Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 22. Jan. 2015 - L 1 RS 16/13

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2015:0122.L1RS16.13.0A
bei uns veröffentlicht am22.01.2015

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 15. März 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Feststellungen der Beklagten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) im Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem. Im gerichtlichen Verfahren ist noch der Zeitraum vom 13. August 1979 bis zum 5. September 1982 und vom 11. Juli bis zum 31. Dezember 1983 umstritten.

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Der am ... 1953 geborene Kläger ist ausweislich der Urkunde der Ingenieurschule für Walzwerk- und Hüttentechnik R. vom 13. Juli 1971 berechtigt, die Berufsbezeichnung Ingenieur für Technologie des Schmiedens, Pressens und Ziehens zu führen. Außerdem nahm er am pädagogischen Zusatzstudium für Lehrkräfte des berufspraktischen Unterrichts teil. Deshalb wurde ihm durch Urkunde des Instituts zur Ausbildung von Ingenieurpädagogen K. vom 26. Juni 1980 die weitere Berufsbezeichnung Ingenieurpädagoge (Lehrkraft für den berufspraktischen Unterricht) verliehen. Ausweislich seines Sozialversicherungsausweises war er im umstrittenen Zeitraum als Lehrmeister im VEB Draht- und Seilwerk R. tätig. Ab dem 1. September 1980 bis zum 30. Juni 1990 zahlte er Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung. Eine schriftliche Versorgungszusage erhielt er während des Bestehens der DDR nicht.

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Am 25. Februar 2008 beantragte der Kläger die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. Juni 2009 mit der Begründung ab, der VEB Draht- und Seilwerk R. sei am 30. Juni 1990 vermögenslos gewesen und könne daher nur als "leere Hülle" betrachtet werden, weil die wirtschaftliche Tätigkeit bereits zu Gunsten und für Rechnung der nachfolgenden Kapitalgesellschaft verrichtet worden sei. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2009 zurück. Im anschließenden Klageverfahren S 10 R 758/09 beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erkannte die Beklagte nach vorausgegangener höchstrichterlicher Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) an, dass das AAÜG anwendbar ist. Darüber hinaus verpflichtete sie sich zu prüfen, in welchem Umfang berücksichtigungsfähige Pflichtbeitragszeiten gemäß § 5 AAÜG festzustellen seien. Dieses Klageverfahren endete daraufhin durch übereinstimmende Erledigungserklärungen.

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Mit Bescheid vom 30. August 2010 stellte die Beklagte anschließend die Zeit vom 1. Januar 1984 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) fest. Die umstrittene Zeit vom 13. August 1979 bis zum 5. September 1982 und vom 11. Juli bis zum 31. Dezember 1983 lehnte sie dagegen ab, weil der Kläger während dieser nicht ingenieurtechnisch beschäftigt gewesen sei. Dagegen legte der Kläger am 20. September 2010 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, hauptsächlich sei er für die Lehrverseilerei verantwortlich gewesen. Diese habe sich direkt in einer Produktionsabteilung, der Verseilerei, befunden. Die ihm übergebenen drei Litzenmaschinen hätten die Grundlage für die weitere Seilfertigung geschaffen. Mit einer weiteren Bowdenzugmaschine sei ein Finalprodukt gefertigt worden. Entsprechende Umspuleinrichtungen hätten ebenfalls zu seinem Lehrobjekt gehört. Im Regelfall seien in seinem Bereich sechs Lehrlinge und ein Lehrfacharbeiter unter seiner Verantwortung und fachlichen Anleitung zum Einsatz gekommen. Er habe täglich klare Produktionsaufgaben in Qualität und Quantität zu erledigen sowie abzurechnen gehabt. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2011 mit der Begründung zurück, der Kläger habe im umstrittenen Zeitraum tatsächlich eine Beschäftigung als Lehrmeister/Ingenieurpädagoge ausgeübt und sei somit im Ergebnis berufsfremd tätig gewesen.

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Dagegen hat der Kläger am 18. Februar 2011 erneut Klage beim SG erhoben (S 12 R 204/11) und ausgeführt, entgegen der Auffassung der Beklagten habe er im Wesentlichen eine seiner beruflichen Qualifikation entsprechende ingenieurtechnische Beschäftigung ausgeübt. Der Schwerpunkt habe nicht in der Lösung von wirtschaftlichen oder pädagogischen Arbeitsaufgaben gelegen. Die Anleitung der Lehrlinge sei nicht seine Haupttätigkeit gewesen. Hauptsächlich sei er dafür verantwortlich gewesen, dass entsprechend dem Produktionsauftrag die herzustellenden Produkte auch fertig gestellt worden seien. Zu seinen Aufgaben habe auch gehört, die entsprechenden Maschinen einzurichten. Lehrlinge und ein Lehrfacharbeiter hätten unter seiner Verantwortung gestanden. Er habe die Lehrlinge auch theoretisch unterrichtet. Dies sei im Regelfall zwischen 13.00 Uhr und 15.00 Uhr gewesen. Er habe die Gesamtverantwortung für die Fertigung der Seile gehabt und deren Qualität und Quantität geprüft. Die Bezeichnung seiner Tätigkeit im Sozialversicherungsausweis (Lehrmeister) sei nicht maßgeblich für die tatsächliche Tätigkeit. Forderungen des Produktionsdirektors, zum Beispiel Asbestwickel herzustellen, hätten in Eigenverantwortung erledigt werden müssen. Dies habe die Bestellung der erforderlichen Drähte, die Saltierung der Haspel sowie das Umspulen und Einrichten der Verseilmaschine umfasst. Die ihm anvertrauten Lehrlinge hätten in kürzester Zeit an die Facharbeiterleistung herangeführt werden sollen. Sofern angeordnete Produktionsziele nicht erreicht worden seien, habe eine Zusatzschicht eingelegt werden müssen, um die Folgeproduktion abzusichern. Für diese Tätigkeit seien ingenieurtechnisches Handeln und Wissen Voraussetzung gewesen. Die Qualifikation als Ingenieurpädagoge oder Lehrmeister habe vorliegen müssen. Erst im weiteren Verlauf des Klageverfahrens (mit Schriftsatz vom 12. März 2013) hat der Kläger bekundet, diese Qualifikation sei "lediglich formal gesehen" Voraussetzung für die Arbeit in der Lehrseilerei gewesen. Bei der Lehrseilerei habe es sich um eine produzierende Abteilung gehandelt. Es sei die Basis produziert worden, damit dann in der Seilerei die Stahlseilfertigung habe beendet werden können. Weiterhin sei die finale Produktion von Bowdenzügen erfolgt. Es sei ein eigenständiger Maschinenpark bestehend aus Umspuleinrichtungen, Litzenmaschinen, Bowdenzugmaschinen, Zangen, Schrauben, Lötapparaten und Hebevorrichtungen vorhanden gewesen.

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Das SG hat in der öffentlichen Sitzung am 15. März 2013 Frau D. als Zeugin vernommen. Hinsichtlich des Inhalts der Zeugenaussage wird auf das Protokoll der Sitzung verwiesen. Anschließend hat es die Beklagte verurteilt, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 13. August 1979 bis zum 5. September 1982 und vom 11. Juli bis zum 31. Dezember 1983 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der AVItech anzuerkennen und die tatsächlichen Arbeitsentgelte in dieser Zeit festzustellen. Zur Begründung hat es ausgeführt, unstreitig sei der Kläger berechtigt, die Berufsbezeichnung eines Ingenieurs zu führen. Er habe auch in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie gearbeitet. Darüber hinaus habe er im umstrittenen Zeitraum die sachliche Voraussetzung der ingenieurtechnischen Tätigkeit erfüllt. Er habe Lehrlinge berufspraktisch ausgebildet. Er sei jedoch auch gleichermaßen im Produktionsbereich eingesetzt und tatsächlich ingenieurtechnisch tätig gewesen. In mehreren Schriftsätzen habe er dem Gericht erklärt, dass er konkrete Produktionsaufgaben an den Maschinen in der Lehrseilerei zu erfüllen gehabt habe. Dagegen habe er lediglich untergeordnet zwischen 13.00 Uhr und 15.00 Uhr unterrichtet. In der übrigen Zeit sei er in der Lehrseilerei mit den Produktionsaufgaben beschäftigt gewesen. Damit sei er aktiv in den Produktionsprozess eingegliedert gewesen. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit habe somit nicht nur in der betriebsbezogenen technischen Wissensvermittlung und Anleitung der Lehrlinge gelegen.

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Gegen das am 18. April 2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 3. Mai 2013 Berufung eingelegt. Sie meint, das SG verkenne, dass die Tätigkeit des Klägers dem Beruf des Lehrmeisters und nicht einer der in § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die AVItech vom 24. Mai 1951 (GBl. DDR I, Nr. 62 S. 487, im Folgenden 2. DB) genannten Berufsbezeichnungen zuzuordnen sei. Lehrmeister seien Person, die das Recht zum Führen der Berufsbezeichnung "Lehrmeister" bzw. "Ingenieurpädagoge" erworben hätten. Nach seinen tatsächlichen Arbeitsaufgaben sei der Kläger nicht schwerpunktmäßig im Berufsbild eines ingenieurtechnisch ausgebildeten Ingenieurs tätig gewesen. Er habe vielmehr überwiegend als Lehrmeister gearbeitet. Selbst wenn man annehme, der Schwerpunkt der Arbeitsaufgabe als Lehrmeister habe darin bestanden, konkrete Produktionsaufgaben an den Maschinen der Lehrseilerei zu erfüllen, so habe es für diese Arbeitsaufgabe nicht der beruflichen Qualifikation "Ingenieur" bedurft. Die vom Kläger dargestellten Arbeitsaufgaben entsprächen denen eines "Meisters" im Produktionsbereich.

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Die Beklagte beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 15. März 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 15. März 2013 zurückzuweisen.

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Er verweist auf die Ausführungen des SG in dem angegriffenen Urteil. Die Beklagte hingegen stütze ihre Berufungsbegründung auf die theoretische Beschreibung des Berufsbildes des Lehrmeisters. Die diesbezüglichen Darlegungen seien allgemein. Sie gingen an einer Einzelfallbetrachtung vorbei.

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Der Berichterstatter hat am 12. Mai 2014 einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten durchgeführt. Dort hat der Kläger ausgeführt, er habe den Ingenieurabschluss im Fachstudium absolviert und sei dann gleich nach dem Studienabschluss in den Ausbildungsbereich des Betriebes gegangen. Sein Ziel sei es eigentlich gewesen, auch im Rahmen der Berufsschule, die zum Betrieb gehört habe, tätig zu werden. Allerdings sei er von seinem Vorgesetzten aufgrund seines Ingenieurabschlusses im Rahmen der Lehrseilerei eingesetzt worden. Auch nach dem weiteren Abschluss im Jahr 1980 als Ingenieurpädagoge (nach einem Fernstudium) sei er weiterhin nur in der Lehrseilerei tätig und nicht als Berufsschullehrer eingesetzt gewesen. Seinem Wunsch, in der Berufsschule tätig zu werden, sei letztlich nicht entsprochen worden. Hinsichtlich der Tätigkeit in der Lehrseilerei/Lehrwerkstatt wäre der Abschluss Ingenieurpädagoge nicht zwingend erforderlich gewesen. Hier hätte der Abschluss als Lehrmeister genügt. Allerdings habe er bereits den Fachabschluss als Ingenieur gehabt, der insoweit diesen mit umfasst habe bzw. sogar höherwertig gewesen sei. Die Praxisräume der Lehrwerkstatt seien mit Maschinen bestückt gewesen und hätten direkt daneben keine Unterrichtsräume gehabt. Allerdings habe sich auf dem Betriebsgelände die Berufsschule befunden. Wenn Unterweisungen hinsichtlich der Lehrlinge bzw. Klassen erforderlich gewesen seien, hätten sie (die Lehrmeister) die Unterrichtsräume der Berufsschule mit nutzen können. Er habe dann zweimal die Woche ungefähr ab 14.00 Uhr für eine Stunde die Unterrichtsäume, insbesondere für Arbeitsschutzbelehrungen, genutzt. Im Übrigen seien die Lehrlinge und Klassenverbände bei ihm jedoch ausschließlich in der Praxis und Produktion tätig gewesen. Bei den Lehrlingen habe es sich um Abgänger der 6., 8. und 10. Klasse gehandelt. Die Klassenstärken seien ca. 15 bis 20 Lehrlinge gewesen. Insgesamt seien im Rahmen der Lehrwerkstatt ca. 100 Lehrlinge laufend zu betreuen gewesen. Er sei der Auffassung, dass seine Tätigkeit ohne den Ingenieurabschluss nicht möglich gewesen wäre und auch für die Lehrwerkstatt unverzichtbar gewesen sei. Zum einen sei die Lehrwerkstatt voll in den Produktionsprozess integriert gewesen. Die Facharbeiternorm sei zu erfüllen gewesen. Die Zwischenprodukte der Lehrwerkstatt seien auch im weiteren Produktionsverlauf komplett verwendet worden. Insoweit wäre im Betrieb eine Weiterverarbeitung ohne die Lehrwerkstatt nicht oder nur unzureichend möglich gewesen. Darüber hinaus sei seine konkrete Tätigkeit sowohl der Qualitätskontrolle des Ausgangsmaterials als auch des Endprodukts geschuldet. Außerdem seien aus der Lehrwerkstatt halbjährlich Neuerungsvorschläge zu erbringen gewesen. Hierfür sei eine Ausbildung als Lehrmeister nicht ausreichend gewesen. Deshalb sei er der Auffassung, dass die Lehrwerkstatt hier als Produktionsabteilung zu sehen sei und seine Tätigkeit dort als Leiter der Lehrwerkstatt eine ingenieurtechnische Tätigkeit gewesen sei.

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Die Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, dass der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheidet.

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Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt dieser Akten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 1, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.

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Die nach § 143 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte, den streitigen Zeitraum vom 13. August 1979 bis zum 5. September 1982 und vom 11. Juli bis zum 31. Dezember 1983 als Zugehörigkeitszeit zu einem Zusatzversorgungssystem mit den entsprechenden Entgelten feststellen zu lassen.

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Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 2 S. 11). Der Kläger erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihm von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden noch ist er auf Grund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in seinem Fall nicht stattgefunden.

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Der Senat folgt zwar nicht der Rechtsprechung des früheren 4. Senats und des jetzigen 5. Senats des BSG, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann. Aber auch nach dieser Rechtsprechung wären die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung des streitigen Zeitraums nicht erfüllt. Danach hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung in die AVItech gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. DDR I, Nr. 93 S. 844 – im Folgenden: VO-AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB von drei Voraussetzungen ab, die alle zugleich vorliegen müssen. Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für

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Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und
die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar
in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).

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Zu Recht hat das SG ausgeführt, dass hier die persönliche und die betriebliche Voraussetzung gegeben sind. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Aber die sachliche Voraussetzung der Ausübung einer entsprechenden ingenieurtechnischen Tätigkeit ist im umstrittenen Zeitraum nicht erfüllt. Nach der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG (Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 2/07 R, juris, Rdnr. 18) und der Rechtsprechung des nunmehr zuständigen 5. Senats (Urteile vom 9. Oktober 2012 – B 5 RS 9/11 R, juris, Rdnr. 19; vom 9. Mai 2012 – B 5 RS 7/11 R, juris, Rdnr. 24; vom 20. März 2013 – B 5 RS 3/12 R, juris, Rdnr. 21, 22) erfüllen Ingenieure die sachliche Voraussetzung für eine Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nur dann, wenn der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit entsprechend ihrem Berufsbild im produktionsbezogenen ingenieurtechnischen Bereich lag und damit die Aufgabenerfüllung prägte. lag der Schwerpunkt dagegen in anderen Bereichen, z.B. im wirtschaftlichen bzw. kaufmännischen Bereich, waren die Ingenieure nicht schwerpunktmäßig, d.h. überwiegend entsprechend ihrem Berufsbild, sondern vielmehr berufsfremd eingesetzt. Nach der ständigen Rechtsprechung bedeutet "berufsfremd" die Ausübung einer Tätigkeit, die nicht schwerpunktmäßig durch die durchlaufene Ausbildung und die im Ausbildungsberuf typischerweise gewonnenen Erfahrungen geprägt ist.

