaben im Einklang.

18

Dieser Beurteilung der Rechtslage entspricht auch die im Jahr 2009 erfolgte Erweiterung der zur Substitution zugelassenen Stoffe um Diamorphin (= synthetisches Heroin). Der Gesetzgeber hat mit dem "Gesetz zur diamorphingestützten Substitutionsbehandlung" vom 15.7.2009 (BGBl I, 1801) durch Änderungen des Betäubungsmittelgesetzes und der BtMVV den Weg zum Einsatz von verschreibungspflichtigen Diamorphin freigegeben. Mit den sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen dieser Freigabe hat er sich nicht befasst. Diese sind erst im Nachhinein durch den G-BA in Form des Änderungsbeschlusses zu der Substitutions-RL vom 18.3.2010 gezogen worden, nachdem im Gesetzgebungsverfahren eine dahingehende Erwartung formuliert worden war (vgl Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks 16/11515 S 3). Seit dem Inkrafttreten dieses Beschlusses am 12.6.2010 gilt (auch) für die diamorphingestützte Substitutionsbehandlung in krankenversicherungsrechtlicher Hinsicht allein die Substitutions-RL. Auch nach der Aufnahme der diamorphingestützten Substitution in die Substitutions-RL sind im Übrigen Reichweite und Zielsetzung jeder Substitutionsbehandlung als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung, wie sie ua in der Präambel der Substitutions-RL beschrieben sind, unverändert geblieben.

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Aus vergleichbaren Erwägungen treffen auch die Schlussfolgerungen nicht zu, die die Revision aus § 2 der Berufsordnung für Ärzte ableitet. Dort ist bestimmt, dass Ärzte keine Anweisungen beachten dürfen, die mit ihren Aufgaben nicht vereinbar sind oder deren Befolgung sie nicht verantworten können, und dass sie hinsichtlich ihrer Entscheidungen keine Weisungen von Nichtärzten entgegennehmen dürfen. Zu diesen berufsrechtlichen Vorgaben hat sich die Beklagte nicht in Widerspruch gesetzt, wenn sie dem Kläger mitteilt, die Substitutionsbehandlung des G. H. ab dem 13.2.2006 nicht mehr zu vergüten. Zahlreiche ärztliche Leistungen dürfen Ärzte berufsrechtlich erbringen, ohne dafür eine Vergütung von der KÄV erhalten zu können, weil insoweit keine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung besteht. Das betrifft etwa Leistungen der ästhetischen Chirurgie und der Reproduktionsmedizin, soweit die Voraussetzungen des § 27a SGB V nicht gegeben sind. In der Entscheidung der KÄV, derartige Leistungen nicht als vertragsärztliche Leistungen iS des § 85 Abs 2 Satz 2 SGB V anzusehen und zu vergüten, liegt schon von vornherein keine berufsrechtswidrige Weisung eines Nichtarztes. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass in vertragsärztlichen Regelungen Anforderungen an die Qualifikation von Ärzten für die Erbringung bestimmter ärztlicher Leistungen normiert werden dürfen, die über berufsrechtliche Anforderungen hinausgehen (BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 27; BSG vom 28.10.2009 - B 6 KA 26/08 R - SozR 4-2500 § 87 Nr 19 RdNr 12 f). Soweit die KÄV einem Vertragsarzt in Anwendung entsprechender vertragsärztlicher Bestimmungen mitteilt, sie werde bestimmte Leistungen - im Fall des Senatsurteils vom 28.10.2009 (aaO) auf proktologischem Gebiet - künftig nicht mehr honorieren, muss der Vertragsarzt das hinnehmen, auch wenn er die betroffenen Leistungen medizinisch für notwendig hält und sie berufsrechtlich erbringen darf. Für den hier zu beurteilenden Fall, dass eine Behandlung wegen in der Person des Patienten liegender Umstände jedenfalls als vertragsärztliche Behandlung von keinem Arzt mehr durchgeführt werden darf, gilt im Ergebnis nichts anderes.

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b) Soweit der Kläger rügt, das LSG hätte den Sachverhalt weiter aufklären und die Richtigkeit der Feststellungen der Qualitätssicherungskommission der Beklagten weiter überprüfen müssen, folgt der Senat dem nicht. Der Kläger selbst hat alle Unterlagen und Befunde der Beklagten zur Verfügung gestellt, die für die Beurteilung des verfestigten Gebrauchs von Suchtstoffen neben dem Heroinkonsum iS des § 8 Nr 3 Substitutions-RL von Bedeutung sind. Soweit die Qualitätssicherungskommission, die nach § 9 Abs 1 Substitutions-RL mit Fachleuten von Seiten der Vertragsärzte und der Krankenkassen besetzt ist und die besondere Erfahrung im Bereich der Behandlung heroinabhängiger Personen hat, aus dem dauerhaftem Nachweis einer hohen Benzodiazepinkonzentration im Urin des Versicherten den Schluss zog, dass dieser nicht nur gelegentlich bei auftretenden persönlichen Krisen, sondern fortdauernd neben dem Opiatersatz einen weiteren Suchtstoff konsumiert, durfte das LSG dies seiner Entscheidung zugrunde legen. Der Kläger hat nicht aufgezeigt, inwieweit die Feststellungen der Qualitätssicherungskommission fehlerhaft sein könnten. Die Auslegung, dass auch die Einnahme von Benzodiazepin einen Beikonsum iS des § 8 Nr 3 Substitutions-RL darstellt, ist nicht zu beanstanden. Der Ansicht des Klägers, die Regelung des § 8 Nr 3 Substitutions-RL sei zu unbestimmt, vermag der Senat nicht zu folgen; denn ihr Inhalt ist ohne Weiteres durch Auslegung näher bestimmbar, ohne dass unzuträgliche Ungewissheiten verbleiben (vgl BVerfGE 110, 33, 56 f mwN).

21

Soweit der Kläger im Berufungsverfahren eingewandt und im Revisionsverfahren bekräftigt hat, der Versicherte G. H. habe nur wenig Benzodiazepin konsumiert, rechtfertigt das keine andere Beurteilung. Verschiedene Regelungen der Substitutions-RL lassen hinreichend deutlich erkennen, dass jeder dauerhafte Beigebrauch ua von Benzodiazepin der Aufnahme bzw Weiterführung einer Substitution des Konsums von Heroin entgegensteht. So ist in § 3 Abs 5 Satz 3 Substitutions-RL bestimmt, dass bei Beigebrauch die Indikation für eine Substitution wegen der möglichen Lebensgefahr eine sorgfältige Abwägung voraussetzt. Nach § 4 Nr 1 Substitutions-RL ist die primäre Abhängigkeit ua von Benzodiazepinen sogar ein strikter Ausschließungsgrund für eine Substitutionsbehandlung. In Verbindung mit der oben näher dargestellten Vorschrift des § 8 Nr 3 Substitutions-RL über die Notwendigkeit eines Abbruchs der Substitution hat das LSG daraus zutreffend abgeleitet, dass es für die Unvereinbarkeit von Beigebrauch und Substitution nicht auf die einmalige oder seltene Einnahme von Benzodiazepinen und auch nicht primär auf die Menge der eingenommenen Tabletten, sondern auf die Dauer des Beigebrauchs und die Chancen seiner Beendigung ankommt. Von diesen rechtlichen Ausgangspunkten her bedarf weder der Umfang eines prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraums der Qualitätssicherungskommission der Beklagten (§ 9 Abs 1 Substitutions-RL) noch der Umfang der Amtsermittlungspflicht des LSG (§ 103 SGG) näherer Erörterung. Der Kläger stellt selbst nicht in Frage, dass G. H. bis zur Entscheidung der Beklagten regelmäßig Benzodiazepine eingenommen hat und dass er als Arzt keinen Versuch zur Entziehung durchgeführt hat, der mindestens vorübergehenden Erfolg gebracht hätte.

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c) Im Zentrum des Vorbringens des Klägers stehen daher auch nicht Zweifel an der medizinisch-fachlichen Richtigkeit der Feststellung der Qualitätssicherungskommission, sondern er ist der Auffassung, selbst ein konstanter Beigebrauch eines anderen Suchtstoffs (hier: Benzodiazepin) stelle auch nach 10jähriger Substitution den Sinn der Fortsetzung der Substitutionsbehandlung nicht in Frage. Diese Beurteilung steht im Grundsatz nicht im Einklang mit der Richtlinie, wonach die Substitutionsbehandlung nur dann Bestandteil der gesetzlichen Krankenversicherung ist, wenn sie das Ziel eines Lebens ohne Abhängigkeit von Suchtstoffen verfolgt. Dauerhafter hoher Beikonsum eines anderen Suchtstoffs, für den der behandelnde Arzt keinen Zeitpunkt benennt, zu dem dieser mutmaßlich eingestellt werden wird, schließt die Substitutionsbehandlung nach den Vorgaben der Substitutions-RL aus dem Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung aus.

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Der Kläger hat weder gegenüber der Beklagten noch in den Vorinstanzen erläutert, welche Bemühungen er unternahm, seinen Patienten G. H. von der kontinuierlichen Einnahme von Benzodiazepin zu entwöhnen und welche Aussichten entsprechende therapeutische Bemühungen nach seiner Einschätzung haben würden. So musste die Kommission nach § 9 Substitutions-RL den Eindruck gewinnen, der Versicherte sei (auch) abhängig von Benzodiazepin, oder der Kläger sehe jedenfalls keine Notwendigkeit bzw Möglichkeit, selbst in einer längeren zeitlichen Perspektive therapeutisch auf eine Reduzierung und schließlich Vermeidung des entsprechenden Beigebrauchs hinzuwirken. Weist ein Vertragsarzt gegenüber der Qualitätssicherungskommission solche Bemühungen nach, wird die KÄV ihm hinreichend Zeit zubilligen müssen, diese Absicht umzusetzen, bevor sie die Vergütung für die Behandlung versagt. Auch gelegentliche Rückschläge im gemeinsamen Bemühen von Arzt und Patient um eine Vermeidung des Beikonsums dürften im Hinblick auf die Schwere der Erkrankungen und die Schwierigkeiten erfolgreichen therapeutischen Einwirkens auf den betroffenen Patientenkreis einer Vergütung der substitutionsvertragsärztlichen Leistung nicht entgegenstehen. Eine solche Situation liegt hier jedoch nicht vor.

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d) Soweit der Kläger pauschal eine fehlerhafte Anwendung der "Regelung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen zur Durchführung der Qualitätsprüfung im Rahmen der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger gemäß § 136 Abs. 1 SGB"(Anlage 3 zum Landesrundschreiben vom 16.7.2004) rügt, ist dem nicht weiter nachzugehen. Der Revisionsbegründung ist schon nicht iS des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG hinreichend deutlich zu entnehmen, welche Vorschrift genau der Kläger als rechtswidrig oder falsch angewandt, rügen will. Im Übrigen stellt die Regelung Landesrecht iS des § 162 SGG dar, dessen Verletzung mit der Revision grundsätzlich nicht gerügt werden kann. Einer der Sachverhalte, in denen landesrechtliche Regelungen ausnahmsweise revisibel sind (dazu zuletzt Senatsurteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 6/09 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen), liegt nicht vor.

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Die Kostentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 iVm § 154 Abs 2 VwGO.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Rechtmäßigkeit von sachlich-rechnerischen Richtigstellungen, welche die Quartale I/1998 bis IV/2000 betreffen.

2

Die Kläger zu 1, 2 und 4 waren im streitigen Zeitraum als Fachärzte für Radiologische Diagnostik zur vertragsärztlichen Versorgung in L. zugelassen und in (unterschiedlich zusammengesetzter) Gemeinschaftspraxis tätig; die Klägerin zu 3 ist Witwe und Rechtsnachfolgerin eines 2002 verstorbenen weiteren Mitglieds der Gemeinschaftspraxis. Die Kläger rechneten im streitigen Zeitraum ua die Gebühren-Nr 5210 und 5211 sowie die Gebühren-Nr 5520 und 5521 (Computertomographie und Magnetresonanztherapie ) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) ab.

3

1999 schlossen die Kläger mit der Rechtsvorgängerin der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) einen Vergleich, welcher die Neuberechnung der Vergütung der in den Quartalen I/1997 bis II/1998 erbrachten Großgeräteleistungen nach den Kapiteln Q Abschnitt I Nr 7 und R EBM-Ä CT- und MRT-Leistungen zum Gegenstand hatte. Darin verpflichtete sich die Beklagte, die Honorare für diese Leistungen mit der Maßgabe neu zu berechnen, dass die Regelung des § 7 B 8.7.5 Abs 5 iVm § 7 B 8.2e des Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) für 85 % der von den Klägern erbrachten Leistungen im Gerätebereich Anwendung findet. Die Kläger verpflichteten sich im Gegenzug zur Rücknahme der Widersprüche bzw Klagen bezüglich des Sachverhalts "[Vergütung von Zielaufträgen] § 7 B Ziff 8.7.5 Abs 5 HVM".

4

Mit Bescheiden vom 17.7.2002 teilte die Beklagte den Klägern mit, dass in den Quartalen I/1998 bis III/1998 bzw IV/1998 bis IV/2000 die in den Kapiteln Q Abschnitt I Nr 7 und R EBM-Ä für die Gebühren-Nr 5210 und 5211 bzw 5520 und 5521 EBM-Ä geltenden Abstaffelungsregelungen nicht ordnungsgemäß umgesetzt worden seien. Daher seien die Honorarabrechnungsbescheide für diese Quartale aufzuheben und durch eine Neuberechnung zu ersetzen, welche die Abstaffelungsregelung des EBM-Ä berücksichtige; hieraus resultiere eine Rückforderung in Höhe von 584.807,23 DM für die erstgenannten bzw von 1.907.137,54 DM für die letztgenannten Quartale. Die Größenordnung der Rückforderung im Vergleich zum verbleibenden Honorarvolumen betrug nach den Feststellungen des Sozialgerichts (SG) zwischen 8 % und 23,47 %.

5

Die hiergegen erhobenen Widersprüche wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheide vom 17.3.2005) . Das SG hat den (verbundenen) Klagen teilweise stattgegeben und den die Quartale I/1998 bis III/1998 betreffenden Bescheid aufgehoben, soweit die Beklagte darin eine Neuberechnung des Honorars für die Quartale I/1998 und II/1998 vornahm; im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Verfahren bezüglich des Quartals I/1998 abgetrennt. Sodann hat es das Urteil des SG insoweit aufgehoben, als der Bescheid der Beklagten vom 17.7.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.3.2005 bezüglich der Neuberechnung des Quartals II/1998 aufgehoben wurde, und die Klage auch insoweit abgewiesen. Die Berufung der Kläger hat es zurückgewiesen.

6

Das LSG hat ausgeführt, die Beklagte sei zu einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung berechtigt gewesen, ohne dass die Voraussetzungen des § 45 SGB X zu prüfen gewesen seien. Keiner der vom Bundessozialgericht (BSG) herausgearbeiteten Anwendungsfälle für Vertrauensschutz liege vor. Einer sachlich-rechnerischen Überprüfung stehe auch nicht der im Jahre 1999 geschlossene Vergleich entgegen, da die hier streitigen Abstaffelungsregelungen nicht zu dessen Gegenstand gehört hätten; entsprechend habe sich auch die "Erledigungserklärung" unter Ziffer 3 des Vergleiches allein auf den dortigen Gegenstand - die Vergütung von Zielaufträgen - bezogen. Zu Recht habe das SG die Größenordnung der Rückforderungen im Vergleich zum verbleibenden Honoraranteil (zwischen 8 % und 23,47 %) noch als "kleineren Anteil" im Sinne der BSG-Rechtsprechung angesehen (Urteil vom 29.4.2009) .

7

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil machen die Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) .

Entscheidungsgründe

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Die Beschwerde der Kläger hat keinen Erfolg. Soweit sie nicht bereits unzulässig ist, ist sie jedenfalls unbegründet.

9

Für die Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache muss gemäß den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Darlegungsanforderungen in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung bezeichnet (vgl BVerfGE 91, 93, 107 = SozR 3-5870 § 10 Nr 5 S 31; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 37 f) und ausgeführt werden, inwiefern diese Rechtsfrage in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich (klärungsfähig) sowie klärungsbedürftig ist. Es muss ersichtlich sein, dass sich die Antwort nicht ohne Weiteres aus der bisherigen Rechtsprechung ergibt. Bei einer Revisions-Nichtzulassungsbeschwerde ist es Aufgabe des Prozessbevollmächtigten, die einschlägige Rechtsprechung aufzuführen und sich damit zu befassen; eine Beschwerdebegründung, die es dem Gericht überlässt, die relevanten Entscheidungen zusammenzusuchen, wird den Darlegungserfordernissen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG nicht gerecht. Lediglich kursorische Hinweise ohne Durchdringung des Prozessstoffs reichen nicht aus (vgl Bundesverfassungsgericht - BVerfG - , DVBl 1995, 35). Diesen - verfassungsrechtlich unbedenklichen - Anforderungen (s die zitierte BVerfG-Rspr und zB BVerfG , SozR 3-1500 § 160a Nr 7 S 14; BVerfG , SozR 4-1500 § 160a Nr 12) entspricht die Beschwerde nur teilweise.

10

Aber auch soweit die Rügen den Darlegungsanforderungen entsprechen, ist die Beschwerde jedenfalls unbegründet, denn nicht alle Erfordernisse für die Revisionszulassung sind erfüllt. Diese setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BVerfG , SozR 3-1500 § 160a Nr 7 S 14; s auch BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 19 S 34 f; Nr 30 S 57 f mwN) . Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, falls die Rechtsfrage schon beantwortet ist, ebenso dann, wenn Rechtsprechung zu dieser Konstellation zwar noch nicht vorliegt, sich aber die Antwort auf die Rechtsfrage ohne Weiteres ergibt (zur Verneinung der Klärungsbedürftigkeit im Falle klarer Antwort s zB BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6; BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 8 S 34; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; vgl auch BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f) . Auch diese Anforderungen sind verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl zB BVerfG , Beschluss vom 29.5.2001 - 1 BvR 791/01 -, und früher schon BVerfG , SozR 3-1500 § 160a Nr 6 S 10 f; Nr 7 S 14; s auch BVerfG , DVBl 1995, 35) .

11

1. Bezüglich der Rechtsfragen,

        

-       

ob eine sachlich-rechnerische Richtigstellung von Honorarbescheiden auch dann noch erfolgen könne, wenn sie von der KÄV erneut nachträglich geprüft worden sei und in einem Vergleich mit Abgeltungsklauseln einzelne strittige Punkte einvernehmlich erledigt worden seien, oder ob in diesem Fall wie bei einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung das Recht zur erneuten Überprüfung außerhalb des § 45 SGB X verbraucht sei,

        

-       

ob die vom BSG zum Verbrauch des Richtigstellungsrechts aufgestellten Grundsätze nicht auch gälten, wenn - wie hier - statt einer förmlichen sachlich-rechnerischen Richtigstellung eine Überprüfung einzelner Punkte des Honorarbescheides mit dem Abschluss des Vergleichs erfolgt sei,

        

-       

ob nicht auch vergleichbar mit dem vom BSG im Verfahren B 6 KA 3/01 R entschiedenen Fall eine KÄV bei dem hier gewählten Verfahren ihre Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung verbraucht habe,

        

-       

ob nicht zumindest dann kein Recht zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung mehr bestehe, wenn die KÄV auch noch in einem Vergleich eine Erledigungsklausel aufgenommen habe,

sind die Rügen zulässig, jedoch unbegründet, denn die aufgeworfenen Fragen sind weder klärungsbedürftig noch klärungsfähig. Zutreffend ist, dass nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, jeweils RdNr 15; BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, jeweils RdNr 15) die Befugnis einer KÄV zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung unter Vertrauensschutzgesichtspunkten dann entfallen ist, wenn sie diese bereits "verbraucht" hat. Dies ist der Fall, wenn eine KÄV die Honorarforderung des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit geprüft und vorbehaltlos bestätigt hat (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, jeweils RdNr 15; BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, jeweils RdNr 15) . In diesem Fall wird die jedem Honorarbescheid innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt insoweit aufgehoben, und die KÄV kann einen Honorarbescheid wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurücknehmen (BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, jeweils RdNr 15; BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, jeweils RdNr 15) . Die Frage, ob einem Vergleichsschluss grundsätzlich dieselbe Bedeutung zukommt wie einer (isolierten) Entscheidung der Beklagten zugunsten des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren, kann daher anhand der vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden. Sie ist grundsätzlich zu bejahen, denn es macht im Hinblick auf den Vertrauensschutz eines Vertragsarztes keinen Unterschied, ob die Beklagte eine Honorarabrechnung einseitig oder im Rahmen eines Vergleiches bestätigt.

12

Die Rechtsfrage ist jedoch auch im Übrigen nicht klärungsbedürftig. Denn es ist in der Rechtsprechung des Senats bereits geklärt (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 19) , dass nicht jede beliebige, von der KÄV zugunsten des Vertragsarztes verfügte Rückgängigmachung einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung dazu führt, dass weitere Korrekturen, deren Voraussetzungen möglicherweise erst später offenbar werden, künftig ausgeschlossen oder nur nach Maßgabe des § 45 SGB X durchführbar sind. Die Aufhebung einer zuvor von der KÄV vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellung kann vielmehr bei dem betroffenen Vertragsarzt spezifisches Vertrauen nur insoweit hervorrufen, als dabei erkennbar eine Prüfung der zugrunde liegenden Streitfrage vorgenommen wurde (BSG aaO) . Der in Rede stehende Vergleich betraf zwar die Abrechnung von CT- und MRT-Leistungen, jedoch nicht die hier maßgebliche Frage einer ordnungsgemäßen Umsetzung der den Gebühren-Nrn 5210, 5211 bzw 5520, 5521 vorangestellten Abstaffelungsregelungen des EBM-Ä. Vielmehr ging es allein um die Anwendung spezifischer, eindeutig bezeichneter Regelungen im HVM der Beklagten. Angesichts des klar umgrenzten Regelungsgegenstandes dieses Vergleiches konnte ein Vertrauen der Kläger dergestalt, dass damit die Abrechnung der strittigen Leistungen unter jedem rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkt geklärt war, nicht entstehen.

13

Dass der Vergleich eine Erledigungsklausel enthalten hat, ändert daran vorliegend schon deswegen nichts, weil sich diese Klausel ausdrücklich auf die "oben genannten Sachverhalte" bezog.

14

2. Hinsichtlich der Rechtsfragen,

        

-       

welche "quantitätsmäßigen Grenzen" für eine Rückforderung bei der Korrektur von Honorarbescheiden im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung bestünden,

        

-       

ob nicht eine Rückforderung über 15 % rechtswidrig und allenfalls nach § 45 SGB X unter Beachtung von Vertrauensschutzmaßstäben rechtmäßig sei, vor allem dann, wenn die gesamte Rückforderung bei weit über einer Mio Euro liege und damit existenzvernichtend sei,

        

-       

ob die Einschränkung der sachlich-rechnerischen Richtigstellung auf nur "kleinere Anteile" unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes einfach entfallen könne, weil unterstellt werde, der Arzt hätte den Fehler erkennen können,

        

-       

ob allein wegen der Höhe der zu viel geleisteten Zahlungen ein Vertrauensschutz entfalle,

sind die Rügen ebenfalls zulässig, aber - mangels Klärungsbedürftigkeit - unbegründet.

15

Der Senat hat in zwei Entscheidungen, in denen ein Vorläufigkeitsvorbehalt zu beurteilen war, mit dem die KÄV unter Berufung auf umstrittene Regelungen des EBM-Ä alle Honorarbescheide versehen hatte, ausgeführt, dass sich die Vorläufigkeit des Honorarbescheides ihrem Gegenstand nach nur auf begrenzte Teile des Honorarbescheides bzw - wirtschaftlich betrachtet - kleinere Anteile der Honorarforderung des Vertragsarztes beziehen darf (BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42; BSG, Urteil vom 26.6.2002, B 6 KA 26/01 R - juris, dort RdNr 20). Eine Vorläufigkeit, die es ermöglichen würde, das vertragsärztliche Honorar für ein bestimmtes Quartal auf die Hälfte des Betrages zu reduzieren, der sich aus dem Honorarbescheid zunächst ergibt, nähme diesem Bescheid den Charakter als Regelung des Honoraranspruchs des Vertragsarztes für ein Kalendervierteljahr, weil dem Arzt in der Sache lediglich eine Abschlagzahlung zugebilligt würde (BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42; BSG, Urteil vom 26.6.2002 aaO) . Diese Auslegung der Richtigstellungsvorschriften bietet einen angemessenen Ausgleich zwischen der Notwendigkeit vorläufiger Regelungen bei der Honorarverteilung auf Seiten der KÄV einerseits und dem berechtigten Interesse des Vertragsarztes an einer möglichst umfassenden Bestandskraft eines einmal erlassenen Honorarbescheides andererseits (BSGE 89, 62, 73 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42) .

16

Ob diese Aussagen überhaupt für alle Fälle sachlich-rechnerischer Richtigstellungen Geltung beanspruchen oder allein auf pauschale Richtigstellungsvorbehalte bezogen sind (zur möglichen Begrenzung des Geltungsbereiches vgl BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, jeweils RdNr 13; BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, jeweils RdNr 21) , kann offenbleiben. Denn selbst wenn Ersteres der Fall wäre, lassen sich die von den Klägern aufgeworfenen Fragen nach den "quantitätsmäßigen Grenzen" anhand der Rechtsprechung des Senats beantworten.

