Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 30. Jan. 2014 - L 7 R 4417/11

bei uns veröffentlicht am30.01.2014

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 5. August 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt eine höhere Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Der am 1948 geborene Kläger absolvierte eine Ausbildung zum Starkstromelektriker und war in diesem Beruf mit Unterbrechungen, zuletzt als Service-Meister bis Mitte 1993 tätig. Er erlitt am 12. Juli 1993 einen unverschuldeten Verkehrsunfall, der zu verschiedenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen führte.
Am 6. Juni 1994 beantragte der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, eine Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit und begründete diesen Antrag mit folgenden Gesundheitsstörungen: Asthma, Arthrose, HWS-Schleudertrauma, fortgeschrittene Osteoporose, Schwindel, Kopfschmerzen. Er gab in seinem Antrag an, dass diese Gesundheitsstörungen durch den Verkehrsunfall verursacht worden seien.
Zunächst bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 1. Juni 1993 längstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auf Grund eines Leistungsfalls am 3. Mai 1993 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Bescheid vom 22. August 1995), sodann auf Widerspruch des Klägers vom 12. September 1995, mit dem er einen Versicherungsfall am Tag des Verkehrsunfalles und eine Erwerbsunfähigkeitsrente erst ab 1. August 1993 geltend gemacht hatte (Schreiben des seinerzeit bevollmächtigten Rentenberaters vom 23. November 1993), ab 1. August 1993 (Bescheid vom 15. Januar 1996). Dabei berücksichtigte sie persönliche Entgeltpunkte in Höhe von 40,8279 sowie den Rentenfaktor 1. Hinsichtlich der Einzelheiten der Rentenberechnung sowie des Versicherungsverlaufs wird auf den Rentenbescheid vom 22. August 1995 (Bl. 41 der Verwaltungsakten) Bezug genommen.
In dem „Feststellungsbogen Renten wegen BU/EU“ war wegen des „Unfall(s) 1993“ eine Abgabe der Akten an die Abteilung „Schadensersatz“ verfügt worden. Ausweislich einer auf den 3. Dezember 1996 datierenden Verfügung stellte die Beklagte das Verfahren nach §§ 116 bis 119 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) wegen des Unfalls vom 12. Juli 1993 ein, weil kein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und den Leistungen der bestanden habe. Dieser Entscheidung lag die Einschätzung des Prüfarztes Dr. vom 25. November 1996 zugrunde, wonach bei dem Kläger neben der Unfallverletzung „HWS-Schleudertrauma“ unfallunabhängigen Erkrankungen (neurotische Depression, Colon irritabile, Verschleiß der Wirbelsäule, Osteoporose, Asthma bronchiale) bestünden und die unfallunabhängigen Leiden „ganz überwiegend (ca. 80 bis 90 %)“ die Leistung ausgelöst hätten. Es sei nicht damit zu rechnen, dass die bestehenden Unfallfolgen zu einem späteren Zeitpunkt noch Leistungen des Rentenversicherungsträgers bedingen würden. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 7 der Regressakten der Beklagten Bezug genommen.
Im September 2001 nahm der Kläger mit seinem jetzigen Bevollmächtigten Einsicht in die Rentenakten und die gesondert geführten „Regressakten“ der Beklagten. Auf Anforderung des Klägers stellte die Beklagte diesem im März 2003 eine Bescheinigung zur Vorlage bei Gericht wegen Schadensersatz über den Bezug der Erwerbsunfähigkeitsrente aus. Im Dezember 2003 forderte der Bevollmächtigte des Klägers zur Berechnung fiktiver Verdienstausfallansprüche für die Zeit von 2000 bis 2003 im Rechtsstreit wegen Schadensersatz vor dem Landgericht Stuttgart verschiedene Rentenunterlagen an. Auf Anforderung des Landgerichts Stuttgart im Rechtsstreit 24 O 418/02 übersandte die Beklagte im August 2004 ihre Verwaltungsakten.
Der Kläger erstritt gegenüber der Unfallgegnerin und deren Haftpflichtversicherung für die Jahre 1994 bis 1999 einen Verdienstausfallschaden in Höhe von 46.791,28 Euro (Landgericht Stuttgart, Urteil vom 25. Februar 2005 - 24 O 418/02 -; Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 15. November 2005 - 10 U 176/05 -) und für die Jahre 2000 bis 2005 in Höhe von 53.071,15 Euro (LG Stuttgart, Urteil vom 24. November 2006 - 24 O 595/2003 -). Hinsichtlich der Einzelheiten der Schadensberechnung wird auf die Urteile des LG Stuttgart und des OLG Stuttgart Bezug genommen. Für die Zeit vom 1. September 1993 bis zum 31. Juli 1994 hatte bereits die Haftpflichtversicherung der Unfallgegnerin Verdienstausfallansprüche in Höhe von insgesamt 12.495,84 DM (6.389,02 Euro) reguliert.
Im Februar 2007 reichte der Bevollmächtigte des Klägers das Urteil des OLG Stuttgart vom 15. November 2005 sowie das des LG Stuttgart vom 24. November 2006 bei der Beklagten ein und bat um Aufklärung, ob dem Kläger durch die nicht erfolgte Regressierung der Beiträge bei der Unfallgegnerin ein Schaden entstanden sei und ob die fiktiven Rentenversicherungsbeiträge durch die Beklagte dem Kläger gutgeschrieben werden könnten.
Mit Schreiben vom 22. März 2007 machte die Beklagte gegenüber der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners für die Zeit vom 1. September 1993 bis zum 31. Dezember 2005 u. a. einen Beitragsregress geltend; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Bl. 21 der Regressakten der Beklagten Bezug genommen. Der Haftpflichtversicherer berief sich auf die Einrede der Verjährung (Schreiben vom 19. April 2007) und leistete keine Rentenversicherungsbeiträge hinsichtlich des ausgeurteilten Verdienstausfalles. Mit Schreiben vom 12. Juni 2007 unterrichtete die Beklagte den Bevollmächtigten des Klägers über die Entscheidung der Haftpflichtversicherung. Außerdem teilte sie dem Kläger mit, dass aus ihrer Sicht das Regressverfahren 1996 zu Recht eingestellt worden sei. Davon habe der Kläger und dessen Bevollmächtigter anlässlich der Akteneinsicht in die Renten- und Regressakten 2001 Kenntnis erlangt. Daraufhin verlangte der Kläger (Schreiben seines Bevollmächtigten vom 10. Juli 2007) zu bestätigen, dass er aus sämtlichen von der Haftpflichtversicherung aufgrund des Unfalls erhaltenen Verdienstausfallzahlungen Rentenanwartschaften erworben habe und diese von der Beklagten anerkannt werden. Die Beklagte lehnte dies ab (Schreiben vom 20. September 2007).
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Am 1. April 2009 beantragte der Kläger die Umwandlung der Erwerbsunfähigkeitsrente in eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Mit Bescheid vom 3. Juni 2009 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 1. April 2009 statt der bisherigen Rente eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen und setzte den Zahlbetrag für die Zeit ab 1. Juli 2009 auf 998,36 Euro fest. Dabei legte die Beklagte persönliche Entgeltpunkte in Höhe von 40,8279 sowie den Rentenfaktor von 1 zugrunde. Fiktive Beiträge für den erstrittenen Verdienstausfall berücksichtigte sie nicht. Der Rentengewährung lagen Pflichtbeitragszeiten und beitragsgeminderte Zeiten im Zeitraum vom 1. April 1963 bis zum 13. September 1995, Zurechnungszeiten vor Rentenbeginn vom 3. Mai 1993 bis zum 31. Dezember 2004, Zeiten des Rentenbezugs vom 1. August 1993 bis zum 31. März 2009, Zeiten des Rentenbezugs mit Zurechnungszeiten vom 1. August 1993 bis zum 31. März 2005 sowie Zeiten einer geringfügigen versicherungsfreien Beschäftigung vom 1. Juli 1999 bis zum 31. Januar 2003 zugrunde. Daraus errechnete die Beklagte Entgeltpunkte für Beitragszeiten in Höhe von 20,5698, für beitragsfreie Zeiten von 11,2338 und zusätzliche Entgeltpunkte für beitragsgeminderte Zeiten von 1,0193, insgesamt mithin 32,8139. Weiterhin setzte die Beklagte eine Übertragung aus einem durchgeführten Versorgungsausgleich für die Ehezeit von 1. März 1971 bis zum 31. August 1982 in Höhe von 1,4042 Entgeltpunkten sowie einen Zuschlag für Arbeitsentgelt aus geringfügiger versicherungsfreier Beschäftigung von 0,2845 Punkten an. Wegen der Unterschreitung der so errechneten Entgeltpunkte (34,5026 gegenüber den der Erwerbsunfähigkeitsrente zugrunde gelegten Entgeltpunkten von 40,8279) berücksichtigte die Beklagte die persönlichen Entgeltpunkte der Erwerbsunfähigkeitsrente auch bei der Berechnung der Altersrente.
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Den gegen den Rentenbescheid eingelegten Widerspruch (Widerspruchsschreiben vom 10. Juni 2009) wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2010 zurück.
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Dagegen hat der Kläger am 12. Juli 2010 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Die Beklagte habe bei der Berechnung der Altersrente unberücksichtigt gelassen, dass er - der Kläger - aufgrund des Verkehrsunfalls vom 12. Juli 1993 Verdienstausfallansprüche durch die gegnerische Haftpflichtversicherung in Höhe von 196.251,45 Euro netto erhalten habe. Insoweit seien die Sozialversicherungsbeiträge aus diesen Nettoverdienstausfallansprüchen auf die Beklagte übergegangen. Die Beklagte habe die Sozialversicherungsbeiträge nicht regressiert. Auch habe sie ihm die Regressierungsunterlagen vorenthalten, um ihm die Rechtsverfolgung zu erschweren. Dass die Beklagte den Beitragsregress habe verjähren lassen, ändere nichts daran, dass diese fiktiv im Sinne eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verpflichtet sei, vorsätzlich oder fahrlässig von ihr nicht rechtzeitig geltend gemachte Beiträge bei der Rentenberechnung dem Kläger zugutekommen zu lassen.
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Das SG hat die Klage mit Urteil vom 5. August 2011 abgewiesen und zur Begründung u. a. ausgeführt, dass dem Kläger kein Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Berücksichtigung der ihm bezahlten Verdienstausfallansprüche in Höhe von insgesamt 196.251,45 Euro zustehe. § 119 SGB X begründe ein eigenes Forderungsrecht des Sozialleistungsträgers. Dieser sei berechtigt, die Erfüllung des Beitragsanspruchs zu betreiben. Jedoch dürften nicht regressierte Beiträge auch nicht dem Versicherungskonto des Klägers rentensteigernd gutgeschrieben werden. Auch wenn die Regressakten der Beklagten nicht vorgelegen hätten, bestünden keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Mitteilung der Beklagten, dass das Regressverfahren bereits im Jahr 1996 erfolglos eingestellt worden sei und damit dem Kläger auch keine Beiträge gutgeschrieben worden seien. Auch sei § 197 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) zu beachten, wonach Pflichtbeiträge nur wirksam seien, wenn sie gezahlt werden, solange der Anspruch auf ihre Zahlung noch nicht verjährt sei. Eine Zahlung von Beiträgen an die Beklagte durch den Haftpflichtversicherer sei unstreitig nicht erfolgt, weshalb keine weiteren Pflichtbeiträge berücksichtigt werden könnten. Auch seien die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht erfüllt, da Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung der Beklagten zur Einstellung des Regressverfahrens nicht vorlägen.
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Gegen das seinem Bevollmächtigten am 16. September 2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 11. Oktober 2011 zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegte Berufung des Klägers, mit der er sein Klagebegehren weiterverfolgt. Nach Einsicht in die mittlerweile vorgelegten Regressakten der Beklagten hat der Kläger u.a. vorgebracht, dass für ihn nicht nachvollziehbar sei, weshalb die Beklagte trotz Kenntnis vom Unfall und Eintritt der Erwerbsunfähigkeit am Unfalltag zunächst keinen Beitragsregress durchgeführt habe. Ebenso sei ihm nicht verständlich, dass die Beklagte die von der Haftpflichtversicherung erhobene Verjährungseinrede akzeptiere. Wenn davon ausgegangen werden müsste, dass Sozialversicherungsbeiträge nur zu berücksichtigen seien, wenn sie auch tatsächlich bezahlt werden, könne dies im vorliegenden Fall nicht gelten. Die Beklagte habe alle Fristen verstreichen und alle Möglichkeiten vergehen lassen, die Sozialversicherungsansprüche bei der Haftpflichtversicherung geltend zu machen. Sie schulde deshalb den Zustand, der bestehen würde, wenn die übergegangenen Ansprüche auch tatsächlich bei ihr eingegangen wären.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 5. August 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheids vom 3. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juni 2010 zu verurteilen, dem Kläger eine höhere Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. April 2009 unter Berücksichtigung fiktiver Beiträge aus dem aufgrund des Unfalls vom 12. Juli 1993 von der Haftpflichtversicherung des Schädigers gezahlten Verdienstausfall in Höhe von 196.251,45 Euro netto zu gewähren.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
19 
Die Beklagte verweist zur Begründung auf das angefochtene Urteil. Sie ist der Meinung, dass die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht gegeben seien. Ihr - der Beklagten - sei bezüglich der im November 1996 erfolgten Einstellung des Regressverfahrens nichts vorzuwerfen. Auch sei ein Beitragsausfallschaden nicht ersichtlich. Weiterhin könnten mit dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht die Folgen einer unterstellten pflichtwidrigen Unterlassung der Regressierung eines Beitragsausfallschadens beseitigt werden, da es sich bei einer Gutschrift tatsächlich nicht entrichteter Rentenversicherungsbeiträge auf dem Versicherungskonto des Klägers nicht um eine zulässige Amtshandlung handeln würde. Schließlich hat die Beklagte die Einrede der Verjährung und Verwirkung erhoben.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (2 Leitzordner), auf die Verfahrensakten des SG und des LSG sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Senat Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
22 
1. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz) eingelegte Berufung ist statthaft und zulässig, da sie nicht der Zulassung bedarf (§§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und S. 2 SGG).
23 
2. Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens bildet der Bescheid vom 3. Juni 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juni 2010 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte dem Kläger ab 1. April 2009 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Berücksichtigung persönlicher Entgeltpunkte in Höhe von 40,8279 sowie des Rentenfaktors von 1 bewilligt hat. Der Kläger verfolgt sein Begehren auf die Neufeststellung einer höheren Altersrente unter Berücksichtigung fiktiver Beiträge für den erstrittenen Verdienstausfall im Hinblick auf den Verkehrsunfall vom 12. Juli 1993 statthaft mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG).
24 
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet nicht ein Begehren auf Schadensersatz wegen einer Amtspflichtverletzung. Einen solchen Anspruch hat der Kläger ausdrücklich nicht geltend gemacht, sondern bereits gesondert vor dem LG Stuttgart verfolgt (vgl. Urteil des LG Stuttgart vom 16. Oktober 2012 - 15 O 58/12, das die Klage als unzulässig abgewiesen hat; vgl. nunmehr Bundesgerichtshof , Urteil vom 4. Juli 2013 - III ZR 201/12 - juris). Im Übrigen dürfte ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit keine Teilverweisung eines eventuellen Amtshaftungsanspruchs an das Zivilgericht vornehmen und ihm wäre eine Entscheidung über einen Amtshaftungsanspruch nicht möglich (vgl. Bundessozialgericht , Beschluss vom 20. Oktober 2010 - B 13 R 63/10 B - juris Rdnr. 23 f.; Beschluss vom 31. Oktober 2012 - B 13 R 437/11 B - juris Rdnr. 10). Ein Ausnahmefall, der dem Senat über die Bindungswirkung der § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) als Rechtsmittelgericht eine eigene Kompetenz geben würde, über Amtshaftungsansprüche zu entscheiden, liegt nicht vor (dazu BSG, Beschluss vom 20. Oktober 2010 - B 13 R 63/10 B - juris Rdnr. 24 ff.). Denn das SG hat keine „Entscheidung in der Hauptsache“ im Sinne des § 17a Abs. 5 GVG über einen Amtshaftungsanspruch getroffen, sondern den Gegenstand des Rechtsstreits ausdrücklich auf das Begehren einer höheren Altersrente für schwerbehinderte Menschen beschränkt, das mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 3. Juni 2009 abschlägig beschieden worden ist.
25 
3. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Der Bescheid vom 3. Juni 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juni 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat dem Kläger mit dem angefochtenen Bescheid unter Berücksichtigung persönlicher Entgeltpunkte in Höhe von 40,8279 sowie des Rentenfaktors von 1 zutreffend die ihm zustehende Rentenhöhe bewilligt.
26 
Gem. § 64 SGB VI ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte (Nr. 1), der Rentenartfaktor (Nr. 2) und der aktuelle Rentenwert (Nr. 3) mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Zwischen den Beteiligten steht allein die Höhe der persönlichen Entgeltpunkte im Hinblick auf Beitragszeiten (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) im Streit, nicht jedoch die übrigen Berechnungselemente des Monatsbetrages der Rente. Beitragszeiten sind nach § 55 Abs. 1 S. 1 SGB VI Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 S. 2 SGB VI). Die Vorschrift des § 55 SGB VI ist Ausdruck des (privat-)versicherungsrechtlichen Äquivalenzprinzips in der gesetzlichen Rentenversicherung, wonach durch die Beitragsentrichtung als Gegenleistung die Rentenzahlung erwirkt wird (z.B. BSG, Urteil vom 1. September 1988 - 4/11a RA 46/87 - juris Rdnr. 18; Flecks in jurisPK-SGB VI, § 55 Rdnr. 16).
27 
Sowohl Pflichtbeiträge als auch freiwillige Beiträge müssen materiell und formell wirksam entrichtet werden, damit die Beitragszeiten ihre Wirkung entfalten können. Formell und materiell wirksame Beitragszahlungen liegen vor, wenn die Beiträge entsprechend ihrer rechtlichen Bestimmung als freiwillige Beiträge oder Pflichtbeiträge tatsächlich gezahlt worden sind. So sind Pflichtbeiträge wirksam, wenn sie gezahlt werden, solange der Anspruch auf ihre Zahlung noch nicht verjährt ist (§ 197 Abs. 1 SGB VI). Freiwillige Beiträge sind wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden (§ 197 Abs. 2 SGB VI). Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Zahlung von Beiträgen nach Ablauf der genannten Fristen zulässig (§ 197 Abs. 3 SGB VI). § 199 S. 1 SGB VI, wonach bei Beschäftigungszeiten, die dem Rentenversicherungsträger ordnungsgemäß gemeldet worden sind, vermutet wird, dass während dieser Zeiten ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit dem gemeldeten Arbeitsentgelt bestanden hat und der Beitrag dafür wirksam gezahlt worden ist, enthält zur Verwaltungsvereinfachung eine Vermutungsregelung der inhaltlichen Richtigkeit der im gesetzlich vorgesehenen Meldeverfahren gemeldeten Rechtstatsachen (versicherungspflichtige Beschäftigung, Arbeitsentgelt, Beitragszahlung). Die Vorschrift des § 203 Abs. 2 SGB VI, wonach der Beitrag als gezahlt gilt, wenn Versicherte glaubhaft machen, dass der auf sie entfallende Beitragsanteil vom Arbeitsentgelt abgezogen worden ist, regelt im Interesse der Versicherten, die auf das Melde- und Beitragsverfahren keinen Einfluss haben, die Glaubhaftmachung von Pflichtbeitragszeiten.
28 
Für den Kläger sind unstreitig keine weiteren Pflichtbeiträge i.S. des § 55 Abs. 1 S. 1 SGB VI gezahlt worden. Auch die Voraussetzungen der übrigen dargestellten Tatbestände sind nicht gegeben. Der Kläger hat keine freiwilligen Beiträge bezahlt und kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ausgeübt. Weiterhin sind nach § 55 Abs. 1 S. 2 SGB VI keine Beitragszeiten zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen für die Zugrundelegung von Pflichtbeitragszeiten aus dem Schadensereignis vom 12. Juli 1993 liegen nicht vor.
29 
Der Kläger vermag sein Begehren auf Anerkennung fiktiver Pflichtbeitragszeiten vorliegend nicht auf § 119 SGB X zu stützen. Nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X (dazu im Einzelnen z.B. BSG, Urteil vom 31. Januar 2002, B 13 RJ 23/01 R - juris Rdnr. 26; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. März 2007 - L 9 R 917/05 - juris) geht der Schadenersatzanspruch eines Versicherten (hier des Klägers), soweit dieser den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, auf den Versicherungsträger (hier die Beklagte) über, wenn der Geschädigte - wie vorliegend der Kläger - im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird. Beiträge, die in der Folge des Beitragsregresses vom Schädiger des Versicherten geleistet werden, gelten nach § 119 Abs. 3 S. 1 SGB X in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge des Versicherten. § 119 SGB X soll im Wege des gesetzlichen Forderungsüberganges gewährleisten, dass die vom Schädiger zu zahlenden Beiträge zur Rentenversicherung (vgl. §§ 842, 843 Bürgerliches Gesetzbuch) dem Sozialversicherungsträger zweckgebunden zugeführt werden (bspw. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. Januar 2012 - L 4 R 226/11 - juris Rdnr. 33; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. März 2007 - L 9 R 917/05 - juris Rdnr. 92). Auch aus fürsorgerischen Gründen überträgt § 119 Abs. 1 SGB X die Aktivlegitimation für den Anspruch auf Ersatz des dem Versicherten entstandenen Beitragsschadens treuhänderisch auf den Sozialversicherungsträger, der die Beitragsforderung (in fremdem Interesse) einziehen und entsprechend als Pflichtbeiträge verbuchen muss (LSG Baden-Württemberg, a.a.O.).
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Wegen des Verkehrsunfalls am 12. Juli 1993 wurde jedoch unstreitig kein Beitragsregress erfolgreich durchgeführt; Beiträge wurden tatsächlich nicht entrichtet. Voraussetzung für die Berücksichtigung fiktiver Pflichtbeitragszeiten auf der gesetzlichen Grundlage des § 119 Abs. 3 S. 1 SGB X ist, dass insoweit Beiträge tatsächlich geleistet wurden (so ausdrücklich u.a. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Juni 2005 - L 13 RA 44/04 - juris Rdnr. 29 f.; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. Januar 2012 - L 4 R 266/11 - juris Rdnr. 31; vgl. auch BSG, Urteil vom 31. Januar 2002, a.a.O Rdnr. 29; Dalichau, Sozialgesetzbuch I, IV, X, § 119 SGB X Rdnr. VI; Picker, SGB X Kommentar, § 119 Rdnr. 14). Die vereinzelt in der Literatur vertretene Auffassung (Wannagat, § 119 SGB X Rdnr. 10 und 13), wonach bereits mit dem Übergang der Forderung auf Ersatz des Beitragsschadens auf den Rentenversicherungsträger und nicht erst mit der Beitreibung des Beitrages die Beitragsschuld im Wege der Leistung an Erfüllung statt (vgl. § 364 Abs. 1 BGB) beglichen werde, widerspricht der Regelung des § 119 Abs. 3 S. 1 SGB X. Denn danach gelten - wie bereits dargestellt - nur die tatsächlich eingegangenen Beiträge als Pflichtbeiträge.
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Ein für den Kläger günstiges Ergebnis folgt auch nicht aus den Grundsätzen über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Welche Konsequenzen die pflichtwidrige Unterlassung des Beitragsregresses hat, zu dem der Sozialversicherungsträger grundsätzlich verpflichtet ist, regelt die Vorschrift des § 119 SGB X nicht (so LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. Januar 2012 - L 4 R 266/11- juris Rdnr. 38; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 18. März 2013 - L 3 R 969/11 - juris Rdnr. 42; vom 17. Juni 2005 - L 13 RA 44/04 - juris Rdnr. 30; Kater in Kasseler Kommentar, § 119 SGB X Rdnr. 66). Während teilweise ausdrücklich offen gelassen wird, ob bei einem pflichtwidrigen Unterlassen eines Beitragsregresses ein Schadensausgleich im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs oder eines Anspruchs wegen Amtspflichtverletzung gem. Art. 34 Grundgesetz i.V.m. § 839 BGB stattzufinden hat (so z.B. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. Januar 2012 - L 4 R 266/11 juris Rdnr. 38; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 18. März 2013 - L 3 R 969/11 - juris Rdnr. 42 und vom 17. Juni 2005 - L 13 RA 44/04 - juris Rdnr. 31; vgl. ferner Nehls in Hauck/Noftz, § 119 SGB X Rdnr. 11, der einen Anspruch auf Schadensersatz in Betracht zieht), wird teilweise auch - freilich ohne eingehende Begründung - ein Schadensausgleich über einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch befürwortet (so Peters-Lange, jurisPK-SGB X, § 119 Rdnr. 16 unter Berufung auf OLG München, Urteil vom 24. Mai 2012 - 1 U 3366/11 - juris Rdnr. 54 ff., das mittlerweile durch Urteil des BGH vom 4. Juli 2013 - III ZR 201/12 - juris - aufgehoben worden ist).
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Der für das Begehren des Klägers als Anspruchsgrundlage in Betracht kommende sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt auf der Tatbestandsseite voraus, dass der Sozialleistungsträger aufgrund Gesetzes oder bestehenden Sozialrechtsverhältnisses eine dem Betroffenen gegenüber obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 14, 15 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - >), verletzt und diesem dadurch einen rechtlichen Nachteil zugefügt hat. Auf seiner Rechtsfolgenseite ist der Herstellungsanspruch auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herbeiführung derjenigen Rechtsfolge gerichtet, die eingetreten wäre, wenn der Sozialleistungsträger die ihm gegenüber dem Betroffenen obliegenden Pflichten rechtmäßig erfüllt hätte (ständige Rechtsprechung des BSG, z.B. Urteile vom 12. Dezember 2011 - juris Rdnr. 35; vom 20. Oktober 2010 - B 13 R 90/09 R - juris Rdnr. 29; vom 6. Mai 2010 - B 13 R 44/09 - juris Rdnr. 26; vom 19. November 2009 - B 13 R 5/09 R - juris Rdnr. 25; vom 27. August 2009 - B 13 R 14/09 R - juris Rdnr. 36; vom 11. März 2004 - B 13 RJ 16/03 R - juris Rdnr. 24). Der Herstellungsanspruch kann einen Versicherungsträger somit nur zu einem Tun oder Unterlassen verpflichten, das rechtlich zulässig ist (dazu und zum Folgenden z.B. BSG, Urteil vom 11. März 2004 - B 13 RJ 16/03 R - juris Rdnr. 24 ff. jeweils m.w.N.) bzw. in seiner wesentlichen Struktur im Gesetz vorgesehen ist (BSG Urteil vom 17. August 2000 - B 13 RJ 87/98 R - juris Rdnr. 36). Voraussetzung ist also - abgesehen vom Erfordernis der Pflichtverletzung -, dass der dem Versicherten entstandene Nachteil mit verwaltungskonformen Mitteln im Rahmen der gesetzlichen Regelung, also durch eine vom Gesetz vorgesehene zulässige und rechtmäßige Amtshandlung, ausgeglichen werden kann. Umgekehrt bedeutet dies: In Fällen, in denen der durch pflichtwidriges Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil nicht durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann, bleibt für die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kein Raum. Mit Hilfe des Herstellungsanspruchs lässt sich der durch ein Fehlverhalten des Leistungsträgers bewirkte Nachteil nur dann ausgleichen, wenn die Korrektur bzw. Ersetzung der fehlenden Anspruchsvoraussetzung mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang steht. Der Herstellungsanspruch findet nur in denjenigen Fällen Anwendung, in denen der Leistungsträger mit seinem Instrumentarium durch eine an sich zulässige Amtshandlung zur Naturalrestitution in der Lage ist (BSG, Urteil vom 18. August 1983 - 11 RA 60 82 - juris Rdnr. 20). Nach der Rechtsprechung des BSG ist der sozialrechtliche Herstellungsanspruch u.a. ausgeschlossen, wenn der Berechtigte selbst tatsächliche Handlungen vorzunehmen hatte (z.B. Urteil vom 8. Juli 1993 - 7 RAr 80/92 - juris Rdnr. 28: Arbeitslosenmeldung; Urteil vom 11. März 2004 - B 13 RJ 16/03 R - juris Rdnr. 27: Arbeitssuchendmeldung; Urteil vom 3. Dezember 2009 - B 11 AL 26/08 R - juris Rdnr. 18: Reduzierung des Umfangs einer selbständigen Tätigkeit; Urteil vom 31. Oktober 2007 - B 14/11b AS 63/0AS 63/06 R - juris Rdnr. 17: Vereinbarung eines Verwertungsausschlusses), es auf die Eigenschaft als Berechtigter ankam (z.B. Urteile vom 15. Mai 1985 - 7 RAr 103/83 - juris Rdnr. 29 und vom 23. Juli 1992 - 7 RAr 38/91 - juris Rdnr. 38: Verfügbarkeit) oder wenn die erforderliche Handlung von einer Stelle außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Leistungsträger vorzunehmen war (bspw. BSG, Urteil vom 10. Dezember 1980 - 7 RAr 14/78 - juris Rdnr. 30: Eintragung der Steuerklasse auf der Lohnsteuerkarte durch die Gemeinde; Urteil vom 15. Dezember 1999 - B 9 V 12/99 R - juris Rdnr. 11: Änderung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses; Senatsurteil vom 11. Juni 2008 - L 7 R 1989/07 - juris Rdnr. 34: Eintragung in die Handwerksrolle).
33 
Selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, dass durch ein pflichtwidriges Verwaltungshandeln der Beklagten (Unterlassen des Beitragsregresses) ein Nachteil zu Lasten des Klägers (Differenz zwischen der bewilligten Altersrente und einer Altersrente unter Berücksichtigung von Beiträgen zur Rentenversicherung für den erstrittenen Verdienstausfall im Hinblick auf den Verkehrsunfall vom 12. Juli 1993) eingetreten ist, könnte dieser nicht durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden. Wie bereits dargelegt, setzt die Berücksichtigung von Pflichtbeitragszeiten nach § 119 Abs. 3 S. 1 SGB X gerade voraus, dass durch den Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung der nach § 119 Abs. 1 SGB X übergegangene Schadensersatzanspruch des Geschädigten durch die tatsächliche Entrichtung von Beiträgen erfüllt wird. Eine solche Beitragsentrichtung durch die Schädigerin oder deren Haftpflichtversicherung ist tatsächlich nicht erfolgt; diese hat vielmehr die Einrede der Verjährung erhoben und die Beitragszahlung abgelehnt. Die Tragung der Beiträge durch die Beklagte als Rentenversicherungsträgerin ist im Gesetz nicht vorgesehen (vgl. §§ 168 ff. SGB VI). Ohne eine tatsächliche Beitragszahlung kann die Beklagte dem Versicherungskonto des Klägers nicht Pflichtbeiträge hinsichtlich des erstrittenen Verdienstausfallschadens gutschreiben. Die erforderliche Handlung (tatsächliche Beitragszahlung), um einen eventuellen Nachteil bei dem Kläger auszugleichen, liegt mithin außerhalb des Einfluss- und Zuständigkeitsbereichs der Beklagten. Schließlich widerspricht auch die geltend gemachte Gutschrift fiktiver Beiträge der dargestellten Struktur des Rentenrechts, die grundsätzlich die Bezahlung der Beiträge als Voraussetzung für die Anerkennung als Beitragszeit verlangt. Der nach § 119 Abs. 3 S. 1 SGB X ausdrücklich vom Gesetz vorgesehene Beitragseingang kann mithin nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ersetzt werden.
34 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
35 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

 
21 
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
22 
1. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz) eingelegte Berufung ist statthaft und zulässig, da sie nicht der Zulassung bedarf (§§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und S. 2 SGG).
23 
2. Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens bildet der Bescheid vom 3. Juni 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juni 2010 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte dem Kläger ab 1. April 2009 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Berücksichtigung persönlicher Entgeltpunkte in Höhe von 40,8279 sowie des Rentenfaktors von 1 bewilligt hat. Der Kläger verfolgt sein Begehren auf die Neufeststellung einer höheren Altersrente unter Berücksichtigung fiktiver Beiträge für den erstrittenen Verdienstausfall im Hinblick auf den Verkehrsunfall vom 12. Juli 1993 statthaft mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG).
24 
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet nicht ein Begehren auf Schadensersatz wegen einer Amtspflichtverletzung. Einen solchen Anspruch hat der Kläger ausdrücklich nicht geltend gemacht, sondern bereits gesondert vor dem LG Stuttgart verfolgt (vgl. Urteil des LG Stuttgart vom 16. Oktober 2012 - 15 O 58/12, das die Klage als unzulässig abgewiesen hat; vgl. nunmehr Bundesgerichtshof , Urteil vom 4. Juli 2013 - III ZR 201/12 - juris). Im Übrigen dürfte ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit keine Teilverweisung eines eventuellen Amtshaftungsanspruchs an das Zivilgericht vornehmen und ihm wäre eine Entscheidung über einen Amtshaftungsanspruch nicht möglich (vgl. Bundessozialgericht , Beschluss vom 20. Oktober 2010 - B 13 R 63/10 B - juris Rdnr. 23 f.; Beschluss vom 31. Oktober 2012 - B 13 R 437/11 B - juris Rdnr. 10). Ein Ausnahmefall, der dem Senat über die Bindungswirkung der § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) als Rechtsmittelgericht eine eigene Kompetenz geben würde, über Amtshaftungsansprüche zu entscheiden, liegt nicht vor (dazu BSG, Beschluss vom 20. Oktober 2010 - B 13 R 63/10 B - juris Rdnr. 24 ff.). Denn das SG hat keine „Entscheidung in der Hauptsache“ im Sinne des § 17a Abs. 5 GVG über einen Amtshaftungsanspruch getroffen, sondern den Gegenstand des Rechtsstreits ausdrücklich auf das Begehren einer höheren Altersrente für schwerbehinderte Menschen beschränkt, das mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 3. Juni 2009 abschlägig beschieden worden ist.
25 
3. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Der Bescheid vom 3. Juni 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juni 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat dem Kläger mit dem angefochtenen Bescheid unter Berücksichtigung persönlicher Entgeltpunkte in Höhe von 40,8279 sowie des Rentenfaktors von 1 zutreffend die ihm zustehende Rentenhöhe bewilligt.
26 
Gem. § 64 SGB VI ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte (Nr. 1), der Rentenartfaktor (Nr. 2) und der aktuelle Rentenwert (Nr. 3) mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Zwischen den Beteiligten steht allein die Höhe der persönlichen Entgeltpunkte im Hinblick auf Beitragszeiten (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) im Streit, nicht jedoch die übrigen Berechnungselemente des Monatsbetrages der Rente. Beitragszeiten sind nach § 55 Abs. 1 S. 1 SGB VI Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 S. 2 SGB VI). Die Vorschrift des § 55 SGB VI ist Ausdruck des (privat-)versicherungsrechtlichen Äquivalenzprinzips in der gesetzlichen Rentenversicherung, wonach durch die Beitragsentrichtung als Gegenleistung die Rentenzahlung erwirkt wird (z.B. BSG, Urteil vom 1. September 1988 - 4/11a RA 46/87 - juris Rdnr. 18; Flecks in jurisPK-SGB VI, § 55 Rdnr. 16).
27 
Sowohl Pflichtbeiträge als auch freiwillige Beiträge müssen materiell und formell wirksam entrichtet werden, damit die Beitragszeiten ihre Wirkung entfalten können. Formell und materiell wirksame Beitragszahlungen liegen vor, wenn die Beiträge entsprechend ihrer rechtlichen Bestimmung als freiwillige Beiträge oder Pflichtbeiträge tatsächlich gezahlt worden sind. So sind Pflichtbeiträge wirksam, wenn sie gezahlt werden, solange der Anspruch auf ihre Zahlung noch nicht verjährt ist (§ 197 Abs. 1 SGB VI). Freiwillige Beiträge sind wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden (§ 197 Abs. 2 SGB VI). Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Zahlung von Beiträgen nach Ablauf der genannten Fristen zulässig (§ 197 Abs. 3 SGB VI). § 199 S. 1 SGB VI, wonach bei Beschäftigungszeiten, die dem Rentenversicherungsträger ordnungsgemäß gemeldet worden sind, vermutet wird, dass während dieser Zeiten ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit dem gemeldeten Arbeitsentgelt bestanden hat und der Beitrag dafür wirksam gezahlt worden ist, enthält zur Verwaltungsvereinfachung eine Vermutungsregelung der inhaltlichen Richtigkeit der im gesetzlich vorgesehenen Meldeverfahren gemeldeten Rechtstatsachen (versicherungspflichtige Beschäftigung, Arbeitsentgelt, Beitragszahlung). Die Vorschrift des § 203 Abs. 2 SGB VI, wonach der Beitrag als gezahlt gilt, wenn Versicherte glaubhaft machen, dass der auf sie entfallende Beitragsanteil vom Arbeitsentgelt abgezogen worden ist, regelt im Interesse der Versicherten, die auf das Melde- und Beitragsverfahren keinen Einfluss haben, die Glaubhaftmachung von Pflichtbeitragszeiten.
28 
Für den Kläger sind unstreitig keine weiteren Pflichtbeiträge i.S. des § 55 Abs. 1 S. 1 SGB VI gezahlt worden. Auch die Voraussetzungen der übrigen dargestellten Tatbestände sind nicht gegeben. Der Kläger hat keine freiwilligen Beiträge bezahlt und kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ausgeübt. Weiterhin sind nach § 55 Abs. 1 S. 2 SGB VI keine Beitragszeiten zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen für die Zugrundelegung von Pflichtbeitragszeiten aus dem Schadensereignis vom 12. Juli 1993 liegen nicht vor.
29 
Der Kläger vermag sein Begehren auf Anerkennung fiktiver Pflichtbeitragszeiten vorliegend nicht auf § 119 SGB X zu stützen. Nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X (dazu im Einzelnen z.B. BSG, Urteil vom 31. Januar 2002, B 13 RJ 23/01 R - juris Rdnr. 26; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. März 2007 - L 9 R 917/05 - juris) geht der Schadenersatzanspruch eines Versicherten (hier des Klägers), soweit dieser den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, auf den Versicherungsträger (hier die Beklagte) über, wenn der Geschädigte - wie vorliegend der Kläger - im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird. Beiträge, die in der Folge des Beitragsregresses vom Schädiger des Versicherten geleistet werden, gelten nach § 119 Abs. 3 S. 1 SGB X in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge des Versicherten. § 119 SGB X soll im Wege des gesetzlichen Forderungsüberganges gewährleisten, dass die vom Schädiger zu zahlenden Beiträge zur Rentenversicherung (vgl. §§ 842, 843 Bürgerliches Gesetzbuch) dem Sozialversicherungsträger zweckgebunden zugeführt werden (bspw. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. Januar 2012 - L 4 R 226/11 - juris Rdnr. 33; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. März 2007 - L 9 R 917/05 - juris Rdnr. 92). Auch aus fürsorgerischen Gründen überträgt § 119 Abs. 1 SGB X die Aktivlegitimation für den Anspruch auf Ersatz des dem Versicherten entstandenen Beitragsschadens treuhänderisch auf den Sozialversicherungsträger, der die Beitragsforderung (in fremdem Interesse) einziehen und entsprechend als Pflichtbeiträge verbuchen muss (LSG Baden-Württemberg, a.a.O.).
30 
Wegen des Verkehrsunfalls am 12. Juli 1993 wurde jedoch unstreitig kein Beitragsregress erfolgreich durchgeführt; Beiträge wurden tatsächlich nicht entrichtet. Voraussetzung für die Berücksichtigung fiktiver Pflichtbeitragszeiten auf der gesetzlichen Grundlage des § 119 Abs. 3 S. 1 SGB X ist, dass insoweit Beiträge tatsächlich geleistet wurden (so ausdrücklich u.a. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Juni 2005 - L 13 RA 44/04 - juris Rdnr. 29 f.; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. Januar 2012 - L 4 R 266/11 - juris Rdnr. 31; vgl. auch BSG, Urteil vom 31. Januar 2002, a.a.O Rdnr. 29; Dalichau, Sozialgesetzbuch I, IV, X, § 119 SGB X Rdnr. VI; Picker, SGB X Kommentar, § 119 Rdnr. 14). Die vereinzelt in der Literatur vertretene Auffassung (Wannagat, § 119 SGB X Rdnr. 10 und 13), wonach bereits mit dem Übergang der Forderung auf Ersatz des Beitragsschadens auf den Rentenversicherungsträger und nicht erst mit der Beitreibung des Beitrages die Beitragsschuld im Wege der Leistung an Erfüllung statt (vgl. § 364 Abs. 1 BGB) beglichen werde, widerspricht der Regelung des § 119 Abs. 3 S. 1 SGB X. Denn danach gelten - wie bereits dargestellt - nur die tatsächlich eingegangenen Beiträge als Pflichtbeiträge.
31 
Ein für den Kläger günstiges Ergebnis folgt auch nicht aus den Grundsätzen über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Welche Konsequenzen die pflichtwidrige Unterlassung des Beitragsregresses hat, zu dem der Sozialversicherungsträger grundsätzlich verpflichtet ist, regelt die Vorschrift des § 119 SGB X nicht (so LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. Januar 2012 - L 4 R 266/11- juris Rdnr. 38; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 18. März 2013 - L 3 R 969/11 - juris Rdnr. 42; vom 17. Juni 2005 - L 13 RA 44/04 - juris Rdnr. 30; Kater in Kasseler Kommentar, § 119 SGB X Rdnr. 66). Während teilweise ausdrücklich offen gelassen wird, ob bei einem pflichtwidrigen Unterlassen eines Beitragsregresses ein Schadensausgleich im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs oder eines Anspruchs wegen Amtspflichtverletzung gem. Art. 34 Grundgesetz i.V.m. § 839 BGB stattzufinden hat (so z.B. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. Januar 2012 - L 4 R 266/11 juris Rdnr. 38; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 18. März 2013 - L 3 R 969/11 - juris Rdnr. 42 und vom 17. Juni 2005 - L 13 RA 44/04 - juris Rdnr. 31; vgl. ferner Nehls in Hauck/Noftz, § 119 SGB X Rdnr. 11, der einen Anspruch auf Schadensersatz in Betracht zieht), wird teilweise auch - freilich ohne eingehende Begründung - ein Schadensausgleich über einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch befürwortet (so Peters-Lange, jurisPK-SGB X, § 119 Rdnr. 16 unter Berufung auf OLG München, Urteil vom 24. Mai 2012 - 1 U 3366/11 - juris Rdnr. 54 ff., das mittlerweile durch Urteil des BGH vom 4. Juli 2013 - III ZR 201/12 - juris - aufgehoben worden ist).
32 
Der für das Begehren des Klägers als Anspruchsgrundlage in Betracht kommende sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt auf der Tatbestandsseite voraus, dass der Sozialleistungsträger aufgrund Gesetzes oder bestehenden Sozialrechtsverhältnisses eine dem Betroffenen gegenüber obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 14, 15 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - >), verletzt und diesem dadurch einen rechtlichen Nachteil zugefügt hat. Auf seiner Rechtsfolgenseite ist der Herstellungsanspruch auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herbeiführung derjenigen Rechtsfolge gerichtet, die eingetreten wäre, wenn der Sozialleistungsträger die ihm gegenüber dem Betroffenen obliegenden Pflichten rechtmäßig erfüllt hätte (ständige Rechtsprechung des BSG, z.B. Urteile vom 12. Dezember 2011 - juris Rdnr. 35; vom 20. Oktober 2010 - B 13 R 90/09 R - juris Rdnr. 29; vom 6. Mai 2010 - B 13 R 44/09 - juris Rdnr. 26; vom 19. November 2009 - B 13 R 5/09 R - juris Rdnr. 25; vom 27. August 2009 - B 13 R 14/09 R - juris Rdnr. 36; vom 11. März 2004 - B 13 RJ 16/03 R - juris Rdnr. 24). Der Herstellungsanspruch kann einen Versicherungsträger somit nur zu einem Tun oder Unterlassen verpflichten, das rechtlich zulässig ist (dazu und zum Folgenden z.B. BSG, Urteil vom 11. März 2004 - B 13 RJ 16/03 R - juris Rdnr. 24 ff. jeweils m.w.N.) bzw. in seiner wesentlichen Struktur im Gesetz vorgesehen ist (BSG Urteil vom 17. August 2000 - B 13 RJ 87/98 R - juris Rdnr. 36). Voraussetzung ist also - abgesehen vom Erfordernis der Pflichtverletzung -, dass der dem Versicherten entstandene Nachteil mit verwaltungskonformen Mitteln im Rahmen der gesetzlichen Regelung, also durch eine vom Gesetz vorgesehene zulässige und rechtmäßige Amtshandlung, ausgeglichen werden kann. Umgekehrt bedeutet dies: In Fällen, in denen der durch pflichtwidriges Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil nicht durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann, bleibt für die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kein Raum. Mit Hilfe des Herstellungsanspruchs lässt sich der durch ein Fehlverhalten des Leistungsträgers bewirkte Nachteil nur dann ausgleichen, wenn die Korrektur bzw. Ersetzung der fehlenden Anspruchsvoraussetzung mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang steht. Der Herstellungsanspruch findet nur in denjenigen Fällen Anwendung, in denen der Leistungsträger mit seinem Instrumentarium durch eine an sich zulässige Amtshandlung zur Naturalrestitution in der Lage ist (BSG, Urteil vom 18. August 1983 - 11 RA 60 82 - juris Rdnr. 20). Nach der Rechtsprechung des BSG ist der sozialrechtliche Herstellungsanspruch u.a. ausgeschlossen, wenn der Berechtigte selbst tatsächliche Handlungen vorzunehmen hatte (z.B. Urteil vom 8. Juli 1993 - 7 RAr 80/92 - juris Rdnr. 28: Arbeitslosenmeldung; Urteil vom 11. März 2004 - B 13 RJ 16/03 R - juris Rdnr. 27: Arbeitssuchendmeldung; Urteil vom 3. Dezember 2009 - B 11 AL 26/08 R - juris Rdnr. 18: Reduzierung des Umfangs einer selbständigen Tätigkeit; Urteil vom 31. Oktober 2007 - B 14/11b AS 63/0AS 63/06 R - juris Rdnr. 17: Vereinbarung eines Verwertungsausschlusses), es auf die Eigenschaft als Berechtigter ankam (z.B. Urteile vom 15. Mai 1985 - 7 RAr 103/83 - juris Rdnr. 29 und vom 23. Juli 1992 - 7 RAr 38/91 - juris Rdnr. 38: Verfügbarkeit) oder wenn die erforderliche Handlung von einer Stelle außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Leistungsträger vorzunehmen war (bspw. BSG, Urteil vom 10. Dezember 1980 - 7 RAr 14/78 - juris Rdnr. 30: Eintragung der Steuerklasse auf der Lohnsteuerkarte durch die Gemeinde; Urteil vom 15. Dezember 1999 - B 9 V 12/99 R - juris Rdnr. 11: Änderung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses; Senatsurteil vom 11. Juni 2008 - L 7 R 1989/07 - juris Rdnr. 34: Eintragung in die Handwerksrolle).
33 
Selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, dass durch ein pflichtwidriges Verwaltungshandeln der Beklagten (Unterlassen des Beitragsregresses) ein Nachteil zu Lasten des Klägers (Differenz zwischen der bewilligten Altersrente und einer Altersrente unter Berücksichtigung von Beiträgen zur Rentenversicherung für den erstrittenen Verdienstausfall im Hinblick auf den Verkehrsunfall vom 12. Juli 1993) eingetreten ist, könnte dieser nicht durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden. Wie bereits dargelegt, setzt die Berücksichtigung von Pflichtbeitragszeiten nach § 119 Abs. 3 S. 1 SGB X gerade voraus, dass durch den Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung der nach § 119 Abs. 1 SGB X übergegangene Schadensersatzanspruch des Geschädigten durch die tatsächliche Entrichtung von Beiträgen erfüllt wird. Eine solche Beitragsentrichtung durch die Schädigerin oder deren Haftpflichtversicherung ist tatsächlich nicht erfolgt; diese hat vielmehr die Einrede der Verjährung erhoben und die Beitragszahlung abgelehnt. Die Tragung der Beiträge durch die Beklagte als Rentenversicherungsträgerin ist im Gesetz nicht vorgesehen (vgl. §§ 168 ff. SGB VI). Ohne eine tatsächliche Beitragszahlung kann die Beklagte dem Versicherungskonto des Klägers nicht Pflichtbeiträge hinsichtlich des erstrittenen Verdienstausfallschadens gutschreiben. Die erforderliche Handlung (tatsächliche Beitragszahlung), um einen eventuellen Nachteil bei dem Kläger auszugleichen, liegt mithin außerhalb des Einfluss- und Zuständigkeitsbereichs der Beklagten. Schließlich widerspricht auch die geltend gemachte Gutschrift fiktiver Beiträge der dargestellten Struktur des Rentenrechts, die grundsätzlich die Bezahlung der Beiträge als Voraussetzung für die Anerkennung als Beitragszeit verlangt. Der nach § 119 Abs. 3 S. 1 SGB X ausdrücklich vom Gesetz vorgesehene Beitragseingang kann mithin nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ersetzt werden.
34 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
35 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 30. Jan. 2014 - L 7 R 4417/11

Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 30. Jan. 2014 - L 7 R 4417/11

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 30. Jan. 2014 - L 7 R 4417/11 zitiert 24 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

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(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Ansp

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(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden. (2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Am

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Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

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Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 66 Persönliche Entgeltpunkte


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Die Verpflichtung zum Schadensersatz wegen einer gegen die Person gerichteten unerlaubten Handlung erstreckt sich auf die Nachteile, welche die Handlung für den Erwerb oder das Fortkommen des Verletzten herbeiführt.

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 197 Wirksamkeit von Beiträgen


(1) Pflichtbeiträge sind wirksam, wenn sie gezahlt werden, solange der Anspruch auf ihre Zahlung noch nicht verjährt ist. (2) Freiwillige Beiträge sind wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen,

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 203 Glaubhaftmachung der Beitragszahlung


(1) Machen Versicherte glaubhaft, dass sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt haben und für diese Beschäftigung entsprechende Beiträge gezahlt worden sind, ist die Beschäftigungszeit als Beitragszeit anzuerkennen

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 199 Vermutung der Beitragszahlung


Bei Beschäftigungszeiten, die den Trägern der Rentenversicherung ordnungsgemäß gemeldet worden sind, wird vermutet, dass während dieser Zeiten ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit dem gemeldeten Arbeitsentgelt bestanden hat und d

Referenzen - Urteile

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 30. Jan. 2014 - L 7 R 4417/11 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2013 - III ZR 201/12

bei uns veröffentlicht am 04.07.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 201/12 Verkündet am: 4. Juli 2013 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja B

Bundessozialgericht Beschluss, 31. Okt. 2012 - B 13 R 437/11 B

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Bundessozialgericht Urteil, 20. Okt. 2010 - B 13 R 90/09 R

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Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 20. März 2007 - L 9 R 917/05

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Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 6. Mai 2004 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 30. Jan. 2014 - L 7 R 4417/11.

Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 27. März 2015 - L 10 R 2689/12

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Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 07.05.2012 wird zurückgewiesen.Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Gründe  I.1 Der Kläger begehrt im Rahmen eines Überprüfungs

Referenzen

(1) Soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, geht dieser auf den Versicherungsträger über, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird; dies gilt nicht, soweit

1.
der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt oder sonstige der Beitragspflicht unterliegende Leistungen erbringt oder
2.
der Anspruch auf Ersatz von Beiträgen nach § 116 übergegangen ist.
Für den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung gilt § 116 Abs. 3 Satz 1 und 2 entsprechend, soweit die Beiträge auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem bei unbegrenzter Haftung zu ersetzenden Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und der bei Bezug von Sozialleistungen beitragspflichtigen Einnahme entfallen.

(2) Der Versicherungsträger, auf den ein Teil des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 116 übergeht, übermittelt den von ihm festgestellten Sachverhalt dem Träger der Rentenversicherung auf einem einheitlichen Meldevordruck. Das Nähere über den Inhalt des Meldevordrucks und das Mitteilungsverfahren bestimmen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger.

(3) Die eingegangenen Beiträge oder Beitragsanteile gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge. Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Versicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte.

(4) Die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag ist im Einzelfall zulässig. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gelten für die Mitwirkungspflichten des Geschädigten die §§ 60, 61, 65 Abs. 1 und 3 sowie § 65a des Ersten Buches entsprechend.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 201/12 Verkündet am:
4. Juli 2013
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch und der Folgenbeseitigungsanspruch
des allgemeinen Verwaltungsrechts sind keine Rechtsmittel im Sinne
BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - III ZR 201/12 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juli 2013 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Wöstmann, Hucke und Seiters

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Oberlandesgerichts München - 1. Zivilsenat - vom 24. Mai 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin nimmt die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund aus Amtshaftung in Anspruch. Diese habe es versäumt, auf sie gemäß § 119 SGB X übergegangene Schadensersatzansprüche gegen Dritte vor Eintritt der Verjährung zu verfolgen, wodurch ihre, der Klägerin, Rentenansprüche verringert seien.
2
Die 1941 geborene Klägerin erlitt durch von ihr nicht zu verantwortende Verkehrsunfälle im August 1987 und im August 1988 unter anderem Halswirbelsäulen -Schleudertraumata. Vom 2. August 1987 an war sie wiederholt für längere Zeit arbeitsunfähig erkrankt. Vom 23. September bis zum 13. Dezember 1989 erhielt sie Arbeitslosengeld. Anschließend blieb sie ohne Einkommen.
3
Am 14. Juni 1989 beantragte sie bei der Beklagten eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Deren Bewilligung wurde wegen fehlender Beitragszeiten abgelehnt. Im Oktober 1993 beantragte sie bei der Beklagten erneut die Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente ab dem 14. Juni 1989. Diese Rente wurde mit Wirkung erst ab dem 1. Januar 1992 gewährt. Die gegen den entsprechenden Bescheid erhobene Sozialgerichtsklage der Klägerin blieb in zwei Instanzen ohne Erfolg. Ihre zugleich erhobene Klage, mit der sie die Beklagte verpflichten lassen wollte, den Beitragsregress aus den Verkehrsunfällen durchzuführen, wurde vom Sozialgericht abgetrennt und mit Beschluss vom 3. September 2002 ruhend gestellt. Nachdem sich die Klägerin im Jahr 2002 mit den Haftpflichtversicherern der Unfallverursacher verglichen hatte, soweit es sich nicht um auf die Leistungsträger der Sozialversicherung übergegangene Ansprüche handelte, beantragte sie bei der Beklagten, den Beitragsregress fortzuführen. Auf Anfrage der Klägerin teilte diese mit Schreiben vom 6. September 2005 mit, das Verfahren sei bereits Ende 1989 endgültig abgeschlossen worden. Lediglich für den Zeitraum vom 30. September bis zum 13. Dezember 1987 wurden von Haftpflichtversicherern Rentenbeiträge nachentrichtet.
4
Daraufhin rief die Klägerin den ruhenden Rechtsstreit beim Sozialgericht wieder auf. Ihre Klage blieb auch in zweiter Instanz erfolglos. Das Landessozialgericht stellte sich auf den Standpunkt, die Ansprüche gegen die Unfallgegner seien mittlerweile verjährt, und die Erhebung der Einrede der Verjährung sei als gewiss anzunehmen. Ergänzend führte das Landessozialgericht aus, dass über eine Verpflichtung der Beklagten, aus welchem Rechtsgrund auch immer, Pflichtbeiträge für die Ausfälle in der Rentenversicherung zu Gunsten der Klä- gerin vorzumerken, nicht zu entscheiden sei, da ein entsprechender Antrag nicht gestellt worden sei.
5
Seit dem 1. September 2006 bezieht die Klägerin von der Beklagten eine Altersrente.
6
Die Klägerin trägt vor, diese Rente wäre monatlich um mindestens 300 € höher ausgefallen, wenn die Beklagte den Beitragsregress wegen der beiden Verkehrsunfälle durchgeführt hätte. Die Differenz macht sie mit der vorliegenden Klage teilweise beziffert und im Übrigen im Wege der Feststellungsklage geltend. Die Beklagte hat unter anderem eingewandt, bis zum Jahr 1994 habe alles dafür gesprochen, dass die Erwerbsunfähigkeit der Klägerin nicht auf die Verkehrsunfälle, sondern auf ein hiervon unabhängiges Leiden zurückzuführen gewesen sei. Zudem hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt sie ihren Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe


8
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.


9
Nach Auffassung des Berufungsgerichts fällt der Beklagten zwar eine Amtspflichtverletzung zur Last. Einem Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG stehe jedoch entgegen, dass sie es versäumt habe, den ihr zustehenden sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu verfolgen. Die Ersatzpflicht der Beklagten trete dementsprechend gemäß § 839 Abs. 3 BGB nicht ein.
10
Die Beklagte habe es amtspflichtwidrig unterlassen, den auf sie gemäß § 119 SGB X übergegangenen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die wegen der Verkehrsunfälle Ersatzpflichtigen zu verfolgen. Auch wenn die Beklagte bis 1994 habe davon ausgehen dürfen, dass die Erwerbsunfähigkeit der Klägerin nicht auf die Unfälle, sondern auf eine hiervon unabhängige Erkrankung zurückzuführen sei, stelle sich ernsthaft die Frage, ob die Beklagte im Hinblick auf die unübersichtliche Sachlage nicht gehalten gewesen wäre, eine Feststellungsklage gegen die Unfallverursacher zu erheben. Aber auch, wenn eine solche Verpflichtung nicht bestanden hätte, läge eine Amtspflichtverletzung der Beklagten vor. Nach ihrem eigenen Vorbringen habe sie erst 1994 Kenntnis davon erhalten, dass die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin unfallbedingt gewesen sei. Die Beklagte hätte ab diesem Zeitpunkt die Ansprüche der Klägerin verfolgen müssen. Sie sei jedoch untätig geblieben, weil sie unzutreffend davon ausgegangen sei, dass die auf sie übergegangenen Schadensersatzansprüche zu diesem Zeitpunkt bereits verjährt gewesen seien. Die gemäß § 852 BGB a.F. für den Beginn der Verjährung maßgebliche Kenntnis aller anspruchsbegründenden Tatsachen habe sie jedoch erst 1994 erlangt. Für den verfahrensgegenständlichen Teilanspruch, der mit dem Entstehen der Beitragslücke auf die Beklagte übergegangen sei, komme es ab diesem Zeitpunkt für die Verjährung allein auf die Kenntnis der Beklagten an. Der Amtshaftungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte sei nicht verjährt. Vielmehr sei die Verjährung durch die sozialgerichtliche Klage auf Durchführung des Beitragsregresses gehemmt gewesen.
11
Die Klägerin habe jedoch gegen die Beklagte einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch auf Gutschrift der Beiträge auf ihrem Rentenversicherungskonto gehabt, die der Beklagten aufgrund des von ihr versäumten Beitragsregresses zugeflossen wären. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch sei ein Rechtsmittel im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB. Der Begriff des Rechtsmittels im Sinne dieser Bestimmung sei weit zu fassen. Zwar habe der Bundesgerichtshof noch nicht ausdrücklich darüber entschieden, ob der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hierunter falle. Dies ergebe sich jedoch aus dem Senatsurteil vom 11. Februar 1988 (III ZR 221/86, BGHZ 103, 242), in dem dieser Anspruch im Zusammenhang mit der Verjährung derForderung aus Amtshaftung als in seiner Zielsetzung mit der Inanspruchnahme des primären Rechtsschutzes eng verwandt bezeichnet worden sei.
12
Hätte die Klägerin den ihr zustehenden Herstellungsanspruch gegenüber der Beklagten erhoben, wäre der Schaden, den sie nunmehr im Wege der Amtshaftungsklage ersetzt verlangt, nicht eingetreten.

II.


13
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
14
1. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Vorliegen einer Amtspflichtverletzung der Beklagten und insbesondere zur Verjährung des auf sie übergegangenen Beitragsregressanspruchs gegen die aus den Verkehrsunfällen Ersatzpflichtigen nimmt die Revision als ihr günstig hin. Sie sind auch nicht zu beanstanden.
15
Die insoweit von der Beklagten erhobene Revisionsgegenrüge ist unbegründet. Sie meint, entgegen der Ansicht der Vorinstanz sei der Teilschadensersatzanspruch nach § 119 SGB X nicht erst mit Eintritt der Beitragslücke übergegangen , sondern bereits im Augenblick der Entstehung des gesamten Ersatzanspruchs mit dem Schadensereignis (unter Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 17. April 2012 - VI ZR 108/11, BGHZ 193, 67 Rn. 8 und vom 2. Dezember 2003 - VI ZR 243/02, NJW-RR 2004, 595, 596). Dies mag zutreffen, ist aber für die Rechtsposition der Beklagten unbehelflich. Da es sich um deliktische Ansprüche handelte, richtete sich der Verjährungsbeginn bereits vor der Neuregelung des Verjährungsrechts nach der Kenntnis des Ersatzberechtigten von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners (§ 852 BGB a.F.). Wenn der wegen des Beitragsschadens begründete Ersatzanspruch sogleich mit seiner Entstehung auf den Sozialversicherungsträger überging, kommt es für die Verjährung auf dessen Kenntnis an (BGH, Urteil vom 17. April 2012 aaO mit umfangreichen weiteren Nachweisen). Hiervon ist das Berufungsgericht in beiden von ihm hinsichtlich der Amtspflichtverletzung in Betracht gezogenen Varianten ausgegangen. Reichten die Erkenntnisse der Beklagten vor 1994 für die Erhebung einer Feststellungsklage zur Sicherung des Beitragsregresses aus, hatte sie die gegenüber der Klägerin bestehende Amtspflicht, diese Klage rechtzeitig vor Eintritt der Verjährung zu erheben oder einen Verzicht der Schuldner auf diese Einrede zu erwirken. Hatte die Beklagte hingegen erst 1994 hinreichend zuverlässige Kenntnis davon, dass die Erwerbsunfähig- keit der Klägerin unfallbedingt war, konnte die Verjährung des Beitragsregressanspruchs zuvor noch nicht begonnen haben, da die Kausalität ein für das Entstehen des Ersatzanspruchs erforderlicher tatsächlicher Umstand war. Dann aber hatten die Bediensteten der Beklagten, wie vom Berufungsgericht angenommen , ab 1994 die Amtspflicht, den Anspruch gegen die Unfallverursacher zu verfolgen, bevor die seither laufende Verjährung beendet war.
16
Ebenso ist die Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, dass der Amtshaftungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte nicht verjährt ist.
17
2. Indessen vermag der Senat nicht der Beurteilung des Berufungsgerichts zu folgen, die Schadensersatzpflicht der Beklagten sei gemäß § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, weil die Klägerin es versäumt habe, ihren sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gegen die Beklagte geltend zu machen, der auf Gutschrift der infolge der Unfälle nicht fortentrichteten Beiträge auf ihrem Rentenkonto gerichtet gewesen sei. Dieser Anspruch ist kein Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB.
18
a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Begriff des Rechtsmittels zwar nicht auf die in den Verfahrensvorschriften vorgesehenen Behelfe beschränkt , sondern umfasst auch andere, rechtlich mögliche und geeignete - förmliche oder formlose - Rechtsbehelfe (z.B. Gegenvorstellungen, Erinnerungen an die Erledigung eines Antrags, Beschwerden und Dienstaufsichtsbeschwerden ), ist also in einem weiten Sinn zu verstehen (z.B.: Senatsurteile vom 4. Juni 2009 - III ZR 144/05, BGHZ 181, 199 Rn. 25; vom 8. Januar 2004 - III ZR 39/03, NJW-RR 2004, 706, 707; vom 9. Oktober 1997 - III ZR 4 /97, BGHZ 137, 11, 23 und vom 3. Juni 1993 - III ZR 104/92, BGHZ 123, 1, 7 f). Der Rechtsbehelf muss sich jedoch unmittelbar gegen die schädigende Amtshandlung oder Unterlassung selbst richten und ihre Beseitigung beziehungsweise Vornahme bezwecken und ermöglichen (Senat aaO sowie Urteil vom 16. Oktober 2008 - III ZR 15/08, WM 2009, 86 Rn. 24). Diese Voraussetzung erfüllt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch nicht.
19
b) Allerdings hat der Senat, worauf das Berufungsgericht seine gegenteilige Rechtsauffassung gestützt hat, wiederholt entschieden, dass die Geltendmachung eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zur Unterbrechung beziehungsweise Hemmung der Verjährung eines Amtshaftungsanspruchs wegen desselben Fehlverhaltens des Sozialleistungsträgers führt (Urteile vom 20. Juli 2000 - III ZR 64/99, VersR 2001, 1108, 1112 und vom 11. Februar 1988 - III ZR 221/86, BGHZ 103, 242, 246; siehe auch Senatsurteile vom 12. Mai 2011 - III ZR 59/10, WM 2011, 1670 Rn. 56 f und vom 10. Februar 2011 - III ZR 37/10, BGHZ 188, 302 Rn. 36 f). Der Senat hat in diesem Kontext insbesondere den engen Zusammenhang des Herstellungsanspruchs mit dem Primärrechtsschutz hervorgehoben (Urteile vom 12. Mai 2011 aaO Rn. 57, 62 undvom 11. Februar 1988 aaO S. 247; siehe auch Urteil vom 10. Februar 2011 aaO Rn. 36). Er hat jedoch mangels Entscheidungserheblichkeit in den seinerzeit zu beurteilenden Sachverhalten bislang davon abgesehen zu entscheiden, ob der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ein Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB darstellt, diese Frage vielmehr ausdrücklich offen gelassen (Urteile vom 20. Juli 2000 aaO; vom 16. November 1989 - III ZR 146/88, NJW-RR 1990, 408, 409 und vom 9. März 1989 - III ZR 76/88, BGHR BGB § 839 Abs. 3 Primärrechtsschutz 2).
20
c) Die Frage ist nunmehr zu verneinen (so auch Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl., S. 397 zum verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch ).
21
aa) Tragende Erwägung des Senats, der Geltendmachung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verjährungsunterbrechende beziehungsweise -hemmende Wirkung für einen Amtshaftungsanspruch, der auf dieselbe Pflichtverletzung gestützt wird, zuzuerkennen, war der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit (siehe insbesondere Senatsurteile vom 12. Mai 2011 aaO und vom 10. Februar 2011 aaO Rn. 37). Der Geschädigte soll nicht wegen Fortschreitens der Zeit gezwungen werden, eine Amtshaftungsklage zu erheben , um den Eintritt der Verjährung seines Anspruchs aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG zu verhindern, obgleich er noch parallel seinen Herstellungsanspruch verfolgt, der hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der in Rede stehenden Amtshandlung dieselben Fragen aufwirft.
22
Der Gesichtspunkt des Schutzes der Beteiligten vor der Notwendigkeit, wegen einer (möglicherweise) rechtswidrigen Amtshandlung mehrere Verfahren parallel zu führen, ist jedoch für § 839 Abs. 3 BGB nicht ausschlaggebend, auch wenn dies ein nützlicher Nebeneffekt sein mag. Das gesetzgeberische Anliegen , das der Regelung des § 839 Abs. 3 BGB zugrunde liegt, besteht vielmehr darin, nach Treu und Glauben nur demjenigen Schadensersatz zuzubilligen, der sich in gehörigem und ihm zumutbarem Maße für seine eigenen Belange einsetzt und damit den Schaden abzuwenden sich bemüht. Es soll nicht erlaubt sein, den Schaden entstehen oder größer werden zu lassen, um ihn schließlich, gewissermaßen als Lohn für eigene Untätigkeit, dem Beamten oder dem Staat in Rechnung zu stellen; § 839 Abs. 3 BGB stellt damit eine besondere Ausprägung von § 254 BGB dar (Senatsurteil vom 29. März 1971 - III ZR 98/69, BGHZ 56, 57, 63). Daneben ist die Deutung getreten, dass § 839 Abs. 3 BGB die schadensersatzrechtliche Sanktion des ihm vorausliegenden Gebots darstellt, den Primärrechtsschutz in Anspruch zu nehmen, die Vorschrift somit die sekundäre Schadensersatzpflicht in den Nachrang verweist (MünchKommBGB /Papier, 5. Aufl., § 839 Rn. 330; Ossenbühl/Cornils aaO S. 94). Wer durch hoheitliches Unrecht Schaden erleidet, muss sich unmittelbar gegen den schädigenden Hoheitsakt wenden, soweit dies möglich und zumutbar ist. Ein Wahlrecht steht dem Geschädigten nicht zu (dies. aaO).
23
bb) Ausgehend von diesen Zweckbestimmungen hat der Senat in seiner Rechtsprechung den Begriff des Rechtsmittels im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB wie oben unter Buchstaben a wiedergegeben ausgelegt. Mit dieser Definition ist es nicht vereinbar, den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch - ebenso wie den verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch - als Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB zu qualifizieren.
24
Der vom Bundessozialgericht richterrechtlich entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch knüpft an die Verletzung behördlicher Auskunfts-, Beratungs - und Betreuungspflichten als Nebenpflichten im Sozialrechtsverhältnis an. Er begründet einen Anspruch auf (eine Art von) Naturalrestitution. Er ist auf die Vornahme einer zulässigen Amts- beziehungsweise Rechtshandlung zur Herstellung desjenigen Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger die ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenden Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (st. Rspr., z.B.: BSG, NZS 2013, 233 Rn. 28; BSGE 65, 21, 26; 49, 76, 78 f; siehe auch Senatsurteil vom 11. Februar 1988 - III ZR 221/86, BGHZ 103, 242, 246). Damit entspricht er weitgehend dem im allgemeinen Verwaltungsrecht anerkannten Folgenbeseitigungsanspruch , der ebenfalls auf die Beseitigung der rechtswidrigen Folgen eines Handelns oder Unterlassens der vollziehenden Gewalt gerichtet ist und einen Ausgleich in natura gewährt (z.B. BVerwGE 140, 34 Rn. 18; BVerwG Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 35; BVerwGE 69, 366, 371). Zwar unterscheiden sich die beiden Institute darin, dass im Sozialrecht der Anspruch darauf gerichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn sich der Sozialleistungsträger von vornherein rechtmäßig verhalten hätte, während auf dem Gebiet des allgemeinen Verwaltungsrechts unrechtmäßige hoheitliche Maßnahmen nur im Rahmen zulässigen Verwaltungshandeln ausgeglichen werden können (BVerwG Buchholz aaO). Gegenstand eines verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs ist daher nicht die Einräumung derjenigen Rechtsposition, die der Betroffene bei rechtsfehlerfreiem Verwaltungshandeln haben würde. Der Anspruch auf Folgenbeseitigung ist dementsprechend regelmäßig nur auf die Wiederherstellung des ursprünglichen, durch hoheitliches Handeln veränderten Zustands gerichtet (BVerwG aaO).
25
Entscheidend im vorliegenden Zusammenhang ist jedoch die Gemeinsamkeit beider Ansprüche, dass sie nicht auf die Abwehr oder Veränderung der zugrunde liegenden Verwaltungsmaßnahme gerichtet sind, sondern die Beseitigung von deren Folgen zum Ziel haben. Sie tragen damit einen auf die Konsequenzen des in Rede stehenden Verwaltungshandelns oder -unterlassens gerichteten kompensatorischen, nicht aber auf die Maßnahme selbst gerichteten defensiven Charakter. Demgegenüber müssen sich, wie unter Buchstaben a ausgeführt, Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB unmittelbar gegen die als Amtspflichtverletzung darstellende Handlung richten und das Ziel haben, diese zu beseitigen oder zu berichtigen.
26
Der Amtshaftungsanspruch nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG ist ebenso wie der sozialrechtliche Herstellungs- und der verwaltungsrechtliche Folgenbeseitigungsanspruch auf den Ausgleich der Folgen von (pflichtwidrigen) Amtshandlungen und -unterlassungen gerichtet. Auch wenn § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB im Gegensatz zu den letztgenannten Instituten ein Verschulden des rechtswidrig handelnden Amtswalters erfordert (vgl. hierzu Senatsurteil vom 11. Februar 1988 - III ZR 221/86, BGHZ 103, 242, 246 f; BVerwG Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 35; BSGE 49, 76, 77, 80) und anders als diese nicht auf Naturalrestitution, sondern auf Geldersatz gerichtet ist (Senat aaO S. 247; zum Hintergrund näher Schäfer/Bonk, StHG, Einführung Rn. 53), steht er damit rechtssystematisch auf derselben Stufe wie diese Ansprüche. Auch dies spricht dagegen, ihnen im Wege des § 839 Abs. 3 BGB Vorrang gegenüber dem Amtshaftungsanspruch einzuräumen.
27
Diese Erwägungen korrespondieren damit, dass im - allerdings wegen fehlender Gesetzgebungskompetenz des Bundes für verfassungswidrig erklärten (BVerfGE 61, 149) - Staatshaftungsgesetz (StHG) vom 26. Juni 1981 (BGBl. I S. 553) der Folgenbeseitigungs- und der der Amtshaftung entsprechende Anspruch gleichrangig nebeneinander standen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 StHG hatte der Geschädigte grundsätzlich die Wahl, ob er statt der in § 3 StHG geregelten Folgenbeseitigung Geldersatz gemäß § 2 StHG verlangt. Auch der durch das Bundessozialgericht entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch trat "als weiterer Baustein" zu dem System öffentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs , das neben dem Amtshaftungsanspruch unter anderem Regelungen über die Enteignungsentschädigung, einen Ausgleich für enteignungsgleiche Eingriffe und den Aufopferungsanspruch enthält (BSGE 49, 76, 78). Schon die Formulierung, der sozialrechtliche Herstellungsanspruch trete zu dem "neben" dem Amtshaftungsanspruch bestehenden Ausgleichssystem, deu- tet darauf hin, dass nach der Konzeption des Bundessozialgerichts Gleichrang zwischen den beiden Instituten bestehen sollte. Noch deutlicher wird dies durch die Einreihung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu den aufgeführten übrigen Instituten. Insbesondere zwischen den Ansprüchen aus enteignungsgleichem Eingriff und dem Amtshaftungsanspruch besteht Anspruchskonkurrenz (z.B. BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 12. April 1954 - GSZ 1/54, BGHZ 13, 88 ff; Senatsurteil vom 11. Januar 2007 - III ZR 302/05, BGHZ 170, 260 Rn. 31). Die Haftung aus § 839 Abs. 1Satz 1 BGB ist nicht gegenüber dem Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff gemäß § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB subsidiär (BGH, Großer Senat für Zivilsachen, aaO S. 101 ff), und eine Anwendung von § 839 Abs. 3 BGB auf diesen Anspruch wurde erst gar nicht erwogen. Wird der sozialrechtliche Herstellungsanspruch im öffentlich-rechtlichen Ausgleichssystem auf dieselbe Stufe wie der Entschädigungsanspruch wegen enteignungsgleichen Eingriffs gestellt, ist dies ein weiterer Hinweis darauf, dass eine Forderung aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG gegenüber dem sozialrechtlichen Anspruch ebenfalls keinen Nachrang hat, worauf es aber hinauslaufen würde, wenn jener als Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB einzuordnen wäre.
28
Schließlich spricht auch der Charakter von § 839 Abs. 3 BGB als besondere Ausprägung von § 254 BGB (Senatsurteil vom 29. März 1971 - III ZR 98/69, BGHZ 56, 57, 63, siehe auch oben Buchst. aa) gegen die Qualifizierung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs und des verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs als Rechtsmittel im Sinne des Amtshaftungsrechts. Bei der im Rahmen der Auslegung der Vorschrift gebotenen typisierenden Betrachtungsweise sind Maßnahmen des Betroffenen, die sich unmittelbar gegen das in Rede stehende Amtshandeln oder -unterlassen richten, grundsätzlich geeignet, den Eintritt eines aus ihm folgenden Schadens zu verhindern oder zu mindern. Dies trifft auf den sozialrechtlichen Herstellungs- und den verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch nicht zu. Sie gewähren ebenso wie der Amtshaftungsanspruch lediglich einen Ausgleich der infolge der in Rede stehenden Amtsmaßnahme bereits eingetretenen Nachteile und sind schon vom Ansatz her nicht auf deren Vermeidung ausgerichtet. Auch sind sie - jedenfalls bei der wiederum erforderlichen generalisierenden Betrachtung - nicht dazu bestimmt, die Belastung der ausgleichspflichtigen Körperschaft zu mindern. Zwar sind sie auf Naturalrestitution gerichtet, während nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG ausschließlich Geldersatz geschuldet wird (z.B. Senatsurteil vom 11. Februar 1988 - III ZR 221/86, BGHZ 103, 242, 247). Die Naturalrestitution ist jedoch für den Ersatzpflichtigen nicht typischerweise wirtschaftlich weniger belastend als der Geldersatz.
29
Die Unanwendbarkeit von § 839 Abs. 3 BGB auf den sozialrechtlichen Herstellungs- und den verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch schließt allerdings im Einzelfall nicht aus, dass der Geschädigte, der eine Amtshaftungsforderung erhebt, gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf diese Ansprüche verwiesen werden kann, wenn die Naturalrestitution für die betroffene Körperschaft wirtschaftlich günstiger und dem Anspruchsberechtigten, auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Ausgleichszahlung (siehe hierzu BVerwGE 82, 24, 27 f), zuzumuten ist (vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 1988 aaO S. 248). Der vorliegend zur Entscheidung stehende Sachverhalt enthält aber keine Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Fallgestaltung vorliegen könnte. Im Gegenteil ist nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die vom Berufungsgericht in Betracht gezogene Beitragsgutschrift auf dem Rentenkonto der Klä- gerin im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruch die Beklagte im Ergebnis weniger belastet als die begehrte Zahlung von Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen dem tatsächlichen Rentenanspruch und demjenigen, der bestünde, wenn die Beklagte den Beitragsregress durchgeführt hätte.
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3. Das Berufungsgericht hat, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig , keine Feststellungen zum Verschulden der Bediensteten der Beklagten getroffen. Dies ist nachzuholen. Hierbei wird das Berufungsgericht einerseits die sogenannte Kollegialgerichtsrichtlinie (vgl. hierzu z.B.: Senatsurteile vom 9. Dezember 2010 - III ZR 272/09, WM 2011, 571 Rn. 21; vom 4. November 2010 - III ZR 32/10, BGHZ 187, 286 Rn. 35 ff mit umfangreichen weiteren Nachweisen in Rn. 36; vom 16. Oktober 2008 - III ZR 15/08, WM 2009, 86 Rn. 21 und vom 2. Juni 2005 - III ZR 306/04, WM 2005, 1482, 1484) zu berücksichtigen haben, da das mit drei Berufsrichtern besetzte Landgericht eine Pflichtverletzung der Beklagten verneint hat, sich zugleich aber auch mit deren Einschränkungen zu befassen haben (siehe z.B. Senatsurteile vom 9. Dezember 2010; vom 16. Oktober 2008 und vom 2. Juni 2005 jeweils aaO; Senatsurteil vom 4. November 2010 aaO Rn. 37; Senatsurteil vom 12. November 1992 - III ZR 178/91, BGHZ 120, 184, 197 mwN; siehe ferner Staudinger/Wöstmann [2013] § 839 Rn. 213).
31
4. Weiterhin wird das Berufungsgericht gegebenenfalls Feststellungen zur Höhe des geltend gemachten Zahlungsanspruchs nachzuholen haben.
32
5. Da die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1, 3 ZPO).
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 27.07.2011 - 15 O 20925/10 -
OLG München, Entscheidung vom 24.05.2012 - 1 U 3366/11 -

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Thüringer Landessozialgerichts vom 21. Januar 2010 in Gestalt des Urteils vom 27. April 2010 - L 2 R 238/10 - aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Der Kläger, dem die Beklagte aufgrund eines Herstellungsanspruchs freiwillige Beiträge erstattet hat, begehrt auch die Zahlung von Zinsen.

2

Dem Antrag des Klägers auf Erstattung freiwillig entrichteter Beiträge von Januar 1992 bis Dezember 2004 entsprach die Beklagte in voller Höhe "im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs aufgrund eines Beratungsmangels" (Bescheid vom 25.1.2005). Der Widerspruch mit dem Begehren, den Erstattungsbetrag (9479,53 Euro) zu verzinsen (4479,14 Euro bis zum 31.3.2005), blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 19.5.2005).

3

Das SG Gotha hat die Klage auf Verurteilung zur Zahlung der Zinsen sowie die hilfsweise erhobene Klage auf Feststellung eines Anspruchs auf die gesetzlichen Verzugszinsen abgewiesen (Urteil vom 22.1.2007). Ein Amtshaftungsanspruch sei mit der Klage nicht zweifelsfrei geltend gemacht worden. Daher sei es nicht erforderlich gewesen, diesen Teil des Rechtsstreits abzutrennen und an das Zivilgericht zu verweisen.

4

Im Berufungsverfahren hat der Senatsvorsitzende dem Kläger mit Schreiben vom 13.1.2009 mitgeteilt, dass für in die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit fallende Ansprüche beabsichtigt sei, durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 SGG zu entscheiden. Soweit der Kläger Amtshaftungsansprüche verfolge, sei beabsichtigt, den Rechtsstreit abzutrennen und an das Landgericht (LG) Erfurt zu verweisen. Mit weiterem Schreiben vom 23.1.2009 hat der Senatsvorsitzende auf den Schriftsatz des Klägers vom 16.1.2009 mitgeteilt, für die ausdrücklich erst im Berufungsverfahren geltend gemachten Amtshaftungsansprüche werde an der Absicht der Trennung und Verweisung des Rechtsstreits an das LG Erfurt festgehalten.

5

Mit Beschluss vom 21.1.2010 hat das Thüringer LSG die Berufung des Klägers unter Auferlegung einer Missbrauchsgebühr von 600 Euro zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe weder einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen noch auf die hilfsweise begehrte Feststellung eines solchen Anspruchs. Der Kläger könne einen Zinsanspruch nicht aus einer direkten bzw analogen Anwendung von § 44 Abs 1 SGB I bzw von § 27 Abs 1 SGB IV oder aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen herleiten, weil die freiwilligen Beiträge zu Recht entrichtet worden seien. Da das SG die behaupteten Anspruchsgrundlagen als öffentlich-rechtlich qualifiziert habe, sei das LSG an die vom SG angenommene Zulässigkeit des Rechtswegs zur Sozialgerichtsbarkeit gebunden. Eine Verweisung des Rechtsstreits wegen des (auch) geltend gemachten Amtshaftungsanspruchs dürfe nicht erfolgen. Über solche Ansprüche dürfe ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit nicht entscheiden, denn nach § 17 Abs 2 Satz 2 GVG bleibe Art 34 Satz 3 GG unberührt. Rechtfertigten die übrigen Anspruchsgrundlagen kein stattgebendes Urteil, so sei die Klage als unbegründet abzuweisen; eine Verweisung sei nicht zulässig (Hinweis ua auf Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 51 RdNr 41).

6

Der Antrag des Klägers auf Ergänzung des Beschlusses vom 21.1.2010 um die Verweisung des Rechtsstreits wegen des Schadensersatzanspruchs nach bürgerlich-rechtlichen Vorschriften an das LSG blieb erfolglos (Thüringer LSG, Urteil vom 27.4.2010 - L 2 R 238/10). Zur Begründung heißt es, der angefochtene Beschluss habe keinen vom Kläger erhobenen Anspruch iS von § 140 Abs 1 SGG übergangen, sondern "ausgeführt, dass die auch auf Amtshaftung gestützte Klage als unbegründet abgewiesen wird, wenn die sonstigen Anspruchsgrundlagen kein stattgebendes Urteil rechtfertigen und … darauf hingewiesen, dass eine Verweisung an das LG Erfurt nicht zulässig ist."

7

Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Kläger Verfahrensmängel, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Divergenz. Er beantragt die Aufhebung der ihm auferlegten Verschuldenskosten und trägt vor:

8

Das LSG habe den Rechtsstreit hinsichtlich des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs an das LG Erfurt verweisen oder den Rechtsstreit gemäß § 159 Abs 1 SGG an das SG zurückverweisen müssen. Durch die unterbliebene Verweisung seien § 17 Abs 2 Satz 2 GVG iVm Art 34 Satz 3 GG und das Grundrecht des Klägers auf den gesetzlichen Richter(Art 101 Abs 1 Satz 2 GG, § 16 GVG, Art 87 Abs 3 der Verfassung des Freistaats Thüringen) verletzt worden. Das LSG habe zudem den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 GG) missachtet, weil es nicht ohne erneute Anhörung des Klägers gemäß § 153 Abs 4 Satz 2 SGG über die Berufung insgesamt hätte entscheiden dürfen. Im Fall einer erneuten Anhörung wäre nicht auszuschließen gewesen, dass die Entscheidung anders ausgefallen wäre. Durch die vom LSG gewählte Verfahrensweise liege eine zur Rechtsprechung des BSG vom 16.3.2006 (B 4 RA 24/05 B) divergierende Entscheidung vor, die die Zulassung der Revision rechtfertige. Der Kläger hält ferner vier Fragen für grundsätzlich bedeutsam.

9

II. Auf die Beschwerde des Klägers war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

10

1. Der Kläger hat formgerecht (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG) und auch im Ergebnis zutreffend die Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 128 Abs 2, § 62 SGG) in Ausprägung der Regelung des § 153 Abs 4 Satz 2 SGG gerügt(§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

11

Er beanstandet mit Recht, dass das LSG über seine Berufung entschieden hat, ohne ihn erneut gemäß § 153 Abs 4 Satz 2 SGG vor der Beschlussfassung gemäß Satz 1 dieser Vorschrift angehört zu haben.

12

a) Gemäß § 153 Abs 4 Satz 1 SGG kann das LSG die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Nach Satz 2 der Vorschrift sind die Beteiligten vorher zu hören. Die Anhörungspflicht nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG ist Ausdruck des verfassungsrechtlichen Gebots des rechtlichen Gehörs(Art 103 Abs 1 GG), das bei Anwendung des vereinfachten Verfahrens im Berufungsrechtszug nicht verkürzt werden darf (vgl Senatsbeschluss vom 29.8.2006 - SozR 4-1500 § 153 Nr 5 RdNr 5; BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 4 S 11 f mwN).

13

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist eine erneute Anhörung gemäß § 153 Abs 4 Satz 2 SGG erforderlich, wenn sich nach der ersten Anhörungsmitteilung die Prozesssituation entscheidungserheblich ändert(vgl zB Senatsbeschluss vom 15.7.2009 - B 13 RS 46/09 B - Juris RdNr 9; Senatsurteil vom 17.8.2000 - B 13 RJ 69/99 R - Juris RdNr 16 mwN; BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 4 S 12; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 153 RdNr 20). Insoweit gilt Entsprechendes wie für den sog Verbrauch einer Einverständniserklärung nach § 124 Abs 2 SGG (BSG SozR 3-1500 § 124 Nr 4 S 8).

14

Die Prozesssituation ändert sich auch dann entscheidungserheblich, wenn das LSG seine gegenüber den Beteiligten in einem entscheidungserheblichen Punkt geäußerte Rechtsauffassung ändert (vgl für das Verfahren nach § 124 Abs 2 SGG bereits BSG SozR 4-1500 § 124 Nr 1 RdNr 8). Die Beteiligten müssen dann vor der Beschlussfassung gemäß § 153 Abs 4 Satz 1 SGG erneut Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

15

b) Indem das LSG entgegen der mit Anhörungsschreiben vom 13.1. und 23.1.2009 gegenüber den Beteiligten angekündigten Verfahrensweise - den Amtshaftungsanspruch abzutrennen und an das Zivilgericht zu verweisen - die Berufung durch Beschluss gleichwohl insgesamt zurückgewiesen hat, ohne den Kläger über die geänderte Rechtsauffassung vor der Beschlussfassung zu informieren und ihn erneut anzuhören, hat es gegen § 153 Abs 4 Satz 2 SGG verstoßen. Dies war verfahrensfehlerhaft, ungeachtet der Frage, ob die vom LSG angekündigte Verfahrensweise rechtens gewesen wäre.

16

Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des LSG war für den Kläger nicht vorhersehbar, dass das LSG entgegen eigener Ankündigung über die Berufung ohne teilweise Verweisung des Rechtsstreits an das Zivilgericht entscheiden werde. Mit einem solchen Prozessverlauf musste der Kläger nicht rechnen. Durch den zweimaligen, eine Verweisung ankündigenden Hinweis des Senatsvorsitzenden hatte sich dieser (vorläufig) rechtlich festgelegt. Diese verlautbarte Rechtsauffassung entsprach der des Klägers, so dass dieser insoweit auf einen Verfahrensausgang in seinem Sinne vertrauen durfte. Genau das Gegenteil hat das LSG entschieden.

17

c) Bei einer Verletzung des § 153 Abs 4 SGG sind keine näheren Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensfehlers erforderlich. Wenn das LSG nur nach einer - unterbliebenen - erneuten Anhörungsmitteilung im gewählten vereinfachten Beschlussverfahren hätte entscheiden dürfen, bedarf es keiner Prüfung, was der Kläger auf den gebotenen schriftlichen Hinweis zur geänderten Rechtsmeinung oder in einer mündlichen Verhandlung vorgetragen hätte. Es handelt sich um einen absoluten Revisionsgrund gemäß § 202 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO, denn die Verletzung des § 153 Abs 4 SGG führt zur nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des LSG ohne ehrenamtliche Richter(vgl Senatsbeschluss vom 29.8.2006 - SozR 4-1500 § 153 Nr 5 RdNr 10; BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 13 S 40; BSG vom 8.11.2001 - B 11 AL 37/01 R - Juris RdNr 15; vgl auch BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 2 RdNr 10).

18

d) Zur Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerungen hebt der Senat gemäß § 160a Abs 5 SGG den angefochtenen Beschluss auf und verweist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurück.

19

2. Der Senat kann daher offen lassen, ob weitere der gerügten Verfahrensmängel vorliegen; darauf kommt es hier nicht mehr entscheidend an. Gleichwohl weist er, ohne damit abschließend alle denkbaren Alternativen aufzeigen zu wollen, auf Folgendes hin:

20

a) Das SG hat im Urteil vom 22.1.2007 nicht über einen Anspruch nach § 839 BGB iVm Art 34 GG entschieden, weil es den Antrag des Klägers so ausgelegt hat, dass sich daraus "noch kein Anspruch (gemeint: keine Geltendmachung eines Anspruchs) aus Amtspflichtverletzung" ergab. Damit hat das SG die geltend gemachten Ansprüche aber nicht vollends erfasst.

21

Denn zum einen hat sich der Kläger in der Klageschrift vom 28.5.2005 (erstinstanzlich hat er sich nicht weiter geäußert) durchaus auch auf einen "Schadensersatzanspruch nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen (§§ 812, 823 BGB)" bezogen und lediglich um Hinweis des Gerichts gebeten, falls nach dessen Ansicht "nicht die Beklagte, sondern die Bundesrepublik Deutschland nach den Grundsätzen der Amtshaftung (§ 839 BGB) zuständig sein" sollte.

22

Zum anderen hätte das SG selbst dann prüfen müssen, ob es über einen Amtshaftungsanspruch zu entscheiden hatte, wenn der Kläger diesen nicht ausdrücklich benannt hätte. Denn zwar oblag es nach der auch im sozialgerichtlichen Verfahren maßgebenden Dispositionsmaxime (s Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, Vor § 60 RdNr 3) diesem, welche "Ansprüche" er nach § 123 SGG "erheben" wollte. Damit war jedoch nicht in sein Belieben gestellt, auf welche materiell-rechtlichen Vorschriften er sein Begehren stützen wollte, vielmehr ist hiermit nur gesagt, dass er den Streitgegenstand bestimmt, also den Lebenssachverhalt und dasjenige, was er auf dessen Grundlage als gerichtliche Entscheidung anstrebt ("prozessualer Anspruch"; vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 95 RdNr 5): Der Kläger hat die Fakten zu liefern, die rechtliche Subsumtion ist Sache des Gerichts ("da mihi factum, dabo tibi ius"; "iura novit curia"; vgl insoweit auch zB BSG vom 28.3.2000, BSGE 86, 78, 79 f = SozR 3-1300 § 111 Nr 8 S 27).

23

Das LSG ist (unter Berufung auf Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 51 RdNr 41; dieser wiederum unter Hinweis auf Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl 2007, § 17 GVG RdNr 7) davon ausgegangen, ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit habe eine sowohl auf Amtshaftung wie auf sozialrechtliche Ansprüche gestützte Klage nicht - auch nicht teilweise - an das zuständige LG zu verweisen, sondern lediglich über die Anspruchsgrundlagen außerhalb der Amtshaftung zu entscheiden. Diese Verfahrensweise entspricht einer verbreiteten Rechtsansicht, die zur Begründung anführt, dass einerseits das GVG keine Teilverweisung kenne und andererseits einer Verweisung des gesamten Rechtsstreits (Streitgegenstands) der Grundsatz entgegenstehe, dass eine solche nicht erfolgen dürfe, wenn das angerufene Gericht zumindest für einen Teil der einschlägigen materiellen Ansprüche zuständig sei (s insgesamt zB BVerwG vom 15.12.1992 - 5 B 144/91, NVwZ 1993, 358 mwN sowie vom 19.11.1997 - 2 B 178/96; vgl auch BSG vom 28.3.2000, BSGE 86, 78, 79 f = SozR 3-1300 § 111 Nr 8 S 26 f; Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl 2010, § 17 GVG - kommentiert bei § 41 VwGO - RdNr 54; Rennert in Eyermann/ Fröhler, VwGO, 13. Aufl 2010, § 41/§§ 17-17b GVG RdNr 20; Ehlers in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand 2010, § 41/§ 17 GVG RdNr 39).

24

Die geschilderte Ansicht wäre mit der Regelung des § 17b Abs 1 Satz 2 GVG vereinbar. Dieser ist zu entnehmen, dass auch eine Klageerhebung beim unzuständigen Gericht die Rechtshängigkeit mit den dazugehörigen Wirkungen (zB Hemmung der Verjährung: § 204 Abs 1 Nr 1 BGB)eintreten lässt. Dies gilt jedoch auch für eine vor dem SG erhobene Amtshaftungsklage und ebenso dann, wenn die Klage daneben auf weitere materielle Ansprüche gestützt wird (§ 213 BGB). So dürfte zwar im Fall des Klägers an sich bereits im Zeitpunkt der Entscheidung des LSG die dreijährige Verjährungsfrist für den Amtshaftungsanspruch (§ 195 iVm § 199 Abs 1 BGB) abgelaufen gewesen sein; diese war jedoch durch die Erhebung der Klage vor dem SG gehemmt. Würde das sozialgerichtliche Verfahren rechtskräftig beendet, hätte der Kläger danach sechs Monate Zeit, um Amtshaftungsklage vor dem LG zu erheben, ohne dass die Hemmung der Verjährung enden würde (§ 204 Abs 2 Satz 1 BGB). Die Rechtskraft der klageabweisenden Entscheidung im sozialgerichtlichen Verfahren stände einer derartigen Klage nicht entgegen (Rennert in Eyermann/Fröhler, VwGO, 13. Aufl 2010, § 41/§§ 17-17b GVG RdNr 20). Unentschieden kann hier bleiben, ob es dem Kläger auf der Grundlage der geschilderten Rechtsansicht freistünde, bereits während des sozialgerichtlichen Verfahrens vor dem LG zu klagen (so Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 51 RdNr 41; Zimmermann in Münchener Komm zur ZPO, 3. Aufl 2008, § 17 GVG RdNr 11), oder er daran durch die anderweitige Rechtshängigkeit der Sache (§ 17 Abs 1 Satz 2 GVG) gehindert wäre.

25

Würde man diese Rechtsansicht zugrunde legen, hätte das LSG, wenn auch verfahrensfehlerhaft, im Ergebnis richtig entschieden.

26

b) Die unter a) aufgezeigte Lösungsmöglichkeit kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn das LSG nicht schon kraft eigener Kompetenz verpflichtet wäre, über den Amtshaftungsanspruch des Klägers materiell zu entscheiden. Gemäß § 202 SGG iVm § 17a Abs 5 GVG hat das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht zu prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Griffe diese Bindungswirkung hier ein, so würde diese auch dann gelten, wenn das Klagebegehren auf Amtshaftung gerichtet ist. Unter diesen Umständen hätte das LSG über den Amtshaftungsanspruch ausnahmsweise im sozialgerichtlichen Verfahren zu entscheiden (vgl BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 1 RdNr 6; dieser Rechtsprechung folgend: Schleswig-Holsteinisches LSG vom 7.1.2005 - L 3 AL 72/04 - Juris RdNr 19; LSG Nordrhein-Westfalen vom 12.3.2009 - L 7 AS 75/08 - Juris RdNr 24; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 2 RdNr 35). Für die Bindungswirkung nach § 17a Abs 5 GVG wäre allerdings von vornherein kein Raum, wenn das SG unter Missachtung von § 17a Abs 3 Satz 2 GVG trotz einer Rüge des fehlerhaften Rechtswegs zur Sache entschieden hätte(vgl dazu BGH vom 18.9.2008 - V ZB 40/08 - NJW 2008, 3572, 3573; BVerwG vom 28.1.1994 - 7 B 198/93 - DVBl 1994, 762 f mwN), wovon wohl hier nicht auszugehen sein dürfte.

27

Vorliegend ist problematisch, ob die Berufung des Klägers, über die das LSG zu befinden hat, sich in Bezug auf den auch mit der Klage geltend gemachten Amtshaftungsanspruch "gegen eine Entscheidung in der Hauptsache" richtet oder ob diese nur die sozialrechtlichen Anspruchsgrundlagen des Klagebegehrens erfasst. Denn das SG ist - wie bereits unter a) dargelegt - fehlerhaft davon ausgegangen, dass kein Amtshaftungsanspruch geltend gemacht worden sei, und hat die Klage daher allein nach Prüfung sozialrechtlicher Anspruchsgrundlagen abgewiesen.

28

In der Rechtsprechung des BSG ist eine "Entscheidung in der Hauptsache" iS von § 17a Abs 5 GVG selbst dann angenommen worden, wenn das SG die auf Amtshaftung gerichtete Klage als unzulässig abgewiesen hat, mithin nicht in der Hauptsache über den Amtshaftungsanspruch entschieden hat, weil es die Klage aus einem anderen Grund als dem des Rechtswegs (mangels Vorverfahrens) für unzulässig gehalten hat. Danach trifft die Vorinstanz nur dann keine Entscheidung in der Hauptsache iS von § 17a Abs 5 GVG, wenn sie die Unzulässigkeit der Klage mit der fehlenden Rechtswegzuständigkeit begründet(vgl BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 1 RdNr 5; ferner BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 2 RdNr 35).

29

Im Übrigen ist eine "Entscheidung in der Hauptsache" angenommen worden, wenn das erstinstanzliche Gericht den Rechtsweg ausdrücklich oder auch nur stillschweigend - durch Sachentscheidung - bejaht hat (stRspr, BGHZ 127, 297, 300; BGH vom 18.9.2008 - V ZB 40/08 - NJW 2008, 3572, 3573 mwN; BAGE 92, 1, 3; BVerwG vom 22.11.1997 - 2 B 104/97 - BayVBl 1998, 603 mwN; zustimmend Kissel/Mayer, GVG, 6. Aufl 2010, § 17 RdNr 47). Das Verbot der Prüfung des Rechtswegs durch das Rechtsmittelgericht soll selbst dann gelten, wenn sowohl das erstinstanzliche Gericht als auch die Beteiligten die sich aus dem Sachverhalt im Hinblick auf die Zulässigkeit des Rechtswegs ergebenden Rechtsfragen übersehen bzw diese rechtsfehlerhaft beantwortet haben (BGH vom 18.9.2008 - V ZB 40/08 - NJW 2008, 3572, 3573; zustimmend Lückemann in Zöller, ZPO, 28. Aufl 2010, § 17a GVG RdNr 18; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl 2010, § 17a GVG RdNr 24; kritisch dazu Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl 2011, § 17a GVG RdNr 20; vgl auch Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl 2010 § 17a GVG - kommentiert bei § 41 VwGO - RdNr 44).

30

Das LSG wird daher zu prüfen haben, ob das SG im vorliegenden Fall eine "Entscheidung in der Hauptsache" iS von § 17a Abs 5 GVG getroffen hat. Sollte das LSG zu dieser Auffassung gelangen, hätte es kraft eigener Kompetenz über den Amtshaftungsanspruch zu entscheiden.

31

Eine Verletzung von § 17 Abs 2 Satz 2 GVG, wonach Art 34 Satz 3 GG unberührt bleibt, läge dann nicht vor. Letztere Vorschrift verbietet lediglich, den ordentlichen Rechtsweg von vornherein auszuschließen; das Verbot einer durch allgemeine Verfahrensvorschriften ausnahmsweise begründeten Zuständigkeit ist darin nicht enthalten (BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 1 RdNr 8; BAG vom 14.12.1998 - 5 AS 8/98 - AP Nr 38 zu § 17a GVG - Juris RdNr 18). Auch das Recht des Klägers auf den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG) wäre dann nicht verletzt.

32

3. Da die Beschwerde bereits aus den unter 1. dargelegten Gründen erfolgreich ist, kann dahinstehen, ob - wie der Kläger zusätzlich geltend macht - die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder eine Divergenz vorliegt.

33

4. Das LSG wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 21. September 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger streitet um Auskunfts- und Amtshaftungsansprüche gegen die Beklagte.

2

Der 1957 geborene Kläger ist Arzt. Er befindet sich im (gelockerten) Maßregelvollzug in der K. in B.

3

Am 21.7.2006 hat er beim SG Oldenburg Klage erhoben und von dem beklagten Rentenversicherungsträger Akteneinsicht und Auskunft nach § 74 SGB X (Übermittlung von Sozialdaten) verlangt. Daneben hat er einen Amtshaftungsanspruch gegen die Beklagte erhoben und beantragt, diesen Klageantrag abzutrennen und durch Beschluss an das zuständige Landgericht Oldenburg gemäß § 17a Abs 2 GVG zu verweisen(Klageschrift vom 13.7.2006). Das Klageverfahren blieb erfolglos, ohne dass das SG den in der Klageschrift erhobenen Amtshaftungsanspruch im Tatbestand oder in den Gründen seiner Entscheidung erwähnt hätte (SG Oldenburg, Gerichtsbescheid vom 14.12.2007).

4

Das LSG Niedersachsen-Bremen hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 21.9.2011). Soweit der Kläger einen Amtshaftungsanspruch geltend mache, sei dieser mangels erstinstanzlicher Entscheidung nicht vom Berufungsverfahren erfasst. Wenn das SG versehentlich über diesen Teil des Streitgegenstandes nicht entschieden haben sollte, hätte der Kläger eine Ergänzung des Gerichtsbescheids gemäß § 140 SGG beantragen müssen. Da er dies versäumt habe, sei die Rechtshängigkeit des Amtshaftungsanspruchs erloschen. Soweit der Kläger den Anspruch im Berufungsverfahren erneut geltend mache, liege eine unzulässige Klageänderung vor, die im Übrigen rechtsmissbräuchlich sei. Der Kläger wisse, dass die Amtshaftungsklage beim Landgericht Oldenburg zu erheben sei, so dass von der Verfolgung verfahrensfremder Zwecke auszugehen sei.

5

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Mit der Beschwerdebegründung vom 11.5.2012 macht der Kläger Verfahrensmängel, eine Rechtsprechungsabweichung und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Die vom Kläger persönlich eingereichten zahlreichen und umfangreichen Schreiben außerhalb des Verfahrens der Prozesskostenhilfe hat der Senat nicht berücksichtigt (§ 73 Abs 4 SGG).

6

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat im Ergebnis keinen Erfolg.

7

Der Kläger hat zwar formgerecht (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG) die Verletzung von Verfahrensvorschriften (§§ 17, 17a GVG, Art 101 Abs 1 S 2 GG, §§ 62, 140 SGG)gerügt (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Verfahrensmängel, die zu einer Aufhebung des Berufungsurteils führen könnten, liegen aber nicht vor. Die im Übrigen erhobenen Rügen der Rechtsprechungsabweichung (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG)und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) sind nicht ordnungsgemäß bezeichnet bzw dargelegt (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).

8

1. Die gerügten Verfahrensmängel sind jedenfalls nicht entscheidungserheblich.

9

Der Kläger beanstandet im Kern, dass weder das SG noch das LSG eine Vorabentscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs (§ 17a Abs 3 S 2 GVG) wegen des in der Klageschrift (S 17, 24) erhobenen Amtshaftungsanspruchs (Art 34 S 3 GG, § 839 BGB) getroffen und den Rechtsstreit insoweit nicht an das für Amtshaftungsansprüche zuständige Landgericht (§§ 13, 71 Abs 2 Nr 2 GVG) verwiesen haben. Aus damit im Zusammenhang stehenden Verhaltensweisen des LSG leitet er Verstöße gegen §§ 62, 140 SGG, §§ 17, 17a GVG und Art 101 GG ab und beantragt, den Rechtsstreit hinsichtlich des Amtshaftungsanspruchs an das zuständige Landgericht zu verweisen. Die Rügen erweisen sich sämtlich als unbegründet, da nicht entscheidungserheblich. Denn das LSG war nicht verpflichtet, den Rechtsstreit teilweise (hinsichtlich des Amtshaftungsanspruchs) an das Landgericht zu verweisen.

10

Der Senat hat bereits darauf hingewiesen (vgl Senatsbeschluss vom 20.10.2010 - SozR 4-1500 § 153 Nr 11 RdNr 23 mwN), dass ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit keine Teilverweisung an das Zivilgericht vornehmen darf. Denn einerseits kennt das GVG keine Teilverweisung, andererseits steht der Verweisung des gesamten Rechtsstreits (Streitgegenstands) der Grundsatz entgegen, dass eine solche nicht erfolgen darf, wenn das angerufene Gericht zumindest für einen Teil der einschlägigen materiellen Ansprüche zuständig ist (wie hier für den Anspruch nach § 74 SGB X). Deshalb ist auch von dem Ausspruch einer teilweisen Unzulässigkeit des Rechtsweges und einer teilweisen Verweisung des Rechtsstreits an die für Amtshaftungsansprüche zuständigen ordentlichen Gerichte gemäß § 17a Abs 2 GVG abzusehen(vgl BVerwG vom 19.11.1997 - 2 B 178/96 - Juris; vom 15.12.1992 - 5 B 144/91 - NVwZ 1993, 353; vom 31.3.1993 - 7 B 5/93 - Buchholz 300 § 17 GVG Nr 1; BGH vom 5.7.1990 - III ZR 166/89 - NVwZ 1990, 1103).

11

Rechtsnachteile hat der Kläger deshalb nicht zu befürchten. § 17b Abs 1 S 2 GVG ist zu entnehmen, dass auch eine Klageerhebung beim unzuständigen Gericht die Rechtshängigkeit mit den dazugehörigen Wirkungen(zB Hemmung der Verjährung: § 204 Abs 1 Nr 1 BGB)eintreten lässt (vgl dazu Senatsbeschluss vom 20.10.2010 - SozR 4-1500 § 153 Nr 11 RdNr 24 mwN).

12

Unzutreffend sind daher die - wenngleich für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht entscheidungserheblichen - Ausführungen des LSG, wenn es meint, dass die Rechtshängigkeit des Amtshaftungsanspruchs erloschen sei, weil der Kläger den Gerichtsbescheid, der den Amtshaftungsanspruch unerwähnt lässt, nicht nach § 140 SGG hat ergänzen lassen. Dies kann dem Kläger jedenfalls nicht zum Nachteil gereichen (vgl Senatsbeschluss vom 26.8.1994 - 13 RJ 9/94 - Juris RdNr 32 im Fall einer zu Unrecht erfolgten Ausklammerung eines Anspruchs).

13

Aus Art 34 S 3 GG, § 17 Abs 2 S 2 GVG ergibt sich die alleinige Entscheidungszuständigkeit der ordentlichen Gerichte für Amtshaftungsansprüche. Ein Ausnahmefall, der dem LSG über die Bindungswirkung des § 17a Abs 5 GVG als Rechtsmittelgericht eine eigene Kompetenz geben könnte, über den Amtshaftungsanspruch zu entscheiden, liegt nicht vor(vgl dazu Senatsbeschluss vom 20.10.2010 - SozR 4-1500 § 153 Nr 11 RdNr 24 ff mwN). Denn das SG hat keine "Entscheidung in der Hauptsache" iS von § 17a Abs 5 GVG über den Amtshaftungsanspruch getroffen(vgl BSG aaO RdNr 28 mwN). Damit hat das LSG auch nicht über eine etwaige Rechtsmissbräuchlichkeit der vom Kläger erhobenen Amtshaftungsklage zu entscheiden. Dies obliegt vielmehr dem gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 S 2 GG; vgl BVerwG vom 5.2.2001 - 6 B 8/01 - Buchholz 300 § 17a GVG Nr 18). Auch insoweit liegt jedoch kein entscheidungserheblicher Verfahrensmangel vor.

14

2. Eine Divergenz hat der Kläger nicht hinreichend bezeichnet.

15

Divergenz liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zu Grunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet dies: Die Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in der in Bezug genommenen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht. Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das BSG die oberstgerichtliche Rechtsprechung im Revisionsverfahren seiner Entscheidung zu Grunde zu legen haben wird (stRspr, vgl zum Ganzen: BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; SozR 4-1500 § 160 Nr 10 RdNr 4; SozR 1500 § 160a Nr 67 S 89 ff; SozR 1500 § 160a Nr 14 S 22).

16

Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Klägers nicht. Zwar meint er, das Berufungsurteil weiche, soweit es den Amtshaftungsanspruch angehe, von den Rechtsgrundsätzen ab, die das BSG im Urteil vom 26.5.2011 - B 10 EG 12/10 R - (zur Veröffentlichung in SozR 4-7837 § 4 Nr 2 vorgesehen) aufgestellt habe. Demnach sei das LSG als Berufungsinstanz befugt (möglicherweise sogar verpflichtet), auch dann über die Rechtmäßigkeit eines Bescheids zu entscheiden, wenn dieser bereits in der ersten Instanz gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden sei, das SG zu dem Bescheid aber kein Wort verloren habe.

17

Für die formgerechte Bezeichnung einer Divergenz ist es aber nicht ausreichend, lediglich zu behaupten, das LSG habe gegen "die Rechtsgrundsätze" aus dem vorgenannten Urteil des BSG verstoßen. Ungeachtet dessen, dass der Kläger mit diesem Vortrag keinen abstrakten Rechtssatz aus dem Urteil des BSG bezeichnet hat, hat er auch versäumt, einen Rechtssatz aus dem Berufungsurteil aufzuzeigen.

18

3. Der Kläger hat auch nicht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ordnungsgemäß dargelegt.

19

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).

20
        

Der Kläger hält für grundsätzlich bedeutsam die Rechtsfrage:

        

"Welche Voraussetzungen muss der Antragsteller nachweisen, um den Anspruch auf Offenbarung personenbezogener Daten einer als unterhalts- und/oder zugewinnausgleichspflichtig in Betracht kommenden Person gem. § 74 Satz 1 Nr. 1a bzw. Nr. 2a SGB X geltend machen zu können?"

21

Es kann dahinstehen, ob es sich hierbei um eine klärungsbedürftige Rechts- oder nicht vielmehr um eine Tatsachenfrage handelt, die ersichtlich auf den Einzelfall des Klägers zugeschnitten ist und der deshalb von vornherein keine Breitenwirkung zukommen kann. Auch wenn der Kläger behauptet, dass zu dieser Frage bisher keine Rechtsprechung des BSG existiere und sie sich auch nicht aus Wortlaut, Sinn und Zweck von § 74 SGB X beantworten ließe, fehlt es jedenfalls an ausreichendem Vortrag zur Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Frage in einem angestrebten Revisionsverfahren. Auf der Grundlage des klägerischen Vortrags kann der Senat nicht beurteilen, ob die Frage in einem angestrebten Revisionsverfahren überhaupt entscheidungserheblich wäre. Denn der Kläger hat versäumt, den Inhalt des Berufungsurteils in nachvollziehbarer Weise darzulegen. Es fehlt an einer substantiierten Darstellung des Sachverhalts und der vom LSG ausgeurteilten maßgeblichen Entscheidungsgründe. Denn er trägt lediglich vor, dass er sich "in einem familiengerichtlichen Verfahren mit der im Jahre 2006 geschiedenen Ehefrau" befinde und teilt nur rudimentär Ausführungen des LSG mit ("das LSG unterstellt", S 7, S 8, S 10 der Beschwerdebegründung).

22

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Thüringer Landessozialgerichts vom 21. Januar 2010 in Gestalt des Urteils vom 27. April 2010 - L 2 R 238/10 - aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Der Kläger, dem die Beklagte aufgrund eines Herstellungsanspruchs freiwillige Beiträge erstattet hat, begehrt auch die Zahlung von Zinsen.

2

Dem Antrag des Klägers auf Erstattung freiwillig entrichteter Beiträge von Januar 1992 bis Dezember 2004 entsprach die Beklagte in voller Höhe "im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs aufgrund eines Beratungsmangels" (Bescheid vom 25.1.2005). Der Widerspruch mit dem Begehren, den Erstattungsbetrag (9479,53 Euro) zu verzinsen (4479,14 Euro bis zum 31.3.2005), blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 19.5.2005).

3

Das SG Gotha hat die Klage auf Verurteilung zur Zahlung der Zinsen sowie die hilfsweise erhobene Klage auf Feststellung eines Anspruchs auf die gesetzlichen Verzugszinsen abgewiesen (Urteil vom 22.1.2007). Ein Amtshaftungsanspruch sei mit der Klage nicht zweifelsfrei geltend gemacht worden. Daher sei es nicht erforderlich gewesen, diesen Teil des Rechtsstreits abzutrennen und an das Zivilgericht zu verweisen.

4

Im Berufungsverfahren hat der Senatsvorsitzende dem Kläger mit Schreiben vom 13.1.2009 mitgeteilt, dass für in die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit fallende Ansprüche beabsichtigt sei, durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 SGG zu entscheiden. Soweit der Kläger Amtshaftungsansprüche verfolge, sei beabsichtigt, den Rechtsstreit abzutrennen und an das Landgericht (LG) Erfurt zu verweisen. Mit weiterem Schreiben vom 23.1.2009 hat der Senatsvorsitzende auf den Schriftsatz des Klägers vom 16.1.2009 mitgeteilt, für die ausdrücklich erst im Berufungsverfahren geltend gemachten Amtshaftungsansprüche werde an der Absicht der Trennung und Verweisung des Rechtsstreits an das LG Erfurt festgehalten.

5

Mit Beschluss vom 21.1.2010 hat das Thüringer LSG die Berufung des Klägers unter Auferlegung einer Missbrauchsgebühr von 600 Euro zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe weder einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen noch auf die hilfsweise begehrte Feststellung eines solchen Anspruchs. Der Kläger könne einen Zinsanspruch nicht aus einer direkten bzw analogen Anwendung von § 44 Abs 1 SGB I bzw von § 27 Abs 1 SGB IV oder aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen herleiten, weil die freiwilligen Beiträge zu Recht entrichtet worden seien. Da das SG die behaupteten Anspruchsgrundlagen als öffentlich-rechtlich qualifiziert habe, sei das LSG an die vom SG angenommene Zulässigkeit des Rechtswegs zur Sozialgerichtsbarkeit gebunden. Eine Verweisung des Rechtsstreits wegen des (auch) geltend gemachten Amtshaftungsanspruchs dürfe nicht erfolgen. Über solche Ansprüche dürfe ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit nicht entscheiden, denn nach § 17 Abs 2 Satz 2 GVG bleibe Art 34 Satz 3 GG unberührt. Rechtfertigten die übrigen Anspruchsgrundlagen kein stattgebendes Urteil, so sei die Klage als unbegründet abzuweisen; eine Verweisung sei nicht zulässig (Hinweis ua auf Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 51 RdNr 41).

6

Der Antrag des Klägers auf Ergänzung des Beschlusses vom 21.1.2010 um die Verweisung des Rechtsstreits wegen des Schadensersatzanspruchs nach bürgerlich-rechtlichen Vorschriften an das LSG blieb erfolglos (Thüringer LSG, Urteil vom 27.4.2010 - L 2 R 238/10). Zur Begründung heißt es, der angefochtene Beschluss habe keinen vom Kläger erhobenen Anspruch iS von § 140 Abs 1 SGG übergangen, sondern "ausgeführt, dass die auch auf Amtshaftung gestützte Klage als unbegründet abgewiesen wird, wenn die sonstigen Anspruchsgrundlagen kein stattgebendes Urteil rechtfertigen und … darauf hingewiesen, dass eine Verweisung an das LG Erfurt nicht zulässig ist."

7

Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Kläger Verfahrensmängel, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Divergenz. Er beantragt die Aufhebung der ihm auferlegten Verschuldenskosten und trägt vor:

8

Das LSG habe den Rechtsstreit hinsichtlich des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs an das LG Erfurt verweisen oder den Rechtsstreit gemäß § 159 Abs 1 SGG an das SG zurückverweisen müssen. Durch die unterbliebene Verweisung seien § 17 Abs 2 Satz 2 GVG iVm Art 34 Satz 3 GG und das Grundrecht des Klägers auf den gesetzlichen Richter(Art 101 Abs 1 Satz 2 GG, § 16 GVG, Art 87 Abs 3 der Verfassung des Freistaats Thüringen) verletzt worden. Das LSG habe zudem den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 GG) missachtet, weil es nicht ohne erneute Anhörung des Klägers gemäß § 153 Abs 4 Satz 2 SGG über die Berufung insgesamt hätte entscheiden dürfen. Im Fall einer erneuten Anhörung wäre nicht auszuschließen gewesen, dass die Entscheidung anders ausgefallen wäre. Durch die vom LSG gewählte Verfahrensweise liege eine zur Rechtsprechung des BSG vom 16.3.2006 (B 4 RA 24/05 B) divergierende Entscheidung vor, die die Zulassung der Revision rechtfertige. Der Kläger hält ferner vier Fragen für grundsätzlich bedeutsam.

9

II. Auf die Beschwerde des Klägers war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

10

1. Der Kläger hat formgerecht (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG) und auch im Ergebnis zutreffend die Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 128 Abs 2, § 62 SGG) in Ausprägung der Regelung des § 153 Abs 4 Satz 2 SGG gerügt(§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

11

Er beanstandet mit Recht, dass das LSG über seine Berufung entschieden hat, ohne ihn erneut gemäß § 153 Abs 4 Satz 2 SGG vor der Beschlussfassung gemäß Satz 1 dieser Vorschrift angehört zu haben.

12

a) Gemäß § 153 Abs 4 Satz 1 SGG kann das LSG die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Nach Satz 2 der Vorschrift sind die Beteiligten vorher zu hören. Die Anhörungspflicht nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG ist Ausdruck des verfassungsrechtlichen Gebots des rechtlichen Gehörs(Art 103 Abs 1 GG), das bei Anwendung des vereinfachten Verfahrens im Berufungsrechtszug nicht verkürzt werden darf (vgl Senatsbeschluss vom 29.8.2006 - SozR 4-1500 § 153 Nr 5 RdNr 5; BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 4 S 11 f mwN).

13

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist eine erneute Anhörung gemäß § 153 Abs 4 Satz 2 SGG erforderlich, wenn sich nach der ersten Anhörungsmitteilung die Prozesssituation entscheidungserheblich ändert(vgl zB Senatsbeschluss vom 15.7.2009 - B 13 RS 46/09 B - Juris RdNr 9; Senatsurteil vom 17.8.2000 - B 13 RJ 69/99 R - Juris RdNr 16 mwN; BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 4 S 12; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 153 RdNr 20). Insoweit gilt Entsprechendes wie für den sog Verbrauch einer Einverständniserklärung nach § 124 Abs 2 SGG (BSG SozR 3-1500 § 124 Nr 4 S 8).

14

Die Prozesssituation ändert sich auch dann entscheidungserheblich, wenn das LSG seine gegenüber den Beteiligten in einem entscheidungserheblichen Punkt geäußerte Rechtsauffassung ändert (vgl für das Verfahren nach § 124 Abs 2 SGG bereits BSG SozR 4-1500 § 124 Nr 1 RdNr 8). Die Beteiligten müssen dann vor der Beschlussfassung gemäß § 153 Abs 4 Satz 1 SGG erneut Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

15

b) Indem das LSG entgegen der mit Anhörungsschreiben vom 13.1. und 23.1.2009 gegenüber den Beteiligten angekündigten Verfahrensweise - den Amtshaftungsanspruch abzutrennen und an das Zivilgericht zu verweisen - die Berufung durch Beschluss gleichwohl insgesamt zurückgewiesen hat, ohne den Kläger über die geänderte Rechtsauffassung vor der Beschlussfassung zu informieren und ihn erneut anzuhören, hat es gegen § 153 Abs 4 Satz 2 SGG verstoßen. Dies war verfahrensfehlerhaft, ungeachtet der Frage, ob die vom LSG angekündigte Verfahrensweise rechtens gewesen wäre.

16

Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des LSG war für den Kläger nicht vorhersehbar, dass das LSG entgegen eigener Ankündigung über die Berufung ohne teilweise Verweisung des Rechtsstreits an das Zivilgericht entscheiden werde. Mit einem solchen Prozessverlauf musste der Kläger nicht rechnen. Durch den zweimaligen, eine Verweisung ankündigenden Hinweis des Senatsvorsitzenden hatte sich dieser (vorläufig) rechtlich festgelegt. Diese verlautbarte Rechtsauffassung entsprach der des Klägers, so dass dieser insoweit auf einen Verfahrensausgang in seinem Sinne vertrauen durfte. Genau das Gegenteil hat das LSG entschieden.

17

c) Bei einer Verletzung des § 153 Abs 4 SGG sind keine näheren Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensfehlers erforderlich. Wenn das LSG nur nach einer - unterbliebenen - erneuten Anhörungsmitteilung im gewählten vereinfachten Beschlussverfahren hätte entscheiden dürfen, bedarf es keiner Prüfung, was der Kläger auf den gebotenen schriftlichen Hinweis zur geänderten Rechtsmeinung oder in einer mündlichen Verhandlung vorgetragen hätte. Es handelt sich um einen absoluten Revisionsgrund gemäß § 202 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO, denn die Verletzung des § 153 Abs 4 SGG führt zur nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des LSG ohne ehrenamtliche Richter(vgl Senatsbeschluss vom 29.8.2006 - SozR 4-1500 § 153 Nr 5 RdNr 10; BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 13 S 40; BSG vom 8.11.2001 - B 11 AL 37/01 R - Juris RdNr 15; vgl auch BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 2 RdNr 10).

18

d) Zur Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerungen hebt der Senat gemäß § 160a Abs 5 SGG den angefochtenen Beschluss auf und verweist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurück.

19

2. Der Senat kann daher offen lassen, ob weitere der gerügten Verfahrensmängel vorliegen; darauf kommt es hier nicht mehr entscheidend an. Gleichwohl weist er, ohne damit abschließend alle denkbaren Alternativen aufzeigen zu wollen, auf Folgendes hin:

20

a) Das SG hat im Urteil vom 22.1.2007 nicht über einen Anspruch nach § 839 BGB iVm Art 34 GG entschieden, weil es den Antrag des Klägers so ausgelegt hat, dass sich daraus "noch kein Anspruch (gemeint: keine Geltendmachung eines Anspruchs) aus Amtspflichtverletzung" ergab. Damit hat das SG die geltend gemachten Ansprüche aber nicht vollends erfasst.

21

Denn zum einen hat sich der Kläger in der Klageschrift vom 28.5.2005 (erstinstanzlich hat er sich nicht weiter geäußert) durchaus auch auf einen "Schadensersatzanspruch nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen (§§ 812, 823 BGB)" bezogen und lediglich um Hinweis des Gerichts gebeten, falls nach dessen Ansicht "nicht die Beklagte, sondern die Bundesrepublik Deutschland nach den Grundsätzen der Amtshaftung (§ 839 BGB) zuständig sein" sollte.

22

Zum anderen hätte das SG selbst dann prüfen müssen, ob es über einen Amtshaftungsanspruch zu entscheiden hatte, wenn der Kläger diesen nicht ausdrücklich benannt hätte. Denn zwar oblag es nach der auch im sozialgerichtlichen Verfahren maßgebenden Dispositionsmaxime (s Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, Vor § 60 RdNr 3) diesem, welche "Ansprüche" er nach § 123 SGG "erheben" wollte. Damit war jedoch nicht in sein Belieben gestellt, auf welche materiell-rechtlichen Vorschriften er sein Begehren stützen wollte, vielmehr ist hiermit nur gesagt, dass er den Streitgegenstand bestimmt, also den Lebenssachverhalt und dasjenige, was er auf dessen Grundlage als gerichtliche Entscheidung anstrebt ("prozessualer Anspruch"; vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 95 RdNr 5): Der Kläger hat die Fakten zu liefern, die rechtliche Subsumtion ist Sache des Gerichts ("da mihi factum, dabo tibi ius"; "iura novit curia"; vgl insoweit auch zB BSG vom 28.3.2000, BSGE 86, 78, 79 f = SozR 3-1300 § 111 Nr 8 S 27).

23

Das LSG ist (unter Berufung auf Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 51 RdNr 41; dieser wiederum unter Hinweis auf Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl 2007, § 17 GVG RdNr 7) davon ausgegangen, ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit habe eine sowohl auf Amtshaftung wie auf sozialrechtliche Ansprüche gestützte Klage nicht - auch nicht teilweise - an das zuständige LG zu verweisen, sondern lediglich über die Anspruchsgrundlagen außerhalb der Amtshaftung zu entscheiden. Diese Verfahrensweise entspricht einer verbreiteten Rechtsansicht, die zur Begründung anführt, dass einerseits das GVG keine Teilverweisung kenne und andererseits einer Verweisung des gesamten Rechtsstreits (Streitgegenstands) der Grundsatz entgegenstehe, dass eine solche nicht erfolgen dürfe, wenn das angerufene Gericht zumindest für einen Teil der einschlägigen materiellen Ansprüche zuständig sei (s insgesamt zB BVerwG vom 15.12.1992 - 5 B 144/91, NVwZ 1993, 358 mwN sowie vom 19.11.1997 - 2 B 178/96; vgl auch BSG vom 28.3.2000, BSGE 86, 78, 79 f = SozR 3-1300 § 111 Nr 8 S 26 f; Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl 2010, § 17 GVG - kommentiert bei § 41 VwGO - RdNr 54; Rennert in Eyermann/ Fröhler, VwGO, 13. Aufl 2010, § 41/§§ 17-17b GVG RdNr 20; Ehlers in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand 2010, § 41/§ 17 GVG RdNr 39).

24

Die geschilderte Ansicht wäre mit der Regelung des § 17b Abs 1 Satz 2 GVG vereinbar. Dieser ist zu entnehmen, dass auch eine Klageerhebung beim unzuständigen Gericht die Rechtshängigkeit mit den dazugehörigen Wirkungen (zB Hemmung der Verjährung: § 204 Abs 1 Nr 1 BGB)eintreten lässt. Dies gilt jedoch auch für eine vor dem SG erhobene Amtshaftungsklage und ebenso dann, wenn die Klage daneben auf weitere materielle Ansprüche gestützt wird (§ 213 BGB). So dürfte zwar im Fall des Klägers an sich bereits im Zeitpunkt der Entscheidung des LSG die dreijährige Verjährungsfrist für den Amtshaftungsanspruch (§ 195 iVm § 199 Abs 1 BGB) abgelaufen gewesen sein; diese war jedoch durch die Erhebung der Klage vor dem SG gehemmt. Würde das sozialgerichtliche Verfahren rechtskräftig beendet, hätte der Kläger danach sechs Monate Zeit, um Amtshaftungsklage vor dem LG zu erheben, ohne dass die Hemmung der Verjährung enden würde (§ 204 Abs 2 Satz 1 BGB). Die Rechtskraft der klageabweisenden Entscheidung im sozialgerichtlichen Verfahren stände einer derartigen Klage nicht entgegen (Rennert in Eyermann/Fröhler, VwGO, 13. Aufl 2010, § 41/§§ 17-17b GVG RdNr 20). Unentschieden kann hier bleiben, ob es dem Kläger auf der Grundlage der geschilderten Rechtsansicht freistünde, bereits während des sozialgerichtlichen Verfahrens vor dem LG zu klagen (so Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 51 RdNr 41; Zimmermann in Münchener Komm zur ZPO, 3. Aufl 2008, § 17 GVG RdNr 11), oder er daran durch die anderweitige Rechtshängigkeit der Sache (§ 17 Abs 1 Satz 2 GVG) gehindert wäre.

25

Würde man diese Rechtsansicht zugrunde legen, hätte das LSG, wenn auch verfahrensfehlerhaft, im Ergebnis richtig entschieden.

26

b) Die unter a) aufgezeigte Lösungsmöglichkeit kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn das LSG nicht schon kraft eigener Kompetenz verpflichtet wäre, über den Amtshaftungsanspruch des Klägers materiell zu entscheiden. Gemäß § 202 SGG iVm § 17a Abs 5 GVG hat das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht zu prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Griffe diese Bindungswirkung hier ein, so würde diese auch dann gelten, wenn das Klagebegehren auf Amtshaftung gerichtet ist. Unter diesen Umständen hätte das LSG über den Amtshaftungsanspruch ausnahmsweise im sozialgerichtlichen Verfahren zu entscheiden (vgl BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 1 RdNr 6; dieser Rechtsprechung folgend: Schleswig-Holsteinisches LSG vom 7.1.2005 - L 3 AL 72/04 - Juris RdNr 19; LSG Nordrhein-Westfalen vom 12.3.2009 - L 7 AS 75/08 - Juris RdNr 24; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 2 RdNr 35). Für die Bindungswirkung nach § 17a Abs 5 GVG wäre allerdings von vornherein kein Raum, wenn das SG unter Missachtung von § 17a Abs 3 Satz 2 GVG trotz einer Rüge des fehlerhaften Rechtswegs zur Sache entschieden hätte(vgl dazu BGH vom 18.9.2008 - V ZB 40/08 - NJW 2008, 3572, 3573; BVerwG vom 28.1.1994 - 7 B 198/93 - DVBl 1994, 762 f mwN), wovon wohl hier nicht auszugehen sein dürfte.

27

Vorliegend ist problematisch, ob die Berufung des Klägers, über die das LSG zu befinden hat, sich in Bezug auf den auch mit der Klage geltend gemachten Amtshaftungsanspruch "gegen eine Entscheidung in der Hauptsache" richtet oder ob diese nur die sozialrechtlichen Anspruchsgrundlagen des Klagebegehrens erfasst. Denn das SG ist - wie bereits unter a) dargelegt - fehlerhaft davon ausgegangen, dass kein Amtshaftungsanspruch geltend gemacht worden sei, und hat die Klage daher allein nach Prüfung sozialrechtlicher Anspruchsgrundlagen abgewiesen.

28

In der Rechtsprechung des BSG ist eine "Entscheidung in der Hauptsache" iS von § 17a Abs 5 GVG selbst dann angenommen worden, wenn das SG die auf Amtshaftung gerichtete Klage als unzulässig abgewiesen hat, mithin nicht in der Hauptsache über den Amtshaftungsanspruch entschieden hat, weil es die Klage aus einem anderen Grund als dem des Rechtswegs (mangels Vorverfahrens) für unzulässig gehalten hat. Danach trifft die Vorinstanz nur dann keine Entscheidung in der Hauptsache iS von § 17a Abs 5 GVG, wenn sie die Unzulässigkeit der Klage mit der fehlenden Rechtswegzuständigkeit begründet(vgl BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 1 RdNr 5; ferner BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 2 RdNr 35).