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Der Kläger ist berechtigt, die Berufsbezeichnung Ingenieur für Technologie des Schmiedens, Pressens und Ziehens zu führen. Damit besteht von der Fachrichtung her durchaus ein Bezug zur Seilerei. Allerdings war der Kläger im Ausbildungsbereich zur Überzeugung des Senats berufsfremd im Sinne der zitierten Rechtsprechung des BSG eingesetzt. Zu Recht hat das Sächsische Landessozialgericht in seinem Urteil vom 9. Juli 2013 (L 5 RS 382/10) ausgeführt, jede Lehrtätigkeit bestehe aus zwei Elementen: Dem fachspezifischen, das die zu vermittelnden Kenntnisse und Fähigkeiten beinhaltet, und dem pädagogischen, das die Art und Weise, wie dieses Wissen zu vermitteln ist, beinhaltet. Es ist ebenso zutreffend, dass für jede qualifizierte Lehrtätigkeit auch vertiefte Kenntnisse über die zu vermittelnden Lerninhalte Voraussetzung sind. Im Vordergrund steht bei der Lehrlingsausbildung jedoch die Vermittlung des Wissens. Dass im Ausbildungsbereich auch produziert wurde, stellt der Senat nicht in Abrede. Das war jedoch nicht der Zweck der Lehrlingsausbildung, sondern ein – willkommener – Nebeneffekt. Im Kern ging es nicht um die Produktion, sondern um die Ausbildung von Nachwuchskräften.

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Zwar ist die sachliche Voraussetzung nach der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG nicht allein nach der Beschäftigung in bestimmten Arbeitsbereichen im Sinne der Anordnung über die Einführung der Rahmenrichtlinie für die neue Gliederung der Beschäftigten der Industrie oder des Bauwesens (vom 10. Dezember 1974, GBl. DDR I 1975 S. 1, im Folgenden: AO) zu bestimmen. Dem 4. Senat ging es aber darum, den im Wesentlichen berufsfremden Einsatz auszuschließen. So hat der 4. Senat ausgeführt (BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 – B 4 RS 17/07 R, juris, Rdnr. 43), aus der AO könne nicht geschlossen werden, eine z. B. dem Beruf des Ingenieurs entsprechende Tätigkeit sei nur ausgeübt worden, wenn der Betreffende in den Arbeitsbereichen "Produktionsdurchführung", "Produktionshilfe" und "Produktionsvorbereitung" eingesetzt gewesen sei. Auch Tätigkeiten in leitungs- und produktionssichernden Bereichen, bei Beschaffung und Absatz sowie bei der Betriebssicherheit könnten der Qualifikation eines der in § 1 Abs. 1 der 2. DB genannten Berufe entsprechen. Ob auch ein Einsatz in den Arbeitsbereichen "Kultur-, Sozialwesen und Betreuungseinrichtung" oder "Kader und Bildung" ausreiche, um eine der beruflichen Qualifikation entsprechende Tätigkeit annehmen zu können, hat der 4. Senat in dieser Entscheidung ausdrücklich offen gelassen. Eine andere Betrachtung hätte – so der 4. Senat – zur Folge, dass bei Arbeitsplatzwechseln innerhalb des volkseigenen Produktionsbetriebs für jeden Zeitabschnitt zu prüfen wäre, in welchem genauen Arbeitsbereich des Betriebs der Ingenieur, Konstrukteur, Architekt oder Techniker eingesetzt gewesen sei. Der damit verbundene Ermittlungsaufwand erscheine für die Verwaltung und die Instanzgerichte schwerlich praktikabel und könne zu zufälligen Ergebnissen führen (BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 – B 4 RS 17/07 R, a.a.O.). Der 5. Senat des BSG hat sich der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG zur sachlichen Voraussetzung ausdrücklich angeschlossen (BSG, Urteil vom 20. März 2013 – B 5 RS 3/12 R, juris, Rdnr. 21, 22). Den vom BSG genannten Beispielen ist aber gemein, dass ein Bezug zur Produktion grundsätzlich vorstellbar ist. Dabei steht der Bereich Kader und Bildung der Lehrlingsausbildung sicherlich am nächsten. Allerdings ist für diesen u. a. die berufliche Fortbildung bzw. Weiterqualifizierung betreffenden Bereich charakteristisch, dass er sich nicht immer deutlich von leitungs- und produktionssichernden Bereichen trennen lässt, so dass die sachliche Voraussetzung dort erfüllt sein kann. Anders liegt der Fall jedoch bei der Lehrlingsausbildung. Hier steht die Ausbildung eindeutig im Vordergrund. Die Produktion ist nur ein Nebeneffekt. Ingenieure, die hier eingesetzt waren, sind grundsätzlich berufsfremd im Sinne der Rechtsprechung des BSG tätig geworden. Das BSG hat im Übrigen bei einem Ingenieur, der in einem betrieblichen Schulungszentrum tätig war, die sachliche Voraussetzung für eine fiktive Einbeziehung in die AVItech ebenfalls verneint (BSG, Urteil vom 31. März 2004 – B 4 RA 31/03 R, juris, Rdnr. 19, 20). Außerdem hat der Kläger selbst erklärt, für seine Tätigkeit im Ausbildungsbereich habe die Qualifikation als Ingenieurpädagoge oder Lehrmeister vorliegen müssen. Erst im weiteren Verlauf des Klageverfahrens (mit Schriftsatz vom 12. März 2013) hat er versucht dies abzuschwächen und bekundet, diese Qualifikation sei "lediglich formal gesehen" Voraussetzung für die Arbeit in der Lehrseilerei gewesen. Im Ergebnis war er zur Überzeugung des Senats im Ausbildungsbereich als Ingenieur überqualifiziert. Ausgehend von seiner erworbenen beruflichen Qualifikation war er dort somit berufsfremd im Sinne der Rechtsprechung des BSG eingesetzt.

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Eine fiktive Einbeziehung in die AVItech kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Berufsbezeichnung Ingenieurpädagoge (Lehrkraft für den berufspraktischen Unterricht) in Betracht. Diese dem Kläger mit der Urkunde vom 26. Juni 1980 verliehene Berufsbezeichnung entspricht nicht dem Titel "Ingenieur" im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB. Sie erfüllt damit schon nicht die persönliche Voraussetzung für eine fiktive Einbeziehung in die AVItech.

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Zur Beantwortung der Frage, was unter der Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu verstehen ist, zieht das BSG die Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" vom 12. April 1962 (GBl. DDR II S. 278, Ingenieur-VO) als faktisches Indiz heran (BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 – B 4 RS 17/07 R, juris, Rdnr. 29). Nach § 1 Abs. 1 der Ingenieur-VO waren zur Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" folgende Personengruppen berechtigt:

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in der Wortverbindung "Dr.-Ing." und "Dr.-Ing. habil." Personen, denen dieser akademische Grad von einer deutschen Hochschule oder Universität vor 1945 oder den Hochschulen, Universitäten und Akademien der Deutschen Demokratischen Republik nach diesem Zeitpunkt verliehen wurde;

27

in der Wortverbindung "Dipl.-Ing." Personen, die den Nachweis eines ordnungsgemäß abgelegten technischen Abschlussexamens an einer deutschen Hochschule oder Universität vor 1945 oder den Hochschulen bzw. Universitäten der Deutschen Demokratischen Republik nach diesem Zeitpunkt erbringen können und denen das entsprechende Diplom verliehen wurde;

28

Personen, die den Nachweis eines abgeschlossenen technischen Studiums bzw. einer erfolgreich abgelegten Prüfung durch das Ingenieurzeugnis einer staatlich anerkannten deutschen Fachschule vor 1945 oder einer Fachschule der Deutschen Demokratischen Republik nach diesem Zeitpunkt erbringen können;

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Personen, denen die Berufsbezeichnung "Ingenieur" aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen zuerkannt wurde.

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Im Übrigen galten die Bestimmungen des § 1 Abs. 1 Buchstaben b und c Ingenieur-VO (nur noch) für die Berufsbezeichnung "Dipl.-Ing. Ök." und "Ing.-Ök." (§ 1 Abs. 2 Ingenieur-VO). § 1 Abs. 2 Ingenieur-VO ist somit eindeutig zu entnehmen, dass ausschließlich die Berufsbezeichnung Diplom-Ingenieurökonom bzw. Ingenieurökonom der Bezeichnung Diplom-Ingenieur bzw. Ingenieur gleichstand. Alle anderen Bezeichnungen, auch wenn sie den Wortteil Ingenieur enthalten, haben diese Gleichstellung nicht erfahren.

31

Der Senat hält ausdrücklich an seiner Rechtsprechung fest, wonach Ingenieurpädagogen nach § 1 Abs. 2 Ingenieur-VO nicht berechtigt sind, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen (Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30. August 2007 – L 1 RA 122/05, juris; Urteil vom 16. Dezember 2010 – L 1 R 13/08, juris; Urteil vom 16. Oktober 2014 – L 1 RS 35/13, nicht veröffentlicht). Auch das BSG geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Ingenieurpädagogen insoweit nicht dem Anwendungsbereich der AVItech unterfallen (vgl. Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 36/01 R, juris, Rdnr. 17).

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Der Kläger wird auch von keiner anderen in der 2. DB genannten Fallgruppen erfasst. So regelt § 1 Abs. 1 der 2. DB den Kreis der Versorgungsberechtigten wie folgt:

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"Als Angehörige der technischen Intelligenz im Sinne des § 1 der Verordnung vom 17. August 1950 über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben gelten:

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Ingenieure, Konstrukteure, Architekten und Techniker aller Spezialgebiete, wie Ingenieure und Techniker des Bergbaus, der Metallurgie, des Maschinenbaus, der Elektrotechnik, der Feinmechanik und Optik, der Chemie, des Bauwesens und Statiker. Zu diesem Kreis gehören ferner Werkdirektoren und Lehrer technischer Fächer an den Fach- und Hochschulen. Außerdem können auf Antrag des Werkdirektors durch das zuständige Fachministerium bzw. die zuständige Hauptverwaltung auch andere Personen, die verwaltungstechnische Funktionen bekleiden, wie stellvertretende Direktoren, Produktionsleiter, Abteilungsleiter, Meister, Steiger, Poliere im Bauwesen, Laboratoriumsleiter, Bauleiter, Leiter von produktionstechnischen Abteilungen und andere Spezialisten, die nicht den Titel eines Ingenieurs oder Technikers haben, aber durch ihre Arbeit bedeutenden Einfluss auf den Produktionsprozess ausüben, eingereiht werden."

35

Der Kläger war ersichtlich kein Lehrer technischer Fächer an einer Fach- oder Hochschule. Andere Bezeichnungen kommen hier von vornherein nicht in Betracht. Eine ausdrückliche Einbeziehung im Rahmen einer Ermessensentscheidung auf Antrag des Werkdirektors hat bei dem Kläger nicht stattgefunden. Sie kann auch nachträglich nicht ersetzt werden (vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 – B 4 RA 35/04 R, juris, Rdnr. 21).

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Der Kläger hat auch keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in die zusätzliche Versorgung der Pädagogen in Einrichtungen der Volks- und Berufsbildung (Zusatzversorgungssystem Nr. 18 der Anlage 1 zum AAÜG) oder die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen nach Nr. 4 der Anlage 1 zum AAÜG, weil er nicht die zwingenden Voraussetzungen dieser Versorgungssysteme erfüllt.

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Die gesetzlichen Regelungen der Zusatzversorgung der Pädagogen in der DDR änderten sich im Laufe der Zeit. Die Verordnung über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR vom 12. Juli 1951 (GBl. I Nr. 85 S. 675, im Folgenden: AVVO-Int) wurde zum 1. September 1976 für Personen ohne laufende Altersversorgung durch die Verordnung über die zusätzliche Versorgung der Pädagogen (Versorgungsordnung) vom 27. Mai 1976 (GBl. I Nr. 18 S. 253, im Folgenden: VersO-Päd), diese wiederum zum 1. Oktober 1988 (für Personen ohne Versorgungsbezug) durch die Anordnung über die zusätzliche Versorgung der Pädagogen (Versorgungsanordnung) vom 2. Mai 1988 (nicht veröffentlicht; im Folgenden: VersAO-Päd) ersetzt. Deren Voraussetzungen erfüllt der Kläger indes nicht.

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Nach § 4 Buchst. a AVVO-Int gelten als Angehörige der pädagogisch tätigen Intelligenz alle in Einrichtungen des öffentlichen Bildungs- und Erziehungswesens (allgemeinbildende Schulen einschließlich Volkshochschulen, berufsbildende Schulen, Einrichtungen der Vorschulerziehung, Heime und Horte) tätigen Lehrer und Erzieher, sofern sie eine staatlich anerkannte abgeschlossene pädagogische Ausbildung besitzen und mindestens 2 Jahre in der genannten Einrichtung hauptamtlich tätig gewesen sind. § 4 Buchst. b AVVO-Int zeigt, dass Lehrmeister einerseits und Lehrer und Erzieher andererseits nicht gleichgesetzt werden können. Danach wurde zwischen der Lehrer-, Lehrmeister- und Erzieherbildung und damit begrifflich auch zwischen Lehrer, Lehrmeister und Erzieher unterschieden. Gemäß § 1 Abs. 2 VersAO-Päd galten deren Bestimmungen nicht für leitende Kader und Lehrkräfte der praktischen Berufsausbildung. Eine ähnliche Ausschlussformulierung fand sich auch in § 1 Abs. 3 VersO-Päd. Die Gewährung von Leistungen war auch in § 3 Abs. 1 und 2 VersAO-Päd vom Abschluss einer staatlich anerkannten abgeschlossenen pädagogischen Ausbildung abhängig gemacht worden. § 3 Abs. 1 VersAO-Päd besagte, dass Anspruch auf Leistungen nach der VersAO-Päd besteht, wenn (unmittelbar) nach erfolgreichem Abschluss einer staatlich anerkannten pädagogischen Ausbildung als Lehrer, Erzieher, Kindergärtnerin, Freundschaftspionierleiter, Jugendfürsorger, pädagogischer Psychologe oder als Lehrkraft für den berufstheoretischen Unterricht eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 1 VersAO-Päd aufgenommen wurde.

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An den gesamten Vorschriften der Pädagogenversorgung und damit beider Versorgungssysteme ist zu erkennen, dass – in Abgrenzung zu den Lehrkräften der praktischen Berufsausbildung – nur Lehrkräfte mit einer entsprechenden Ausbildung für berufstheoretischen Unterricht erfasst werden sollten. Die Formulierung "Lehrkräfte der praktischen Berufsausbildung" in § 1 Abs. 2 VersAO-Päd beschreibt also nicht den Inhalt der Tätigkeit, sondern stellt auf eine bestimmte Berufsbezeichnung ab (vgl. Urteil des Senats vom 25. Februar 2010 – L 1 R 12/06, juris, m.w.N.). Der Kläger war jedoch kein Lehrer oder Erzieher, sondern Ingenieurpädagoge (Lehrkraft für den berufspraktischen Unterricht). Er fällt damit unter die genannten Ausschlussvorschriften.

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Hinzu kommt, dass die Ausbildung Ingenieurpädagogen keine staatlich anerkannte pädagogische Ausbildung im Sinne von § 4 Buchst. a AVVO-Int und § 3 Abs. 1 und Abs. 2 VersAO-Päd ist. Ausdrücklich geregelt ist dies in den "Grundsätzen zur Anwendung der Bestimmungen über die zusätzliche Altersversorgung der pädagogischen Intelligenz auf dem Gebiet der Berufsbildung und der Aus- und Weiterbildung der Werktätigen" vom 1. März 1968 (Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Volksbildung und des Staatlichen Amtes für Berufsausbildung Nr. 8 A, Seite 1). Diese "Grundsätze" galten zwar ausdrücklich nur für die AVVO-Int, können jedoch auch zur Auslegung der Nachfolgevorschrift herangezogen werden (vgl. Thüringer LSG, Urteil vom 15. Dezember 2003 – L 6 RA 307/01, juris; LSG B.-B, Urteil vom 26. Juni 2007 – L 12 RA 110/04, juris). Dies ist folgerichtig, da auch die Gewährung von Leistungen nach § 3 Abs. 1 und 2 VersAO-Päd vom Abschluss einer staatlich anerkannten pädagogischen Ausbildung abhängig gemacht wurde. Nach Nr. II der oben genannten "Grundsätze" gehören die Qualifikationen als Ingenieurpädagoge bzw. Ökonompädagoge (berufspraktischer Unterricht) nicht zu den staatlich anerkannten pädagogischen Ausbildungen. Etwas anderes gilt ausdrücklich nur für das Studium an einer Universität, Hochschule oder einem Pädagogischen Institut mit dem Erwerb des akademischen Grades eines "Diplom-Ingenieur-Pädagogen".

41

Mit der Prüfung zum Ingenieurpädagogen am Institut zur Ausbildung von Ingenieurpädagogen K. hat der Kläger keine staatlich anerkannte pädagogische Ausbildung im Sinne der genannten Versorgungsordnungen abgeschlossen. Eine Einbeziehung in die Zusatzversorgungssysteme Nr. 4 und 18 der Anlage 1 zum AAÜG kam daher auch aus diesem Grund ebenfalls nicht in Betracht.

42

Eine Einbeziehung des Klägers in ein anderes Zusatzversorgungssystem nach der Anlage 1 zum AAÜG im umstrittenen Zeitraum kam nach seinem beruflichen Werdegang von vornherein nicht in Betracht.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

44

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG bestehen nicht.


Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 22. Jan. 2015 - L 1 RS 16/13

Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 22. Jan. 2015 - L 1 RS 16/13

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 22. Jan. 2015 - L 1 RS 16/13 zitiert 11 §§.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 143


Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG | § 1 Geltungsbereich


(1) Dieses Gesetz gilt für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme) im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs. 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch) erworben worden sind. Soweit die Rege

Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG | § 5 Pflichtbeitragszeiten


(1) Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, gelten als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung. Auf diese Zeiten sind vom 1. Januar 1992 an die Vorschriften des Sechste

Einigungsvertrag - EinigVtr | Art 19 Fortgeltung von Entscheidungen der öffentlichen Verwaltung


Vor dem Wirksamwerden des Beitritts ergangene Verwaltungsakte der Deutschen Demokratischen Republik bleiben wirksam. Sie können aufgehoben werden, wenn sie mit rechtsstaatlichen Grundsätzen oder mit den Regelungen dieses Vertrags unvereinbar sind. Im

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Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 22. Jan. 2015 - L 1 RS 16/13 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 22. Jan. 2015 - L 1 RS 16/13 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 20. März 2013 - B 5 RS 3/12 R

bei uns veröffentlicht am 20.03.2013

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 15. Dezember 2011 aufgehoben.

Bundessozialgericht Urteil, 09. Okt. 2012 - B 5 RS 9/11 R

bei uns veröffentlicht am 09.10.2012

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 23. Juni 2011 aufgehoben.

Bundessozialgericht Urteil, 09. Mai 2012 - B 5 RS 7/11 R

bei uns veröffentlicht am 09.05.2012

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 23. Juni 2011 aufgehoben.

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 25. Feb. 2010 - L 1 R 12/06

bei uns veröffentlicht am 25.02.2010

Tenor Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Halle vom 5. Dezember 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Be
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Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 30. Nov. 2016 - L 1 RS 28/15

bei uns veröffentlicht am 30.11.2016

Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Streitig ist die Feststellung der Zeiten vom 1. August 1969 bis 31. Dezember 1972 und vom 1. Januar 1976 bis 31.

Referenzen

(1) Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, gelten als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung. Auf diese Zeiten sind vom 1. Januar 1992 an die Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch anzuwenden, soweit in diesem Gesetz nicht etwas anderes bestimmt ist. Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Versorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 17 sind Zeiten der Ausübung eines Tänzerberufes, für die nach dem Ausscheiden aus dem Tänzerberuf eine berufsbezogene Zuwendung an Ballettmitglieder in staatlichen Einrichtungen geleistet werden konnte.

(2) Als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem gelten auch Zeiten, die vor Einführung eines Versorgungssystems in der Sozialpflichtversicherung oder in der freiwilligen Zusatzrentenversicherung zurückgelegt worden sind, wenn diese Zeiten, hätte das Versorgungssystem bereits bestanden, in dem Versorgungssystem zurückgelegt worden wären.

(2a) Als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem gelten auch Anwartschaftszeiten für eine Wiedereinbeziehung in das Versorgungssystem.

(3) Bei Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem, für die eine Beitragserstattung erfolgt ist, wird der in der Sozialpflichtversicherung versicherte Verdienst (§ 256a Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch) zugrunde gelegt; §§ 6 und 7 sind anzuwenden.

(4) Eine Beitragserstattung liegt nicht vor, wenn sie vom Berechtigten nicht beantragt wurde und die Beiträge unter treuhänderische Verwaltung gestellt worden sind. Ist über die Auszahlung des treuhänderisch verwalteten Vermögens noch nicht entschieden, ist der Betrag, der der Summe der verwalteten und im Verhältnis zwei zu eins auf Deutsche Mark umgestellten Beträge entspricht, dem Bundesamt für Soziale Sicherung zur Verfügung zu stellen. Das Bundesamt für Soziale Sicherung berücksichtigt diesen Betrag bei der Abrechnung nach § 15 Abs. 4.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Dieses Gesetz gilt für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme) im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs. 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch) erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten.

(2) Zusatzversorgungssysteme sind die in Anlage 1 genannten Systeme.

(3) Sonderversorgungssysteme sind die in Anlage 2 genannten Systeme.

Vor dem Wirksamwerden des Beitritts ergangene Verwaltungsakte der Deutschen Demokratischen Republik bleiben wirksam. Sie können aufgehoben werden, wenn sie mit rechtsstaatlichen Grundsätzen oder mit den Regelungen dieses Vertrags unvereinbar sind. Im übrigen bleiben die Vorschriften über die Bestandskraft von Verwaltungsakten unberührt.

(1) Dieses Gesetz gilt für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme) im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs. 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch) erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten.

(2) Zusatzversorgungssysteme sind die in Anlage 1 genannten Systeme.

(3) Sonderversorgungssysteme sind die in Anlage 2 genannten Systeme.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 23. Juni 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Zeit vom 1.1.1975 bis zum 30.6.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) einschließlich der dabei erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

2

Der im 1951 geborene Kläger erwarb an der Technischen Universität D. den akademischen Grad eines Diplomingenieurs der Fachrichtung Konstruktionstechnik (Urkunde vom 1.11.1974). Ab dem 1.1.1975 arbeitete er beim Volkseigenen Betrieb (VEB) M. Kombinat W. zunächst als Konstrukteur, später als Ingenieur und Gruppenleiter sowie ab dem 1.1.1986 als "Abteilungsleiter Absatz". Der Inhaber dieser Stelle hatte nach dem Funktionsplan des VEB die "Abteilung Absatz" zu leiten, ihre kommerziellen Aufgaben zu lösen, zu leiten und zu planen, sich mit den beiden Produktionsbereichen des Werkes Konsumgüter abzustimmen, Entscheidungen, die in der Werkleiterberatung getroffen worden waren, durchzusetzen, zu sichern und zu kontrollieren sowie die gesetzlichen Bestimmungen des Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutzes zu überwachen und einzuhalten. Für diese Aufgaben sah der Funktionsplan Personen mit Hoch- oder Fachschulabschluss der Fachrichtung Ökonomie bzw Diplomhandelskaufleute mit langjähriger Berufserfahrung in der Materialwirtschaft oder im Absatz vor. Ab dem 1.1.1990 war der Kläger für den VEB als "Bereichsleiter Marketing und Verkauf" tätig. Nachdem ihn die M. GmbH mit Schreiben vom 1.6.1990 zum Geschäftsbereichsleiter Marketing und Vertrieb berufen hatte, schloss er mit ihr unter dem 30.11.1990 rückwirkend zum 1.9.1990 einen entsprechenden Anstellungsvertrag. Der Kläger erhielt keine Versorgungszusage; eine korrigierende Rehabilitierungsentscheidung wurde nicht getroffen.

3

Den Antrag des Klägers, seine Zusatzversorgungsanwartschaften festzustellen und zu überführen, lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 29.8.2006; Widerspruchsbescheid vom 12.10.2006), weil er die sachliche Voraussetzung nicht erfülle. Denn als "Abteilungsleiter Absatz" sei er nicht in den unmittelbaren Produktionsprozess eingegliedert gewesen und habe den Produktionsprozess trotz seiner "technischen" Qualifikation nicht aktiv beeinflussen können.

4

Klage und Berufung des Klägers sind erfolglos geblieben (Urteil des SG Halle vom 25.9.2008; Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 23.6.2011). Zur Begründung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Feststellung von Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 8 Abs 3 S 1 iVm Abs 2 und § 1 Abs 1 S 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) vom 25.7.1991 (BGBl I 1606, seither mehrfach geändert, zuletzt durch das Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.12.2007, BGBl I 3024). Denn er falle nicht in den Geltungsbereich des § 1 Abs 1 S 1 AAÜG, weil er der AVItech weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung angehört habe. Ihm sei weder eine Versorgung zugesagt worden noch liege eine Rehabilitierungsentscheidung oder der rechtsstaatswidrige Entzug einer Versorgungsanwartschaft vor. Die Rechtsprechung des BSG, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem auch im Wege der Unterstellung erfolgen könne, lehne der Senat ab. Ungeachtet dessen lägen aber weder die sachliche noch die betriebliche Voraussetzung vor, die nach der Rechtsprechung des BSG für die Annahme einer fingierten Anwartschaft zwingend erforderlich seien. Die sachliche Voraussetzung fehle, weil der Kläger weder als "Abteilungsleiter Absatz" noch als "Bereichsleiter Marketing und Verkauf" ingenieurtechnische Arbeiten entsprechend seinem Berufsbild verrichtet habe, sondern in beiden Funktionen berufsfremd eingesetzt worden sei. Denn als "Abteilungsleiter Absatz" habe er schwerpunktmäßig organisatorische Aufgaben im kaufmännischen Bereich wahrgenommen, für die der Funktionsplan ein Studium der Ökonomie vorausgesetzt habe. Keine Aufgabe, die der Funktionsplan aufliste, habe einen ingenieurtechnischen Schwerpunkt gehabt oder ein Ingenieur-Studium erfordert. Für die Tätigkeit als "Bereichsleiter Marketing und Verkauf" gelte nichts anderes. Darüber hinaus sei der Senat nicht davon überzeugt, dass der Kläger am 30.6.1990 in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb tätig gewesen sei. Denn es spreche Überwiegendes dafür, dass er am Stichtag Leiter des Geschäftsbereichs Marketing und Vertrieb der M. GmbH und nicht mehr Bediensteter des VEB M. Kombinat W. gewesen sei. Dies belege insbesondere die mit Schreiben der M. GmbH vom 1.6.1990 ausgesprochene Berufung zum Geschäftsbereichsleiter Marketing und Vertrieb. Die Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung könnten dies nicht widerlegen, weil sie überstempelt und damit für das Jahr 1990 nebulös, zweifelhaft und schwammig seien. Die Zweifel, dass zwischen dem Kläger und dem VEB M. Kombinat W. am 30.6.1990 noch ein Arbeitsrechtsverhältnis bestanden habe, ließen sich auch nicht dadurch ausräumen, dass er erst am 30.11.1990 rückwirkend zum 1.9.1990 einen Anstellungsvertrag mit der M. GmbH geschlossen habe. Denn für seine zwischenzeitliche Abberufung aus der Tätigkeit als Bereichsleiter Marketing und Absatz der M. GmbH lägen keinerlei Anhaltspunkte vor. Das LSG hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, weil die Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG zur sog sachlichen Voraussetzung für eine fiktive Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech nicht widerspruchsfrei erscheine. Hinsichtlich der sog betrieblichen Voraussetzung sei ungeklärt, auf welchen Zeitpunkt/Zeitraum genau abzustellen sei; dies gelte insbesondere auch deshalb, weil der 30.6.1990 ein Samstag gewesen sei.

5

Mit der Revision rügt der Kläger eine Divergenz zu den Urteilen des BSG vom 9.4.2002 (B 4 RA 31/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr 2) und des erkennenden Senats vom 19.10.2010 (B 5 RS 3/09 R - Juris): Er sei vom 1.1.1986 bis zum 30.6.1990 als "Abteilungsleiter Absatz" für den VEB M. Kombinat W. tätig gewesen. Dort habe er ua die disziplinarische, organisatorische und fachliche Verantwortung für den technischen Kundendienst getragen, der mit zwei Ingenieuren, einem Sacharbeiter und einem weiteren Mitarbeiter besetzt gewesen sei. Hiermit sei eine Vielzahl ingenieurtechnischer Aufgaben verbunden gewesen, die sehr hohe technische Kompetenz im Maschinenbau (Elektroantriebe), fundiertes Produktwissen, Kenntnis der internen Produktionsabläufe und die Fähigkeit erfordert hätten, Analysen zur Fehlerdefinition am Produkt durchzuführen. Die Erkenntnisse, die der technische Kundendienst dabei gewonnen habe, seien wesentliche Voraussetzung für die Steuerung der Qualitätssicherung des Werkes und für die Produktionssteuerung bei Schwierigkeiten und Problemen in der Serienfertigung, Materialbeschaffung und bei Terminengpässen mit Vertragspartnern gewesen. Dagegen sei der Produktabsatz in der Mangelwirtschaft der DDR auf eine Verteilungsaufgabe reduziert gewesen, sodass seine Schwerpunktaufgaben nicht im kommerziellen Bereich gelegen hätten. Als ihn die M. GmbH zum Bereichsleiter Marketing und Absatz berufen habe, sei damit seine bisherige Tätigkeit als "Abteilungsleiter Absatz" beim VEB M. Kombinat W. nicht beendet gewesen. Vielmehr habe er diese Aufgabe bis zum 30.6.1990 vollumfänglich wahrgenommen und sei bis zu diesem Zeitpunkt beim VEB und nicht in einem privatisierten Betrieb beschäftigt gewesen. Die Rechtsfähigkeit des VEB sei am 4.7.1990 entfallen, und erst zu diesem Zeitpunkt sei die GmbH ins Handelsregister eingetragen worden. Indem das LSG annehme, er habe bereits vor dem 30.6.1990 für die M. GmbH gearbeitet, führe es die "Theorie der leeren Hülle" unzulässigerweise fort.

6

Der Kläger beantragt,

        

1. die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 23. Juni 2011 und des Sozialgerichts Halle vom 25. September 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2006 aufzuheben und

        

2. die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 1. Januar 1975 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

7

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

8

Es könne dahinstehen, ob der Kläger in einem Betrieb beschäftigt gewesen sei, den die Versorgungsordnung erfasse. Jedenfalls sei die sachliche Voraussetzung nicht erfüllt. Der Kläger habe nämlich eine Tätigkeit ausgeübt, die im Wesentlichen ökonomische/kaufmännische Arbeitsinhalte gehabt habe. Damit sei er nicht als Ingenieur tätig gewesen. Auf die gerügte Divergenz zur oberstgerichtlichen Judikatur komme es deshalb nicht an.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

10

Ob die Beklagte die begehrten rechtlichen Feststellungen hätte treffen müssen, lässt sich ohne weitere Tatsachenfeststellungen nicht entscheiden. Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 8 Abs 2, Abs 3 S 1 und Abs 4 Nr 1 AAÜG in Betracht. Nach § 8 Abs 3 S 1 AAÜG hat die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der Anlage 1 Nr 1 bis 27(§ 8 Abs 4 Nr 1 AAÜG) dem Berechtigten durch Bescheid den Inhalt der Mitteilung nach Abs 2 aaO bekannt zu geben. Diese Mitteilung hat folgende Daten zu enthalten (vgl BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 10): Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem, das hieraus tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, die Arbeitsausfalltage sowie - jedenfalls bis zum Inkrafttreten des 2. AAÜG-ÄndG zum 3.8.2001 (vgl hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 14.12.2011 - B 5 R 2/10 R - SozR 4-8570 § 7 Nr 3) - alle Tatumstände, die erforderlich sind, um eine besondere Beitragsbemessungsgrenze anzuwenden (§§ 6, 7 AAÜG).

11

Allerdings hat der Versorgungsträger diese Daten nur festzustellen, wenn das AAÜG anwendbar ist (BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 10 und Nr 6 S 37). Den Anwendungsbereich des AAÜG, das am 1.8.1991 in Kraft getreten ist (Art 42 Abs 8 des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung - Rentenüberleitungsgesetz - vom 25.7.1991, BGBl I 1606), regelt dessen seither unveränderter § 1 Abs 1. Danach gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften (= Versorgungsberechtigungen), die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme iS der Anlage 1 und 2) im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs 3 SGB IV) erworben worden sind (S 1). Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (S 2), sodass das AAÜG auch in diesen Fällen Geltung beansprucht.

12

Auf Grund der Feststellungen des LSG kann nicht entschieden werden, ob der Kläger vom persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG erfasst ist, weil er am 1.8.1991 aus bundesrechtlicher Sicht eine "auf Grund der Zugehörigkeit" zur AVItech "erworbene" Anwartschaft hatte. Hierauf kommt es deshalb entscheidend an, weil der Kläger weder einen "Anspruch" iS von § 1 Abs 1 S 1 AAÜG noch eine fiktive Anwartschaft gemäß S 2 aaO innehat.

13

Der Ausdruck "Anspruch" umfasst in seiner bundesrechtlichen Bedeutung das (Voll-)Recht auf Versorgung, wie die in § 194 BGB umschriebene Berechtigung, an die auch § 40 SGB I anknüpft, vom Versorgungsträger (wiederkehrend) Leistungen, nämlich die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages zu verlangen. Dagegen umschreibt "Anwartschaft" entsprechend dem bundesdeutschen Rechtsverständnis eine Rechtsposition unterhalb der Vollrechtsebene, in der alle Voraussetzungen für den Anspruchserwerb bis auf den Eintritt des Versicherungs- bzw Leistungsfalls (Versorgungsfall) erfüllt sind (BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 6 S 38 und Nr 7 S 54).