17

Einer Konkretisierung des "kleineren Anteils" in einem Revisionsverfahren bedarf es vorliegend schon deswegen nicht, weil durch die Tatsacheninstanzen nicht festgestellt worden ist, dass die Höhe der Rückforderungen eine nach der Senatsrechtsprechung bedenkliche Größenordnung erreichen könnte. Nach den - nicht durch Verfahrensrügen angegriffenen - Feststellungen der Vorinstanzen lag die Größenordnung "zwischen" 8 % und 23,47 %. In der Rechtsprechung des Senats ist eine Größenordnung von 15 % noch als "kleinerer Anteil" gewertet worden (vgl BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, jeweils RdNr 21 mwN) . Es ist schon nicht erkennbar - und auch nicht vorgetragen -, dass der Wert von 15 % regelhaft überschritten wurde; vielmehr liegt die Annahme nahe, dass sich die Größenordnung der Rückforderungen im Mittel um diesen Wert bewegen dürfte und der von den Vorinstanzen erwähnte Wert von 23,47 % einen "Ausreißer" darstellt.

18

Zudem entzieht sich die Frage, ab welchem Prozentsatz eine Rückforderung dem Honorarbescheid seinen Regelungscharakter nimmt, einer generellen Festlegung, weil insoweit die näheren Umstände in die Beurteilung einzubeziehen sind. Wenn - wie vorliegend - eine Rückforderung wegen desselben Sachverhalts mehrere Quartale umfasst, ist es nicht zu beanstanden, wenn der Beurteilung nicht die einzelne Überschreitung im Quartal, sondern der gemittelte Umfang der Überschreitung über die betroffenen Quartale hinweg zugrunde gelegt wird. Jedenfalls käme in derartigen Fällen die Zugrundelegung eines höheren Toleranzwertes in Betracht.

19

Im Übrigen ließe sich selbst dann, wenn die Höhe der Rückforderungen vorliegend in der Regel über dem Wert von 15 % liegen sollten, anhand der vorliegenden Senatsrechtsprechung klären, dass dieser Umstand nicht dazu nötigt, die Richtigstellungen den Anforderungen des § 45 SGB X zu unterwerfen. In der Rechtsprechung des Senats ist eine Größenordnung von 15 % noch als "kleinerer Anteil" gewertet worden (vgl BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, jeweils RdNr 21 mwN) , ohne dass dieser Wert ausdrücklich als Obergrenze bezeichnet worden ist. Auch diesen Wert maßvoll überschreitende Rückforderungsanteile liegen jedenfalls noch deutlich unter der in der Senatsrechtsprechung als inakzeptabel genannten "Hälfte" des sich aus dem Honorarbescheid ergebenden Betrages.

20

Angesichts dessen bedarf es keiner Beantwortung der weiteren Frage, ob die Einschränkung der Richtigstellung des Honorars auf "kleinere Anteile" dann entfällt, wenn der Vertragsarzt die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung unschwer hätte erkennen können.

21

3. Die Rechtsfrage,

        

-       

ob bei einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung für mehrere Jahre mit einer Rückforderung eines Gesamtbetrages von über 1,2 Mio Euro Vertrauensschutz zu gewähren sei bzw unmittelbar § 45 SGB X Anwendung zu finden habe über die bisher von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefälle, wenn der Arzt - wie hier die Kläger - die Fehlerhaftigkeit nicht gekannt habe,

ist - bei angenommener Zulässigkeit der Rüge - nicht klärungsbedürftig. Wie der Senat bereits entschieden hat (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, jeweils RdNr 28) , setzt die Rechtmäßigkeit sachlich-rechnerischer Richtigstellungen grundsätzlich kein Verschulden des Vertragsarztes voraus; etwas anderes gilt nur dann, wenn die KÄV den gesamten Honorarbescheid für ein Quartal allein wegen der Unrichtigkeit der Abrechnungssammelerklärung aufhebt (BSG aaO) .

22

4. Bezüglich der Rechtsfrage,

        

-       

ob allein wegen der angeblichen Besonderheiten des Vergütungssystems der KÄVen die grundgesetzlichen Schranken außer Betracht bleiben könnten und Vertrauensschutz nur in den bisher von der Rechtsprechung anerkannten Fällen zu gewähren sei,

entspricht die Rüge nicht der Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG, da sie weder eine Auseinandersetzung mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Senats enthält noch erkennen lässt, welche "grundgesetzlichen Schranken" der Senatsrechtsprechung entgegenstehen könnten. Im Übrigen wäre die Rechtsfrage auch nicht klärungsbedürftig, da sie sich aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats beantwortet. Insbesondere in seinem Urteil vom 22.3.2006 (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6) hat der Senat ausführlich die Gründe dargelegt, auf denen die umfassende Richtigstellungsbefugnis der KÄVen beruht (BSG aaO, jeweils RdNr 11 f) .

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5. Auch zu der Rechtsfrage,

        

-       

ob es verfassungsrechtlich nicht geboten ist, über die bisher anerkannten Fälle hinaus Vertrauensschutz zu gewähren, wenn wie hier derart exorbitante Beträge zurückgefordert werden und der Arzt keine Kenntnis hatte,

entspricht die Rüge nicht den Darlegungsanforderungen, da sie schon nicht erkennen lässt, welche verfassungsrechtlichen Erwägungen weitergehenden Vertrauensschutz erfordern könnten. Im Übrigen besteht ohnehin das Erfordernis - wie unter 2. ausgeführt -, dass die Höhe der Rückforderung in Relation zum Gesamthonorar der Kläger in den streitbefangenen Quartalen die Verhältnismäßigkeit wahren muss.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm §§ 154 ff Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Als unterlegene Beteiligte haben die Kläger auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO) .

25

Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der Festsetzung der Vorinstanz vom 29.4.2009 (in der berichtigten Fassung vom 11.5.2009), die von keinem der Beteiligten in Frage gestellt worden ist (§ 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 Gerichtskostengesetz).

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. September 2012 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. September 2011 zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten auch des Berufungs- und Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Streitig sind sachlich-rechnerische Richtigstellungen wegen Überschreitung der für die Job-Sharing-Praxis des Klägers festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen III/2008 und IV/2008.

2

Der Kläger ist als Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (HNO) zur vertragsärztlichen Versorgung in W. zugelassen. Mit Beschluss vom 30.1.2008 erteilte ihm der Zulassungsausschuss (ZA) eine Genehmigung zur Beschäftigung der HNO-Ärztin Dr. E. im zeitlichen Umfang von 10 Wochenstunden ab dem 1.4.2008 als sog Job-Sharing-Partnerin nach § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V. Mit der Genehmigung war die Festsetzung quartalsbezogener Gesamtpunktzahlen verbunden, die bei der Abrechnung als Leistungsobergrenze maßgeblich sein sollten.

3

Auf einen Antrag des Klägers vom 21.3.2008 setzte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) mit Bescheid vom 28.5.2008 aus Sicherstellungsgründen die Fallzahlzuwachsbegrenzung für das Jahr 2008 aus. Der Kläger hatte angegeben, dass der HNO-Arzt Dr. S.
in V. (Bezirk der KÄV Hessen) mit Wirkung zum 1.10.2007 seine Zulassung zurückgegeben habe und dessen Patienten mangels Nachfolger zum Teil von ihm versorgt werden müssten. Der Praxisnachfolger nahm tatsächlich seine vertragsärztliche Tätigkeit zum Quartal II/2008 auf.

4

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 12.1.2009 mit, dass bei Job-Sharing-Praxen, die die vom ZA festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina überschreiten, eine quartalsbezogene Rückforderung vorgenommen werden solle. Nach Ablauf von vier Quartalen erfolge ggf eine Saldierung, sodass im Fall einer Unterschreitung eine Rückvergütung erfolge. Er habe im Quartal II/2008 die Punktzahlobergrenze um 49.811,1 Punkte unterschritten. Mit Honorarbescheid vom 15.1.2009 setzte die Beklagte für das Quartal III/2008 ein Honorar in Höhe von insgesamt 47 420,35 Euro fest. Für das Quartal IV/2008 setzte sie mit Bescheid vom 15.4.2009 insgesamt ein Honorar in Höhe von 51 282,37 Euro fest. Dabei berücksichtigte sie jeweils sämtliche der Fallzahlzuwachsbegrenzung unterliegenden Fälle, nicht jedoch die Leistungsbegrenzung durch die Gesamtpunktzahlvolumina.

5

Mit Bescheid vom 25.6.2009 nahm die Beklagte wegen Überschreitungen der Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen III/2008 und IV/2008 eine sachlich-rechnerische Richtigstellung vor und kürzte das Honorar des Klägers für das Quartal III/2008 um 3455,25 Euro und für das Quartal IV/2008 um 5204,42 Euro. Aufgrund einer Rückvergütung für das Quartal II/2008 in Höhe von 1910,80 Euro werde ein Betrag in Höhe von insgesamt 6748,87 Euro im Rahmen des Honorarbescheides für das Quartal II/2009 verrechnet. Für das Quartal III/2008 wurde dabei eine individuelle Punktzahlobergrenze von 1.211.887,6 Punkten und für das Quartal IV/2008 eine individuelle Punktzahlobergrenze von 1.191.850,5 Punkten zugrunde gelegt. Abgerechnet worden seien im Quartal III/2008 1.308.945,0 Punkte und im Quartal IV/2008 1.327.520,0 Punkte, sodass die Differenz in Höhe von 97.057,4 Punkten (Quartal III/2008) und 135.669,5 Punkten (Quartal IV/2008) abzuziehen sei.

6

Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6.8.2010 zurück. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22.9.2011 abgewiesen. Aus dem bestandskräftigen Bescheid des ZA vom 7.4.2008 (= Beschluss vom 30.1.2008), der für die Beteiligten und das Gericht bindend sei, ergebe sich eine Begrenzung der abrechenbaren Leistungsmenge. Da dem Kläger die Begrenzung des abrechenbaren Leistungsumfangs bekannt gewesen sei, habe kein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend entstehen können, dass er Leistungen über die Gesamtpunktzahlvolumina hinaus abrechnen könne. Ein solches Vertrauen sei auch nicht durch die Befreiung von der Fallzahlzuwachsbegrenzung entstanden. Aufgrund der unterschiedlichen Regelungsgegenstände und Zuständigkeiten habe der Kläger nicht davon ausgehen können, von der Einhaltung der Punktzahlobergrenzen befreit zu sein. Es habe daher dem Kläger oblegen, für die Zeit ab dem 1.4.2008 bei dem ZA eine Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina zu beantragen.

7

Mit dem angefochtenen Urteil vom 26.9.2012 hat das LSG das Urteil des SG vom 22.9.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 25.6.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.8.2010 aufgehoben. Grundsätzlich seien hier die Voraussetzungen für eine nachträgliche Richtigstellung der Honorarbescheide erfüllt, weil der Kläger die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina überschritten habe. Indes sei Grund hierfür nicht eine dauerhafte Mengenausweitung unter Missachtung der für die Praxis festgesetzten Leistungsbegrenzung, sondern der durch die Rückgabe der Zulassung durch Dr. S. entstandene zeitlich begrenzte zusätzliche Versorgungsbedarf. Die aus diesem Grund erteilte befristete Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung hätte im Falle einer "Normalpraxis" zur Vergütung der zur Sicherstellung der Versorgung erbrachten Mehrleistungen geführt. Im Falle einer Job-Sharing-Praxis müssten indes zusätzlich die Gesamtpunktzahlvolumina für die Übergangszeit angehoben werden. Einen entsprechenden Antrag bei dem ZA hätten jedoch weder die Beklagte noch der Kläger gestellt. Der Kläger habe zwar die statusrechtlichen Voraussetzungen der Leistungserbringung und -abrechnung zu kennen und müsse sich bei Zweifeln ggf informieren, sodass er sich nicht auf Unkenntnis berufen könne. Es liege jedoch ein Sonderfall vor, weil die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (BedarfsplRL) eine Änderung der Gesamtpunktzahlvolumina für den Fall eines zeitlich begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs nicht vorsehe und die Notwendigkeit einer vorübergehenden Änderung der Leistungsgrenze bei Job-Sharing im Falle eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs dem ZA und der Beklagten jedenfalls aus Sicht des Klägers habe bekannt sein müssen. Das sich hieraus ergebende Vertrauen des Klägers darauf, die Mehrleistungen auch ohne ausdrücklichen statusrechtlichen Ausnahmebescheid des ZA vergütet zu erhalten, sei ausnahmsweise schutzwürdig.

8

Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten. Das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger sich hier auf Vertrauensschutz berufen könne. Der Beschluss des ZA vom 30.1.2008 habe Bestandskraft erlangt und sei daher für sie und den Kläger bindend. Änderungen und Anpassungen der Gesamtpunktzahlvolumina könne sie zwar beantragen, die Umsetzung sei aber ausschließlich dem ZA vorbehalten. Der Bescheid vom 28.5.2008 habe daher die in dem Bescheid des ZA festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht aufheben können. Er beziehe sich im Übrigen ausdrücklich auch nur auf die Fallzahlzuwachsbegrenzung, die ein völlig anderes Regelungsinstrument als die Gesamtpunktzahlvolumina im Rahmen des Job-Sharing sei. Aufgrund der unterschiedlichen Regelungsbereiche und Zuständigkeiten habe der Kläger nicht ohne Weiteres davon ausgehen dürfen, von der Einhaltung der Job-Sharing-Obergrenze entbunden zu sein. Er habe sich vielmehr, nachdem er den Bescheid über die Aussetzung der Fallzahlbegrenzungsregelung erhalten habe, bei dem ZA oder bei ihr, der Beklagten, nach den Auswirkungen dieser Aussetzung auf die Gesamtpunktzahlvolumina erkundigen und ggf einen entsprechenden Änderungsantrag stellen müssen.

9

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 26. September 2012 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Stuttgart vom 22.9.2011 zurückzuweisen.

10

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend. Es sei bereits keine Unrichtigkeit der Honorarbescheide anzunehmen, da er durch den Bescheid vom 28.5.2008 ausdrücklich damit beauftragt worden sei, den durch die Rückgabe der Zulassung durch Dr. S. vorübergehend entstandenen Versorgungsmangel auszugleichen. Selbst bei Annahme der Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide habe die Beklagte durch die zeitlich nach der Festsetzung der Gesamtpunktzahlvolumina erfolgte Aufhebung der Fallzahlzuwachsbegrenzung jedenfalls einen Vertrauenstatbestand geschaffen, der der Honorarkürzung entgegenstehe. Vertrauensschutz scheide nicht deshalb aus, weil es sich bei der Beklagten und dem ZA um zwei unterschiedliche Behörden handele. Diese Betrachtung lasse außer Acht, dass auch die Beklagte regelmäßig Anpassungen der Punktzahlgrenzen vornehme, die durch den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) oder den Honorarverteilungsvertrag bedingt würden. Im Übrigen bestehe der ZA zur Hälfte aus Mitgliedern der Beklagten und werde bei der Beklagten geführt. Es habe der Beklagten oblegen, ihn über sein Antragsrecht auf Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina zu informieren oder den Antrag selbst zu stellen. Sie hätte die Bewilligung der Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzungsregelung auch mit der Bedingung versehen können, dass dennoch die Gesamtpunktzahlvolumina eingehalten werden müssten. Da in den BedarfsplRL eine Ausnahmeregelung für den Fall eines zeitlich begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs nicht vorgesehen gewesen sei, könne es nicht zu seinen Lasten gehen, dass er keinen Antrag auf Aussetzung der Gesamtpunktzahlvolumina bei dem ZA gestellt habe.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Beklagte war berechtigt, die Abrechnungen des Klägers sachlich-rechnerisch richtig zu stellen, weil er die für seine Job-Sharing-Praxis geltenden Gesamtpunktzahlvolumina in den streitbefangenen Quartalen überschritten hat.

13

1. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und Rückforderung ist § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V(idF des Gesetzes zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 , insoweit in der Folgezeit unverändert). Danach stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet worden sind. Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheides. Die genannten Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 SGB I in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X verdrängen(stRspr, zB BSGE 89, 62, 66 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 345 f und BSGE 89, 90, 93 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 6 f; BSG, SozR 4-5520 § 32 Nr 2 RdNr 10; BSGE 96, 1, 2 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; BSG, SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12). Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Rücknahme des Honorarbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus(BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 3; BSGE 89, 62, 75 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 355; BSGE 96, 1, 3 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12; aaO Nr 3 RdNr 18).

14

a) Die Tatbestandsvoraussetzung für eine nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellung nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V ist vorliegend erfüllt, weil die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht berücksichtigt wurden und daher die Honorarbescheide vom 15.1.2009 und vom 15.4.2009 rechtswidrig sind. In wessen Verantwortungsbereich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt, ist unerheblich; einzige tatbestandliche Voraussetzung ist die Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides (vgl BSGE 93, 69, 71 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 7 - hierzu Engelhard, jurisPR-SozR 44/2004 Anm 1).

15

Der ZA hat auf der Grundlage von §§ 23 c ff BedarfsplRL(in der Fassung vom 15.2.2007 mit Wirkung ab dem 1.4.2007, Bundesanzeiger Nr 64 S 3491 vom 31.3.2007; zur weiteren BedarfsplRL-Änderung, die am 1.1.2013 in Kraft getreten ist, siehe die Neufassung der BedarfsplRL vom 20.12.2012, BAnz vom 31.12.2012, Bekanntmachung Nr 7, mit Neunummerierung der §§ 23a-23m als §§ 40-47, 58-62) mit Beschluss vom 30.1.2008 die Gesamtpunktzahlvolumina für die Job-Sharing-Praxis festgelegt (vgl zur Berechnung der Leistungsbegrenzung BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 12 RdNr 21 ff). Diesen Beschluss hat der Kläger nicht angegriffen, sodass Bestandskraft eingetreten ist. Auch die Beklagte, die den Honoraranspruch des Vertragsarztes festsetzt, ist an die bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs aufgrund der Genehmigung der Anstellung einer Ärztin in der Praxis des Klägers unter Job-Sharing-Bedingungen gebunden.

16

Die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina hat der Kläger in den streitbefangenen Quartalen überschritten. Für die streitbefangenen Quartale hat die hierfür gemäß § 23c Satz 4 BedarfsplRL aF(§ 42 Satz 4 BedarfsplRL nF) zuständige Beklagte ausweislich des Bescheides vom 25.6.2009 eine Anpassung der quartalsbezogenen Punktzahlobergrenzen vorgenommen und eine individuelle Punktzahlobergrenze von 1.211.887,6 Punkten (Quartal III/2008) bzw 1.191.850,5 Punkten (Quartal IV/2008) ermittelt. Die ermittelten Gesamtpunktzahlvolumina hat der Kläger in den streitbefangenen Quartalen um 97.057,4 Punkte (Quartal III/2008) bzw 135.669,5 Punkte (Quartal IV/2008) überschritten. Diese Überschreitungen wurden in den Honorarbescheiden vom 15.1.2009 (Quartal III/2008) und vom 15.4.2009 (Quartal IV/2008) zunächst nicht berücksichtigt.

17

b) Für eine Ausnahme von der Leistungsbegrenzung aufgrund eines befristeten lokalen Versorgungsbedarfs, wie der Kläger ihn hier behauptet hat, wäre eine Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina erforderlich gewesen. Einen entsprechenden Antrag hat der Kläger hier nicht gestellt. Es kann offenbleiben, ob der Widerspruch des Klägers gegen den Richtigstellungsbescheid hier als solcher Antrag hätte aufgefasst werden können (vgl zu den Anforderungen BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 1/12 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 14 vorgesehen -; zur rückwirkenden Antragstellung vgl Urteil des Senats vom heutigen Tag - B 6 KA 36/12 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Beklagte wäre dann verpflichtet gewesen, den Antrag an den zuständigen ZA weiterzuleiten. Allein die Zulassungsgremien können eine Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina vornehmen, die grundsätzlich nur unter Beachtung der Voraussetzungen, die in den Tatbeständen des § 23e Satz 2, 3 BedarfsplRL aF(§ 44 Satz 2 und 3 BedarfsplRL nF) normiert sind, zulässig ist (vgl BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 1/12 R - Juris RdNr 27, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 14 vorgesehen). Der Antrag wäre jedenfalls nicht erfolgreich gewesen.

18

Der ZA hätte allerdings die Punktzahlobergrenze der Praxis anheben können, wenn kurzfristig ein regionaler zusätzlicher Versorgungsbedarf bestanden hätte. Nach § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 Halbsatz 1 SGB V(eingefügt durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz vom 22.12.2006 mit Wirkung vom 1.1.2007) hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in den BedarfsplRL Regelungen bezüglich einer Ausnahme von der Leistungsbegrenzung zu treffen, soweit und solange dies zur Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs erforderlich ist. Eine solche Ausnahmeregelung hat der G-BA in den §§ 23i ff BedarfsplRL aF(§§ 58 ff BedarfsplRL nF), mit denen der Regelungsauftrag des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V umgesetzt wurde, nicht vorgesehen. Der G-BA hat lediglich mit Beschluss vom 13.3.2008 (BAnz Nr 80, S 1950) gestützt auf § 101 Abs 3a SGB V in § 34a BedarfsplRL aF geregelt, dass der Landesausschuss festlegt, für welche Bezugsregionen innerhalb eines nicht unterversorgten Planungsbereiches er die Feststellung von zusätzlichem lokalem Versorgungsbedarf trifft(§ 34a Abs 2 Satz 1 BedarfsplRL aF). Diese Vorschrift erfasst mithin nur strukturell und damit langfristig bestehende lokale Bedarfe. Der Landesausschuss für Ärzte und Krankenkassen hat hier dementsprechend nur auf der Grundlage von § 103 Abs 1, 3 SGB V das Vorliegen einer Überversorgung geprüft und mit Beschluss vom 20.2.2008 (abrufbar im Internet unter: http://www.kvbawue.de/vertraegerecht/bekanntmachungen/landesausschuss/, letzter Aufruf am 12.7.2013) für den Planungsbereich Rhein-Neckar-Kreis, in dem der Sitz des Klägers liegt, eine Überversorgung mit HNO-Ärzten angenommen und keinen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf festgestellt. Auch § 23e BedarfsplRL aF(§ 44 BedarfplRL nF), der die Voraussetzungen für die Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina regelt, berücksichtigt den Fall einer erkennbar nur vorübergehenden Steigerung des Leistungsumfangs zur Sicherstellung eines befristeten regionalen Mehrbedarfs nicht. Nach dieser Vorschrift kommt eine Neubestimmung der Abrechnungsobergrenzen nur in Betracht, wenn Änderungen des EBM oder vertragliche Vereinbarungen spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen haben (Satz 2) oder Änderungen der Berechnung der für die Obergrenze maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirken und die Beibehaltung der durch den ZA festgestellten Gesamtpunktzahlvolumina im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung darstellen würde (Satz 3). Fehlt es damit zwar an einer ausdrücklichen normativen Grundlage für die Berücksichtigung eines zeitlich begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs, der etwa durch die vorübergehende Schließung einer Praxis entstehen kann, ist eine Erhöhung der Leistungsgrenze in einem solchen Fall gleichwohl nicht ausgeschlossen. Sie kann vielmehr im Interesse der Sicherstellung der Versorgung der Versicherten ausnahmsweise geboten sein. Eine Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina kann in diesen Fällen unter Rückgriff auf den Rechtsgedanken des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 Halbsatz 1 SGB V erfolgen. Das LSG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Honorierung der zur Sicherstellung eines befristeten zusätzlichen Versorgungsbedarfs erbrachten Mehrleistungen einer Job-Sharing-Praxis nicht nur eine Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung, wie sie hier von der Beklagten erteilt wurde, erfordert, sondern auch eine Erhöhung der Leistungsgrenze.

19

Ohne eine solche zeitlich auf das Bestehen eines begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs beschränkte Erhöhung der Leistungsgrenze käme eine Job-Sharing-Praxis für die Deckung des Bedarfs nicht in Betracht. Es müssten dann ggf Ermächtigungen erteilt werden, um die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung auch während der vorübergehenden Vakanz einer Praxis zu gewährleisten, obwohl Vertragsärzte bereit und imstande wären, den Bedarf zu decken. Damit würde der prinzipielle Vorrang der Vertragsärzte (und Medizinischen Versorgungszentren) in der ambulanten Versorgung allein deshalb in Frage gestellt, weil in den BedarfsplRL keine Regelung für eine Erhöhung der Leistungsgrenzen in den hier in Rede stehenden Konstellationen getroffen worden ist. Der G-BA wird daher entsprechende Regelungen zu treffen haben, damit künftig ein unmittelbarer Durchgriff der Zulassungsgremien auf den Rechtsgedanken des § 101 Satz 1 Nr 5 SGB V entbehrlich wird.

20

Eine Möglichkeit der Erhöhung der Leistungsgrenze gebietet in diesen Fällen nicht zuletzt der Grundsatz der Gleichbehandlung der Job-Sharing-Praxen mit den Praxen, für die die Zulassungsgremien keine Gesamtpunktzahlvolumina festgesetzt haben; diesem Grundsatz wird auch in § 23e Satz 3 BedarfsplRL aF(§ 44 Satz 3 BedarfsplRL nF) besondere Bedeutung beigemessen. Den Nicht-Job-Sharing-Praxen würde nämlich, worauf das LSG zu Recht hingewiesen hat, allein die Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung die Vergütung der erbrachten Mehrleistungen sichern.