29

Im Übrigen ist eine "Entscheidung in der Hauptsache" angenommen worden, wenn das erstinstanzliche Gericht den Rechtsweg ausdrücklich oder auch nur stillschweigend - durch Sachentscheidung - bejaht hat (stRspr, BGHZ 127, 297, 300; BGH vom 18.9.2008 - V ZB 40/08 - NJW 2008, 3572, 3573 mwN; BAGE 92, 1, 3; BVerwG vom 22.11.1997 - 2 B 104/97 - BayVBl 1998, 603 mwN; zustimmend Kissel/Mayer, GVG, 6. Aufl 2010, § 17 RdNr 47). Das Verbot der Prüfung des Rechtswegs durch das Rechtsmittelgericht soll selbst dann gelten, wenn sowohl das erstinstanzliche Gericht als auch die Beteiligten die sich aus dem Sachverhalt im Hinblick auf die Zulässigkeit des Rechtswegs ergebenden Rechtsfragen übersehen bzw diese rechtsfehlerhaft beantwortet haben (BGH vom 18.9.2008 - V ZB 40/08 - NJW 2008, 3572, 3573; zustimmend Lückemann in Zöller, ZPO, 28. Aufl 2010, § 17a GVG RdNr 18; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl 2010, § 17a GVG RdNr 24; kritisch dazu Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl 2011, § 17a GVG RdNr 20; vgl auch Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl 2010 § 17a GVG - kommentiert bei § 41 VwGO - RdNr 44).

30

Das LSG wird daher zu prüfen haben, ob das SG im vorliegenden Fall eine "Entscheidung in der Hauptsache" iS von § 17a Abs 5 GVG getroffen hat. Sollte das LSG zu dieser Auffassung gelangen, hätte es kraft eigener Kompetenz über den Amtshaftungsanspruch zu entscheiden.

31

Eine Verletzung von § 17 Abs 2 Satz 2 GVG, wonach Art 34 Satz 3 GG unberührt bleibt, läge dann nicht vor. Letztere Vorschrift verbietet lediglich, den ordentlichen Rechtsweg von vornherein auszuschließen; das Verbot einer durch allgemeine Verfahrensvorschriften ausnahmsweise begründeten Zuständigkeit ist darin nicht enthalten (BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 1 RdNr 8; BAG vom 14.12.1998 - 5 AS 8/98 - AP Nr 38 zu § 17a GVG - Juris RdNr 18). Auch das Recht des Klägers auf den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG) wäre dann nicht verletzt.

32

3. Da die Beschwerde bereits aus den unter 1. dargelegten Gründen erfolgreich ist, kann dahinstehen, ob - wie der Kläger zusätzlich geltend macht - die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder eine Divergenz vorliegt.

33

4. Das LSG wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.

(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.

(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.

(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.

(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.

Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich, wenn

1.
die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte,
2.
der Rentenartfaktor und
3.
der aktuelle Rentenwert
mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden.

(1) Die persönlichen Entgeltpunkte für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente ergeben sich, indem die Summe aller Entgeltpunkte für

1.
Beitragszeiten,
2.
beitragsfreie Zeiten,
3.
Zuschläge für beitragsgeminderte Zeiten,
4.
Zuschläge oder Abschläge aus einem durchgeführten Versorgungsausgleich oder Rentensplitting,
5.
Zuschläge aus Zahlung von Beiträgen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters oder bei Abfindungen von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung oder von Anrechten bei der Versorgungsausgleichskasse,
6.
Zuschläge an Entgeltpunkten für Arbeitsentgelt aus geringfügiger Beschäftigung,
7.
Arbeitsentgelt aus nach § 23b Abs. 2 Satz 1 bis 4 des Vierten Buches aufgelösten Wertguthaben,
8.
Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters,
9.
Zuschläge an Entgeltpunkten für Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung,
10.
Zuschläge an Entgeltpunkten für nachversicherte Soldaten auf Zeit und
11.
Zuschläge an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung
mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt und bei Witwenrenten und Witwerrenten sowie bei Waisenrenten um einen Zuschlag erhöht wird. Persönliche Entgeltpunkte nach Satz 1 Nummer 11 sind für die Anwendung von § 97a von den übrigen persönlichen Entgeltpunkten getrennt zu ermitteln, indem der Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt wird.

(2) Grundlage für die Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte sind die Entgeltpunkte

1.
des Versicherten bei einer Rente wegen Alters, wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei einer Erziehungsrente,
2.
des verstorbenen Versicherten bei einer Witwenrente, Witwerrente und Halbwaisenrente,
3.
der zwei verstorbenen Versicherten mit den höchsten Renten bei einer Vollwaisenrente.

(3) Bei einer Teilrente (§ 42 Absatz 1) ergeben sich die in Anspruch genommenen Entgeltpunkte aus der Summe aller Entgeltpunkte entsprechend dem Verhältnis der Teilrente zu der Vollrente.

(3a) Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters werden mit Ablauf des Kalendermonats des Erreichens der Regelaltersgrenze und anschließend jährlich zum 1. Juli berücksichtigt. Dabei sind für die jährliche Berücksichtigung zum 1. Juli die für das vergangene Kalenderjahr ermittelten Zuschläge maßgebend.

(4) Bei einer nur teilweise zu leistenden Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ergeben sich die jeweils in Anspruch genommenen Entgeltpunkte aus dem Monatsbetrag der Rente nach Anrechnung des Hinzuverdienstes im Wege einer Rückrechnung unter Berücksichtigung des maßgeblichen aktuellen Rentenwerts, des Rentenartfaktors und des jeweiligen Zugangsfaktors.

(1) Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Als Beitragszeiten gelten auch Zeiten, für die Entgeltpunkte gutgeschrieben worden sind, weil gleichzeitig Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung oder Zeiten der Pflege eines pflegebedürftigen Kindes für mehrere Kinder vorliegen.

(2) Soweit ein Anspruch auf Rente eine bestimmte Anzahl an Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit voraussetzt, zählen hierzu auch

1.
freiwillige Beiträge, die als Pflichtbeiträge gelten, oder
2.
Pflichtbeiträge, für die aus den in § 3 oder § 4 genannten Gründen Beiträge gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten, oder
3.
Beiträge für Anrechnungszeiten, die ein Leistungsträger mitgetragen hat.

(1) Pflichtbeiträge sind wirksam, wenn sie gezahlt werden, solange der Anspruch auf ihre Zahlung noch nicht verjährt ist.

(2) Freiwillige Beiträge sind wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden.

(3) In Fällen besonderer Härte, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, ist auf Antrag der Versicherten die Zahlung von Beiträgen auch nach Ablauf der in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen zuzulassen, wenn die Versicherten an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert waren. Der Antrag kann nur innerhalb von drei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt werden. Die Beitragszahlung hat binnen einer vom Träger der Rentenversicherung zu bestimmenden angemessenen Frist zu erfolgen.

(4) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 des Zehnten Buches ist ausgeschlossen.

Bei Beschäftigungszeiten, die den Trägern der Rentenversicherung ordnungsgemäß gemeldet worden sind, wird vermutet, dass während dieser Zeiten ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit dem gemeldeten Arbeitsentgelt bestanden hat und der Beitrag dafür wirksam gezahlt worden ist. Die Versicherten können von den Trägern der Rentenversicherung die Feststellung verlangen, dass während einer ordnungsgemäß gemeldeten Beschäftigungszeit ein gültiges Versicherungsverhältnis bestanden hat. Die Sätze 1 und 2 sind für Zeiten einer nicht erwerbsmäßigen häuslichen Pflege entsprechend anzuwenden.

(1) Machen Versicherte glaubhaft, dass sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt haben und für diese Beschäftigung entsprechende Beiträge gezahlt worden sind, ist die Beschäftigungszeit als Beitragszeit anzuerkennen.

(2) Machen Versicherte glaubhaft, dass der auf sie entfallende Beitragsanteil vom Arbeitsentgelt abgezogen worden ist, so gilt der Beitrag als gezahlt.

(1) Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Als Beitragszeiten gelten auch Zeiten, für die Entgeltpunkte gutgeschrieben worden sind, weil gleichzeitig Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung oder Zeiten der Pflege eines pflegebedürftigen Kindes für mehrere Kinder vorliegen.

(2) Soweit ein Anspruch auf Rente eine bestimmte Anzahl an Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit voraussetzt, zählen hierzu auch

1.
freiwillige Beiträge, die als Pflichtbeiträge gelten, oder
2.
Pflichtbeiträge, für die aus den in § 3 oder § 4 genannten Gründen Beiträge gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten, oder
3.
Beiträge für Anrechnungszeiten, die ein Leistungsträger mitgetragen hat.

(1) Soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, geht dieser auf den Versicherungsträger über, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird; dies gilt nicht, soweit

1.
der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt oder sonstige der Beitragspflicht unterliegende Leistungen erbringt oder
2.
der Anspruch auf Ersatz von Beiträgen nach § 116 übergegangen ist.
Für den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung gilt § 116 Abs. 3 Satz 1 und 2 entsprechend, soweit die Beiträge auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem bei unbegrenzter Haftung zu ersetzenden Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und der bei Bezug von Sozialleistungen beitragspflichtigen Einnahme entfallen.

(2) Der Versicherungsträger, auf den ein Teil des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 116 übergeht, übermittelt den von ihm festgestellten Sachverhalt dem Träger der Rentenversicherung auf einem einheitlichen Meldevordruck. Das Nähere über den Inhalt des Meldevordrucks und das Mitteilungsverfahren bestimmen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger.

(3) Die eingegangenen Beiträge oder Beitragsanteile gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge. Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Versicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte.

(4) Die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag ist im Einzelfall zulässig. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gelten für die Mitwirkungspflichten des Geschädigten die §§ 60, 61, 65 Abs. 1 und 3 sowie § 65a des Ersten Buches entsprechend.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 6. Mai 2004 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin und Berufungsbeklagte (künftig: Klägerin) begehrt festzustellen, die Beklagte habe einen Beitragsschaden nach § 119 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X - gegenüber der Beigeladenen als beteiligter Haftpflichtversicherung geltend zu machen.
Die am ... 1961 geborene und verheiratete Klägerin, Mutter zweier am 9. September 1992 und am 8. Mai 1994 geborener Kinder, absolvierte von 1977 bis 1979 erfolgreich eine Ausbildung zur technischen Zeichnerin. Anschließend war sie im erlernten Beruf bei der Firma N. GmbH, R., versicherungspflichtig beschäftigt.
Am 30. November 1988 erlitt die Klägerin auf der Fahrt mit dem eigenen Pkw zur Arbeitsstelle gegen 6:45 Uhr einen Unfall durch Zusammenprall mit einem anderen, bei der Beigeladenen versicherten Pkw, der die Vorfahrt der Klägerin nicht beachtet hatte. Vom Unfalltag bis zum 15. Dezember 1988 wurde die Klägerin in der Chirurgischen Klinik stationär behandelt. Im von Prof. Dr. K. unterzeichneten Entlassungsbericht der Klinik vom 16. Januar 1989 wurden als Diagnosen mitgeteilt: Sternumfraktur, HWS-Distorsion und Schädelprellung.
Im Rahmen der Weiterbehandlung zu Lasten der Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft (BG) wurde die Klägerin am 13. und 20. Februar 1989 in der Neurologischen Klinik ambulant untersucht und vom 6. bis 13. März 1989 stationär behandelt. Im Entlassungsbericht vom 17. März 1989 stellte PD Dr. K. die Diagnosen kloniforme Muskelzuckungen unklarer Genese, Zustand nach HWS-Distorsion, Schädelprellung und Sternumfraktur .
Vom 6. bis zum 9. Juni 1989 unterzog sich die Klägerin wegen anhaltender Zuckungen überwiegend des linken Armes einer weiteren stationären Heilbehandlung, nunmehr in der Neurologischen Klinik. Im Bericht vom 30. Juni 1989 vertrat Prof. Dr. B. die Auffassung, die Muskelzuckungen seien nicht unfallbedingt, weil nichts auf eine Hirn- oder Rückenmarksverletzung durch den Wegeunfall hinweise. Es handele sich vielmehr um psychogene Anfälle.
Unter dem 3. August 1989 meldete die BG bei der Beklagten einen Anspruch auf Beitragserstattung für die Zeit vom 14. bis 31. Januar 1989 an. Daraufhin bat die Beklagte die Klägerin um Angaben zum Unfallhergang und zu den Unfallfolgen. Im unter dem 14. August 1989 ausgefüllten Formularvordruck gab die Klägerin auf die Frage 12 „Bis zu welchem Lebensalter wären Sie ohne den Unfall/Schadensfall voraussichtlich berufstätig gewesen?“ wörtlich an, „bis zum Rentenalter“.
Die Beklagte meldete ihrerseits bei der Beigeladenen unter dem 24. Oktober 1989 einen Erstattungsanspruch wegen unfallbedingt unterbrochener Beitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung an und bezifferte den bisher entstandenen Beitragsschaden für die Zeit vom 14. bis 31. Januar 1989 mit 392, 48 DM. Die Beigeladene glich den geltend gemachten Beitragsschaden aus. Die Beklagte wies die Beigeladene unter dem 2. April 1990 darauf hin, dass gegenwärtig ein (weiteres) Feststellungsinteresse noch nicht ausgeschlossen werden könne, die Akte vorläufig zum Ruhen gebracht werde und eine Verjährung der Ansprüche gemäß den §§ 116 ff. SGB X aufgrund des vereinbarungsgemäß bestehenden generellen Verjährungseinredeverzichtes nicht eintreten könne.
Zwischenzeitlich hatte die BG eine unfallchirurgische und neurologisch-psychiatrische Zusammenhangsbegutachtung der Klägerin veranlasst. Beide Gutachter - Unfallchirurg Prof. Dr. W. mit Gutachten vom 13. Oktober 1989 und der Neurologe und Psychiater Dr. L. mit Gutachten vom 26. Februar 1990 - verneinten die Unfallursächlichkeit für die bei der Klägerin fortbestehenden myoklonischen Zuckungen.
Daraufhin lehnte die BG die Gewährung von über dem 31. Januar 1989 hinausgehender Heilbehandlung, Verletztengeld und Verletztenrente mit Bescheiden vom 26. April 1990 mit der Begründung ab, ab diesem Zeitpunkt sei die weitere Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit nicht mehr Folge des am 30. November 1988 erlittenen Arbeitsunfalls. Die dagegen gerichteten Widersprüche wies die BG mit Widerspruchsbescheiden vom 16. August 1990 als unbegründet zurück, wogegen die Klägerin am 30. August 1990 Klage zum Sozialgericht Konstanz erhob.
10 
Bereits zuvor, am 23. Januar 1990, hatte die Klägerin bei der Beklagten Erwerbsunfähigkeitsrente beantragt. Zu Lasten der Beklagten absolvierte sie vom 27. November bis 28. Dezember 1990 eine stationäre Reha-Heilbehandlung. Im Entlassungsbericht vom 7. Februar 1991 wurden die Diagnosen - Zustand nach Sternumfraktur, HWS-Distorsion und Schädelprellung mit nachfolgenden Krampfanfällen bei Abduktion und Elevation des linken Armes nach einem Verkehrsunfall 11/88 und Konversionsneurose - mitgeteilt.
11 
Noch davor hatte die Beklagte aber eine auf dem 20. September 1990 datierende nervenärztliche Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters B. eingeholt, in der dieser - entgegen dem Gutachter Dr. L. - die Auffassung vertrat, die leistungsmindernden Störungen - Wirbelsäulenbeschwerden, Schwindelattacken und vor allem kloniforme Muskelzuckungen - seien als unfallbedingt einzustufen. Auch wenn eine prämorbide Störung vorliege, gebe es keinerlei Hinweise auf eine manifeste psychische Störung vor dem Unfallgeschehen. Das Unfalltrauma habe eine richtungsgebende Verschlechterung ausgelöst; eine dauerhafte Leistungsminderung sei anzuerkennen. Daraufhin bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 27. Mai 1991 für die Zeit ab dem 29. Dezember 1990 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer.
12 
Dies teilte die Beklagte der Beigeladenen unter Bezugnahme auf den Schadensfall vom 30. November 1988 und Hinweis auf ihre unfallbedingte Leistungspflichtigkeit mit Schreiben vom 23. Juli 1991 mit. Die Beigeladene erwiderte darauf unter dem 8. August 1991, dass eine unfallbedingte Leistungspflichtigkeit der Beklagten auf der Grundlage der Sachverhaltsaufklärung durch die BG bestritten werde. Daran hielt die Beigeladene auch später, mit Schreiben vom 25. Februar 1992, weiter fest. Die Beteiligten kamen aber überein, den Ausgang des sozialgerichtlichen Verfahrens gegen die BG abzuwarten, um eine Klärung der Kausalitätsfrage herbeizuführen.
13 
Das SG wies die Klage gegen die BG auf der Grundlage der Ergebnisse der Beweisaufnahme - Gutachten des Orthopäden Dr. K. vom 10. Februar 1993 und Gutachten des Neurologen Prof. Dr. A. vom 3. Januar 1994 - durch Urteil vom 18. März 1994 (S 1 U 942/92) ab. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte Erfolg. Mit Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. September 1996 (L 10 U 1183/94) wurden das Urteil des Sozialgerichts vom 18. März 1994 und die entgegenstehenden Bescheide der BG aufgehoben und die BG verurteilt, der Klägerin wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 30. November 1988 („Myoklonien des linken Armes“) die gesetzlichen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Das Landessozialgericht stützte sich zur Begründung wesentlich auf die Feststellungen des im Berufungsverfahren von dem Neurologen Prof. Dr. S., Augsburg, unter dem 4. Januar 1996 erstatteten Gutachtens. Das Urteil vom 19. September 1996 wurde rechtskräftig. Die BG gewährte der Klägerin daraufhin mit Bescheid vom 27. November 1996 für die Zeit ab dem 29. Dezember 1990, dem Tag des Wegfalls des Übergangsgeldes, Dauerrente auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit - MdE - von 30 v. H..
14 
Unter dem 10. Juni 1997 wandte sich die Beklagte unter Bezugnahme auf den im Schadensfall vom 30. November 1988 geführten Schriftwechsel und Hinweis auf das Urteil des Landessozialgerichts vom 19. September 1996 erneut an die Beigeladene. Dabei teilte sie mit, dass, ausgehend von den im unfallversicherungsrechtlichen Verfahren gewonnenen medizinischen Erkenntnissen der Kausalzusammenhang zwischen Unfall und eingetretener Leistungsminderung nunmehr als bewiesen zu bewerten sei. Daher sei es angebracht, die Angelegenheit nunmehr „im Rahmen einer Sammelbesprechung“ zu erörtern. Die Beigeladene erklärte darauf unter dem 22. Juli 1997, „den Fall für eine Besprechung vorgemerkt“ zu haben.
15 
Unter dem 22. Oktober 1997 wandte sich die Klägerin unter Vorlage ihrer Verdienstausfallbescheinigungen über die Jahre 1989 bis 1995 schriftlich an die Beklagte mit der Aufforderung, einen Regressanspruch „entsprechend § 119 SGB X“ gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen, nachdem die Berufsgenossenschaft den Unfall vom 30. November 1988 nunmehr als Dauerschaden anerkannt habe und die Beigeladene den Versicherungsschaden auch ihr gegenüber reguliere.
16 
Darauf folgend kam es am 24. Oktober 1997 zu einer Besprechung in den Räumen der Kanzlei des damaligen Bevollmächtigten der Klägerin, des Zeugen Dr. K., an der die Klägerin, der Zeuge Dr. K. und Vertreter der Beigeladenen - die Zeugen K. und R. - sowie die Zeugin B. vom „Zeller Kreis“ teilnahmen. Anlässlich dieser Besprechung unterschrieb die Klägerin eine auf einem Formblatt der Beigeladenen vorformulierte „ Vergleich und Abfindungserklärung “ mit dem Wortlaut:
17 
„Ich - J.H. - erkläre mich gegen Zahlung eines Betrages von DM 217.500 - zweihundertsiebzehntausendfünfhundert - aus dem Schadenfall vom 30.11.88 ein für alle mal abgefunden wegen aller Schadenersatzansprüche gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer, die versicherten Personen und Dritte, soweit diesen im Fall ihrer Inanspruchnahme ein Ausgleichsanspruch gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer oder die Versicherten zusteht.“
18 
Der „Vergleichs und Abfindungserklärung“ lag eine „Auflistung“ der von der Klägerin vorgenommenen Schadensberechnung bei. Diese untergliederte sich in Schäden der Vergangenheit - Haushaltsschaden, Verdienstschaden, vermehrte Bedürfnisse, Schmerzensgeld und Sonstige - und der Zukunft - Haushaltsschaden, Verdienstschaden -. Während die vergangenheitsbezogenen Schäden mit 445.442, 41 DM beziffert wurden, fehlte es an einer Bezifferung der zukunftsbezogenen Schadenspositionen.
19 
Im Einzelnen enthielt die „Auflistung“ der Klägerin folgendes Zahlenwerk:
20 
Vergangenheit
        
Sonstige
 3.702, 42 DM
Haushaltsschaden
 290.324, 00 DM
Verdienstschaden
 20.815, 99 DM
vermehrte Bedürfnisse monatl. 300, 00 DM x 102 Monate =
 30.600, 00 DM
Schmerzensgeld
 100.000, 00 DM
        
 _____________
        
 445.442, 41 DM
                 
Zukunft
        
Haushaltsschaden
        
Verdienstschaden
 ______________
        
 445.442, 41 DM
                 
Allianz bis jetzt bezahlt
 - 8.9125,10 DM
        
 ______________
        
 436.527, 31 DM
21 
Unter dem 11. Dezember 1997 verfasste der Zeuge K ., einer der bei der Besprechung vom 24. Oktober anwesenden Mitarbeiter der Beigeladenen, eine paraphierte „ Aktennote / Bericht “ über den Gesprächsverlauf und die erzielten Ergebnisse. Darin hieß es u. a. wörtlich:
22 
„Im Unfallzeitpunkt war die AS verheiratet und bewohnt mit ihrem Mann bis heute eine ca. 100 qm große Wohnung. Sie war im Unfallzeitpunkt als Technische Zeichnerin voll berufstätig.
...
23 
Bezüglich des Verdienstschadens konnten wir unseren Standpunkt durchsetzen, dass angesichts der bezahlten Renten unter Berücksichtigung eines Abzugs für berufsbedingte Aufwendungen von 10% sowie der ersparten Verpflegungsaufwendungen in der Zeit der stationären Behandlung ein Schaden nicht verbleibt.
...
24 
Hinsichtlich des Haushaltsführungsschadens konnten wir eine Aufteilung der Schadenberechnung in 2 Abschnitte durchsetzen:
Der erste Abschnitt betrifft die Zeit vom Unfall bis zur Geburt des ersten Kindes. Der zweite Zeitabschnitt sollte die Zeit ab 9.9.92 betreffen. Wir erzielten letztlich dahingehend eine Einigung, dass für den Zeitraum 1 auf der Grundlage von Tabelle 1 von Schulz-Bork/Hofmann ein Bedarf von 30 Wochenstunden der Berechnung zugrunde gelegt wird. Es wurde auch akzeptiert, dass der Ehemann 50% der Hausarbeit in Anbetracht der vollen Erwerbstätigkeit seiner Ehefrau zu übernehmen hat.
...
25 
Es wurde auch Einigkeit darüber erzielt, dass die AS ohne den Unfall nach der Geburt ihrer Kinder nicht mehr berufstätig gewesen wäre und insoweit der Haushaltsführungsschaden durch die Rentenzahlungen abgedeckt ist.
...
26 
Für den 1. Zeitraum (3 Jahre) errechnet sich ein Haushaltsführungsschaden in Höhe von 35.000 DM.
Als Mehrbedarf akzeptierten wir den geforderten Betrag von monatlich 300,- DM. Die AS übergab uns eine Aufstellung über ihre unfallbedingten Einschränkungen bei der Hausarbeit (Bl. 300/301).
Für die Zeit von 1990 bis 1997 errechnet sich somit ein Betrag von 25.200,- DM (7 Jahre a mtl. 300,- DM). Kapitalisiert von heute bis Lebensende unter Zugrundelegung des Faktors der Sterbetafel 17.881 errechnet sich ein Kapitalbetrag für vermehrte Bedürfnisse in Höhe von 65.000,- DM .
Das Schmerzensgeld wurde letztlich mit einem Betrag von noch 40.000,- DM festgelegt. Die einschlägigen Hacks-Entscheidungen sind auf Bl. 302 aufgelistet. ...
Der noch offene Sachschaden wurde einvernehmlich auf 3.000,- DM festgelegt, so dass sich insgesamt ein Schadenbetrag von 168.200,- DM errechnet.
27 
Um eine vorbehaltlose Einigung zu erzielen, erhöhte Herr Ltd. Just. R. unser Angebot auf 200.000,- DM unter Anrechnung des zuletzt gezahlten Vorschusses in Höhe von 40.000,- DM also noch 160.000, - DM. (Grundlage der Erhöhung war der Jahresnettoverdienst). Die AS hatte vorgetragen, dass sie für Architekten in Heimarbeit hätte arbeiten können.
28 
An diesem Punkt wurde die Verhandlung unterbrochen. Nach einer längeren Beratung wurde das Gespräch fortgeführt. Die Gegenseite erklärte ihre Bereitschaft, den Fall mit insgesamt 240.000, - DM zu erledigen. Dieser Betrag konnte schließlich auf 217.500,- DM reduziert werden. Unter Anrechnung unserer Vorschüsse ergibt sich eine Restzahlung von 177.500,- DM.“
29 
Daraufhin forderte die Beklagte die Beigeladene unter dem 9. Februar 1998 schriftlich auf, ihr als Beitragsersatz gemäß § 119 SGB X für die Zeit vom 30. Mai 1990 bis 31. Dezember 1997 einen Betrag von 73.865, 95 DM zu überweisen, weil die Beitragszahlung der Klägerin zur Rentenversicherung unfallbedingt beendet worden sei. Der Fall sei für die nächste Sammelbesprechung notiert.
30 
Zwischenzeitlich hatte die BG die Klägerin zur Abrechnung ihres Schadensersatzanspruchs gegenüber der Beigeladenen mit Schreiben vom 30. Januar 1998 gebeten, mitzuteilen, zu welchem Zeitpunkt sie - die Klägerin - nach der Geburt ihrer Kinder ohne das Unfallereignis vom 30. November 1988 wieder in das Berufsleben zurückgekehrt wäre oder sich ausschließlich der Kindeserziehung gewidmet hätte. Mit an die BG adressiertem Schreiben vom 9. April 1998 erklärte die Klägerin, dass, wäre das Unfallereignis vom 30. November 1988 nicht gewesen, sie nach dem ersten und zweiten Kind jeweils nach Ablauf der gesetzlichen Mutterschutzfrist oder spätestens nach dem Erziehungsurlaub, „wieder gearbeitet“ hätte.
31 
Auf die dann erfolgten schriftlichen Bitten der Klägerin um Sachstandsmitteilung verwies die Beklagte auf eine im August 1998 geplante Verhandlung der Sache mit der Beigeladenen. Zur Vorbereitung dieser Besprechung holte die Beklagte eine fiktive Verdienstauskunft der letzten Arbeitgeberin der Klägerin, der Fa. N. GmbH, R. ein. In der unter dem 27. Juli 1998 erteilten Auskunft gab die Fa. N. an, die Klägerin hätte bei Weiterbeschäftigung im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. Juni 1998 brutto 26.847,- DM verdient und auch Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld) für das Gesamtjahr 1998 in Höhe von brutto 3.087,- DM beanspruchen können. Zur allein zwischen der Beklagten und der Beigeladenen - also unter Ausschluss der Klägerin - geführten Besprechung kam es dann am 7. August 1998 . In einem von der Zeugin Bodemann (B.) über dieses Gespräch am 12. August 1998 handschriftlich verfassten Vermerk hieß es u. a. wie folgt:
32 
„Fall wurde wegen der bestehenden Problematik mit einem Risikovergleich abgeschlossen. ...
33 
Ihre eigenen ursprünglichen Ansprüche gegenüber der Allianz in Höhe von DM 500.000.- hat die Versicherte im Laufe der Verhandlungen auf DM 177.000.- heruntergeschraubt, auf die sich die Allianz wohl nur eingelassen hat, weil der sog. „Celler Kreis“ und die durch ihn angedrohte Publizität dahinterstanden. Die 177.000.- DM beinhalten Schmerzensgeld + Haushaltsführungsschaden iSv Mehrbedarf. ...
34 
Unter Berücksichtigung der BG-Beteiligung wäre aufgrund des Einkommens der Versicherten nach unfallbedingter AU-Zeit (12/90) bis zur Geburt des ersten Kindes (8/92) nur ein übergangsfähiger Betrag von 1.065,- DM (s. beil . Abrechnungsbogen der BG) für unsere Rentenleistungen.
35 
Hinsichtlich des Beitragsregresses von 1989 bis 1992 ergibt sich ein Betrag von 20.000 DM, insges. also 43.000, - DM. Unter Berücksichtigung einer zweifelhaften med. Kausalität für volle Rentenleistungen wegen der bestehenden Muskelzuckungen - insbes. fraglich die Dauer der Beeinträchtigung, da Versicherte selber angibt, Muskelzuckungen seien schwächer geworden - ist der volle Betrag für 116/119 bis zur Geburt des 1. Kindes sehr günstig.
36 
Da nicht auszuschließen war, dass Versicherte erst nach der Geburt des 2. Kindes (1994) ihrer Berufstätigkeit nicht mehr nachgegangen wäre und dass im Falle eines späteres Wegfalls der Rente aufgrund eines Nachprüfungstermins zumindest Heilverfahren, für die nicht die BG zuständig wäre, auf uns zukommen könnten, einigten wir uns auf insges.
37 
100.000, -
38 
zur Abfindung unseres Gesamtrisikos. Mit der BG wurde ebenfalls nur bis 2/92 abgerechnet, allerdings nach TA. Nach Geldeingang kann Fall abgeschlossen werden. § 119’er Beiträge sollten der Versicherten bis zur Geburt des 2. Kindes (8.5.1994) gutgeschrieben werden.“
39 
Nachdem die Klägerin anlässlich der Klärung ihres Versicherungsverlaufs am 13. Dezember 2000 festgestellt hatte, dass seit dem 8. Mai 1994 keine weiteren Beitragszeiten gezahlt worden waren, wandte sie sich unter dem 27. Dezember 2000 erneut an die Beklagte. Die Beklagte erwiderte unter dem 18. Januar 2001, der Fall sei mit der Beigeladenen abschließend verhandelt worden. Der Beitragsschadenszeitraum sei bis 8. Mai 1994 begrenzt worden, weil davon auszugehen gewesen sei, dass eine Wiederaufnahme der Berufstätigkeit nach der Geburt des 2. Kindes auch ohne den Unfall nicht zu erwarten gewesen wäre. Die Geltendmachung weiterer Beitragsersatzansprüche wäre nur möglich gewesen, wenn von Seiten des Rentenversicherungsträgers hätte nachgewiesen werden können, dass allein aufgrund der Unfallfolgen eine Wiederaufnahme der Tätigkeit nicht erfolgt sei. Dieser Nachweis sei nach der Stellungnahme der Beigeladenen über die mit der Klägerin getroffene Ausgleichsregelung nicht zu führen gewesen.
40 
Daraufhin teilte die Klägerin der Beklagten unter dem 6. Februar 2001 mit, ihre eigenen Ansprüche gegenüber der Beigeladenen habe sie abfinden lassen. Ihre auf die Beklagte übergegangenen Ansprüche habe sie nicht selbst vertreten können. Sie beantrage daher, dass die Beklagte ihr die ihr zustehenden Rentenbeiträge nach § 116 SGB X ab dem 8. Mai 1994 und fortlaufend nach § 119 SGB X ihrem Rentenkonto als Pflichtbeiträge gutschreibe und bitte um die Erteilung eines rechtsfähigen Bescheids. Dabei verwies sie darauf, stets erklärt zu haben, dass sie ohne Unfall auch mit zwei Kindern weitergearbeitet hätte. Ihr damaliger Arbeitgeber habe ihr sogar angeboten in Heimarbeit weiterzuarbeiten. Die Geltendmachung weiterer Beitragsersatzansprüche wäre sicher gelungen, wenn sich die Beklagte bemüht hätte, vor Aufnahme der Verhandlungen mit der Beigeladenen ordentliche Auskünfte einzuholen.
41 
Darauf erwiderte die Beklagte unter dem 28. März 2001, Grundlage ihres (der Beklagten) mit der Beigeladenen abgeschlossenen Abfindungsvergleichs sei die am 24. Oktober 1997 zwischen der Klägerin und der Beigeladenen erfolgte Regulierung der Direktansprüche gewesen. Hierbei habe die Klägerin gegenüber der Beigeladenen vorgetragen, dass sie auch ohne den Unfall nach der Geburt der Kinder nicht mehr berufstätig geworden wäre. Ebenso sei in den damaligen Verhandlungen Einvernehmen darüber erzielt worden, dass ein Verdienstschaden angesichts der gezahlten Renten nicht verbleibe. Die von der Klägerin mit der Beigeladenen geschlossene Abfindungsvereinbarung, in der Schmerzensgeld und Haushaltsführungsschaden abschließend geregelt worden seien, schließe es aus, dem Versicherungskonto der Klägerin über den 8. Mai 1994 hinaus Rentenversicherungsbeiträge gutzuschreiben.
42 
Daraufhin beantragte die Klägerin unter dem 10. April und dem 5. Juni 2001 neuerlich Beitragsregress unter Hinweis darauf, dass sie ohne Unfall in jedem Fall nach der Geburt ihrer Kinder und Ablauf der Mutterschutzfristen und maximal sechs Monaten Erziehungszeit weitergearbeitet hätte. Vielleicht wäre sie anfangs nicht voll, sondern nur stundenweise ins Berufsleben zurückgekehrt. Mit Vollendung des 3. Lebensjahres ihres zweiten Kindes (Mai 1997) hätte sie aber sicher wieder voll gearbeitet. Sie habe auch ein Heimarbeitsangebot gehabt. Im Übrigen hätte ihre im selben Haus lebende Mutter die nach dem Kindergarten anfallende Kinderbetreuung übernehmen können.
43 
Mit Bescheid vom 10. Juli 2001 lehnte die Beklagte den Antrag auf Anerkennung von Pflichtbeitragszeiten im Rahmen des Beitragsregresses nach § 119 SGB X für die Zeit ab dem 8. Mai 1994 ab. Zur Begründung hieß es: Zwar sei der Schadensersatzanspruch aus dem Unfall vom 30. November 1988 auf die Beklagte übergegangen, soweit er den Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasse. Ein Beitragsschaden nach dem 8. Mai 1994 sei nach den gegebenen Umständen nicht zu beweisen. Für den Beitragsschaden gelte zwar die Beweiserleichterung gemäß § 252 S. 2 BGB, wonach es genüge darzulegen, dass die Absicht und die Möglichkeit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit auch für die Zeit nach der Geburt der Kinder bestanden habe. Diese Position sei von der Beklagten in den Verhandlungen mit der Beigeladenen zunächst auch vertreten worden. Die Beigeladene habe dagegen aber mit der Aussage ihres Vertreters, Herr K., es sei mit der Klägerin Einigkeit darüber erzielt worden, dass auch ohne Unfall nach der Geburt beider Kinder keine Berufsausübung mehr in Betracht gekommen wäre, erfolgreich den Gegenbeweis angetreten. Dem entsprechend sei auch der Haushaltsführungsschaden von der Beigeladenen nur bis 8. Mai 1994 berechnet worden. Nach der Aufgabe der Schadensposition im Rahmen des mit der Beigeladenen geschlossenen Abfindungsvergleichs sei der Beweis, eine weitere Erwerbstätigkeit beabsichtigt zu haben, nicht mehr zu führen. Hinzu komme, dass in einem gerichtlichen Verfahren zusätzlich das Vorliegen einer unfallkausalen Erwerbsunfähigkeit erneut zu beweisen wäre. Eine klageweise Durchsetzung des Beitragsersatzes durch die Beklagte gegen die Beigeladene für die Zeit nach dem 8. Mai 1994 sei deshalb aussichtslos, so dass man nach pflichtgemäßem Ermessen von einer Klageerhebung abgesehen habe. Immerhin habe die Beklagte im Vergleichswege den bereits im Versicherungskonto verbuchten Beitragsersatz bis zur Geburt des zweiten Kindes durchsetzen können, ohne Rücksicht darauf, dass die Klägerin in dieser Zeit wegen der Erziehung des ersten Kindes auch ohne den Unfall vermutlich zumindest teilweise nicht erwerbstätig gewesen wäre.
44 
Den dagegen am 25. Juli 2001 unter Hinweis auf die Tatsache, dass die Kinder größer würden und die Wiederaufnahme der Arbeit dann allgemeiner Lebenserfahrung entspreche, erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2001 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus: Die Beklagte sei bei der Durchsetzung des Anspruchs gemäß § 119 SGB X als zivilrechtlicher Anspruchsteller für die den Schadensersatzanspruch begründenden Behauptungen beweispflichtig. Selbstverständlich habe die Beklagte in der Verhandlung mit der Beigeladenen dargelegt, dass die Klägerin, wie wohl heute die meisten Frauen, auch während und nach der Erziehung ihrer Kinder ihrer bisherigen Erwerbstätigkeit nachgegangen wäre. Durch die Aussage des Vertreters der Beigeladenen, Herrn K., zum Einvernehmen über eine Aufgabe einer Berufstätigkeit nach der Geburt der Kinder als Voraussetzung für den am 24. Oktober 1997 geschlossenen Abfindungsvergleich, deren Richtigkeit von dem weiteren Vertreter der Beigeladenen, Herrn R., bestätigt worden sei, sei die von der Beklagten angestellte gegenteilige Vermutung so weitgehend erschüttert worden, dass auch durch nachträgliche Erklärungen über unfallunabhängige Erwerbspläne ein Beweis nicht mehr zu führen gewesen wäre. Denn die Aussage des Herrn K. decke sich mit den Ergebnissen der von der Klägerin mit der Beigeladenen vereinbarten Schadensberechnung. Die Klägerin habe sich mit der Beigeladenen darauf geeinigt, dass der Verdienstschaden abzüglich berufsbedingter Aufwendungen durch die gezahlten Renten ausgeglichen werde. Ein Haushaltsführungsschaden in Höhe von monatlich 975,- DM sei nur für die Zeit bis zur Geburt des zweiten Kindes vereinbart worden, weil nach dem fiktiven Ende der Erwerbstätigkeit infolge der Geburt des zweiten Kindes auch der Haushaltsführungsschaden durch die Rentenzahlungen abgedeckt werde. Die Beklagte habe nach pflichtgemäßem Ermessen auch unter Berücksichtigung der von der Beigeladenen aufgeworfenen Frage der unfallkausalen Erwerbsunfähigkeit das Prozessrisiko so hoch eingeschätzt, dass sie von einer Klageerhebung abgesehen habe. Es bestehe im Übrigen kein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte darauf, in jedem Fall der Ersatzverweigerung den Klageweg zu beschreiten. Auch bestehe kein Anspruch auf eine Gutschrift von Beitragszeiten trotz nicht durchgesetztem Regress.
45 
Die dagegen am 29. November 2001 zum Sozialgericht Konstanz (S 5 RA 2370/01) erhobene - und auf Verurteilung der Beklagten, hilfsweise auf Feststellung einer Rechtspflicht der Beklagten zur Geltendmachung des ab dem 9. Mai 1994 entstandenen Beitragsschadens gegen die Beigeladene gerichtete - Klage begründete die Klägerin wie folgt: Die BG sei im Verfahren L 10 U 1183/94 vom Landessozialgericht Baden-Württemberg durch Urteil vom 30. September 1996 rechtskräftig verurteilt worden, ihr Leistungen wegen der Folgen des am 30. November 1988 erlittenen Arbeitsunfalls - Myoklonien des linken Arms - zu gewähren. Damit sei die Kausalitätsfrage geklärt. Entgegen den Vermerken der Beigeladenen sei keine Einigkeit darüber erzielt worden, dass sie ohne den Unfall nach der Geburt der Kinder nicht mehr berufstätig gewesen wäre und insoweit der Haushaltsführungsschaden durch die Rentenzahlungen abgedeckt sei. Dagegen spreche der Wortlaut des handschriftlichen Aktenvermerks vom 12. August 1998 in der Akte der Beklagten ebenso wie der Wortlaut der Abfindungserklärung vom 24. Oktober 1997, aus der sich ergebe, dass der Beitragsregress nach § 119 SGB X habe unberührt bleiben sollen. Dies könnten die bei den der Abfindungserklärung vorausgehenden Verhandlungen anwesenden Zeugen - Rechtsanwalt Dr. K. und Frau B. - bezeugen. Dabei komme ihr die Beweiserleichterung des § 287 ZPO i. V. m. § 252 S. 2 BGB zugute. Sie habe nur anhand von Anknüpfungstatsachen und Zeugenbekundungen plausibel zu machen, dass sie ohne Unfall nach der Geburt ihren beiden Kinder weitergearbeitet hätte. Was die später erfolgte Einigung der Sachbearbeiter der Beklagten mit denjenigen der Beigeladenen angehe, so seien diese Gespräche ohne Kenntnis der Klägerin geführt worden.
46 
Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf grundsätzliche prozessuale Bedenken entgegen, weil der Verpflichtungsantrag der Klägerin auf eine nicht als Verwaltungsakt zu qualifizierende Handlung abziele. Bei der Geltendmachung von Forderungen zivilrechtlicher Art - hier nach § 823 f. BGB - gegenüber Dritten handele es sich mangels unmittelbarer Außenwirkung um kein hoheitliches Handeln. Im Auslegungswege käme allenfalls ein Antrag auf Gutschrift von noch genauer zu bestimmenden Beiträgen im Versichertenkonto der Klägerin in Frage. In der Sache werde auf den Vermerk des Zeugen K. vom 11. Dezember 1997 und die Aussagen der Zeugen K. und R. Bezug genommen. Der Beweis, dass die Klägerin, den Unfall hinweggedacht, nach der Geburt des 2. Kindes eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hätte, sei nicht mehr zu führen.
47 
Das Sozialgericht hat anlässlich der mündlichen Verhandlung der Sache am 6. Mai 2004 folgende bei den Vergleichs- und Abfindungsverhandlungen der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 anwesenden Personen zeugenschaftlich vernommen: Frau B. vom Zeller Kreis e.V., Selbsthilfeverein Unfallgeschädigter, Rechtsanwalt Dr. K., damaliger Bevollmächtigter der Klägerin, Herrn K., Justitiar der Beigeladenen und Herrn R., Angestellter der Beigeladenen.
48 
Frau B. erklärte, die Klägerin sei an sie herangetreten, nachdem die Beigeladene einige Jahre nicht gezahlt habe. Auf ihre Initiative sei es dann zu dem Gespräch am 24. Oktober 1997 gekommen, an dem sie teilgenommen habe. Bei diesem Gespräch sei es um die der Klägerin zustehende Gesamtsumme gegangen. Sie wisse nicht mehr, was bei dem Gespräch genau besprochen worden sei. Die Punkte seien hochgerechnet worden auf einen Zeitpunkt bis zum 60. Lebensjahr. Voraussetzung sei gewesen, dass die Klägerin weiterarbeite. Sie könne sich nicht mehr daran erinnern, ob konkret darüber gesprochen worden sei, wie lange die Klägerin noch arbeite. Ihr sei bewusst gewesen, dass die Schadensersatzansprüche (= Beitragsansprüche) der Klägerin auf die Beklagte übergehen. Sie habe die Klägerin dann auch veranlasst, an die Beklagte heranzutreten, um festzustellen, was in dieser Richtung veranlasst worden sei. Gegenstand des Gesprächs am 24. Oktober 1997 sei gewesen, ob Frauen nach der Geburt von Kindern weiter arbeiten oder nicht. Da habe es geteilte Auffassungen gegeben. Die Klägerin habe gesagt, dass sie habe in Heimarbeit weiterarbeiten wollen. Daraufhin habe ein Herr von der Beigeladenen erklärt, eine Frau mit Kindern gehöre an den Herd, während der andere Herr von der Beigeladenen gemeint habe, seine Frau würde sicher auch weiterarbeiten. Darüber dass die Klägerin nach der Geburt der Kinder nicht weiter berufstätig sein werde, sei nicht gesprochen worden.
49 
Der Zeuge Dr. K. teilte mit, sich an das Gespräch vom 24. Oktober 1997 nicht mehr zu erinnern. Auch nach Vorhalt der Regressakte müsse er sagen, sich nicht mehr zu erinnern. Auch daran, ob Einigkeit darüber bestanden habe, dass die Klägerin ohne den Unfall nach Geburt der Kinder nicht weitergearbeitet hätte, könne er sich nicht mehr erinnern. Er denke, dass dem nicht so gewesen sei. Über Heimarbeit sei gesprochen worden. Er könne sich aber nicht daran erinnern, dass die Klägerin etwas bzw. was sie über ihre persönliche Lebensplanung gesagt habe. Im Übrigen nehme er auf die zur SG-Akte vorgelegten handschriftlichen Aktenotizen vom 24. Oktober 1997 Bezug. Auf einem dieser Gesprächsvermerksblätter (Bl. 96 der SG-Akte) heißt es wörtlich:
50 
„Wollen230.000,-
Angebot215.000,-
Einigung217.500, -
Ausgenommen von der Abfindungserklärung
Drittschäden (BfA, BG, Krankenkasse)
meine Gebühren 25/10 aus 250.000, -“
51 
Der Zeuge K. sagte aus, an dem Gespräch vom 24. Oktober 1997 teilgenommen zu haben. Seine Prognose sei gewesen, dass eine Frau mit zwei kleinen Kindern auch im Hinblick auf die Arbeitsmarktlage nicht mehr in den Beruf zurückkehren könne. Der Einwand der Klägerin, sie hätte Heimarbeit für einen Architekten machen können, sei als mögliche geringfügige, nicht sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei der Ermittlung der Abfindung mit einem Aufschlag berücksichtigt worden. Er sei sich ziemlich sicher, die Klägerin habe nicht gesagt, dass sie ohne Unfall mit zwei kleinen Kindern voll weitergearbeitet hätte. Schließlich habe die Klägerin dies auch akzeptiert, sonst wäre es nicht zum Abschluss des vorbehaltlosen Vergleichs gekommen. Die Klägerin habe zwar nicht gesagt, dass sie zu Hause bleibe, weil sie zwei Kinder habe. Sie habe vielmehr erklärt, weiter arbeiten zu wollen. Dann habe sie aber doch den Vergleich unterschrieben. Hätte die Klägerin auf der Behauptung voll weiter arbeiten zu wollen bestanden, wäre es nicht zum Abschluss des vorbehaltlosen Vergleichs gekommen. Das sei seine Überzeugung. Ob über den Beitragsschaden gesprochen worden sei, wisse er nicht. Sie hätten gewusst, dass die Beklagte drin gewesen sei. Der Beitragsregress sei bei dem Gespräch kein Thema gewesen. Wenn weiter ein Verdienstschaden geltend gemacht worden wäre, hätte es sich insoweit um einen Direktschaden gehandelt, der dann durch einen Vorbehalt gesichert worden wäre. Sie hätten damals den Direktschaden reguliert. Damals sei das ein Direktschaden gewesen, den die Klägerin hätte geltend machen müssen, nämlich die Minderung der Rente durch nicht entrichtete Beiträge.
52 
Der Zeuge R. gab an, er könne die ganze Angelegenheit nur noch anhand der Aktennotiz des Zeugen K. rekonstruieren. Es sei damals um die Erledigung der gesamten persönlichen Ansprüche der Klägerin gegangen. Er erinnere sich noch, dass ein oder zwei Kinder da gewesen seien. Aus der vorbehaltlosen Abfindung ergebe sich aber, dass davon ausgegangen worden sei, ein Verdienstschaden werde in Zukunft nicht eintreten. Abgefunden worden sei auch der Haushaltsführungsschaden, bei dem die Renten angerechnet worden seien. Der Zeuge K. habe seine eigenen Ansichten über die Rolle der Frau. Es könne sein, dass er eine andere Auffassung vertreten habe, um das Klima zu entspannen. Die Aktennotiz des Zeugen K. repräsentiere den Verhandlungsgang.
53 
Das Sozialgericht hob sodann durch Urteil vom 6. Mai 2004 den Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001 auf und stellte fest, dass die Beklagte den Beitragsschaden der Klägerin gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen habe. In den Entscheidungsgründen führte das Sozialgericht aus: Die Klägerin habe ein Interesse an der Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, den Beitragsschaden der Klägerin gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen. Unstreitig stünden der Klägerin aufgrund eines Wegeunfalls am 30. November 1988 Schadensersatzansprüche gegen die Beigeladene zu. Die klageweise Durchsetzung des hier streitigen Beitragsregresses durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen sei auch nicht aussichtslos. Der Nachweis einer weiteren Erwerbstätigkeit der Klägerin auch nach der Geburt des 2. Kindes sei nicht ausgeschlossen. Dies belege der schlüssige und in sich stimmige Vortrag der Klägerin. Die Vereinbarung vom 24. Oktober 1997 reiche nicht als Nachweis dafür, dass die Klägerin ohne den Unfall nach der Geburt des zweiten Kindes nicht weiter erwerbstätig gewesen wäre. Sie enthalte keine entsprechend eindeutige Erklärung der Klägerin gegenüber der Beigeladenen. Die Klägerin habe damit die Geltendmachung eines Beitragsschadens auch nicht ausdrücklich aufgegeben. Die Beklagte gehe fehlerhaft davon aus, der am 24. Oktober 1997 zwischen der Klägerin und der Beigeladenen geschlossene Vergleich beziehe sich auch auf die Rentenversicherungsbeiträge ab dem 9. Mai 1994. Die Beklagte sei an dem Abschluss dieses Vergleichs nicht beteiligt gewesen. Die Vereinbarung betreffe auch nur Ansprüche, die die Klägerin selbst habe geltend machen können. Über den Anspruch auf Geltendmachung des Beitragsschadens habe die Klägerin aber wegen des Forderungsübergangs auf die Beklagte gar nicht verfügen können. Deshalb hätten sich die Verhandlungen zwischen der Klägerin und der Beigeladenen auch gar nicht auf den Beitragsschaden bezogen. In der der „Vergleichs- und Abfindungserklärung“ beiliegenden Auflistung seien Beiträge zur Rentenversicherung nicht erwähnt. Soweit sich die Beklagte auf die Aktennotiz des Zeugen K. vom 11. Dezember 1997 berufe, sei darauf hinzuweisen, dass diese Aktennotiz nicht unmittelbar im Anschluss an das Gespräch vom 24. Oktober 1997 verfasst worden sei. Außerdem ergebe sich aus der Gesprächsnotiz des Zeugen Dr. K. vom 24. Oktober 1997, dass Drittschäden von der Abfindungserklärung ausgenommen gewesen seien. Die Zeugenvernehmungen hätten nicht ergeben, dass die Klägerin am 24. Oktober 1997 auf die Geltendmachung eines Beitragsschadens verzichtet hätte. Ferner spreche der zeitliche Ablauf dagegen, dass die Vereinbarung vom 24. Oktober 1997 von einem Ende der Erwerbstätigkeit der Klägerin auch ohne Unfall am 8. Mai 1994 ausgegangen sei.
54 
Schließlich habe die Beklagte - anders als die BG - die Klägerin auch nicht über den Gegenstand des am 7. August 1998 mit der Beigeladenen abgeschlossenen Pauschalvergleichs über 100.000.- DM unterrichtet. Dass sich die Beklagte ohne Wissen der Klägerin mit der Beigeladenen geeinigt habe, spreche für die Glaubhaftigkeit des Vortrags der Klägerin. Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 3. Februar 2005 und der Beklagten am 7. Februar 2005 zugestellt.
55 
Am 4. März 2005 hat die Beklagte Berufung gegen das Urteil eingelegt.
56 
Der Senat hat die Frankfurter Versicherungs-Aktiengesellschaft Allianz mit Beschluss vom 6. April 2006 zu dem Rechtsstreit beigeladen.
57 
Die Beklagte ist der Auffassung, es sei widersprüchlich, wenn das Sozialgericht einerseits eine fortlaufende versicherungspflichtige Beschäftigung bis zum 65. Lebensjahr unterstelle, andererseits aber davon ausgehe, die Klägerin habe bei der Schadensberechnung die bloße Kalkulation des Haushaltsführungsschadens für die Zeit nach der Geburt der Kinder akzeptiert. Die bloße Behauptung der Klägerin, sie hätte nach der Geburt des 2. Kindes die Erwerbstätigkeit wieder aufgenommen, beweise nichts. Darüber hinaus verlange das Sozialgericht nach dem Tenor seiner Entscheidung entweder etwas rechtlich Unmögliches oder, bei anderer Auslegung des Urteilstenors, etwas, das nicht den von der Klägerin angestrebten Erfolg haben könne. Denn wenn man den weiteren Beitragsschaden bei der Beigeladenen geltend mache, werde diese sich auf den endgültigen Abfindungsvergleich vom 12. August 1998 berufen. Entsprechende mündliche Äußerungen lägen bereits vor. Wenn man hingegen zu dem Schluss gelange, die Beklagte hätte den Vergleich mit der Beigeladenen vom 12. August 1998 wegen des damit verbundenen Verzichts auf den Beitragsersatz nach § 119 SGB X für die Zeit ab dem 8. Mai 1994 nicht schließen dürfen, könne dem Begehren der Klägerin nur entsprochen werden, indem die Beklagte etwa auf der Grundlage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verpflichtet werde, für einen vom Gericht festzulegenden Zeitraum Entgelte in einer ebenfalls vom Gericht zu bestimmenden Höhe dem Versicherungskonto der Klägerin gutzuschreiben. Dabei habe das Gericht zu prüfen, welche Erwerbsfiktion die Beklagte gegenüber der Beigeladenen hätte durchsetzen können. Abzustellen wäre dabei auf die Erkenntnismöglichkeiten zum Zeitpunkt des Vergleichs.
58 
Im Übrigen müsse sich die Klägerin fragen lassen, auf welche Ansprüche sie im Rahmen ihrer mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 getroffenen Abfindungsvereinbarung verzichtet habe, wenn sie bis einschließlich 24. Oktober 1997 Schadensersatzforderungen in Höhe von 445.442, 41 DM gestellt, sich dann aber noch am selben Tag mit einer Abfindungszahlung von 217.500,- DM, in der auch noch die Zukunft enthalten gewesen sei, zufrieden gegeben habe. Weitere Beitragsregressansprüche der Klägerin könnten gegenüber der Beigeladenen nur dann erfolgversprechend geltend gemacht werden, wenn die Behauptung der Klägerin, sie habe nach der Geburt ihrer Kinder wieder erwerbstätig sein wollen, mit dem Abfindungsergebnis von 217.500.- DM korrespondieren würde. Denn auch die Höhe etwaiger entgangener Rentenversicherungsbeiträge müsste sich an einem etwa vereinbarten weiteren Erwerbsschaden für die Zeit ab 9. Mai 1994 orientieren. Solange die Klägerin dieses Abfindungsergebnis im Hinblick auf die zuvor gestellte wesentlich höhere Forderung einerseits und den für Zeiträume nach dem 8. Mai 1994 behaupteten Erwerbsschaden andererseits nicht schlüssig erklären könne, seien für die Beklagte keine prozessualen Erfolgsaussichten erkennbar. Die Beigeladene könne jeder Regressforderung die einzelnen Positionen des Abfindungsbetrages von 217.500,- DM entgegenhalten.
59 
Für den Haushaltsführungsschaden wolle die Klägerin für den Zeitraum vom Unfalltag bis zum 29. Mai 1997 46.700,- DM von der Beklagten erhalten haben. Diese Zahl errechne sich, wenn man den Einjahresbetrag für den Haushaltsführungsschaden von 11.700 DM (Aktenvermerk Zeuge K. vom 11. Dezember 1997) mit dem „Dreijahresbetrag“ von 35.000,- DM addiere. Dem Aktenvermerk des Zeugen K. zufolge habe die Klägerin jedoch nur insgesamt 35.000,- DM auf diese Position bekommen und dies auch nur ab dem Zeitpunkt des Unfalltags für insgesamt drei Jahre. Der Vortrag der Klägerin, hier einen Haushaltsführungsschaden bis zum 29. Mai 1997 in Höhe von 46.700,- DM durchgesetzt zu haben, sei deshalb unschlüssig. Bei alledem könne die von der Klägerin vor Vergleichsschluss mit der Beigeladenen erhobene Forderung in Höhe von 290.324,- DM für einen Haushaltsführungsschaden für die Vergangenheit keine ernsthafte Verhandlungsbasis gewesen sein. Das Verhandlungsergebnis erkläre sich nur dadurch, dass die Klägerin den behaupteten Erwerbsschaden - der zusammen mit dem Haushaltsführungsschaden die der Klägerin gewährten Rentenleistungen spätestens ab der Geburt des 2. Kindes überstiegen hätte - für den Zeitraum nach dem 8. Mai 1994 nicht mehr weiterverfolgt habe. Ein Indiz hierfür sei auch in ihrer eigenen Forderungsaufstellung zu sehen, die keine über den 31. Mai 1997 bezifferten Zukunftsansprüche für etwaige Erwerbs- und Haushaltsführungsschäden enthalte. Vor diesem Hintergrund sei es nicht möglich, das damalige Beitragsregressverfahren mit Aussicht auf Erfolg fortzusetzen.
60 
Die Beklagte beantragt,
61 
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 6. Mai 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
62 
Die Klägerin beantragt,
63 
die Berufung zurückzuweisen.
64 
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das Sozialgericht sei zutreffend von einem Feststellungsinteresse ausgegangen. Es sei im Übrigen im Wesentlichen Aufgabe der Beklagten, die Höhe der entgangenen Rentenversicherungsbeiträge zu errechnen und diese sodann bei der Beigeladenen einzufordern. Die Beklagte verkenne weiterhin die Bedeutung der Beweiserleichterung nach § 252 S. 2 BGB i.V.m. § 287 ZPO. Sie müsse gerade nicht den Vollbeweis dafür erbringen, dass sie auch nach der Geburt des 2. Kindes wieder erwerbstätig geworden wäre. Die beabsichtigte Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit sei von ihr hinreichend konkret und plausibel dargelegt und unter Beweis gestellt worden. Es sei als bekannt vorauszusetzen, dass ein Haushaltsführungsschaden auch für eine erwerbstätige Mutter geltend zu machen sei. Der Beklagten sei vorzuwerfen, den Beitragsschaden bisher nicht geltend gemacht zu haben. Verbindlich stehe ein Haftungsverschulden der Beklagten und ein daraus resultierender Schaden der Klägerin aber erst fest, wenn die Beklagte gegen die Beigeladene endgültig erfolglos vorgegangen sei. Erst dann sei die Klägerin auch in der Lage im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs die Schadenshöhe selbst zu beziffern. Werde der Beklagten hingegen der Beitragsschaden gegen die Beigeladene zugesprochen, sei der Klägerin kein Schaden wegen schuldhaften Verhaltens der Beklagten entstanden. Die notfalls klageweise Geltendmachung eines Beitragsschaden durch die Beklagte sei deshalb notwendige Voraussetzung dafür, dass die Klägerin einen etwaigen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gegen die Beklagte durchsetzen könne.
65 
Des Weiteren könne sich die Beklagte nicht darauf berufen, die Beigeladene werde sich bei Geltendmachung des Beitragsschadens auf den endgültigen Abfindungsvergleich vom 12. August 1998 berufen. Die Rentenversicherungsbeiträge der Klägerin ab dem 9. Mai 1994 seien nämlich nicht Gegenstand des zuvor zwischen Klägerin und Beigeladener geschlossenen Vergleichs vom 24. Oktober 1997 gewesen. Im Übrigen sei der Vortrag zu einem künftigen Prozessverhalten der Beigeladenen rein spekulativ und deshalb hier ohne jede Bedeutung.
66 
Die augenscheinliche Diskrepanz zwischen den von der Klägerin gegenüber der Beigeladenen geforderten 445.422, 41 DM an Schadensersatz und den von der Beigeladenen schließlich aufgrund des Vergleichs von 24. Oktober 1997 einvernehmlich gezahlten 217.500,- DM sei für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreit irrelevant. Der Haushaltsführungsschaden für die Zeit vom 30. November 1988 bis zum 29. Mai 1997 (insgesamt 14.516 Stunden = 33 Wochenstunden x 20,- DM) in Höhe von vorläufig bezifferten 290.320,- DM sei von der Beigeladenen korrigiert worden. Die Beigeladene habe zunächst die Berechnung der Klägerin von 33 auf 15 Wochenstunden gekürzt. Weiterhin habe die Beigeladene nur 50% des geltend gemachten Haushaltsführungsschadens akzeptiert, weil der Ehemann der Klägerin angesichts einer vollen Erwerbstätigkeit der Klägerin 50% des Haushalts zu übernehmen gehabt hätte. Daraus habe dann schlussendlich der geleistete Betrag in Höhe von 46.700,- DM resultiert. Die Zahlung des geltend gemachten Erwerbsschadens in Höhe von 20.815, 99 DM sei von der Beigeladenen mit der Begründung, sie erhalte von BG und Beklagter Rentenzahlungen in Höhe von damals monatlich 2.830,39 DM, komplett abgelehnt worden. Daher sei ein Erwerbsschaden nicht durchzusetzen gewesen. Vom Erwerbsschaden sei aber der Beitragsschaden zu unterscheiden. Der Beitragsschaden resultiere daraus, dass die Pflichtbeiträge nicht mehr in der Höhe eingezahlt werden, wie wenn sie eingezahlt worden wären, wenn sie weiter berufstätig gewesen wäre. Der Erwerbsschaden hingegen sei der Schaden, den sie erleide, da sie nicht mehr den Verdienst habe, den sie ohne das Unfallereignis gehabt hätte. Die Beiträge zur Rentenversicherung seien im Übrigen auf die Beklagte übergegangen gewesen und hätten deshalb von ihr gegenüber der Beigeladenen gar nicht geltend gemacht werden können. Deshalb habe sie auch nie auf die Geltendmachung eines Beitragsschadens verzichtet; ein solcher Verzicht ergebe sich auch nicht konkludent aus den geführten Vergleichsverhandlungen. Schmerzensgeld habe sie 100.000,- DM gefordert; Verhandlungsergebnis seien dann 40.000,- gewesen. Im Übrigen sei - nach Vorgesprächen mit ihrem damaligen Bevollmächtigten, dem Zeugen Dr. K,. und Frau B. - Ziel der von ihr mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geführten Vergleichsverhandlungen eine Abfindung von 250.000,- DM gewesen; daran gemessen sei das erzielte Abfindungsergebnis von 217.500,- DM akzeptabel gewesen.
67 
Unter dem 26. April 2006 hat die Beigeladene dem Senat mitgeteilt, einer Vorlage- und Auskunftspflicht betr. ihre Schadensakte nicht zu unterliegen. Zur Sache sei mitzuteilen, dass im Rahmen einer Sammelbesprechung am 7. August 1998 sämtliche Ansprüche der Beklagten aus dem Unfallereignis vom 30. November 1988 ihr - der Beigeladenen - gegenüber einvernehmlich vorbehaltlos abgefunden worden seien.
68 
Auf Frage des Senats nach Beteiligten und Inhalten der am 7. August 1998 stattgehabten Sammelbesprechung hat die Beigeladene unter dem 23. Mai 2006 erklärt, für sie habe der Prokurist A., für die Beklagte Frau B an dieser Besprechung teilgenommen. Die Besprechung habe mit dem bekannten Abfindungsvergleich geendet. Es habe sich, soweit der Vergleich zukünftige Regressforderungen betroffen habe, um einen reinen Risikobetrag gehandelt. Basis für die Risikoabwägung seien die Erkenntnisse aus der Besprechung der persönlichen Ansprüche der Klägerin vom 24. Oktober 1997 gewesen. Bereits damals sei neben der medizinischen Problematik des Falls insbesondere die fiktive weitere Lebensgestaltung der Klägerin als Hausfrau und Mutter und/oder als teil- oder vollzeitbeschäftigte Erwerbstätige der entscheidende Diskussionspunkt gewesen.
69 
Einen Prozessantrag hat die Beigeladene nicht gestellt.
70 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2007 die Zeugen Frau B., Angestellte der Beklagten, Herrn Dr. K., den vormaligen Bevollmächtigten der Klägerin, und Frau B., Zeller Kreis, vernommen. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
71 
Zur weiteren Darstellung des Tatbestands wird auf die Akten der Beklagten, die Akten des Sozialgerichts Konstanz im erstinstanzlichen Verfahren (S 5 RA 2370/01), auf die Akten des Senats sowie auf die beigezogenen unfallversicherungsrechtlichen Akten der Süddeutschen Metallberufsgenossenschaft München und diejenigen des Sozialgerichts Konstanz (S 7 U 2137/99 und S 1 U 942/92) und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (L 10 U 1183/94, L 1 U 379/02 und L 1 U 144/03) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
72 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
73 
Das Urteil des Sozialgerichts vom 6. Mai 2004 ist rechtswidrig und deshalb aufzuheben. Der von der Klägerin angefochtene Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001, mit denen das an die Beklagte gerichtete Begehren der Klägerin, Pflichtbeitragszeiten im Rahmen des Beitragsregresses nach § 119 SGB X gegenüber der Beigeladenen für die Zeit ab dem 8. Mai 1994 geltend zu machen, abgelehnt wurde, ist - entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts - im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
74 
Die Bestimmung des § 119 SGB X n. F. ist im vorliegenden Fall anwendbar, obwohl das Unfallereignis bereits auf den 30. November 1988 datiert (1.). Streitgegenstand des von der Beklagten geführten Berufungsverfahrens ist nicht mehr der von der Klägerin erstinstanzlich mit Hauptantrag geltend gemachte Erfüllungsanspruch, sondern allein der durch das angefochtene Urteil des Sozialgerichts vom 6. Mai 2004 für Recht erkannte Anfechtungs- und Feststellungsausspruch (2.). In der Sache ist die von der Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid abgelehnte Geltendmachung eines Beitragsschadens nach § 119 SGB X auf der Grundlage der zwischen der Beklagten und der Beigeladenen getroffenen Vereinbarung vom 7. August 1998 nicht zu beanstanden (3.).
75 
1. Die Frage, welches Recht anzuwenden ist, beantworten die §§ 120, 119 SGB X. § 119 Abs. 1 SGB X regelt, dass, soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten - hier: die materiell-rechtlichen Ansprüche der Klägerin gegen die Beigeladene nach §§ 842, 843 BGB - den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, dieser auf den Versicherungsträger - hier: die Beklagte - übergeht, wenn der Geschädigte - hier: die Klägerin - im Zeitpunkt des Schadensereignisses - hier: unverschuldet erlittener Autounfall am 30. November 1988 - bereits Pflichtbeitragszeiten - hier: von 1977-1988 als versicherungspflichtig beschäftigte technische Zeichnerin - nachweist. Die eingegangenen Beiträge gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge (§ 119 Abs. 3 S. 1 SGB X). Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Sozialversicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadensersatzanspruch gestanden hätte. Die Übergangsregelung des § 120 Abs. 1 S. 1 SGB X bestimmt, dass die Vorschriften der §§ 116 bis 119 SGB X nur auf Schadensereignisse nach dem 30. Juni 1983 anzuwenden sind. Das vorliegend stattgehabte Unfallschadensereignis datiert auf den 30. November 1988, so dass die §§ 116 bis 119 SGB X einschlägiger gesetzlicher Prüfungsmaßstab sind. Dies gilt auch - und insbesondere - für den neuen Absatz 4 des § 119 SGB X in der Fassung vom 1. Januar 2001. § 120 Abs. 1 Satz 2 SGB X bestimmt nämlich insoweit ausdrücklich, dass für nach dem 30. Juni 1983 eingetretene Schadensereignisse § 119 Abs. 1, 3 und 4 SGB X in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung auf einen Sachverhalt auch dann anzuwenden sind, wenn der Sachverhalt - wie vorliegend - bereits vor diesem Zeitpunkt bestanden hat und darüber noch nicht abschließend entschieden ist. In der Gesetzesbegründung zu § 120 SGB X (BT-Drucksache 14/4375 vom 24. Oktober 2000) heißt es dazu erläuternd wörtlich:
76 
„Absatz 1 Satz 2 erfasst Änderungen der §§ 116 und 119 SGB X durch diesen Gesetzentwurf und zwar für die Fälle, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes noch nicht abschließend entschieden sind, sei es im Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren oder durch das Auftreten von Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen.“
77 
2. Ob über einen Sachverhalt abschließend entschieden worden ist, hängt davon ab, was konkret zwischen den Beteiligten streitig ist. Der Streitgegenstand oder der prozessuale Anspruch, d.h. das vom Kläger aufgrund eines bestimmten Sachverhalts an das Gericht gerichtete Begehren (vgl. nur Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 95 Rn. 4 m. w. N.), wird vorliegend - im Berufungsverfahren - durch den im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 20. März 2007 allein noch anhängigen auf Aufhebung des angefochtenen Urteils vom 6. Mai 2004 und Abweisung der Klage gerichteten Antrag der Beklagten und Berufungsklägerin umrissen. Im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts ist der Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001 aufgehoben worden; darüber hinaus hat das Sozialgericht festgestellt, die Beklagte habe den Beitragsschaden gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen. Damit ist der erstinstanzlich von der Klägerin hilfsweise gestellte Aufhebungs- und Feststellungsantrag Streitgegenstand auch des Berufungsverfahrens. Der angefochtene Bescheid ist mithin Gegenstand des vorliegenden Verfahrens; eine abschließende Gerichtsentscheidung über die Rechtmäßigkeit dieses Bescheids steht noch aus. Da die Klägerin keine Berufung eingelegt hat, ist der erstinstanzlich von ihr mit Hauptantrag gegen die Beklagte geltend gemachte Anspruch auf Erfüllung aus § 119 SGB X nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden.
78 
Nach § 95 SGG ist Gegenstand der erstinstanzlichen Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt gewesen, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Der Regelungsgegenstand des angefochtenen Verwaltungsakts wird im durch den Widerspruchsbescheid vom 19. November 2001 bestätigten Tenor des angefochtenen Ausgangsbescheids vom 10. Juli 2001 beschrieben. Darin lehnt die Beklagte es in der Sache ab, Pflichtversicherungsbeiträge im Rahmen des Beitragsregresses gemäß § 119 SGB X für die Zeit über den 8. Mai 1994 hinaus geltend zu machen. Dieser Entscheidung hat die Beklagte ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin als Versicherter und ihr selbst als zuständigem Rentenversicherungsträger zugrunde gelegt. Geprägt wird das Versicherungsverhältnis vorliegend durch die sozialversicherungsrechtliche Besonderheit eines gesetzlich durch § 119 SGB X statuierten besonderen Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwischen der versicherten Geschädigten - also der Klägerin - einerseits und der Beklagten als dem zuständigen Rentenversicherungsträger andererseits. § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X begründet nämlich keinen originären, sondern einen kraft cessio legis auf die Beklagte übergeleiteten und auf Zahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung gerichteten Anspruch, den sie im fremden Interesse, d.h. im Interesse des geschädigten Versicherten, - treuhänderisch - wahrzunehmen hat (BGHZ 97, 330 = Vers 1986, 592; Kater, in Kasseler Kommentar, Loseblatt, 2001, § 119 SGB X Rn. 3; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 1; Stelzer, in ZfS 1984, 97 <98 f.>). Die Norm bezweckt die soziale Sicherung des Geschädigten nach Eintritt des Schadensfalls zu verbessern, indem sie dem Rentenversicherungsträger nach § 119 Abs. 3 S. 2 SGB X aufgibt, den sozialversicherten Geschädigten durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen nicht schlechter zu stellen, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte (BGHZ 97, 330; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 1). Dem Rentenversicherungsträger wird damit kraft öffentlichen Rechts - § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X - ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch des sozialversicherten Geschädigten gegen den Schädiger übertragen, den er nicht auf den Versicherten zurück übertragen kann. Dem entsprechend erlangt der geschädigte Sozialversicherte wegen des Beitragsersatzanspruchs - anders als früher (vor 1983) - keine eigene zivilrechtliche Rechtsposition gegenüber dem Schädiger, mit der Folge, dass er durch § 119 SGB X allein auf Ansprüche gegen den Rentenversicherungsträger verwiesen wird. Meint der Geschädigte, der Sozialversicherungsträger habe den Beitragsregress nicht oder nicht ordnungsgemäß (umfassend) geltend gemacht, verbleibt ihm folgerichtig nach § 51 SGG der Sozialrechtsweg gegenüber diesem Träger (ebenso: BGH, Urteil vom 2. Dezember 2003, VersR 2004, 492 ff.; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 12; Schneider, in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., 2002, Kapitel 78 Rn. 30).
79 
Indem die Beklagte es mit dem angefochtenen Bescheid in der Sache abgelehnt hat, für die Klägerin treuhänderisch nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X gegenüber der Beigeladenen zivilrechtliche Schadensersatzansprüche geltend zu machen, hat sie einen die Klägerin belastenden Verwaltungsakt im Sinn von § 31 SGB X erlassen, der die Klägerin möglicherweise in subjektiv öffentlichen Rechten aus dem oben beschriebenen und gegenüber der Beklagten bestehenden öffentlich-rechtlichen Treuhand- und Fürsorgeverhältnis verletzt. Denn die Klägerin hat möglicherweise aufgrund der oben beschriebenen sozialversicherungsrechtlichen Treuhänderstellung der Beklagten einen Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung.
80 
a) Dieser Sachlage entsprechend hat die Klägerin erstinstanzlich mit ihrem Hauptantrag sachdienlich begehrt, den belastenden Verwaltungsakt aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Beitragsschaden bei der Beigeladenen geltend zu machen. Prozessrechtlich ist dieser Klageantrag gemäß § 54 Abs. 4 SGG als eine kombinierte (unechte) Leistungsklage zu verstehen, bei der dem Anfechtungsantrag keine selbständige Bedeutung zukommt (vgl. Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 54 Rn. 113; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 54 Rn. 39; Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2. Aufl., 2005, § 54 Rn. 124, 128). Die Klägerin hat erstinstanzlich in erster Linie die Zuerkennung einer der Beklagten ihr gegenüber obliegenden Leistung begehrt, hier, dass die Beklagte den über § 119 Abs. 1 SGB X ins öffentliche Recht transformierten zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch nach den §§ 842, 843 BGB gegen die Beigeladene geltend macht. Diesem Begehren steht der Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001 entgegen, weshalb die Klägerin incident seine Aufhebung geltend machen muss. Über diesen (Leistungs-)Antrag hat das Sozialgericht im angefochtenen Urteil vom 6. Mai 2004 aber gar nicht entschieden; es fehlt sowohl an einer Tenorierung als auch an Ausführungen in den Entscheidungsgründen.
81 
Eine andere prozessrechtliche Auslegung des erstinstanzlichen Hauptantrags des Klägerin wäre im Übrigen nicht sachdienlich. Denn eine als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erhobene Klage wäre unzulässig gewesen. Die Klägerin hat nämlich in der Sache erstinstanzlich nicht den Erlass eines sie begünstigenden Verwaltungsakts im Sinn von § 31 SGB X begehrt. Die von der Klägerin begehrte Geltendmachung eines Beitragsregresses der Beklagten gegenüber der Beigeladenen zielt vielmehr auf die Geltendmachung von Forderungen zivilrechtlicher Art aufgrund gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 119 Abs. 1 SGB X (vgl. BSGE 89, 151 <154 f.>; BGH, VersR 2004, 492 ff.), hier auf die Geltendmachung kraft gesetzlichen Forderungsübergangs behaupteter Schadensersatzansprüche nach den §§ 842, 843 BGB. Die zivilprozessuale Geltendmachung solcher Ansprüche durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen bewirkt gegenüber der Klägerin als Dritter aber keine unmittelbare rechtliche Außenwirkung. Im Übrigen ist es der Beklagten - mangels gesetzlicher Grundlage - auch gar nicht möglich, ihr Rechtsverhältnis zur Beigeladenen als haftender Versicherung des Unfallschädigers aus den §§ 116 ff. SGB X durch Verwaltungsakt verbindlich festzustellen.
82 
Dieses prozessuale Ergebnis - die Begründung eines möglichen öffentlich-rechtlichen Leistungsanspruchs aufgrund eines durch § 119 Abs. 1 und Abs. 3 SGB X vermittelten besonderen Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwischen Klägerin und Beklagter - wird mittelbar durch die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verneinung der zivilprozessualen Prozessführungsbefugnis eines unfallgeschädigten Klägers gegen die Haftpflichtversicherung des Schädigers hinsichtlich möglicher Ansprüche nach § 119 SGB X aus eigenem Recht bestätigt. In dem jüngsten dazu ergangenen und veröffentlichten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 2. Dezember 2003 (VI ZR 243/02, VersR 2004, 492 ff.) heißt es wörtlich:
83 
„Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der Schadensersatzanspruch, dessen Feststellung der Kläger begehrt, sei nicht auf die LVA übergegangen, da § 119 SGB X nicht den Fall einer cessio legis behandele, sondern der Verletzte lediglich die Verfügungsbefugnis über den Schadensersatzanspruch verliere, soweit sich dieser auf den Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung richte und soweit die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 119 SGB X vorlägen. Dies steht nämlich nicht in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats (Senatsurteile BGHZ 97, 330, 333 mit Nachweisen zur Entstehungsgeschichte; 101, 207, 214; 106, 284, 290; 116, 260, 263; 129, 366, 368; 143, 344, 349 f., 354) und des Bundessozialgerichts (BSGE 89, 151, 154 ff.), wonach § 119 SGB X eine Legalzession bewirkt. Dieser Forderungsübergang vollzog sich bereits im Unfallzeitpunkt am 1. Juli 1996 nach § 119 Satz 1 SGB X in der Fassung vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I 2261). Der Forderungsübergang auf den Rentenversicherungsträger nach § 119 SGB X vollzieht sich ebenso wie im Falle des § 116 SGB X jedenfalls dann schon im Zeitpunkt des haftungsbegründenden Schadensereignisses, wenn - wie vorliegend - die Möglichkeit einer unfallbedingten Erwerbsunfähigkeit des Geschädigten in Betracht kommt (vgl. Pickel, SGB, Kommentar zum Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, Stand April 2003, Rn. 4 zu § 119 SGB X m. w. N.). Die Gründe dafür, dass sich der Forderungsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X auf den Sozialversicherungsträger bereits so frühzeitig vollzieht (grundlegend BGHZ 48, 181 , 184 ff. - noch zu § 1542 RVO), gelten für den Forderungsübergang nach § 119 SGB X in gleicher Weise (vgl. BT-Drucks. 9/95 S. 27; zur Schadensentstehung Senatsurteile BGHZ 139, 167 , 173; 143, 344, 348; jeweils m. w. N.). Die Neufassung des § 119 SGB X vom 18. Januar 2001 (BGBl. I 130) hat die Rechtslage entgegen der Auffassung der Revision insoweit nicht verändert.“
84 
Diese Rechtsprechung macht sich der erkennende Senat zu eigen.
85 
b) Soweit das Sozialgericht allerdings die von der Klägerin mit dem Hilfsantrag erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage als zulässig angesehen hat, bestehen dagegen nicht unerhebliche Bedenken.
86 
Mit einer Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) kann u. a. begehrt werden, die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Auch im Über-Unterordnungsverhältnis zwischen Bürger und Staat oder Versichertem und öffentlich-rechtlichem Versicherungsträger ist die Feststellungsklage grundsätzlich zulässig. Vor Erhebung einer Feststellungsklage muss jedoch der versicherte Kläger im Regelfall einen entsprechenden (Feststellungs-)Antrag an den Versicherungsträger gerichtet haben, mit dem er eine bestimmte Feststellung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses begehrt hat, z.B. dass ein Arbeitsunfall vorliegt oder ein Regressverhältnis besteht. Dies folgt schon aus Gründen der Prozessökonomie sowie dem für eine Feststellungsklage erforderlichen Feststellungsinteresse, welches fehlt, wenn der Versicherte nicht zunächst durch einen Antrag bei dem Versicherungsträger versucht hat zu klären, ob das Rechtsverhältnis besteht oder nicht. Dementsprechend muss der Bürger im Regelfall, wenn um das Bestehen eines Rechtsverhältnisses gestritten wird, zunächst eine entsprechende Verwaltungsentscheidung beantragen. Nach dem Ergehen dieser Entscheidung kann er zulässigerweise eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage erheben (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2006, B 2 U 77/06 B, SozR 4-1500 § 55 Nr. 4; BSGE 57, 184 = SozR 2200 § 385 Nr. 10; BSGE 58, 150 , 152 = SozR 1500 § 55 Nr. 27; BSG SozR 3-4427 § 5 Nr. 1 S 4 ff.; Castendiek, in Handkommentar SGG, 2. Aufl., 2005, § 55 Rn. 18, 27; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 55 Rn. 15; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl. 2005, IV Rn. 99).
87 
Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht vorliegend schon entgegen, dass die vom Klägerin begehrte Feststellung - neben Rechtsbeziehungen der Klägerin zur Beklagten - vorrangig die zivilrechtlichen Drittrechtsbeziehungen der Beklagten zur Beigeladenen betrifft. Es ist zwar nicht erforderlich, dass das festzustellende Rechtsverhältnis unmittelbar zwischen den Parteien des Feststellungsprozesses besteht (vgl. BSG, Urteil vom 17. Januar 1996, 3 RK 2/95 = BSGE 77, 219 <226> und Urteil vom 26. Januar 1988, 2 RU 2/87 = BSGE 63, 14 <15>; Ulmer, in Hennig, SGG, Kommentar, Loseblatt 2003, § 55 Rn. 21). Mit der Feststellungsklage kann auch das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses zwischen der Beklagten und einem Dritten - hier der Beigeladenen - geltend gemacht werden, wenn davon eigene - öffentlich-rechtlich begründete - Rechtsinteressen der Klägerin - hier gerichtet auf die Feststellung unfallbedingt nicht entrichteter weiterer Pflichtbeiträge - betroffen sind. Die Klägerin hat ein Interesse an der von ihr beantragten Feststellung gegenüber der Beklagten geltend gemacht, wie ihre stetige Korrespondenz mit der Beklagten in der Frage des Beitragsregresses - Schreiben vom 22. Oktober 1997, 17. Februar 1998, 8. Juni 1998 und 27. Dezember 2000 - belegt. Im Verhältnis zur Beigeladenen fehlt es der Klägerin aber an einem aus eigenem subjektiv öffentlichem Recht verfolgbaren Anspruch (vgl. BSGE 89, 151 <154 ff.>; BGH, VersR 2004, 492 ff.; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 3), weil der geltend zu machende zivilrechtliche Schadensersatzanspruch im Hinblick auf den hier allein streitigen Beitragsregress nach § 119 Abs. 1 SGB X kraft gesetzlichen Forderungsübergangs auf die Beklagte übergegangen ist. Deshalb hat die Klägerin gegenüber der Beigeladenen auch konsequenterweise über einen Beitragsschaden keine Korrespondenz geführt.
88 
Das Sozialgericht hat bei alledem des Weiteren verkannt, dass die Feststellungsklage im Verhältnis zur statthaften (unechten) Leistungsklage subsidiär ist. Ist eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (unechte Leistungsklage) - wie oben dargelegt - statthaft, kann nicht stattdessen eine Feststellungsklage erhoben werden (BSGE 73, 83 <84>; BVerwG Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 127 m. w. N.; Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 4; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 13. Aufl., § 43 Rn. 28). Auch wenn der im SGG nicht ausdrücklich normierte Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage im Sozialprozess nicht - wie im Verwaltungsprozess - uneingeschränkt gilt, bedarf es zur parallelen Statthaftigkeit von Gestaltungs-, Leistungs- und Feststellungsantrag jedenfalls eines nur mit der Feststellungsklage verfolgbaren weitergehenden Rechtsschutzziels. Nur soweit die Feststellungsklage in ihrer Zielrichtung über eine gleichzeitig erhobene Anfechtungs-, Verpflichtungs- oder Leistungsklage hinausgeht, ist eine Klagehäufung unter den Voraussetzungen des § 56 SGG zulässig (vgl. Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2005, § 55 Rn. 14 unter Bezugnahme auf BSG SozR 3-3200 § 81 Nr. 16; ebenso Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 6 m. w. N. der Rechtsprechung). Für ein über den unechten Leistungsantrag hinausreichendes Feststellungsinteresse der Klägerin entsprechend der Tenorierung des erstinstanzlichen Urteils vom 6. Mai 2004 ist vorliegend aber nichts erkennbar. Schließlich ist der Feststellungsantrag auch nicht deshalb statthaft, weil er mit der Beklagten gegen eine juristische Person des öffentlichen Rechts gerichtet ist, bei der davon ausgegangen werden könne, dass sie einen Feststellungsausspruch befolge (dafür aber Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 55 Rn. 19b; eingeschränkt zustimmend auch Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2005, § 55 Rn. 21). Der Gedanke, nicht vollstreckbare Feststellungsaussprüche würden von den Behörden ebenso befolgt wie vollstreckbare Leistungsaussprüche, würde letztendlich das Institut der Verpflichtungs- und Leistungsklage generell überflüssig machen. Des Weiteren würde das zwingende Prozessrecht der Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage zur Disposition der Beteiligten gestellt, indem diese jederzeit - auch unter Umgehung der Sachurteilsvoraussetzungen der anderen Klagearten - Feststellungsanträge stellen könnten (vgl. BSGE 50, 262 ff. und BSG SozR 7910 § 59 Rn. 12). Schließlich mangelt es an jedem Nachweis dafür, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts gerichtlichen Feststellungsentscheidungen generell Folge leisten (zutreffend: Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 11 m. w. N.).
89 
c) Zusammenfassend gilt danach berufungsprozessual das Folgende: Zur Entscheidung im Berufungsverfahren steht nach alledem nur noch der mit der Berufung von der Beklagten angefochtene, vom Sozialgericht durch Urteil vom 6. Mai 2004 für Recht erkannte kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsausspruch. Der isolierte Feststellungsantrag ist sowohl mangels feststellungsfähigen öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beigeladenen als auch wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage unstatthaft. Der noch übrig gebliebene, auf isolierte Aufhebung des Verwaltungsakts gerichtete Anfechtungsantrag ist hingegen zulässig. Denn die Klägerin hatte erstinstanzlich neben der Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, durch den eine Leistung abgelehnt worden war, auch Leistungsklage erhoben. Hebt das Sozialgericht - wie vorliegend - den Verwaltungsakt auf, ohne über die Leistungsklage eine Entscheidung zu treffen, so wird auf die Berufung des Rentenversicherungsträgers die Anfechtungsklage jedenfalls statthafter Gegenstand des Berufungsverfahrens (so BSG SozR Nr. 96 zu § 54 SGG; zustimmend: Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 54 Rn. 113).
90 
3. Das Berufungsbegehren der Beklagten ist auch begründet. Der angefochtene Verwaltungsakt, mit dem die Beklagte das an sie auf Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten gerichtete Begehren der Klägerin, Pflichtbeitragszeiten im Rahmen des Beitragsregresses nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen, abgelehnt hat, verletzt die Klägerin nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten oder Rechtspositionen. Zwar stehen weder der Bezug von Erwerbsunfähigkeits- und gesetzlicher Unfallrente (a.) noch die von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossene Abfindungsvereinbarung (b.) dem geltend gemachten Anspruch auf Erfüllung der von der Beklagten gegen die Beigeladene bestehenden Leistungspflicht aus § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X entgegen. Nach der von der Beklagten mit der Beigeladenen am 7. August 1998 getroffenen zivilrechtlichen Vereinbarung zur endgültigen Abfindung des Gesamtrisikos der Beklagten im Fall der Klägerin ist aber für einen Erfüllungsanspruch der Beklagten gegenüber der Beigeladenen gemäß § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X kein Raum mehr (c.).
91 
Den Regelungsgegenstand des Beitragsregresses beschreibt § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X. Diese Norm bestimmt, dass, soweit der Schadensersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, dieser auf den Versicherungsträger übergeht, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird. § 119 SGB X baut auf der vom Bundesgerichtshof entwickelten Rechtsprechung zum Ersatz von Sozialversicherungsbeiträgen auf. Der Bundesgerichtshof hatte bereits unter Geltung des bis zum 30. Juni 1983 in Kraft gebliebenen § 1542 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in Fällen schädigungsbedingten Beitragsausfalls Ansprüche auf Ersatz eines Erwerbsschadens, der den Beitragsschaden umfasst, nach §§ 823, 842, 843, 249 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anerkannt (vgl. BGHZ 69, 347 = NJW 1978, 155 = VersR 1977, 1156 ; BGH VersR 1979, 1104; 1981, 477 <478>; BGHZ 87, 181 = VersR 1983, 663). Dabei stellte er darauf ab, dass der Schädiger dem Geschädigten entsprechend dem Gedanken der Naturalrestitution die wirtschaftlichen Einbußen auszugleichen habe, die dieser durch den schädigungsbedingten Ausfall von Versicherungsbeiträgen erleide. Insoweit ließ der Bundesgerichtshof zunächst grundsätzlich die Möglichkeit einer Rentenverkürzung in Form einer niedrigeren Rentenanwartschaft ausreichen, schränkte diese weite Auffassung jedoch in seinem Grundsatzurteil vom 18. Oktober 1977 (BGHZ 69, 347 = NJW 1978, 155 = VersR 1977, 1156) durch das Erfordernis der wirtschaftlichen Vernünftigkeit einer Weiterversicherung ein. Obgleich sich eine tatsächliche Rentenverkürzung erst in der Zukunft auswirkt, wurde sie vom Bundesgerichtshof bereits als gegenwärtiger Schaden aufgefasst, der durch freiwillige Beitragszahlungen auszugleichen ist. Auf diese Weise sollte der Versicherte in den Stand gesetzt werden, seine Versicherung, soweit zulässig, fortzuführen. Anspruchsinhaber blieb allein der Geschädigte, dem es aber freigestellt war, die vom Schädiger im Rahmen des Schadensersatzes geleisteten Beträge als freiwillige Beiträge auf sein Versicherungskonto einzuzahlen (BSG, Urteil vom 31. Januar 2002, B 13 RJ 23/0 = BSGE 89, 151 <156> m. w. N.).
92 
In Weiterentwicklung dieser Grundsätze verpflichtet § 119 SGB X den Schädiger, in Fällen eines Beitragsausfalles Schadensersatz in Form von Beitragszahlungen an den Rentenversicherungsträger zu leisten. Hierbei steht das Ziel im Vordergrund, die soziale Sicherung des Versicherten nach Eintritt des Schadensfalles zu verbessern (vgl. BGH VersR 1986, 592 , 593; Nehls in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, a. a. O., SGB X, § 119 Rn. 1). Dementsprechend entsteht der Ersatzanspruch bereits dann, wenn die Möglichkeit einer Rentenverkürzung durch Beeinträchtigung der von der tatsächlichen Beitragsleistung abhängigen Berechnung der Entgeltpunkte des Versicherten besteht (vgl. BGHZ 97, 330 = VersR 1986, 592 ). Der Geschädigte muss, was seine sozialversicherungsrechtliche Stellung angeht, so gestellt werden, wie er ohne die Schädigung stünde (vgl. dazu BGH VersR 1954, 277 f.; vgl. auch Kater, in Kasseler Kommentar, Loseblatt 2003, § 119 SGB X Rn. 15). Ist der Schaden durch Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung ausgleichbar, soll sichergestellt werden, dass der Sozialversicherte später Sozialleistungen erhält, deren Berechnung auch die Zeit nach der Verletzung umfasst (vgl. BR-Drucks 526/80 S 29 mit Bezug auf BGH NJW 1978, 155 f). Dementsprechend soll § 119 SGB X im Wege des gesetzlichen Forderungsüberganges gewährleisten, dass die vom Schädiger zu zahlenden Beiträge dem Sozialversicherungsträger zweckgebunden zugeführt werden (vgl. Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 3). Ohne diese Regelung könnte der Geschädigte über die entsprechenden Beträge verfügen, ohne sie zum Ausgleich seines Beitragsschadens zu verwenden (vgl. BGH VersR 1969, 907; KG VersR 1975, 862 ). Nicht zuletzt aus fürsorgerischen Gründen überträgt deshalb § 119 Abs. 1 SGB X die Aktivlegitimation für den Anspruch auf Ersatz des dem Versicherten entstandenen Beitragsschadens treuhänderisch auf den Sozialversicherungsträger, der die Beitragsforderung (in fremdem Interesse) einziehen und entsprechend als Pflichtbeiträge verbuchen muss (vgl. BGH VersR 1986, 592; Nehls, in Hauck/Noftz, Gesamtkommentar, SGB, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X, Rn. 1). Dagegen ist es nicht Sinn und Zweck der Regelung, für eine finanzielle Entlastung der Rentenversicherungsträger zu sorgen (BSG, Urteil vom 31. Januar 2002, B 13 RJ 23/0 = BSGE 89, 151 <156> m. w. N.).
93 
a) Dem mit dem Forderungsübergang nach § 119 SGB X bezweckten Schutz des Versicherten vor schädigungsbedingten Renteneinbußen und damit der Geltendmachung eines Beitragsregresses der Beklagten gegenüber der Beigeladenen steht deshalb nicht bereits entgegen, dass die Klägerin von der Beklagten auf der Grundlage der §§ 43, 44 SGB VI a. F. seit dem 29. Dezember 1990 eine Erwerbsunfähigkeitsrente auf Dauer bezieht. Denn der durch die Schädigung infolge des am 30. November 1988 erlittenen Unfalls eingetretene Beitragsschaden der Klägerin wird durch die Gewährung der Rente nicht ausgeglichen, wie jedenfalls mittlerweile § 62 SGB VI zeigt. Danach wird ein Anspruch auf Schadensersatz wegen verminderter Erwerbsfähigkeit durch die Berücksichtigung rentenrechtlicher Zeiten nicht ausgeschlossen oder gemindert. § 62 SGB VI verankert damit einen allgemeinen Grundsatz des Schadensersatzrechts im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung. Dieser Grundsatz besagt, dass ein Schädiger durch Leistungen, die ein Dritter - hier: der Rentenversicherungsträger - dem Geschädigten aufgrund des Schadensereignisses zu erbringen hat, nicht entlastet werden darf (Prinzip der versagten Vorteilsanrechnung, vgl. näher: Niesel, in Kasseler Kommentar, SGB VI, Loseblatt, § 62 Rn. 2 m. w. N.; Löns, in Kreikebohm, SGB VI, Kommentar, 2003, § 62 Rn. 2). Daran ändert sich auch nichts, wenn man zusätzlich berücksichtigt, dass die Klägerin neben der Erwerbsunfähigkeitsrente seit dem 29. Dezember 1990 eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bezieht. § 119 Abs. 1 SGB X schützt nämlich nicht einen Erwerbs- oder Haushaltsführungsschaden, sondern die fiktiven Pflichtbeiträge, die, den Schadensfall hinweggedacht, dem Versichertenkonto des geschädigten gesetzlich Rentenversicherten bis zum Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze zugeflossen wären (BGHZ 129, 366; Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 39).
94 
b) Der Geltendmachung des Beitragsregresses durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen steht - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch die von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossene Vergleichs- und Abfindungsvereinbarung nicht entgegen. Die Klägerin hat sich in der damals vorbehaltlos geschlossenen Vereinbarung zwar schriftlich als „ein für alle mal abgefunden wegen aller Schadensersatzansprüche gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer, die versicherten Personen und Dritte, soweit diesen im Fall ihrer Inanspruchnahme ein Ausgleichsanspruch gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer oder die Versicherten zusteht“ erklärt. Diese Erklärung hat aber von vornherein nur Rechtspositionen umfassen können, die die Klägerin im eigenen Namen und aus eigenem Recht hat geltend machen können. Eben daran fehlt es bei der Geltendmachung eines Beitragsschadens nach § 119 Abs. 1 SGB X. Der durch § 119 Abs. 1 SGB X geschützte Anspruch soll zwar dem Versicherten - hier der Klägerin - zugute kommen; die Beklagte als Treuhänderin ist aber - wie oben näher ausgeführt - allein verfügungsbefugt hinsichtlich dieses Anspruchs. An den Verhandlungen und beim Abschluss des Vergleichs vom 24. Oktober 1997 ist die Beklagte - wie auch bereits vom Sozialgericht zutreffend erkannt - aber gar nicht beteiligt gewesen. Dem entsprechend können mögliche Ansprüche nach § 119 SGB X schon sachlogisch nicht Gegenstand der von der Klägerin ohne die Beklagte mit der Beigeladenen geführten Verhandlungen gewesen sein.
95 
Dieses Auslegungsergebnis vermag auch die vom damaligen Verhandlungsführer der Beigeladenen, dem Zeugen K., unter dem 11. Dezember 1997 verfasste „Aktennote“ nicht zu erschüttern. Darin ist zwar festgehalten, mit der Klägerin sei darüber Einigkeit erzielt worden, dass sie ohne den Unfall nach der Geburt ihrer Kinder nicht mehr berufstätig geworden wäre und insoweit der Haushaltsführungsschaden durch die Rentenzahlungen abgedeckt sei. Zum einen ist schon zweifelhaft, ob am 24. Oktober 1997 Einigkeit über die rein außerberufliche Zukunft der Klägerin erzielt worden ist. Dagegen spricht nicht nur die Aussage der Zeugin B., sondern insbesondere auch die Aussage des Zeugen K. vor dem Sozialgericht am 6. Mai 2004. Vor dem Sozialgericht hat der Zeuge K. nämlich - seiner Niederschrift in der „Aktennote vom 11. Dezember 1997“ widersprechend - erklärt, die Klägerin habe gesagt, auch nach Geburt der Kinder weiterarbeiten zu wollen. Der Zeuge K. hat dieser Erklärung nur keine rechtliche Bedeutung beigemessen, weil er - insoweit fehlerhaft - davon ausgegangen ist, aufgrund der vorbehaltlos von der Klägerin unterschriebenen Vergleichs- und Abfindungserklärungen seien auch künftige Ansprüche Dritter jedweder Art gegen die Beigeladene von vornherein ausgeschlossen.
96 
Zum anderen misst der Senat in diesem Zusammenhang den handschriftlichen Notizen des damaligen Bevollmächtigten der Klägerin, des Zeugen Dr. K. vom 24. Oktober 1997 letztlich ausschlaggebenden Beweiswert zu. Danach sind von dem Abfindungsvergleich vom 24. Oktober 1997 öffentlich-rechtlich begründete Drittschäden der gesetzlichen Renten-, Unfall- und Krankenversicherungsträger ausgenommen gewesen. Dies erklärt auch den Umstand, dass die Klägerin diese „Schadenspositionen“ auf ihrer, der Abfindungsvergleichserklärung vom 24. Oktober 1997 beiliegenden „Auflistung“ der Schäden nicht aufgeführt hat. Diese zentrale Aussage hat der Zeuge Dr. K. anlässlich seiner Vernehmung durch den Senat während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren glaubhaft bestätigt.
97 
c) Der Geltendmachung des Beitragsschadens durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen steht aber die von der Beklagten mit der Beigeladenen am 7. August 1998 getroffene Vereinbarung entgegen. Über den Inhalt dieser Vereinbarung existiert - entsprechend der von der Zeugin B. dem Senat anlässlich ihrer Vernehmung während der mündlichen Verhandlung glaubhaft geschilderten Verwaltungspraxis der Beklagten in Fällen, in denen die Vergleichssummen bei unter 150.000 DM (jetzt 125.000 Euro) liegen - zwar nur der von der Zeugin B. gefertigte handschriftliche Vermerk in der Beklagtenakte vom 12. August 1998, nach dem die Beigeladene zur Abfindung des aus dem Komplex „116/119“ herrührenden Gesamtrisikos 100.000,- DM an die Beklagte zu leisten hat. In diesem Vermerk findet sich der Hinweis, dass der Klägerin „§ 119’er Beiträge“ bis zur Geburt des zweiten Kindes am 8. Mai 1994 gutgeschrieben werden. Die inhaltliche Richtigkeit dieses Vermerks ist zudem von der Beigeladenen gegenüber dem Senat durch Schriftsatz vom 23. Mai 2006 bestätigt worden.
98 
Gegenstand der zwischen der Beklagten und der Beigeladenen auf der Grundlage des § 779 BGB am 7. August 1998 geschlossenen und am 12. August 1998 dokumentierten, zivilrechtlichen Vergleichsvereinbarung ist in der Sache eine einzelfallbezogene Abfindung gewesen, der öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegen stehen. Denn nach § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X ist die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag sozialversicherungsrechtlich im Einzelfall zulässig. Zur Begründung dieser - allerdings erst - zum 1. Januar 2001 in das Gesetz aufgenommenen Regelung hat der Gesetzgeber (BT-Drucksache 14/4375 vom 24. Oktober 2000) ausgeführt:
99 
„Da es sich in diesen Fällen in der Regel um kleine Ausgleichsbeträge handelt, sollen die Träger die Möglichkeit zur Pauschalierung, wegen ihrer treuhänderischen Tätigkeit für einzelne Versicherte aber nicht zum Abschluss von Teilungsabkommen, erhalten, um den Verwaltungsaufwand ökonomisch zu gestalten (§ 119 Abs. 4 Satz 1 SGB X).“
100 
Deshalb - und weil es danach folgerichtig in § 119 SGB X an einer § 116 Abs. 9 SGB X entsprechenden, die Pauschalierung von Ersatzansprüchen im Wege von Teilungsabkommen erlaubenden Sonderregelung fehlt - werden Teilungsabkommen zwischen Rentenversicherungsträgern und privaten Haftpflichtversicherern nach § 119 SGB X in der wissenschaftlichen Literatur (Nehls, in Hauck/Noftz, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 23; Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 Rn. 64; Bieresborn, in von Wulffen, a. a. O., § 119 Rn. 15; A.A. allerdings noch Plagemann, DRV 1993, 821 f. und Küppersbusch, VersR 1983, 193 <212> zum früheren Recht) für generell unzulässig gehalten. Dieser Auffassung folgt der Senat, weil der Rentenversicherungsträger nicht ganz oder teilweise auf Ansprüche des geschädigten Versicherten verzichten kann, ohne dessen Sicherungsinteressen zu verletzen. Es ist mit dem Normzweck des § 119 SGB X nicht vereinbar, die kraft cessio legis auf die Beklagte als Rentenversicherungsträger übergegangenen Ansprüche gegen die Beigeladene nicht voll einzubeziehen und der unfallgeschädigten Klägerin im Wege eines Teilungsabkommens nur einen Teil der geschuldeten Beiträge gutzuschreiben (ebenso: Schneider, in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., § 76 Rn. 11).
101 
Vorliegend hat die Beklagte mit der Beigeladenen am 7. August 1998 aber keine Pauschalvereinbarung über Ersatzansprüche getroffen, sondern einzelfallbezogen zivilrechtliche Schadenspositionen nach § 116 SGB X in Höhe von 66.374,05 DM und nach § 119 Abs. 1 SGB X in Höhe von 33.652,92 DM ermittelt und dem auf dieser Basis geschlossenen Abfindungsvergleich zugrunde gelegt. Dabei wurden nach der mit ihrem handschriftlichen Vermerk vom 12. August 1996 übereinstimmenden und nachvollziehbaren Darstellung der Zeugin B. zur Feststellung des Beitragsschadens die dem Abfindungsvergleich zwischen der seinerzeit rechtlich beratenen Klägerin und der Beigeladenen vom 24. Oktober 1997 zugrunde gelegten Schadenspositionen herangezogen, wonach die Rentenzahlungen ab Dezember 1990 für die ersten drei Jahre den Verdienstschaden und im Anschluss daran - mangels Geltendmachung eines durch die Geburt der Kinder sogar erhöhten Haushaltsführungsschadens - den Haushaltsführungsschaden kompensierten, sodass daraus der Schluss gezogen wurde, dass die Klägerin im Anschluss an die Geburt der Kinder nicht oder nur noch in geringem Umfang in Heimarbeit erwerbstätig werden wollte, wobei Letzterem durch eine Erhöhung der Abfindungssumme um 50.000.- DM Rechnung getragen wurde. Nach alledem ist es schließlich auch unschädlich, dass es zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses am 7. August 1998 die Vorschrift des § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X in der heutigen Fassung noch nicht gegeben hat. Die Zeugin B., die für die Beklagte den Vergleich mit der Beigeladenen am 7. August 1998 abgeschlossen hat, hat dem Senat dazu anschaulich und nachvollziehbar erläutert, dass „die Wirklichkeit der gesetzlichen Regelung voraus“ gewesen ist. Diese Praxis hat der Gesetzgeber mit der in § 120 Abs. 1 S. 2 SGB X normierten Übergangsregelung bestätigt, die - wie bereits unter 1. näher ausgeführt - anordnet, dass § 119 Abs. 4 SGB X in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung auch auf Sachverhalte wie den Vorliegenden anzuwenden ist, die bereits vor diesem Zeitpunkt bestanden haben, über die aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend entschieden worden ist.
102 
Auch die Tatsachen, dass die vergleichsweise Einigung zwischen der Beklagten und der Beigeladenen vom 7. August 1998 nur durch den handschriftlichen Vermerk der mit dem Fall auf Seiten der Beklagten befassten Zeugin B. vom 12. August 1998 dokumentiert und die Klägerin über das Ergebnis dieses Vergleichs erst auf Nachfrage unter dem 18. Januar 2001 von der Beklagten unterrichtet worden ist, machen den Vergleich nicht unwirksam. Nach § 779 BGB bedarf der Abschluss eines Vergleichs grundsätzlich keiner besonderen Form. Auch § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X schreibt für den Abschluss der im Einzelfall zulässigen Abfindungsvereinbarungen kein besonderes Formerfordernis - etwa Schriftform (vgl. z.B. § 56 SGB X) - vor. Ob eine Rechtspflicht der Beklagten zur Unterrichtung der Klägerin vor Abschluss des Vergleichs und/oder zumindest zeitnah nachträglich über den Abschluss des Abfindungsvergleichs bestanden hat, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Die Annahme einer solchen Pflicht könnte vor dem Hintergrund des beschriebenen und durch § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X begründeten Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwar naheliegend sein. Die Verletzung einer Unterrichtungspflicht könnte aber allenfalls Schadensersatzansprüche im Binnenverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten auslösen. Die Wirksamkeit der zwischen den zum Abfindungsvergleich nach § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X im Außenverhältnis allein ermächtigten Beteiligten - beklagter Rentenversicherungsträger und beigeladener Haftpflichtversicherung des Schädigers - getroffenen Vereinbarung wird dadurch nicht berührt.
103 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat sich bei der Auferlegung der Kosten auf die Beklagte ausnahmsweise nicht am für die Beklagte letztlich erfolgreichen Prozessergebnis orientiert. Maßgebend für den Senat ist vielmehr gewesen, dass die Beklagte die Klägerin mit den Ausführungen im angefochtenen Bescheid vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2001 in die falsche Richtung gelenkt und damit maßgeblich zum späteren Prozessverhalten der Klägerin beigetragen hat. Denn die zentrale Begründung der Beklagten für die Ablehnung des von der Klägerin begehrten Vorgehens nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X, ein Beitragsschaden sei aufgrund des von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossenen Vergleichs nicht zu beweisen, hat sich - für sich allein genommen - als nicht tragfähig erwiesen. Tatsächlich hat vorrangig der von der Beklagten geschlossene Abfindungsvergleich mit der Beigeladenen vom 7. August 1998 einem Erfolg des klägerischen Begehrens entgegen gestanden.
104 
Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Gründe

 
72 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
73 
Das Urteil des Sozialgerichts vom 6. Mai 2004 ist rechtswidrig und deshalb aufzuheben. Der von der Klägerin angefochtene Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001, mit denen das an die Beklagte gerichtete Begehren der Klägerin, Pflichtbeitragszeiten im Rahmen des Beitragsregresses nach § 119 SGB X gegenüber der Beigeladenen für die Zeit ab dem 8. Mai 1994 geltend zu machen, abgelehnt wurde, ist - entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts - im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
74 
Die Bestimmung des § 119 SGB X n. F. ist im vorliegenden Fall anwendbar, obwohl das Unfallereignis bereits auf den 30. November 1988 datiert (1.). Streitgegenstand des von der Beklagten geführten Berufungsverfahrens ist nicht mehr der von der Klägerin erstinstanzlich mit Hauptantrag geltend gemachte Erfüllungsanspruch, sondern allein der durch das angefochtene Urteil des Sozialgerichts vom 6. Mai 2004 für Recht erkannte Anfechtungs- und Feststellungsausspruch (2.). In der Sache ist die von der Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid abgelehnte Geltendmachung eines Beitragsschadens nach § 119 SGB X auf der Grundlage der zwischen der Beklagten und der Beigeladenen getroffenen Vereinbarung vom 7. August 1998 nicht zu beanstanden (3.).
75 
1. Die Frage, welches Recht anzuwenden ist, beantworten die §§ 120, 119 SGB X. § 119 Abs. 1 SGB X regelt, dass, soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten - hier: die materiell-rechtlichen Ansprüche der Klägerin gegen die Beigeladene nach §§ 842, 843 BGB - den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, dieser auf den Versicherungsträger - hier: die Beklagte - übergeht, wenn der Geschädigte - hier: die Klägerin - im Zeitpunkt des Schadensereignisses - hier: unverschuldet erlittener Autounfall am 30. November 1988 - bereits Pflichtbeitragszeiten - hier: von 1977-1988 als versicherungspflichtig beschäftigte technische Zeichnerin - nachweist. Die eingegangenen Beiträge gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge (§ 119 Abs. 3 S. 1 SGB X). Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Sozialversicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadensersatzanspruch gestanden hätte. Die Übergangsregelung des § 120 Abs. 1 S. 1 SGB X bestimmt, dass die Vorschriften der §§ 116 bis 119 SGB X nur auf Schadensereignisse nach dem 30. Juni 1983 anzuwenden sind. Das vorliegend stattgehabte Unfallschadensereignis datiert auf den 30. November 1988, so dass die §§ 116 bis 119 SGB X einschlägiger gesetzlicher Prüfungsmaßstab sind. Dies gilt auch - und insbesondere - für den neuen Absatz 4 des § 119 SGB X in der Fassung vom 1. Januar 2001. § 120 Abs. 1 Satz 2 SGB X bestimmt nämlich insoweit ausdrücklich, dass für nach dem 30. Juni 1983 eingetretene Schadensereignisse § 119 Abs. 1, 3 und 4 SGB X in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung auf einen Sachverhalt auch dann anzuwenden sind, wenn der Sachverhalt - wie vorliegend - bereits vor diesem Zeitpunkt bestanden hat und darüber noch nicht abschließend entschieden ist. In der Gesetzesbegründung zu § 120 SGB X (BT-Drucksache 14/4375 vom 24. Oktober 2000) heißt es dazu erläuternd wörtlich:
76 
„Absatz 1 Satz 2 erfasst Änderungen der §§ 116 und 119 SGB X durch diesen Gesetzentwurf und zwar für die Fälle, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes noch nicht abschließend entschieden sind, sei es im Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren oder durch das Auftreten von Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen.“
77 
2. Ob über einen Sachverhalt abschließend entschieden worden ist, hängt davon ab, was konkret zwischen den Beteiligten streitig ist. Der Streitgegenstand oder der prozessuale Anspruch, d.h. das vom Kläger aufgrund eines bestimmten Sachverhalts an das Gericht gerichtete Begehren (vgl. nur Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 95 Rn. 4 m. w. N.), wird vorliegend - im Berufungsverfahren - durch den im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 20. März 2007 allein noch anhängigen auf Aufhebung des angefochtenen Urteils vom 6. Mai 2004 und Abweisung der Klage gerichteten Antrag der Beklagten und Berufungsklägerin umrissen. Im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts ist der Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001 aufgehoben worden; darüber hinaus hat das Sozialgericht festgestellt, die Beklagte habe den Beitragsschaden gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen. Damit ist der erstinstanzlich von der Klägerin hilfsweise gestellte Aufhebungs- und Feststellungsantrag Streitgegenstand auch des Berufungsverfahrens. Der angefochtene Bescheid ist mithin Gegenstand des vorliegenden Verfahrens; eine abschließende Gerichtsentscheidung über die Rechtmäßigkeit dieses Bescheids steht noch aus. Da die Klägerin keine Berufung eingelegt hat, ist der erstinstanzlich von ihr mit Hauptantrag gegen die Beklagte geltend gemachte Anspruch auf Erfüllung aus § 119 SGB X nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden.
78 
Nach § 95 SGG ist Gegenstand der erstinstanzlichen Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt gewesen, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Der Regelungsgegenstand des angefochtenen Verwaltungsakts wird im durch den Widerspruchsbescheid vom 19. November 2001 bestätigten Tenor des angefochtenen Ausgangsbescheids vom 10. Juli 2001 beschrieben. Darin lehnt die Beklagte es in der Sache ab, Pflichtversicherungsbeiträge im Rahmen des Beitragsregresses gemäß § 119 SGB X für die Zeit über den 8. Mai 1994 hinaus geltend zu machen. Dieser Entscheidung hat die Beklagte ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin als Versicherter und ihr selbst als zuständigem Rentenversicherungsträger zugrunde gelegt. Geprägt wird das Versicherungsverhältnis vorliegend durch die sozialversicherungsrechtliche Besonderheit eines gesetzlich durch § 119 SGB X statuierten besonderen Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwischen der versicherten Geschädigten - also der Klägerin - einerseits und der Beklagten als dem zuständigen Rentenversicherungsträger andererseits. § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X begründet nämlich keinen originären, sondern einen kraft cessio legis auf die Beklagte übergeleiteten und auf Zahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung gerichteten Anspruch, den sie im fremden Interesse, d.h. im Interesse des geschädigten Versicherten, - treuhänderisch - wahrzunehmen hat (BGHZ 97, 330 = Vers 1986, 592; Kater, in Kasseler Kommentar, Loseblatt, 2001, § 119 SGB X Rn. 3; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 1; Stelzer, in ZfS 1984, 97 <98 f.>). Die Norm bezweckt die soziale Sicherung des Geschädigten nach Eintritt des Schadensfalls zu verbessern, indem sie dem Rentenversicherungsträger nach § 119 Abs. 3 S. 2 SGB X aufgibt, den sozialversicherten Geschädigten durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen nicht schlechter zu stellen, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte (BGHZ 97, 330; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 1). Dem Rentenversicherungsträger wird damit kraft öffentlichen Rechts - § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X - ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch des sozialversicherten Geschädigten gegen den Schädiger übertragen, den er nicht auf den Versicherten zurück übertragen kann. Dem entsprechend erlangt der geschädigte Sozialversicherte wegen des Beitragsersatzanspruchs - anders als früher (vor 1983) - keine eigene zivilrechtliche Rechtsposition gegenüber dem Schädiger, mit der Folge, dass er durch § 119 SGB X allein auf Ansprüche gegen den Rentenversicherungsträger verwiesen wird. Meint der Geschädigte, der Sozialversicherungsträger habe den Beitragsregress nicht oder nicht ordnungsgemäß (umfassend) geltend gemacht, verbleibt ihm folgerichtig nach § 51 SGG der Sozialrechtsweg gegenüber diesem Träger (ebenso: BGH, Urteil vom 2. Dezember 2003, VersR 2004, 492 ff.; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 12; Schneider, in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., 2002, Kapitel 78 Rn. 30).
79 
Indem die Beklagte es mit dem angefochtenen Bescheid in der Sache abgelehnt hat, für die Klägerin treuhänderisch nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X gegenüber der Beigeladenen zivilrechtliche Schadensersatzansprüche geltend zu machen, hat sie einen die Klägerin belastenden Verwaltungsakt im Sinn von § 31 SGB X erlassen, der die Klägerin möglicherweise in subjektiv öffentlichen Rechten aus dem oben beschriebenen und gegenüber der Beklagten bestehenden öffentlich-rechtlichen Treuhand- und Fürsorgeverhältnis verletzt. Denn die Klägerin hat möglicherweise aufgrund der oben beschriebenen sozialversicherungsrechtlichen Treuhänderstellung der Beklagten einen Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung.
80 
a) Dieser Sachlage entsprechend hat die Klägerin erstinstanzlich mit ihrem Hauptantrag sachdienlich begehrt, den belastenden Verwaltungsakt aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Beitragsschaden bei der Beigeladenen geltend zu machen. Prozessrechtlich ist dieser Klageantrag gemäß § 54 Abs. 4 SGG als eine kombinierte (unechte) Leistungsklage zu verstehen, bei der dem Anfechtungsantrag keine selbständige Bedeutung zukommt (vgl. Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 54 Rn. 113; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 54 Rn. 39; Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2. Aufl., 2005, § 54 Rn. 124, 128). Die Klägerin hat erstinstanzlich in erster Linie die Zuerkennung einer der Beklagten ihr gegenüber obliegenden Leistung begehrt, hier, dass die Beklagte den über § 119 Abs. 1 SGB X ins öffentliche Recht transformierten zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch nach den §§ 842, 843 BGB gegen die Beigeladene geltend macht. Diesem Begehren steht der Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001 entgegen, weshalb die Klägerin incident seine Aufhebung geltend machen muss. Über diesen (Leistungs-)Antrag hat das Sozialgericht im angefochtenen Urteil vom 6. Mai 2004 aber gar nicht entschieden; es fehlt sowohl an einer Tenorierung als auch an Ausführungen in den Entscheidungsgründen.
81 
Eine andere prozessrechtliche Auslegung des erstinstanzlichen Hauptantrags des Klägerin wäre im Übrigen nicht sachdienlich. Denn eine als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erhobene Klage wäre unzulässig gewesen. Die Klägerin hat nämlich in der Sache erstinstanzlich nicht den Erlass eines sie begünstigenden Verwaltungsakts im Sinn von § 31 SGB X begehrt. Die von der Klägerin begehrte Geltendmachung eines Beitragsregresses der Beklagten gegenüber der Beigeladenen zielt vielmehr auf die Geltendmachung von Forderungen zivilrechtlicher Art aufgrund gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 119 Abs. 1 SGB X (vgl. BSGE 89, 151 <154 f.>; BGH, VersR 2004, 492 ff.), hier auf die Geltendmachung kraft gesetzlichen Forderungsübergangs behaupteter Schadensersatzansprüche nach den §§ 842, 843 BGB. Die zivilprozessuale Geltendmachung solcher Ansprüche durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen bewirkt gegenüber der Klägerin als Dritter aber keine unmittelbare rechtliche Außenwirkung. Im Übrigen ist es der Beklagten - mangels gesetzlicher Grundlage - auch gar nicht möglich, ihr Rechtsverhältnis zur Beigeladenen als haftender Versicherung des Unfallschädigers aus den §§ 116 ff. SGB X durch Verwaltungsakt verbindlich festzustellen.
82 
Dieses prozessuale Ergebnis - die Begründung eines möglichen öffentlich-rechtlichen Leistungsanspruchs aufgrund eines durch § 119 Abs. 1 und Abs. 3 SGB X vermittelten besonderen Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwischen Klägerin und Beklagter - wird mittelbar durch die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verneinung der zivilprozessualen Prozessführungsbefugnis eines unfallgeschädigten Klägers gegen die Haftpflichtversicherung des Schädigers hinsichtlich möglicher Ansprüche nach § 119 SGB X aus eigenem Recht bestätigt. In dem jüngsten dazu ergangenen und veröffentlichten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 2. Dezember 2003 (VI ZR 243/02, VersR 2004, 492 ff.) heißt es wörtlich:
83 
„Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der Schadensersatzanspruch, dessen Feststellung der Kläger begehrt, sei nicht auf die LVA übergegangen, da § 119 SGB X nicht den Fall einer cessio legis behandele, sondern der Verletzte lediglich die Verfügungsbefugnis über den Schadensersatzanspruch verliere, soweit sich dieser auf den Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung richte und soweit die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 119 SGB X vorlägen. Dies steht nämlich nicht in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats (Senatsurteile BGHZ 97, 330, 333 mit Nachweisen zur Entstehungsgeschichte; 101, 207, 214; 106, 284, 290; 116, 260, 263; 129, 366, 368; 143, 344, 349 f., 354) und des Bundessozialgerichts (BSGE 89, 151, 154 ff.), wonach § 119 SGB X eine Legalzession bewirkt. Dieser Forderungsübergang vollzog sich bereits im Unfallzeitpunkt am 1. Juli 1996 nach § 119 Satz 1 SGB X in der Fassung vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I 2261). Der Forderungsübergang auf den Rentenversicherungsträger nach § 119 SGB X vollzieht sich ebenso wie im Falle des § 116 SGB X jedenfalls dann schon im Zeitpunkt des haftungsbegründenden Schadensereignisses, wenn - wie vorliegend - die Möglichkeit einer unfallbedingten Erwerbsunfähigkeit des Geschädigten in Betracht kommt (vgl. Pickel, SGB, Kommentar zum Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, Stand April 2003, Rn. 4 zu § 119 SGB X m. w. N.). Die Gründe dafür, dass sich der Forderungsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X auf den Sozialversicherungsträger bereits so frühzeitig vollzieht (grundlegend BGHZ 48, 181 , 184 ff. - noch zu § 1542 RVO), gelten für den Forderungsübergang nach § 119 SGB X in gleicher Weise (vgl. BT-Drucks. 9/95 S. 27; zur Schadensentstehung Senatsurteile BGHZ 139, 167 , 173; 143, 344, 348; jeweils m. w. N.). Die Neufassung des § 119 SGB X vom 18. Januar 2001 (BGBl. I 130) hat die Rechtslage entgegen der Auffassung der Revision insoweit nicht verändert.“
84 
Diese Rechtsprechung macht sich der erkennende Senat zu eigen.
85 
b) Soweit das Sozialgericht allerdings die von der Klägerin mit dem Hilfsantrag erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage als zulässig angesehen hat, bestehen dagegen nicht unerhebliche Bedenken.
86 
Mit einer Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) kann u. a. begehrt werden, die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Auch im Über-Unterordnungsverhältnis zwischen Bürger und Staat oder Versichertem und öffentlich-rechtlichem Versicherungsträger ist die Feststellungsklage grundsätzlich zulässig. Vor Erhebung einer Feststellungsklage muss jedoch der versicherte Kläger im Regelfall einen entsprechenden (Feststellungs-)Antrag an den Versicherungsträger gerichtet haben, mit dem er eine bestimmte Feststellung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses begehrt hat, z.B. dass ein Arbeitsunfall vorliegt oder ein Regressverhältnis besteht. Dies folgt schon aus Gründen der Prozessökonomie sowie dem für eine Feststellungsklage erforderlichen Feststellungsinteresse, welches fehlt, wenn der Versicherte nicht zunächst durch einen Antrag bei dem Versicherungsträger versucht hat zu klären, ob das Rechtsverhältnis besteht oder nicht. Dementsprechend muss der Bürger im Regelfall, wenn um das Bestehen eines Rechtsverhältnisses gestritten wird, zunächst eine entsprechende Verwaltungsentscheidung beantragen. Nach dem Ergehen dieser Entscheidung kann er zulässigerweise eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage erheben (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2006, B 2 U 77/06 B, SozR 4-1500 § 55 Nr. 4; BSGE 57, 184 = SozR 2200 § 385 Nr. 10; BSGE 58, 150 , 152 = SozR 1500 § 55 Nr. 27; BSG SozR 3-4427 § 5 Nr. 1 S 4 ff.; Castendiek, in Handkommentar SGG, 2. Aufl., 2005, § 55 Rn. 18, 27; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 55 Rn. 15; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl. 2005, IV Rn. 99).
87 
Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht vorliegend schon entgegen, dass die vom Klägerin begehrte Feststellung - neben Rechtsbeziehungen der Klägerin zur Beklagten - vorrangig die zivilrechtlichen Drittrechtsbeziehungen der Beklagten zur Beigeladenen betrifft. Es ist zwar nicht erforderlich, dass das festzustellende Rechtsverhältnis unmittelbar zwischen den Parteien des Feststellungsprozesses besteht (vgl. BSG, Urteil vom 17. Januar 1996, 3 RK 2/95 = BSGE 77, 219 <226> und Urteil vom 26. Januar 1988, 2 RU 2/87 = BSGE 63, 14 <15>; Ulmer, in Hennig, SGG, Kommentar, Loseblatt 2003, § 55 Rn. 21). Mit der Feststellungsklage kann auch das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses zwischen der Beklagten und einem Dritten - hier der Beigeladenen - geltend gemacht werden, wenn davon eigene - öffentlich-rechtlich begründete - Rechtsinteressen der Klägerin - hier gerichtet auf die Feststellung unfallbedingt nicht entrichteter weiterer Pflichtbeiträge - betroffen sind. Die Klägerin hat ein Interesse an der von ihr beantragten Feststellung gegenüber der Beklagten geltend gemacht, wie ihre stetige Korrespondenz mit der Beklagten in der Frage des Beitragsregresses - Schreiben vom 22. Oktober 1997, 17. Februar 1998, 8. Juni 1998 und 27. Dezember 2000 - belegt. Im Verhältnis zur Beigeladenen fehlt es der Klägerin aber an einem aus eigenem subjektiv öffentlichem Recht verfolgbaren Anspruch (vgl. BSGE 89, 151 <154 ff.>; BGH, VersR 2004, 492 ff.; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 3), weil der geltend zu machende zivilrechtliche Schadensersatzanspruch im Hinblick auf den hier allein streitigen Beitragsregress nach § 119 Abs. 1 SGB X kraft gesetzlichen Forderungsübergangs auf die Beklagte übergegangen ist. Deshalb hat die Klägerin gegenüber der Beigeladenen auch konsequenterweise über einen Beitragsschaden keine Korrespondenz geführt.
88 
Das Sozialgericht hat bei alledem des Weiteren verkannt, dass die Feststellungsklage im Verhältnis zur statthaften (unechten) Leistungsklage subsidiär ist. Ist eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (unechte Leistungsklage) - wie oben dargelegt - statthaft, kann nicht stattdessen eine Feststellungsklage erhoben werden (BSGE 73, 83 <84>; BVerwG Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 127 m. w. N.; Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 4; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 13. Aufl., § 43 Rn. 28). Auch wenn der im SGG nicht ausdrücklich normierte Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage im Sozialprozess nicht - wie im Verwaltungsprozess - uneingeschränkt gilt, bedarf es zur parallelen Statthaftigkeit von Gestaltungs-, Leistungs- und Feststellungsantrag jedenfalls eines nur mit der Feststellungsklage verfolgbaren weitergehenden Rechtsschutzziels. Nur soweit die Feststellungsklage in ihrer Zielrichtung über eine gleichzeitig erhobene Anfechtungs-, Verpflichtungs- oder Leistungsklage hinausgeht, ist eine Klagehäufung unter den Voraussetzungen des § 56 SGG zulässig (vgl. Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2005, § 55 Rn. 14 unter Bezugnahme auf BSG SozR 3-3200 § 81 Nr. 16; ebenso Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 6 m. w. N. der Rechtsprechung). Für ein über den unechten Leistungsantrag hinausreichendes Feststellungsinteresse der Klägerin entsprechend der Tenorierung des erstinstanzlichen Urteils vom 6. Mai 2004 ist vorliegend aber nichts erkennbar. Schließlich ist der Feststellungsantrag auch nicht deshalb statthaft, weil er mit der Beklagten gegen eine juristische Person des öffentlichen Rechts gerichtet ist, bei der davon ausgegangen werden könne, dass sie einen Feststellungsausspruch befolge (dafür aber Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 55 Rn. 19b; eingeschränkt zustimmend auch Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2005, § 55 Rn. 21). Der Gedanke, nicht vollstreckbare Feststellungsaussprüche würden von den Behörden ebenso befolgt wie vollstreckbare Leistungsaussprüche, würde letztendlich das Institut der Verpflichtungs- und Leistungsklage generell überflüssig machen. Des Weiteren würde das zwingende Prozessrecht der Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage zur Disposition der Beteiligten gestellt, indem diese jederzeit - auch unter Umgehung der Sachurteilsvoraussetzungen der anderen Klagearten - Feststellungsanträge stellen könnten (vgl. BSGE 50, 262 ff. und BSG SozR 7910 § 59 Rn. 12). Schließlich mangelt es an jedem Nachweis dafür, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts gerichtlichen Feststellungsentscheidungen generell Folge leisten (zutreffend: Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 11 m. w. N.).
89 
c) Zusammenfassend gilt danach berufungsprozessual das Folgende: Zur Entscheidung im Berufungsverfahren steht nach alledem nur noch der mit der Berufung von der Beklagten angefochtene, vom Sozialgericht durch Urteil vom 6. Mai 2004 für Recht erkannte kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsausspruch. Der isolierte Feststellungsantrag ist sowohl mangels feststellungsfähigen öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beigeladenen als auch wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage unstatthaft. Der noch übrig gebliebene, auf isolierte Aufhebung des Verwaltungsakts gerichtete Anfechtungsantrag ist hingegen zulässig. Denn die Klägerin hatte erstinstanzlich neben der Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, durch den eine Leistung abgelehnt worden war, auch Leistungsklage erhoben. Hebt das Sozialgericht - wie vorliegend - den Verwaltungsakt auf, ohne über die Leistungsklage eine Entscheidung zu treffen, so wird auf die Berufung des Rentenversicherungsträgers die Anfechtungsklage jedenfalls statthafter Gegenstand des Berufungsverfahrens (so BSG SozR Nr. 96 zu § 54 SGG; zustimmend: Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 54 Rn. 113).
90 
3. Das Berufungsbegehren der Beklagten ist auch begründet. Der angefochtene Verwaltungsakt, mit dem die Beklagte das an sie auf Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten gerichtete Begehren der Klägerin, Pflichtbeitragszeiten im Rahmen des Beitragsregresses nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen, abgelehnt hat, verletzt die Klägerin nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten oder Rechtspositionen. Zwar stehen weder der Bezug von Erwerbsunfähigkeits- und gesetzlicher Unfallrente (a.) noch die von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossene Abfindungsvereinbarung (b.) dem geltend gemachten Anspruch auf Erfüllung der von der Beklagten gegen die Beigeladene bestehenden Leistungspflicht aus § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X entgegen. Nach der von der Beklagten mit der Beigeladenen am 7. August 1998 getroffenen zivilrechtlichen Vereinbarung zur endgültigen Abfindung des Gesamtrisikos der Beklagten im Fall der Klägerin ist aber für einen Erfüllungsanspruch der Beklagten gegenüber der Beigeladenen gemäß § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X kein Raum mehr (c.).
91 
Den Regelungsgegenstand des Beitragsregresses beschreibt § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X. Diese Norm bestimmt, dass, soweit der Schadensersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, dieser auf den Versicherungsträger übergeht, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird. § 119 SGB X baut auf der vom Bundesgerichtshof entwickelten Rechtsprechung zum Ersatz von Sozialversicherungsbeiträgen auf. Der Bundesgerichtshof hatte bereits unter Geltung des bis zum 30. Juni 1983 in Kraft gebliebenen § 1542 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in Fällen schädigungsbedingten Beitragsausfalls Ansprüche auf Ersatz eines Erwerbsschadens, der den Beitragsschaden umfasst, nach §§ 823, 842, 843, 249 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anerkannt (vgl. BGHZ 69, 347 = NJW 1978, 155 = VersR 1977, 1156 ; BGH VersR 1979, 1104; 1981, 477 <478>; BGHZ 87, 181 = VersR 1983, 663). Dabei stellte er darauf ab, dass der Schädiger dem Geschädigten entsprechend dem Gedanken der Naturalrestitution die wirtschaftlichen Einbußen auszugleichen habe, die dieser durch den schädigungsbedingten Ausfall von Versicherungsbeiträgen erleide. Insoweit ließ der Bundesgerichtshof zunächst grundsätzlich die Möglichkeit einer Rentenverkürzung in Form einer niedrigeren Rentenanwartschaft ausreichen, schränkte diese weite Auffassung jedoch in seinem Grundsatzurteil vom 18. Oktober 1977 (BGHZ 69, 347 = NJW 1978, 155 = VersR 1977, 1156) durch das Erfordernis der wirtschaftlichen Vernünftigkeit einer Weiterversicherung ein. Obgleich sich eine tatsächliche Rentenverkürzung erst in der Zukunft auswirkt, wurde sie vom Bundesgerichtshof bereits als gegenwärtiger Schaden aufgefasst, der durch freiwillige Beitragszahlungen auszugleichen ist. Auf diese Weise sollte der Versicherte in den Stand gesetzt werden, seine Versicherung, soweit zulässig, fortzuführen. Anspruchsinhaber blieb allein der Geschädigte, dem es aber freigestellt war, die vom Schädiger im Rahmen des Schadensersatzes geleisteten Beträge als freiwillige Beiträge auf sein Versicherungskonto einzuzahlen (BSG, Urteil vom 31. Januar 2002, B 13 RJ 23/0 = BSGE 89, 151 <156> m. w. N.).
92 
In Weiterentwicklung dieser Grundsätze verpflichtet § 119 SGB X den Schädiger, in Fällen eines Beitragsausfalles Schadensersatz in Form von Beitragszahlungen an den Rentenversicherungsträger zu leisten. Hierbei steht das Ziel im Vordergrund, die soziale Sicherung des Versicherten nach Eintritt des Schadensfalles zu verbessern (vgl. BGH VersR 1986, 592 , 593; Nehls in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, a. a. O., SGB X, § 119 Rn. 1). Dementsprechend entsteht der Ersatzanspruch bereits dann, wenn die Möglichkeit einer Rentenverkürzung durch Beeinträchtigung der von der tatsächlichen Beitragsleistung abhängigen Berechnung der Entgeltpunkte des Versicherten besteht (vgl. BGHZ 97, 330 = VersR 1986, 592 ). Der Geschädigte muss, was seine sozialversicherungsrechtliche Stellung angeht, so gestellt werden, wie er ohne die Schädigung stünde (vgl. dazu BGH VersR 1954, 277 f.; vgl. auch Kater, in Kasseler Kommentar, Loseblatt 2003, § 119 SGB X Rn. 15). Ist der Schaden durch Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung ausgleichbar, soll sichergestellt werden, dass der Sozialversicherte später Sozialleistungen erhält, deren Berechnung auch die Zeit nach der Verletzung umfasst (vgl. BR-Drucks 526/80 S 29 mit Bezug auf BGH NJW 1978, 155 f). Dementsprechend soll § 119 SGB X im Wege des gesetzlichen Forderungsüberganges gewährleisten, dass die vom Schädiger zu zahlenden Beiträge dem Sozialversicherungsträger zweckgebunden zugeführt werden (vgl. Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 3). Ohne diese Regelung könnte der Geschädigte über die entsprechenden Beträge verfügen, ohne sie zum Ausgleich seines Beitragsschadens zu verwenden (vgl. BGH VersR 1969, 907; KG VersR 1975, 862 ). Nicht zuletzt aus fürsorgerischen Gründen überträgt deshalb § 119 Abs. 1 SGB X die Aktivlegitimation für den Anspruch auf Ersatz des dem Versicherten entstandenen Beitragsschadens treuhänderisch auf den Sozialversicherungsträger, der die Beitragsforderung (in fremdem Interesse) einziehen und entsprechend als Pflichtbeiträge verbuchen muss (vgl. BGH VersR 1986, 592; Nehls, in Hauck/Noftz, Gesamtkommentar, SGB, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X, Rn. 1). Dagegen ist es nicht Sinn und Zweck der Regelung, für eine finanzielle Entlastung der Rentenversicherungsträger zu sorgen (BSG, Urteil vom 31. Januar 2002, B 13 RJ 23/0 = BSGE 89, 151 <156> m. w. N.).
93 
a) Dem mit dem Forderungsübergang nach § 119 SGB X bezweckten Schutz des Versicherten vor schädigungsbedingten Renteneinbußen und damit der Geltendmachung eines Beitragsregresses der Beklagten gegenüber der Beigeladenen steht deshalb nicht bereits entgegen, dass die Klägerin von der Beklagten auf der Grundlage der §§ 43, 44 SGB VI a. F. seit dem 29. Dezember 1990 eine Erwerbsunfähigkeitsrente auf Dauer bezieht. Denn der durch die Schädigung infolge des am 30. November 1988 erlittenen Unfalls eingetretene Beitragsschaden der Klägerin wird durch die Gewährung der Rente nicht ausgeglichen, wie jedenfalls mittlerweile § 62 SGB VI zeigt. Danach wird ein Anspruch auf Schadensersatz wegen verminderter Erwerbsfähigkeit durch die Berücksichtigung rentenrechtlicher Zeiten nicht ausgeschlossen oder gemindert. § 62 SGB VI verankert damit einen allgemeinen Grundsatz des Schadensersatzrechts im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung. Dieser Grundsatz besagt, dass ein Schädiger durch Leistungen, die ein Dritter - hier: der Rentenversicherungsträger - dem Geschädigten aufgrund des Schadensereignisses zu erbringen hat, nicht entlastet werden darf (Prinzip der versagten Vorteilsanrechnung, vgl. näher: Niesel, in Kasseler Kommentar, SGB VI, Loseblatt, § 62 Rn. 2 m. w. N.; Löns, in Kreikebohm, SGB VI, Kommentar, 2003, § 62 Rn. 2). Daran ändert sich auch nichts, wenn man zusätzlich berücksichtigt, dass die Klägerin neben der Erwerbsunfähigkeitsrente seit dem 29. Dezember 1990 eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bezieht. § 119 Abs. 1 SGB X schützt nämlich nicht einen Erwerbs- oder Haushaltsführungsschaden, sondern die fiktiven Pflichtbeiträge, die, den Schadensfall hinweggedacht, dem Versichertenkonto des geschädigten gesetzlich Rentenversicherten bis zum Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze zugeflossen wären (BGHZ 129, 366; Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 39).
94 
b) Der Geltendmachung des Beitragsregresses durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen steht - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch die von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossene Vergleichs- und Abfindungsvereinbarung nicht entgegen. Die Klägerin hat sich in der damals vorbehaltlos geschlossenen Vereinbarung zwar schriftlich als „ein für alle mal abgefunden wegen aller Schadensersatzansprüche gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer, die versicherten Personen und Dritte, soweit diesen im Fall ihrer Inanspruchnahme ein Ausgleichsanspruch gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer oder die Versicherten zusteht“ erklärt. Diese Erklärung hat aber von vornherein nur Rechtspositionen umfassen können, die die Klägerin im eigenen Namen und aus eigenem Recht hat geltend machen können. Eben daran fehlt es bei der Geltendmachung eines Beitragsschadens nach § 119 Abs. 1 SGB X. Der durch § 119 Abs. 1 SGB X geschützte Anspruch soll zwar dem Versicherten - hier der Klägerin - zugute kommen; die Beklagte als Treuhänderin ist aber - wie oben näher ausgeführt - allein verfügungsbefugt hinsichtlich dieses Anspruchs. An den Verhandlungen und beim Abschluss des Vergleichs vom 24. Oktober 1997 ist die Beklagte - wie auch bereits vom Sozialgericht zutreffend erkannt - aber gar nicht beteiligt gewesen. Dem entsprechend können mögliche Ansprüche nach § 119 SGB X schon sachlogisch nicht Gegenstand der von der Klägerin ohne die Beklagte mit der Beigeladenen geführten Verhandlungen gewesen sein.
95 
Dieses Auslegungsergebnis vermag auch die vom damaligen Verhandlungsführer der Beigeladenen, dem Zeugen K., unter dem 11. Dezember 1997 verfasste „Aktennote“ nicht zu erschüttern. Darin ist zwar festgehalten, mit der Klägerin sei darüber Einigkeit erzielt worden, dass sie ohne den Unfall nach der Geburt ihrer Kinder nicht mehr berufstätig geworden wäre und insoweit der Haushaltsführungsschaden durch die Rentenzahlungen abgedeckt sei. Zum einen ist schon zweifelhaft, ob am 24. Oktober 1997 Einigkeit über die rein außerberufliche Zukunft der Klägerin erzielt worden ist. Dagegen spricht nicht nur die Aussage der Zeugin B., sondern insbesondere auch die Aussage des Zeugen K. vor dem Sozialgericht am 6. Mai 2004. Vor dem Sozialgericht hat der Zeuge K. nämlich - seiner Niederschrift in der „Aktennote vom 11. Dezember 1997“ widersprechend - erklärt, die Klägerin habe gesagt, auch nach Geburt der Kinder weiterarbeiten zu wollen. Der Zeuge K. hat dieser Erklärung nur keine rechtliche Bedeutung beigemessen, weil er - insoweit fehlerhaft - davon ausgegangen ist, aufgrund der vorbehaltlos von der Klägerin unterschriebenen Vergleichs- und Abfindungserklärungen seien auch künftige Ansprüche Dritter jedweder Art gegen die Beigeladene von vornherein ausgeschlossen.
96 
Zum anderen misst der Senat in diesem Zusammenhang den handschriftlichen Notizen des damaligen Bevollmächtigten der Klägerin, des Zeugen Dr. K. vom 24. Oktober 1997 letztlich ausschlaggebenden Beweiswert zu. Danach sind von dem Abfindungsvergleich vom 24. Oktober 1997 öffentlich-rechtlich begründete Drittschäden der gesetzlichen Renten-, Unfall- und Krankenversicherungsträger ausgenommen gewesen. Dies erklärt auch den Umstand, dass die Klägerin diese „Schadenspositionen“ auf ihrer, der Abfindungsvergleichserklärung vom 24. Oktober 1997 beiliegenden „Auflistung“ der Schäden nicht aufgeführt hat. Diese zentrale Aussage hat der Zeuge Dr. K. anlässlich seiner Vernehmung durch den Senat während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren glaubhaft bestätigt.
97 
c) Der Geltendmachung des Beitragsschadens durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen steht aber die von der Beklagten mit der Beigeladenen am 7. August 1998 getroffene Vereinbarung entgegen. Über den Inhalt dieser Vereinbarung existiert - entsprechend der von der Zeugin B. dem Senat anlässlich ihrer Vernehmung während der mündlichen Verhandlung glaubhaft geschilderten Verwaltungspraxis der Beklagten in Fällen, in denen die Vergleichssummen bei unter 150.000 DM (jetzt 125.000 Euro) liegen - zwar nur der von der Zeugin B. gefertigte handschriftliche Vermerk in der Beklagtenakte vom 12. August 1998, nach dem die Beigeladene zur Abfindung des aus dem Komplex „116/119“ herrührenden Gesamtrisikos 100.000,- DM an die Beklagte zu leisten hat. In diesem Vermerk findet sich der Hinweis, dass der Klägerin „§ 119’er Beiträge“ bis zur Geburt des zweiten Kindes am 8. Mai 1994 gutgeschrieben werden. Die inhaltliche Richtigkeit dieses Vermerks ist zudem von der Beigeladenen gegenüber dem Senat durch Schriftsatz vom 23. Mai 2006 bestätigt worden.
98 
Gegenstand der zwischen der Beklagten und der Beigeladenen auf der Grundlage des § 779 BGB am 7. August 1998 geschlossenen und am 12. August 1998 dokumentierten, zivilrechtlichen Vergleichsvereinbarung ist in der Sache eine einzelfallbezogene Abfindung gewesen, der öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegen stehen. Denn nach § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X ist die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag sozialversicherungsrechtlich im Einzelfall zulässig. Zur Begründung dieser - allerdings erst - zum 1. Januar 2001 in das Gesetz aufgenommenen Regelung hat der Gesetzgeber (BT-Drucksache 14/4375 vom 24. Oktober 2000) ausgeführt:
99 
„Da es sich in diesen Fällen in der Regel um kleine Ausgleichsbeträge handelt, sollen die Träger die Möglichkeit zur Pauschalierung, wegen ihrer treuhänderischen Tätigkeit für einzelne Versicherte aber nicht zum Abschluss von Teilungsabkommen, erhalten, um den Verwaltungsaufwand ökonomisch zu gestalten (§ 119 Abs. 4 Satz 1 SGB X).“
100 
Deshalb - und weil es danach folgerichtig in § 119 SGB X an einer § 116 Abs. 9 SGB X entsprechenden, die Pauschalierung von Ersatzansprüchen im Wege von Teilungsabkommen erlaubenden Sonderregelung fehlt - werden Teilungsabkommen zwischen Rentenversicherungsträgern und privaten Haftpflichtversicherern nach § 119 SGB X in der wissenschaftlichen Literatur (Nehls, in Hauck/Noftz, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 23; Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 Rn. 64; Bieresborn, in von Wulffen, a. a. O., § 119 Rn. 15; A.A. allerdings noch Plagemann, DRV 1993, 821 f. und Küppersbusch, VersR 1983, 193 <212> zum früheren Recht) für generell unzulässig gehalten. Dieser Auffassung folgt der Senat, weil der Rentenversicherungsträger nicht ganz oder teilweise auf Ansprüche des geschädigten Versicherten verzichten kann, ohne dessen Sicherungsinteressen zu verletzen. Es ist mit dem Normzweck des § 119 SGB X nicht vereinbar, die kraft cessio legis auf die Beklagte als Rentenversicherungsträger übergegangenen Ansprüche gegen die Beigeladene nicht voll einzubeziehen und der unfallgeschädigten Klägerin im Wege eines Teilungsabkommens nur einen Teil der geschuldeten Beiträge gutzuschreiben (ebenso: Schneider, in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., § 76 Rn. 11).
101 
Vorliegend hat die Beklagte mit der Beigeladenen am 7. August 1998 aber keine Pauschalvereinbarung über Ersatzansprüche getroffen, sondern einzelfallbezogen zivilrechtliche Schadenspositionen nach § 116 SGB X in Höhe von 66.374,05 DM und nach § 119 Abs. 1 SGB X in Höhe von 33.652,92 DM ermittelt und dem auf dieser Basis geschlossenen Abfindungsvergleich zugrunde gelegt. Dabei wurden nach der mit ihrem handschriftlichen Vermerk vom 12. August 1996 übereinstimmenden und nachvollziehbaren Darstellung der Zeugin B. zur Feststellung des Beitragsschadens die dem Abfindungsvergleich zwischen der seinerzeit rechtlich beratenen Klägerin und der Beigeladenen vom 24. Oktober 1997 zugrunde gelegten Schadenspositionen herangezogen, wonach die Rentenzahlungen ab Dezember 1990 für die ersten drei Jahre den Verdienstschaden und im Anschluss daran - mangels Geltendmachung eines durch die Geburt der Kinder sogar erhöhten Haushaltsführungsschadens - den Haushaltsführungsschaden kompensierten, sodass daraus der Schluss gezogen wurde, dass die Klägerin im Anschluss an die Geburt der Kinder nicht oder nur noch in geringem Umfang in Heimarbeit erwerbstätig werden wollte, wobei Letzterem durch eine Erhöhung der Abfindungssumme um 50.000.- DM Rechnung getragen wurde. Nach alledem ist es schließlich auch unschädlich, dass es zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses am 7. August 1998 die Vorschrift des § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X in der heutigen Fassung noch nicht gegeben hat. Die Zeugin B., die für die Beklagte den Vergleich mit der Beigeladenen am 7. August 1998 abgeschlossen hat, hat dem Senat dazu anschaulich und nachvollziehbar erläutert, dass „die Wirklichkeit der gesetzlichen Regelung voraus“ gewesen ist. Diese Praxis hat der Gesetzgeber mit der in § 120 Abs. 1 S. 2 SGB X normierten Übergangsregelung bestätigt, die - wie bereits unter 1. näher ausgeführt - anordnet, dass § 119 Abs. 4 SGB X in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung auch auf Sachverhalte wie den Vorliegenden anzuwenden ist, die bereits vor diesem Zeitpunkt bestanden haben, über die aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend entschieden worden ist.
102 
Auch die Tatsachen, dass die vergleichsweise Einigung zwischen der Beklagten und der Beigeladenen vom 7. August 1998 nur durch den handschriftlichen Vermerk der mit dem Fall auf Seiten der Beklagten befassten Zeugin B. vom 12. August 1998 dokumentiert und die Klägerin über das Ergebnis dieses Vergleichs erst auf Nachfrage unter dem 18. Januar 2001 von der Beklagten unterrichtet worden ist, machen den Vergleich nicht unwirksam. Nach § 779 BGB bedarf der Abschluss eines Vergleichs grundsätzlich keiner besonderen Form. Auch § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X schreibt für den Abschluss der im Einzelfall zulässigen Abfindungsvereinbarungen kein besonderes Formerfordernis - etwa Schriftform (vgl. z.B. § 56 SGB X) - vor. Ob eine Rechtspflicht der Beklagten zur Unterrichtung der Klägerin vor Abschluss des Vergleichs und/oder zumindest zeitnah nachträglich über den Abschluss des Abfindungsvergleichs bestanden hat, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Die Annahme einer solchen Pflicht könnte vor dem Hintergrund des beschriebenen und durch § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X begründeten Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwar naheliegend sein. Die Verletzung einer Unterrichtungspflicht könnte aber allenfalls Schadensersatzansprüche im Binnenverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten auslösen. Die Wirksamkeit der zwischen den zum Abfindungsvergleich nach § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X im Außenverhältnis allein ermächtigten Beteiligten - beklagter Rentenversicherungsträger und beigeladener Haftpflichtversicherung des Schädigers - getroffenen Vereinbarung wird dadurch nicht berührt.
103 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat sich bei der Auferlegung der Kosten auf die Beklagte ausnahmsweise nicht am für die Beklagte letztlich erfolgreichen Prozessergebnis orientiert. Maßgebend für den Senat ist vielmehr gewesen, dass die Beklagte die Klägerin mit den Ausführungen im angefochtenen Bescheid vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2001 in die falsche Richtung gelenkt und damit maßgeblich zum späteren Prozessverhalten der Klägerin beigetragen hat. Denn die zentrale Begründung der Beklagten für die Ablehnung des von der Klägerin begehrten Vorgehens nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X, ein Beitragsschaden sei aufgrund des von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossenen Vergleichs nicht zu beweisen, hat sich - für sich allein genommen - als nicht tragfähig erwiesen. Tatsächlich hat vorrangig der von der Beklagten geschlossene Abfindungsvergleich mit der Beigeladenen vom 7. August 1998 einem Erfolg des klägerischen Begehrens entgegen gestanden.
104 
Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

(1) Soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, geht dieser auf den Versicherungsträger über, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird; dies gilt nicht, soweit

1.
der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt oder sonstige der Beitragspflicht unterliegende Leistungen erbringt oder
2.
der Anspruch auf Ersatz von Beiträgen nach § 116 übergegangen ist.
Für den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung gilt § 116 Abs. 3 Satz 1 und 2 entsprechend, soweit die Beiträge auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem bei unbegrenzter Haftung zu ersetzenden Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und der bei Bezug von Sozialleistungen beitragspflichtigen Einnahme entfallen.