14

Ausgehend von diesem bundesrechtlichen Begriffsverständnis hat der Kläger schon deshalb keinen "Anspruch" auf Versorgung iS des § 1 Abs 1 S 1 AAÜG erworben, weil bei ihm bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1.8.1991 kein Versorgungsfall (Alter, Invalidität) eingetreten war. Zu seinen Gunsten begründet auch nicht ausnahmsweise § 1 Abs 1 S 2 AAÜG eine (gesetzlich) fingierte Anwartschaft ab dem 1.8.1991, weil der Kläger in der DDR nie konkret in ein Versorgungssystem einbezogen worden war und diese Rechtsposition deshalb später auch nicht wieder verlieren konnte (vgl dazu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 15 und Nr 3 S 20 f; SozR 4-8570 § 1 Nr 4 RdNr 8 f).

15

Dagegen kann auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht entschieden werden, ob der Kläger "auf Grund der Zugehörigkeit" zu einem Zusatzversorgungssystem eine "Anwartschaft" auf Versorgung iS von § 1 Abs 1 S 1 AAÜG erworben hat. Der erkennende Senat hat die Rechtsprechung des 4. Senats des BSG (vgl SozR 3-8570 § 1 Nr 7) zum Stichtag 30.6.1990 und zur sog erweiternden Auslegung im Ergebnis in seinen Entscheidungen vom 15.6.2010 (vgl nur BSGE 106, 160 = SozR 4-8570 § 1 Nr 17) ausdrücklich fortgeführt. Die weiterhin geäußerten Bedenken des LSG geben keinen Anlass zur nochmaligen Prüfung (s dazu bereits Senatsurteil vom 9.5.2012 - B 5 RS 7/11 R - Juris).

16

Ausgangspunkt für die Beurteilung der Frage einer fiktiven Zugehörigkeit zum System der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben auf der Grundlage des am 1.8.1991 geltenden Bundesrechts am Stichtag 30.6.1990 sind die "Regelungen" für die Versorgungssysteme, die gemäß Anl II Kap VIII Sachgebiet H Abschn III Nr 9 des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31.8.1990 (BGBl II 889) mit dem Beitritt am 3.10.1990 zu - sekundärem - Bundesrecht geworden sind. Dies sind insbesondere die VO-AVItech vom 17.8.1950 (GBl DDR 844) und die 2. Durchführungsbestimmung (2. DB), soweit sie nicht gegen vorrangiges originäres Bundesrecht oder höherrangiges Recht verstoßen.

17

Nach § 1 VO-AVItech und der dazu ergangenen 2. DB hängt das Bestehen einer fingierten Versorgungsanwartschaft von folgenden drei Voraussetzungen ab (vgl BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 14, Nr 5 S 33, Nr 6 S 40 f, Nr 7 S 60; SozR 4-8570 § 1 Nr 9 S 48), die kumulativ am Stichtag 30.6.1990 vorliegen müssen,

        

1.    

von der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung),

        

2.    

von der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung),

        

3.    

und zwar in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs 1 der 2. DB) oder in einem durch § 1 Abs 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).

18

Das LSG hat festgestellt, dass der Kläger berechtigt ist, die Berufsbezeichnung Diplomingenieur zu führen. Ob der Kläger auch die sachliche (nachfolgend a) und die betriebliche (nachfolgend b) Voraussetzung erfüllt, konnte der Senat nicht abschließend entscheiden.

19

a) Nach der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG (Urteil vom 23.8.2007 - B 4 RS 2/07 R - Juris RdNr 18; s auch Urteil vom 31.3.2004 - B 4 RA 31/03 R - Juris RdNr 19 f) und des erkennenden Senats (Urteil vom 9.5.2012 - B 5 RS 7/11 R - Juris RdNr 24) erfüllen Ingenieure die sachliche Voraussetzung für eine Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nur dann, wenn der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit entsprechend ihrem Berufsbild im produktionsbezogenen ingenieurtechnischen Bereich lag und damit die Aufgabenerfüllung geprägt hat. Lag der Schwerpunkt dagegen in anderen Bereichen, zB im wirtschaftlichen bzw kaufmännischen Bereich, waren die Ingenieure nicht schwerpunktmäßig, dh überwiegend, entsprechend ihrem Berufsbild, sondern vielmehr berufsfremd eingesetzt. Nach der stRspr bedeutet "berufsfremd" die Ausübung einer Tätigkeit, die nicht schwerpunktmäßig durch die durchlaufene Ausbildung und die im Ausbildungsberuf typischerweise gewonnenen Erfahrungen geprägt ist. Dem widerspricht die Entscheidung vom 23.8.2007 (B 4 RS 2/07 R - Juris RdNr 18) schon deshalb nicht, weil sie lediglich beispielhaft Tätigkeitsschwerpunkte benennt, bei denen es an einer derartigen Prägung fehlt. Der maßgebliche Schwerpunkt der zum Stichtag 30.6.1990 ausgeübten Tätigkeit ist von dem organisatorischen Arbeitsbereich, in dem diese Tätigkeit innerhalb des Betriebes verrichtet wird, zu unterscheiden. Das Urteil vom 18.10.2007 (B 4 RS 17/07 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 14 RdNr 43) betont dies nochmals ausdrücklich und weist ua darauf hin, dass damit versorgungsrechtlich etwa auch unerheblich ist, wenn die insofern allein relevante Tätigkeit innerhalb eines leitungs- und produktionssichernden Bereichs ausgeübt wird. Widersprüche in der Rechtsprechung des früheren 4. Senats vermag der erkennende Senat - anders als das LSG - deshalb nicht zu entdecken.

20

Für die Prüfung der sachlichen Voraussetzung ist demnach von der erworbenen Berufsbezeichnung iS der 2. DB auszugehen und zu ermitteln, welches Berufsbild dieser unter Berücksichtigung der Ausbildung und der im späteren Ausbildungsberuf typischerweise gewonnenen Erfahrungen zu Grunde liegt. Im Anschluss hieran ist festzustellen, welche Tätigkeit der Versicherte konkret ausgeübt hat und zu fragen, ob diese im Schwerpunkt dem der Berufsbezeichnung zu Grunde liegenden Berufsbild entspricht. Dies ist zu bejahen, wenn die ausgeübte Tätigkeit überwiegend durch die in der Ausbildung zu einem Beruf iS des § 1 Abs 1 der 2. DB gewonnenen Kenntnisse und Fertigkeiten und die im Ausbildungsberuf typischerweise gewonnenen Erfahrungen geprägt ist (vgl Senatsurteil vom 9.5.2012 - B 5 RS 7/11 R - Juris RdNr 25; BSG Urteil vom 18.10.2007 - B 4 RS 17/07 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 14 RdNr 44 mwN).

21

Es fehlen bereits Feststellungen des LSG zum Berufsbild des (Diplom-)Ingenieurs der Fachrichtung Konstruktionstechnik. Darüber hinaus ist der Senat an die Feststellungen des LSG, "für die Tätigkeit als Bereichsleiter Marketing und Verkauf" gelte "nichts anderes" als für die Tätigkeit eines "Abteilungsleiters Absatz", nicht gemäß § 163 SGG gebunden. Denn das angefochtene Urteil gibt den Sachverhalt insofern nur undeutlich an; insbesondere wird die pauschale Aussage, dass sich mit dem Wechsel in der Funktionsbezeichnung weder Tätigkeitsinhalte noch Anforderungsprofil geändert haben, nicht mit konkreten Tatsachenangaben untermauert, die es ermöglichen könnten, diese Schlussfolgerung tatsächlicher Art nachzuvollziehen und zu überprüfen (vgl Senatsurteil vom 19.7.2011 - B 5 RS 7/10 R - BSGE 108, 300 = SozR 4-8570 § 1 Nr 18, RdNr 34; BSG SozR Nr 6 zu § 163 SGG). Im Ansatz zutreffend entnimmt das LSG dem Funktionsplan des VEB M. Kombinat W. die Hauptaufgaben und die fachlichen Anforderungen, die für die Tätigkeit des Klägers als "Abteilungsleiter Absatz" maßgebend waren. Es lässt jedoch offen, aus welchen Gründen und inwieweit diese abstrakte Stellenbeschreibung auf die konkrete Tätigkeit eines "Bereichsleiters Marketing und Verkauf" übertragbar ist, die der Kläger nach den Feststellungen des LSG zuletzt, dh ab dem 1.1.1990, beim VEB ausgeübt hat. Denn es kommt - worauf das LSG zu Recht hinweist - ausschließlich auf die Verhältnisse am 30.6.1990 und nicht darauf an, ob der Kläger in früheren Jahren seiner beruflichen Tätigkeit ingenieurtechnisch gearbeitet hat oder berufsfremd eingesetzt war. Soweit es sich um eine bloße Umbenennung ohne (inhaltliche) Aufgabenänderung (zB zur Anpassung an den marktwirtschaftlichen Sprachgebrauch) gehandelt haben sollte, hätte das LSG dies ausdrücklich erörtern und erläutern müssen. Stattdessen lassen es die Ausführungen des LSG als möglich erscheinen, dass es unzulässigerweise aus der vorletzten auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit geschlossen haben könnte. Soweit der Kläger in der Revisionsbegründung selbst angibt, zuletzt als "Abteilungsleiter Absatz" tätig gewesen zu sein, darf der Senat dieses Vorbringen, das von den tatsächlichen Feststellungen des LSG abweicht, nicht berücksichtigen, weil "das BSG … an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden" ist (§ 163 SGG). Der abweichende Sachvortrag des Klägers, der keine Revisionsrüge enthält, kann in der Revisionsinstanz somit nicht berücksichtigt werden (vgl dazu BSGE 89, 250, 252 = SozR 3-4100 § 119 Nr 24; BSGE 31, 63, 65 = SozR Nr 17 zu § 3 AVG).

22

Im wieder eröffneten Berufungsverfahren wird das LSG daher im Rahmen der sachlichen Voraussetzung prüfen müssen, ob die am Stichtag tatsächlich verrichtete Tätigkeit mit ihrem Anforderungsprofil dem ermittelten Berufsbild des (Diplom-)Ingenieurs der Fachrichtung Konstruktionstechnik schwerpunktmäßig entsprach. Um das Anforderungsprofil der Tätigkeit zu ermitteln, die der Kläger am Stichtag ausgeübt hat, wird das LSG - soweit vorhanden - den einschlägigen Funktionsplan heranziehen und die dort aufgelisteten Aufgaben konkretisieren müssen. Sollten die Aufgaben des "Abteilungsleiters Absatz" und des "Bereichsleiters Marketing und Verkauf" identisch gewesen sein, wird das LSG dies nachvollziehbar belegen müssen. Die bisherigen Angaben des LSG beschränken sich auf die abstrakte Benennung von Zuständigkeitsbereichen des "Abteilungsleiters Absatz", die dem Funktionsplan des VEB M. Kombinat W. entnommen sind. Dies ersetzt keinesfalls die notwendige detaillierte Stellenbeschreibung unter konkreter Angabe der tatsächlich verrichteten Tätigkeiten in der zuletzt ausgeübten Beschäftigung.

23

b) Ob die betriebliche Voraussetzung iS der VO-AVItech iVm der 2. DB erfüllt ist, bestimmt sich danach, wer auf Grund der tatsächlichen Gegebenheiten am 30.6.1990 ( BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 bis 8) Arbeitgeber im rechtlichen Sinn war (BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 2 RdNr 31 und Nr 4 RdNr 15) und welchen Zweck dessen Betrieb tatsächlich verfolgte (vgl zum Ganzen: BSGE 106, 160 = SozR 4-8570 § 1 Nr 17, RdNr 32). Für die Frage der Arbeitgebereigenschaft und die Feststellung des Zwecks, den der Betrieb am Stichtag verfolgte, ist unerheblich, dass der 30.6.1990 ein Samstag war und ob an diesem Tag tatsächlich gearbeitet wurde oder die Produktion ruhte. Ferner muss zwischen diesem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer ein Beschäftigungsverhältnis bestanden haben, wie dies in § 1 Nr 1 SGB VI iVm § 7 Abs 1 SGB IV vorausgesetzt wird, also im Regelfall ein Arbeitsverhältnis im arbeitsrechtlichen Sinn (BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 2 RdNr 31), das als Dauerschuldverhältnis auch an Samstagen sowie Sonn- und Feiertagen fortbesteht. Auch deshalb ist rechtlich irrelevant, dass der 30.6.1990 ein Samstag war. Wenn bei der Qualifizierung, ob ein Beschäftigungsverhältnis von einem bestimmten Versorgungsverhältnis erfasst wurde, ua auf den Betriebstyp abzustellen ist, ist der Betrieb des Arbeitgebers angesprochen; dieser ist die Beschäftigungsstelle im rechtlichen Sinn. Ein Dritter ist nicht Partei des Beschäftigungsverhältnisses. Deshalb kommt es auf dessen Betrieb nicht an, auch wenn der Arbeitnehmer hier die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen hat (vgl BSG Urteil vom 24.7.2003 - B 4 RA 40/02 R - SozR 4-8570 § 5 Nr 1; BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 2 RdNr 31).

24

Nach den insoweit bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG war der Kläger ab dem 1.1.1975 ununterbrochen beim VEB M. Kombinat W. beschäftigt, zuletzt als "Bereichsleiter Marketing und Verkauf". Das LSG bezweifelt jedoch, dass der Kläger auch noch am 30.6.1990 für diesen Betrieb oder einen (anderen) volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder einen gleichgestellten Betrieb tätig gewesen sei. Vielmehr spreche "Überwiegendes" dafür, dass der Kläger am Stichtag bereits "Leiter des Geschäftsbereiches Marketing und Vertrieb der M. GmbH und nicht mehr Bediensteter des VEB M. Kombinat W." gewesen sei. Um diese Aussage zu untermauern, hätte sich das LSG jedoch davon überzeugen müssen, dass, wie und ggf zu welchem Zeitpunkt das seit dem 1.1.1975 bestehende Beschäftigungsverhältnis mit dem VEB aufgelöst worden ist, also entweder das Erlöschen des VEB (zB durch Betriebsumwandlung in ein Nachfolgeunternehmen) oder das Eingreifen eines arbeitsrechtlichen Beendigungstatbestandes feststellen müssen.

25

Um herauszufinden, ob der VEB M. Kombinat W. am Stichtag überhaupt noch existierte oder bereits vor dem 1.7.1990 durch Umwandlung in die M. GmbH oder eine andere Kapitalgesellschaft gemäß § 7 S 3 der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften (UmwVO) vom 1.3.1990 (GBl DDR I 107) erloschen war, wird das LSG zu ermitteln und zu beachten haben, dass eine entsprechende Umwandlungserklärung, die konstitutive Bedeutung hatte (Senatsurteil vom 15.6.2010 - B 5 RS 10/09 R - BSGE 106, 160 = SozR 4-8570 § 1 Nr 17, RdNr 35 mwN), erst mit der Eintragung der Kapitalgesellschaft in das beim Staatlichen Vertragsgericht geführte Register wirksam wurde. Bis dahin stand eine etwaige Umwandlung nach der UmwVO unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung. Keinesfalls kommt vor dem 1.7.1990 neben VEB und GmbH bzw AG die Existenz eines weiteren Rechtssubjekts in Betracht (Senatsurteil aaO RdNr 37); bis zur Eintragung der Kapitalgesellschaft bzw ihrer Entstehung kraft Gesetzes am 1.7.1990 gab es kein "Nebeneinander von VEB und Kapital-Vorgesellschaft" (Senatsurteil aaO RdNr 37).

26

Gleichwertig alternativ kann die Schlussfolgerung des LSG auch darauf gestützt werden, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem fortexistierenden VEB M. Kombinat W. und dem Kläger vor dem 1.7.1990 beendet worden ist. Dafür genügt es allerdings nicht bereits, auf die Aufnahme eines neuen Beschäftigungsverhältnisses (mit der M. GmbH) hinzuweisen, weil ein altes Beschäftigungsverhältnis nicht automatisch (eo ipso) durch Aufnahme eines neuen Beschäftigungsverhältnisses beendet werden konnte. Vielmehr wird das LSG ermitteln müssen, ob das Arbeitsrechtsverhältnis zwischen dem VEB M. Kombinat W. und dem Kläger zuletzt durch Arbeitsvertrag (§ 38 Abs 1 des Arbeitsgesetzbuches der DDR vom 16.6.1977 ; nachfolgend: AGB-DDR 1977 in der bis zum 30.6.1990 geltenden Fassung ) oder durch Berufung (§ 38 Abs 2 AGB-DDR 1977 aF) begründet worden war und dann einen gerade auf den vorgefundenen Begründungsakt bezogenen Beendigungstatbestand feststellen müssen.