21

Eine Situation, die kurzfristig eine zeitlich begrenzte Anhebung der Leistungsgrenzen hätte erfordern können, war hier jedoch nicht gegeben. Der seit dem 1.10.2007 vakante Vertragsarztsitz von Dr. S. war schon zu Beginn des Quartals II/2008, als Dr. E. ihre Tätigkeit in der Praxis des Klägers aufnahm, wieder besetzt. Sofern durch die vorübergehende Schließung der Praxis ein besonderer Versorgungsbedarf entstanden war, erstreckte er sich jedenfalls nicht (mehr) auf die streitbefangenen Quartale.

22

2. Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der fehlerhaften Honorarbescheide war auch nicht durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes eingeschränkt. Vertrauensschutz kann der Kläger insbesondere nicht aus dem Bescheid der Beklagten vom 28.5.2008 herleiten, mit dem ihm - zu Unrecht, weil ein etwaiger Sicherstellungsbedarf schon seit dem 1.4.2008 wieder entfallen war - eine Ausnahme der Fallzahlzuwachsbegrenzung bewilligt wurde.

23

a) Der Vertragsarzt kann nach der Rechtsprechung des Senats auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilten Honorarbescheides grundsätzlich nicht vertrauen (stRspr zB BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 4; BSGE 89, 90, 94 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 7 mwN; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 24 RdNr 18). Die Auskehrung der Gesamtvergütungsanteile durch die KÄV im Wege der Honorarverteilung ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass diese quartalsmäßig auf die Honoraranforderungen ihrer Vertragsärzte hin Bescheide zu erlassen hat, ohne dass sie - aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen - die Rechtmäßigkeit der Honoraranforderungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. Die Berechtigung der KÄV zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide ist nicht auf die Berichtigung von Fehlern aus der Sphäre des Vertragsarztes beschränkt, sondern besteht umfassend, unabhängig davon, in wessen Verantwortungsbereich die allein maßgebliche sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt.

24

Die umfassende Berichtigungsbefugnis der KÄV, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, ist daher im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gilt nach der Rechtsprechung des Senats sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre des Vertragsarztes finden, wie auch bei anderen Fehlern, etwa der Unwirksamkeit der generellen Grundlagen der Honorarverteilung. Insbesondere im letztgenannten Fall müssen die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der KÄV auf die Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragsärzte andererseits zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden (vgl BSGE 93, 69, 72 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 9 mwN). Zur generellen Sicherstellung dieses Interessenausgleichs und damit zur Beurteilung der Frage, in welchen Konstellationen das Vertrauen des Vertragsarztes auf den Bestand eines rechtswidrigen, ihn begünstigenden Verwaltungsaktes schutzwürdig ist, hat der Senat Fallgruppen herausgearbeitet, in denen die Befugnis zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen aus Gründen des Vertrauensschutzes begrenzt ist (zusammenfassend BSGE 96, 1, 4 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16; vgl im Einzelnen zu den Fallgruppen Clemens, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 106a SGB V RdNr 189 ff; Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33 ff; Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 366 ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 180 ff).

25

b) Die nachträgliche Korrektur eines Honorarbescheides nach den Vorschriften über die sachlich-rechnerisch Richtigstellung ist nicht mehr möglich, wenn die Frist von vier Jahren seit Erlass des betroffenen Honorarbescheides bereits abgelaufen ist (BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16 mwN; vgl jüngst zur Hemmung der vierjährigen Ausschlussfrist BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 35/12 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 10; vgl im Hinblick auf die Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V auch: BSG Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 27/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 19 ff; Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 45/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 16 ff). Eine Rücknahme des Honorarbescheides ist nach Ablauf der Frist nur noch unter Berücksichtigung der Vertrauensausschlusstatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X möglich. Diese Fallgruppe ist vorliegend nicht einschlägig, da ersichtlich die Frist von vier Jahren, die nach der Rechtsprechung des Senats am Tag nach der Bekanntgabe des Honorarbescheides beginnt (vgl BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16; BSG Urteil vom 28.3.2007 - B 6 KA 26/06 R - Juris RdNr 16; BSGE 106, 222, 236 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 60 mwN), nicht abgelaufen ist.

26

c) Weiterhin ist die Befugnis der KÄV zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten eingeschränkt, soweit die KÄV ihre Befugnis zur sachlich-rechnerische Richtigstellung bereits "verbraucht" hat, indem sie die Honoraranforderung des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat (BSGE 89, 90, 98 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 11 f; bekräftigt in BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 19; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 18 ff für den Fall der Rückgängigmachung einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung). In diesem Fall ist die jedem Honorarbescheid innewohnende spezifische Vorläufigkeit und damit die Anwendbarkeit der Berichtigungsvorschriften entfallen (vgl BSGE 93, 69, 74 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 15). Auch eine solche Fallkonstellation ist hier nicht gegeben.

27

d) Darüber hinaus ist nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu beachten, wenn die KÄV es unterlassen hatte, bei der Erteilung des Honorarbescheides auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung oder ihrer Auslegung (BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSGE 93, 69, 75 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 16; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20) oder auf ein noch nicht abschließend feststehendes Gesamtvergütungsvolumen (BSGE 96, 1, 7 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20)hinzuweisen und durch einen Vorläufigkeitshinweis zu manifestieren. Der Vorläufigkeitshinweis muss sich dabei nicht ausdrücklich aus dem Honorarbescheid selbst ergeben, es genügt vielmehr, dass sich der Vorbehalt aufgrund bestehender Ungewissheiten ausreichend deutlich aus den Gesamtumständen ergibt (zB BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20; BSGE 96, 1, 7 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20; BSGE 98, 169, 177 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 28). Hat die KÄV einen derartigen Hinweis in der notwendigen Form unterlassen, sind die Berichtigungsvorschriften zwar weiterhin anwendbar, wegen des durch das Verhalten der KÄV begründeten Vertrauensschutzes der Vertragsärzte ist für die Aufhebung eines Honorarbescheides aber nur Raum, wenn in entsprechender Anwendung des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X Vertrauensausschlusstatbestände gegeben sind(BSGE 96, 1, 5 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 16). Eine solche Fallkonstellation liegt hier nicht vor. Im Hinblick auf den hier maßgeblichen Grund für die Richtigstellung, die Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina, bestand bei Erlass der Honorarbescheide vom 15.1.2009 und vom 15.4.2009 keine Ungewissheit im genannten Sinn. Weder waren die normativen Grundlagen der Honorarverteilung betroffen, noch Unsicherheiten im Hinblick auf das Gesamtvergütungsvolumen. Die Richtigstellung resultierte vielmehr aus Besonderheiten bei der Honorarbegrenzung für Job-Sharing-Praxen, über die bei Erlass der Honorarbescheide auch keine Unsicherheit bestand.

28

e) Schließlich ist die Richtigstellungsbefugnis der KÄV begrenzt, wenn die Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, die in der Rechtsprechung für die Verdrängung der Regelung des § 45 SGB X durch die Vorschriften über die sachlich-rechnerische Richtigstellung angeführt worden sind, nicht konkret tangiert sind(BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 18 ff; BSGE 96, 1, 6 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 26). Diese Fallgruppe erfasst die fehlerhafte Abrechnung im Einzelfall etwa infolge eines Rechenfehlers oder der versehentlichen Verwendung eines falschen Berechnungsfaktors. Auch in einem solchen Fall wird die Honorarberichtigung zwar nach den einschlägigen bundesmantelvertraglichen Regelungen durchgeführt, im Rahmen des Berichtigungsverfahrens sind indes die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs 2 iVm Abs 4 SGB X entsprechend heranzuziehen(vgl BSGE 93, 69, 76 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 18). Ein solcher Sachverhalt gibt keinen Anlass, von den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen abzuweichen, wonach die Behörde vorbehaltlich der besonderen Tatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 SGB X das Risiko dafür trägt, dass sie einen für den Bürger günstigen Verwaltungsakt erlässt, der sich nachträglich als teilweise rechtswidrig erweist(BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 20). Eine Beschränkung der Richtigstellungsbefugnis der Beklagten ergibt sich auch unter diesem Gesichtspunkt nicht. Die Umsetzung der Bescheide der Zulassungsgremien über die Punktzahlobergrenzen nach Zulassungen oder Arztanstellungen unter Job-Sharing-Bedingungen in den Honorarbescheiden der vertragsärztlichen Praxen betrifft spezifische Umstände der Honorierung der vertragsärztlichen Leistungen. Die ursprünglichen Honorarbescheide der Beklagten gegenüber dem Kläger enthielten dementsprechend keinen Rechenfehler oder vergleichbare Defizite, die Beklagte hatte sie vielmehr bewusst - wie bei allen anderen Job-Sharing-Praxen - zunächst ohne Anwendung der Regelungen über die Leistungsgrenzen erstellt. Ob das für diese Vorgehensweise angeführte Argument einer Entlastung der Verwaltung bei der zeitnahen Erstellung der Honorarbescheide das Gewicht hat, das die Beklagte ihm zumisst, kann auf sich beruhen. Jedenfalls vollzog die Richtigstellung einen komplexen Berechnungsschritt bei Festsetzung des vertragsärztlichen Honorars nach. Mit den in der Entscheidung des Senats vom 30.6.2004 (BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 20) angesprochenen individuellen Rechtsanwendungsfehlern ohne Bezug zu den Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen hat das keine Berührungspunkte.

29

f) Ob daneben ein allgemeiner Vertrauensschutz weiterhin in Betracht kommt, wenn die KÄV die rechtswidrige Erbringung bestimmter Leistungen in Kenntnis aller Umstände längere Zeit geduldet hat, diese später jedoch insgesamt von einer Vergütung ausschließt, kann offenbleiben (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16, hieran anknüpfend: Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33d; ebenso Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 370 ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 181). Die Frage bedarf vorliegend keiner Beantwortung, da die Beklagte die Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina nicht längere Zeit geduldet hat.

30

g) Es besteht nach den Besonderheiten des Falles auch kein Anlass, über die in der Rechtsprechung des Senats anerkannten Konstellationen hinaus Vertrauensschutz zu gewähren. Ein Schutzbedürfnis des Klägers, das mit demjenigen in den anerkannten Fallgruppen vergleichbar ist, besteht nicht. Es kann offenbleiben, ob ein rechtswidriger Verwaltungsakt - hier die ungerechtfertigte Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung - überhaupt geeignet sein kann, schutzwürdiges Vertrauen zu begründen. Durch die mit Bescheid vom 28.5.2008 gewährte Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung begründete die Beklagte jedenfalls keinen Vertrauenstatbestand darauf, dass auch die vom ZA festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht mehr gelten sollten. Dieser Bescheid hatte ausschließlich die Fallzahlzuwachsbegrenzung zum Gegenstand und ließ keinen Zusammenhang zu dem Job-Sharing sowie dem hierdurch bedingten Gesamtpunktzahlvolumen erkennen. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei der Fallzahlzuwachsbegrenzung und dem Gesamtpunktzahlvolumen um unterschiedliche Regelungsbereiche handelt. Dies wird bereits aus den unterschiedlichen Zuständigkeiten deutlich. Der Kläger kannte die Festsetzungen des ZA. Die Abgabe einer entsprechenden Verpflichtungserklärung war nach § 101 Abs 1 Nr 5 SGB V Voraussetzung für die Genehmigung des Job-Sharing. Ausweislich des Beschlusses vom 30.1.2008 haben sich der Kläger und Frau Dr. E. schriftlich gegenüber dem ZA damit einverstanden erklärt, den bestehenden Umfang der Praxis nicht wesentlich zu überschreiten. Dem Kläger war also, was auch nicht in Abrede gestellt wird, bewusst, dass die vom ZA festgesetzten Obergrenzen einzuhalten waren. Weder die organisatorische Anbindung der Zulassungsgremien an die KÄV nach § 96 Abs 3 SGB V noch die Besetzung der Gremien (auch) mit von den KÄVen bestellten Vertretern sind geeignet, den Anschein zu begründen, die KÄV könne eine vom ZA getroffene Regelung ändern. Es kann vorausgesetzt werden, dass dem Vertragsarzt die Unterscheidung zwischen ZA und KÄV bekannt ist. Auch der Umstand, dass die Beklagte gemäß § 23c Satz 4 BedarfsplRL aF(§ 42 Satz 4 BedarfsplRL nF) die Berechnung der Anpassung der Gesamtpunktzahlvolumina entsprechend der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts nach § 23f BedarfsplRL aF(§ 45 BedarfsplRL nF) vornimmt, kann kein Vertrauen darauf begründen, dass sie auch für eine Neuberechnung oder Aufhebung der Gesamtpunktzahlvolumina vornehmen kann. Dass es dafür nach § 23e BedarfsplRL aF(§ 44 BedarfsplRL nF) eines besonderen Antrags an den ZA bedarf, darf für die Job-Sharing-Partner als bekannt vorausgesetzt werden.

31

Fallzahlzuwachsbegrenzung und Leistungsbegrenzung durch Gesamtpunktzahlvolumina sind zudem unterschiedliche Regelungsinstrumente mit jeweils eigenständiger Bedeutung. Die Fallzahlzuwachsbegrenzung gemäß § 3 Nr 1 des in den streitbefangenen Quartalen geltenden Vertrages über den Honorarverteilungsmaßstab (HVM-V) iVm Anlage 1 zum HVM-V findet für alle in der Anlage genannten Arztgruppen Anwendung, während die Gesamtpunktzahlvolumina in Anwendung der BedarfsplRL nur in der besonderen Konstellation eines Job-Sharing von Bedeutung sind. Eine Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung kann auch dann Vorteile für den Vertragsarzt mit sich bringen, wenn die Gesamtpunktzahlvolumina - wie vorliegend - nicht an- oder aufgehoben wurden. Dies ergibt sich daraus, dass die Fallzahlzuwachsbegrenzung gemäß § 4 Nr 1 Satz 3 HVM-V für die Berechnung des Punktzahlgrenzvolumens maßgeblich ist. Die über das Punktzahlgrenzvolumen hinausgehende Leistungsmenge wird gemäß § 4 Nr 1 Satz 2 HVM-V mit einem abgestaffelten Punktwert vergütet. Hieraus folgt, dass die ohne Abstaffelung vergütete Leistungsmenge mit der anerkannten Fallzahl wächst. Auch wenn dies im Fall des Job-Sharing nur bis zur Höhe des für die Praxis festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumens gilt, hat die Fallzahlbegrenzung eine eigenständige Bedeutung und kann sich begünstigend auf die Honorarfestsetzung auswirken. Dass erst im Zusammenspiel von Regelungen zur Fallzahlzuwachsbegrenzung und Gesamtpunktzahlvolumina aus einem die Leistungsgrenze übersteigenden Leistungsumfang auch ein entsprechendes Honorar generiert werden, ändert nichts daran, dass es sich um verschiedene Instrumente zur Mengenbegrenzung mit jeweils unterschiedlichem Anwendungsbereich handelt.

32

Es hätte für den Kläger nahe gelegen, mit dem im März 2008 gestellten Antrag auf Ausnahme von der Fallzuwachsbegrenzung mit der Begründung des zusätzlichen Versorgungsbedarfs bei dem ZA ein höheres Gesamtpunktzahlvolumen zu beantragen. Soweit er vorträgt, zu diesem Zeitpunkt sei ihm noch nicht bekannt gewesen, dass er ohne Verletzung der Obergrenzen den Sicherstellungsauftrag nicht habe einhalten können, mag dies vor dem Hintergrund des erstmals im Quartal III/2008 überschrittenen Gesamtpunktzahlvolumens zutreffend sein. Letztlich bedarf dies jedoch keiner Klärung, da der Kläger in Folge des Beschlusses vom 30.1.2008 jedenfalls wissen musste, dass er die Gesamtpunktzahlvolumina einhalten musste. Spätestens nach der Zustellung des Beschlusses des ZA im April 2008 und damit nach seinem Antrag auf Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung hätte sich die Frage aufdrängen müssen, in welchem Verhältnis die Gesamtpunktzahlvolumina zur Fallzahlzuwachsbegrenzung stehen. Den Honorarbescheiden vom 15.1.2009 und 15.4.2009 war zu entnehmen, dass keine Fallzahlzuwachsbegrenzung zugrunde gelegt und dementsprechend sämtliche in diesem Zusammenhang relevanten Fälle bei der Berechnung der PZGV berücksichtigt worden waren, jedoch die Gesamtpunktzahlvolumina keine Beachtung gefunden hatten. Es hätte damit Anlass bestanden, bei der Beklagten nachzufragen, ob die Gesamtpunktzahlvolumina keine Anwendung finden. Zwar hat die Beklagte den Kläger auch nicht auf die ggf erforderliche Antragstellung beim ZA hingewiesen, indes hat sie allein hierdurch noch keinen Vertrauenstatbestand geschaffen.

33

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung des § 154 Abs 1 und 2 VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten auch des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu tragen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 26. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten auch für das Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Richtigkeit der Honorarabrechnungen von Vertragsärzten, soweit diese im Quartal II/2007 für Schwangerschaftsbetreuungen die Nr 01770 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für die ärztlichen Leistungen (EBM-Ä) abgerechnet haben.

2

Mit Schreiben vom 29.11.2007 machte die klagende Krankenkasse gegenüber der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) geltend, dass im Quartal II/2007 die Nr 01770 EBM-Ä in 152 Fällen zu Unrecht abgerechnet worden sei. Der von der Beklagten für das Quartal II/2007 geforderte Gesamtbetrag in Höhe von 11 528 033,77 Euro werde daher um 16 832,48 Euro gekürzt (110,74 Euro <2280 Punkte x 4,857 Cent> x 152); die vorgenannte Leistungsziffer könne je Quartal nur einmal von einem Arzt abgerechnet werden. Dies gelte auch dann, wenn die Schwangere in einem Quartal von mehreren Ärzten betreut worden sei.

3

Die Beklagte folgte dem Begehren der Klägerin in insgesamt sieben Fällen, lehnte aber im Übrigen die Vornahme von Berichtigungen ab. In sieben Fällen seien Gutschriften erfolgt, in den übrigen Fällen sei jedoch keine Berichtigung vorzunehmen. Es sei für die in Anspruch genommenen Gynäkologen nicht erkennbar gewesen, dass weitere Gynäkologen in die Betreuung der Schwangeren eingebunden gewesen seien (Widerspruchsbescheid vom 11.4.2012).

4

Auf die hiergegen erhobene Klage hob das SG die angefochtenen Bescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides auf und verurteilte die Beklagte, über die Honorarberichtigungsanträge der Klägerin erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Die Beklagte habe über die Anträge der Klägerin zutreffend durch Verwaltungsakt entschieden; die entsprechende Befugnis ergebe sich aus § 10 des zwischen der Klägerin und der Beklagten am 13.12.1995 geschlossenen Gesamtvertrages. Die Bescheide seien jedoch materiell rechtswidrig. Der Wortlaut der Nr 01770 EBM-Ä sei eindeutig. In Abs 3 Satz 1 Nr 01770 EBM-Ä sei geregelt, dass die Leistungsziffer nur von einem Vertragsarzt im Quartal abgerechnet werden dürfe. Diese Regelung werde durch den nachfolgenden zweiten Satz des Absatzes nicht eingeschränkt, es werde vielmehr klargestellt, dass die Regelung auch in den dort genannten Konstellationen und damit umfassend Anwendung finde. Die Verwendung des Wortes "auch" in diesem zweiten Satz verdeutliche gerade, dass der Abrechnungsausschluss sogar dann gelten solle, wenn eine Betreuung durch mehrere Vertragsärzte stattfinde. Eine Ausnahme von dem Abrechnungsausschluss könne auch nicht aus dem Klammerzusatz zu Satz 2 abgeleitet werden. Die einleitende Formulierung "z. B." in der Klammer gebe zu erkennen, dass es sich um eine nicht abschließende Aufzählung handele, in der der Abrechnungsausschluss "auch" Anwendung finde. Es sei davon auszugehen, dass der Bewertungsausschuss (BewA), sofern er bestimmte Fallkonstellationen von dem Abrechnungsausschluss habe ausnehmen wollen, dies entsprechend formuliert hätte (Urteil vom 26.2.2014).

5

Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, der Wortlaut der Nr 01770 EBM-Ä sei nicht eindeutig. Durch den zweiten Satz des dritten Absatzes der Leistungsziffer werde eine Einschränkung vorgenommen. Anderenfalls wäre dieser Satz überflüssig, weil der erste Satz des dritten Absatzes für sich genommen klar formuliert sei. Die Wendung "dies gilt auch" beziehe sich zwar auf den ersten Satz des dritten Absatzes, der Klammerzusatz enthalte indes Sachverhalte, die jeweils eine Kenntnis der beteiligten Ärzte von einer Vorbehandlung voraussetzten. Durch die Einleitung mit "z. B." würde aber auch Raum für Konstellationen eröffnet, in denen Ärzte Schwangere betreuten, ohne Kenntnis von der Vorbehandlung zu haben. Sinn und Zweck des Abrechnungsausschlusses sei es, demjenigen Vertragsarzt die Vergütung zukommen zu lassen, der die Schwangere in dem Quartal tatsächlich betreut habe. In diese Zielrichtung füge sich auch die mit Wirkung zum 1.4.2005 vorgenommene Ergänzung des Klammerzusatzes um "im Notfall" ein, da ein solcher wie die Mitbehandlung und die Vertretung keine umfassende Betreuung der Schwangeren darstelle. Es sei damit eindeutig, dass mehrere Ärzte die Nr 01770 EBM-Ä abrechnen dürften, wenn sie den Leistungsinhalt erbracht, also die Schwangere betreut, hätten. Im Ergebnis seien zwei Konstellationen denkbar, in denen ein Arzt - neben dem ursprünglich die Betreuung durchführenden Arzt - die Betreuung mit allen Leistungen im Sinne der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (jetzt: des Gemeinsamen Bundesausschusses ) über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung (Mutterschafts-Richtlinien) durchführe: Dies könne zum einen der Fall sein, wenn die Schwangere im laufenden Quartal den betreuenden Arzt vollständig wechsele. Zum anderen könne dies auch der Fall sein, wenn sich der die Betreuung durchführende Vertragsarzt in Unkenntnis darüber befinde, dass die Schwangere im selben Quartal bereits von einem anderen Arzt betreut worden sei. Diese beiden Fälle von der Abrechnungsmöglichkeit der Nr 01770 EBM-Ä auszuschließen, sei mit der Entstehungsgeschichte der aus der Nr 100 EBM-Ä in der ab dem 1.7.1997 geltenden Fassung hervorgegangenen Leistungsposition nicht vereinbar. Es sei nicht Sinn des Leistungsausschlusses gewesen, die Problematik einer mehrfachen Durchführung der Leistungen in der Weise zu Lasten der Vertragsärzte zu lösen, dass diese ihre Leistungen nicht vergütet bekämen.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Mainz vom 26.2.2014 aufzuheben und die Klage der Klägerin gegen die Bescheide vom 3.11.2009, vom 25.1.2010 und vom 25.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.4.2012 abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Die Klägerin hält das Urteil des SG für zutreffend. Der Wortlaut der Nr 01770 EBM-Ä sei eindeutig. Satz 1 des dritten Absatzes dieser Ziffer sehe einen ausnahmslosen Ausschluss der Mehrfachabrechnung vor. Dieser Grundsatz werde durch Satz 2 des dritten Absatzes nur konkretisiert, nicht aber beschränkt. Hätten hier Ausnahmen, etwa für den Fall eines Arztwechsels, vorgesehen werden sollen, hätte es insbesondere angesichts der Rechtsprechung des BSG nahe gelegen, dass diese ausdrücklich aufgeführt worden wären. Entgegen der Ansicht der Beklagten komme es nicht darauf an, ob der "Zweitbehandler" Kenntnis von einer Vorbehandlung gehabt habe. Im Übrigen könne auch der entstehungsgeschichtlichen Auslegung der Beklagten nicht gefolgt werden. Selbst wenn die Begründung der Gebührenordnungskommission zur Auslegung herangezogen werden könnte, ließe sich hieraus nicht ableiten, dass es Ausnahmen von dem Abrechnungsausschluss geben müsse. Vielmehr habe ausweislich der Begründung "unmissverständlich" klargestellt werden sollen, dass die pauschal vergütete Betreuung der Schwangeren nur einmal abgerechnet werden könne. Aus der Ergänzung des Klammerzusatzes um den Notfall werde zudem ersichtlich, dass der BewA keine Kenntnis von der Betreuung durch einen anderen Vertragsarzt habe fordern wollen, da gerade der Notfall eine klassische Fallgestaltung sei, in der eine solche nicht bestehe. Soweit die Beklagte schließlich darauf abstelle, dass maßgeblich sei, ob eine ordnungsgemäße Betreuung entsprechend der Mutterschafts-Richtlinien stattgefunden habe, verkenne sie, dass Nr 01770 EBM-Ä wie jede andere Ziffer des EBM-Ä ohnehin nur dann abrechnungsfähig sei, wenn der in ihr beschriebene Leistungsinhalt komplett erbracht worden sei. Würde die Auffassung der Beklagten zu Grunde gelegt, wäre der Leistungsausschluss insgesamt überflüssig.