(2) Der Versicherungsträger, auf den ein Teil des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 116 übergeht, übermittelt den von ihm festgestellten Sachverhalt dem Träger der Rentenversicherung auf einem einheitlichen Meldevordruck. Das Nähere über den Inhalt des Meldevordrucks und das Mitteilungsverfahren bestimmen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger.

(3) Die eingegangenen Beiträge oder Beitragsanteile gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge. Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Versicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte.

(4) Die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag ist im Einzelfall zulässig. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gelten für die Mitwirkungspflichten des Geschädigten die §§ 60, 61, 65 Abs. 1 und 3 sowie § 65a des Ersten Buches entsprechend.

Die Verpflichtung zum Schadensersatz wegen einer gegen die Person gerichteten unerlaubten Handlung erstreckt sich auf die Nachteile, welche die Handlung für den Erwerb oder das Fortkommen des Verletzten herbeiführt.

(1) Wird infolge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert oder tritt eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so ist dem Verletzten durch Entrichtung einer Geldrente Schadensersatz zu leisten.

(2) Auf die Rente finden die Vorschriften des § 760 Anwendung. Ob, in welcher Art und für welchen Betrag der Ersatzpflichtige Sicherheit zu leisten hat, bestimmt sich nach den Umständen.

(3) Statt der Rente kann der Verletzte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

(4) Der Anspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein anderer dem Verletzten Unterhalt zu gewähren hat.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 6. Mai 2004 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin und Berufungsbeklagte (künftig: Klägerin) begehrt festzustellen, die Beklagte habe einen Beitragsschaden nach § 119 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X - gegenüber der Beigeladenen als beteiligter Haftpflichtversicherung geltend zu machen.
Die am ... 1961 geborene und verheiratete Klägerin, Mutter zweier am 9. September 1992 und am 8. Mai 1994 geborener Kinder, absolvierte von 1977 bis 1979 erfolgreich eine Ausbildung zur technischen Zeichnerin. Anschließend war sie im erlernten Beruf bei der Firma N. GmbH, R., versicherungspflichtig beschäftigt.
Am 30. November 1988 erlitt die Klägerin auf der Fahrt mit dem eigenen Pkw zur Arbeitsstelle gegen 6:45 Uhr einen Unfall durch Zusammenprall mit einem anderen, bei der Beigeladenen versicherten Pkw, der die Vorfahrt der Klägerin nicht beachtet hatte. Vom Unfalltag bis zum 15. Dezember 1988 wurde die Klägerin in der Chirurgischen Klinik stationär behandelt. Im von Prof. Dr. K. unterzeichneten Entlassungsbericht der Klinik vom 16. Januar 1989 wurden als Diagnosen mitgeteilt: Sternumfraktur, HWS-Distorsion und Schädelprellung.
Im Rahmen der Weiterbehandlung zu Lasten der Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft (BG) wurde die Klägerin am 13. und 20. Februar 1989 in der Neurologischen Klinik ambulant untersucht und vom 6. bis 13. März 1989 stationär behandelt. Im Entlassungsbericht vom 17. März 1989 stellte PD Dr. K. die Diagnosen kloniforme Muskelzuckungen unklarer Genese, Zustand nach HWS-Distorsion, Schädelprellung und Sternumfraktur .
Vom 6. bis zum 9. Juni 1989 unterzog sich die Klägerin wegen anhaltender Zuckungen überwiegend des linken Armes einer weiteren stationären Heilbehandlung, nunmehr in der Neurologischen Klinik. Im Bericht vom 30. Juni 1989 vertrat Prof. Dr. B. die Auffassung, die Muskelzuckungen seien nicht unfallbedingt, weil nichts auf eine Hirn- oder Rückenmarksverletzung durch den Wegeunfall hinweise. Es handele sich vielmehr um psychogene Anfälle.
Unter dem 3. August 1989 meldete die BG bei der Beklagten einen Anspruch auf Beitragserstattung für die Zeit vom 14. bis 31. Januar 1989 an. Daraufhin bat die Beklagte die Klägerin um Angaben zum Unfallhergang und zu den Unfallfolgen. Im unter dem 14. August 1989 ausgefüllten Formularvordruck gab die Klägerin auf die Frage 12 „Bis zu welchem Lebensalter wären Sie ohne den Unfall/Schadensfall voraussichtlich berufstätig gewesen?“ wörtlich an, „bis zum Rentenalter“.
Die Beklagte meldete ihrerseits bei der Beigeladenen unter dem 24. Oktober 1989 einen Erstattungsanspruch wegen unfallbedingt unterbrochener Beitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung an und bezifferte den bisher entstandenen Beitragsschaden für die Zeit vom 14. bis 31. Januar 1989 mit 392, 48 DM. Die Beigeladene glich den geltend gemachten Beitragsschaden aus. Die Beklagte wies die Beigeladene unter dem 2. April 1990 darauf hin, dass gegenwärtig ein (weiteres) Feststellungsinteresse noch nicht ausgeschlossen werden könne, die Akte vorläufig zum Ruhen gebracht werde und eine Verjährung der Ansprüche gemäß den §§ 116 ff. SGB X aufgrund des vereinbarungsgemäß bestehenden generellen Verjährungseinredeverzichtes nicht eintreten könne.
Zwischenzeitlich hatte die BG eine unfallchirurgische und neurologisch-psychiatrische Zusammenhangsbegutachtung der Klägerin veranlasst. Beide Gutachter - Unfallchirurg Prof. Dr. W. mit Gutachten vom 13. Oktober 1989 und der Neurologe und Psychiater Dr. L. mit Gutachten vom 26. Februar 1990 - verneinten die Unfallursächlichkeit für die bei der Klägerin fortbestehenden myoklonischen Zuckungen.
Daraufhin lehnte die BG die Gewährung von über dem 31. Januar 1989 hinausgehender Heilbehandlung, Verletztengeld und Verletztenrente mit Bescheiden vom 26. April 1990 mit der Begründung ab, ab diesem Zeitpunkt sei die weitere Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit nicht mehr Folge des am 30. November 1988 erlittenen Arbeitsunfalls. Die dagegen gerichteten Widersprüche wies die BG mit Widerspruchsbescheiden vom 16. August 1990 als unbegründet zurück, wogegen die Klägerin am 30. August 1990 Klage zum Sozialgericht Konstanz erhob.
10 
Bereits zuvor, am 23. Januar 1990, hatte die Klägerin bei der Beklagten Erwerbsunfähigkeitsrente beantragt. Zu Lasten der Beklagten absolvierte sie vom 27. November bis 28. Dezember 1990 eine stationäre Reha-Heilbehandlung. Im Entlassungsbericht vom 7. Februar 1991 wurden die Diagnosen - Zustand nach Sternumfraktur, HWS-Distorsion und Schädelprellung mit nachfolgenden Krampfanfällen bei Abduktion und Elevation des linken Armes nach einem Verkehrsunfall 11/88 und Konversionsneurose - mitgeteilt.
11 
Noch davor hatte die Beklagte aber eine auf dem 20. September 1990 datierende nervenärztliche Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters B. eingeholt, in der dieser - entgegen dem Gutachter Dr. L. - die Auffassung vertrat, die leistungsmindernden Störungen - Wirbelsäulenbeschwerden, Schwindelattacken und vor allem kloniforme Muskelzuckungen - seien als unfallbedingt einzustufen. Auch wenn eine prämorbide Störung vorliege, gebe es keinerlei Hinweise auf eine manifeste psychische Störung vor dem Unfallgeschehen. Das Unfalltrauma habe eine richtungsgebende Verschlechterung ausgelöst; eine dauerhafte Leistungsminderung sei anzuerkennen. Daraufhin bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 27. Mai 1991 für die Zeit ab dem 29. Dezember 1990 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer.
12 
Dies teilte die Beklagte der Beigeladenen unter Bezugnahme auf den Schadensfall vom 30. November 1988 und Hinweis auf ihre unfallbedingte Leistungspflichtigkeit mit Schreiben vom 23. Juli 1991 mit. Die Beigeladene erwiderte darauf unter dem 8. August 1991, dass eine unfallbedingte Leistungspflichtigkeit der Beklagten auf der Grundlage der Sachverhaltsaufklärung durch die BG bestritten werde. Daran hielt die Beigeladene auch später, mit Schreiben vom 25. Februar 1992, weiter fest. Die Beteiligten kamen aber überein, den Ausgang des sozialgerichtlichen Verfahrens gegen die BG abzuwarten, um eine Klärung der Kausalitätsfrage herbeizuführen.
13 
Das SG wies die Klage gegen die BG auf der Grundlage der Ergebnisse der Beweisaufnahme - Gutachten des Orthopäden Dr. K. vom 10. Februar 1993 und Gutachten des Neurologen Prof. Dr. A. vom 3. Januar 1994 - durch Urteil vom 18. März 1994 (S 1 U 942/92) ab. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte Erfolg. Mit Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. September 1996 (L 10 U 1183/94) wurden das Urteil des Sozialgerichts vom 18. März 1994 und die entgegenstehenden Bescheide der BG aufgehoben und die BG verurteilt, der Klägerin wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 30. November 1988 („Myoklonien des linken Armes“) die gesetzlichen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Das Landessozialgericht stützte sich zur Begründung wesentlich auf die Feststellungen des im Berufungsverfahren von dem Neurologen Prof. Dr. S., Augsburg, unter dem 4. Januar 1996 erstatteten Gutachtens. Das Urteil vom 19. September 1996 wurde rechtskräftig. Die BG gewährte der Klägerin daraufhin mit Bescheid vom 27. November 1996 für die Zeit ab dem 29. Dezember 1990, dem Tag des Wegfalls des Übergangsgeldes, Dauerrente auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit - MdE - von 30 v. H..
14 
Unter dem 10. Juni 1997 wandte sich die Beklagte unter Bezugnahme auf den im Schadensfall vom 30. November 1988 geführten Schriftwechsel und Hinweis auf das Urteil des Landessozialgerichts vom 19. September 1996 erneut an die Beigeladene. Dabei teilte sie mit, dass, ausgehend von den im unfallversicherungsrechtlichen Verfahren gewonnenen medizinischen Erkenntnissen der Kausalzusammenhang zwischen Unfall und eingetretener Leistungsminderung nunmehr als bewiesen zu bewerten sei. Daher sei es angebracht, die Angelegenheit nunmehr „im Rahmen einer Sammelbesprechung“ zu erörtern. Die Beigeladene erklärte darauf unter dem 22. Juli 1997, „den Fall für eine Besprechung vorgemerkt“ zu haben.
15 
Unter dem 22. Oktober 1997 wandte sich die Klägerin unter Vorlage ihrer Verdienstausfallbescheinigungen über die Jahre 1989 bis 1995 schriftlich an die Beklagte mit der Aufforderung, einen Regressanspruch „entsprechend § 119 SGB X“ gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen, nachdem die Berufsgenossenschaft den Unfall vom 30. November 1988 nunmehr als Dauerschaden anerkannt habe und die Beigeladene den Versicherungsschaden auch ihr gegenüber reguliere.
16 
Darauf folgend kam es am 24. Oktober 1997 zu einer Besprechung in den Räumen der Kanzlei des damaligen Bevollmächtigten der Klägerin, des Zeugen Dr. K., an der die Klägerin, der Zeuge Dr. K. und Vertreter der Beigeladenen - die Zeugen K. und R. - sowie die Zeugin B. vom „Zeller Kreis“ teilnahmen. Anlässlich dieser Besprechung unterschrieb die Klägerin eine auf einem Formblatt der Beigeladenen vorformulierte „ Vergleich und Abfindungserklärung “ mit dem Wortlaut:
17 
„Ich - J.H. - erkläre mich gegen Zahlung eines Betrages von DM 217.500 - zweihundertsiebzehntausendfünfhundert - aus dem Schadenfall vom 30.11.88 ein für alle mal abgefunden wegen aller Schadenersatzansprüche gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer, die versicherten Personen und Dritte, soweit diesen im Fall ihrer Inanspruchnahme ein Ausgleichsanspruch gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer oder die Versicherten zusteht.“
18 
Der „Vergleichs und Abfindungserklärung“ lag eine „Auflistung“ der von der Klägerin vorgenommenen Schadensberechnung bei. Diese untergliederte sich in Schäden der Vergangenheit - Haushaltsschaden, Verdienstschaden, vermehrte Bedürfnisse, Schmerzensgeld und Sonstige - und der Zukunft - Haushaltsschaden, Verdienstschaden -. Während die vergangenheitsbezogenen Schäden mit 445.442, 41 DM beziffert wurden, fehlte es an einer Bezifferung der zukunftsbezogenen Schadenspositionen.
19 
Im Einzelnen enthielt die „Auflistung“ der Klägerin folgendes Zahlenwerk:
20 
Vergangenheit
        
Sonstige
 3.702, 42 DM
Haushaltsschaden
 290.324, 00 DM
Verdienstschaden
 20.815, 99 DM
vermehrte Bedürfnisse monatl. 300, 00 DM x 102 Monate =
 30.600, 00 DM
Schmerzensgeld
 100.000, 00 DM
        
 _____________
        
 445.442, 41 DM
                 
Zukunft
        
Haushaltsschaden
        
Verdienstschaden
 ______________
        
 445.442, 41 DM
                 
Allianz bis jetzt bezahlt
 - 8.9125,10 DM
        
 ______________
        
 436.527, 31 DM
21 
Unter dem 11. Dezember 1997 verfasste der Zeuge K ., einer der bei der Besprechung vom 24. Oktober anwesenden Mitarbeiter der Beigeladenen, eine paraphierte „ Aktennote / Bericht “ über den Gesprächsverlauf und die erzielten Ergebnisse. Darin hieß es u. a. wörtlich:
22 
„Im Unfallzeitpunkt war die AS verheiratet und bewohnt mit ihrem Mann bis heute eine ca. 100 qm große Wohnung. Sie war im Unfallzeitpunkt als Technische Zeichnerin voll berufstätig.
...
23 
Bezüglich des Verdienstschadens konnten wir unseren Standpunkt durchsetzen, dass angesichts der bezahlten Renten unter Berücksichtigung eines Abzugs für berufsbedingte Aufwendungen von 10% sowie der ersparten Verpflegungsaufwendungen in der Zeit der stationären Behandlung ein Schaden nicht verbleibt.
...
24 
Hinsichtlich des Haushaltsführungsschadens konnten wir eine Aufteilung der Schadenberechnung in 2 Abschnitte durchsetzen:
Der erste Abschnitt betrifft die Zeit vom Unfall bis zur Geburt des ersten Kindes. Der zweite Zeitabschnitt sollte die Zeit ab 9.9.92 betreffen. Wir erzielten letztlich dahingehend eine Einigung, dass für den Zeitraum 1 auf der Grundlage von Tabelle 1 von Schulz-Bork/Hofmann ein Bedarf von 30 Wochenstunden der Berechnung zugrunde gelegt wird. Es wurde auch akzeptiert, dass der Ehemann 50% der Hausarbeit in Anbetracht der vollen Erwerbstätigkeit seiner Ehefrau zu übernehmen hat.
...
25 
Es wurde auch Einigkeit darüber erzielt, dass die AS ohne den Unfall nach der Geburt ihrer Kinder nicht mehr berufstätig gewesen wäre und insoweit der Haushaltsführungsschaden durch die Rentenzahlungen abgedeckt ist.
...
26 
Für den 1. Zeitraum (3 Jahre) errechnet sich ein Haushaltsführungsschaden in Höhe von 35.000 DM.
Als Mehrbedarf akzeptierten wir den geforderten Betrag von monatlich 300,- DM. Die AS übergab uns eine Aufstellung über ihre unfallbedingten Einschränkungen bei der Hausarbeit (Bl. 300/301).
Für die Zeit von 1990 bis 1997 errechnet sich somit ein Betrag von 25.200,- DM (7 Jahre a mtl. 300,- DM). Kapitalisiert von heute bis Lebensende unter Zugrundelegung des Faktors der Sterbetafel 17.881 errechnet sich ein Kapitalbetrag für vermehrte Bedürfnisse in Höhe von 65.000,- DM .
Das Schmerzensgeld wurde letztlich mit einem Betrag von noch 40.000,- DM festgelegt. Die einschlägigen Hacks-Entscheidungen sind auf Bl. 302 aufgelistet. ...
Der noch offene Sachschaden wurde einvernehmlich auf 3.000,- DM festgelegt, so dass sich insgesamt ein Schadenbetrag von 168.200,- DM errechnet.
27 
Um eine vorbehaltlose Einigung zu erzielen, erhöhte Herr Ltd. Just. R. unser Angebot auf 200.000,- DM unter Anrechnung des zuletzt gezahlten Vorschusses in Höhe von 40.000,- DM also noch 160.000, - DM. (Grundlage der Erhöhung war der Jahresnettoverdienst). Die AS hatte vorgetragen, dass sie für Architekten in Heimarbeit hätte arbeiten können.
28 
An diesem Punkt wurde die Verhandlung unterbrochen. Nach einer längeren Beratung wurde das Gespräch fortgeführt. Die Gegenseite erklärte ihre Bereitschaft, den Fall mit insgesamt 240.000, - DM zu erledigen. Dieser Betrag konnte schließlich auf 217.500,- DM reduziert werden. Unter Anrechnung unserer Vorschüsse ergibt sich eine Restzahlung von 177.500,- DM.“
29 
Daraufhin forderte die Beklagte die Beigeladene unter dem 9. Februar 1998 schriftlich auf, ihr als Beitragsersatz gemäß § 119 SGB X für die Zeit vom 30. Mai 1990 bis 31. Dezember 1997 einen Betrag von 73.865, 95 DM zu überweisen, weil die Beitragszahlung der Klägerin zur Rentenversicherung unfallbedingt beendet worden sei. Der Fall sei für die nächste Sammelbesprechung notiert.
30 
Zwischenzeitlich hatte die BG die Klägerin zur Abrechnung ihres Schadensersatzanspruchs gegenüber der Beigeladenen mit Schreiben vom 30. Januar 1998 gebeten, mitzuteilen, zu welchem Zeitpunkt sie - die Klägerin - nach der Geburt ihrer Kinder ohne das Unfallereignis vom 30. November 1988 wieder in das Berufsleben zurückgekehrt wäre oder sich ausschließlich der Kindeserziehung gewidmet hätte. Mit an die BG adressiertem Schreiben vom 9. April 1998 erklärte die Klägerin, dass, wäre das Unfallereignis vom 30. November 1988 nicht gewesen, sie nach dem ersten und zweiten Kind jeweils nach Ablauf der gesetzlichen Mutterschutzfrist oder spätestens nach dem Erziehungsurlaub, „wieder gearbeitet“ hätte.
31 
Auf die dann erfolgten schriftlichen Bitten der Klägerin um Sachstandsmitteilung verwies die Beklagte auf eine im August 1998 geplante Verhandlung der Sache mit der Beigeladenen. Zur Vorbereitung dieser Besprechung holte die Beklagte eine fiktive Verdienstauskunft der letzten Arbeitgeberin der Klägerin, der Fa. N. GmbH, R. ein. In der unter dem 27. Juli 1998 erteilten Auskunft gab die Fa. N. an, die Klägerin hätte bei Weiterbeschäftigung im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. Juni 1998 brutto 26.847,- DM verdient und auch Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld) für das Gesamtjahr 1998 in Höhe von brutto 3.087,- DM beanspruchen können. Zur allein zwischen der Beklagten und der Beigeladenen - also unter Ausschluss der Klägerin - geführten Besprechung kam es dann am 7. August 1998 . In einem von der Zeugin Bodemann (B.) über dieses Gespräch am 12. August 1998 handschriftlich verfassten Vermerk hieß es u. a. wie folgt:
32 
„Fall wurde wegen der bestehenden Problematik mit einem Risikovergleich abgeschlossen. ...
33 
Ihre eigenen ursprünglichen Ansprüche gegenüber der Allianz in Höhe von DM 500.000.- hat die Versicherte im Laufe der Verhandlungen auf DM 177.000.- heruntergeschraubt, auf die sich die Allianz wohl nur eingelassen hat, weil der sog. „Celler Kreis“ und die durch ihn angedrohte Publizität dahinterstanden. Die 177.000.- DM beinhalten Schmerzensgeld + Haushaltsführungsschaden iSv Mehrbedarf. ...
34 
Unter Berücksichtigung der BG-Beteiligung wäre aufgrund des Einkommens der Versicherten nach unfallbedingter AU-Zeit (12/90) bis zur Geburt des ersten Kindes (8/92) nur ein übergangsfähiger Betrag von 1.065,- DM (s. beil . Abrechnungsbogen der BG) für unsere Rentenleistungen.
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Hinsichtlich des Beitragsregresses von 1989 bis 1992 ergibt sich ein Betrag von 20.000 DM, insges. also 43.000, - DM. Unter Berücksichtigung einer zweifelhaften med. Kausalität für volle Rentenleistungen wegen der bestehenden Muskelzuckungen - insbes. fraglich die Dauer der Beeinträchtigung, da Versicherte selber angibt, Muskelzuckungen seien schwächer geworden - ist der volle Betrag für 116/119 bis zur Geburt des 1. Kindes sehr günstig.
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Da nicht auszuschließen war, dass Versicherte erst nach der Geburt des 2. Kindes (1994) ihrer Berufstätigkeit nicht mehr nachgegangen wäre und dass im Falle eines späteres Wegfalls der Rente aufgrund eines Nachprüfungstermins zumindest Heilverfahren, für die nicht die BG zuständig wäre, auf uns zukommen könnten, einigten wir uns auf insges.
37 
100.000, -
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zur Abfindung unseres Gesamtrisikos. Mit der BG wurde ebenfalls nur bis 2/92 abgerechnet, allerdings nach TA. Nach Geldeingang kann Fall abgeschlossen werden. § 119’er Beiträge sollten der Versicherten bis zur Geburt des 2. Kindes (8.5.1994) gutgeschrieben werden.“
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Nachdem die Klägerin anlässlich der Klärung ihres Versicherungsverlaufs am 13. Dezember 2000 festgestellt hatte, dass seit dem 8. Mai 1994 keine weiteren Beitragszeiten gezahlt worden waren, wandte sie sich unter dem 27. Dezember 2000 erneut an die Beklagte. Die Beklagte erwiderte unter dem 18. Januar 2001, der Fall sei mit der Beigeladenen abschließend verhandelt worden. Der Beitragsschadenszeitraum sei bis 8. Mai 1994 begrenzt worden, weil davon auszugehen gewesen sei, dass eine Wiederaufnahme der Berufstätigkeit nach der Geburt des 2. Kindes auch ohne den Unfall nicht zu erwarten gewesen wäre. Die Geltendmachung weiterer Beitragsersatzansprüche wäre nur möglich gewesen, wenn von Seiten des Rentenversicherungsträgers hätte nachgewiesen werden können, dass allein aufgrund der Unfallfolgen eine Wiederaufnahme der Tätigkeit nicht erfolgt sei. Dieser Nachweis sei nach der Stellungnahme der Beigeladenen über die mit der Klägerin getroffene Ausgleichsregelung nicht zu führen gewesen.
40 
Daraufhin teilte die Klägerin der Beklagten unter dem 6. Februar 2001 mit, ihre eigenen Ansprüche gegenüber der Beigeladenen habe sie abfinden lassen. Ihre auf die Beklagte übergegangenen Ansprüche habe sie nicht selbst vertreten können. Sie beantrage daher, dass die Beklagte ihr die ihr zustehenden Rentenbeiträge nach § 116 SGB X ab dem 8. Mai 1994 und fortlaufend nach § 119 SGB X ihrem Rentenkonto als Pflichtbeiträge gutschreibe und bitte um die Erteilung eines rechtsfähigen Bescheids. Dabei verwies sie darauf, stets erklärt zu haben, dass sie ohne Unfall auch mit zwei Kindern weitergearbeitet hätte. Ihr damaliger Arbeitgeber habe ihr sogar angeboten in Heimarbeit weiterzuarbeiten. Die Geltendmachung weiterer Beitragsersatzansprüche wäre sicher gelungen, wenn sich die Beklagte bemüht hätte, vor Aufnahme der Verhandlungen mit der Beigeladenen ordentliche Auskünfte einzuholen.
41 
Darauf erwiderte die Beklagte unter dem 28. März 2001, Grundlage ihres (der Beklagten) mit der Beigeladenen abgeschlossenen Abfindungsvergleichs sei die am 24. Oktober 1997 zwischen der Klägerin und der Beigeladenen erfolgte Regulierung der Direktansprüche gewesen. Hierbei habe die Klägerin gegenüber der Beigeladenen vorgetragen, dass sie auch ohne den Unfall nach der Geburt der Kinder nicht mehr berufstätig geworden wäre. Ebenso sei in den damaligen Verhandlungen Einvernehmen darüber erzielt worden, dass ein Verdienstschaden angesichts der gezahlten Renten nicht verbleibe. Die von der Klägerin mit der Beigeladenen geschlossene Abfindungsvereinbarung, in der Schmerzensgeld und Haushaltsführungsschaden abschließend geregelt worden seien, schließe es aus, dem Versicherungskonto der Klägerin über den 8. Mai 1994 hinaus Rentenversicherungsbeiträge gutzuschreiben.
42 
Daraufhin beantragte die Klägerin unter dem 10. April und dem 5. Juni 2001 neuerlich Beitragsregress unter Hinweis darauf, dass sie ohne Unfall in jedem Fall nach der Geburt ihrer Kinder und Ablauf der Mutterschutzfristen und maximal sechs Monaten Erziehungszeit weitergearbeitet hätte. Vielleicht wäre sie anfangs nicht voll, sondern nur stundenweise ins Berufsleben zurückgekehrt. Mit Vollendung des 3. Lebensjahres ihres zweiten Kindes (Mai 1997) hätte sie aber sicher wieder voll gearbeitet. Sie habe auch ein Heimarbeitsangebot gehabt. Im Übrigen hätte ihre im selben Haus lebende Mutter die nach dem Kindergarten anfallende Kinderbetreuung übernehmen können.
43 
Mit Bescheid vom 10. Juli 2001 lehnte die Beklagte den Antrag auf Anerkennung von Pflichtbeitragszeiten im Rahmen des Beitragsregresses nach § 119 SGB X für die Zeit ab dem 8. Mai 1994 ab. Zur Begründung hieß es: Zwar sei der Schadensersatzanspruch aus dem Unfall vom 30. November 1988 auf die Beklagte übergegangen, soweit er den Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasse. Ein Beitragsschaden nach dem 8. Mai 1994 sei nach den gegebenen Umständen nicht zu beweisen. Für den Beitragsschaden gelte zwar die Beweiserleichterung gemäß § 252 S. 2 BGB, wonach es genüge darzulegen, dass die Absicht und die Möglichkeit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit auch für die Zeit nach der Geburt der Kinder bestanden habe. Diese Position sei von der Beklagten in den Verhandlungen mit der Beigeladenen zunächst auch vertreten worden. Die Beigeladene habe dagegen aber mit der Aussage ihres Vertreters, Herr K., es sei mit der Klägerin Einigkeit darüber erzielt worden, dass auch ohne Unfall nach der Geburt beider Kinder keine Berufsausübung mehr in Betracht gekommen wäre, erfolgreich den Gegenbeweis angetreten. Dem entsprechend sei auch der Haushaltsführungsschaden von der Beigeladenen nur bis 8. Mai 1994 berechnet worden. Nach der Aufgabe der Schadensposition im Rahmen des mit der Beigeladenen geschlossenen Abfindungsvergleichs sei der Beweis, eine weitere Erwerbstätigkeit beabsichtigt zu haben, nicht mehr zu führen. Hinzu komme, dass in einem gerichtlichen Verfahren zusätzlich das Vorliegen einer unfallkausalen Erwerbsunfähigkeit erneut zu beweisen wäre. Eine klageweise Durchsetzung des Beitragsersatzes durch die Beklagte gegen die Beigeladene für die Zeit nach dem 8. Mai 1994 sei deshalb aussichtslos, so dass man nach pflichtgemäßem Ermessen von einer Klageerhebung abgesehen habe. Immerhin habe die Beklagte im Vergleichswege den bereits im Versicherungskonto verbuchten Beitragsersatz bis zur Geburt des zweiten Kindes durchsetzen können, ohne Rücksicht darauf, dass die Klägerin in dieser Zeit wegen der Erziehung des ersten Kindes auch ohne den Unfall vermutlich zumindest teilweise nicht erwerbstätig gewesen wäre.
44 
Den dagegen am 25. Juli 2001 unter Hinweis auf die Tatsache, dass die Kinder größer würden und die Wiederaufnahme der Arbeit dann allgemeiner Lebenserfahrung entspreche, erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2001 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus: Die Beklagte sei bei der Durchsetzung des Anspruchs gemäß § 119 SGB X als zivilrechtlicher Anspruchsteller für die den Schadensersatzanspruch begründenden Behauptungen beweispflichtig. Selbstverständlich habe die Beklagte in der Verhandlung mit der Beigeladenen dargelegt, dass die Klägerin, wie wohl heute die meisten Frauen, auch während und nach der Erziehung ihrer Kinder ihrer bisherigen Erwerbstätigkeit nachgegangen wäre. Durch die Aussage des Vertreters der Beigeladenen, Herrn K., zum Einvernehmen über eine Aufgabe einer Berufstätigkeit nach der Geburt der Kinder als Voraussetzung für den am 24. Oktober 1997 geschlossenen Abfindungsvergleich, deren Richtigkeit von dem weiteren Vertreter der Beigeladenen, Herrn R., bestätigt worden sei, sei die von der Beklagten angestellte gegenteilige Vermutung so weitgehend erschüttert worden, dass auch durch nachträgliche Erklärungen über unfallunabhängige Erwerbspläne ein Beweis nicht mehr zu führen gewesen wäre. Denn die Aussage des Herrn K. decke sich mit den Ergebnissen der von der Klägerin mit der Beigeladenen vereinbarten Schadensberechnung. Die Klägerin habe sich mit der Beigeladenen darauf geeinigt, dass der Verdienstschaden abzüglich berufsbedingter Aufwendungen durch die gezahlten Renten ausgeglichen werde. Ein Haushaltsführungsschaden in Höhe von monatlich 975,- DM sei nur für die Zeit bis zur Geburt des zweiten Kindes vereinbart worden, weil nach dem fiktiven Ende der Erwerbstätigkeit infolge der Geburt des zweiten Kindes auch der Haushaltsführungsschaden durch die Rentenzahlungen abgedeckt werde. Die Beklagte habe nach pflichtgemäßem Ermessen auch unter Berücksichtigung der von der Beigeladenen aufgeworfenen Frage der unfallkausalen Erwerbsunfähigkeit das Prozessrisiko so hoch eingeschätzt, dass sie von einer Klageerhebung abgesehen habe. Es bestehe im Übrigen kein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte darauf, in jedem Fall der Ersatzverweigerung den Klageweg zu beschreiten. Auch bestehe kein Anspruch auf eine Gutschrift von Beitragszeiten trotz nicht durchgesetztem Regress.
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Die dagegen am 29. November 2001 zum Sozialgericht Konstanz (S 5 RA 2370/01) erhobene - und auf Verurteilung der Beklagten, hilfsweise auf Feststellung einer Rechtspflicht der Beklagten zur Geltendmachung des ab dem 9. Mai 1994 entstandenen Beitragsschadens gegen die Beigeladene gerichtete - Klage begründete die Klägerin wie folgt: Die BG sei im Verfahren L 10 U 1183/94 vom Landessozialgericht Baden-Württemberg durch Urteil vom 30. September 1996 rechtskräftig verurteilt worden, ihr Leistungen wegen der Folgen des am 30. November 1988 erlittenen Arbeitsunfalls - Myoklonien des linken Arms - zu gewähren. Damit sei die Kausalitätsfrage geklärt. Entgegen den Vermerken der Beigeladenen sei keine Einigkeit darüber erzielt worden, dass sie ohne den Unfall nach der Geburt der Kinder nicht mehr berufstätig gewesen wäre und insoweit der Haushaltsführungsschaden durch die Rentenzahlungen abgedeckt sei. Dagegen spreche der Wortlaut des handschriftlichen Aktenvermerks vom 12. August 1998 in der Akte der Beklagten ebenso wie der Wortlaut der Abfindungserklärung vom 24. Oktober 1997, aus der sich ergebe, dass der Beitragsregress nach § 119 SGB X habe unberührt bleiben sollen. Dies könnten die bei den der Abfindungserklärung vorausgehenden Verhandlungen anwesenden Zeugen - Rechtsanwalt Dr. K. und Frau B. - bezeugen. Dabei komme ihr die Beweiserleichterung des § 287 ZPO i. V. m. § 252 S. 2 BGB zugute. Sie habe nur anhand von Anknüpfungstatsachen und Zeugenbekundungen plausibel zu machen, dass sie ohne Unfall nach der Geburt ihren beiden Kinder weitergearbeitet hätte. Was die später erfolgte Einigung der Sachbearbeiter der Beklagten mit denjenigen der Beigeladenen angehe, so seien diese Gespräche ohne Kenntnis der Klägerin geführt worden.
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Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf grundsätzliche prozessuale Bedenken entgegen, weil der Verpflichtungsantrag der Klägerin auf eine nicht als Verwaltungsakt zu qualifizierende Handlung abziele. Bei der Geltendmachung von Forderungen zivilrechtlicher Art - hier nach § 823 f. BGB - gegenüber Dritten handele es sich mangels unmittelbarer Außenwirkung um kein hoheitliches Handeln. Im Auslegungswege käme allenfalls ein Antrag auf Gutschrift von noch genauer zu bestimmenden Beiträgen im Versichertenkonto der Klägerin in Frage. In der Sache werde auf den Vermerk des Zeugen K. vom 11. Dezember 1997 und die Aussagen der Zeugen K. und R. Bezug genommen. Der Beweis, dass die Klägerin, den Unfall hinweggedacht, nach der Geburt des 2. Kindes eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hätte, sei nicht mehr zu führen.
47 
Das Sozialgericht hat anlässlich der mündlichen Verhandlung der Sache am 6. Mai 2004 folgende bei den Vergleichs- und Abfindungsverhandlungen der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 anwesenden Personen zeugenschaftlich vernommen: Frau B. vom Zeller Kreis e.V., Selbsthilfeverein Unfallgeschädigter, Rechtsanwalt Dr. K., damaliger Bevollmächtigter der Klägerin, Herrn K., Justitiar der Beigeladenen und Herrn R., Angestellter der Beigeladenen.
48 
Frau B. erklärte, die Klägerin sei an sie herangetreten, nachdem die Beigeladene einige Jahre nicht gezahlt habe. Auf ihre Initiative sei es dann zu dem Gespräch am 24. Oktober 1997 gekommen, an dem sie teilgenommen habe. Bei diesem Gespräch sei es um die der Klägerin zustehende Gesamtsumme gegangen. Sie wisse nicht mehr, was bei dem Gespräch genau besprochen worden sei. Die Punkte seien hochgerechnet worden auf einen Zeitpunkt bis zum 60. Lebensjahr. Voraussetzung sei gewesen, dass die Klägerin weiterarbeite. Sie könne sich nicht mehr daran erinnern, ob konkret darüber gesprochen worden sei, wie lange die Klägerin noch arbeite. Ihr sei bewusst gewesen, dass die Schadensersatzansprüche (= Beitragsansprüche) der Klägerin auf die Beklagte übergehen. Sie habe die Klägerin dann auch veranlasst, an die Beklagte heranzutreten, um festzustellen, was in dieser Richtung veranlasst worden sei. Gegenstand des Gesprächs am 24. Oktober 1997 sei gewesen, ob Frauen nach der Geburt von Kindern weiter arbeiten oder nicht. Da habe es geteilte Auffassungen gegeben. Die Klägerin habe gesagt, dass sie habe in Heimarbeit weiterarbeiten wollen. Daraufhin habe ein Herr von der Beigeladenen erklärt, eine Frau mit Kindern gehöre an den Herd, während der andere Herr von der Beigeladenen gemeint habe, seine Frau würde sicher auch weiterarbeiten. Darüber dass die Klägerin nach der Geburt der Kinder nicht weiter berufstätig sein werde, sei nicht gesprochen worden.
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Der Zeuge Dr. K. teilte mit, sich an das Gespräch vom 24. Oktober 1997 nicht mehr zu erinnern. Auch nach Vorhalt der Regressakte müsse er sagen, sich nicht mehr zu erinnern. Auch daran, ob Einigkeit darüber bestanden habe, dass die Klägerin ohne den Unfall nach Geburt der Kinder nicht weitergearbeitet hätte, könne er sich nicht mehr erinnern. Er denke, dass dem nicht so gewesen sei. Über Heimarbeit sei gesprochen worden. Er könne sich aber nicht daran erinnern, dass die Klägerin etwas bzw. was sie über ihre persönliche Lebensplanung gesagt habe. Im Übrigen nehme er auf die zur SG-Akte vorgelegten handschriftlichen Aktenotizen vom 24. Oktober 1997 Bezug. Auf einem dieser Gesprächsvermerksblätter (Bl. 96 der SG-Akte) heißt es wörtlich:
50 
„Wollen230.000,-
Angebot215.000,-
Einigung217.500, -
Ausgenommen von der Abfindungserklärung
Drittschäden (BfA, BG, Krankenkasse)
meine Gebühren 25/10 aus 250.000, -“
51 
Der Zeuge K. sagte aus, an dem Gespräch vom 24. Oktober 1997 teilgenommen zu haben. Seine Prognose sei gewesen, dass eine Frau mit zwei kleinen Kindern auch im Hinblick auf die Arbeitsmarktlage nicht mehr in den Beruf zurückkehren könne. Der Einwand der Klägerin, sie hätte Heimarbeit für einen Architekten machen können, sei als mögliche geringfügige, nicht sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei der Ermittlung der Abfindung mit einem Aufschlag berücksichtigt worden. Er sei sich ziemlich sicher, die Klägerin habe nicht gesagt, dass sie ohne Unfall mit zwei kleinen Kindern voll weitergearbeitet hätte. Schließlich habe die Klägerin dies auch akzeptiert, sonst wäre es nicht zum Abschluss des vorbehaltlosen Vergleichs gekommen. Die Klägerin habe zwar nicht gesagt, dass sie zu Hause bleibe, weil sie zwei Kinder habe. Sie habe vielmehr erklärt, weiter arbeiten zu wollen. Dann habe sie aber doch den Vergleich unterschrieben. Hätte die Klägerin auf der Behauptung voll weiter arbeiten zu wollen bestanden, wäre es nicht zum Abschluss des vorbehaltlosen Vergleichs gekommen. Das sei seine Überzeugung. Ob über den Beitragsschaden gesprochen worden sei, wisse er nicht. Sie hätten gewusst, dass die Beklagte drin gewesen sei. Der Beitragsregress sei bei dem Gespräch kein Thema gewesen. Wenn weiter ein Verdienstschaden geltend gemacht worden wäre, hätte es sich insoweit um einen Direktschaden gehandelt, der dann durch einen Vorbehalt gesichert worden wäre. Sie hätten damals den Direktschaden reguliert. Damals sei das ein Direktschaden gewesen, den die Klägerin hätte geltend machen müssen, nämlich die Minderung der Rente durch nicht entrichtete Beiträge.
52 
Der Zeuge R. gab an, er könne die ganze Angelegenheit nur noch anhand der Aktennotiz des Zeugen K. rekonstruieren. Es sei damals um die Erledigung der gesamten persönlichen Ansprüche der Klägerin gegangen. Er erinnere sich noch, dass ein oder zwei Kinder da gewesen seien. Aus der vorbehaltlosen Abfindung ergebe sich aber, dass davon ausgegangen worden sei, ein Verdienstschaden werde in Zukunft nicht eintreten. Abgefunden worden sei auch der Haushaltsführungsschaden, bei dem die Renten angerechnet worden seien. Der Zeuge K. habe seine eigenen Ansichten über die Rolle der Frau. Es könne sein, dass er eine andere Auffassung vertreten habe, um das Klima zu entspannen. Die Aktennotiz des Zeugen K. repräsentiere den Verhandlungsgang.
53 
Das Sozialgericht hob sodann durch Urteil vom 6. Mai 2004 den Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001 auf und stellte fest, dass die Beklagte den Beitragsschaden der Klägerin gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen habe. In den Entscheidungsgründen führte das Sozialgericht aus: Die Klägerin habe ein Interesse an der Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, den Beitragsschaden der Klägerin gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen. Unstreitig stünden der Klägerin aufgrund eines Wegeunfalls am 30. November 1988 Schadensersatzansprüche gegen die Beigeladene zu. Die klageweise Durchsetzung des hier streitigen Beitragsregresses durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen sei auch nicht aussichtslos. Der Nachweis einer weiteren Erwerbstätigkeit der Klägerin auch nach der Geburt des 2. Kindes sei nicht ausgeschlossen. Dies belege der schlüssige und in sich stimmige Vortrag der Klägerin. Die Vereinbarung vom 24. Oktober 1997 reiche nicht als Nachweis dafür, dass die Klägerin ohne den Unfall nach der Geburt des zweiten Kindes nicht weiter erwerbstätig gewesen wäre. Sie enthalte keine entsprechend eindeutige Erklärung der Klägerin gegenüber der Beigeladenen. Die Klägerin habe damit die Geltendmachung eines Beitragsschadens auch nicht ausdrücklich aufgegeben. Die Beklagte gehe fehlerhaft davon aus, der am 24. Oktober 1997 zwischen der Klägerin und der Beigeladenen geschlossene Vergleich beziehe sich auch auf die Rentenversicherungsbeiträge ab dem 9. Mai 1994. Die Beklagte sei an dem Abschluss dieses Vergleichs nicht beteiligt gewesen. Die Vereinbarung betreffe auch nur Ansprüche, die die Klägerin selbst habe geltend machen können. Über den Anspruch auf Geltendmachung des Beitragsschadens habe die Klägerin aber wegen des Forderungsübergangs auf die Beklagte gar nicht verfügen können. Deshalb hätten sich die Verhandlungen zwischen der Klägerin und der Beigeladenen auch gar nicht auf den Beitragsschaden bezogen. In der der „Vergleichs- und Abfindungserklärung“ beiliegenden Auflistung seien Beiträge zur Rentenversicherung nicht erwähnt. Soweit sich die Beklagte auf die Aktennotiz des Zeugen K. vom 11. Dezember 1997 berufe, sei darauf hinzuweisen, dass diese Aktennotiz nicht unmittelbar im Anschluss an das Gespräch vom 24. Oktober 1997 verfasst worden sei. Außerdem ergebe sich aus der Gesprächsnotiz des Zeugen Dr. K. vom 24. Oktober 1997, dass Drittschäden von der Abfindungserklärung ausgenommen gewesen seien. Die Zeugenvernehmungen hätten nicht ergeben, dass die Klägerin am 24. Oktober 1997 auf die Geltendmachung eines Beitragsschadens verzichtet hätte. Ferner spreche der zeitliche Ablauf dagegen, dass die Vereinbarung vom 24. Oktober 1997 von einem Ende der Erwerbstätigkeit der Klägerin auch ohne Unfall am 8. Mai 1994 ausgegangen sei.
54 
Schließlich habe die Beklagte - anders als die BG - die Klägerin auch nicht über den Gegenstand des am 7. August 1998 mit der Beigeladenen abgeschlossenen Pauschalvergleichs über 100.000.- DM unterrichtet. Dass sich die Beklagte ohne Wissen der Klägerin mit der Beigeladenen geeinigt habe, spreche für die Glaubhaftigkeit des Vortrags der Klägerin. Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 3. Februar 2005 und der Beklagten am 7. Februar 2005 zugestellt.
55 
Am 4. März 2005 hat die Beklagte Berufung gegen das Urteil eingelegt.
56 
Der Senat hat die Frankfurter Versicherungs-Aktiengesellschaft Allianz mit Beschluss vom 6. April 2006 zu dem Rechtsstreit beigeladen.
57 
Die Beklagte ist der Auffassung, es sei widersprüchlich, wenn das Sozialgericht einerseits eine fortlaufende versicherungspflichtige Beschäftigung bis zum 65. Lebensjahr unterstelle, andererseits aber davon ausgehe, die Klägerin habe bei der Schadensberechnung die bloße Kalkulation des Haushaltsführungsschadens für die Zeit nach der Geburt der Kinder akzeptiert. Die bloße Behauptung der Klägerin, sie hätte nach der Geburt des 2. Kindes die Erwerbstätigkeit wieder aufgenommen, beweise nichts. Darüber hinaus verlange das Sozialgericht nach dem Tenor seiner Entscheidung entweder etwas rechtlich Unmögliches oder, bei anderer Auslegung des Urteilstenors, etwas, das nicht den von der Klägerin angestrebten Erfolg haben könne. Denn wenn man den weiteren Beitragsschaden bei der Beigeladenen geltend mache, werde diese sich auf den endgültigen Abfindungsvergleich vom 12. August 1998 berufen. Entsprechende mündliche Äußerungen lägen bereits vor. Wenn man hingegen zu dem Schluss gelange, die Beklagte hätte den Vergleich mit der Beigeladenen vom 12. August 1998 wegen des damit verbundenen Verzichts auf den Beitragsersatz nach § 119 SGB X für die Zeit ab dem 8. Mai 1994 nicht schließen dürfen, könne dem Begehren der Klägerin nur entsprochen werden, indem die Beklagte etwa auf der Grundlage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verpflichtet werde, für einen vom Gericht festzulegenden Zeitraum Entgelte in einer ebenfalls vom Gericht zu bestimmenden Höhe dem Versicherungskonto der Klägerin gutzuschreiben. Dabei habe das Gericht zu prüfen, welche Erwerbsfiktion die Beklagte gegenüber der Beigeladenen hätte durchsetzen können. Abzustellen wäre dabei auf die Erkenntnismöglichkeiten zum Zeitpunkt des Vergleichs.
58 
Im Übrigen müsse sich die Klägerin fragen lassen, auf welche Ansprüche sie im Rahmen ihrer mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 getroffenen Abfindungsvereinbarung verzichtet habe, wenn sie bis einschließlich 24. Oktober 1997 Schadensersatzforderungen in Höhe von 445.442, 41 DM gestellt, sich dann aber noch am selben Tag mit einer Abfindungszahlung von 217.500,- DM, in der auch noch die Zukunft enthalten gewesen sei, zufrieden gegeben habe. Weitere Beitragsregressansprüche der Klägerin könnten gegenüber der Beigeladenen nur dann erfolgversprechend geltend gemacht werden, wenn die Behauptung der Klägerin, sie habe nach der Geburt ihrer Kinder wieder erwerbstätig sein wollen, mit dem Abfindungsergebnis von 217.500.- DM korrespondieren würde. Denn auch die Höhe etwaiger entgangener Rentenversicherungsbeiträge müsste sich an einem etwa vereinbarten weiteren Erwerbsschaden für die Zeit ab 9. Mai 1994 orientieren. Solange die Klägerin dieses Abfindungsergebnis im Hinblick auf die zuvor gestellte wesentlich höhere Forderung einerseits und den für Zeiträume nach dem 8. Mai 1994 behaupteten Erwerbsschaden andererseits nicht schlüssig erklären könne, seien für die Beklagte keine prozessualen Erfolgsaussichten erkennbar. Die Beigeladene könne jeder Regressforderung die einzelnen Positionen des Abfindungsbetrages von 217.500,- DM entgegenhalten.
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Für den Haushaltsführungsschaden wolle die Klägerin für den Zeitraum vom Unfalltag bis zum 29. Mai 1997 46.700,- DM von der Beklagten erhalten haben. Diese Zahl errechne sich, wenn man den Einjahresbetrag für den Haushaltsführungsschaden von 11.700 DM (Aktenvermerk Zeuge K. vom 11. Dezember 1997) mit dem „Dreijahresbetrag“ von 35.000,- DM addiere. Dem Aktenvermerk des Zeugen K. zufolge habe die Klägerin jedoch nur insgesamt 35.000,- DM auf diese Position bekommen und dies auch nur ab dem Zeitpunkt des Unfalltags für insgesamt drei Jahre. Der Vortrag der Klägerin, hier einen Haushaltsführungsschaden bis zum 29. Mai 1997 in Höhe von 46.700,- DM durchgesetzt zu haben, sei deshalb unschlüssig. Bei alledem könne die von der Klägerin vor Vergleichsschluss mit der Beigeladenen erhobene Forderung in Höhe von 290.324,- DM für einen Haushaltsführungsschaden für die Vergangenheit keine ernsthafte Verhandlungsbasis gewesen sein. Das Verhandlungsergebnis erkläre sich nur dadurch, dass die Klägerin den behaupteten Erwerbsschaden - der zusammen mit dem Haushaltsführungsschaden die der Klägerin gewährten Rentenleistungen spätestens ab der Geburt des 2. Kindes überstiegen hätte - für den Zeitraum nach dem 8. Mai 1994 nicht mehr weiterverfolgt habe. Ein Indiz hierfür sei auch in ihrer eigenen Forderungsaufstellung zu sehen, die keine über den 31. Mai 1997 bezifferten Zukunftsansprüche für etwaige Erwerbs- und Haushaltsführungsschäden enthalte. Vor diesem Hintergrund sei es nicht möglich, das damalige Beitragsregressverfahren mit Aussicht auf Erfolg fortzusetzen.
60 
Die Beklagte beantragt,
61 
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 6. Mai 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
62 
Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
64 
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das Sozialgericht sei zutreffend von einem Feststellungsinteresse ausgegangen. Es sei im Übrigen im Wesentlichen Aufgabe der Beklagten, die Höhe der entgangenen Rentenversicherungsbeiträge zu errechnen und diese sodann bei der Beigeladenen einzufordern. Die Beklagte verkenne weiterhin die Bedeutung der Beweiserleichterung nach § 252 S. 2 BGB i.V.m. § 287 ZPO. Sie müsse gerade nicht den Vollbeweis dafür erbringen, dass sie auch nach der Geburt des 2. Kindes wieder erwerbstätig geworden wäre. Die beabsichtigte Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit sei von ihr hinreichend konkret und plausibel dargelegt und unter Beweis gestellt worden. Es sei als bekannt vorauszusetzen, dass ein Haushaltsführungsschaden auch für eine erwerbstätige Mutter geltend zu machen sei. Der Beklagten sei vorzuwerfen, den Beitragsschaden bisher nicht geltend gemacht zu haben. Verbindlich stehe ein Haftungsverschulden der Beklagten und ein daraus resultierender Schaden der Klägerin aber erst fest, wenn die Beklagte gegen die Beigeladene endgültig erfolglos vorgegangen sei. Erst dann sei die Klägerin auch in der Lage im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs die Schadenshöhe selbst zu beziffern. Werde der Beklagten hingegen der Beitragsschaden gegen die Beigeladene zugesprochen, sei der Klägerin kein Schaden wegen schuldhaften Verhaltens der Beklagten entstanden. Die notfalls klageweise Geltendmachung eines Beitragsschaden durch die Beklagte sei deshalb notwendige Voraussetzung dafür, dass die Klägerin einen etwaigen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gegen die Beklagte durchsetzen könne.
65 
Des Weiteren könne sich die Beklagte nicht darauf berufen, die Beigeladene werde sich bei Geltendmachung des Beitragsschadens auf den endgültigen Abfindungsvergleich vom 12. August 1998 berufen. Die Rentenversicherungsbeiträge der Klägerin ab dem 9. Mai 1994 seien nämlich nicht Gegenstand des zuvor zwischen Klägerin und Beigeladener geschlossenen Vergleichs vom 24. Oktober 1997 gewesen. Im Übrigen sei der Vortrag zu einem künftigen Prozessverhalten der Beigeladenen rein spekulativ und deshalb hier ohne jede Bedeutung.
66 
Die augenscheinliche Diskrepanz zwischen den von der Klägerin gegenüber der Beigeladenen geforderten 445.422, 41 DM an Schadensersatz und den von der Beigeladenen schließlich aufgrund des Vergleichs von 24. Oktober 1997 einvernehmlich gezahlten 217.500,- DM sei für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreit irrelevant. Der Haushaltsführungsschaden für die Zeit vom 30. November 1988 bis zum 29. Mai 1997 (insgesamt 14.516 Stunden = 33 Wochenstunden x 20,- DM) in Höhe von vorläufig bezifferten 290.320,- DM sei von der Beigeladenen korrigiert worden. Die Beigeladene habe zunächst die Berechnung der Klägerin von 33 auf 15 Wochenstunden gekürzt. Weiterhin habe die Beigeladene nur 50% des geltend gemachten Haushaltsführungsschadens akzeptiert, weil der Ehemann der Klägerin angesichts einer vollen Erwerbstätigkeit der Klägerin 50% des Haushalts zu übernehmen gehabt hätte. Daraus habe dann schlussendlich der geleistete Betrag in Höhe von 46.700,- DM resultiert. Die Zahlung des geltend gemachten Erwerbsschadens in Höhe von 20.815, 99 DM sei von der Beigeladenen mit der Begründung, sie erhalte von BG und Beklagter Rentenzahlungen in Höhe von damals monatlich 2.830,39 DM, komplett abgelehnt worden. Daher sei ein Erwerbsschaden nicht durchzusetzen gewesen. Vom Erwerbsschaden sei aber der Beitragsschaden zu unterscheiden. Der Beitragsschaden resultiere daraus, dass die Pflichtbeiträge nicht mehr in der Höhe eingezahlt werden, wie wenn sie eingezahlt worden wären, wenn sie weiter berufstätig gewesen wäre. Der Erwerbsschaden hingegen sei der Schaden, den sie erleide, da sie nicht mehr den Verdienst habe, den sie ohne das Unfallereignis gehabt hätte. Die Beiträge zur Rentenversicherung seien im Übrigen auf die Beklagte übergegangen gewesen und hätten deshalb von ihr gegenüber der Beigeladenen gar nicht geltend gemacht werden können. Deshalb habe sie auch nie auf die Geltendmachung eines Beitragsschadens verzichtet; ein solcher Verzicht ergebe sich auch nicht konkludent aus den geführten Vergleichsverhandlungen. Schmerzensgeld habe sie 100.000,- DM gefordert; Verhandlungsergebnis seien dann 40.000,- gewesen. Im Übrigen sei - nach Vorgesprächen mit ihrem damaligen Bevollmächtigten, dem Zeugen Dr. K,. und Frau B. - Ziel der von ihr mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geführten Vergleichsverhandlungen eine Abfindung von 250.000,- DM gewesen; daran gemessen sei das erzielte Abfindungsergebnis von 217.500,- DM akzeptabel gewesen.
67 
Unter dem 26. April 2006 hat die Beigeladene dem Senat mitgeteilt, einer Vorlage- und Auskunftspflicht betr. ihre Schadensakte nicht zu unterliegen. Zur Sache sei mitzuteilen, dass im Rahmen einer Sammelbesprechung am 7. August 1998 sämtliche Ansprüche der Beklagten aus dem Unfallereignis vom 30. November 1988 ihr - der Beigeladenen - gegenüber einvernehmlich vorbehaltlos abgefunden worden seien.
68 
Auf Frage des Senats nach Beteiligten und Inhalten der am 7. August 1998 stattgehabten Sammelbesprechung hat die Beigeladene unter dem 23. Mai 2006 erklärt, für sie habe der Prokurist A., für die Beklagte Frau B an dieser Besprechung teilgenommen. Die Besprechung habe mit dem bekannten Abfindungsvergleich geendet. Es habe sich, soweit der Vergleich zukünftige Regressforderungen betroffen habe, um einen reinen Risikobetrag gehandelt. Basis für die Risikoabwägung seien die Erkenntnisse aus der Besprechung der persönlichen Ansprüche der Klägerin vom 24. Oktober 1997 gewesen. Bereits damals sei neben der medizinischen Problematik des Falls insbesondere die fiktive weitere Lebensgestaltung der Klägerin als Hausfrau und Mutter und/oder als teil- oder vollzeitbeschäftigte Erwerbstätige der entscheidende Diskussionspunkt gewesen.
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Einen Prozessantrag hat die Beigeladene nicht gestellt.
70 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2007 die Zeugen Frau B., Angestellte der Beklagten, Herrn Dr. K., den vormaligen Bevollmächtigten der Klägerin, und Frau B., Zeller Kreis, vernommen. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
71 
Zur weiteren Darstellung des Tatbestands wird auf die Akten der Beklagten, die Akten des Sozialgerichts Konstanz im erstinstanzlichen Verfahren (S 5 RA 2370/01), auf die Akten des Senats sowie auf die beigezogenen unfallversicherungsrechtlichen Akten der Süddeutschen Metallberufsgenossenschaft München und diejenigen des Sozialgerichts Konstanz (S 7 U 2137/99 und S 1 U 942/92) und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (L 10 U 1183/94, L 1 U 379/02 und L 1 U 144/03) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
72 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
73 
Das Urteil des Sozialgerichts vom 6. Mai 2004 ist rechtswidrig und deshalb aufzuheben. Der von der Klägerin angefochtene Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001, mit denen das an die Beklagte gerichtete Begehren der Klägerin, Pflichtbeitragszeiten im Rahmen des Beitragsregresses nach § 119 SGB X gegenüber der Beigeladenen für die Zeit ab dem 8. Mai 1994 geltend zu machen, abgelehnt wurde, ist - entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts - im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
74 
Die Bestimmung des § 119 SGB X n. F. ist im vorliegenden Fall anwendbar, obwohl das Unfallereignis bereits auf den 30. November 1988 datiert (1.). Streitgegenstand des von der Beklagten geführten Berufungsverfahrens ist nicht mehr der von der Klägerin erstinstanzlich mit Hauptantrag geltend gemachte Erfüllungsanspruch, sondern allein der durch das angefochtene Urteil des Sozialgerichts vom 6. Mai 2004 für Recht erkannte Anfechtungs- und Feststellungsausspruch (2.). In der Sache ist die von der Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid abgelehnte Geltendmachung eines Beitragsschadens nach § 119 SGB X auf der Grundlage der zwischen der Beklagten und der Beigeladenen getroffenen Vereinbarung vom 7. August 1998 nicht zu beanstanden (3.).
75 
1. Die Frage, welches Recht anzuwenden ist, beantworten die §§ 120, 119 SGB X. § 119 Abs. 1 SGB X regelt, dass, soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten - hier: die materiell-rechtlichen Ansprüche der Klägerin gegen die Beigeladene nach §§ 842, 843 BGB - den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, dieser auf den Versicherungsträger - hier: die Beklagte - übergeht, wenn der Geschädigte - hier: die Klägerin - im Zeitpunkt des Schadensereignisses - hier: unverschuldet erlittener Autounfall am 30. November 1988 - bereits Pflichtbeitragszeiten - hier: von 1977-1988 als versicherungspflichtig beschäftigte technische Zeichnerin - nachweist. Die eingegangenen Beiträge gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge (§ 119 Abs. 3 S. 1 SGB X). Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Sozialversicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadensersatzanspruch gestanden hätte. Die Übergangsregelung des § 120 Abs. 1 S. 1 SGB X bestimmt, dass die Vorschriften der §§ 116 bis 119 SGB X nur auf Schadensereignisse nach dem 30. Juni 1983 anzuwenden sind. Das vorliegend stattgehabte Unfallschadensereignis datiert auf den 30. November 1988, so dass die §§ 116 bis 119 SGB X einschlägiger gesetzlicher Prüfungsmaßstab sind. Dies gilt auch - und insbesondere - für den neuen Absatz 4 des § 119 SGB X in der Fassung vom 1. Januar 2001. § 120 Abs. 1 Satz 2 SGB X bestimmt nämlich insoweit ausdrücklich, dass für nach dem 30. Juni 1983 eingetretene Schadensereignisse § 119 Abs. 1, 3 und 4 SGB X in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung auf einen Sachverhalt auch dann anzuwenden sind, wenn der Sachverhalt - wie vorliegend - bereits vor diesem Zeitpunkt bestanden hat und darüber noch nicht abschließend entschieden ist. In der Gesetzesbegründung zu § 120 SGB X (BT-Drucksache 14/4375 vom 24. Oktober 2000) heißt es dazu erläuternd wörtlich:
76 
„Absatz 1 Satz 2 erfasst Änderungen der §§ 116 und 119 SGB X durch diesen Gesetzentwurf und zwar für die Fälle, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes noch nicht abschließend entschieden sind, sei es im Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren oder durch das Auftreten von Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen.“
77 
2. Ob über einen Sachverhalt abschließend entschieden worden ist, hängt davon ab, was konkret zwischen den Beteiligten streitig ist. Der Streitgegenstand oder der prozessuale Anspruch, d.h. das vom Kläger aufgrund eines bestimmten Sachverhalts an das Gericht gerichtete Begehren (vgl. nur Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 95 Rn. 4 m. w. N.), wird vorliegend - im Berufungsverfahren - durch den im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 20. März 2007 allein noch anhängigen auf Aufhebung des angefochtenen Urteils vom 6. Mai 2004 und Abweisung der Klage gerichteten Antrag der Beklagten und Berufungsklägerin umrissen. Im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts ist der Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001 aufgehoben worden; darüber hinaus hat das Sozialgericht festgestellt, die Beklagte habe den Beitragsschaden gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen. Damit ist der erstinstanzlich von der Klägerin hilfsweise gestellte Aufhebungs- und Feststellungsantrag Streitgegenstand auch des Berufungsverfahrens. Der angefochtene Bescheid ist mithin Gegenstand des vorliegenden Verfahrens; eine abschließende Gerichtsentscheidung über die Rechtmäßigkeit dieses Bescheids steht noch aus. Da die Klägerin keine Berufung eingelegt hat, ist der erstinstanzlich von ihr mit Hauptantrag gegen die Beklagte geltend gemachte Anspruch auf Erfüllung aus § 119 SGB X nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden.
78 
Nach § 95 SGG ist Gegenstand der erstinstanzlichen Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt gewesen, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Der Regelungsgegenstand des angefochtenen Verwaltungsakts wird im durch den Widerspruchsbescheid vom 19. November 2001 bestätigten Tenor des angefochtenen Ausgangsbescheids vom 10. Juli 2001 beschrieben. Darin lehnt die Beklagte es in der Sache ab, Pflichtversicherungsbeiträge im Rahmen des Beitragsregresses gemäß § 119 SGB X für die Zeit über den 8. Mai 1994 hinaus geltend zu machen. Dieser Entscheidung hat die Beklagte ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin als Versicherter und ihr selbst als zuständigem Rentenversicherungsträger zugrunde gelegt. Geprägt wird das Versicherungsverhältnis vorliegend durch die sozialversicherungsrechtliche Besonderheit eines gesetzlich durch § 119 SGB X statuierten besonderen Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwischen der versicherten Geschädigten - also der Klägerin - einerseits und der Beklagten als dem zuständigen Rentenversicherungsträger andererseits. § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X begründet nämlich keinen originären, sondern einen kraft cessio legis auf die Beklagte übergeleiteten und auf Zahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung gerichteten Anspruch, den sie im fremden Interesse, d.h. im Interesse des geschädigten Versicherten, - treuhänderisch - wahrzunehmen hat (BGHZ 97, 330 = Vers 1986, 592; Kater, in Kasseler Kommentar, Loseblatt, 2001, § 119 SGB X Rn. 3; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 1; Stelzer, in ZfS 1984, 97 <98 f.>). Die Norm bezweckt die soziale Sicherung des Geschädigten nach Eintritt des Schadensfalls zu verbessern, indem sie dem Rentenversicherungsträger nach § 119 Abs. 3 S. 2 SGB X aufgibt, den sozialversicherten Geschädigten durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen nicht schlechter zu stellen, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte (BGHZ 97, 330; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 1). Dem Rentenversicherungsträger wird damit kraft öffentlichen Rechts - § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X - ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch des sozialversicherten Geschädigten gegen den Schädiger übertragen, den er nicht auf den Versicherten zurück übertragen kann. Dem entsprechend erlangt der geschädigte Sozialversicherte wegen des Beitragsersatzanspruchs - anders als früher (vor 1983) - keine eigene zivilrechtliche Rechtsposition gegenüber dem Schädiger, mit der Folge, dass er durch § 119 SGB X allein auf Ansprüche gegen den Rentenversicherungsträger verwiesen wird. Meint der Geschädigte, der Sozialversicherungsträger habe den Beitragsregress nicht oder nicht ordnungsgemäß (umfassend) geltend gemacht, verbleibt ihm folgerichtig nach § 51 SGG der Sozialrechtsweg gegenüber diesem Träger (ebenso: BGH, Urteil vom 2. Dezember 2003, VersR 2004, 492 ff.; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 12; Schneider, in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., 2002, Kapitel 78 Rn. 30).
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Indem die Beklagte es mit dem angefochtenen Bescheid in der Sache abgelehnt hat, für die Klägerin treuhänderisch nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X gegenüber der Beigeladenen zivilrechtliche Schadensersatzansprüche geltend zu machen, hat sie einen die Klägerin belastenden Verwaltungsakt im Sinn von § 31 SGB X erlassen, der die Klägerin möglicherweise in subjektiv öffentlichen Rechten aus dem oben beschriebenen und gegenüber der Beklagten bestehenden öffentlich-rechtlichen Treuhand- und Fürsorgeverhältnis verletzt. Denn die Klägerin hat möglicherweise aufgrund der oben beschriebenen sozialversicherungsrechtlichen Treuhänderstellung der Beklagten einen Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung.
80 
a) Dieser Sachlage entsprechend hat die Klägerin erstinstanzlich mit ihrem Hauptantrag sachdienlich begehrt, den belastenden Verwaltungsakt aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Beitragsschaden bei der Beigeladenen geltend zu machen. Prozessrechtlich ist dieser Klageantrag gemäß § 54 Abs. 4 SGG als eine kombinierte (unechte) Leistungsklage zu verstehen, bei der dem Anfechtungsantrag keine selbständige Bedeutung zukommt (vgl. Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 54 Rn. 113; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 54 Rn. 39; Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2. Aufl., 2005, § 54 Rn. 124, 128). Die Klägerin hat erstinstanzlich in erster Linie die Zuerkennung einer der Beklagten ihr gegenüber obliegenden Leistung begehrt, hier, dass die Beklagte den über § 119 Abs. 1 SGB X ins öffentliche Recht transformierten zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch nach den §§ 842, 843 BGB gegen die Beigeladene geltend macht. Diesem Begehren steht der Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001 entgegen, weshalb die Klägerin incident seine Aufhebung geltend machen muss. Über diesen (Leistungs-)Antrag hat das Sozialgericht im angefochtenen Urteil vom 6. Mai 2004 aber gar nicht entschieden; es fehlt sowohl an einer Tenorierung als auch an Ausführungen in den Entscheidungsgründen.
81 
Eine andere prozessrechtliche Auslegung des erstinstanzlichen Hauptantrags des Klägerin wäre im Übrigen nicht sachdienlich. Denn eine als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erhobene Klage wäre unzulässig gewesen. Die Klägerin hat nämlich in der Sache erstinstanzlich nicht den Erlass eines sie begünstigenden Verwaltungsakts im Sinn von § 31 SGB X begehrt. Die von der Klägerin begehrte Geltendmachung eines Beitragsregresses der Beklagten gegenüber der Beigeladenen zielt vielmehr auf die Geltendmachung von Forderungen zivilrechtlicher Art aufgrund gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 119 Abs. 1 SGB X (vgl. BSGE 89, 151 <154 f.>; BGH, VersR 2004, 492 ff.), hier auf die Geltendmachung kraft gesetzlichen Forderungsübergangs behaupteter Schadensersatzansprüche nach den §§ 842, 843 BGB. Die zivilprozessuale Geltendmachung solcher Ansprüche durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen bewirkt gegenüber der Klägerin als Dritter aber keine unmittelbare rechtliche Außenwirkung. Im Übrigen ist es der Beklagten - mangels gesetzlicher Grundlage - auch gar nicht möglich, ihr Rechtsverhältnis zur Beigeladenen als haftender Versicherung des Unfallschädigers aus den §§ 116 ff. SGB X durch Verwaltungsakt verbindlich festzustellen.
82 
Dieses prozessuale Ergebnis - die Begründung eines möglichen öffentlich-rechtlichen Leistungsanspruchs aufgrund eines durch § 119 Abs. 1 und Abs. 3 SGB X vermittelten besonderen Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwischen Klägerin und Beklagter - wird mittelbar durch die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verneinung der zivilprozessualen Prozessführungsbefugnis eines unfallgeschädigten Klägers gegen die Haftpflichtversicherung des Schädigers hinsichtlich möglicher Ansprüche nach § 119 SGB X aus eigenem Recht bestätigt. In dem jüngsten dazu ergangenen und veröffentlichten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 2. Dezember 2003 (VI ZR 243/02, VersR 2004, 492 ff.) heißt es wörtlich:
83 
„Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der Schadensersatzanspruch, dessen Feststellung der Kläger begehrt, sei nicht auf die LVA übergegangen, da § 119 SGB X nicht den Fall einer cessio legis behandele, sondern der Verletzte lediglich die Verfügungsbefugnis über den Schadensersatzanspruch verliere, soweit sich dieser auf den Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung richte und soweit die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 119 SGB X vorlägen. Dies steht nämlich nicht in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats (Senatsurteile BGHZ 97, 330, 333 mit Nachweisen zur Entstehungsgeschichte; 101, 207, 214; 106, 284, 290; 116, 260, 263; 129, 366, 368; 143, 344, 349 f., 354) und des Bundessozialgerichts (BSGE 89, 151, 154 ff.), wonach § 119 SGB X eine Legalzession bewirkt. Dieser Forderungsübergang vollzog sich bereits im Unfallzeitpunkt am 1. Juli 1996 nach § 119 Satz 1 SGB X in der Fassung vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I 2261). Der Forderungsübergang auf den Rentenversicherungsträger nach § 119 SGB X vollzieht sich ebenso wie im Falle des § 116 SGB X jedenfalls dann schon im Zeitpunkt des haftungsbegründenden Schadensereignisses, wenn - wie vorliegend - die Möglichkeit einer unfallbedingten Erwerbsunfähigkeit des Geschädigten in Betracht kommt (vgl. Pickel, SGB, Kommentar zum Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, Stand April 2003, Rn. 4 zu § 119 SGB X m. w. N.). Die Gründe dafür, dass sich der Forderungsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X auf den Sozialversicherungsträger bereits so frühzeitig vollzieht (grundlegend BGHZ 48, 181 , 184 ff. - noch zu § 1542 RVO), gelten für den Forderungsübergang nach § 119 SGB X in gleicher Weise (vgl. BT-Drucks. 9/95 S. 27; zur Schadensentstehung Senatsurteile BGHZ 139, 167 , 173; 143, 344, 348; jeweils m. w. N.). Die Neufassung des § 119 SGB X vom 18. Januar 2001 (BGBl. I 130) hat die Rechtslage entgegen der Auffassung der Revision insoweit nicht verändert.“
84 
Diese Rechtsprechung macht sich der erkennende Senat zu eigen.
85 
b) Soweit das Sozialgericht allerdings die von der Klägerin mit dem Hilfsantrag erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage als zulässig angesehen hat, bestehen dagegen nicht unerhebliche Bedenken.
86 
Mit einer Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) kann u. a. begehrt werden, die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Auch im Über-Unterordnungsverhältnis zwischen Bürger und Staat oder Versichertem und öffentlich-rechtlichem Versicherungsträger ist die Feststellungsklage grundsätzlich zulässig. Vor Erhebung einer Feststellungsklage muss jedoch der versicherte Kläger im Regelfall einen entsprechenden (Feststellungs-)Antrag an den Versicherungsträger gerichtet haben, mit dem er eine bestimmte Feststellung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses begehrt hat, z.B. dass ein Arbeitsunfall vorliegt oder ein Regressverhältnis besteht. Dies folgt schon aus Gründen der Prozessökonomie sowie dem für eine Feststellungsklage erforderlichen Feststellungsinteresse, welches fehlt, wenn der Versicherte nicht zunächst durch einen Antrag bei dem Versicherungsträger versucht hat zu klären, ob das Rechtsverhältnis besteht oder nicht. Dementsprechend muss der Bürger im Regelfall, wenn um das Bestehen eines Rechtsverhältnisses gestritten wird, zunächst eine entsprechende Verwaltungsentscheidung beantragen. Nach dem Ergehen dieser Entscheidung kann er zulässigerweise eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage erheben (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2006, B 2 U 77/06 B, SozR 4-1500 § 55 Nr. 4; BSGE 57, 184 = SozR 2200 § 385 Nr. 10; BSGE 58, 150 , 152 = SozR 1500 § 55 Nr. 27; BSG SozR 3-4427 § 5 Nr. 1 S 4 ff.; Castendiek, in Handkommentar SGG, 2. Aufl., 2005, § 55 Rn. 18, 27; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 55 Rn. 15; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl. 2005, IV Rn. 99).
87 
Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht vorliegend schon entgegen, dass die vom Klägerin begehrte Feststellung - neben Rechtsbeziehungen der Klägerin zur Beklagten - vorrangig die zivilrechtlichen Drittrechtsbeziehungen der Beklagten zur Beigeladenen betrifft. Es ist zwar nicht erforderlich, dass das festzustellende Rechtsverhältnis unmittelbar zwischen den Parteien des Feststellungsprozesses besteht (vgl. BSG, Urteil vom 17. Januar 1996, 3 RK 2/95 = BSGE 77, 219 <226> und Urteil vom 26. Januar 1988, 2 RU 2/87 = BSGE 63, 14 <15>; Ulmer, in Hennig, SGG, Kommentar, Loseblatt 2003, § 55 Rn. 21). Mit der Feststellungsklage kann auch das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses zwischen der Beklagten und einem Dritten - hier der Beigeladenen - geltend gemacht werden, wenn davon eigene - öffentlich-rechtlich begründete - Rechtsinteressen der Klägerin - hier gerichtet auf die Feststellung unfallbedingt nicht entrichteter weiterer Pflichtbeiträge - betroffen sind. Die Klägerin hat ein Interesse an der von ihr beantragten Feststellung gegenüber der Beklagten geltend gemacht, wie ihre stetige Korrespondenz mit der Beklagten in der Frage des Beitragsregresses - Schreiben vom 22. Oktober 1997, 17. Februar 1998, 8. Juni 1998 und 27. Dezember 2000 - belegt. Im Verhältnis zur Beigeladenen fehlt es der Klägerin aber an einem aus eigenem subjektiv öffentlichem Recht verfolgbaren Anspruch (vgl. BSGE 89, 151 <154 ff.>; BGH, VersR 2004, 492 ff.; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 3), weil der geltend zu machende zivilrechtliche Schadensersatzanspruch im Hinblick auf den hier allein streitigen Beitragsregress nach § 119 Abs. 1 SGB X kraft gesetzlichen Forderungsübergangs auf die Beklagte übergegangen ist. Deshalb hat die Klägerin gegenüber der Beigeladenen auch konsequenterweise über einen Beitragsschaden keine Korrespondenz geführt.
88 
Das Sozialgericht hat bei alledem des Weiteren verkannt, dass die Feststellungsklage im Verhältnis zur statthaften (unechten) Leistungsklage subsidiär ist. Ist eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (unechte Leistungsklage) - wie oben dargelegt - statthaft, kann nicht stattdessen eine Feststellungsklage erhoben werden (BSGE 73, 83 <84>; BVerwG Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 127 m. w. N.; Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 4; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 13. Aufl., § 43 Rn. 28). Auch wenn der im SGG nicht ausdrücklich normierte Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage im Sozialprozess nicht - wie im Verwaltungsprozess - uneingeschränkt gilt, bedarf es zur parallelen Statthaftigkeit von Gestaltungs-, Leistungs- und Feststellungsantrag jedenfalls eines nur mit der Feststellungsklage verfolgbaren weitergehenden Rechtsschutzziels. Nur soweit die Feststellungsklage in ihrer Zielrichtung über eine gleichzeitig erhobene Anfechtungs-, Verpflichtungs- oder Leistungsklage hinausgeht, ist eine Klagehäufung unter den Voraussetzungen des § 56 SGG zulässig (vgl. Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2005, § 55 Rn. 14 unter Bezugnahme auf BSG SozR 3-3200 § 81 Nr. 16; ebenso Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 6 m. w. N. der Rechtsprechung). Für ein über den unechten Leistungsantrag hinausreichendes Feststellungsinteresse der Klägerin entsprechend der Tenorierung des erstinstanzlichen Urteils vom 6. Mai 2004 ist vorliegend aber nichts erkennbar. Schließlich ist der Feststellungsantrag auch nicht deshalb statthaft, weil er mit der Beklagten gegen eine juristische Person des öffentlichen Rechts gerichtet ist, bei der davon ausgegangen werden könne, dass sie einen Feststellungsausspruch befolge (dafür aber Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 55 Rn. 19b; eingeschränkt zustimmend auch Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2005, § 55 Rn. 21). Der Gedanke, nicht vollstreckbare Feststellungsaussprüche würden von den Behörden ebenso befolgt wie vollstreckbare Leistungsaussprüche, würde letztendlich das Institut der Verpflichtungs- und Leistungsklage generell überflüssig machen. Des Weiteren würde das zwingende Prozessrecht der Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage zur Disposition der Beteiligten gestellt, indem diese jederzeit - auch unter Umgehung der Sachurteilsvoraussetzungen der anderen Klagearten - Feststellungsanträge stellen könnten (vgl. BSGE 50, 262 ff. und BSG SozR 7910 § 59 Rn. 12). Schließlich mangelt es an jedem Nachweis dafür, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts gerichtlichen Feststellungsentscheidungen generell Folge leisten (zutreffend: Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 11 m. w. N.).
89 
c) Zusammenfassend gilt danach berufungsprozessual das Folgende: Zur Entscheidung im Berufungsverfahren steht nach alledem nur noch der mit der Berufung von der Beklagten angefochtene, vom Sozialgericht durch Urteil vom 6. Mai 2004 für Recht erkannte kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsausspruch. Der isolierte Feststellungsantrag ist sowohl mangels feststellungsfähigen öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beigeladenen als auch wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage unstatthaft. Der noch übrig gebliebene, auf isolierte Aufhebung des Verwaltungsakts gerichtete Anfechtungsantrag ist hingegen zulässig. Denn die Klägerin hatte erstinstanzlich neben der Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, durch den eine Leistung abgelehnt worden war, auch Leistungsklage erhoben. Hebt das Sozialgericht - wie vorliegend - den Verwaltungsakt auf, ohne über die Leistungsklage eine Entscheidung zu treffen, so wird auf die Berufung des Rentenversicherungsträgers die Anfechtungsklage jedenfalls statthafter Gegenstand des Berufungsverfahrens (so BSG SozR Nr. 96 zu § 54 SGG; zustimmend: Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 54 Rn. 113).
90 
3. Das Berufungsbegehren der Beklagten ist auch begründet. Der angefochtene Verwaltungsakt, mit dem die Beklagte das an sie auf Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten gerichtete Begehren der Klägerin, Pflichtbeitragszeiten im Rahmen des Beitragsregresses nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen, abgelehnt hat, verletzt die Klägerin nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten oder Rechtspositionen. Zwar stehen weder der Bezug von Erwerbsunfähigkeits- und gesetzlicher Unfallrente (a.) noch die von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossene Abfindungsvereinbarung (b.) dem geltend gemachten Anspruch auf Erfüllung der von der Beklagten gegen die Beigeladene bestehenden Leistungspflicht aus § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X entgegen. Nach der von der Beklagten mit der Beigeladenen am 7. August 1998 getroffenen zivilrechtlichen Vereinbarung zur endgültigen Abfindung des Gesamtrisikos der Beklagten im Fall der Klägerin ist aber für einen Erfüllungsanspruch der Beklagten gegenüber der Beigeladenen gemäß § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X kein Raum mehr (c.).
91 
Den Regelungsgegenstand des Beitragsregresses beschreibt § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X. Diese Norm bestimmt, dass, soweit der Schadensersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, dieser auf den Versicherungsträger übergeht, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird. § 119 SGB X baut auf der vom Bundesgerichtshof entwickelten Rechtsprechung zum Ersatz von Sozialversicherungsbeiträgen auf. Der Bundesgerichtshof hatte bereits unter Geltung des bis zum 30. Juni 1983 in Kraft gebliebenen § 1542 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in Fällen schädigungsbedingten Beitragsausfalls Ansprüche auf Ersatz eines Erwerbsschadens, der den Beitragsschaden umfasst, nach §§ 823, 842, 843, 249 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anerkannt (vgl. BGHZ 69, 347 = NJW 1978, 155 = VersR 1977, 1156 ; BGH VersR 1979, 1104; 1981, 477 <478>; BGHZ 87, 181 = VersR 1983, 663). Dabei stellte er darauf ab, dass der Schädiger dem Geschädigten entsprechend dem Gedanken der Naturalrestitution die wirtschaftlichen Einbußen auszugleichen habe, die dieser durch den schädigungsbedingten Ausfall von Versicherungsbeiträgen erleide. Insoweit ließ der Bundesgerichtshof zunächst grundsätzlich die Möglichkeit einer Rentenverkürzung in Form einer niedrigeren Rentenanwartschaft ausreichen, schränkte diese weite Auffassung jedoch in seinem Grundsatzurteil vom 18. Oktober 1977 (BGHZ 69, 347 = NJW 1978, 155 = VersR 1977, 1156) durch das Erfordernis der wirtschaftlichen Vernünftigkeit einer Weiterversicherung ein. Obgleich sich eine tatsächliche Rentenverkürzung erst in der Zukunft auswirkt, wurde sie vom Bundesgerichtshof bereits als gegenwärtiger Schaden aufgefasst, der durch freiwillige Beitragszahlungen auszugleichen ist. Auf diese Weise sollte der Versicherte in den Stand gesetzt werden, seine Versicherung, soweit zulässig, fortzuführen. Anspruchsinhaber blieb allein der Geschädigte, dem es aber freigestellt war, die vom Schädiger im Rahmen des Schadensersatzes geleisteten Beträge als freiwillige Beiträge auf sein Versicherungskonto einzuzahlen (BSG, Urteil vom 31. Januar 2002, B 13 RJ 23/0 = BSGE 89, 151 <156> m. w. N.).
92 
In Weiterentwicklung dieser Grundsätze verpflichtet § 119 SGB X den Schädiger, in Fällen eines Beitragsausfalles Schadensersatz in Form von Beitragszahlungen an den Rentenversicherungsträger zu leisten. Hierbei steht das Ziel im Vordergrund, die soziale Sicherung des Versicherten nach Eintritt des Schadensfalles zu verbessern (vgl. BGH VersR 1986, 592 , 593; Nehls in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, a. a. O., SGB X, § 119 Rn. 1). Dementsprechend entsteht der Ersatzanspruch bereits dann, wenn die Möglichkeit einer Rentenverkürzung durch Beeinträchtigung der von der tatsächlichen Beitragsleistung abhängigen Berechnung der Entgeltpunkte des Versicherten besteht (vgl. BGHZ 97, 330 = VersR 1986, 592 ). Der Geschädigte muss, was seine sozialversicherungsrechtliche Stellung angeht, so gestellt werden, wie er ohne die Schädigung stünde (vgl. dazu BGH VersR 1954, 277 f.; vgl. auch Kater, in Kasseler Kommentar, Loseblatt 2003, § 119 SGB X Rn. 15). Ist der Schaden durch Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung ausgleichbar, soll sichergestellt werden, dass der Sozialversicherte später Sozialleistungen erhält, deren Berechnung auch die Zeit nach der Verletzung umfasst (vgl. BR-Drucks 526/80 S 29 mit Bezug auf BGH NJW 1978, 155 f). Dementsprechend soll § 119 SGB X im Wege des gesetzlichen Forderungsüberganges gewährleisten, dass die vom Schädiger zu zahlenden Beiträge dem Sozialversicherungsträger zweckgebunden zugeführt werden (vgl. Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 3). Ohne diese Regelung könnte der Geschädigte über die entsprechenden Beträge verfügen, ohne sie zum Ausgleich seines Beitragsschadens zu verwenden (vgl. BGH VersR 1969, 907; KG VersR 1975, 862 ). Nicht zuletzt aus fürsorgerischen Gründen überträgt deshalb § 119 Abs. 1 SGB X die Aktivlegitimation für den Anspruch auf Ersatz des dem Versicherten entstandenen Beitragsschadens treuhänderisch auf den Sozialversicherungsträger, der die Beitragsforderung (in fremdem Interesse) einziehen und entsprechend als Pflichtbeiträge verbuchen muss (vgl. BGH VersR 1986, 592; Nehls, in Hauck/Noftz, Gesamtkommentar, SGB, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X, Rn. 1). Dagegen ist es nicht Sinn und Zweck der Regelung, für eine finanzielle Entlastung der Rentenversicherungsträger zu sorgen (BSG, Urteil vom 31. Januar 2002, B 13 RJ 23/0 = BSGE 89, 151 <156> m. w. N.).
93 
a) Dem mit dem Forderungsübergang nach § 119 SGB X bezweckten Schutz des Versicherten vor schädigungsbedingten Renteneinbußen und damit der Geltendmachung eines Beitragsregresses der Beklagten gegenüber der Beigeladenen steht deshalb nicht bereits entgegen, dass die Klägerin von der Beklagten auf der Grundlage der §§ 43, 44 SGB VI a. F. seit dem 29. Dezember 1990 eine Erwerbsunfähigkeitsrente auf Dauer bezieht. Denn der durch die Schädigung infolge des am 30. November 1988 erlittenen Unfalls eingetretene Beitragsschaden der Klägerin wird durch die Gewährung der Rente nicht ausgeglichen, wie jedenfalls mittlerweile § 62 SGB VI zeigt. Danach wird ein Anspruch auf Schadensersatz wegen verminderter Erwerbsfähigkeit durch die Berücksichtigung rentenrechtlicher Zeiten nicht ausgeschlossen oder gemindert. § 62 SGB VI verankert damit einen allgemeinen Grundsatz des Schadensersatzrechts im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung. Dieser Grundsatz besagt, dass ein Schädiger durch Leistungen, die ein Dritter - hier: der Rentenversicherungsträger - dem Geschädigten aufgrund des Schadensereignisses zu erbringen hat, nicht entlastet werden darf (Prinzip der versagten Vorteilsanrechnung, vgl. näher: Niesel, in Kasseler Kommentar, SGB VI, Loseblatt, § 62 Rn. 2 m. w. N.; Löns, in Kreikebohm, SGB VI, Kommentar, 2003, § 62 Rn. 2). Daran ändert sich auch nichts, wenn man zusätzlich berücksichtigt, dass die Klägerin neben der Erwerbsunfähigkeitsrente seit dem 29. Dezember 1990 eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bezieht. § 119 Abs. 1 SGB X schützt nämlich nicht einen Erwerbs- oder Haushaltsführungsschaden, sondern die fiktiven Pflichtbeiträge, die, den Schadensfall hinweggedacht, dem Versichertenkonto des geschädigten gesetzlich Rentenversicherten bis zum Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze zugeflossen wären (BGHZ 129, 366; Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 39).
94 
b) Der Geltendmachung des Beitragsregresses durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen steht - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch die von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossene Vergleichs- und Abfindungsvereinbarung nicht entgegen. Die Klägerin hat sich in der damals vorbehaltlos geschlossenen Vereinbarung zwar schriftlich als „ein für alle mal abgefunden wegen aller Schadensersatzansprüche gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer, die versicherten Personen und Dritte, soweit diesen im Fall ihrer Inanspruchnahme ein Ausgleichsanspruch gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer oder die Versicherten zusteht“ erklärt. Diese Erklärung hat aber von vornherein nur Rechtspositionen umfassen können, die die Klägerin im eigenen Namen und aus eigenem Recht hat geltend machen können. Eben daran fehlt es bei der Geltendmachung eines Beitragsschadens nach § 119 Abs. 1 SGB X. Der durch § 119 Abs. 1 SGB X geschützte Anspruch soll zwar dem Versicherten - hier der Klägerin - zugute kommen; die Beklagte als Treuhänderin ist aber - wie oben näher ausgeführt - allein verfügungsbefugt hinsichtlich dieses Anspruchs. An den Verhandlungen und beim Abschluss des Vergleichs vom 24. Oktober 1997 ist die Beklagte - wie auch bereits vom Sozialgericht zutreffend erkannt - aber gar nicht beteiligt gewesen. Dem entsprechend können mögliche Ansprüche nach § 119 SGB X schon sachlogisch nicht Gegenstand der von der Klägerin ohne die Beklagte mit der Beigeladenen geführten Verhandlungen gewesen sein.
95 
Dieses Auslegungsergebnis vermag auch die vom damaligen Verhandlungsführer der Beigeladenen, dem Zeugen K., unter dem 11. Dezember 1997 verfasste „Aktennote“ nicht zu erschüttern. Darin ist zwar festgehalten, mit der Klägerin sei darüber Einigkeit erzielt worden, dass sie ohne den Unfall nach der Geburt ihrer Kinder nicht mehr berufstätig geworden wäre und insoweit der Haushaltsführungsschaden durch die Rentenzahlungen abgedeckt sei. Zum einen ist schon zweifelhaft, ob am 24. Oktober 1997 Einigkeit über die rein außerberufliche Zukunft der Klägerin erzielt worden ist. Dagegen spricht nicht nur die Aussage der Zeugin B., sondern insbesondere auch die Aussage des Zeugen K. vor dem Sozialgericht am 6. Mai 2004. Vor dem Sozialgericht hat der Zeuge K. nämlich - seiner Niederschrift in der „Aktennote vom 11. Dezember 1997“ widersprechend - erklärt, die Klägerin habe gesagt, auch nach Geburt der Kinder weiterarbeiten zu wollen. Der Zeuge K. hat dieser Erklärung nur keine rechtliche Bedeutung beigemessen, weil er - insoweit fehlerhaft - davon ausgegangen ist, aufgrund der vorbehaltlos von der Klägerin unterschriebenen Vergleichs- und Abfindungserklärungen seien auch künftige Ansprüche Dritter jedweder Art gegen die Beigeladene von vornherein ausgeschlossen.
96 
Zum anderen misst der Senat in diesem Zusammenhang den handschriftlichen Notizen des damaligen Bevollmächtigten der Klägerin, des Zeugen Dr. K. vom 24. Oktober 1997 letztlich ausschlaggebenden Beweiswert zu. Danach sind von dem Abfindungsvergleich vom 24. Oktober 1997 öffentlich-rechtlich begründete Drittschäden der gesetzlichen Renten-, Unfall- und Krankenversicherungsträger ausgenommen gewesen. Dies erklärt auch den Umstand, dass die Klägerin diese „Schadenspositionen“ auf ihrer, der Abfindungsvergleichserklärung vom 24. Oktober 1997 beiliegenden „Auflistung“ der Schäden nicht aufgeführt hat. Diese zentrale Aussage hat der Zeuge Dr. K. anlässlich seiner Vernehmung durch den Senat während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren glaubhaft bestätigt.
97 
c) Der Geltendmachung des Beitragsschadens durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen steht aber die von der Beklagten mit der Beigeladenen am 7. August 1998 getroffene Vereinbarung entgegen. Über den Inhalt dieser Vereinbarung existiert - entsprechend der von der Zeugin B. dem Senat anlässlich ihrer Vernehmung während der mündlichen Verhandlung glaubhaft geschilderten Verwaltungspraxis der Beklagten in Fällen, in denen die Vergleichssummen bei unter 150.000 DM (jetzt 125.000 Euro) liegen - zwar nur der von der Zeugin B. gefertigte handschriftliche Vermerk in der Beklagtenakte vom 12. August 1998, nach dem die Beigeladene zur Abfindung des aus dem Komplex „116/119“ herrührenden Gesamtrisikos 100.000,- DM an die Beklagte zu leisten hat. In diesem Vermerk findet sich der Hinweis, dass der Klägerin „§ 119’er Beiträge“ bis zur Geburt des zweiten Kindes am 8. Mai 1994 gutgeschrieben werden. Die inhaltliche Richtigkeit dieses Vermerks ist zudem von der Beigeladenen gegenüber dem Senat durch Schriftsatz vom 23. Mai 2006 bestätigt worden.
98 
Gegenstand der zwischen der Beklagten und der Beigeladenen auf der Grundlage des § 779 BGB am 7. August 1998 geschlossenen und am 12. August 1998 dokumentierten, zivilrechtlichen Vergleichsvereinbarung ist in der Sache eine einzelfallbezogene Abfindung gewesen, der öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegen stehen. Denn nach § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X ist die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag sozialversicherungsrechtlich im Einzelfall zulässig. Zur Begründung dieser - allerdings erst - zum 1. Januar 2001 in das Gesetz aufgenommenen Regelung hat der Gesetzgeber (BT-Drucksache 14/4375 vom 24. Oktober 2000) ausgeführt:
99 
„Da es sich in diesen Fällen in der Regel um kleine Ausgleichsbeträge handelt, sollen die Träger die Möglichkeit zur Pauschalierung, wegen ihrer treuhänderischen Tätigkeit für einzelne Versicherte aber nicht zum Abschluss von Teilungsabkommen, erhalten, um den Verwaltungsaufwand ökonomisch zu gestalten (§ 119 Abs. 4 Satz 1 SGB X).“
100 
Deshalb - und weil es danach folgerichtig in § 119 SGB X an einer § 116 Abs. 9 SGB X entsprechenden, die Pauschalierung von Ersatzansprüchen im Wege von Teilungsabkommen erlaubenden Sonderregelung fehlt - werden Teilungsabkommen zwischen Rentenversicherungsträgern und privaten Haftpflichtversicherern nach § 119 SGB X in der wissenschaftlichen Literatur (Nehls, in Hauck/Noftz, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 23; Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 Rn. 64; Bieresborn, in von Wulffen, a. a. O., § 119 Rn. 15; A.A. allerdings noch Plagemann, DRV 1993, 821 f. und Küppersbusch, VersR 1983, 193 <212> zum früheren Recht) für generell unzulässig gehalten. Dieser Auffassung folgt der Senat, weil der Rentenversicherungsträger nicht ganz oder teilweise auf Ansprüche des geschädigten Versicherten verzichten kann, ohne dessen Sicherungsinteressen zu verletzen. Es ist mit dem Normzweck des § 119 SGB X nicht vereinbar, die kraft cessio legis auf die Beklagte als Rentenversicherungsträger übergegangenen Ansprüche gegen die Beigeladene nicht voll einzubeziehen und der unfallgeschädigten Klägerin im Wege eines Teilungsabkommens nur einen Teil der geschuldeten Beiträge gutzuschreiben (ebenso: Schneider, in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., § 76 Rn. 11).
101 
Vorliegend hat die Beklagte mit der Beigeladenen am 7. August 1998 aber keine Pauschalvereinbarung über Ersatzansprüche getroffen, sondern einzelfallbezogen zivilrechtliche Schadenspositionen nach § 116 SGB X in Höhe von 66.374,05 DM und nach § 119 Abs. 1 SGB X in Höhe von 33.652,92 DM ermittelt und dem auf dieser Basis geschlossenen Abfindungsvergleich zugrunde gelegt. Dabei wurden nach der mit ihrem handschriftlichen Vermerk vom 12. August 1996 übereinstimmenden und nachvollziehbaren Darstellung der Zeugin B. zur Feststellung des Beitragsschadens die dem Abfindungsvergleich zwischen der seinerzeit rechtlich beratenen Klägerin und der Beigeladenen vom 24. Oktober 1997 zugrunde gelegten Schadenspositionen herangezogen, wonach die Rentenzahlungen ab Dezember 1990 für die ersten drei Jahre den Verdienstschaden und im Anschluss daran - mangels Geltendmachung eines durch die Geburt der Kinder sogar erhöhten Haushaltsführungsschadens - den Haushaltsführungsschaden kompensierten, sodass daraus der Schluss gezogen wurde, dass die Klägerin im Anschluss an die Geburt der Kinder nicht oder nur noch in geringem Umfang in Heimarbeit erwerbstätig werden wollte, wobei Letzterem durch eine Erhöhung der Abfindungssumme um 50.000.- DM Rechnung getragen wurde. Nach alledem ist es schließlich auch unschädlich, dass es zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses am 7. August 1998 die Vorschrift des § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X in der heutigen Fassung noch nicht gegeben hat. Die Zeugin B., die für die Beklagte den Vergleich mit der Beigeladenen am 7. August 1998 abgeschlossen hat, hat dem Senat dazu anschaulich und nachvollziehbar erläutert, dass „die Wirklichkeit der gesetzlichen Regelung voraus“ gewesen ist. Diese Praxis hat der Gesetzgeber mit der in § 120 Abs. 1 S. 2 SGB X normierten Übergangsregelung bestätigt, die - wie bereits unter 1. näher ausgeführt - anordnet, dass § 119 Abs. 4 SGB X in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung auch auf Sachverhalte wie den Vorliegenden anzuwenden ist, die bereits vor diesem Zeitpunkt bestanden haben, über die aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend entschieden worden ist.
102 
Auch die Tatsachen, dass die vergleichsweise Einigung zwischen der Beklagten und der Beigeladenen vom 7. August 1998 nur durch den handschriftlichen Vermerk der mit dem Fall auf Seiten der Beklagten befassten Zeugin B. vom 12. August 1998 dokumentiert und die Klägerin über das Ergebnis dieses Vergleichs erst auf Nachfrage unter dem 18. Januar 2001 von der Beklagten unterrichtet worden ist, machen den Vergleich nicht unwirksam. Nach § 779 BGB bedarf der Abschluss eines Vergleichs grundsätzlich keiner besonderen Form. Auch § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X schreibt für den Abschluss der im Einzelfall zulässigen Abfindungsvereinbarungen kein besonderes Formerfordernis - etwa Schriftform (vgl. z.B. § 56 SGB X) - vor. Ob eine Rechtspflicht der Beklagten zur Unterrichtung der Klägerin vor Abschluss des Vergleichs und/oder zumindest zeitnah nachträglich über den Abschluss des Abfindungsvergleichs bestanden hat, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Die Annahme einer solchen Pflicht könnte vor dem Hintergrund des beschriebenen und durch § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X begründeten Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwar naheliegend sein. Die Verletzung einer Unterrichtungspflicht könnte aber allenfalls Schadensersatzansprüche im Binnenverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten auslösen. Die Wirksamkeit der zwischen den zum Abfindungsvergleich nach § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X im Außenverhältnis allein ermächtigten Beteiligten - beklagter Rentenversicherungsträger und beigeladener Haftpflichtversicherung des Schädigers - getroffenen Vereinbarung wird dadurch nicht berührt.
103 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat sich bei der Auferlegung der Kosten auf die Beklagte ausnahmsweise nicht am für die Beklagte letztlich erfolgreichen Prozessergebnis orientiert. Maßgebend für den Senat ist vielmehr gewesen, dass die Beklagte die Klägerin mit den Ausführungen im angefochtenen Bescheid vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2001 in die falsche Richtung gelenkt und damit maßgeblich zum späteren Prozessverhalten der Klägerin beigetragen hat. Denn die zentrale Begründung der Beklagten für die Ablehnung des von der Klägerin begehrten Vorgehens nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X, ein Beitragsschaden sei aufgrund des von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossenen Vergleichs nicht zu beweisen, hat sich - für sich allein genommen - als nicht tragfähig erwiesen. Tatsächlich hat vorrangig der von der Beklagten geschlossene Abfindungsvergleich mit der Beigeladenen vom 7. August 1998 einem Erfolg des klägerischen Begehrens entgegen gestanden.
104 
Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Gründe