27

Im ersten Fall wird das LSG der Frage nachgehen müssen, ob und ggf wann das durch Arbeitsvertrag begründete Arbeitsrechtsverhältnis durch welchen Beendigungstatbestand wirksam (§ 60 AGB-DDR 1977 aF)aufgelöst worden ist. Dabei kommt insbesondere ein Überleitungsvertrag nach den §§ 51, 53 AGB-DDR 1977 aF in Betracht. Dieser war eine spezielle Rechtsform der Aufhebung (Auflösung) eines Arbeitsvertrages mit dem alten Arbeitgeber und des gleichzeitigen Abschlusses eines neuen Arbeitsvertrages mit dem neuer Arbeitgeber. Er diente der reibungslosen Überleitung des "Werktätigen" in einen anderen Betrieb und des einen Arbeitsverhältnisses in ein anderes und sicherte damit die ununterbrochene Tätigkeit des "Werktätigen" (vgl BSG Urteile vom 18.12.2003 - B 4 RA 20/03 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 2 RdNr 33 und vom 29.7.2004 - B 4 RA 4/04 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 4 RdNr 17; dazu auch: Autorenkollektiv unter Kunz/Thiel, Arbeitsrecht, Lehrbuch, 1983, Staatsverlag der DDR, S 135 f, 138 f). Notwendiger Vertragsinhalt war die Festlegung des Tages der Auflösung des Arbeitsvertrages mit dem bisherigen Betrieb und die Festlegung des Beginns der Tätigkeit im neuen Betrieb (§ 53 Abs 1 S 1 AGB-DDR 1977 aF). Das LSG hat bislang nicht festgestellt, dass der Kläger und der VEB M. Kombinat W. die notwendigen Erklärungen zum Abschluss eines Überleitungsvertrages abgegeben und den Tag der Auflösung des bisherigen Arbeitsvertrages festgelegt haben.

28

Sollte das Arbeitsrechtsverhältnis zwischen Kläger und VEB dagegen "durch Berufung" zur "Wahrnehmung besonders verantwortlicher staatlicher oder gesellschaftlicher Funktionen" begründet worden sein (vgl dazu § 15 Abs 1 S 2, § 38 Abs 2, § 62 Abs 1 S 1 AGB-DDR 1977 aF), wird das LSG feststellen müssen, ob und ggf wann der Kläger durch den VEB M. Kombinat W. von der Tätigkeit eines "Bereichsleiters Marketing und Verkauf" abberufen worden ist. Denn nach § 62 Abs 1 S 1 AGB-DDR 1977 aF endeten Arbeitsrechtsverhältnisse, die durch Berufung begründet worden waren, durch Abberufung. Allein in der (Neu-)Berufung durch die M. GmbH zum "Geschäftsbereichsleiter Marketing und Vertrieb" lag jedoch keine Abberufung von der Tätigkeit eines "Bereichsleiters Marketing und Verkauf" durch den allein hierfür befugten VEB M. Kombinat W.

29

Sollte der Kläger am Stichtag sowohl bei dem VEB M. Kombinat W. als auch bei der M. GmbH beschäftigt gewesen sein, wird das LSG entscheidend darauf abzustellen haben, wo der Kläger am Stichtag schwerpunktmäßig tätig war.

30

Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 23. Juni 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Senat dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Feststellung der Zeit vom 1.7.1974 bis 30.6.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und der während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte hat.

2

Der 1945 geborene Kläger hat die Ingenieurprüfung in der Grundstudienrichtung Maschinenwesen, Fachrichtung Konstruktion, mit Erfolg abgelegt (Zeugnis der Ingenieurschule für Maschinenbau L. vom 12.7.1974).

3

Zu diesem Zeitpunkt arbeitete er im VEB Z. Z. als Sachbearbeiter/Mitarbeiter Wettbewerb. In dieser Funktion war er für die Organisation des Wettbewerbs verantwortlich, der Bestandteil des Plans Wissenschaft und Technik war. Er erstellte Wettbewerbsaufgaben, rechnete diese ab, kontrollierte sie und gab die hierfür erforderlichen Anleitungen. Nach einem ab Mai 1985 verbindlichen Funktionsplan des Klägers für die Tätigkeit als Mitarbeiter Wettbewerb war ein Ingenieurabschluss in der Fachrichtung Ökonomie erforderlich. Ab Mai 1985 arbeitete der Kläger als Leiter Allgemeine Verwaltung im og VEB. Er war ua für die gesamte Technologie der Entsorgung im Betrieb zuständig und der Beauftragte für den Sondermüll. Der Kläger war für die Vorlage von Entsorgungsnachweisen verantwortlich und überwachte in Zusammenarbeit mit Prüflabors die Schadstoffbelastung verschiedener Bäder. Diese Tätigkeit übte er noch im Juni 1990 aus.

4

Eine Versorgungszusage zu Zeiten der DDR erhielt der Kläger nicht.

5

Mit Bescheid vom 20.4.2005 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem ab. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolgslos (Widerspruchsbescheid vom 1.8.2005).

6

Mit Urteil vom 24.1.2008 hat das SG Halle die Beklagte verurteilt, die Zeit vom 1.7.1974 bis 30.6.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech nebst der in diesem Zeitraum erzielten Entgelte festzustellen. Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG Sachsen-Anhalt mit Urteil vom 23.6.2011 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch nicht zu, da er nicht dem Geltungsbereich des § 1 Abs 1 S 1 AAÜG unterfalle. Ihm sei weder von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden noch sei er auf Grund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch habe ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft in seinem Fall nicht stattgefunden. Der Senat folge nicht der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs 1 S 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung bejaht werden könne. Er könne allerdings nicht sicher entscheiden, ob die nach dieser Rechtsprechung geltenden Voraussetzungen sämtlich vorlägen. Die persönliche und die betriebliche Voraussetzung für eine fiktive Einbeziehung im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung seien gegeben. Ob auch die sachliche Voraussetzung beim Kläger in seiner Tätigkeit als Mitarbeiter Wettbewerb bzw Leiter Allgemeine Verwaltung erfüllt sei, könne der Senat jedoch nicht abschließend beurteilen. Der vorliegende Funktionsplan könnte dafür sprechen, dass die Tätigkeit als Mitarbeiter Wettbewerb einen ökonomischen Schwerpunkt gehabt habe. Als Leiter Allgemeine Verwaltung seien nach den glaubhaften Angaben der Zeugen Dr. F. und S. hingegen auch technische Kenntnisse erforderlich gewesen. Welche Anforderungen das BSG an das Vorliegen der sachlichen Voraussetzung im Einzelnen stelle, sei nach den Urteilen des BSG vom 18.10.2007 (B 4 RS 17/07 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 14) und vom 23.8.2007 (B 4 RS 2/07 R - Juris) unklar. Insbesondere erschließe sich dem Berufungssenat nicht, ob die im Urteil vom 23.8.2007 (aaO) aufgestellte Definition des Begriffs "berufsfremd" im Urteil vom 18.10.2007 (aaO) in Frage gestellt worden sei.

7

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 1 Abs 1 AAÜG. Er erfülle neben der persönlichen und betrieblichen Voraussetzung auch die sachliche Voraussetzung für eine Einbeziehung in die AVItech. Die Bedenken des LSG, der frühere 4. Senat des BSG habe mit der Entscheidung vom 18.10.2007 (aaO) seine im Urteil vom 23.8.2007 (aaO) aufgestellte Definition des Begriffs "berufsfremd" in Frage gestellt, lasse sich nicht nachvollziehen. Nach wie vor gehe das BSG für die Prüfung der sachlichen Voraussetzung von der erworbenen Berufsbezeichnung aus und frage, ob der Versicherte im Schwerpunkt eine Tätigkeit ausgeübt habe, die dem durch die Ausbildung und die im Ausbildungsberuf typischerweise gewonnenen Erfahrungen geprägten Berufsbild entspreche. Setze die Wahrnehmung der konkreten Arbeitsaufgabe solche beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten voraus, wie sie bei dem Studium bzw bei der Ausbildung zu einem Beruf iS des § 1 Abs 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) vom 24.5.1951 (GBl DDR 487) erworben würden, sei die sachliche Voraussetzung regelmäßig erfüllt, während dies bei einem im Wesentlichen berufsfremden Einsatz regelmäßig nicht der Fall sei. Das LSG hätte den Schwerpunkt der Tätigkeiten des Klägers feststellen und mit dem Berufsbild des Ingenieurs vergleichen müssen. Entsprechende Feststellungen müsse das Berufungsgericht nachholen. Ausgehend von dem für ihn geltenden Funktionsplan im streitigen Zeitraum, den vorgelegten Unterlagen und den glaubhaften Angaben der Zeugen sei er nicht berufsfremd eingesetzt, sondern ingenieurtechnisch beschäftigt gewesen.

8

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 23. Juni 2011 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 24. Januar 2008 zurückzuweisen.

9

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

10

Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

12

Ob dem Kläger ein Anspruch auf Feststellung der geltend gemachten Beschäftigungszeit beim VEB Z. Z. als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech nebst der dabei erzielten Arbeitsentgelte zusteht, kann der Senat nicht abschließend entscheiden, weil hierzu weitere Tatsachenfeststellungen des LSG erforderlich sind.

13

1. Das Berufungsgericht stützt seine Entscheidung vorliegend tragend allein auf die Feststellung, dass der Kläger die in § 1 Abs 1 S 1 AAÜG ausdrücklich benannten Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der AVItech nicht erfülle und entgegen der Auffassung des früheren 4. und des erkennenden 5. Senats des BSG keine Möglichkeit eines erweiternden Verständnisses der Vorschrift bestehe. Anders als in anderen dem erkennenden Senat bekannt gewordenen Entscheidungen des Berufungsgerichts stützt sich das vorliegend angegriffene Urteil dagegen nicht auch gleichwertig auf Rechtsgründe, die die Klageabweisung gleichzeitig unter Zugrundelegung der ständigen Rechtsprechung des BSG rechtfertigen könnten. Andernfalls müsste nämlich davon ausgegangen werden, dass das LSG die Klage im Tenor seiner Entscheidung allein deshalb abgewiesen hat, weil es sich nach ausdrücklichem eigenen Bekunden keine eigene abschließende Rechtsmeinung zu Fragen gebildet hat, die sich unter Zugrundelegung der sogenannten erweiternden Auslegung der oberstgerichtlichen Rechtsprechung ergeben. Von einem derart evidenten Verstoß eines an Gesetz und Recht gebundenen Gerichts gegen die ihm durch Art 19 Abs 4 GG auferlegten Verpflichtungen kann indessen - jedenfalls solange keine weiteren Belege für eine derartige Vorgehensweise vorliegen - nicht ausgegangen werden. Allerdings kann die Zulassung der Revision, an die das BSG gebunden ist (vgl § 160 Abs 3 SGG), unter diesen Umständen nachvollziehbar nur auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) und entgegen den Ausführungen am Schluss des Berufungsurteils nicht auch auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) gestützt sein, weil dem LSG der Bedeutungsgehalt von Aussagen der oberstgerichtlichen Rechtsprechung "nicht klar" sei bzw sich ihm noch weitere Fragen hierzu stellten und es zur sogenannten sachlichen Voraussetzung für die fiktive Einbeziehung in das Altersversorgungssystem der AVItech daher "nicht abschließend entscheiden" könne. Auch bleibt unter diesen Umständen gleichermaßen offen, warum allein das auf die Beantwortung einer Rechtsfrage begrenzte Berufungsverfahren zu Lasten des Klägers einen Zeitraum von mehr als 3 Jahren und 4 Monaten in Anspruch genommen hat und welcher Sinn der durchgeführten Beweisaufnahme bzw den umfangreichen Ausführungen zur einer lediglich hypothetischen Rechtslage im angefochtenen Urteil zukommen könnte.

14

2. Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 8 Abs 2, Abs 3 S 1 und Abs 4 Nr 1 AAÜG in Betracht. Nach § 8 Abs 3 S 1 AAÜG hat die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der Anlage 1 Nr 1 bis 27(§ 8 Abs 4 Nr 1 AAÜG)dem Berechtigten durch Bescheid den Inhalt der Mitteilung nach Abs 2 aaO bekanntzugeben. Diese Mitteilung hat folgende Daten zu enthalten (vgl BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 10): Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem, das hieraus tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, die Arbeitsausfalltage sowie - jedenfalls bis zum Inkrafttreten des 2. AAÜG-ÄndG zum 3.8.2001 (vgl hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 14.12.2011 - B 5 R 2/10 R) - alle Tatumstände, die erforderlich sind, um eine besondere Beitragsbemessungsgrenze anzuwenden (§§ 6, 7 AAÜG).

15

Allerdings hat der Versorgungsträger diese Daten nur festzustellen, wenn das AAÜG anwendbar ist (BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 10 und Nr 6 S 37). Den Anwendungsbereich des AAÜG, das am 1.8.1991 in Kraft getreten ist (Art 42 Abs 8 des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung - Rentenüberleitungsgesetz - vom 25.7.1991, BGBl I 1606), regelt dessen seither unveränderter § 1 Abs 1. Danach gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften (= Versorgungsberechtigungen), die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme iS der Anlage 1 und 2) im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs 3 SGB IV) erworben worden sind (S 1). Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (S 2), sodass das AAÜG auch in diesen Fällen Geltung beansprucht.

16

Auf Grund der Feststellungen des LSG kann nicht entschieden werden, ob der Kläger vom persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG erfasst ist, weil er am 1.8.1991 aus bundesrechtlicher Sicht eine "auf Grund der Zugehörigkeit" zur AVItech "erworbene" Anwartschaft hatte. Hierauf kommt es deshalb entscheidend an, weil der Kläger weder einen "Anspruch" iS von § 1 Abs 1 S 1 AAÜG noch eine fiktive Anwartschaft gemäß S 2 aaO innehat.

17

Der Ausdruck "Anspruch" umfasst in seiner bundesrechtlichen Bedeutung das (Voll-)Recht auf Versorgung, wie die in § 194 BGB umschriebene Berechtigung, an die auch § 40 SGB I anknüpft, vom Versorgungsträger (wiederkehrend) Leistungen, nämlich die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages zu verlangen. Dagegen umschreibt "Anwartschaft" entsprechend dem bundesdeutschen Rechtsverständnis eine Rechtsposition unterhalb der Vollrechtsebene, in der alle Voraussetzungen für den Anspruchserwerb bis auf den Eintritt des Versicherungs- bzw Leistungsfalls (Versorgungsfall) erfüllt sind (BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 6 S 38 und Nr 7 S 54).

18

Ausgehend von diesem bundesrechtlichen Begriffsverständnis hat der Kläger schon deshalb keinen "Anspruch" auf Versorgung iS des § 1 Abs 1 S 1 AAÜG erworben, weil bei ihm bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1.8.1991 kein Versorgungsfall (Alter, Invalidität) eingetreten war. Zu seinen Gunsten begründet auch nicht ausnahmsweise § 1 Abs 1 S 2 AAÜG eine (gesetzlich) fingierte Anwartschaft ab dem 1.8.1991, weil der Kläger in der DDR nie konkret in ein Versorgungssystem einbezogen worden war und diese Rechtsposition deshalb später auch nicht wieder verlieren konnte (vgl dazu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 15 und Nr 3 S 20 f; SozR 4-8570 § 1 Nr 4 RdNr 8 f).

19

Dagegen kann auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht entschieden werden, ob der Kläger "auf Grund der Zugehörigkeit" zu einem Zusatzversorgungssystem eine "Anwartschaft" auf Versorgung iS von § 1 Abs 1 S 1 AAÜG erworben hat. Der erkennende Senat hat die Rechtsprechung des 4. Senats des BSG (vgl SozR 3-8570 § 1 Nr 7) zum Stichtag 30.6.1990 und zur sog erweiternden Auslegung im Ergebnis in seinen Entscheidungen vom 15.6.2010 (vgl nur BSGE 106, 160 = SozR 4-8570 § 1 Nr 17) ausdrücklich fortgeführt. Die weiterhin geäußerten Bedenken des LSG geben keinen Anlass zur nochmaligen Prüfung. Allerdings weist der Senat erneut darauf hin, dass er Satz 2 des § 1 Abs 1 AAÜG nicht zur Auslegung des Anwendungsbereichs dieses Gesetzes heranzieht. Die diesbezüglich vom Berufungsgericht im Zusammenhang mit Art 3 Abs 1 GG geäußerten Bedenken beziehen sich daher auf eine überholte Rechtsprechung.

20

Ausgangspunkt für die Beurteilung der Frage einer fiktiven Zugehörigkeit zum System der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben auf der Grundlage des am 1.8.1991 geltenden Bundesrechts am Stichtag 30.6.1990 sind die "Regelungen" für die Versorgungssysteme, die gemäß Anl II Kap VIII Sachgebiet H Abschn III Nr 9 des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31.8.1990 (BGBl II 889) mit dem Beitritt am 3.10.1990 zu - sekundärem - Bundesrecht geworden sind. Dies sind insbesondere die VO-AVItech vom 17.8.1950 (GBl DDR 844) und die 2. DB, soweit sie nicht gegen vorrangiges originäres Bundesrecht oder höherrangiges Recht verstoßen.