9

Die zu 1. beigeladene Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV) ist der Auffassung, dass sich bereits aus dem Wortlaut von Satz 2 des dritten Absatzes der Leistungsziffer, namentlich dem Klammerzusatz, ergebe, dass der Abrechnungsausschluss nur dann greife, wenn sich der Vertragsarzt bewusst gewesen sei, dass die Versicherte keinen Anspruch auf eine weitere Betreuung gehabt habe. Bestätigt werde dies durch die Hintergründe des Leistungsausschlusses. Aus der Begründung des Vorschlags der Gebührenordnungskommission ergebe sich, dass die Abrechnung der Leistungsziffer nur möglich sein solle, wenn die Betreuung in ihrer ganzen Bandbreite erfolgt sei. Dies sei in den in dem Klammerzusatz aufgeführten Fällen nicht der Fall. Dass im Falle einer bewussten Zweitbehandlung die Abrechnung der Leistungsziffer nicht möglich sei, ergebe sich bereits daraus, dass die Versicherte keine Zweitbetreuung beanspruchen dürfe. Für den Arzt, der Kenntnis von der vorangehenden Betreuung habe, sei die Erbringung der Leistungen folglich erkennbar unwirtschaftlich. Etwas anderes gelte nur in den beiden von der Beklagten genannten Konstellationen: Im Falle eines gewillkürten Wechsels des Vertragsarztes durch die Versicherte müssten sowohl der "alte" wie aber der "neue" Arzt die Pauschale abrechnen können. In der zweiten Konstellation, dass der Vertragsarzt keine Kenntnis von der Zweitbetreuung habe, handele es sich aus dessen Sicht nicht um eine unwirtschaftliche Leistungserbringung. In beiden Fällen würden Leistungen nach den Vorgaben der Mutterschafts-Richtlinien erbracht. Es sei daher unbillig, wenn die Abrechnung der Nr 01770 EBM-Ä in diesen Fällen nicht erfolgen könne. Im Übrigen sprächen auch verfassungsrechtliche Erwägungen für ihre Auffassung. Das Verständnis des SG zu Grunde gelegt, sei der Abrechnungsausschluss unverhältnismäßig. Zumindest, wenn für den Vertragsarzt nicht ersichtlich sei, dass die Versicherte anderweitig betreut werde, ergebe sich sowohl aus Art 12 GG als auch aus Art 20 GG die Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung der Nr 01770 EBM-Ä. Es sei nicht erforderlich, dem Vertragsarzt das Risiko der unberechtigten Inanspruchnahme und damit der Abrechenbarkeit der Leistungsziffer aufzuerlegen. Hier sei die Sanktionierung der Schwangeren als milderes Mittel anzusehen, wenn sie den Vertragsarzt in Unkenntnis darüber lasse, dass sie einen zweiten Arzt zur Betreuung in Anspruch nehme. Zudem sei es unverhältnismäßig im engeren Sinne, wenn die Abrechenbarkeit der Leistungsziffer auch bei unbewusster Mitbetreuung ausscheide.

10

Der zu 2. beigeladene GKV-Spitzenverband erachtet das Urteil des SG als zutreffend. Nr 01770 EBM-Ä sei eindeutig formuliert und damit nach der Rechtsprechung des BSG weder auslegungsbedürftig noch -fähig. Für eine systematische oder entstehungsgeschichtliche Auslegung sei folglich kein Raum. Bei der seitens der Beklagten herangezogenen Begründung der Gebührenordnungskommission habe es sich lediglich um eine solche des die Beschlussfassung im BewA vorbereitenden Arbeitsausschusses gehandelt. Zudem habe danach unmissverständlich klargestellt werden sollen, dass die pauschal vergütete Betreuung einer Schwangeren nur einmal abgerechnet werden könne.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der beklagten KÄV hat keinen Erfolg. Das SG hat die Bescheide der Beklagten über die Verweigerung von Honorarberichtigungen zu Recht aufgehoben und die Beklagte zur neuen Entscheidung über die Berichtigungsanträge der klagenden Krankenkasse verpflichtet.

12

A. Der Senat entscheidet - wie das SG - in der sich aus § 40 Satz 1, § 33 Abs 1 Satz 2 und § 12 Abs 3 Satz 1 SGG ergebenden Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und der Krankenkassen. In der vorliegenden Konstellation ist zwischen einer Krankenkasse und einer KÄV streitig, ob Vertragsärzte eine Leistungsposition des EBM-Ä zutreffend angesetzt haben. Zwar stammen die in diesem Verfahren beklagten Bescheide vom Vorstand der Beklagten, also einem Gremium, das nur mit Vertragsärzten besetzt ist. Daraus ist jedoch nicht zu schließen, in einer solchen Konstellation sei in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte zu entscheiden, weil die Ausgangsentscheidung nur von einem mit Ärzten besetzten Gremium getroffen worden sei. Streitgegenstand ist hier der auf § 106a Abs 4 SGB V sowie den Vorschriften der Bundesmantelverträge beruhende Anspruch der Krankenkasse, dass die beklagte KÄV für die Korrektheit der Abrechnungen der Vertragsärzte sorgt. Dieser Streit wurzelt in den Rechtsbeziehungen zwischen einer Krankenkasse und der KÄV, was zur Folge hat, dass an dem Rechtsstreit zwei ehrenamtliche Richter je aus den Kreisen der Vertragsärzte und der Krankenkasse mitwirken müssen (vgl auch Urteil vom 13.5.1998 - B 6 KA 34/97 R - SozR 3-5555 § 10 Nr 1 und vom 28.4.2004 - B 6 KA 19/03 R - SozR 4-2500 § 87 Nr 5, jeweils zum Vertragszahnarztrecht). Das kann zur Folge haben, dass über die Rechtsmäßigkeit von Honorarberichtigungen in unterschiedlichen Besetzungen der Richterbank iS des § 12 Abs 3 SGG zu entscheiden ist, je nachdem, ob die KÄV einem Berichtigungsantrag der Krankenkasse entspricht oder nicht. Kommt sie dem Antrag nach und erlässt gegenüber dem betroffenen Arzt einen entsprechenden Bescheid, ist über die Klage des Arztes gegen diesen Berichtigungsbescheid in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte zu entscheiden. Die Abhängigkeit der Besetzung der Richterbank vom Streitgegenstand - Rechtsverhältnis der KÄV zur Krankenkasse oder zu ihrem Mitglied - gilt auch dann, wenn die betroffenen Ärzte zum Verfahren der Krankenkasse gegen die KÄV oder die Krankenkasse zum Rechtsstreit des Arztes gegen die KÄV (einfach) beigeladen wurden (dazu B.).

13

B. Die von dem Richtigstellungsbegehren mitbetroffenen Vertragsärzte, die in dem Antrag der Klägerin nicht namentlich benannt worden sind, mussten im Revisionsverfahren nicht beigeladen werden. Ein Fall der - im Revisionsverfahren nach § 168 Satz 2 SGG allein zulässigen - notwendigen Beiladung(§ 75 Abs 2 SGG) liegt nicht vor. Im Hinblick auf die Besonderheit der extrabudgetär nach den Grundsätzen einer echten Einzelleistungsvergütung zu honorierenden Leistung nach Nr 01770 EBM-Ä gehen die Beteiligten davon aus, dass der Berichtigungsanspruch der Klägerin allein davon abhängt, dass diese Leistung zu Unrecht abgerechnet worden ist. Steht das fest, lässt sich ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte beziffern, dessen Durchsetzung nicht von der Bestandskraft eines von der Beklagten gegenüber den einzelnen Vertragsärzten zu erlassenden Berichtigungsbescheids abhängt. Deshalb präjudiziert die hier betroffene Entscheidung im Rechtsverhältnis zwischen Kasse und KÄV nicht die Entscheidung im Rechtsverhältnis zwischen der beklagten KÄV und den Ärzten, die die Position Nr 01770 EBM-Ä abgerechnet haben (vgl zum Vertragszahnarztrecht bei Einzelleistungsvergütung SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 5). Da indessen in beiden Rechtsbeziehungen im Kern über die gleiche Rechtsfrage zu entscheiden ist, kann die einfache Beiladung (§ 75 Abs 1 SGG) der mitbetroffenen Ärzte sinnvoll sein, soweit dies nicht im Hinblick auf die uU große Zahl der Betroffenen untunlich ist.

14

C. Die Klägerin hat im ersten Rechtszug eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erhoben. Das beruht auf dem in § 106a Abs 4 Satz 1 SGB V geregelten Recht der Krankenkassen, bei der KÄV ua Prüfungen der sachlichen Richtigkeit der vertragsärztlichen Abrechnungen iS des § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V zu beantragen. Die Klägerin hat sich hier auf einen Bescheidungsantrag beschränkt, auch weil nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten im Hinblick auf die Vergütung der Leistungen nach Nr 01770 EBM-Ä als Einzelleistung zu festen Punktwerten allein mit der rechtskräftigen Feststellung einer fehlerhaften Abrechnung ein Erstattungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten besteht. Wie zu verfahren ist, wenn ein Erstattungsanspruch der Krankenkassen nur begründet ist, wenn die KÄV die Honorarberichtigung und die darauf beruhende Rückforderung überzahlten Honorars gegenüber dem einzelnen Vertragsarzt durchsetzen kann, bedarf hier keiner Entscheidung. Anders als die Durchsetzung des hier in Rede stehenden Rückzahlungsanspruchs der Krankenkasse gegen die KÄV hängt die Rechtmäßigkeit von Honorarberichtigungen im Rechtsverhältnis zwischen KÄV und Vertragsarzt nicht allein von der sachlichen Fehlerhaftigkeit der Abrechnung nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V, sondern auch davon ab, dass die hierfür geltende vierjährige Ausschlussfrist noch nicht abgelaufen ist(vgl nur BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 12 RdNr 24 mwN) und Vertrauensschutzgesichtspunkte der Berichtigung nicht entgegenstehen (vgl hierzu jüngst BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 38/13 R - Juris RdNr 20 mwN, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Die Krankenkassen haben ungeachtet dessen jedenfalls im Regelfall ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn sie klären lassen wollen, ob Vertragsärzte die Leistungspositionen des EBM-Ä korrekt angewandt haben (vgl zB LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 16.7.2014 - L 9 KA 12/12 - Juris RdNr 37 = GesR 2014, 691, 693 und SG Marburg Urteil vom 3.9.2014 - S 11 KA 718/11 - Juris RdNr 20, 24).

15

D. Die Beklagte war befugt, den Antrag der Klägerin durch Verwaltungsakt zu bescheiden (1.), diesen Antrag hat die Klägerin fristgerecht gestellt (2.), die Beklagte hat jedoch die Durchführung der sachlich-rechnerischen Berichtigung zu Unrecht abgelehnt (3.).

16

1. Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte befugt war, gegenüber der Klägerin durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Es entspricht langjähriger Rechtsprechung des Senats, dass Kassenzahnärztliche Vereinigungen (KZÄV) trotz des prinzipiellen Gleichordnungsverhältnisses zu den Kassen bei der Feststellung von Schadensregressen und der Durchführung von sachlich-rechnerischen Abrechnungsberichtigungen einer antragstellenden Kasse gegenüber durch Verwaltungsakt entscheiden. Maßgeblich ist insoweit, dass die KZÄV nach den bundesmantelvertraglichen Regelungen die allgemeine Vertragsinstanz ist, der (auch) die Feststellung obliegt, ob Vertragszahnärzte ihre vertragszahnärztlichen Pflichten verletzt und dadurch der betroffenen Krankenkasse des Versicherten einen Schaden verursacht haben (BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 1 S 3; BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 2 S 8; BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 3 S 13, jeweils im Hinblick auf die Befugnis der KZÄV, Schadensersatzansprüche einer Vertragskasse gegen den Vertragszahnarzt wegen Verletzung von Pflichten aus dem Ersatzkassenvertrag-Zahnärzte durch Verwaltungsakt geltend zu machen). Die entsprechende Handlungsbefugnis der KZÄV bei einem Streit um sachlich-rechnerische Honorarberichtigungen hat der Senat ebenso bejaht (BSG SozR 4-5555 § 21 Nr 2 RdNr 16 ff)wie im Falle von Anträgen der (Ersatz-)Kassen gegenüber der KZÄV auf Erstattung von Gutachterkosten im Rahmen zahnprothetischer Versorgung (BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 46/13 R - Juris RdNr 13, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen und Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 5/14 R - Juris RdNr 15).

17

Für Anträge einer Krankenkasse gegenüber einer KÄV gilt nichts anderes. Der KÄV steht, ebenso wie der KZÄV, nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V die Honorarprüfungs- und Berichtigungskompetenz zu. Die Krankenkassen können gemäß § 106a Abs 4 Satz 1 SGB V Prüfungen nach § 106a Abs 2 SGB V bei den KÄVen beantragen. Dementsprechend ist die KÄV auch nach den bundesmantelvertraglichen Regelungen die allgemeine Vertragsinstanz im vorgenannten Sinne und die Krankenkassen haben nur ein Antragsrecht für nachgehende sachlich-rechnerische Berichtigungen (vgl § 45 Abs 4 Satz 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte idF vom 1.10.2013, dieser entspricht § 45 Abs 2 Satz 2 BMV-Ä, Stand: 2.3.2006). Dazu regeln gemäß § 45 Abs 4 Satz 2 BMV-Ä die zwischen den Landesverbänden der Kassen und den KÄVen gemäß § 83 Abs 1 SGB V zu schließenden Gesamtverträge das Nähere. Hier haben die Beteiligten in § 10 des zwischen ihnen geschlossenen Gesamtvertrages eine entsprechende Regelung getroffen und sind dabei erkennbar selbst davon ausgegangen, dass die Beklagte in Fällen der vorliegenden Art gegenüber der Klägerin durch Verwaltungsakt handeln darf. Deutlich wird dies in § 10 Abs 6 Satz 3 des Gesamtvertrages, wonach die Krankenkasse "gegen einen ablehnenden Bescheid" Klage erheben kann. Ebenso wie im vertragszahnärztlichen Bereich ist zwar zu berücksichtigen, dass die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und KÄV einerseits und KÄV und Vertragsarzt andererseits grundsätzlich getrennt sind. Gleichwohl geht es bei Anträgen der Kassen auf sachlich-rechnerische Richtigstellung und bei den die sachlich-rechnerische Korrektur festsetzenden Bescheiden der KÄV gegenüber dem Vertragsarzt der Sache nach vorrangig um dieselbe Frage, ob die vertragsärztliche Abrechnung Fehler aufweist (vgl im Hinblick auf Berichtigungen im vertragszahnärztlichen Bereich: BSG SozR 4-5555 § 21 Nr 2 RdNr 20). Diese Frage kann in beiden Rechtsbeziehungen nur einheitlich beantwortet werden, und Auslegung und Anwendung der maßgeblichen Vorschriften sind deshalb an dem Zweck auszurichten, eine solche einheitliche Entscheidung zu ermöglichen. Das wird verlässlich und rechtssicher dadurch erreicht, dass die KÄV auf einen Antrag einer Krankenkasse auf sachlich-rechnerische Berichtigung dieser wie gegebenenfalls dem Vertragsarzt gegenüber durch Verwaltungsakt entscheidet.

18

2. Die Klägerin hat den Antrag auf sachlich-rechnerische Korrektur fristgerecht gestellt. Gemäß § 10 Abs 4 des zwischen den Beteiligten geschlossenen Gesamtvertrages sind Berichtigungen binnen drei Monaten, in begründeten Ausnahmefällen binnen sechs Monaten, nach Zugang der Abrechnungsunterlagen geltend zu machen. Die Klägerin hat den Antrag auf sachlich-rechnerische Korrektur für das Quartal II/2007 mit Schreiben vom 29.11.2007 gestellt. Ausweislich der Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ging dieser Antrag am 3.12.2007 bei der Beklagten ein.

19

3. Das SG hat zutreffend entschieden, dass die Beklagte die Durchführung der sachlich-rechnerischen Berichtigung zu Unrecht abgelehnt hat.

20

a) Gemäß § 106a Abs 1 SGB V prüfen die KÄVen und die Krankenkassen die Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung. Aufgrund von § 106a Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V ist die Beklagte berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte festzustellen und diese nötigenfalls richtigzustellen. Die Krankenkassen oder ihre Verbände können, sofern dazu Veranlassung besteht, gezielte Prüfungen durch die KÄV nach Absatz 2 beantragen (§ 106a Abs 4 Satz 1 SGB V). Hier hat die Beklagte die Prüfung der ärztlichen Abrechnungen rechtswidrig abgelehnt. Die Leistung nach Nr 01770 EBM-Ä kann je Schwangerer und Quartal auch dann nur von einem Vertragsarzt abgerechnet werden, wenn mehrere Vertragsärzte - gleich aus welchem Grund - mit der Betreuung befasst sind.

21

b) Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl etwa BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4 mwN; BSGE 88, 126, 127 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 146; BSG SozR 4-5540 § 44 Nr 1 RdNr 13; BSG Beschluss vom 12.12.2012 - B 6 KA 31/12 B - Juris RdNr 4; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11) in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM-Ä - also des BewA gemäß § 87 Abs 1 SGB V - ist, Unklarheiten zu beseitigen(etwa BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11). Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM-Ä als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse oder Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11). Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist nur dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben (etwa BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4 mwN; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 11 und Nr 10 RdNr 10, jeweils mwN; BSG SozR 4-5540 § 44 Nr 1 RdNr 13; BSG Beschluss vom 12.12.2012 - B 6 KA 31/12 B - Juris RdNr 4; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11).

22

Der Wortlaut der Nr 01770 EBM-Ä ist weder unklar oder mehrdeutig (1), noch rechtfertigen ein Rückgriff auf die Entstehungsgeschichte (2) oder Systematik (3) ein anderes Ergebnis. Es liegt auch kein Fall eines Missbrauchs vor, der eine Ausnahme von den vorgenannten Grundsätzen rechtfertigen könnte (4). Schließlich führt der Abrechnungsausschluss auch nicht dazu, dass erbrachte Leistungen nicht angemessen vergütet würden (5).

23

(1) Der Wortlaut der Nr 01770 EBM-Ä ist weder unklar noch mehrdeutig, sondern lässt deutlich erkennen, dass diese Position nicht von mehreren Ärzten je Quartal für die Betreuung einer Schwangeren abgerechnet werden kann. Für die Auffassung der Beklagten, wonach eine Ausnahme vom Prinzip der (nur) einmaligen Abrechenbarkeit in den Fällen bestehe, in denen die Schwangere während des laufenden Quartals den behandelnden Arzt wechsele, und auch dann, wenn der zweite Vertragsarzt in Unkenntnis der Betreuung durch den ersten Arzt tätig geworden sei, ergibt sich aus dem Wortlaut nichts.

24

Nr 01770 EBM-Ä lautete im Quartal II/2007 wie folgt:
Betreuung einer Schwangeren gemäß den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung (Mutterschafts-Richtlinien)
Obligater Leistungsinhalt
- Beratungen und Untersuchungen gemäß den Mutterschafts-Richtlinien,
- Ultraschalluntersuchungen nach Anlage 1a und 1b der Mutterschafts-Richtlinien,
- Bilddokumentation(en),
einmal im Behandlungsfall.
Die Berechnung der Leistung nach der Nr. 01770 setzt eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung nach der Ultraschall-Vereinbarung gemäß § 135 Abs. 2 SGB V voraus.
Die Leistung nach der Nr. 01770 kann für die Betreuung einer Schwangeren im Laufe eines Quartals nur von einem Vertragsarzt abgerechnet werden. Dies gilt auch, wenn mehrere Vertragsärzte in die Betreuung der Schwangeren eingebunden sind (z. B. bei Vertretung, im Notfall oder bei Mit- bzw. Weiterbehandlung).
Die Leistung nach der Nr. 01770 ist im Behandlungsfall nicht neben den Leistungen nach den Nrn. 33043 und 33044 berechnungsfähig.

25

Nach dem Wortlaut von Abs 3 Satz 1 der Nr 01770 EBM-Ä kann die Leistungsziffer "nur von einem Vertragsarzt" berechnet werden. Hieraus ergibt sich nicht nur, dass allein "ein Vertragsarzt" die Ziffer je Quartal und Schwangerer abrechnen kann, sondern durch die zusätzliche Verwendung des Wortes "nur" wird diese Beschränkung besonders betont.

26

Unklarheiten werden auch durch Abs 3 Satz 2 der Nr 01770 EBM-Ä nicht hervorgerufen. Satz 2 schränkt die Abrechnungsbeschränkung nach Satz 1 - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht ein. Vielmehr betont Satz 2 die Aussage von Satz 1 und verdeutlicht durch die Verwendung des Wortes "auch", dass die Abrechnungsbeschränkung sogar dann gelten soll, wenn mehrere Vertragsärzte in die Betreuung eingebunden sind. Satz 2 stellt somit eine Konkretisierung von Satz 1 dar. Ergänzend enthält der Klammerzusatz zu Satz 2 eine - wie durch die Verwendung der Formulierung "z. B." zum Ausdruck kommt - nicht abschließende Auflistung von Fällen der Einbindung mehrerer Vertragsärzte in die Betreuung, in denen ausdrücklich dennoch nur eine einmalige Abrechnung der Nr 01770 EBM-Ä je Quartal und schwangerer Frau erfolgen darf. Dies sind neben der Vertretung und dem Notfall namentlich die Fälle der Mit- oder Weiterbehandlung. Hierdurch wird zum Ausdruck gebracht, dass nicht nur die eher punktuelle Einbindung in die Betreuung wie etwa im Falle der Vertretung oder des Notfalls die mehrfache Abrechnung der Nr 01770 EBM-Ä ausschließt, sondern dies auch dann gelten soll, wenn - wie bei der Mit- oder Weiterbehandlung - durch den weiteren Arzt uU längerfristig eine Betreuung der Schwangeren erfolgt.

27

Der EBM-Ä definiert zwar die Begriffe "Mitbehandlung" und "Weiterbehandlung" nicht. Dem Sprachgebrauch nach ist jedoch unter einer "Weiterbehandlung" eine "weitere, die bisherige Behandlung fortsetzende Behandlung" zu verstehen. Nach § 24 Abs 7 Nr 4 BMV-Ä idF vom 1.10.2013 (dieser entspricht § 24 Abs 7 Nr 4 BMV-Ä, Stand: 2.3.2006) wird bei einer Überweisung zur Weiterbehandlung die gesamte diagnostische und therapeutische Tätigkeit dem weiterbehandelnden Vertragsarzt übertragen (§ 24 Abs 7 Nr 4 BMV-Ä). Demgegenüber erfolgt eine Überweisung zur Mitbehandlung nach § 24 Abs 7 Nr 3 BMV-Ä idF vom 1.10.2013 zur gebietsbezogenen Erbringung begleitender oder ergänzender diagnostischer oder therapeutischer Maßnahmen, über deren Art und Umfang der Vertragsarzt entscheidet, an den überwiesen wurde. Im letztgenannten Fall einer Mitbehandlung behandelt der zunächst tätig werdende Arzt den Patienten folglich auch weiterhin, während im Falle einer Weiterbehandlung künftig ausschließlich derjenige Arzt tätig wird, der die weitere Behandlung übernimmt. Durch die ausdrückliche Nennung der Weiterbehandlung kommt zum Ausdruck, dass eine mehrfache Abrechnung von Nr 01770 EBM-Ä auch in den einer Weiterbehandlung vergleichbaren Fällen ausgeschlossen sein soll, in denen die Betreuung der Schwangeren durch mehrere zeitlich nacheinander tätig werdende Vertragsärzte erfolgt.

28

Deutlich wird vor diesem Hintergrund zugleich, dass die Auffassung der Beklagten, der Abrechnungsausschluss gelte nicht für mehrere eigenständige "Betreuungen", nicht in Einklang mit dem Wortlaut der Regelung steht (aA allerdings ohne Begründung Köhler/Hess, Kölner Kommentar zum EBM, Stand: 1.10.2013, zu Nr 01770 S 122; so im Anschluss daran - allerdings ebenfalls ohne nähere Begründung - wohl auch Bayerisches LSG Beschluss vom 30.7.2009 - L 12 B 1074/08 KA ER - Juris RdNr 20). Durch die Beispiele in dem Klammerzusatz zu Satz 2 wird klargestellt, dass auch etwa der Weiterbehandlung vergleichbare Fälle, in denen also nacheinander von mehreren Ärzten der Leistungsinhalt der Nr 01770 EBM-Ä erbracht wird, von dem Abrechnungsausschluss erfasst sein sollen. Dabei handelt es sich indes gerade um "mehrere Betreuungen" im Sinne der Auffassung der Beklagten. Insoweit kann auch aus der Formulierung "eingebunden" in Abs 3 Satz 2 der Regelung nichts anderes abgeleitet werden, da Einbindung nicht meinen kann, dass die Betreuung - verstanden als Erbringung des Leistungsinhalts - durch mehrere Vertragsärzte erfolgen kann. Ein anderes Ergebnis wäre widersprüchlich. Um Nr 01770 EBM-Ä abrechnen zu können, muss, wie bei jeder Leistungsziffer des EBM-Ä, grundsätzlich der vollständige Leistungsinhalt durch den Vertragsarzt erfüllt werden. Der Hinweis in Satz 2 hat somit von vornherein nur Bedeutung, wenn die angesprochenen "mehreren Vertragsärzte" jeweils den gesamten Leistungsinhalt erbracht haben. Insoweit bestehen erhebliche Zweifel, ob dies im Rahmen eines Notfalls oder einer Vertretung möglich ist, da in Nr 01770 EBM-Ä gerade keine Einzelleistung, sondern ein umfassender Leistungskomplex beschrieben wird. Dies führt allerdings nicht dazu, dass die Formulierung "Betreuung" in Satz 1 aufgrund einer Zusammenschau mit Satz 2, insbesondere aufgrund des Klammerzusatzes, so - wie von der Beklagten vorgeschlagen - zu verstehen wäre, dass "mehrere Betreuungen" in einem Quartal die mehrfache Abrechnung der Leistungsziffer auslösen könnten. Dieses Verständnis zu Grunde gelegt, wäre Abs 3 der Nr 01770 EBM-Ä, worauf die Klägerin zutreffend hingewiesen hat, vielmehr insgesamt überflüssig. Ausreichend wäre in diesem Fall der in Abs 1 enthaltene Verweis auf die einmalige Abrechenbarkeit im Behandlungsfall (zur Definition des Behandlungsfalles s § 21 Abs 1 BMV-Ä).