 
72 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
73 
Das Urteil des Sozialgerichts vom 6. Mai 2004 ist rechtswidrig und deshalb aufzuheben. Der von der Klägerin angefochtene Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001, mit denen das an die Beklagte gerichtete Begehren der Klägerin, Pflichtbeitragszeiten im Rahmen des Beitragsregresses nach § 119 SGB X gegenüber der Beigeladenen für die Zeit ab dem 8. Mai 1994 geltend zu machen, abgelehnt wurde, ist - entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts - im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
74 
Die Bestimmung des § 119 SGB X n. F. ist im vorliegenden Fall anwendbar, obwohl das Unfallereignis bereits auf den 30. November 1988 datiert (1.). Streitgegenstand des von der Beklagten geführten Berufungsverfahrens ist nicht mehr der von der Klägerin erstinstanzlich mit Hauptantrag geltend gemachte Erfüllungsanspruch, sondern allein der durch das angefochtene Urteil des Sozialgerichts vom 6. Mai 2004 für Recht erkannte Anfechtungs- und Feststellungsausspruch (2.). In der Sache ist die von der Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid abgelehnte Geltendmachung eines Beitragsschadens nach § 119 SGB X auf der Grundlage der zwischen der Beklagten und der Beigeladenen getroffenen Vereinbarung vom 7. August 1998 nicht zu beanstanden (3.).
75 
1. Die Frage, welches Recht anzuwenden ist, beantworten die §§ 120, 119 SGB X. § 119 Abs. 1 SGB X regelt, dass, soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten - hier: die materiell-rechtlichen Ansprüche der Klägerin gegen die Beigeladene nach §§ 842, 843 BGB - den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, dieser auf den Versicherungsträger - hier: die Beklagte - übergeht, wenn der Geschädigte - hier: die Klägerin - im Zeitpunkt des Schadensereignisses - hier: unverschuldet erlittener Autounfall am 30. November 1988 - bereits Pflichtbeitragszeiten - hier: von 1977-1988 als versicherungspflichtig beschäftigte technische Zeichnerin - nachweist. Die eingegangenen Beiträge gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge (§ 119 Abs. 3 S. 1 SGB X). Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Sozialversicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadensersatzanspruch gestanden hätte. Die Übergangsregelung des § 120 Abs. 1 S. 1 SGB X bestimmt, dass die Vorschriften der §§ 116 bis 119 SGB X nur auf Schadensereignisse nach dem 30. Juni 1983 anzuwenden sind. Das vorliegend stattgehabte Unfallschadensereignis datiert auf den 30. November 1988, so dass die §§ 116 bis 119 SGB X einschlägiger gesetzlicher Prüfungsmaßstab sind. Dies gilt auch - und insbesondere - für den neuen Absatz 4 des § 119 SGB X in der Fassung vom 1. Januar 2001. § 120 Abs. 1 Satz 2 SGB X bestimmt nämlich insoweit ausdrücklich, dass für nach dem 30. Juni 1983 eingetretene Schadensereignisse § 119 Abs. 1, 3 und 4 SGB X in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung auf einen Sachverhalt auch dann anzuwenden sind, wenn der Sachverhalt - wie vorliegend - bereits vor diesem Zeitpunkt bestanden hat und darüber noch nicht abschließend entschieden ist. In der Gesetzesbegründung zu § 120 SGB X (BT-Drucksache 14/4375 vom 24. Oktober 2000) heißt es dazu erläuternd wörtlich:
76 
„Absatz 1 Satz 2 erfasst Änderungen der §§ 116 und 119 SGB X durch diesen Gesetzentwurf und zwar für die Fälle, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes noch nicht abschließend entschieden sind, sei es im Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren oder durch das Auftreten von Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen.“
77 
2. Ob über einen Sachverhalt abschließend entschieden worden ist, hängt davon ab, was konkret zwischen den Beteiligten streitig ist. Der Streitgegenstand oder der prozessuale Anspruch, d.h. das vom Kläger aufgrund eines bestimmten Sachverhalts an das Gericht gerichtete Begehren (vgl. nur Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 95 Rn. 4 m. w. N.), wird vorliegend - im Berufungsverfahren - durch den im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 20. März 2007 allein noch anhängigen auf Aufhebung des angefochtenen Urteils vom 6. Mai 2004 und Abweisung der Klage gerichteten Antrag der Beklagten und Berufungsklägerin umrissen. Im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts ist der Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001 aufgehoben worden; darüber hinaus hat das Sozialgericht festgestellt, die Beklagte habe den Beitragsschaden gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen. Damit ist der erstinstanzlich von der Klägerin hilfsweise gestellte Aufhebungs- und Feststellungsantrag Streitgegenstand auch des Berufungsverfahrens. Der angefochtene Bescheid ist mithin Gegenstand des vorliegenden Verfahrens; eine abschließende Gerichtsentscheidung über die Rechtmäßigkeit dieses Bescheids steht noch aus. Da die Klägerin keine Berufung eingelegt hat, ist der erstinstanzlich von ihr mit Hauptantrag gegen die Beklagte geltend gemachte Anspruch auf Erfüllung aus § 119 SGB X nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden.
78 
Nach § 95 SGG ist Gegenstand der erstinstanzlichen Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt gewesen, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Der Regelungsgegenstand des angefochtenen Verwaltungsakts wird im durch den Widerspruchsbescheid vom 19. November 2001 bestätigten Tenor des angefochtenen Ausgangsbescheids vom 10. Juli 2001 beschrieben. Darin lehnt die Beklagte es in der Sache ab, Pflichtversicherungsbeiträge im Rahmen des Beitragsregresses gemäß § 119 SGB X für die Zeit über den 8. Mai 1994 hinaus geltend zu machen. Dieser Entscheidung hat die Beklagte ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin als Versicherter und ihr selbst als zuständigem Rentenversicherungsträger zugrunde gelegt. Geprägt wird das Versicherungsverhältnis vorliegend durch die sozialversicherungsrechtliche Besonderheit eines gesetzlich durch § 119 SGB X statuierten besonderen Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwischen der versicherten Geschädigten - also der Klägerin - einerseits und der Beklagten als dem zuständigen Rentenversicherungsträger andererseits. § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X begründet nämlich keinen originären, sondern einen kraft cessio legis auf die Beklagte übergeleiteten und auf Zahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung gerichteten Anspruch, den sie im fremden Interesse, d.h. im Interesse des geschädigten Versicherten, - treuhänderisch - wahrzunehmen hat (BGHZ 97, 330 = Vers 1986, 592; Kater, in Kasseler Kommentar, Loseblatt, 2001, § 119 SGB X Rn. 3; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 1; Stelzer, in ZfS 1984, 97 <98 f.>). Die Norm bezweckt die soziale Sicherung des Geschädigten nach Eintritt des Schadensfalls zu verbessern, indem sie dem Rentenversicherungsträger nach § 119 Abs. 3 S. 2 SGB X aufgibt, den sozialversicherten Geschädigten durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen nicht schlechter zu stellen, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte (BGHZ 97, 330; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 1). Dem Rentenversicherungsträger wird damit kraft öffentlichen Rechts - § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X - ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch des sozialversicherten Geschädigten gegen den Schädiger übertragen, den er nicht auf den Versicherten zurück übertragen kann. Dem entsprechend erlangt der geschädigte Sozialversicherte wegen des Beitragsersatzanspruchs - anders als früher (vor 1983) - keine eigene zivilrechtliche Rechtsposition gegenüber dem Schädiger, mit der Folge, dass er durch § 119 SGB X allein auf Ansprüche gegen den Rentenversicherungsträger verwiesen wird. Meint der Geschädigte, der Sozialversicherungsträger habe den Beitragsregress nicht oder nicht ordnungsgemäß (umfassend) geltend gemacht, verbleibt ihm folgerichtig nach § 51 SGG der Sozialrechtsweg gegenüber diesem Träger (ebenso: BGH, Urteil vom 2. Dezember 2003, VersR 2004, 492 ff.; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 12; Schneider, in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., 2002, Kapitel 78 Rn. 30).
79 
Indem die Beklagte es mit dem angefochtenen Bescheid in der Sache abgelehnt hat, für die Klägerin treuhänderisch nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X gegenüber der Beigeladenen zivilrechtliche Schadensersatzansprüche geltend zu machen, hat sie einen die Klägerin belastenden Verwaltungsakt im Sinn von § 31 SGB X erlassen, der die Klägerin möglicherweise in subjektiv öffentlichen Rechten aus dem oben beschriebenen und gegenüber der Beklagten bestehenden öffentlich-rechtlichen Treuhand- und Fürsorgeverhältnis verletzt. Denn die Klägerin hat möglicherweise aufgrund der oben beschriebenen sozialversicherungsrechtlichen Treuhänderstellung der Beklagten einen Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung.
80 
a) Dieser Sachlage entsprechend hat die Klägerin erstinstanzlich mit ihrem Hauptantrag sachdienlich begehrt, den belastenden Verwaltungsakt aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Beitragsschaden bei der Beigeladenen geltend zu machen. Prozessrechtlich ist dieser Klageantrag gemäß § 54 Abs. 4 SGG als eine kombinierte (unechte) Leistungsklage zu verstehen, bei der dem Anfechtungsantrag keine selbständige Bedeutung zukommt (vgl. Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 54 Rn. 113; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 54 Rn. 39; Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2. Aufl., 2005, § 54 Rn. 124, 128). Die Klägerin hat erstinstanzlich in erster Linie die Zuerkennung einer der Beklagten ihr gegenüber obliegenden Leistung begehrt, hier, dass die Beklagte den über § 119 Abs. 1 SGB X ins öffentliche Recht transformierten zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch nach den §§ 842, 843 BGB gegen die Beigeladene geltend macht. Diesem Begehren steht der Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001 entgegen, weshalb die Klägerin incident seine Aufhebung geltend machen muss. Über diesen (Leistungs-)Antrag hat das Sozialgericht im angefochtenen Urteil vom 6. Mai 2004 aber gar nicht entschieden; es fehlt sowohl an einer Tenorierung als auch an Ausführungen in den Entscheidungsgründen.
81 
Eine andere prozessrechtliche Auslegung des erstinstanzlichen Hauptantrags des Klägerin wäre im Übrigen nicht sachdienlich. Denn eine als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erhobene Klage wäre unzulässig gewesen. Die Klägerin hat nämlich in der Sache erstinstanzlich nicht den Erlass eines sie begünstigenden Verwaltungsakts im Sinn von § 31 SGB X begehrt. Die von der Klägerin begehrte Geltendmachung eines Beitragsregresses der Beklagten gegenüber der Beigeladenen zielt vielmehr auf die Geltendmachung von Forderungen zivilrechtlicher Art aufgrund gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 119 Abs. 1 SGB X (vgl. BSGE 89, 151 <154 f.>; BGH, VersR 2004, 492 ff.), hier auf die Geltendmachung kraft gesetzlichen Forderungsübergangs behaupteter Schadensersatzansprüche nach den §§ 842, 843 BGB. Die zivilprozessuale Geltendmachung solcher Ansprüche durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen bewirkt gegenüber der Klägerin als Dritter aber keine unmittelbare rechtliche Außenwirkung. Im Übrigen ist es der Beklagten - mangels gesetzlicher Grundlage - auch gar nicht möglich, ihr Rechtsverhältnis zur Beigeladenen als haftender Versicherung des Unfallschädigers aus den §§ 116 ff. SGB X durch Verwaltungsakt verbindlich festzustellen.
82 
Dieses prozessuale Ergebnis - die Begründung eines möglichen öffentlich-rechtlichen Leistungsanspruchs aufgrund eines durch § 119 Abs. 1 und Abs. 3 SGB X vermittelten besonderen Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwischen Klägerin und Beklagter - wird mittelbar durch die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verneinung der zivilprozessualen Prozessführungsbefugnis eines unfallgeschädigten Klägers gegen die Haftpflichtversicherung des Schädigers hinsichtlich möglicher Ansprüche nach § 119 SGB X aus eigenem Recht bestätigt. In dem jüngsten dazu ergangenen und veröffentlichten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 2. Dezember 2003 (VI ZR 243/02, VersR 2004, 492 ff.) heißt es wörtlich:
83 
„Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der Schadensersatzanspruch, dessen Feststellung der Kläger begehrt, sei nicht auf die LVA übergegangen, da § 119 SGB X nicht den Fall einer cessio legis behandele, sondern der Verletzte lediglich die Verfügungsbefugnis über den Schadensersatzanspruch verliere, soweit sich dieser auf den Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung richte und soweit die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 119 SGB X vorlägen. Dies steht nämlich nicht in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats (Senatsurteile BGHZ 97, 330, 333 mit Nachweisen zur Entstehungsgeschichte; 101, 207, 214; 106, 284, 290; 116, 260, 263; 129, 366, 368; 143, 344, 349 f., 354) und des Bundessozialgerichts (BSGE 89, 151, 154 ff.), wonach § 119 SGB X eine Legalzession bewirkt. Dieser Forderungsübergang vollzog sich bereits im Unfallzeitpunkt am 1. Juli 1996 nach § 119 Satz 1 SGB X in der Fassung vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I 2261). Der Forderungsübergang auf den Rentenversicherungsträger nach § 119 SGB X vollzieht sich ebenso wie im Falle des § 116 SGB X jedenfalls dann schon im Zeitpunkt des haftungsbegründenden Schadensereignisses, wenn - wie vorliegend - die Möglichkeit einer unfallbedingten Erwerbsunfähigkeit des Geschädigten in Betracht kommt (vgl. Pickel, SGB, Kommentar zum Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, Stand April 2003, Rn. 4 zu § 119 SGB X m. w. N.). Die Gründe dafür, dass sich der Forderungsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X auf den Sozialversicherungsträger bereits so frühzeitig vollzieht (grundlegend BGHZ 48, 181 , 184 ff. - noch zu § 1542 RVO), gelten für den Forderungsübergang nach § 119 SGB X in gleicher Weise (vgl. BT-Drucks. 9/95 S. 27; zur Schadensentstehung Senatsurteile BGHZ 139, 167 , 173; 143, 344, 348; jeweils m. w. N.). Die Neufassung des § 119 SGB X vom 18. Januar 2001 (BGBl. I 130) hat die Rechtslage entgegen der Auffassung der Revision insoweit nicht verändert.“
84 
Diese Rechtsprechung macht sich der erkennende Senat zu eigen.
85 
b) Soweit das Sozialgericht allerdings die von der Klägerin mit dem Hilfsantrag erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage als zulässig angesehen hat, bestehen dagegen nicht unerhebliche Bedenken.
86 
Mit einer Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) kann u. a. begehrt werden, die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Auch im Über-Unterordnungsverhältnis zwischen Bürger und Staat oder Versichertem und öffentlich-rechtlichem Versicherungsträger ist die Feststellungsklage grundsätzlich zulässig. Vor Erhebung einer Feststellungsklage muss jedoch der versicherte Kläger im Regelfall einen entsprechenden (Feststellungs-)Antrag an den Versicherungsträger gerichtet haben, mit dem er eine bestimmte Feststellung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses begehrt hat, z.B. dass ein Arbeitsunfall vorliegt oder ein Regressverhältnis besteht. Dies folgt schon aus Gründen der Prozessökonomie sowie dem für eine Feststellungsklage erforderlichen Feststellungsinteresse, welches fehlt, wenn der Versicherte nicht zunächst durch einen Antrag bei dem Versicherungsträger versucht hat zu klären, ob das Rechtsverhältnis besteht oder nicht. Dementsprechend muss der Bürger im Regelfall, wenn um das Bestehen eines Rechtsverhältnisses gestritten wird, zunächst eine entsprechende Verwaltungsentscheidung beantragen. Nach dem Ergehen dieser Entscheidung kann er zulässigerweise eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage erheben (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2006, B 2 U 77/06 B, SozR 4-1500 § 55 Nr. 4; BSGE 57, 184 = SozR 2200 § 385 Nr. 10; BSGE 58, 150 , 152 = SozR 1500 § 55 Nr. 27; BSG SozR 3-4427 § 5 Nr. 1 S 4 ff.; Castendiek, in Handkommentar SGG, 2. Aufl., 2005, § 55 Rn. 18, 27; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 55 Rn. 15; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl. 2005, IV Rn. 99).
87 
Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht vorliegend schon entgegen, dass die vom Klägerin begehrte Feststellung - neben Rechtsbeziehungen der Klägerin zur Beklagten - vorrangig die zivilrechtlichen Drittrechtsbeziehungen der Beklagten zur Beigeladenen betrifft. Es ist zwar nicht erforderlich, dass das festzustellende Rechtsverhältnis unmittelbar zwischen den Parteien des Feststellungsprozesses besteht (vgl. BSG, Urteil vom 17. Januar 1996, 3 RK 2/95 = BSGE 77, 219 <226> und Urteil vom 26. Januar 1988, 2 RU 2/87 = BSGE 63, 14 <15>; Ulmer, in Hennig, SGG, Kommentar, Loseblatt 2003, § 55 Rn. 21). Mit der Feststellungsklage kann auch das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses zwischen der Beklagten und einem Dritten - hier der Beigeladenen - geltend gemacht werden, wenn davon eigene - öffentlich-rechtlich begründete - Rechtsinteressen der Klägerin - hier gerichtet auf die Feststellung unfallbedingt nicht entrichteter weiterer Pflichtbeiträge - betroffen sind. Die Klägerin hat ein Interesse an der von ihr beantragten Feststellung gegenüber der Beklagten geltend gemacht, wie ihre stetige Korrespondenz mit der Beklagten in der Frage des Beitragsregresses - Schreiben vom 22. Oktober 1997, 17. Februar 1998, 8. Juni 1998 und 27. Dezember 2000 - belegt. Im Verhältnis zur Beigeladenen fehlt es der Klägerin aber an einem aus eigenem subjektiv öffentlichem Recht verfolgbaren Anspruch (vgl. BSGE 89, 151 <154 ff.>; BGH, VersR 2004, 492 ff.; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 3), weil der geltend zu machende zivilrechtliche Schadensersatzanspruch im Hinblick auf den hier allein streitigen Beitragsregress nach § 119 Abs. 1 SGB X kraft gesetzlichen Forderungsübergangs auf die Beklagte übergegangen ist. Deshalb hat die Klägerin gegenüber der Beigeladenen auch konsequenterweise über einen Beitragsschaden keine Korrespondenz geführt.
88 
Das Sozialgericht hat bei alledem des Weiteren verkannt, dass die Feststellungsklage im Verhältnis zur statthaften (unechten) Leistungsklage subsidiär ist. Ist eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (unechte Leistungsklage) - wie oben dargelegt - statthaft, kann nicht stattdessen eine Feststellungsklage erhoben werden (BSGE 73, 83 <84>; BVerwG Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 127 m. w. N.; Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 4; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 13. Aufl., § 43 Rn. 28). Auch wenn der im SGG nicht ausdrücklich normierte Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage im Sozialprozess nicht - wie im Verwaltungsprozess - uneingeschränkt gilt, bedarf es zur parallelen Statthaftigkeit von Gestaltungs-, Leistungs- und Feststellungsantrag jedenfalls eines nur mit der Feststellungsklage verfolgbaren weitergehenden Rechtsschutzziels. Nur soweit die Feststellungsklage in ihrer Zielrichtung über eine gleichzeitig erhobene Anfechtungs-, Verpflichtungs- oder Leistungsklage hinausgeht, ist eine Klagehäufung unter den Voraussetzungen des § 56 SGG zulässig (vgl. Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2005, § 55 Rn. 14 unter Bezugnahme auf BSG SozR 3-3200 § 81 Nr. 16; ebenso Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 6 m. w. N. der Rechtsprechung). Für ein über den unechten Leistungsantrag hinausreichendes Feststellungsinteresse der Klägerin entsprechend der Tenorierung des erstinstanzlichen Urteils vom 6. Mai 2004 ist vorliegend aber nichts erkennbar. Schließlich ist der Feststellungsantrag auch nicht deshalb statthaft, weil er mit der Beklagten gegen eine juristische Person des öffentlichen Rechts gerichtet ist, bei der davon ausgegangen werden könne, dass sie einen Feststellungsausspruch befolge (dafür aber Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 55 Rn. 19b; eingeschränkt zustimmend auch Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2005, § 55 Rn. 21). Der Gedanke, nicht vollstreckbare Feststellungsaussprüche würden von den Behörden ebenso befolgt wie vollstreckbare Leistungsaussprüche, würde letztendlich das Institut der Verpflichtungs- und Leistungsklage generell überflüssig machen. Des Weiteren würde das zwingende Prozessrecht der Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage zur Disposition der Beteiligten gestellt, indem diese jederzeit - auch unter Umgehung der Sachurteilsvoraussetzungen der anderen Klagearten - Feststellungsanträge stellen könnten (vgl. BSGE 50, 262 ff. und BSG SozR 7910 § 59 Rn. 12). Schließlich mangelt es an jedem Nachweis dafür, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts gerichtlichen Feststellungsentscheidungen generell Folge leisten (zutreffend: Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 11 m. w. N.).
89 
c) Zusammenfassend gilt danach berufungsprozessual das Folgende: Zur Entscheidung im Berufungsverfahren steht nach alledem nur noch der mit der Berufung von der Beklagten angefochtene, vom Sozialgericht durch Urteil vom 6. Mai 2004 für Recht erkannte kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsausspruch. Der isolierte Feststellungsantrag ist sowohl mangels feststellungsfähigen öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beigeladenen als auch wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage unstatthaft. Der noch übrig gebliebene, auf isolierte Aufhebung des Verwaltungsakts gerichtete Anfechtungsantrag ist hingegen zulässig. Denn die Klägerin hatte erstinstanzlich neben der Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, durch den eine Leistung abgelehnt worden war, auch Leistungsklage erhoben. Hebt das Sozialgericht - wie vorliegend - den Verwaltungsakt auf, ohne über die Leistungsklage eine Entscheidung zu treffen, so wird auf die Berufung des Rentenversicherungsträgers die Anfechtungsklage jedenfalls statthafter Gegenstand des Berufungsverfahrens (so BSG SozR Nr. 96 zu § 54 SGG; zustimmend: Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 54 Rn. 113).
90 
3. Das Berufungsbegehren der Beklagten ist auch begründet. Der angefochtene Verwaltungsakt, mit dem die Beklagte das an sie auf Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten gerichtete Begehren der Klägerin, Pflichtbeitragszeiten im Rahmen des Beitragsregresses nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen, abgelehnt hat, verletzt die Klägerin nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten oder Rechtspositionen. Zwar stehen weder der Bezug von Erwerbsunfähigkeits- und gesetzlicher Unfallrente (a.) noch die von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossene Abfindungsvereinbarung (b.) dem geltend gemachten Anspruch auf Erfüllung der von der Beklagten gegen die Beigeladene bestehenden Leistungspflicht aus § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X entgegen. Nach der von der Beklagten mit der Beigeladenen am 7. August 1998 getroffenen zivilrechtlichen Vereinbarung zur endgültigen Abfindung des Gesamtrisikos der Beklagten im Fall der Klägerin ist aber für einen Erfüllungsanspruch der Beklagten gegenüber der Beigeladenen gemäß § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X kein Raum mehr (c.).
91 
Den Regelungsgegenstand des Beitragsregresses beschreibt § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X. Diese Norm bestimmt, dass, soweit der Schadensersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, dieser auf den Versicherungsträger übergeht, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird. § 119 SGB X baut auf der vom Bundesgerichtshof entwickelten Rechtsprechung zum Ersatz von Sozialversicherungsbeiträgen auf. Der Bundesgerichtshof hatte bereits unter Geltung des bis zum 30. Juni 1983 in Kraft gebliebenen § 1542 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in Fällen schädigungsbedingten Beitragsausfalls Ansprüche auf Ersatz eines Erwerbsschadens, der den Beitragsschaden umfasst, nach §§ 823, 842, 843, 249 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anerkannt (vgl. BGHZ 69, 347 = NJW 1978, 155 = VersR 1977, 1156 ; BGH VersR 1979, 1104; 1981, 477 <478>; BGHZ 87, 181 = VersR 1983, 663). Dabei stellte er darauf ab, dass der Schädiger dem Geschädigten entsprechend dem Gedanken der Naturalrestitution die wirtschaftlichen Einbußen auszugleichen habe, die dieser durch den schädigungsbedingten Ausfall von Versicherungsbeiträgen erleide. Insoweit ließ der Bundesgerichtshof zunächst grundsätzlich die Möglichkeit einer Rentenverkürzung in Form einer niedrigeren Rentenanwartschaft ausreichen, schränkte diese weite Auffassung jedoch in seinem Grundsatzurteil vom 18. Oktober 1977 (BGHZ 69, 347 = NJW 1978, 155 = VersR 1977, 1156) durch das Erfordernis der wirtschaftlichen Vernünftigkeit einer Weiterversicherung ein. Obgleich sich eine tatsächliche Rentenverkürzung erst in der Zukunft auswirkt, wurde sie vom Bundesgerichtshof bereits als gegenwärtiger Schaden aufgefasst, der durch freiwillige Beitragszahlungen auszugleichen ist. Auf diese Weise sollte der Versicherte in den Stand gesetzt werden, seine Versicherung, soweit zulässig, fortzuführen. Anspruchsinhaber blieb allein der Geschädigte, dem es aber freigestellt war, die vom Schädiger im Rahmen des Schadensersatzes geleisteten Beträge als freiwillige Beiträge auf sein Versicherungskonto einzuzahlen (BSG, Urteil vom 31. Januar 2002, B 13 RJ 23/0 = BSGE 89, 151 <156> m. w. N.).
92 
In Weiterentwicklung dieser Grundsätze verpflichtet § 119 SGB X den Schädiger, in Fällen eines Beitragsausfalles Schadensersatz in Form von Beitragszahlungen an den Rentenversicherungsträger zu leisten. Hierbei steht das Ziel im Vordergrund, die soziale Sicherung des Versicherten nach Eintritt des Schadensfalles zu verbessern (vgl. BGH VersR 1986, 592 , 593; Nehls in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, a. a. O., SGB X, § 119 Rn. 1). Dementsprechend entsteht der Ersatzanspruch bereits dann, wenn die Möglichkeit einer Rentenverkürzung durch Beeinträchtigung der von der tatsächlichen Beitragsleistung abhängigen Berechnung der Entgeltpunkte des Versicherten besteht (vgl. BGHZ 97, 330 = VersR 1986, 592 ). Der Geschädigte muss, was seine sozialversicherungsrechtliche Stellung angeht, so gestellt werden, wie er ohne die Schädigung stünde (vgl. dazu BGH VersR 1954, 277 f.; vgl. auch Kater, in Kasseler Kommentar, Loseblatt 2003, § 119 SGB X Rn. 15). Ist der Schaden durch Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung ausgleichbar, soll sichergestellt werden, dass der Sozialversicherte später Sozialleistungen erhält, deren Berechnung auch die Zeit nach der Verletzung umfasst (vgl. BR-Drucks 526/80 S 29 mit Bezug auf BGH NJW 1978, 155 f). Dementsprechend soll § 119 SGB X im Wege des gesetzlichen Forderungsüberganges gewährleisten, dass die vom Schädiger zu zahlenden Beiträge dem Sozialversicherungsträger zweckgebunden zugeführt werden (vgl. Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 3). Ohne diese Regelung könnte der Geschädigte über die entsprechenden Beträge verfügen, ohne sie zum Ausgleich seines Beitragsschadens zu verwenden (vgl. BGH VersR 1969, 907; KG VersR 1975, 862 ). Nicht zuletzt aus fürsorgerischen Gründen überträgt deshalb § 119 Abs. 1 SGB X die Aktivlegitimation für den Anspruch auf Ersatz des dem Versicherten entstandenen Beitragsschadens treuhänderisch auf den Sozialversicherungsträger, der die Beitragsforderung (in fremdem Interesse) einziehen und entsprechend als Pflichtbeiträge verbuchen muss (vgl. BGH VersR 1986, 592; Nehls, in Hauck/Noftz, Gesamtkommentar, SGB, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X, Rn. 1). Dagegen ist es nicht Sinn und Zweck der Regelung, für eine finanzielle Entlastung der Rentenversicherungsträger zu sorgen (BSG, Urteil vom 31. Januar 2002, B 13 RJ 23/0 = BSGE 89, 151 <156> m. w. N.).
93 
a) Dem mit dem Forderungsübergang nach § 119 SGB X bezweckten Schutz des Versicherten vor schädigungsbedingten Renteneinbußen und damit der Geltendmachung eines Beitragsregresses der Beklagten gegenüber der Beigeladenen steht deshalb nicht bereits entgegen, dass die Klägerin von der Beklagten auf der Grundlage der §§ 43, 44 SGB VI a. F. seit dem 29. Dezember 1990 eine Erwerbsunfähigkeitsrente auf Dauer bezieht. Denn der durch die Schädigung infolge des am 30. November 1988 erlittenen Unfalls eingetretene Beitragsschaden der Klägerin wird durch die Gewährung der Rente nicht ausgeglichen, wie jedenfalls mittlerweile § 62 SGB VI zeigt. Danach wird ein Anspruch auf Schadensersatz wegen verminderter Erwerbsfähigkeit durch die Berücksichtigung rentenrechtlicher Zeiten nicht ausgeschlossen oder gemindert. § 62 SGB VI verankert damit einen allgemeinen Grundsatz des Schadensersatzrechts im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung. Dieser Grundsatz besagt, dass ein Schädiger durch Leistungen, die ein Dritter - hier: der Rentenversicherungsträger - dem Geschädigten aufgrund des Schadensereignisses zu erbringen hat, nicht entlastet werden darf (Prinzip der versagten Vorteilsanrechnung, vgl. näher: Niesel, in Kasseler Kommentar, SGB VI, Loseblatt, § 62 Rn. 2 m. w. N.; Löns, in Kreikebohm, SGB VI, Kommentar, 2003, § 62 Rn. 2). Daran ändert sich auch nichts, wenn man zusätzlich berücksichtigt, dass die Klägerin neben der Erwerbsunfähigkeitsrente seit dem 29. Dezember 1990 eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bezieht. § 119 Abs. 1 SGB X schützt nämlich nicht einen Erwerbs- oder Haushaltsführungsschaden, sondern die fiktiven Pflichtbeiträge, die, den Schadensfall hinweggedacht, dem Versichertenkonto des geschädigten gesetzlich Rentenversicherten bis zum Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze zugeflossen wären (BGHZ 129, 366; Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 39).
94 
b) Der Geltendmachung des Beitragsregresses durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen steht - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch die von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossene Vergleichs- und Abfindungsvereinbarung nicht entgegen. Die Klägerin hat sich in der damals vorbehaltlos geschlossenen Vereinbarung zwar schriftlich als „ein für alle mal abgefunden wegen aller Schadensersatzansprüche gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer, die versicherten Personen und Dritte, soweit diesen im Fall ihrer Inanspruchnahme ein Ausgleichsanspruch gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer oder die Versicherten zusteht“ erklärt. Diese Erklärung hat aber von vornherein nur Rechtspositionen umfassen können, die die Klägerin im eigenen Namen und aus eigenem Recht hat geltend machen können. Eben daran fehlt es bei der Geltendmachung eines Beitragsschadens nach § 119 Abs. 1 SGB X. Der durch § 119 Abs. 1 SGB X geschützte Anspruch soll zwar dem Versicherten - hier der Klägerin - zugute kommen; die Beklagte als Treuhänderin ist aber - wie oben näher ausgeführt - allein verfügungsbefugt hinsichtlich dieses Anspruchs. An den Verhandlungen und beim Abschluss des Vergleichs vom 24. Oktober 1997 ist die Beklagte - wie auch bereits vom Sozialgericht zutreffend erkannt - aber gar nicht beteiligt gewesen. Dem entsprechend können mögliche Ansprüche nach § 119 SGB X schon sachlogisch nicht Gegenstand der von der Klägerin ohne die Beklagte mit der Beigeladenen geführten Verhandlungen gewesen sein.
95 
Dieses Auslegungsergebnis vermag auch die vom damaligen Verhandlungsführer der Beigeladenen, dem Zeugen K., unter dem 11. Dezember 1997 verfasste „Aktennote“ nicht zu erschüttern. Darin ist zwar festgehalten, mit der Klägerin sei darüber Einigkeit erzielt worden, dass sie ohne den Unfall nach der Geburt ihrer Kinder nicht mehr berufstätig geworden wäre und insoweit der Haushaltsführungsschaden durch die Rentenzahlungen abgedeckt sei. Zum einen ist schon zweifelhaft, ob am 24. Oktober 1997 Einigkeit über die rein außerberufliche Zukunft der Klägerin erzielt worden ist. Dagegen spricht nicht nur die Aussage der Zeugin B., sondern insbesondere auch die Aussage des Zeugen K. vor dem Sozialgericht am 6. Mai 2004. Vor dem Sozialgericht hat der Zeuge K. nämlich - seiner Niederschrift in der „Aktennote vom 11. Dezember 1997“ widersprechend - erklärt, die Klägerin habe gesagt, auch nach Geburt der Kinder weiterarbeiten zu wollen. Der Zeuge K. hat dieser Erklärung nur keine rechtliche Bedeutung beigemessen, weil er - insoweit fehlerhaft - davon ausgegangen ist, aufgrund der vorbehaltlos von der Klägerin unterschriebenen Vergleichs- und Abfindungserklärungen seien auch künftige Ansprüche Dritter jedweder Art gegen die Beigeladene von vornherein ausgeschlossen.
96 
Zum anderen misst der Senat in diesem Zusammenhang den handschriftlichen Notizen des damaligen Bevollmächtigten der Klägerin, des Zeugen Dr. K. vom 24. Oktober 1997 letztlich ausschlaggebenden Beweiswert zu. Danach sind von dem Abfindungsvergleich vom 24. Oktober 1997 öffentlich-rechtlich begründete Drittschäden der gesetzlichen Renten-, Unfall- und Krankenversicherungsträger ausgenommen gewesen. Dies erklärt auch den Umstand, dass die Klägerin diese „Schadenspositionen“ auf ihrer, der Abfindungsvergleichserklärung vom 24. Oktober 1997 beiliegenden „Auflistung“ der Schäden nicht aufgeführt hat. Diese zentrale Aussage hat der Zeuge Dr. K. anlässlich seiner Vernehmung durch den Senat während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren glaubhaft bestätigt.
97 
c) Der Geltendmachung des Beitragsschadens durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen steht aber die von der Beklagten mit der Beigeladenen am 7. August 1998 getroffene Vereinbarung entgegen. Über den Inhalt dieser Vereinbarung existiert - entsprechend der von der Zeugin B. dem Senat anlässlich ihrer Vernehmung während der mündlichen Verhandlung glaubhaft geschilderten Verwaltungspraxis der Beklagten in Fällen, in denen die Vergleichssummen bei unter 150.000 DM (jetzt 125.000 Euro) liegen - zwar nur der von der Zeugin B. gefertigte handschriftliche Vermerk in der Beklagtenakte vom 12. August 1998, nach dem die Beigeladene zur Abfindung des aus dem Komplex „116/119“ herrührenden Gesamtrisikos 100.000,- DM an die Beklagte zu leisten hat. In diesem Vermerk findet sich der Hinweis, dass der Klägerin „§ 119’er Beiträge“ bis zur Geburt des zweiten Kindes am 8. Mai 1994 gutgeschrieben werden. Die inhaltliche Richtigkeit dieses Vermerks ist zudem von der Beigeladenen gegenüber dem Senat durch Schriftsatz vom 23. Mai 2006 bestätigt worden.
98 
Gegenstand der zwischen der Beklagten und der Beigeladenen auf der Grundlage des § 779 BGB am 7. August 1998 geschlossenen und am 12. August 1998 dokumentierten, zivilrechtlichen Vergleichsvereinbarung ist in der Sache eine einzelfallbezogene Abfindung gewesen, der öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegen stehen. Denn nach § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X ist die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag sozialversicherungsrechtlich im Einzelfall zulässig. Zur Begründung dieser - allerdings erst - zum 1. Januar 2001 in das Gesetz aufgenommenen Regelung hat der Gesetzgeber (BT-Drucksache 14/4375 vom 24. Oktober 2000) ausgeführt:
99 
„Da es sich in diesen Fällen in der Regel um kleine Ausgleichsbeträge handelt, sollen die Träger die Möglichkeit zur Pauschalierung, wegen ihrer treuhänderischen Tätigkeit für einzelne Versicherte aber nicht zum Abschluss von Teilungsabkommen, erhalten, um den Verwaltungsaufwand ökonomisch zu gestalten (§ 119 Abs. 4 Satz 1 SGB X).“
100 
Deshalb - und weil es danach folgerichtig in § 119 SGB X an einer § 116 Abs. 9 SGB X entsprechenden, die Pauschalierung von Ersatzansprüchen im Wege von Teilungsabkommen erlaubenden Sonderregelung fehlt - werden Teilungsabkommen zwischen Rentenversicherungsträgern und privaten Haftpflichtversicherern nach § 119 SGB X in der wissenschaftlichen Literatur (Nehls, in Hauck/Noftz, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 23; Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 Rn. 64; Bieresborn, in von Wulffen, a. a. O., § 119 Rn. 15; A.A. allerdings noch Plagemann, DRV 1993, 821 f. und Küppersbusch, VersR 1983, 193 <212> zum früheren Recht) für generell unzulässig gehalten. Dieser Auffassung folgt der Senat, weil der Rentenversicherungsträger nicht ganz oder teilweise auf Ansprüche des geschädigten Versicherten verzichten kann, ohne dessen Sicherungsinteressen zu verletzen. Es ist mit dem Normzweck des § 119 SGB X nicht vereinbar, die kraft cessio legis auf die Beklagte als Rentenversicherungsträger übergegangenen Ansprüche gegen die Beigeladene nicht voll einzubeziehen und der unfallgeschädigten Klägerin im Wege eines Teilungsabkommens nur einen Teil der geschuldeten Beiträge gutzuschreiben (ebenso: Schneider, in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., § 76 Rn. 11).
101 
Vorliegend hat die Beklagte mit der Beigeladenen am 7. August 1998 aber keine Pauschalvereinbarung über Ersatzansprüche getroffen, sondern einzelfallbezogen zivilrechtliche Schadenspositionen nach § 116 SGB X in Höhe von 66.374,05 DM und nach § 119 Abs. 1 SGB X in Höhe von 33.652,92 DM ermittelt und dem auf dieser Basis geschlossenen Abfindungsvergleich zugrunde gelegt. Dabei wurden nach der mit ihrem handschriftlichen Vermerk vom 12. August 1996 übereinstimmenden und nachvollziehbaren Darstellung der Zeugin B. zur Feststellung des Beitragsschadens die dem Abfindungsvergleich zwischen der seinerzeit rechtlich beratenen Klägerin und der Beigeladenen vom 24. Oktober 1997 zugrunde gelegten Schadenspositionen herangezogen, wonach die Rentenzahlungen ab Dezember 1990 für die ersten drei Jahre den Verdienstschaden und im Anschluss daran - mangels Geltendmachung eines durch die Geburt der Kinder sogar erhöhten Haushaltsführungsschadens - den Haushaltsführungsschaden kompensierten, sodass daraus der Schluss gezogen wurde, dass die Klägerin im Anschluss an die Geburt der Kinder nicht oder nur noch in geringem Umfang in Heimarbeit erwerbstätig werden wollte, wobei Letzterem durch eine Erhöhung der Abfindungssumme um 50.000.- DM Rechnung getragen wurde. Nach alledem ist es schließlich auch unschädlich, dass es zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses am 7. August 1998 die Vorschrift des § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X in der heutigen Fassung noch nicht gegeben hat. Die Zeugin B., die für die Beklagte den Vergleich mit der Beigeladenen am 7. August 1998 abgeschlossen hat, hat dem Senat dazu anschaulich und nachvollziehbar erläutert, dass „die Wirklichkeit der gesetzlichen Regelung voraus“ gewesen ist. Diese Praxis hat der Gesetzgeber mit der in § 120 Abs. 1 S. 2 SGB X normierten Übergangsregelung bestätigt, die - wie bereits unter 1. näher ausgeführt - anordnet, dass § 119 Abs. 4 SGB X in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung auch auf Sachverhalte wie den Vorliegenden anzuwenden ist, die bereits vor diesem Zeitpunkt bestanden haben, über die aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend entschieden worden ist.
102 
Auch die Tatsachen, dass die vergleichsweise Einigung zwischen der Beklagten und der Beigeladenen vom 7. August 1998 nur durch den handschriftlichen Vermerk der mit dem Fall auf Seiten der Beklagten befassten Zeugin B. vom 12. August 1998 dokumentiert und die Klägerin über das Ergebnis dieses Vergleichs erst auf Nachfrage unter dem 18. Januar 2001 von der Beklagten unterrichtet worden ist, machen den Vergleich nicht unwirksam. Nach § 779 BGB bedarf der Abschluss eines Vergleichs grundsätzlich keiner besonderen Form. Auch § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X schreibt für den Abschluss der im Einzelfall zulässigen Abfindungsvereinbarungen kein besonderes Formerfordernis - etwa Schriftform (vgl. z.B. § 56 SGB X) - vor. Ob eine Rechtspflicht der Beklagten zur Unterrichtung der Klägerin vor Abschluss des Vergleichs und/oder zumindest zeitnah nachträglich über den Abschluss des Abfindungsvergleichs bestanden hat, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Die Annahme einer solchen Pflicht könnte vor dem Hintergrund des beschriebenen und durch § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X begründeten Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwar naheliegend sein. Die Verletzung einer Unterrichtungspflicht könnte aber allenfalls Schadensersatzansprüche im Binnenverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten auslösen. Die Wirksamkeit der zwischen den zum Abfindungsvergleich nach § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X im Außenverhältnis allein ermächtigten Beteiligten - beklagter Rentenversicherungsträger und beigeladener Haftpflichtversicherung des Schädigers - getroffenen Vereinbarung wird dadurch nicht berührt.
103 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat sich bei der Auferlegung der Kosten auf die Beklagte ausnahmsweise nicht am für die Beklagte letztlich erfolgreichen Prozessergebnis orientiert. Maßgebend für den Senat ist vielmehr gewesen, dass die Beklagte die Klägerin mit den Ausführungen im angefochtenen Bescheid vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2001 in die falsche Richtung gelenkt und damit maßgeblich zum späteren Prozessverhalten der Klägerin beigetragen hat. Denn die zentrale Begründung der Beklagten für die Ablehnung des von der Klägerin begehrten Vorgehens nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X, ein Beitragsschaden sei aufgrund des von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossenen Vergleichs nicht zu beweisen, hat sich - für sich allein genommen - als nicht tragfähig erwiesen. Tatsächlich hat vorrangig der von der Beklagten geschlossene Abfindungsvergleich mit der Beigeladenen vom 7. August 1998 einem Erfolg des klägerischen Begehrens entgegen gestanden.
104 
Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

(1) Soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, geht dieser auf den Versicherungsträger über, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird; dies gilt nicht, soweit

1.
der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt oder sonstige der Beitragspflicht unterliegende Leistungen erbringt oder
2.
der Anspruch auf Ersatz von Beiträgen nach § 116 übergegangen ist.
Für den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung gilt § 116 Abs. 3 Satz 1 und 2 entsprechend, soweit die Beiträge auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem bei unbegrenzter Haftung zu ersetzenden Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und der bei Bezug von Sozialleistungen beitragspflichtigen Einnahme entfallen.

(2) Der Versicherungsträger, auf den ein Teil des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 116 übergeht, übermittelt den von ihm festgestellten Sachverhalt dem Träger der Rentenversicherung auf einem einheitlichen Meldevordruck. Das Nähere über den Inhalt des Meldevordrucks und das Mitteilungsverfahren bestimmen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger.

(3) Die eingegangenen Beiträge oder Beitragsanteile gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge. Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Versicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte.

(4) Die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag ist im Einzelfall zulässig. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gelten für die Mitwirkungspflichten des Geschädigten die §§ 60, 61, 65 Abs. 1 und 3 sowie § 65a des Ersten Buches entsprechend.

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Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 01.04.2011 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung höherer Entgelte als Grundlage der von der Beklagten an die Klägerin gezahlten Rente nach dem Sozialgesetzbuch - gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).

2

Die im Jahr 1971 geborene Klägerin hat im Jahr 1991 ein Fachabitur zur gestaltungstechnischen Assistentin abgelegt und anschließend eine versicherte Beschäftigung in einem Küchenstudio aufgenommen. Am 26.08.1992 erlitt sie einen Motorradunfall, bei dem sie verschiedene Verletzungen davontrug, u.a. beidseitige handgelenksnahe Handgelenksfrakturen. Aus einer vom 15.06. bis 05.10.1993 durchgeführten stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Kurklinik B... O... wurde die Klägerin als vollschichtig leistungsfähig entlassen; allerdings sei wegen der Sekundärfolgen des Motorradunfalls eine Arbeitsfähigkeit als technische Zeichnerin nicht mehr gegeben, weshalb eine berufliche Rehabilitationsmaßnahme empfohlen werde. Sodann gewährte die Beklagte der Klägerin ab 06.10.1993 Rente wegen voller Erwerbsminderung, zunächst auf Zeit bis 30.06.1997 (Bescheide vom 26.04.1995, 26.04.1995, 09.09.1996, 23.10.1996, 23.12.1996).

3

Im Rahmen einer von der D...-W... veranlassten Begutachtung der Klägerin kam Prof. Dr. H..., Direktor der B -U... D...-D... im Februar 1997 zu dem Ergebnis, aufgrund des Unfalls sei die Gebrauchsfähigkeit des rechten Armes um 2/7 eingeschränkt; die MdE sei bis auf weiteres mit 10 vH einzuschätzen.

4

Von April 1997 bis März 1998 besuchte die Klägerin im Rahmen einer beruflichen Rehabilitation zu Lasten der Beklagten die Möbelfachschule in Köln, wo sie zur Einrichtungsfachplanerin ausgebildet wurde, war erneut krank und arbeitete von 1998 bis 2001 als Planerin in einem Küchenstudio in K.... Ab 11.06.2001 war die Klägerin wiederum arbeitsunfähig erkrankt und bezog dann erneut Rente wegen Erwerbsminderung, zunächst auf Zeit und dann mit Bescheid vom 09.11.2007 auf Dauer.

5

Mit Vergleich vom 25.07./10.08.2005 haben die Klägerin und der Unfallverursacher sowie dessen Haftpflichtversicherung im Rahmen eines Rechtsstreits vor dem Landgericht Koblenz vereinbart:

6

Zur Abgeltung aller Ansprüche aus dem Verkehrsunfall vom 25.08.1992, seien sie bekannt oder nicht, eingeklagt oder nicht, vorhersehbar oder nicht, zahlt die Beklagte zu 2.) an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 200.000 Euro, ohne Anrechnung der bislang gezahlten Vorschüsse oder sonstiger Zahlungen.

7

Auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte gesetzlich übergegangene oder übergehende Ansprüche werden von dieser Einigung nicht erfasst.

8

Die Parteien sind sich darüber einig, dass von dem vergleichsweise noch zu zahlenden Betrag in Höhe von 200.000 Euro ein Betrag von 15.000 Euro zum Ersatz von unfallbedingten entstandenen Arztkosten, Fahrtkosten, Medikamente, sowie insbesondere auf das der Klägerin zustehende Schmerzensgeld entfällt. Weitere 50.000 Euro werden pauschal zur Abgeltung des unfallbedingt entstandenen und künftig entstehenden Verdienstausfallschadens geleistet. Hierbei gehen die Parteien davon aus, dass die Klägerin ohne den gegenständlichen Verkehrsunfall ein Nettogehalt in Höhe von 3.500 DM erzielt hätte, wobei hinsichtlich der Berechnung der Abfindung des Verdienstausfallschadens die derzeit als Rente erzielten Einnahmen sowie möglicherweise zukünftig erzielte Einnahmen berücksichtigt wurden. …“

9

Im Regressverfahren gegen die D...-W... bestritt diese gegenüber der Beklagten, dass die psychischen Leiden der Klägerin unfallbedingt entstanden seien und die Klägern unfallbedingt ihren Beruf habe aufgeben müssen. Nach einem von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten des Orthopäden und Sozialmediziners Prof. Dr. T... liege neben körperlichen Unfallfolgen an den Handgelenken eine psychische Erkrankung vor, die mit Essstörungen und Depressionen einhergehe und offensichtlich schon vor dem Unfallereignis bestanden habe. Die vielfachen Operationen im Bereich der Handgelenke ließen sich nur zum geringen Teil durch den orthopädisch-unfallchirurgischen Befund erklären. Das Leidensbild erkläre sich durch das Zusammenspiel einer unfallunabhängigen psychischen Erkrankung und einem relativ geringfügigen Trauma.

10

Demgegenüber ging die Beklagte davon aus, dass erst nach dem Unfall eine Behandlungsbedürftigkeit der psychischen Störungen eingetreten sei, was auch zur Reha im Jahr 1993 geführt habe. Ein Abfindungsangebot in Höhe von 150.000 Euro für den Beitragsschaden bis Dezember 2009 nahm die Beklagte im Mai 2007 nicht an, nachdem die Klägerin höhere Zahlungen für eine längere Laufzeit gefordert hatte.

11

Am 06.02.2008 kam es zu einer Verhandlung zwischen der Beklagten und der D...-W..., in der die Haftpflichtversicherung aufgrund des Gutachtens des Prof. Dr. T... die Kausalität des Unfalls für die gewährte Erwerbsminderungsrente bestritt. Auch über das fiktive monatliche Bruttoeinkommen der Klägerin war eine Einigung nicht möglich. Schließlich erfolgte eine Einigung auf der Basis, dass die D...-W... die Regressansprüche der Beklagten gegen eine pauschale Abfindungssumme von 177.500 Euro endgültig abfand. Nach den Berechnungen der Beklagten war damit der Beitragsregress bis zur Vollendung des 67. Lebensjahrs der Klägerin abgedeckt.

12

Mit Bescheiden vom 06.05. und 13.05.2008 berechnete die Beklagte die der Klägerin gewährte Rente neu aufgrund der Regresszahlung der Haftpflichtversicherung. Den Widerspruch der Klägerin, mit dem diese beanstandete, dass die seit 1998 berücksichtigten Beiträge nicht dynamisiert worden seien, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2009 zurück. Aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Lage sei seit Ende der 1990er Jahre kein kontinuierliches Wachstum mehr gegeben, weshalb viele Berufsgruppen, auch diejenigen der technischen Zeichner oder Einrichtungsberater Lohneinbußen hätten hinnehmen müssen. Angesichts der angespannten konjunkturellen Situation auf dem Arbeitsmarkt und im Handel könne nicht ausgeschlossen werden, dass auch die Klägerin mit Arbeitslosigkeit und einem sinkenden Arbeitseinkommen konfrontiert worden wäre. Daher seien die gespeicherten Entgelte als günstig zu bezeichnen, was gerade für das gespeicherte Bruttoentgelt von 6.000 DM bzw. 3.067,75 EUR/monatlich als fiktives Gehalt einer Einrichtungsberaterin gelte. Die Gefahr von Arbeitslosigkeit und sinkendem Einkommen sei zu ihren Gunsten gerade nicht berücksichtigt. Ausgegangen worden sei von den -nicht dynamisierten- 3.500 EUR, die sie im zivilrechtlichen Vergleich vereinbart habe und die dem letzten Bruttoeinkommen entsprochen hätten.

13

Im vor dem Sozialgericht Koblenz durchgeführten Klageverfahren hat das Sozialgericht Beweis erhoben durch Einholen einer Auskunft des Einzelhandelsverbands Mittelrhein. Dieser hat den Einzelhandelstarifvertrag vorgelegt und mitgeteilt, welches Gehalt die Klägerin danach bezogen hätte. Allerdings sei die Mehrzahl der Betrieb im Möbeleinzelhandel nicht tarifgebunden; zudem würden dort üblicherweise Provisionen bei einem niedrigeren Fixgehalt vereinbart.

14

Mit Urteil vom 01.04.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Berücksichtigung höherer Entgelte bei der Berechnung der Rente zu. Die Beklagte habe die nach § 119 SGB X regressierten Beiträge in zutreffender Höhe zugrunde gelegt. Eine Berücksichtigung höherer Beträge durch eine Dynamisierung der zugrunde gelegten Entgelte ab 1998 scheitere daran, dass nur Pflichtbeiträge berücksichtigungsfähig seien, die tatsächlich zugeflossen seien. Zugeflossen seien aber nur die aufgrund der vergleichsweisen Regelung durch die Haftpflichtversicherung abgeführten Beiträge. Der von der Beklagten mit der Haftpflichtversicherung geschlossene Vergleich sei wirksam. Die Beklagte habe dem Vergleich ein zutreffendes Bruttoeinkommen der Klägerin zugrunde gelegt. Es sei nicht zu beanstanden, dass dieses nicht dynamisiert worden sei. Aufgrund der aktenkundigen Auskünfte sei es völlig ungewiss und von vielfältigen Faktoren abhängig, wie sich das Bruttoeinkommen der Klägerin entwickelt hätte und ob sie und in welchem Umfang Provisionen erhalten hätte. Daher stehe der Beklagten im Rahmen des § 119 SGB X ein Gestaltungsspielraum zu, den die Beklagte auch nicht willkürlich und bewusst nachteilig zu Lasten der Klägerin ausgeübt habe.

15

Am 23.05.2011 hat die Klägerin gegen das ihr am 29.04.2011 zugestellte Urteil Berufung eingelegt.

16

Die Klägerin trägt vor,

17

§ 119 SGB X übertrage den Anspruch des Geschädigten auf Ersatz des Beitragsschadens treuhänderisch auf den Versicherungsträger. Diesen treuhänderischen Pflichten sei die Beklagte nicht nachgekommen. Denn § 119 SGB X ermächtige die Beklagte nicht, einen Vergleichsvertrag zu Lasten der Klägerin zu schließen. An den gerichtlichen Vergleich zwischen ihr und der Haftpflichtversicherung sei die Beklagte nicht gebunden, auch nicht an das dort angenommene Bruttogehalt.

18

Die Klägerin beantragt,

19

das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 01.04.2011 aufzuheben, die Bescheide der Beklagten vom 06.05. und 13.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.01.2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, im Versicherungsverlauf für den Zeitraum ab 1992 höhere Pflichtbeiträge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zugrunde zu legen,

20

hilfsweise,

21

zur Frage der fiktiven Gehaltsentwicklung ein Sachverständigengutachten einzuholen.

22

Die Beklagte beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Die Beklagte trägt vor,

25

es gebe keine gesetzliche Vorschrift, wonach für den Beitragsregress heranzuziehende Bruttoentgelte zu dynamisieren seien. Nach der Verdienstbescheinigung des K... S... vom 25.01.2001 betrage das durchschnittliche Gehalt eines Küchenfachplaners mit 6 Jahren Berufserfahrung einschließlich Provisionen 6.000 DM (brutto). Daraus ergäben sich keine Hinweise für eine Dynamisierung. Unter Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sei davon auszugehen, dass bei der Klägerin ohne den Unfall ein erhebliches Arbeitsmarktrisiko bestanden habe wegen möglicher Arbeitslosigkeit oder beim Umsatzrückgängen wegbrechender Provisionen. Es sei daher auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin selbst zivilrechtlich keine Dynamisierung des Verdienstausfalles habe durchsetzen können. Der von ihr abgeschlossene Vergleich sei wirksam und stelle keinen Vertrag zu Lasten der Klägerin dar.

26

Im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen und die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

27

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

28

Im vorliegenden Fall hat das Sozialgericht zu Recht den Rechtsweg zu den Sozialgerichten als eröffnet angesehen. Denn dem Rentenversicherungsträger wird kraft öffentlichen Rechts in § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch des sozialversicherten Geschädigten gegen den Schädiger übertragen. Dem entsprechend erlangt der geschädigte Sozialversicherte, hier die Klägerin, wegen des Beitragsersatzanspruchs keine eigene zivilrechtliche Rechtsposition gegenüber dem Schädiger, mit der Folge, dass er durch § 119 SGB X allein auf Ansprüche gegen den Rentenversicherungsträger verwiesen wird. Meint der Geschädigte, wie hier die Klägerin, der Sozialversicherungsträger habe den Beitragsregress nicht oder nicht ordnungsgemäß (z.B. umfassend) durchgeführt, verbleibt ihm nach § 51 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Sozialrechtsweg gegenüber diesem Träger (ebenso: BGH, Urteil vom 2. Dezember 2003, VersR 2004, 492 ff; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 20.03.2007, Aktenzeichen: L 9 R 917/05 -juris-). Dies gilt umso mehr, wenn -wie hier- ein Rentenbescheid in seiner Höhe angefochten ist.

29

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neuberechnung der ihr gezahlten Rente oder auf "Wiederaufnahme" des durchgeführten Beitragsregressverfahrens durch die Beklagte.

30

Gemäß § 64 SGB VI ist der Monatsbetrag der Rente das Produkt aus den unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkten (EP), dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert. Die genannten Faktoren sind mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander zu vervielfältigen. Die persönlichen EP für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente errechnen sich aus der Summe aller EP. Die danach in den angefochtenen Bescheiden von der Beklagten durchgeführte Berechnung ist nicht zu beanstanden; konkrete Einwände hat die Klägerin nicht erhoben.

31

Die von der Klägerin geltend gemachte Berücksichtigung höherer Pflichtbeitragszeiten als derjenigen, die bereits im Wege des Beitragsregressverfahrens gegen die D-W geleistet und in den Versicherungsverlauf eingestellt wurden, kann die Klägerin nicht beanspruchen. Der Anspruch scheitert aus Rechtsgründen schon daran, dass nur solche Pflichtbeitragszeiten im Versicherungsverlauf und damit in der Rentenberechnung berücksichtigungsfähig sind, die tatsächlich zugeflossen sind. Ausweislich des Versicherungsverlaufs und des aus der Akte ersichtlichen Schriftverkehrs hat die gegnerische Haftpflichtversicherung jedoch die mit der Beklagten getroffene vergleichsweise Regelung zur Beitragsabführung erfüllt, so dass die entsprechenden Pflichtbeiträge im Versicherungsverlauf gespeichert und der Rentenberechnung zugrunde gelegt worden sind. Höhere Beiträge sind nicht verzeichnet und können daher nach § 119 Abs. 3 Satz 1 SGB X der Rentenberechnung nicht zugrunde gelegt werden, so dass auch keine Dynamisierung dieser Beiträge möglich ist.

32

§ 119 Abs. 1 SGB X regelt, dass, soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten - hier: die materiell-rechtlichen Ansprüche der Klägerin gegen die Haftpflichtversicherung nach §§ 842, 843 BGB - den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, dieser auf den Versicherungsträger - hier: die Beklagte - übergeht, wenn der Geschädigte - hier: die Klägerin - im Zeitpunkt des Schadensereignisses - hier: unverschuldet erlittener Unfall am 26.08.1992 - bereits Pflichtbeitragszeiten - hier: von 1988 bis 1992 als versicherungspflichtig beschäftigte technische Zeichnerin - nachweist. Die eingegangenen Beiträge gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge (§ 119 Abs. 3 S. 1 SGB X).

33

§ 119 SGB X verpflichtet den...Schädiger, in Fällen eines Beitragsausfalles Schadensersatz in Form von...Beitragszahlungen an den Rentenversicherungsträger zu leisten. Hierbei steht...das Ziel im Vordergrund, die soziale Sicherung des Versicherten nach Eintritt...des Schadensfalles zu verbessern. Dementsprechend entsteht der...Ersatzanspruch bereits dann, wenn die Möglichkeit einer Rentenverkürzung...durch Beeinträchtigung der von der tatsächlichen Beitragsleistung abhängigen...Berechnung der EP des Versicherten besteht (vgl. BGHZ 97, 330). Der Geschädigte muss, was seine sozialversicherungsrechtliche Stellung...angeht, so gestellt werden, wie er ohne die Schädigung stünde. Ist der Schaden durch Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung ausgleichbar,...soll sichergestellt werden, dass der Sozialversicherte später...Sozialleistungen erhält, deren Berechnung auch die Zeit nach der Verletzung...umfasst. Dementsprechend soll § 119 SGB X im Wege des gesetzlichen...Forderungsüberganges gewährleisten, dass die vom Schädiger zu zahlenden...Beiträge dem Sozialversicherungsträger zweckgebunden zugeführt werden (vgl. BSG, SozR 3-1300 § 44 Nr. 34).

34

Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf eine "Wiederaufnahme" des Beitragsregressverfahrens durch die Beklagte mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer zu. Ein solcher Anspruch scheitert an dem Abschluss des zwischen der Beklagten und dem Haftpflichtversicherer geschlossenen Vergleichs, der weitere Ansprüche zwischen der Beklagten und dem Haftpflichtversicherer ausschließt (vgl. auch LSG Celle-Bremen, Urteil vom 28.09.2007 - L 1 R 142/07 -juris-, mit Anm. Jahnke, juris PR-VerkR 12/2008 Anm. 6). Dieser Vergleich ist wirksam, wie das Sozialgericht eingehend dargelegt hat.

35

Der zwischen der Beklagten und der Haftpflichtversicherung geschlossene Vergleich dient gemäß § 779 BGB der Beseitigung eines Streits und der Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens. Ungewissheit bestand unter den Parteien darüber, für welchen Zeitraum und in welcher Höhe Rentenversicherungsbeiträge als Schadensersatz zu leisten waren. Diese Ungewissheit bestand schon darin, dass die Bedenken des Haftpflichtversicherers hinsichtlich der Kausalität des Rentenschadens der Klägerin angesichts des vorgelegten Gutachtens des Prof. Dr. T... zumindest nicht abwegig waren, es also ungewiss war, wie ein zivilrechtlicher Rechtsstreit ausgehen würde. Ungewissheit bestand auch darüber, von welchem fiktiven Einkommen der Klägerin auszugehen wäre.

36

Unwirksam wäre der Vergleich nur dann, wenn der nach dem Inhalt des Vertrages als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entsprochen hätte und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden wäre (§ 779 Abs. 1, letzter Halbsatz BGB). Es ist nicht aber ersichtlich, dass die Vergleichsparteien von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sind. Dies gilt sowohl bzgl. der zeitlichen Geltungsdauer des durchzuführenden Regresses bis zum 67. Lebensjahr der Klägerin, als auch bzgl. der Höhe der zu leistenden Beitragszahlungen aufgrund des hypothetischen Einkommens. Als Einkommen hat die Beklagte den gleichen Betrag zugrunde gelegt, den auch die Klägerin mit dem Haftpflichtversicherer dem von ihr selbst abgeschlossenen Vergleich über den Verdienstausfall zugrund gelegt hat. Dies ist nicht zu beanstanden.

37

Auch ist nicht zu beanstanden, dass der Rentenschaden der Klägerin durch eine Einmalzahlung abgefunden wurde. Denn § 119 Abs. 4 Satz 1 SGB X lässt ausdrücklich -wie hier geschehen- eine Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag zu. Dass dieser Kapitalwert falsch berechnet wurde, ist nicht ersichtlich. Ausweislich der aktenkundigen Vermerke des Verhandlungsführers der Beklagten wurde der Vergleichssumme ein realistisches fiktives Arbeitseinkommen der Klägerin zugrunde gelegt. Zudem deckte die Vergleichssumme den Beitragsschaden der Klägerin bis zu deren 67. Lebensjahr ab. Daher hat die Beklagte mit der Haftpflichtversicherung am 06.02.2008 keine -unzulässige- Pauschalvereinbarung über Ersatzansprüche getroffen, sondern einzelfallbezogen zivilrechtliche Schadenspositionen nach § 116 SGB X und § 119 Abs. 1 SGB X ermittelt und dem auf dieser Basis geschlossenen Abfindungsvergleich zugrunde gelegt. Der Senat nimmt daher zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf das Urteil des Sozialgerichts (§ 153 Abs. 2 SGG).

38

§ 119 SGB X enthält keine Regelung darüber, welche Konsequenzen die Unterlassung eines vom Versicherten für geboten gehaltenen Beitragsregresses hat, falls also zu niedrige Beiträge regressiert wurden. Denkbar wäre, dass die Klägerin im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden könnte, als seien - vermeintliche - übergegangene Ansprüche auf Ersatz des Beitragsschadens erfolgreich von der Beklagten gegenüber der Haftpflichtversicherung geltend gemacht worden, oder dass im Falle einer unzureichenden Geltendmachung des Beitragsregresses ein Amtshaftungsanspruch bleibt.

39

Die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sieht der Senat allerdings nicht als gegeben. Der von der Rechtsprechung entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm auf Grund Gesetzes oder Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung, verletzt hat. Zweck des Beitragsregress ist die „treuhänderische“ Verfolgung des Direktanspruches des Geschädigten durch den gesetzlichen Rentenversicherungsträger, ohne dass der Geschädigte selbst zur Geltendmachung von auf diesen nach § 119 SGB X übergegangenen Ansprüchen vor den Zivilgerichten prozessführungsbefugt wäre (BGH, Urteil vom 02.12.2003, Az.: VI ZR 243/02 -juris). Insoweit hat die Beklagte gegenüber der Klägerin auch eine Rechtspflicht zu Schadensminderung gegenüber dem Haftpflichtversicherer. Weiter ist aber erforderlich, dass zwischen einer Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 16.12.2004, Az.: B 9 VJ 2/03 R).

40

Im vorliegenden Fall sieht der Senat, wie oben ausgeführt, aber bereits keinen Nachteil als nachgewiesen an, der der Klägerin durch den zwischen der Beklagten und dem Haftpflichtversicherer entstandenen Schaden entstanden ist. Die Beklagte hat aufgrund der von dem Haftpflichtversicherer geleisteten Zahlung bereits Beiträge in den Versicherungsverlauf eingestellt, die deutlich über dem vor dem Unfall erzielten Einkommen liegen. Im Hinblick auf die auch vom Sozialgericht eingeholten Auskünfte und die Ungewissheit des weiteren beruflichen Werdegangs der Klägerin kann der Senat nicht feststellen, dass diese Beiträge zu niedrig sind, dass also der Klägerin ein Beitragsschaden entstanden ist, auf den die Beklagte pflichtwidrig im Vergleich vom 06.02.2008 verzichtet hat.

41

Eines weiteren Gutachtens zur Einkommensentwicklung bedarf es daher nicht.

42

Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

43

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG.

44

Die Revision wird nicht zugelassen, da Revisionszulassungsgründe (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.

(1) Soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, geht dieser auf den Versicherungsträger über, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird; dies gilt nicht, soweit

1.
der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt oder sonstige der Beitragspflicht unterliegende Leistungen erbringt oder
2.
der Anspruch auf Ersatz von Beiträgen nach § 116 übergegangen ist.
Für den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung gilt § 116 Abs. 3 Satz 1 und 2 entsprechend, soweit die Beiträge auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem bei unbegrenzter Haftung zu ersetzenden Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und der bei Bezug von Sozialleistungen beitragspflichtigen Einnahme entfallen.

(2) Der Versicherungsträger, auf den ein Teil des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 116 übergeht, übermittelt den von ihm festgestellten Sachverhalt dem Träger der Rentenversicherung auf einem einheitlichen Meldevordruck. Das Nähere über den Inhalt des Meldevordrucks und das Mitteilungsverfahren bestimmen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger.

(3) Die eingegangenen Beiträge oder Beitragsanteile gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge. Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Versicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte.

(4) Die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag ist im Einzelfall zulässig. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gelten für die Mitwirkungspflichten des Geschädigten die §§ 60, 61, 65 Abs. 1 und 3 sowie § 65a des Ersten Buches entsprechend.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn der Gläubiger eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungs statt annimmt.

(2) Übernimmt der Schuldner zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers diesem gegenüber eine neue Verbindlichkeit, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass er die Verbindlichkeit an Erfüllungs statt übernimmt.

(1) Soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, geht dieser auf den Versicherungsträger über, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird; dies gilt nicht, soweit

1.
der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt oder sonstige der Beitragspflicht unterliegende Leistungen erbringt oder
2.
der Anspruch auf Ersatz von Beiträgen nach § 116 übergegangen ist.
Für den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung gilt § 116 Abs. 3 Satz 1 und 2 entsprechend, soweit die Beiträge auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem bei unbegrenzter Haftung zu ersetzenden Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und der bei Bezug von Sozialleistungen beitragspflichtigen Einnahme entfallen.

(2) Der Versicherungsträger, auf den ein Teil des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 116 übergeht, übermittelt den von ihm festgestellten Sachverhalt dem Träger der Rentenversicherung auf einem einheitlichen Meldevordruck. Das Nähere über den Inhalt des Meldevordrucks und das Mitteilungsverfahren bestimmen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger.

(3) Die eingegangenen Beiträge oder Beitragsanteile gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge. Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Versicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte.

(4) Die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag ist im Einzelfall zulässig. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gelten für die Mitwirkungspflichten des Geschädigten die §§ 60, 61, 65 Abs. 1 und 3 sowie § 65a des Ersten Buches entsprechend.

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Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 01.04.2011 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung höherer Entgelte als Grundlage der von der Beklagten an die Klägerin gezahlten Rente nach dem Sozialgesetzbuch - gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).

2

Die im Jahr 1971 geborene Klägerin hat im Jahr 1991 ein Fachabitur zur gestaltungstechnischen Assistentin abgelegt und anschließend eine versicherte Beschäftigung in einem Küchenstudio aufgenommen. Am 26.08.1992 erlitt sie einen Motorradunfall, bei dem sie verschiedene Verletzungen davontrug, u.a. beidseitige handgelenksnahe Handgelenksfrakturen. Aus einer vom 15.06. bis 05.10.1993 durchgeführten stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Kurklinik B... O... wurde die Klägerin als vollschichtig leistungsfähig entlassen; allerdings sei wegen der Sekundärfolgen des Motorradunfalls eine Arbeitsfähigkeit als technische Zeichnerin nicht mehr gegeben, weshalb eine berufliche Rehabilitationsmaßnahme empfohlen werde. Sodann gewährte die Beklagte der Klägerin ab 06.10.1993 Rente wegen voller Erwerbsminderung, zunächst auf Zeit bis 30.06.1997 (Bescheide vom 26.04.1995, 26.04.1995, 09.09.1996, 23.10.1996, 23.12.1996).

3

Im Rahmen einer von der D...-W... veranlassten Begutachtung der Klägerin kam Prof. Dr. H..., Direktor der B -U... D...-D... im Februar 1997 zu dem Ergebnis, aufgrund des Unfalls sei die Gebrauchsfähigkeit des rechten Armes um 2/7 eingeschränkt; die MdE sei bis auf weiteres mit 10 vH einzuschätzen.

4

Von April 1997 bis März 1998 besuchte die Klägerin im Rahmen einer beruflichen Rehabilitation zu Lasten der Beklagten die Möbelfachschule in Köln, wo sie zur Einrichtungsfachplanerin ausgebildet wurde, war erneut krank und arbeitete von 1998 bis 2001 als Planerin in einem Küchenstudio in K.... Ab 11.06.2001 war die Klägerin wiederum arbeitsunfähig erkrankt und bezog dann erneut Rente wegen Erwerbsminderung, zunächst auf Zeit und dann mit Bescheid vom 09.11.2007 auf Dauer.

5

Mit Vergleich vom 25.07./10.08.2005 haben die Klägerin und der Unfallverursacher sowie dessen Haftpflichtversicherung im Rahmen eines Rechtsstreits vor dem Landgericht Koblenz vereinbart:

6

Zur Abgeltung aller Ansprüche aus dem Verkehrsunfall vom 25.08.1992, seien sie bekannt oder nicht, eingeklagt oder nicht, vorhersehbar oder nicht, zahlt die Beklagte zu 2.) an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 200.000 Euro, ohne Anrechnung der bislang gezahlten Vorschüsse oder sonstiger Zahlungen.

7

Auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte gesetzlich übergegangene oder übergehende Ansprüche werden von dieser Einigung nicht erfasst.

8

Die Parteien sind sich darüber einig, dass von dem vergleichsweise noch zu zahlenden Betrag in Höhe von 200.000 Euro ein Betrag von 15.000 Euro zum Ersatz von unfallbedingten entstandenen Arztkosten, Fahrtkosten, Medikamente, sowie insbesondere auf das der Klägerin zustehende Schmerzensgeld entfällt. Weitere 50.000 Euro werden pauschal zur Abgeltung des unfallbedingt entstandenen und künftig entstehenden Verdienstausfallschadens geleistet. Hierbei gehen die Parteien davon aus, dass die Klägerin ohne den gegenständlichen Verkehrsunfall ein Nettogehalt in Höhe von 3.500 DM erzielt hätte, wobei hinsichtlich der Berechnung der Abfindung des Verdienstausfallschadens die derzeit als Rente erzielten Einnahmen sowie möglicherweise zukünftig erzielte Einnahmen berücksichtigt wurden. …“

9

Im Regressverfahren gegen die D...-W... bestritt diese gegenüber der Beklagten, dass die psychischen Leiden der Klägerin unfallbedingt entstanden seien und die Klägern unfallbedingt ihren Beruf habe aufgeben müssen. Nach einem von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten des Orthopäden und Sozialmediziners Prof. Dr. T... liege neben körperlichen Unfallfolgen an den Handgelenken eine psychische Erkrankung vor, die mit Essstörungen und Depressionen einhergehe und offensichtlich schon vor dem Unfallereignis bestanden habe. Die vielfachen Operationen im Bereich der Handgelenke ließen sich nur zum geringen Teil durch den orthopädisch-unfallchirurgischen Befund erklären. Das Leidensbild erkläre sich durch das Zusammenspiel einer unfallunabhängigen psychischen Erkrankung und einem relativ geringfügigen Trauma.

10

Demgegenüber ging die Beklagte davon aus, dass erst nach dem Unfall eine Behandlungsbedürftigkeit der psychischen Störungen eingetreten sei, was auch zur Reha im Jahr 1993 geführt habe. Ein Abfindungsangebot in Höhe von 150.000 Euro für den Beitragsschaden bis Dezember 2009 nahm die Beklagte im Mai 2007 nicht an, nachdem die Klägerin höhere Zahlungen für eine längere Laufzeit gefordert hatte.

11

Am 06.02.2008 kam es zu einer Verhandlung zwischen der Beklagten und der D...-W..., in der die Haftpflichtversicherung aufgrund des Gutachtens des Prof. Dr. T... die Kausalität des Unfalls für die gewährte Erwerbsminderungsrente bestritt. Auch über das fiktive monatliche Bruttoeinkommen der Klägerin war eine Einigung nicht möglich. Schließlich erfolgte eine Einigung auf der Basis, dass die D...-W... die Regressansprüche der Beklagten gegen eine pauschale Abfindungssumme von 177.500 Euro endgültig abfand. Nach den Berechnungen der Beklagten war damit der Beitragsregress bis zur Vollendung des 67. Lebensjahrs der Klägerin abgedeckt.

12

Mit Bescheiden vom 06.05. und 13.05.2008 berechnete die Beklagte die der Klägerin gewährte Rente neu aufgrund der Regresszahlung der Haftpflichtversicherung. Den Widerspruch der Klägerin, mit dem diese beanstandete, dass die seit 1998 berücksichtigten Beiträge nicht dynamisiert worden seien, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2009 zurück. Aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Lage sei seit Ende der 1990er Jahre kein kontinuierliches Wachstum mehr gegeben, weshalb viele Berufsgruppen, auch diejenigen der technischen Zeichner oder Einrichtungsberater Lohneinbußen hätten hinnehmen müssen. Angesichts der angespannten konjunkturellen Situation auf dem Arbeitsmarkt und im Handel könne nicht ausgeschlossen werden, dass auch die Klägerin mit Arbeitslosigkeit und einem sinkenden Arbeitseinkommen konfrontiert worden wäre. Daher seien die gespeicherten Entgelte als günstig zu bezeichnen, was gerade für das gespeicherte Bruttoentgelt von 6.000 DM bzw. 3.067,75 EUR/monatlich als fiktives Gehalt einer Einrichtungsberaterin gelte. Die Gefahr von Arbeitslosigkeit und sinkendem Einkommen sei zu ihren Gunsten gerade nicht berücksichtigt. Ausgegangen worden sei von den -nicht dynamisierten- 3.500 EUR, die sie im zivilrechtlichen Vergleich vereinbart habe und die dem letzten Bruttoeinkommen entsprochen hätten.

13

Im vor dem Sozialgericht Koblenz durchgeführten Klageverfahren hat das Sozialgericht Beweis erhoben durch Einholen einer Auskunft des Einzelhandelsverbands Mittelrhein. Dieser hat den Einzelhandelstarifvertrag vorgelegt und mitgeteilt, welches Gehalt die Klägerin danach bezogen hätte. Allerdings sei die Mehrzahl der Betrieb im Möbeleinzelhandel nicht tarifgebunden; zudem würden dort üblicherweise Provisionen bei einem niedrigeren Fixgehalt vereinbart.

14

Mit Urteil vom 01.04.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Berücksichtigung höherer Entgelte bei der Berechnung der Rente zu. Die Beklagte habe die nach § 119 SGB X regressierten Beiträge in zutreffender Höhe zugrunde gelegt. Eine Berücksichtigung höherer Beträge durch eine Dynamisierung der zugrunde gelegten Entgelte ab 1998 scheitere daran, dass nur Pflichtbeiträge berücksichtigungsfähig seien, die tatsächlich zugeflossen seien. Zugeflossen seien aber nur die aufgrund der vergleichsweisen Regelung durch die Haftpflichtversicherung abgeführten Beiträge. Der von der Beklagten mit der Haftpflichtversicherung geschlossene Vergleich sei wirksam. Die Beklagte habe dem Vergleich ein zutreffendes Bruttoeinkommen der Klägerin zugrunde gelegt. Es sei nicht zu beanstanden, dass dieses nicht dynamisiert worden sei. Aufgrund der aktenkundigen Auskünfte sei es völlig ungewiss und von vielfältigen Faktoren abhängig, wie sich das Bruttoeinkommen der Klägerin entwickelt hätte und ob sie und in welchem Umfang Provisionen erhalten hätte. Daher stehe der Beklagten im Rahmen des § 119 SGB X ein Gestaltungsspielraum zu, den die Beklagte auch nicht willkürlich und bewusst nachteilig zu Lasten der Klägerin ausgeübt habe.

15

Am 23.05.2011 hat die Klägerin gegen das ihr am 29.04.2011 zugestellte Urteil Berufung eingelegt.

16

Die Klägerin trägt vor,

17

§ 119 SGB X übertrage den Anspruch des Geschädigten auf Ersatz des Beitragsschadens treuhänderisch auf den Versicherungsträger. Diesen treuhänderischen Pflichten sei die Beklagte nicht nachgekommen. Denn § 119 SGB X ermächtige die Beklagte nicht, einen Vergleichsvertrag zu Lasten der Klägerin zu schließen. An den gerichtlichen Vergleich zwischen ihr und der Haftpflichtversicherung sei die Beklagte nicht gebunden, auch nicht an das dort angenommene Bruttogehalt.

18

Die Klägerin beantragt,

19

das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 01.04.2011 aufzuheben, die Bescheide der Beklagten vom 06.05. und 13.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.01.2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, im Versicherungsverlauf für den Zeitraum ab 1992 höhere Pflichtbeiträge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zugrunde zu legen,

20

hilfsweise,

21

zur Frage der fiktiven Gehaltsentwicklung ein Sachverständigengutachten einzuholen.

22

Die Beklagte beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Die Beklagte trägt vor,

25

es gebe keine gesetzliche Vorschrift, wonach für den Beitragsregress heranzuziehende Bruttoentgelte zu dynamisieren seien. Nach der Verdienstbescheinigung des K... S... vom 25.01.2001 betrage das durchschnittliche Gehalt eines Küchenfachplaners mit 6 Jahren Berufserfahrung einschließlich Provisionen 6.000 DM (brutto). Daraus ergäben sich keine Hinweise für eine Dynamisierung. Unter Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sei davon auszugehen, dass bei der Klägerin ohne den Unfall ein erhebliches Arbeitsmarktrisiko bestanden habe wegen möglicher Arbeitslosigkeit oder beim Umsatzrückgängen wegbrechender Provisionen. Es sei daher auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin selbst zivilrechtlich keine Dynamisierung des Verdienstausfalles habe durchsetzen können. Der von ihr abgeschlossene Vergleich sei wirksam und stelle keinen Vertrag zu Lasten der Klägerin dar.

26

Im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen und die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

27

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

28

Im vorliegenden Fall hat das Sozialgericht zu Recht den Rechtsweg zu den Sozialgerichten als eröffnet angesehen. Denn dem Rentenversicherungsträger wird kraft öffentlichen Rechts in § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch des sozialversicherten Geschädigten gegen den Schädiger übertragen. Dem entsprechend erlangt der geschädigte Sozialversicherte, hier die Klägerin, wegen des Beitragsersatzanspruchs keine eigene zivilrechtliche Rechtsposition gegenüber dem Schädiger, mit der Folge, dass er durch § 119 SGB X allein auf Ansprüche gegen den Rentenversicherungsträger verwiesen wird. Meint der Geschädigte, wie hier die Klägerin, der Sozialversicherungsträger habe den Beitragsregress nicht oder nicht ordnungsgemäß (z.B. umfassend) durchgeführt, verbleibt ihm nach § 51 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Sozialrechtsweg gegenüber diesem Träger (ebenso: BGH, Urteil vom 2. Dezember 2003, VersR 2004, 492 ff; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 20.03.2007, Aktenzeichen: L 9 R 917/05 -juris-). Dies gilt umso mehr, wenn -wie hier- ein Rentenbescheid in seiner Höhe angefochten ist.

29

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neuberechnung der ihr gezahlten Rente oder auf "Wiederaufnahme" des durchgeführten Beitragsregressverfahrens durch die Beklagte.

30

Gemäß § 64 SGB VI ist der Monatsbetrag der Rente das Produkt aus den unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkten (EP), dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert. Die genannten Faktoren sind mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander zu vervielfältigen. Die persönlichen EP für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente errechnen sich aus der Summe aller EP. Die danach in den angefochtenen Bescheiden von der Beklagten durchgeführte Berechnung ist nicht zu beanstanden; konkrete Einwände hat die Klägerin nicht erhoben.

31

Die von der Klägerin geltend gemachte Berücksichtigung höherer Pflichtbeitragszeiten als derjenigen, die bereits im Wege des Beitragsregressverfahrens gegen die D-W geleistet und in den Versicherungsverlauf eingestellt wurden, kann die Klägerin nicht beanspruchen. Der Anspruch scheitert aus Rechtsgründen schon daran, dass nur solche Pflichtbeitragszeiten im Versicherungsverlauf und damit in der Rentenberechnung berücksichtigungsfähig sind, die tatsächlich zugeflossen sind. Ausweislich des Versicherungsverlaufs und des aus der Akte ersichtlichen Schriftverkehrs hat die gegnerische Haftpflichtversicherung jedoch die mit der Beklagten getroffene vergleichsweise Regelung zur Beitragsabführung erfüllt, so dass die entsprechenden Pflichtbeiträge im Versicherungsverlauf gespeichert und der Rentenberechnung zugrunde gelegt worden sind. Höhere Beiträge sind nicht verzeichnet und können daher nach § 119 Abs. 3 Satz 1 SGB X der Rentenberechnung nicht zugrunde gelegt werden, so dass auch keine Dynamisierung dieser Beiträge möglich ist.

32

§ 119 Abs. 1 SGB X regelt, dass, soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten - hier: die materiell-rechtlichen Ansprüche der Klägerin gegen die Haftpflichtversicherung nach §§ 842, 843 BGB - den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, dieser auf den Versicherungsträger - hier: die Beklagte - übergeht, wenn der Geschädigte - hier: die Klägerin - im Zeitpunkt des Schadensereignisses - hier: unverschuldet erlittener Unfall am 26.08.1992 - bereits Pflichtbeitragszeiten - hier: von 1988 bis 1992 als versicherungspflichtig beschäftigte technische Zeichnerin - nachweist. Die eingegangenen Beiträge gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge (§ 119 Abs. 3 S. 1 SGB X).

33

§ 119 SGB X verpflichtet den...Schädiger, in Fällen eines Beitragsausfalles Schadensersatz in Form von...Beitragszahlungen an den Rentenversicherungsträger zu leisten. Hierbei steht...das Ziel im Vordergrund, die soziale Sicherung des Versicherten nach Eintritt...des Schadensfalles zu verbessern. Dementsprechend entsteht der...Ersatzanspruch bereits dann, wenn die Möglichkeit einer Rentenverkürzung...durch Beeinträchtigung der von der tatsächlichen Beitragsleistung abhängigen...Berechnung der EP des Versicherten besteht (vgl. BGHZ 97, 330). Der Geschädigte muss, was seine sozialversicherungsrechtliche Stellung...angeht, so gestellt werden, wie er ohne die Schädigung stünde. Ist der Schaden durch Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung ausgleichbar,...soll sichergestellt werden, dass der Sozialversicherte später...Sozialleistungen erhält, deren Berechnung auch die Zeit nach der Verletzung...umfasst. Dementsprechend soll § 119 SGB X im Wege des gesetzlichen...Forderungsüberganges gewährleisten, dass die vom Schädiger zu zahlenden...Beiträge dem Sozialversicherungsträger zweckgebunden zugeführt werden (vgl. BSG, SozR 3-1300 § 44 Nr. 34).

34

Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf eine "Wiederaufnahme" des Beitragsregressverfahrens durch die Beklagte mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer zu. Ein solcher Anspruch scheitert an dem Abschluss des zwischen der Beklagten und dem Haftpflichtversicherer geschlossenen Vergleichs, der weitere Ansprüche zwischen der Beklagten und dem Haftpflichtversicherer ausschließt (vgl. auch LSG Celle-Bremen, Urteil vom 28.09.2007 - L 1 R 142/07 -juris-, mit Anm. Jahnke, juris PR-VerkR 12/2008 Anm. 6). Dieser Vergleich ist wirksam, wie das Sozialgericht eingehend dargelegt hat.

35

Der zwischen der Beklagten und der Haftpflichtversicherung geschlossene Vergleich dient gemäß § 779 BGB der Beseitigung eines Streits und der Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens. Ungewissheit bestand unter den Parteien darüber, für welchen Zeitraum und in welcher Höhe Rentenversicherungsbeiträge als Schadensersatz zu leisten waren. Diese Ungewissheit bestand schon darin, dass die Bedenken des Haftpflichtversicherers hinsichtlich der Kausalität des Rentenschadens der Klägerin angesichts des vorgelegten Gutachtens des Prof. Dr. T... zumindest nicht abwegig waren, es also ungewiss war, wie ein zivilrechtlicher Rechtsstreit ausgehen würde. Ungewissheit bestand auch darüber, von welchem fiktiven Einkommen der Klägerin auszugehen wäre.

36

Unwirksam wäre der Vergleich nur dann, wenn der nach dem Inhalt des Vertrages als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entsprochen hätte und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden wäre (§ 779 Abs. 1, letzter Halbsatz BGB). Es ist nicht aber ersichtlich, dass die Vergleichsparteien von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sind. Dies gilt sowohl bzgl. der zeitlichen Geltungsdauer des durchzuführenden Regresses bis zum 67. Lebensjahr der Klägerin, als auch bzgl. der Höhe der zu leistenden Beitragszahlungen aufgrund des hypothetischen Einkommens. Als Einkommen hat die Beklagte den gleichen Betrag zugrunde gelegt, den auch die Klägerin mit dem Haftpflichtversicherer dem von ihr selbst abgeschlossenen Vergleich über den Verdienstausfall zugrund gelegt hat. Dies ist nicht zu beanstanden.

37

Auch ist nicht zu beanstanden, dass der Rentenschaden der Klägerin durch eine Einmalzahlung abgefunden wurde. Denn § 119 Abs. 4 Satz 1 SGB X lässt ausdrücklich -wie hier geschehen- eine Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag zu. Dass dieser Kapitalwert falsch berechnet wurde, ist nicht ersichtlich. Ausweislich der aktenkundigen Vermerke des Verhandlungsführers der Beklagten wurde der Vergleichssumme ein realistisches fiktives Arbeitseinkommen der Klägerin zugrunde gelegt. Zudem deckte die Vergleichssumme den Beitragsschaden der Klägerin bis zu deren 67. Lebensjahr ab. Daher hat die Beklagte mit der Haftpflichtversicherung am 06.02.2008 keine -unzulässige- Pauschalvereinbarung über Ersatzansprüche getroffen, sondern einzelfallbezogen zivilrechtliche Schadenspositionen nach § 116 SGB X und § 119 Abs. 1 SGB X ermittelt und dem auf dieser Basis geschlossenen Abfindungsvergleich zugrunde gelegt. Der Senat nimmt daher zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf das Urteil des Sozialgerichts (§ 153 Abs. 2 SGG).

38

§ 119 SGB X enthält keine Regelung darüber, welche Konsequenzen die Unterlassung eines vom Versicherten für geboten gehaltenen Beitragsregresses hat, falls also zu niedrige Beiträge regressiert wurden. Denkbar wäre, dass die Klägerin im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden könnte, als seien - vermeintliche - übergegangene Ansprüche auf Ersatz des Beitragsschadens erfolgreich von der Beklagten gegenüber der Haftpflichtversicherung geltend gemacht worden, oder dass im Falle einer unzureichenden Geltendmachung des Beitragsregresses ein Amtshaftungsanspruch bleibt.

39

Die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sieht der Senat allerdings nicht als gegeben. Der von der Rechtsprechung entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm auf Grund Gesetzes oder Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung, verletzt hat. Zweck des Beitragsregress ist die „treuhänderische“ Verfolgung des Direktanspruches des Geschädigten durch den gesetzlichen Rentenversicherungsträger, ohne dass der Geschädigte selbst zur Geltendmachung von auf diesen nach § 119 SGB X übergegangenen Ansprüchen vor den Zivilgerichten prozessführungsbefugt wäre (BGH, Urteil vom 02.12.2003, Az.: VI ZR 243/02 -juris). Insoweit hat die Beklagte gegenüber der Klägerin auch eine Rechtspflicht zu Schadensminderung gegenüber dem Haftpflichtversicherer. Weiter ist aber erforderlich, dass zwischen einer Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 16.12.2004, Az.: B 9 VJ 2/03 R).

40

Im vorliegenden Fall sieht der Senat, wie oben ausgeführt, aber bereits keinen Nachteil als nachgewiesen an, der der Klägerin durch den zwischen der Beklagten und dem Haftpflichtversicherer entstandenen Schaden entstanden ist. Die Beklagte hat aufgrund der von dem Haftpflichtversicherer geleisteten Zahlung bereits Beiträge in den Versicherungsverlauf eingestellt, die deutlich über dem vor dem Unfall erzielten Einkommen liegen. Im Hinblick auf die auch vom Sozialgericht eingeholten Auskünfte und die Ungewissheit des weiteren beruflichen Werdegangs der Klägerin kann der Senat nicht feststellen, dass diese Beiträge zu niedrig sind, dass also der Klägerin ein Beitragsschaden entstanden ist, auf den die Beklagte pflichtwidrig im Vergleich vom 06.02.2008 verzichtet hat.

41

Eines weiteren Gutachtens zur Einkommensentwicklung bedarf es daher nicht.

42

Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

43

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG.

44

Die Revision wird nicht zugelassen, da Revisionszulassungsgründe (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.

(1) Soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, geht dieser auf den Versicherungsträger über, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird; dies gilt nicht, soweit

1.
der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt oder sonstige der Beitragspflicht unterliegende Leistungen erbringt oder
2.
der Anspruch auf Ersatz von Beiträgen nach § 116 übergegangen ist.
Für den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung gilt § 116 Abs. 3 Satz 1 und 2 entsprechend, soweit die Beiträge auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem bei unbegrenzter Haftung zu ersetzenden Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und der bei Bezug von Sozialleistungen beitragspflichtigen Einnahme entfallen.

(2) Der Versicherungsträger, auf den ein Teil des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 116 übergeht, übermittelt den von ihm festgestellten Sachverhalt dem Träger der Rentenversicherung auf einem einheitlichen Meldevordruck. Das Nähere über den Inhalt des Meldevordrucks und das Mitteilungsverfahren bestimmen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger.

(3) Die eingegangenen Beiträge oder Beitragsanteile gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge. Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Versicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte.

(4) Die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag ist im Einzelfall zulässig. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gelten für die Mitwirkungspflichten des Geschädigten die §§ 60, 61, 65 Abs. 1 und 3 sowie § 65a des Ersten Buches entsprechend.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

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Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 01.04.2011 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung höherer Entgelte als Grundlage der von der Beklagten an die Klägerin gezahlten Rente nach dem Sozialgesetzbuch - gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).

2

Die im Jahr 1971 geborene Klägerin hat im Jahr 1991 ein Fachabitur zur gestaltungstechnischen Assistentin abgelegt und anschließend eine versicherte Beschäftigung in einem Küchenstudio aufgenommen. Am 26.08.1992 erlitt sie einen Motorradunfall, bei dem sie verschiedene Verletzungen davontrug, u.a. beidseitige handgelenksnahe Handgelenksfrakturen. Aus einer vom 15.06. bis 05.10.1993 durchgeführten stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Kurklinik B... O... wurde die Klägerin als vollschichtig leistungsfähig entlassen; allerdings sei wegen der Sekundärfolgen des Motorradunfalls eine Arbeitsfähigkeit als technische Zeichnerin nicht mehr gegeben, weshalb eine berufliche Rehabilitationsmaßnahme empfohlen werde. Sodann gewährte die Beklagte der Klägerin ab 06.10.1993 Rente wegen voller Erwerbsminderung, zunächst auf Zeit bis 30.06.1997 (Bescheide vom 26.04.1995, 26.04.1995, 09.09.1996, 23.10.1996, 23.12.1996).

3

Im Rahmen einer von der D...-W... veranlassten Begutachtung der Klägerin kam Prof. Dr. H..., Direktor der B -U... D...-D... im Februar 1997 zu dem Ergebnis, aufgrund des Unfalls sei die Gebrauchsfähigkeit des rechten Armes um 2/7 eingeschränkt; die MdE sei bis auf weiteres mit 10 vH einzuschätzen.

4

Von April 1997 bis März 1998 besuchte die Klägerin im Rahmen einer beruflichen Rehabilitation zu Lasten der Beklagten die Möbelfachschule in Köln, wo sie zur Einrichtungsfachplanerin ausgebildet wurde, war erneut krank und arbeitete von 1998 bis 2001 als Planerin in einem Küchenstudio in K.... Ab 11.06.2001 war die Klägerin wiederum arbeitsunfähig erkrankt und bezog dann erneut Rente wegen Erwerbsminderung, zunächst auf Zeit und dann mit Bescheid vom 09.11.2007 auf Dauer.

5

Mit Vergleich vom 25.07./10.08.2005 haben die Klägerin und der Unfallverursacher sowie dessen Haftpflichtversicherung im Rahmen eines Rechtsstreits vor dem Landgericht Koblenz vereinbart:

6

Zur Abgeltung aller Ansprüche aus dem Verkehrsunfall vom 25.08.1992, seien sie bekannt oder nicht, eingeklagt oder nicht, vorhersehbar oder nicht, zahlt die Beklagte zu 2.) an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 200.000 Euro, ohne Anrechnung der bislang gezahlten Vorschüsse oder sonstiger Zahlungen.

7

Auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte gesetzlich übergegangene oder übergehende Ansprüche werden von dieser Einigung nicht erfasst.

8

Die Parteien sind sich darüber einig, dass von dem vergleichsweise noch zu zahlenden Betrag in Höhe von 200.000 Euro ein Betrag von 15.000 Euro zum Ersatz von unfallbedingten entstandenen Arztkosten, Fahrtkosten, Medikamente, sowie insbesondere auf das der Klägerin zustehende Schmerzensgeld entfällt. Weitere 50.000 Euro werden pauschal zur Abgeltung des unfallbedingt entstandenen und künftig entstehenden Verdienstausfallschadens geleistet. Hierbei gehen die Parteien davon aus, dass die Klägerin ohne den gegenständlichen Verkehrsunfall ein Nettogehalt in Höhe von 3.500 DM erzielt hätte, wobei hinsichtlich der Berechnung der Abfindung des Verdienstausfallschadens die derzeit als Rente erzielten Einnahmen sowie möglicherweise zukünftig erzielte Einnahmen berücksichtigt wurden. …“

9

Im Regressverfahren gegen die D...-W... bestritt diese gegenüber der Beklagten, dass die psychischen Leiden der Klägerin unfallbedingt entstanden seien und die Klägern unfallbedingt ihren Beruf habe aufgeben müssen. Nach einem von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten des Orthopäden und Sozialmediziners Prof. Dr. T... liege neben körperlichen Unfallfolgen an den Handgelenken eine psychische Erkrankung vor, die mit Essstörungen und Depressionen einhergehe und offensichtlich schon vor dem Unfallereignis bestanden habe. Die vielfachen Operationen im Bereich der Handgelenke ließen sich nur zum geringen Teil durch den orthopädisch-unfallchirurgischen Befund erklären. Das Leidensbild erkläre sich durch das Zusammenspiel einer unfallunabhängigen psychischen Erkrankung und einem relativ geringfügigen Trauma.

10

Demgegenüber ging die Beklagte davon aus, dass erst nach dem Unfall eine Behandlungsbedürftigkeit der psychischen Störungen eingetreten sei, was auch zur Reha im Jahr 1993 geführt habe. Ein Abfindungsangebot in Höhe von 150.000 Euro für den Beitragsschaden bis Dezember 2009 nahm die Beklagte im Mai 2007 nicht an, nachdem die Klägerin höhere Zahlungen für eine längere Laufzeit gefordert hatte.

11

Am 06.02.2008 kam es zu einer Verhandlung zwischen der Beklagten und der D...-W..., in der die Haftpflichtversicherung aufgrund des Gutachtens des Prof. Dr. T... die Kausalität des Unfalls für die gewährte Erwerbsminderungsrente bestritt. Auch über das fiktive monatliche Bruttoeinkommen der Klägerin war eine Einigung nicht möglich. Schließlich erfolgte eine Einigung auf der Basis, dass die D...-W... die Regressansprüche der Beklagten gegen eine pauschale Abfindungssumme von 177.500 Euro endgültig abfand. Nach den Berechnungen der Beklagten war damit der Beitragsregress bis zur Vollendung des 67. Lebensjahrs der Klägerin abgedeckt.

12

Mit Bescheiden vom 06.05. und 13.05.2008 berechnete die Beklagte die der Klägerin gewährte Rente neu aufgrund der Regresszahlung der Haftpflichtversicherung. Den Widerspruch der Klägerin, mit dem diese beanstandete, dass die seit 1998 berücksichtigten Beiträge nicht dynamisiert worden seien, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2009 zurück. Aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Lage sei seit Ende der 1990er Jahre kein kontinuierliches Wachstum mehr gegeben, weshalb viele Berufsgruppen, auch diejenigen der technischen Zeichner oder Einrichtungsberater Lohneinbußen hätten hinnehmen müssen. Angesichts der angespannten konjunkturellen Situation auf dem Arbeitsmarkt und im Handel könne nicht ausgeschlossen werden, dass auch die Klägerin mit Arbeitslosigkeit und einem sinkenden Arbeitseinkommen konfrontiert worden wäre. Daher seien die gespeicherten Entgelte als günstig zu bezeichnen, was gerade für das gespeicherte Bruttoentgelt von 6.000 DM bzw. 3.067,75 EUR/monatlich als fiktives Gehalt einer Einrichtungsberaterin gelte. Die Gefahr von Arbeitslosigkeit und sinkendem Einkommen sei zu ihren Gunsten gerade nicht berücksichtigt. Ausgegangen worden sei von den -nicht dynamisierten- 3.500 EUR, die sie im zivilrechtlichen Vergleich vereinbart habe und die dem letzten Bruttoeinkommen entsprochen hätten.

13

Im vor dem Sozialgericht Koblenz durchgeführten Klageverfahren hat das Sozialgericht Beweis erhoben durch Einholen einer Auskunft des Einzelhandelsverbands Mittelrhein. Dieser hat den Einzelhandelstarifvertrag vorgelegt und mitgeteilt, welches Gehalt die Klägerin danach bezogen hätte. Allerdings sei die Mehrzahl der Betrieb im Möbeleinzelhandel nicht tarifgebunden; zudem würden dort üblicherweise Provisionen bei einem niedrigeren Fixgehalt vereinbart.

14

Mit Urteil vom 01.04.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Berücksichtigung höherer Entgelte bei der Berechnung der Rente zu. Die Beklagte habe die nach § 119 SGB X regressierten Beiträge in zutreffender Höhe zugrunde gelegt. Eine Berücksichtigung höherer Beträge durch eine Dynamisierung der zugrunde gelegten Entgelte ab 1998 scheitere daran, dass nur Pflichtbeiträge berücksichtigungsfähig seien, die tatsächlich zugeflossen seien. Zugeflossen seien aber nur die aufgrund der vergleichsweisen Regelung durch die Haftpflichtversicherung abgeführten Beiträge. Der von der Beklagten mit der Haftpflichtversicherung geschlossene Vergleich sei wirksam. Die Beklagte habe dem Vergleich ein zutreffendes Bruttoeinkommen der Klägerin zugrunde gelegt. Es sei nicht zu beanstanden, dass dieses nicht dynamisiert worden sei. Aufgrund der aktenkundigen Auskünfte sei es völlig ungewiss und von vielfältigen Faktoren abhängig, wie sich das Bruttoeinkommen der Klägerin entwickelt hätte und ob sie und in welchem Umfang Provisionen erhalten hätte. Daher stehe der Beklagten im Rahmen des § 119 SGB X ein Gestaltungsspielraum zu, den die Beklagte auch nicht willkürlich und bewusst nachteilig zu Lasten der Klägerin ausgeübt habe.

15

Am 23.05.2011 hat die Klägerin gegen das ihr am 29.04.2011 zugestellte Urteil Berufung eingelegt.

16

Die Klägerin trägt vor,

17

§ 119 SGB X übertrage den Anspruch des Geschädigten auf Ersatz des Beitragsschadens treuhänderisch auf den Versicherungsträger. Diesen treuhänderischen Pflichten sei die Beklagte nicht nachgekommen. Denn § 119 SGB X ermächtige die Beklagte nicht, einen Vergleichsvertrag zu Lasten der Klägerin zu schließen. An den gerichtlichen Vergleich zwischen ihr und der Haftpflichtversicherung sei die Beklagte nicht gebunden, auch nicht an das dort angenommene Bruttogehalt.

18

Die Klägerin beantragt,

19

das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 01.04.2011 aufzuheben, die Bescheide der Beklagten vom 06.05. und 13.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.01.2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, im Versicherungsverlauf für den Zeitraum ab 1992 höhere Pflichtbeiträge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zugrunde zu legen,

20

hilfsweise,

21

zur Frage der fiktiven Gehaltsentwicklung ein Sachverständigengutachten einzuholen.

22

Die Beklagte beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Die Beklagte trägt vor,

25

es gebe keine gesetzliche Vorschrift, wonach für den Beitragsregress heranzuziehende Bruttoentgelte zu dynamisieren seien. Nach der Verdienstbescheinigung des K... S... vom 25.01.2001 betrage das durchschnittliche Gehalt eines Küchenfachplaners mit 6 Jahren Berufserfahrung einschließlich Provisionen 6.000 DM (brutto). Daraus ergäben sich keine Hinweise für eine Dynamisierung. Unter Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sei davon auszugehen, dass bei der Klägerin ohne den Unfall ein erhebliches Arbeitsmarktrisiko bestanden habe wegen möglicher Arbeitslosigkeit oder beim Umsatzrückgängen wegbrechender Provisionen. Es sei daher auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin selbst zivilrechtlich keine Dynamisierung des Verdienstausfalles habe durchsetzen können. Der von ihr abgeschlossene Vergleich sei wirksam und stelle keinen Vertrag zu Lasten der Klägerin dar.

26

Im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen und die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

27

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

28

Im vorliegenden Fall hat das Sozialgericht zu Recht den Rechtsweg zu den Sozialgerichten als eröffnet angesehen. Denn dem Rentenversicherungsträger wird kraft öffentlichen Rechts in § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch des sozialversicherten Geschädigten gegen den Schädiger übertragen. Dem entsprechend erlangt der geschädigte Sozialversicherte, hier die Klägerin, wegen des Beitragsersatzanspruchs keine eigene zivilrechtliche Rechtsposition gegenüber dem Schädiger, mit der Folge, dass er durch § 119 SGB X allein auf Ansprüche gegen den Rentenversicherungsträger verwiesen wird. Meint der Geschädigte, wie hier die Klägerin, der Sozialversicherungsträger habe den Beitragsregress nicht oder nicht ordnungsgemäß (z.B. umfassend) durchgeführt, verbleibt ihm nach § 51 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Sozialrechtsweg gegenüber diesem Träger (ebenso: BGH, Urteil vom 2. Dezember 2003, VersR 2004, 492 ff; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 20.03.2007, Aktenzeichen: L 9 R 917/05 -juris-). Dies gilt umso mehr, wenn -wie hier- ein Rentenbescheid in seiner Höhe angefochten ist.

29

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neuberechnung der ihr gezahlten Rente oder auf "Wiederaufnahme" des durchgeführten Beitragsregressverfahrens durch die Beklagte.

30

Gemäß § 64 SGB VI ist der Monatsbetrag der Rente das Produkt aus den unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkten (EP), dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert. Die genannten Faktoren sind mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander zu vervielfältigen. Die persönlichen EP für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente errechnen sich aus der Summe aller EP. Die danach in den angefochtenen Bescheiden von der Beklagten durchgeführte Berechnung ist nicht zu beanstanden; konkrete Einwände hat die Klägerin nicht erhoben.

31

Die von der Klägerin geltend gemachte Berücksichtigung höherer Pflichtbeitragszeiten als derjenigen, die bereits im Wege des Beitragsregressverfahrens gegen die D-W geleistet und in den Versicherungsverlauf eingestellt wurden, kann die Klägerin nicht beanspruchen. Der Anspruch scheitert aus Rechtsgründen schon daran, dass nur solche Pflichtbeitragszeiten im Versicherungsverlauf und damit in der Rentenberechnung berücksichtigungsfähig sind, die tatsächlich zugeflossen sind. Ausweislich des Versicherungsverlaufs und des aus der Akte ersichtlichen Schriftverkehrs hat die gegnerische Haftpflichtversicherung jedoch die mit der Beklagten getroffene vergleichsweise Regelung zur Beitragsabführung erfüllt, so dass die entsprechenden Pflichtbeiträge im Versicherungsverlauf gespeichert und der Rentenberechnung zugrunde gelegt worden sind. Höhere Beiträge sind nicht verzeichnet und können daher nach § 119 Abs. 3 Satz 1 SGB X der Rentenberechnung nicht zugrunde gelegt werden, so dass auch keine Dynamisierung dieser Beiträge möglich ist.

32

§ 119 Abs. 1 SGB X regelt, dass, soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten - hier: die materiell-rechtlichen Ansprüche der Klägerin gegen die Haftpflichtversicherung nach §§ 842, 843 BGB - den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, dieser auf den Versicherungsträger - hier: die Beklagte - übergeht, wenn der Geschädigte - hier: die Klägerin - im Zeitpunkt des Schadensereignisses - hier: unverschuldet erlittener Unfall am 26.08.1992 - bereits Pflichtbeitragszeiten - hier: von 1988 bis 1992 als versicherungspflichtig beschäftigte technische Zeichnerin - nachweist. Die eingegangenen Beiträge gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge (§ 119 Abs. 3 S. 1 SGB X).

33

§ 119 SGB X verpflichtet den...Schädiger, in Fällen eines Beitragsausfalles Schadensersatz in Form von...Beitragszahlungen an den Rentenversicherungsträger zu leisten. Hierbei steht...das Ziel im Vordergrund, die soziale Sicherung des Versicherten nach Eintritt...des Schadensfalles zu verbessern. Dementsprechend entsteht der...Ersatzanspruch bereits dann, wenn die Möglichkeit einer Rentenverkürzung...durch Beeinträchtigung der von der tatsächlichen Beitragsleistung abhängigen...Berechnung der EP des Versicherten besteht (vgl. BGHZ 97, 330). Der Geschädigte muss, was seine sozialversicherungsrechtliche Stellung...angeht, so gestellt werden, wie er ohne die Schädigung stünde. Ist der Schaden durch Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung ausgleichbar,...soll sichergestellt werden, dass der Sozialversicherte später...Sozialleistungen erhält, deren Berechnung auch die Zeit nach der Verletzung...umfasst. Dementsprechend soll § 119 SGB X im Wege des gesetzlichen...Forderungsüberganges gewährleisten, dass die vom Schädiger zu zahlenden...Beiträge dem Sozialversicherungsträger zweckgebunden zugeführt werden (vgl. BSG, SozR 3-1300 § 44 Nr. 34).

34

Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf eine "Wiederaufnahme" des Beitragsregressverfahrens durch die Beklagte mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer zu. Ein solcher Anspruch scheitert an dem Abschluss des zwischen der Beklagten und dem Haftpflichtversicherer geschlossenen Vergleichs, der weitere Ansprüche zwischen der Beklagten und dem Haftpflichtversicherer ausschließt (vgl. auch LSG Celle-Bremen, Urteil vom 28.09.2007 - L 1 R 142/07 -juris-, mit Anm. Jahnke, juris PR-VerkR 12/2008 Anm. 6). Dieser Vergleich ist wirksam, wie das Sozialgericht eingehend dargelegt hat.

35

Der zwischen der Beklagten und der Haftpflichtversicherung geschlossene Vergleich dient gemäß § 779 BGB der Beseitigung eines Streits und der Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens. Ungewissheit bestand unter den Parteien darüber, für welchen Zeitraum und in welcher Höhe Rentenversicherungsbeiträge als Schadensersatz zu leisten waren. Diese Ungewissheit bestand schon darin, dass die Bedenken des Haftpflichtversicherers hinsichtlich der Kausalität des Rentenschadens der Klägerin angesichts des vorgelegten Gutachtens des Prof. Dr. T... zumindest nicht abwegig waren, es also ungewiss war, wie ein zivilrechtlicher Rechtsstreit ausgehen würde. Ungewissheit bestand auch darüber, von welchem fiktiven Einkommen der Klägerin auszugehen wäre.

36

Unwirksam wäre der Vergleich nur dann, wenn der nach dem Inhalt des Vertrages als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entsprochen hätte und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden wäre (§ 779 Abs. 1, letzter Halbsatz BGB). Es ist nicht aber ersichtlich, dass die Vergleichsparteien von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sind. Dies gilt sowohl bzgl. der zeitlichen Geltungsdauer des durchzuführenden Regresses bis zum 67. Lebensjahr der Klägerin, als auch bzgl. der Höhe der zu leistenden Beitragszahlungen aufgrund des hypothetischen Einkommens. Als Einkommen hat die Beklagte den gleichen Betrag zugrunde gelegt, den auch die Klägerin mit dem Haftpflichtversicherer dem von ihr selbst abgeschlossenen Vergleich über den Verdienstausfall zugrund gelegt hat. Dies ist nicht zu beanstanden.

37

Auch ist nicht zu beanstanden, dass der Rentenschaden der Klägerin durch eine Einmalzahlung abgefunden wurde. Denn § 119 Abs. 4 Satz 1 SGB X lässt ausdrücklich -wie hier geschehen- eine Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag zu. Dass dieser Kapitalwert falsch berechnet wurde, ist nicht ersichtlich. Ausweislich der aktenkundigen Vermerke des Verhandlungsführers der Beklagten wurde der Vergleichssumme ein realistisches fiktives Arbeitseinkommen der Klägerin zugrunde gelegt. Zudem deckte die Vergleichssumme den Beitragsschaden der Klägerin bis zu deren 67. Lebensjahr ab. Daher hat die Beklagte mit der Haftpflichtversicherung am 06.02.2008 keine -unzulässige- Pauschalvereinbarung über Ersatzansprüche getroffen, sondern einzelfallbezogen zivilrechtliche Schadenspositionen nach § 116 SGB X und § 119 Abs. 1 SGB X ermittelt und dem auf dieser Basis geschlossenen Abfindungsvergleich zugrunde gelegt. Der Senat nimmt daher zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf das Urteil des Sozialgerichts (§ 153 Abs. 2 SGG).

38

§ 119 SGB X enthält keine Regelung darüber, welche Konsequenzen die Unterlassung eines vom Versicherten für geboten gehaltenen Beitragsregresses hat, falls also zu niedrige Beiträge regressiert wurden. Denkbar wäre, dass die Klägerin im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden könnte, als seien - vermeintliche - übergegangene Ansprüche auf Ersatz des Beitragsschadens erfolgreich von der Beklagten gegenüber der Haftpflichtversicherung geltend gemacht worden, oder dass im Falle einer unzureichenden Geltendmachung des Beitragsregresses ein Amtshaftungsanspruch bleibt.

39

Die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sieht der Senat allerdings nicht als gegeben. Der von der Rechtsprechung entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm auf Grund Gesetzes oder Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung, verletzt hat. Zweck des Beitragsregress ist die „treuhänderische“ Verfolgung des Direktanspruches des Geschädigten durch den gesetzlichen Rentenversicherungsträger, ohne dass der Geschädigte selbst zur Geltendmachung von auf diesen nach § 119 SGB X übergegangenen Ansprüchen vor den Zivilgerichten prozessführungsbefugt wäre (BGH, Urteil vom 02.12.2003, Az.: VI ZR 243/02 -juris). Insoweit hat die Beklagte gegenüber der Klägerin auch eine Rechtspflicht zu Schadensminderung gegenüber dem Haftpflichtversicherer. Weiter ist aber erforderlich, dass zwischen einer Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 16.12.2004, Az.: B 9 VJ 2/03 R).

40

Im vorliegenden Fall sieht der Senat, wie oben ausgeführt, aber bereits keinen Nachteil als nachgewiesen an, der der Klägerin durch den zwischen der Beklagten und dem Haftpflichtversicherer entstandenen Schaden entstanden ist. Die Beklagte hat aufgrund der von dem Haftpflichtversicherer geleisteten Zahlung bereits Beiträge in den Versicherungsverlauf eingestellt, die deutlich über dem vor dem Unfall erzielten Einkommen liegen. Im Hinblick auf die auch vom Sozialgericht eingeholten Auskünfte und die Ungewissheit des weiteren beruflichen Werdegangs der Klägerin kann der Senat nicht feststellen, dass diese Beiträge zu niedrig sind, dass also der Klägerin ein Beitragsschaden entstanden ist, auf den die Beklagte pflichtwidrig im Vergleich vom 06.02.2008 verzichtet hat.

41

Eines weiteren Gutachtens zur Einkommensentwicklung bedarf es daher nicht.

42

Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

43

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG.

44

Die Revision wird nicht zugelassen, da Revisionszulassungsgründe (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.

(1) Soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, geht dieser auf den Versicherungsträger über, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird; dies gilt nicht, soweit

1.
der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt oder sonstige der Beitragspflicht unterliegende Leistungen erbringt oder
2.
der Anspruch auf Ersatz von Beiträgen nach § 116 übergegangen ist.
Für den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung gilt § 116 Abs. 3 Satz 1 und 2 entsprechend, soweit die Beiträge auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem bei unbegrenzter Haftung zu ersetzenden Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und der bei Bezug von Sozialleistungen beitragspflichtigen Einnahme entfallen.

(2) Der Versicherungsträger, auf den ein Teil des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 116 übergeht, übermittelt den von ihm festgestellten Sachverhalt dem Träger der Rentenversicherung auf einem einheitlichen Meldevordruck. Das Nähere über den Inhalt des Meldevordrucks und das Mitteilungsverfahren bestimmen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger.

(3) Die eingegangenen Beiträge oder Beitragsanteile gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge. Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Versicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte.

(4) Die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag ist im Einzelfall zulässig. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gelten für die Mitwirkungspflichten des Geschädigten die §§ 60, 61, 65 Abs. 1 und 3 sowie § 65a des Ersten Buches entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 201/12 Verkündet am:
4. Juli 2013
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch und der Folgenbeseitigungsanspruch
des allgemeinen Verwaltungsrechts sind keine Rechtsmittel im Sinne
BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - III ZR 201/12 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juli 2013 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Wöstmann, Hucke und Seiters

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Oberlandesgerichts München - 1. Zivilsenat - vom 24. Mai 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin nimmt die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund aus Amtshaftung in Anspruch. Diese habe es versäumt, auf sie gemäß § 119 SGB X übergegangene Schadensersatzansprüche gegen Dritte vor Eintritt der Verjährung zu verfolgen, wodurch ihre, der Klägerin, Rentenansprüche verringert seien.
2
Die 1941 geborene Klägerin erlitt durch von ihr nicht zu verantwortende Verkehrsunfälle im August 1987 und im August 1988 unter anderem Halswirbelsäulen -Schleudertraumata. Vom 2. August 1987 an war sie wiederholt für längere Zeit arbeitsunfähig erkrankt. Vom 23. September bis zum 13. Dezember 1989 erhielt sie Arbeitslosengeld. Anschließend blieb sie ohne Einkommen.
3
Am 14. Juni 1989 beantragte sie bei der Beklagten eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Deren Bewilligung wurde wegen fehlender Beitragszeiten abgelehnt. Im Oktober 1993 beantragte sie bei der Beklagten erneut die Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente ab dem 14. Juni 1989. Diese Rente wurde mit Wirkung erst ab dem 1. Januar 1992 gewährt. Die gegen den entsprechenden Bescheid erhobene Sozialgerichtsklage der Klägerin blieb in zwei Instanzen ohne Erfolg. Ihre zugleich erhobene Klage, mit der sie die Beklagte verpflichten lassen wollte, den Beitragsregress aus den Verkehrsunfällen durchzuführen, wurde vom Sozialgericht abgetrennt und mit Beschluss vom 3. September 2002 ruhend gestellt. Nachdem sich die Klägerin im Jahr 2002 mit den Haftpflichtversicherern der Unfallverursacher verglichen hatte, soweit es sich nicht um auf die Leistungsträger der Sozialversicherung übergegangene Ansprüche handelte, beantragte sie bei der Beklagten, den Beitragsregress fortzuführen. Auf Anfrage der Klägerin teilte diese mit Schreiben vom 6. September 2005 mit, das Verfahren sei bereits Ende 1989 endgültig abgeschlossen worden. Lediglich für den Zeitraum vom 30. September bis zum 13. Dezember 1987 wurden von Haftpflichtversicherern Rentenbeiträge nachentrichtet.
4
Daraufhin rief die Klägerin den ruhenden Rechtsstreit beim Sozialgericht wieder auf. Ihre Klage blieb auch in zweiter Instanz erfolglos. Das Landessozialgericht stellte sich auf den Standpunkt, die Ansprüche gegen die Unfallgegner seien mittlerweile verjährt, und die Erhebung der Einrede der Verjährung sei als gewiss anzunehmen. Ergänzend führte das Landessozialgericht aus, dass über eine Verpflichtung der Beklagten, aus welchem Rechtsgrund auch immer, Pflichtbeiträge für die Ausfälle in der Rentenversicherung zu Gunsten der Klä- gerin vorzumerken, nicht zu entscheiden sei, da ein entsprechender Antrag nicht gestellt worden sei.
5
Seit dem 1. September 2006 bezieht die Klägerin von der Beklagten eine Altersrente.
6
Die Klägerin trägt vor, diese Rente wäre monatlich um mindestens 300 € höher ausgefallen, wenn die Beklagte den Beitragsregress wegen der beiden Verkehrsunfälle durchgeführt hätte. Die Differenz macht sie mit der vorliegenden Klage teilweise beziffert und im Übrigen im Wege der Feststellungsklage geltend. Die Beklagte hat unter anderem eingewandt, bis zum Jahr 1994 habe alles dafür gesprochen, dass die Erwerbsunfähigkeit der Klägerin nicht auf die Verkehrsunfälle, sondern auf ein hiervon unabhängiges Leiden zurückzuführen gewesen sei. Zudem hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt sie ihren Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe


8
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.


9
Nach Auffassung des Berufungsgerichts fällt der Beklagten zwar eine Amtspflichtverletzung zur Last. Einem Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG stehe jedoch entgegen, dass sie es versäumt habe, den ihr zustehenden sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu verfolgen. Die Ersatzpflicht der Beklagten trete dementsprechend gemäß § 839 Abs. 3 BGB nicht ein.
10
Die Beklagte habe es amtspflichtwidrig unterlassen, den auf sie gemäß § 119 SGB X übergegangenen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die wegen der Verkehrsunfälle Ersatzpflichtigen zu verfolgen. Auch wenn die Beklagte bis 1994 habe davon ausgehen dürfen, dass die Erwerbsunfähigkeit der Klägerin nicht auf die Unfälle, sondern auf eine hiervon unabhängige Erkrankung zurückzuführen sei, stelle sich ernsthaft die Frage, ob die Beklagte im Hinblick auf die unübersichtliche Sachlage nicht gehalten gewesen wäre, eine Feststellungsklage gegen die Unfallverursacher zu erheben. Aber auch, wenn eine solche Verpflichtung nicht bestanden hätte, läge eine Amtspflichtverletzung der Beklagten vor. Nach ihrem eigenen Vorbringen habe sie erst 1994 Kenntnis davon erhalten, dass die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin unfallbedingt gewesen sei. Die Beklagte hätte ab diesem Zeitpunkt die Ansprüche der Klägerin verfolgen müssen. Sie sei jedoch untätig geblieben, weil sie unzutreffend davon ausgegangen sei, dass die auf sie übergegangenen Schadensersatzansprüche zu diesem Zeitpunkt bereits verjährt gewesen seien. Die gemäß § 852 BGB a.F. für den Beginn der Verjährung maßgebliche Kenntnis aller anspruchsbegründenden Tatsachen habe sie jedoch erst 1994 erlangt. Für den verfahrensgegenständlichen Teilanspruch, der mit dem Entstehen der Beitragslücke auf die Beklagte übergegangen sei, komme es ab diesem Zeitpunkt für die Verjährung allein auf die Kenntnis der Beklagten an. Der Amtshaftungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte sei nicht verjährt. Vielmehr sei die Verjährung durch die sozialgerichtliche Klage auf Durchführung des Beitragsregresses gehemmt gewesen.
11
Die Klägerin habe jedoch gegen die Beklagte einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch auf Gutschrift der Beiträge auf ihrem Rentenversicherungskonto gehabt, die der Beklagten aufgrund des von ihr versäumten Beitragsregresses zugeflossen wären. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch sei ein Rechtsmittel im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB. Der Begriff des Rechtsmittels im Sinne dieser Bestimmung sei weit zu fassen. Zwar habe der Bundesgerichtshof noch nicht ausdrücklich darüber entschieden, ob der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hierunter falle. Dies ergebe sich jedoch aus dem Senatsurteil vom 11. Februar 1988 (III ZR 221/86, BGHZ 103, 242), in dem dieser Anspruch im Zusammenhang mit der Verjährung derForderung aus Amtshaftung als in seiner Zielsetzung mit der Inanspruchnahme des primären Rechtsschutzes eng verwandt bezeichnet worden sei.
12
Hätte die Klägerin den ihr zustehenden Herstellungsanspruch gegenüber der Beklagten erhoben, wäre der Schaden, den sie nunmehr im Wege der Amtshaftungsklage ersetzt verlangt, nicht eingetreten.

II.


13
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
14
1. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Vorliegen einer Amtspflichtverletzung der Beklagten und insbesondere zur Verjährung des auf sie übergegangenen Beitragsregressanspruchs gegen die aus den Verkehrsunfällen Ersatzpflichtigen nimmt die Revision als ihr günstig hin. Sie sind auch nicht zu beanstanden.
15
Die insoweit von der Beklagten erhobene Revisionsgegenrüge ist unbegründet. Sie meint, entgegen der Ansicht der Vorinstanz sei der Teilschadensersatzanspruch nach § 119 SGB X nicht erst mit Eintritt der Beitragslücke übergegangen , sondern bereits im Augenblick der Entstehung des gesamten Ersatzanspruchs mit dem Schadensereignis (unter Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 17. April 2012 - VI ZR 108/11, BGHZ 193, 67 Rn. 8 und vom 2. Dezember 2003 - VI ZR 243/02, NJW-RR 2004, 595, 596). Dies mag zutreffen, ist aber für die Rechtsposition der Beklagten unbehelflich. Da es sich um deliktische Ansprüche handelte, richtete sich der Verjährungsbeginn bereits vor der Neuregelung des Verjährungsrechts nach der Kenntnis des Ersatzberechtigten von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners (§ 852 BGB a.F.). Wenn der wegen des Beitragsschadens begründete Ersatzanspruch sogleich mit seiner Entstehung auf den Sozialversicherungsträger überging, kommt es für die Verjährung auf dessen Kenntnis an (BGH, Urteil vom 17. April 2012 aaO mit umfangreichen weiteren Nachweisen). Hiervon ist das Berufungsgericht in beiden von ihm hinsichtlich der Amtspflichtverletzung in Betracht gezogenen Varianten ausgegangen. Reichten die Erkenntnisse der Beklagten vor 1994 für die Erhebung einer Feststellungsklage zur Sicherung des Beitragsregresses aus, hatte sie die gegenüber der Klägerin bestehende Amtspflicht, diese Klage rechtzeitig vor Eintritt der Verjährung zu erheben oder einen Verzicht der Schuldner auf diese Einrede zu erwirken. Hatte die Beklagte hingegen erst 1994 hinreichend zuverlässige Kenntnis davon, dass die Erwerbsunfähig- keit der Klägerin unfallbedingt war, konnte die Verjährung des Beitragsregressanspruchs zuvor noch nicht begonnen haben, da die Kausalität ein für das Entstehen des Ersatzanspruchs erforderlicher tatsächlicher Umstand war. Dann aber hatten die Bediensteten der Beklagten, wie vom Berufungsgericht angenommen , ab 1994 die Amtspflicht, den Anspruch gegen die Unfallverursacher zu verfolgen, bevor die seither laufende Verjährung beendet war.
16
Ebenso ist die Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, dass der Amtshaftungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte nicht verjährt ist.
17
2. Indessen vermag der Senat nicht der Beurteilung des Berufungsgerichts zu folgen, die Schadensersatzpflicht der Beklagten sei gemäß § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, weil die Klägerin es versäumt habe, ihren sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gegen die Beklagte geltend zu machen, der auf Gutschrift der infolge der Unfälle nicht fortentrichteten Beiträge auf ihrem Rentenkonto gerichtet gewesen sei. Dieser Anspruch ist kein Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB.
18
a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Begriff des Rechtsmittels zwar nicht auf die in den Verfahrensvorschriften vorgesehenen Behelfe beschränkt , sondern umfasst auch andere, rechtlich mögliche und geeignete - förmliche oder formlose - Rechtsbehelfe (z.B. Gegenvorstellungen, Erinnerungen an die Erledigung eines Antrags, Beschwerden und Dienstaufsichtsbeschwerden ), ist also in einem weiten Sinn zu verstehen (z.B.: Senatsurteile vom 4. Juni 2009 - III ZR 144/05, BGHZ 181, 199 Rn. 25; vom 8. Januar 2004 - III ZR 39/03, NJW-RR 2004, 706, 707; vom 9. Oktober 1997 - III ZR 4 /97, BGHZ 137, 11, 23 und vom 3. Juni 1993 - III ZR 104/92, BGHZ 123, 1, 7 f). Der Rechtsbehelf muss sich jedoch unmittelbar gegen die schädigende Amtshandlung oder Unterlassung selbst richten und ihre Beseitigung beziehungsweise Vornahme bezwecken und ermöglichen (Senat aaO sowie Urteil vom 16. Oktober 2008 - III ZR 15/08, WM 2009, 86 Rn. 24). Diese Voraussetzung erfüllt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch nicht.
19
b) Allerdings hat der Senat, worauf das Berufungsgericht seine gegenteilige Rechtsauffassung gestützt hat, wiederholt entschieden, dass die Geltendmachung eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zur Unterbrechung beziehungsweise Hemmung der Verjährung eines Amtshaftungsanspruchs wegen desselben Fehlverhaltens des Sozialleistungsträgers führt (Urteile vom 20. Juli 2000 - III ZR 64/99, VersR 2001, 1108, 1112 und vom 11. Februar 1988 - III ZR 221/86, BGHZ 103, 242, 246; siehe auch Senatsurteile vom 12. Mai 2011 - III ZR 59/10, WM 2011, 1670 Rn. 56 f und vom 10. Februar 2011 - III ZR 37/10, BGHZ 188, 302 Rn. 36 f). Der Senat hat in diesem Kontext insbesondere den engen Zusammenhang des Herstellungsanspruchs mit dem Primärrechtsschutz hervorgehoben (Urteile vom 12. Mai 2011 aaO Rn. 57, 62 undvom 11. Februar 1988 aaO S. 247; siehe auch Urteil vom 10. Februar 2011 aaO Rn. 36). Er hat jedoch mangels Entscheidungserheblichkeit in den seinerzeit zu beurteilenden Sachverhalten bislang davon abgesehen zu entscheiden, ob der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ein Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB darstellt, diese Frage vielmehr ausdrücklich offen gelassen (Urteile vom 20. Juli 2000 aaO; vom 16. November 1989 - III ZR 146/88, NJW-RR 1990, 408, 409 und vom 9. März 1989 - III ZR 76/88, BGHR BGB § 839 Abs. 3 Primärrechtsschutz 2).
20
c) Die Frage ist nunmehr zu verneinen (so auch Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl., S. 397 zum verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch ).
21
aa) Tragende Erwägung des Senats, der Geltendmachung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verjährungsunterbrechende beziehungsweise -hemmende Wirkung für einen Amtshaftungsanspruch, der auf dieselbe Pflichtverletzung gestützt wird, zuzuerkennen, war der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit (siehe insbesondere Senatsurteile vom 12. Mai 2011 aaO und vom 10. Februar 2011 aaO Rn. 37). Der Geschädigte soll nicht wegen Fortschreitens der Zeit gezwungen werden, eine Amtshaftungsklage zu erheben , um den Eintritt der Verjährung seines Anspruchs aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG zu verhindern, obgleich er noch parallel seinen Herstellungsanspruch verfolgt, der hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der in Rede stehenden Amtshandlung dieselben Fragen aufwirft.
22
Der Gesichtspunkt des Schutzes der Beteiligten vor der Notwendigkeit, wegen einer (möglicherweise) rechtswidrigen Amtshandlung mehrere Verfahren parallel zu führen, ist jedoch für § 839 Abs. 3 BGB nicht ausschlaggebend, auch wenn dies ein nützlicher Nebeneffekt sein mag. Das gesetzgeberische Anliegen , das der Regelung des § 839 Abs. 3 BGB zugrunde liegt, besteht vielmehr darin, nach Treu und Glauben nur demjenigen Schadensersatz zuzubilligen, der sich in gehörigem und ihm zumutbarem Maße für seine eigenen Belange einsetzt und damit den Schaden abzuwenden sich bemüht. Es soll nicht erlaubt sein, den Schaden entstehen oder größer werden zu lassen, um ihn schließlich, gewissermaßen als Lohn für eigene Untätigkeit, dem Beamten oder dem Staat in Rechnung zu stellen; § 839 Abs. 3 BGB stellt damit eine besondere Ausprägung von § 254 BGB dar (Senatsurteil vom 29. März 1971 - III ZR 98/69, BGHZ 56, 57, 63). Daneben ist die Deutung getreten, dass § 839 Abs. 3 BGB die schadensersatzrechtliche Sanktion des ihm vorausliegenden Gebots darstellt, den Primärrechtsschutz in Anspruch zu nehmen, die Vorschrift somit die sekundäre Schadensersatzpflicht in den Nachrang verweist (MünchKommBGB /Papier, 5. Aufl., § 839 Rn. 330; Ossenbühl/Cornils aaO S. 94). Wer durch hoheitliches Unrecht Schaden erleidet, muss sich unmittelbar gegen den schädigenden Hoheitsakt wenden, soweit dies möglich und zumutbar ist. Ein Wahlrecht steht dem Geschädigten nicht zu (dies. aaO).
23
bb) Ausgehend von diesen Zweckbestimmungen hat der Senat in seiner Rechtsprechung den Begriff des Rechtsmittels im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB wie oben unter Buchstaben a wiedergegeben ausgelegt. Mit dieser Definition ist es nicht vereinbar, den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch - ebenso wie den verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch - als Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB zu qualifizieren.
24
Der vom Bundessozialgericht richterrechtlich entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch knüpft an die Verletzung behördlicher Auskunfts-, Beratungs - und Betreuungspflichten als Nebenpflichten im Sozialrechtsverhältnis an. Er begründet einen Anspruch auf (eine Art von) Naturalrestitution. Er ist auf die Vornahme einer zulässigen Amts- beziehungsweise Rechtshandlung zur Herstellung desjenigen Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger die ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenden Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (st. Rspr., z.B.: BSG, NZS 2013, 233 Rn. 28; BSGE 65, 21, 26; 49, 76, 78 f; siehe auch Senatsurteil vom 11. Februar 1988 - III ZR 221/86, BGHZ 103, 242, 246). Damit entspricht er weitgehend dem im allgemeinen Verwaltungsrecht anerkannten Folgenbeseitigungsanspruch , der ebenfalls auf die Beseitigung der rechtswidrigen Folgen eines Handelns oder Unterlassens der vollziehenden Gewalt gerichtet ist und einen Ausgleich in natura gewährt (z.B. BVerwGE 140, 34 Rn. 18; BVerwG Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 35; BVerwGE 69, 366, 371). Zwar unterscheiden sich die beiden Institute darin, dass im Sozialrecht der Anspruch darauf gerichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn sich der Sozialleistungsträger von vornherein rechtmäßig verhalten hätte, während auf dem Gebiet des allgemeinen Verwaltungsrechts unrechtmäßige hoheitliche Maßnahmen nur im Rahmen zulässigen Verwaltungshandeln ausgeglichen werden können (BVerwG Buchholz aaO). Gegenstand eines verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs ist daher nicht die Einräumung derjenigen Rechtsposition, die der Betroffene bei rechtsfehlerfreiem Verwaltungshandeln haben würde. Der Anspruch auf Folgenbeseitigung ist dementsprechend regelmäßig nur auf die Wiederherstellung des ursprünglichen, durch hoheitliches Handeln veränderten Zustands gerichtet (BVerwG aaO).
25
Entscheidend im vorliegenden Zusammenhang ist jedoch die Gemeinsamkeit beider Ansprüche, dass sie nicht auf die Abwehr oder Veränderung der zugrunde liegenden Verwaltungsmaßnahme gerichtet sind, sondern die Beseitigung von deren Folgen zum Ziel haben. Sie tragen damit einen auf die Konsequenzen des in Rede stehenden Verwaltungshandelns oder -unterlassens gerichteten kompensatorischen, nicht aber auf die Maßnahme selbst gerichteten defensiven Charakter. Demgegenüber müssen sich, wie unter Buchstaben a ausgeführt, Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB unmittelbar gegen die als Amtspflichtverletzung darstellende Handlung richten und das Ziel haben, diese zu beseitigen oder zu berichtigen.
26
Der Amtshaftungsanspruch nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG ist ebenso wie der sozialrechtliche Herstellungs- und der verwaltungsrechtliche Folgenbeseitigungsanspruch auf den Ausgleich der Folgen von (pflichtwidrigen) Amtshandlungen und -unterlassungen gerichtet. Auch wenn § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB im Gegensatz zu den letztgenannten Instituten ein Verschulden des rechtswidrig handelnden Amtswalters erfordert (vgl. hierzu Senatsurteil vom 11. Februar 1988 - III ZR 221/86, BGHZ 103, 242, 246 f; BVerwG Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 35; BSGE 49, 76, 77, 80) und anders als diese nicht auf Naturalrestitution, sondern auf Geldersatz gerichtet ist (Senat aaO S. 247; zum Hintergrund näher Schäfer/Bonk, StHG, Einführung Rn. 53), steht er damit rechtssystematisch auf derselben Stufe wie diese Ansprüche. Auch dies spricht dagegen, ihnen im Wege des § 839 Abs. 3 BGB Vorrang gegenüber dem Amtshaftungsanspruch einzuräumen.
27
Diese Erwägungen korrespondieren damit, dass im - allerdings wegen fehlender Gesetzgebungskompetenz des Bundes für verfassungswidrig erklärten (BVerfGE 61, 149) - Staatshaftungsgesetz (StHG) vom 26. Juni 1981 (BGBl. I S. 553) der Folgenbeseitigungs- und der der Amtshaftung entsprechende Anspruch gleichrangig nebeneinander standen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 StHG hatte der Geschädigte grundsätzlich die Wahl, ob er statt der in § 3 StHG geregelten Folgenbeseitigung Geldersatz gemäß § 2 StHG verlangt. Auch der durch das Bundessozialgericht entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch trat "als weiterer Baustein" zu dem System öffentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs , das neben dem Amtshaftungsanspruch unter anderem Regelungen über die Enteignungsentschädigung, einen Ausgleich für enteignungsgleiche Eingriffe und den Aufopferungsanspruch enthält (BSGE 49, 76, 78). Schon die Formulierung, der sozialrechtliche Herstellungsanspruch trete zu dem "neben" dem Amtshaftungsanspruch bestehenden Ausgleichssystem, deu- tet darauf hin, dass nach der Konzeption des Bundessozialgerichts Gleichrang zwischen den beiden Instituten bestehen sollte. Noch deutlicher wird dies durch die Einreihung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu den aufgeführten übrigen Instituten. Insbesondere zwischen den Ansprüchen aus enteignungsgleichem Eingriff und dem Amtshaftungsanspruch besteht Anspruchskonkurrenz (z.B. BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 12. April 1954 - GSZ 1/54, BGHZ 13, 88 ff; Senatsurteil vom 11. Januar 2007 - III ZR 302/05, BGHZ 170, 260 Rn. 31). Die Haftung aus § 839 Abs. 1Satz 1 BGB ist nicht gegenüber dem Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff gemäß § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB subsidiär (BGH, Großer Senat für Zivilsachen, aaO S. 101 ff), und eine Anwendung von § 839 Abs. 3 BGB auf diesen Anspruch wurde erst gar nicht erwogen. Wird der sozialrechtliche Herstellungsanspruch im öffentlich-rechtlichen Ausgleichssystem auf dieselbe Stufe wie der Entschädigungsanspruch wegen enteignungsgleichen Eingriffs gestellt, ist dies ein weiterer Hinweis darauf, dass eine Forderung aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG gegenüber dem sozialrechtlichen Anspruch ebenfalls keinen Nachrang hat, worauf es aber hinauslaufen würde, wenn jener als Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB einzuordnen wäre.
28
Schließlich spricht auch der Charakter von § 839 Abs. 3 BGB als besondere Ausprägung von § 254 BGB (Senatsurteil vom 29. März 1971 - III ZR 98/69, BGHZ 56, 57, 63, siehe auch oben Buchst. aa) gegen die Qualifizierung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs und des verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs als Rechtsmittel im Sinne des Amtshaftungsrechts. Bei der im Rahmen der Auslegung der Vorschrift gebotenen typisierenden Betrachtungsweise sind Maßnahmen des Betroffenen, die sich unmittelbar gegen das in Rede stehende Amtshandeln oder -unterlassen richten, grundsätzlich geeignet, den Eintritt eines aus ihm folgenden Schadens zu verhindern oder zu mindern. Dies trifft auf den sozialrechtlichen Herstellungs- und den verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch nicht zu. Sie gewähren ebenso wie der Amtshaftungsanspruch lediglich einen Ausgleich der infolge der in Rede stehenden Amtsmaßnahme bereits eingetretenen Nachteile und sind schon vom Ansatz her nicht auf deren Vermeidung ausgerichtet. Auch sind sie - jedenfalls bei der wiederum erforderlichen generalisierenden Betrachtung - nicht dazu bestimmt, die Belastung der ausgleichspflichtigen Körperschaft zu mindern. Zwar sind sie auf Naturalrestitution gerichtet, während nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG ausschließlich Geldersatz geschuldet wird (z.B. Senatsurteil vom 11. Februar 1988 - III ZR 221/86, BGHZ 103, 242, 247). Die Naturalrestitution ist jedoch für den Ersatzpflichtigen nicht typischerweise wirtschaftlich weniger belastend als der Geldersatz.
29
Die Unanwendbarkeit von § 839 Abs. 3 BGB auf den sozialrechtlichen Herstellungs- und den verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch schließt allerdings im Einzelfall nicht aus, dass der Geschädigte, der eine Amtshaftungsforderung erhebt, gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf diese Ansprüche verwiesen werden kann, wenn die Naturalrestitution für die betroffene Körperschaft wirtschaftlich günstiger und dem Anspruchsberechtigten, auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Ausgleichszahlung (siehe hierzu BVerwGE 82, 24, 27 f), zuzumuten ist (vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 1988 aaO S. 248). Der vorliegend zur Entscheidung stehende Sachverhalt enthält aber keine Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Fallgestaltung vorliegen könnte. Im Gegenteil ist nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die vom Berufungsgericht in Betracht gezogene Beitragsgutschrift auf dem Rentenkonto der Klä- gerin im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruch die Beklagte im Ergebnis weniger belastet als die begehrte Zahlung von Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen dem tatsächlichen Rentenanspruch und demjenigen, der bestünde, wenn die Beklagte den Beitragsregress durchgeführt hätte.
30
3. Das Berufungsgericht hat, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig , keine Feststellungen zum Verschulden der Bediensteten der Beklagten getroffen. Dies ist nachzuholen. Hierbei wird das Berufungsgericht einerseits die sogenannte Kollegialgerichtsrichtlinie (vgl. hierzu z.B.: Senatsurteile vom 9. Dezember 2010 - III ZR 272/09, WM 2011, 571 Rn. 21; vom 4. November 2010 - III ZR 32/10, BGHZ 187, 286 Rn. 35 ff mit umfangreichen weiteren Nachweisen in Rn. 36; vom 16. Oktober 2008 - III ZR 15/08, WM 2009, 86 Rn. 21 und vom 2. Juni 2005 - III ZR 306/04, WM 2005, 1482, 1484) zu berücksichtigen haben, da das mit drei Berufsrichtern besetzte Landgericht eine Pflichtverletzung der Beklagten verneint hat, sich zugleich aber auch mit deren Einschränkungen zu befassen haben (siehe z.B. Senatsurteile vom 9. Dezember 2010; vom 16. Oktober 2008 und vom 2. Juni 2005 jeweils aaO; Senatsurteil vom 4. November 2010 aaO Rn. 37; Senatsurteil vom 12. November 1992 - III ZR 178/91, BGHZ 120, 184, 197 mwN; siehe ferner Staudinger/Wöstmann [2013] § 839 Rn. 213).
31
4. Weiterhin wird das Berufungsgericht gegebenenfalls Feststellungen zur Höhe des geltend gemachten Zahlungsanspruchs nachzuholen haben.
32
5. Da die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1, 3 ZPO).
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 27.07.2011 - 15 O 20925/10 -
OLG München, Entscheidung vom 24.05.2012 - 1 U 3366/11 -

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin Altersrente für Frauen ohne Kürzung der nach dem Fremdrentengesetz (FRG) anzurechnenden Entgeltpunkte (EP) zusteht.

2

Die im Jahre 1939 geborene Klägerin siedelte im Juni 1989 aus der ehemaligen Sowjetunion in die Bundesrepublik Deutschland über. Auf ihren Antrag vom September 1999 bewilligte die Beklagte Altersrente für Frauen ab 1.12.1999 (Bescheid vom 9.12.1999). Bei der Berechnung kürzte sie die EP der nach dem FRG anerkannten Beitragszeiten der Klägerin um 40 vH durch Multiplikation mit dem Faktor 0,6.

3

Mit Schreiben vom 26.2.2007 beantragte die Klägerin die "Rücknahme des Bescheides vom 13.1.1997" gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und die Neufeststellung ihrer Altersrente ohne Kürzung der Beitragszeiten nach dem FRG um 40 vH unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 13.6.2006 (BVerfGE 116, 96 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5). Die Beklagte lehnte die Rücknahme des Bescheids vom 9.12.1999 ab, weil die Klägerin ihren Überprüfungsantrag erst nach dem 31.12.2004 gestellt habe, so dass sie allein deshalb die Voraussetzungen der nach der Entscheidung des BVerfG getroffenen Übergangsregelung nicht erfülle (Bescheid vom 14.8.2007). Widerspruch und Klage blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 9.11.2007; Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.3.2009).

4

Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 5.10.2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch nach § 44 SGB X auf Rücknahme des Rentenbescheids vom 9.12.1999 und auf Gewährung einer Altersrente ohne Kürzung der nach dem FRG anzurechnenden EP um 40 vH. Gemäß § 22 Abs 4 FRG seien die EP für Zeiten nach §§ 15 und 16 FRG mit dem Faktor 0,6 zu vervielfältigen. Die Klägerin könne eine ungekürzte Altersrente auch nicht aus der rückwirkend zum 1.10.1996 eingefügten Fassung von Art 6 § 4c Abs 2 Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz (FANG<2007>) beanspruchen. Diese - auf die Entscheidung des BVerfG vom 13.6.2006 zurückzuführende - Übergangsregelung greife nicht zugunsten der Klägerin. Zwar sei unstreitig, dass sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik vor dem 1.1.1991 (am 20.6.1989) genommen und Altersrente nach dem 30.9.1996 (ab 1.12.1999) bezogen habe. Es fehle jedoch an einem Rentenantrag oder an einem bis zum 31.12.2004 gestellten Antrag auf Rücknahme des Rentenbescheids, über den am 30.6.2006 noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei. Am Stichtag der Vorschrift (30.6.2006) sei kein unbeschiedener Antrag der Klägerin anhängig gewesen. Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass der Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X auf Rücknahme des Rentenbewilligungsbescheids vom 9.12.1999 erst am 26.2.2007 gestellt worden sei.