21

Nach § 1 VO-AVItech und der dazu ergangenen 2. DB hängt das Bestehen einer fingierten Versorgungsanwartschaft von folgenden drei Voraussetzungen ab (vgl BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 14, Nr 5 S 33, Nr 6 S 40 f, Nr 7 S 60; SozR 4-8570 § 1 Nr 9 S 48), die kumulativ am Stichtag 30.6.1990 vorliegen müssen,

1.    

von der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung),

2.    

von der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung),

3.    

und zwar in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs 1 2. DB) oder in einem durch § 1 Abs 2 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).

22

Nach den Feststellungen des LSG erfüllt der Kläger die persönliche und betriebliche Voraussetzung. Er ist berechtigt, die Berufsbezeichnung Ingenieur - in der Grundstudienrichtung Maschinenwesen, Fachrichtung Konstruktion - zu führen und ist am Stichtag in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie tätig gewesen. Gemäß § 163 SGG ist das Revisionsgericht an die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil gebunden, es sei denn diese wären mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffen, was hier nicht der Fall ist. Für die Bindungswirkung der vom LSG getroffenen tatsächlichen Feststellungen kommt es nicht darauf an, ob die Entscheidung des LSG auf den festgestellten Tatsachen beruht (BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 15 RdNr 38; vgl auch BFH Urteil vom 15.2.2005 - IX R 51/03 - Juris RdNr 11, jeweils mwN).

23

Ob der Kläger auch die sachliche Voraussetzung erfüllt, konnte der Senat nicht abschließend entscheiden.

24

Nach der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG (Urteil vom 23.8.2007 - B 4 RS 2/07 R - Juris RdNr 18; s auch Urteil vom 31.3.2004 - B 4 RA 31/03 R - Juris RdNr 19 f) erfüllen Ingenieure die sachliche Voraussetzung für eine Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nur dann, wenn der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit entsprechend ihrem Berufsbild im produktionsbezogenen ingenieurtechnischen Bereich lag und damit die Aufgabenerfüllung geprägt hat. Lag der Schwerpunkt dagegen in anderen Bereichen, zB im wirtschaftlichen bzw kaufmännischen Bereich, waren die Ingenieure nicht schwerpunktmäßig, dh überwiegend, entsprechend ihrem Berufsbild, sondern vielmehr berufsfremd eingesetzt.

25

Für die Prüfung der sachlichen Voraussetzung ist demnach von der erworbenen Berufsbezeichnung iS der 2. DB auszugehen und zu ermitteln, welches Berufsbild dieser unter Berücksichtigung der Ausbildung und der im späteren Ausbildungsberuf typischerweise gewonnenen Erfahrungen zu Grunde liegt. Im Anschluss hieran ist festzustellen, welche Tätigkeit der Versicherte konkret ausgeübt hat und zu fragen, ob diese im Schwerpunkt dem der Berufsbezeichnung zu Grunde liegenden Berufsbild entspricht. Dies ist zu bejahen, wenn die ausgeübte Tätigkeit überwiegend durch die in der Ausbildung zu einem Beruf iS des § 1 Abs 1 der 2. DB gewonnenen Kenntnisse und Fertigkeiten und die im Ausbildungsberuf typischerweise gewonnenen Erfahrungen geprägt ist (vgl Urteil vom 18.10.2007 - B 4 RS 17/07 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 14 RdNr 44 mwN), was exemplarisch der Fall ist, wenn ein Maschineningenieur der Fachrichtung Konstruktion wie der Kläger eine Abteilung geleitet hat, deren Aufgabe die Herstellung von Maschinen gewesen ist.

26

Unklarheiten in der Rechtsprechung des früheren 4. Senats vermag der erkennende Senat nicht zu erkennen. Für die Bestimmung des Tätigkeitsschwerpunkts ist entgegen dem Berufungsgericht schon deshalb nicht allein auf den Studieninhalt abzustellen, weil es nach dieser Rechtsprechung ausdrücklich zusätzlich auf die im Ausbildungsberuf typischerweise gewonnenen Erfahrungen ankommt. Nach der stRspr bedeutet umgekehrt "berufsfremd" die Ausübung einer Tätigkeit, die nicht schwerpunktmäßig durch die durchlaufene Ausbildung und die im Ausbildungsberuf typischerweise gewonnenen Erfahrungen geprägt ist. Dem widerspricht die Entscheidung vom 23.8.2007 (B 4 RS 2/07 R - Juris RdNr 18) schon deshalb nicht, weil sie lediglich beispielhaft Tätigkeitsschwerpunkte benennt, bei denen es an einer derartigen Prägung fehlt. Der maßgebliche Schwerpunkt der zum Stichtag 30.6.1990 ausgeübten Tätigkeit ist von dem organisatorischen Arbeitsbereich, in dem diese Tätigkeit innerhalb des Betriebes verrichtet wird, zu unterscheiden. Das Urteil vom 18.10.2007 (B 4 RS 17/07 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 14 RdNr 43) betont dies nochmals ausdrücklich und weist ua darauf hin, dass damit versorgungsrechtlich etwa auch unerheblich ist, wenn die insofern allein relevante Tätigkeit innerhalb eines leitungs- und produktionssichernden Bereichs ausgeübt wird. Schließlich handelt es sich nach der ständigen Rechtsprechung des 4. Senats - auch insofern entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - bei der sachlichen Voraussetzung nicht etwa um eine negative Tatbestandsvoraussetzung mit möglicherweise entsprechenden Konsequenzen für die Frage der objektiven Beweislast. Wie etwa die Urteile vom 12.6.2001 (B 4 RA 117/00 R - SozR 3-8570 § 5 Nr 6 S 41) und vom 7.9.2006 (B 4 RA 47/05 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 12 RdNr 19) zeigen, entspricht die sachliche Voraussetzung jeweils der dort verwandten positiven Wendung "er muss also im Rahmen seines Berufsbildes beschäftigt gewesen sein", die durch den Anschluss "und darf also nicht berufsfremd eingesetzt gewesen sein" lediglich nochmals erläutert und nicht etwa ersetzt wird. Der vom Berufungsgericht zitierte Satz "Mit der sachlichen Voraussetzung soll eine weitere Einschränkung der Einbeziehung … nur in den Fällen erreicht werden…" (BSG vom 18.10.2007 - B 4 RS 17/07 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 14 RdNr 43) übernimmt dies bruchlos; er beschränkt sich auf die negative Fassung der Definition, deren positive Form dadurch nicht überflüssig wird. Bei der sachlichen Voraussetzung handelt es sich damit ebenso wie bei der persönlichen und betrieblichen Voraussetzung um eine anspruchsbegründende Tatsache (vgl Urteil vom 18.10.2007 - B 4 RS 17/07 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 14 RdNr 42 mwN), für die nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen der Anspruchsteller die Beweislast trägt; dies gilt für das Vorhandensein positiver wie für das Fehlen negativer Tatbestandsmerkmale (vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 103 RdNr 19a mit zahlreichen Nachweisen aus der Rspr).

27

Feststellungen des LSG fehlen sowohl zum Berufsbild des Ingenieurs in der Grundrichtung Maschinenwesen, Fachrichtung Konstruktion als auch zu der am Stichtag vom Kläger konkret ausgeübten Tätigkeit. Feststellungen zum Berufsbild und der verrichteten Tätigkeit sind stets auf der Grundlage von Ermittlungen zu treffen, die die individuelle Situation des jeweiligen Anspruchstellers aufklären. Die von der Beklagten herangezogenen Werke - Kompendium "Fachschulberufe der ehemaligen DDR", herausgegeben von Herbert Thur, Teil 3, sowie Qualifikationshandbuch für Arbeitsaufgaben von Hoch- und Fachschulkadern in den VEB und Einrichtungen des Maschinenbaus, Nr 101/78 - weisen den erforderlichen Einzelfallbezug nicht auf und können daher allenfalls ergänzend Berücksichtigung finden. Zur Feststellung des Berufsbilds des Klägers ist daher insbesondere dessen absolvierte Ausbildung zu ermitteln und sind zur Feststellung des Anforderungsprofils der von ihm ausgeübten Tätigkeit vor allem der für ihn maßgebliche Funktionsplan und die Zeugenaussagen auszuwerten. Die bisherigen Angaben des LSG beschränken sich auf die bloße Bezeichnung der Zuständigkeitsbereiche des Klägers als Leiter Allgemeine Verwaltung; dies ersetzt die notwendige detaillierte Tätigkeitsbeschreibung nicht. Sollte der Kläger am Stichtag die sachliche Voraussetzung erfüllt haben, ist weiter zu prüfen, ob dies auch in seiner Tätigkeit als Sachbearbeiter/Mitarbeiter Wettbewerb der Fall gewesen ist. Hierzu ist nachvollziehbar das Anforderungsprofil dieser Tätigkeit anzugeben. Die bisherigen Ausführungen des Berufungsgerichts werden dem nicht gerecht. Welche konkreten Verrichtungen mit der Erstellung von Wettbewerbsaufgaben, deren Abrechnung und Kontrolle sowie den hierfür erforderlichen Anleitungen verbunden sind, erschließt sich dem Senat nicht.

28

Die Verweisung an einen anderen Senat des LSG erfolgt gemäß § 563 Abs 1 S 2 ZPO iVm § 202 SGG. Sie ist geboten, weil der erkennende Senat unter Berücksichtigung der Ausführungen des 1. Senats des LSG zur mangelnden Verständlichkeit der höchstrichterlichen Rechtsprechung ernsthafte Zweifel daran hat, ob der bisherige Berufungssenat nach der Zurückverweisung an ihn die Bindungswirkung des § 170 Abs 5 SGG beachten wird(vgl BSG vom 26.4.2007 - B 4 R 89/06 R - SozR 4-1500 § 170 Nr 2 RdNr 79). Ein anderer Senat des LSG wird daher nunmehr unter Zugrundelegung der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung die noch fehlenden Feststellungen zur sogenannten sachlichen Voraussetzung nachzuholen haben. Insofern wird das Berufungsgericht insbesondere auch die bereits vorliegenden Entscheidungen des 4. Senats des BSG speziell zu diesem Problemkreis zu beachten haben, an denen der erkennende Senat ausdrücklich festhält.

29

Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 15. Dezember 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Zeit vom 3.5.1971 bis zum 30.6.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) einschließlich der dabei erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

2

Der 1946 geborene Kläger erwarb an der Universität R. den akademischen Grad "Diplom-Ingenieur" (Urkunde vom 31.3.1971). Ab dem 3.5.1971 arbeitete er bei verschiedenen Volkseigenen Betrieben (VEB), zuletzt vom 1.2. bis 30.6.1990 beim VEB E.

3

Dort wirkte er als "Fachdirektor Ökonomie" wesentlich an der Umstrukturierung des VEB mit. Dieser produzierte im 1. Halbjahr 1990 mit 107 Arbeitnehmern Antennen, Heizkörper, Plastschweißgeräte und Leuchten. Gleichzeitig beschäftigte der VEB in den Bereichen der Elektroinstallation 250, der Verwaltung 78, der Projektierung 20 und der Lagerwirtschaft 8 Mitarbeiter. Der Kläger erhielt keine Versorgungszusage, zahlte aber Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung; eine korrigierende Rehabilitierungsentscheidung wurde nicht getroffen.

4

Den Antrag des Klägers, seine Zusatzversorgungsanwartschaften festzustellen und zu überführen, lehnte die Beklagte ab, weil er die sachliche Voraussetzung nicht erfülle. Denn als "Fachdirektor Ökonomie" sei er nicht entsprechend seiner Qualifikation ingenieurtechnisch beschäftigt gewesen (Bescheid vom 12.12.2002; Widerspruchsbescheid vom 9.4.2003).

5

Das SG hat dem Kläger Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist gewährt und die Klage abgewiesen (Urteil des SG Halle vom 24.3.2005). Die Berufung ist erfolglos geblieben (Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 15.12.2011): Der Kläger habe keinen Anspruch auf Feststellung von Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 8 Abs 3 S 1 iVm Abs 2 und § 1 Abs 1 S 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) vom 25.7.1991 (BGBl I 1606, seither mehrfach geändert, zuletzt durch das Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.12.2007, BGBl I 3024). Denn er falle nicht in den Geltungsbereich des § 1 Abs 1 S 1 AAÜG, weil er der AVItech weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung angehört habe. Ihm sei weder eine Versorgung zugesagt worden noch liege eine Rehabilitierungsentscheidung oder der rechtsstaatswidrige Entzug einer Versorgungsanwartschaft vor. Die Rechtsprechung des BSG, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem auch im Wege der Unterstellung erfolgen könne, lehne der Senat ab. Abgesehen davon lägen auch die vom BSG aufgestellten Voraussetzungen für eine fingierte Versorgungsanwartschaft nicht vor. Zwar erfülle der Kläger als Ingenieur die persönliche und als "Fachdirektor Ökonomie" auch die sachliche Voraussetzung. Zum 30.6.1990 sei er jedoch nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen. Fraglich sei schon, ob es am Stichtag überhaupt noch VEB gegeben habe, die organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet gewesen seien. Denn es sei zweifelhaft, ob es im Juni 1990 eine Planwirtschaft iS des Art 9 Abs 3 der Verfassung der DDR überhaupt noch gegeben habe. Ungeachtet dessen sei der VEB E. kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens gewesen, weil der Schwerpunkt der Betriebstätigkeit nicht in der Produktion (Antennen, Heizkörper, Plastschweißgeräte und Leuchten), sondern im Bereich der Elektroinstallation gelegen habe. Denn die Zahl der Beschäftigten in der Elektroinstallation (250) übersteige die Zahl der in der Produktion eingesetzten Mitarbeiter (107) deutlich. Soweit der Senat in dem Verfahren L 1 R 105/08 von nur zehn Mitarbeitern im Bereich der Elektroinstallation ausgegangen sei, könne daran nicht mehr festgehalten werden. Bei der Elektroinstallation würden keine neuen Produkte seriell hergestellt, sondern - ggf seriell hergestellte - Sachgüter verarbeitet, indem zB Leuchten und Kabel angebracht bzw verlegt würden. Insofern könnten Installation und Montage, die den Produktionsbegriff erfüllten, keinesfalls gleichgesetzt werden. Der Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit des VEB sei nicht anhand des Gewinns zu beurteilen, der in den einzelnen Bereichen erzielt worden sei. Dies gelte jedenfalls dann, wenn sich schon anhand der Verteilung der Arbeitskräfte der Schwerpunkt des Betriebes - wie hier - deutlich herauskristallisiere. Denn auf den Aufwand lasse sich nicht zuletzt durch den jeweiligen Mitarbeitereinsatz schließen. Hingegen sei der Gewinn oder die Bilanz als Gradmesser für den betrieblichen Schwerpunkt problematisch, weil dessen Ermittlung von den systembedingten Vorgaben abhänge und häufig nicht den tatsächlichen Aufwand und Umsatz bzw Ertrag abbilde. So sei in der DDR nach den Bestimmungen der Rechnungsführung und Statistik (RuSt) bilanziert worden. Die durch die RuSt ermittelten Zahlen hätten der Leitung und Planung der Volkswirtschaft der DDR (§ 2 Abs 1 und 2 der Verordnung über Rechnungsführung und Statistik vom 11.7.1985, GBl DDR I 261) und damit einem anderen Zweck gedient als eine handelsrechtliche Bilanz. Das System der RuSt habe den Erfordernissen einer zentralgeleiteten Wirtschaft entsprochen, ein einheitliches Rechnungswesen in der gesamten Volkswirtschaft zu schaffen, das nicht nur die einzelnen Betriebe und Kombinate erfasse, sondern zugleich eine volkswirtschaftliche Gesamtrechnung darstelle. Eine Rechnungslegung nach den Grundsätzen der RuSt sei erforderlich gewesen, um ablesen zu können, ob ein Betrieb seine Planvorgaben erreicht habe.

6

Mit der Revision, die das LSG zugelassen hat, rügt der Kläger insbesondere die Verletzung materiellen Rechts: Soweit das LSG den Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit allein anhand der Mitarbeiterzahl pro Abteilung bestimme, verkenne es, dass es nach der Rechtsprechung des BSG allein auf die Anteile an Aufwand und Umsatz bzw Ertrag ankomme. Der VEB E. habe schwerpunktmäßig Antennen, Heizkörper, Plastschweißgeräte und Leuchten produziert. Im Bereich der Elektroinstallation seien nur 10 Mitarbeiter im Außeneinsatz tätig gewesen. Die anderen hätten beispielsweise in industrieller Art und Weise Schaltschrankbau betrieben, und zwar weitestgehend aufgrund gleich gerichteter Anforderungen. Außerdem hätten sie bei der Vorinstallation für Gleich- und Wechselrichter, die im Straßenbahnbau und bei der Montage von Zügen eingesetzt worden seien, vorgefertigte Bauteile im Wege der industriellen Massenproduktion zum fertigen Produkt verbaut. Ferner seien Installationseinrichtungen für den Einsatz in Industrieanlagen vorgefertigt worden, wobei eine ausschließlich spezifische Montage für besondere Anforderungen nur im Ausnahmefall erfolgt sei. Derartige Installationsarbeiten erfüllten - ebenso wie Montagetätigkeiten - den Produktionsbegriff. Entgegen der Ansicht des LSG hätten am 30.6.1990 auch noch der DDR-Planwirtschaft zuzuordnende VEB existiert. Jede andere Auslegung führe die verfassungsgerichtlich bestätigte Rechtsprechung des BSG zur Überführung fiktiver Ansprüche aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen ad absurdum.