29

Entgegen der Ansicht der Beklagten lässt sich dem Wortlaut von Nr 01770 Abs 3 Satz 2 EBM-Ä auch nicht entnehmen, dass Voraussetzung für den Abrechnungsausschluss die Kenntnis des die Behandlung übernehmenden Arztes von der Vorbehandlung sei, mit der Folge, dass dieser nicht greife, wenn der weitere Vertragsarzt hiervon keine Kenntnis habe. Der Leistungslegende ist kein derartiges Wissenselement zu entnehmen. Durch die Verwendung der Formulierung "z. B." in dem Klammerzusatz wird vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass auch andere Formen der Betreuung durch mehrere Vertragsärzte erfasst sein sollen. Hätten solche Betreuungen, die in Unkenntnis der "Vor-" oder Mitbetreuung erfolgen, von dem Abrechnungsverbot ausgenommen werden sollen, hätte es eines entsprechenden Zusatzes bedurft. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der eingangs erläuterten Rechtsprechungsgrundsätze zur Auslegung der Gebührenordnung, die sowohl zum Zeitpunkt der Beschränkung der Abrechenbarkeit der damaligen Nr 100 EBM-Ä (der heutigen Nr 01770 EBM-Ä) zum Quartal III/1996 auf einmal je Behandlungsfall als auch insbesondere zum Zeitpunkt der Formulierung des im Wesentlichen (später wurde mit Wirkung zum Quartal II/2005 nur noch der Klammerzusatz um den "Notfall" ergänzt) heute noch geltenden Abs 3 zum Quartal III/1997 bereits etabliert und den Normgebern des EBM-Ä nach § 87 Abs 1 SGB V folglich bekannt waren(vgl nur bereits BSGE 46, 140, 143 = SozR 5533 Nr 45 Nr 1 S 4 mwN).

30

(2) Unabhängig von dem Umstand, dass in Anwendung der eingangs genannten Grundsätze wegen des eindeutigen Wortlauts kein Raum mehr für eine entstehungsgeschichtliche Auslegung ist, würde eine solche zu keinem anderen Ergebnis führen. Insoweit kann auch offenbleiben, ob die Begründung des Arbeitsausschusses des BewA aus dessen 138. Sitzung vom 18.2.1997 zu der Ergänzung von Nr 100 EBM-Ä um Abs 3 überhaupt im Sinne der eingangs genannten Rechtsprechung des Senats als "Dokument, in dem die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben" angesehen werden und damit zu einer entstehungsgeschichtlichen Auslegung herangezogen werden kann. Vorgenannter Begründung ist zu entnehmen, dass Nr 100 EBM-Ä bei Einführung der Praxisbudgets zum 1.7.1997 als nicht budgetierte Einzelleistung berechnungsfähig blieb. "Deswegen" sollte "unmissverständlich klargestellt werden, dass die pauschal vergütete Betreuung einer Schwangeren jeweils nur von dem die Schwangere betreuenden Arzt abgerechnet werden kann." Bis dato sei es häufig zu Fehlinterpretationen, insbesondere bei Mit- oder Weiterbehandlungen, gekommen.

31

Weil gerade die erwähnten Fehlinterpretationen vermieden werden sollten, wird erkennbar, dass durch den in Abs 3 Satz 2 der Regelung normierten Klammerzusatz gerade keine Einschränkung von Abs 3 Satz 1, sondern vielmehr eine Klarstellung im bereits aufgezeigten Sinn erreicht werden sollte. Unterstützt wird damit die sich aus dem Wortlaut ergebende Auslegung, wonach Satz 2 der Betonung und Verdeutlichung der in Satz 1 genannten Aussage dienen soll. Zudem ergibt sich aus dem ersten Teil der Begründung, wonach "unmissverständlich" die nur einmalige Abrechenbarkeit der damaligen Nr 100 EBM-Ä (aF) klargestellt werden sollte, dass dies ausnahmslos gelten soll. Deutlich wird diese Intention auch durch den Verweis darauf, dass Nr 100 EBM-Ä (aF) bei Einführung der Praxisbudgets als nicht in ein Budget einbezogene Einzelleistung berechnungsfähig bleiben und "deswegen" die Klarstellung erfolgen sollte. Die Privilegierung, die die Leistungen aufgrund der nicht erfolgten Budgetierung erfahren, sollte erkennbar nur einem Vertragsarzt zukommen. Das war und ist im Hinblick auf den Charakter der Leistung nach Nr 01770 EBM-Ä sachgerecht.

32

Zum Leistungsinhalt gehören neben Beratungen und Untersuchungen gemäß den Mutterschafts-Richtlinien, Ultraschalluntersuchungen nach Anlage 1a und 1b der Mutterschafts-Richtlinien sowie Bilddokumentation(en). In Teil A der Mutterschafts-Richtlinien (idF vom 10.12.1985, zuletzt geändert am 24.3.2003, BAnz Nr 126 vom 11.7.2003 S 14906, in Kraft getreten am 12.7.2003) sind die "Untersuchungen und Beratungen" während der Schwangerschaft näher konkretisiert. Insbesondere handelt es sich dabei um eine umfassende Anamnese (Familien-, Eigen-, Schwangerschafts- sowie Arbeits- und Sozialanamnese, Nr 2a), eine Allgemein- und gynäkologische Untersuchung (Nr 2b), Gewichtskontrolle, Blutdruckmessung, Untersuchung des Mittelstrahlurins auf Eiweiß, Zucker und Sediment, Hämoglobinbestimmung (im Regelfall ab dem 6. Monat), Kontrolle des Standes der Gebärmutter, der kindlichen Herzaktion, Feststellung der Lage des Kindes (Nr 4) und ein Ultraschallscreening entsprechend der Anlage 1a (Nr 5). Ergeben sich aus dem Screening auffällige Befunde, insbesondere bei den in Anlage 1b aufgeführten Indikationen, sind diese Kontroll-Untersuchungen auch außerhalb der vorgegebenen Untersuchungszeiträume als Bestandteil des Screenings durchzuführen (ebenfalls Nr 5). Nr 100 EBM-Ä stellte demnach eine Pauschale dar, durch die der standardisierte, in der Regel bei allen Schwangeren zu erbringende "Aufwand" in Form von Untersuchungen und Beratungen, die gesamte Dokumentation sowie die Standardlabordiagnostik (vgl auch Köhler/Hess, Kölner Kommentar zum EBM, Stand: 1.10.2013, zu Nr 01770 S 120) als Leistungen der Prävention insgesamt abgegolten werden soll. Diese ist insoweit aber "privilegiert", als dass sie als nicht budgetierte Leistung und zudem - aufgrund der Erfassung mehrerer Leistungen mit der Komplexvergütung - mit einer verhältnismäßig hohen Punktzahl vergütet werden sollte (zunächst war Nr 100 EBM-Ä mit 1850 Punkten, im streitgegenständlichen Quartal war die Nr 01770 EBM-Ä mit 2280 Punkten bewertet; aktuell sind nur noch 1093 Punkte vorgesehen). Der Umstand, dass "deswegen" die unmissverständliche Klarstellung der nur einmal möglichen Abrechenbarkeit erfolgen sollte, lässt erkennen, dass hier gerade aufgrund der vorgenannten "Privilegierung" eine Fallvermehrung durch Einbindung weiterer Vertragsärzte in die Grundbetreuung der Schwangeren vermieden und über die Vergütung sichergestellt werden sollte, dass die Leistungserbringung allein durch einen Vertragsarzt erfolgt.

33

(3) Auch eine systematische Auslegung würde ebenfalls nicht zu dem Ergebnis führen, dass in bestimmten Konstellationen eine Mehrfachabrechnung der Nr 01770 EBM-Ä möglich ist. Wegen der bereits erwähnten gebotenen Zurückhaltung der Gerichte bei der Auslegung von Gebührenordnungen kann eine systematische Interpretation lediglich im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Gebührenregelungen erfolgen (BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4 mwN).

34

Die in einem inneren Zusammenhang mit Nr 01770 EBM-Ä stehenden Ziffern des Kapitels 1.7.4 (Mutterschaftsvorsorge) liefern keine Hinweise für eine systematische Auslegung mit dem von der Beklagten für richtig gehaltenen Ergebnis. Die nachfolgenden Nrn 01772 bis 01775 EBM-Ä haben die weiterführenden Sonographien nach Anlagen 1c und 1d der Mutterschafts-Richtlinien zum Gegenstand, die über die von Nr 01770 EBM-Ä erfassten Untersuchungen hinaus zur Abklärung bestimmter fetaler Merkmale oder konkreter pathologischer Befunde notwendig sind und damit nicht mehr dem standardisierten Bereich zugeordnet werden können. Es handelt sich hierbei folglich weder um der Nr 01770 EBM-Ä vergleichbare Komplexvergütungen noch findet sich eine vergleichbare Abrechnungsbeschränkung. Allein verdeutlicht wird, dass Nr 01770 EBM-Ä in einem Komplex diejenigen Leistungen umfasst, die regelhaft bei jeder Schwangerschaft durchzuführen sind, während andere Untersuchungen, wie etwa die nach Nr 01772 EBM-Ä abrechenbare "weiterführende sonographische Diagnostik I", eigenständig abrechenbar sind. Sind aber die "Grundleistungen" in einem nicht aufteilbaren Komplex zusammengefasst und erstreckt sich die Erbringung dieser Leistungen aufgrund der zeitlichen Vorgaben in den Mutterschafts-Richtlinien zwangsläufig über einen längeren Zeitraum, liegt es auf der Hand, dass dieser Komplex von einem Vertragsarzt erbracht werden soll, der diesen entsprechend nur einmal je Quartal abrechnen können soll.

35

(4) Schließlich steht der Auffassung der Beklagten auch der eingangs genannte Grundsatz entgegen, wonach die Gerichte grundsätzlich nicht mit punktuellen Entscheidungen in das Gefüge des EBM-Ä eingreifen dürfen (vgl nur BSG SozR 5530 Allg Nr 1 S 4; BSGE 46, 140, 143 = SozR 5533 Nr 45 Nr 1 S 4; BSGE 58, 35, 37 f = SozR 5557 Nr 1 Nr 1 S 3 f; BSG Urteil vom 5.5.1988 - 6 RKa 13/87 - Juris RdNr 13; BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 22; BSG Beschluss vom 21.10.1992 - 6 BKa 2/92 - Juris RdNr 6; BSGE 83, 205, 208 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 214). Ausnahmen davon hat der Senat nur für seltene Fälle als denkbar erachtet, in denen die zur Bewertung der ärztlichen Leistungen berufenen Selbstverwaltungsorgane ihren Regelungsspielraum überschritten oder ihre Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgeübt haben (etwa BSG SozR 5530 Allg Nr 1 S 4; BSG SozR 3-5533 Nr 115 Nr 1 S 2 mwN; BSGE 83, 218, 220 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 109 mwN; BSGE 83, 205, 208 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 214 f; BSG Urteil vom 26.1.2000 - B 6 KA 59/98 R - Juris RdNr 18). Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich die Selbstverwaltungsorgane bei dem ihnen aufgetragenen Interessenausgleich von sachfremden Erwägungen haben leiten lassen, indem sie etwa eine ärztliche Minderheitsgruppe bei der Honorierung willkürlich benachteiligt haben (BSG SozR 5530 Allg Nr 1 S 4; BSG SozR 3-5533 Nr 115 Nr 1 S 2; BSGE 83, 218, 220 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 109 mwN). Ein solcher Verstoß der Regelung gegen das Gleichbehandlungsgebot nach Art 3 Abs 1 GG würde jedoch nicht die Nichtigkeit der Regelung begründen, sondern nur ihre Unvereinbarkeit mit dem GG. Dem Normgeber wäre zunächst Gelegenheit zu einer Neuregelung zu geben, bevor eine abschließende Entscheidung ergehen könnte (ausführlich BSGE 83, 218, 223 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 113; vgl jüngst auch BSG SozR 4-2500 § 135 Nr 20 RdNr 46 ff, auch für BSGE vorgesehen).

36

Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Zwar führt der Abrechnungsausschluss dazu, dass ein Vertragsarzt, der - gleich aus welchen Gründen - in dem maßgeblichen Quartal den vollständigen Leistungsinhalt erbracht hat, diese umfassende Betreuung aber nicht als erster Vertragsarzt durchgeführt hat, die Leistung nach Nr 01770 EBM-Ä nicht abrechnen kann. Es ist jedoch weder ersichtlich, dass sachfremde Erwägungen maßgebend für den Abrechnungsausschluss gewesen wären noch führt dieser zu der Benachteiligung einer bestimmten ärztlichen Gruppe. Vielmehr sprechen sachliche Gründe dafür, die hoch bewertete Leistung als nur einmal berechnungsfähig auszugestalten. Durch die "Zusammenfassung" standardisierter Maßnahmen, die regelmäßig bei allen Schwangeren nach einem bestimmten zeitlichen Schema durchzuführen sind, will der BewA über die Vergütungsebene sicherstellen, dass die Beurteilung eines Schwangerschaftsrisikos gleichsam aus einer Hand erfolgt und eine gewisse Dauerhaftigkeit der ärztlichen Begleitung sichergestellt ist. Da erst nach Erfassung der anamnestischen Daten und Durchführung standardisierter Untersuchungen, wie der Ultraschalluntersuchungen nach Anlage 1a und 1b Mutterschafts-Richtlinien, die Zuordnung etwa zu einer Risikogruppe möglich ist und so die weitere Betreuung organisiert werden kann, erweist sich dieser Gedanke als sachgerecht. Im Übrigen korrespondiert diese Einschränkung auf Vergütungsebene mit dem Rechtsgedanken des § 76 Abs 1 Satz 1, Abs 3 Satz 1 SGB V, wonach Versicherte zwar grundsätzlich unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern frei wählen können, jedoch innerhalb eines Kalendervierteljahres den Arzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln sollen.

37

Durch den Abrechnungsausschluss wird auch nicht eine Minderheitsgruppe benachteiligt. Gemäß Nr 3 der Präambel zu Nr 1.7 EBM-Ä sind die Leistungen ua des Abschnitts 1.7.4 grundsätzlich nur von Fachärzten für Frauenheilkunde berechnungsfähig; die von diesem Grundsatz vorgesehenen Ausnahmen greifen bezüglich Nr 01770 EBM-Ä nicht. Diese dem Grunde nach zur Berechnung der Nr 01770 EBM-Ä berechtigten Fachärzte sind indes gleichermaßen von der Regelung betroffen, da der Abrechnungsausschluss nicht auf die Zugehörigkeit zu einer ärztlichen Gruppe abstellt. Maßgeblich für den Abrechnungsausschluss ist vielmehr, ob der Vertragsarzt als Erster in dem jeweiligen Quartal die Schwangere betreut und den obligaten Leistungsinhalt der Nr 01770 EBM-Ä in dem jeweiligen Quartal erbracht hat; betroffen sind also alle Ärzte der Gruppe in grundsätzlich gleichem Maße.

38

Zu berücksichtigen ist schließlich, dass sich der Vertragsarzt vor einer Erbringung der Leistungen in Unkenntnis des Umstandes, dass diese schon durch einen anderen Arzt erbracht sind, jedenfalls in gewissem Umfang durch eine Einsichtnahme in den Mutterpass und die Befragung der Versicherten selbst schützen kann. Gemäß Teil H Nr 1 der Mutterschafts-Richtlinien in der hier maßgeblichen Fassung vom 10.12.1985, zuletzt geändert am 24.3.2003, stellt der Arzt nach Feststellung der Schwangerschaft einen Mutterpass aus, sofern die Schwangere einen solchen nicht bereits besitzt. Nach diesem richten sich gemäß Teil H Nr 2 der Mutterschafts-Richtlinien die von dem Arzt vorzunehmenden Eintragungen der Ergebnisse der Untersuchungen im Rahmen der ärztlichen Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung. Durch Einsichtnahme in den Mutterpass kann der Vertragsarzt folglich grundsätzlich erkennen, ob die durch Nr 01770 EBM-Ä erfassten standardisierten Untersuchungen in dem entsprechenden Quartal schon erbracht wurden. Zwar lässt sich auf diese Weise nicht ausschließen, dass im Einzelfall eine Versicherte vorgibt, einen solchen (noch) nicht zu haben. Dieses theoretisch mögliche Fehlverhalten einer Versicherten belegt jedoch nicht, dass der BewA durch den generellen Ausschluss der Doppelabrechnung der Nr 01770 EBM-Ä seinen Bewertungsspielraum überschritten hätte. Kann der Vertragsarzt anhand des Mutterpasses im Regelfall nachvollziehen, dass die von Nr 01770 EBM-Ä umfassten Leistungen in dem entsprechenden Quartal (ganz oder teilweise) bereits erbracht wurden, dürfte die nochmalige Erbringung der Leistung unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebotes (§ 2 Abs 4, § 12 SGB V) zum einen nicht geboten sein, zum anderen kann der Vertragsarzt die Schwangere unter Berücksichtigung des § 76 Abs 3 SGB V in der Regel für das entsprechende Quartal auf den bisher die standardisierte Betreuung durchführenden Arzt verweisen, sofern kein Notfall vorliegt. Die Krankenkassen sind gehalten, diesen Zusammenhang auch ihren Versicherten zu verdeutlichen und sie dahingehend zu informieren, dass diese den Zweitbehandler darüber in Kenntnis setzen sollen, dass eine ärztliche Schwangerschaftsfeststellung schon erfolgt ist, und dass der für die Fortführung der Behandlung ausgewählte Vertragsarzt nicht generell rechtswidrig handelt, wenn er die umfassende Begleitung der Schwangerschaft erst mit Beginn des Folgequartals übernehmen will.

39

(5) Schließlich führt der Abrechnungsausschluss auch nicht dazu, dass erbrachte Leistungen nicht angemessen vergütet würden. Im Hinblick auf die vorrangige Funktionszuweisung an den BewA nach § 87 SGB V, den Inhalt der abrechenbaren Leistungen und ihre Punktzahlen zu bestimmen, sowie an die Vertragsparteien der Gesamtverträge, nach Maßgabe des § 85 Abs 3 SGB V aF die Gesamtvergütungen zu bemessen, kann das Niveau von Vergütungen erst dann von den Gerichten beanstandet werden, wenn die Funktionsfähigkeit der Versorgung mangels ausreichenden Anreizes, vertragsärztlich tätig zu werden, gefährdet wäre(vgl BSGE 75, 187, 189 f = SozR 3-2500 § 72 Nr 5 S 6 f; BSGE 78, 191, 199 = SozR 3-2200 § 368i Nr 1 S 10; BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 5 f mwN). Da die Vergütung nicht für jede Leistung kostendeckend sein muss und sich die Frage der Kostendeckung auch nicht auf die bei einem einzelnen Arzt anfallenden Kosten beziehen kann, ergibt sich selbst aus einer etwaigen Kostenunterdeckung bei einzelnen Leistungen kein zwingender Grund für eine bestimmte Auslegung des Gebührentatbestandes (BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 6).

40

Der Abrechnungsausschluss in Nr 01770 EBM-Ä hat nicht zur Folge, dass erbrachte Leistungen nicht abgerechnet werden könnten oder nur eine unangemessene Vergütung iS von § 72 Abs 2, § 85 Abs 3 SGB V gewährt würde. In der Präambel zu Nr 1.7.4 EBM-Ä wird klargestellt, dass "Leistungen der Mutterschaftsvorsorge, die bei Vertretung, im Notfall oder bei Mit- bzw. Weiterbehandlung erbracht werden, … nach den kurativen Leistungspositionen berechnungsfähig [sind], wobei die nach Maßgabe der Kassenärztlichen Vereinigung für präventive Leistungen vorgegebene Kennzeichnung zu beachten ist". Unabhängig von dem Umstand, dass dies auch für alle anderen aufgrund des Abrechnungsausschlusses nach Abs 3 von einer weiteren Abrechnung der Leistungsposition ausgeschlossenen Konstellationen dem Grunde nach gelten muss, wird hierdurch zum Ausdruck gebracht, dass in diesen Fällen weitere Abrechnungsmöglichkeiten bestehen. Wie bereits dargelegt, umfasst der obligate Leistungsinhalt der Nr 01770 EBM-Ä neben den allgemeinen Beratungen und Untersuchungen insbesondere Ultraschalluntersuchungen. Die Einzelleistungen der Ultraschalldiagnostik sind nach Kapitel 33 und damit grundsätzlich nach den dort normierten Positionen berechnungsfähig. In Betracht kommen hier insbesondere die Nrn 33043 (Sonographische Untersuchung eines oder mehrerer Uro-Genital-Organe mittels B-Mode-Verfahren, 230 Punkte im Quartal II/2007) und 33044 EBM-Ä (Sonographische Untersuchung eines oder mehrerer weiblicher Genitalorgane, ggf. einschließlich Harnblase, mittels B-Mode-Verfahren, 380 Punkte im Quartal II/2007), die dementsprechend nicht neben Nr 01770 EBM-Ä berechnungsfähig sind. Laborleistungen können grundsätzlich nach den Positionen des Kapitels 32 (Laboratoriumsmedizin, Molekulargenetik und Molekularpathologie) berechnet werden, etwa Nr 32031 EBM-Ä (Mikroskopische Untersuchung des Harns auf morphologische Bestandteile). Vor diesem Hintergrund liegt der seitens der zu 1. beigeladenen KÄBV gerügte Verstoß gegen Art 12 Abs 1 GG und gegen Art 20 GG erkennbar nicht vor.

41

Im Ergebnis ist der Abrechnungsausschluss damit nicht zu beanstanden. Namentlich entspricht es dem in § 76 Abs 3 Satz 1 SGB V zum Ausdruck kommenden Quartalsbindungsgedanken, dass die von Nr 01770 EBM-Ä erfassten Komplexleistungen in einem Quartal von nur einem Vertragsarzt erbracht und entsprechend berechnet werden können. Soweit § 76 Abs 3 Satz 1 SGB V von dieser grundsätzlichen Bindung eine Ausnahme bei Vorliegen eines wichtigen Grundes vorsieht, enthält Nr 01770 EBM-Ä indes kein entsprechendes Korrelat. Insoweit könnte es sachgerecht sein, diesen Gedanken auch auf Nr 01770 EBM-Ä zu übertragen und (bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen) eine wiederholte Berechnung von Nr 01770 EBM-Ä ausnahmsweise dann zu erlauben, wenn die Versicherte zwar zunächst von einem - zur Berechnung der Nr 01770 EBM-Ä berechtigten - Vertragsarzt behandelt wird, jedoch aus einem wichtigen Grund iS von § 76 Abs 3 Satz 1 SGB V während des Quartals den betreuenden Arzt wechselt. Ein solcher Grund kann etwa vorliegen, wenn der Versicherten eine weitere Behandlung nicht mehr zumutbar ist (s BSG SozR 4-5555 § 15 Nr 1 RdNr 17), weil etwa das Vertrauensverhältnis zu dem behandelnden Arzt objektiv zerstört ist. Eine solche Ausnahme wäre insbesondere vor dem Hintergrund zu erwägen, dass die standardisierten Leistungen bei Schwangeren nach einem festen zeitlichen Schema zu erfolgen haben, der Schwangeren also nach einer massiven Störung des Vertrauensverhältnisses zum "Erstbehandler" möglicherweise nicht stets zugemutet werden kann, den Beginn des folgenden Quartals abzuwarten und erst dann den behandelnden Arzt zu wechseln. Es ist Sache des BewA, die für und gegen eine derartige Ausnahme von generellen Abrechnungsausschluss sprechenden Gesichtspunkte zu bewerten. In Betracht kommt dabei auch, die punktzahlmäßige Bewertung der Betreuungsleistungen des "Zweitbehandlers" zu vermindern, um von vornherein keine Anreize zu einem arztinduzierten Behandlerwechsel zu geben.