5

Eine günstigere Regelung könne die Klägerin auch nicht aus der Formulierung in der og Entscheidung des BVerfG herleiten, wonach bereits bestandskräftig gewordene Verwaltungsakte von der Entscheidung "für die Zeit vor der Bekanntgabe unberührt" blieben. Dadurch habe das BVerfG klargestellt, dass der Gesetzgeber nicht verpflichtet gewesen sei, Verwaltungsverfahren, die im Zeitpunkt der Verkündung der Entscheidung des BVerfG bereits (bestandskräftig) abgeschlossen waren, für Zeiträume bis zur Entscheidung des BVerfG in eine gesetzliche Neuregelung einzubeziehen. Dadurch habe der Gesetzgeber der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Bestandskraft von Verwaltungsakten, die auch in § 79 Abs 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) zum Ausdruck komme, Rechnung getragen. Im Umkehrschluss bedeute dies nicht, dass für diese bestandskräftig gewordenen Verwaltungsakte eine Neuregelung für die Zukunft hätte getroffen werden müssen. Dies richte sich vielmehr danach, inwieweit das BVerfG die streitige Norm für nicht mit der Verfassung vereinbar erklärt habe. Entscheidend sei daher, ob für die Herstellung eines verfassungsgemäßen Zustands eine Änderung der Norm nur für in der Vergangenheit zurückliegende oder auch für zukünftige Zeiträume erforderlich sei. Die Neuregelung des Art 6 § 4c Abs 2 FANG (2007) sei jedenfalls mit den Vorgaben des BVerfG vereinbar. Mit der nach Zeiträumen gestaffelten Kürzung der EP in dieser Übergangsregelung habe der Gesetzgeber den Betroffenen hinreichend Zeit gelassen, um sich auf niedrigere Rentenhöhen einzustellen. Gerade die vom BVerfG für ausreichend erachtete Möglichkeit zur Anpassung der Lebensführung an den deutlich niedrigeren Rentenbetrag lasse auf eine verfassungsrechtlich zulässige Absenkung der Rentenhöhe für rentennahe Jahrgänge schließen.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verfassungswidrigkeit der Übergangsregelung des Art 6 § 4c Abs 2 FANG (2007). Rechte nach dem FRG seien bereits mit ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland entstanden. Nachfolgende Gesetzesänderungen hätten daher in ihre bereits entstandenen Ansprüche eingegriffen. Aus diesem Grund habe das BVerfG auch eine Übergangsregelung für notwendig erachtet. Diese erfasse jedoch nur einen Teil der durch die Gesetzesänderungen Betroffenen. Insbesondere berücksichtige die Norm nicht jenen Personenkreis, dem sie zugehörig sei. Auch für diese Personen gelte der Grundsatz des Vertrauensschutzes. Unter Beachtung der Vorgaben des BVerfG hätte sie in die Übergangsregelung einbezogen werden müssen.

7

           

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

        

die Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 5.10.2009 und des SG Detmold vom 26.3.2009 und den Bescheid der Beklagten vom 14.8.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.11.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Rücknahme des Bescheids vom 9.12.1999 Altersrente für Frauen ohne Kürzung der nach dem FRG ermittelten EP um den Faktor 0,6 und im Übrigen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ab dem 1.7.2006 zu gewähren.

8

           

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält Art 6 § 4c Abs 2 FANG (2007) für verfassungsgemäß. Im Übrigen beruft sie sich auf das Urteil des 5. Senats vom 20.10.2009 (BSG SozR 4-5050 § 22 Nr 9), wonach die Übergangsregelung auch dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutz für die von dieser Vorschrift erfassten Betroffenen entspreche.

10

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 165 Satz 1, § 153 Abs 1, § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz).

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das LSG hat die Berufung zu Recht zurückgewiesen. Mit ihrem Überprüfungsbegehren verfolgt die Klägerin eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG; vgl BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 3 RdNr 8; BSGE 88, 75, 77 = SozR 3-2200 § 1265 Nr 20 S 132; BSGE 81, 150, 152 = SozR 3-3100 § 30 Nr 18 S 43; BSGE 76, 156, 157 f = SozR 3-4100 § 249e Nr 7 S 52; BSG SozR 3-1300 § 44 Nr 8 S 19), die unbegründet ist. Der angefochtene Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 14.8.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.11.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Denn sie hat keinen Anspruch auf Rücknahme des bestandskräftigen Rentenbewilligungsbescheids vom 9.12.1999 sowie auf Neufeststellung einer höheren Altersrente ohne Kürzung der nach dem FRG ermittelten EP um den Faktor 0,6.

12

Die Beklagte ist weder nach Art 6 § 4c Abs 2 FANG (1.) noch nach der Rechtsfolgenanordnung des BVerfG (2.) oder nach verfahrensrechtlichen Vorschriften (3.) zur Änderung des bestandskräftigen Rentenbescheids vom 9.12.1999 verpflichtet. Zugunsten der Klägerin greift auch nicht der sozialrechtliche Herstellungsanspruch (4.). Das Überprüfungsbegehren scheitert daran, dass die ab 1.12.1999 vorgenommene Absenkung der EP für nach dem FRG anerkannte Beitragszeiten um 40 vH gemäß § 22 Abs 4 FRG ohne Ausgleich gesetzeskonform und verfassungsgemäß (5.) ist.

13

1. Gemäß § 22 Abs 4 FRG in der hier maßgeblichen Fassung von Art 3 Nr 4 Buchst b Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) vom 25.9.1996 (BGBl I 1461) sind die nach § 22 Abs 1 und 3 FRG maßgeblichen EP mit dem Faktor 0,6 zu vervielfältigen, also um 40 vH abzusenken. Diese Vorschrift, die bereits mit Wirkung vom 7.5.1996 in Kraft getreten ist (Art 12 Abs 2 WFG), hat die Beklagte rechtsfehlerfrei angewandt.

14

a) Die - ebenfalls mit Wirkung vom 7.5.1996 (Art 12 Abs 2 WFG) in Kraft getretene - als Übergangsregelung hierzu durch Art 6 § 4c FANG (1996) idF von Art 4 Nr 4 WFG geschaffene Ausnahme beließ es für "Berechtigte, die vor dem 7. Mai 1996 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen haben und deren Rente vor dem 1. Oktober 1996 beginnt", bei dem bis dahin geltenden Recht. In Verbindung mit der früheren Übergangsregelung des Art 6 § 4 Abs 5 FANG (1996) galt der Rentenabschlag in Höhe von 40 vH damit für alle nach dem FRG Berechtigten unabhängig vom Datum ihres Zuzugs mit einem Rentenbeginn ab dem 1.10.1996, wenn sie nicht unter das Abkommen vom 9.10.1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung fielen (vgl hierzu BVerfGE 116, 96, 101 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5 RdNr 22; BSG SozR 4-5050 § 22 Nr 9 RdNr 14). Zu diesem Personenkreis zählt auch die Klägerin. Die Beklagte hat diese Vorschriften ebenfalls rechtsfehlerfrei auf sie angewandt. .

15

b) Eine günstigere Rechtsposition kann die Klägerin auch nicht aus der durch Art 16 Nr 2 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20.4.2007 (BGBl I 554) rückwirkend zum 1.10.1996 (Art 27 Abs 2 aaO) angefügten Bestimmung des Art 6 § 4c Abs 2 FANG (2007) herleiten. Diese Übergangsregelung geht auf die Entscheidung des BVerfG vom 13.6.2006 (BVerfGE 116, 96 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5) zurück (vgl BT-Drucks 16/3794, S 48 zu Art 16), wonach es mit Art 2 Abs 1 Grundgesetz (GG) iVm dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip unvereinbar ist, dass § 22 Abs 4 FRG auf Berechtigte, die vor dem 1.1.1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen haben und deren Rente nach dem 30.9.1996 begonnen hat, ohne eine Übergangsregelung für die zum damaligen Zeitpunkt rentennahen Jahrgänge zur Anwendung kommt.

16

           

Art 6 § 4c Abs 2 FANG (2007) lautet:

"(2) Für Berechtigte,

1.    

die vor dem 1. Januar 1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen haben,

2.    

deren Rente nach dem 30. September 1996 beginnt und

3.    

über deren Rentenantrag oder über deren bis 31. Dezember 2004 gestellten Antrag auf Rücknahme des Rentenbescheides am 30. Juni 2006 noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist,

wird für diese Rente einmalig zum Rentenbeginn ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten ermittelt. Der Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten ergibt sich aus der Differenz zwischen der mit und ohne Anwendung von § 22 Abs 4 des Fremdrentengesetzes ermittelten Summe aller persönlichen Entgeltpunkte. Dieser Zuschlag wird monatlich für die Zeit des Rentenbezuges

        

vom 1. Oktober 1996 bis 30. Juni 1997 voll,

        

vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 zu drei Vierteln,

        

vom 1. Juli 1998 bis 30. Juni 1999 zur Hälfte und

        

vom 1. Juli 1999 bis 30. Juni 2000 zu einem Viertel

gezahlt. Für die Zeit des Rentenbezuges ab 1. Juli 2000 wird der Zuschlag nicht gezahlt. § 88 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch findet keine Anwendung. § 44 Abs 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch findet Anwendung."

17

c) Der Klägerin stehen aus dieser Übergangsregelung weder eine ungekürzte Rente unter voller Anrechnung der EP für die nach dem FRG anerkannten Zeiten noch ein Rentenzuschlag zu. Zwar hat sie vor dem 1.1.1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen (Juni 1989) und ihre Rente hat nach dem 30.9.1996 (Dezember 1999) begonnen (Abs 2 Satz 1 Nr 1 und 2). Die Voraussetzungen von Abs 2 Satz 1 Nr 3 sind jedoch nicht erfüllt. Denn über ihren Rentenantrag vom September 1999 war bereits mit Bewilligungsbescheid vom 9.12.1999 bindend (§ 77 SGG) entschieden worden. Es fehlt an einem "bis 31. Dezember 2004 gestellten Antrag auf Rücknahme des Rentenbescheids", weil die Klägerin den Antrag auf Rücknahme dieses Rentenbescheids erst mit Schreiben vom 26.2.2007 gestellt hat.

18

d) Gründe für eine Wiedereinsetzung in die am 31.12.2004 abgelaufene Frist zur Beantragung der Überprüfung des Rentenbescheids (§ 27 Abs 1 SGB X) sind vom LSG nicht festgestellt und von der Klägerin auch nicht behauptet worden - unabhängig von der Frage, ob eine Wiedereinsetzung zulässig wäre (§ 27 Abs 5 SGB X).

19

2. Die Klägerin kann auch keine Änderung des bindenden Rentenbescheids aus der Rechtsfolgenanordnung im Abschnitt D der Entscheidung des BVerfG vom 13.6.2006 (BVerfGE 116, 96, 135 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5 RdNr 111 ff), die für alle Gerichte und Behörden bindend ist (§ 31 Abs 1 BVerfGG), beanspruchen; weder für den Leistungszeitraum ab 1.12.1999 noch ab 1.7.2006.

20

           

Das BVerfG hat in der Rechtsfolgenanordnung im Abschnitt D Folgendes bestimmt (BVerfGE 116, 96, 135 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5 RdNr 111 bis 113):
"D. I. Da der Gesetzgeber im vorliegenden Fall eine Regelung in verfassungswidriger Weise unterlassen hat, kommt nur eine Unvereinbarkeitserklärung in Betracht.
Der Gesetzgeber hat bis zum 31.12.2007 eine verfassungsgemäße Regelung zu treffen.
II. Noch nicht rechts- oder bestandskräftig abgeschlossene Gerichts- und Verwaltungsverfahren, in denen sich Berechtigte, die vor dem 1.1.1991 in die Bundesrepublik Deutschland zugezogen sind und deren Rente nach dem 30.9.1996 begonnen hat, gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 22 Abs 4 FRG 1996 wegen der dort vorgesehenen Absenkung der ihrer Rente zu Grunde liegenden Entgeltpunkte wenden, bleiben ausgesetzt oder sind auszusetzen, um den Betroffenen die Möglichkeit zu erhalten, aus der vom Gesetzgeber zu treffenden Regelung Nutzen zu ziehen. Bereits bestandskräftig gewordene Verwaltungsakte bleiben von der vorliegenden Entscheidung für die Zeit vor der Bekanntgabe unberührt. Es ist dem Gesetzgeber aber unbenommen, die Wirkung dieser Entscheidung auch auf bereits bestandskräftige Bescheide zu erstrecken; von Verfassungs wegen verpflichtet ist er hierzu nicht (vgl BVerfGE 104, 126, 150)."

21

Mit der in Art 6 § 4c Abs 2 Satz 1 Nr 3 FANG (2007) normierten Regelung("über deren Rentenantrag oder über deren bis 31. Dezember 2004 gestellten Antrag auf Rücknahme des Rentenbescheids am 30. Juni 2006 noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist") ist der Gesetzgeber nicht hinter den Vorgaben des BVerfG zurückgeblieben (wonach "noch nicht rechts- oder bestandskräftig abgeschlossene Gerichts- und Verwaltungsverfahren" ausgesetzt bleiben oder auszusetzen sind). Hierbei hat der Gesetzgeber auch im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung des BVerfG am 30.6.2006 (durch Pressemitteilung des BVerfG Nr 58/2006) anhängige Überprüfungsverfahren in bestimmten zeitlichen Grenzen in die Übergangsregelung mit einbezogen.

22

Welche Gründe den Gesetzgeber bewogen haben, die Antragstellung für Überprüfungsverfahren auf den 31.12.2004 zu befristen, ergibt sich zwar nicht aus den Gesetzesmaterialien (vgl BT-Drucks 16/3794, S 48 zu Art 16; 16/4372; vgl auch BR-Drucks 2/07 S 122). Die Befristung erschließt sich aber aus dem zeitlich gestaffelten Rentenzuschlag in Art 6 § 4c Abs 2 Satz 3 FANG (2007). Sie trägt § 44 Abs 4 SGB X Rechnung(insoweit zutreffend LSG Bayern vom 18.2.2009 - L 13 R 909/08 - Juris RdNr 31), auf den Art 6 § 4c Abs 2 Satz 6 FANG (2007) verweist. Anträge auf Rücknahme des Rentenbescheids, die während des von der Vorschrift nicht erfassten Zeitraums ab 1.1.2005 gestellt worden sind, lösen von vornherein keinen Überprüfungsanspruch aus, weil die Rücknahme eines bindenden Rentenbescheids in diesem Fall keine Auswirkung mehr haben kann (vgl BSG SozR 3-6610 Art 5 Nr 1 S 4 mwN). Für ab 1.1.2005 gestellte Überprüfungsanträge hätte ein Rentenzuschlag allenfalls im Zeitraum von 2001 bis 2004 beansprucht werden können. Der gestaffelte Rentenzuschlag lief aber bereits mit Ablauf des 30.6.2000 gänzlich aus (Art 6 § 4c Abs 2 Sätze 3 und 4 FANG<2007>).

23

Für die Klägerin, die ihren Überprüfungsantrag erst am 26.2.2007, mithin nach der Bekanntgabe der Entscheidung des BVerfG gestellt hat, gilt daher die verbindliche Rechtsfolgenanordnung, dass bestandskräftig gewordene Verwaltungsakte von der Entscheidung des BVerfG für die Zeit vor dessen Bekanntgabe unberührt bleiben. Zwar war es demnach dem Gesetzgeber unbenommen, die Wirkung der Entscheidung auch auf bereits bestandskräftige Bescheide zu erstrecken. Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber in Art 6 § 4c Abs 2 Satz 1 Nr 3 Alt 2 FANG (2007) nur in Bezug auf bis 31.12.2004 gestellte Überprüfungsanträge Gebrauch gemacht.

24

3. Die Klägerin kann auch keine Änderung des bindenden Rentenbescheids aus verfahrensrechtlichen Normen herleiten, weder für den Leistungszeitraum ab 1.12.1999 noch ab 1.7.2006.

25

a) Ein Anspruch auf Rücknahme des bindenden Rentenbescheids aus § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X für den Leistungszeitraum vom 1.12.1999 bis 30.6.2000 besteht nicht. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Gemäß § 44 Abs 4 SGB X werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht, wenn der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden ist(Satz 1). Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (Satz 3).

26

Kann die Rücknahme eines bindenden Verwaltungsakts aber keine Auswirkung mehr haben, so besteht von vornherein kein Überprüfungsanspruch mehr (BSG SozR 3-6610 Art 5 Nr 1 S 4 mwN). So verhält es sich hier. Die Klägerin könnte selbst bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen von § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X auf ihren im Februar 2007 gestellten Antrag auf Rücknahme des Rentenbewilligungsbescheids vom 9.12.1999 allenfalls Leistungen im Zeitraum von 2003 bis 2006 beanspruchen (§ 44 Abs 4 SGB X). Der in Art 6 § 4c Abs 2 Satz 3 FANG (2007) gestaffelte Rentenzuschlag lief aber mit Ablauf des 30.6.2000 gänzlich aus.

27

b) Ebenso wenig wirkt sich § 100 Abs 4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), der durch Art 1 Nr 30 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20.4.2007 (BGBl I 554) mit Wirkung zum 1.5.2007 (Art 27 Abs 7) angefügt worden ist, zugunsten der Klägerin aus. Denn diese Bestimmung setzt ua einen Rücknahmeanspruch nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X voraus, der nicht vorliegt(s soeben unter a).

28

c) Auch eine Anwendung von § 48 Abs 1 oder 2 SGB X anstelle von § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X könnte die Klägerin nicht günstiger stellen. § 48 Abs 4 Satz 1 SGB X verweist insoweit ebenso auf die vierjährige Ausschlussfrist des § 44 Abs 4 SGB X. Dadurch werden bei der Aufhebung nach §§ 44 und 48 SGB X hinsichtlich der nachträglichen Erbringung von Sozialleistungen gleiche Ergebnisse erzielt(vgl Schütze in von Wulffen, 7. Aufl 2010, § 48 SGB X RdNr 33 mwN).

29

4. Die Klägerin kann für sich schließlich kein Recht aus dem - von der Rechtsprechung entwickelten - sozialrechtlichen Herstellungsanspruch herleiten. Dieser erfordert eine Pflichtverletzung und einen hierdurch hervorgerufenen Schaden auf dem Gebiet des Sozialrechts; als Rechtsfolge ist der Zustand wiederherzustellen, der ohne die Pflichtverletzung bestehen würde, wobei dies jedoch nur durch eine zulässige Amtshandlung geschehen darf (stRspr, vgl zu den Einzelheiten zB Senatsurteil vom 11.3.2004 - BSGE 92, 241, 243 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 3 RdNr 19 mwN).

30

Ein Übergangszuschlag nach Art 6 § 4c Abs 2 Satz 3 FANG (2007) aufgrund des Herstellungsanspruchs könnte in der vorliegenden Fallgestaltung allenfalls damit begründet werden, dass die Beklagte die Klägerin dahingehend hätte kontaktieren müssen, dass sie bis zum 31.12.2004 einen Antrag auf Rücknahme ihres (bindenden) Rentenbescheids vom 9.12.1999 hätte stellen müssen. Ein solches Beratungsverlangen ist aber abwegig. Denn der Ausgang des Verfahrens vor dem BVerfG war seinerzeit nicht vorhersehbar.

31

5. Der Senat hat sich nicht davon überzeugen können, dass die Übergangsregelung des Art 6 § 4c Abs 2 FANG (2007) verfassungswidrig ist.

32

a) Soweit die Klägerin meint, sie könne allein deshalb eine ungekürzte Altersrente beanspruchen, weil sie bereits vor 1991 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei und schon zu diesem Zeitpunkt Ansprüche nach dem FRG erworben habe, die der Gesetzgeber aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht mehr zu ihren Ungunsten habe ändern dürfen, geht diese Ansicht fehl. Das BVerfG hat ausdrücklich entschieden, dass der Personenkreis, der bereits vor diesem Datum zugezogen war, nicht allgemein von der Kürzung der EP um 40 vH ausgeschlossen ist. Ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass "allein die nach dem 1.1.1991 in die Bundesrepublik zugezogenen, nach dem FRG Berechtigten die Last der Sanierung der RV-Träger auf Dauer zu tragen hätten, konnte sich nicht bilden" (BVerfGE 116, 96, 132 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5 RdNr 104).

33

Im Übrigen ist bereits entschieden, dass die Stufenregelung des Art 6 § 4c Abs 2 FANG (2007) die Vorgaben im Beschluss des BVerfG vom 13.6.2006 (BVerfGE 116, 96 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5)erfüllt. Sie genügt den Anforderungen, die das BVerfG unter Berücksichtigung von Art 2 Abs 1 GG und des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzips an eine Übergangsregelung für FRG-Berechtigte, die vor dem 1.1.1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen und deren Rente nach dem 30.9.1996 begonnen hat, gestellt hat (vgl Senatsurteil vom 25.2.2010 - SozR 4-5050 § 22 Nr 10 RdNr 25 ff; BSG SozR 4-5050 § 22 Nr 9 RdNr 17 ff). Im Anschluss an das Senatsurteil (aaO) hat das BVerfG Art 6 § 4c Abs 2 FANG (2007) für mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt. Es hat ausgeführt, dass der Verfassung keine Verpflichtung zu entnehmen ist, die Übergangsregelung über einen längeren Zeitraum als den in Art 6 § 4c Abs 2 FANG (2007) vorgesehenen Zeitraum von 45 Monaten zu erstrecken oder die Reduzierung des Rentenbetrages in anderen Schritten vorzunehmen(BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 15.7.2010 - 1 BvR 1201/10 - NZS 2010, 557, 558). Die Klägerin muss daher die dauerhafte Rentenkürzung um 40 vH hinnehmen.

34

b) Soweit die Klägerin schließlich der Übergangsregelung nur deshalb nicht unterfällt, weil im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung des BVerfG am 30.6.2006 über ihren Rentenantrag bestandskräftig entschieden war und sie erst nach diesem Datum einen Antrag auf Rücknahme des bindenden Rentenbescheids gestellt hat, bleibt auch die Voraussetzung von Art 6 § 4c Abs 2 Satz 1 Nr 3 FANG (2007) nicht hinter den Vorgaben zurück, die das BVerfG als verfassungsrechtliche Rechtsfolge der Unvereinbarkeitserklärung verbindlich(Art 31 Abs 1 BVerfGG) formuliert hat (vgl oben unter 2.). Sie ist schon deshalb verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

35

Art 6 § 4c Abs 2 Satz 1 Nr 3 FANG (2007) privilegiert jene Versicherten, über deren Rente im Zeitpunkt der Entscheidung des BVerfG bzw über deren bis 31.12.2004 gestellte Überprüfungsanträge am Stichtag (30.6.2006) noch nicht bestandskräftig entschieden war, gegenüber jenen Berechtigten, bei denen dies - wie bei der Klägerin - der Fall war. Diese Ungleichbehandlung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG. Die Differenzierung beruht auf sachlichen Gründen.

36

Der Gesetzgeber war nicht verpflichtet, Verwaltungsakte, die zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung des BVerfG bereits bestandskräftig waren - anders als nach der konkreten Rechtsfolgenanordnung des BVerfG - ebenso zu behandeln wie (noch) nicht bindende Verwaltungsakte. Im Hinblick auf die Bestandskraft (Bindung) unterscheiden sich die Sachverhalte grundlegend voneinander, sodass eine differenzierte Behandlung gerechtfertigt ist. Das BVerfG hat geklärt, dass der Bestandskraft von Verwaltungsakten eine vergleichbare Bedeutung für die Rechtssicherheit zukommt wie der Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen. Es besteht auch ein verfassungsrechtliches Interesse daran, die Bestandskraft eines Hoheitsakts herbeizuführen, wenn die Rechtsordnung der Verwaltung die Befugnis erteilt hat, für ihren Bereich das im Einzelfall Verbindliche festzustellen, zu begründen oder zu verändern (so ausdrücklich BVerfGE 60, 253, 270; vgl auch BVerfG vom 15.10.2009 - 1 BvR 3522/08 - Juris RdNr 38: "wegen des verfassungsrechtlich anerkannten Grundsatzes der Bestandskraft").

37

Für die Klägerin gilt daher die Vorgabe des BVerfG, dass bestandskräftig gewordene Verwaltungsakte von der Entscheidung des BVerfG für die Zeit vor dessen Bekanntgabe unberührt bleiben. Von Verfassungs wegen bedurfte es keiner Korrektur von im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung des BVerfG bestandskräftigen Rentenbescheiden. Das BVerfG hat betont, dass es dem Gesetzgeber frei stand, die Wirkung seiner Entscheidung auch auf bereits bestandskräftige (Renten)Bescheide zu erstrecken.

38

Die aufgezeigte Differenzierung lässt sich mühelos auf den Rechtsgedanken der - verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden - Vorschrift von § 79 Abs 2 Satz 1 BVerfGG(dazu BVerfGE 20, 230, 236) zurückführen, wonach nicht mehr anfechtbare Entscheidungen, die auf einer für nichtig (oder für verfassungswidrig) erklärten Norm beruhen, unberührt bleiben. Dem liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass unanfechtbar gewordene Akte der öffentlichen Gewalt, die auf verfassungswidriger Grundlage zu Stande gekommen sind, im Einzelfall nicht rückwirkend aufgehoben und die nachteiligen Wirkungen, die in der Vergangenheit von ihnen ausgegangen sind, im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit nicht beseitigt werden sollen (stRspr, vgl zB BVerfGE 104, 126, 150; 107, 27, 58; 94, 241, 266 auch für den Fall der Unvereinbarkeitserklärung; ebenso Graßhof in Umbach/Clemens/Dollinger , BVerfGG, 2. Aufl, § 78 RdNr 69; § 79 RdNr 27 mwN).

39

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

(1) Soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, geht dieser auf den Versicherungsträger über, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird; dies gilt nicht, soweit

1.
der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt oder sonstige der Beitragspflicht unterliegende Leistungen erbringt oder
2.
der Anspruch auf Ersatz von Beiträgen nach § 116 übergegangen ist.
Für den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung gilt § 116 Abs. 3 Satz 1 und 2 entsprechend, soweit die Beiträge auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem bei unbegrenzter Haftung zu ersetzenden Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und der bei Bezug von Sozialleistungen beitragspflichtigen Einnahme entfallen.

(2) Der Versicherungsträger, auf den ein Teil des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 116 übergeht, übermittelt den von ihm festgestellten Sachverhalt dem Träger der Rentenversicherung auf einem einheitlichen Meldevordruck. Das Nähere über den Inhalt des Meldevordrucks und das Mitteilungsverfahren bestimmen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger.

(3) Die eingegangenen Beiträge oder Beitragsanteile gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge. Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Versicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte.

(4) Die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag ist im Einzelfall zulässig. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gelten für die Mitwirkungspflichten des Geschädigten die §§ 60, 61, 65 Abs. 1 und 3 sowie § 65a des Ersten Buches entsprechend.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 201/12 Verkündet am:
4. Juli 2013
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch und der Folgenbeseitigungsanspruch
des allgemeinen Verwaltungsrechts sind keine Rechtsmittel im Sinne
BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - III ZR 201/12 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juli 2013 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Wöstmann, Hucke und Seiters

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Oberlandesgerichts München - 1. Zivilsenat - vom 24. Mai 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin nimmt die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund aus Amtshaftung in Anspruch. Diese habe es versäumt, auf sie gemäß § 119 SGB X übergegangene Schadensersatzansprüche gegen Dritte vor Eintritt der Verjährung zu verfolgen, wodurch ihre, der Klägerin, Rentenansprüche verringert seien.
2
Die 1941 geborene Klägerin erlitt durch von ihr nicht zu verantwortende Verkehrsunfälle im August 1987 und im August 1988 unter anderem Halswirbelsäulen -Schleudertraumata. Vom 2. August 1987 an war sie wiederholt für längere Zeit arbeitsunfähig erkrankt. Vom 23. September bis zum 13. Dezember 1989 erhielt sie Arbeitslosengeld. Anschließend blieb sie ohne Einkommen.
3
Am 14. Juni 1989 beantragte sie bei der Beklagten eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Deren Bewilligung wurde wegen fehlender Beitragszeiten abgelehnt. Im Oktober 1993 beantragte sie bei der Beklagten erneut die Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente ab dem 14. Juni 1989. Diese Rente wurde mit Wirkung erst ab dem 1. Januar 1992 gewährt. Die gegen den entsprechenden Bescheid erhobene Sozialgerichtsklage der Klägerin blieb in zwei Instanzen ohne Erfolg. Ihre zugleich erhobene Klage, mit der sie die Beklagte verpflichten lassen wollte, den Beitragsregress aus den Verkehrsunfällen durchzuführen, wurde vom Sozialgericht abgetrennt und mit Beschluss vom 3. September 2002 ruhend gestellt. Nachdem sich die Klägerin im Jahr 2002 mit den Haftpflichtversicherern der Unfallverursacher verglichen hatte, soweit es sich nicht um auf die Leistungsträger der Sozialversicherung übergegangene Ansprüche handelte, beantragte sie bei der Beklagten, den Beitragsregress fortzuführen. Auf Anfrage der Klägerin teilte diese mit Schreiben vom 6. September 2005 mit, das Verfahren sei bereits Ende 1989 endgültig abgeschlossen worden. Lediglich für den Zeitraum vom 30. September bis zum 13. Dezember 1987 wurden von Haftpflichtversicherern Rentenbeiträge nachentrichtet.
4
Daraufhin rief die Klägerin den ruhenden Rechtsstreit beim Sozialgericht wieder auf. Ihre Klage blieb auch in zweiter Instanz erfolglos. Das Landessozialgericht stellte sich auf den Standpunkt, die Ansprüche gegen die Unfallgegner seien mittlerweile verjährt, und die Erhebung der Einrede der Verjährung sei als gewiss anzunehmen. Ergänzend führte das Landessozialgericht aus, dass über eine Verpflichtung der Beklagten, aus welchem Rechtsgrund auch immer, Pflichtbeiträge für die Ausfälle in der Rentenversicherung zu Gunsten der Klä- gerin vorzumerken, nicht zu entscheiden sei, da ein entsprechender Antrag nicht gestellt worden sei.
5
Seit dem 1. September 2006 bezieht die Klägerin von der Beklagten eine Altersrente.
6
Die Klägerin trägt vor, diese Rente wäre monatlich um mindestens 300 € höher ausgefallen, wenn die Beklagte den Beitragsregress wegen der beiden Verkehrsunfälle durchgeführt hätte. Die Differenz macht sie mit der vorliegenden Klage teilweise beziffert und im Übrigen im Wege der Feststellungsklage geltend. Die Beklagte hat unter anderem eingewandt, bis zum Jahr 1994 habe alles dafür gesprochen, dass die Erwerbsunfähigkeit der Klägerin nicht auf die Verkehrsunfälle, sondern auf ein hiervon unabhängiges Leiden zurückzuführen gewesen sei. Zudem hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt sie ihren Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe


8
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.


9
Nach Auffassung des Berufungsgerichts fällt der Beklagten zwar eine Amtspflichtverletzung zur Last. Einem Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG stehe jedoch entgegen, dass sie es versäumt habe, den ihr zustehenden sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu verfolgen. Die Ersatzpflicht der Beklagten trete dementsprechend gemäß § 839 Abs. 3 BGB nicht ein.
10
Die Beklagte habe es amtspflichtwidrig unterlassen, den auf sie gemäß § 119 SGB X übergegangenen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die wegen der Verkehrsunfälle Ersatzpflichtigen zu verfolgen. Auch wenn die Beklagte bis 1994 habe davon ausgehen dürfen, dass die Erwerbsunfähigkeit der Klägerin nicht auf die Unfälle, sondern auf eine hiervon unabhängige Erkrankung zurückzuführen sei, stelle sich ernsthaft die Frage, ob die Beklagte im Hinblick auf die unübersichtliche Sachlage nicht gehalten gewesen wäre, eine Feststellungsklage gegen die Unfallverursacher zu erheben. Aber auch, wenn eine solche Verpflichtung nicht bestanden hätte, läge eine Amtspflichtverletzung der Beklagten vor. Nach ihrem eigenen Vorbringen habe sie erst 1994 Kenntnis davon erhalten, dass die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin unfallbedingt gewesen sei. Die Beklagte hätte ab diesem Zeitpunkt die Ansprüche der Klägerin verfolgen müssen. Sie sei jedoch untätig geblieben, weil sie unzutreffend davon ausgegangen sei, dass die auf sie übergegangenen Schadensersatzansprüche zu diesem Zeitpunkt bereits verjährt gewesen seien. Die gemäß § 852 BGB a.F. für den Beginn der Verjährung maßgebliche Kenntnis aller anspruchsbegründenden Tatsachen habe sie jedoch erst 1994 erlangt. Für den verfahrensgegenständlichen Teilanspruch, der mit dem Entstehen der Beitragslücke auf die Beklagte übergegangen sei, komme es ab diesem Zeitpunkt für die Verjährung allein auf die Kenntnis der Beklagten an. Der Amtshaftungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte sei nicht verjährt. Vielmehr sei die Verjährung durch die sozialgerichtliche Klage auf Durchführung des Beitragsregresses gehemmt gewesen.
11
Die Klägerin habe jedoch gegen die Beklagte einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch auf Gutschrift der Beiträge auf ihrem Rentenversicherungskonto gehabt, die der Beklagten aufgrund des von ihr versäumten Beitragsregresses zugeflossen wären. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch sei ein Rechtsmittel im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB. Der Begriff des Rechtsmittels im Sinne dieser Bestimmung sei weit zu fassen. Zwar habe der Bundesgerichtshof noch nicht ausdrücklich darüber entschieden, ob der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hierunter falle. Dies ergebe sich jedoch aus dem Senatsurteil vom 11. Februar 1988 (III ZR 221/86, BGHZ 103, 242), in dem dieser Anspruch im Zusammenhang mit der Verjährung derForderung aus Amtshaftung als in seiner Zielsetzung mit der Inanspruchnahme des primären Rechtsschutzes eng verwandt bezeichnet worden sei.
12
Hätte die Klägerin den ihr zustehenden Herstellungsanspruch gegenüber der Beklagten erhoben, wäre der Schaden, den sie nunmehr im Wege der Amtshaftungsklage ersetzt verlangt, nicht eingetreten.

II.


13
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
14
1. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Vorliegen einer Amtspflichtverletzung der Beklagten und insbesondere zur Verjährung des auf sie übergegangenen Beitragsregressanspruchs gegen die aus den Verkehrsunfällen Ersatzpflichtigen nimmt die Revision als ihr günstig hin. Sie sind auch nicht zu beanstanden.
15
Die insoweit von der Beklagten erhobene Revisionsgegenrüge ist unbegründet. Sie meint, entgegen der Ansicht der Vorinstanz sei der Teilschadensersatzanspruch nach § 119 SGB X nicht erst mit Eintritt der Beitragslücke übergegangen , sondern bereits im Augenblick der Entstehung des gesamten Ersatzanspruchs mit dem Schadensereignis (unter Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 17. April 2012 - VI ZR 108/11, BGHZ 193, 67 Rn. 8 und vom 2. Dezember 2003 - VI ZR 243/02, NJW-RR 2004, 595, 596). Dies mag zutreffen, ist aber für die Rechtsposition der Beklagten unbehelflich. Da es sich um deliktische Ansprüche handelte, richtete sich der Verjährungsbeginn bereits vor der Neuregelung des Verjährungsrechts nach der Kenntnis des Ersatzberechtigten von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners (§ 852 BGB a.F.). Wenn der wegen des Beitragsschadens begründete Ersatzanspruch sogleich mit seiner Entstehung auf den Sozialversicherungsträger überging, kommt es für die Verjährung auf dessen Kenntnis an (BGH, Urteil vom 17. April 2012 aaO mit umfangreichen weiteren Nachweisen). Hiervon ist das Berufungsgericht in beiden von ihm hinsichtlich der Amtspflichtverletzung in Betracht gezogenen Varianten ausgegangen. Reichten die Erkenntnisse der Beklagten vor 1994 für die Erhebung einer Feststellungsklage zur Sicherung des Beitragsregresses aus, hatte sie die gegenüber der Klägerin bestehende Amtspflicht, diese Klage rechtzeitig vor Eintritt der Verjährung zu erheben oder einen Verzicht der Schuldner auf diese Einrede zu erwirken. Hatte die Beklagte hingegen erst 1994 hinreichend zuverlässige Kenntnis davon, dass die Erwerbsunfähig- keit der Klägerin unfallbedingt war, konnte die Verjährung des Beitragsregressanspruchs zuvor noch nicht begonnen haben, da die Kausalität ein für das Entstehen des Ersatzanspruchs erforderlicher tatsächlicher Umstand war. Dann aber hatten die Bediensteten der Beklagten, wie vom Berufungsgericht angenommen , ab 1994 die Amtspflicht, den Anspruch gegen die Unfallverursacher zu verfolgen, bevor die seither laufende Verjährung beendet war.
16
Ebenso ist die Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, dass der Amtshaftungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte nicht verjährt ist.
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2. Indessen vermag der Senat nicht der Beurteilung des Berufungsgerichts zu folgen, die Schadensersatzpflicht der Beklagten sei gemäß § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, weil die Klägerin es versäumt habe, ihren sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gegen die Beklagte geltend zu machen, der auf Gutschrift der infolge der Unfälle nicht fortentrichteten Beiträge auf ihrem Rentenkonto gerichtet gewesen sei. Dieser Anspruch ist kein Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB.
18
a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Begriff des Rechtsmittels zwar nicht auf die in den Verfahrensvorschriften vorgesehenen Behelfe beschränkt , sondern umfasst auch andere, rechtlich mögliche und geeignete - förmliche oder formlose - Rechtsbehelfe (z.B. Gegenvorstellungen, Erinnerungen an die Erledigung eines Antrags, Beschwerden und Dienstaufsichtsbeschwerden ), ist also in einem weiten Sinn zu verstehen (z.B.: Senatsurteile vom 4. Juni 2009 - III ZR 144/05, BGHZ 181, 199 Rn. 25; vom 8. Januar 2004 - III ZR 39/03, NJW-RR 2004, 706, 707; vom 9. Oktober 1997 - III ZR 4 /97, BGHZ 137, 11, 23 und vom 3. Juni 1993 - III ZR 104/92, BGHZ 123, 1, 7 f). Der Rechtsbehelf muss sich jedoch unmittelbar gegen die schädigende Amtshandlung oder Unterlassung selbst richten und ihre Beseitigung beziehungsweise Vornahme bezwecken und ermöglichen (Senat aaO sowie Urteil vom 16. Oktober 2008 - III ZR 15/08, WM 2009, 86 Rn. 24). Diese Voraussetzung erfüllt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch nicht.
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b) Allerdings hat der Senat, worauf das Berufungsgericht seine gegenteilige Rechtsauffassung gestützt hat, wiederholt entschieden, dass die Geltendmachung eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zur Unterbrechung beziehungsweise Hemmung der Verjährung eines Amtshaftungsanspruchs wegen desselben Fehlverhaltens des Sozialleistungsträgers führt (Urteile vom 20. Juli 2000 - III ZR 64/99, VersR 2001, 1108, 1112 und vom 11. Februar 1988 - III ZR 221/86, BGHZ 103, 242, 246; siehe auch Senatsurteile vom 12. Mai 2011 - III ZR 59/10, WM 2011, 1670 Rn. 56 f und vom 10. Februar 2011 - III ZR 37/10, BGHZ 188, 302 Rn. 36 f). Der Senat hat in diesem Kontext insbesondere den engen Zusammenhang des Herstellungsanspruchs mit dem Primärrechtsschutz hervorgehoben (Urteile vom 12. Mai 2011 aaO Rn. 57, 62 undvom 11. Februar 1988 aaO S. 247; siehe auch Urteil vom 10. Februar 2011 aaO Rn. 36). Er hat jedoch mangels Entscheidungserheblichkeit in den seinerzeit zu beurteilenden Sachverhalten bislang davon abgesehen zu entscheiden, ob der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ein Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB darstellt, diese Frage vielmehr ausdrücklich offen gelassen (Urteile vom 20. Juli 2000 aaO; vom 16. November 1989 - III ZR 146/88, NJW-RR 1990, 408, 409 und vom 9. März 1989 - III ZR 76/88, BGHR BGB § 839 Abs. 3 Primärrechtsschutz 2).
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c) Die Frage ist nunmehr zu verneinen (so auch Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl., S. 397 zum verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch ).
21
aa) Tragende Erwägung des Senats, der Geltendmachung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verjährungsunterbrechende beziehungsweise -hemmende Wirkung für einen Amtshaftungsanspruch, der auf dieselbe Pflichtverletzung gestützt wird, zuzuerkennen, war der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit (siehe insbesondere Senatsurteile vom 12. Mai 2011 aaO und vom 10. Februar 2011 aaO Rn. 37). Der Geschädigte soll nicht wegen Fortschreitens der Zeit gezwungen werden, eine Amtshaftungsklage zu erheben , um den Eintritt der Verjährung seines Anspruchs aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG zu verhindern, obgleich er noch parallel seinen Herstellungsanspruch verfolgt, der hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der in Rede stehenden Amtshandlung dieselben Fragen aufwirft.
22
Der Gesichtspunkt des Schutzes der Beteiligten vor der Notwendigkeit, wegen einer (möglicherweise) rechtswidrigen Amtshandlung mehrere Verfahren parallel zu führen, ist jedoch für § 839 Abs. 3 BGB nicht ausschlaggebend, auch wenn dies ein nützlicher Nebeneffekt sein mag. Das gesetzgeberische Anliegen , das der Regelung des § 839 Abs. 3 BGB zugrunde liegt, besteht vielmehr darin, nach Treu und Glauben nur demjenigen Schadensersatz zuzubilligen, der sich in gehörigem und ihm zumutbarem Maße für seine eigenen Belange einsetzt und damit den Schaden abzuwenden sich bemüht. Es soll nicht erlaubt sein, den Schaden entstehen oder größer werden zu lassen, um ihn schließlich, gewissermaßen als Lohn für eigene Untätigkeit, dem Beamten oder dem Staat in Rechnung zu stellen; § 839 Abs. 3 BGB stellt damit eine besondere Ausprägung von § 254 BGB dar (Senatsurteil vom 29. März 1971 - III ZR 98/69, BGHZ 56, 57, 63). Daneben ist die Deutung getreten, dass § 839 Abs. 3 BGB die schadensersatzrechtliche Sanktion des ihm vorausliegenden Gebots darstellt, den Primärrechtsschutz in Anspruch zu nehmen, die Vorschrift somit die sekundäre Schadensersatzpflicht in den Nachrang verweist (MünchKommBGB /Papier, 5. Aufl., § 839 Rn. 330; Ossenbühl/Cornils aaO S. 94). Wer durch hoheitliches Unrecht Schaden erleidet, muss sich unmittelbar gegen den schädigenden Hoheitsakt wenden, soweit dies möglich und zumutbar ist. Ein Wahlrecht steht dem Geschädigten nicht zu (dies. aaO).
23
bb) Ausgehend von diesen Zweckbestimmungen hat der Senat in seiner Rechtsprechung den Begriff des Rechtsmittels im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB wie oben unter Buchstaben a wiedergegeben ausgelegt. Mit dieser Definition ist es nicht vereinbar, den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch - ebenso wie den verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch - als Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB zu qualifizieren.
24
Der vom Bundessozialgericht richterrechtlich entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch knüpft an die Verletzung behördlicher Auskunfts-, Beratungs - und Betreuungspflichten als Nebenpflichten im Sozialrechtsverhältnis an. Er begründet einen Anspruch auf (eine Art von) Naturalrestitution. Er ist auf die Vornahme einer zulässigen Amts- beziehungsweise Rechtshandlung zur Herstellung desjenigen Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger die ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenden Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (st. Rspr., z.B.: BSG, NZS 2013, 233 Rn. 28; BSGE 65, 21, 26; 49, 76, 78 f; siehe auch Senatsurteil vom 11. Februar 1988 - III ZR 221/86, BGHZ 103, 242, 246). Damit entspricht er weitgehend dem im allgemeinen Verwaltungsrecht anerkannten Folgenbeseitigungsanspruch , der ebenfalls auf die Beseitigung der rechtswidrigen Folgen eines Handelns oder Unterlassens der vollziehenden Gewalt gerichtet ist und einen Ausgleich in natura gewährt (z.B. BVerwGE 140, 34 Rn. 18; BVerwG Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 35; BVerwGE 69, 366, 371). Zwar unterscheiden sich die beiden Institute darin, dass im Sozialrecht der Anspruch darauf gerichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn sich der Sozialleistungsträger von vornherein rechtmäßig verhalten hätte, während auf dem Gebiet des allgemeinen Verwaltungsrechts unrechtmäßige hoheitliche Maßnahmen nur im Rahmen zulässigen Verwaltungshandeln ausgeglichen werden können (BVerwG Buchholz aaO). Gegenstand eines verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs ist daher nicht die Einräumung derjenigen Rechtsposition, die der Betroffene bei rechtsfehlerfreiem Verwaltungshandeln haben würde. Der Anspruch auf Folgenbeseitigung ist dementsprechend regelmäßig nur auf die Wiederherstellung des ursprünglichen, durch hoheitliches Handeln veränderten Zustands gerichtet (BVerwG aaO).
25
Entscheidend im vorliegenden Zusammenhang ist jedoch die Gemeinsamkeit beider Ansprüche, dass sie nicht auf die Abwehr oder Veränderung der zugrunde liegenden Verwaltungsmaßnahme gerichtet sind, sondern die Beseitigung von deren Folgen zum Ziel haben. Sie tragen damit einen auf die Konsequenzen des in Rede stehenden Verwaltungshandelns oder -unterlassens gerichteten kompensatorischen, nicht aber auf die Maßnahme selbst gerichteten defensiven Charakter. Demgegenüber müssen sich, wie unter Buchstaben a ausgeführt, Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB unmittelbar gegen die als Amtspflichtverletzung darstellende Handlung richten und das Ziel haben, diese zu beseitigen oder zu berichtigen.
26
Der Amtshaftungsanspruch nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG ist ebenso wie der sozialrechtliche Herstellungs- und der verwaltungsrechtliche Folgenbeseitigungsanspruch auf den Ausgleich der Folgen von (pflichtwidrigen) Amtshandlungen und -unterlassungen gerichtet. Auch wenn § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB im Gegensatz zu den letztgenannten Instituten ein Verschulden des rechtswidrig handelnden Amtswalters erfordert (vgl. hierzu Senatsurteil vom 11. Februar 1988 - III ZR 221/86, BGHZ 103, 242, 246 f; BVerwG Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 35; BSGE 49, 76, 77, 80) und anders als diese nicht auf Naturalrestitution, sondern auf Geldersatz gerichtet ist (Senat aaO S. 247; zum Hintergrund näher Schäfer/Bonk, StHG, Einführung Rn. 53), steht er damit rechtssystematisch auf derselben Stufe wie diese Ansprüche. Auch dies spricht dagegen, ihnen im Wege des § 839 Abs. 3 BGB Vorrang gegenüber dem Amtshaftungsanspruch einzuräumen.
27
Diese Erwägungen korrespondieren damit, dass im - allerdings wegen fehlender Gesetzgebungskompetenz des Bundes für verfassungswidrig erklärten (BVerfGE 61, 149) - Staatshaftungsgesetz (StHG) vom 26. Juni 1981 (BGBl. I S. 553) der Folgenbeseitigungs- und der der Amtshaftung entsprechende Anspruch gleichrangig nebeneinander standen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 StHG hatte der Geschädigte grundsätzlich die Wahl, ob er statt der in § 3 StHG geregelten Folgenbeseitigung Geldersatz gemäß § 2 StHG verlangt. Auch der durch das Bundessozialgericht entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch trat "als weiterer Baustein" zu dem System öffentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs , das neben dem Amtshaftungsanspruch unter anderem Regelungen über die Enteignungsentschädigung, einen Ausgleich für enteignungsgleiche Eingriffe und den Aufopferungsanspruch enthält (BSGE 49, 76, 78). Schon die Formulierung, der sozialrechtliche Herstellungsanspruch trete zu dem "neben" dem Amtshaftungsanspruch bestehenden Ausgleichssystem, deu- tet darauf hin, dass nach der Konzeption des Bundessozialgerichts Gleichrang zwischen den beiden Instituten bestehen sollte. Noch deutlicher wird dies durch die Einreihung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu den aufgeführten übrigen Instituten. Insbesondere zwischen den Ansprüchen aus enteignungsgleichem Eingriff und dem Amtshaftungsanspruch besteht Anspruchskonkurrenz (z.B. BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 12. April 1954 - GSZ 1/54, BGHZ 13, 88 ff; Senatsurteil vom 11. Januar 2007 - III ZR 302/05, BGHZ 170, 260 Rn. 31). Die Haftung aus § 839 Abs. 1Satz 1 BGB ist nicht gegenüber dem Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff gemäß § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB subsidiär (BGH, Großer Senat für Zivilsachen, aaO S. 101 ff), und eine Anwendung von § 839 Abs. 3 BGB auf diesen Anspruch wurde erst gar nicht erwogen. Wird der sozialrechtliche Herstellungsanspruch im öffentlich-rechtlichen Ausgleichssystem auf dieselbe Stufe wie der Entschädigungsanspruch wegen enteignungsgleichen Eingriffs gestellt, ist dies ein weiterer Hinweis darauf, dass eine Forderung aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG gegenüber dem sozialrechtlichen Anspruch ebenfalls keinen Nachrang hat, worauf es aber hinauslaufen würde, wenn jener als Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB einzuordnen wäre.
28
Schließlich spricht auch der Charakter von § 839 Abs. 3 BGB als besondere Ausprägung von § 254 BGB (Senatsurteil vom 29. März 1971 - III ZR 98/69, BGHZ 56, 57, 63, siehe auch oben Buchst. aa) gegen die Qualifizierung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs und des verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs als Rechtsmittel im Sinne des Amtshaftungsrechts. Bei der im Rahmen der Auslegung der Vorschrift gebotenen typisierenden Betrachtungsweise sind Maßnahmen des Betroffenen, die sich unmittelbar gegen das in Rede stehende Amtshandeln oder -unterlassen richten, grundsätzlich geeignet, den Eintritt eines aus ihm folgenden Schadens zu verhindern oder zu mindern. Dies trifft auf den sozialrechtlichen Herstellungs- und den verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch nicht zu. Sie gewähren ebenso wie der Amtshaftungsanspruch lediglich einen Ausgleich der infolge der in Rede stehenden Amtsmaßnahme bereits eingetretenen Nachteile und sind schon vom Ansatz her nicht auf deren Vermeidung ausgerichtet. Auch sind sie - jedenfalls bei der wiederum erforderlichen generalisierenden Betrachtung - nicht dazu bestimmt, die Belastung der ausgleichspflichtigen Körperschaft zu mindern. Zwar sind sie auf Naturalrestitution gerichtet, während nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG ausschließlich Geldersatz geschuldet wird (z.B. Senatsurteil vom 11. Februar 1988 - III ZR 221/86, BGHZ 103, 242, 247). Die Naturalrestitution ist jedoch für den Ersatzpflichtigen nicht typischerweise wirtschaftlich weniger belastend als der Geldersatz.
29
Die Unanwendbarkeit von § 839 Abs. 3 BGB auf den sozialrechtlichen Herstellungs- und den verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch schließt allerdings im Einzelfall nicht aus, dass der Geschädigte, der eine Amtshaftungsforderung erhebt, gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf diese Ansprüche verwiesen werden kann, wenn die Naturalrestitution für die betroffene Körperschaft wirtschaftlich günstiger und dem Anspruchsberechtigten, auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Ausgleichszahlung (siehe hierzu BVerwGE 82, 24, 27 f), zuzumuten ist (vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 1988 aaO S. 248). Der vorliegend zur Entscheidung stehende Sachverhalt enthält aber keine Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Fallgestaltung vorliegen könnte. Im Gegenteil ist nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die vom Berufungsgericht in Betracht gezogene Beitragsgutschrift auf dem Rentenkonto der Klä- gerin im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruch die Beklagte im Ergebnis weniger belastet als die begehrte Zahlung von Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen dem tatsächlichen Rentenanspruch und demjenigen, der bestünde, wenn die Beklagte den Beitragsregress durchgeführt hätte.
30
3. Das Berufungsgericht hat, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig , keine Feststellungen zum Verschulden der Bediensteten der Beklagten getroffen. Dies ist nachzuholen. Hierbei wird das Berufungsgericht einerseits die sogenannte Kollegialgerichtsrichtlinie (vgl. hierzu z.B.: Senatsurteile vom 9. Dezember 2010 - III ZR 272/09, WM 2011, 571 Rn. 21; vom 4. November 2010 - III ZR 32/10, BGHZ 187, 286 Rn. 35 ff mit umfangreichen weiteren Nachweisen in Rn. 36; vom 16. Oktober 2008 - III ZR 15/08, WM 2009, 86 Rn. 21 und vom 2. Juni 2005 - III ZR 306/04, WM 2005, 1482, 1484) zu berücksichtigen haben, da das mit drei Berufsrichtern besetzte Landgericht eine Pflichtverletzung der Beklagten verneint hat, sich zugleich aber auch mit deren Einschränkungen zu befassen haben (siehe z.B. Senatsurteile vom 9. Dezember 2010; vom 16. Oktober 2008 und vom 2. Juni 2005 jeweils aaO; Senatsurteil vom 4. November 2010 aaO Rn. 37; Senatsurteil vom 12. November 1992 - III ZR 178/91, BGHZ 120, 184, 197 mwN; siehe ferner Staudinger/Wöstmann [2013] § 839 Rn. 213).
31
4. Weiterhin wird das Berufungsgericht gegebenenfalls Feststellungen zur Höhe des geltend gemachten Zahlungsanspruchs nachzuholen haben.
32
5. Da die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1, 3 ZPO).
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 27.07.2011 - 15 O 20925/10 -
OLG München, Entscheidung vom 24.05.2012 - 1 U 3366/11 -

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Thüringer Landessozialgerichts vom 21. Januar 2010 in Gestalt des Urteils vom 27. April 2010 - L 2 R 238/10 - aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Der Kläger, dem die Beklagte aufgrund eines Herstellungsanspruchs freiwillige Beiträge erstattet hat, begehrt auch die Zahlung von Zinsen.

2

Dem Antrag des Klägers auf Erstattung freiwillig entrichteter Beiträge von Januar 1992 bis Dezember 2004 entsprach die Beklagte in voller Höhe "im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs aufgrund eines Beratungsmangels" (Bescheid vom 25.1.2005). Der Widerspruch mit dem Begehren, den Erstattungsbetrag (9479,53 Euro) zu verzinsen (4479,14 Euro bis zum 31.3.2005), blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 19.5.2005).

3

Das SG Gotha hat die Klage auf Verurteilung zur Zahlung der Zinsen sowie die hilfsweise erhobene Klage auf Feststellung eines Anspruchs auf die gesetzlichen Verzugszinsen abgewiesen (Urteil vom 22.1.2007). Ein Amtshaftungsanspruch sei mit der Klage nicht zweifelsfrei geltend gemacht worden. Daher sei es nicht erforderlich gewesen, diesen Teil des Rechtsstreits abzutrennen und an das Zivilgericht zu verweisen.

4

Im Berufungsverfahren hat der Senatsvorsitzende dem Kläger mit Schreiben vom 13.1.2009 mitgeteilt, dass für in die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit fallende Ansprüche beabsichtigt sei, durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 SGG zu entscheiden. Soweit der Kläger Amtshaftungsansprüche verfolge, sei beabsichtigt, den Rechtsstreit abzutrennen und an das Landgericht (LG) Erfurt zu verweisen. Mit weiterem Schreiben vom 23.1.2009 hat der Senatsvorsitzende auf den Schriftsatz des Klägers vom 16.1.2009 mitgeteilt, für die ausdrücklich erst im Berufungsverfahren geltend gemachten Amtshaftungsansprüche werde an der Absicht der Trennung und Verweisung des Rechtsstreits an das LG Erfurt festgehalten.

5

Mit Beschluss vom 21.1.2010 hat das Thüringer LSG die Berufung des Klägers unter Auferlegung einer Missbrauchsgebühr von 600 Euro zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe weder einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen noch auf die hilfsweise begehrte Feststellung eines solchen Anspruchs. Der Kläger könne einen Zinsanspruch nicht aus einer direkten bzw analogen Anwendung von § 44 Abs 1 SGB I bzw von § 27 Abs 1 SGB IV oder aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen herleiten, weil die freiwilligen Beiträge zu Recht entrichtet worden seien. Da das SG die behaupteten Anspruchsgrundlagen als öffentlich-rechtlich qualifiziert habe, sei das LSG an die vom SG angenommene Zulässigkeit des Rechtswegs zur Sozialgerichtsbarkeit gebunden. Eine Verweisung des Rechtsstreits wegen des (auch) geltend gemachten Amtshaftungsanspruchs dürfe nicht erfolgen. Über solche Ansprüche dürfe ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit nicht entscheiden, denn nach § 17 Abs 2 Satz 2 GVG bleibe Art 34 Satz 3 GG unberührt. Rechtfertigten die übrigen Anspruchsgrundlagen kein stattgebendes Urteil, so sei die Klage als unbegründet abzuweisen; eine Verweisung sei nicht zulässig (Hinweis ua auf Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 51 RdNr 41).

6

Der Antrag des Klägers auf Ergänzung des Beschlusses vom 21.1.2010 um die Verweisung des Rechtsstreits wegen des Schadensersatzanspruchs nach bürgerlich-rechtlichen Vorschriften an das LSG blieb erfolglos (Thüringer LSG, Urteil vom 27.4.2010 - L 2 R 238/10). Zur Begründung heißt es, der angefochtene Beschluss habe keinen vom Kläger erhobenen Anspruch iS von § 140 Abs 1 SGG übergangen, sondern "ausgeführt, dass die auch auf Amtshaftung gestützte Klage als unbegründet abgewiesen wird, wenn die sonstigen Anspruchsgrundlagen kein stattgebendes Urteil rechtfertigen und … darauf hingewiesen, dass eine Verweisung an das LG Erfurt nicht zulässig ist."

7

Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Kläger Verfahrensmängel, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Divergenz. Er beantragt die Aufhebung der ihm auferlegten Verschuldenskosten und trägt vor:

8

Das LSG habe den Rechtsstreit hinsichtlich des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs an das LG Erfurt verweisen oder den Rechtsstreit gemäß § 159 Abs 1 SGG an das SG zurückverweisen müssen. Durch die unterbliebene Verweisung seien § 17 Abs 2 Satz 2 GVG iVm Art 34 Satz 3 GG und das Grundrecht des Klägers auf den gesetzlichen Richter(Art 101 Abs 1 Satz 2 GG, § 16 GVG, Art 87 Abs 3 der Verfassung des Freistaats Thüringen) verletzt worden. Das LSG habe zudem den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 GG) missachtet, weil es nicht ohne erneute Anhörung des Klägers gemäß § 153 Abs 4 Satz 2 SGG über die Berufung insgesamt hätte entscheiden dürfen. Im Fall einer erneuten Anhörung wäre nicht auszuschließen gewesen, dass die Entscheidung anders ausgefallen wäre. Durch die vom LSG gewählte Verfahrensweise liege eine zur Rechtsprechung des BSG vom 16.3.2006 (B 4 RA 24/05 B) divergierende Entscheidung vor, die die Zulassung der Revision rechtfertige. Der Kläger hält ferner vier Fragen für grundsätzlich bedeutsam.

9

II. Auf die Beschwerde des Klägers war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

10

1. Der Kläger hat formgerecht (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG) und auch im Ergebnis zutreffend die Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 128 Abs 2, § 62 SGG) in Ausprägung der Regelung des § 153 Abs 4 Satz 2 SGG gerügt(§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

11

Er beanstandet mit Recht, dass das LSG über seine Berufung entschieden hat, ohne ihn erneut gemäß § 153 Abs 4 Satz 2 SGG vor der Beschlussfassung gemäß Satz 1 dieser Vorschrift angehört zu haben.

12

a) Gemäß § 153 Abs 4 Satz 1 SGG kann das LSG die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Nach Satz 2 der Vorschrift sind die Beteiligten vorher zu hören. Die Anhörungspflicht nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG ist Ausdruck des verfassungsrechtlichen Gebots des rechtlichen Gehörs(Art 103 Abs 1 GG), das bei Anwendung des vereinfachten Verfahrens im Berufungsrechtszug nicht verkürzt werden darf (vgl Senatsbeschluss vom 29.8.2006 - SozR 4-1500 § 153 Nr 5 RdNr 5; BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 4 S 11 f mwN).

13

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist eine erneute Anhörung gemäß § 153 Abs 4 Satz 2 SGG erforderlich, wenn sich nach der ersten Anhörungsmitteilung die Prozesssituation entscheidungserheblich ändert(vgl zB Senatsbeschluss vom 15.7.2009 - B 13 RS 46/09 B - Juris RdNr 9; Senatsurteil vom 17.8.2000 - B 13 RJ 69/99 R - Juris RdNr 16 mwN; BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 4 S 12; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 153 RdNr 20). Insoweit gilt Entsprechendes wie für den sog Verbrauch einer Einverständniserklärung nach § 124 Abs 2 SGG (BSG SozR 3-1500 § 124 Nr 4 S 8).

14

Die Prozesssituation ändert sich auch dann entscheidungserheblich, wenn das LSG seine gegenüber den Beteiligten in einem entscheidungserheblichen Punkt geäußerte Rechtsauffassung ändert (vgl für das Verfahren nach § 124 Abs 2 SGG bereits BSG SozR 4-1500 § 124 Nr 1 RdNr 8). Die Beteiligten müssen dann vor der Beschlussfassung gemäß § 153 Abs 4 Satz 1 SGG erneut Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

15

b) Indem das LSG entgegen der mit Anhörungsschreiben vom 13.1. und 23.1.2009 gegenüber den Beteiligten angekündigten Verfahrensweise - den Amtshaftungsanspruch abzutrennen und an das Zivilgericht zu verweisen - die Berufung durch Beschluss gleichwohl insgesamt zurückgewiesen hat, ohne den Kläger über die geänderte Rechtsauffassung vor der Beschlussfassung zu informieren und ihn erneut anzuhören, hat es gegen § 153 Abs 4 Satz 2 SGG verstoßen. Dies war verfahrensfehlerhaft, ungeachtet der Frage, ob die vom LSG angekündigte Verfahrensweise rechtens gewesen wäre.

16

Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des LSG war für den Kläger nicht vorhersehbar, dass das LSG entgegen eigener Ankündigung über die Berufung ohne teilweise Verweisung des Rechtsstreits an das Zivilgericht entscheiden werde. Mit einem solchen Prozessverlauf musste der Kläger nicht rechnen. Durch den zweimaligen, eine Verweisung ankündigenden Hinweis des Senatsvorsitzenden hatte sich dieser (vorläufig) rechtlich festgelegt. Diese verlautbarte Rechtsauffassung entsprach der des Klägers, so dass dieser insoweit auf einen Verfahrensausgang in seinem Sinne vertrauen durfte. Genau das Gegenteil hat das LSG entschieden.

17

c) Bei einer Verletzung des § 153 Abs 4 SGG sind keine näheren Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensfehlers erforderlich. Wenn das LSG nur nach einer - unterbliebenen - erneuten Anhörungsmitteilung im gewählten vereinfachten Beschlussverfahren hätte entscheiden dürfen, bedarf es keiner Prüfung, was der Kläger auf den gebotenen schriftlichen Hinweis zur geänderten Rechtsmeinung oder in einer mündlichen Verhandlung vorgetragen hätte. Es handelt sich um einen absoluten Revisionsgrund gemäß § 202 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO, denn die Verletzung des § 153 Abs 4 SGG führt zur nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des LSG ohne ehrenamtliche Richter(vgl Senatsbeschluss vom 29.8.2006 - SozR 4-1500 § 153 Nr 5 RdNr 10; BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 13 S 40; BSG vom 8.11.2001 - B 11 AL 37/01 R - Juris RdNr 15; vgl auch BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 2 RdNr 10).

18

d) Zur Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerungen hebt der Senat gemäß § 160a Abs 5 SGG den angefochtenen Beschluss auf und verweist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurück.

19

2. Der Senat kann daher offen lassen, ob weitere der gerügten Verfahrensmängel vorliegen; darauf kommt es hier nicht mehr entscheidend an. Gleichwohl weist er, ohne damit abschließend alle denkbaren Alternativen aufzeigen zu wollen, auf Folgendes hin:

20

a) Das SG hat im Urteil vom 22.1.2007 nicht über einen Anspruch nach § 839 BGB iVm Art 34 GG entschieden, weil es den Antrag des Klägers so ausgelegt hat, dass sich daraus "noch kein Anspruch (gemeint: keine Geltendmachung eines Anspruchs) aus Amtspflichtverletzung" ergab. Damit hat das SG die geltend gemachten Ansprüche aber nicht vollends erfasst.

21

Denn zum einen hat sich der Kläger in der Klageschrift vom 28.5.2005 (erstinstanzlich hat er sich nicht weiter geäußert) durchaus auch auf einen "Schadensersatzanspruch nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen (§§ 812, 823 BGB)" bezogen und lediglich um Hinweis des Gerichts gebeten, falls nach dessen Ansicht "nicht die Beklagte, sondern die Bundesrepublik Deutschland nach den Grundsätzen der Amtshaftung (§ 839 BGB) zuständig sein" sollte.

22

Zum anderen hätte das SG selbst dann prüfen müssen, ob es über einen Amtshaftungsanspruch zu entscheiden hatte, wenn der Kläger diesen nicht ausdrücklich benannt hätte. Denn zwar oblag es nach der auch im sozialgerichtlichen Verfahren maßgebenden Dispositionsmaxime (s Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, Vor § 60 RdNr 3) diesem, welche "Ansprüche" er nach § 123 SGG "erheben" wollte. Damit war jedoch nicht in sein Belieben gestellt, auf welche materiell-rechtlichen Vorschriften er sein Begehren stützen wollte, vielmehr ist hiermit nur gesagt, dass er den Streitgegenstand bestimmt, also den Lebenssachverhalt und dasjenige, was er auf dessen Grundlage als gerichtliche Entscheidung anstrebt ("prozessualer Anspruch"; vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 95 RdNr 5): Der Kläger hat die Fakten zu liefern, die rechtliche Subsumtion ist Sache des Gerichts ("da mihi factum, dabo tibi ius"; "iura novit curia"; vgl insoweit auch zB BSG vom 28.3.2000, BSGE 86, 78, 79 f = SozR 3-1300 § 111 Nr 8 S 27).

23

Das LSG ist (unter Berufung auf Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 51 RdNr 41; dieser wiederum unter Hinweis auf Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl 2007, § 17 GVG RdNr 7) davon ausgegangen, ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit habe eine sowohl auf Amtshaftung wie auf sozialrechtliche Ansprüche gestützte Klage nicht - auch nicht teilweise - an das zuständige LG zu verweisen, sondern lediglich über die Anspruchsgrundlagen außerhalb der Amtshaftung zu entscheiden. Diese Verfahrensweise entspricht einer verbreiteten Rechtsansicht, die zur Begründung anführt, dass einerseits das GVG keine Teilverweisung kenne und andererseits einer Verweisung des gesamten Rechtsstreits (Streitgegenstands) der Grundsatz entgegenstehe, dass eine solche nicht erfolgen dürfe, wenn das angerufene Gericht zumindest für einen Teil der einschlägigen materiellen Ansprüche zuständig sei (s insgesamt zB BVerwG vom 15.12.1992 - 5 B 144/91, NVwZ 1993, 358 mwN sowie vom 19.11.1997 - 2 B 178/96; vgl auch BSG vom 28.3.2000, BSGE 86, 78, 79 f = SozR 3-1300 § 111 Nr 8 S 26 f; Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl 2010, § 17 GVG - kommentiert bei § 41 VwGO - RdNr 54; Rennert in Eyermann/ Fröhler, VwGO, 13. Aufl 2010, § 41/§§ 17-17b GVG RdNr 20; Ehlers in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand 2010, § 41/§ 17 GVG RdNr 39).

24

Die geschilderte Ansicht wäre mit der Regelung des § 17b Abs 1 Satz 2 GVG vereinbar. Dieser ist zu entnehmen, dass auch eine Klageerhebung beim unzuständigen Gericht die Rechtshängigkeit mit den dazugehörigen Wirkungen (zB Hemmung der Verjährung: § 204 Abs 1 Nr 1 BGB)eintreten lässt. Dies gilt jedoch auch für eine vor dem SG erhobene Amtshaftungsklage und ebenso dann, wenn die Klage daneben auf weitere materielle Ansprüche gestützt wird (§ 213 BGB). So dürfte zwar im Fall des Klägers an sich bereits im Zeitpunkt der Entscheidung des LSG die dreijährige Verjährungsfrist für den Amtshaftungsanspruch (§ 195 iVm § 199 Abs 1 BGB) abgelaufen gewesen sein; diese war jedoch durch die Erhebung der Klage vor dem SG gehemmt. Würde das sozialgerichtliche Verfahren rechtskräftig beendet, hätte der Kläger danach sechs Monate Zeit, um Amtshaftungsklage vor dem LG zu erheben, ohne dass die Hemmung der Verjährung enden würde (§ 204 Abs 2 Satz 1 BGB). Die Rechtskraft der klageabweisenden Entscheidung im sozialgerichtlichen Verfahren stände einer derartigen Klage nicht entgegen (Rennert in Eyermann/Fröhler, VwGO, 13. Aufl 2010, § 41/§§ 17-17b GVG RdNr 20). Unentschieden kann hier bleiben, ob es dem Kläger auf der Grundlage der geschilderten Rechtsansicht freistünde, bereits während des sozialgerichtlichen Verfahrens vor dem LG zu klagen (so Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 51 RdNr 41; Zimmermann in Münchener Komm zur ZPO, 3. Aufl 2008, § 17 GVG RdNr 11), oder er daran durch die anderweitige Rechtshängigkeit der Sache (§ 17 Abs 1 Satz 2 GVG) gehindert wäre.

25

Würde man diese Rechtsansicht zugrunde legen, hätte das LSG, wenn auch verfahrensfehlerhaft, im Ergebnis richtig entschieden.

26

b) Die unter a) aufgezeigte Lösungsmöglichkeit kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn das LSG nicht schon kraft eigener Kompetenz verpflichtet wäre, über den Amtshaftungsanspruch des Klägers materiell zu entscheiden. Gemäß § 202 SGG iVm § 17a Abs 5 GVG hat das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht zu prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Griffe diese Bindungswirkung hier ein, so würde diese auch dann gelten, wenn das Klagebegehren auf Amtshaftung gerichtet ist. Unter diesen Umständen hätte das LSG über den Amtshaftungsanspruch ausnahmsweise im sozialgerichtlichen Verfahren zu entscheiden (vgl BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 1 RdNr 6; dieser Rechtsprechung folgend: Schleswig-Holsteinisches LSG vom 7.1.2005 - L 3 AL 72/04 - Juris RdNr 19; LSG Nordrhein-Westfalen vom 12.3.2009 - L 7 AS 75/08 - Juris RdNr 24; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 2 RdNr 35). Für die Bindungswirkung nach § 17a Abs 5 GVG wäre allerdings von vornherein kein Raum, wenn das SG unter Missachtung von § 17a Abs 3 Satz 2 GVG trotz einer Rüge des fehlerhaften Rechtswegs zur Sache entschieden hätte(vgl dazu BGH vom 18.9.2008 - V ZB 40/08 - NJW 2008, 3572, 3573; BVerwG vom 28.1.1994 - 7 B 198/93 - DVBl 1994, 762 f mwN), wovon wohl hier nicht auszugehen sein dürfte.

27

Vorliegend ist problematisch, ob die Berufung des Klägers, über die das LSG zu befinden hat, sich in Bezug auf den auch mit der Klage geltend gemachten Amtshaftungsanspruch "gegen eine Entscheidung in der Hauptsache" richtet oder ob diese nur die sozialrechtlichen Anspruchsgrundlagen des Klagebegehrens erfasst. Denn das SG ist - wie bereits unter a) dargelegt - fehlerhaft davon ausgegangen, dass kein Amtshaftungsanspruch geltend gemacht worden sei, und hat die Klage daher allein nach Prüfung sozialrechtlicher Anspruchsgrundlagen abgewiesen.

28

In der Rechtsprechung des BSG ist eine "Entscheidung in der Hauptsache" iS von § 17a Abs 5 GVG selbst dann angenommen worden, wenn das SG die auf Amtshaftung gerichtete Klage als unzulässig abgewiesen hat, mithin nicht in der Hauptsache über den Amtshaftungsanspruch entschieden hat, weil es die Klage aus einem anderen Grund als dem des Rechtswegs (mangels Vorverfahrens) für unzulässig gehalten hat. Danach trifft die Vorinstanz nur dann keine Entscheidung in der Hauptsache iS von § 17a Abs 5 GVG, wenn sie die Unzulässigkeit der Klage mit der fehlenden Rechtswegzuständigkeit begründet(vgl BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 1 RdNr 5; ferner BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 2 RdNr 35).

29

Im Übrigen ist eine "Entscheidung in der Hauptsache" angenommen worden, wenn das erstinstanzliche Gericht den Rechtsweg ausdrücklich oder auch nur stillschweigend - durch Sachentscheidung - bejaht hat (stRspr, BGHZ 127, 297, 300; BGH vom 18.9.2008 - V ZB 40/08 - NJW 2008, 3572, 3573 mwN; BAGE 92, 1, 3; BVerwG vom 22.11.1997 - 2 B 104/97 - BayVBl 1998, 603 mwN; zustimmend Kissel/Mayer, GVG, 6. Aufl 2010, § 17 RdNr 47). Das Verbot der Prüfung des Rechtswegs durch das Rechtsmittelgericht soll selbst dann gelten, wenn sowohl das erstinstanzliche Gericht als auch die Beteiligten die sich aus dem Sachverhalt im Hinblick auf die Zulässigkeit des Rechtswegs ergebenden Rechtsfragen übersehen bzw diese rechtsfehlerhaft beantwortet haben (BGH vom 18.9.2008 - V ZB 40/08 - NJW 2008, 3572, 3573; zustimmend Lückemann in Zöller, ZPO, 28. Aufl 2010, § 17a GVG RdNr 18; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl 2010, § 17a GVG RdNr 24; kritisch dazu Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl 2011, § 17a GVG RdNr 20; vgl auch Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl 2010 § 17a GVG - kommentiert bei § 41 VwGO - RdNr 44).

30

Das LSG wird daher zu prüfen haben, ob das SG im vorliegenden Fall eine "Entscheidung in der Hauptsache" iS von § 17a Abs 5 GVG getroffen hat. Sollte das LSG zu dieser Auffassung gelangen, hätte es kraft eigener Kompetenz über den Amtshaftungsanspruch zu entscheiden.

31

Eine Verletzung von § 17 Abs 2 Satz 2 GVG, wonach Art 34 Satz 3 GG unberührt bleibt, läge dann nicht vor. Letztere Vorschrift verbietet lediglich, den ordentlichen Rechtsweg von vornherein auszuschließen; das Verbot einer durch allgemeine Verfahrensvorschriften ausnahmsweise begründeten Zuständigkeit ist darin nicht enthalten (BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 1 RdNr 8; BAG vom 14.12.1998 - 5 AS 8/98 - AP Nr 38 zu § 17a GVG - Juris RdNr 18). Auch das Recht des Klägers auf den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG) wäre dann nicht verletzt.

32

3. Da die Beschwerde bereits aus den unter 1. dargelegten Gründen erfolgreich ist, kann dahinstehen, ob - wie der Kläger zusätzlich geltend macht - die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder eine Divergenz vorliegt.

33

4. Das LSG wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 21. September 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger streitet um Auskunfts- und Amtshaftungsansprüche gegen die Beklagte.

2

Der 1957 geborene Kläger ist Arzt. Er befindet sich im (gelockerten) Maßregelvollzug in der K. in B.

3

Am 21.7.2006 hat er beim SG Oldenburg Klage erhoben und von dem beklagten Rentenversicherungsträger Akteneinsicht und Auskunft nach § 74 SGB X (Übermittlung von Sozialdaten) verlangt. Daneben hat er einen Amtshaftungsanspruch gegen die Beklagte erhoben und beantragt, diesen Klageantrag abzutrennen und durch Beschluss an das zuständige Landgericht Oldenburg gemäß § 17a Abs 2 GVG zu verweisen(Klageschrift vom 13.7.2006). Das Klageverfahren blieb erfolglos, ohne dass das SG den in der Klageschrift erhobenen Amtshaftungsanspruch im Tatbestand oder in den Gründen seiner Entscheidung erwähnt hätte (SG Oldenburg, Gerichtsbescheid vom 14.12.2007).

4

Das LSG Niedersachsen-Bremen hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 21.9.2011). Soweit der Kläger einen Amtshaftungsanspruch geltend mache, sei dieser mangels erstinstanzlicher Entscheidung nicht vom Berufungsverfahren erfasst. Wenn das SG versehentlich über diesen Teil des Streitgegenstandes nicht entschieden haben sollte, hätte der Kläger eine Ergänzung des Gerichtsbescheids gemäß § 140 SGG beantragen müssen. Da er dies versäumt habe, sei die Rechtshängigkeit des Amtshaftungsanspruchs erloschen. Soweit der Kläger den Anspruch im Berufungsverfahren erneut geltend mache, liege eine unzulässige Klageänderung vor, die im Übrigen rechtsmissbräuchlich sei. Der Kläger wisse, dass die Amtshaftungsklage beim Landgericht Oldenburg zu erheben sei, so dass von der Verfolgung verfahrensfremder Zwecke auszugehen sei.

5

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Mit der Beschwerdebegründung vom 11.5.2012 macht der Kläger Verfahrensmängel, eine Rechtsprechungsabweichung und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Die vom Kläger persönlich eingereichten zahlreichen und umfangreichen Schreiben außerhalb des Verfahrens der Prozesskostenhilfe hat der Senat nicht berücksichtigt (§ 73 Abs 4 SGG).

6

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat im Ergebnis keinen Erfolg.

7

Der Kläger hat zwar formgerecht (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG) die Verletzung von Verfahrensvorschriften (§§ 17, 17a GVG, Art 101 Abs 1 S 2 GG, §§ 62, 140 SGG)gerügt (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Verfahrensmängel, die zu einer Aufhebung des Berufungsurteils führen könnten, liegen aber nicht vor. Die im Übrigen erhobenen Rügen der Rechtsprechungsabweichung (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG)und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) sind nicht ordnungsgemäß bezeichnet bzw dargelegt (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).

8

1. Die gerügten Verfahrensmängel sind jedenfalls nicht entscheidungserheblich.

9

Der Kläger beanstandet im Kern, dass weder das SG noch das LSG eine Vorabentscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs (§ 17a Abs 3 S 2 GVG) wegen des in der Klageschrift (S 17, 24) erhobenen Amtshaftungsanspruchs (Art 34 S 3 GG, § 839 BGB) getroffen und den Rechtsstreit insoweit nicht an das für Amtshaftungsansprüche zuständige Landgericht (§§ 13, 71 Abs 2 Nr 2 GVG) verwiesen haben. Aus damit im Zusammenhang stehenden Verhaltensweisen des LSG leitet er Verstöße gegen §§ 62, 140 SGG, §§ 17, 17a GVG und Art 101 GG ab und beantragt, den Rechtsstreit hinsichtlich des Amtshaftungsanspruchs an das zuständige Landgericht zu verweisen. Die Rügen erweisen sich sämtlich als unbegründet, da nicht entscheidungserheblich. Denn das LSG war nicht verpflichtet, den Rechtsstreit teilweise (hinsichtlich des Amtshaftungsanspruchs) an das Landgericht zu verweisen.

10

Der Senat hat bereits darauf hingewiesen (vgl Senatsbeschluss vom 20.10.2010 - SozR 4-1500 § 153 Nr 11 RdNr 23 mwN), dass ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit keine Teilverweisung an das Zivilgericht vornehmen darf. Denn einerseits kennt das GVG keine Teilverweisung, andererseits steht der Verweisung des gesamten Rechtsstreits (Streitgegenstands) der Grundsatz entgegen, dass eine solche nicht erfolgen darf, wenn das angerufene Gericht zumindest für einen Teil der einschlägigen materiellen Ansprüche zuständig ist (wie hier für den Anspruch nach § 74 SGB X). Deshalb ist auch von dem Ausspruch einer teilweisen Unzulässigkeit des Rechtsweges und einer teilweisen Verweisung des Rechtsstreits an die für Amtshaftungsansprüche zuständigen ordentlichen Gerichte gemäß § 17a Abs 2 GVG abzusehen(vgl BVerwG vom 19.11.1997 - 2 B 178/96 - Juris; vom 15.12.1992 - 5 B 144/91 - NVwZ 1993, 353; vom 31.3.1993 - 7 B 5/93 - Buchholz 300 § 17 GVG Nr 1; BGH vom 5.7.1990 - III ZR 166/89 - NVwZ 1990, 1103).

11

Rechtsnachteile hat der Kläger deshalb nicht zu befürchten. § 17b Abs 1 S 2 GVG ist zu entnehmen, dass auch eine Klageerhebung beim unzuständigen Gericht die Rechtshängigkeit mit den dazugehörigen Wirkungen(zB Hemmung der Verjährung: § 204 Abs 1 Nr 1 BGB)eintreten lässt (vgl dazu Senatsbeschluss vom 20.10.2010 - SozR 4-1500 § 153 Nr 11 RdNr 24 mwN).

12

Unzutreffend sind daher die - wenngleich für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht entscheidungserheblichen - Ausführungen des LSG, wenn es meint, dass die Rechtshängigkeit des Amtshaftungsanspruchs erloschen sei, weil der Kläger den Gerichtsbescheid, der den Amtshaftungsanspruch unerwähnt lässt, nicht nach § 140 SGG hat ergänzen lassen. Dies kann dem Kläger jedenfalls nicht zum Nachteil gereichen (vgl Senatsbeschluss vom 26.8.1994 - 13 RJ 9/94 - Juris RdNr 32 im Fall einer zu Unrecht erfolgten Ausklammerung eines Anspruchs).

13

Aus Art 34 S 3 GG, § 17 Abs 2 S 2 GVG ergibt sich die alleinige Entscheidungszuständigkeit der ordentlichen Gerichte für Amtshaftungsansprüche. Ein Ausnahmefall, der dem LSG über die Bindungswirkung des § 17a Abs 5 GVG als Rechtsmittelgericht eine eigene Kompetenz geben könnte, über den Amtshaftungsanspruch zu entscheiden, liegt nicht vor(vgl dazu Senatsbeschluss vom 20.10.2010 - SozR 4-1500 § 153 Nr 11 RdNr 24 ff mwN). Denn das SG hat keine "Entscheidung in der Hauptsache" iS von § 17a Abs 5 GVG über den Amtshaftungsanspruch getroffen(vgl BSG aaO RdNr 28 mwN). Damit hat das LSG auch nicht über eine etwaige Rechtsmissbräuchlichkeit der vom Kläger erhobenen Amtshaftungsklage zu entscheiden. Dies obliegt vielmehr dem gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 S 2 GG; vgl BVerwG vom 5.2.2001 - 6 B 8/01 - Buchholz 300 § 17a GVG Nr 18). Auch insoweit liegt jedoch kein entscheidungserheblicher Verfahrensmangel vor.

14

2. Eine Divergenz hat der Kläger nicht hinreichend bezeichnet.

15

Divergenz liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zu Grunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet dies: Die Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in der in Bezug genommenen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht. Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das BSG die oberstgerichtliche Rechtsprechung im Revisionsverfahren seiner Entscheidung zu Grunde zu legen haben wird (stRspr, vgl zum Ganzen: BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; SozR 4-1500 § 160 Nr 10 RdNr 4; SozR 1500 § 160a Nr 67 S 89 ff; SozR 1500 § 160a Nr 14 S 22).

16

Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Klägers nicht. Zwar meint er, das Berufungsurteil weiche, soweit es den Amtshaftungsanspruch angehe, von den Rechtsgrundsätzen ab, die das BSG im Urteil vom 26.5.2011 - B 10 EG 12/10 R - (zur Veröffentlichung in SozR 4-7837 § 4 Nr 2 vorgesehen) aufgestellt habe. Demnach sei das LSG als Berufungsinstanz befugt (möglicherweise sogar verpflichtet), auch dann über die Rechtmäßigkeit eines Bescheids zu entscheiden, wenn dieser bereits in der ersten Instanz gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden sei, das SG zu dem Bescheid aber kein Wort verloren habe.

17

Für die formgerechte Bezeichnung einer Divergenz ist es aber nicht ausreichend, lediglich zu behaupten, das LSG habe gegen "die Rechtsgrundsätze" aus dem vorgenannten Urteil des BSG verstoßen. Ungeachtet dessen, dass der Kläger mit diesem Vortrag keinen abstrakten Rechtssatz aus dem Urteil des BSG bezeichnet hat, hat er auch versäumt, einen Rechtssatz aus dem Berufungsurteil aufzuzeigen.

18

3. Der Kläger hat auch nicht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ordnungsgemäß dargelegt.

19

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).

20
        

Der Kläger hält für grundsätzlich bedeutsam die Rechtsfrage:

        

"Welche Voraussetzungen muss der Antragsteller nachweisen, um den Anspruch auf Offenbarung personenbezogener Daten einer als unterhalts- und/oder zugewinnausgleichspflichtig in Betracht kommenden Person gem. § 74 Satz 1 Nr. 1a bzw. Nr. 2a SGB X geltend machen zu können?"

21

Es kann dahinstehen, ob es sich hierbei um eine klärungsbedürftige Rechts- oder nicht vielmehr um eine Tatsachenfrage handelt, die ersichtlich auf den Einzelfall des Klägers zugeschnitten ist und der deshalb von vornherein keine Breitenwirkung zukommen kann. Auch wenn der Kläger behauptet, dass zu dieser Frage bisher keine Rechtsprechung des BSG existiere und sie sich auch nicht aus Wortlaut, Sinn und Zweck von § 74 SGB X beantworten ließe, fehlt es jedenfalls an ausreichendem Vortrag zur Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Frage in einem angestrebten Revisionsverfahren. Auf der Grundlage des klägerischen Vortrags kann der Senat nicht beurteilen, ob die Frage in einem angestrebten Revisionsverfahren überhaupt entscheidungserheblich wäre. Denn der Kläger hat versäumt, den Inhalt des Berufungsurteils in nachvollziehbarer Weise darzulegen. Es fehlt an einer substantiierten Darstellung des Sachverhalts und der vom LSG ausgeurteilten maßgeblichen Entscheidungsgründe. Denn er trägt lediglich vor, dass er sich "in einem familiengerichtlichen Verfahren mit der im Jahre 2006 geschiedenen Ehefrau" befinde und teilt nur rudimentär Ausführungen des LSG mit ("das LSG unterstellt", S 7, S 8, S 10 der Beschwerdebegründung).

22

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Thüringer Landessozialgerichts vom 21. Januar 2010 in Gestalt des Urteils vom 27. April 2010 - L 2 R 238/10 - aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Der Kläger, dem die Beklagte aufgrund eines Herstellungsanspruchs freiwillige Beiträge erstattet hat, begehrt auch die Zahlung von Zinsen.

2

Dem Antrag des Klägers auf Erstattung freiwillig entrichteter Beiträge von Januar 1992 bis Dezember 2004 entsprach die Beklagte in voller Höhe "im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs aufgrund eines Beratungsmangels" (Bescheid vom 25.1.2005). Der Widerspruch mit dem Begehren, den Erstattungsbetrag (9479,53 Euro) zu verzinsen (4479,14 Euro bis zum 31.3.2005), blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 19.5.2005).

3

Das SG Gotha hat die Klage auf Verurteilung zur Zahlung der Zinsen sowie die hilfsweise erhobene Klage auf Feststellung eines Anspruchs auf die gesetzlichen Verzugszinsen abgewiesen (Urteil vom 22.1.2007). Ein Amtshaftungsanspruch sei mit der Klage nicht zweifelsfrei geltend gemacht worden. Daher sei es nicht erforderlich gewesen, diesen Teil des Rechtsstreits abzutrennen und an das Zivilgericht zu verweisen.

4

Im Berufungsverfahren hat der Senatsvorsitzende dem Kläger mit Schreiben vom 13.1.2009 mitgeteilt, dass für in die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit fallende Ansprüche beabsichtigt sei, durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 SGG zu entscheiden. Soweit der Kläger Amtshaftungsansprüche verfolge, sei beabsichtigt, den Rechtsstreit abzutrennen und an das Landgericht (LG) Erfurt zu verweisen. Mit weiterem Schreiben vom 23.1.2009 hat der Senatsvorsitzende auf den Schriftsatz des Klägers vom 16.1.2009 mitgeteilt, für die ausdrücklich erst im Berufungsverfahren geltend gemachten Amtshaftungsansprüche werde an der Absicht der Trennung und Verweisung des Rechtsstreits an das LG Erfurt festgehalten.

5

Mit Beschluss vom 21.1.2010 hat das Thüringer LSG die Berufung des Klägers unter Auferlegung einer Missbrauchsgebühr von 600 Euro zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe weder einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen noch auf die hilfsweise begehrte Feststellung eines solchen Anspruchs. Der Kläger könne einen Zinsanspruch nicht aus einer direkten bzw analogen Anwendung von § 44 Abs 1 SGB I bzw von § 27 Abs 1 SGB IV oder aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen herleiten, weil die freiwilligen Beiträge zu Recht entrichtet worden seien. Da das SG die behaupteten Anspruchsgrundlagen als öffentlich-rechtlich qualifiziert habe, sei das LSG an die vom SG angenommene Zulässigkeit des Rechtswegs zur Sozialgerichtsbarkeit gebunden. Eine Verweisung des Rechtsstreits wegen des (auch) geltend gemachten Amtshaftungsanspruchs dürfe nicht erfolgen. Über solche Ansprüche dürfe ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit nicht entscheiden, denn nach § 17 Abs 2 Satz 2 GVG bleibe Art 34 Satz 3 GG unberührt. Rechtfertigten die übrigen Anspruchsgrundlagen kein stattgebendes Urteil, so sei die Klage als unbegründet abzuweisen; eine Verweisung sei nicht zulässig (Hinweis ua auf Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 51 RdNr 41).

6

Der Antrag des Klägers auf Ergänzung des Beschlusses vom 21.1.2010 um die Verweisung des Rechtsstreits wegen des Schadensersatzanspruchs nach bürgerlich-rechtlichen Vorschriften an das LSG blieb erfolglos (Thüringer LSG, Urteil vom 27.4.2010 - L 2 R 238/10). Zur Begründung heißt es, der angefochtene Beschluss habe keinen vom Kläger erhobenen Anspruch iS von § 140 Abs 1 SGG übergangen, sondern "ausgeführt, dass die auch auf Amtshaftung gestützte Klage als unbegründet abgewiesen wird, wenn die sonstigen Anspruchsgrundlagen kein stattgebendes Urteil rechtfertigen und … darauf hingewiesen, dass eine Verweisung an das LG Erfurt nicht zulässig ist."

7

Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Kläger Verfahrensmängel, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Divergenz. Er beantragt die Aufhebung der ihm auferlegten Verschuldenskosten und trägt vor:

8

Das LSG habe den Rechtsstreit hinsichtlich des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs an das LG Erfurt verweisen oder den Rechtsstreit gemäß § 159 Abs 1 SGG an das SG zurückverweisen müssen. Durch die unterbliebene Verweisung seien § 17 Abs 2 Satz 2 GVG iVm Art 34 Satz 3 GG und das Grundrecht des Klägers auf den gesetzlichen Richter(Art 101 Abs 1 Satz 2 GG, § 16 GVG, Art 87 Abs 3 der Verfassung des Freistaats Thüringen) verletzt worden. Das LSG habe zudem den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 GG) missachtet, weil es nicht ohne erneute Anhörung des Klägers gemäß § 153 Abs 4 Satz 2 SGG über die Berufung insgesamt hätte entscheiden dürfen. Im Fall einer erneuten Anhörung wäre nicht auszuschließen gewesen, dass die Entscheidung anders ausgefallen wäre. Durch die vom LSG gewählte Verfahrensweise liege eine zur Rechtsprechung des BSG vom 16.3.2006 (B 4 RA 24/05 B) divergierende Entscheidung vor, die die Zulassung der Revision rechtfertige. Der Kläger hält ferner vier Fragen für grundsätzlich bedeutsam.

9

II. Auf die Beschwerde des Klägers war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

10

1. Der Kläger hat formgerecht (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG) und auch im Ergebnis zutreffend die Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 128 Abs 2, § 62 SGG) in Ausprägung der Regelung des § 153 Abs 4 Satz 2 SGG gerügt(§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

11

Er beanstandet mit Recht, dass das LSG über seine Berufung entschieden hat, ohne ihn erneut gemäß § 153 Abs 4 Satz 2 SGG vor der Beschlussfassung gemäß Satz 1 dieser Vorschrift angehört zu haben.

12

a) Gemäß § 153 Abs 4 Satz 1 SGG kann das LSG die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Nach Satz 2 der Vorschrift sind die Beteiligten vorher zu hören. Die Anhörungspflicht nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG ist Ausdruck des verfassungsrechtlichen Gebots des rechtlichen Gehörs(Art 103 Abs 1 GG), das bei Anwendung des vereinfachten Verfahrens im Berufungsrechtszug nicht verkürzt werden darf (vgl Senatsbeschluss vom 29.8.2006 - SozR 4-1500 § 153 Nr 5 RdNr 5; BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 4 S 11 f mwN).

13

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist eine erneute Anhörung gemäß § 153 Abs 4 Satz 2 SGG erforderlich, wenn sich nach der ersten Anhörungsmitteilung die Prozesssituation entscheidungserheblich ändert(vgl zB Senatsbeschluss vom 15.7.2009 - B 13 RS 46/09 B - Juris RdNr 9; Senatsurteil vom 17.8.2000 - B 13 RJ 69/99 R - Juris RdNr 16 mwN; BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 4 S 12; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 153 RdNr 20). Insoweit gilt Entsprechendes wie für den sog Verbrauch einer Einverständniserklärung nach § 124 Abs 2 SGG (BSG SozR 3-1500 § 124 Nr 4 S 8).

14

Die Prozesssituation ändert sich auch dann entscheidungserheblich, wenn das LSG seine gegenüber den Beteiligten in einem entscheidungserheblichen Punkt geäußerte Rechtsauffassung ändert (vgl für das Verfahren nach § 124 Abs 2 SGG bereits BSG SozR 4-1500 § 124 Nr 1 RdNr 8). Die Beteiligten müssen dann vor der Beschlussfassung gemäß § 153 Abs 4 Satz 1 SGG erneut Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

15

b) Indem das LSG entgegen der mit Anhörungsschreiben vom 13.1. und 23.1.2009 gegenüber den Beteiligten angekündigten Verfahrensweise - den Amtshaftungsanspruch abzutrennen und an das Zivilgericht zu verweisen - die Berufung durch Beschluss gleichwohl insgesamt zurückgewiesen hat, ohne den Kläger über die geänderte Rechtsauffassung vor der Beschlussfassung zu informieren und ihn erneut anzuhören, hat es gegen § 153 Abs 4 Satz 2 SGG verstoßen. Dies war verfahrensfehlerhaft, ungeachtet der Frage, ob die vom LSG angekündigte Verfahrensweise rechtens gewesen wäre.

16

Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des LSG war für den Kläger nicht vorhersehbar, dass das LSG entgegen eigener Ankündigung über die Berufung ohne teilweise Verweisung des Rechtsstreits an das Zivilgericht entscheiden werde. Mit einem solchen Prozessverlauf musste der Kläger nicht rechnen. Durch den zweimaligen, eine Verweisung ankündigenden Hinweis des Senatsvorsitzenden hatte sich dieser (vorläufig) rechtlich festgelegt. Diese verlautbarte Rechtsauffassung entsprach der des Klägers, so dass dieser insoweit auf einen Verfahrensausgang in seinem Sinne vertrauen durfte. Genau das Gegenteil hat das LSG entschieden.

17

c) Bei einer Verletzung des § 153 Abs 4 SGG sind keine näheren Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensfehlers erforderlich. Wenn das LSG nur nach einer - unterbliebenen - erneuten Anhörungsmitteilung im gewählten vereinfachten Beschlussverfahren hätte entscheiden dürfen, bedarf es keiner Prüfung, was der Kläger auf den gebotenen schriftlichen Hinweis zur geänderten Rechtsmeinung oder in einer mündlichen Verhandlung vorgetragen hätte. Es handelt sich um einen absoluten Revisionsgrund gemäß § 202 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO, denn die Verletzung des § 153 Abs 4 SGG führt zur nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des LSG ohne ehrenamtliche Richter(vgl Senatsbeschluss vom 29.8.2006 - SozR 4-1500 § 153 Nr 5 RdNr 10; BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 13 S 40; BSG vom 8.11.2001 - B 11 AL 37/01 R - Juris RdNr 15; vgl auch BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 2 RdNr 10).

18

d) Zur Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerungen hebt der Senat gemäß § 160a Abs 5 SGG den angefochtenen Beschluss auf und verweist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurück.

19

2. Der Senat kann daher offen lassen, ob weitere der gerügten Verfahrensmängel vorliegen; darauf kommt es hier nicht mehr entscheidend an. Gleichwohl weist er, ohne damit abschließend alle denkbaren Alternativen aufzeigen zu wollen, auf Folgendes hin:

20

a) Das SG hat im Urteil vom 22.1.2007 nicht über einen Anspruch nach § 839 BGB iVm Art 34 GG entschieden, weil es den Antrag des Klägers so ausgelegt hat, dass sich daraus "noch kein Anspruch (gemeint: keine Geltendmachung eines Anspruchs) aus Amtspflichtverletzung" ergab. Damit hat das SG die geltend gemachten Ansprüche aber nicht vollends erfasst.

21

Denn zum einen hat sich der Kläger in der Klageschrift vom 28.5.2005 (erstinstanzlich hat er sich nicht weiter geäußert) durchaus auch auf einen "Schadensersatzanspruch nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen (§§ 812, 823 BGB)" bezogen und lediglich um Hinweis des Gerichts gebeten, falls nach dessen Ansicht "nicht die Beklagte, sondern die Bundesrepublik Deutschland nach den Grundsätzen der Amtshaftung (§ 839 BGB) zuständig sein" sollte.

22

Zum anderen hätte das SG selbst dann prüfen müssen, ob es über einen Amtshaftungsanspruch zu entscheiden hatte, wenn der Kläger diesen nicht ausdrücklich benannt hätte. Denn zwar oblag es nach der auch im sozialgerichtlichen Verfahren maßgebenden Dispositionsmaxime (s Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, Vor § 60 RdNr 3) diesem, welche "Ansprüche" er nach § 123 SGG "erheben" wollte. Damit war jedoch nicht in sein Belieben gestellt, auf welche materiell-rechtlichen Vorschriften er sein Begehren stützen wollte, vielmehr ist hiermit nur gesagt, dass er den Streitgegenstand bestimmt, also den Lebenssachverhalt und dasjenige, was er auf dessen Grundlage als gerichtliche Entscheidung anstrebt ("prozessualer Anspruch"; vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 95 RdNr 5): Der Kläger hat die Fakten zu liefern, die rechtliche Subsumtion ist Sache des Gerichts ("da mihi factum, dabo tibi ius"; "iura novit curia"; vgl insoweit auch zB BSG vom 28.3.2000, BSGE 86, 78, 79 f = SozR 3-1300 § 111 Nr 8 S 27).

23

Das LSG ist (unter Berufung auf Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 51 RdNr 41; dieser wiederum unter Hinweis auf Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl 2007, § 17 GVG RdNr 7) davon ausgegangen, ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit habe eine sowohl auf Amtshaftung wie auf sozialrechtliche Ansprüche gestützte Klage nicht - auch nicht teilweise - an das zuständige LG zu verweisen, sondern lediglich über die Anspruchsgrundlagen außerhalb der Amtshaftung zu entscheiden. Diese Verfahrensweise entspricht einer verbreiteten Rechtsansicht, die zur Begründung anführt, dass einerseits das GVG keine Teilverweisung kenne und andererseits einer Verweisung des gesamten Rechtsstreits (Streitgegenstands) der Grundsatz entgegenstehe, dass eine solche nicht erfolgen dürfe, wenn das angerufene Gericht zumindest für einen Teil der einschlägigen materiellen Ansprüche zuständig sei (s insgesamt zB BVerwG vom 15.12.1992 - 5 B 144/91, NVwZ 1993, 358 mwN sowie vom 19.11.1997 - 2 B 178/96; vgl auch BSG vom 28.3.2000, BSGE 86, 78, 79 f = SozR 3-1300 § 111 Nr 8 S 26 f; Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl 2010, § 17 GVG - kommentiert bei § 41 VwGO - RdNr 54; Rennert in Eyermann/ Fröhler, VwGO, 13. Aufl 2010, § 41/§§ 17-17b GVG RdNr 20; Ehlers in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand 2010, § 41/§ 17 GVG RdNr 39).

24

Die geschilderte Ansicht wäre mit der Regelung des § 17b Abs 1 Satz 2 GVG vereinbar. Dieser ist zu entnehmen, dass auch eine Klageerhebung beim unzuständigen Gericht die Rechtshängigkeit mit den dazugehörigen Wirkungen (zB Hemmung der Verjährung: § 204 Abs 1 Nr 1 BGB)eintreten lässt. Dies gilt jedoch auch für eine vor dem SG erhobene Amtshaftungsklage und ebenso dann, wenn die Klage daneben auf weitere materielle Ansprüche gestützt wird (§ 213 BGB). So dürfte zwar im Fall des Klägers an sich bereits im Zeitpunkt der Entscheidung des LSG die dreijährige Verjährungsfrist für den Amtshaftungsanspruch (§ 195 iVm § 199 Abs 1 BGB) abgelaufen gewesen sein; diese war jedoch durch die Erhebung der Klage vor dem SG gehemmt. Würde das sozialgerichtliche Verfahren rechtskräftig beendet, hätte der Kläger danach sechs Monate Zeit, um Amtshaftungsklage vor dem LG zu erheben, ohne dass die Hemmung der Verjährung enden würde (§ 204 Abs 2 Satz 1 BGB). Die Rechtskraft der klageabweisenden Entscheidung im sozialgerichtlichen Verfahren stände einer derartigen Klage nicht entgegen (Rennert in Eyermann/Fröhler, VwGO, 13. Aufl 2010, § 41/§§ 17-17b GVG RdNr 20). Unentschieden kann hier bleiben, ob es dem Kläger auf der Grundlage der geschilderten Rechtsansicht freistünde, bereits während des sozialgerichtlichen Verfahrens vor dem LG zu klagen (so Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 51 RdNr 41; Zimmermann in Münchener Komm zur ZPO, 3. Aufl 2008, § 17 GVG RdNr 11), oder er daran durch die anderweitige Rechtshängigkeit der Sache (§ 17 Abs 1 Satz 2 GVG) gehindert wäre.

25

Würde man diese Rechtsansicht zugrunde legen, hätte das LSG, wenn auch verfahrensfehlerhaft, im Ergebnis richtig entschieden.

26

b) Die unter a) aufgezeigte Lösungsmöglichkeit kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn das LSG nicht schon kraft eigener Kompetenz verpflichtet wäre, über den Amtshaftungsanspruch des Klägers materiell zu entscheiden. Gemäß § 202 SGG iVm § 17a Abs 5 GVG hat das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht zu prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Griffe diese Bindungswirkung hier ein, so würde diese auch dann gelten, wenn das Klagebegehren auf Amtshaftung gerichtet ist. Unter diesen Umständen hätte das LSG über den Amtshaftungsanspruch ausnahmsweise im sozialgerichtlichen Verfahren zu entscheiden (vgl BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 1 RdNr 6; dieser Rechtsprechung folgend: Schleswig-Holsteinisches LSG vom 7.1.2005 - L 3 AL 72/04 - Juris RdNr 19; LSG Nordrhein-Westfalen vom 12.3.2009 - L 7 AS 75/08 - Juris RdNr 24; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 2 RdNr 35). Für die Bindungswirkung nach § 17a Abs 5 GVG wäre allerdings von vornherein kein Raum, wenn das SG unter Missachtung von § 17a Abs 3 Satz 2 GVG trotz einer Rüge des fehlerhaften Rechtswegs zur Sache entschieden hätte(vgl dazu BGH vom 18.9.2008 - V ZB 40/08 - NJW 2008, 3572, 3573; BVerwG vom 28.1.1994 - 7 B 198/93 - DVBl 1994, 762 f mwN), wovon wohl hier nicht auszugehen sein dürfte.

27

Vorliegend ist problematisch, ob die Berufung des Klägers, über die das LSG zu befinden hat, sich in Bezug auf den auch mit der Klage geltend gemachten Amtshaftungsanspruch "gegen eine Entscheidung in der Hauptsache" richtet oder ob diese nur die sozialrechtlichen Anspruchsgrundlagen des Klagebegehrens erfasst. Denn das SG ist - wie bereits unter a) dargelegt - fehlerhaft davon ausgegangen, dass kein Amtshaftungsanspruch geltend gemacht worden sei, und hat die Klage daher allein nach Prüfung sozialrechtlicher Anspruchsgrundlagen abgewiesen.

28

In der Rechtsprechung des BSG ist eine "Entscheidung in der Hauptsache" iS von § 17a Abs 5 GVG selbst dann angenommen worden, wenn das SG die auf Amtshaftung gerichtete Klage als unzulässig abgewiesen hat, mithin nicht in der Hauptsache über den Amtshaftungsanspruch entschieden hat, weil es die Klage aus einem anderen Grund als dem des Rechtswegs (mangels Vorverfahrens) für unzulässig gehalten hat. Danach trifft die Vorinstanz nur dann keine Entscheidung in der Hauptsache iS von § 17a Abs 5 GVG, wenn sie die Unzulässigkeit der Klage mit der fehlenden Rechtswegzuständigkeit begründet(vgl BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 1 RdNr 5; ferner BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 2 RdNr 35).

29

Im Übrigen ist eine "Entscheidung in der Hauptsache" angenommen worden, wenn das erstinstanzliche Gericht den Rechtsweg ausdrücklich oder auch nur stillschweigend - durch Sachentscheidung - bejaht hat (stRspr, BGHZ 127, 297, 300; BGH vom 18.9.2008 - V ZB 40/08 - NJW 2008, 3572, 3573 mwN; BAGE 92, 1, 3; BVerwG vom 22.11.1997 - 2 B 104/97 - BayVBl 1998, 603 mwN; zustimmend Kissel/Mayer, GVG, 6. Aufl 2010, § 17 RdNr 47). Das Verbot der Prüfung des Rechtswegs durch das Rechtsmittelgericht soll selbst dann gelten, wenn sowohl das erstinstanzliche Gericht als auch die Beteiligten die sich aus dem Sachverhalt im Hinblick auf die Zulässigkeit des Rechtswegs ergebenden Rechtsfragen übersehen bzw diese rechtsfehlerhaft beantwortet haben (BGH vom 18.9.2008 - V ZB 40/08 - NJW 2008, 3572, 3573; zustimmend Lückemann in Zöller, ZPO, 28. Aufl 2010, § 17a GVG RdNr 18; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl 2010, § 17a GVG RdNr 24; kritisch dazu Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl 2011, § 17a GVG RdNr 20; vgl auch Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl 2010 § 17a GVG - kommentiert bei § 41 VwGO - RdNr 44).

30

Das LSG wird daher zu prüfen haben, ob das SG im vorliegenden Fall eine "Entscheidung in der Hauptsache" iS von § 17a Abs 5 GVG getroffen hat. Sollte das LSG zu dieser Auffassung gelangen, hätte es kraft eigener Kompetenz über den Amtshaftungsanspruch zu entscheiden.

31

Eine Verletzung von § 17 Abs 2 Satz 2 GVG, wonach Art 34 Satz 3 GG unberührt bleibt, läge dann nicht vor. Letztere Vorschrift verbietet lediglich, den ordentlichen Rechtsweg von vornherein auszuschließen; das Verbot einer durch allgemeine Verfahrensvorschriften ausnahmsweise begründeten Zuständigkeit ist darin nicht enthalten (BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 1 RdNr 8; BAG vom 14.12.1998 - 5 AS 8/98 - AP Nr 38 zu § 17a GVG - Juris RdNr 18). Auch das Recht des Klägers auf den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG) wäre dann nicht verletzt.

32

3. Da die Beschwerde bereits aus den unter 1. dargelegten Gründen erfolgreich ist, kann dahinstehen, ob - wie der Kläger zusätzlich geltend macht - die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder eine Divergenz vorliegt.

33

4. Das LSG wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.

(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.

(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.

(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.

(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.

Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich, wenn

1.
die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte,
2.
der Rentenartfaktor und
3.
der aktuelle Rentenwert
mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden.

(1) Die persönlichen Entgeltpunkte für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente ergeben sich, indem die Summe aller Entgeltpunkte für

1.
Beitragszeiten,
2.
beitragsfreie Zeiten,
3.
Zuschläge für beitragsgeminderte Zeiten,
4.
Zuschläge oder Abschläge aus einem durchgeführten Versorgungsausgleich oder Rentensplitting,
5.
Zuschläge aus Zahlung von Beiträgen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters oder bei Abfindungen von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung oder von Anrechten bei der Versorgungsausgleichskasse,
6.
Zuschläge an Entgeltpunkten für Arbeitsentgelt aus geringfügiger Beschäftigung,
7.
Arbeitsentgelt aus nach § 23b Abs. 2 Satz 1 bis 4 des Vierten Buches aufgelösten Wertguthaben,
8.
Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters,
9.
Zuschläge an Entgeltpunkten für Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung,
10.
Zuschläge an Entgeltpunkten für nachversicherte Soldaten auf Zeit und
11.
Zuschläge an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung
mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt und bei Witwenrenten und Witwerrenten sowie bei Waisenrenten um einen Zuschlag erhöht wird. Persönliche Entgeltpunkte nach Satz 1 Nummer 11 sind für die Anwendung von § 97a von den übrigen persönlichen Entgeltpunkten getrennt zu ermitteln, indem der Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt wird.

(2) Grundlage für die Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte sind die Entgeltpunkte

1.
des Versicherten bei einer Rente wegen Alters, wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei einer Erziehungsrente,
2.
des verstorbenen Versicherten bei einer Witwenrente, Witwerrente und Halbwaisenrente,
3.
der zwei verstorbenen Versicherten mit den höchsten Renten bei einer Vollwaisenrente.

(3) Bei einer Teilrente (§ 42 Absatz 1) ergeben sich die in Anspruch genommenen Entgeltpunkte aus der Summe aller Entgeltpunkte entsprechend dem Verhältnis der Teilrente zu der Vollrente.

(3a) Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters werden mit Ablauf des Kalendermonats des Erreichens der Regelaltersgrenze und anschließend jährlich zum 1. Juli berücksichtigt. Dabei sind für die jährliche Berücksichtigung zum 1. Juli die für das vergangene Kalenderjahr ermittelten Zuschläge maßgebend.

(4) Bei einer nur teilweise zu leistenden Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ergeben sich die jeweils in Anspruch genommenen Entgeltpunkte aus dem Monatsbetrag der Rente nach Anrechnung des Hinzuverdienstes im Wege einer Rückrechnung unter Berücksichtigung des maßgeblichen aktuellen Rentenwerts, des Rentenartfaktors und des jeweiligen Zugangsfaktors.

(1) Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Als Beitragszeiten gelten auch Zeiten, für die Entgeltpunkte gutgeschrieben worden sind, weil gleichzeitig Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung oder Zeiten der Pflege eines pflegebedürftigen Kindes für mehrere Kinder vorliegen.

(2) Soweit ein Anspruch auf Rente eine bestimmte Anzahl an Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit voraussetzt, zählen hierzu auch

1.
freiwillige Beiträge, die als Pflichtbeiträge gelten, oder
2.
Pflichtbeiträge, für die aus den in § 3 oder § 4 genannten Gründen Beiträge gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten, oder
3.
Beiträge für Anrechnungszeiten, die ein Leistungsträger mitgetragen hat.

(1) Pflichtbeiträge sind wirksam, wenn sie gezahlt werden, solange der Anspruch auf ihre Zahlung noch nicht verjährt ist.

(2) Freiwillige Beiträge sind wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden.

(3) In Fällen besonderer Härte, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, ist auf Antrag der Versicherten die Zahlung von Beiträgen auch nach Ablauf der in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen zuzulassen, wenn die Versicherten an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert waren. Der Antrag kann nur innerhalb von drei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt werden. Die Beitragszahlung hat binnen einer vom Träger der Rentenversicherung zu bestimmenden angemessenen Frist zu erfolgen.

(4) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 des Zehnten Buches ist ausgeschlossen.

Bei Beschäftigungszeiten, die den Trägern der Rentenversicherung ordnungsgemäß gemeldet worden sind, wird vermutet, dass während dieser Zeiten ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit dem gemeldeten Arbeitsentgelt bestanden hat und der Beitrag dafür wirksam gezahlt worden ist. Die Versicherten können von den Trägern der Rentenversicherung die Feststellung verlangen, dass während einer ordnungsgemäß gemeldeten Beschäftigungszeit ein gültiges Versicherungsverhältnis bestanden hat. Die Sätze 1 und 2 sind für Zeiten einer nicht erwerbsmäßigen häuslichen Pflege entsprechend anzuwenden.

(1) Machen Versicherte glaubhaft, dass sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt haben und für diese Beschäftigung entsprechende Beiträge gezahlt worden sind, ist die Beschäftigungszeit als Beitragszeit anzuerkennen.

(2) Machen Versicherte glaubhaft, dass der auf sie entfallende Beitragsanteil vom Arbeitsentgelt abgezogen worden ist, so gilt der Beitrag als gezahlt.

(1) Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Als Beitragszeiten gelten auch Zeiten, für die Entgeltpunkte gutgeschrieben worden sind, weil gleichzeitig Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung oder Zeiten der Pflege eines pflegebedürftigen Kindes für mehrere Kinder vorliegen.

(2) Soweit ein Anspruch auf Rente eine bestimmte Anzahl an Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit voraussetzt, zählen hierzu auch

1.
freiwillige Beiträge, die als Pflichtbeiträge gelten, oder
2.
Pflichtbeiträge, für die aus den in § 3 oder § 4 genannten Gründen Beiträge gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten, oder
3.
Beiträge für Anrechnungszeiten, die ein Leistungsträger mitgetragen hat.

(1) Soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, geht dieser auf den Versicherungsträger über, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird; dies gilt nicht, soweit

1.
der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt oder sonstige der Beitragspflicht unterliegende Leistungen erbringt oder
2.
der Anspruch auf Ersatz von Beiträgen nach § 116 übergegangen ist.
Für den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung gilt § 116 Abs. 3 Satz 1 und 2 entsprechend, soweit die Beiträge auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem bei unbegrenzter Haftung zu ersetzenden Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und der bei Bezug von Sozialleistungen beitragspflichtigen Einnahme entfallen.

(2) Der Versicherungsträger, auf den ein Teil des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 116 übergeht, übermittelt den von ihm festgestellten Sachverhalt dem Träger der Rentenversicherung auf einem einheitlichen Meldevordruck. Das Nähere über den Inhalt des Meldevordrucks und das Mitteilungsverfahren bestimmen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger.

(3) Die eingegangenen Beiträge oder Beitragsanteile gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge. Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Versicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte.