7

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

        

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 24. März 2005 und das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 15. Dezember 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. April 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 3. Mai 1971 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

8

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Die betriebliche Voraussetzung sei nicht erfüllt. Der VEB E. sei kein Produktionsdurchführungsbetrieb gewesen, dem eine industrielle Massenproduktion von Sachgütern in Gestalt von Antennen, Heizkörpern, Plastschweißgeräten und Leuchten das Gepräge gegeben habe. Denn der überwiegende Teil der Beschäftigten sei nicht in der Sachgüterproduktion, sondern mit der Installation von Elektroanlagen beschäftigt gewesen. Elektroinstallationsarbeiten seien immer den individuellen Gegebenheiten und Vorgaben der Kunden anzupassen, weil Leitungen und Verteiler verlegt und Elemente miteinander verbunden werden müssten, was nicht seriell erfolgen könne. Damit unterscheide sich diese Art der Installation auch von der (seriellen) Industriemontage, bei der massenhaft Einzelteile zu einem grundsätzlich gleichen, nur in Details unterschiedlichen neuen industriellen Sachgut in hohen Stückzahlen zusammengesetzt würden.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG), weil weitere Tatsachenfeststellungen erforderlich sind.

11

Die Klage war zulässig. Das LSG hat zu Recht festgestellt, dass das SG verbindlich Wiedereinsetzung (§ 67 Abs 1 und 4 S 2 SGG) in die versäumte Klagefrist (§ 87 Abs 1 S 1 iVm Abs 2 SGG) gewährt hat.

12

Ob die Beklagte die begehrten rechtlichen Feststellungen hätte treffen müssen, lässt sich ohne weitere Tatsachenfeststellungen nicht entscheiden. Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 8 Abs 2, Abs 3 S 1 und Abs 4 Nr 1 AAÜG in Betracht. Nach § 8 Abs 3 S 1 AAÜG hat die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der Anlage 1 Nr 1 bis 27(§ 8 Abs 4 Nr 1 AAÜG) dem Berechtigten durch Bescheid den Inhalt der Mitteilung nach Abs 2 aaO bekannt zu geben. Diese Mitteilung hat folgende Daten zu enthalten (vgl BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 10): Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem, das hieraus tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, die Arbeitsausfalltage sowie - jedenfalls bis zum Inkrafttreten des 2. AAÜG-ÄndG zum 3.8.2001 (vgl hierzu Senatsurteil vom 14.12.2011 - B 5 R 2/10 R - SozR 4-8570 § 7 Nr 3) - alle Tatumstände, die erforderlich sind, um eine besondere Beitragsbemessungsgrenze anzuwenden (§§ 6, 7 AAÜG).

13

Allerdings hat der Versorgungsträger diese Daten nur festzustellen, wenn das AAÜG anwendbar ist (BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 10 und Nr 6 S 37). Den Anwendungsbereich des AAÜG, das am 1.8.1991 in Kraft getreten ist (Art 42 Abs 8 des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung - Rentenüberleitungsgesetz - vom 25.7.1991, BGBl I 1606), regelt dessen seither unveränderter § 1 Abs 1. Danach gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften (= Versorgungsberechtigungen), die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme iS der Anlage 1 und 2) im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs 3 SGB IV) erworben worden sind (S 1). Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (S 2), sodass das AAÜG auch in diesen Fällen Geltung beansprucht.

14

Auf Grund der Feststellungen des LSG kann nicht entschieden werden, ob der Kläger vom persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG erfasst ist, weil er am 1.8.1991 aus bundesrechtlicher Sicht eine "auf Grund der Zugehörigkeit" zur AVItech "erworbene" Anwartschaft hatte. Hierauf kommt es deshalb entscheidend an, weil der Kläger weder einen "Anspruch" iS von § 1 Abs 1 S 1 AAÜG noch eine fiktive Anwartschaft gemäß S 2 aaO innehat.

15

Der Ausdruck "Anspruch" umfasst in seiner bundesrechtlichen Bedeutung das (Voll-)Recht auf Versorgung, wie die in § 194 BGB umschriebene Berechtigung, an die auch § 40 SGB I anknüpft, vom Versorgungsträger (wiederkehrend) Leistungen, nämlich die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages zu verlangen. Dagegen umschreibt "Anwartschaft" entsprechend dem bundesdeutschen Rechtsverständnis eine Rechtsposition unterhalb der Vollrechtsebene, in der alle Voraussetzungen für den Anspruchserwerb bis auf den Eintritt des Versicherungs- bzw Leistungsfalls (Versorgungsfall) erfüllt sind (BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 6 S 38 und Nr 7 S 54).

16

Ausgehend von diesem bundesrechtlichen Begriffsverständnis hat der Kläger schon deshalb keinen "Anspruch" auf Versorgung iS des § 1 Abs 1 S 1 AAÜG erworben, weil bei ihm bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1.8.1991 kein Versorgungsfall (Alter, Invalidität) eingetreten war. Zu seinen Gunsten begründet auch nicht ausnahmsweise § 1 Abs 1 S 2 AAÜG eine (gesetzlich) fingierte Anwartschaft ab dem 1.8.1991, weil der Kläger in der DDR nie konkret in ein Versorgungssystem einbezogen worden war und diese Rechtsposition deshalb später auch nicht wieder verlieren konnte (vgl dazu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 15 und Nr 3 S 20 f; SozR 4-8570 § 1 Nr 4 RdNr 8 f).

17

Dagegen kann auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht entschieden werden, ob der Kläger "auf Grund der Zugehörigkeit" zu einem Zusatzversorgungssystem eine "Anwartschaft" auf Versorgung iS von § 1 Abs 1 S 1 AAÜG erworben hat. Der erkennende Senat hat die Rechtsprechung des 4. Senats des BSG (vgl SozR 3-8570 § 1 Nr 7) zum Stichtag 30.6.1990 und zur sog erweiternden Auslegung im Ergebnis in seinen Entscheidungen vom 15.6.2010 (vgl nur BSGE 106, 160 = SozR 4-8570 § 1 Nr 17) ausdrücklich fortgeführt. Die weiterhin geäußerten Bedenken des LSG geben keinen Anlass zur nochmaligen Prüfung (s dazu bereits Senatsurteil vom 9.5.2012 - B 5 RS 7/11 R - Juris).

18

Ausgangspunkt für die Beurteilung der Frage einer fiktiven Zugehörigkeit zum System der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben auf der Grundlage des am 1.8.1991 geltenden Bundesrechts am Stichtag 30.6.1990 sind die "Regelungen" für die Versorgungssysteme, die gemäß Anl II Kap VIII Sachgebiet H Abschn III Nr 9 des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31.8.1990 (BGBl II 889) mit dem Beitritt am 3.10.1990 zu - sekundärem - Bundesrecht geworden sind. Dies sind insbesondere die Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) vom 17.8.1950 (GBl DDR 844) und die 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (2. DB) vom 24.5.1951 (GBl DDR 487), soweit sie nicht gegen vorrangiges originäres Bundesrecht oder höherrangiges Recht verstoßen.

19

Nach § 1 VO-AVItech und der dazu ergangenen 2. DB hängt das Bestehen einer fingierten Versorgungsanwartschaft von folgenden drei Voraussetzungen ab (vgl BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 14, Nr 5 S 33, Nr 6 S 40 f, Nr 7 S 60; SozR 4-8570 § 1 Nr 9 S 48), die kumulativ am Stichtag 30.6.1990 vorliegen müssen,

        

1.    

von der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung),

        

2.    

von der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung),

        

3.    

und zwar in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs 1 der 2. DB) oder in einem durch § 1 Abs 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).

20

Der Kläger erfüllt die persönliche Voraussetzung, weil er nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) berechtigt ist, den akademischen Grad "Diplom-Ingenieur" zu führen. Ob der Kläger auch die sachliche (nachfolgend a) und die betriebliche Voraussetzung (nachfolgend b) erfüllt, konnte der Senat nicht abschließend entscheiden.

21

a) Nach der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG (Urteil vom 23.8.2007 - B 4 RS 2/07 R - Juris RdNr 18; s auch Urteil vom 31.3.2004 - B 4 RA 31/03 R - Juris RdNr 19 f) und des erkennenden Senats (Urteile vom 9.10.2012 - B 5 RS 9/11 R - Juris RdNr 19 und vom 9.5.2012 - B 5 RS 7/11 R - Juris RdNr 24) erfüllen Ingenieure die sachliche Voraussetzung für eine Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nur dann, wenn der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit entsprechend ihrem Berufsbild im produktionsbezogenen ingenieurtechnischen Bereich lag und damit die Aufgabenerfüllung geprägt hat. Lag der Schwerpunkt dagegen in anderen Bereichen, zB im wirtschaftlichen bzw kaufmännischen Bereich, waren die Ingenieure nicht schwerpunktmäßig, dh überwiegend, entsprechend ihrem Berufsbild, sondern vielmehr berufsfremd eingesetzt. Nach der ständigen Rechtsprechung bedeutet "berufsfremd" die Ausübung einer Tätigkeit, die nicht schwerpunktmäßig durch die durchlaufene Ausbildung und die im Ausbildungsberuf typischerweise gewonnenen Erfahrungen geprägt ist (Senatsurteile aaO).

22

Für die Prüfung der sachlichen Voraussetzung ist demnach von der erworbenen Berufsbezeichnung iS der 2. DB auszugehen und zu ermitteln, welches Berufsbild dieser unter Berücksichtigung der Ausbildung und der im späteren Ausbildungsberuf typischerweise gewonnenen Erfahrungen zu Grunde liegt. Im Anschluss hieran ist festzustellen, welche Tätigkeit der Versicherte konkret ausgeübt hat und zu fragen, ob diese im Schwerpunkt dem der Berufsbezeichnung zu Grunde liegenden Berufsbild entspricht. Dies ist zu bejahen, wenn die ausgeübte Tätigkeit überwiegend durch die in der Ausbildung zu einem Beruf iS des § 1 Abs 1 der 2. DB gewonnenen Kenntnisse und Fertigkeiten und die im Ausbildungsberuf typischerweise gewonnenen Erfahrungen geprägt ist (Senatsurteile vom 9.10.2012 - B 5 RS 9/11 R - Juris RdNr 20 und vom 9.5.2012 - B 5 RS 7/11 R - Juris RdNr 25; BSG Urteil vom 18.10.2007 - B 4 RS 17/07 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 14 RdNr 44 mwN).

23

Es fehlen hier bereits Feststellungen des LSG zum Berufsbild des "Diplom-Ingenieurs" und zur Tätigkeit, die der Kläger am Stichtag konkret ausgeübt hat. Feststellungen zum Berufsbild und der verrichteten Tätigkeit sind stets auf der Grundlage von Ermittlungen zu treffen, die die individuelle Situation des jeweiligen Anspruchstellers aufklären. Zur Feststellung des Berufsbilds des Klägers ist daher insbesondere dessen absolvierte Ausbildung im Einzelnen zu ermitteln; um das Anforderungsprofil der Tätigkeit festzustellen, die er am Stichtag ausgeübt hat, sind vor allem der einschlägige Funktionsplan heranzuziehen, soweit er noch vorhanden ist, und die dort aufgelisteten Aufgaben zu konkretisieren sowie die Aussagen des Klägers und etwaiger Zeugen auszuwerten. Die bisherigen Ausführungen des LSG erschöpfen sich darin, "dass der Kläger während seiner Beschäftigung beim VEB E. nach seinen glaubhaften Schilderungen im Berufungsverfahren nicht berufsfremd eingesetzt war". Dabei versäumt es das Berufungsgericht jedoch, das Ergebnis seiner Subsumtion unter den Rechtsbegriff "berufsfremd" mit konkreten Tatsachenangaben zu untermauern, die es ermöglichen könnten, den vorangegangenen Subsumtionsschluss (Syllogismus) nachzuvollziehen und zu überprüfen. Im Ansatz zutreffend weist das LSG darauf hin, dass "nicht die Funktionsbezeichnung entscheidend ist, sondern der tatsächliche Tätigkeitsinhalt". Es hätte jedoch - ausgehend von einer detaillierten Stellenbeschreibung - möglichst genau darstellen müssen, welche (Haupt-)Aufgaben, fachlichen Anforderungen und konkreten Verrichtungen mit der Tätigkeit des "Fachdirektors Ökonomie" tatsächlich verbunden waren und im Urteil nachvollziehbar angeben müssen, welche Tatumstände der Kläger im Berufungsverfahren geschildert hat, warum es ihn für glaubwürdig und seine Aussagen für glaubhaft hält (zu den Begriffen der Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit vgl BGH Urteil vom 13.3.1991 - IV ZR 74/90 - NJW 1991, 3284). Im wieder eröffneten Berufungsverfahren wird das LSG daher im Rahmen der sachlichen Voraussetzung prüfen müssen, ob die am Stichtag tatsächlich ausgeübte Tätigkeit als "Fachdirektor Ökonomie" mit ihrem Anforderungsprofil dem Berufsbild des Diplom-Ingenieurs schwerpunktmäßig entsprach.

24

b) Ferner lässt sich aufgrund der bisherigen Feststellungen des LSG nicht beurteilen, ob der VEB E. ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens ist. Hierunter fallen nur Produktionsdurchführungsbetriebe, denen unmittelbar die industrielle Massenproduktion von Sachgütern das Gepräge gibt. Der erkennende Senat hält auch insoweit an der Rechtsprechung des 4. Senats (vgl etwa BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 6 S 46 f sowie SozR 4-8570 § 1 Nr 16 RdNr 21 und 23)fest, was er zuletzt in mehreren am 19.7.2011, 28.9.2011, 9.5.2012 und 9.10.2012 verkündeten Urteilen (ua BSGE 108, 300 = SozR 4-8570 § 1 Nr 18, RdNr 24; B 5 RS 8/10 R - Juris RdNr 19; B 5 RS 8/11 R - Juris RdNr 21; B 5 RS 5/12 R - Juris RdNr 23) nochmals betont hat.

25

Für das Vorliegen der betrieblichen Voraussetzung ist unerheblich, ob es am Stichtag 30.6.1990 noch VEB gegeben hat, die organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet waren (dazu und zum Folgenden: Senatsurteil vom 9.10.2012 - B 5 RS 5/12 R - Juris RdNr 24). Ob die betriebliche Voraussetzung iS der VO-AVItech iVm der 2. DB erfüllt ist, bestimmt sich nach der bisherigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung allein danach, ob der Kläger am 30.6.1990 - abgesehen von den gleichgestellten Betrieben - in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt gewesen ist, dh einem VEB, dem die industrielle Fertigung das Gepräge gegeben hat. Hingegen ist entgegen der Auffassung des LSG nicht auch konstitutiv auf seine organisatorische Zuordnung abgestellt worden (so schon Hinweis im Senatsurteil vom 19.7.2011 - B 5 RS 7/10 R - BSGE 108, 300 = SozR 4-8570 § 1 Nr 18, RdNr 28). Bereits im Urteil vom 9.4.2002 (B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr 6 S 47 f) hatte der 4. Senat des BSG eine derartige Bedeutung allenfalls - ausdrücklich nicht tragend - nur als möglich in Erwägung gezogen. Schon in der Entscheidung vom 6.5.2004 (B 4 RA 52/03 R - Juris RdNr 29) wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass allein die fehlende Zuordnung zu einem Industrieministerium nicht genügt, einen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens abzulehnen. Dementsprechend zieht auch die spätere Rechtsprechung den Umstand der organisatorischen Zuordnung durchgehend als weder notwendiges noch hinreichendes Hilfskriterium allenfalls bestätigend heran (vgl BSG Beschluss vom 13.2.2008 - B 4 RS 133/07 B - Juris RdNr 11). Hat aber die Frage der organisatorischen Zuordnung keine konstitutive Bedeutung, ist unerheblich, ob es am Stichtag noch einen industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft gegeben hat. Vielmehr ist allein die Rechtsform des Betriebs als VEB sowie seine tatsächliche Produktionsweise entscheidungsrelevant (Senatsurteil vom 9.10.2012 - B 5 RS 5/12 R - Juris RdNr 24).