42

E. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO); eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 95 614 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Im Streit ist eine sachlich-rechnerische Richtigstellung und Honorarrückforderung für die Quartale II/2001 bis II/2003. Die Klägerin ist eine gynäkologische Gemeinschaftspraxis, die ein zytologisches Labor betreibt. Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung stellte in einer Plausibilitätsprüfung einen deutlichen Anstieg der nach der Nummer 4950 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) abgerechneten Leistungen fest. Sie kürzte daher mit Bescheid vom 1.3.2004 die Honoraransprüche der Klägerin für die streitbefangenen Quartale um insgesamt 95 613,77 Euro. Es sei festzustellen, dass in allen Quartalen zu nahezu 100 % die Nummer 4950 EBM-Ä (zytologische Untersuchung eines oder mehrerer speziell gefärbter Abstriche zur Diagnostik der hormonellen Funktion) zusammen mit der Nummer 4951 EBM-Ä (zytologische Untersuchung eines oder mehrerer Abstriche, auch Bürstenabstriche, von Ekto- und/oder Endozervix) abgerechnet worden sei. Aus dem eindeutigen Wortlaut der Leistungslegende der Nummer 4951 EBM-Ä ergebe sich, dass auch mehrere Abstriche von Ekto- und/oder Endozervix nur ein "Material" darstellten. Bei Untersuchungen an demselben Material sei aber die Leistung nach Nr 4950 EBM-Ä neben der Leistung nach Nr 4951 EBM-Ä nicht berechnungsfähig. Widerspruch, Klage und Berufung hiergegen sind erfolglos geblieben. In dem angefochtenen Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG führt das LSG aus, der Begriff "dasselbe Material" in der Nummer 4951 EBM-Ä den Stoff meine, der bereits Gegenstand der Abrechnung unter der Nummer 4950 EBM-Ä gewesen sei. Nach dieser Ziffer werde die "zytologische Untersuchung eines oder mehrerer Abstriche … von Ekto- und/oder Endozervix " zusammenfassend mit 140 Punkten bewertet. Der Anregung der Klägerin, zur Frage "desselben Materials" ein Sachverständigengutachten einzuholen, sei nicht nachzugehen gewesen, weil es nicht entscheidend auf medizinische Gesichtspunkte, sondern auf die rechtlichen Vorgaben des EBM-Ä ankomme.

2

Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, zu deren Begründung sie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) sowie einen Verfahrensfehler rügt (§ 160 Abs 1 Nr 3 SGG).

3

II. Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung oder eines Verfahrensmangels sind nicht gegeben.

4

1. Bei einer die Amtsermittlungspflicht des Gerichts nach § 103 SGG betreffenden Beanstandung muss ein Beweisantrag genannt und dazu ausgeführt werden, dass das LSG diesem ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Darzulegen ist ferner, dass der Beweisantrag im Berufungsverfahren noch zusammen mit den Sachanträgen gestellt oder sonst aufrechterhalten worden ist. Die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde erfordert die genaue Bezeichnung des Beweisantrages, die schlüssige Darstellung des den Mangel ergebenden Sachverhalts und Ausführungen zur Aufklärungspflicht des Gerichts (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 160 RdNr 18 ff). Ausgehend von einem prozessordnungsgerechten Beweisantrag liegt eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nicht vor. Das LSG hat vielmehr zu Recht ausgeführt, dass es der Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht bedurfte, weil es sich bei der Auslegung der Leistungslegende um eine Rechtsfrage und nicht um eine medizinische Frage handelt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats, auf die auch das LSG Bezug genommen hat, ist für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich (vgl zuletzt BSG, Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 34/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG SozR 4-5531 Nr 7120 Nr 1 RdNr 11). Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12; SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 11 und Nr 10 RdNr 10, jeweils mwN). Sind danach allein maßgeblich juristische Auslegungsmethoden, tritt die medizinische Beurteilung in den Hintergrund. Selbst im medizinischen Sinne unterschiedliche Materialien können im maßgeblichen rechtlichen Sinne als dasselbe Material angesehen werden. Die Ergebnisse eines medizinischen Sachverständigengutachtens wären damit nicht entscheidungserheblich gewesen.

5

2. Auch der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache liegt nicht vor. Für die Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache muss gemäß den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Darlegungsanforderungen in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung bezeichnet(vgl BVerfGE 91, 93, 107 = SozR 3-5870 § 10 Nr 5 S 31; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 37 f) und ausgeführt werden, inwiefern diese Rechtsfrage in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich (klärungsfähig) sowie klärungsbedürftig ist. Es muss ersichtlich sein, dass sich die Antwort nicht ohne Weiteres aus der bisherigen Rechtsprechung ergibt.

6

Die von der Klägerin aufgeworfene Frage:

        

"Ist bei der Entnahme von Abstrichen der Endo- und Ektozervix eine parallele Abrechnung der Ziffern 4950 und 4951 möglich, weil es sich nicht um dasselbe Material im Sinne des EBM-Ä handelt?"

ist zwar noch nicht ausdrücklich höchstrichterlich geklärt. Angesichts der Nachfolgeregelungen in Nr 19331 und 19311 EBM-Ä betrifft sie auch nicht nur sog ausgelaufenes Recht. Der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf es aber nicht, weil die Grundsätze der Auslegung von Vergütungstatbeständen in der Rechtsprechung des Senats geklärt sind. Aus der richtigen oder falschen Anwendung dieser Grundsätze auf einzelne Gebührennummern kann sich eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Regelfall nicht ergeben (vgl Beschlüsse vom 16.5.2001 - B 6 KA 15/01 B - und vom 13.12.2000 - B 6 KA 30/00 B - Juris). Darüber hinaus kann die Frage anhand der Auslegungskriterien eindeutig beantwortet werden. Das LSG hat insofern zutreffend aus dem Wortlaut der Nummer 4951 EBM-Ä gefolgert, dass die Leistung auch dann nur einmal abgerechnet werden kann, wenn mehrere Abstriche von Ekto- und Endozervix untersucht wurden. Werden diese somit rechtlich durch die EBM-Ä-Ziffer zusammengefasst, sind sie - unabhängig von der medizinischen Klassifizierung - rechtlich als "dasselbe Material" im Sinne des Zusatzes zu Nr 4951 anzusehen.

7

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt die Klägerin die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO).

8

4. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Seine Bemessung erfolgt entsprechend dem streitigen Regressbetrag.

(1) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen vereinbaren mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen durch Bewertungsausschüsse als Bestandteil der Bundesmantelverträge einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen und einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die zahnärztlichen Leistungen, im ärztlichen Bereich einschließlich der Sachkosten. In den Bundesmantelverträgen sind auch die Regelungen, die zur Organisation der vertragsärztlichen Versorgung notwendig sind, insbesondere Vordrucke und Nachweise, zu vereinbaren. Bei der Gestaltung der Arzneiverordnungsblätter ist § 73 Abs. 5 zu beachten. Die Arzneiverordnungsblätter sind so zu gestalten, daß bis zu drei Verordnungen je Verordnungsblatt möglich sind. Dabei ist für jede Verordnung ein Feld für die Auftragung des Kennzeichens nach § 300 Abs. 1 Nr. 1 sowie ein weiteres Feld vorzusehen, in dem der Arzt seine Entscheidung nach § 73 Abs. 5 durch Ankreuzen kenntlich machen kann. Die für eine Verordnung nach § 37 Absatz 8 zu verwendenden Vordrucke und Nachweise sind so zu gestalten, dass sie von den übrigen Verordnungen nach § 37 zu unterscheiden sind. Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen prüfen, inwieweit bislang papiergebundene Verfahren zur Organisation der vertragsärztlichen Versorgung durch elektronische Kommunikationsverfahren ersetzt werden können. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen regeln in dem Bundesmantelvertrag für Zahnärzte bis zum 31. Dezember 2019 das Nähere zu einem elektronischen Beantragungs- und Genehmigungsverfahren für bewilligungspflichtige zahnärztliche Leistungen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen können die an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer durch Regelungen im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte dazu verpflichten, die für die Beantragung von bewilligungspflichtigen Leistungen notwendigen Angaben an die jeweilige Kassenzahnärztliche Vereinigung und an die jeweilige Krankenkasse im Wege elektronischer Datenübertragung zu übermitteln. Zur Durchführung der elektronischen Antrags- und Genehmigungsverfahren sind die an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer befugt, die hierfür erforderlichen versichertenbezogene Angaben an die jeweilige Kassenzahnärztliche Vereinigung und an die jeweilige Krankenkasse zu übermitteln. Die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung ist befugt, die für die Durchführung der elektronischen Antrags- und Genehmigungsverfahren erforderlichen versicherungsbezogenen übermittelten Angaben zu verarbeiten. Für die Übermittlung digitaler Vordrucke und Nachweise sind die Dienste der Telematikinfrastruktur zu nutzen, sobald diese zur Verfügung stehen. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen ist mit Wirkung zum 1. Januar 2021 vorzusehen, dass Leistungen nach § 346 Absatz 1 Satz 1 und 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der Verarbeitung medizinischer Daten in der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2022 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen vorzusehen, dass Leistungen nach § 346 Absatz 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der erstmaligen Befüllung der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen ist vorzusehen, dass Leistungen im aktuellen Behandlungskontext zur Aktualisierung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 sowie Leistungen zur Aktualisierung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 und 7 zusätzlich vergütet werden.

(1a) In dem Bundesmantelvertrag haben die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen festzulegen, dass die Kosten für Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit die gewählte Versorgung der Regelversorgung nach § 56 Abs. 2 entspricht, gegenüber den Versicherten nach Absatz 2 abzurechnen sind. Darüber hinaus sind im Bundesmantelvertrag folgende Regelungen zu treffen: Der Vertragszahnarzt hat vor Beginn der Behandlung einen kostenfreien Heil- und Kostenplan zu erstellen, der den Befund, die Regelversorgung und die tatsächlich geplante Versorgung auch in den Fällen des § 55 Abs. 4 und 5 nach Art, Umfang und Kosten beinhaltet. Im Heil- und Kostenplan sind Angaben zum Herstellungsort des Zahnersatzes zu machen. Der Heil- und Kostenplan ist von der Krankenkasse vor Beginn der Behandlung insgesamt zu prüfen. Die Krankenkasse kann den Befund, die Versorgungsnotwendigkeit und die geplante Versorgung begutachten lassen. Bei bestehender Versorgungsnotwendigkeit bewilligt die Krankenkasse die Festzuschüsse gemäß § 55 Abs. 1 oder 2 entsprechend dem im Heil- und Kostenplan ausgewiesenen Befund. Nach Abschluss der Behandlung rechnet der Vertragszahnarzt die von der Krankenkasse bewilligten Festzuschüsse mit Ausnahme der Fälle des § 55 Abs. 5 mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung ab. Der Vertragszahnarzt hat bei Rechnungslegung eine Durchschrift der Rechnung des gewerblichen oder des praxiseigenen Labors über zahntechnische Leistungen und die Erklärung nach Anhang XIII Abschnitt 1 der Verordnung (EU) 2017/745 in der jeweils geltenden Fassung beizufügen. Der Bundesmantelvertrag regelt auch das Nähere zur Ausgestaltung des Heil- und Kostenplans, insbesondere muss aus dem Heil- und Kostenplan erkennbar sein, ob die zahntechnischen Leistungen von Zahnärzten erbracht werden oder nicht.

(1b) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren im Bundesmantelvertrag erstmals bis spätestens zum 30. Juni 2016 die Voraussetzungen für eine besonders qualifizierte und koordinierte palliativ-medizinische Versorgung. Im Bundesmantelvertrag sind insbesondere zu vereinbaren:

1.
Inhalte und Ziele der qualifizierten und koordinierten palliativ-medizinischen Versorgung und deren Abgrenzung zu anderen Leistungen,
2.
Anforderungen an die Qualifikation der ärztlichen Leistungserbringer,
3.
Anforderungen an die Koordination und interprofessionelle Strukturierung der Versorgungsabläufe sowie die aktive Kooperation mit den weiteren an der Palliativversorgung beteiligten Leistungserbringern, Einrichtungen und betreuenden Angehörigen,
4.
Maßnahmen zur Sicherung der Versorgungsqualität.
Der Bundesärztekammer und der Bundespsychotherapeutenkammer sowie den in § 92 Absatz 7b genannten Organisationen ist vor Abschluss der Vereinbarung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in den Entscheidungsprozess einzubeziehen. Auf der Grundlage der Vereinbarung hat der Bewertungsausschuss den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen nach Absatz 2 Satz 2 zu überprüfen und innerhalb von sechs Monaten nach dem in Satz 1 genannten Zeitpunkt anzupassen. Der Bewertungsausschuss hat dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre beginnend zum 31. Dezember 2023 über die Entwicklung der abgerechneten palliativ-medizinischen Leistungen auch in Kombination mit anderen vertragsärztlichen Leistungen, über die Zahl und Qualifikation der ärztlichen Leistungserbringer, über die Versorgungsqualität sowie über die Auswirkungen auf die Verordnung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung zu berichten. Das Bundesministerium für Gesundheit kann das Nähere zum Inhalt des Berichts und zu den dafür erforderlichen Auswertungen bestimmen.

(1c) Die Krankenkassen können in den in § 275 Absatz 1, 2 und 3 geregelten Fällen insbesondere

1.
bei kieferorthopädischen Maßnahmen,
2.
bei der Behandlung von Parodontopathien,
3.
bei der Versorgung von Zahnersatz und Zahnkronen, einschließlich der Prüfung der Gewährleistung nach § 136a Absatz 4 Satz 3,
4.
für implantologische Maßnahmen bei Ausnahmeindikationen gemäß § 28 Absatz 2 Satz 9
abweichend von § 275 Absatz 1, 2 und 3 statt einer gutachterlichen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes eine gutachterliche Stellungnahme im Wege des nach Satz 2 im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehene Gutachterverfahrens einholen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren im Bundesmantelvertrag das Nähere zu einem Gutachterverfahren für Zahnärzte insbesondere zur Bestellung der Gutachter, zur Einleitung des Gutachterverfahrens und zur Begutachtung sowie die Maßnahmen und Behandlungen die Gegenstand des Gutachtenverfahrens sein können. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen sowie für ihren regionalen Zuständigkeitsbereich die Partner der Gesamtverträge können vereinbaren, dass die Krankenkassen einheitlich für die im Bundesmantelvertrag näher bestimmten Maßnahmen und Behandlungen ausschließlich das nach Satz 2 vorgesehene Gutachterverfahren anwenden oder ausschließlich die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst vornehmen lassen. Der behandelnde Vertragszahnarzt ist verpflichtet, dem von der Krankenkasse benannten vertragszahnärztlichen Gutachter die für die gutachterliche Stellungnahme erforderlichen Daten zu übermitteln. Der vertragszahnärztliche Gutachter darf die vom Vertragszahnarzt übermittelten Daten nur zur Erstellung der in Satz 1 genannten gutachterlichen Stellungnahme verarbeiten. Im Übrigen gelten § 275 Absatz 5, § 276 Absatz 1, 2 Satz 2 und Absatz 3 und § 277 Absatz 1 Satz 1 bis 3 für das im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehene Gutachterwesen entsprechend.

(2) Der einheitliche Bewertungsmaßstab bestimmt den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander; soweit möglich, sind die Leistungen mit Angaben für den zur Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand des Vertragsarztes zu versehen; dies gilt nicht für vertragszahnärztliche Leistungen. Die Bewertungsmaßstäbe sind in bestimmten Zeitabständen auch daraufhin zu überprüfen, ob die Leistungsbeschreibungen und ihre Bewertungen noch dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik sowie dem Erfordernis der Rationalisierung im Rahmen wirtschaftlicher Leistungserbringung entsprechen, wobei in die Überprüfung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen auch die Regelung nach § 33 Absatz 9 erstmalig bis spätestens zum 31. Oktober 2012 einzubeziehen ist; bei der Bewertung der Leistungen ist insbesondere der Aspekt der wirtschaftlichen Nutzung der bei der Erbringung von Leistungen eingesetzten medizinisch-technischen Geräte zu berücksichtigen. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen sind die Bewertung der Leistungen nach Satz 1 und die Überprüfung der wirtschaftlichen Aspekte nach Satz 2, insbesondere bei medizinisch-technischen Geräten, unter Berücksichtigung der Besonderheiten der betroffenen Arztgruppen auf in bestimmten Zeitabständen zu aktualisierender betriebswirtschaftlicher Basis durchzuführen. Grundlage der Aktualisierung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen bilden grundsätzlich die vom Statistischen Bundesamt nach dem Gesetz über die Kostenstrukturstatistik bei Arzt- und Zahnarztpraxen sowie bei Praxen von psychologischen Psychotherapeuten erhobenen Daten der Kostenstruktur; ergänzend können sachgerechte Stichproben bei vertragsärztlichen Leistungserbringern verwendet werden. Der Bewertungsausschuss hat die nächste Überprüfung gemäß Satz 3 und die anschließende Aktualisierung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen spätestens bis zum 29. Februar 2020 mit der Maßgabe durchzuführen, insbesondere die Angemessenheit der Bewertung von Leistungen zu aktualisieren, die einen hohen technischen Leistungsanteil aufweisen. Hierzu legt der Bewertungsausschuss dem Bundesministerium für Gesundheit spätestens bis zum 31. August 2019 ein Konzept vor, wie er die verschiedenen Leistungsbereiche im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einschließlich der Sachkosten anpassen wird. Dabei soll die Bewertung der Leistungen mit einem hohen technischen Leistungsanteil, die in einem bestimmten Zeitraum erbracht werden, insgesamt so festgelegt werden, dass die Punkte, die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für diese Leistungen vergeben werden, ab einem bestimmten Schwellenwert mit zunehmender Menge sinken. Die Bewertung der Sachkosten kann abweichend von Satz 1 in Eurobeträgen bestimmt werden.

(2a) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen sind entsprechend der in § 73 Abs. 1 festgelegten Gliederung der vertragsärztlichen Versorgung in Leistungen der hausärztlichen und Leistungen der fachärztlichen Versorgung zu gliedern mit der Maßgabe, dass unbeschadet gemeinsam abrechenbarer Leistungen Leistungen der hausärztlichen Versorgung nur von den an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und Leistungen der fachärztlichen Versorgung nur von den an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten abgerechnet werden dürfen; die Leistungen der fachärztlichen Versorgung sind in der Weise zu gliedern, dass den einzelnen Facharztgruppen die von ihnen ausschließlich abrechenbaren Leistungen zugeordnet werden. Bei der Bestimmung der Arztgruppen nach Satz 1 ist der Versorgungsauftrag der jeweiligen Arztgruppe im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zugrunde zu legen. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen hat eine Regelung zu enthalten, nach der ärztliche Leistungen zur Diagnostik und ambulanten Eradikationstherapie einschließlich elektronischer Dokumentation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) vergütet werden. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit quartalsbezogen über Auswertungsergebnisse der Regelung nach Satz 3. Das Bundesministerium für Gesundheit kann das Nähere zum Inhalt des Berichts nach Satz 4 sowie zur Auswertung der anonymisierten Dokumentationen zum Zwecke der Versorgungsforschung und zur Förderung der Qualität bestimmen; es kann auch den Bewertungsausschuss mit der Vorlage des Berichts beauftragen. Im Übrigen gilt die Veröffentlichungspflicht gemäß § 135b Absatz 1 Satz 2. Bei der Überprüfung nach Absatz 2 Satz 2 prüfen der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a jeweils, in welchem Umfang ambulante telemedizinische Leistungen erbracht werden können; auf dieser Grundlage beschließen der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a jeweils, inwieweit der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen anzupassen ist. In die Überprüfung nach Absatz 2 Satz 2 ist auch einzubeziehen, in welchem Umfang die Durchführung von insbesondere telemedizinischen Fallbesprechungen im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen zum Kinder- und Jugendschutz nach § 73c angemessen vergütet werden kann; auf dieser Grundlage ist eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen zu beschließen. In die Überprüfung nach Absatz 2 Satz 2 ist auch einzubeziehen, in welchem Umfang delegationsfähige Leistungen durch Personen nach § 28 Absatz 1 Satz 2 qualifiziert erbracht und angemessen vergütet werden können; auf dieser Grundlage ist eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Versorgungsstrukturen bis zum 23. Januar 2016 zu beschließen. Nach Inkrafttreten der Bestimmungen nach § 27b Absatz 2 Satz 2 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen durch den Bewertungsausschuss gemäß Absatz 5a eine Regelung zu treffen, nach der Leistungen und Kosten im Rahmen der Einholung der Zweitmeinungen nach § 27b abgerechnet werden können. Sofern drei Monate nach Inkrafttreten der Bestimmungen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 27b Absatz 2 keine Regelung im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen getroffen wurde, können Versicherte die Leistungen nach § 27b bei den dafür berechtigten Leistungserbringern im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 in Anspruch nehmen. Die Kosten sind von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 endet, sobald die Regelung nach Satz 9 in Kraft getreten ist. Mit Wirkung zum 30. September 2020 ist durch den Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen zu regeln, dass Konsilien in einem weiten Umfang in der vertragsärztlichen und in der sektorenübergreifenden Versorgung als telemedizinische Leistung abgerechnet werden können, wenn bei ihnen sichere elektronische Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt werden. Die Regelungen erfolgen auf der Grundlage der Vereinbarung nach § 367 Absatz 1. Der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a legen dem Bundesministerium für Gesundheit im Abstand von zwei Jahren, erstmals zum 31. Oktober 2022, einen gemeinsamen Bericht über den Stand der Beratungen und Beschlussfassungen nach Satz 7 sowie zur Erbringung von ambulanten telemedizinischen Leistungen und zu der Teilnahme der Leistungserbringer an der Erbringung von Leistungen im Rahmen der Videosprechstunde vor. Das Bundesministerium für Gesundheit leitet den Bericht an den Deutschen Bundestag weiter. In dem Beschluss nach Satz 7 sind durch den Bewertungsausschuss Regelungen im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen zu treffen, nach denen telemedizinische Leistungen, insbesondere Videosprechstunden, in einem weiten Umfang ermöglicht werden. Die im Hinblick auf Videosprechstunden bisher enthaltene Vorgabe von Krankheitsbildern im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen entfällt. Bei den Regelungen nach Satz 18 sind die Besonderheiten in der Versorgung von Pflegebedürftigen durch Zuschläge und die Besonderheiten in der psychotherapeutischen Versorgung einschließlich der Versorgung mit gruppentherapeutischen Leistungen und Leistungen der psychotherapeutischen Akutbehandlung zu berücksichtigen. Die Regelungen nach Satz 18 erfolgen auf der Grundlage der Vereinbarung nach § 365 Absatz 1 Satz 1. Bis zum 30. Juni 2016 ist mit Wirkung zum 1. Oktober 2016 eine Regelung zu treffen, nach der ärztliche Leistungen nach § 31a vergütet werden. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen hat eine Regelung über die Vergütung von ärztlichen Leistungen zur Erstellung und Aktualisierung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 und 7 zu enthalten; die Vergütung für die Erstellung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 ist in dem Zeitraum vom 20. Oktober 2020 bis zum 20. Oktober 2021 auf das Zweifache der sich nach dem einheitlichen Bewertungsmaßstab ergebenden Vergütung zu erhöhen; die Vergütungsregelung für die Erstellung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 ist bis zum 1. Januar 2024 zu vereinbaren. Der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a beschließt im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen die nach dem Schweregrad zu differenzierenden Regelungen für die Versorgung im Notfall und im Notdienst sowie bis zum 31. März 2022 Regelungen für die Versorgung im Notdienst mit telemedizinischen Leistungen. Zwei Jahre nach Inkrafttreten dieser Regelungen hat der Bewertungsausschuss nach Absatz 5a die Entwicklung der Leistungen zu evaluieren und hierüber dem Bundesministerium für Gesundheit zu berichten; Absatz 3a gilt entsprechend. Der Bewertungsausschuss überprüft, in welchem Umfang Diagnostika zur schnellen und zur qualitätsgesicherten Antibiotikatherapie eingesetzt werden können, und beschließt auf dieser Grundlage erstmals bis spätestens zum 1. Dezember 2017 entsprechende Anpassungen des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 6b vom Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a anzupassen. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist mit Wirkung zum 1. Januar 2021 vorzusehen, dass Leistungen nach § 346 Absatz 1 Satz 1 und 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der Verarbeitung medizinischer Daten in der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2022 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen vorzusehen, dass ärztliche Leistungen nach § 346 Absatz 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der erstmaligen Befüllung der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Der Bewertungsausschuss hat im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen die Leistungen, die durch Videosprechstunde erbracht werden, auf 30 Prozent der jeweiligen Leistungen im Quartal des an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers zu begrenzen. Zudem hat der Bewertungsausschuss im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen die Anzahl der Behandlungsfälle im Quartal, in denen ausschließlich Leistungen im Rahmen einer Videosprechstunde erbracht werden, auf 30 Prozent aller Behandlungsfälle des an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers zu begrenzen. Von der Begrenzung auf 30 Prozent nach den Sätzen 30 und 31 kann der Bewertungsausschuss in besonderen Ausnahmesituationen, wie etwa nach Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, für einen befristeten Zeitraum abweichen. Der Bewertungsausschuss legt bis zum 30. September 2021 fest, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang unter Berücksichtigung der Sätze 30 und 31 die psychotherapeutische Akutbehandlung im Rahmen der Videosprechstunde erbracht werden kann.