(4) Die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag ist im Einzelfall zulässig. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gelten für die Mitwirkungspflichten des Geschädigten die §§ 60, 61, 65 Abs. 1 und 3 sowie § 65a des Ersten Buches entsprechend.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 6. Mai 2004 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin und Berufungsbeklagte (künftig: Klägerin) begehrt festzustellen, die Beklagte habe einen Beitragsschaden nach § 119 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X - gegenüber der Beigeladenen als beteiligter Haftpflichtversicherung geltend zu machen.
Die am ... 1961 geborene und verheiratete Klägerin, Mutter zweier am 9. September 1992 und am 8. Mai 1994 geborener Kinder, absolvierte von 1977 bis 1979 erfolgreich eine Ausbildung zur technischen Zeichnerin. Anschließend war sie im erlernten Beruf bei der Firma N. GmbH, R., versicherungspflichtig beschäftigt.
Am 30. November 1988 erlitt die Klägerin auf der Fahrt mit dem eigenen Pkw zur Arbeitsstelle gegen 6:45 Uhr einen Unfall durch Zusammenprall mit einem anderen, bei der Beigeladenen versicherten Pkw, der die Vorfahrt der Klägerin nicht beachtet hatte. Vom Unfalltag bis zum 15. Dezember 1988 wurde die Klägerin in der Chirurgischen Klinik stationär behandelt. Im von Prof. Dr. K. unterzeichneten Entlassungsbericht der Klinik vom 16. Januar 1989 wurden als Diagnosen mitgeteilt: Sternumfraktur, HWS-Distorsion und Schädelprellung.
Im Rahmen der Weiterbehandlung zu Lasten der Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft (BG) wurde die Klägerin am 13. und 20. Februar 1989 in der Neurologischen Klinik ambulant untersucht und vom 6. bis 13. März 1989 stationär behandelt. Im Entlassungsbericht vom 17. März 1989 stellte PD Dr. K. die Diagnosen kloniforme Muskelzuckungen unklarer Genese, Zustand nach HWS-Distorsion, Schädelprellung und Sternumfraktur .
Vom 6. bis zum 9. Juni 1989 unterzog sich die Klägerin wegen anhaltender Zuckungen überwiegend des linken Armes einer weiteren stationären Heilbehandlung, nunmehr in der Neurologischen Klinik. Im Bericht vom 30. Juni 1989 vertrat Prof. Dr. B. die Auffassung, die Muskelzuckungen seien nicht unfallbedingt, weil nichts auf eine Hirn- oder Rückenmarksverletzung durch den Wegeunfall hinweise. Es handele sich vielmehr um psychogene Anfälle.
Unter dem 3. August 1989 meldete die BG bei der Beklagten einen Anspruch auf Beitragserstattung für die Zeit vom 14. bis 31. Januar 1989 an. Daraufhin bat die Beklagte die Klägerin um Angaben zum Unfallhergang und zu den Unfallfolgen. Im unter dem 14. August 1989 ausgefüllten Formularvordruck gab die Klägerin auf die Frage 12 „Bis zu welchem Lebensalter wären Sie ohne den Unfall/Schadensfall voraussichtlich berufstätig gewesen?“ wörtlich an, „bis zum Rentenalter“.
Die Beklagte meldete ihrerseits bei der Beigeladenen unter dem 24. Oktober 1989 einen Erstattungsanspruch wegen unfallbedingt unterbrochener Beitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung an und bezifferte den bisher entstandenen Beitragsschaden für die Zeit vom 14. bis 31. Januar 1989 mit 392, 48 DM. Die Beigeladene glich den geltend gemachten Beitragsschaden aus. Die Beklagte wies die Beigeladene unter dem 2. April 1990 darauf hin, dass gegenwärtig ein (weiteres) Feststellungsinteresse noch nicht ausgeschlossen werden könne, die Akte vorläufig zum Ruhen gebracht werde und eine Verjährung der Ansprüche gemäß den §§ 116 ff. SGB X aufgrund des vereinbarungsgemäß bestehenden generellen Verjährungseinredeverzichtes nicht eintreten könne.
Zwischenzeitlich hatte die BG eine unfallchirurgische und neurologisch-psychiatrische Zusammenhangsbegutachtung der Klägerin veranlasst. Beide Gutachter - Unfallchirurg Prof. Dr. W. mit Gutachten vom 13. Oktober 1989 und der Neurologe und Psychiater Dr. L. mit Gutachten vom 26. Februar 1990 - verneinten die Unfallursächlichkeit für die bei der Klägerin fortbestehenden myoklonischen Zuckungen.
Daraufhin lehnte die BG die Gewährung von über dem 31. Januar 1989 hinausgehender Heilbehandlung, Verletztengeld und Verletztenrente mit Bescheiden vom 26. April 1990 mit der Begründung ab, ab diesem Zeitpunkt sei die weitere Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit nicht mehr Folge des am 30. November 1988 erlittenen Arbeitsunfalls. Die dagegen gerichteten Widersprüche wies die BG mit Widerspruchsbescheiden vom 16. August 1990 als unbegründet zurück, wogegen die Klägerin am 30. August 1990 Klage zum Sozialgericht Konstanz erhob.
10 
Bereits zuvor, am 23. Januar 1990, hatte die Klägerin bei der Beklagten Erwerbsunfähigkeitsrente beantragt. Zu Lasten der Beklagten absolvierte sie vom 27. November bis 28. Dezember 1990 eine stationäre Reha-Heilbehandlung. Im Entlassungsbericht vom 7. Februar 1991 wurden die Diagnosen - Zustand nach Sternumfraktur, HWS-Distorsion und Schädelprellung mit nachfolgenden Krampfanfällen bei Abduktion und Elevation des linken Armes nach einem Verkehrsunfall 11/88 und Konversionsneurose - mitgeteilt.
11 
Noch davor hatte die Beklagte aber eine auf dem 20. September 1990 datierende nervenärztliche Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters B. eingeholt, in der dieser - entgegen dem Gutachter Dr. L. - die Auffassung vertrat, die leistungsmindernden Störungen - Wirbelsäulenbeschwerden, Schwindelattacken und vor allem kloniforme Muskelzuckungen - seien als unfallbedingt einzustufen. Auch wenn eine prämorbide Störung vorliege, gebe es keinerlei Hinweise auf eine manifeste psychische Störung vor dem Unfallgeschehen. Das Unfalltrauma habe eine richtungsgebende Verschlechterung ausgelöst; eine dauerhafte Leistungsminderung sei anzuerkennen. Daraufhin bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 27. Mai 1991 für die Zeit ab dem 29. Dezember 1990 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer.
12 
Dies teilte die Beklagte der Beigeladenen unter Bezugnahme auf den Schadensfall vom 30. November 1988 und Hinweis auf ihre unfallbedingte Leistungspflichtigkeit mit Schreiben vom 23. Juli 1991 mit. Die Beigeladene erwiderte darauf unter dem 8. August 1991, dass eine unfallbedingte Leistungspflichtigkeit der Beklagten auf der Grundlage der Sachverhaltsaufklärung durch die BG bestritten werde. Daran hielt die Beigeladene auch später, mit Schreiben vom 25. Februar 1992, weiter fest. Die Beteiligten kamen aber überein, den Ausgang des sozialgerichtlichen Verfahrens gegen die BG abzuwarten, um eine Klärung der Kausalitätsfrage herbeizuführen.
13 
Das SG wies die Klage gegen die BG auf der Grundlage der Ergebnisse der Beweisaufnahme - Gutachten des Orthopäden Dr. K. vom 10. Februar 1993 und Gutachten des Neurologen Prof. Dr. A. vom 3. Januar 1994 - durch Urteil vom 18. März 1994 (S 1 U 942/92) ab. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte Erfolg. Mit Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. September 1996 (L 10 U 1183/94) wurden das Urteil des Sozialgerichts vom 18. März 1994 und die entgegenstehenden Bescheide der BG aufgehoben und die BG verurteilt, der Klägerin wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 30. November 1988 („Myoklonien des linken Armes“) die gesetzlichen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Das Landessozialgericht stützte sich zur Begründung wesentlich auf die Feststellungen des im Berufungsverfahren von dem Neurologen Prof. Dr. S., Augsburg, unter dem 4. Januar 1996 erstatteten Gutachtens. Das Urteil vom 19. September 1996 wurde rechtskräftig. Die BG gewährte der Klägerin daraufhin mit Bescheid vom 27. November 1996 für die Zeit ab dem 29. Dezember 1990, dem Tag des Wegfalls des Übergangsgeldes, Dauerrente auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit - MdE - von 30 v. H..
14 
Unter dem 10. Juni 1997 wandte sich die Beklagte unter Bezugnahme auf den im Schadensfall vom 30. November 1988 geführten Schriftwechsel und Hinweis auf das Urteil des Landessozialgerichts vom 19. September 1996 erneut an die Beigeladene. Dabei teilte sie mit, dass, ausgehend von den im unfallversicherungsrechtlichen Verfahren gewonnenen medizinischen Erkenntnissen der Kausalzusammenhang zwischen Unfall und eingetretener Leistungsminderung nunmehr als bewiesen zu bewerten sei. Daher sei es angebracht, die Angelegenheit nunmehr „im Rahmen einer Sammelbesprechung“ zu erörtern. Die Beigeladene erklärte darauf unter dem 22. Juli 1997, „den Fall für eine Besprechung vorgemerkt“ zu haben.
15 
Unter dem 22. Oktober 1997 wandte sich die Klägerin unter Vorlage ihrer Verdienstausfallbescheinigungen über die Jahre 1989 bis 1995 schriftlich an die Beklagte mit der Aufforderung, einen Regressanspruch „entsprechend § 119 SGB X“ gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen, nachdem die Berufsgenossenschaft den Unfall vom 30. November 1988 nunmehr als Dauerschaden anerkannt habe und die Beigeladene den Versicherungsschaden auch ihr gegenüber reguliere.
16 
Darauf folgend kam es am 24. Oktober 1997 zu einer Besprechung in den Räumen der Kanzlei des damaligen Bevollmächtigten der Klägerin, des Zeugen Dr. K., an der die Klägerin, der Zeuge Dr. K. und Vertreter der Beigeladenen - die Zeugen K. und R. - sowie die Zeugin B. vom „Zeller Kreis“ teilnahmen. Anlässlich dieser Besprechung unterschrieb die Klägerin eine auf einem Formblatt der Beigeladenen vorformulierte „ Vergleich und Abfindungserklärung “ mit dem Wortlaut:
17 
„Ich - J.H. - erkläre mich gegen Zahlung eines Betrages von DM 217.500 - zweihundertsiebzehntausendfünfhundert - aus dem Schadenfall vom 30.11.88 ein für alle mal abgefunden wegen aller Schadenersatzansprüche gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer, die versicherten Personen und Dritte, soweit diesen im Fall ihrer Inanspruchnahme ein Ausgleichsanspruch gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer oder die Versicherten zusteht.“
18 
Der „Vergleichs und Abfindungserklärung“ lag eine „Auflistung“ der von der Klägerin vorgenommenen Schadensberechnung bei. Diese untergliederte sich in Schäden der Vergangenheit - Haushaltsschaden, Verdienstschaden, vermehrte Bedürfnisse, Schmerzensgeld und Sonstige - und der Zukunft - Haushaltsschaden, Verdienstschaden -. Während die vergangenheitsbezogenen Schäden mit 445.442, 41 DM beziffert wurden, fehlte es an einer Bezifferung der zukunftsbezogenen Schadenspositionen.
19 
Im Einzelnen enthielt die „Auflistung“ der Klägerin folgendes Zahlenwerk:
20 
Vergangenheit
        
Sonstige
 3.702, 42 DM
Haushaltsschaden
 290.324, 00 DM
Verdienstschaden
 20.815, 99 DM
vermehrte Bedürfnisse monatl. 300, 00 DM x 102 Monate =
 30.600, 00 DM
Schmerzensgeld
 100.000, 00 DM
        
 _____________
        
 445.442, 41 DM
                 
Zukunft
        
Haushaltsschaden
        
Verdienstschaden
 ______________
        
 445.442, 41 DM
                 
Allianz bis jetzt bezahlt
 - 8.9125,10 DM
        
 ______________
        
 436.527, 31 DM
21 
Unter dem 11. Dezember 1997 verfasste der Zeuge K ., einer der bei der Besprechung vom 24. Oktober anwesenden Mitarbeiter der Beigeladenen, eine paraphierte „ Aktennote / Bericht “ über den Gesprächsverlauf und die erzielten Ergebnisse. Darin hieß es u. a. wörtlich:
22 
„Im Unfallzeitpunkt war die AS verheiratet und bewohnt mit ihrem Mann bis heute eine ca. 100 qm große Wohnung. Sie war im Unfallzeitpunkt als Technische Zeichnerin voll berufstätig.
...
23 
Bezüglich des Verdienstschadens konnten wir unseren Standpunkt durchsetzen, dass angesichts der bezahlten Renten unter Berücksichtigung eines Abzugs für berufsbedingte Aufwendungen von 10% sowie der ersparten Verpflegungsaufwendungen in der Zeit der stationären Behandlung ein Schaden nicht verbleibt.
...
24 
Hinsichtlich des Haushaltsführungsschadens konnten wir eine Aufteilung der Schadenberechnung in 2 Abschnitte durchsetzen:
Der erste Abschnitt betrifft die Zeit vom Unfall bis zur Geburt des ersten Kindes. Der zweite Zeitabschnitt sollte die Zeit ab 9.9.92 betreffen. Wir erzielten letztlich dahingehend eine Einigung, dass für den Zeitraum 1 auf der Grundlage von Tabelle 1 von Schulz-Bork/Hofmann ein Bedarf von 30 Wochenstunden der Berechnung zugrunde gelegt wird. Es wurde auch akzeptiert, dass der Ehemann 50% der Hausarbeit in Anbetracht der vollen Erwerbstätigkeit seiner Ehefrau zu übernehmen hat.
...
25 
Es wurde auch Einigkeit darüber erzielt, dass die AS ohne den Unfall nach der Geburt ihrer Kinder nicht mehr berufstätig gewesen wäre und insoweit der Haushaltsführungsschaden durch die Rentenzahlungen abgedeckt ist.
...
26 
Für den 1. Zeitraum (3 Jahre) errechnet sich ein Haushaltsführungsschaden in Höhe von 35.000 DM.
Als Mehrbedarf akzeptierten wir den geforderten Betrag von monatlich 300,- DM. Die AS übergab uns eine Aufstellung über ihre unfallbedingten Einschränkungen bei der Hausarbeit (Bl. 300/301).
Für die Zeit von 1990 bis 1997 errechnet sich somit ein Betrag von 25.200,- DM (7 Jahre a mtl. 300,- DM). Kapitalisiert von heute bis Lebensende unter Zugrundelegung des Faktors der Sterbetafel 17.881 errechnet sich ein Kapitalbetrag für vermehrte Bedürfnisse in Höhe von 65.000,- DM .
Das Schmerzensgeld wurde letztlich mit einem Betrag von noch 40.000,- DM festgelegt. Die einschlägigen Hacks-Entscheidungen sind auf Bl. 302 aufgelistet. ...
Der noch offene Sachschaden wurde einvernehmlich auf 3.000,- DM festgelegt, so dass sich insgesamt ein Schadenbetrag von 168.200,- DM errechnet.
27 
Um eine vorbehaltlose Einigung zu erzielen, erhöhte Herr Ltd. Just. R. unser Angebot auf 200.000,- DM unter Anrechnung des zuletzt gezahlten Vorschusses in Höhe von 40.000,- DM also noch 160.000, - DM. (Grundlage der Erhöhung war der Jahresnettoverdienst). Die AS hatte vorgetragen, dass sie für Architekten in Heimarbeit hätte arbeiten können.
28 
An diesem Punkt wurde die Verhandlung unterbrochen. Nach einer längeren Beratung wurde das Gespräch fortgeführt. Die Gegenseite erklärte ihre Bereitschaft, den Fall mit insgesamt 240.000, - DM zu erledigen. Dieser Betrag konnte schließlich auf 217.500,- DM reduziert werden. Unter Anrechnung unserer Vorschüsse ergibt sich eine Restzahlung von 177.500,- DM.“
29 
Daraufhin forderte die Beklagte die Beigeladene unter dem 9. Februar 1998 schriftlich auf, ihr als Beitragsersatz gemäß § 119 SGB X für die Zeit vom 30. Mai 1990 bis 31. Dezember 1997 einen Betrag von 73.865, 95 DM zu überweisen, weil die Beitragszahlung der Klägerin zur Rentenversicherung unfallbedingt beendet worden sei. Der Fall sei für die nächste Sammelbesprechung notiert.
30 
Zwischenzeitlich hatte die BG die Klägerin zur Abrechnung ihres Schadensersatzanspruchs gegenüber der Beigeladenen mit Schreiben vom 30. Januar 1998 gebeten, mitzuteilen, zu welchem Zeitpunkt sie - die Klägerin - nach der Geburt ihrer Kinder ohne das Unfallereignis vom 30. November 1988 wieder in das Berufsleben zurückgekehrt wäre oder sich ausschließlich der Kindeserziehung gewidmet hätte. Mit an die BG adressiertem Schreiben vom 9. April 1998 erklärte die Klägerin, dass, wäre das Unfallereignis vom 30. November 1988 nicht gewesen, sie nach dem ersten und zweiten Kind jeweils nach Ablauf der gesetzlichen Mutterschutzfrist oder spätestens nach dem Erziehungsurlaub, „wieder gearbeitet“ hätte.
31 
Auf die dann erfolgten schriftlichen Bitten der Klägerin um Sachstandsmitteilung verwies die Beklagte auf eine im August 1998 geplante Verhandlung der Sache mit der Beigeladenen. Zur Vorbereitung dieser Besprechung holte die Beklagte eine fiktive Verdienstauskunft der letzten Arbeitgeberin der Klägerin, der Fa. N. GmbH, R. ein. In der unter dem 27. Juli 1998 erteilten Auskunft gab die Fa. N. an, die Klägerin hätte bei Weiterbeschäftigung im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. Juni 1998 brutto 26.847,- DM verdient und auch Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld) für das Gesamtjahr 1998 in Höhe von brutto 3.087,- DM beanspruchen können. Zur allein zwischen der Beklagten und der Beigeladenen - also unter Ausschluss der Klägerin - geführten Besprechung kam es dann am 7. August 1998 . In einem von der Zeugin Bodemann (B.) über dieses Gespräch am 12. August 1998 handschriftlich verfassten Vermerk hieß es u. a. wie folgt:
32 
„Fall wurde wegen der bestehenden Problematik mit einem Risikovergleich abgeschlossen. ...
33 
Ihre eigenen ursprünglichen Ansprüche gegenüber der Allianz in Höhe von DM 500.000.- hat die Versicherte im Laufe der Verhandlungen auf DM 177.000.- heruntergeschraubt, auf die sich die Allianz wohl nur eingelassen hat, weil der sog. „Celler Kreis“ und die durch ihn angedrohte Publizität dahinterstanden. Die 177.000.- DM beinhalten Schmerzensgeld + Haushaltsführungsschaden iSv Mehrbedarf. ...
34 
Unter Berücksichtigung der BG-Beteiligung wäre aufgrund des Einkommens der Versicherten nach unfallbedingter AU-Zeit (12/90) bis zur Geburt des ersten Kindes (8/92) nur ein übergangsfähiger Betrag von 1.065,- DM (s. beil . Abrechnungsbogen der BG) für unsere Rentenleistungen.
35 
Hinsichtlich des Beitragsregresses von 1989 bis 1992 ergibt sich ein Betrag von 20.000 DM, insges. also 43.000, - DM. Unter Berücksichtigung einer zweifelhaften med. Kausalität für volle Rentenleistungen wegen der bestehenden Muskelzuckungen - insbes. fraglich die Dauer der Beeinträchtigung, da Versicherte selber angibt, Muskelzuckungen seien schwächer geworden - ist der volle Betrag für 116/119 bis zur Geburt des 1. Kindes sehr günstig.
36 
Da nicht auszuschließen war, dass Versicherte erst nach der Geburt des 2. Kindes (1994) ihrer Berufstätigkeit nicht mehr nachgegangen wäre und dass im Falle eines späteres Wegfalls der Rente aufgrund eines Nachprüfungstermins zumindest Heilverfahren, für die nicht die BG zuständig wäre, auf uns zukommen könnten, einigten wir uns auf insges.
37 
100.000, -
38 
zur Abfindung unseres Gesamtrisikos. Mit der BG wurde ebenfalls nur bis 2/92 abgerechnet, allerdings nach TA. Nach Geldeingang kann Fall abgeschlossen werden. § 119’er Beiträge sollten der Versicherten bis zur Geburt des 2. Kindes (8.5.1994) gutgeschrieben werden.“
39 
Nachdem die Klägerin anlässlich der Klärung ihres Versicherungsverlaufs am 13. Dezember 2000 festgestellt hatte, dass seit dem 8. Mai 1994 keine weiteren Beitragszeiten gezahlt worden waren, wandte sie sich unter dem 27. Dezember 2000 erneut an die Beklagte. Die Beklagte erwiderte unter dem 18. Januar 2001, der Fall sei mit der Beigeladenen abschließend verhandelt worden. Der Beitragsschadenszeitraum sei bis 8. Mai 1994 begrenzt worden, weil davon auszugehen gewesen sei, dass eine Wiederaufnahme der Berufstätigkeit nach der Geburt des 2. Kindes auch ohne den Unfall nicht zu erwarten gewesen wäre. Die Geltendmachung weiterer Beitragsersatzansprüche wäre nur möglich gewesen, wenn von Seiten des Rentenversicherungsträgers hätte nachgewiesen werden können, dass allein aufgrund der Unfallfolgen eine Wiederaufnahme der Tätigkeit nicht erfolgt sei. Dieser Nachweis sei nach der Stellungnahme der Beigeladenen über die mit der Klägerin getroffene Ausgleichsregelung nicht zu führen gewesen.
40 
Daraufhin teilte die Klägerin der Beklagten unter dem 6. Februar 2001 mit, ihre eigenen Ansprüche gegenüber der Beigeladenen habe sie abfinden lassen. Ihre auf die Beklagte übergegangenen Ansprüche habe sie nicht selbst vertreten können. Sie beantrage daher, dass die Beklagte ihr die ihr zustehenden Rentenbeiträge nach § 116 SGB X ab dem 8. Mai 1994 und fortlaufend nach § 119 SGB X ihrem Rentenkonto als Pflichtbeiträge gutschreibe und bitte um die Erteilung eines rechtsfähigen Bescheids. Dabei verwies sie darauf, stets erklärt zu haben, dass sie ohne Unfall auch mit zwei Kindern weitergearbeitet hätte. Ihr damaliger Arbeitgeber habe ihr sogar angeboten in Heimarbeit weiterzuarbeiten. Die Geltendmachung weiterer Beitragsersatzansprüche wäre sicher gelungen, wenn sich die Beklagte bemüht hätte, vor Aufnahme der Verhandlungen mit der Beigeladenen ordentliche Auskünfte einzuholen.
41 
Darauf erwiderte die Beklagte unter dem 28. März 2001, Grundlage ihres (der Beklagten) mit der Beigeladenen abgeschlossenen Abfindungsvergleichs sei die am 24. Oktober 1997 zwischen der Klägerin und der Beigeladenen erfolgte Regulierung der Direktansprüche gewesen. Hierbei habe die Klägerin gegenüber der Beigeladenen vorgetragen, dass sie auch ohne den Unfall nach der Geburt der Kinder nicht mehr berufstätig geworden wäre. Ebenso sei in den damaligen Verhandlungen Einvernehmen darüber erzielt worden, dass ein Verdienstschaden angesichts der gezahlten Renten nicht verbleibe. Die von der Klägerin mit der Beigeladenen geschlossene Abfindungsvereinbarung, in der Schmerzensgeld und Haushaltsführungsschaden abschließend geregelt worden seien, schließe es aus, dem Versicherungskonto der Klägerin über den 8. Mai 1994 hinaus Rentenversicherungsbeiträge gutzuschreiben.
42 
Daraufhin beantragte die Klägerin unter dem 10. April und dem 5. Juni 2001 neuerlich Beitragsregress unter Hinweis darauf, dass sie ohne Unfall in jedem Fall nach der Geburt ihrer Kinder und Ablauf der Mutterschutzfristen und maximal sechs Monaten Erziehungszeit weitergearbeitet hätte. Vielleicht wäre sie anfangs nicht voll, sondern nur stundenweise ins Berufsleben zurückgekehrt. Mit Vollendung des 3. Lebensjahres ihres zweiten Kindes (Mai 1997) hätte sie aber sicher wieder voll gearbeitet. Sie habe auch ein Heimarbeitsangebot gehabt. Im Übrigen hätte ihre im selben Haus lebende Mutter die nach dem Kindergarten anfallende Kinderbetreuung übernehmen können.
43 
Mit Bescheid vom 10. Juli 2001 lehnte die Beklagte den Antrag auf Anerkennung von Pflichtbeitragszeiten im Rahmen des Beitragsregresses nach § 119 SGB X für die Zeit ab dem 8. Mai 1994 ab. Zur Begründung hieß es: Zwar sei der Schadensersatzanspruch aus dem Unfall vom 30. November 1988 auf die Beklagte übergegangen, soweit er den Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasse. Ein Beitragsschaden nach dem 8. Mai 1994 sei nach den gegebenen Umständen nicht zu beweisen. Für den Beitragsschaden gelte zwar die Beweiserleichterung gemäß § 252 S. 2 BGB, wonach es genüge darzulegen, dass die Absicht und die Möglichkeit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit auch für die Zeit nach der Geburt der Kinder bestanden habe. Diese Position sei von der Beklagten in den Verhandlungen mit der Beigeladenen zunächst auch vertreten worden. Die Beigeladene habe dagegen aber mit der Aussage ihres Vertreters, Herr K., es sei mit der Klägerin Einigkeit darüber erzielt worden, dass auch ohne Unfall nach der Geburt beider Kinder keine Berufsausübung mehr in Betracht gekommen wäre, erfolgreich den Gegenbeweis angetreten. Dem entsprechend sei auch der Haushaltsführungsschaden von der Beigeladenen nur bis 8. Mai 1994 berechnet worden. Nach der Aufgabe der Schadensposition im Rahmen des mit der Beigeladenen geschlossenen Abfindungsvergleichs sei der Beweis, eine weitere Erwerbstätigkeit beabsichtigt zu haben, nicht mehr zu führen. Hinzu komme, dass in einem gerichtlichen Verfahren zusätzlich das Vorliegen einer unfallkausalen Erwerbsunfähigkeit erneut zu beweisen wäre. Eine klageweise Durchsetzung des Beitragsersatzes durch die Beklagte gegen die Beigeladene für die Zeit nach dem 8. Mai 1994 sei deshalb aussichtslos, so dass man nach pflichtgemäßem Ermessen von einer Klageerhebung abgesehen habe. Immerhin habe die Beklagte im Vergleichswege den bereits im Versicherungskonto verbuchten Beitragsersatz bis zur Geburt des zweiten Kindes durchsetzen können, ohne Rücksicht darauf, dass die Klägerin in dieser Zeit wegen der Erziehung des ersten Kindes auch ohne den Unfall vermutlich zumindest teilweise nicht erwerbstätig gewesen wäre.
44 
Den dagegen am 25. Juli 2001 unter Hinweis auf die Tatsache, dass die Kinder größer würden und die Wiederaufnahme der Arbeit dann allgemeiner Lebenserfahrung entspreche, erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2001 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus: Die Beklagte sei bei der Durchsetzung des Anspruchs gemäß § 119 SGB X als zivilrechtlicher Anspruchsteller für die den Schadensersatzanspruch begründenden Behauptungen beweispflichtig. Selbstverständlich habe die Beklagte in der Verhandlung mit der Beigeladenen dargelegt, dass die Klägerin, wie wohl heute die meisten Frauen, auch während und nach der Erziehung ihrer Kinder ihrer bisherigen Erwerbstätigkeit nachgegangen wäre. Durch die Aussage des Vertreters der Beigeladenen, Herrn K., zum Einvernehmen über eine Aufgabe einer Berufstätigkeit nach der Geburt der Kinder als Voraussetzung für den am 24. Oktober 1997 geschlossenen Abfindungsvergleich, deren Richtigkeit von dem weiteren Vertreter der Beigeladenen, Herrn R., bestätigt worden sei, sei die von der Beklagten angestellte gegenteilige Vermutung so weitgehend erschüttert worden, dass auch durch nachträgliche Erklärungen über unfallunabhängige Erwerbspläne ein Beweis nicht mehr zu führen gewesen wäre. Denn die Aussage des Herrn K. decke sich mit den Ergebnissen der von der Klägerin mit der Beigeladenen vereinbarten Schadensberechnung. Die Klägerin habe sich mit der Beigeladenen darauf geeinigt, dass der Verdienstschaden abzüglich berufsbedingter Aufwendungen durch die gezahlten Renten ausgeglichen werde. Ein Haushaltsführungsschaden in Höhe von monatlich 975,- DM sei nur für die Zeit bis zur Geburt des zweiten Kindes vereinbart worden, weil nach dem fiktiven Ende der Erwerbstätigkeit infolge der Geburt des zweiten Kindes auch der Haushaltsführungsschaden durch die Rentenzahlungen abgedeckt werde. Die Beklagte habe nach pflichtgemäßem Ermessen auch unter Berücksichtigung der von der Beigeladenen aufgeworfenen Frage der unfallkausalen Erwerbsunfähigkeit das Prozessrisiko so hoch eingeschätzt, dass sie von einer Klageerhebung abgesehen habe. Es bestehe im Übrigen kein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte darauf, in jedem Fall der Ersatzverweigerung den Klageweg zu beschreiten. Auch bestehe kein Anspruch auf eine Gutschrift von Beitragszeiten trotz nicht durchgesetztem Regress.
45 
Die dagegen am 29. November 2001 zum Sozialgericht Konstanz (S 5 RA 2370/01) erhobene - und auf Verurteilung der Beklagten, hilfsweise auf Feststellung einer Rechtspflicht der Beklagten zur Geltendmachung des ab dem 9. Mai 1994 entstandenen Beitragsschadens gegen die Beigeladene gerichtete - Klage begründete die Klägerin wie folgt: Die BG sei im Verfahren L 10 U 1183/94 vom Landessozialgericht Baden-Württemberg durch Urteil vom 30. September 1996 rechtskräftig verurteilt worden, ihr Leistungen wegen der Folgen des am 30. November 1988 erlittenen Arbeitsunfalls - Myoklonien des linken Arms - zu gewähren. Damit sei die Kausalitätsfrage geklärt. Entgegen den Vermerken der Beigeladenen sei keine Einigkeit darüber erzielt worden, dass sie ohne den Unfall nach der Geburt der Kinder nicht mehr berufstätig gewesen wäre und insoweit der Haushaltsführungsschaden durch die Rentenzahlungen abgedeckt sei. Dagegen spreche der Wortlaut des handschriftlichen Aktenvermerks vom 12. August 1998 in der Akte der Beklagten ebenso wie der Wortlaut der Abfindungserklärung vom 24. Oktober 1997, aus der sich ergebe, dass der Beitragsregress nach § 119 SGB X habe unberührt bleiben sollen. Dies könnten die bei den der Abfindungserklärung vorausgehenden Verhandlungen anwesenden Zeugen - Rechtsanwalt Dr. K. und Frau B. - bezeugen. Dabei komme ihr die Beweiserleichterung des § 287 ZPO i. V. m. § 252 S. 2 BGB zugute. Sie habe nur anhand von Anknüpfungstatsachen und Zeugenbekundungen plausibel zu machen, dass sie ohne Unfall nach der Geburt ihren beiden Kinder weitergearbeitet hätte. Was die später erfolgte Einigung der Sachbearbeiter der Beklagten mit denjenigen der Beigeladenen angehe, so seien diese Gespräche ohne Kenntnis der Klägerin geführt worden.
46 
Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf grundsätzliche prozessuale Bedenken entgegen, weil der Verpflichtungsantrag der Klägerin auf eine nicht als Verwaltungsakt zu qualifizierende Handlung abziele. Bei der Geltendmachung von Forderungen zivilrechtlicher Art - hier nach § 823 f. BGB - gegenüber Dritten handele es sich mangels unmittelbarer Außenwirkung um kein hoheitliches Handeln. Im Auslegungswege käme allenfalls ein Antrag auf Gutschrift von noch genauer zu bestimmenden Beiträgen im Versichertenkonto der Klägerin in Frage. In der Sache werde auf den Vermerk des Zeugen K. vom 11. Dezember 1997 und die Aussagen der Zeugen K. und R. Bezug genommen. Der Beweis, dass die Klägerin, den Unfall hinweggedacht, nach der Geburt des 2. Kindes eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hätte, sei nicht mehr zu führen.
47 
Das Sozialgericht hat anlässlich der mündlichen Verhandlung der Sache am 6. Mai 2004 folgende bei den Vergleichs- und Abfindungsverhandlungen der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 anwesenden Personen zeugenschaftlich vernommen: Frau B. vom Zeller Kreis e.V., Selbsthilfeverein Unfallgeschädigter, Rechtsanwalt Dr. K., damaliger Bevollmächtigter der Klägerin, Herrn K., Justitiar der Beigeladenen und Herrn R., Angestellter der Beigeladenen.
48 
Frau B. erklärte, die Klägerin sei an sie herangetreten, nachdem die Beigeladene einige Jahre nicht gezahlt habe. Auf ihre Initiative sei es dann zu dem Gespräch am 24. Oktober 1997 gekommen, an dem sie teilgenommen habe. Bei diesem Gespräch sei es um die der Klägerin zustehende Gesamtsumme gegangen. Sie wisse nicht mehr, was bei dem Gespräch genau besprochen worden sei. Die Punkte seien hochgerechnet worden auf einen Zeitpunkt bis zum 60. Lebensjahr. Voraussetzung sei gewesen, dass die Klägerin weiterarbeite. Sie könne sich nicht mehr daran erinnern, ob konkret darüber gesprochen worden sei, wie lange die Klägerin noch arbeite. Ihr sei bewusst gewesen, dass die Schadensersatzansprüche (= Beitragsansprüche) der Klägerin auf die Beklagte übergehen. Sie habe die Klägerin dann auch veranlasst, an die Beklagte heranzutreten, um festzustellen, was in dieser Richtung veranlasst worden sei. Gegenstand des Gesprächs am 24. Oktober 1997 sei gewesen, ob Frauen nach der Geburt von Kindern weiter arbeiten oder nicht. Da habe es geteilte Auffassungen gegeben. Die Klägerin habe gesagt, dass sie habe in Heimarbeit weiterarbeiten wollen. Daraufhin habe ein Herr von der Beigeladenen erklärt, eine Frau mit Kindern gehöre an den Herd, während der andere Herr von der Beigeladenen gemeint habe, seine Frau würde sicher auch weiterarbeiten. Darüber dass die Klägerin nach der Geburt der Kinder nicht weiter berufstätig sein werde, sei nicht gesprochen worden.
49 
Der Zeuge Dr. K. teilte mit, sich an das Gespräch vom 24. Oktober 1997 nicht mehr zu erinnern. Auch nach Vorhalt der Regressakte müsse er sagen, sich nicht mehr zu erinnern. Auch daran, ob Einigkeit darüber bestanden habe, dass die Klägerin ohne den Unfall nach Geburt der Kinder nicht weitergearbeitet hätte, könne er sich nicht mehr erinnern. Er denke, dass dem nicht so gewesen sei. Über Heimarbeit sei gesprochen worden. Er könne sich aber nicht daran erinnern, dass die Klägerin etwas bzw. was sie über ihre persönliche Lebensplanung gesagt habe. Im Übrigen nehme er auf die zur SG-Akte vorgelegten handschriftlichen Aktenotizen vom 24. Oktober 1997 Bezug. Auf einem dieser Gesprächsvermerksblätter (Bl. 96 der SG-Akte) heißt es wörtlich:
50 
„Wollen230.000,-
Angebot215.000,-
Einigung217.500, -
Ausgenommen von der Abfindungserklärung
Drittschäden (BfA, BG, Krankenkasse)
meine Gebühren 25/10 aus 250.000, -“
51 
Der Zeuge K. sagte aus, an dem Gespräch vom 24. Oktober 1997 teilgenommen zu haben. Seine Prognose sei gewesen, dass eine Frau mit zwei kleinen Kindern auch im Hinblick auf die Arbeitsmarktlage nicht mehr in den Beruf zurückkehren könne. Der Einwand der Klägerin, sie hätte Heimarbeit für einen Architekten machen können, sei als mögliche geringfügige, nicht sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei der Ermittlung der Abfindung mit einem Aufschlag berücksichtigt worden. Er sei sich ziemlich sicher, die Klägerin habe nicht gesagt, dass sie ohne Unfall mit zwei kleinen Kindern voll weitergearbeitet hätte. Schließlich habe die Klägerin dies auch akzeptiert, sonst wäre es nicht zum Abschluss des vorbehaltlosen Vergleichs gekommen. Die Klägerin habe zwar nicht gesagt, dass sie zu Hause bleibe, weil sie zwei Kinder habe. Sie habe vielmehr erklärt, weiter arbeiten zu wollen. Dann habe sie aber doch den Vergleich unterschrieben. Hätte die Klägerin auf der Behauptung voll weiter arbeiten zu wollen bestanden, wäre es nicht zum Abschluss des vorbehaltlosen Vergleichs gekommen. Das sei seine Überzeugung. Ob über den Beitragsschaden gesprochen worden sei, wisse er nicht. Sie hätten gewusst, dass die Beklagte drin gewesen sei. Der Beitragsregress sei bei dem Gespräch kein Thema gewesen. Wenn weiter ein Verdienstschaden geltend gemacht worden wäre, hätte es sich insoweit um einen Direktschaden gehandelt, der dann durch einen Vorbehalt gesichert worden wäre. Sie hätten damals den Direktschaden reguliert. Damals sei das ein Direktschaden gewesen, den die Klägerin hätte geltend machen müssen, nämlich die Minderung der Rente durch nicht entrichtete Beiträge.
52 
Der Zeuge R. gab an, er könne die ganze Angelegenheit nur noch anhand der Aktennotiz des Zeugen K. rekonstruieren. Es sei damals um die Erledigung der gesamten persönlichen Ansprüche der Klägerin gegangen. Er erinnere sich noch, dass ein oder zwei Kinder da gewesen seien. Aus der vorbehaltlosen Abfindung ergebe sich aber, dass davon ausgegangen worden sei, ein Verdienstschaden werde in Zukunft nicht eintreten. Abgefunden worden sei auch der Haushaltsführungsschaden, bei dem die Renten angerechnet worden seien. Der Zeuge K. habe seine eigenen Ansichten über die Rolle der Frau. Es könne sein, dass er eine andere Auffassung vertreten habe, um das Klima zu entspannen. Die Aktennotiz des Zeugen K. repräsentiere den Verhandlungsgang.
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Das Sozialgericht hob sodann durch Urteil vom 6. Mai 2004 den Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001 auf und stellte fest, dass die Beklagte den Beitragsschaden der Klägerin gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen habe. In den Entscheidungsgründen führte das Sozialgericht aus: Die Klägerin habe ein Interesse an der Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, den Beitragsschaden der Klägerin gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen. Unstreitig stünden der Klägerin aufgrund eines Wegeunfalls am 30. November 1988 Schadensersatzansprüche gegen die Beigeladene zu. Die klageweise Durchsetzung des hier streitigen Beitragsregresses durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen sei auch nicht aussichtslos. Der Nachweis einer weiteren Erwerbstätigkeit der Klägerin auch nach der Geburt des 2. Kindes sei nicht ausgeschlossen. Dies belege der schlüssige und in sich stimmige Vortrag der Klägerin. Die Vereinbarung vom 24. Oktober 1997 reiche nicht als Nachweis dafür, dass die Klägerin ohne den Unfall nach der Geburt des zweiten Kindes nicht weiter erwerbstätig gewesen wäre. Sie enthalte keine entsprechend eindeutige Erklärung der Klägerin gegenüber der Beigeladenen. Die Klägerin habe damit die Geltendmachung eines Beitragsschadens auch nicht ausdrücklich aufgegeben. Die Beklagte gehe fehlerhaft davon aus, der am 24. Oktober 1997 zwischen der Klägerin und der Beigeladenen geschlossene Vergleich beziehe sich auch auf die Rentenversicherungsbeiträge ab dem 9. Mai 1994. Die Beklagte sei an dem Abschluss dieses Vergleichs nicht beteiligt gewesen. Die Vereinbarung betreffe auch nur Ansprüche, die die Klägerin selbst habe geltend machen können. Über den Anspruch auf Geltendmachung des Beitragsschadens habe die Klägerin aber wegen des Forderungsübergangs auf die Beklagte gar nicht verfügen können. Deshalb hätten sich die Verhandlungen zwischen der Klägerin und der Beigeladenen auch gar nicht auf den Beitragsschaden bezogen. In der der „Vergleichs- und Abfindungserklärung“ beiliegenden Auflistung seien Beiträge zur Rentenversicherung nicht erwähnt. Soweit sich die Beklagte auf die Aktennotiz des Zeugen K. vom 11. Dezember 1997 berufe, sei darauf hinzuweisen, dass diese Aktennotiz nicht unmittelbar im Anschluss an das Gespräch vom 24. Oktober 1997 verfasst worden sei. Außerdem ergebe sich aus der Gesprächsnotiz des Zeugen Dr. K. vom 24. Oktober 1997, dass Drittschäden von der Abfindungserklärung ausgenommen gewesen seien. Die Zeugenvernehmungen hätten nicht ergeben, dass die Klägerin am 24. Oktober 1997 auf die Geltendmachung eines Beitragsschadens verzichtet hätte. Ferner spreche der zeitliche Ablauf dagegen, dass die Vereinbarung vom 24. Oktober 1997 von einem Ende der Erwerbstätigkeit der Klägerin auch ohne Unfall am 8. Mai 1994 ausgegangen sei.
54 
Schließlich habe die Beklagte - anders als die BG - die Klägerin auch nicht über den Gegenstand des am 7. August 1998 mit der Beigeladenen abgeschlossenen Pauschalvergleichs über 100.000.- DM unterrichtet. Dass sich die Beklagte ohne Wissen der Klägerin mit der Beigeladenen geeinigt habe, spreche für die Glaubhaftigkeit des Vortrags der Klägerin. Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 3. Februar 2005 und der Beklagten am 7. Februar 2005 zugestellt.
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Am 4. März 2005 hat die Beklagte Berufung gegen das Urteil eingelegt.
56 
Der Senat hat die Frankfurter Versicherungs-Aktiengesellschaft Allianz mit Beschluss vom 6. April 2006 zu dem Rechtsstreit beigeladen.
57 
Die Beklagte ist der Auffassung, es sei widersprüchlich, wenn das Sozialgericht einerseits eine fortlaufende versicherungspflichtige Beschäftigung bis zum 65. Lebensjahr unterstelle, andererseits aber davon ausgehe, die Klägerin habe bei der Schadensberechnung die bloße Kalkulation des Haushaltsführungsschadens für die Zeit nach der Geburt der Kinder akzeptiert. Die bloße Behauptung der Klägerin, sie hätte nach der Geburt des 2. Kindes die Erwerbstätigkeit wieder aufgenommen, beweise nichts. Darüber hinaus verlange das Sozialgericht nach dem Tenor seiner Entscheidung entweder etwas rechtlich Unmögliches oder, bei anderer Auslegung des Urteilstenors, etwas, das nicht den von der Klägerin angestrebten Erfolg haben könne. Denn wenn man den weiteren Beitragsschaden bei der Beigeladenen geltend mache, werde diese sich auf den endgültigen Abfindungsvergleich vom 12. August 1998 berufen. Entsprechende mündliche Äußerungen lägen bereits vor. Wenn man hingegen zu dem Schluss gelange, die Beklagte hätte den Vergleich mit der Beigeladenen vom 12. August 1998 wegen des damit verbundenen Verzichts auf den Beitragsersatz nach § 119 SGB X für die Zeit ab dem 8. Mai 1994 nicht schließen dürfen, könne dem Begehren der Klägerin nur entsprochen werden, indem die Beklagte etwa auf der Grundlage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verpflichtet werde, für einen vom Gericht festzulegenden Zeitraum Entgelte in einer ebenfalls vom Gericht zu bestimmenden Höhe dem Versicherungskonto der Klägerin gutzuschreiben. Dabei habe das Gericht zu prüfen, welche Erwerbsfiktion die Beklagte gegenüber der Beigeladenen hätte durchsetzen können. Abzustellen wäre dabei auf die Erkenntnismöglichkeiten zum Zeitpunkt des Vergleichs.
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Im Übrigen müsse sich die Klägerin fragen lassen, auf welche Ansprüche sie im Rahmen ihrer mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 getroffenen Abfindungsvereinbarung verzichtet habe, wenn sie bis einschließlich 24. Oktober 1997 Schadensersatzforderungen in Höhe von 445.442, 41 DM gestellt, sich dann aber noch am selben Tag mit einer Abfindungszahlung von 217.500,- DM, in der auch noch die Zukunft enthalten gewesen sei, zufrieden gegeben habe. Weitere Beitragsregressansprüche der Klägerin könnten gegenüber der Beigeladenen nur dann erfolgversprechend geltend gemacht werden, wenn die Behauptung der Klägerin, sie habe nach der Geburt ihrer Kinder wieder erwerbstätig sein wollen, mit dem Abfindungsergebnis von 217.500.- DM korrespondieren würde. Denn auch die Höhe etwaiger entgangener Rentenversicherungsbeiträge müsste sich an einem etwa vereinbarten weiteren Erwerbsschaden für die Zeit ab 9. Mai 1994 orientieren. Solange die Klägerin dieses Abfindungsergebnis im Hinblick auf die zuvor gestellte wesentlich höhere Forderung einerseits und den für Zeiträume nach dem 8. Mai 1994 behaupteten Erwerbsschaden andererseits nicht schlüssig erklären könne, seien für die Beklagte keine prozessualen Erfolgsaussichten erkennbar. Die Beigeladene könne jeder Regressforderung die einzelnen Positionen des Abfindungsbetrages von 217.500,- DM entgegenhalten.
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Für den Haushaltsführungsschaden wolle die Klägerin für den Zeitraum vom Unfalltag bis zum 29. Mai 1997 46.700,- DM von der Beklagten erhalten haben. Diese Zahl errechne sich, wenn man den Einjahresbetrag für den Haushaltsführungsschaden von 11.700 DM (Aktenvermerk Zeuge K. vom 11. Dezember 1997) mit dem „Dreijahresbetrag“ von 35.000,- DM addiere. Dem Aktenvermerk des Zeugen K. zufolge habe die Klägerin jedoch nur insgesamt 35.000,- DM auf diese Position bekommen und dies auch nur ab dem Zeitpunkt des Unfalltags für insgesamt drei Jahre. Der Vortrag der Klägerin, hier einen Haushaltsführungsschaden bis zum 29. Mai 1997 in Höhe von 46.700,- DM durchgesetzt zu haben, sei deshalb unschlüssig. Bei alledem könne die von der Klägerin vor Vergleichsschluss mit der Beigeladenen erhobene Forderung in Höhe von 290.324,- DM für einen Haushaltsführungsschaden für die Vergangenheit keine ernsthafte Verhandlungsbasis gewesen sein. Das Verhandlungsergebnis erkläre sich nur dadurch, dass die Klägerin den behaupteten Erwerbsschaden - der zusammen mit dem Haushaltsführungsschaden die der Klägerin gewährten Rentenleistungen spätestens ab der Geburt des 2. Kindes überstiegen hätte - für den Zeitraum nach dem 8. Mai 1994 nicht mehr weiterverfolgt habe. Ein Indiz hierfür sei auch in ihrer eigenen Forderungsaufstellung zu sehen, die keine über den 31. Mai 1997 bezifferten Zukunftsansprüche für etwaige Erwerbs- und Haushaltsführungsschäden enthalte. Vor diesem Hintergrund sei es nicht möglich, das damalige Beitragsregressverfahren mit Aussicht auf Erfolg fortzusetzen.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 6. Mai 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
62 
Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
64 
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das Sozialgericht sei zutreffend von einem Feststellungsinteresse ausgegangen. Es sei im Übrigen im Wesentlichen Aufgabe der Beklagten, die Höhe der entgangenen Rentenversicherungsbeiträge zu errechnen und diese sodann bei der Beigeladenen einzufordern. Die Beklagte verkenne weiterhin die Bedeutung der Beweiserleichterung nach § 252 S. 2 BGB i.V.m. § 287 ZPO. Sie müsse gerade nicht den Vollbeweis dafür erbringen, dass sie auch nach der Geburt des 2. Kindes wieder erwerbstätig geworden wäre. Die beabsichtigte Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit sei von ihr hinreichend konkret und plausibel dargelegt und unter Beweis gestellt worden. Es sei als bekannt vorauszusetzen, dass ein Haushaltsführungsschaden auch für eine erwerbstätige Mutter geltend zu machen sei. Der Beklagten sei vorzuwerfen, den Beitragsschaden bisher nicht geltend gemacht zu haben. Verbindlich stehe ein Haftungsverschulden der Beklagten und ein daraus resultierender Schaden der Klägerin aber erst fest, wenn die Beklagte gegen die Beigeladene endgültig erfolglos vorgegangen sei. Erst dann sei die Klägerin auch in der Lage im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs die Schadenshöhe selbst zu beziffern. Werde der Beklagten hingegen der Beitragsschaden gegen die Beigeladene zugesprochen, sei der Klägerin kein Schaden wegen schuldhaften Verhaltens der Beklagten entstanden. Die notfalls klageweise Geltendmachung eines Beitragsschaden durch die Beklagte sei deshalb notwendige Voraussetzung dafür, dass die Klägerin einen etwaigen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gegen die Beklagte durchsetzen könne.
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Des Weiteren könne sich die Beklagte nicht darauf berufen, die Beigeladene werde sich bei Geltendmachung des Beitragsschadens auf den endgültigen Abfindungsvergleich vom 12. August 1998 berufen. Die Rentenversicherungsbeiträge der Klägerin ab dem 9. Mai 1994 seien nämlich nicht Gegenstand des zuvor zwischen Klägerin und Beigeladener geschlossenen Vergleichs vom 24. Oktober 1997 gewesen. Im Übrigen sei der Vortrag zu einem künftigen Prozessverhalten der Beigeladenen rein spekulativ und deshalb hier ohne jede Bedeutung.
66 
Die augenscheinliche Diskrepanz zwischen den von der Klägerin gegenüber der Beigeladenen geforderten 445.422, 41 DM an Schadensersatz und den von der Beigeladenen schließlich aufgrund des Vergleichs von 24. Oktober 1997 einvernehmlich gezahlten 217.500,- DM sei für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreit irrelevant. Der Haushaltsführungsschaden für die Zeit vom 30. November 1988 bis zum 29. Mai 1997 (insgesamt 14.516 Stunden = 33 Wochenstunden x 20,- DM) in Höhe von vorläufig bezifferten 290.320,- DM sei von der Beigeladenen korrigiert worden. Die Beigeladene habe zunächst die Berechnung der Klägerin von 33 auf 15 Wochenstunden gekürzt. Weiterhin habe die Beigeladene nur 50% des geltend gemachten Haushaltsführungsschadens akzeptiert, weil der Ehemann der Klägerin angesichts einer vollen Erwerbstätigkeit der Klägerin 50% des Haushalts zu übernehmen gehabt hätte. Daraus habe dann schlussendlich der geleistete Betrag in Höhe von 46.700,- DM resultiert. Die Zahlung des geltend gemachten Erwerbsschadens in Höhe von 20.815, 99 DM sei von der Beigeladenen mit der Begründung, sie erhalte von BG und Beklagter Rentenzahlungen in Höhe von damals monatlich 2.830,39 DM, komplett abgelehnt worden. Daher sei ein Erwerbsschaden nicht durchzusetzen gewesen. Vom Erwerbsschaden sei aber der Beitragsschaden zu unterscheiden. Der Beitragsschaden resultiere daraus, dass die Pflichtbeiträge nicht mehr in der Höhe eingezahlt werden, wie wenn sie eingezahlt worden wären, wenn sie weiter berufstätig gewesen wäre. Der Erwerbsschaden hingegen sei der Schaden, den sie erleide, da sie nicht mehr den Verdienst habe, den sie ohne das Unfallereignis gehabt hätte. Die Beiträge zur Rentenversicherung seien im Übrigen auf die Beklagte übergegangen gewesen und hätten deshalb von ihr gegenüber der Beigeladenen gar nicht geltend gemacht werden können. Deshalb habe sie auch nie auf die Geltendmachung eines Beitragsschadens verzichtet; ein solcher Verzicht ergebe sich auch nicht konkludent aus den geführten Vergleichsverhandlungen. Schmerzensgeld habe sie 100.000,- DM gefordert; Verhandlungsergebnis seien dann 40.000,- gewesen. Im Übrigen sei - nach Vorgesprächen mit ihrem damaligen Bevollmächtigten, dem Zeugen Dr. K,. und Frau B. - Ziel der von ihr mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geführten Vergleichsverhandlungen eine Abfindung von 250.000,- DM gewesen; daran gemessen sei das erzielte Abfindungsergebnis von 217.500,- DM akzeptabel gewesen.
67 
Unter dem 26. April 2006 hat die Beigeladene dem Senat mitgeteilt, einer Vorlage- und Auskunftspflicht betr. ihre Schadensakte nicht zu unterliegen. Zur Sache sei mitzuteilen, dass im Rahmen einer Sammelbesprechung am 7. August 1998 sämtliche Ansprüche der Beklagten aus dem Unfallereignis vom 30. November 1988 ihr - der Beigeladenen - gegenüber einvernehmlich vorbehaltlos abgefunden worden seien.
68 
Auf Frage des Senats nach Beteiligten und Inhalten der am 7. August 1998 stattgehabten Sammelbesprechung hat die Beigeladene unter dem 23. Mai 2006 erklärt, für sie habe der Prokurist A., für die Beklagte Frau B an dieser Besprechung teilgenommen. Die Besprechung habe mit dem bekannten Abfindungsvergleich geendet. Es habe sich, soweit der Vergleich zukünftige Regressforderungen betroffen habe, um einen reinen Risikobetrag gehandelt. Basis für die Risikoabwägung seien die Erkenntnisse aus der Besprechung der persönlichen Ansprüche der Klägerin vom 24. Oktober 1997 gewesen. Bereits damals sei neben der medizinischen Problematik des Falls insbesondere die fiktive weitere Lebensgestaltung der Klägerin als Hausfrau und Mutter und/oder als teil- oder vollzeitbeschäftigte Erwerbstätige der entscheidende Diskussionspunkt gewesen.
69 
Einen Prozessantrag hat die Beigeladene nicht gestellt.
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Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2007 die Zeugen Frau B., Angestellte der Beklagten, Herrn Dr. K., den vormaligen Bevollmächtigten der Klägerin, und Frau B., Zeller Kreis, vernommen. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
71 
Zur weiteren Darstellung des Tatbestands wird auf die Akten der Beklagten, die Akten des Sozialgerichts Konstanz im erstinstanzlichen Verfahren (S 5 RA 2370/01), auf die Akten des Senats sowie auf die beigezogenen unfallversicherungsrechtlichen Akten der Süddeutschen Metallberufsgenossenschaft München und diejenigen des Sozialgerichts Konstanz (S 7 U 2137/99 und S 1 U 942/92) und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (L 10 U 1183/94, L 1 U 379/02 und L 1 U 144/03) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
73 
Das Urteil des Sozialgerichts vom 6. Mai 2004 ist rechtswidrig und deshalb aufzuheben. Der von der Klägerin angefochtene Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001, mit denen das an die Beklagte gerichtete Begehren der Klägerin, Pflichtbeitragszeiten im Rahmen des Beitragsregresses nach § 119 SGB X gegenüber der Beigeladenen für die Zeit ab dem 8. Mai 1994 geltend zu machen, abgelehnt wurde, ist - entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts - im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
74 
Die Bestimmung des § 119 SGB X n. F. ist im vorliegenden Fall anwendbar, obwohl das Unfallereignis bereits auf den 30. November 1988 datiert (1.). Streitgegenstand des von der Beklagten geführten Berufungsverfahrens ist nicht mehr der von der Klägerin erstinstanzlich mit Hauptantrag geltend gemachte Erfüllungsanspruch, sondern allein der durch das angefochtene Urteil des Sozialgerichts vom 6. Mai 2004 für Recht erkannte Anfechtungs- und Feststellungsausspruch (2.). In der Sache ist die von der Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid abgelehnte Geltendmachung eines Beitragsschadens nach § 119 SGB X auf der Grundlage der zwischen der Beklagten und der Beigeladenen getroffenen Vereinbarung vom 7. August 1998 nicht zu beanstanden (3.).
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1. Die Frage, welches Recht anzuwenden ist, beantworten die §§ 120, 119 SGB X. § 119 Abs. 1 SGB X regelt, dass, soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten - hier: die materiell-rechtlichen Ansprüche der Klägerin gegen die Beigeladene nach §§ 842, 843 BGB - den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, dieser auf den Versicherungsträger - hier: die Beklagte - übergeht, wenn der Geschädigte - hier: die Klägerin - im Zeitpunkt des Schadensereignisses - hier: unverschuldet erlittener Autounfall am 30. November 1988 - bereits Pflichtbeitragszeiten - hier: von 1977-1988 als versicherungspflichtig beschäftigte technische Zeichnerin - nachweist. Die eingegangenen Beiträge gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge (§ 119 Abs. 3 S. 1 SGB X). Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Sozialversicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadensersatzanspruch gestanden hätte. Die Übergangsregelung des § 120 Abs. 1 S. 1 SGB X bestimmt, dass die Vorschriften der §§ 116 bis 119 SGB X nur auf Schadensereignisse nach dem 30. Juni 1983 anzuwenden sind. Das vorliegend stattgehabte Unfallschadensereignis datiert auf den 30. November 1988, so dass die §§ 116 bis 119 SGB X einschlägiger gesetzlicher Prüfungsmaßstab sind. Dies gilt auch - und insbesondere - für den neuen Absatz 4 des § 119 SGB X in der Fassung vom 1. Januar 2001. § 120 Abs. 1 Satz 2 SGB X bestimmt nämlich insoweit ausdrücklich, dass für nach dem 30. Juni 1983 eingetretene Schadensereignisse § 119 Abs. 1, 3 und 4 SGB X in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung auf einen Sachverhalt auch dann anzuwenden sind, wenn der Sachverhalt - wie vorliegend - bereits vor diesem Zeitpunkt bestanden hat und darüber noch nicht abschließend entschieden ist. In der Gesetzesbegründung zu § 120 SGB X (BT-Drucksache 14/4375 vom 24. Oktober 2000) heißt es dazu erläuternd wörtlich:
76 
„Absatz 1 Satz 2 erfasst Änderungen der §§ 116 und 119 SGB X durch diesen Gesetzentwurf und zwar für die Fälle, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes noch nicht abschließend entschieden sind, sei es im Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren oder durch das Auftreten von Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen.“
77 
2. Ob über einen Sachverhalt abschließend entschieden worden ist, hängt davon ab, was konkret zwischen den Beteiligten streitig ist. Der Streitgegenstand oder der prozessuale Anspruch, d.h. das vom Kläger aufgrund eines bestimmten Sachverhalts an das Gericht gerichtete Begehren (vgl. nur Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 95 Rn. 4 m. w. N.), wird vorliegend - im Berufungsverfahren - durch den im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 20. März 2007 allein noch anhängigen auf Aufhebung des angefochtenen Urteils vom 6. Mai 2004 und Abweisung der Klage gerichteten Antrag der Beklagten und Berufungsklägerin umrissen. Im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts ist der Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001 aufgehoben worden; darüber hinaus hat das Sozialgericht festgestellt, die Beklagte habe den Beitragsschaden gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen. Damit ist der erstinstanzlich von der Klägerin hilfsweise gestellte Aufhebungs- und Feststellungsantrag Streitgegenstand auch des Berufungsverfahrens. Der angefochtene Bescheid ist mithin Gegenstand des vorliegenden Verfahrens; eine abschließende Gerichtsentscheidung über die Rechtmäßigkeit dieses Bescheids steht noch aus. Da die Klägerin keine Berufung eingelegt hat, ist der erstinstanzlich von ihr mit Hauptantrag gegen die Beklagte geltend gemachte Anspruch auf Erfüllung aus § 119 SGB X nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden.
78 
Nach § 95 SGG ist Gegenstand der erstinstanzlichen Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt gewesen, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Der Regelungsgegenstand des angefochtenen Verwaltungsakts wird im durch den Widerspruchsbescheid vom 19. November 2001 bestätigten Tenor des angefochtenen Ausgangsbescheids vom 10. Juli 2001 beschrieben. Darin lehnt die Beklagte es in der Sache ab, Pflichtversicherungsbeiträge im Rahmen des Beitragsregresses gemäß § 119 SGB X für die Zeit über den 8. Mai 1994 hinaus geltend zu machen. Dieser Entscheidung hat die Beklagte ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin als Versicherter und ihr selbst als zuständigem Rentenversicherungsträger zugrunde gelegt. Geprägt wird das Versicherungsverhältnis vorliegend durch die sozialversicherungsrechtliche Besonderheit eines gesetzlich durch § 119 SGB X statuierten besonderen Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwischen der versicherten Geschädigten - also der Klägerin - einerseits und der Beklagten als dem zuständigen Rentenversicherungsträger andererseits. § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X begründet nämlich keinen originären, sondern einen kraft cessio legis auf die Beklagte übergeleiteten und auf Zahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung gerichteten Anspruch, den sie im fremden Interesse, d.h. im Interesse des geschädigten Versicherten, - treuhänderisch - wahrzunehmen hat (BGHZ 97, 330 = Vers 1986, 592; Kater, in Kasseler Kommentar, Loseblatt, 2001, § 119 SGB X Rn. 3; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 1; Stelzer, in ZfS 1984, 97 <98 f.>). Die Norm bezweckt die soziale Sicherung des Geschädigten nach Eintritt des Schadensfalls zu verbessern, indem sie dem Rentenversicherungsträger nach § 119 Abs. 3 S. 2 SGB X aufgibt, den sozialversicherten Geschädigten durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen nicht schlechter zu stellen, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte (BGHZ 97, 330; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 1). Dem Rentenversicherungsträger wird damit kraft öffentlichen Rechts - § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X - ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch des sozialversicherten Geschädigten gegen den Schädiger übertragen, den er nicht auf den Versicherten zurück übertragen kann. Dem entsprechend erlangt der geschädigte Sozialversicherte wegen des Beitragsersatzanspruchs - anders als früher (vor 1983) - keine eigene zivilrechtliche Rechtsposition gegenüber dem Schädiger, mit der Folge, dass er durch § 119 SGB X allein auf Ansprüche gegen den Rentenversicherungsträger verwiesen wird. Meint der Geschädigte, der Sozialversicherungsträger habe den Beitragsregress nicht oder nicht ordnungsgemäß (umfassend) geltend gemacht, verbleibt ihm folgerichtig nach § 51 SGG der Sozialrechtsweg gegenüber diesem Träger (ebenso: BGH, Urteil vom 2. Dezember 2003, VersR 2004, 492 ff.; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 12; Schneider, in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., 2002, Kapitel 78 Rn. 30).
79 
Indem die Beklagte es mit dem angefochtenen Bescheid in der Sache abgelehnt hat, für die Klägerin treuhänderisch nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X gegenüber der Beigeladenen zivilrechtliche Schadensersatzansprüche geltend zu machen, hat sie einen die Klägerin belastenden Verwaltungsakt im Sinn von § 31 SGB X erlassen, der die Klägerin möglicherweise in subjektiv öffentlichen Rechten aus dem oben beschriebenen und gegenüber der Beklagten bestehenden öffentlich-rechtlichen Treuhand- und Fürsorgeverhältnis verletzt. Denn die Klägerin hat möglicherweise aufgrund der oben beschriebenen sozialversicherungsrechtlichen Treuhänderstellung der Beklagten einen Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung.
80 
a) Dieser Sachlage entsprechend hat die Klägerin erstinstanzlich mit ihrem Hauptantrag sachdienlich begehrt, den belastenden Verwaltungsakt aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Beitragsschaden bei der Beigeladenen geltend zu machen. Prozessrechtlich ist dieser Klageantrag gemäß § 54 Abs. 4 SGG als eine kombinierte (unechte) Leistungsklage zu verstehen, bei der dem Anfechtungsantrag keine selbständige Bedeutung zukommt (vgl. Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 54 Rn. 113; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 54 Rn. 39; Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2. Aufl., 2005, § 54 Rn. 124, 128). Die Klägerin hat erstinstanzlich in erster Linie die Zuerkennung einer der Beklagten ihr gegenüber obliegenden Leistung begehrt, hier, dass die Beklagte den über § 119 Abs. 1 SGB X ins öffentliche Recht transformierten zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch nach den §§ 842, 843 BGB gegen die Beigeladene geltend macht. Diesem Begehren steht der Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001 entgegen, weshalb die Klägerin incident seine Aufhebung geltend machen muss. Über diesen (Leistungs-)Antrag hat das Sozialgericht im angefochtenen Urteil vom 6. Mai 2004 aber gar nicht entschieden; es fehlt sowohl an einer Tenorierung als auch an Ausführungen in den Entscheidungsgründen.
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Eine andere prozessrechtliche Auslegung des erstinstanzlichen Hauptantrags des Klägerin wäre im Übrigen nicht sachdienlich. Denn eine als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erhobene Klage wäre unzulässig gewesen. Die Klägerin hat nämlich in der Sache erstinstanzlich nicht den Erlass eines sie begünstigenden Verwaltungsakts im Sinn von § 31 SGB X begehrt. Die von der Klägerin begehrte Geltendmachung eines Beitragsregresses der Beklagten gegenüber der Beigeladenen zielt vielmehr auf die Geltendmachung von Forderungen zivilrechtlicher Art aufgrund gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 119 Abs. 1 SGB X (vgl. BSGE 89, 151 <154 f.>; BGH, VersR 2004, 492 ff.), hier auf die Geltendmachung kraft gesetzlichen Forderungsübergangs behaupteter Schadensersatzansprüche nach den §§ 842, 843 BGB. Die zivilprozessuale Geltendmachung solcher Ansprüche durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen bewirkt gegenüber der Klägerin als Dritter aber keine unmittelbare rechtliche Außenwirkung. Im Übrigen ist es der Beklagten - mangels gesetzlicher Grundlage - auch gar nicht möglich, ihr Rechtsverhältnis zur Beigeladenen als haftender Versicherung des Unfallschädigers aus den §§ 116 ff. SGB X durch Verwaltungsakt verbindlich festzustellen.
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Dieses prozessuale Ergebnis - die Begründung eines möglichen öffentlich-rechtlichen Leistungsanspruchs aufgrund eines durch § 119 Abs. 1 und Abs. 3 SGB X vermittelten besonderen Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwischen Klägerin und Beklagter - wird mittelbar durch die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verneinung der zivilprozessualen Prozessführungsbefugnis eines unfallgeschädigten Klägers gegen die Haftpflichtversicherung des Schädigers hinsichtlich möglicher Ansprüche nach § 119 SGB X aus eigenem Recht bestätigt. In dem jüngsten dazu ergangenen und veröffentlichten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 2. Dezember 2003 (VI ZR 243/02, VersR 2004, 492 ff.) heißt es wörtlich:
83 
„Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der Schadensersatzanspruch, dessen Feststellung der Kläger begehrt, sei nicht auf die LVA übergegangen, da § 119 SGB X nicht den Fall einer cessio legis behandele, sondern der Verletzte lediglich die Verfügungsbefugnis über den Schadensersatzanspruch verliere, soweit sich dieser auf den Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung richte und soweit die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 119 SGB X vorlägen. Dies steht nämlich nicht in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats (Senatsurteile BGHZ 97, 330, 333 mit Nachweisen zur Entstehungsgeschichte; 101, 207, 214; 106, 284, 290; 116, 260, 263; 129, 366, 368; 143, 344, 349 f., 354) und des Bundessozialgerichts (BSGE 89, 151, 154 ff.), wonach § 119 SGB X eine Legalzession bewirkt. Dieser Forderungsübergang vollzog sich bereits im Unfallzeitpunkt am 1. Juli 1996 nach § 119 Satz 1 SGB X in der Fassung vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I 2261). Der Forderungsübergang auf den Rentenversicherungsträger nach § 119 SGB X vollzieht sich ebenso wie im Falle des § 116 SGB X jedenfalls dann schon im Zeitpunkt des haftungsbegründenden Schadensereignisses, wenn - wie vorliegend - die Möglichkeit einer unfallbedingten Erwerbsunfähigkeit des Geschädigten in Betracht kommt (vgl. Pickel, SGB, Kommentar zum Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, Stand April 2003, Rn. 4 zu § 119 SGB X m. w. N.). Die Gründe dafür, dass sich der Forderungsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X auf den Sozialversicherungsträger bereits so frühzeitig vollzieht (grundlegend BGHZ 48, 181 , 184 ff. - noch zu § 1542 RVO), gelten für den Forderungsübergang nach § 119 SGB X in gleicher Weise (vgl. BT-Drucks. 9/95 S. 27; zur Schadensentstehung Senatsurteile BGHZ 139, 167 , 173; 143, 344, 348; jeweils m. w. N.). Die Neufassung des § 119 SGB X vom 18. Januar 2001 (BGBl. I 130) hat die Rechtslage entgegen der Auffassung der Revision insoweit nicht verändert.“
84 
Diese Rechtsprechung macht sich der erkennende Senat zu eigen.
85 
b) Soweit das Sozialgericht allerdings die von der Klägerin mit dem Hilfsantrag erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage als zulässig angesehen hat, bestehen dagegen nicht unerhebliche Bedenken.
86 
Mit einer Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) kann u. a. begehrt werden, die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Auch im Über-Unterordnungsverhältnis zwischen Bürger und Staat oder Versichertem und öffentlich-rechtlichem Versicherungsträger ist die Feststellungsklage grundsätzlich zulässig. Vor Erhebung einer Feststellungsklage muss jedoch der versicherte Kläger im Regelfall einen entsprechenden (Feststellungs-)Antrag an den Versicherungsträger gerichtet haben, mit dem er eine bestimmte Feststellung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses begehrt hat, z.B. dass ein Arbeitsunfall vorliegt oder ein Regressverhältnis besteht. Dies folgt schon aus Gründen der Prozessökonomie sowie dem für eine Feststellungsklage erforderlichen Feststellungsinteresse, welches fehlt, wenn der Versicherte nicht zunächst durch einen Antrag bei dem Versicherungsträger versucht hat zu klären, ob das Rechtsverhältnis besteht oder nicht. Dementsprechend muss der Bürger im Regelfall, wenn um das Bestehen eines Rechtsverhältnisses gestritten wird, zunächst eine entsprechende Verwaltungsentscheidung beantragen. Nach dem Ergehen dieser Entscheidung kann er zulässigerweise eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage erheben (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2006, B 2 U 77/06 B, SozR 4-1500 § 55 Nr. 4; BSGE 57, 184 = SozR 2200 § 385 Nr. 10; BSGE 58, 150 , 152 = SozR 1500 § 55 Nr. 27; BSG SozR 3-4427 § 5 Nr. 1 S 4 ff.; Castendiek, in Handkommentar SGG, 2. Aufl., 2005, § 55 Rn. 18, 27; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 55 Rn. 15; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl. 2005, IV Rn. 99).
87 
Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht vorliegend schon entgegen, dass die vom Klägerin begehrte Feststellung - neben Rechtsbeziehungen der Klägerin zur Beklagten - vorrangig die zivilrechtlichen Drittrechtsbeziehungen der Beklagten zur Beigeladenen betrifft. Es ist zwar nicht erforderlich, dass das festzustellende Rechtsverhältnis unmittelbar zwischen den Parteien des Feststellungsprozesses besteht (vgl. BSG, Urteil vom 17. Januar 1996, 3 RK 2/95 = BSGE 77, 219 <226> und Urteil vom 26. Januar 1988, 2 RU 2/87 = BSGE 63, 14 <15>; Ulmer, in Hennig, SGG, Kommentar, Loseblatt 2003, § 55 Rn. 21). Mit der Feststellungsklage kann auch das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses zwischen der Beklagten und einem Dritten - hier der Beigeladenen - geltend gemacht werden, wenn davon eigene - öffentlich-rechtlich begründete - Rechtsinteressen der Klägerin - hier gerichtet auf die Feststellung unfallbedingt nicht entrichteter weiterer Pflichtbeiträge - betroffen sind. Die Klägerin hat ein Interesse an der von ihr beantragten Feststellung gegenüber der Beklagten geltend gemacht, wie ihre stetige Korrespondenz mit der Beklagten in der Frage des Beitragsregresses - Schreiben vom 22. Oktober 1997, 17. Februar 1998, 8. Juni 1998 und 27. Dezember 2000 - belegt. Im Verhältnis zur Beigeladenen fehlt es der Klägerin aber an einem aus eigenem subjektiv öffentlichem Recht verfolgbaren Anspruch (vgl. BSGE 89, 151 <154 ff.>; BGH, VersR 2004, 492 ff.; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 3), weil der geltend zu machende zivilrechtliche Schadensersatzanspruch im Hinblick auf den hier allein streitigen Beitragsregress nach § 119 Abs. 1 SGB X kraft gesetzlichen Forderungsübergangs auf die Beklagte übergegangen ist. Deshalb hat die Klägerin gegenüber der Beigeladenen auch konsequenterweise über einen Beitragsschaden keine Korrespondenz geführt.
88 
Das Sozialgericht hat bei alledem des Weiteren verkannt, dass die Feststellungsklage im Verhältnis zur statthaften (unechten) Leistungsklage subsidiär ist. Ist eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (unechte Leistungsklage) - wie oben dargelegt - statthaft, kann nicht stattdessen eine Feststellungsklage erhoben werden (BSGE 73, 83 <84>; BVerwG Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 127 m. w. N.; Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 4; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 13. Aufl., § 43 Rn. 28). Auch wenn der im SGG nicht ausdrücklich normierte Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage im Sozialprozess nicht - wie im Verwaltungsprozess - uneingeschränkt gilt, bedarf es zur parallelen Statthaftigkeit von Gestaltungs-, Leistungs- und Feststellungsantrag jedenfalls eines nur mit der Feststellungsklage verfolgbaren weitergehenden Rechtsschutzziels. Nur soweit die Feststellungsklage in ihrer Zielrichtung über eine gleichzeitig erhobene Anfechtungs-, Verpflichtungs- oder Leistungsklage hinausgeht, ist eine Klagehäufung unter den Voraussetzungen des § 56 SGG zulässig (vgl. Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2005, § 55 Rn. 14 unter Bezugnahme auf BSG SozR 3-3200 § 81 Nr. 16; ebenso Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 6 m. w. N. der Rechtsprechung). Für ein über den unechten Leistungsantrag hinausreichendes Feststellungsinteresse der Klägerin entsprechend der Tenorierung des erstinstanzlichen Urteils vom 6. Mai 2004 ist vorliegend aber nichts erkennbar. Schließlich ist der Feststellungsantrag auch nicht deshalb statthaft, weil er mit der Beklagten gegen eine juristische Person des öffentlichen Rechts gerichtet ist, bei der davon ausgegangen werden könne, dass sie einen Feststellungsausspruch befolge (dafür aber Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 55 Rn. 19b; eingeschränkt zustimmend auch Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2005, § 55 Rn. 21). Der Gedanke, nicht vollstreckbare Feststellungsaussprüche würden von den Behörden ebenso befolgt wie vollstreckbare Leistungsaussprüche, würde letztendlich das Institut der Verpflichtungs- und Leistungsklage generell überflüssig machen. Des Weiteren würde das zwingende Prozessrecht der Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage zur Disposition der Beteiligten gestellt, indem diese jederzeit - auch unter Umgehung der Sachurteilsvoraussetzungen der anderen Klagearten - Feststellungsanträge stellen könnten (vgl. BSGE 50, 262 ff. und BSG SozR 7910 § 59 Rn. 12). Schließlich mangelt es an jedem Nachweis dafür, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts gerichtlichen Feststellungsentscheidungen generell Folge leisten (zutreffend: Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 11 m. w. N.).
89 
c) Zusammenfassend gilt danach berufungsprozessual das Folgende: Zur Entscheidung im Berufungsverfahren steht nach alledem nur noch der mit der Berufung von der Beklagten angefochtene, vom Sozialgericht durch Urteil vom 6. Mai 2004 für Recht erkannte kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsausspruch. Der isolierte Feststellungsantrag ist sowohl mangels feststellungsfähigen öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beigeladenen als auch wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage unstatthaft. Der noch übrig gebliebene, auf isolierte Aufhebung des Verwaltungsakts gerichtete Anfechtungsantrag ist hingegen zulässig. Denn die Klägerin hatte erstinstanzlich neben der Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, durch den eine Leistung abgelehnt worden war, auch Leistungsklage erhoben. Hebt das Sozialgericht - wie vorliegend - den Verwaltungsakt auf, ohne über die Leistungsklage eine Entscheidung zu treffen, so wird auf die Berufung des Rentenversicherungsträgers die Anfechtungsklage jedenfalls statthafter Gegenstand des Berufungsverfahrens (so BSG SozR Nr. 96 zu § 54 SGG; zustimmend: Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 54 Rn. 113).
90 
3. Das Berufungsbegehren der Beklagten ist auch begründet. Der angefochtene Verwaltungsakt, mit dem die Beklagte das an sie auf Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten gerichtete Begehren der Klägerin, Pflichtbeitragszeiten im Rahmen des Beitragsregresses nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen, abgelehnt hat, verletzt die Klägerin nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten oder Rechtspositionen. Zwar stehen weder der Bezug von Erwerbsunfähigkeits- und gesetzlicher Unfallrente (a.) noch die von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossene Abfindungsvereinbarung (b.) dem geltend gemachten Anspruch auf Erfüllung der von der Beklagten gegen die Beigeladene bestehenden Leistungspflicht aus § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X entgegen. Nach der von der Beklagten mit der Beigeladenen am 7. August 1998 getroffenen zivilrechtlichen Vereinbarung zur endgültigen Abfindung des Gesamtrisikos der Beklagten im Fall der Klägerin ist aber für einen Erfüllungsanspruch der Beklagten gegenüber der Beigeladenen gemäß § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X kein Raum mehr (c.).
91 
Den Regelungsgegenstand des Beitragsregresses beschreibt § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X. Diese Norm bestimmt, dass, soweit der Schadensersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, dieser auf den Versicherungsträger übergeht, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird. § 119 SGB X baut auf der vom Bundesgerichtshof entwickelten Rechtsprechung zum Ersatz von Sozialversicherungsbeiträgen auf. Der Bundesgerichtshof hatte bereits unter Geltung des bis zum 30. Juni 1983 in Kraft gebliebenen § 1542 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in Fällen schädigungsbedingten Beitragsausfalls Ansprüche auf Ersatz eines Erwerbsschadens, der den Beitragsschaden umfasst, nach §§ 823, 842, 843, 249 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anerkannt (vgl. BGHZ 69, 347 = NJW 1978, 155 = VersR 1977, 1156 ; BGH VersR 1979, 1104; 1981, 477 <478>; BGHZ 87, 181 = VersR 1983, 663). Dabei stellte er darauf ab, dass der Schädiger dem Geschädigten entsprechend dem Gedanken der Naturalrestitution die wirtschaftlichen Einbußen auszugleichen habe, die dieser durch den schädigungsbedingten Ausfall von Versicherungsbeiträgen erleide. Insoweit ließ der Bundesgerichtshof zunächst grundsätzlich die Möglichkeit einer Rentenverkürzung in Form einer niedrigeren Rentenanwartschaft ausreichen, schränkte diese weite Auffassung jedoch in seinem Grundsatzurteil vom 18. Oktober 1977 (BGHZ 69, 347 = NJW 1978, 155 = VersR 1977, 1156) durch das Erfordernis der wirtschaftlichen Vernünftigkeit einer Weiterversicherung ein. Obgleich sich eine tatsächliche Rentenverkürzung erst in der Zukunft auswirkt, wurde sie vom Bundesgerichtshof bereits als gegenwärtiger Schaden aufgefasst, der durch freiwillige Beitragszahlungen auszugleichen ist. Auf diese Weise sollte der Versicherte in den Stand gesetzt werden, seine Versicherung, soweit zulässig, fortzuführen. Anspruchsinhaber blieb allein der Geschädigte, dem es aber freigestellt war, die vom Schädiger im Rahmen des Schadensersatzes geleisteten Beträge als freiwillige Beiträge auf sein Versicherungskonto einzuzahlen (BSG, Urteil vom 31. Januar 2002, B 13 RJ 23/0 = BSGE 89, 151 <156> m. w. N.).
92 
In Weiterentwicklung dieser Grundsätze verpflichtet § 119 SGB X den Schädiger, in Fällen eines Beitragsausfalles Schadensersatz in Form von Beitragszahlungen an den Rentenversicherungsträger zu leisten. Hierbei steht das Ziel im Vordergrund, die soziale Sicherung des Versicherten nach Eintritt des Schadensfalles zu verbessern (vgl. BGH VersR 1986, 592 , 593; Nehls in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, a. a. O., SGB X, § 119 Rn. 1). Dementsprechend entsteht der Ersatzanspruch bereits dann, wenn die Möglichkeit einer Rentenverkürzung durch Beeinträchtigung der von der tatsächlichen Beitragsleistung abhängigen Berechnung der Entgeltpunkte des Versicherten besteht (vgl. BGHZ 97, 330 = VersR 1986, 592 ). Der Geschädigte muss, was seine sozialversicherungsrechtliche Stellung angeht, so gestellt werden, wie er ohne die Schädigung stünde (vgl. dazu BGH VersR 1954, 277 f.; vgl. auch Kater, in Kasseler Kommentar, Loseblatt 2003, § 119 SGB X Rn. 15). Ist der Schaden durch Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung ausgleichbar, soll sichergestellt werden, dass der Sozialversicherte später Sozialleistungen erhält, deren Berechnung auch die Zeit nach der Verletzung umfasst (vgl. BR-Drucks 526/80 S 29 mit Bezug auf BGH NJW 1978, 155 f). Dementsprechend soll § 119 SGB X im Wege des gesetzlichen Forderungsüberganges gewährleisten, dass die vom Schädiger zu zahlenden Beiträge dem Sozialversicherungsträger zweckgebunden zugeführt werden (vgl. Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 3). Ohne diese Regelung könnte der Geschädigte über die entsprechenden Beträge verfügen, ohne sie zum Ausgleich seines Beitragsschadens zu verwenden (vgl. BGH VersR 1969, 907; KG VersR 1975, 862 ). Nicht zuletzt aus fürsorgerischen Gründen überträgt deshalb § 119 Abs. 1 SGB X die Aktivlegitimation für den Anspruch auf Ersatz des dem Versicherten entstandenen Beitragsschadens treuhänderisch auf den Sozialversicherungsträger, der die Beitragsforderung (in fremdem Interesse) einziehen und entsprechend als Pflichtbeiträge verbuchen muss (vgl. BGH VersR 1986, 592; Nehls, in Hauck/Noftz, Gesamtkommentar, SGB, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X, Rn. 1). Dagegen ist es nicht Sinn und Zweck der Regelung, für eine finanzielle Entlastung der Rentenversicherungsträger zu sorgen (BSG, Urteil vom 31. Januar 2002, B 13 RJ 23/0 = BSGE 89, 151 <156> m. w. N.).
93 
a) Dem mit dem Forderungsübergang nach § 119 SGB X bezweckten Schutz des Versicherten vor schädigungsbedingten Renteneinbußen und damit der Geltendmachung eines Beitragsregresses der Beklagten gegenüber der Beigeladenen steht deshalb nicht bereits entgegen, dass die Klägerin von der Beklagten auf der Grundlage der §§ 43, 44 SGB VI a. F. seit dem 29. Dezember 1990 eine Erwerbsunfähigkeitsrente auf Dauer bezieht. Denn der durch die Schädigung infolge des am 30. November 1988 erlittenen Unfalls eingetretene Beitragsschaden der Klägerin wird durch die Gewährung der Rente nicht ausgeglichen, wie jedenfalls mittlerweile § 62 SGB VI zeigt. Danach wird ein Anspruch auf Schadensersatz wegen verminderter Erwerbsfähigkeit durch die Berücksichtigung rentenrechtlicher Zeiten nicht ausgeschlossen oder gemindert. § 62 SGB VI verankert damit einen allgemeinen Grundsatz des Schadensersatzrechts im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung. Dieser Grundsatz besagt, dass ein Schädiger durch Leistungen, die ein Dritter - hier: der Rentenversicherungsträger - dem Geschädigten aufgrund des Schadensereignisses zu erbringen hat, nicht entlastet werden darf (Prinzip der versagten Vorteilsanrechnung, vgl. näher: Niesel, in Kasseler Kommentar, SGB VI, Loseblatt, § 62 Rn. 2 m. w. N.; Löns, in Kreikebohm, SGB VI, Kommentar, 2003, § 62 Rn. 2). Daran ändert sich auch nichts, wenn man zusätzlich berücksichtigt, dass die Klägerin neben der Erwerbsunfähigkeitsrente seit dem 29. Dezember 1990 eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bezieht. § 119 Abs. 1 SGB X schützt nämlich nicht einen Erwerbs- oder Haushaltsführungsschaden, sondern die fiktiven Pflichtbeiträge, die, den Schadensfall hinweggedacht, dem Versichertenkonto des geschädigten gesetzlich Rentenversicherten bis zum Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze zugeflossen wären (BGHZ 129, 366; Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 39).
94 
b) Der Geltendmachung des Beitragsregresses durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen steht - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch die von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossene Vergleichs- und Abfindungsvereinbarung nicht entgegen. Die Klägerin hat sich in der damals vorbehaltlos geschlossenen Vereinbarung zwar schriftlich als „ein für alle mal abgefunden wegen aller Schadensersatzansprüche gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer, die versicherten Personen und Dritte, soweit diesen im Fall ihrer Inanspruchnahme ein Ausgleichsanspruch gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer oder die Versicherten zusteht“ erklärt. Diese Erklärung hat aber von vornherein nur Rechtspositionen umfassen können, die die Klägerin im eigenen Namen und aus eigenem Recht hat geltend machen können. Eben daran fehlt es bei der Geltendmachung eines Beitragsschadens nach § 119 Abs. 1 SGB X. Der durch § 119 Abs. 1 SGB X geschützte Anspruch soll zwar dem Versicherten - hier der Klägerin - zugute kommen; die Beklagte als Treuhänderin ist aber - wie oben näher ausgeführt - allein verfügungsbefugt hinsichtlich dieses Anspruchs. An den Verhandlungen und beim Abschluss des Vergleichs vom 24. Oktober 1997 ist die Beklagte - wie auch bereits vom Sozialgericht zutreffend erkannt - aber gar nicht beteiligt gewesen. Dem entsprechend können mögliche Ansprüche nach § 119 SGB X schon sachlogisch nicht Gegenstand der von der Klägerin ohne die Beklagte mit der Beigeladenen geführten Verhandlungen gewesen sein.
95 
Dieses Auslegungsergebnis vermag auch die vom damaligen Verhandlungsführer der Beigeladenen, dem Zeugen K., unter dem 11. Dezember 1997 verfasste „Aktennote“ nicht zu erschüttern. Darin ist zwar festgehalten, mit der Klägerin sei darüber Einigkeit erzielt worden, dass sie ohne den Unfall nach der Geburt ihrer Kinder nicht mehr berufstätig geworden wäre und insoweit der Haushaltsführungsschaden durch die Rentenzahlungen abgedeckt sei. Zum einen ist schon zweifelhaft, ob am 24. Oktober 1997 Einigkeit über die rein außerberufliche Zukunft der Klägerin erzielt worden ist. Dagegen spricht nicht nur die Aussage der Zeugin B., sondern insbesondere auch die Aussage des Zeugen K. vor dem Sozialgericht am 6. Mai 2004. Vor dem Sozialgericht hat der Zeuge K. nämlich - seiner Niederschrift in der „Aktennote vom 11. Dezember 1997“ widersprechend - erklärt, die Klägerin habe gesagt, auch nach Geburt der Kinder weiterarbeiten zu wollen. Der Zeuge K. hat dieser Erklärung nur keine rechtliche Bedeutung beigemessen, weil er - insoweit fehlerhaft - davon ausgegangen ist, aufgrund der vorbehaltlos von der Klägerin unterschriebenen Vergleichs- und Abfindungserklärungen seien auch künftige Ansprüche Dritter jedweder Art gegen die Beigeladene von vornherein ausgeschlossen.
96 
Zum anderen misst der Senat in diesem Zusammenhang den handschriftlichen Notizen des damaligen Bevollmächtigten der Klägerin, des Zeugen Dr. K. vom 24. Oktober 1997 letztlich ausschlaggebenden Beweiswert zu. Danach sind von dem Abfindungsvergleich vom 24. Oktober 1997 öffentlich-rechtlich begründete Drittschäden der gesetzlichen Renten-, Unfall- und Krankenversicherungsträger ausgenommen gewesen. Dies erklärt auch den Umstand, dass die Klägerin diese „Schadenspositionen“ auf ihrer, der Abfindungsvergleichserklärung vom 24. Oktober 1997 beiliegenden „Auflistung“ der Schäden nicht aufgeführt hat. Diese zentrale Aussage hat der Zeuge Dr. K. anlässlich seiner Vernehmung durch den Senat während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren glaubhaft bestätigt.
97 
c) Der Geltendmachung des Beitragsschadens durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen steht aber die von der Beklagten mit der Beigeladenen am 7. August 1998 getroffene Vereinbarung entgegen. Über den Inhalt dieser Vereinbarung existiert - entsprechend der von der Zeugin B. dem Senat anlässlich ihrer Vernehmung während der mündlichen Verhandlung glaubhaft geschilderten Verwaltungspraxis der Beklagten in Fällen, in denen die Vergleichssummen bei unter 150.000 DM (jetzt 125.000 Euro) liegen - zwar nur der von der Zeugin B. gefertigte handschriftliche Vermerk in der Beklagtenakte vom 12. August 1998, nach dem die Beigeladene zur Abfindung des aus dem Komplex „116/119“ herrührenden Gesamtrisikos 100.000,- DM an die Beklagte zu leisten hat. In diesem Vermerk findet sich der Hinweis, dass der Klägerin „§ 119’er Beiträge“ bis zur Geburt des zweiten Kindes am 8. Mai 1994 gutgeschrieben werden. Die inhaltliche Richtigkeit dieses Vermerks ist zudem von der Beigeladenen gegenüber dem Senat durch Schriftsatz vom 23. Mai 2006 bestätigt worden.
98 
Gegenstand der zwischen der Beklagten und der Beigeladenen auf der Grundlage des § 779 BGB am 7. August 1998 geschlossenen und am 12. August 1998 dokumentierten, zivilrechtlichen Vergleichsvereinbarung ist in der Sache eine einzelfallbezogene Abfindung gewesen, der öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegen stehen. Denn nach § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X ist die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag sozialversicherungsrechtlich im Einzelfall zulässig. Zur Begründung dieser - allerdings erst - zum 1. Januar 2001 in das Gesetz aufgenommenen Regelung hat der Gesetzgeber (BT-Drucksache 14/4375 vom 24. Oktober 2000) ausgeführt:
99 
„Da es sich in diesen Fällen in der Regel um kleine Ausgleichsbeträge handelt, sollen die Träger die Möglichkeit zur Pauschalierung, wegen ihrer treuhänderischen Tätigkeit für einzelne Versicherte aber nicht zum Abschluss von Teilungsabkommen, erhalten, um den Verwaltungsaufwand ökonomisch zu gestalten (§ 119 Abs. 4 Satz 1 SGB X).“
100 
Deshalb - und weil es danach folgerichtig in § 119 SGB X an einer § 116 Abs. 9 SGB X entsprechenden, die Pauschalierung von Ersatzansprüchen im Wege von Teilungsabkommen erlaubenden Sonderregelung fehlt - werden Teilungsabkommen zwischen Rentenversicherungsträgern und privaten Haftpflichtversicherern nach § 119 SGB X in der wissenschaftlichen Literatur (Nehls, in Hauck/Noftz, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 23; Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 Rn. 64; Bieresborn, in von Wulffen, a. a. O., § 119 Rn. 15; A.A. allerdings noch Plagemann, DRV 1993, 821 f. und Küppersbusch, VersR 1983, 193 <212> zum früheren Recht) für generell unzulässig gehalten. Dieser Auffassung folgt der Senat, weil der Rentenversicherungsträger nicht ganz oder teilweise auf Ansprüche des geschädigten Versicherten verzichten kann, ohne dessen Sicherungsinteressen zu verletzen. Es ist mit dem Normzweck des § 119 SGB X nicht vereinbar, die kraft cessio legis auf die Beklagte als Rentenversicherungsträger übergegangenen Ansprüche gegen die Beigeladene nicht voll einzubeziehen und der unfallgeschädigten Klägerin im Wege eines Teilungsabkommens nur einen Teil der geschuldeten Beiträge gutzuschreiben (ebenso: Schneider, in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., § 76 Rn. 11).
101 
Vorliegend hat die Beklagte mit der Beigeladenen am 7. August 1998 aber keine Pauschalvereinbarung über Ersatzansprüche getroffen, sondern einzelfallbezogen zivilrechtliche Schadenspositionen nach § 116 SGB X in Höhe von 66.374,05 DM und nach § 119 Abs. 1 SGB X in Höhe von 33.652,92 DM ermittelt und dem auf dieser Basis geschlossenen Abfindungsvergleich zugrunde gelegt. Dabei wurden nach der mit ihrem handschriftlichen Vermerk vom 12. August 1996 übereinstimmenden und nachvollziehbaren Darstellung der Zeugin B. zur Feststellung des Beitragsschadens die dem Abfindungsvergleich zwischen der seinerzeit rechtlich beratenen Klägerin und der Beigeladenen vom 24. Oktober 1997 zugrunde gelegten Schadenspositionen herangezogen, wonach die Rentenzahlungen ab Dezember 1990 für die ersten drei Jahre den Verdienstschaden und im Anschluss daran - mangels Geltendmachung eines durch die Geburt der Kinder sogar erhöhten Haushaltsführungsschadens - den Haushaltsführungsschaden kompensierten, sodass daraus der Schluss gezogen wurde, dass die Klägerin im Anschluss an die Geburt der Kinder nicht oder nur noch in geringem Umfang in Heimarbeit erwerbstätig werden wollte, wobei Letzterem durch eine Erhöhung der Abfindungssumme um 50.000.- DM Rechnung getragen wurde. Nach alledem ist es schließlich auch unschädlich, dass es zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses am 7. August 1998 die Vorschrift des § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X in der heutigen Fassung noch nicht gegeben hat. Die Zeugin B., die für die Beklagte den Vergleich mit der Beigeladenen am 7. August 1998 abgeschlossen hat, hat dem Senat dazu anschaulich und nachvollziehbar erläutert, dass „die Wirklichkeit der gesetzlichen Regelung voraus“ gewesen ist. Diese Praxis hat der Gesetzgeber mit der in § 120 Abs. 1 S. 2 SGB X normierten Übergangsregelung bestätigt, die - wie bereits unter 1. näher ausgeführt - anordnet, dass § 119 Abs. 4 SGB X in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung auch auf Sachverhalte wie den Vorliegenden anzuwenden ist, die bereits vor diesem Zeitpunkt bestanden haben, über die aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend entschieden worden ist.
102 
Auch die Tatsachen, dass die vergleichsweise Einigung zwischen der Beklagten und der Beigeladenen vom 7. August 1998 nur durch den handschriftlichen Vermerk der mit dem Fall auf Seiten der Beklagten befassten Zeugin B. vom 12. August 1998 dokumentiert und die Klägerin über das Ergebnis dieses Vergleichs erst auf Nachfrage unter dem 18. Januar 2001 von der Beklagten unterrichtet worden ist, machen den Vergleich nicht unwirksam. Nach § 779 BGB bedarf der Abschluss eines Vergleichs grundsätzlich keiner besonderen Form. Auch § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X schreibt für den Abschluss der im Einzelfall zulässigen Abfindungsvereinbarungen kein besonderes Formerfordernis - etwa Schriftform (vgl. z.B. § 56 SGB X) - vor. Ob eine Rechtspflicht der Beklagten zur Unterrichtung der Klägerin vor Abschluss des Vergleichs und/oder zumindest zeitnah nachträglich über den Abschluss des Abfindungsvergleichs bestanden hat, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Die Annahme einer solchen Pflicht könnte vor dem Hintergrund des beschriebenen und durch § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X begründeten Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwar naheliegend sein. Die Verletzung einer Unterrichtungspflicht könnte aber allenfalls Schadensersatzansprüche im Binnenverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten auslösen. Die Wirksamkeit der zwischen den zum Abfindungsvergleich nach § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X im Außenverhältnis allein ermächtigten Beteiligten - beklagter Rentenversicherungsträger und beigeladener Haftpflichtversicherung des Schädigers - getroffenen Vereinbarung wird dadurch nicht berührt.
103 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat sich bei der Auferlegung der Kosten auf die Beklagte ausnahmsweise nicht am für die Beklagte letztlich erfolgreichen Prozessergebnis orientiert. Maßgebend für den Senat ist vielmehr gewesen, dass die Beklagte die Klägerin mit den Ausführungen im angefochtenen Bescheid vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2001 in die falsche Richtung gelenkt und damit maßgeblich zum späteren Prozessverhalten der Klägerin beigetragen hat. Denn die zentrale Begründung der Beklagten für die Ablehnung des von der Klägerin begehrten Vorgehens nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X, ein Beitragsschaden sei aufgrund des von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossenen Vergleichs nicht zu beweisen, hat sich - für sich allein genommen - als nicht tragfähig erwiesen. Tatsächlich hat vorrangig der von der Beklagten geschlossene Abfindungsvergleich mit der Beigeladenen vom 7. August 1998 einem Erfolg des klägerischen Begehrens entgegen gestanden.
104 
Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Gründe

 
72 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
73 
Das Urteil des Sozialgerichts vom 6. Mai 2004 ist rechtswidrig und deshalb aufzuheben. Der von der Klägerin angefochtene Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001, mit denen das an die Beklagte gerichtete Begehren der Klägerin, Pflichtbeitragszeiten im Rahmen des Beitragsregresses nach § 119 SGB X gegenüber der Beigeladenen für die Zeit ab dem 8. Mai 1994 geltend zu machen, abgelehnt wurde, ist - entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts - im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
74 
Die Bestimmung des § 119 SGB X n. F. ist im vorliegenden Fall anwendbar, obwohl das Unfallereignis bereits auf den 30. November 1988 datiert (1.). Streitgegenstand des von der Beklagten geführten Berufungsverfahrens ist nicht mehr der von der Klägerin erstinstanzlich mit Hauptantrag geltend gemachte Erfüllungsanspruch, sondern allein der durch das angefochtene Urteil des Sozialgerichts vom 6. Mai 2004 für Recht erkannte Anfechtungs- und Feststellungsausspruch (2.). In der Sache ist die von der Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid abgelehnte Geltendmachung eines Beitragsschadens nach § 119 SGB X auf der Grundlage der zwischen der Beklagten und der Beigeladenen getroffenen Vereinbarung vom 7. August 1998 nicht zu beanstanden (3.).
75 
1. Die Frage, welches Recht anzuwenden ist, beantworten die §§ 120, 119 SGB X. § 119 Abs. 1 SGB X regelt, dass, soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten - hier: die materiell-rechtlichen Ansprüche der Klägerin gegen die Beigeladene nach §§ 842, 843 BGB - den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, dieser auf den Versicherungsträger - hier: die Beklagte - übergeht, wenn der Geschädigte - hier: die Klägerin - im Zeitpunkt des Schadensereignisses - hier: unverschuldet erlittener Autounfall am 30. November 1988 - bereits Pflichtbeitragszeiten - hier: von 1977-1988 als versicherungspflichtig beschäftigte technische Zeichnerin - nachweist. Die eingegangenen Beiträge gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge (§ 119 Abs. 3 S. 1 SGB X). Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Sozialversicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadensersatzanspruch gestanden hätte. Die Übergangsregelung des § 120 Abs. 1 S. 1 SGB X bestimmt, dass die Vorschriften der §§ 116 bis 119 SGB X nur auf Schadensereignisse nach dem 30. Juni 1983 anzuwenden sind. Das vorliegend stattgehabte Unfallschadensereignis datiert auf den 30. November 1988, so dass die §§ 116 bis 119 SGB X einschlägiger gesetzlicher Prüfungsmaßstab sind. Dies gilt auch - und insbesondere - für den neuen Absatz 4 des § 119 SGB X in der Fassung vom 1. Januar 2001. § 120 Abs. 1 Satz 2 SGB X bestimmt nämlich insoweit ausdrücklich, dass für nach dem 30. Juni 1983 eingetretene Schadensereignisse § 119 Abs. 1, 3 und 4 SGB X in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung auf einen Sachverhalt auch dann anzuwenden sind, wenn der Sachverhalt - wie vorliegend - bereits vor diesem Zeitpunkt bestanden hat und darüber noch nicht abschließend entschieden ist. In der Gesetzesbegründung zu § 120 SGB X (BT-Drucksache 14/4375 vom 24. Oktober 2000) heißt es dazu erläuternd wörtlich:
76 
„Absatz 1 Satz 2 erfasst Änderungen der §§ 116 und 119 SGB X durch diesen Gesetzentwurf und zwar für die Fälle, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes noch nicht abschließend entschieden sind, sei es im Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren oder durch das Auftreten von Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen.“
77 
2. Ob über einen Sachverhalt abschließend entschieden worden ist, hängt davon ab, was konkret zwischen den Beteiligten streitig ist. Der Streitgegenstand oder der prozessuale Anspruch, d.h. das vom Kläger aufgrund eines bestimmten Sachverhalts an das Gericht gerichtete Begehren (vgl. nur Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 95 Rn. 4 m. w. N.), wird vorliegend - im Berufungsverfahren - durch den im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 20. März 2007 allein noch anhängigen auf Aufhebung des angefochtenen Urteils vom 6. Mai 2004 und Abweisung der Klage gerichteten Antrag der Beklagten und Berufungsklägerin umrissen. Im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts ist der Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001 aufgehoben worden; darüber hinaus hat das Sozialgericht festgestellt, die Beklagte habe den Beitragsschaden gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen. Damit ist der erstinstanzlich von der Klägerin hilfsweise gestellte Aufhebungs- und Feststellungsantrag Streitgegenstand auch des Berufungsverfahrens. Der angefochtene Bescheid ist mithin Gegenstand des vorliegenden Verfahrens; eine abschließende Gerichtsentscheidung über die Rechtmäßigkeit dieses Bescheids steht noch aus. Da die Klägerin keine Berufung eingelegt hat, ist der erstinstanzlich von ihr mit Hauptantrag gegen die Beklagte geltend gemachte Anspruch auf Erfüllung aus § 119 SGB X nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden.
78 
Nach § 95 SGG ist Gegenstand der erstinstanzlichen Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt gewesen, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Der Regelungsgegenstand des angefochtenen Verwaltungsakts wird im durch den Widerspruchsbescheid vom 19. November 2001 bestätigten Tenor des angefochtenen Ausgangsbescheids vom 10. Juli 2001 beschrieben. Darin lehnt die Beklagte es in der Sache ab, Pflichtversicherungsbeiträge im Rahmen des Beitragsregresses gemäß § 119 SGB X für die Zeit über den 8. Mai 1994 hinaus geltend zu machen. Dieser Entscheidung hat die Beklagte ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin als Versicherter und ihr selbst als zuständigem Rentenversicherungsträger zugrunde gelegt. Geprägt wird das Versicherungsverhältnis vorliegend durch die sozialversicherungsrechtliche Besonderheit eines gesetzlich durch § 119 SGB X statuierten besonderen Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwischen der versicherten Geschädigten - also der Klägerin - einerseits und der Beklagten als dem zuständigen Rentenversicherungsträger andererseits. § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X begründet nämlich keinen originären, sondern einen kraft cessio legis auf die Beklagte übergeleiteten und auf Zahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung gerichteten Anspruch, den sie im fremden Interesse, d.h. im Interesse des geschädigten Versicherten, - treuhänderisch - wahrzunehmen hat (BGHZ 97, 330 = Vers 1986, 592; Kater, in Kasseler Kommentar, Loseblatt, 2001, § 119 SGB X Rn. 3; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 1; Stelzer, in ZfS 1984, 97 <98 f.>). Die Norm bezweckt die soziale Sicherung des Geschädigten nach Eintritt des Schadensfalls zu verbessern, indem sie dem Rentenversicherungsträger nach § 119 Abs. 3 S. 2 SGB X aufgibt, den sozialversicherten Geschädigten durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen nicht schlechter zu stellen, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte (BGHZ 97, 330; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 1). Dem Rentenversicherungsträger wird damit kraft öffentlichen Rechts - § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X - ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch des sozialversicherten Geschädigten gegen den Schädiger übertragen, den er nicht auf den Versicherten zurück übertragen kann. Dem entsprechend erlangt der geschädigte Sozialversicherte wegen des Beitragsersatzanspruchs - anders als früher (vor 1983) - keine eigene zivilrechtliche Rechtsposition gegenüber dem Schädiger, mit der Folge, dass er durch § 119 SGB X allein auf Ansprüche gegen den Rentenversicherungsträger verwiesen wird. Meint der Geschädigte, der Sozialversicherungsträger habe den Beitragsregress nicht oder nicht ordnungsgemäß (umfassend) geltend gemacht, verbleibt ihm folgerichtig nach § 51 SGG der Sozialrechtsweg gegenüber diesem Träger (ebenso: BGH, Urteil vom 2. Dezember 2003, VersR 2004, 492 ff.; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 12; Schneider, in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., 2002, Kapitel 78 Rn. 30).
79 
Indem die Beklagte es mit dem angefochtenen Bescheid in der Sache abgelehnt hat, für die Klägerin treuhänderisch nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X gegenüber der Beigeladenen zivilrechtliche Schadensersatzansprüche geltend zu machen, hat sie einen die Klägerin belastenden Verwaltungsakt im Sinn von § 31 SGB X erlassen, der die Klägerin möglicherweise in subjektiv öffentlichen Rechten aus dem oben beschriebenen und gegenüber der Beklagten bestehenden öffentlich-rechtlichen Treuhand- und Fürsorgeverhältnis verletzt. Denn die Klägerin hat möglicherweise aufgrund der oben beschriebenen sozialversicherungsrechtlichen Treuhänderstellung der Beklagten einen Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung.
80 
a) Dieser Sachlage entsprechend hat die Klägerin erstinstanzlich mit ihrem Hauptantrag sachdienlich begehrt, den belastenden Verwaltungsakt aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Beitragsschaden bei der Beigeladenen geltend zu machen. Prozessrechtlich ist dieser Klageantrag gemäß § 54 Abs. 4 SGG als eine kombinierte (unechte) Leistungsklage zu verstehen, bei der dem Anfechtungsantrag keine selbständige Bedeutung zukommt (vgl. Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 54 Rn. 113; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 54 Rn. 39; Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2. Aufl., 2005, § 54 Rn. 124, 128). Die Klägerin hat erstinstanzlich in erster Linie die Zuerkennung einer der Beklagten ihr gegenüber obliegenden Leistung begehrt, hier, dass die Beklagte den über § 119 Abs. 1 SGB X ins öffentliche Recht transformierten zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch nach den §§ 842, 843 BGB gegen die Beigeladene geltend macht. Diesem Begehren steht der Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001 entgegen, weshalb die Klägerin incident seine Aufhebung geltend machen muss. Über diesen (Leistungs-)Antrag hat das Sozialgericht im angefochtenen Urteil vom 6. Mai 2004 aber gar nicht entschieden; es fehlt sowohl an einer Tenorierung als auch an Ausführungen in den Entscheidungsgründen.
81 
Eine andere prozessrechtliche Auslegung des erstinstanzlichen Hauptantrags des Klägerin wäre im Übrigen nicht sachdienlich. Denn eine als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erhobene Klage wäre unzulässig gewesen. Die Klägerin hat nämlich in der Sache erstinstanzlich nicht den Erlass eines sie begünstigenden Verwaltungsakts im Sinn von § 31 SGB X begehrt. Die von der Klägerin begehrte Geltendmachung eines Beitragsregresses der Beklagten gegenüber der Beigeladenen zielt vielmehr auf die Geltendmachung von Forderungen zivilrechtlicher Art aufgrund gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 119 Abs. 1 SGB X (vgl. BSGE 89, 151 <154 f.>; BGH, VersR 2004, 492 ff.), hier auf die Geltendmachung kraft gesetzlichen Forderungsübergangs behaupteter Schadensersatzansprüche nach den §§ 842, 843 BGB. Die zivilprozessuale Geltendmachung solcher Ansprüche durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen bewirkt gegenüber der Klägerin als Dritter aber keine unmittelbare rechtliche Außenwirkung. Im Übrigen ist es der Beklagten - mangels gesetzlicher Grundlage - auch gar nicht möglich, ihr Rechtsverhältnis zur Beigeladenen als haftender Versicherung des Unfallschädigers aus den §§ 116 ff. SGB X durch Verwaltungsakt verbindlich festzustellen.
82 
Dieses prozessuale Ergebnis - die Begründung eines möglichen öffentlich-rechtlichen Leistungsanspruchs aufgrund eines durch § 119 Abs. 1 und Abs. 3 SGB X vermittelten besonderen Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwischen Klägerin und Beklagter - wird mittelbar durch die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verneinung der zivilprozessualen Prozessführungsbefugnis eines unfallgeschädigten Klägers gegen die Haftpflichtversicherung des Schädigers hinsichtlich möglicher Ansprüche nach § 119 SGB X aus eigenem Recht bestätigt. In dem jüngsten dazu ergangenen und veröffentlichten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 2. Dezember 2003 (VI ZR 243/02, VersR 2004, 492 ff.) heißt es wörtlich:
83 
„Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der Schadensersatzanspruch, dessen Feststellung der Kläger begehrt, sei nicht auf die LVA übergegangen, da § 119 SGB X nicht den Fall einer cessio legis behandele, sondern der Verletzte lediglich die Verfügungsbefugnis über den Schadensersatzanspruch verliere, soweit sich dieser auf den Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung richte und soweit die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 119 SGB X vorlägen. Dies steht nämlich nicht in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats (Senatsurteile BGHZ 97, 330, 333 mit Nachweisen zur Entstehungsgeschichte; 101, 207, 214; 106, 284, 290; 116, 260, 263; 129, 366, 368; 143, 344, 349 f., 354) und des Bundessozialgerichts (BSGE 89, 151, 154 ff.), wonach § 119 SGB X eine Legalzession bewirkt. Dieser Forderungsübergang vollzog sich bereits im Unfallzeitpunkt am 1. Juli 1996 nach § 119 Satz 1 SGB X in der Fassung vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I 2261). Der Forderungsübergang auf den Rentenversicherungsträger nach § 119 SGB X vollzieht sich ebenso wie im Falle des § 116 SGB X jedenfalls dann schon im Zeitpunkt des haftungsbegründenden Schadensereignisses, wenn - wie vorliegend - die Möglichkeit einer unfallbedingten Erwerbsunfähigkeit des Geschädigten in Betracht kommt (vgl. Pickel, SGB, Kommentar zum Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, Stand April 2003, Rn. 4 zu § 119 SGB X m. w. N.). Die Gründe dafür, dass sich der Forderungsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X auf den Sozialversicherungsträger bereits so frühzeitig vollzieht (grundlegend BGHZ 48, 181 , 184 ff. - noch zu § 1542 RVO), gelten für den Forderungsübergang nach § 119 SGB X in gleicher Weise (vgl. BT-Drucks. 9/95 S. 27; zur Schadensentstehung Senatsurteile BGHZ 139, 167 , 173; 143, 344, 348; jeweils m. w. N.). Die Neufassung des § 119 SGB X vom 18. Januar 2001 (BGBl. I 130) hat die Rechtslage entgegen der Auffassung der Revision insoweit nicht verändert.“
84 
Diese Rechtsprechung macht sich der erkennende Senat zu eigen.
85 
b) Soweit das Sozialgericht allerdings die von der Klägerin mit dem Hilfsantrag erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage als zulässig angesehen hat, bestehen dagegen nicht unerhebliche Bedenken.
86 
Mit einer Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) kann u. a. begehrt werden, die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Auch im Über-Unterordnungsverhältnis zwischen Bürger und Staat oder Versichertem und öffentlich-rechtlichem Versicherungsträger ist die Feststellungsklage grundsätzlich zulässig. Vor Erhebung einer Feststellungsklage muss jedoch der versicherte Kläger im Regelfall einen entsprechenden (Feststellungs-)Antrag an den Versicherungsträger gerichtet haben, mit dem er eine bestimmte Feststellung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses begehrt hat, z.B. dass ein Arbeitsunfall vorliegt oder ein Regressverhältnis besteht. Dies folgt schon aus Gründen der Prozessökonomie sowie dem für eine Feststellungsklage erforderlichen Feststellungsinteresse, welches fehlt, wenn der Versicherte nicht zunächst durch einen Antrag bei dem Versicherungsträger versucht hat zu klären, ob das Rechtsverhältnis besteht oder nicht. Dementsprechend muss der Bürger im Regelfall, wenn um das Bestehen eines Rechtsverhältnisses gestritten wird, zunächst eine entsprechende Verwaltungsentscheidung beantragen. Nach dem Ergehen dieser Entscheidung kann er zulässigerweise eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage erheben (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2006, B 2 U 77/06 B, SozR 4-1500 § 55 Nr. 4; BSGE 57, 184 = SozR 2200 § 385 Nr. 10; BSGE 58, 150 , 152 = SozR 1500 § 55 Nr. 27; BSG SozR 3-4427 § 5 Nr. 1 S 4 ff.; Castendiek, in Handkommentar SGG, 2. Aufl., 2005, § 55 Rn. 18, 27; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 55 Rn. 15; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl. 2005, IV Rn. 99).
87 
Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht vorliegend schon entgegen, dass die vom Klägerin begehrte Feststellung - neben Rechtsbeziehungen der Klägerin zur Beklagten - vorrangig die zivilrechtlichen Drittrechtsbeziehungen der Beklagten zur Beigeladenen betrifft. Es ist zwar nicht erforderlich, dass das festzustellende Rechtsverhältnis unmittelbar zwischen den Parteien des Feststellungsprozesses besteht (vgl. BSG, Urteil vom 17. Januar 1996, 3 RK 2/95 = BSGE 77, 219 <226> und Urteil vom 26. Januar 1988, 2 RU 2/87 = BSGE 63, 14 <15>; Ulmer, in Hennig, SGG, Kommentar, Loseblatt 2003, § 55 Rn. 21). Mit der Feststellungsklage kann auch das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses zwischen der Beklagten und einem Dritten - hier der Beigeladenen - geltend gemacht werden, wenn davon eigene - öffentlich-rechtlich begründete - Rechtsinteressen der Klägerin - hier gerichtet auf die Feststellung unfallbedingt nicht entrichteter weiterer Pflichtbeiträge - betroffen sind. Die Klägerin hat ein Interesse an der von ihr beantragten Feststellung gegenüber der Beklagten geltend gemacht, wie ihre stetige Korrespondenz mit der Beklagten in der Frage des Beitragsregresses - Schreiben vom 22. Oktober 1997, 17. Februar 1998, 8. Juni 1998 und 27. Dezember 2000 - belegt. Im Verhältnis zur Beigeladenen fehlt es der Klägerin aber an einem aus eigenem subjektiv öffentlichem Recht verfolgbaren Anspruch (vgl. BSGE 89, 151 <154 ff.>; BGH, VersR 2004, 492 ff.; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 3), weil der geltend zu machende zivilrechtliche Schadensersatzanspruch im Hinblick auf den hier allein streitigen Beitragsregress nach § 119 Abs. 1 SGB X kraft gesetzlichen Forderungsübergangs auf die Beklagte übergegangen ist. Deshalb hat die Klägerin gegenüber der Beigeladenen auch konsequenterweise über einen Beitragsschaden keine Korrespondenz geführt.
88 
Das Sozialgericht hat bei alledem des Weiteren verkannt, dass die Feststellungsklage im Verhältnis zur statthaften (unechten) Leistungsklage subsidiär ist. Ist eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (unechte Leistungsklage) - wie oben dargelegt - statthaft, kann nicht stattdessen eine Feststellungsklage erhoben werden (BSGE 73, 83 <84>; BVerwG Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 127 m. w. N.; Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 4; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 13. Aufl., § 43 Rn. 28). Auch wenn der im SGG nicht ausdrücklich normierte Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage im Sozialprozess nicht - wie im Verwaltungsprozess - uneingeschränkt gilt, bedarf es zur parallelen Statthaftigkeit von Gestaltungs-, Leistungs- und Feststellungsantrag jedenfalls eines nur mit der Feststellungsklage verfolgbaren weitergehenden Rechtsschutzziels. Nur soweit die Feststellungsklage in ihrer Zielrichtung über eine gleichzeitig erhobene Anfechtungs-, Verpflichtungs- oder Leistungsklage hinausgeht, ist eine Klagehäufung unter den Voraussetzungen des § 56 SGG zulässig (vgl. Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2005, § 55 Rn. 14 unter Bezugnahme auf BSG SozR 3-3200 § 81 Nr. 16; ebenso Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 6 m. w. N. der Rechtsprechung). Für ein über den unechten Leistungsantrag hinausreichendes Feststellungsinteresse der Klägerin entsprechend der Tenorierung des erstinstanzlichen Urteils vom 6. Mai 2004 ist vorliegend aber nichts erkennbar. Schließlich ist der Feststellungsantrag auch nicht deshalb statthaft, weil er mit der Beklagten gegen eine juristische Person des öffentlichen Rechts gerichtet ist, bei der davon ausgegangen werden könne, dass sie einen Feststellungsausspruch befolge (dafür aber Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 55 Rn. 19b; eingeschränkt zustimmend auch Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2005, § 55 Rn. 21). Der Gedanke, nicht vollstreckbare Feststellungsaussprüche würden von den Behörden ebenso befolgt wie vollstreckbare Leistungsaussprüche, würde letztendlich das Institut der Verpflichtungs- und Leistungsklage generell überflüssig machen. Des Weiteren würde das zwingende Prozessrecht der Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage zur Disposition der Beteiligten gestellt, indem diese jederzeit - auch unter Umgehung der Sachurteilsvoraussetzungen der anderen Klagearten - Feststellungsanträge stellen könnten (vgl. BSGE 50, 262 ff. und BSG SozR 7910 § 59 Rn. 12). Schließlich mangelt es an jedem Nachweis dafür, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts gerichtlichen Feststellungsentscheidungen generell Folge leisten (zutreffend: Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 11 m. w. N.).
89 
c) Zusammenfassend gilt danach berufungsprozessual das Folgende: Zur Entscheidung im Berufungsverfahren steht nach alledem nur noch der mit der Berufung von der Beklagten angefochtene, vom Sozialgericht durch Urteil vom 6. Mai 2004 für Recht erkannte kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsausspruch. Der isolierte Feststellungsantrag ist sowohl mangels feststellungsfähigen öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beigeladenen als auch wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage unstatthaft. Der noch übrig gebliebene, auf isolierte Aufhebung des Verwaltungsakts gerichtete Anfechtungsantrag ist hingegen zulässig. Denn die Klägerin hatte erstinstanzlich neben der Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, durch den eine Leistung abgelehnt worden war, auch Leistungsklage erhoben. Hebt das Sozialgericht - wie vorliegend - den Verwaltungsakt auf, ohne über die Leistungsklage eine Entscheidung zu treffen, so wird auf die Berufung des Rentenversicherungsträgers die Anfechtungsklage jedenfalls statthafter Gegenstand des Berufungsverfahrens (so BSG SozR Nr. 96 zu § 54 SGG; zustimmend: Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 54 Rn. 113).
90 
3. Das Berufungsbegehren der Beklagten ist auch begründet. Der angefochtene Verwaltungsakt, mit dem die Beklagte das an sie auf Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten gerichtete Begehren der Klägerin, Pflichtbeitragszeiten im Rahmen des Beitragsregresses nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen, abgelehnt hat, verletzt die Klägerin nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten oder Rechtspositionen. Zwar stehen weder der Bezug von Erwerbsunfähigkeits- und gesetzlicher Unfallrente (a.) noch die von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossene Abfindungsvereinbarung (b.) dem geltend gemachten Anspruch auf Erfüllung der von der Beklagten gegen die Beigeladene bestehenden Leistungspflicht aus § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X entgegen. Nach der von der Beklagten mit der Beigeladenen am 7. August 1998 getroffenen zivilrechtlichen Vereinbarung zur endgültigen Abfindung des Gesamtrisikos der Beklagten im Fall der Klägerin ist aber für einen Erfüllungsanspruch der Beklagten gegenüber der Beigeladenen gemäß § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X kein Raum mehr (c.).
91 
Den Regelungsgegenstand des Beitragsregresses beschreibt § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X. Diese Norm bestimmt, dass, soweit der Schadensersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, dieser auf den Versicherungsträger übergeht, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird. § 119 SGB X baut auf der vom Bundesgerichtshof entwickelten Rechtsprechung zum Ersatz von Sozialversicherungsbeiträgen auf. Der Bundesgerichtshof hatte bereits unter Geltung des bis zum 30. Juni 1983 in Kraft gebliebenen § 1542 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in Fällen schädigungsbedingten Beitragsausfalls Ansprüche auf Ersatz eines Erwerbsschadens, der den Beitragsschaden umfasst, nach §§ 823, 842, 843, 249 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anerkannt (vgl. BGHZ 69, 347 = NJW 1978, 155 = VersR 1977, 1156 ; BGH VersR 1979, 1104; 1981, 477 <478>; BGHZ 87, 181 = VersR 1983, 663). Dabei stellte er darauf ab, dass der Schädiger dem Geschädigten entsprechend dem Gedanken der Naturalrestitution die wirtschaftlichen Einbußen auszugleichen habe, die dieser durch den schädigungsbedingten Ausfall von Versicherungsbeiträgen erleide. Insoweit ließ der Bundesgerichtshof zunächst grundsätzlich die Möglichkeit einer Rentenverkürzung in Form einer niedrigeren Rentenanwartschaft ausreichen, schränkte diese weite Auffassung jedoch in seinem Grundsatzurteil vom 18. Oktober 1977 (BGHZ 69, 347 = NJW 1978, 155 = VersR 1977, 1156) durch das Erfordernis der wirtschaftlichen Vernünftigkeit einer Weiterversicherung ein. Obgleich sich eine tatsächliche Rentenverkürzung erst in der Zukunft auswirkt, wurde sie vom Bundesgerichtshof bereits als gegenwärtiger Schaden aufgefasst, der durch freiwillige Beitragszahlungen auszugleichen ist. Auf diese Weise sollte der Versicherte in den Stand gesetzt werden, seine Versicherung, soweit zulässig, fortzuführen. Anspruchsinhaber blieb allein der Geschädigte, dem es aber freigestellt war, die vom Schädiger im Rahmen des Schadensersatzes geleisteten Beträge als freiwillige Beiträge auf sein Versicherungskonto einzuzahlen (BSG, Urteil vom 31. Januar 2002, B 13 RJ 23/0 = BSGE 89, 151 <156> m. w. N.).
92 
In Weiterentwicklung dieser Grundsätze verpflichtet § 119 SGB X den Schädiger, in Fällen eines Beitragsausfalles Schadensersatz in Form von Beitragszahlungen an den Rentenversicherungsträger zu leisten. Hierbei steht das Ziel im Vordergrund, die soziale Sicherung des Versicherten nach Eintritt des Schadensfalles zu verbessern (vgl. BGH VersR 1986, 592 , 593; Nehls in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, a. a. O., SGB X, § 119 Rn. 1). Dementsprechend entsteht der Ersatzanspruch bereits dann, wenn die Möglichkeit einer Rentenverkürzung durch Beeinträchtigung der von der tatsächlichen Beitragsleistung abhängigen Berechnung der Entgeltpunkte des Versicherten besteht (vgl. BGHZ 97, 330 = VersR 1986, 592 ). Der Geschädigte muss, was seine sozialversicherungsrechtliche Stellung angeht, so gestellt werden, wie er ohne die Schädigung stünde (vgl. dazu BGH VersR 1954, 277 f.; vgl. auch Kater, in Kasseler Kommentar, Loseblatt 2003, § 119 SGB X Rn. 15). Ist der Schaden durch Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung ausgleichbar, soll sichergestellt werden, dass der Sozialversicherte später Sozialleistungen erhält, deren Berechnung auch die Zeit nach der Verletzung umfasst (vgl. BR-Drucks 526/80 S 29 mit Bezug auf BGH NJW 1978, 155 f). Dementsprechend soll § 119 SGB X im Wege des gesetzlichen Forderungsüberganges gewährleisten, dass die vom Schädiger zu zahlenden Beiträge dem Sozialversicherungsträger zweckgebunden zugeführt werden (vgl. Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 3). Ohne diese Regelung könnte der Geschädigte über die entsprechenden Beträge verfügen, ohne sie zum Ausgleich seines Beitragsschadens zu verwenden (vgl. BGH VersR 1969, 907; KG VersR 1975, 862 ). Nicht zuletzt aus fürsorgerischen Gründen überträgt deshalb § 119 Abs. 1 SGB X die Aktivlegitimation für den Anspruch auf Ersatz des dem Versicherten entstandenen Beitragsschadens treuhänderisch auf den Sozialversicherungsträger, der die Beitragsforderung (in fremdem Interesse) einziehen und entsprechend als Pflichtbeiträge verbuchen muss (vgl. BGH VersR 1986, 592; Nehls, in Hauck/Noftz, Gesamtkommentar, SGB, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X, Rn. 1). Dagegen ist es nicht Sinn und Zweck der Regelung, für eine finanzielle Entlastung der Rentenversicherungsträger zu sorgen (BSG, Urteil vom 31. Januar 2002, B 13 RJ 23/0 = BSGE 89, 151 <156> m. w. N.).
93 
a) Dem mit dem Forderungsübergang nach § 119 SGB X bezweckten Schutz des Versicherten vor schädigungsbedingten Renteneinbußen und damit der Geltendmachung eines Beitragsregresses der Beklagten gegenüber der Beigeladenen steht deshalb nicht bereits entgegen, dass die Klägerin von der Beklagten auf der Grundlage der §§ 43, 44 SGB VI a. F. seit dem 29. Dezember 1990 eine Erwerbsunfähigkeitsrente auf Dauer bezieht. Denn der durch die Schädigung infolge des am 30. November 1988 erlittenen Unfalls eingetretene Beitragsschaden der Klägerin wird durch die Gewährung der Rente nicht ausgeglichen, wie jedenfalls mittlerweile § 62 SGB VI zeigt. Danach wird ein Anspruch auf Schadensersatz wegen verminderter Erwerbsfähigkeit durch die Berücksichtigung rentenrechtlicher Zeiten nicht ausgeschlossen oder gemindert. § 62 SGB VI verankert damit einen allgemeinen Grundsatz des Schadensersatzrechts im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung. Dieser Grundsatz besagt, dass ein Schädiger durch Leistungen, die ein Dritter - hier: der Rentenversicherungsträger - dem Geschädigten aufgrund des Schadensereignisses zu erbringen hat, nicht entlastet werden darf (Prinzip der versagten Vorteilsanrechnung, vgl. näher: Niesel, in Kasseler Kommentar, SGB VI, Loseblatt, § 62 Rn. 2 m. w. N.; Löns, in Kreikebohm, SGB VI, Kommentar, 2003, § 62 Rn. 2). Daran ändert sich auch nichts, wenn man zusätzlich berücksichtigt, dass die Klägerin neben der Erwerbsunfähigkeitsrente seit dem 29. Dezember 1990 eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bezieht. § 119 Abs. 1 SGB X schützt nämlich nicht einen Erwerbs- oder Haushaltsführungsschaden, sondern die fiktiven Pflichtbeiträge, die, den Schadensfall hinweggedacht, dem Versichertenkonto des geschädigten gesetzlich Rentenversicherten bis zum Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze zugeflossen wären (BGHZ 129, 366; Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 39).
94 
b) Der Geltendmachung des Beitragsregresses durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen steht - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch die von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossene Vergleichs- und Abfindungsvereinbarung nicht entgegen. Die Klägerin hat sich in der damals vorbehaltlos geschlossenen Vereinbarung zwar schriftlich als „ein für alle mal abgefunden wegen aller Schadensersatzansprüche gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer, die versicherten Personen und Dritte, soweit diesen im Fall ihrer Inanspruchnahme ein Ausgleichsanspruch gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer oder die Versicherten zusteht“ erklärt. Diese Erklärung hat aber von vornherein nur Rechtspositionen umfassen können, die die Klägerin im eigenen Namen und aus eigenem Recht hat geltend machen können. Eben daran fehlt es bei der Geltendmachung eines Beitragsschadens nach § 119 Abs. 1 SGB X. Der durch § 119 Abs. 1 SGB X geschützte Anspruch soll zwar dem Versicherten - hier der Klägerin - zugute kommen; die Beklagte als Treuhänderin ist aber - wie oben näher ausgeführt - allein verfügungsbefugt hinsichtlich dieses Anspruchs. An den Verhandlungen und beim Abschluss des Vergleichs vom 24. Oktober 1997 ist die Beklagte - wie auch bereits vom Sozialgericht zutreffend erkannt - aber gar nicht beteiligt gewesen. Dem entsprechend können mögliche Ansprüche nach § 119 SGB X schon sachlogisch nicht Gegenstand der von der Klägerin ohne die Beklagte mit der Beigeladenen geführten Verhandlungen gewesen sein.
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Dieses Auslegungsergebnis vermag auch die vom damaligen Verhandlungsführer der Beigeladenen, dem Zeugen K., unter dem 11. Dezember 1997 verfasste „Aktennote“ nicht zu erschüttern. Darin ist zwar festgehalten, mit der Klägerin sei darüber Einigkeit erzielt worden, dass sie ohne den Unfall nach der Geburt ihrer Kinder nicht mehr berufstätig geworden wäre und insoweit der Haushaltsführungsschaden durch die Rentenzahlungen abgedeckt sei. Zum einen ist schon zweifelhaft, ob am 24. Oktober 1997 Einigkeit über die rein außerberufliche Zukunft der Klägerin erzielt worden ist. Dagegen spricht nicht nur die Aussage der Zeugin B., sondern insbesondere auch die Aussage des Zeugen K. vor dem Sozialgericht am 6. Mai 2004. Vor dem Sozialgericht hat der Zeuge K. nämlich - seiner Niederschrift in der „Aktennote vom 11. Dezember 1997“ widersprechend - erklärt, die Klägerin habe gesagt, auch nach Geburt der Kinder weiterarbeiten zu wollen. Der Zeuge K. hat dieser Erklärung nur keine rechtliche Bedeutung beigemessen, weil er - insoweit fehlerhaft - davon ausgegangen ist, aufgrund der vorbehaltlos von der Klägerin unterschriebenen Vergleichs- und Abfindungserklärungen seien auch künftige Ansprüche Dritter jedweder Art gegen die Beigeladene von vornherein ausgeschlossen.
96 
Zum anderen misst der Senat in diesem Zusammenhang den handschriftlichen Notizen des damaligen Bevollmächtigten der Klägerin, des Zeugen Dr. K. vom 24. Oktober 1997 letztlich ausschlaggebenden Beweiswert zu. Danach sind von dem Abfindungsvergleich vom 24. Oktober 1997 öffentlich-rechtlich begründete Drittschäden der gesetzlichen Renten-, Unfall- und Krankenversicherungsträger ausgenommen gewesen. Dies erklärt auch den Umstand, dass die Klägerin diese „Schadenspositionen“ auf ihrer, der Abfindungsvergleichserklärung vom 24. Oktober 1997 beiliegenden „Auflistung“ der Schäden nicht aufgeführt hat. Diese zentrale Aussage hat der Zeuge Dr. K. anlässlich seiner Vernehmung durch den Senat während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren glaubhaft bestätigt.
97 
c) Der Geltendmachung des Beitragsschadens durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen steht aber die von der Beklagten mit der Beigeladenen am 7. August 1998 getroffene Vereinbarung entgegen. Über den Inhalt dieser Vereinbarung existiert - entsprechend der von der Zeugin B. dem Senat anlässlich ihrer Vernehmung während der mündlichen Verhandlung glaubhaft geschilderten Verwaltungspraxis der Beklagten in Fällen, in denen die Vergleichssummen bei unter 150.000 DM (jetzt 125.000 Euro) liegen - zwar nur der von der Zeugin B. gefertigte handschriftliche Vermerk in der Beklagtenakte vom 12. August 1998, nach dem die Beigeladene zur Abfindung des aus dem Komplex „116/119“ herrührenden Gesamtrisikos 100.000,- DM an die Beklagte zu leisten hat. In diesem Vermerk findet sich der Hinweis, dass der Klägerin „§ 119’er Beiträge“ bis zur Geburt des zweiten Kindes am 8. Mai 1994 gutgeschrieben werden. Die inhaltliche Richtigkeit dieses Vermerks ist zudem von der Beigeladenen gegenüber dem Senat durch Schriftsatz vom 23. Mai 2006 bestätigt worden.
98 
Gegenstand der zwischen der Beklagten und der Beigeladenen auf der Grundlage des § 779 BGB am 7. August 1998 geschlossenen und am 12. August 1998 dokumentierten, zivilrechtlichen Vergleichsvereinbarung ist in der Sache eine einzelfallbezogene Abfindung gewesen, der öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegen stehen. Denn nach § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X ist die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag sozialversicherungsrechtlich im Einzelfall zulässig. Zur Begründung dieser - allerdings erst - zum 1. Januar 2001 in das Gesetz aufgenommenen Regelung hat der Gesetzgeber (BT-Drucksache 14/4375 vom 24. Oktober 2000) ausgeführt:
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„Da es sich in diesen Fällen in der Regel um kleine Ausgleichsbeträge handelt, sollen die Träger die Möglichkeit zur Pauschalierung, wegen ihrer treuhänderischen Tätigkeit für einzelne Versicherte aber nicht zum Abschluss von Teilungsabkommen, erhalten, um den Verwaltungsaufwand ökonomisch zu gestalten (§ 119 Abs. 4 Satz 1 SGB X).“
100 
Deshalb - und weil es danach folgerichtig in § 119 SGB X an einer § 116 Abs. 9 SGB X entsprechenden, die Pauschalierung von Ersatzansprüchen im Wege von Teilungsabkommen erlaubenden Sonderregelung fehlt - werden Teilungsabkommen zwischen Rentenversicherungsträgern und privaten Haftpflichtversicherern nach § 119 SGB X in der wissenschaftlichen Literatur (Nehls, in Hauck/Noftz, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 23; Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 Rn. 64; Bieresborn, in von Wulffen, a. a. O., § 119 Rn. 15; A.A. allerdings noch Plagemann, DRV 1993, 821 f. und Küppersbusch, VersR 1983, 193 <212> zum früheren Recht) für generell unzulässig gehalten. Dieser Auffassung folgt der Senat, weil der Rentenversicherungsträger nicht ganz oder teilweise auf Ansprüche des geschädigten Versicherten verzichten kann, ohne dessen Sicherungsinteressen zu verletzen. Es ist mit dem Normzweck des § 119 SGB X nicht vereinbar, die kraft cessio legis auf die Beklagte als Rentenversicherungsträger übergegangenen Ansprüche gegen die Beigeladene nicht voll einzubeziehen und der unfallgeschädigten Klägerin im Wege eines Teilungsabkommens nur einen Teil der geschuldeten Beiträge gutzuschreiben (ebenso: Schneider, in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., § 76 Rn. 11).
101 
Vorliegend hat die Beklagte mit der Beigeladenen am 7. August 1998 aber keine Pauschalvereinbarung über Ersatzansprüche getroffen, sondern einzelfallbezogen zivilrechtliche Schadenspositionen nach § 116 SGB X in Höhe von 66.374,05 DM und nach § 119 Abs. 1 SGB X in Höhe von 33.652,92 DM ermittelt und dem auf dieser Basis geschlossenen Abfindungsvergleich zugrunde gelegt. Dabei wurden nach der mit ihrem handschriftlichen Vermerk vom 12. August 1996 übereinstimmenden und nachvollziehbaren Darstellung der Zeugin B. zur Feststellung des Beitragsschadens die dem Abfindungsvergleich zwischen der seinerzeit rechtlich beratenen Klägerin und der Beigeladenen vom 24. Oktober 1997 zugrunde gelegten Schadenspositionen herangezogen, wonach die Rentenzahlungen ab Dezember 1990 für die ersten drei Jahre den Verdienstschaden und im Anschluss daran - mangels Geltendmachung eines durch die Geburt der Kinder sogar erhöhten Haushaltsführungsschadens - den Haushaltsführungsschaden kompensierten, sodass daraus der Schluss gezogen wurde, dass die Klägerin im Anschluss an die Geburt der Kinder nicht oder nur noch in geringem Umfang in Heimarbeit erwerbstätig werden wollte, wobei Letzterem durch eine Erhöhung der Abfindungssumme um 50.000.- DM Rechnung getragen wurde. Nach alledem ist es schließlich auch unschädlich, dass es zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses am 7. August 1998 die Vorschrift des § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X in der heutigen Fassung noch nicht gegeben hat. Die Zeugin B., die für die Beklagte den Vergleich mit der Beigeladenen am 7. August 1998 abgeschlossen hat, hat dem Senat dazu anschaulich und nachvollziehbar erläutert, dass „die Wirklichkeit der gesetzlichen Regelung voraus“ gewesen ist. Diese Praxis hat der Gesetzgeber mit der in § 120 Abs. 1 S. 2 SGB X normierten Übergangsregelung bestätigt, die - wie bereits unter 1. näher ausgeführt - anordnet, dass § 119 Abs. 4 SGB X in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung auch auf Sachverhalte wie den Vorliegenden anzuwenden ist, die bereits vor diesem Zeitpunkt bestanden haben, über die aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend entschieden worden ist.
102 
Auch die Tatsachen, dass die vergleichsweise Einigung zwischen der Beklagten und der Beigeladenen vom 7. August 1998 nur durch den handschriftlichen Vermerk der mit dem Fall auf Seiten der Beklagten befassten Zeugin B. vom 12. August 1998 dokumentiert und die Klägerin über das Ergebnis dieses Vergleichs erst auf Nachfrage unter dem 18. Januar 2001 von der Beklagten unterrichtet worden ist, machen den Vergleich nicht unwirksam. Nach § 779 BGB bedarf der Abschluss eines Vergleichs grundsätzlich keiner besonderen Form. Auch § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X schreibt für den Abschluss der im Einzelfall zulässigen Abfindungsvereinbarungen kein besonderes Formerfordernis - etwa Schriftform (vgl. z.B. § 56 SGB X) - vor. Ob eine Rechtspflicht der Beklagten zur Unterrichtung der Klägerin vor Abschluss des Vergleichs und/oder zumindest zeitnah nachträglich über den Abschluss des Abfindungsvergleichs bestanden hat, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Die Annahme einer solchen Pflicht könnte vor dem Hintergrund des beschriebenen und durch § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X begründeten Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwar naheliegend sein. Die Verletzung einer Unterrichtungspflicht könnte aber allenfalls Schadensersatzansprüche im Binnenverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten auslösen. Die Wirksamkeit der zwischen den zum Abfindungsvergleich nach § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X im Außenverhältnis allein ermächtigten Beteiligten - beklagter Rentenversicherungsträger und beigeladener Haftpflichtversicherung des Schädigers - getroffenen Vereinbarung wird dadurch nicht berührt.
103 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat sich bei der Auferlegung der Kosten auf die Beklagte ausnahmsweise nicht am für die Beklagte letztlich erfolgreichen Prozessergebnis orientiert. Maßgebend für den Senat ist vielmehr gewesen, dass die Beklagte die Klägerin mit den Ausführungen im angefochtenen Bescheid vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2001 in die falsche Richtung gelenkt und damit maßgeblich zum späteren Prozessverhalten der Klägerin beigetragen hat. Denn die zentrale Begründung der Beklagten für die Ablehnung des von der Klägerin begehrten Vorgehens nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X, ein Beitragsschaden sei aufgrund des von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossenen Vergleichs nicht zu beweisen, hat sich - für sich allein genommen - als nicht tragfähig erwiesen. Tatsächlich hat vorrangig der von der Beklagten geschlossene Abfindungsvergleich mit der Beigeladenen vom 7. August 1998 einem Erfolg des klägerischen Begehrens entgegen gestanden.
104 
Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

(1) Soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, geht dieser auf den Versicherungsträger über, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird; dies gilt nicht, soweit

1.
der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt oder sonstige der Beitragspflicht unterliegende Leistungen erbringt oder
2.
der Anspruch auf Ersatz von Beiträgen nach § 116 übergegangen ist.
Für den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung gilt § 116 Abs. 3 Satz 1 und 2 entsprechend, soweit die Beiträge auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem bei unbegrenzter Haftung zu ersetzenden Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und der bei Bezug von Sozialleistungen beitragspflichtigen Einnahme entfallen.

(2) Der Versicherungsträger, auf den ein Teil des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 116 übergeht, übermittelt den von ihm festgestellten Sachverhalt dem Träger der Rentenversicherung auf einem einheitlichen Meldevordruck. Das Nähere über den Inhalt des Meldevordrucks und das Mitteilungsverfahren bestimmen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger.

(3) Die eingegangenen Beiträge oder Beitragsanteile gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge. Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Versicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte.

(4) Die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag ist im Einzelfall zulässig. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gelten für die Mitwirkungspflichten des Geschädigten die §§ 60, 61, 65 Abs. 1 und 3 sowie § 65a des Ersten Buches entsprechend.

Die Verpflichtung zum Schadensersatz wegen einer gegen die Person gerichteten unerlaubten Handlung erstreckt sich auf die Nachteile, welche die Handlung für den Erwerb oder das Fortkommen des Verletzten herbeiführt.

(1) Wird infolge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert oder tritt eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so ist dem Verletzten durch Entrichtung einer Geldrente Schadensersatz zu leisten.

(2) Auf die Rente finden die Vorschriften des § 760 Anwendung. Ob, in welcher Art und für welchen Betrag der Ersatzpflichtige Sicherheit zu leisten hat, bestimmt sich nach den Umständen.

(3) Statt der Rente kann der Verletzte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

(4) Der Anspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein anderer dem Verletzten Unterhalt zu gewähren hat.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 6. Mai 2004 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin und Berufungsbeklagte (künftig: Klägerin) begehrt festzustellen, die Beklagte habe einen Beitragsschaden nach § 119 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X - gegenüber der Beigeladenen als beteiligter Haftpflichtversicherung geltend zu machen.
Die am ... 1961 geborene und verheiratete Klägerin, Mutter zweier am 9. September 1992 und am 8. Mai 1994 geborener Kinder, absolvierte von 1977 bis 1979 erfolgreich eine Ausbildung zur technischen Zeichnerin. Anschließend war sie im erlernten Beruf bei der Firma N. GmbH, R., versicherungspflichtig beschäftigt.
Am 30. November 1988 erlitt die Klägerin auf der Fahrt mit dem eigenen Pkw zur Arbeitsstelle gegen 6:45 Uhr einen Unfall durch Zusammenprall mit einem anderen, bei der Beigeladenen versicherten Pkw, der die Vorfahrt der Klägerin nicht beachtet hatte. Vom Unfalltag bis zum 15. Dezember 1988 wurde die Klägerin in der Chirurgischen Klinik stationär behandelt. Im von Prof. Dr. K. unterzeichneten Entlassungsbericht der Klinik vom 16. Januar 1989 wurden als Diagnosen mitgeteilt: Sternumfraktur, HWS-Distorsion und Schädelprellung.
Im Rahmen der Weiterbehandlung zu Lasten der Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft (BG) wurde die Klägerin am 13. und 20. Februar 1989 in der Neurologischen Klinik ambulant untersucht und vom 6. bis 13. März 1989 stationär behandelt. Im Entlassungsbericht vom 17. März 1989 stellte PD Dr. K. die Diagnosen kloniforme Muskelzuckungen unklarer Genese, Zustand nach HWS-Distorsion, Schädelprellung und Sternumfraktur .
Vom 6. bis zum 9. Juni 1989 unterzog sich die Klägerin wegen anhaltender Zuckungen überwiegend des linken Armes einer weiteren stationären Heilbehandlung, nunmehr in der Neurologischen Klinik. Im Bericht vom 30. Juni 1989 vertrat Prof. Dr. B. die Auffassung, die Muskelzuckungen seien nicht unfallbedingt, weil nichts auf eine Hirn- oder Rückenmarksverletzung durch den Wegeunfall hinweise. Es handele sich vielmehr um psychogene Anfälle.
Unter dem 3. August 1989 meldete die BG bei der Beklagten einen Anspruch auf Beitragserstattung für die Zeit vom 14. bis 31. Januar 1989 an. Daraufhin bat die Beklagte die Klägerin um Angaben zum Unfallhergang und zu den Unfallfolgen. Im unter dem 14. August 1989 ausgefüllten Formularvordruck gab die Klägerin auf die Frage 12 „Bis zu welchem Lebensalter wären Sie ohne den Unfall/Schadensfall voraussichtlich berufstätig gewesen?“ wörtlich an, „bis zum Rentenalter“.
Die Beklagte meldete ihrerseits bei der Beigeladenen unter dem 24. Oktober 1989 einen Erstattungsanspruch wegen unfallbedingt unterbrochener Beitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung an und bezifferte den bisher entstandenen Beitragsschaden für die Zeit vom 14. bis 31. Januar 1989 mit 392, 48 DM. Die Beigeladene glich den geltend gemachten Beitragsschaden aus. Die Beklagte wies die Beigeladene unter dem 2. April 1990 darauf hin, dass gegenwärtig ein (weiteres) Feststellungsinteresse noch nicht ausgeschlossen werden könne, die Akte vorläufig zum Ruhen gebracht werde und eine Verjährung der Ansprüche gemäß den §§ 116 ff. SGB X aufgrund des vereinbarungsgemäß bestehenden generellen Verjährungseinredeverzichtes nicht eintreten könne.
Zwischenzeitlich hatte die BG eine unfallchirurgische und neurologisch-psychiatrische Zusammenhangsbegutachtung der Klägerin veranlasst. Beide Gutachter - Unfallchirurg Prof. Dr. W. mit Gutachten vom 13. Oktober 1989 und der Neurologe und Psychiater Dr. L. mit Gutachten vom 26. Februar 1990 - verneinten die Unfallursächlichkeit für die bei der Klägerin fortbestehenden myoklonischen Zuckungen.
Daraufhin lehnte die BG die Gewährung von über dem 31. Januar 1989 hinausgehender Heilbehandlung, Verletztengeld und Verletztenrente mit Bescheiden vom 26. April 1990 mit der Begründung ab, ab diesem Zeitpunkt sei die weitere Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit nicht mehr Folge des am 30. November 1988 erlittenen Arbeitsunfalls. Die dagegen gerichteten Widersprüche wies die BG mit Widerspruchsbescheiden vom 16. August 1990 als unbegründet zurück, wogegen die Klägerin am 30. August 1990 Klage zum Sozialgericht Konstanz erhob.
10 
Bereits zuvor, am 23. Januar 1990, hatte die Klägerin bei der Beklagten Erwerbsunfähigkeitsrente beantragt. Zu Lasten der Beklagten absolvierte sie vom 27. November bis 28. Dezember 1990 eine stationäre Reha-Heilbehandlung. Im Entlassungsbericht vom 7. Februar 1991 wurden die Diagnosen - Zustand nach Sternumfraktur, HWS-Distorsion und Schädelprellung mit nachfolgenden Krampfanfällen bei Abduktion und Elevation des linken Armes nach einem Verkehrsunfall 11/88 und Konversionsneurose - mitgeteilt.
11 
Noch davor hatte die Beklagte aber eine auf dem 20. September 1990 datierende nervenärztliche Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters B. eingeholt, in der dieser - entgegen dem Gutachter Dr. L. - die Auffassung vertrat, die leistungsmindernden Störungen - Wirbelsäulenbeschwerden, Schwindelattacken und vor allem kloniforme Muskelzuckungen - seien als unfallbedingt einzustufen. Auch wenn eine prämorbide Störung vorliege, gebe es keinerlei Hinweise auf eine manifeste psychische Störung vor dem Unfallgeschehen. Das Unfalltrauma habe eine richtungsgebende Verschlechterung ausgelöst; eine dauerhafte Leistungsminderung sei anzuerkennen. Daraufhin bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 27. Mai 1991 für die Zeit ab dem 29. Dezember 1990 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer.
12 
Dies teilte die Beklagte der Beigeladenen unter Bezugnahme auf den Schadensfall vom 30. November 1988 und Hinweis auf ihre unfallbedingte Leistungspflichtigkeit mit Schreiben vom 23. Juli 1991 mit. Die Beigeladene erwiderte darauf unter dem 8. August 1991, dass eine unfallbedingte Leistungspflichtigkeit der Beklagten auf der Grundlage der Sachverhaltsaufklärung durch die BG bestritten werde. Daran hielt die Beigeladene auch später, mit Schreiben vom 25. Februar 1992, weiter fest. Die Beteiligten kamen aber überein, den Ausgang des sozialgerichtlichen Verfahrens gegen die BG abzuwarten, um eine Klärung der Kausalitätsfrage herbeizuführen.
13 
Das SG wies die Klage gegen die BG auf der Grundlage der Ergebnisse der Beweisaufnahme - Gutachten des Orthopäden Dr. K. vom 10. Februar 1993 und Gutachten des Neurologen Prof. Dr. A. vom 3. Januar 1994 - durch Urteil vom 18. März 1994 (S 1 U 942/92) ab. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte Erfolg. Mit Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. September 1996 (L 10 U 1183/94) wurden das Urteil des Sozialgerichts vom 18. März 1994 und die entgegenstehenden Bescheide der BG aufgehoben und die BG verurteilt, der Klägerin wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 30. November 1988 („Myoklonien des linken Armes“) die gesetzlichen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Das Landessozialgericht stützte sich zur Begründung wesentlich auf die Feststellungen des im Berufungsverfahren von dem Neurologen Prof. Dr. S., Augsburg, unter dem 4. Januar 1996 erstatteten Gutachtens. Das Urteil vom 19. September 1996 wurde rechtskräftig. Die BG gewährte der Klägerin daraufhin mit Bescheid vom 27. November 1996 für die Zeit ab dem 29. Dezember 1990, dem Tag des Wegfalls des Übergangsgeldes, Dauerrente auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit - MdE - von 30 v. H..
14 
Unter dem 10. Juni 1997 wandte sich die Beklagte unter Bezugnahme auf den im Schadensfall vom 30. November 1988 geführten Schriftwechsel und Hinweis auf das Urteil des Landessozialgerichts vom 19. September 1996 erneut an die Beigeladene. Dabei teilte sie mit, dass, ausgehend von den im unfallversicherungsrechtlichen Verfahren gewonnenen medizinischen Erkenntnissen der Kausalzusammenhang zwischen Unfall und eingetretener Leistungsminderung nunmehr als bewiesen zu bewerten sei. Daher sei es angebracht, die Angelegenheit nunmehr „im Rahmen einer Sammelbesprechung“ zu erörtern. Die Beigeladene erklärte darauf unter dem 22. Juli 1997, „den Fall für eine Besprechung vorgemerkt“ zu haben.
15 
Unter dem 22. Oktober 1997 wandte sich die Klägerin unter Vorlage ihrer Verdienstausfallbescheinigungen über die Jahre 1989 bis 1995 schriftlich an die Beklagte mit der Aufforderung, einen Regressanspruch „entsprechend § 119 SGB X“ gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen, nachdem die Berufsgenossenschaft den Unfall vom 30. November 1988 nunmehr als Dauerschaden anerkannt habe und die Beigeladene den Versicherungsschaden auch ihr gegenüber reguliere.
16 
Darauf folgend kam es am 24. Oktober 1997 zu einer Besprechung in den Räumen der Kanzlei des damaligen Bevollmächtigten der Klägerin, des Zeugen Dr. K., an der die Klägerin, der Zeuge Dr. K. und Vertreter der Beigeladenen - die Zeugen K. und R. - sowie die Zeugin B. vom „Zeller Kreis“ teilnahmen. Anlässlich dieser Besprechung unterschrieb die Klägerin eine auf einem Formblatt der Beigeladenen vorformulierte „ Vergleich und Abfindungserklärung “ mit dem Wortlaut:
17 
„Ich - J.H. - erkläre mich gegen Zahlung eines Betrages von DM 217.500 - zweihundertsiebzehntausendfünfhundert - aus dem Schadenfall vom 30.11.88 ein für alle mal abgefunden wegen aller Schadenersatzansprüche gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer, die versicherten Personen und Dritte, soweit diesen im Fall ihrer Inanspruchnahme ein Ausgleichsanspruch gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer oder die Versicherten zusteht.“
18 
Der „Vergleichs und Abfindungserklärung“ lag eine „Auflistung“ der von der Klägerin vorgenommenen Schadensberechnung bei. Diese untergliederte sich in Schäden der Vergangenheit - Haushaltsschaden, Verdienstschaden, vermehrte Bedürfnisse, Schmerzensgeld und Sonstige - und der Zukunft - Haushaltsschaden, Verdienstschaden -. Während die vergangenheitsbezogenen Schäden mit 445.442, 41 DM beziffert wurden, fehlte es an einer Bezifferung der zukunftsbezogenen Schadenspositionen.
19 
Im Einzelnen enthielt die „Auflistung“ der Klägerin folgendes Zahlenwerk:
20 
Vergangenheit
        
Sonstige
 3.702, 42 DM
Haushaltsschaden
 290.324, 00 DM
Verdienstschaden
 20.815, 99 DM
vermehrte Bedürfnisse monatl. 300, 00 DM x 102 Monate =
 30.600, 00 DM
Schmerzensgeld
 100.000, 00 DM
        
 _____________
        
 445.442, 41 DM
                 
Zukunft
        
Haushaltsschaden
        
Verdienstschaden
 ______________
        
 445.442, 41 DM
                 
Allianz bis jetzt bezahlt
 - 8.9125,10 DM
        
 ______________
        
 436.527, 31 DM
21 
Unter dem 11. Dezember 1997 verfasste der Zeuge K ., einer der bei der Besprechung vom 24. Oktober anwesenden Mitarbeiter der Beigeladenen, eine paraphierte „ Aktennote / Bericht “ über den Gesprächsverlauf und die erzielten Ergebnisse. Darin hieß es u. a. wörtlich:
22 
„Im Unfallzeitpunkt war die AS verheiratet und bewohnt mit ihrem Mann bis heute eine ca. 100 qm große Wohnung. Sie war im Unfallzeitpunkt als Technische Zeichnerin voll berufstätig.
...
23 
Bezüglich des Verdienstschadens konnten wir unseren Standpunkt durchsetzen, dass angesichts der bezahlten Renten unter Berücksichtigung eines Abzugs für berufsbedingte Aufwendungen von 10% sowie der ersparten Verpflegungsaufwendungen in der Zeit der stationären Behandlung ein Schaden nicht verbleibt.
...
24 
Hinsichtlich des Haushaltsführungsschadens konnten wir eine Aufteilung der Schadenberechnung in 2 Abschnitte durchsetzen:
Der erste Abschnitt betrifft die Zeit vom Unfall bis zur Geburt des ersten Kindes. Der zweite Zeitabschnitt sollte die Zeit ab 9.9.92 betreffen. Wir erzielten letztlich dahingehend eine Einigung, dass für den Zeitraum 1 auf der Grundlage von Tabelle 1 von Schulz-Bork/Hofmann ein Bedarf von 30 Wochenstunden der Berechnung zugrunde gelegt wird. Es wurde auch akzeptiert, dass der Ehemann 50% der Hausarbeit in Anbetracht der vollen Erwerbstätigkeit seiner Ehefrau zu übernehmen hat.
...
25 
Es wurde auch Einigkeit darüber erzielt, dass die AS ohne den Unfall nach der Geburt ihrer Kinder nicht mehr berufstätig gewesen wäre und insoweit der Haushaltsführungsschaden durch die Rentenzahlungen abgedeckt ist.
...
26 
Für den 1. Zeitraum (3 Jahre) errechnet sich ein Haushaltsführungsschaden in Höhe von 35.000 DM.
Als Mehrbedarf akzeptierten wir den geforderten Betrag von monatlich 300,- DM. Die AS übergab uns eine Aufstellung über ihre unfallbedingten Einschränkungen bei der Hausarbeit (Bl. 300/301).
Für die Zeit von 1990 bis 1997 errechnet sich somit ein Betrag von 25.200,- DM (7 Jahre a mtl. 300,- DM). Kapitalisiert von heute bis Lebensende unter Zugrundelegung des Faktors der Sterbetafel 17.881 errechnet sich ein Kapitalbetrag für vermehrte Bedürfnisse in Höhe von 65.000,- DM .
Das Schmerzensgeld wurde letztlich mit einem Betrag von noch 40.000,- DM festgelegt. Die einschlägigen Hacks-Entscheidungen sind auf Bl. 302 aufgelistet. ...
Der noch offene Sachschaden wurde einvernehmlich auf 3.000,- DM festgelegt, so dass sich insgesamt ein Schadenbetrag von 168.200,- DM errechnet.
27 
Um eine vorbehaltlose Einigung zu erzielen, erhöhte Herr Ltd. Just. R. unser Angebot auf 200.000,- DM unter Anrechnung des zuletzt gezahlten Vorschusses in Höhe von 40.000,- DM also noch 160.000, - DM. (Grundlage der Erhöhung war der Jahresnettoverdienst). Die AS hatte vorgetragen, dass sie für Architekten in Heimarbeit hätte arbeiten können.
28 
An diesem Punkt wurde die Verhandlung unterbrochen. Nach einer längeren Beratung wurde das Gespräch fortgeführt. Die Gegenseite erklärte ihre Bereitschaft, den Fall mit insgesamt 240.000, - DM zu erledigen. Dieser Betrag konnte schließlich auf 217.500,- DM reduziert werden. Unter Anrechnung unserer Vorschüsse ergibt sich eine Restzahlung von 177.500,- DM.“
29 
Daraufhin forderte die Beklagte die Beigeladene unter dem 9. Februar 1998 schriftlich auf, ihr als Beitragsersatz gemäß § 119 SGB X für die Zeit vom 30. Mai 1990 bis 31. Dezember 1997 einen Betrag von 73.865, 95 DM zu überweisen, weil die Beitragszahlung der Klägerin zur Rentenversicherung unfallbedingt beendet worden sei. Der Fall sei für die nächste Sammelbesprechung notiert.
30 
Zwischenzeitlich hatte die BG die Klägerin zur Abrechnung ihres Schadensersatzanspruchs gegenüber der Beigeladenen mit Schreiben vom 30. Januar 1998 gebeten, mitzuteilen, zu welchem Zeitpunkt sie - die Klägerin - nach der Geburt ihrer Kinder ohne das Unfallereignis vom 30. November 1988 wieder in das Berufsleben zurückgekehrt wäre oder sich ausschließlich der Kindeserziehung gewidmet hätte. Mit an die BG adressiertem Schreiben vom 9. April 1998 erklärte die Klägerin, dass, wäre das Unfallereignis vom 30. November 1988 nicht gewesen, sie nach dem ersten und zweiten Kind jeweils nach Ablauf der gesetzlichen Mutterschutzfrist oder spätestens nach dem Erziehungsurlaub, „wieder gearbeitet“ hätte.
31 
Auf die dann erfolgten schriftlichen Bitten der Klägerin um Sachstandsmitteilung verwies die Beklagte auf eine im August 1998 geplante Verhandlung der Sache mit der Beigeladenen. Zur Vorbereitung dieser Besprechung holte die Beklagte eine fiktive Verdienstauskunft der letzten Arbeitgeberin der Klägerin, der Fa. N. GmbH, R. ein. In der unter dem 27. Juli 1998 erteilten Auskunft gab die Fa. N. an, die Klägerin hätte bei Weiterbeschäftigung im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. Juni 1998 brutto 26.847,- DM verdient und auch Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld) für das Gesamtjahr 1998 in Höhe von brutto 3.087,- DM beanspruchen können. Zur allein zwischen der Beklagten und der Beigeladenen - also unter Ausschluss der Klägerin - geführten Besprechung kam es dann am 7. August 1998 . In einem von der Zeugin Bodemann (B.) über dieses Gespräch am 12. August 1998 handschriftlich verfassten Vermerk hieß es u. a. wie folgt:
32 
„Fall wurde wegen der bestehenden Problematik mit einem Risikovergleich abgeschlossen. ...
33 
Ihre eigenen ursprünglichen Ansprüche gegenüber der Allianz in Höhe von DM 500.000.- hat die Versicherte im Laufe der Verhandlungen auf DM 177.000.- heruntergeschraubt, auf die sich die Allianz wohl nur eingelassen hat, weil der sog. „Celler Kreis“ und die durch ihn angedrohte Publizität dahinterstanden. Die 177.000.- DM beinhalten Schmerzensgeld + Haushaltsführungsschaden iSv Mehrbedarf. ...
34 
Unter Berücksichtigung der BG-Beteiligung wäre aufgrund des Einkommens der Versicherten nach unfallbedingter AU-Zeit (12/90) bis zur Geburt des ersten Kindes (8/92) nur ein übergangsfähiger Betrag von 1.065,- DM (s. beil . Abrechnungsbogen der BG) für unsere Rentenleistungen.
35 
Hinsichtlich des Beitragsregresses von 1989 bis 1992 ergibt sich ein Betrag von 20.000 DM, insges. also 43.000, - DM. Unter Berücksichtigung einer zweifelhaften med. Kausalität für volle Rentenleistungen wegen der bestehenden Muskelzuckungen - insbes. fraglich die Dauer der Beeinträchtigung, da Versicherte selber angibt, Muskelzuckungen seien schwächer geworden - ist der volle Betrag für 116/119 bis zur Geburt des 1. Kindes sehr günstig.
36 
Da nicht auszuschließen war, dass Versicherte erst nach der Geburt des 2. Kindes (1994) ihrer Berufstätigkeit nicht mehr nachgegangen wäre und dass im Falle eines späteres Wegfalls der Rente aufgrund eines Nachprüfungstermins zumindest Heilverfahren, für die nicht die BG zuständig wäre, auf uns zukommen könnten, einigten wir uns auf insges.
37 
100.000, -
38 
zur Abfindung unseres Gesamtrisikos. Mit der BG wurde ebenfalls nur bis 2/92 abgerechnet, allerdings nach TA. Nach Geldeingang kann Fall abgeschlossen werden. § 119’er Beiträge sollten der Versicherten bis zur Geburt des 2. Kindes (8.5.1994) gutgeschrieben werden.“
39 
Nachdem die Klägerin anlässlich der Klärung ihres Versicherungsverlaufs am 13. Dezember 2000 festgestellt hatte, dass seit dem 8. Mai 1994 keine weiteren Beitragszeiten gezahlt worden waren, wandte sie sich unter dem 27. Dezember 2000 erneut an die Beklagte. Die Beklagte erwiderte unter dem 18. Januar 2001, der Fall sei mit der Beigeladenen abschließend verhandelt worden. Der Beitragsschadenszeitraum sei bis 8. Mai 1994 begrenzt worden, weil davon auszugehen gewesen sei, dass eine Wiederaufnahme der Berufstätigkeit nach der Geburt des 2. Kindes auch ohne den Unfall nicht zu erwarten gewesen wäre. Die Geltendmachung weiterer Beitragsersatzansprüche wäre nur möglich gewesen, wenn von Seiten des Rentenversicherungsträgers hätte nachgewiesen werden können, dass allein aufgrund der Unfallfolgen eine Wiederaufnahme der Tätigkeit nicht erfolgt sei. Dieser Nachweis sei nach der Stellungnahme der Beigeladenen über die mit der Klägerin getroffene Ausgleichsregelung nicht zu führen gewesen.
40 
Daraufhin teilte die Klägerin der Beklagten unter dem 6. Februar 2001 mit, ihre eigenen Ansprüche gegenüber der Beigeladenen habe sie abfinden lassen. Ihre auf die Beklagte übergegangenen Ansprüche habe sie nicht selbst vertreten können. Sie beantrage daher, dass die Beklagte ihr die ihr zustehenden Rentenbeiträge nach § 116 SGB X ab dem 8. Mai 1994 und fortlaufend nach § 119 SGB X ihrem Rentenkonto als Pflichtbeiträge gutschreibe und bitte um die Erteilung eines rechtsfähigen Bescheids. Dabei verwies sie darauf, stets erklärt zu haben, dass sie ohne Unfall auch mit zwei Kindern weitergearbeitet hätte. Ihr damaliger Arbeitgeber habe ihr sogar angeboten in Heimarbeit weiterzuarbeiten. Die Geltendmachung weiterer Beitragsersatzansprüche wäre sicher gelungen, wenn sich die Beklagte bemüht hätte, vor Aufnahme der Verhandlungen mit der Beigeladenen ordentliche Auskünfte einzuholen.
41 
Darauf erwiderte die Beklagte unter dem 28. März 2001, Grundlage ihres (der Beklagten) mit der Beigeladenen abgeschlossenen Abfindungsvergleichs sei die am 24. Oktober 1997 zwischen der Klägerin und der Beigeladenen erfolgte Regulierung der Direktansprüche gewesen. Hierbei habe die Klägerin gegenüber der Beigeladenen vorgetragen, dass sie auch ohne den Unfall nach der Geburt der Kinder nicht mehr berufstätig geworden wäre. Ebenso sei in den damaligen Verhandlungen Einvernehmen darüber erzielt worden, dass ein Verdienstschaden angesichts der gezahlten Renten nicht verbleibe. Die von der Klägerin mit der Beigeladenen geschlossene Abfindungsvereinbarung, in der Schmerzensgeld und Haushaltsführungsschaden abschließend geregelt worden seien, schließe es aus, dem Versicherungskonto der Klägerin über den 8. Mai 1994 hinaus Rentenversicherungsbeiträge gutzuschreiben.
42 
Daraufhin beantragte die Klägerin unter dem 10. April und dem 5. Juni 2001 neuerlich Beitragsregress unter Hinweis darauf, dass sie ohne Unfall in jedem Fall nach der Geburt ihrer Kinder und Ablauf der Mutterschutzfristen und maximal sechs Monaten Erziehungszeit weitergearbeitet hätte. Vielleicht wäre sie anfangs nicht voll, sondern nur stundenweise ins Berufsleben zurückgekehrt. Mit Vollendung des 3. Lebensjahres ihres zweiten Kindes (Mai 1997) hätte sie aber sicher wieder voll gearbeitet. Sie habe auch ein Heimarbeitsangebot gehabt. Im Übrigen hätte ihre im selben Haus lebende Mutter die nach dem Kindergarten anfallende Kinderbetreuung übernehmen können.
43 
Mit Bescheid vom 10. Juli 2001 lehnte die Beklagte den Antrag auf Anerkennung von Pflichtbeitragszeiten im Rahmen des Beitragsregresses nach § 119 SGB X für die Zeit ab dem 8. Mai 1994 ab. Zur Begründung hieß es: Zwar sei der Schadensersatzanspruch aus dem Unfall vom 30. November 1988 auf die Beklagte übergegangen, soweit er den Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasse. Ein Beitragsschaden nach dem 8. Mai 1994 sei nach den gegebenen Umständen nicht zu beweisen. Für den Beitragsschaden gelte zwar die Beweiserleichterung gemäß § 252 S. 2 BGB, wonach es genüge darzulegen, dass die Absicht und die Möglichkeit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit auch für die Zeit nach der Geburt der Kinder bestanden habe. Diese Position sei von der Beklagten in den Verhandlungen mit der Beigeladenen zunächst auch vertreten worden. Die Beigeladene habe dagegen aber mit der Aussage ihres Vertreters, Herr K., es sei mit der Klägerin Einigkeit darüber erzielt worden, dass auch ohne Unfall nach der Geburt beider Kinder keine Berufsausübung mehr in Betracht gekommen wäre, erfolgreich den Gegenbeweis angetreten. Dem entsprechend sei auch der Haushaltsführungsschaden von der Beigeladenen nur bis 8. Mai 1994 berechnet worden. Nach der Aufgabe der Schadensposition im Rahmen des mit der Beigeladenen geschlossenen Abfindungsvergleichs sei der Beweis, eine weitere Erwerbstätigkeit beabsichtigt zu haben, nicht mehr zu führen. Hinzu komme, dass in einem gerichtlichen Verfahren zusätzlich das Vorliegen einer unfallkausalen Erwerbsunfähigkeit erneut zu beweisen wäre. Eine klageweise Durchsetzung des Beitragsersatzes durch die Beklagte gegen die Beigeladene für die Zeit nach dem 8. Mai 1994 sei deshalb aussichtslos, so dass man nach pflichtgemäßem Ermessen von einer Klageerhebung abgesehen habe. Immerhin habe die Beklagte im Vergleichswege den bereits im Versicherungskonto verbuchten Beitragsersatz bis zur Geburt des zweiten Kindes durchsetzen können, ohne Rücksicht darauf, dass die Klägerin in dieser Zeit wegen der Erziehung des ersten Kindes auch ohne den Unfall vermutlich zumindest teilweise nicht erwerbstätig gewesen wäre.
44 
Den dagegen am 25. Juli 2001 unter Hinweis auf die Tatsache, dass die Kinder größer würden und die Wiederaufnahme der Arbeit dann allgemeiner Lebenserfahrung entspreche, erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2001 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus: Die Beklagte sei bei der Durchsetzung des Anspruchs gemäß § 119 SGB X als zivilrechtlicher Anspruchsteller für die den Schadensersatzanspruch begründenden Behauptungen beweispflichtig. Selbstverständlich habe die Beklagte in der Verhandlung mit der Beigeladenen dargelegt, dass die Klägerin, wie wohl heute die meisten Frauen, auch während und nach der Erziehung ihrer Kinder ihrer bisherigen Erwerbstätigkeit nachgegangen wäre. Durch die Aussage des Vertreters der Beigeladenen, Herrn K., zum Einvernehmen über eine Aufgabe einer Berufstätigkeit nach der Geburt der Kinder als Voraussetzung für den am 24. Oktober 1997 geschlossenen Abfindungsvergleich, deren Richtigkeit von dem weiteren Vertreter der Beigeladenen, Herrn R., bestätigt worden sei, sei die von der Beklagten angestellte gegenteilige Vermutung so weitgehend erschüttert worden, dass auch durch nachträgliche Erklärungen über unfallunabhängige Erwerbspläne ein Beweis nicht mehr zu führen gewesen wäre. Denn die Aussage des Herrn K. decke sich mit den Ergebnissen der von der Klägerin mit der Beigeladenen vereinbarten Schadensberechnung. Die Klägerin habe sich mit der Beigeladenen darauf geeinigt, dass der Verdienstschaden abzüglich berufsbedingter Aufwendungen durch die gezahlten Renten ausgeglichen werde. Ein Haushaltsführungsschaden in Höhe von monatlich 975,- DM sei nur für die Zeit bis zur Geburt des zweiten Kindes vereinbart worden, weil nach dem fiktiven Ende der Erwerbstätigkeit infolge der Geburt des zweiten Kindes auch der Haushaltsführungsschaden durch die Rentenzahlungen abgedeckt werde. Die Beklagte habe nach pflichtgemäßem Ermessen auch unter Berücksichtigung der von der Beigeladenen aufgeworfenen Frage der unfallkausalen Erwerbsunfähigkeit das Prozessrisiko so hoch eingeschätzt, dass sie von einer Klageerhebung abgesehen habe. Es bestehe im Übrigen kein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte darauf, in jedem Fall der Ersatzverweigerung den Klageweg zu beschreiten. Auch bestehe kein Anspruch auf eine Gutschrift von Beitragszeiten trotz nicht durchgesetztem Regress.
45 
Die dagegen am 29. November 2001 zum Sozialgericht Konstanz (S 5 RA 2370/01) erhobene - und auf Verurteilung der Beklagten, hilfsweise auf Feststellung einer Rechtspflicht der Beklagten zur Geltendmachung des ab dem 9. Mai 1994 entstandenen Beitragsschadens gegen die Beigeladene gerichtete - Klage begründete die Klägerin wie folgt: Die BG sei im Verfahren L 10 U 1183/94 vom Landessozialgericht Baden-Württemberg durch Urteil vom 30. September 1996 rechtskräftig verurteilt worden, ihr Leistungen wegen der Folgen des am 30. November 1988 erlittenen Arbeitsunfalls - Myoklonien des linken Arms - zu gewähren. Damit sei die Kausalitätsfrage geklärt. Entgegen den Vermerken der Beigeladenen sei keine Einigkeit darüber erzielt worden, dass sie ohne den Unfall nach der Geburt der Kinder nicht mehr berufstätig gewesen wäre und insoweit der Haushaltsführungsschaden durch die Rentenzahlungen abgedeckt sei. Dagegen spreche der Wortlaut des handschriftlichen Aktenvermerks vom 12. August 1998 in der Akte der Beklagten ebenso wie der Wortlaut der Abfindungserklärung vom 24. Oktober 1997, aus der sich ergebe, dass der Beitragsregress nach § 119 SGB X habe unberührt bleiben sollen. Dies könnten die bei den der Abfindungserklärung vorausgehenden Verhandlungen anwesenden Zeugen - Rechtsanwalt Dr. K. und Frau B. - bezeugen. Dabei komme ihr die Beweiserleichterung des § 287 ZPO i. V. m. § 252 S. 2 BGB zugute. Sie habe nur anhand von Anknüpfungstatsachen und Zeugenbekundungen plausibel zu machen, dass sie ohne Unfall nach der Geburt ihren beiden Kinder weitergearbeitet hätte. Was die später erfolgte Einigung der Sachbearbeiter der Beklagten mit denjenigen der Beigeladenen angehe, so seien diese Gespräche ohne Kenntnis der Klägerin geführt worden.
46 
Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf grundsätzliche prozessuale Bedenken entgegen, weil der Verpflichtungsantrag der Klägerin auf eine nicht als Verwaltungsakt zu qualifizierende Handlung abziele. Bei der Geltendmachung von Forderungen zivilrechtlicher Art - hier nach § 823 f. BGB - gegenüber Dritten handele es sich mangels unmittelbarer Außenwirkung um kein hoheitliches Handeln. Im Auslegungswege käme allenfalls ein Antrag auf Gutschrift von noch genauer zu bestimmenden Beiträgen im Versichertenkonto der Klägerin in Frage. In der Sache werde auf den Vermerk des Zeugen K. vom 11. Dezember 1997 und die Aussagen der Zeugen K. und R. Bezug genommen. Der Beweis, dass die Klägerin, den Unfall hinweggedacht, nach der Geburt des 2. Kindes eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hätte, sei nicht mehr zu führen.
47 
Das Sozialgericht hat anlässlich der mündlichen Verhandlung der Sache am 6. Mai 2004 folgende bei den Vergleichs- und Abfindungsverhandlungen der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 anwesenden Personen zeugenschaftlich vernommen: Frau B. vom Zeller Kreis e.V., Selbsthilfeverein Unfallgeschädigter, Rechtsanwalt Dr. K., damaliger Bevollmächtigter der Klägerin, Herrn K., Justitiar der Beigeladenen und Herrn R., Angestellter der Beigeladenen.
48 
Frau B. erklärte, die Klägerin sei an sie herangetreten, nachdem die Beigeladene einige Jahre nicht gezahlt habe. Auf ihre Initiative sei es dann zu dem Gespräch am 24. Oktober 1997 gekommen, an dem sie teilgenommen habe. Bei diesem Gespräch sei es um die der Klägerin zustehende Gesamtsumme gegangen. Sie wisse nicht mehr, was bei dem Gespräch genau besprochen worden sei. Die Punkte seien hochgerechnet worden auf einen Zeitpunkt bis zum 60. Lebensjahr. Voraussetzung sei gewesen, dass die Klägerin weiterarbeite. Sie könne sich nicht mehr daran erinnern, ob konkret darüber gesprochen worden sei, wie lange die Klägerin noch arbeite. Ihr sei bewusst gewesen, dass die Schadensersatzansprüche (= Beitragsansprüche) der Klägerin auf die Beklagte übergehen. Sie habe die Klägerin dann auch veranlasst, an die Beklagte heranzutreten, um festzustellen, was in dieser Richtung veranlasst worden sei. Gegenstand des Gesprächs am 24. Oktober 1997 sei gewesen, ob Frauen nach der Geburt von Kindern weiter arbeiten oder nicht. Da habe es geteilte Auffassungen gegeben. Die Klägerin habe gesagt, dass sie habe in Heimarbeit weiterarbeiten wollen. Daraufhin habe ein Herr von der Beigeladenen erklärt, eine Frau mit Kindern gehöre an den Herd, während der andere Herr von der Beigeladenen gemeint habe, seine Frau würde sicher auch weiterarbeiten. Darüber dass die Klägerin nach der Geburt der Kinder nicht weiter berufstätig sein werde, sei nicht gesprochen worden.
49 
Der Zeuge Dr. K. teilte mit, sich an das Gespräch vom 24. Oktober 1997 nicht mehr zu erinnern. Auch nach Vorhalt der Regressakte müsse er sagen, sich nicht mehr zu erinnern. Auch daran, ob Einigkeit darüber bestanden habe, dass die Klägerin ohne den Unfall nach Geburt der Kinder nicht weitergearbeitet hätte, könne er sich nicht mehr erinnern. Er denke, dass dem nicht so gewesen sei. Über Heimarbeit sei gesprochen worden. Er könne sich aber nicht daran erinnern, dass die Klägerin etwas bzw. was sie über ihre persönliche Lebensplanung gesagt habe. Im Übrigen nehme er auf die zur SG-Akte vorgelegten handschriftlichen Aktenotizen vom 24. Oktober 1997 Bezug. Auf einem dieser Gesprächsvermerksblätter (Bl. 96 der SG-Akte) heißt es wörtlich:
50 
„Wollen230.000,-
Angebot215.000,-
Einigung217.500, -
Ausgenommen von der Abfindungserklärung
Drittschäden (BfA, BG, Krankenkasse)
meine Gebühren 25/10 aus 250.000, -“
51 
Der Zeuge K. sagte aus, an dem Gespräch vom 24. Oktober 1997 teilgenommen zu haben. Seine Prognose sei gewesen, dass eine Frau mit zwei kleinen Kindern auch im Hinblick auf die Arbeitsmarktlage nicht mehr in den Beruf zurückkehren könne. Der Einwand der Klägerin, sie hätte Heimarbeit für einen Architekten machen können, sei als mögliche geringfügige, nicht sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei der Ermittlung der Abfindung mit einem Aufschlag berücksichtigt worden. Er sei sich ziemlich sicher, die Klägerin habe nicht gesagt, dass sie ohne Unfall mit zwei kleinen Kindern voll weitergearbeitet hätte. Schließlich habe die Klägerin dies auch akzeptiert, sonst wäre es nicht zum Abschluss des vorbehaltlosen Vergleichs gekommen. Die Klägerin habe zwar nicht gesagt, dass sie zu Hause bleibe, weil sie zwei Kinder habe. Sie habe vielmehr erklärt, weiter arbeiten zu wollen. Dann habe sie aber doch den Vergleich unterschrieben. Hätte die Klägerin auf der Behauptung voll weiter arbeiten zu wollen bestanden, wäre es nicht zum Abschluss des vorbehaltlosen Vergleichs gekommen. Das sei seine Überzeugung. Ob über den Beitragsschaden gesprochen worden sei, wisse er nicht. Sie hätten gewusst, dass die Beklagte drin gewesen sei. Der Beitragsregress sei bei dem Gespräch kein Thema gewesen. Wenn weiter ein Verdienstschaden geltend gemacht worden wäre, hätte es sich insoweit um einen Direktschaden gehandelt, der dann durch einen Vorbehalt gesichert worden wäre. Sie hätten damals den Direktschaden reguliert. Damals sei das ein Direktschaden gewesen, den die Klägerin hätte geltend machen müssen, nämlich die Minderung der Rente durch nicht entrichtete Beiträge.
52 
Der Zeuge R. gab an, er könne die ganze Angelegenheit nur noch anhand der Aktennotiz des Zeugen K. rekonstruieren. Es sei damals um die Erledigung der gesamten persönlichen Ansprüche der Klägerin gegangen. Er erinnere sich noch, dass ein oder zwei Kinder da gewesen seien. Aus der vorbehaltlosen Abfindung ergebe sich aber, dass davon ausgegangen worden sei, ein Verdienstschaden werde in Zukunft nicht eintreten. Abgefunden worden sei auch der Haushaltsführungsschaden, bei dem die Renten angerechnet worden seien. Der Zeuge K. habe seine eigenen Ansichten über die Rolle der Frau. Es könne sein, dass er eine andere Auffassung vertreten habe, um das Klima zu entspannen. Die Aktennotiz des Zeugen K. repräsentiere den Verhandlungsgang.
53 
Das Sozialgericht hob sodann durch Urteil vom 6. Mai 2004 den Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001 auf und stellte fest, dass die Beklagte den Beitragsschaden der Klägerin gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen habe. In den Entscheidungsgründen führte das Sozialgericht aus: Die Klägerin habe ein Interesse an der Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, den Beitragsschaden der Klägerin gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen. Unstreitig stünden der Klägerin aufgrund eines Wegeunfalls am 30. November 1988 Schadensersatzansprüche gegen die Beigeladene zu. Die klageweise Durchsetzung des hier streitigen Beitragsregresses durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen sei auch nicht aussichtslos. Der Nachweis einer weiteren Erwerbstätigkeit der Klägerin auch nach der Geburt des 2. Kindes sei nicht ausgeschlossen. Dies belege der schlüssige und in sich stimmige Vortrag der Klägerin. Die Vereinbarung vom 24. Oktober 1997 reiche nicht als Nachweis dafür, dass die Klägerin ohne den Unfall nach der Geburt des zweiten Kindes nicht weiter erwerbstätig gewesen wäre. Sie enthalte keine entsprechend eindeutige Erklärung der Klägerin gegenüber der Beigeladenen. Die Klägerin habe damit die Geltendmachung eines Beitragsschadens auch nicht ausdrücklich aufgegeben. Die Beklagte gehe fehlerhaft davon aus, der am 24. Oktober 1997 zwischen der Klägerin und der Beigeladenen geschlossene Vergleich beziehe sich auch auf die Rentenversicherungsbeiträge ab dem 9. Mai 1994. Die Beklagte sei an dem Abschluss dieses Vergleichs nicht beteiligt gewesen. Die Vereinbarung betreffe auch nur Ansprüche, die die Klägerin selbst habe geltend machen können. Über den Anspruch auf Geltendmachung des Beitragsschadens habe die Klägerin aber wegen des Forderungsübergangs auf die Beklagte gar nicht verfügen können. Deshalb hätten sich die Verhandlungen zwischen der Klägerin und der Beigeladenen auch gar nicht auf den Beitragsschaden bezogen. In der der „Vergleichs- und Abfindungserklärung“ beiliegenden Auflistung seien Beiträge zur Rentenversicherung nicht erwähnt. Soweit sich die Beklagte auf die Aktennotiz des Zeugen K. vom 11. Dezember 1997 berufe, sei darauf hinzuweisen, dass diese Aktennotiz nicht unmittelbar im Anschluss an das Gespräch vom 24. Oktober 1997 verfasst worden sei. Außerdem ergebe sich aus der Gesprächsnotiz des Zeugen Dr. K. vom 24. Oktober 1997, dass Drittschäden von der Abfindungserklärung ausgenommen gewesen seien. Die Zeugenvernehmungen hätten nicht ergeben, dass die Klägerin am 24. Oktober 1997 auf die Geltendmachung eines Beitragsschadens verzichtet hätte. Ferner spreche der zeitliche Ablauf dagegen, dass die Vereinbarung vom 24. Oktober 1997 von einem Ende der Erwerbstätigkeit der Klägerin auch ohne Unfall am 8. Mai 1994 ausgegangen sei.
54 
Schließlich habe die Beklagte - anders als die BG - die Klägerin auch nicht über den Gegenstand des am 7. August 1998 mit der Beigeladenen abgeschlossenen Pauschalvergleichs über 100.000.- DM unterrichtet. Dass sich die Beklagte ohne Wissen der Klägerin mit der Beigeladenen geeinigt habe, spreche für die Glaubhaftigkeit des Vortrags der Klägerin. Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 3. Februar 2005 und der Beklagten am 7. Februar 2005 zugestellt.
55 
Am 4. März 2005 hat die Beklagte Berufung gegen das Urteil eingelegt.
56 
Der Senat hat die Frankfurter Versicherungs-Aktiengesellschaft Allianz mit Beschluss vom 6. April 2006 zu dem Rechtsstreit beigeladen.
57 
Die Beklagte ist der Auffassung, es sei widersprüchlich, wenn das Sozialgericht einerseits eine fortlaufende versicherungspflichtige Beschäftigung bis zum 65. Lebensjahr unterstelle, andererseits aber davon ausgehe, die Klägerin habe bei der Schadensberechnung die bloße Kalkulation des Haushaltsführungsschadens für die Zeit nach der Geburt der Kinder akzeptiert. Die bloße Behauptung der Klägerin, sie hätte nach der Geburt des 2. Kindes die Erwerbstätigkeit wieder aufgenommen, beweise nichts. Darüber hinaus verlange das Sozialgericht nach dem Tenor seiner Entscheidung entweder etwas rechtlich Unmögliches oder, bei anderer Auslegung des Urteilstenors, etwas, das nicht den von der Klägerin angestrebten Erfolg haben könne. Denn wenn man den weiteren Beitragsschaden bei der Beigeladenen geltend mache, werde diese sich auf den endgültigen Abfindungsvergleich vom 12. August 1998 berufen. Entsprechende mündliche Äußerungen lägen bereits vor. Wenn man hingegen zu dem Schluss gelange, die Beklagte hätte den Vergleich mit der Beigeladenen vom 12. August 1998 wegen des damit verbundenen Verzichts auf den Beitragsersatz nach § 119 SGB X für die Zeit ab dem 8. Mai 1994 nicht schließen dürfen, könne dem Begehren der Klägerin nur entsprochen werden, indem die Beklagte etwa auf der Grundlage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verpflichtet werde, für einen vom Gericht festzulegenden Zeitraum Entgelte in einer ebenfalls vom Gericht zu bestimmenden Höhe dem Versicherungskonto der Klägerin gutzuschreiben. Dabei habe das Gericht zu prüfen, welche Erwerbsfiktion die Beklagte gegenüber der Beigeladenen hätte durchsetzen können. Abzustellen wäre dabei auf die Erkenntnismöglichkeiten zum Zeitpunkt des Vergleichs.
58 
Im Übrigen müsse sich die Klägerin fragen lassen, auf welche Ansprüche sie im Rahmen ihrer mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 getroffenen Abfindungsvereinbarung verzichtet habe, wenn sie bis einschließlich 24. Oktober 1997 Schadensersatzforderungen in Höhe von 445.442, 41 DM gestellt, sich dann aber noch am selben Tag mit einer Abfindungszahlung von 217.500,- DM, in der auch noch die Zukunft enthalten gewesen sei, zufrieden gegeben habe. Weitere Beitragsregressansprüche der Klägerin könnten gegenüber der Beigeladenen nur dann erfolgversprechend geltend gemacht werden, wenn die Behauptung der Klägerin, sie habe nach der Geburt ihrer Kinder wieder erwerbstätig sein wollen, mit dem Abfindungsergebnis von 217.500.- DM korrespondieren würde. Denn auch die Höhe etwaiger entgangener Rentenversicherungsbeiträge müsste sich an einem etwa vereinbarten weiteren Erwerbsschaden für die Zeit ab 9. Mai 1994 orientieren. Solange die Klägerin dieses Abfindungsergebnis im Hinblick auf die zuvor gestellte wesentlich höhere Forderung einerseits und den für Zeiträume nach dem 8. Mai 1994 behaupteten Erwerbsschaden andererseits nicht schlüssig erklären könne, seien für die Beklagte keine prozessualen Erfolgsaussichten erkennbar. Die Beigeladene könne jeder Regressforderung die einzelnen Positionen des Abfindungsbetrages von 217.500,- DM entgegenhalten.
59 
Für den Haushaltsführungsschaden wolle die Klägerin für den Zeitraum vom Unfalltag bis zum 29. Mai 1997 46.700,- DM von der Beklagten erhalten haben. Diese Zahl errechne sich, wenn man den Einjahresbetrag für den Haushaltsführungsschaden von 11.700 DM (Aktenvermerk Zeuge K. vom 11. Dezember 1997) mit dem „Dreijahresbetrag“ von 35.000,- DM addiere. Dem Aktenvermerk des Zeugen K. zufolge habe die Klägerin jedoch nur insgesamt 35.000,- DM auf diese Position bekommen und dies auch nur ab dem Zeitpunkt des Unfalltags für insgesamt drei Jahre. Der Vortrag der Klägerin, hier einen Haushaltsführungsschaden bis zum 29. Mai 1997 in Höhe von 46.700,- DM durchgesetzt zu haben, sei deshalb unschlüssig. Bei alledem könne die von der Klägerin vor Vergleichsschluss mit der Beigeladenen erhobene Forderung in Höhe von 290.324,- DM für einen Haushaltsführungsschaden für die Vergangenheit keine ernsthafte Verhandlungsbasis gewesen sein. Das Verhandlungsergebnis erkläre sich nur dadurch, dass die Klägerin den behaupteten Erwerbsschaden - der zusammen mit dem Haushaltsführungsschaden die der Klägerin gewährten Rentenleistungen spätestens ab der Geburt des 2. Kindes überstiegen hätte - für den Zeitraum nach dem 8. Mai 1994 nicht mehr weiterverfolgt habe. Ein Indiz hierfür sei auch in ihrer eigenen Forderungsaufstellung zu sehen, die keine über den 31. Mai 1997 bezifferten Zukunftsansprüche für etwaige Erwerbs- und Haushaltsführungsschäden enthalte. Vor diesem Hintergrund sei es nicht möglich, das damalige Beitragsregressverfahren mit Aussicht auf Erfolg fortzusetzen.
60 
Die Beklagte beantragt,
61 
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 6. Mai 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
62 
Die Klägerin beantragt,
63 
die Berufung zurückzuweisen.
64 
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das Sozialgericht sei zutreffend von einem Feststellungsinteresse ausgegangen. Es sei im Übrigen im Wesentlichen Aufgabe der Beklagten, die Höhe der entgangenen Rentenversicherungsbeiträge zu errechnen und diese sodann bei der Beigeladenen einzufordern. Die Beklagte verkenne weiterhin die Bedeutung der Beweiserleichterung nach § 252 S. 2 BGB i.V.m. § 287 ZPO. Sie müsse gerade nicht den Vollbeweis dafür erbringen, dass sie auch nach der Geburt des 2. Kindes wieder erwerbstätig geworden wäre. Die beabsichtigte Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit sei von ihr hinreichend konkret und plausibel dargelegt und unter Beweis gestellt worden. Es sei als bekannt vorauszusetzen, dass ein Haushaltsführungsschaden auch für eine erwerbstätige Mutter geltend zu machen sei. Der Beklagten sei vorzuwerfen, den Beitragsschaden bisher nicht geltend gemacht zu haben. Verbindlich stehe ein Haftungsverschulden der Beklagten und ein daraus resultierender Schaden der Klägerin aber erst fest, wenn die Beklagte gegen die Beigeladene endgültig erfolglos vorgegangen sei. Erst dann sei die Klägerin auch in der Lage im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs die Schadenshöhe selbst zu beziffern. Werde der Beklagten hingegen der Beitragsschaden gegen die Beigeladene zugesprochen, sei der Klägerin kein Schaden wegen schuldhaften Verhaltens der Beklagten entstanden. Die notfalls klageweise Geltendmachung eines Beitragsschaden durch die Beklagte sei deshalb notwendige Voraussetzung dafür, dass die Klägerin einen etwaigen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gegen die Beklagte durchsetzen könne.
65 
Des Weiteren könne sich die Beklagte nicht darauf berufen, die Beigeladene werde sich bei Geltendmachung des Beitragsschadens auf den endgültigen Abfindungsvergleich vom 12. August 1998 berufen. Die Rentenversicherungsbeiträge der Klägerin ab dem 9. Mai 1994 seien nämlich nicht Gegenstand des zuvor zwischen Klägerin und Beigeladener geschlossenen Vergleichs vom 24. Oktober 1997 gewesen. Im Übrigen sei der Vortrag zu einem künftigen Prozessverhalten der Beigeladenen rein spekulativ und deshalb hier ohne jede Bedeutung.
66 
Die augenscheinliche Diskrepanz zwischen den von der Klägerin gegenüber der Beigeladenen geforderten 445.422, 41 DM an Schadensersatz und den von der Beigeladenen schließlich aufgrund des Vergleichs von 24. Oktober 1997 einvernehmlich gezahlten 217.500,- DM sei für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreit irrelevant. Der Haushaltsführungsschaden für die Zeit vom 30. November 1988 bis zum 29. Mai 1997 (insgesamt 14.516 Stunden = 33 Wochenstunden x 20,- DM) in Höhe von vorläufig bezifferten 290.320,- DM sei von der Beigeladenen korrigiert worden. Die Beigeladene habe zunächst die Berechnung der Klägerin von 33 auf 15 Wochenstunden gekürzt. Weiterhin habe die Beigeladene nur 50% des geltend gemachten Haushaltsführungsschadens akzeptiert, weil der Ehemann der Klägerin angesichts einer vollen Erwerbstätigkeit der Klägerin 50% des Haushalts zu übernehmen gehabt hätte. Daraus habe dann schlussendlich der geleistete Betrag in Höhe von 46.700,- DM resultiert. Die Zahlung des geltend gemachten Erwerbsschadens in Höhe von 20.815, 99 DM sei von der Beigeladenen mit der Begründung, sie erhalte von BG und Beklagter Rentenzahlungen in Höhe von damals monatlich 2.830,39 DM, komplett abgelehnt worden. Daher sei ein Erwerbsschaden nicht durchzusetzen gewesen. Vom Erwerbsschaden sei aber der Beitragsschaden zu unterscheiden. Der Beitragsschaden resultiere daraus, dass die Pflichtbeiträge nicht mehr in der Höhe eingezahlt werden, wie wenn sie eingezahlt worden wären, wenn sie weiter berufstätig gewesen wäre. Der Erwerbsschaden hingegen sei der Schaden, den sie erleide, da sie nicht mehr den Verdienst habe, den sie ohne das Unfallereignis gehabt hätte. Die Beiträge zur Rentenversicherung seien im Übrigen auf die Beklagte übergegangen gewesen und hätten deshalb von ihr gegenüber der Beigeladenen gar nicht geltend gemacht werden können. Deshalb habe sie auch nie auf die Geltendmachung eines Beitragsschadens verzichtet; ein solcher Verzicht ergebe sich auch nicht konkludent aus den geführten Vergleichsverhandlungen. Schmerzensgeld habe sie 100.000,- DM gefordert; Verhandlungsergebnis seien dann 40.000,- gewesen. Im Übrigen sei - nach Vorgesprächen mit ihrem damaligen Bevollmächtigten, dem Zeugen Dr. K,. und Frau B. - Ziel der von ihr mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geführten Vergleichsverhandlungen eine Abfindung von 250.000,- DM gewesen; daran gemessen sei das erzielte Abfindungsergebnis von 217.500,- DM akzeptabel gewesen.
67 
Unter dem 26. April 2006 hat die Beigeladene dem Senat mitgeteilt, einer Vorlage- und Auskunftspflicht betr. ihre Schadensakte nicht zu unterliegen. Zur Sache sei mitzuteilen, dass im Rahmen einer Sammelbesprechung am 7. August 1998 sämtliche Ansprüche der Beklagten aus dem Unfallereignis vom 30. November 1988 ihr - der Beigeladenen - gegenüber einvernehmlich vorbehaltlos abgefunden worden seien.
68 
Auf Frage des Senats nach Beteiligten und Inhalten der am 7. August 1998 stattgehabten Sammelbesprechung hat die Beigeladene unter dem 23. Mai 2006 erklärt, für sie habe der Prokurist A., für die Beklagte Frau B an dieser Besprechung teilgenommen. Die Besprechung habe mit dem bekannten Abfindungsvergleich geendet. Es habe sich, soweit der Vergleich zukünftige Regressforderungen betroffen habe, um einen reinen Risikobetrag gehandelt. Basis für die Risikoabwägung seien die Erkenntnisse aus der Besprechung der persönlichen Ansprüche der Klägerin vom 24. Oktober 1997 gewesen. Bereits damals sei neben der medizinischen Problematik des Falls insbesondere die fiktive weitere Lebensgestaltung der Klägerin als Hausfrau und Mutter und/oder als teil- oder vollzeitbeschäftigte Erwerbstätige der entscheidende Diskussionspunkt gewesen.
69 
Einen Prozessantrag hat die Beigeladene nicht gestellt.
70 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2007 die Zeugen Frau B., Angestellte der Beklagten, Herrn Dr. K., den vormaligen Bevollmächtigten der Klägerin, und Frau B., Zeller Kreis, vernommen. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
71 
Zur weiteren Darstellung des Tatbestands wird auf die Akten der Beklagten, die Akten des Sozialgerichts Konstanz im erstinstanzlichen Verfahren (S 5 RA 2370/01), auf die Akten des Senats sowie auf die beigezogenen unfallversicherungsrechtlichen Akten der Süddeutschen Metallberufsgenossenschaft München und diejenigen des Sozialgerichts Konstanz (S 7 U 2137/99 und S 1 U 942/92) und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (L 10 U 1183/94, L 1 U 379/02 und L 1 U 144/03) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
72 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
73 
Das Urteil des Sozialgerichts vom 6. Mai 2004 ist rechtswidrig und deshalb aufzuheben. Der von der Klägerin angefochtene Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001, mit denen das an die Beklagte gerichtete Begehren der Klägerin, Pflichtbeitragszeiten im Rahmen des Beitragsregresses nach § 119 SGB X gegenüber der Beigeladenen für die Zeit ab dem 8. Mai 1994 geltend zu machen, abgelehnt wurde, ist - entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts - im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
74 
Die Bestimmung des § 119 SGB X n. F. ist im vorliegenden Fall anwendbar, obwohl das Unfallereignis bereits auf den 30. November 1988 datiert (1.). Streitgegenstand des von der Beklagten geführten Berufungsverfahrens ist nicht mehr der von der Klägerin erstinstanzlich mit Hauptantrag geltend gemachte Erfüllungsanspruch, sondern allein der durch das angefochtene Urteil des Sozialgerichts vom 6. Mai 2004 für Recht erkannte Anfechtungs- und Feststellungsausspruch (2.). In der Sache ist die von der Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid abgelehnte Geltendmachung eines Beitragsschadens nach § 119 SGB X auf der Grundlage der zwischen der Beklagten und der Beigeladenen getroffenen Vereinbarung vom 7. August 1998 nicht zu beanstanden (3.).
75 
1. Die Frage, welches Recht anzuwenden ist, beantworten die §§ 120, 119 SGB X. § 119 Abs. 1 SGB X regelt, dass, soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten - hier: die materiell-rechtlichen Ansprüche der Klägerin gegen die Beigeladene nach §§ 842, 843 BGB - den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, dieser auf den Versicherungsträger - hier: die Beklagte - übergeht, wenn der Geschädigte - hier: die Klägerin - im Zeitpunkt des Schadensereignisses - hier: unverschuldet erlittener Autounfall am 30. November 1988 - bereits Pflichtbeitragszeiten - hier: von 1977-1988 als versicherungspflichtig beschäftigte technische Zeichnerin - nachweist. Die eingegangenen Beiträge gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge (§ 119 Abs. 3 S. 1 SGB X). Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Sozialversicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadensersatzanspruch gestanden hätte. Die Übergangsregelung des § 120 Abs. 1 S. 1 SGB X bestimmt, dass die Vorschriften der §§ 116 bis 119 SGB X nur auf Schadensereignisse nach dem 30. Juni 1983 anzuwenden sind. Das vorliegend stattgehabte Unfallschadensereignis datiert auf den 30. November 1988, so dass die §§ 116 bis 119 SGB X einschlägiger gesetzlicher Prüfungsmaßstab sind. Dies gilt auch - und insbesondere - für den neuen Absatz 4 des § 119 SGB X in der Fassung vom 1. Januar 2001. § 120 Abs. 1 Satz 2 SGB X bestimmt nämlich insoweit ausdrücklich, dass für nach dem 30. Juni 1983 eingetretene Schadensereignisse § 119 Abs. 1, 3 und 4 SGB X in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung auf einen Sachverhalt auch dann anzuwenden sind, wenn der Sachverhalt - wie vorliegend - bereits vor diesem Zeitpunkt bestanden hat und darüber noch nicht abschließend entschieden ist. In der Gesetzesbegründung zu § 120 SGB X (BT-Drucksache 14/4375 vom 24. Oktober 2000) heißt es dazu erläuternd wörtlich:
76 
„Absatz 1 Satz 2 erfasst Änderungen der §§ 116 und 119 SGB X durch diesen Gesetzentwurf und zwar für die Fälle, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes noch nicht abschließend entschieden sind, sei es im Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren oder durch das Auftreten von Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen.“
77 
2. Ob über einen Sachverhalt abschließend entschieden worden ist, hängt davon ab, was konkret zwischen den Beteiligten streitig ist. Der Streitgegenstand oder der prozessuale Anspruch, d.h. das vom Kläger aufgrund eines bestimmten Sachverhalts an das Gericht gerichtete Begehren (vgl. nur Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 95 Rn. 4 m. w. N.), wird vorliegend - im Berufungsverfahren - durch den im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 20. März 2007 allein noch anhängigen auf Aufhebung des angefochtenen Urteils vom 6. Mai 2004 und Abweisung der Klage gerichteten Antrag der Beklagten und Berufungsklägerin umrissen. Im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts ist der Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001 aufgehoben worden; darüber hinaus hat das Sozialgericht festgestellt, die Beklagte habe den Beitragsschaden gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen. Damit ist der erstinstanzlich von der Klägerin hilfsweise gestellte Aufhebungs- und Feststellungsantrag Streitgegenstand auch des Berufungsverfahrens. Der angefochtene Bescheid ist mithin Gegenstand des vorliegenden Verfahrens; eine abschließende Gerichtsentscheidung über die Rechtmäßigkeit dieses Bescheids steht noch aus. Da die Klägerin keine Berufung eingelegt hat, ist der erstinstanzlich von ihr mit Hauptantrag gegen die Beklagte geltend gemachte Anspruch auf Erfüllung aus § 119 SGB X nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden.
78 
Nach § 95 SGG ist Gegenstand der erstinstanzlichen Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt gewesen, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Der Regelungsgegenstand des angefochtenen Verwaltungsakts wird im durch den Widerspruchsbescheid vom 19. November 2001 bestätigten Tenor des angefochtenen Ausgangsbescheids vom 10. Juli 2001 beschrieben. Darin lehnt die Beklagte es in der Sache ab, Pflichtversicherungsbeiträge im Rahmen des Beitragsregresses gemäß § 119 SGB X für die Zeit über den 8. Mai 1994 hinaus geltend zu machen. Dieser Entscheidung hat die Beklagte ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin als Versicherter und ihr selbst als zuständigem Rentenversicherungsträger zugrunde gelegt. Geprägt wird das Versicherungsverhältnis vorliegend durch die sozialversicherungsrechtliche Besonderheit eines gesetzlich durch § 119 SGB X statuierten besonderen Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwischen der versicherten Geschädigten - also der Klägerin - einerseits und der Beklagten als dem zuständigen Rentenversicherungsträger andererseits. § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X begründet nämlich keinen originären, sondern einen kraft cessio legis auf die Beklagte übergeleiteten und auf Zahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung gerichteten Anspruch, den sie im fremden Interesse, d.h. im Interesse des geschädigten Versicherten, - treuhänderisch - wahrzunehmen hat (BGHZ 97, 330 = Vers 1986, 592; Kater, in Kasseler Kommentar, Loseblatt, 2001, § 119 SGB X Rn. 3; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 1; Stelzer, in ZfS 1984, 97 <98 f.>). Die Norm bezweckt die soziale Sicherung des Geschädigten nach Eintritt des Schadensfalls zu verbessern, indem sie dem Rentenversicherungsträger nach § 119 Abs. 3 S. 2 SGB X aufgibt, den sozialversicherten Geschädigten durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen nicht schlechter zu stellen, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte (BGHZ 97, 330; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 1). Dem Rentenversicherungsträger wird damit kraft öffentlichen Rechts - § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X - ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch des sozialversicherten Geschädigten gegen den Schädiger übertragen, den er nicht auf den Versicherten zurück übertragen kann. Dem entsprechend erlangt der geschädigte Sozialversicherte wegen des Beitragsersatzanspruchs - anders als früher (vor 1983) - keine eigene zivilrechtliche Rechtsposition gegenüber dem Schädiger, mit der Folge, dass er durch § 119 SGB X allein auf Ansprüche gegen den Rentenversicherungsträger verwiesen wird. Meint der Geschädigte, der Sozialversicherungsträger habe den Beitragsregress nicht oder nicht ordnungsgemäß (umfassend) geltend gemacht, verbleibt ihm folgerichtig nach § 51 SGG der Sozialrechtsweg gegenüber diesem Träger (ebenso: BGH, Urteil vom 2. Dezember 2003, VersR 2004, 492 ff.; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 12; Schneider, in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., 2002, Kapitel 78 Rn. 30).
79 
Indem die Beklagte es mit dem angefochtenen Bescheid in der Sache abgelehnt hat, für die Klägerin treuhänderisch nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X gegenüber der Beigeladenen zivilrechtliche Schadensersatzansprüche geltend zu machen, hat sie einen die Klägerin belastenden Verwaltungsakt im Sinn von § 31 SGB X erlassen, der die Klägerin möglicherweise in subjektiv öffentlichen Rechten aus dem oben beschriebenen und gegenüber der Beklagten bestehenden öffentlich-rechtlichen Treuhand- und Fürsorgeverhältnis verletzt. Denn die Klägerin hat möglicherweise aufgrund der oben beschriebenen sozialversicherungsrechtlichen Treuhänderstellung der Beklagten einen Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung.
80 
a) Dieser Sachlage entsprechend hat die Klägerin erstinstanzlich mit ihrem Hauptantrag sachdienlich begehrt, den belastenden Verwaltungsakt aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Beitragsschaden bei der Beigeladenen geltend zu machen. Prozessrechtlich ist dieser Klageantrag gemäß § 54 Abs. 4 SGG als eine kombinierte (unechte) Leistungsklage zu verstehen, bei der dem Anfechtungsantrag keine selbständige Bedeutung zukommt (vgl. Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 54 Rn. 113; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 54 Rn. 39; Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2. Aufl., 2005, § 54 Rn. 124, 128). Die Klägerin hat erstinstanzlich in erster Linie die Zuerkennung einer der Beklagten ihr gegenüber obliegenden Leistung begehrt, hier, dass die Beklagte den über § 119 Abs. 1 SGB X ins öffentliche Recht transformierten zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch nach den §§ 842, 843 BGB gegen die Beigeladene geltend macht. Diesem Begehren steht der Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001 entgegen, weshalb die Klägerin incident seine Aufhebung geltend machen muss. Über diesen (Leistungs-)Antrag hat das Sozialgericht im angefochtenen Urteil vom 6. Mai 2004 aber gar nicht entschieden; es fehlt sowohl an einer Tenorierung als auch an Ausführungen in den Entscheidungsgründen.
81 
Eine andere prozessrechtliche Auslegung des erstinstanzlichen Hauptantrags des Klägerin wäre im Übrigen nicht sachdienlich. Denn eine als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erhobene Klage wäre unzulässig gewesen. Die Klägerin hat nämlich in der Sache erstinstanzlich nicht den Erlass eines sie begünstigenden Verwaltungsakts im Sinn von § 31 SGB X begehrt. Die von der Klägerin begehrte Geltendmachung eines Beitragsregresses der Beklagten gegenüber der Beigeladenen zielt vielmehr auf die Geltendmachung von Forderungen zivilrechtlicher Art aufgrund gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 119 Abs. 1 SGB X (vgl. BSGE 89, 151 <154 f.>; BGH, VersR 2004, 492 ff.), hier auf die Geltendmachung kraft gesetzlichen Forderungsübergangs behaupteter Schadensersatzansprüche nach den §§ 842, 843 BGB. Die zivilprozessuale Geltendmachung solcher Ansprüche durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen bewirkt gegenüber der Klägerin als Dritter aber keine unmittelbare rechtliche Außenwirkung. Im Übrigen ist es der Beklagten - mangels gesetzlicher Grundlage - auch gar nicht möglich, ihr Rechtsverhältnis zur Beigeladenen als haftender Versicherung des Unfallschädigers aus den §§ 116 ff. SGB X durch Verwaltungsakt verbindlich festzustellen.
82 
Dieses prozessuale Ergebnis - die Begründung eines möglichen öffentlich-rechtlichen Leistungsanspruchs aufgrund eines durch § 119 Abs. 1 und Abs. 3 SGB X vermittelten besonderen Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwischen Klägerin und Beklagter - wird mittelbar durch die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verneinung der zivilprozessualen Prozessführungsbefugnis eines unfallgeschädigten Klägers gegen die Haftpflichtversicherung des Schädigers hinsichtlich möglicher Ansprüche nach § 119 SGB X aus eigenem Recht bestätigt. In dem jüngsten dazu ergangenen und veröffentlichten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 2. Dezember 2003 (VI ZR 243/02, VersR 2004, 492 ff.) heißt es wörtlich:
83 
„Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der Schadensersatzanspruch, dessen Feststellung der Kläger begehrt, sei nicht auf die LVA übergegangen, da § 119 SGB X nicht den Fall einer cessio legis behandele, sondern der Verletzte lediglich die Verfügungsbefugnis über den Schadensersatzanspruch verliere, soweit sich dieser auf den Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung richte und soweit die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 119 SGB X vorlägen. Dies steht nämlich nicht in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats (Senatsurteile BGHZ 97, 330, 333 mit Nachweisen zur Entstehungsgeschichte; 101, 207, 214; 106, 284, 290; 116, 260, 263; 129, 366, 368; 143, 344, 349 f., 354) und des Bundessozialgerichts (BSGE 89, 151, 154 ff.), wonach § 119 SGB X eine Legalzession bewirkt. Dieser Forderungsübergang vollzog sich bereits im Unfallzeitpunkt am 1. Juli 1996 nach § 119 Satz 1 SGB X in der Fassung vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I 2261). Der Forderungsübergang auf den Rentenversicherungsträger nach § 119 SGB X vollzieht sich ebenso wie im Falle des § 116 SGB X jedenfalls dann schon im Zeitpunkt des haftungsbegründenden Schadensereignisses, wenn - wie vorliegend - die Möglichkeit einer unfallbedingten Erwerbsunfähigkeit des Geschädigten in Betracht kommt (vgl. Pickel, SGB, Kommentar zum Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, Stand April 2003, Rn. 4 zu § 119 SGB X m. w. N.). Die Gründe dafür, dass sich der Forderungsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X auf den Sozialversicherungsträger bereits so frühzeitig vollzieht (grundlegend BGHZ 48, 181 , 184 ff. - noch zu § 1542 RVO), gelten für den Forderungsübergang nach § 119 SGB X in gleicher Weise (vgl. BT-Drucks. 9/95 S. 27; zur Schadensentstehung Senatsurteile BGHZ 139, 167 , 173; 143, 344, 348; jeweils m. w. N.). Die Neufassung des § 119 SGB X vom 18. Januar 2001 (BGBl. I 130) hat die Rechtslage entgegen der Auffassung der Revision insoweit nicht verändert.“
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Diese Rechtsprechung macht sich der erkennende Senat zu eigen.
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b) Soweit das Sozialgericht allerdings die von der Klägerin mit dem Hilfsantrag erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage als zulässig angesehen hat, bestehen dagegen nicht unerhebliche Bedenken.
86 
Mit einer Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) kann u. a. begehrt werden, die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Auch im Über-Unterordnungsverhältnis zwischen Bürger und Staat oder Versichertem und öffentlich-rechtlichem Versicherungsträger ist die Feststellungsklage grundsätzlich zulässig. Vor Erhebung einer Feststellungsklage muss jedoch der versicherte Kläger im Regelfall einen entsprechenden (Feststellungs-)Antrag an den Versicherungsträger gerichtet haben, mit dem er eine bestimmte Feststellung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses begehrt hat, z.B. dass ein Arbeitsunfall vorliegt oder ein Regressverhältnis besteht. Dies folgt schon aus Gründen der Prozessökonomie sowie dem für eine Feststellungsklage erforderlichen Feststellungsinteresse, welches fehlt, wenn der Versicherte nicht zunächst durch einen Antrag bei dem Versicherungsträger versucht hat zu klären, ob das Rechtsverhältnis besteht oder nicht. Dementsprechend muss der Bürger im Regelfall, wenn um das Bestehen eines Rechtsverhältnisses gestritten wird, zunächst eine entsprechende Verwaltungsentscheidung beantragen. Nach dem Ergehen dieser Entscheidung kann er zulässigerweise eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage erheben (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2006, B 2 U 77/06 B, SozR 4-1500 § 55 Nr. 4; BSGE 57, 184 = SozR 2200 § 385 Nr. 10; BSGE 58, 150 , 152 = SozR 1500 § 55 Nr. 27; BSG SozR 3-4427 § 5 Nr. 1 S 4 ff.; Castendiek, in Handkommentar SGG, 2. Aufl., 2005, § 55 Rn. 18, 27; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 55 Rn. 15; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl. 2005, IV Rn. 99).
87 
Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht vorliegend schon entgegen, dass die vom Klägerin begehrte Feststellung - neben Rechtsbeziehungen der Klägerin zur Beklagten - vorrangig die zivilrechtlichen Drittrechtsbeziehungen der Beklagten zur Beigeladenen betrifft. Es ist zwar nicht erforderlich, dass das festzustellende Rechtsverhältnis unmittelbar zwischen den Parteien des Feststellungsprozesses besteht (vgl. BSG, Urteil vom 17. Januar 1996, 3 RK 2/95 = BSGE 77, 219 <226> und Urteil vom 26. Januar 1988, 2 RU 2/87 = BSGE 63, 14 <15>; Ulmer, in Hennig, SGG, Kommentar, Loseblatt 2003, § 55 Rn. 21). Mit der Feststellungsklage kann auch das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses zwischen der Beklagten und einem Dritten - hier der Beigeladenen - geltend gemacht werden, wenn davon eigene - öffentlich-rechtlich begründete - Rechtsinteressen der Klägerin - hier gerichtet auf die Feststellung unfallbedingt nicht entrichteter weiterer Pflichtbeiträge - betroffen sind. Die Klägerin hat ein Interesse an der von ihr beantragten Feststellung gegenüber der Beklagten geltend gemacht, wie ihre stetige Korrespondenz mit der Beklagten in der Frage des Beitragsregresses - Schreiben vom 22. Oktober 1997, 17. Februar 1998, 8. Juni 1998 und 27. Dezember 2000 - belegt. Im Verhältnis zur Beigeladenen fehlt es der Klägerin aber an einem aus eigenem subjektiv öffentlichem Recht verfolgbaren Anspruch (vgl. BSGE 89, 151 <154 ff.>; BGH, VersR 2004, 492 ff.; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 3), weil der geltend zu machende zivilrechtliche Schadensersatzanspruch im Hinblick auf den hier allein streitigen Beitragsregress nach § 119 Abs. 1 SGB X kraft gesetzlichen Forderungsübergangs auf die Beklagte übergegangen ist. Deshalb hat die Klägerin gegenüber der Beigeladenen auch konsequenterweise über einen Beitragsschaden keine Korrespondenz geführt.
88 
Das Sozialgericht hat bei alledem des Weiteren verkannt, dass die Feststellungsklage im Verhältnis zur statthaften (unechten) Leistungsklage subsidiär ist. Ist eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (unechte Leistungsklage) - wie oben dargelegt - statthaft, kann nicht stattdessen eine Feststellungsklage erhoben werden (BSGE 73, 83 <84>; BVerwG Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 127 m. w. N.; Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 4; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 13. Aufl., § 43 Rn. 28). Auch wenn der im SGG nicht ausdrücklich normierte Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage im Sozialprozess nicht - wie im Verwaltungsprozess - uneingeschränkt gilt, bedarf es zur parallelen Statthaftigkeit von Gestaltungs-, Leistungs- und Feststellungsantrag jedenfalls eines nur mit der Feststellungsklage verfolgbaren weitergehenden Rechtsschutzziels. Nur soweit die Feststellungsklage in ihrer Zielrichtung über eine gleichzeitig erhobene Anfechtungs-, Verpflichtungs- oder Leistungsklage hinausgeht, ist eine Klagehäufung unter den Voraussetzungen des § 56 SGG zulässig (vgl. Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2005, § 55 Rn. 14 unter Bezugnahme auf BSG SozR 3-3200 § 81 Nr. 16; ebenso Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 6 m. w. N. der Rechtsprechung). Für ein über den unechten Leistungsantrag hinausreichendes Feststellungsinteresse der Klägerin entsprechend der Tenorierung des erstinstanzlichen Urteils vom 6. Mai 2004 ist vorliegend aber nichts erkennbar. Schließlich ist der Feststellungsantrag auch nicht deshalb statthaft, weil er mit der Beklagten gegen eine juristische Person des öffentlichen Rechts gerichtet ist, bei der davon ausgegangen werden könne, dass sie einen Feststellungsausspruch befolge (dafür aber Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 55 Rn. 19b; eingeschränkt zustimmend auch Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2005, § 55 Rn. 21). Der Gedanke, nicht vollstreckbare Feststellungsaussprüche würden von den Behörden ebenso befolgt wie vollstreckbare Leistungsaussprüche, würde letztendlich das Institut der Verpflichtungs- und Leistungsklage generell überflüssig machen. Des Weiteren würde das zwingende Prozessrecht der Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage zur Disposition der Beteiligten gestellt, indem diese jederzeit - auch unter Umgehung der Sachurteilsvoraussetzungen der anderen Klagearten - Feststellungsanträge stellen könnten (vgl. BSGE 50, 262 ff. und BSG SozR 7910 § 59 Rn. 12). Schließlich mangelt es an jedem Nachweis dafür, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts gerichtlichen Feststellungsentscheidungen generell Folge leisten (zutreffend: Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 11 m. w. N.).
89 
c) Zusammenfassend gilt danach berufungsprozessual das Folgende: Zur Entscheidung im Berufungsverfahren steht nach alledem nur noch der mit der Berufung von der Beklagten angefochtene, vom Sozialgericht durch Urteil vom 6. Mai 2004 für Recht erkannte kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsausspruch. Der isolierte Feststellungsantrag ist sowohl mangels feststellungsfähigen öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beigeladenen als auch wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage unstatthaft. Der noch übrig gebliebene, auf isolierte Aufhebung des Verwaltungsakts gerichtete Anfechtungsantrag ist hingegen zulässig. Denn die Klägerin hatte erstinstanzlich neben der Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, durch den eine Leistung abgelehnt worden war, auch Leistungsklage erhoben. Hebt das Sozialgericht - wie vorliegend - den Verwaltungsakt auf, ohne über die Leistungsklage eine Entscheidung zu treffen, so wird auf die Berufung des Rentenversicherungsträgers die Anfechtungsklage jedenfalls statthafter Gegenstand des Berufungsverfahrens (so BSG SozR Nr. 96 zu § 54 SGG; zustimmend: Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 54 Rn. 113).
90 
3. Das Berufungsbegehren der Beklagten ist auch begründet. Der angefochtene Verwaltungsakt, mit dem die Beklagte das an sie auf Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten gerichtete Begehren der Klägerin, Pflichtbeitragszeiten im Rahmen des Beitragsregresses nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen, abgelehnt hat, verletzt die Klägerin nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten oder Rechtspositionen. Zwar stehen weder der Bezug von Erwerbsunfähigkeits- und gesetzlicher Unfallrente (a.) noch die von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossene Abfindungsvereinbarung (b.) dem geltend gemachten Anspruch auf Erfüllung der von der Beklagten gegen die Beigeladene bestehenden Leistungspflicht aus § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X entgegen. Nach der von der Beklagten mit der Beigeladenen am 7. August 1998 getroffenen zivilrechtlichen Vereinbarung zur endgültigen Abfindung des Gesamtrisikos der Beklagten im Fall der Klägerin ist aber für einen Erfüllungsanspruch der Beklagten gegenüber der Beigeladenen gemäß § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X kein Raum mehr (c.).
91 
Den Regelungsgegenstand des Beitragsregresses beschreibt § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X. Diese Norm bestimmt, dass, soweit der Schadensersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, dieser auf den Versicherungsträger übergeht, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird. § 119 SGB X baut auf der vom Bundesgerichtshof entwickelten Rechtsprechung zum Ersatz von Sozialversicherungsbeiträgen auf. Der Bundesgerichtshof hatte bereits unter Geltung des bis zum 30. Juni 1983 in Kraft gebliebenen § 1542 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in Fällen schädigungsbedingten Beitragsausfalls Ansprüche auf Ersatz eines Erwerbsschadens, der den Beitragsschaden umfasst, nach §§ 823, 842, 843, 249 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anerkannt (vgl. BGHZ 69, 347 = NJW 1978, 155 = VersR 1977, 1156 ; BGH VersR 1979, 1104; 1981, 477 <478>; BGHZ 87, 181 = VersR 1983, 663). Dabei stellte er darauf ab, dass der Schädiger dem Geschädigten entsprechend dem Gedanken der Naturalrestitution die wirtschaftlichen Einbußen auszugleichen habe, die dieser durch den schädigungsbedingten Ausfall von Versicherungsbeiträgen erleide. Insoweit ließ der Bundesgerichtshof zunächst grundsätzlich die Möglichkeit einer Rentenverkürzung in Form einer niedrigeren Rentenanwartschaft ausreichen, schränkte diese weite Auffassung jedoch in seinem Grundsatzurteil vom 18. Oktober 1977 (BGHZ 69, 347 = NJW 1978, 155 = VersR 1977, 1156) durch das Erfordernis der wirtschaftlichen Vernünftigkeit einer Weiterversicherung ein. Obgleich sich eine tatsächliche Rentenverkürzung erst in der Zukunft auswirkt, wurde sie vom Bundesgerichtshof bereits als gegenwärtiger Schaden aufgefasst, der durch freiwillige Beitragszahlungen auszugleichen ist. Auf diese Weise sollte der Versicherte in den Stand gesetzt werden, seine Versicherung, soweit zulässig, fortzuführen. Anspruchsinhaber blieb allein der Geschädigte, dem es aber freigestellt war, die vom Schädiger im Rahmen des Schadensersatzes geleisteten Beträge als freiwillige Beiträge auf sein Versicherungskonto einzuzahlen (BSG, Urteil vom 31. Januar 2002, B 13 RJ 23/0 = BSGE 89, 151 <156> m. w. N.).
92 
In Weiterentwicklung dieser Grundsätze verpflichtet § 119 SGB X den Schädiger, in Fällen eines Beitragsausfalles Schadensersatz in Form von Beitragszahlungen an den Rentenversicherungsträger zu leisten. Hierbei steht das Ziel im Vordergrund, die soziale Sicherung des Versicherten nach Eintritt des Schadensfalles zu verbessern (vgl. BGH VersR 1986, 592 , 593; Nehls in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, a. a. O., SGB X, § 119 Rn. 1). Dementsprechend entsteht der Ersatzanspruch bereits dann, wenn die Möglichkeit einer Rentenverkürzung durch Beeinträchtigung der von der tatsächlichen Beitragsleistung abhängigen Berechnung der Entgeltpunkte des Versicherten besteht (vgl. BGHZ 97, 330 = VersR 1986, 592 ). Der Geschädigte muss, was seine sozialversicherungsrechtliche Stellung angeht, so gestellt werden, wie er ohne die Schädigung stünde (vgl. dazu BGH VersR 1954, 277 f.; vgl. auch Kater, in Kasseler Kommentar, Loseblatt 2003, § 119 SGB X Rn. 15). Ist der Schaden durch Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung ausgleichbar, soll sichergestellt werden, dass der Sozialversicherte später Sozialleistungen erhält, deren Berechnung auch die Zeit nach der Verletzung umfasst (vgl. BR-Drucks 526/80 S 29 mit Bezug auf BGH NJW 1978, 155 f). Dementsprechend soll § 119 SGB X im Wege des gesetzlichen Forderungsüberganges gewährleisten, dass die vom Schädiger zu zahlenden Beiträge dem Sozialversicherungsträger zweckgebunden zugeführt werden (vgl. Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 3). Ohne diese Regelung könnte der Geschädigte über die entsprechenden Beträge verfügen, ohne sie zum Ausgleich seines Beitragsschadens zu verwenden (vgl. BGH VersR 1969, 907; KG VersR 1975, 862 ). Nicht zuletzt aus fürsorgerischen Gründen überträgt deshalb § 119 Abs. 1 SGB X die Aktivlegitimation für den Anspruch auf Ersatz des dem Versicherten entstandenen Beitragsschadens treuhänderisch auf den Sozialversicherungsträger, der die Beitragsforderung (in fremdem Interesse) einziehen und entsprechend als Pflichtbeiträge verbuchen muss (vgl. BGH VersR 1986, 592; Nehls, in Hauck/Noftz, Gesamtkommentar, SGB, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X, Rn. 1). Dagegen ist es nicht Sinn und Zweck der Regelung, für eine finanzielle Entlastung der Rentenversicherungsträger zu sorgen (BSG, Urteil vom 31. Januar 2002, B 13 RJ 23/0 = BSGE 89, 151 <156> m. w. N.).
93 
a) Dem mit dem Forderungsübergang nach § 119 SGB X bezweckten Schutz des Versicherten vor schädigungsbedingten Renteneinbußen und damit der Geltendmachung eines Beitragsregresses der Beklagten gegenüber der Beigeladenen steht deshalb nicht bereits entgegen, dass die Klägerin von der Beklagten auf der Grundlage der §§ 43, 44 SGB VI a. F. seit dem 29. Dezember 1990 eine Erwerbsunfähigkeitsrente auf Dauer bezieht. Denn der durch die Schädigung infolge des am 30. November 1988 erlittenen Unfalls eingetretene Beitragsschaden der Klägerin wird durch die Gewährung der Rente nicht ausgeglichen, wie jedenfalls mittlerweile § 62 SGB VI zeigt. Danach wird ein Anspruch auf Schadensersatz wegen verminderter Erwerbsfähigkeit durch die Berücksichtigung rentenrechtlicher Zeiten nicht ausgeschlossen oder gemindert. § 62 SGB VI verankert damit einen allgemeinen Grundsatz des Schadensersatzrechts im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung. Dieser Grundsatz besagt, dass ein Schädiger durch Leistungen, die ein Dritter - hier: der Rentenversicherungsträger - dem Geschädigten aufgrund des Schadensereignisses zu erbringen hat, nicht entlastet werden darf (Prinzip der versagten Vorteilsanrechnung, vgl. näher: Niesel, in Kasseler Kommentar, SGB VI, Loseblatt, § 62 Rn. 2 m. w. N.; Löns, in Kreikebohm, SGB VI, Kommentar, 2003, § 62 Rn. 2). Daran ändert sich auch nichts, wenn man zusätzlich berücksichtigt, dass die Klägerin neben der Erwerbsunfähigkeitsrente seit dem 29. Dezember 1990 eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bezieht. § 119 Abs. 1 SGB X schützt nämlich nicht einen Erwerbs- oder Haushaltsführungsschaden, sondern die fiktiven Pflichtbeiträge, die, den Schadensfall hinweggedacht, dem Versichertenkonto des geschädigten gesetzlich Rentenversicherten bis zum Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze zugeflossen wären (BGHZ 129, 366; Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 39).
94 
b) Der Geltendmachung des Beitragsregresses durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen steht - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch die von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossene Vergleichs- und Abfindungsvereinbarung nicht entgegen. Die Klägerin hat sich in der damals vorbehaltlos geschlossenen Vereinbarung zwar schriftlich als „ein für alle mal abgefunden wegen aller Schadensersatzansprüche gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer, die versicherten Personen und Dritte, soweit diesen im Fall ihrer Inanspruchnahme ein Ausgleichsanspruch gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer oder die Versicherten zusteht“ erklärt. Diese Erklärung hat aber von vornherein nur Rechtspositionen umfassen können, die die Klägerin im eigenen Namen und aus eigenem Recht hat geltend machen können. Eben daran fehlt es bei der Geltendmachung eines Beitragsschadens nach § 119 Abs. 1 SGB X. Der durch § 119 Abs. 1 SGB X geschützte Anspruch soll zwar dem Versicherten - hier der Klägerin - zugute kommen; die Beklagte als Treuhänderin ist aber - wie oben näher ausgeführt - allein verfügungsbefugt hinsichtlich dieses Anspruchs. An den Verhandlungen und beim Abschluss des Vergleichs vom 24. Oktober 1997 ist die Beklagte - wie auch bereits vom Sozialgericht zutreffend erkannt - aber gar nicht beteiligt gewesen. Dem entsprechend können mögliche Ansprüche nach § 119 SGB X schon sachlogisch nicht Gegenstand der von der Klägerin ohne die Beklagte mit der Beigeladenen geführten Verhandlungen gewesen sein.
95 
Dieses Auslegungsergebnis vermag auch die vom damaligen Verhandlungsführer der Beigeladenen, dem Zeugen K., unter dem 11. Dezember 1997 verfasste „Aktennote“ nicht zu erschüttern. Darin ist zwar festgehalten, mit der Klägerin sei darüber Einigkeit erzielt worden, dass sie ohne den Unfall nach der Geburt ihrer Kinder nicht mehr berufstätig geworden wäre und insoweit der Haushaltsführungsschaden durch die Rentenzahlungen abgedeckt sei. Zum einen ist schon zweifelhaft, ob am 24. Oktober 1997 Einigkeit über die rein außerberufliche Zukunft der Klägerin erzielt worden ist. Dagegen spricht nicht nur die Aussage der Zeugin B., sondern insbesondere auch die Aussage des Zeugen K. vor dem Sozialgericht am 6. Mai 2004. Vor dem Sozialgericht hat der Zeuge K. nämlich - seiner Niederschrift in der „Aktennote vom 11. Dezember 1997“ widersprechend - erklärt, die Klägerin habe gesagt, auch nach Geburt der Kinder weiterarbeiten zu wollen. Der Zeuge K. hat dieser Erklärung nur keine rechtliche Bedeutung beigemessen, weil er - insoweit fehlerhaft - davon ausgegangen ist, aufgrund der vorbehaltlos von der Klägerin unterschriebenen Vergleichs- und Abfindungserklärungen seien auch künftige Ansprüche Dritter jedweder Art gegen die Beigeladene von vornherein ausgeschlossen.
96 
Zum anderen misst der Senat in diesem Zusammenhang den handschriftlichen Notizen des damaligen Bevollmächtigten der Klägerin, des Zeugen Dr. K. vom 24. Oktober 1997 letztlich ausschlaggebenden Beweiswert zu. Danach sind von dem Abfindungsvergleich vom 24. Oktober 1997 öffentlich-rechtlich begründete Drittschäden der gesetzlichen Renten-, Unfall- und Krankenversicherungsträger ausgenommen gewesen. Dies erklärt auch den Umstand, dass die Klägerin diese „Schadenspositionen“ auf ihrer, der Abfindungsvergleichserklärung vom 24. Oktober 1997 beiliegenden „Auflistung“ der Schäden nicht aufgeführt hat. Diese zentrale Aussage hat der Zeuge Dr. K. anlässlich seiner Vernehmung durch den Senat während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren glaubhaft bestätigt.
97 
c) Der Geltendmachung des Beitragsschadens durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen steht aber die von der Beklagten mit der Beigeladenen am 7. August 1998 getroffene Vereinbarung entgegen. Über den Inhalt dieser Vereinbarung existiert - entsprechend der von der Zeugin B. dem Senat anlässlich ihrer Vernehmung während der mündlichen Verhandlung glaubhaft geschilderten Verwaltungspraxis der Beklagten in Fällen, in denen die Vergleichssummen bei unter 150.000 DM (jetzt 125.000 Euro) liegen - zwar nur der von der Zeugin B. gefertigte handschriftliche Vermerk in der Beklagtenakte vom 12. August 1998, nach dem die Beigeladene zur Abfindung des aus dem Komplex „116/119“ herrührenden Gesamtrisikos 100.000,- DM an die Beklagte zu leisten hat. In diesem Vermerk findet sich der Hinweis, dass der Klägerin „§ 119’er Beiträge“ bis zur Geburt des zweiten Kindes am 8. Mai 1994 gutgeschrieben werden. Die inhaltliche Richtigkeit dieses Vermerks ist zudem von der Beigeladenen gegenüber dem Senat durch Schriftsatz vom 23. Mai 2006 bestätigt worden.
98 
Gegenstand der zwischen der Beklagten und der Beigeladenen auf der Grundlage des § 779 BGB am 7. August 1998 geschlossenen und am 12. August 1998 dokumentierten, zivilrechtlichen Vergleichsvereinbarung ist in der Sache eine einzelfallbezogene Abfindung gewesen, der öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegen stehen. Denn nach § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X ist die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag sozialversicherungsrechtlich im Einzelfall zulässig. Zur Begründung dieser - allerdings erst - zum 1. Januar 2001 in das Gesetz aufgenommenen Regelung hat der Gesetzgeber (BT-Drucksache 14/4375 vom 24. Oktober 2000) ausgeführt:
99 
„Da es sich in diesen Fällen in der Regel um kleine Ausgleichsbeträge handelt, sollen die Träger die Möglichkeit zur Pauschalierung, wegen ihrer treuhänderischen Tätigkeit für einzelne Versicherte aber nicht zum Abschluss von Teilungsabkommen, erhalten, um den Verwaltungsaufwand ökonomisch zu gestalten (§ 119 Abs. 4 Satz 1 SGB X).“
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Deshalb - und weil es danach folgerichtig in § 119 SGB X an einer § 116 Abs. 9 SGB X entsprechenden, die Pauschalierung von Ersatzansprüchen im Wege von Teilungsabkommen erlaubenden Sonderregelung fehlt - werden Teilungsabkommen zwischen Rentenversicherungsträgern und privaten Haftpflichtversicherern nach § 119 SGB X in der wissenschaftlichen Literatur (Nehls, in Hauck/Noftz, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 23; Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 Rn. 64; Bieresborn, in von Wulffen, a. a. O., § 119 Rn. 15; A.A. allerdings noch Plagemann, DRV 1993, 821 f. und Küppersbusch, VersR 1983, 193 <212> zum früheren Recht) für generell unzulässig gehalten. Dieser Auffassung folgt der Senat, weil der Rentenversicherungsträger nicht ganz oder teilweise auf Ansprüche des geschädigten Versicherten verzichten kann, ohne dessen Sicherungsinteressen zu verletzen. Es ist mit dem Normzweck des § 119 SGB X nicht vereinbar, die kraft cessio legis auf die Beklagte als Rentenversicherungsträger übergegangenen Ansprüche gegen die Beigeladene nicht voll einzubeziehen und der unfallgeschädigten Klägerin im Wege eines Teilungsabkommens nur einen Teil der geschuldeten Beiträge gutzuschreiben (ebenso: Schneider, in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., § 76 Rn. 11).
101 
Vorliegend hat die Beklagte mit der Beigeladenen am 7. August 1998 aber keine Pauschalvereinbarung über Ersatzansprüche getroffen, sondern einzelfallbezogen zivilrechtliche Schadenspositionen nach § 116 SGB X in Höhe von 66.374,05 DM und nach § 119 Abs. 1 SGB X in Höhe von 33.652,92 DM ermittelt und dem auf dieser Basis geschlossenen Abfindungsvergleich zugrunde gelegt. Dabei wurden nach der mit ihrem handschriftlichen Vermerk vom 12. August 1996 übereinstimmenden und nachvollziehbaren Darstellung der Zeugin B. zur Feststellung des Beitragsschadens die dem Abfindungsvergleich zwischen der seinerzeit rechtlich beratenen Klägerin und der Beigeladenen vom 24. Oktober 1997 zugrunde gelegten Schadenspositionen herangezogen, wonach die Rentenzahlungen ab Dezember 1990 für die ersten drei Jahre den Verdienstschaden und im Anschluss daran - mangels Geltendmachung eines durch die Geburt der Kinder sogar erhöhten Haushaltsführungsschadens - den Haushaltsführungsschaden kompensierten, sodass daraus der Schluss gezogen wurde, dass die Klägerin im Anschluss an die Geburt der Kinder nicht oder nur noch in geringem Umfang in Heimarbeit erwerbstätig werden wollte, wobei Letzterem durch eine Erhöhung der Abfindungssumme um 50.000.- DM Rechnung getragen wurde. Nach alledem ist es schließlich auch unschädlich, dass es zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses am 7. August 1998 die Vorschrift des § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X in der heutigen Fassung noch nicht gegeben hat. Die Zeugin B., die für die Beklagte den Vergleich mit der Beigeladenen am 7. August 1998 abgeschlossen hat, hat dem Senat dazu anschaulich und nachvollziehbar erläutert, dass „die Wirklichkeit der gesetzlichen Regelung voraus“ gewesen ist. Diese Praxis hat der Gesetzgeber mit der in § 120 Abs. 1 S. 2 SGB X normierten Übergangsregelung bestätigt, die - wie bereits unter 1. näher ausgeführt - anordnet, dass § 119 Abs. 4 SGB X in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung auch auf Sachverhalte wie den Vorliegenden anzuwenden ist, die bereits vor diesem Zeitpunkt bestanden haben, über die aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend entschieden worden ist.
102 
Auch die Tatsachen, dass die vergleichsweise Einigung zwischen der Beklagten und der Beigeladenen vom 7. August 1998 nur durch den handschriftlichen Vermerk der mit dem Fall auf Seiten der Beklagten befassten Zeugin B. vom 12. August 1998 dokumentiert und die Klägerin über das Ergebnis dieses Vergleichs erst auf Nachfrage unter dem 18. Januar 2001 von der Beklagten unterrichtet worden ist, machen den Vergleich nicht unwirksam. Nach § 779 BGB bedarf der Abschluss eines Vergleichs grundsätzlich keiner besonderen Form. Auch § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X schreibt für den Abschluss der im Einzelfall zulässigen Abfindungsvereinbarungen kein besonderes Formerfordernis - etwa Schriftform (vgl. z.B. § 56 SGB X) - vor. Ob eine Rechtspflicht der Beklagten zur Unterrichtung der Klägerin vor Abschluss des Vergleichs und/oder zumindest zeitnah nachträglich über den Abschluss des Abfindungsvergleichs bestanden hat, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Die Annahme einer solchen Pflicht könnte vor dem Hintergrund des beschriebenen und durch § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X begründeten Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwar naheliegend sein. Die Verletzung einer Unterrichtungspflicht könnte aber allenfalls Schadensersatzansprüche im Binnenverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten auslösen. Die Wirksamkeit der zwischen den zum Abfindungsvergleich nach § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X im Außenverhältnis allein ermächtigten Beteiligten - beklagter Rentenversicherungsträger und beigeladener Haftpflichtversicherung des Schädigers - getroffenen Vereinbarung wird dadurch nicht berührt.
103 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat sich bei der Auferlegung der Kosten auf die Beklagte ausnahmsweise nicht am für die Beklagte letztlich erfolgreichen Prozessergebnis orientiert. Maßgebend für den Senat ist vielmehr gewesen, dass die Beklagte die Klägerin mit den Ausführungen im angefochtenen Bescheid vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2001 in die falsche Richtung gelenkt und damit maßgeblich zum späteren Prozessverhalten der Klägerin beigetragen hat. Denn die zentrale Begründung der Beklagten für die Ablehnung des von der Klägerin begehrten Vorgehens nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X, ein Beitragsschaden sei aufgrund des von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossenen Vergleichs nicht zu beweisen, hat sich - für sich allein genommen - als nicht tragfähig erwiesen. Tatsächlich hat vorrangig der von der Beklagten geschlossene Abfindungsvergleich mit der Beigeladenen vom 7. August 1998 einem Erfolg des klägerischen Begehrens entgegen gestanden.
104 
Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Gründe

 
72 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
73 
Das Urteil des Sozialgerichts vom 6. Mai 2004 ist rechtswidrig und deshalb aufzuheben. Der von der Klägerin angefochtene Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001, mit denen das an die Beklagte gerichtete Begehren der Klägerin, Pflichtbeitragszeiten im Rahmen des Beitragsregresses nach § 119 SGB X gegenüber der Beigeladenen für die Zeit ab dem 8. Mai 1994 geltend zu machen, abgelehnt wurde, ist - entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts - im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
74 
Die Bestimmung des § 119 SGB X n. F. ist im vorliegenden Fall anwendbar, obwohl das Unfallereignis bereits auf den 30. November 1988 datiert (1.). Streitgegenstand des von der Beklagten geführten Berufungsverfahrens ist nicht mehr der von der Klägerin erstinstanzlich mit Hauptantrag geltend gemachte Erfüllungsanspruch, sondern allein der durch das angefochtene Urteil des Sozialgerichts vom 6. Mai 2004 für Recht erkannte Anfechtungs- und Feststellungsausspruch (2.). In der Sache ist die von der Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid abgelehnte Geltendmachung eines Beitragsschadens nach § 119 SGB X auf der Grundlage der zwischen der Beklagten und der Beigeladenen getroffenen Vereinbarung vom 7. August 1998 nicht zu beanstanden (3.).
75 
1. Die Frage, welches Recht anzuwenden ist, beantworten die §§ 120, 119 SGB X. § 119 Abs. 1 SGB X regelt, dass, soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten - hier: die materiell-rechtlichen Ansprüche der Klägerin gegen die Beigeladene nach §§ 842, 843 BGB - den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, dieser auf den Versicherungsträger - hier: die Beklagte - übergeht, wenn der Geschädigte - hier: die Klägerin - im Zeitpunkt des Schadensereignisses - hier: unverschuldet erlittener Autounfall am 30. November 1988 - bereits Pflichtbeitragszeiten - hier: von 1977-1988 als versicherungspflichtig beschäftigte technische Zeichnerin - nachweist. Die eingegangenen Beiträge gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge (§ 119 Abs. 3 S. 1 SGB X). Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Sozialversicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadensersatzanspruch gestanden hätte. Die Übergangsregelung des § 120 Abs. 1 S. 1 SGB X bestimmt, dass die Vorschriften der §§ 116 bis 119 SGB X nur auf Schadensereignisse nach dem 30. Juni 1983 anzuwenden sind. Das vorliegend stattgehabte Unfallschadensereignis datiert auf den 30. November 1988, so dass die §§ 116 bis 119 SGB X einschlägiger gesetzlicher Prüfungsmaßstab sind. Dies gilt auch - und insbesondere - für den neuen Absatz 4 des § 119 SGB X in der Fassung vom 1. Januar 2001. § 120 Abs. 1 Satz 2 SGB X bestimmt nämlich insoweit ausdrücklich, dass für nach dem 30. Juni 1983 eingetretene Schadensereignisse § 119 Abs. 1, 3 und 4 SGB X in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung auf einen Sachverhalt auch dann anzuwenden sind, wenn der Sachverhalt - wie vorliegend - bereits vor diesem Zeitpunkt bestanden hat und darüber noch nicht abschließend entschieden ist. In der Gesetzesbegründung zu § 120 SGB X (BT-Drucksache 14/4375 vom 24. Oktober 2000) heißt es dazu erläuternd wörtlich:
76 
„Absatz 1 Satz 2 erfasst Änderungen der §§ 116 und 119 SGB X durch diesen Gesetzentwurf und zwar für die Fälle, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes noch nicht abschließend entschieden sind, sei es im Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren oder durch das Auftreten von Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen.“
77 
2. Ob über einen Sachverhalt abschließend entschieden worden ist, hängt davon ab, was konkret zwischen den Beteiligten streitig ist. Der Streitgegenstand oder der prozessuale Anspruch, d.h. das vom Kläger aufgrund eines bestimmten Sachverhalts an das Gericht gerichtete Begehren (vgl. nur Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 95 Rn. 4 m. w. N.), wird vorliegend - im Berufungsverfahren - durch den im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 20. März 2007 allein noch anhängigen auf Aufhebung des angefochtenen Urteils vom 6. Mai 2004 und Abweisung der Klage gerichteten Antrag der Beklagten und Berufungsklägerin umrissen. Im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts ist der Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001 aufgehoben worden; darüber hinaus hat das Sozialgericht festgestellt, die Beklagte habe den Beitragsschaden gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen. Damit ist der erstinstanzlich von der Klägerin hilfsweise gestellte Aufhebungs- und Feststellungsantrag Streitgegenstand auch des Berufungsverfahrens. Der angefochtene Bescheid ist mithin Gegenstand des vorliegenden Verfahrens; eine abschließende Gerichtsentscheidung über die Rechtmäßigkeit dieses Bescheids steht noch aus. Da die Klägerin keine Berufung eingelegt hat, ist der erstinstanzlich von ihr mit Hauptantrag gegen die Beklagte geltend gemachte Anspruch auf Erfüllung aus § 119 SGB X nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden.
78 
Nach § 95 SGG ist Gegenstand der erstinstanzlichen Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt gewesen, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Der Regelungsgegenstand des angefochtenen Verwaltungsakts wird im durch den Widerspruchsbescheid vom 19. November 2001 bestätigten Tenor des angefochtenen Ausgangsbescheids vom 10. Juli 2001 beschrieben. Darin lehnt die Beklagte es in der Sache ab, Pflichtversicherungsbeiträge im Rahmen des Beitragsregresses gemäß § 119 SGB X für die Zeit über den 8. Mai 1994 hinaus geltend zu machen. Dieser Entscheidung hat die Beklagte ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin als Versicherter und ihr selbst als zuständigem Rentenversicherungsträger zugrunde gelegt. Geprägt wird das Versicherungsverhältnis vorliegend durch die sozialversicherungsrechtliche Besonderheit eines gesetzlich durch § 119 SGB X statuierten besonderen Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwischen der versicherten Geschädigten - also der Klägerin - einerseits und der Beklagten als dem zuständigen Rentenversicherungsträger andererseits. § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X begründet nämlich keinen originären, sondern einen kraft cessio legis auf die Beklagte übergeleiteten und auf Zahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung gerichteten Anspruch, den sie im fremden Interesse, d.h. im Interesse des geschädigten Versicherten, - treuhänderisch - wahrzunehmen hat (BGHZ 97, 330 = Vers 1986, 592; Kater, in Kasseler Kommentar, Loseblatt, 2001, § 119 SGB X Rn. 3; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 1; Stelzer, in ZfS 1984, 97 <98 f.>). Die Norm bezweckt die soziale Sicherung des Geschädigten nach Eintritt des Schadensfalls zu verbessern, indem sie dem Rentenversicherungsträger nach § 119 Abs. 3 S. 2 SGB X aufgibt, den sozialversicherten Geschädigten durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen nicht schlechter zu stellen, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte (BGHZ 97, 330; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 1). Dem Rentenversicherungsträger wird damit kraft öffentlichen Rechts - § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X - ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch des sozialversicherten Geschädigten gegen den Schädiger übertragen, den er nicht auf den Versicherten zurück übertragen kann. Dem entsprechend erlangt der geschädigte Sozialversicherte wegen des Beitragsersatzanspruchs - anders als früher (vor 1983) - keine eigene zivilrechtliche Rechtsposition gegenüber dem Schädiger, mit der Folge, dass er durch § 119 SGB X allein auf Ansprüche gegen den Rentenversicherungsträger verwiesen wird. Meint der Geschädigte, der Sozialversicherungsträger habe den Beitragsregress nicht oder nicht ordnungsgemäß (umfassend) geltend gemacht, verbleibt ihm folgerichtig nach § 51 SGG der Sozialrechtsweg gegenüber diesem Träger (ebenso: BGH, Urteil vom 2. Dezember 2003, VersR 2004, 492 ff.; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 12; Schneider, in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., 2002, Kapitel 78 Rn. 30).
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Indem die Beklagte es mit dem angefochtenen Bescheid in der Sache abgelehnt hat, für die Klägerin treuhänderisch nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X gegenüber der Beigeladenen zivilrechtliche Schadensersatzansprüche geltend zu machen, hat sie einen die Klägerin belastenden Verwaltungsakt im Sinn von § 31 SGB X erlassen, der die Klägerin möglicherweise in subjektiv öffentlichen Rechten aus dem oben beschriebenen und gegenüber der Beklagten bestehenden öffentlich-rechtlichen Treuhand- und Fürsorgeverhältnis verletzt. Denn die Klägerin hat möglicherweise aufgrund der oben beschriebenen sozialversicherungsrechtlichen Treuhänderstellung der Beklagten einen Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung.
80 
a) Dieser Sachlage entsprechend hat die Klägerin erstinstanzlich mit ihrem Hauptantrag sachdienlich begehrt, den belastenden Verwaltungsakt aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Beitragsschaden bei der Beigeladenen geltend zu machen. Prozessrechtlich ist dieser Klageantrag gemäß § 54 Abs. 4 SGG als eine kombinierte (unechte) Leistungsklage zu verstehen, bei der dem Anfechtungsantrag keine selbständige Bedeutung zukommt (vgl. Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 54 Rn. 113; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 54 Rn. 39; Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2. Aufl., 2005, § 54 Rn. 124, 128). Die Klägerin hat erstinstanzlich in erster Linie die Zuerkennung einer der Beklagten ihr gegenüber obliegenden Leistung begehrt, hier, dass die Beklagte den über § 119 Abs. 1 SGB X ins öffentliche Recht transformierten zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch nach den §§ 842, 843 BGB gegen die Beigeladene geltend macht. Diesem Begehren steht der Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001 entgegen, weshalb die Klägerin incident seine Aufhebung geltend machen muss. Über diesen (Leistungs-)Antrag hat das Sozialgericht im angefochtenen Urteil vom 6. Mai 2004 aber gar nicht entschieden; es fehlt sowohl an einer Tenorierung als auch an Ausführungen in den Entscheidungsgründen.
81 
Eine andere prozessrechtliche Auslegung des erstinstanzlichen Hauptantrags des Klägerin wäre im Übrigen nicht sachdienlich. Denn eine als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erhobene Klage wäre unzulässig gewesen. Die Klägerin hat nämlich in der Sache erstinstanzlich nicht den Erlass eines sie begünstigenden Verwaltungsakts im Sinn von § 31 SGB X begehrt. Die von der Klägerin begehrte Geltendmachung eines Beitragsregresses der Beklagten gegenüber der Beigeladenen zielt vielmehr auf die Geltendmachung von Forderungen zivilrechtlicher Art aufgrund gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 119 Abs. 1 SGB X (vgl. BSGE 89, 151 <154 f.>; BGH, VersR 2004, 492 ff.), hier auf die Geltendmachung kraft gesetzlichen Forderungsübergangs behaupteter Schadensersatzansprüche nach den §§ 842, 843 BGB. Die zivilprozessuale Geltendmachung solcher Ansprüche durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen bewirkt gegenüber der Klägerin als Dritter aber keine unmittelbare rechtliche Außenwirkung. Im Übrigen ist es der Beklagten - mangels gesetzlicher Grundlage - auch gar nicht möglich, ihr Rechtsverhältnis zur Beigeladenen als haftender Versicherung des Unfallschädigers aus den §§ 116 ff. SGB X durch Verwaltungsakt verbindlich festzustellen.
82 
Dieses prozessuale Ergebnis - die Begründung eines möglichen öffentlich-rechtlichen Leistungsanspruchs aufgrund eines durch § 119 Abs. 1 und Abs. 3 SGB X vermittelten besonderen Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwischen Klägerin und Beklagter - wird mittelbar durch die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verneinung der zivilprozessualen Prozessführungsbefugnis eines unfallgeschädigten Klägers gegen die Haftpflichtversicherung des Schädigers hinsichtlich möglicher Ansprüche nach § 119 SGB X aus eigenem Recht bestätigt. In dem jüngsten dazu ergangenen und veröffentlichten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 2. Dezember 2003 (VI ZR 243/02, VersR 2004, 492 ff.) heißt es wörtlich:
83 
„Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der Schadensersatzanspruch, dessen Feststellung der Kläger begehrt, sei nicht auf die LVA übergegangen, da § 119 SGB X nicht den Fall einer cessio legis behandele, sondern der Verletzte lediglich die Verfügungsbefugnis über den Schadensersatzanspruch verliere, soweit sich dieser auf den Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung richte und soweit die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 119 SGB X vorlägen. Dies steht nämlich nicht in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats (Senatsurteile BGHZ 97, 330, 333 mit Nachweisen zur Entstehungsgeschichte; 101, 207, 214; 106, 284, 290; 116, 260, 263; 129, 366, 368; 143, 344, 349 f., 354) und des Bundessozialgerichts (BSGE 89, 151, 154 ff.), wonach § 119 SGB X eine Legalzession bewirkt. Dieser Forderungsübergang vollzog sich bereits im Unfallzeitpunkt am 1. Juli 1996 nach § 119 Satz 1 SGB X in der Fassung vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I 2261). Der Forderungsübergang auf den Rentenversicherungsträger nach § 119 SGB X vollzieht sich ebenso wie im Falle des § 116 SGB X jedenfalls dann schon im Zeitpunkt des haftungsbegründenden Schadensereignisses, wenn - wie vorliegend - die Möglichkeit einer unfallbedingten Erwerbsunfähigkeit des Geschädigten in Betracht kommt (vgl. Pickel, SGB, Kommentar zum Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, Stand April 2003, Rn. 4 zu § 119 SGB X m. w. N.). Die Gründe dafür, dass sich der Forderungsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X auf den Sozialversicherungsträger bereits so frühzeitig vollzieht (grundlegend BGHZ 48, 181 , 184 ff. - noch zu § 1542 RVO), gelten für den Forderungsübergang nach § 119 SGB X in gleicher Weise (vgl. BT-Drucks. 9/95 S. 27; zur Schadensentstehung Senatsurteile BGHZ 139, 167 , 173; 143, 344, 348; jeweils m. w. N.). Die Neufassung des § 119 SGB X vom 18. Januar 2001 (BGBl. I 130) hat die Rechtslage entgegen der Auffassung der Revision insoweit nicht verändert.“
84 
Diese Rechtsprechung macht sich der erkennende Senat zu eigen.
85 
b) Soweit das Sozialgericht allerdings die von der Klägerin mit dem Hilfsantrag erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage als zulässig angesehen hat, bestehen dagegen nicht unerhebliche Bedenken.
86 
Mit einer Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) kann u. a. begehrt werden, die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Auch im Über-Unterordnungsverhältnis zwischen Bürger und Staat oder Versichertem und öffentlich-rechtlichem Versicherungsträger ist die Feststellungsklage grundsätzlich zulässig. Vor Erhebung einer Feststellungsklage muss jedoch der versicherte Kläger im Regelfall einen entsprechenden (Feststellungs-)Antrag an den Versicherungsträger gerichtet haben, mit dem er eine bestimmte Feststellung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses begehrt hat, z.B. dass ein Arbeitsunfall vorliegt oder ein Regressverhältnis besteht. Dies folgt schon aus Gründen der Prozessökonomie sowie dem für eine Feststellungsklage erforderlichen Feststellungsinteresse, welches fehlt, wenn der Versicherte nicht zunächst durch einen Antrag bei dem Versicherungsträger versucht hat zu klären, ob das Rechtsverhältnis besteht oder nicht. Dementsprechend muss der Bürger im Regelfall, wenn um das Bestehen eines Rechtsverhältnisses gestritten wird, zunächst eine entsprechende Verwaltungsentscheidung beantragen. Nach dem Ergehen dieser Entscheidung kann er zulässigerweise eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage erheben (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2006, B 2 U 77/06 B, SozR 4-1500 § 55 Nr. 4; BSGE 57, 184 = SozR 2200 § 385 Nr. 10; BSGE 58, 150 , 152 = SozR 1500 § 55 Nr. 27; BSG SozR 3-4427 § 5 Nr. 1 S 4 ff.; Castendiek, in Handkommentar SGG, 2. Aufl., 2005, § 55 Rn. 18, 27; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 55 Rn. 15; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl. 2005, IV Rn. 99).
87 
Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht vorliegend schon entgegen, dass die vom Klägerin begehrte Feststellung - neben Rechtsbeziehungen der Klägerin zur Beklagten - vorrangig die zivilrechtlichen Drittrechtsbeziehungen der Beklagten zur Beigeladenen betrifft. Es ist zwar nicht erforderlich, dass das festzustellende Rechtsverhältnis unmittelbar zwischen den Parteien des Feststellungsprozesses besteht (vgl. BSG, Urteil vom 17. Januar 1996, 3 RK 2/95 = BSGE 77, 219 <226> und Urteil vom 26. Januar 1988, 2 RU 2/87 = BSGE 63, 14 <15>; Ulmer, in Hennig, SGG, Kommentar, Loseblatt 2003, § 55 Rn. 21). Mit der Feststellungsklage kann auch das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses zwischen der Beklagten und einem Dritten - hier der Beigeladenen - geltend gemacht werden, wenn davon eigene - öffentlich-rechtlich begründete - Rechtsinteressen der Klägerin - hier gerichtet auf die Feststellung unfallbedingt nicht entrichteter weiterer Pflichtbeiträge - betroffen sind. Die Klägerin hat ein Interesse an der von ihr beantragten Feststellung gegenüber der Beklagten geltend gemacht, wie ihre stetige Korrespondenz mit der Beklagten in der Frage des Beitragsregresses - Schreiben vom 22. Oktober 1997, 17. Februar 1998, 8. Juni 1998 und 27. Dezember 2000 - belegt. Im Verhältnis zur Beigeladenen fehlt es der Klägerin aber an einem aus eigenem subjektiv öffentlichem Recht verfolgbaren Anspruch (vgl. BSGE 89, 151 <154 ff.>; BGH, VersR 2004, 492 ff.; Nehls, in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X Rn. 3), weil der geltend zu machende zivilrechtliche Schadensersatzanspruch im Hinblick auf den hier allein streitigen Beitragsregress nach § 119 Abs. 1 SGB X kraft gesetzlichen Forderungsübergangs auf die Beklagte übergegangen ist. Deshalb hat die Klägerin gegenüber der Beigeladenen auch konsequenterweise über einen Beitragsschaden keine Korrespondenz geführt.
88 
Das Sozialgericht hat bei alledem des Weiteren verkannt, dass die Feststellungsklage im Verhältnis zur statthaften (unechten) Leistungsklage subsidiär ist. Ist eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (unechte Leistungsklage) - wie oben dargelegt - statthaft, kann nicht stattdessen eine Feststellungsklage erhoben werden (BSGE 73, 83 <84>; BVerwG Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 127 m. w. N.; Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 4; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 13. Aufl., § 43 Rn. 28). Auch wenn der im SGG nicht ausdrücklich normierte Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage im Sozialprozess nicht - wie im Verwaltungsprozess - uneingeschränkt gilt, bedarf es zur parallelen Statthaftigkeit von Gestaltungs-, Leistungs- und Feststellungsantrag jedenfalls eines nur mit der Feststellungsklage verfolgbaren weitergehenden Rechtsschutzziels. Nur soweit die Feststellungsklage in ihrer Zielrichtung über eine gleichzeitig erhobene Anfechtungs-, Verpflichtungs- oder Leistungsklage hinausgeht, ist eine Klagehäufung unter den Voraussetzungen des § 56 SGG zulässig (vgl. Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2005, § 55 Rn. 14 unter Bezugnahme auf BSG SozR 3-3200 § 81 Nr. 16; ebenso Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 6 m. w. N. der Rechtsprechung). Für ein über den unechten Leistungsantrag hinausreichendes Feststellungsinteresse der Klägerin entsprechend der Tenorierung des erstinstanzlichen Urteils vom 6. Mai 2004 ist vorliegend aber nichts erkennbar. Schließlich ist der Feststellungsantrag auch nicht deshalb statthaft, weil er mit der Beklagten gegen eine juristische Person des öffentlichen Rechts gerichtet ist, bei der davon ausgegangen werden könne, dass sie einen Feststellungsausspruch befolge (dafür aber Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, SGG. 8. Aufl., § 55 Rn. 19b; eingeschränkt zustimmend auch Castendiek, in Lüdtke, SGG, Handkommentar, 2005, § 55 Rn. 21). Der Gedanke, nicht vollstreckbare Feststellungsaussprüche würden von den Behörden ebenso befolgt wie vollstreckbare Leistungsaussprüche, würde letztendlich das Institut der Verpflichtungs- und Leistungsklage generell überflüssig machen. Des Weiteren würde das zwingende Prozessrecht der Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage zur Disposition der Beteiligten gestellt, indem diese jederzeit - auch unter Umgehung der Sachurteilsvoraussetzungen der anderen Klagearten - Feststellungsanträge stellen könnten (vgl. BSGE 50, 262 ff. und BSG SozR 7910 § 59 Rn. 12). Schließlich mangelt es an jedem Nachweis dafür, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts gerichtlichen Feststellungsentscheidungen generell Folge leisten (zutreffend: Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 55 Rn. 11 m. w. N.).
89 
c) Zusammenfassend gilt danach berufungsprozessual das Folgende: Zur Entscheidung im Berufungsverfahren steht nach alledem nur noch der mit der Berufung von der Beklagten angefochtene, vom Sozialgericht durch Urteil vom 6. Mai 2004 für Recht erkannte kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsausspruch. Der isolierte Feststellungsantrag ist sowohl mangels feststellungsfähigen öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beigeladenen als auch wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage unstatthaft. Der noch übrig gebliebene, auf isolierte Aufhebung des Verwaltungsakts gerichtete Anfechtungsantrag ist hingegen zulässig. Denn die Klägerin hatte erstinstanzlich neben der Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, durch den eine Leistung abgelehnt worden war, auch Leistungsklage erhoben. Hebt das Sozialgericht - wie vorliegend - den Verwaltungsakt auf, ohne über die Leistungsklage eine Entscheidung zu treffen, so wird auf die Berufung des Rentenversicherungsträgers die Anfechtungsklage jedenfalls statthafter Gegenstand des Berufungsverfahrens (so BSG SozR Nr. 96 zu § 54 SGG; zustimmend: Ulmer, in Hennig, SGG, Loseblatt, 2003, § 54 Rn. 113).
90 
3. Das Berufungsbegehren der Beklagten ist auch begründet. Der angefochtene Verwaltungsakt, mit dem die Beklagte das an sie auf Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten gerichtete Begehren der Klägerin, Pflichtbeitragszeiten im Rahmen des Beitragsregresses nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen, abgelehnt hat, verletzt die Klägerin nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten oder Rechtspositionen. Zwar stehen weder der Bezug von Erwerbsunfähigkeits- und gesetzlicher Unfallrente (a.) noch die von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossene Abfindungsvereinbarung (b.) dem geltend gemachten Anspruch auf Erfüllung der von der Beklagten gegen die Beigeladene bestehenden Leistungspflicht aus § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X entgegen. Nach der von der Beklagten mit der Beigeladenen am 7. August 1998 getroffenen zivilrechtlichen Vereinbarung zur endgültigen Abfindung des Gesamtrisikos der Beklagten im Fall der Klägerin ist aber für einen Erfüllungsanspruch der Beklagten gegenüber der Beigeladenen gemäß § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X kein Raum mehr (c.).
91 
Den Regelungsgegenstand des Beitragsregresses beschreibt § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X. Diese Norm bestimmt, dass, soweit der Schadensersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, dieser auf den Versicherungsträger übergeht, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird. § 119 SGB X baut auf der vom Bundesgerichtshof entwickelten Rechtsprechung zum Ersatz von Sozialversicherungsbeiträgen auf. Der Bundesgerichtshof hatte bereits unter Geltung des bis zum 30. Juni 1983 in Kraft gebliebenen § 1542 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in Fällen schädigungsbedingten Beitragsausfalls Ansprüche auf Ersatz eines Erwerbsschadens, der den Beitragsschaden umfasst, nach §§ 823, 842, 843, 249 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anerkannt (vgl. BGHZ 69, 347 = NJW 1978, 155 = VersR 1977, 1156 ; BGH VersR 1979, 1104; 1981, 477 <478>; BGHZ 87, 181 = VersR 1983, 663). Dabei stellte er darauf ab, dass der Schädiger dem Geschädigten entsprechend dem Gedanken der Naturalrestitution die wirtschaftlichen Einbußen auszugleichen habe, die dieser durch den schädigungsbedingten Ausfall von Versicherungsbeiträgen erleide. Insoweit ließ der Bundesgerichtshof zunächst grundsätzlich die Möglichkeit einer Rentenverkürzung in Form einer niedrigeren Rentenanwartschaft ausreichen, schränkte diese weite Auffassung jedoch in seinem Grundsatzurteil vom 18. Oktober 1977 (BGHZ 69, 347 = NJW 1978, 155 = VersR 1977, 1156) durch das Erfordernis der wirtschaftlichen Vernünftigkeit einer Weiterversicherung ein. Obgleich sich eine tatsächliche Rentenverkürzung erst in der Zukunft auswirkt, wurde sie vom Bundesgerichtshof bereits als gegenwärtiger Schaden aufgefasst, der durch freiwillige Beitragszahlungen auszugleichen ist. Auf diese Weise sollte der Versicherte in den Stand gesetzt werden, seine Versicherung, soweit zulässig, fortzuführen. Anspruchsinhaber blieb allein der Geschädigte, dem es aber freigestellt war, die vom Schädiger im Rahmen des Schadensersatzes geleisteten Beträge als freiwillige Beiträge auf sein Versicherungskonto einzuzahlen (BSG, Urteil vom 31. Januar 2002, B 13 RJ 23/0 = BSGE 89, 151 <156> m. w. N.).
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In Weiterentwicklung dieser Grundsätze verpflichtet § 119 SGB X den Schädiger, in Fällen eines Beitragsausfalles Schadensersatz in Form von Beitragszahlungen an den Rentenversicherungsträger zu leisten. Hierbei steht das Ziel im Vordergrund, die soziale Sicherung des Versicherten nach Eintritt des Schadensfalles zu verbessern (vgl. BGH VersR 1986, 592 , 593; Nehls in Hauck/Noftz, SGB Gesamtkommentar, a. a. O., SGB X, § 119 Rn. 1). Dementsprechend entsteht der Ersatzanspruch bereits dann, wenn die Möglichkeit einer Rentenverkürzung durch Beeinträchtigung der von der tatsächlichen Beitragsleistung abhängigen Berechnung der Entgeltpunkte des Versicherten besteht (vgl. BGHZ 97, 330 = VersR 1986, 592 ). Der Geschädigte muss, was seine sozialversicherungsrechtliche Stellung angeht, so gestellt werden, wie er ohne die Schädigung stünde (vgl. dazu BGH VersR 1954, 277 f.; vgl. auch Kater, in Kasseler Kommentar, Loseblatt 2003, § 119 SGB X Rn. 15). Ist der Schaden durch Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung ausgleichbar, soll sichergestellt werden, dass der Sozialversicherte später Sozialleistungen erhält, deren Berechnung auch die Zeit nach der Verletzung umfasst (vgl. BR-Drucks 526/80 S 29 mit Bezug auf BGH NJW 1978, 155 f). Dementsprechend soll § 119 SGB X im Wege des gesetzlichen Forderungsüberganges gewährleisten, dass die vom Schädiger zu zahlenden Beiträge dem Sozialversicherungsträger zweckgebunden zugeführt werden (vgl. Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 3). Ohne diese Regelung könnte der Geschädigte über die entsprechenden Beträge verfügen, ohne sie zum Ausgleich seines Beitragsschadens zu verwenden (vgl. BGH VersR 1969, 907; KG VersR 1975, 862 ). Nicht zuletzt aus fürsorgerischen Gründen überträgt deshalb § 119 Abs. 1 SGB X die Aktivlegitimation für den Anspruch auf Ersatz des dem Versicherten entstandenen Beitragsschadens treuhänderisch auf den Sozialversicherungsträger, der die Beitragsforderung (in fremdem Interesse) einziehen und entsprechend als Pflichtbeiträge verbuchen muss (vgl. BGH VersR 1986, 592; Nehls, in Hauck/Noftz, Gesamtkommentar, SGB, Loseblatt, 2003, § 119 SGB X, Rn. 1). Dagegen ist es nicht Sinn und Zweck der Regelung, für eine finanzielle Entlastung der Rentenversicherungsträger zu sorgen (BSG, Urteil vom 31. Januar 2002, B 13 RJ 23/0 = BSGE 89, 151 <156> m. w. N.).
93 
a) Dem mit dem Forderungsübergang nach § 119 SGB X bezweckten Schutz des Versicherten vor schädigungsbedingten Renteneinbußen und damit der Geltendmachung eines Beitragsregresses der Beklagten gegenüber der Beigeladenen steht deshalb nicht bereits entgegen, dass die Klägerin von der Beklagten auf der Grundlage der §§ 43, 44 SGB VI a. F. seit dem 29. Dezember 1990 eine Erwerbsunfähigkeitsrente auf Dauer bezieht. Denn der durch die Schädigung infolge des am 30. November 1988 erlittenen Unfalls eingetretene Beitragsschaden der Klägerin wird durch die Gewährung der Rente nicht ausgeglichen, wie jedenfalls mittlerweile § 62 SGB VI zeigt. Danach wird ein Anspruch auf Schadensersatz wegen verminderter Erwerbsfähigkeit durch die Berücksichtigung rentenrechtlicher Zeiten nicht ausgeschlossen oder gemindert. § 62 SGB VI verankert damit einen allgemeinen Grundsatz des Schadensersatzrechts im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung. Dieser Grundsatz besagt, dass ein Schädiger durch Leistungen, die ein Dritter - hier: der Rentenversicherungsträger - dem Geschädigten aufgrund des Schadensereignisses zu erbringen hat, nicht entlastet werden darf (Prinzip der versagten Vorteilsanrechnung, vgl. näher: Niesel, in Kasseler Kommentar, SGB VI, Loseblatt, § 62 Rn. 2 m. w. N.; Löns, in Kreikebohm, SGB VI, Kommentar, 2003, § 62 Rn. 2). Daran ändert sich auch nichts, wenn man zusätzlich berücksichtigt, dass die Klägerin neben der Erwerbsunfähigkeitsrente seit dem 29. Dezember 1990 eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bezieht. § 119 Abs. 1 SGB X schützt nämlich nicht einen Erwerbs- oder Haushaltsführungsschaden, sondern die fiktiven Pflichtbeiträge, die, den Schadensfall hinweggedacht, dem Versichertenkonto des geschädigten gesetzlich Rentenversicherten bis zum Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze zugeflossen wären (BGHZ 129, 366; Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 39).
94 
b) Der Geltendmachung des Beitragsregresses durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen steht - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch die von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossene Vergleichs- und Abfindungsvereinbarung nicht entgegen. Die Klägerin hat sich in der damals vorbehaltlos geschlossenen Vereinbarung zwar schriftlich als „ein für alle mal abgefunden wegen aller Schadensersatzansprüche gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer, die versicherten Personen und Dritte, soweit diesen im Fall ihrer Inanspruchnahme ein Ausgleichsanspruch gegen die zuständigen Haftpflichtversicherer oder die Versicherten zusteht“ erklärt. Diese Erklärung hat aber von vornherein nur Rechtspositionen umfassen können, die die Klägerin im eigenen Namen und aus eigenem Recht hat geltend machen können. Eben daran fehlt es bei der Geltendmachung eines Beitragsschadens nach § 119 Abs. 1 SGB X. Der durch § 119 Abs. 1 SGB X geschützte Anspruch soll zwar dem Versicherten - hier der Klägerin - zugute kommen; die Beklagte als Treuhänderin ist aber - wie oben näher ausgeführt - allein verfügungsbefugt hinsichtlich dieses Anspruchs. An den Verhandlungen und beim Abschluss des Vergleichs vom 24. Oktober 1997 ist die Beklagte - wie auch bereits vom Sozialgericht zutreffend erkannt - aber gar nicht beteiligt gewesen. Dem entsprechend können mögliche Ansprüche nach § 119 SGB X schon sachlogisch nicht Gegenstand der von der Klägerin ohne die Beklagte mit der Beigeladenen geführten Verhandlungen gewesen sein.
95 
Dieses Auslegungsergebnis vermag auch die vom damaligen Verhandlungsführer der Beigeladenen, dem Zeugen K., unter dem 11. Dezember 1997 verfasste „Aktennote“ nicht zu erschüttern. Darin ist zwar festgehalten, mit der Klägerin sei darüber Einigkeit erzielt worden, dass sie ohne den Unfall nach der Geburt ihrer Kinder nicht mehr berufstätig geworden wäre und insoweit der Haushaltsführungsschaden durch die Rentenzahlungen abgedeckt sei. Zum einen ist schon zweifelhaft, ob am 24. Oktober 1997 Einigkeit über die rein außerberufliche Zukunft der Klägerin erzielt worden ist. Dagegen spricht nicht nur die Aussage der Zeugin B., sondern insbesondere auch die Aussage des Zeugen K. vor dem Sozialgericht am 6. Mai 2004. Vor dem Sozialgericht hat der Zeuge K. nämlich - seiner Niederschrift in der „Aktennote vom 11. Dezember 1997“ widersprechend - erklärt, die Klägerin habe gesagt, auch nach Geburt der Kinder weiterarbeiten zu wollen. Der Zeuge K. hat dieser Erklärung nur keine rechtliche Bedeutung beigemessen, weil er - insoweit fehlerhaft - davon ausgegangen ist, aufgrund der vorbehaltlos von der Klägerin unterschriebenen Vergleichs- und Abfindungserklärungen seien auch künftige Ansprüche Dritter jedweder Art gegen die Beigeladene von vornherein ausgeschlossen.
96 
Zum anderen misst der Senat in diesem Zusammenhang den handschriftlichen Notizen des damaligen Bevollmächtigten der Klägerin, des Zeugen Dr. K. vom 24. Oktober 1997 letztlich ausschlaggebenden Beweiswert zu. Danach sind von dem Abfindungsvergleich vom 24. Oktober 1997 öffentlich-rechtlich begründete Drittschäden der gesetzlichen Renten-, Unfall- und Krankenversicherungsträger ausgenommen gewesen. Dies erklärt auch den Umstand, dass die Klägerin diese „Schadenspositionen“ auf ihrer, der Abfindungsvergleichserklärung vom 24. Oktober 1997 beiliegenden „Auflistung“ der Schäden nicht aufgeführt hat. Diese zentrale Aussage hat der Zeuge Dr. K. anlässlich seiner Vernehmung durch den Senat während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren glaubhaft bestätigt.
97 
c) Der Geltendmachung des Beitragsschadens durch die Beklagte gegenüber der Beigeladenen steht aber die von der Beklagten mit der Beigeladenen am 7. August 1998 getroffene Vereinbarung entgegen. Über den Inhalt dieser Vereinbarung existiert - entsprechend der von der Zeugin B. dem Senat anlässlich ihrer Vernehmung während der mündlichen Verhandlung glaubhaft geschilderten Verwaltungspraxis der Beklagten in Fällen, in denen die Vergleichssummen bei unter 150.000 DM (jetzt 125.000 Euro) liegen - zwar nur der von der Zeugin B. gefertigte handschriftliche Vermerk in der Beklagtenakte vom 12. August 1998, nach dem die Beigeladene zur Abfindung des aus dem Komplex „116/119“ herrührenden Gesamtrisikos 100.000,- DM an die Beklagte zu leisten hat. In diesem Vermerk findet sich der Hinweis, dass der Klägerin „§ 119’er Beiträge“ bis zur Geburt des zweiten Kindes am 8. Mai 1994 gutgeschrieben werden. Die inhaltliche Richtigkeit dieses Vermerks ist zudem von der Beigeladenen gegenüber dem Senat durch Schriftsatz vom 23. Mai 2006 bestätigt worden.
98 
Gegenstand der zwischen der Beklagten und der Beigeladenen auf der Grundlage des § 779 BGB am 7. August 1998 geschlossenen und am 12. August 1998 dokumentierten, zivilrechtlichen Vergleichsvereinbarung ist in der Sache eine einzelfallbezogene Abfindung gewesen, der öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegen stehen. Denn nach § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X ist die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag sozialversicherungsrechtlich im Einzelfall zulässig. Zur Begründung dieser - allerdings erst - zum 1. Januar 2001 in das Gesetz aufgenommenen Regelung hat der Gesetzgeber (BT-Drucksache 14/4375 vom 24. Oktober 2000) ausgeführt:
99 
„Da es sich in diesen Fällen in der Regel um kleine Ausgleichsbeträge handelt, sollen die Träger die Möglichkeit zur Pauschalierung, wegen ihrer treuhänderischen Tätigkeit für einzelne Versicherte aber nicht zum Abschluss von Teilungsabkommen, erhalten, um den Verwaltungsaufwand ökonomisch zu gestalten (§ 119 Abs. 4 Satz 1 SGB X).“
100 
Deshalb - und weil es danach folgerichtig in § 119 SGB X an einer § 116 Abs. 9 SGB X entsprechenden, die Pauschalierung von Ersatzansprüchen im Wege von Teilungsabkommen erlaubenden Sonderregelung fehlt - werden Teilungsabkommen zwischen Rentenversicherungsträgern und privaten Haftpflichtversicherern nach § 119 SGB X in der wissenschaftlichen Literatur (Nehls, in Hauck/Noftz, a. a. O., § 119 SGB X Rn. 23; Kater, in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 119 Rn. 64; Bieresborn, in von Wulffen, a. a. O., § 119 Rn. 15; A.A. allerdings noch Plagemann, DRV 1993, 821 f. und Küppersbusch, VersR 1983, 193 <212> zum früheren Recht) für generell unzulässig gehalten. Dieser Auffassung folgt der Senat, weil der Rentenversicherungsträger nicht ganz oder teilweise auf Ansprüche des geschädigten Versicherten verzichten kann, ohne dessen Sicherungsinteressen zu verletzen. Es ist mit dem Normzweck des § 119 SGB X nicht vereinbar, die kraft cessio legis auf die Beklagte als Rentenversicherungsträger übergegangenen Ansprüche gegen die Beigeladene nicht voll einzubeziehen und der unfallgeschädigten Klägerin im Wege eines Teilungsabkommens nur einen Teil der geschuldeten Beiträge gutzuschreiben (ebenso: Schneider, in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., § 76 Rn. 11).
101 
Vorliegend hat die Beklagte mit der Beigeladenen am 7. August 1998 aber keine Pauschalvereinbarung über Ersatzansprüche getroffen, sondern einzelfallbezogen zivilrechtliche Schadenspositionen nach § 116 SGB X in Höhe von 66.374,05 DM und nach § 119 Abs. 1 SGB X in Höhe von 33.652,92 DM ermittelt und dem auf dieser Basis geschlossenen Abfindungsvergleich zugrunde gelegt. Dabei wurden nach der mit ihrem handschriftlichen Vermerk vom 12. August 1996 übereinstimmenden und nachvollziehbaren Darstellung der Zeugin B. zur Feststellung des Beitragsschadens die dem Abfindungsvergleich zwischen der seinerzeit rechtlich beratenen Klägerin und der Beigeladenen vom 24. Oktober 1997 zugrunde gelegten Schadenspositionen herangezogen, wonach die Rentenzahlungen ab Dezember 1990 für die ersten drei Jahre den Verdienstschaden und im Anschluss daran - mangels Geltendmachung eines durch die Geburt der Kinder sogar erhöhten Haushaltsführungsschadens - den Haushaltsführungsschaden kompensierten, sodass daraus der Schluss gezogen wurde, dass die Klägerin im Anschluss an die Geburt der Kinder nicht oder nur noch in geringem Umfang in Heimarbeit erwerbstätig werden wollte, wobei Letzterem durch eine Erhöhung der Abfindungssumme um 50.000.- DM Rechnung getragen wurde. Nach alledem ist es schließlich auch unschädlich, dass es zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses am 7. August 1998 die Vorschrift des § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X in der heutigen Fassung noch nicht gegeben hat. Die Zeugin B., die für die Beklagte den Vergleich mit der Beigeladenen am 7. August 1998 abgeschlossen hat, hat dem Senat dazu anschaulich und nachvollziehbar erläutert, dass „die Wirklichkeit der gesetzlichen Regelung voraus“ gewesen ist. Diese Praxis hat der Gesetzgeber mit der in § 120 Abs. 1 S. 2 SGB X normierten Übergangsregelung bestätigt, die - wie bereits unter 1. näher ausgeführt - anordnet, dass § 119 Abs. 4 SGB X in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung auch auf Sachverhalte wie den Vorliegenden anzuwenden ist, die bereits vor diesem Zeitpunkt bestanden haben, über die aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend entschieden worden ist.
102 
Auch die Tatsachen, dass die vergleichsweise Einigung zwischen der Beklagten und der Beigeladenen vom 7. August 1998 nur durch den handschriftlichen Vermerk der mit dem Fall auf Seiten der Beklagten befassten Zeugin B. vom 12. August 1998 dokumentiert und die Klägerin über das Ergebnis dieses Vergleichs erst auf Nachfrage unter dem 18. Januar 2001 von der Beklagten unterrichtet worden ist, machen den Vergleich nicht unwirksam. Nach § 779 BGB bedarf der Abschluss eines Vergleichs grundsätzlich keiner besonderen Form. Auch § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X schreibt für den Abschluss der im Einzelfall zulässigen Abfindungsvereinbarungen kein besonderes Formerfordernis - etwa Schriftform (vgl. z.B. § 56 SGB X) - vor. Ob eine Rechtspflicht der Beklagten zur Unterrichtung der Klägerin vor Abschluss des Vergleichs und/oder zumindest zeitnah nachträglich über den Abschluss des Abfindungsvergleichs bestanden hat, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Die Annahme einer solchen Pflicht könnte vor dem Hintergrund des beschriebenen und durch § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X begründeten Treuhand- und Fürsorgeverhältnisses zwar naheliegend sein. Die Verletzung einer Unterrichtungspflicht könnte aber allenfalls Schadensersatzansprüche im Binnenverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten auslösen. Die Wirksamkeit der zwischen den zum Abfindungsvergleich nach § 119 Abs. 4 S. 1 SGB X im Außenverhältnis allein ermächtigten Beteiligten - beklagter Rentenversicherungsträger und beigeladener Haftpflichtversicherung des Schädigers - getroffenen Vereinbarung wird dadurch nicht berührt.
103 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat sich bei der Auferlegung der Kosten auf die Beklagte ausnahmsweise nicht am für die Beklagte letztlich erfolgreichen Prozessergebnis orientiert. Maßgebend für den Senat ist vielmehr gewesen, dass die Beklagte die Klägerin mit den Ausführungen im angefochtenen Bescheid vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2001 in die falsche Richtung gelenkt und damit maßgeblich zum späteren Prozessverhalten der Klägerin beigetragen hat. Denn die zentrale Begründung der Beklagten für die Ablehnung des von der Klägerin begehrten Vorgehens nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X, ein Beitragsschaden sei aufgrund des von der Klägerin mit der Beigeladenen am 24. Oktober 1997 geschlossenen Vergleichs nicht zu beweisen, hat sich - für sich allein genommen - als nicht tragfähig erwiesen. Tatsächlich hat vorrangig der von der Beklagten geschlossene Abfindungsvergleich mit der Beigeladenen vom 7. August 1998 einem Erfolg des klägerischen Begehrens entgegen gestanden.
104 
Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

(1) Soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, geht dieser auf den Versicherungsträger über, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird; dies gilt nicht, soweit

1.
der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt oder sonstige der Beitragspflicht unterliegende Leistungen erbringt oder
2.
der Anspruch auf Ersatz von Beiträgen nach § 116 übergegangen ist.
Für den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung gilt § 116 Abs. 3 Satz 1 und 2 entsprechend, soweit die Beiträge auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem bei unbegrenzter Haftung zu ersetzenden Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und der bei Bezug von Sozialleistungen beitragspflichtigen Einnahme entfallen.