(2b) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der hausärztlichen Versorgung sollen als Versichertenpauschalen abgebildet werden; für Leistungen, die besonders gefördert werden sollen oder nach Absatz 2a Satz 7 und 8 telemedizinisch oder im Wege der Delegation erbracht werden können, sind Einzelleistungen oder Leistungskomplexe vorzusehen. Mit den Pauschalen nach Satz 1 sollen die gesamten im Abrechnungszeitraum regelmäßig oder sehr selten und zugleich mit geringem Aufwand im Rahmen der hausärztlichen Versorgung eines Versicherten erbrachten Leistungen einschließlich der anfallenden Betreuungs-, Koordinations- und Dokumentationsleistungen vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2023 sind in den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen folgende Zuschläge auf die jeweilige Versichertenpauschale aufzunehmen:

1.
ein Zuschlag in Höhe von bis zu 200 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für Behandlungen im Akutfall nach § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 4, wenn die Behandlung spätestens am Folgetag der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle beginnt,
2.
ein Zuschlag in Höhe von 100 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am vierten Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt,
3.
ein Zuschlag in Höhe von 80 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 14. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt,
4.
ein Zuschlag in Höhe von 40 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 35. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt, sowie
5.
ein Zuschlag in Höhe von mindestens 15 Euro für die erfolgreiche Vermittlung eines Behandlungstermins nach § 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2.
Zudem können Qualitätszuschläge vorgesehen werden, mit denen die in besonderen Behandlungsfällen erforderliche Qualität vergütet wird. Der Bewertungsausschuss beschließt spätestens bis zum 31. Dezember 2021 mit Wirkung zum 1. März 2022 eine Anpassung der im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der hausärztlichen Versorgung zur Vergütung der regelmäßigen zeitgebundenen ärztlichen Beratung nach § 2 Absatz 1a des Transplantationsgesetzes in der ab dem 1. März 2022 geltenden Fassung über die Organ- und Gewebespende sowie über die Möglichkeit, eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende im Register nach § 2a des Transplantationsgesetzes in der ab dem 1. März 2022 geltenden Fassung abgeben, ändern und widerrufen zu können. Der Vergütungsanspruch besteht je Patient alle zwei Jahre.

(2c) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der fachärztlichen Versorgung sollen arztgruppenspezifisch und unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen als Grund- und Zusatzpauschalen abgebildet werden; Einzelleistungen sollen vorgesehen werden, soweit dies medizinisch oder auf Grund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung, einschließlich der Möglichkeit telemedizinischer Erbringung gemäß Absatz 2a Satz 7 oder der Erbringung im Wege der Delegation nach Absatz 2a Satz 8, erforderlich ist. Mit den Grundpauschalen nach Satz 1 sollen die regelmäßig oder sehr selten und zugleich mit geringem Aufwand von der Arztgruppe in jedem Behandlungsfall erbrachten Leistungen vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2023 sind in den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen folgende Zuschläge auf die jeweilige Grundpauschale aufzunehmen:

1.
ein Zuschlag in Höhe von bis zu 200 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für Behandlungen im Akutfall nach § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 4, wenn die Behandlung spätestens am Folgetag der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle beginnt,
2.
ein Zuschlag in Höhe von 100 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am vierten Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt,
3.
ein Zuschlag in Höhe von 80 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 14. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt, sowie
4.
ein Zuschlag in Höhe von 40 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 35. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt.
Die in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Zuschläge gelten bei der Behandlung aufgrund einer erfolgten Vermittlung nach § 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Mit den Zusatzpauschalen nach Satz 1 wird der besondere Leistungsaufwand vergütet, der sich aus den Leistungs-, Struktur- und Qualitätsmerkmalen des Leistungserbringers und, soweit dazu Veranlassung besteht, in bestimmten Behandlungsfällen ergibt. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 kann die Behandlung von Versichertengruppen, die mit einem erheblichen therapeutischen Leistungsaufwand und überproportionalen Kosten verbunden ist, mit arztgruppenspezifischen diagnosebezogenen Fallpauschalen vergütet werden. Für die Versorgung im Rahmen von kooperativen Versorgungsformen sind spezifische Fallpauschalen festzulegen, die dem fallbezogenen Zusammenwirken von Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen in diesen Versorgungsformen Rechnung tragen. Die Bewertungen für psychotherapeutische Leistungen haben eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit zu gewährleisten. Bis zum 29. Februar 2020 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ein Zuschlag in Höhe von 15 Prozent auf diejenigen psychotherapeutischen Leistungen vorzusehen, die im Rahmen des ersten Therapieblocks einer neuen Kurzzeittherapie erbracht werden. Der Zuschlag ist auf die ersten zehn Stunden dieser Leistungen zu begrenzen und für Psychotherapeuten vorzusehen, die für die in § 19a Absatz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte festgelegten Mindestsprechstunden für gesetzlich Versicherte tatsächlich zur Verfügung stehen.

(2d) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen sind Regelungen einschließlich Prüfkriterien vorzusehen, die sicherstellen, dass der Leistungsinhalt der in den Absätzen 2a bis 2c genannten Leistungen und Pauschalen jeweils vollständig erbracht wird, die jeweiligen notwendigen Qualitätsstandards eingehalten, die abgerechneten Leistungen auf den medizinisch notwendigen Umfang begrenzt sowie bei Abrechnung der Fallpauschalen nach Absatz 2c die Mindestanforderungen zu der institutionellen Ausgestaltung der Kooperation der beteiligten Ärzte eingehalten werden; dazu kann die Abrechenbarkeit der Leistungen an die Einhaltung der vom Gemeinsamen Bundesausschuss und in den Bundesmantelverträgen beschlossenen Qualifikations- und Qualitätssicherungsanforderungen sowie an die Einhaltung der gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung zu erbringenden Dokumentationsverpflichtungen geknüpft werden. Zudem können Regelungen vorgesehen werden, die darauf abzielen, dass die Abrechnung der Versichertenpauschalen nach Absatz 2b Satz 1 sowie der Grundpauschalen nach Absatz 2c Satz 1 für einen Versicherten nur durch einen Arzt im Abrechnungszeitraum erfolgt, oder es können Regelungen zur Kürzung der Pauschalen für den Fall eines Arztwechsels des Versicherten innerhalb des Abrechnungszeitraums vorgesehen werden.

(2e) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist jährlich bis zum 31. August ein bundeseinheitlicher Punktwert als Orientierungswert in Euro zur Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen festzulegen.

(2f) (weggefallen)

(2g) Bei der Anpassung des Orientierungswertes nach Absatz 2e sind insbesondere

1.
die Entwicklung der für Arztpraxen relevanten Investitions- und Betriebskosten, soweit diese nicht bereits durch die Weiterentwicklung der Bewertungsrelationen nach Absatz 2 Satz 2 erfasst worden sind,
2.
Möglichkeiten zur Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven, soweit diese nicht bereits durch die Weiterentwicklung der Bewertungsrelationen nach Absatz 2 Satz 2 erfasst worden sind, sowie
3.
die allgemeine Kostendegression bei Fallzahlsteigerungen, soweit diese nicht durch eine Abstaffelungsregelung nach Absatz 2 Satz 3 berücksichtigt worden ist,
4.
(weggefallen)
zu berücksichtigen.

(2h) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen können zu Leistungskomplexen zusammengefasst werden. Die Leistungen sind entsprechend einer ursachengerechten, zahnsubstanzschonenden und präventionsorientierten Versorgung insbesondere nach dem Kriterium der erforderlichen Arbeitszeit gleichgewichtig in und zwischen den Leistungsbereichen für Zahnerhaltung, Prävention, Zahnersatz und Kieferorthopädie zu bewerten. Bei der Festlegung der Bewertungsrelationen ist wissenschaftlicher Sachverstand einzubeziehen.

(2i) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen ist eine zusätzliche Leistung vorzusehen für das erforderliche Aufsuchen von Versicherten, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind, in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind und die die Zahnarztpraxis aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit, Behinderung oder Einschränkung nicht oder nur mit hohem Aufwand aufsuchen können. § 71 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(2j) Für Leistungen, die im Rahmen eines Vertrages nach § 119b Absatz 1 erbracht werden, ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen eine zusätzliche, in der Bewertung über Absatz 2i Satz 1 hinausgehende Leistung vorzusehen. Voraussetzung für die Abrechnung dieser zusätzlichen Leistung ist die Einhaltung der in der Vereinbarung nach § 119b Absatz 2 festgelegten Anforderungen. Die Leistung nach Absatz 2i Satz 1 ist in diesen Fällen nicht berechnungsfähig. § 71 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(2k) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen sind Videosprechstundenleistungen vorzusehen für die Untersuchung und Behandlung von den in Absatz 2i genannten Versicherten und von Versicherten, an denen zahnärztliche Leistungen im Rahmen eines Vertrages nach § 119b Absatz 1 erbracht werden. Die Videosprechstundenleistungen nach Satz 1 können auch Fallkonferenzen mit dem Pflegepersonal zum Gegenstand haben. § 71 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Die Anpassung erfolgt auf Grundlage der Vereinbarung nach § 366 Absatz 1 Satz 1.

(2l) Mit Wirkung zum 30. September 2020 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen zu regeln, dass Konsilien in einem weiten Umfang in der vertragszahnärztlichen und in der sektorenübergreifenden Versorgung als telemedizinische Leistungen abgerechnet werden können, wenn bei ihnen sichere elektronische Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt werden. Die Regelungen erfolgen auf der Grundlage der Vereinbarung nach § 367 Absatz 1. Der Bewertungsausschuss legt dem Bundesministerium für Gesundheit im Abstand von zwei Jahren jeweils einen Bericht über die als telemedizinische Leistungen abrechenbaren Konsilien vor.

(2m) Der Bewertungsausschuss hat den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einschließlich der Sachkosten daraufhin zu überprüfen, wie der Aufwand, der den verantwortlichen Gesundheitseinrichtungen im Sinne von § 2 Nummer 5 Buchstabe b und d des Implantateregistergesetzes in der vertragsärztlichen Versorgung auf Grund ihrer Verpflichtungen nach den §§ 16, 17 Absatz 1 sowie den §§ 18, 20, 24, 25 und 33 Absatz 1 Nummer 1 des Implantateregistergesetzes entsteht, angemessen abgebildet werden kann. Auf der Grundlage des Ergebnisses der Prüfung hat der Bewertungsausschuss eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen bis zum 30. September 2020 mit Wirkung zum 1. Januar 2021 zu beschließen.

(3) Der Bewertungsausschuß besteht aus drei von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bestellten Vertretern sowie drei vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestellten Vertreter. Den Vorsitz führt abwechselnd ein Vertreter der Ärzte und ein Vertreter der Krankenkassen. Die Beratungen des Bewertungsausschusses einschließlich der Beratungsunterlagen und Niederschriften sind vertraulich. Die Vertraulichkeit gilt auch für die zur Vorbereitung und Durchführung der Beratungen im Bewertungsausschuss dienenden Unterlagen der Trägerorganisationen und des Instituts des Bewertungsausschusses.

(3a) Der Bewertungsausschuss analysiert die Auswirkungen seiner Beschlüsse insbesondere auf die Versorgung der Versicherten mit vertragsärztlichen Leistungen, auf die vertragsärztlichen Honorare sowie auf die Ausgaben der Krankenkassen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann das Nähere zum Inhalt der Analysen bestimmen. Absatz 6 gilt entsprechend.

(3b) Der Bewertungsausschuss wird bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben von einem Institut unterstützt, das gemäß der vom Bewertungsausschuss nach Absatz 3e zu vereinbarenden Geschäftsordnung die Beschlüsse nach den §§ 87, 87a und 116b Absatz 6 sowie die Analysen nach Absatz 3a vorbereitet. Träger des Instituts sind die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Erfüllt das Institut seine Aufgaben nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den geltenden Vorgaben oder wird es aufgelöst, kann das Bundesministerium für Gesundheit eine oder mehrere der in Satz 2 genannten Organisationen oder einen Dritten mit den Aufgaben nach Satz 1 beauftragen. Absatz 6 gilt entsprechend.

(3c) Die Finanzierung des Instituts oder des beauftragten Dritten nach Absatz 3b erfolgt durch die Erhebung eines Zuschlags auf jeden ambulant-kurativen Behandlungsfall in der vertragsärztlichen Versorgung. Der Zuschlag ist von den Krankenkassen außerhalb der Gesamtvergütung nach § 85 oder der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung nach § 87a zu finanzieren. Das Nähere bestimmt der Bewertungsausschuss in seinem Beschluss nach Absatz 3e Satz 1 Nr. 3.

(3d) Über die Ausstattung des Instituts nach Absatz 3b mit den für die Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Sach- und Personalmittel und über die Nutzung der Daten gemäß Absatz 3f durch das Institut entscheidet der Bewertungsausschuss. Die innere Organisation des Instituts ist jeweils so zu gestalten, dass sie den besonderen Anforderungen des Datenschutzes nach den Artikeln 24, 25 und 32 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung gerecht wird. Absatz 6 gilt entsprechend. Über die Ausstattung des beauftragten Dritten nach Absatz 3b Satz 3 mit den für die Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Sach- und Personalmitteln sowie über die Nutzung der Daten gemäß Absatz 3f entscheidet das Bundesministerium für Gesundheit.

(3e) Der Bewertungsausschuss beschließt

1.
bis spätestens zum 31. August 2017 eine Verfahrensordnung, in der er insbesondere die Antragsberechtigten, methodische Anforderungen und Fristen in Bezug auf die Vorbereitung und Durchführung der Beratungen sowie die Beschlussfassung über die Aufnahme in den einheitlichen Bewertungsmaßstab insbesondere solcher neuer Laborleistungen und neuer humangenetischer Leistungen regelt, bei denen es sich jeweils nicht um eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode nach § 135 Absatz 1 Satz 1 handelt,
2.
eine Geschäftsordnung, in der er Regelungen zur Arbeitsweise des Bewertungsausschusses und des Instituts gemäß Absatz 3b trifft, insbesondere zur Geschäftsführung und zur Art und Weise der Vorbereitung der in Absatz 3b Satz 1 genannten Beschlüsse, Analysen und Berichte, sowie
3.
eine Finanzierungsregelung, in der er Näheres zur Erhebung des Zuschlags nach Absatz 3c bestimmt.
Die Verfahrensordnung, die Geschäftsordnung und die Finanzierungsregelung bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Verfahrensordnung und die Geschäftsordnung sind im Internet zu veröffentlichen. Der Bewertungsausschuss ist verpflichtet, im Einvernehmen mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss hinsichtlich einer neuen Leistung auf Verlangen Auskunft zu erteilen, ob die Aufnahme der neuen Leistung in den einheitlichen Bewertungsmaßstab in eigener Zuständigkeit des Bewertungsausschusses beraten werden kann oder ob es sich dabei um eine neue Methode handelt, die nach § 135 Absatz 1 Satz 1 zunächst einer Bewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss bedarf. Eine Auskunft können pharmazeutische Unternehmer, Hersteller von Medizinprodukten, Hersteller von Diagnostikleistungen und deren jeweilige Verbände, einschlägige Berufsverbände, medizinische Fachgesellschaften und die für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen nach § 140f verlangen. Das Nähere regeln der Bewertungsausschuss und der Gemeinsame Bundesausschuss im gegenseitigen Einvernehmen in ihrer jeweiligen Verfahrensordnung.

(3f) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen erfassen jeweils nach Maßgabe der vom Bewertungsausschuss zu bestimmenden inhaltlichen und verfahrensmäßigen Vorgaben die für die Aufgaben des Bewertungsausschusses nach diesem Gesetz erforderlichen Daten, einschließlich der Daten nach § 73b Absatz 7 Satz 5 und § 140a Absatz 6, arzt- und versichertenbezogen in einheitlicher pseudonymisierter Form. Die Daten nach Satz 1 werden jeweils unentgeltlich von den Kassenärztlichen Vereinigungen an die Kassenärztliche Bundesvereinigung und von den Krankenkassen an den Spitzenverband Bund der Krankenkassen übermittelt, die diese Daten jeweils zusammenführen und sie unentgeltlich dem Institut oder dem beauftragten Dritten gemäß Absatz 3b übermitteln. Soweit erforderlich hat der Bewertungsausschuss darüber hinaus Erhebungen und Auswertungen nicht personenbezogener Daten durchzuführen oder in Auftrag zu geben oder Sachverständigengutachten einzuholen. Für die Verarbeitung der Daten nach den Sätzen 2 und 3 kann der Bewertungsausschuss eine Datenstelle errichten oder eine externe Datenstelle beauftragen; für die Finanzierung der Datenstelle gelten die Absätze 3c und 3e entsprechend. Das Verfahren der Pseudonymisierung nach Satz 1 ist vom Bewertungsausschuss im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zu bestimmen.

(3g) Die Regelungen der Absätze 3a bis 3f gelten nicht für den für zahnärztliche Leistungen zuständigen Bewertungsausschuss.

(4) Kommt im Bewertungsausschuß durch übereinstimmenden Beschluß aller Mitglieder eine Vereinbarung ganz oder teilweise nicht zustande, wird der Bewertungsausschuß auf Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern um einen unparteiischen Vorsitzenden und zwei weitere unparteiische Mitglieder erweitert. Für die Benennung des unparteiischen Vorsitzenden gilt § 89 Absatz 6 entsprechend. Von den weiteren unparteiischen Mitgliedern wird ein Mitglied von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sowie ein Mitglied vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen benannt.

(5) Der erweiterte Bewertungsausschuß setzt mit der Mehrheit seiner Mitglieder die Vereinbarung fest. Die Festsetzung hat die Rechtswirkung einer vertraglichen Vereinbarung im Sinne des § 82 Abs. 1. Zur Vorbereitung von Maßnahmen nach Satz 1 für den Bereich der ärztlichen Leistungen hat das Institut oder der beauftragte Dritte nach Absatz 3b dem zuständigen erweiterten Bewertungsausschuss unmittelbar und unverzüglich nach dessen Weisungen zuzuarbeiten. Absatz 3 Satz 3 und 4 gilt entsprechend; auch für die Unterlagen der unparteiischen Mitglieder gilt Vertraulichkeit.

(5a) Bei Beschlüssen zur Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes zur Vergütung der Leistungen der spezialfachärztlichen Versorgung nach § 116b ist der Bewertungsausschuss für ärztliche Leistungen nach Absatz 3 um drei Vertreter der Deutschen Krankenhausgesellschaft zu ergänzen. Kommt durch übereinstimmenden Beschluss aller Mitglieder eine Vereinbarung des ergänzten Bewertungsausschusses nach Satz 1 ganz oder teilweise nicht zustande, wird der ergänzte Bewertungsausschuss auf Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern um einen unparteiischen Vorsitzenden und ein weiteres unparteiisches Mitglied erweitert. Die Benennung der beiden unparteiischen Mitglieder durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung, den Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft soll bis spätestens zum 30. Juni 2019 erfolgen; § 89a Absatz 6 gilt entsprechend. Im ergänzten erweiterten Bewertungsausschuss sind nur jeweils zwei Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft sowie die beiden unparteiischen Mitglieder stimmberechtigt. Der ergänzte erweiterte Bewertungsausschuss setzt den Beschluss mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner stimmberechtigten Mitglieder innerhalb von drei Monaten fest. Wird eine Mehrheit von zwei Dritteln nicht erreicht, setzen die beiden unparteiischen Mitglieder den Beschluss fest. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(5b) Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 in Verbindung mit § 135 Absatz 1 anzupassen. Satz 1 gilt entsprechend für weitere Richtlinienbeschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses, die eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen erforderlich machen. In diesem Zusammenhang notwendige Vereinbarungen nach § 135 Absatz 2 sind zeitgleich zu treffen. Für Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses, die vor dem 23. Juli 2015 in Kraft getreten sind, gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Frist nach Satz 1 mit dem 23. Juli 2015 beginnt. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist zeitgleich mit dem Beschluss nach § 35a Absatz 3 Satz 1 anzupassen, sofern die Fachinformation des Arzneimittels zu seiner Anwendung eine zwingend erforderliche Leistung vorsieht, die eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen erforderlich macht. Das Nähere zu ihrer Zusammenarbeit regeln der Bewertungsausschuss und der Gemeinsame Bundesausschuss im gegenseitigen Einvernehmen in ihrer jeweiligen Verfahrensordnung. Für Beschlüsse nach § 35a Absatz 3 Satz 1, die vor dem 13. Mai 2017 getroffen worden sind, gilt Satz 5 entsprechend mit der Maßgabe, dass der Bewertungsausschuss spätestens bis 13. November 2017 den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen anzupassen hat.

(5c) Sind digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e Absatz 3 dauerhaft in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e aufgenommen worden, so sind entweder der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen oder der einheitliche Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen innerhalb von drei Monaten nach der Aufnahme anzupassen, soweit ärztliche Leistungen für die Versorgung mit der jeweiligen digitalen Gesundheitsanwendung erforderlich sind. Sind digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e Absatz 4 vorläufig in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e aufgenommen worden, so vereinbaren die Partner der Bundesmantelverträge innerhalb von drei Monaten nach der vorläufigen Aufnahme eine Vergütung für ärztliche Leistungen, die während der Erprobungszeit nach Festlegung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte nach § 139e Absatz 4 Satz 3 zur Versorgung mit und zur Erprobung der digitalen Gesundheitsanwendung erforderlich sind; die Vereinbarung berücksichtigt die Nachweispflichten für positive Versorgungseffekte, die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nach § 139e Absatz 4 Satz 3 festgelegt worden sind. Solange keine Entscheidung über eine Anpassung nach Satz 1 getroffen ist, hat der Leistungserbringer Anspruch auf die nach Satz 2 vereinbarte Vergütung. Soweit und solange keine Vereinbarung nach Satz 2 getroffen ist oder sofern eine Aufnahme in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e ohne Erprobung erfolgt und keine Entscheidung über eine Anpassung nach Satz 1 getroffen ist, können Versicherte die ärztlichen Leistungen, die für die Versorgung mit oder zur Erprobung der digitalen Gesundheitsanwendung erforderlich sind, im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 bei Leistungserbringern in Anspruch nehmen; Absatz 2a Satz 12 gilt entsprechend. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 endet, sobald eine Entscheidung über die Anpassung nach Satz 1 getroffen ist.

(6) Das Bundesministerium für Gesundheit kann an den Sitzungen der Bewertungsausschüsse, des Instituts oder des beauftragten Dritten nach Absatz 3b sowie der von diesen jeweils gebildeten Unterausschüssen und Arbeitsgruppen teilnehmen; ihm sind die Beschlüsse der Bewertungsausschüsse zusammen mit den den Beschlüssen zugrunde liegenden Beratungsunterlagen und den für die Beschlüsse jeweils entscheidungserheblichen Gründen vorzulegen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann die Beschlüsse innerhalb von zwei Monaten beanstanden; es kann im Rahmen der Prüfung eines Beschlusses vom Bewertungsausschuss zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen dazu anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Frist unterbrochen. Die Nichtbeanstandung eines Beschlusses kann vom Bundesministerium für Gesundheit mit Auflagen verbunden werden; das Bundesministerium für Gesundheit kann zur Erfüllung einer Auflage eine angemessene Frist setzen. Kommen Beschlüsse der Bewertungsausschüsse ganz oder teilweise nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist zustande oder werden die Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit nicht innerhalb einer von ihm gesetzten Frist behoben, kann das Bundesministerium für Gesundheit die Vereinbarungen festsetzen; es kann dazu Datenerhebungen in Auftrag geben oder Sachverständigengutachten einholen. Zur Vorbereitung von Maßnahmen nach Satz 4 für den Bereich der ärztlichen Leistungen hat das Institut oder der beauftragte Dritte oder die vom Bundesministerium für Gesundheit beauftragte Organisation gemäß Absatz 3b dem Bundesministerium für Gesundheit unmittelbar und unverzüglich nach dessen Weisungen zuzuarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit kann zur Vorbereitung von Maßnahmen nach Satz 4 bereits vor Fristablauf das Institut nach Satz 5 beauftragen, Datenerhebungen in Auftrag geben oder Sachverständigengutachten einholen, sofern die Bewertungsausschüsse die Beratungen sowie die Beschlussfassungen nicht oder nicht in einem angemessenen Umfang vorbereiten oder durchführen. Die mit den Maßnahmen nach Satz 4 verbundenen Kosten sind von dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung jeweils zur Hälfte zu tragen; das Nähere bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit. Abweichend von Satz 4 kann das Bundesministerium für Gesundheit für den Fall, dass Beschlüsse der Bewertungsausschüsse nicht oder teilweise nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist zustande kommen, den erweiterten Bewertungsausschuss nach Absatz 4 mit Wirkung für die Vertragspartner anrufen. Der erweiterte Bewertungsausschuss setzt mit der Mehrheit seiner Mitglieder innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist die Vereinbarung fest; Satz 1 bis 7 gilt entsprechend. Die Beschlüsse und die entscheidungserheblichen Gründe sind im Deutschen Ärzteblatt oder im Internet bekannt zu machen; falls die Bekanntmachung im Internet erfolgt, muss im Deutschen Ärzteblatt ein Hinweis auf die Fundstelle veröffentlicht werden.

(7) Klagen gegen Maßnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit nach Absatz 6 haben keine aufschiebende Wirkung.

(8) bis (9) (weggefallen)

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Januar 2013 aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 21. März 2012 zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Im Streit steht eine sachlich-rechnerische Richtigstellung für das Quartal I/2008.

2

Die Klägerin ist eine ehemalige Berufsausübungsgemeinschaft von fünf Ärzten für Pathologie, die im streitbefangenen Zeitraum im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) an der vertragsärztlichen Versorgung teilnahm; zwischenzeitlich wurde sie in ein Medizinisches Versorgungszentrum umgewandelt. Mit Bescheid vom 16.6.2008 stellte die beklagte KÄV die Abrechnung der Klägerin für das Quartal I/2008 hinsichtlich der Gebührenordnungsposition (GOP) Nr 40120 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) sachlich-rechnerisch richtig, soweit in den aufgeführten Behandlungsfällen auch die Nr 40100 EBM-Ä in Ansatz gebracht worden war. Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 6.5.2010) und Klage (Urteil des SG vom 21.3.2012) sind erfolglos geblieben. Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide aufgehoben (Urteil des LSG vom 17.1.2013).