(2) Der Versicherungsträger, auf den ein Teil des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 116 übergeht, übermittelt den von ihm festgestellten Sachverhalt dem Träger der Rentenversicherung auf einem einheitlichen Meldevordruck. Das Nähere über den Inhalt des Meldevordrucks und das Mitteilungsverfahren bestimmen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger.

(3) Die eingegangenen Beiträge oder Beitragsanteile gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge. Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Versicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte.

(4) Die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag ist im Einzelfall zulässig. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gelten für die Mitwirkungspflichten des Geschädigten die §§ 60, 61, 65 Abs. 1 und 3 sowie § 65a des Ersten Buches entsprechend.

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Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 01.04.2011 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung höherer Entgelte als Grundlage der von der Beklagten an die Klägerin gezahlten Rente nach dem Sozialgesetzbuch - gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).

2

Die im Jahr 1971 geborene Klägerin hat im Jahr 1991 ein Fachabitur zur gestaltungstechnischen Assistentin abgelegt und anschließend eine versicherte Beschäftigung in einem Küchenstudio aufgenommen. Am 26.08.1992 erlitt sie einen Motorradunfall, bei dem sie verschiedene Verletzungen davontrug, u.a. beidseitige handgelenksnahe Handgelenksfrakturen. Aus einer vom 15.06. bis 05.10.1993 durchgeführten stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Kurklinik B... O... wurde die Klägerin als vollschichtig leistungsfähig entlassen; allerdings sei wegen der Sekundärfolgen des Motorradunfalls eine Arbeitsfähigkeit als technische Zeichnerin nicht mehr gegeben, weshalb eine berufliche Rehabilitationsmaßnahme empfohlen werde. Sodann gewährte die Beklagte der Klägerin ab 06.10.1993 Rente wegen voller Erwerbsminderung, zunächst auf Zeit bis 30.06.1997 (Bescheide vom 26.04.1995, 26.04.1995, 09.09.1996, 23.10.1996, 23.12.1996).

3

Im Rahmen einer von der D...-W... veranlassten Begutachtung der Klägerin kam Prof. Dr. H..., Direktor der B -U... D...-D... im Februar 1997 zu dem Ergebnis, aufgrund des Unfalls sei die Gebrauchsfähigkeit des rechten Armes um 2/7 eingeschränkt; die MdE sei bis auf weiteres mit 10 vH einzuschätzen.

4

Von April 1997 bis März 1998 besuchte die Klägerin im Rahmen einer beruflichen Rehabilitation zu Lasten der Beklagten die Möbelfachschule in Köln, wo sie zur Einrichtungsfachplanerin ausgebildet wurde, war erneut krank und arbeitete von 1998 bis 2001 als Planerin in einem Küchenstudio in K.... Ab 11.06.2001 war die Klägerin wiederum arbeitsunfähig erkrankt und bezog dann erneut Rente wegen Erwerbsminderung, zunächst auf Zeit und dann mit Bescheid vom 09.11.2007 auf Dauer.

5

Mit Vergleich vom 25.07./10.08.2005 haben die Klägerin und der Unfallverursacher sowie dessen Haftpflichtversicherung im Rahmen eines Rechtsstreits vor dem Landgericht Koblenz vereinbart:

6

Zur Abgeltung aller Ansprüche aus dem Verkehrsunfall vom 25.08.1992, seien sie bekannt oder nicht, eingeklagt oder nicht, vorhersehbar oder nicht, zahlt die Beklagte zu 2.) an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 200.000 Euro, ohne Anrechnung der bislang gezahlten Vorschüsse oder sonstiger Zahlungen.

7

Auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte gesetzlich übergegangene oder übergehende Ansprüche werden von dieser Einigung nicht erfasst.

8

Die Parteien sind sich darüber einig, dass von dem vergleichsweise noch zu zahlenden Betrag in Höhe von 200.000 Euro ein Betrag von 15.000 Euro zum Ersatz von unfallbedingten entstandenen Arztkosten, Fahrtkosten, Medikamente, sowie insbesondere auf das der Klägerin zustehende Schmerzensgeld entfällt. Weitere 50.000 Euro werden pauschal zur Abgeltung des unfallbedingt entstandenen und künftig entstehenden Verdienstausfallschadens geleistet. Hierbei gehen die Parteien davon aus, dass die Klägerin ohne den gegenständlichen Verkehrsunfall ein Nettogehalt in Höhe von 3.500 DM erzielt hätte, wobei hinsichtlich der Berechnung der Abfindung des Verdienstausfallschadens die derzeit als Rente erzielten Einnahmen sowie möglicherweise zukünftig erzielte Einnahmen berücksichtigt wurden. …“

9

Im Regressverfahren gegen die D...-W... bestritt diese gegenüber der Beklagten, dass die psychischen Leiden der Klägerin unfallbedingt entstanden seien und die Klägern unfallbedingt ihren Beruf habe aufgeben müssen. Nach einem von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten des Orthopäden und Sozialmediziners Prof. Dr. T... liege neben körperlichen Unfallfolgen an den Handgelenken eine psychische Erkrankung vor, die mit Essstörungen und Depressionen einhergehe und offensichtlich schon vor dem Unfallereignis bestanden habe. Die vielfachen Operationen im Bereich der Handgelenke ließen sich nur zum geringen Teil durch den orthopädisch-unfallchirurgischen Befund erklären. Das Leidensbild erkläre sich durch das Zusammenspiel einer unfallunabhängigen psychischen Erkrankung und einem relativ geringfügigen Trauma.

10

Demgegenüber ging die Beklagte davon aus, dass erst nach dem Unfall eine Behandlungsbedürftigkeit der psychischen Störungen eingetreten sei, was auch zur Reha im Jahr 1993 geführt habe. Ein Abfindungsangebot in Höhe von 150.000 Euro für den Beitragsschaden bis Dezember 2009 nahm die Beklagte im Mai 2007 nicht an, nachdem die Klägerin höhere Zahlungen für eine längere Laufzeit gefordert hatte.

11

Am 06.02.2008 kam es zu einer Verhandlung zwischen der Beklagten und der D...-W..., in der die Haftpflichtversicherung aufgrund des Gutachtens des Prof. Dr. T... die Kausalität des Unfalls für die gewährte Erwerbsminderungsrente bestritt. Auch über das fiktive monatliche Bruttoeinkommen der Klägerin war eine Einigung nicht möglich. Schließlich erfolgte eine Einigung auf der Basis, dass die D...-W... die Regressansprüche der Beklagten gegen eine pauschale Abfindungssumme von 177.500 Euro endgültig abfand. Nach den Berechnungen der Beklagten war damit der Beitragsregress bis zur Vollendung des 67. Lebensjahrs der Klägerin abgedeckt.

12

Mit Bescheiden vom 06.05. und 13.05.2008 berechnete die Beklagte die der Klägerin gewährte Rente neu aufgrund der Regresszahlung der Haftpflichtversicherung. Den Widerspruch der Klägerin, mit dem diese beanstandete, dass die seit 1998 berücksichtigten Beiträge nicht dynamisiert worden seien, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2009 zurück. Aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Lage sei seit Ende der 1990er Jahre kein kontinuierliches Wachstum mehr gegeben, weshalb viele Berufsgruppen, auch diejenigen der technischen Zeichner oder Einrichtungsberater Lohneinbußen hätten hinnehmen müssen. Angesichts der angespannten konjunkturellen Situation auf dem Arbeitsmarkt und im Handel könne nicht ausgeschlossen werden, dass auch die Klägerin mit Arbeitslosigkeit und einem sinkenden Arbeitseinkommen konfrontiert worden wäre. Daher seien die gespeicherten Entgelte als günstig zu bezeichnen, was gerade für das gespeicherte Bruttoentgelt von 6.000 DM bzw. 3.067,75 EUR/monatlich als fiktives Gehalt einer Einrichtungsberaterin gelte. Die Gefahr von Arbeitslosigkeit und sinkendem Einkommen sei zu ihren Gunsten gerade nicht berücksichtigt. Ausgegangen worden sei von den -nicht dynamisierten- 3.500 EUR, die sie im zivilrechtlichen Vergleich vereinbart habe und die dem letzten Bruttoeinkommen entsprochen hätten.

13

Im vor dem Sozialgericht Koblenz durchgeführten Klageverfahren hat das Sozialgericht Beweis erhoben durch Einholen einer Auskunft des Einzelhandelsverbands Mittelrhein. Dieser hat den Einzelhandelstarifvertrag vorgelegt und mitgeteilt, welches Gehalt die Klägerin danach bezogen hätte. Allerdings sei die Mehrzahl der Betrieb im Möbeleinzelhandel nicht tarifgebunden; zudem würden dort üblicherweise Provisionen bei einem niedrigeren Fixgehalt vereinbart.

14

Mit Urteil vom 01.04.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Berücksichtigung höherer Entgelte bei der Berechnung der Rente zu. Die Beklagte habe die nach § 119 SGB X regressierten Beiträge in zutreffender Höhe zugrunde gelegt. Eine Berücksichtigung höherer Beträge durch eine Dynamisierung der zugrunde gelegten Entgelte ab 1998 scheitere daran, dass nur Pflichtbeiträge berücksichtigungsfähig seien, die tatsächlich zugeflossen seien. Zugeflossen seien aber nur die aufgrund der vergleichsweisen Regelung durch die Haftpflichtversicherung abgeführten Beiträge. Der von der Beklagten mit der Haftpflichtversicherung geschlossene Vergleich sei wirksam. Die Beklagte habe dem Vergleich ein zutreffendes Bruttoeinkommen der Klägerin zugrunde gelegt. Es sei nicht zu beanstanden, dass dieses nicht dynamisiert worden sei. Aufgrund der aktenkundigen Auskünfte sei es völlig ungewiss und von vielfältigen Faktoren abhängig, wie sich das Bruttoeinkommen der Klägerin entwickelt hätte und ob sie und in welchem Umfang Provisionen erhalten hätte. Daher stehe der Beklagten im Rahmen des § 119 SGB X ein Gestaltungsspielraum zu, den die Beklagte auch nicht willkürlich und bewusst nachteilig zu Lasten der Klägerin ausgeübt habe.

15

Am 23.05.2011 hat die Klägerin gegen das ihr am 29.04.2011 zugestellte Urteil Berufung eingelegt.

16

Die Klägerin trägt vor,

17

§ 119 SGB X übertrage den Anspruch des Geschädigten auf Ersatz des Beitragsschadens treuhänderisch auf den Versicherungsträger. Diesen treuhänderischen Pflichten sei die Beklagte nicht nachgekommen. Denn § 119 SGB X ermächtige die Beklagte nicht, einen Vergleichsvertrag zu Lasten der Klägerin zu schließen. An den gerichtlichen Vergleich zwischen ihr und der Haftpflichtversicherung sei die Beklagte nicht gebunden, auch nicht an das dort angenommene Bruttogehalt.

18

Die Klägerin beantragt,

19

das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 01.04.2011 aufzuheben, die Bescheide der Beklagten vom 06.05. und 13.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.01.2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, im Versicherungsverlauf für den Zeitraum ab 1992 höhere Pflichtbeiträge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zugrunde zu legen,

20

hilfsweise,

21

zur Frage der fiktiven Gehaltsentwicklung ein Sachverständigengutachten einzuholen.

22

Die Beklagte beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Die Beklagte trägt vor,

25

es gebe keine gesetzliche Vorschrift, wonach für den Beitragsregress heranzuziehende Bruttoentgelte zu dynamisieren seien. Nach der Verdienstbescheinigung des K... S... vom 25.01.2001 betrage das durchschnittliche Gehalt eines Küchenfachplaners mit 6 Jahren Berufserfahrung einschließlich Provisionen 6.000 DM (brutto). Daraus ergäben sich keine Hinweise für eine Dynamisierung. Unter Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sei davon auszugehen, dass bei der Klägerin ohne den Unfall ein erhebliches Arbeitsmarktrisiko bestanden habe wegen möglicher Arbeitslosigkeit oder beim Umsatzrückgängen wegbrechender Provisionen. Es sei daher auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin selbst zivilrechtlich keine Dynamisierung des Verdienstausfalles habe durchsetzen können. Der von ihr abgeschlossene Vergleich sei wirksam und stelle keinen Vertrag zu Lasten der Klägerin dar.

26

Im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen und die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

27

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

28

Im vorliegenden Fall hat das Sozialgericht zu Recht den Rechtsweg zu den Sozialgerichten als eröffnet angesehen. Denn dem Rentenversicherungsträger wird kraft öffentlichen Rechts in § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch des sozialversicherten Geschädigten gegen den Schädiger übertragen. Dem entsprechend erlangt der geschädigte Sozialversicherte, hier die Klägerin, wegen des Beitragsersatzanspruchs keine eigene zivilrechtliche Rechtsposition gegenüber dem Schädiger, mit der Folge, dass er durch § 119 SGB X allein auf Ansprüche gegen den Rentenversicherungsträger verwiesen wird. Meint der Geschädigte, wie hier die Klägerin, der Sozialversicherungsträger habe den Beitragsregress nicht oder nicht ordnungsgemäß (z.B. umfassend) durchgeführt, verbleibt ihm nach § 51 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Sozialrechtsweg gegenüber diesem Träger (ebenso: BGH, Urteil vom 2. Dezember 2003, VersR 2004, 492 ff; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 20.03.2007, Aktenzeichen: L 9 R 917/05 -juris-). Dies gilt umso mehr, wenn -wie hier- ein Rentenbescheid in seiner Höhe angefochten ist.

29

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neuberechnung der ihr gezahlten Rente oder auf "Wiederaufnahme" des durchgeführten Beitragsregressverfahrens durch die Beklagte.

30

Gemäß § 64 SGB VI ist der Monatsbetrag der Rente das Produkt aus den unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkten (EP), dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert. Die genannten Faktoren sind mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander zu vervielfältigen. Die persönlichen EP für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente errechnen sich aus der Summe aller EP. Die danach in den angefochtenen Bescheiden von der Beklagten durchgeführte Berechnung ist nicht zu beanstanden; konkrete Einwände hat die Klägerin nicht erhoben.

31

Die von der Klägerin geltend gemachte Berücksichtigung höherer Pflichtbeitragszeiten als derjenigen, die bereits im Wege des Beitragsregressverfahrens gegen die D-W geleistet und in den Versicherungsverlauf eingestellt wurden, kann die Klägerin nicht beanspruchen. Der Anspruch scheitert aus Rechtsgründen schon daran, dass nur solche Pflichtbeitragszeiten im Versicherungsverlauf und damit in der Rentenberechnung berücksichtigungsfähig sind, die tatsächlich zugeflossen sind. Ausweislich des Versicherungsverlaufs und des aus der Akte ersichtlichen Schriftverkehrs hat die gegnerische Haftpflichtversicherung jedoch die mit der Beklagten getroffene vergleichsweise Regelung zur Beitragsabführung erfüllt, so dass die entsprechenden Pflichtbeiträge im Versicherungsverlauf gespeichert und der Rentenberechnung zugrunde gelegt worden sind. Höhere Beiträge sind nicht verzeichnet und können daher nach § 119 Abs. 3 Satz 1 SGB X der Rentenberechnung nicht zugrunde gelegt werden, so dass auch keine Dynamisierung dieser Beiträge möglich ist.

32

§ 119 Abs. 1 SGB X regelt, dass, soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten - hier: die materiell-rechtlichen Ansprüche der Klägerin gegen die Haftpflichtversicherung nach §§ 842, 843 BGB - den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, dieser auf den Versicherungsträger - hier: die Beklagte - übergeht, wenn der Geschädigte - hier: die Klägerin - im Zeitpunkt des Schadensereignisses - hier: unverschuldet erlittener Unfall am 26.08.1992 - bereits Pflichtbeitragszeiten - hier: von 1988 bis 1992 als versicherungspflichtig beschäftigte technische Zeichnerin - nachweist. Die eingegangenen Beiträge gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge (§ 119 Abs. 3 S. 1 SGB X).

33

§ 119 SGB X verpflichtet den...Schädiger, in Fällen eines Beitragsausfalles Schadensersatz in Form von...Beitragszahlungen an den Rentenversicherungsträger zu leisten. Hierbei steht...das Ziel im Vordergrund, die soziale Sicherung des Versicherten nach Eintritt...des Schadensfalles zu verbessern. Dementsprechend entsteht der...Ersatzanspruch bereits dann, wenn die Möglichkeit einer Rentenverkürzung...durch Beeinträchtigung der von der tatsächlichen Beitragsleistung abhängigen...Berechnung der EP des Versicherten besteht (vgl. BGHZ 97, 330). Der Geschädigte muss, was seine sozialversicherungsrechtliche Stellung...angeht, so gestellt werden, wie er ohne die Schädigung stünde. Ist der Schaden durch Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung ausgleichbar,...soll sichergestellt werden, dass der Sozialversicherte später...Sozialleistungen erhält, deren Berechnung auch die Zeit nach der Verletzung...umfasst. Dementsprechend soll § 119 SGB X im Wege des gesetzlichen...Forderungsüberganges gewährleisten, dass die vom Schädiger zu zahlenden...Beiträge dem Sozialversicherungsträger zweckgebunden zugeführt werden (vgl. BSG, SozR 3-1300 § 44 Nr. 34).

34

Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf eine "Wiederaufnahme" des Beitragsregressverfahrens durch die Beklagte mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer zu. Ein solcher Anspruch scheitert an dem Abschluss des zwischen der Beklagten und dem Haftpflichtversicherer geschlossenen Vergleichs, der weitere Ansprüche zwischen der Beklagten und dem Haftpflichtversicherer ausschließt (vgl. auch LSG Celle-Bremen, Urteil vom 28.09.2007 - L 1 R 142/07 -juris-, mit Anm. Jahnke, juris PR-VerkR 12/2008 Anm. 6). Dieser Vergleich ist wirksam, wie das Sozialgericht eingehend dargelegt hat.

35

Der zwischen der Beklagten und der Haftpflichtversicherung geschlossene Vergleich dient gemäß § 779 BGB der Beseitigung eines Streits und der Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens. Ungewissheit bestand unter den Parteien darüber, für welchen Zeitraum und in welcher Höhe Rentenversicherungsbeiträge als Schadensersatz zu leisten waren. Diese Ungewissheit bestand schon darin, dass die Bedenken des Haftpflichtversicherers hinsichtlich der Kausalität des Rentenschadens der Klägerin angesichts des vorgelegten Gutachtens des Prof. Dr. T... zumindest nicht abwegig waren, es also ungewiss war, wie ein zivilrechtlicher Rechtsstreit ausgehen würde. Ungewissheit bestand auch darüber, von welchem fiktiven Einkommen der Klägerin auszugehen wäre.

36

Unwirksam wäre der Vergleich nur dann, wenn der nach dem Inhalt des Vertrages als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entsprochen hätte und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden wäre (§ 779 Abs. 1, letzter Halbsatz BGB). Es ist nicht aber ersichtlich, dass die Vergleichsparteien von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sind. Dies gilt sowohl bzgl. der zeitlichen Geltungsdauer des durchzuführenden Regresses bis zum 67. Lebensjahr der Klägerin, als auch bzgl. der Höhe der zu leistenden Beitragszahlungen aufgrund des hypothetischen Einkommens. Als Einkommen hat die Beklagte den gleichen Betrag zugrunde gelegt, den auch die Klägerin mit dem Haftpflichtversicherer dem von ihr selbst abgeschlossenen Vergleich über den Verdienstausfall zugrund gelegt hat. Dies ist nicht zu beanstanden.

37

Auch ist nicht zu beanstanden, dass der Rentenschaden der Klägerin durch eine Einmalzahlung abgefunden wurde. Denn § 119 Abs. 4 Satz 1 SGB X lässt ausdrücklich -wie hier geschehen- eine Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag zu. Dass dieser Kapitalwert falsch berechnet wurde, ist nicht ersichtlich. Ausweislich der aktenkundigen Vermerke des Verhandlungsführers der Beklagten wurde der Vergleichssumme ein realistisches fiktives Arbeitseinkommen der Klägerin zugrunde gelegt. Zudem deckte die Vergleichssumme den Beitragsschaden der Klägerin bis zu deren 67. Lebensjahr ab. Daher hat die Beklagte mit der Haftpflichtversicherung am 06.02.2008 keine -unzulässige- Pauschalvereinbarung über Ersatzansprüche getroffen, sondern einzelfallbezogen zivilrechtliche Schadenspositionen nach § 116 SGB X und § 119 Abs. 1 SGB X ermittelt und dem auf dieser Basis geschlossenen Abfindungsvergleich zugrunde gelegt. Der Senat nimmt daher zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf das Urteil des Sozialgerichts (§ 153 Abs. 2 SGG).

38

§ 119 SGB X enthält keine Regelung darüber, welche Konsequenzen die Unterlassung eines vom Versicherten für geboten gehaltenen Beitragsregresses hat, falls also zu niedrige Beiträge regressiert wurden. Denkbar wäre, dass die Klägerin im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden könnte, als seien - vermeintliche - übergegangene Ansprüche auf Ersatz des Beitragsschadens erfolgreich von der Beklagten gegenüber der Haftpflichtversicherung geltend gemacht worden, oder dass im Falle einer unzureichenden Geltendmachung des Beitragsregresses ein Amtshaftungsanspruch bleibt.

39

Die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sieht der Senat allerdings nicht als gegeben. Der von der Rechtsprechung entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm auf Grund Gesetzes oder Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung, verletzt hat. Zweck des Beitragsregress ist die „treuhänderische“ Verfolgung des Direktanspruches des Geschädigten durch den gesetzlichen Rentenversicherungsträger, ohne dass der Geschädigte selbst zur Geltendmachung von auf diesen nach § 119 SGB X übergegangenen Ansprüchen vor den Zivilgerichten prozessführungsbefugt wäre (BGH, Urteil vom 02.12.2003, Az.: VI ZR 243/02 -juris). Insoweit hat die Beklagte gegenüber der Klägerin auch eine Rechtspflicht zu Schadensminderung gegenüber dem Haftpflichtversicherer. Weiter ist aber erforderlich, dass zwischen einer Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 16.12.2004, Az.: B 9 VJ 2/03 R).

40

Im vorliegenden Fall sieht der Senat, wie oben ausgeführt, aber bereits keinen Nachteil als nachgewiesen an, der der Klägerin durch den zwischen der Beklagten und dem Haftpflichtversicherer entstandenen Schaden entstanden ist. Die Beklagte hat aufgrund der von dem Haftpflichtversicherer geleisteten Zahlung bereits Beiträge in den Versicherungsverlauf eingestellt, die deutlich über dem vor dem Unfall erzielten Einkommen liegen. Im Hinblick auf die auch vom Sozialgericht eingeholten Auskünfte und die Ungewissheit des weiteren beruflichen Werdegangs der Klägerin kann der Senat nicht feststellen, dass diese Beiträge zu niedrig sind, dass also der Klägerin ein Beitragsschaden entstanden ist, auf den die Beklagte pflichtwidrig im Vergleich vom 06.02.2008 verzichtet hat.

41

Eines weiteren Gutachtens zur Einkommensentwicklung bedarf es daher nicht.

42

Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

43

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG.

44

Die Revision wird nicht zugelassen, da Revisionszulassungsgründe (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.

(1) Soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, geht dieser auf den Versicherungsträger über, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird; dies gilt nicht, soweit

1.
der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt oder sonstige der Beitragspflicht unterliegende Leistungen erbringt oder
2.
der Anspruch auf Ersatz von Beiträgen nach § 116 übergegangen ist.
Für den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung gilt § 116 Abs. 3 Satz 1 und 2 entsprechend, soweit die Beiträge auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem bei unbegrenzter Haftung zu ersetzenden Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und der bei Bezug von Sozialleistungen beitragspflichtigen Einnahme entfallen.

(2) Der Versicherungsträger, auf den ein Teil des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 116 übergeht, übermittelt den von ihm festgestellten Sachverhalt dem Träger der Rentenversicherung auf einem einheitlichen Meldevordruck. Das Nähere über den Inhalt des Meldevordrucks und das Mitteilungsverfahren bestimmen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger.

(3) Die eingegangenen Beiträge oder Beitragsanteile gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge. Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Versicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte.

(4) Die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag ist im Einzelfall zulässig. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gelten für die Mitwirkungspflichten des Geschädigten die §§ 60, 61, 65 Abs. 1 und 3 sowie § 65a des Ersten Buches entsprechend.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn der Gläubiger eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungs statt annimmt.

(2) Übernimmt der Schuldner zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers diesem gegenüber eine neue Verbindlichkeit, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass er die Verbindlichkeit an Erfüllungs statt übernimmt.

(1) Soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, geht dieser auf den Versicherungsträger über, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird; dies gilt nicht, soweit

1.
der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt oder sonstige der Beitragspflicht unterliegende Leistungen erbringt oder
2.
der Anspruch auf Ersatz von Beiträgen nach § 116 übergegangen ist.
Für den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung gilt § 116 Abs. 3 Satz 1 und 2 entsprechend, soweit die Beiträge auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem bei unbegrenzter Haftung zu ersetzenden Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und der bei Bezug von Sozialleistungen beitragspflichtigen Einnahme entfallen.

(2) Der Versicherungsträger, auf den ein Teil des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 116 übergeht, übermittelt den von ihm festgestellten Sachverhalt dem Träger der Rentenversicherung auf einem einheitlichen Meldevordruck. Das Nähere über den Inhalt des Meldevordrucks und das Mitteilungsverfahren bestimmen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger.

(3) Die eingegangenen Beiträge oder Beitragsanteile gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge. Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Versicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte.

(4) Die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag ist im Einzelfall zulässig. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gelten für die Mitwirkungspflichten des Geschädigten die §§ 60, 61, 65 Abs. 1 und 3 sowie § 65a des Ersten Buches entsprechend.

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Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 01.04.2011 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung höherer Entgelte als Grundlage der von der Beklagten an die Klägerin gezahlten Rente nach dem Sozialgesetzbuch - gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).

2

Die im Jahr 1971 geborene Klägerin hat im Jahr 1991 ein Fachabitur zur gestaltungstechnischen Assistentin abgelegt und anschließend eine versicherte Beschäftigung in einem Küchenstudio aufgenommen. Am 26.08.1992 erlitt sie einen Motorradunfall, bei dem sie verschiedene Verletzungen davontrug, u.a. beidseitige handgelenksnahe Handgelenksfrakturen. Aus einer vom 15.06. bis 05.10.1993 durchgeführten stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Kurklinik B... O... wurde die Klägerin als vollschichtig leistungsfähig entlassen; allerdings sei wegen der Sekundärfolgen des Motorradunfalls eine Arbeitsfähigkeit als technische Zeichnerin nicht mehr gegeben, weshalb eine berufliche Rehabilitationsmaßnahme empfohlen werde. Sodann gewährte die Beklagte der Klägerin ab 06.10.1993 Rente wegen voller Erwerbsminderung, zunächst auf Zeit bis 30.06.1997 (Bescheide vom 26.04.1995, 26.04.1995, 09.09.1996, 23.10.1996, 23.12.1996).

3

Im Rahmen einer von der D...-W... veranlassten Begutachtung der Klägerin kam Prof. Dr. H..., Direktor der B -U... D...-D... im Februar 1997 zu dem Ergebnis, aufgrund des Unfalls sei die Gebrauchsfähigkeit des rechten Armes um 2/7 eingeschränkt; die MdE sei bis auf weiteres mit 10 vH einzuschätzen.

4

Von April 1997 bis März 1998 besuchte die Klägerin im Rahmen einer beruflichen Rehabilitation zu Lasten der Beklagten die Möbelfachschule in Köln, wo sie zur Einrichtungsfachplanerin ausgebildet wurde, war erneut krank und arbeitete von 1998 bis 2001 als Planerin in einem Küchenstudio in K.... Ab 11.06.2001 war die Klägerin wiederum arbeitsunfähig erkrankt und bezog dann erneut Rente wegen Erwerbsminderung, zunächst auf Zeit und dann mit Bescheid vom 09.11.2007 auf Dauer.

5

Mit Vergleich vom 25.07./10.08.2005 haben die Klägerin und der Unfallverursacher sowie dessen Haftpflichtversicherung im Rahmen eines Rechtsstreits vor dem Landgericht Koblenz vereinbart:

6

Zur Abgeltung aller Ansprüche aus dem Verkehrsunfall vom 25.08.1992, seien sie bekannt oder nicht, eingeklagt oder nicht, vorhersehbar oder nicht, zahlt die Beklagte zu 2.) an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 200.000 Euro, ohne Anrechnung der bislang gezahlten Vorschüsse oder sonstiger Zahlungen.

7

Auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte gesetzlich übergegangene oder übergehende Ansprüche werden von dieser Einigung nicht erfasst.

8

Die Parteien sind sich darüber einig, dass von dem vergleichsweise noch zu zahlenden Betrag in Höhe von 200.000 Euro ein Betrag von 15.000 Euro zum Ersatz von unfallbedingten entstandenen Arztkosten, Fahrtkosten, Medikamente, sowie insbesondere auf das der Klägerin zustehende Schmerzensgeld entfällt. Weitere 50.000 Euro werden pauschal zur Abgeltung des unfallbedingt entstandenen und künftig entstehenden Verdienstausfallschadens geleistet. Hierbei gehen die Parteien davon aus, dass die Klägerin ohne den gegenständlichen Verkehrsunfall ein Nettogehalt in Höhe von 3.500 DM erzielt hätte, wobei hinsichtlich der Berechnung der Abfindung des Verdienstausfallschadens die derzeit als Rente erzielten Einnahmen sowie möglicherweise zukünftig erzielte Einnahmen berücksichtigt wurden. …“

9

Im Regressverfahren gegen die D...-W... bestritt diese gegenüber der Beklagten, dass die psychischen Leiden der Klägerin unfallbedingt entstanden seien und die Klägern unfallbedingt ihren Beruf habe aufgeben müssen. Nach einem von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten des Orthopäden und Sozialmediziners Prof. Dr. T... liege neben körperlichen Unfallfolgen an den Handgelenken eine psychische Erkrankung vor, die mit Essstörungen und Depressionen einhergehe und offensichtlich schon vor dem Unfallereignis bestanden habe. Die vielfachen Operationen im Bereich der Handgelenke ließen sich nur zum geringen Teil durch den orthopädisch-unfallchirurgischen Befund erklären. Das Leidensbild erkläre sich durch das Zusammenspiel einer unfallunabhängigen psychischen Erkrankung und einem relativ geringfügigen Trauma.

10

Demgegenüber ging die Beklagte davon aus, dass erst nach dem Unfall eine Behandlungsbedürftigkeit der psychischen Störungen eingetreten sei, was auch zur Reha im Jahr 1993 geführt habe. Ein Abfindungsangebot in Höhe von 150.000 Euro für den Beitragsschaden bis Dezember 2009 nahm die Beklagte im Mai 2007 nicht an, nachdem die Klägerin höhere Zahlungen für eine längere Laufzeit gefordert hatte.

11

Am 06.02.2008 kam es zu einer Verhandlung zwischen der Beklagten und der D...-W..., in der die Haftpflichtversicherung aufgrund des Gutachtens des Prof. Dr. T... die Kausalität des Unfalls für die gewährte Erwerbsminderungsrente bestritt. Auch über das fiktive monatliche Bruttoeinkommen der Klägerin war eine Einigung nicht möglich. Schließlich erfolgte eine Einigung auf der Basis, dass die D...-W... die Regressansprüche der Beklagten gegen eine pauschale Abfindungssumme von 177.500 Euro endgültig abfand. Nach den Berechnungen der Beklagten war damit der Beitragsregress bis zur Vollendung des 67. Lebensjahrs der Klägerin abgedeckt.

12

Mit Bescheiden vom 06.05. und 13.05.2008 berechnete die Beklagte die der Klägerin gewährte Rente neu aufgrund der Regresszahlung der Haftpflichtversicherung. Den Widerspruch der Klägerin, mit dem diese beanstandete, dass die seit 1998 berücksichtigten Beiträge nicht dynamisiert worden seien, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2009 zurück. Aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Lage sei seit Ende der 1990er Jahre kein kontinuierliches Wachstum mehr gegeben, weshalb viele Berufsgruppen, auch diejenigen der technischen Zeichner oder Einrichtungsberater Lohneinbußen hätten hinnehmen müssen. Angesichts der angespannten konjunkturellen Situation auf dem Arbeitsmarkt und im Handel könne nicht ausgeschlossen werden, dass auch die Klägerin mit Arbeitslosigkeit und einem sinkenden Arbeitseinkommen konfrontiert worden wäre. Daher seien die gespeicherten Entgelte als günstig zu bezeichnen, was gerade für das gespeicherte Bruttoentgelt von 6.000 DM bzw. 3.067,75 EUR/monatlich als fiktives Gehalt einer Einrichtungsberaterin gelte. Die Gefahr von Arbeitslosigkeit und sinkendem Einkommen sei zu ihren Gunsten gerade nicht berücksichtigt. Ausgegangen worden sei von den -nicht dynamisierten- 3.500 EUR, die sie im zivilrechtlichen Vergleich vereinbart habe und die dem letzten Bruttoeinkommen entsprochen hätten.

13

Im vor dem Sozialgericht Koblenz durchgeführten Klageverfahren hat das Sozialgericht Beweis erhoben durch Einholen einer Auskunft des Einzelhandelsverbands Mittelrhein. Dieser hat den Einzelhandelstarifvertrag vorgelegt und mitgeteilt, welches Gehalt die Klägerin danach bezogen hätte. Allerdings sei die Mehrzahl der Betrieb im Möbeleinzelhandel nicht tarifgebunden; zudem würden dort üblicherweise Provisionen bei einem niedrigeren Fixgehalt vereinbart.

14

Mit Urteil vom 01.04.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Berücksichtigung höherer Entgelte bei der Berechnung der Rente zu. Die Beklagte habe die nach § 119 SGB X regressierten Beiträge in zutreffender Höhe zugrunde gelegt. Eine Berücksichtigung höherer Beträge durch eine Dynamisierung der zugrunde gelegten Entgelte ab 1998 scheitere daran, dass nur Pflichtbeiträge berücksichtigungsfähig seien, die tatsächlich zugeflossen seien. Zugeflossen seien aber nur die aufgrund der vergleichsweisen Regelung durch die Haftpflichtversicherung abgeführten Beiträge. Der von der Beklagten mit der Haftpflichtversicherung geschlossene Vergleich sei wirksam. Die Beklagte habe dem Vergleich ein zutreffendes Bruttoeinkommen der Klägerin zugrunde gelegt. Es sei nicht zu beanstanden, dass dieses nicht dynamisiert worden sei. Aufgrund der aktenkundigen Auskünfte sei es völlig ungewiss und von vielfältigen Faktoren abhängig, wie sich das Bruttoeinkommen der Klägerin entwickelt hätte und ob sie und in welchem Umfang Provisionen erhalten hätte. Daher stehe der Beklagten im Rahmen des § 119 SGB X ein Gestaltungsspielraum zu, den die Beklagte auch nicht willkürlich und bewusst nachteilig zu Lasten der Klägerin ausgeübt habe.

15

Am 23.05.2011 hat die Klägerin gegen das ihr am 29.04.2011 zugestellte Urteil Berufung eingelegt.

16

Die Klägerin trägt vor,

17

§ 119 SGB X übertrage den Anspruch des Geschädigten auf Ersatz des Beitragsschadens treuhänderisch auf den Versicherungsträger. Diesen treuhänderischen Pflichten sei die Beklagte nicht nachgekommen. Denn § 119 SGB X ermächtige die Beklagte nicht, einen Vergleichsvertrag zu Lasten der Klägerin zu schließen. An den gerichtlichen Vergleich zwischen ihr und der Haftpflichtversicherung sei die Beklagte nicht gebunden, auch nicht an das dort angenommene Bruttogehalt.

18

Die Klägerin beantragt,

19

das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 01.04.2011 aufzuheben, die Bescheide der Beklagten vom 06.05. und 13.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.01.2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, im Versicherungsverlauf für den Zeitraum ab 1992 höhere Pflichtbeiträge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zugrunde zu legen,

20

hilfsweise,

21

zur Frage der fiktiven Gehaltsentwicklung ein Sachverständigengutachten einzuholen.

22

Die Beklagte beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Die Beklagte trägt vor,

25

es gebe keine gesetzliche Vorschrift, wonach für den Beitragsregress heranzuziehende Bruttoentgelte zu dynamisieren seien. Nach der Verdienstbescheinigung des K... S... vom 25.01.2001 betrage das durchschnittliche Gehalt eines Küchenfachplaners mit 6 Jahren Berufserfahrung einschließlich Provisionen 6.000 DM (brutto). Daraus ergäben sich keine Hinweise für eine Dynamisierung. Unter Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sei davon auszugehen, dass bei der Klägerin ohne den Unfall ein erhebliches Arbeitsmarktrisiko bestanden habe wegen möglicher Arbeitslosigkeit oder beim Umsatzrückgängen wegbrechender Provisionen. Es sei daher auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin selbst zivilrechtlich keine Dynamisierung des Verdienstausfalles habe durchsetzen können. Der von ihr abgeschlossene Vergleich sei wirksam und stelle keinen Vertrag zu Lasten der Klägerin dar.

26

Im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen und die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

27

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

28

Im vorliegenden Fall hat das Sozialgericht zu Recht den Rechtsweg zu den Sozialgerichten als eröffnet angesehen. Denn dem Rentenversicherungsträger wird kraft öffentlichen Rechts in § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch des sozialversicherten Geschädigten gegen den Schädiger übertragen. Dem entsprechend erlangt der geschädigte Sozialversicherte, hier die Klägerin, wegen des Beitragsersatzanspruchs keine eigene zivilrechtliche Rechtsposition gegenüber dem Schädiger, mit der Folge, dass er durch § 119 SGB X allein auf Ansprüche gegen den Rentenversicherungsträger verwiesen wird. Meint der Geschädigte, wie hier die Klägerin, der Sozialversicherungsträger habe den Beitragsregress nicht oder nicht ordnungsgemäß (z.B. umfassend) durchgeführt, verbleibt ihm nach § 51 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Sozialrechtsweg gegenüber diesem Träger (ebenso: BGH, Urteil vom 2. Dezember 2003, VersR 2004, 492 ff; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 20.03.2007, Aktenzeichen: L 9 R 917/05 -juris-). Dies gilt umso mehr, wenn -wie hier- ein Rentenbescheid in seiner Höhe angefochten ist.

29

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neuberechnung der ihr gezahlten Rente oder auf "Wiederaufnahme" des durchgeführten Beitragsregressverfahrens durch die Beklagte.

30

Gemäß § 64 SGB VI ist der Monatsbetrag der Rente das Produkt aus den unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkten (EP), dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert. Die genannten Faktoren sind mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander zu vervielfältigen. Die persönlichen EP für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente errechnen sich aus der Summe aller EP. Die danach in den angefochtenen Bescheiden von der Beklagten durchgeführte Berechnung ist nicht zu beanstanden; konkrete Einwände hat die Klägerin nicht erhoben.

31

Die von der Klägerin geltend gemachte Berücksichtigung höherer Pflichtbeitragszeiten als derjenigen, die bereits im Wege des Beitragsregressverfahrens gegen die D-W geleistet und in den Versicherungsverlauf eingestellt wurden, kann die Klägerin nicht beanspruchen. Der Anspruch scheitert aus Rechtsgründen schon daran, dass nur solche Pflichtbeitragszeiten im Versicherungsverlauf und damit in der Rentenberechnung berücksichtigungsfähig sind, die tatsächlich zugeflossen sind. Ausweislich des Versicherungsverlaufs und des aus der Akte ersichtlichen Schriftverkehrs hat die gegnerische Haftpflichtversicherung jedoch die mit der Beklagten getroffene vergleichsweise Regelung zur Beitragsabführung erfüllt, so dass die entsprechenden Pflichtbeiträge im Versicherungsverlauf gespeichert und der Rentenberechnung zugrunde gelegt worden sind. Höhere Beiträge sind nicht verzeichnet und können daher nach § 119 Abs. 3 Satz 1 SGB X der Rentenberechnung nicht zugrunde gelegt werden, so dass auch keine Dynamisierung dieser Beiträge möglich ist.

32

§ 119 Abs. 1 SGB X regelt, dass, soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten - hier: die materiell-rechtlichen Ansprüche der Klägerin gegen die Haftpflichtversicherung nach §§ 842, 843 BGB - den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, dieser auf den Versicherungsträger - hier: die Beklagte - übergeht, wenn der Geschädigte - hier: die Klägerin - im Zeitpunkt des Schadensereignisses - hier: unverschuldet erlittener Unfall am 26.08.1992 - bereits Pflichtbeitragszeiten - hier: von 1988 bis 1992 als versicherungspflichtig beschäftigte technische Zeichnerin - nachweist. Die eingegangenen Beiträge gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge (§ 119 Abs. 3 S. 1 SGB X).

33

§ 119 SGB X verpflichtet den...Schädiger, in Fällen eines Beitragsausfalles Schadensersatz in Form von...Beitragszahlungen an den Rentenversicherungsträger zu leisten. Hierbei steht...das Ziel im Vordergrund, die soziale Sicherung des Versicherten nach Eintritt...des Schadensfalles zu verbessern. Dementsprechend entsteht der...Ersatzanspruch bereits dann, wenn die Möglichkeit einer Rentenverkürzung...durch Beeinträchtigung der von der tatsächlichen Beitragsleistung abhängigen...Berechnung der EP des Versicherten besteht (vgl. BGHZ 97, 330). Der Geschädigte muss, was seine sozialversicherungsrechtliche Stellung...angeht, so gestellt werden, wie er ohne die Schädigung stünde. Ist der Schaden durch Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung ausgleichbar,...soll sichergestellt werden, dass der Sozialversicherte später...Sozialleistungen erhält, deren Berechnung auch die Zeit nach der Verletzung...umfasst. Dementsprechend soll § 119 SGB X im Wege des gesetzlichen...Forderungsüberganges gewährleisten, dass die vom Schädiger zu zahlenden...Beiträge dem Sozialversicherungsträger zweckgebunden zugeführt werden (vgl. BSG, SozR 3-1300 § 44 Nr. 34).

34

Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf eine "Wiederaufnahme" des Beitragsregressverfahrens durch die Beklagte mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer zu. Ein solcher Anspruch scheitert an dem Abschluss des zwischen der Beklagten und dem Haftpflichtversicherer geschlossenen Vergleichs, der weitere Ansprüche zwischen der Beklagten und dem Haftpflichtversicherer ausschließt (vgl. auch LSG Celle-Bremen, Urteil vom 28.09.2007 - L 1 R 142/07 -juris-, mit Anm. Jahnke, juris PR-VerkR 12/2008 Anm. 6). Dieser Vergleich ist wirksam, wie das Sozialgericht eingehend dargelegt hat.

35

Der zwischen der Beklagten und der Haftpflichtversicherung geschlossene Vergleich dient gemäß § 779 BGB der Beseitigung eines Streits und der Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens. Ungewissheit bestand unter den Parteien darüber, für welchen Zeitraum und in welcher Höhe Rentenversicherungsbeiträge als Schadensersatz zu leisten waren. Diese Ungewissheit bestand schon darin, dass die Bedenken des Haftpflichtversicherers hinsichtlich der Kausalität des Rentenschadens der Klägerin angesichts des vorgelegten Gutachtens des Prof. Dr. T... zumindest nicht abwegig waren, es also ungewiss war, wie ein zivilrechtlicher Rechtsstreit ausgehen würde. Ungewissheit bestand auch darüber, von welchem fiktiven Einkommen der Klägerin auszugehen wäre.

36

Unwirksam wäre der Vergleich nur dann, wenn der nach dem Inhalt des Vertrages als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entsprochen hätte und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden wäre (§ 779 Abs. 1, letzter Halbsatz BGB). Es ist nicht aber ersichtlich, dass die Vergleichsparteien von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sind. Dies gilt sowohl bzgl. der zeitlichen Geltungsdauer des durchzuführenden Regresses bis zum 67. Lebensjahr der Klägerin, als auch bzgl. der Höhe der zu leistenden Beitragszahlungen aufgrund des hypothetischen Einkommens. Als Einkommen hat die Beklagte den gleichen Betrag zugrunde gelegt, den auch die Klägerin mit dem Haftpflichtversicherer dem von ihr selbst abgeschlossenen Vergleich über den Verdienstausfall zugrund gelegt hat. Dies ist nicht zu beanstanden.

37

Auch ist nicht zu beanstanden, dass der Rentenschaden der Klägerin durch eine Einmalzahlung abgefunden wurde. Denn § 119 Abs. 4 Satz 1 SGB X lässt ausdrücklich -wie hier geschehen- eine Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag zu. Dass dieser Kapitalwert falsch berechnet wurde, ist nicht ersichtlich. Ausweislich der aktenkundigen Vermerke des Verhandlungsführers der Beklagten wurde der Vergleichssumme ein realistisches fiktives Arbeitseinkommen der Klägerin zugrunde gelegt. Zudem deckte die Vergleichssumme den Beitragsschaden der Klägerin bis zu deren 67. Lebensjahr ab. Daher hat die Beklagte mit der Haftpflichtversicherung am 06.02.2008 keine -unzulässige- Pauschalvereinbarung über Ersatzansprüche getroffen, sondern einzelfallbezogen zivilrechtliche Schadenspositionen nach § 116 SGB X und § 119 Abs. 1 SGB X ermittelt und dem auf dieser Basis geschlossenen Abfindungsvergleich zugrunde gelegt. Der Senat nimmt daher zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf das Urteil des Sozialgerichts (§ 153 Abs. 2 SGG).

38

§ 119 SGB X enthält keine Regelung darüber, welche Konsequenzen die Unterlassung eines vom Versicherten für geboten gehaltenen Beitragsregresses hat, falls also zu niedrige Beiträge regressiert wurden. Denkbar wäre, dass die Klägerin im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden könnte, als seien - vermeintliche - übergegangene Ansprüche auf Ersatz des Beitragsschadens erfolgreich von der Beklagten gegenüber der Haftpflichtversicherung geltend gemacht worden, oder dass im Falle einer unzureichenden Geltendmachung des Beitragsregresses ein Amtshaftungsanspruch bleibt.

39

Die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sieht der Senat allerdings nicht als gegeben. Der von der Rechtsprechung entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm auf Grund Gesetzes oder Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung, verletzt hat. Zweck des Beitragsregress ist die „treuhänderische“ Verfolgung des Direktanspruches des Geschädigten durch den gesetzlichen Rentenversicherungsträger, ohne dass der Geschädigte selbst zur Geltendmachung von auf diesen nach § 119 SGB X übergegangenen Ansprüchen vor den Zivilgerichten prozessführungsbefugt wäre (BGH, Urteil vom 02.12.2003, Az.: VI ZR 243/02 -juris). Insoweit hat die Beklagte gegenüber der Klägerin auch eine Rechtspflicht zu Schadensminderung gegenüber dem Haftpflichtversicherer. Weiter ist aber erforderlich, dass zwischen einer Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 16.12.2004, Az.: B 9 VJ 2/03 R).

40

Im vorliegenden Fall sieht der Senat, wie oben ausgeführt, aber bereits keinen Nachteil als nachgewiesen an, der der Klägerin durch den zwischen der Beklagten und dem Haftpflichtversicherer entstandenen Schaden entstanden ist. Die Beklagte hat aufgrund der von dem Haftpflichtversicherer geleisteten Zahlung bereits Beiträge in den Versicherungsverlauf eingestellt, die deutlich über dem vor dem Unfall erzielten Einkommen liegen. Im Hinblick auf die auch vom Sozialgericht eingeholten Auskünfte und die Ungewissheit des weiteren beruflichen Werdegangs der Klägerin kann der Senat nicht feststellen, dass diese Beiträge zu niedrig sind, dass also der Klägerin ein Beitragsschaden entstanden ist, auf den die Beklagte pflichtwidrig im Vergleich vom 06.02.2008 verzichtet hat.

41

Eines weiteren Gutachtens zur Einkommensentwicklung bedarf es daher nicht.

42

Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

43

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG.

44

Die Revision wird nicht zugelassen, da Revisionszulassungsgründe (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.

(1) Soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, geht dieser auf den Versicherungsträger über, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird; dies gilt nicht, soweit

1.
der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt oder sonstige der Beitragspflicht unterliegende Leistungen erbringt oder
2.
der Anspruch auf Ersatz von Beiträgen nach § 116 übergegangen ist.
Für den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung gilt § 116 Abs. 3 Satz 1 und 2 entsprechend, soweit die Beiträge auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem bei unbegrenzter Haftung zu ersetzenden Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und der bei Bezug von Sozialleistungen beitragspflichtigen Einnahme entfallen.

(2) Der Versicherungsträger, auf den ein Teil des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 116 übergeht, übermittelt den von ihm festgestellten Sachverhalt dem Träger der Rentenversicherung auf einem einheitlichen Meldevordruck. Das Nähere über den Inhalt des Meldevordrucks und das Mitteilungsverfahren bestimmen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger.

(3) Die eingegangenen Beiträge oder Beitragsanteile gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge. Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Versicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte.

(4) Die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag ist im Einzelfall zulässig. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gelten für die Mitwirkungspflichten des Geschädigten die §§ 60, 61, 65 Abs. 1 und 3 sowie § 65a des Ersten Buches entsprechend.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

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Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 01.04.2011 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung höherer Entgelte als Grundlage der von der Beklagten an die Klägerin gezahlten Rente nach dem Sozialgesetzbuch - gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).

2

Die im Jahr 1971 geborene Klägerin hat im Jahr 1991 ein Fachabitur zur gestaltungstechnischen Assistentin abgelegt und anschließend eine versicherte Beschäftigung in einem Küchenstudio aufgenommen. Am 26.08.1992 erlitt sie einen Motorradunfall, bei dem sie verschiedene Verletzungen davontrug, u.a. beidseitige handgelenksnahe Handgelenksfrakturen. Aus einer vom 15.06. bis 05.10.1993 durchgeführten stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Kurklinik B... O... wurde die Klägerin als vollschichtig leistungsfähig entlassen; allerdings sei wegen der Sekundärfolgen des Motorradunfalls eine Arbeitsfähigkeit als technische Zeichnerin nicht mehr gegeben, weshalb eine berufliche Rehabilitationsmaßnahme empfohlen werde. Sodann gewährte die Beklagte der Klägerin ab 06.10.1993 Rente wegen voller Erwerbsminderung, zunächst auf Zeit bis 30.06.1997 (Bescheide vom 26.04.1995, 26.04.1995, 09.09.1996, 23.10.1996, 23.12.1996).

3

Im Rahmen einer von der D...-W... veranlassten Begutachtung der Klägerin kam Prof. Dr. H..., Direktor der B -U... D...-D... im Februar 1997 zu dem Ergebnis, aufgrund des Unfalls sei die Gebrauchsfähigkeit des rechten Armes um 2/7 eingeschränkt; die MdE sei bis auf weiteres mit 10 vH einzuschätzen.

4

Von April 1997 bis März 1998 besuchte die Klägerin im Rahmen einer beruflichen Rehabilitation zu Lasten der Beklagten die Möbelfachschule in Köln, wo sie zur Einrichtungsfachplanerin ausgebildet wurde, war erneut krank und arbeitete von 1998 bis 2001 als Planerin in einem Küchenstudio in K.... Ab 11.06.2001 war die Klägerin wiederum arbeitsunfähig erkrankt und bezog dann erneut Rente wegen Erwerbsminderung, zunächst auf Zeit und dann mit Bescheid vom 09.11.2007 auf Dauer.

5

Mit Vergleich vom 25.07./10.08.2005 haben die Klägerin und der Unfallverursacher sowie dessen Haftpflichtversicherung im Rahmen eines Rechtsstreits vor dem Landgericht Koblenz vereinbart:

6

Zur Abgeltung aller Ansprüche aus dem Verkehrsunfall vom 25.08.1992, seien sie bekannt oder nicht, eingeklagt oder nicht, vorhersehbar oder nicht, zahlt die Beklagte zu 2.) an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 200.000 Euro, ohne Anrechnung der bislang gezahlten Vorschüsse oder sonstiger Zahlungen.

7

Auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte gesetzlich übergegangene oder übergehende Ansprüche werden von dieser Einigung nicht erfasst.

8

Die Parteien sind sich darüber einig, dass von dem vergleichsweise noch zu zahlenden Betrag in Höhe von 200.000 Euro ein Betrag von 15.000 Euro zum Ersatz von unfallbedingten entstandenen Arztkosten, Fahrtkosten, Medikamente, sowie insbesondere auf das der Klägerin zustehende Schmerzensgeld entfällt. Weitere 50.000 Euro werden pauschal zur Abgeltung des unfallbedingt entstandenen und künftig entstehenden Verdienstausfallschadens geleistet. Hierbei gehen die Parteien davon aus, dass die Klägerin ohne den gegenständlichen Verkehrsunfall ein Nettogehalt in Höhe von 3.500 DM erzielt hätte, wobei hinsichtlich der Berechnung der Abfindung des Verdienstausfallschadens die derzeit als Rente erzielten Einnahmen sowie möglicherweise zukünftig erzielte Einnahmen berücksichtigt wurden. …“

9

Im Regressverfahren gegen die D...-W... bestritt diese gegenüber der Beklagten, dass die psychischen Leiden der Klägerin unfallbedingt entstanden seien und die Klägern unfallbedingt ihren Beruf habe aufgeben müssen. Nach einem von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten des Orthopäden und Sozialmediziners Prof. Dr. T... liege neben körperlichen Unfallfolgen an den Handgelenken eine psychische Erkrankung vor, die mit Essstörungen und Depressionen einhergehe und offensichtlich schon vor dem Unfallereignis bestanden habe. Die vielfachen Operationen im Bereich der Handgelenke ließen sich nur zum geringen Teil durch den orthopädisch-unfallchirurgischen Befund erklären. Das Leidensbild erkläre sich durch das Zusammenspiel einer unfallunabhängigen psychischen Erkrankung und einem relativ geringfügigen Trauma.

10

Demgegenüber ging die Beklagte davon aus, dass erst nach dem Unfall eine Behandlungsbedürftigkeit der psychischen Störungen eingetreten sei, was auch zur Reha im Jahr 1993 geführt habe. Ein Abfindungsangebot in Höhe von 150.000 Euro für den Beitragsschaden bis Dezember 2009 nahm die Beklagte im Mai 2007 nicht an, nachdem die Klägerin höhere Zahlungen für eine längere Laufzeit gefordert hatte.

11

Am 06.02.2008 kam es zu einer Verhandlung zwischen der Beklagten und der D...-W..., in der die Haftpflichtversicherung aufgrund des Gutachtens des Prof. Dr. T... die Kausalität des Unfalls für die gewährte Erwerbsminderungsrente bestritt. Auch über das fiktive monatliche Bruttoeinkommen der Klägerin war eine Einigung nicht möglich. Schließlich erfolgte eine Einigung auf der Basis, dass die D...-W... die Regressansprüche der Beklagten gegen eine pauschale Abfindungssumme von 177.500 Euro endgültig abfand. Nach den Berechnungen der Beklagten war damit der Beitragsregress bis zur Vollendung des 67. Lebensjahrs der Klägerin abgedeckt.

12

Mit Bescheiden vom 06.05. und 13.05.2008 berechnete die Beklagte die der Klägerin gewährte Rente neu aufgrund der Regresszahlung der Haftpflichtversicherung. Den Widerspruch der Klägerin, mit dem diese beanstandete, dass die seit 1998 berücksichtigten Beiträge nicht dynamisiert worden seien, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2009 zurück. Aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Lage sei seit Ende der 1990er Jahre kein kontinuierliches Wachstum mehr gegeben, weshalb viele Berufsgruppen, auch diejenigen der technischen Zeichner oder Einrichtungsberater Lohneinbußen hätten hinnehmen müssen. Angesichts der angespannten konjunkturellen Situation auf dem Arbeitsmarkt und im Handel könne nicht ausgeschlossen werden, dass auch die Klägerin mit Arbeitslosigkeit und einem sinkenden Arbeitseinkommen konfrontiert worden wäre. Daher seien die gespeicherten Entgelte als günstig zu bezeichnen, was gerade für das gespeicherte Bruttoentgelt von 6.000 DM bzw. 3.067,75 EUR/monatlich als fiktives Gehalt einer Einrichtungsberaterin gelte. Die Gefahr von Arbeitslosigkeit und sinkendem Einkommen sei zu ihren Gunsten gerade nicht berücksichtigt. Ausgegangen worden sei von den -nicht dynamisierten- 3.500 EUR, die sie im zivilrechtlichen Vergleich vereinbart habe und die dem letzten Bruttoeinkommen entsprochen hätten.

13

Im vor dem Sozialgericht Koblenz durchgeführten Klageverfahren hat das Sozialgericht Beweis erhoben durch Einholen einer Auskunft des Einzelhandelsverbands Mittelrhein. Dieser hat den Einzelhandelstarifvertrag vorgelegt und mitgeteilt, welches Gehalt die Klägerin danach bezogen hätte. Allerdings sei die Mehrzahl der Betrieb im Möbeleinzelhandel nicht tarifgebunden; zudem würden dort üblicherweise Provisionen bei einem niedrigeren Fixgehalt vereinbart.

14

Mit Urteil vom 01.04.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Berücksichtigung höherer Entgelte bei der Berechnung der Rente zu. Die Beklagte habe die nach § 119 SGB X regressierten Beiträge in zutreffender Höhe zugrunde gelegt. Eine Berücksichtigung höherer Beträge durch eine Dynamisierung der zugrunde gelegten Entgelte ab 1998 scheitere daran, dass nur Pflichtbeiträge berücksichtigungsfähig seien, die tatsächlich zugeflossen seien. Zugeflossen seien aber nur die aufgrund der vergleichsweisen Regelung durch die Haftpflichtversicherung abgeführten Beiträge. Der von der Beklagten mit der Haftpflichtversicherung geschlossene Vergleich sei wirksam. Die Beklagte habe dem Vergleich ein zutreffendes Bruttoeinkommen der Klägerin zugrunde gelegt. Es sei nicht zu beanstanden, dass dieses nicht dynamisiert worden sei. Aufgrund der aktenkundigen Auskünfte sei es völlig ungewiss und von vielfältigen Faktoren abhängig, wie sich das Bruttoeinkommen der Klägerin entwickelt hätte und ob sie und in welchem Umfang Provisionen erhalten hätte. Daher stehe der Beklagten im Rahmen des § 119 SGB X ein Gestaltungsspielraum zu, den die Beklagte auch nicht willkürlich und bewusst nachteilig zu Lasten der Klägerin ausgeübt habe.

15

Am 23.05.2011 hat die Klägerin gegen das ihr am 29.04.2011 zugestellte Urteil Berufung eingelegt.

16

Die Klägerin trägt vor,

17

§ 119 SGB X übertrage den Anspruch des Geschädigten auf Ersatz des Beitragsschadens treuhänderisch auf den Versicherungsträger. Diesen treuhänderischen Pflichten sei die Beklagte nicht nachgekommen. Denn § 119 SGB X ermächtige die Beklagte nicht, einen Vergleichsvertrag zu Lasten der Klägerin zu schließen. An den gerichtlichen Vergleich zwischen ihr und der Haftpflichtversicherung sei die Beklagte nicht gebunden, auch nicht an das dort angenommene Bruttogehalt.

18

Die Klägerin beantragt,

19

das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 01.04.2011 aufzuheben, die Bescheide der Beklagten vom 06.05. und 13.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.01.2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, im Versicherungsverlauf für den Zeitraum ab 1992 höhere Pflichtbeiträge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zugrunde zu legen,

20

hilfsweise,

21

zur Frage der fiktiven Gehaltsentwicklung ein Sachverständigengutachten einzuholen.

22

Die Beklagte beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Die Beklagte trägt vor,

25

es gebe keine gesetzliche Vorschrift, wonach für den Beitragsregress heranzuziehende Bruttoentgelte zu dynamisieren seien. Nach der Verdienstbescheinigung des K... S... vom 25.01.2001 betrage das durchschnittliche Gehalt eines Küchenfachplaners mit 6 Jahren Berufserfahrung einschließlich Provisionen 6.000 DM (brutto). Daraus ergäben sich keine Hinweise für eine Dynamisierung. Unter Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sei davon auszugehen, dass bei der Klägerin ohne den Unfall ein erhebliches Arbeitsmarktrisiko bestanden habe wegen möglicher Arbeitslosigkeit oder beim Umsatzrückgängen wegbrechender Provisionen. Es sei daher auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin selbst zivilrechtlich keine Dynamisierung des Verdienstausfalles habe durchsetzen können. Der von ihr abgeschlossene Vergleich sei wirksam und stelle keinen Vertrag zu Lasten der Klägerin dar.

26

Im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen und die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

27

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

28

Im vorliegenden Fall hat das Sozialgericht zu Recht den Rechtsweg zu den Sozialgerichten als eröffnet angesehen. Denn dem Rentenversicherungsträger wird kraft öffentlichen Rechts in § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch des sozialversicherten Geschädigten gegen den Schädiger übertragen. Dem entsprechend erlangt der geschädigte Sozialversicherte, hier die Klägerin, wegen des Beitragsersatzanspruchs keine eigene zivilrechtliche Rechtsposition gegenüber dem Schädiger, mit der Folge, dass er durch § 119 SGB X allein auf Ansprüche gegen den Rentenversicherungsträger verwiesen wird. Meint der Geschädigte, wie hier die Klägerin, der Sozialversicherungsträger habe den Beitragsregress nicht oder nicht ordnungsgemäß (z.B. umfassend) durchgeführt, verbleibt ihm nach § 51 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Sozialrechtsweg gegenüber diesem Träger (ebenso: BGH, Urteil vom 2. Dezember 2003, VersR 2004, 492 ff; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 20.03.2007, Aktenzeichen: L 9 R 917/05 -juris-). Dies gilt umso mehr, wenn -wie hier- ein Rentenbescheid in seiner Höhe angefochten ist.

29

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neuberechnung der ihr gezahlten Rente oder auf "Wiederaufnahme" des durchgeführten Beitragsregressverfahrens durch die Beklagte.

30

Gemäß § 64 SGB VI ist der Monatsbetrag der Rente das Produkt aus den unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkten (EP), dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert. Die genannten Faktoren sind mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander zu vervielfältigen. Die persönlichen EP für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente errechnen sich aus der Summe aller EP. Die danach in den angefochtenen Bescheiden von der Beklagten durchgeführte Berechnung ist nicht zu beanstanden; konkrete Einwände hat die Klägerin nicht erhoben.

31

Die von der Klägerin geltend gemachte Berücksichtigung höherer Pflichtbeitragszeiten als derjenigen, die bereits im Wege des Beitragsregressverfahrens gegen die D-W geleistet und in den Versicherungsverlauf eingestellt wurden, kann die Klägerin nicht beanspruchen. Der Anspruch scheitert aus Rechtsgründen schon daran, dass nur solche Pflichtbeitragszeiten im Versicherungsverlauf und damit in der Rentenberechnung berücksichtigungsfähig sind, die tatsächlich zugeflossen sind. Ausweislich des Versicherungsverlaufs und des aus der Akte ersichtlichen Schriftverkehrs hat die gegnerische Haftpflichtversicherung jedoch die mit der Beklagten getroffene vergleichsweise Regelung zur Beitragsabführung erfüllt, so dass die entsprechenden Pflichtbeiträge im Versicherungsverlauf gespeichert und der Rentenberechnung zugrunde gelegt worden sind. Höhere Beiträge sind nicht verzeichnet und können daher nach § 119 Abs. 3 Satz 1 SGB X der Rentenberechnung nicht zugrunde gelegt werden, so dass auch keine Dynamisierung dieser Beiträge möglich ist.

32

§ 119 Abs. 1 SGB X regelt, dass, soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten - hier: die materiell-rechtlichen Ansprüche der Klägerin gegen die Haftpflichtversicherung nach §§ 842, 843 BGB - den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, dieser auf den Versicherungsträger - hier: die Beklagte - übergeht, wenn der Geschädigte - hier: die Klägerin - im Zeitpunkt des Schadensereignisses - hier: unverschuldet erlittener Unfall am 26.08.1992 - bereits Pflichtbeitragszeiten - hier: von 1988 bis 1992 als versicherungspflichtig beschäftigte technische Zeichnerin - nachweist. Die eingegangenen Beiträge gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge (§ 119 Abs. 3 S. 1 SGB X).

33

§ 119 SGB X verpflichtet den...Schädiger, in Fällen eines Beitragsausfalles Schadensersatz in Form von...Beitragszahlungen an den Rentenversicherungsträger zu leisten. Hierbei steht...das Ziel im Vordergrund, die soziale Sicherung des Versicherten nach Eintritt...des Schadensfalles zu verbessern. Dementsprechend entsteht der...Ersatzanspruch bereits dann, wenn die Möglichkeit einer Rentenverkürzung...durch Beeinträchtigung der von der tatsächlichen Beitragsleistung abhängigen...Berechnung der EP des Versicherten besteht (vgl. BGHZ 97, 330). Der Geschädigte muss, was seine sozialversicherungsrechtliche Stellung...angeht, so gestellt werden, wie er ohne die Schädigung stünde. Ist der Schaden durch Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung ausgleichbar,...soll sichergestellt werden, dass der Sozialversicherte später...Sozialleistungen erhält, deren Berechnung auch die Zeit nach der Verletzung...umfasst. Dementsprechend soll § 119 SGB X im Wege des gesetzlichen...Forderungsüberganges gewährleisten, dass die vom Schädiger zu zahlenden...Beiträge dem Sozialversicherungsträger zweckgebunden zugeführt werden (vgl. BSG, SozR 3-1300 § 44 Nr. 34).

34

Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf eine "Wiederaufnahme" des Beitragsregressverfahrens durch die Beklagte mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer zu. Ein solcher Anspruch scheitert an dem Abschluss des zwischen der Beklagten und dem Haftpflichtversicherer geschlossenen Vergleichs, der weitere Ansprüche zwischen der Beklagten und dem Haftpflichtversicherer ausschließt (vgl. auch LSG Celle-Bremen, Urteil vom 28.09.2007 - L 1 R 142/07 -juris-, mit Anm. Jahnke, juris PR-VerkR 12/2008 Anm. 6). Dieser Vergleich ist wirksam, wie das Sozialgericht eingehend dargelegt hat.

35

Der zwischen der Beklagten und der Haftpflichtversicherung geschlossene Vergleich dient gemäß § 779 BGB der Beseitigung eines Streits und der Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens. Ungewissheit bestand unter den Parteien darüber, für welchen Zeitraum und in welcher Höhe Rentenversicherungsbeiträge als Schadensersatz zu leisten waren. Diese Ungewissheit bestand schon darin, dass die Bedenken des Haftpflichtversicherers hinsichtlich der Kausalität des Rentenschadens der Klägerin angesichts des vorgelegten Gutachtens des Prof. Dr. T... zumindest nicht abwegig waren, es also ungewiss war, wie ein zivilrechtlicher Rechtsstreit ausgehen würde. Ungewissheit bestand auch darüber, von welchem fiktiven Einkommen der Klägerin auszugehen wäre.

36

Unwirksam wäre der Vergleich nur dann, wenn der nach dem Inhalt des Vertrages als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entsprochen hätte und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden wäre (§ 779 Abs. 1, letzter Halbsatz BGB). Es ist nicht aber ersichtlich, dass die Vergleichsparteien von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sind. Dies gilt sowohl bzgl. der zeitlichen Geltungsdauer des durchzuführenden Regresses bis zum 67. Lebensjahr der Klägerin, als auch bzgl. der Höhe der zu leistenden Beitragszahlungen aufgrund des hypothetischen Einkommens. Als Einkommen hat die Beklagte den gleichen Betrag zugrunde gelegt, den auch die Klägerin mit dem Haftpflichtversicherer dem von ihr selbst abgeschlossenen Vergleich über den Verdienstausfall zugrund gelegt hat. Dies ist nicht zu beanstanden.

37

Auch ist nicht zu beanstanden, dass der Rentenschaden der Klägerin durch eine Einmalzahlung abgefunden wurde. Denn § 119 Abs. 4 Satz 1 SGB X lässt ausdrücklich -wie hier geschehen- eine Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag zu. Dass dieser Kapitalwert falsch berechnet wurde, ist nicht ersichtlich. Ausweislich der aktenkundigen Vermerke des Verhandlungsführers der Beklagten wurde der Vergleichssumme ein realistisches fiktives Arbeitseinkommen der Klägerin zugrunde gelegt. Zudem deckte die Vergleichssumme den Beitragsschaden der Klägerin bis zu deren 67. Lebensjahr ab. Daher hat die Beklagte mit der Haftpflichtversicherung am 06.02.2008 keine -unzulässige- Pauschalvereinbarung über Ersatzansprüche getroffen, sondern einzelfallbezogen zivilrechtliche Schadenspositionen nach § 116 SGB X und § 119 Abs. 1 SGB X ermittelt und dem auf dieser Basis geschlossenen Abfindungsvergleich zugrunde gelegt. Der Senat nimmt daher zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf das Urteil des Sozialgerichts (§ 153 Abs. 2 SGG).

38

§ 119 SGB X enthält keine Regelung darüber, welche Konsequenzen die Unterlassung eines vom Versicherten für geboten gehaltenen Beitragsregresses hat, falls also zu niedrige Beiträge regressiert wurden. Denkbar wäre, dass die Klägerin im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden könnte, als seien - vermeintliche - übergegangene Ansprüche auf Ersatz des Beitragsschadens erfolgreich von der Beklagten gegenüber der Haftpflichtversicherung geltend gemacht worden, oder dass im Falle einer unzureichenden Geltendmachung des Beitragsregresses ein Amtshaftungsanspruch bleibt.

39

Die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sieht der Senat allerdings nicht als gegeben. Der von der Rechtsprechung entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm auf Grund Gesetzes oder Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung, verletzt hat. Zweck des Beitragsregress ist die „treuhänderische“ Verfolgung des Direktanspruches des Geschädigten durch den gesetzlichen Rentenversicherungsträger, ohne dass der Geschädigte selbst zur Geltendmachung von auf diesen nach § 119 SGB X übergegangenen Ansprüchen vor den Zivilgerichten prozessführungsbefugt wäre (BGH, Urteil vom 02.12.2003, Az.: VI ZR 243/02 -juris). Insoweit hat die Beklagte gegenüber der Klägerin auch eine Rechtspflicht zu Schadensminderung gegenüber dem Haftpflichtversicherer. Weiter ist aber erforderlich, dass zwischen einer Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 16.12.2004, Az.: B 9 VJ 2/03 R).

40

Im vorliegenden Fall sieht der Senat, wie oben ausgeführt, aber bereits keinen Nachteil als nachgewiesen an, der der Klägerin durch den zwischen der Beklagten und dem Haftpflichtversicherer entstandenen Schaden entstanden ist. Die Beklagte hat aufgrund der von dem Haftpflichtversicherer geleisteten Zahlung bereits Beiträge in den Versicherungsverlauf eingestellt, die deutlich über dem vor dem Unfall erzielten Einkommen liegen. Im Hinblick auf die auch vom Sozialgericht eingeholten Auskünfte und die Ungewissheit des weiteren beruflichen Werdegangs der Klägerin kann der Senat nicht feststellen, dass diese Beiträge zu niedrig sind, dass also der Klägerin ein Beitragsschaden entstanden ist, auf den die Beklagte pflichtwidrig im Vergleich vom 06.02.2008 verzichtet hat.

41

Eines weiteren Gutachtens zur Einkommensentwicklung bedarf es daher nicht.

42

Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

43

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG.

44

Die Revision wird nicht zugelassen, da Revisionszulassungsgründe (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.

(1) Soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, geht dieser auf den Versicherungsträger über, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird; dies gilt nicht, soweit

1.
der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt oder sonstige der Beitragspflicht unterliegende Leistungen erbringt oder
2.
der Anspruch auf Ersatz von Beiträgen nach § 116 übergegangen ist.
Für den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung gilt § 116 Abs. 3 Satz 1 und 2 entsprechend, soweit die Beiträge auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem bei unbegrenzter Haftung zu ersetzenden Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und der bei Bezug von Sozialleistungen beitragspflichtigen Einnahme entfallen.

(2) Der Versicherungsträger, auf den ein Teil des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 116 übergeht, übermittelt den von ihm festgestellten Sachverhalt dem Träger der Rentenversicherung auf einem einheitlichen Meldevordruck. Das Nähere über den Inhalt des Meldevordrucks und das Mitteilungsverfahren bestimmen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger.

(3) Die eingegangenen Beiträge oder Beitragsanteile gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge. Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Versicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte.

(4) Die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag ist im Einzelfall zulässig. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gelten für die Mitwirkungspflichten des Geschädigten die §§ 60, 61, 65 Abs. 1 und 3 sowie § 65a des Ersten Buches entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 201/12 Verkündet am:
4. Juli 2013
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch und der Folgenbeseitigungsanspruch
des allgemeinen Verwaltungsrechts sind keine Rechtsmittel im Sinne
BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - III ZR 201/12 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juli 2013 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Wöstmann, Hucke und Seiters

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Oberlandesgerichts München - 1. Zivilsenat - vom 24. Mai 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


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Die Klägerin nimmt die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund aus Amtshaftung in Anspruch. Diese habe es versäumt, auf sie gemäß § 119 SGB X übergegangene Schadensersatzansprüche gegen Dritte vor Eintritt der Verjährung zu verfolgen, wodurch ihre, der Klägerin, Rentenansprüche verringert seien.
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Die 1941 geborene Klägerin erlitt durch von ihr nicht zu verantwortende Verkehrsunfälle im August 1987 und im August 1988 unter anderem Halswirbelsäulen -Schleudertraumata. Vom 2. August 1987 an war sie wiederholt für längere Zeit arbeitsunfähig erkrankt. Vom 23. September bis zum 13. Dezember 1989 erhielt sie Arbeitslosengeld. Anschließend blieb sie ohne Einkommen.
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Am 14. Juni 1989 beantragte sie bei der Beklagten eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Deren Bewilligung wurde wegen fehlender Beitragszeiten abgelehnt. Im Oktober 1993 beantragte sie bei der Beklagten erneut die Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente ab dem 14. Juni 1989. Diese Rente wurde mit Wirkung erst ab dem 1. Januar 1992 gewährt. Die gegen den entsprechenden Bescheid erhobene Sozialgerichtsklage der Klägerin blieb in zwei Instanzen ohne Erfolg. Ihre zugleich erhobene Klage, mit der sie die Beklagte verpflichten lassen wollte, den Beitragsregress aus den Verkehrsunfällen durchzuführen, wurde vom Sozialgericht abgetrennt und mit Beschluss vom 3. September 2002 ruhend gestellt. Nachdem sich die Klägerin im Jahr 2002 mit den Haftpflichtversicherern der Unfallverursacher verglichen hatte, soweit es sich nicht um auf die Leistungsträger der Sozialversicherung übergegangene Ansprüche handelte, beantragte sie bei der Beklagten, den Beitragsregress fortzuführen. Auf Anfrage der Klägerin teilte diese mit Schreiben vom 6. September 2005 mit, das Verfahren sei bereits Ende 1989 endgültig abgeschlossen worden. Lediglich für den Zeitraum vom 30. September bis zum 13. Dezember 1987 wurden von Haftpflichtversicherern Rentenbeiträge nachentrichtet.
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Daraufhin rief die Klägerin den ruhenden Rechtsstreit beim Sozialgericht wieder auf. Ihre Klage blieb auch in zweiter Instanz erfolglos. Das Landessozialgericht stellte sich auf den Standpunkt, die Ansprüche gegen die Unfallgegner seien mittlerweile verjährt, und die Erhebung der Einrede der Verjährung sei als gewiss anzunehmen. Ergänzend führte das Landessozialgericht aus, dass über eine Verpflichtung der Beklagten, aus welchem Rechtsgrund auch immer, Pflichtbeiträge für die Ausfälle in der Rentenversicherung zu Gunsten der Klä- gerin vorzumerken, nicht zu entscheiden sei, da ein entsprechender Antrag nicht gestellt worden sei.
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Seit dem 1. September 2006 bezieht die Klägerin von der Beklagten eine Altersrente.
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Die Klägerin trägt vor, diese Rente wäre monatlich um mindestens 300 € höher ausgefallen, wenn die Beklagte den Beitragsregress wegen der beiden Verkehrsunfälle durchgeführt hätte. Die Differenz macht sie mit der vorliegenden Klage teilweise beziffert und im Übrigen im Wege der Feststellungsklage geltend. Die Beklagte hat unter anderem eingewandt, bis zum Jahr 1994 habe alles dafür gesprochen, dass die Erwerbsunfähigkeit der Klägerin nicht auf die Verkehrsunfälle, sondern auf ein hiervon unabhängiges Leiden zurückzuführen gewesen sei. Zudem hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt sie ihren Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe


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Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.


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Nach Auffassung des Berufungsgerichts fällt der Beklagten zwar eine Amtspflichtverletzung zur Last. Einem Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG stehe jedoch entgegen, dass sie es versäumt habe, den ihr zustehenden sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu verfolgen. Die Ersatzpflicht der Beklagten trete dementsprechend gemäß § 839 Abs. 3 BGB nicht ein.
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Die Beklagte habe es amtspflichtwidrig unterlassen, den auf sie gemäß § 119 SGB X übergegangenen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die wegen der Verkehrsunfälle Ersatzpflichtigen zu verfolgen. Auch wenn die Beklagte bis 1994 habe davon ausgehen dürfen, dass die Erwerbsunfähigkeit der Klägerin nicht auf die Unfälle, sondern auf eine hiervon unabhängige Erkrankung zurückzuführen sei, stelle sich ernsthaft die Frage, ob die Beklagte im Hinblick auf die unübersichtliche Sachlage nicht gehalten gewesen wäre, eine Feststellungsklage gegen die Unfallverursacher zu erheben. Aber auch, wenn eine solche Verpflichtung nicht bestanden hätte, läge eine Amtspflichtverletzung der Beklagten vor. Nach ihrem eigenen Vorbringen habe sie erst 1994 Kenntnis davon erhalten, dass die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin unfallbedingt gewesen sei. Die Beklagte hätte ab diesem Zeitpunkt die Ansprüche der Klägerin verfolgen müssen. Sie sei jedoch untätig geblieben, weil sie unzutreffend davon ausgegangen sei, dass die auf sie übergegangenen Schadensersatzansprüche zu diesem Zeitpunkt bereits verjährt gewesen seien. Die gemäß § 852 BGB a.F. für den Beginn der Verjährung maßgebliche Kenntnis aller anspruchsbegründenden Tatsachen habe sie jedoch erst 1994 erlangt. Für den verfahrensgegenständlichen Teilanspruch, der mit dem Entstehen der Beitragslücke auf die Beklagte übergegangen sei, komme es ab diesem Zeitpunkt für die Verjährung allein auf die Kenntnis der Beklagten an. Der Amtshaftungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte sei nicht verjährt. Vielmehr sei die Verjährung durch die sozialgerichtliche Klage auf Durchführung des Beitragsregresses gehemmt gewesen.
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Die Klägerin habe jedoch gegen die Beklagte einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch auf Gutschrift der Beiträge auf ihrem Rentenversicherungskonto gehabt, die der Beklagten aufgrund des von ihr versäumten Beitragsregresses zugeflossen wären. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch sei ein Rechtsmittel im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB. Der Begriff des Rechtsmittels im Sinne dieser Bestimmung sei weit zu fassen. Zwar habe der Bundesgerichtshof noch nicht ausdrücklich darüber entschieden, ob der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hierunter falle. Dies ergebe sich jedoch aus dem Senatsurteil vom 11. Februar 1988 (III ZR 221/86, BGHZ 103, 242), in dem dieser Anspruch im Zusammenhang mit der Verjährung derForderung aus Amtshaftung als in seiner Zielsetzung mit der Inanspruchnahme des primären Rechtsschutzes eng verwandt bezeichnet worden sei.
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Hätte die Klägerin den ihr zustehenden Herstellungsanspruch gegenüber der Beklagten erhoben, wäre der Schaden, den sie nunmehr im Wege der Amtshaftungsklage ersetzt verlangt, nicht eingetreten.

II.


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Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
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1. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Vorliegen einer Amtspflichtverletzung der Beklagten und insbesondere zur Verjährung des auf sie übergegangenen Beitragsregressanspruchs gegen die aus den Verkehrsunfällen Ersatzpflichtigen nimmt die Revision als ihr günstig hin. Sie sind auch nicht zu beanstanden.
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Die insoweit von der Beklagten erhobene Revisionsgegenrüge ist unbegründet. Sie meint, entgegen der Ansicht der Vorinstanz sei der Teilschadensersatzanspruch nach § 119 SGB X nicht erst mit Eintritt der Beitragslücke übergegangen , sondern bereits im Augenblick der Entstehung des gesamten Ersatzanspruchs mit dem Schadensereignis (unter Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 17. April 2012 - VI ZR 108/11, BGHZ 193, 67 Rn. 8 und vom 2. Dezember 2003 - VI ZR 243/02, NJW-RR 2004, 595, 596). Dies mag zutreffen, ist aber für die Rechtsposition der Beklagten unbehelflich. Da es sich um deliktische Ansprüche handelte, richtete sich der Verjährungsbeginn bereits vor der Neuregelung des Verjährungsrechts nach der Kenntnis des Ersatzberechtigten von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners (§ 852 BGB a.F.). Wenn der wegen des Beitragsschadens begründete Ersatzanspruch sogleich mit seiner Entstehung auf den Sozialversicherungsträger überging, kommt es für die Verjährung auf dessen Kenntnis an (BGH, Urteil vom 17. April 2012 aaO mit umfangreichen weiteren Nachweisen). Hiervon ist das Berufungsgericht in beiden von ihm hinsichtlich der Amtspflichtverletzung in Betracht gezogenen Varianten ausgegangen. Reichten die Erkenntnisse der Beklagten vor 1994 für die Erhebung einer Feststellungsklage zur Sicherung des Beitragsregresses aus, hatte sie die gegenüber der Klägerin bestehende Amtspflicht, diese Klage rechtzeitig vor Eintritt der Verjährung zu erheben oder einen Verzicht der Schuldner auf diese Einrede zu erwirken. Hatte die Beklagte hingegen erst 1994 hinreichend zuverlässige Kenntnis davon, dass die Erwerbsunfähig- keit der Klägerin unfallbedingt war, konnte die Verjährung des Beitragsregressanspruchs zuvor noch nicht begonnen haben, da die Kausalität ein für das Entstehen des Ersatzanspruchs erforderlicher tatsächlicher Umstand war. Dann aber hatten die Bediensteten der Beklagten, wie vom Berufungsgericht angenommen , ab 1994 die Amtspflicht, den Anspruch gegen die Unfallverursacher zu verfolgen, bevor die seither laufende Verjährung beendet war.
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Ebenso ist die Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, dass der Amtshaftungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte nicht verjährt ist.
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2. Indessen vermag der Senat nicht der Beurteilung des Berufungsgerichts zu folgen, die Schadensersatzpflicht der Beklagten sei gemäß § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, weil die Klägerin es versäumt habe, ihren sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gegen die Beklagte geltend zu machen, der auf Gutschrift der infolge der Unfälle nicht fortentrichteten Beiträge auf ihrem Rentenkonto gerichtet gewesen sei. Dieser Anspruch ist kein Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB.
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a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Begriff des Rechtsmittels zwar nicht auf die in den Verfahrensvorschriften vorgesehenen Behelfe beschränkt , sondern umfasst auch andere, rechtlich mögliche und geeignete - förmliche oder formlose - Rechtsbehelfe (z.B. Gegenvorstellungen, Erinnerungen an die Erledigung eines Antrags, Beschwerden und Dienstaufsichtsbeschwerden ), ist also in einem weiten Sinn zu verstehen (z.B.: Senatsurteile vom 4. Juni 2009 - III ZR 144/05, BGHZ 181, 199 Rn. 25; vom 8. Januar 2004 - III ZR 39/03, NJW-RR 2004, 706, 707; vom 9. Oktober 1997 - III ZR 4 /97, BGHZ 137, 11, 23 und vom 3. Juni 1993 - III ZR 104/92, BGHZ 123, 1, 7 f). Der Rechtsbehelf muss sich jedoch unmittelbar gegen die schädigende Amtshandlung oder Unterlassung selbst richten und ihre Beseitigung beziehungsweise Vornahme bezwecken und ermöglichen (Senat aaO sowie Urteil vom 16. Oktober 2008 - III ZR 15/08, WM 2009, 86 Rn. 24). Diese Voraussetzung erfüllt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch nicht.
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b) Allerdings hat der Senat, worauf das Berufungsgericht seine gegenteilige Rechtsauffassung gestützt hat, wiederholt entschieden, dass die Geltendmachung eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zur Unterbrechung beziehungsweise Hemmung der Verjährung eines Amtshaftungsanspruchs wegen desselben Fehlverhaltens des Sozialleistungsträgers führt (Urteile vom 20. Juli 2000 - III ZR 64/99, VersR 2001, 1108, 1112 und vom 11. Februar 1988 - III ZR 221/86, BGHZ 103, 242, 246; siehe auch Senatsurteile vom 12. Mai 2011 - III ZR 59/10, WM 2011, 1670 Rn. 56 f und vom 10. Februar 2011 - III ZR 37/10, BGHZ 188, 302 Rn. 36 f). Der Senat hat in diesem Kontext insbesondere den engen Zusammenhang des Herstellungsanspruchs mit dem Primärrechtsschutz hervorgehoben (Urteile vom 12. Mai 2011 aaO Rn. 57, 62 undvom 11. Februar 1988 aaO S. 247; siehe auch Urteil vom 10. Februar 2011 aaO Rn. 36). Er hat jedoch mangels Entscheidungserheblichkeit in den seinerzeit zu beurteilenden Sachverhalten bislang davon abgesehen zu entscheiden, ob der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ein Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB darstellt, diese Frage vielmehr ausdrücklich offen gelassen (Urteile vom 20. Juli 2000 aaO; vom 16. November 1989 - III ZR 146/88, NJW-RR 1990, 408, 409 und vom 9. März 1989 - III ZR 76/88, BGHR BGB § 839 Abs. 3 Primärrechtsschutz 2).
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c) Die Frage ist nunmehr zu verneinen (so auch Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl., S. 397 zum verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch ).
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aa) Tragende Erwägung des Senats, der Geltendmachung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verjährungsunterbrechende beziehungsweise -hemmende Wirkung für einen Amtshaftungsanspruch, der auf dieselbe Pflichtverletzung gestützt wird, zuzuerkennen, war der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit (siehe insbesondere Senatsurteile vom 12. Mai 2011 aaO und vom 10. Februar 2011 aaO Rn. 37). Der Geschädigte soll nicht wegen Fortschreitens der Zeit gezwungen werden, eine Amtshaftungsklage zu erheben , um den Eintritt der Verjährung seines Anspruchs aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG zu verhindern, obgleich er noch parallel seinen Herstellungsanspruch verfolgt, der hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der in Rede stehenden Amtshandlung dieselben Fragen aufwirft.
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Der Gesichtspunkt des Schutzes der Beteiligten vor der Notwendigkeit, wegen einer (möglicherweise) rechtswidrigen Amtshandlung mehrere Verfahren parallel zu führen, ist jedoch für § 839 Abs. 3 BGB nicht ausschlaggebend, auch wenn dies ein nützlicher Nebeneffekt sein mag. Das gesetzgeberische Anliegen , das der Regelung des § 839 Abs. 3 BGB zugrunde liegt, besteht vielmehr darin, nach Treu und Glauben nur demjenigen Schadensersatz zuzubilligen, der sich in gehörigem und ihm zumutbarem Maße für seine eigenen Belange einsetzt und damit den Schaden abzuwenden sich bemüht. Es soll nicht erlaubt sein, den Schaden entstehen oder größer werden zu lassen, um ihn schließlich, gewissermaßen als Lohn für eigene Untätigkeit, dem Beamten oder dem Staat in Rechnung zu stellen; § 839 Abs. 3 BGB stellt damit eine besondere Ausprägung von § 254 BGB dar (Senatsurteil vom 29. März 1971 - III ZR 98/69, BGHZ 56, 57, 63). Daneben ist die Deutung getreten, dass § 839 Abs. 3 BGB die schadensersatzrechtliche Sanktion des ihm vorausliegenden Gebots darstellt, den Primärrechtsschutz in Anspruch zu nehmen, die Vorschrift somit die sekundäre Schadensersatzpflicht in den Nachrang verweist (MünchKommBGB /Papier, 5. Aufl., § 839 Rn. 330; Ossenbühl/Cornils aaO S. 94). Wer durch hoheitliches Unrecht Schaden erleidet, muss sich unmittelbar gegen den schädigenden Hoheitsakt wenden, soweit dies möglich und zumutbar ist. Ein Wahlrecht steht dem Geschädigten nicht zu (dies. aaO).
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bb) Ausgehend von diesen Zweckbestimmungen hat der Senat in seiner Rechtsprechung den Begriff des Rechtsmittels im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB wie oben unter Buchstaben a wiedergegeben ausgelegt. Mit dieser Definition ist es nicht vereinbar, den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch - ebenso wie den verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch - als Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB zu qualifizieren.
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Der vom Bundessozialgericht richterrechtlich entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch knüpft an die Verletzung behördlicher Auskunfts-, Beratungs - und Betreuungspflichten als Nebenpflichten im Sozialrechtsverhältnis an. Er begründet einen Anspruch auf (eine Art von) Naturalrestitution. Er ist auf die Vornahme einer zulässigen Amts- beziehungsweise Rechtshandlung zur Herstellung desjenigen Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger die ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenden Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (st. Rspr., z.B.: BSG, NZS 2013, 233 Rn. 28; BSGE 65, 21, 26; 49, 76, 78 f; siehe auch Senatsurteil vom 11. Februar 1988 - III ZR 221/86, BGHZ 103, 242, 246). Damit entspricht er weitgehend dem im allgemeinen Verwaltungsrecht anerkannten Folgenbeseitigungsanspruch , der ebenfalls auf die Beseitigung der rechtswidrigen Folgen eines Handelns oder Unterlassens der vollziehenden Gewalt gerichtet ist und einen Ausgleich in natura gewährt (z.B. BVerwGE 140, 34 Rn. 18; BVerwG Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 35; BVerwGE 69, 366, 371). Zwar unterscheiden sich die beiden Institute darin, dass im Sozialrecht der Anspruch darauf gerichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn sich der Sozialleistungsträger von vornherein rechtmäßig verhalten hätte, während auf dem Gebiet des allgemeinen Verwaltungsrechts unrechtmäßige hoheitliche Maßnahmen nur im Rahmen zulässigen Verwaltungshandeln ausgeglichen werden können (BVerwG Buchholz aaO). Gegenstand eines verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs ist daher nicht die Einräumung derjenigen Rechtsposition, die der Betroffene bei rechtsfehlerfreiem Verwaltungshandeln haben würde. Der Anspruch auf Folgenbeseitigung ist dementsprechend regelmäßig nur auf die Wiederherstellung des ursprünglichen, durch hoheitliches Handeln veränderten Zustands gerichtet (BVerwG aaO).
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Entscheidend im vorliegenden Zusammenhang ist jedoch die Gemeinsamkeit beider Ansprüche, dass sie nicht auf die Abwehr oder Veränderung der zugrunde liegenden Verwaltungsmaßnahme gerichtet sind, sondern die Beseitigung von deren Folgen zum Ziel haben. Sie tragen damit einen auf die Konsequenzen des in Rede stehenden Verwaltungshandelns oder -unterlassens gerichteten kompensatorischen, nicht aber auf die Maßnahme selbst gerichteten defensiven Charakter. Demgegenüber müssen sich, wie unter Buchstaben a ausgeführt, Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB unmittelbar gegen die als Amtspflichtverletzung darstellende Handlung richten und das Ziel haben, diese zu beseitigen oder zu berichtigen.
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Der Amtshaftungsanspruch nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG ist ebenso wie der sozialrechtliche Herstellungs- und der verwaltungsrechtliche Folgenbeseitigungsanspruch auf den Ausgleich der Folgen von (pflichtwidrigen) Amtshandlungen und -unterlassungen gerichtet. Auch wenn § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB im Gegensatz zu den letztgenannten Instituten ein Verschulden des rechtswidrig handelnden Amtswalters erfordert (vgl. hierzu Senatsurteil vom 11. Februar 1988 - III ZR 221/86, BGHZ 103, 242, 246 f; BVerwG Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 35; BSGE 49, 76, 77, 80) und anders als diese nicht auf Naturalrestitution, sondern auf Geldersatz gerichtet ist (Senat aaO S. 247; zum Hintergrund näher Schäfer/Bonk, StHG, Einführung Rn. 53), steht er damit rechtssystematisch auf derselben Stufe wie diese Ansprüche. Auch dies spricht dagegen, ihnen im Wege des § 839 Abs. 3 BGB Vorrang gegenüber dem Amtshaftungsanspruch einzuräumen.
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Diese Erwägungen korrespondieren damit, dass im - allerdings wegen fehlender Gesetzgebungskompetenz des Bundes für verfassungswidrig erklärten (BVerfGE 61, 149) - Staatshaftungsgesetz (StHG) vom 26. Juni 1981 (BGBl. I S. 553) der Folgenbeseitigungs- und der der Amtshaftung entsprechende Anspruch gleichrangig nebeneinander standen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 StHG hatte der Geschädigte grundsätzlich die Wahl, ob er statt der in § 3 StHG geregelten Folgenbeseitigung Geldersatz gemäß § 2 StHG verlangt. Auch der durch das Bundessozialgericht entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch trat "als weiterer Baustein" zu dem System öffentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs , das neben dem Amtshaftungsanspruch unter anderem Regelungen über die Enteignungsentschädigung, einen Ausgleich für enteignungsgleiche Eingriffe und den Aufopferungsanspruch enthält (BSGE 49, 76, 78). Schon die Formulierung, der sozialrechtliche Herstellungsanspruch trete zu dem "neben" dem Amtshaftungsanspruch bestehenden Ausgleichssystem, deu- tet darauf hin, dass nach der Konzeption des Bundessozialgerichts Gleichrang zwischen den beiden Instituten bestehen sollte. Noch deutlicher wird dies durch die Einreihung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu den aufgeführten übrigen Instituten. Insbesondere zwischen den Ansprüchen aus enteignungsgleichem Eingriff und dem Amtshaftungsanspruch besteht Anspruchskonkurrenz (z.B. BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 12. April 1954 - GSZ 1/54, BGHZ 13, 88 ff; Senatsurteil vom 11. Januar 2007 - III ZR 302/05, BGHZ 170, 260 Rn. 31). Die Haftung aus § 839 Abs. 1Satz 1 BGB ist nicht gegenüber dem Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff gemäß § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB subsidiär (BGH, Großer Senat für Zivilsachen, aaO S. 101 ff), und eine Anwendung von § 839 Abs. 3 BGB auf diesen Anspruch wurde erst gar nicht erwogen. Wird der sozialrechtliche Herstellungsanspruch im öffentlich-rechtlichen Ausgleichssystem auf dieselbe Stufe wie der Entschädigungsanspruch wegen enteignungsgleichen Eingriffs gestellt, ist dies ein weiterer Hinweis darauf, dass eine Forderung aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG gegenüber dem sozialrechtlichen Anspruch ebenfalls keinen Nachrang hat, worauf es aber hinauslaufen würde, wenn jener als Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB einzuordnen wäre.
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Schließlich spricht auch der Charakter von § 839 Abs. 3 BGB als besondere Ausprägung von § 254 BGB (Senatsurteil vom 29. März 1971 - III ZR 98/69, BGHZ 56, 57, 63, siehe auch oben Buchst. aa) gegen die Qualifizierung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs und des verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs als Rechtsmittel im Sinne des Amtshaftungsrechts. Bei der im Rahmen der Auslegung der Vorschrift gebotenen typisierenden Betrachtungsweise sind Maßnahmen des Betroffenen, die sich unmittelbar gegen das in Rede stehende Amtshandeln oder -unterlassen richten, grundsätzlich geeignet, den Eintritt eines aus ihm folgenden Schadens zu verhindern oder zu mindern. Dies trifft auf den sozialrechtlichen Herstellungs- und den verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch nicht zu. Sie gewähren ebenso wie der Amtshaftungsanspruch lediglich einen Ausgleich der infolge der in Rede stehenden Amtsmaßnahme bereits eingetretenen Nachteile und sind schon vom Ansatz her nicht auf deren Vermeidung ausgerichtet. Auch sind sie - jedenfalls bei der wiederum erforderlichen generalisierenden Betrachtung - nicht dazu bestimmt, die Belastung der ausgleichspflichtigen Körperschaft zu mindern. Zwar sind sie auf Naturalrestitution gerichtet, während nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG ausschließlich Geldersatz geschuldet wird (z.B. Senatsurteil vom 11. Februar 1988 - III ZR 221/86, BGHZ 103, 242, 247). Die Naturalrestitution ist jedoch für den Ersatzpflichtigen nicht typischerweise wirtschaftlich weniger belastend als der Geldersatz.
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Die Unanwendbarkeit von § 839 Abs. 3 BGB auf den sozialrechtlichen Herstellungs- und den verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch schließt allerdings im Einzelfall nicht aus, dass der Geschädigte, der eine Amtshaftungsforderung erhebt, gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf diese Ansprüche verwiesen werden kann, wenn die Naturalrestitution für die betroffene Körperschaft wirtschaftlich günstiger und dem Anspruchsberechtigten, auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Ausgleichszahlung (siehe hierzu BVerwGE 82, 24, 27 f), zuzumuten ist (vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 1988 aaO S. 248). Der vorliegend zur Entscheidung stehende Sachverhalt enthält aber keine Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Fallgestaltung vorliegen könnte. Im Gegenteil ist nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die vom Berufungsgericht in Betracht gezogene Beitragsgutschrift auf dem Rentenkonto der Klä- gerin im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruch die Beklagte im Ergebnis weniger belastet als die begehrte Zahlung von Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen dem tatsächlichen Rentenanspruch und demjenigen, der bestünde, wenn die Beklagte den Beitragsregress durchgeführt hätte.
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3. Das Berufungsgericht hat, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig , keine Feststellungen zum Verschulden der Bediensteten der Beklagten getroffen. Dies ist nachzuholen. Hierbei wird das Berufungsgericht einerseits die sogenannte Kollegialgerichtsrichtlinie (vgl. hierzu z.B.: Senatsurteile vom 9. Dezember 2010 - III ZR 272/09, WM 2011, 571 Rn. 21; vom 4. November 2010 - III ZR 32/10, BGHZ 187, 286 Rn. 35 ff mit umfangreichen weiteren Nachweisen in Rn. 36; vom 16. Oktober 2008 - III ZR 15/08, WM 2009, 86 Rn. 21 und vom 2. Juni 2005 - III ZR 306/04, WM 2005, 1482, 1484) zu berücksichtigen haben, da das mit drei Berufsrichtern besetzte Landgericht eine Pflichtverletzung der Beklagten verneint hat, sich zugleich aber auch mit deren Einschränkungen zu befassen haben (siehe z.B. Senatsurteile vom 9. Dezember 2010; vom 16. Oktober 2008 und vom 2. Juni 2005 jeweils aaO; Senatsurteil vom 4. November 2010 aaO Rn. 37; Senatsurteil vom 12. November 1992 - III ZR 178/91, BGHZ 120, 184, 197 mwN; siehe ferner Staudinger/Wöstmann [2013] § 839 Rn. 213).
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4. Weiterhin wird das Berufungsgericht gegebenenfalls Feststellungen zur Höhe des geltend gemachten Zahlungsanspruchs nachzuholen haben.
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5. Da die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1, 3 ZPO).
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 27.07.2011 - 15 O 20925/10 -
OLG München, Entscheidung vom 24.05.2012 - 1 U 3366/11 -

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin Altersrente für Frauen ohne Kürzung der nach dem Fremdrentengesetz (FRG) anzurechnenden Entgeltpunkte (EP) zusteht.

2

Die im Jahre 1939 geborene Klägerin siedelte im Juni 1989 aus der ehemaligen Sowjetunion in die Bundesrepublik Deutschland über. Auf ihren Antrag vom September 1999 bewilligte die Beklagte Altersrente für Frauen ab 1.12.1999 (Bescheid vom 9.12.1999). Bei der Berechnung kürzte sie die EP der nach dem FRG anerkannten Beitragszeiten der Klägerin um 40 vH durch Multiplikation mit dem Faktor 0,6.

3

Mit Schreiben vom 26.2.2007 beantragte die Klägerin die "Rücknahme des Bescheides vom 13.1.1997" gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und die Neufeststellung ihrer Altersrente ohne Kürzung der Beitragszeiten nach dem FRG um 40 vH unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 13.6.2006 (BVerfGE 116, 96 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5). Die Beklagte lehnte die Rücknahme des Bescheids vom 9.12.1999 ab, weil die Klägerin ihren Überprüfungsantrag erst nach dem 31.12.2004 gestellt habe, so dass sie allein deshalb die Voraussetzungen der nach der Entscheidung des BVerfG getroffenen Übergangsregelung nicht erfülle (Bescheid vom 14.8.2007). Widerspruch und Klage blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 9.11.2007; Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.3.2009).

4

Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 5.10.2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch nach § 44 SGB X auf Rücknahme des Rentenbescheids vom 9.12.1999 und auf Gewährung einer Altersrente ohne Kürzung der nach dem FRG anzurechnenden EP um 40 vH. Gemäß § 22 Abs 4 FRG seien die EP für Zeiten nach §§ 15 und 16 FRG mit dem Faktor 0,6 zu vervielfältigen. Die Klägerin könne eine ungekürzte Altersrente auch nicht aus der rückwirkend zum 1.10.1996 eingefügten Fassung von Art 6 § 4c Abs 2 Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz (FANG<2007>) beanspruchen. Diese - auf die Entscheidung des BVerfG vom 13.6.2006 zurückzuführende - Übergangsregelung greife nicht zugunsten der Klägerin. Zwar sei unstreitig, dass sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik vor dem 1.1.1991 (am 20.6.1989) genommen und Altersrente nach dem 30.9.1996 (ab 1.12.1999) bezogen habe. Es fehle jedoch an einem Rentenantrag oder an einem bis zum 31.12.2004 gestellten Antrag auf Rücknahme des Rentenbescheids, über den am 30.6.2006 noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei. Am Stichtag der Vorschrift (30.6.2006) sei kein unbeschiedener Antrag der Klägerin anhängig gewesen. Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass der Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X auf Rücknahme des Rentenbewilligungsbescheids vom 9.12.1999 erst am 26.2.2007 gestellt worden sei.

5

Eine günstigere Regelung könne die Klägerin auch nicht aus der Formulierung in der og Entscheidung des BVerfG herleiten, wonach bereits bestandskräftig gewordene Verwaltungsakte von der Entscheidung "für die Zeit vor der Bekanntgabe unberührt" blieben. Dadurch habe das BVerfG klargestellt, dass der Gesetzgeber nicht verpflichtet gewesen sei, Verwaltungsverfahren, die im Zeitpunkt der Verkündung der Entscheidung des BVerfG bereits (bestandskräftig) abgeschlossen waren, für Zeiträume bis zur Entscheidung des BVerfG in eine gesetzliche Neuregelung einzubeziehen. Dadurch habe der Gesetzgeber der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Bestandskraft von Verwaltungsakten, die auch in § 79 Abs 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) zum Ausdruck komme, Rechnung getragen. Im Umkehrschluss bedeute dies nicht, dass für diese bestandskräftig gewordenen Verwaltungsakte eine Neuregelung für die Zukunft hätte getroffen werden müssen. Dies richte sich vielmehr danach, inwieweit das BVerfG die streitige Norm für nicht mit der Verfassung vereinbar erklärt habe. Entscheidend sei daher, ob für die Herstellung eines verfassungsgemäßen Zustands eine Änderung der Norm nur für in der Vergangenheit zurückliegende oder auch für zukünftige Zeiträume erforderlich sei. Die Neuregelung des Art 6 § 4c Abs 2 FANG (2007) sei jedenfalls mit den Vorgaben des BVerfG vereinbar. Mit der nach Zeiträumen gestaffelten Kürzung der EP in dieser Übergangsregelung habe der Gesetzgeber den Betroffenen hinreichend Zeit gelassen, um sich auf niedrigere Rentenhöhen einzustellen. Gerade die vom BVerfG für ausreichend erachtete Möglichkeit zur Anpassung der Lebensführung an den deutlich niedrigeren Rentenbetrag lasse auf eine verfassungsrechtlich zulässige Absenkung der Rentenhöhe für rentennahe Jahrgänge schließen.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verfassungswidrigkeit der Übergangsregelung des Art 6 § 4c Abs 2 FANG (2007). Rechte nach dem FRG seien bereits mit ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland entstanden. Nachfolgende Gesetzesänderungen hätten daher in ihre bereits entstandenen Ansprüche eingegriffen. Aus diesem Grund habe das BVerfG auch eine Übergangsregelung für notwendig erachtet. Diese erfasse jedoch nur einen Teil der durch die Gesetzesänderungen Betroffenen. Insbesondere berücksichtige die Norm nicht jenen Personenkreis, dem sie zugehörig sei. Auch für diese Personen gelte der Grundsatz des Vertrauensschutzes. Unter Beachtung der Vorgaben des BVerfG hätte sie in die Übergangsregelung einbezogen werden müssen.

7

           

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

        

die Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 5.10.2009 und des SG Detmold vom 26.3.2009 und den Bescheid der Beklagten vom 14.8.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.11.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Rücknahme des Bescheids vom 9.12.1999 Altersrente für Frauen ohne Kürzung der nach dem FRG ermittelten EP um den Faktor 0,6 und im Übrigen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ab dem 1.7.2006 zu gewähren.

8

           

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält Art 6 § 4c Abs 2 FANG (2007) für verfassungsgemäß. Im Übrigen beruft sie sich auf das Urteil des 5. Senats vom 20.10.2009 (BSG SozR 4-5050 § 22 Nr 9), wonach die Übergangsregelung auch dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutz für die von dieser Vorschrift erfassten Betroffenen entspreche.

10

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 165 Satz 1, § 153 Abs 1, § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz).

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das LSG hat die Berufung zu Recht zurückgewiesen. Mit ihrem Überprüfungsbegehren verfolgt die Klägerin eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG; vgl BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 3 RdNr 8; BSGE 88, 75, 77 = SozR 3-2200 § 1265 Nr 20 S 132; BSGE 81, 150, 152 = SozR 3-3100 § 30 Nr 18 S 43; BSGE 76, 156, 157 f = SozR 3-4100 § 249e Nr 7 S 52; BSG SozR 3-1300 § 44 Nr 8 S 19), die unbegründet ist. Der angefochtene Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 14.8.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.11.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Denn sie hat keinen Anspruch auf Rücknahme des bestandskräftigen Rentenbewilligungsbescheids vom 9.12.1999 sowie auf Neufeststellung einer höheren Altersrente ohne Kürzung der nach dem FRG ermittelten EP um den Faktor 0,6.

12

Die Beklagte ist weder nach Art 6 § 4c Abs 2 FANG (1.) noch nach der Rechtsfolgenanordnung des BVerfG (2.) oder nach verfahrensrechtlichen Vorschriften (3.) zur Änderung des bestandskräftigen Rentenbescheids vom 9.12.1999 verpflichtet. Zugunsten der Klägerin greift auch nicht der sozialrechtliche Herstellungsanspruch (4.). Das Überprüfungsbegehren scheitert daran, dass die ab 1.12.1999 vorgenommene Absenkung der EP für nach dem FRG anerkannte Beitragszeiten um 40 vH gemäß § 22 Abs 4 FRG ohne Ausgleich gesetzeskonform und verfassungsgemäß (5.) ist.

13

1. Gemäß § 22 Abs 4 FRG in der hier maßgeblichen Fassung von Art 3 Nr 4 Buchst b Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) vom 25.9.1996 (BGBl I 1461) sind die nach § 22 Abs 1 und 3 FRG maßgeblichen EP mit dem Faktor 0,6 zu vervielfältigen, also um 40 vH abzusenken. Diese Vorschrift, die bereits mit Wirkung vom 7.5.1996 in Kraft getreten ist (Art 12 Abs 2 WFG), hat die Beklagte rechtsfehlerfrei angewandt.

14

a) Die - ebenfalls mit Wirkung vom 7.5.1996 (Art 12 Abs 2 WFG) in Kraft getretene - als Übergangsregelung hierzu durch Art 6 § 4c FANG (1996) idF von Art 4 Nr 4 WFG geschaffene Ausnahme beließ es für "Berechtigte, die vor dem 7. Mai 1996 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen haben und deren Rente vor dem 1. Oktober 1996 beginnt", bei dem bis dahin geltenden Recht. In Verbindung mit der früheren Übergangsregelung des Art 6 § 4 Abs 5 FANG (1996) galt der Rentenabschlag in Höhe von 40 vH damit für alle nach dem FRG Berechtigten unabhängig vom Datum ihres Zuzugs mit einem Rentenbeginn ab dem 1.10.1996, wenn sie nicht unter das Abkommen vom 9.10.1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung fielen (vgl hierzu BVerfGE 116, 96, 101 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5 RdNr 22; BSG SozR 4-5050 § 22 Nr 9 RdNr 14). Zu diesem Personenkreis zählt auch die Klägerin. Die Beklagte hat diese Vorschriften ebenfalls rechtsfehlerfrei auf sie angewandt. .

15

b) Eine günstigere Rechtsposition kann die Klägerin auch nicht aus der durch Art 16 Nr 2 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20.4.2007 (BGBl I 554) rückwirkend zum 1.10.1996 (Art 27 Abs 2 aaO) angefügten Bestimmung des Art 6 § 4c Abs 2 FANG (2007) herleiten. Diese Übergangsregelung geht auf die Entscheidung des BVerfG vom 13.6.2006 (BVerfGE 116, 96 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5) zurück (vgl BT-Drucks 16/3794, S 48 zu Art 16), wonach es mit Art 2 Abs 1 Grundgesetz (GG) iVm dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip unvereinbar ist, dass § 22 Abs 4 FRG auf Berechtigte, die vor dem 1.1.1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen haben und deren Rente nach dem 30.9.1996 begonnen hat, ohne eine Übergangsregelung für die zum damaligen Zeitpunkt rentennahen Jahrgänge zur Anwendung kommt.

16

           

Art 6 § 4c Abs 2 FANG (2007) lautet:

"(2) Für Berechtigte,

1.    

die vor dem 1. Januar 1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen haben,

2.    

deren Rente nach dem 30. September 1996 beginnt und

3.    

über deren Rentenantrag oder über deren bis 31. Dezember 2004 gestellten Antrag auf Rücknahme des Rentenbescheides am 30. Juni 2006 noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist,

wird für diese Rente einmalig zum Rentenbeginn ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten ermittelt. Der Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten ergibt sich aus der Differenz zwischen der mit und ohne Anwendung von § 22 Abs 4 des Fremdrentengesetzes ermittelten Summe aller persönlichen Entgeltpunkte. Dieser Zuschlag wird monatlich für die Zeit des Rentenbezuges

        

vom 1. Oktober 1996 bis 30. Juni 1997 voll,

        

vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 zu drei Vierteln,

        

vom 1. Juli 1998 bis 30. Juni 1999 zur Hälfte und

        

vom 1. Juli 1999 bis 30. Juni 2000 zu einem Viertel

gezahlt. Für die Zeit des Rentenbezuges ab 1. Juli 2000 wird der Zuschlag nicht gezahlt. § 88 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch findet keine Anwendung. § 44 Abs 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch findet Anwendung."

17

c) Der Klägerin stehen aus dieser Übergangsregelung weder eine ungekürzte Rente unter voller Anrechnung der EP für die nach dem FRG anerkannten Zeiten noch ein Rentenzuschlag zu. Zwar hat sie vor dem 1.1.1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen (Juni 1989) und ihre Rente hat nach dem 30.9.1996 (Dezember 1999) begonnen (Abs 2 Satz 1 Nr 1 und 2). Die Voraussetzungen von Abs 2 Satz 1 Nr 3 sind jedoch nicht erfüllt. Denn über ihren Rentenantrag vom September 1999 war bereits mit Bewilligungsbescheid vom 9.12.1999 bindend (§ 77 SGG) entschieden worden. Es fehlt an einem "bis 31. Dezember 2004 gestellten Antrag auf Rücknahme des Rentenbescheids", weil die Klägerin den Antrag auf Rücknahme dieses Rentenbescheids erst mit Schreiben vom 26.2.2007 gestellt hat.

18

d) Gründe für eine Wiedereinsetzung in die am 31.12.2004 abgelaufene Frist zur Beantragung der Überprüfung des Rentenbescheids (§ 27 Abs 1 SGB X) sind vom LSG nicht festgestellt und von der Klägerin auch nicht behauptet worden - unabhängig von der Frage, ob eine Wiedereinsetzung zulässig wäre (§ 27 Abs 5 SGB X).

19

2. Die Klägerin kann auch keine Änderung des bindenden Rentenbescheids aus der Rechtsfolgenanordnung im Abschnitt D der Entscheidung des BVerfG vom 13.6.2006 (BVerfGE 116, 96, 135 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5 RdNr 111 ff), die für alle Gerichte und Behörden bindend ist (§ 31 Abs 1 BVerfGG), beanspruchen; weder für den Leistungszeitraum ab 1.12.1999 noch ab 1.7.2006.

20

           

Das BVerfG hat in der Rechtsfolgenanordnung im Abschnitt D Folgendes bestimmt (BVerfGE 116, 96, 135 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5 RdNr 111 bis 113):
"D. I. Da der Gesetzgeber im vorliegenden Fall eine Regelung in verfassungswidriger Weise unterlassen hat, kommt nur eine Unvereinbarkeitserklärung in Betracht.
Der Gesetzgeber hat bis zum 31.12.2007 eine verfassungsgemäße Regelung zu treffen.
II. Noch nicht rechts- oder bestandskräftig abgeschlossene Gerichts- und Verwaltungsverfahren, in denen sich Berechtigte, die vor dem 1.1.1991 in die Bundesrepublik Deutschland zugezogen sind und deren Rente nach dem 30.9.1996 begonnen hat, gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 22 Abs 4 FRG 1996 wegen der dort vorgesehenen Absenkung der ihrer Rente zu Grunde liegenden Entgeltpunkte wenden, bleiben ausgesetzt oder sind auszusetzen, um den Betroffenen die Möglichkeit zu erhalten, aus der vom Gesetzgeber zu treffenden Regelung Nutzen zu ziehen. Bereits bestandskräftig gewordene Verwaltungsakte bleiben von der vorliegenden Entscheidung für die Zeit vor der Bekanntgabe unberührt. Es ist dem Gesetzgeber aber unbenommen, die Wirkung dieser Entscheidung auch auf bereits bestandskräftige Bescheide zu erstrecken; von Verfassungs wegen verpflichtet ist er hierzu nicht (vgl BVerfGE 104, 126, 150)."

21

Mit der in Art 6 § 4c Abs 2 Satz 1 Nr 3 FANG (2007) normierten Regelung("über deren Rentenantrag oder über deren bis 31. Dezember 2004 gestellten Antrag auf Rücknahme des Rentenbescheids am 30. Juni 2006 noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist") ist der Gesetzgeber nicht hinter den Vorgaben des BVerfG zurückgeblieben (wonach "noch nicht rechts- oder bestandskräftig abgeschlossene Gerichts- und Verwaltungsverfahren" ausgesetzt bleiben oder auszusetzen sind). Hierbei hat der Gesetzgeber auch im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung des BVerfG am 30.6.2006 (durch Pressemitteilung des BVerfG Nr 58/2006) anhängige Überprüfungsverfahren in bestimmten zeitlichen Grenzen in die Übergangsregelung mit einbezogen.

22

Welche Gründe den Gesetzgeber bewogen haben, die Antragstellung für Überprüfungsverfahren auf den 31.12.2004 zu befristen, ergibt sich zwar nicht aus den Gesetzesmaterialien (vgl BT-Drucks 16/3794, S 48 zu Art 16; 16/4372; vgl auch BR-Drucks 2/07 S 122). Die Befristung erschließt sich aber aus dem zeitlich gestaffelten Rentenzuschlag in Art 6 § 4c Abs 2 Satz 3 FANG (2007). Sie trägt § 44 Abs 4 SGB X Rechnung(insoweit zutreffend LSG Bayern vom 18.2.2009 - L 13 R 909/08 - Juris RdNr 31), auf den Art 6 § 4c Abs 2 Satz 6 FANG (2007) verweist. Anträge auf Rücknahme des Rentenbescheids, die während des von der Vorschrift nicht erfassten Zeitraums ab 1.1.2005 gestellt worden sind, lösen von vornherein keinen Überprüfungsanspruch aus, weil die Rücknahme eines bindenden Rentenbescheids in diesem Fall keine Auswirkung mehr haben kann (vgl BSG SozR 3-6610 Art 5 Nr 1 S 4 mwN). Für ab 1.1.2005 gestellte Überprüfungsanträge hätte ein Rentenzuschlag allenfalls im Zeitraum von 2001 bis 2004 beansprucht werden können. Der gestaffelte Rentenzuschlag lief aber bereits mit Ablauf des 30.6.2000 gänzlich aus (Art 6 § 4c Abs 2 Sätze 3 und 4 FANG<2007>).

23

Für die Klägerin, die ihren Überprüfungsantrag erst am 26.2.2007, mithin nach der Bekanntgabe der Entscheidung des BVerfG gestellt hat, gilt daher die verbindliche Rechtsfolgenanordnung, dass bestandskräftig gewordene Verwaltungsakte von der Entscheidung des BVerfG für die Zeit vor dessen Bekanntgabe unberührt bleiben. Zwar war es demnach dem Gesetzgeber unbenommen, die Wirkung der Entscheidung auch auf bereits bestandskräftige Bescheide zu erstrecken. Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber in Art 6 § 4c Abs 2 Satz 1 Nr 3 Alt 2 FANG (2007) nur in Bezug auf bis 31.12.2004 gestellte Überprüfungsanträge Gebrauch gemacht.

24

3. Die Klägerin kann auch keine Änderung des bindenden Rentenbescheids aus verfahrensrechtlichen Normen herleiten, weder für den Leistungszeitraum ab 1.12.1999 noch ab 1.7.2006.

25

a) Ein Anspruch auf Rücknahme des bindenden Rentenbescheids aus § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X für den Leistungszeitraum vom 1.12.1999 bis 30.6.2000 besteht nicht. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Gemäß § 44 Abs 4 SGB X werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht, wenn der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden ist(Satz 1). Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (Satz 3).

26

Kann die Rücknahme eines bindenden Verwaltungsakts aber keine Auswirkung mehr haben, so besteht von vornherein kein Überprüfungsanspruch mehr (BSG SozR 3-6610 Art 5 Nr 1 S 4 mwN). So verhält es sich hier. Die Klägerin könnte selbst bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen von § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X auf ihren im Februar 2007 gestellten Antrag auf Rücknahme des Rentenbewilligungsbescheids vom 9.12.1999 allenfalls Leistungen im Zeitraum von 2003 bis 2006 beanspruchen (§ 44 Abs 4 SGB X). Der in Art 6 § 4c Abs 2 Satz 3 FANG (2007) gestaffelte Rentenzuschlag lief aber mit Ablauf des 30.6.2000 gänzlich aus.

27

b) Ebenso wenig wirkt sich § 100 Abs 4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), der durch Art 1 Nr 30 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20.4.2007 (BGBl I 554) mit Wirkung zum 1.5.2007 (Art 27 Abs 7) angefügt worden ist, zugunsten der Klägerin aus. Denn diese Bestimmung setzt ua einen Rücknahmeanspruch nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X voraus, der nicht vorliegt(s soeben unter a).

28

c) Auch eine Anwendung von § 48 Abs 1 oder 2 SGB X anstelle von § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X könnte die Klägerin nicht günstiger stellen. § 48 Abs 4 Satz 1 SGB X verweist insoweit ebenso auf die vierjährige Ausschlussfrist des § 44 Abs 4 SGB X. Dadurch werden bei der Aufhebung nach §§ 44 und 48 SGB X hinsichtlich der nachträglichen Erbringung von Sozialleistungen gleiche Ergebnisse erzielt(vgl Schütze in von Wulffen, 7. Aufl 2010, § 48 SGB X RdNr 33 mwN).

29

4. Die Klägerin kann für sich schließlich kein Recht aus dem - von der Rechtsprechung entwickelten - sozialrechtlichen Herstellungsanspruch herleiten. Dieser erfordert eine Pflichtverletzung und einen hierdurch hervorgerufenen Schaden auf dem Gebiet des Sozialrechts; als Rechtsfolge ist der Zustand wiederherzustellen, der ohne die Pflichtverletzung bestehen würde, wobei dies jedoch nur durch eine zulässige Amtshandlung geschehen darf (stRspr, vgl zu den Einzelheiten zB Senatsurteil vom 11.3.2004 - BSGE 92, 241, 243 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 3 RdNr 19 mwN).

30

Ein Übergangszuschlag nach Art 6 § 4c Abs 2 Satz 3 FANG (2007) aufgrund des Herstellungsanspruchs könnte in der vorliegenden Fallgestaltung allenfalls damit begründet werden, dass die Beklagte die Klägerin dahingehend hätte kontaktieren müssen, dass sie bis zum 31.12.2004 einen Antrag auf Rücknahme ihres (bindenden) Rentenbescheids vom 9.12.1999 hätte stellen müssen. Ein solches Beratungsverlangen ist aber abwegig. Denn der Ausgang des Verfahrens vor dem BVerfG war seinerzeit nicht vorhersehbar.

31

5. Der Senat hat sich nicht davon überzeugen können, dass die Übergangsregelung des Art 6 § 4c Abs 2 FANG (2007) verfassungswidrig ist.

32

a) Soweit die Klägerin meint, sie könne allein deshalb eine ungekürzte Altersrente beanspruchen, weil sie bereits vor 1991 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei und schon zu diesem Zeitpunkt Ansprüche nach dem FRG erworben habe, die der Gesetzgeber aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht mehr zu ihren Ungunsten habe ändern dürfen, geht diese Ansicht fehl. Das BVerfG hat ausdrücklich entschieden, dass der Personenkreis, der bereits vor diesem Datum zugezogen war, nicht allgemein von der Kürzung der EP um 40 vH ausgeschlossen ist. Ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass "allein die nach dem 1.1.1991 in die Bundesrepublik zugezogenen, nach dem FRG Berechtigten die Last der Sanierung der RV-Träger auf Dauer zu tragen hätten, konnte sich nicht bilden" (BVerfGE 116, 96, 132 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5 RdNr 104).

33

Im Übrigen ist bereits entschieden, dass die Stufenregelung des Art 6 § 4c Abs 2 FANG (2007) die Vorgaben im Beschluss des BVerfG vom 13.6.2006 (BVerfGE 116, 96 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5)erfüllt. Sie genügt den Anforderungen, die das BVerfG unter Berücksichtigung von Art 2 Abs 1 GG und des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzips an eine Übergangsregelung für FRG-Berechtigte, die vor dem 1.1.1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen und deren Rente nach dem 30.9.1996 begonnen hat, gestellt hat (vgl Senatsurteil vom 25.2.2010 - SozR 4-5050 § 22 Nr 10 RdNr 25 ff; BSG SozR 4-5050 § 22 Nr 9 RdNr 17 ff). Im Anschluss an das Senatsurteil (aaO) hat das BVerfG Art 6 § 4c Abs 2 FANG (2007) für mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt. Es hat ausgeführt, dass der Verfassung keine Verpflichtung zu entnehmen ist, die Übergangsregelung über einen längeren Zeitraum als den in Art 6 § 4c Abs 2 FANG (2007) vorgesehenen Zeitraum von 45 Monaten zu erstrecken oder die Reduzierung des Rentenbetrages in anderen Schritten vorzunehmen(BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 15.7.2010 - 1 BvR 1201/10 - NZS 2010, 557, 558). Die Klägerin muss daher die dauerhafte Rentenkürzung um 40 vH hinnehmen.

34

b) Soweit die Klägerin schließlich der Übergangsregelung nur deshalb nicht unterfällt, weil im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung des BVerfG am 30.6.2006 über ihren Rentenantrag bestandskräftig entschieden war und sie erst nach diesem Datum einen Antrag auf Rücknahme des bindenden Rentenbescheids gestellt hat, bleibt auch die Voraussetzung von Art 6 § 4c Abs 2 Satz 1 Nr 3 FANG (2007) nicht hinter den Vorgaben zurück, die das BVerfG als verfassungsrechtliche Rechtsfolge der Unvereinbarkeitserklärung verbindlich(Art 31 Abs 1 BVerfGG) formuliert hat (vgl oben unter 2.). Sie ist schon deshalb verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

35

Art 6 § 4c Abs 2 Satz 1 Nr 3 FANG (2007) privilegiert jene Versicherten, über deren Rente im Zeitpunkt der Entscheidung des BVerfG bzw über deren bis 31.12.2004 gestellte Überprüfungsanträge am Stichtag (30.6.2006) noch nicht bestandskräftig entschieden war, gegenüber jenen Berechtigten, bei denen dies - wie bei der Klägerin - der Fall war. Diese Ungleichbehandlung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG. Die Differenzierung beruht auf sachlichen Gründen.

36

Der Gesetzgeber war nicht verpflichtet, Verwaltungsakte, die zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung des BVerfG bereits bestandskräftig waren - anders als nach der konkreten Rechtsfolgenanordnung des BVerfG - ebenso zu behandeln wie (noch) nicht bindende Verwaltungsakte. Im Hinblick auf die Bestandskraft (Bindung) unterscheiden sich die Sachverhalte grundlegend voneinander, sodass eine differenzierte Behandlung gerechtfertigt ist. Das BVerfG hat geklärt, dass der Bestandskraft von Verwaltungsakten eine vergleichbare Bedeutung für die Rechtssicherheit zukommt wie der Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen. Es besteht auch ein verfassungsrechtliches Interesse daran, die Bestandskraft eines Hoheitsakts herbeizuführen, wenn die Rechtsordnung der Verwaltung die Befugnis erteilt hat, für ihren Bereich das im Einzelfall Verbindliche festzustellen, zu begründen oder zu verändern (so ausdrücklich BVerfGE 60, 253, 270; vgl auch BVerfG vom 15.10.2009 - 1 BvR 3522/08 - Juris RdNr 38: "wegen des verfassungsrechtlich anerkannten Grundsatzes der Bestandskraft").

37

Für die Klägerin gilt daher die Vorgabe des BVerfG, dass bestandskräftig gewordene Verwaltungsakte von der Entscheidung des BVerfG für die Zeit vor dessen Bekanntgabe unberührt bleiben. Von Verfassungs wegen bedurfte es keiner Korrektur von im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung des BVerfG bestandskräftigen Rentenbescheiden. Das BVerfG hat betont, dass es dem Gesetzgeber frei stand, die Wirkung seiner Entscheidung auch auf bereits bestandskräftige (Renten)Bescheide zu erstrecken.

38

Die aufgezeigte Differenzierung lässt sich mühelos auf den Rechtsgedanken der - verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden - Vorschrift von § 79 Abs 2 Satz 1 BVerfGG(dazu BVerfGE 20, 230, 236) zurückführen, wonach nicht mehr anfechtbare Entscheidungen, die auf einer für nichtig (oder für verfassungswidrig) erklärten Norm beruhen, unberührt bleiben. Dem liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass unanfechtbar gewordene Akte der öffentlichen Gewalt, die auf verfassungswidriger Grundlage zu Stande gekommen sind, im Einzelfall nicht rückwirkend aufgehoben und die nachteiligen Wirkungen, die in der Vergangenheit von ihnen ausgegangen sind, im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit nicht beseitigt werden sollen (stRspr, vgl zB BVerfGE 104, 126, 150; 107, 27, 58; 94, 241, 266 auch für den Fall der Unvereinbarkeitserklärung; ebenso Graßhof in Umbach/Clemens/Dollinger , BVerfGG, 2. Aufl, § 78 RdNr 69; § 79 RdNr 27 mwN).

39

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

(1) Soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, geht dieser auf den Versicherungsträger über, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird; dies gilt nicht, soweit

1.
der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt oder sonstige der Beitragspflicht unterliegende Leistungen erbringt oder
2.
der Anspruch auf Ersatz von Beiträgen nach § 116 übergegangen ist.
Für den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung gilt § 116 Abs. 3 Satz 1 und 2 entsprechend, soweit die Beiträge auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem bei unbegrenzter Haftung zu ersetzenden Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und der bei Bezug von Sozialleistungen beitragspflichtigen Einnahme entfallen.

(2) Der Versicherungsträger, auf den ein Teil des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 116 übergeht, übermittelt den von ihm festgestellten Sachverhalt dem Träger der Rentenversicherung auf einem einheitlichen Meldevordruck. Das Nähere über den Inhalt des Meldevordrucks und das Mitteilungsverfahren bestimmen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger.

(3) Die eingegangenen Beiträge oder Beitragsanteile gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge. Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Versicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte.

(4) Die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag ist im Einzelfall zulässig. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gelten für die Mitwirkungspflichten des Geschädigten die §§ 60, 61, 65 Abs. 1 und 3 sowie § 65a des Ersten Buches entsprechend.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.