3

Zur Begründung hat es ausgeführt, der - für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen in erster Linie der maßgebliche - Wortlaut der Nr 40120 EBM-Ä sei auch in den Fällen erfüllt, in denen die Klägerin histologische Untersuchungsergebnisse an nicht auftragserteilende (dritte) Ärzte übermittelt habe. Die Anmerkung zur GOP Nr 40120 EBM-Ä schließe in diesen Fällen den Ansatz der GOP nicht aus, weil der dort normierte Abrechnungsausschluss nur dann eingreife, wenn eine Übermittlung von Untersuchungsergebnissen an den auftragserteilenden Arzt erfolge. Angesichts des eindeutigen Wortlauts der GOP vermöge der Senat auch aus der Systematik der Pauschalerstattungen nicht zu schließen, dass in jedem Fall einer bereits erfolgten Abrechnung nach Nr 40100 EBM-Ä der Ansatz einer weiteren Kostenpauschale nach Nr 40120 EBM-Ä ausgeschlossen sein solle. Die vom Bewertungsausschuss (BewA) gewählte Formulierung lege im Gegenteil nahe, dass vom BewA bewusst auch eine notwendige Unterrichtung Dritter mit einer gesonderten Kostenerstattung "belohnt" werden sollte. Eine solche Unterrichtung insbesondere des Hausarztes könne jedenfalls in Einzelfällen sinnvoll sein.

4

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Die Kosten für die Versendung von Briefen an dritte Ärzte (zB Hausärzte) seien bereits in der umfassenden Kostenpauschale der GOP Nr 40100 EBM-Ä enthalten. Dass die Klägerin die Kosten für die Übersendung der Untersuchungsergebnisse an Dritte nicht abrechnen könne, habe das BSG mit seiner Entscheidung zu fraktionierten Laboruntersuchungen für die GOP Nr 7120 EBM-Ä aF (die Vorgängerregelung zur Nr 40120 EBM-Ä) bestätigt. Befundberichte müssten nicht an die Hausärzte versandt werden. Es sei Aufgabe des Facharztes, dem zuweisenden Hausarzt nach Kenntnisnahme des Befundberichts durch den Pathologen eine Therapieempfehlung zu geben. Soweit der Hausarzt und nicht der Facharzt den Patienten weiterbehandele, werde er sich nur nach Vorlage der Therapieempfehlung des Facharztes in der Lage sehen, den Patienten sachgemäß zu behandeln. Die Pathologen treffe auch keine Berichtspflicht. Schließlich stelle die Übersendung des vom Pathologen erstellten Befundberichts unmittelbar an den Hausarzt eine Verletzung des Datenschutzrechts des Patienten dar.

5

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 17.1.2013 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Mainz vom 21.3.2012 zurückzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Das LSG sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Abrechnungsausschluss immer nur dann eingreife, wenn das Verhältnis des Pathologen zum auftragserteilenden Arzt betroffen sei. Jede andere Wertung würde dem Wortlaut der Nr 40120 EBM-Ä widersprechen, weil andernfalls der Normgeber dort den "auftragserteilenden" Arzt überhaupt nicht hätte nennen müssen. Aus der Entscheidung des BSG vom 18.8.2010 (B 6 KA 23/09 R) ergebe sich nichts Gegenteiliges, weil sie einen anderen Sachverhalt betreffe. Vorliegend gehe es nicht um die Aufteilung von Laboruntersuchungen auf verschiedene laborärztliche Praxen, sondern um das Verhältnis zu einem nicht in das Auftragsverhältnis einbezogenen - mitbehandelnden - Arzt, dessen Unterrichtung über den Befund notwendig sei. Die Nr 40100 EBM-Ä stelle eine pauschale Kostenerstattung für Versandmaterial pp dar und decke die realen Kosten nur äußerst unzureichend ab. Die Information eines dritten Arztes erfolge nur dann, wenn dies ausdrücklich und schriftlich auf dem Untersuchungsauftrag durch den beauftragenden Facharzt vermerkt werde. Die Notwendigkeit des direkten Befundberichts an den Hausarzt ergebe sich aus dem möglichen Zeitgewinn für den Patienten. Der Befund des Pathologen sei mit dem des zuweisenden Facharztes gleichwertig und entscheide häufig direkt die Therapie, wenn zB kein pathologischer Befund gefunden werde und eine Infektion durch Heliobacter pylori vorliege; zB bei allen bösartigen Tumoren stellten Befundberichte des Pathologen die Behandlungsgrundlage dar.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das LSG hat das Urteil des SG zu Unrecht aufgehoben. Dieses hat zutreffend entschieden, dass die Beklagte berechtigt war, die von der Klägerin abgerechneten Leistungen nach der Nr 40120 EBM-Ä in Behandlungsfällen, in denen auch die Nr 40100 EBM-Ä angesetzt worden ist, sachlich-rechnerisch richtig zu stellen.

9

1. Die Beklagte ist aufgrund von § 106a Abs 2 Satz 1 Teilsatz 1 SGB V, der durch Art 1 Nr 83 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, 2217) mit Wirkung zum 1.1.2004 (Art 37 Abs 1 GMG) eingefügt worden ist, gesetzlich berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte festzustellen und die Abrechnungen nötigenfalls richtigzustellen.

10

2. Die auf dieser Grundlage vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen sind rechtmäßig. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Abrechnung der Kostenpauschale nach der Nr 40120 EBM-Ä in den Fällen, in denen sie (auch) die Kostenpauschale nach der Nr 40100 EBM-Ä abgerechnet hat.

11

a. Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl BSGE 88, 126, 127 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 146; BSG SozR 4-5540 § 44 Nr 1 RdNr 13; zuletzt BSG Beschluss vom 12.12.2012 - B 6 KA 31/12 B - Juris RdNr 4) in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM-Ä - des BewA gemäß § 87 Abs 1 SGB V - ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM-Ä als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf; eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 11 und Nr 10 RdNr 10, jeweils mwN; BSG SozR 4-5540 § 44 Nr 1 RdNr 13; zuletzt BSG Beschluss vom 12.12.2012 - B 6 KA 31/12 B - Juris RdNr 4). Diese Auslegungsgrundsätze gelten nicht allein für Vergütungstatbestände, sondern auch für Kostenerstattungstatbestände, soweit diese nicht auf die Erstattung des konkreten Kostenaufwands angelegt sind, sondern - wie hinsichtlich der hier relevanten GOPen Nr 40100 und Nr 40120 EBM-Ä - Pauschalerstattungen vorsehen (vgl BSG Urteil vom 25.8.1999 - B 6 KA 57/98 R - MedR 2000, 201, 202; BSG SozR 3-5533 Nr 7103 Nr 1 S 6; BSGE 97, 170 = SozR 4-2500 § 87 Nr 13, RdNr 34; BSG SozR 4-5531 Nr 7120 Nr 1 RdNr 11; BSG SozR 4-5540 § 44 Nr 1 RdNr 13).

12

b. Bei Anwendung dieser Maßstäbe hat die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung der ihr (ggf) beim Versand von Befundberichten an Hausärzte entstehenden Kosten (aA Wezel-Liebold, EBM-Ä-Kommentar, zu Nr 40100 EBM-Ä).

13

aa. Gegenstand der GOP Nr 40120 EBM-Ä ist eine Kostenpauschale für die "Versendung bzw. den Transport von Briefen und/oder schriftlichen Unterlagen bis 20 g (z.B. im Postdienst Standardbrief) oder für die Übermittlung eines Telefax" in Höhe von 0,55 Euro. Die - seinerzeit maßgebliche und bis zum 30.6.2013 unverändert fortgeltende (s DÄ 2013, A 1283) - Anmerkung hierzu lautet: "Kosten für die Versendung, den Transport bzw. die Übermittlung laboratoriumsdiagnostischer, histologischer, zytologischer, zytogenetischer oder molekulargenetischer Untersuchungsergebnisse an den auftragserteilenden Arzt können für die Fälle nicht berechnet werden, in denen die Kostenpauschale nach der Nr. 40100 abgerechnet worden ist." Gegenstand der Nr 40100 EBM-Ä ist eine Kostenpauschale für "Versandmaterial, Versandgefäße usw. sowie für die Versendung bzw. den Transport von Untersuchungsmaterial, ggf. auch von infektiösem Untersuchungsmaterial, einschl. der Kosten für die Übermittlung von Untersuchungsergebnissen (u.a.) der Histologie, einmal im Behandlungsfall", in Höhe von 2,60 Euro. Diese Kostenpauschale ist gemäß der Vorbemerkung Nr 40.3 Nr 1 Satz 1 EBM-Ä nur einmal im Behandlungsfall und nur von dem Arzt berechnungsfähig, dem der Überweisungsauftrag zur Probenuntersuchung erteilt wurde.

14

bb. Die nach dem Wortlaut der GOP Nr 40120 EBM-Ä ("Versendung … von Briefen ...") dem Grunde nach auch bei einer Unterrichtung Dritter bestehende Erstattungspflicht wird durch die Anmerkung zur GOP beschränkt, wonach die Kosten der Versendung an den auftragserteilenden Arzt in den Fällen nicht berechnet werden können, in denen die Kostenpauschale nach der Nr 40100 EBM-Ä abgerechnet worden ist. Die vom BewA selbst normierte Anmerkung zu einer GOP hat denselben Rang wie die Leistungslegende (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 10 RdNr 16; BSG SozR 4-5531 Nr 7120 Nr 1 RdNr 13 ff; zuletzt BSG Beschluss vom 11.12.2013 - B 6 KA 38/13 B); für ihre Auslegung gelten deshalb dieselben Grundsätze wie für die Auslegung der Leistungslegende der GOP.

15

(1) Nach dieser Anmerkung ist der Ansatz der "kleinen" Portopauschale nach der Nr 40120 EBM-Ä immer dann ausgeschlossen, wenn im jeweiligen Behandlungsfall die Pauschale nach der Nr 40100 EBM-Ä berechnet worden ist. Dieser bereits dem Wortlaut der Anmerkung ("… in Fällen nicht berechnet werden, in denen ...") folgende Normbefehl wird durch systematische Erwägungen - als Teil einer systematischen Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Gebührenregelungen (BSG SozR 4-5531 Nr 7120 Nr 1 RdNr 14 unter Hinweis auf BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4) - bestätigt.

16

Wie der Senat bereits zur Nr 7103 EBM-Ä aF (der Vorgängerregelung zur Nr 40100 EBM-Ä) entschieden hat, stellt die Nr 40100 EBM-Ä eine umfassende Kostenpauschale für den Komplex "Übersendung von Untersuchungsmaterial einschließlich Befundbericht" dar, mit deren Ansatz der gesamte Versendungsaufwand des Laborarztes (oder Pathologen) im Zusammenhang mit der Versendung von Untersuchungsmaterial und Berichten abgegolten ist (BSG SozR 4-5531 Nr 7120 Nr 1 RdNr 13 ff). Der Senat hat dabei auf den im Wortlaut der GOP verwendeten Terminus "Fälle", der unspezifischer ist als der Begriff des "Behandlungsfalles" (aaO, RdNr 13), sowie auf die Intention des Normgebers verwiesen, dass mit dieser GOP die gesamten Kosten für die Versendung, den Transport bzw die Übermittlung der Untersuchungsergebnisse abgegolten sein sollen (aaO, RdNr 14). Schließlich lässt auch die Beschränkung der Abrechenbarkeit in der Anmerkung zur GOP Nr 7120 EBM-Ä aF (der Vorgängerregelung zur Nr 40120 EBM-Ä) erkennen, dass die Pauschale nach der Nr 7103 EBM-Ä aF die gesamten Kosten für Laborleistungen für einen Patienten in einem Quartal erfassen will (BSG SozR 4-5531 Nr 7120 Nr 1 RdNr 15; so schon LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 27.8.2004 - L 5 KA 197/04 - Juris RdNr 41; vgl auch BSG SozR 3-5533 Nr 7103 Nr 1 S 9). Die Ausführungen des Senats zum Verhältnis der GOPen Nr 7120 EBM-Ä aF und Nr 7103 EBM-Ä aF zueinander gelten nicht allein für die dort entschiedene Frage einer wiederholten Abrechenbarkeit der Kostenpauschale im Falle einer Fraktionierung von Laborleistungen, sondern besitzen generelle Gültigkeit für den Charakter der Kostenpauschale nach der Nr 7103 EBM-Ä aF als Vorläuferin zur Nr 40100 EBM-Ä nF.

17

(2) Entgegen der Auffassung des LSG kommt es insoweit nicht darauf an, ob der "Brief" im Sinne der Nr 40120 EBM-Ä an den überweisenden Arzt oder an einen Dritten, zB den Hausarzt des Patienten gesandt wird. Soweit in der Anmerkung ausdrücklich nur die gesonderte Berechnungsfähigkeit von Briefen an den auftragserteilenden Arzt ausgeschlossen ist, hat das nicht zur Folge, dass Briefe an Dritte auch dann berechnungsfähig sind, wenn der Pathologe im jeweiligen Behandlungsfall die Pauschale nach Nr 40100 EBM-Ä abgerechnet hat.

18

Das LSG entnimmt der - vom 1.4.2005 bis zum 30.6.2013 in der Anmerkung enthaltenen (s DÄ 2013, A 1283) - Wendung "an den auftragserteilenden Arzt" zu Unrecht, dass die Versendung an Dritte - dh alle anderen Empfänger - von der Einschränkung der Abrechenbarkeit nicht erfasst sein soll. Dieser Ansicht ist nicht zu folgen, weil die für die Einschränkung der Abrechenbarkeit maßgebliche Regelung im nachfolgenden Satzteil "in denen die Kostenpauschale nach der Nr. 40100 abgerechnet worden ist" normiert ist. Nicht die Versendung des Untersuchungsergebnisses an den Auftraggeber, sondern die Abrechnung der - wie dargestellt, umfassenden - Kostenpauschale nach der Nr 40100 EBM-Ä begründet den Ausschluss der Abrechenbarkeit der "Portopauschale". Deshalb ist die Berechnung dieser Position der maßgebliche Grund für den Ausschluss der Ansatzfähigkeit der "kleinen" Portopauschale; an wen der die Überweisung ausführende Arzt einen Brief versendet, ist gleichgültig.

19

Die Wendung "an den auftragserteilenden Arzt" ist demgegenüber nur als Beschreibung des Regelfalles zu sehen, nicht aber als Regelung in dem Sinne, dass die Versendung eines Befundberichts an Dritte den Ansatz (auch) der Nr 40120 EBM-Ä ermöglicht. Sie beschreibt allein den Umstand, dass der Untersuchungsbericht an den auftragserteilenden Arzt übersandt wird. Eine Abrechnung der Nr 40100 EBM-Ä setzt die Versendung von Untersuchungsmaterial voraus, sodass der Abrechnungsausschluss auch nur in Konstellationen relevant wird, in denen ein (auftraggebender) Arzt einen anderen (auftragnehmenden) Arzt mit der Untersuchung von Material beauftragt. Zu einer - für den Abrechnungsausschluss relevanten - Versendung von Untersuchungsergebnissen durch einen Arzt kommt es mithin nur in den Fällen, in denen zuvor ein anderer Arzt eine Überweisung zur Auftragsleistung ausgestellt hat; im Rahmen dieses Auftragsverhältnisses stellt es eine Selbstverständlichkeit dar, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber (und - zumindest im Regelfall - niemandem sonst) die Untersuchungsergebnisse mitteilt.

20

(3) Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Vertragspartner mit dem Zusatz "an den auftragserteilenden Arzt" die Absicht verfolgt haben könnten, lediglich in Fällen einer Übersendung von Untersuchungsergebnissen an diesen die dargestellte umfassende Abgeltungswirkung der Nr 40100 EBM-Ä durchzusetzen, nicht aber bei der Versendung an Dritte. Erst recht bietet der Tatbestand keine Grundlage für die Annahme des LSG, dass der BewA mit einer gesonderten Kostenerstattung bewusst einen Anreiz für Fälle einer notwendigen Unterrichtung Dritter habe schaffen wollen. Diese Erwägungen beachten nicht hinreichend den Grundsatz, dass sich die Gerichte bei der Auslegung von Vorschriften über die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen Zurückhaltung aufzuerlegen haben (stRspr des BSG: SozR 3-5533 Nr 1460 Nr 1 S 2; SozR 3-5533 Nr 2000 Nr 1 S 2; SozR 3-2500 § 87 Nr 1 S 2; BSGE 69, 166, 167 = SozR 3-2500 § 87 Nr 2 S 5; SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 22).

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Für solche Anreize besteht auch in der Sache kein Anlass: Zum einen kann nicht außer Betracht bleiben, dass Pathologen als ausschließlich auf Überweisung tätige Ärzte iS des § 13 Abs 4 des Bundesmantelvertrags-Ärzte von der nach Kap I Nr 2.1.4 der Allgemeinen Bestimmungen zum EBM-Ä bestehenden Pflicht befreit sind, dem Hausarzt einen Bericht oder die Kopie eines an den überweisenden Facharzt gerichteten Berichts zu übersenden (vgl Kap I Nr 2.1.5, aaO). Dies lässt die Einschätzung der im BewA vertretenen Institutionen erkennen, dass es derartiger Berichte (grundsätzlich) nicht bedarf.

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Zum anderen ist - ggf abgesehen von seltenen Konstellationen, die keiner gebührenrechtlichen Regelung bedürfen - nicht erkennbar, dass eine unmittelbare Information des Hausarztes durch den Pathologen erforderlich ist. Der (Fach-)Arzt, der die Untersuchung durch den Pathologen veranlasst hat, soll und muss erfahren, was die Untersuchung ergeben hat. Er muss diesen Befund mit dem Patienten besprechen oder diesen Befund zumindest in seinen Befundbericht einbeziehen. Daran ändert nichts, wenn der die Untersuchung in Auftrag gebende (Fach-)Arzt ausdrücklich den Wunsch äußert, der Pathologe möge den Untersuchungsbericht (auch) an den Hausarzt des Patienten übermitteln. Der Pathologe weiß typischerweise nichts über das Verhältnis des Patienten zu seinem Hausarzt und über die Kommunikation zwischen den an der Behandlung des Patienten beteiligten Ärzte. Im Übrigen benötigt der Hausarzt im Allgemeinen die Ergebnisse sowohl der vom Facharzt durchgeführten (zB endoskopischen) als auch der vom Pathologen durchgeführten histologischen Untersuchung, um eine sachgerechte Behandlung durchführen zu können.

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(4) Der Hinweis der Klägerin, dass die tatsächlichen Kosten für die Versendung höher seien als der Erstattungsbetrag nach der Nr 40100 EBM-Ä, ist rechtlich unerheblich, wie der Senat bereits mit Urteil vom 25.8.1999 (B 6 KA 57/98 R - Juris RdNr 19 = MedR 2000, 201 = USK 99153) dargelegt hat.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zu tragen, da sie unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO).

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 95 614 Euro festgesetzt.

Gründe

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I. Im Streit ist eine sachlich-rechnerische Richtigstellung und Honorarrückforderung für die Quartale II/2001 bis II/2003. Die Klägerin ist eine gynäkologische Gemeinschaftspraxis, die ein zytologisches Labor betreibt. Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung stellte in einer Plausibilitätsprüfung einen deutlichen Anstieg der nach der Nummer 4950 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) abgerechneten Leistungen fest. Sie kürzte daher mit Bescheid vom 1.3.2004 die Honoraransprüche der Klägerin für die streitbefangenen Quartale um insgesamt 95 613,77 Euro. Es sei festzustellen, dass in allen Quartalen zu nahezu 100 % die Nummer 4950 EBM-Ä (zytologische Untersuchung eines oder mehrerer speziell gefärbter Abstriche zur Diagnostik der hormonellen Funktion) zusammen mit der Nummer 4951 EBM-Ä (zytologische Untersuchung eines oder mehrerer Abstriche, auch Bürstenabstriche, von Ekto- und/oder Endozervix) abgerechnet worden sei. Aus dem eindeutigen Wortlaut der Leistungslegende der Nummer 4951 EBM-Ä ergebe sich, dass auch mehrere Abstriche von Ekto- und/oder Endozervix nur ein "Material" darstellten. Bei Untersuchungen an demselben Material sei aber die Leistung nach Nr 4950 EBM-Ä neben der Leistung nach Nr 4951 EBM-Ä nicht berechnungsfähig. Widerspruch, Klage und Berufung hiergegen sind erfolglos geblieben. In dem angefochtenen Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG führt das LSG aus, der Begriff "dasselbe Material" in der Nummer 4951 EBM-Ä den Stoff meine, der bereits Gegenstand der Abrechnung unter der Nummer 4950 EBM-Ä gewesen sei. Nach dieser Ziffer werde die "zytologische Untersuchung eines oder mehrerer Abstriche … von Ekto- und/oder Endozervix " zusammenfassend mit 140 Punkten bewertet. Der Anregung der Klägerin, zur Frage "desselben Materials" ein Sachverständigengutachten einzuholen, sei nicht nachzugehen gewesen, weil es nicht entscheidend auf medizinische Gesichtspunkte, sondern auf die rechtlichen Vorgaben des EBM-Ä ankomme.

2

Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, zu deren Begründung sie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) sowie einen Verfahrensfehler rügt (§ 160 Abs 1 Nr 3 SGG).

3

II. Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung oder eines Verfahrensmangels sind nicht gegeben.

4

1. Bei einer die Amtsermittlungspflicht des Gerichts nach § 103 SGG betreffenden Beanstandung muss ein Beweisantrag genannt und dazu ausgeführt werden, dass das LSG diesem ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Darzulegen ist ferner, dass der Beweisantrag im Berufungsverfahren noch zusammen mit den Sachanträgen gestellt oder sonst aufrechterhalten worden ist. Die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde erfordert die genaue Bezeichnung des Beweisantrages, die schlüssige Darstellung des den Mangel ergebenden Sachverhalts und Ausführungen zur Aufklärungspflicht des Gerichts (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 160 RdNr 18 ff). Ausgehend von einem prozessordnungsgerechten Beweisantrag liegt eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nicht vor. Das LSG hat vielmehr zu Recht ausgeführt, dass es der Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht bedurfte, weil es sich bei der Auslegung der Leistungslegende um eine Rechtsfrage und nicht um eine medizinische Frage handelt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats, auf die auch das LSG Bezug genommen hat, ist für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich (vgl zuletzt BSG, Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 34/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG SozR 4-5531 Nr 7120 Nr 1 RdNr 11). Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12; SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 11 und Nr 10 RdNr 10, jeweils mwN). Sind danach allein maßgeblich juristische Auslegungsmethoden, tritt die medizinische Beurteilung in den Hintergrund. Selbst im medizinischen Sinne unterschiedliche Materialien können im maßgeblichen rechtlichen Sinne als dasselbe Material angesehen werden. Die Ergebnisse eines medizinischen Sachverständigengutachtens wären damit nicht entscheidungserheblich gewesen.

5

2. Auch der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache liegt nicht vor. Für die Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache muss gemäß den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Darlegungsanforderungen in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung bezeichnet(vgl BVerfGE 91, 93, 107 = SozR 3-5870 § 10 Nr 5 S 31; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 37 f) und ausgeführt werden, inwiefern diese Rechtsfrage in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich (klärungsfähig) sowie klärungsbedürftig ist. Es muss ersichtlich sein, dass sich die Antwort nicht ohne Weiteres aus der bisherigen Rechtsprechung ergibt.

6

Die von der Klägerin aufgeworfene Frage:

        

"Ist bei der Entnahme von Abstrichen der Endo- und Ektozervix eine parallele Abrechnung der Ziffern 4950 und 4951 möglich, weil es sich nicht um dasselbe Material im Sinne des EBM-Ä handelt?"

ist zwar noch nicht ausdrücklich höchstrichterlich geklärt. Angesichts der Nachfolgeregelungen in Nr 19331 und 19311 EBM-Ä betrifft sie auch nicht nur sog ausgelaufenes Recht. Der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf es aber nicht, weil die Grundsätze der Auslegung von Vergütungstatbeständen in der Rechtsprechung des Senats geklärt sind. Aus der richtigen oder falschen Anwendung dieser Grundsätze auf einzelne Gebührennummern kann sich eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Regelfall nicht ergeben (vgl Beschlüsse vom 16.5.2001 - B 6 KA 15/01 B - und vom 13.12.2000 - B 6 KA 30/00 B - Juris). Darüber hinaus kann die Frage anhand der Auslegungskriterien eindeutig beantwortet werden. Das LSG hat insofern zutreffend aus dem Wortlaut der Nummer 4951 EBM-Ä gefolgert, dass die Leistung auch dann nur einmal abgerechnet werden kann, wenn mehrere Abstriche von Ekto- und Endozervix untersucht wurden. Werden diese somit rechtlich durch die EBM-Ä-Ziffer zusammengefasst, sind sie - unabhängig von der medizinischen Klassifizierung - rechtlich als "dasselbe Material" im Sinne des Zusatzes zu Nr 4951 anzusehen.

7

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt die Klägerin die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO).

8

4. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Seine Bemessung erfolgt entsprechend dem streitigen Regressbetrag.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.