26

Ob der VEB E. nach diesen Maßgaben sein Gepräge durch die industrielle Massenproduktion erhalten hat, lässt sich den Feststellungen des LSG nicht entnehmen. Das LSG bestimmt den Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit nach der (Kopf-)Zahl der Mitarbeiter in den Tätigkeitsbereichen "Produktion" und "Elektroinstallation". Damit hat es einen einheitlichen und grundsätzlich geeigneten Maßstab für die Beurteilung der Frage gewählt, ob der VEB E. sein Gepräge durch die industrielle Massenproduktion erhalten hat, wobei allerdings einschränkend zu bemerken ist, dass von der bloßen Kopfzahl der Beschäftigten nicht stets automatisch auf ein entsprechendes Arbeitsvolumen und einen entsprechenden Anteil an der Wertschöpfung geschlossen werden darf. Den Feststellungen des LSG lässt sich jedoch - was gleichzeitig unabdingbar erforderlich ist - insbesondere nicht entnehmen, womit konkret der Bereich "Elektroinstallation" (250 Mitarbeiter) befasst war, obwohl es unter anderem wegen der Frage, "ob auch die Installation (wie die Montage) den Produktionsbegriff erfüllen kann", die Revision zugelassen hat. Es unterlegt dem Begriff der "Elektroinstallation" ohne jeden Fallbezug bestenfalls aus sich heraus eine Bedeutung, wenn es ausführt: "Bei der Installation werden keine neuen Produkte seriell hergestellt, sondern es werden - ggf seriell hergestellte - Sachgüter verarbeitet, in dem zB Leuchten und Kabel angebracht bzw verlegt werden". Stattdessen hätte das Berufungsgericht konkret ermitteln und feststellen müssen, welche Aufgaben beim VEB E. im Bereich der "Elektroinstallation" genau anfielen, welche Komponenten wo (innerhalb des VEB oder außerhalb beim Kunden?) verarbeitet ("installiert", "angebracht", "verlegt" oder eingebaut) wurden und ob es sich dabei um eher handwerklich geprägte Individualarbeiten oder industriell geprägte Serienfertigung (ggf unter entsprechendem Maschineneinsatz) handelte. Soweit im Rahmen der Elektroinstallation - ggf seriell hergestellte - Komponenten (wie zB Leuchten und Kabel) angebracht, verlegt oder miteinander verbunden wurden, wird das LSG die Fertigungsart ermitteln und feststellen müssen, ob diese Aggregate mehr oder weniger schematisch nach einem im vorhinein festgelegten Plan standardisiert (zB in Fertigungsstraßen) oder nach bestimmten Kundenwünschen individuell verarbeitet wurden. Unter diesen Voraussetzungen ist insbesondere auch eine größere Produktpalette oder eine Vielzahl potenziell zu verbindender Einzelteile kein Hindernis, solange das Produkt einer vom Hersteller standardmäßig angebotenen Palette entspricht. Werden dagegen Gebrauchtteile mit verbaut (vgl BSG Urteil vom 24.4.2008 - B 4 RS 31/07 R - Juris RdNr 18) oder treten individuelle Kundenwünsche, wie der zusätzliche Einbau von besonders gefertigten Teilen oder der Bau eines zwar aus standardisierten Einzelteilen bestehenden, so aber vom Hersteller nicht vorgesehenen und allein auf besondere Anforderungen gefertigten Produkts, in den Vordergrund, entfällt der Bezug zur industriellen Massenproduktion (vgl Senatsurteile vom 19.7.2011 - B 5 RS 7/10 R - BSGE 108, 300 = SozR 4-8570 § 1 Nr 18, RdNr 31 und vom 9.10.2012 - B 5 RS 5/11 R - Juris RdNr 24).

27

Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Halle vom 5. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten in diesem Verfahren noch darüber, ob der Kläger einen Anspruch auf Einbeziehung in die zusätzliche Versorgung der Pädagogen in Einrichtungen der Volks- und Berufsbildung hat.

2

Der am ... 1945 geborene Kläger war nach seiner Ausbildung zum Elektromonteur (September 1961 bis Februar 1964) ab November 1966 als Lehrausbilder tätig. Von Februar 1969 bis Februar 1970 nahm er erfolgreich an einem Lehrmeister-Fernstudium zur Qualifizierung der Ausbilder teil (Zeugnis vom 15. Februar 1970). 1976 erwarb er ausweislich des Zeugnisses des Instituts zur Ausbildung von Ingenieurpädagogen Gotha vom 31. August 1976 die Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Ingenieurpädagoge (berufspraktischer Unterricht)" zu führen. Vom 1. September 1976 bis zum 30. Juni 1990 war er im VEB B. "Erich Weinert" D, in dem er schon seit dem 1. September 1960 beschäftigt war, als Ingenieurpädagoge eingesetzt. Die schriftliche Zusage einer Zusatzversorgung erhielt der Kläger nicht. Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) zahlte er nicht.

3

Den Antrag des Klägers vom 9. März 2005 auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Pädagogen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22. Juni 2005 mit der Begründung ab, als Angehörige der pädagogisch tätigen Intelligenz im Sinne der Versorgungsordnung gälten im Bereich der Berufsbildung nur Lehrkräfte des berufstheoretischen Unterrichtes, die eine dafür anerkannte abgeschlossene pädagogische Ausbildung besäßen. Die Qualifikation als Ingenieurpädagoge berechtige dagegen zur Beschäftigung in der berufspraktischen Ausbildung.

4

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 30. Juni 2005 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, es stelle eine Ungleichbehandlung dar, wenn in der gleichen Beschäftigung (Lehrausbildung) studierte Fachingenieure in diesem Versorgungssystem erschienen, Ingenieurpädagogen und Lehrmeister der Fachrichtung Elektrotechnik jedoch nicht. Er empfinde es überdies als ungerecht, wenn eine Unterstufenlehrerin - mit welcher er seine hohe Qualifikation nicht auf eine Stufe stelle - eine Zusatzversorgung erhalte und er nicht. Zudem habe er während fast seiner gesamten Berufsausbildungszeit auch theoretischen Unterricht erteilt.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der pädagogischen Intelligenz könne nicht festgestellt werden. Denn das setze voraus, dass neben der Ausübung der hauptamtlichen pädagogischen Beschäftigung im Bereich der Volks- und Berufsbildung eine staatlich anerkannte pädagogische Ausbildung abgeschlossen sei. Dies sei beim Kläger nicht der Fall.

6

Mit der am 13. September 2005 beim Sozialgericht (SG) Halle erhobenen Klage hat der Kläger sein Vorbringen wiederholt und ergänzend ausgeführt, die Qualifikation als Ingenieurpädagoge sei die höchstgeforderte für die praktische Berufsausbildung gewesen. Sie beinhalte einen Fachschulabschluss und ein einjähriges pädagogisches Studium. Er sei also Ingenieur mit Fachschulabschluss und Pädagoge mit staatlichem Abschluss.

7

Mit Verfügung vom 2. November 2005 hat der Vorsitzende der 6. Kammer des SG seine Absicht mitgeteilt, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Der Kläger hat dagegen mit Schreiben vom 21. November 2005 protestiert. Er hat unter anderem ausgeführt: "Ihre Meinung zu meinem Vortrag war und ist bereits vorgefasst bzw. beeinflusst."

8

Mit Gerichtsbescheid vom 5. Dezember 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger unterfalle nicht dem Geltungsbereich des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG). Er gehöre keinem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG an. Eine Einbeziehung in die Zusatzversorgung der Pädagogen in Einrichtungen der Volks- und Berufsbildung komme bereits deshalb nicht in Betracht, weil Grundvoraussetzung hierfür das Bestehen einer staatlich anerkannten pädagogischen Ausbildung gewesen sei, die der Kläger als Ingenieurpädagoge nicht vorweisen könne. Das Zusatzversorgungssystem der Pädagogen gelte im Übrigen nicht für Lehrkräfte des Aufgabenbereiches berufspraktischer Unterricht.

9

Gegen den ihm am 10. Dezember 2005 zustellten Gerichtsbescheid hat sich der Kläger mit einem am 30. Dezember 2005 beim SG eingegangenen Schriftsatz gewandt. Er beklagt, dass der Gerichtsbescheid trotz seines Vorwurfes der Beeinflussung (Befangenheitsantrag) und seines Widerspruchs gegen eine Einzelentscheidung ergangen sei. Zu seiner Tätigkeit führt er aus, im VEB B. "Erich Weinert" D sei eine Betriebsberufsschule (BBS) eingerichtet gewesen. In der Zeit von Januar 1988 bis zum 30. Juni 1990 habe er zu 100 Prozent den theoretischen Unterricht des verstorbenen Kollegen Mühling übernommen, und zwar wöchentlich zwölf Stunden die Unterrichtseinheit "elektrische Maschinen" und weitere zwölf Stunden "Schutzmaßnahmen". Der Kollege Mühling sei mit seinem Abschluss bevorzugt für die theoretische Ausbildung einsetzbar gewesen, er selbst mit seinem Abschluss für die praktische Ausbildung. Das heiße aber nicht, dass er in einer BBS keinen theoretischen Unterricht haben geben dürfen bzw. nicht dafür ausgebildet gewesen sei.

10

Der Kläger beantragt,

11

den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Halle vom 5. Dezember 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 1. Januar 1988 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Pädagogen mit den entsprechenden Arbeitsentgelten festzustellen.

12

Die Beklagte beantragt,

13

die Berufung zurückzuweisen.

14

Sie verteidigt den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid.

15

In der mündlichen Verhandlung am 18. Dezember 2008 haben die Beteiligten einen Teilvergleich dahingehend geschlossen, dass die Beklagte ihren Widerspruchsbescheid vom 24. August 2005 aufhebt, soweit sie darin über die Zugehörigkeit zu anderen Zusatzversorgungssystemen als demjenigen der Nr. 18 der Anlage 1 zum AAÜG entschieden hat, und zugesichert, erstmals darüber zu entscheiden, ob eine Zugehörigkeit zu anderen Zusatzversorgungssystemen als demjenigen nach Nr. 18 der Anlage 1 zum AAÜG festzustellen ist. Der Kläger hat sich damit einverstanden erklärt und den Rechtsstreit insoweit als erledigt angesehen.

16

Der ehemalige Arbeitskollege des Klägers, B F, hat dem Gericht eine schriftliche Auskunft vom 17. November 2009 übersandt. Darüber hinaus hat der Berichterstatter in dem Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 1. Dezember 2009 einen weiteren ehemaligen Arbeitskollegen des Klägers, J K, als Zeugen vernommen. Diesbezüglich und wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Diese Akten haben bei der mündlichen Verhandlung und der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

17

Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet.

I.

18

In verfahrensrechtlicher Hinsicht kann dahinstehen, ob in dem Schriftsatz des Klägers vom 21. November 2005 und der darin enthaltenen Formulierung "Ihre Meinung zu meinem Vortrag war und ist bereits vorgefasst bzw. beeinflusst" mit der gebotenen Deutlichkeit ein Ablehnungsgesuch gegen den erstinstanzlich tätigen Richter zu sehen war, aufgrund dessen zunächst über die Befangenheit des abgelehnten Richters hätte entschieden werden müssen, bevor eine Sachentscheidung hätte ergehen können. Denn das - etwaige - Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den Vorsitzenden der 6. Kammer des SG war jedenfalls unbegründet.

19

Gemäß § 60 Abs. 1 SGG i. V. m. § 42 der Zivilprozessordnung kann ein Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zurechtfertigen. Maßgebend ist hierbei nicht, ob der abgelehnte Richter wirklich befangen ist oder ob er sich selbst für befangen hält, sondern allein, ob von dem Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung genügend objektive Gründe vorliegen, die die Befürchtung wecken könnten, der Richter stehe dem Verfahren nicht mehr unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber. Es kommt mithin darauf an, ob Tatsachen vorliegen, die nach der Meinung eines ruhig und vernünftig denkenden Beteiligten geeignet erscheinen, berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit und Neutralität des Richters zu begründen.

20

Gemessen an diesen Grundsätzen kann hier nicht von einer Befangenheit des abgelehnten Richters ausgegangen werden. Allein der Umstand, dass der abgelehnte Richter den Kläger mit Verfügung vom 19. Oktober 2005 darauf hingewiesen hat, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) für Ingenieurpädagogen kein nachträglicher Anspruch auf Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz bestehe, und dies in seiner Verfügung vom 2. November 2005 nochmals bekräftigt hat, begründet nicht die Annahme der Voreingenommenheit des Richters gegenüber dem Kläger. Eine sachliche Meinungsäußerung über die Aussichten der Klage oder die Rechtslage - wie hier - rechtfertigt keine Besorgnis der Befangenheit. Dies würde selbst für die Äußerung einer unrichtigen Rechtsauffassung gelten, wenn sie nicht auf unsachlicher Einstellung des Richters oder auf Willkür beruht (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Aufl. 2008, § 60 Rn. 8j). Im vorliegenden Fall sind die rechtlichen Hinweise nicht in einer Weise geschehen, dass der Kläger Grund zur Befürchtung haben musste, der Richter werde Gegenargumenten nicht mehr aufgeschlossen gegenüber stehen. Es liegen also keine objektiven Gründe vor, die die Befürchtung wecken konnten, der Vorsitzende der 6. Kammer des SG stehe dem Verfahren nicht mehr unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber.

II.

21

In der Sache konnte die Berufung keinen Erfolg haben, denn der Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2005 beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat nämlich keinen Anspruch gegen die Beklagte, den begehrten Zeitraum als Zugehörigkeitszeit nach § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG feststellen zu lassen, denn das AAÜG ist im Fall des Klägers nicht anwendbar.

22

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R -, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 2, S. 11).

23

Der Kläger erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihm von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden noch ist er aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in seinem Fall nicht stattgefunden.

24

Der Senat folgt nicht der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann (sh. unter III.). Aber auch nach dieser Rechtsprechung wären die Voraussetzungen für eine fiktive Einbeziehung nicht erfüllt (IV.).

III.

25

Der Senat ist nicht der Auffassung, dass das AAÜG den Kreis der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen erweitert und das Neueinbeziehungsverbot modifiziert hat (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R -, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 2, S. 12). Erst diese Annahme führt jedoch zu einer vom BSG behaupteten Ungleichbehandlung ("Wertungswiderspruch"), die durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu korrigieren sei. Zum Anderen ist der Senat der Ansicht, dass, wenn die Annahme des BSG tatsächlich zutreffen sollte und mit dem AAÜG der einbezogene Personenkreis erweitert worden ist, zumindest keine verfassungskonforme Auslegung erforderlich ist, da die behauptete Ungleichbehandlung zu rechtfertigen wäre. Im Übrigen hätte das BSG wegen des von ihm unterstellten "Wertungswiderspruchs" keine erweiternde Auslegung vornehmen dürfen, sondern eine konkrete Normenkontrolle durch Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) veranlassen müssen. Denn die vom BSG vorgenommene Rechtsfortbildung überschreitet nach Auffassung des erkennenden Senats die sich aus Art. 20 Abs. 2 und 3 GG ergebenden Grenzen der richterlichen Entscheidungsbefugnis, weil der eindeutige Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG die vom BSG vorgenommene Interpretation nicht hergibt. Es ist deshalb schon nicht möglich, die bei einem unklaren oder nicht eindeutigen Wortlaut heranzuziehenden einschlägigen Auslegungskriterien anzuwenden (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 10 EG 1/08 R -, Juris, Rdnr. 19). Auch für eine richterliche Rechtsfortbildung im Wege der Analogie fehlt es - wie noch auszuführen sein wird - an der erforderlichen Regelungslücke.

26

In den Gesetzesmaterialien findet sich kein Hinweis dafür, dass durch das AAÜG außer den Personen, die durch einen nach Art. 19 EVertr bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen worden waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R -, a. a. O., S. 11), weitere Personen einbezogen werden sollten (siehe BTDrs. 12/405, S. 113, 146; BTDrs. 12/786, S. 139; II A, IV A; BTDrs. 12/826, S. 4, 5, 10, 11, 21). Vielmehr wird in den Gesetzesmaterialien immer auf den Einigungsvertrag Bezug genommen. Zwar wird dann ausgeführt, dass die Einhaltung der Vorgaben des Einigungsvertrages zu nicht sachgerechten und zu nicht nur sozialpolitisch unvertretbaren Ergebnissen führen müsste und sich deshalb die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ergebe (BTDrs. 12/405, S. 113). Aus der weiteren Gesetzesbegründung ist jedoch ohne Schwierigkeiten ablesbar, dass sich diese Regelungen auf die Bereiche der Rentenberechnung, Leistungsbegrenzung, Abschmelzung laufender Leistungen, des Besitzschutzes bei der Neufeststellung von Leistungen, der Auszahlungen von Leistungen, eines Vorbehaltes der Einzelüberprüfung und der Kostenerstattung durch den Bund beziehen (a. a. O., S. 113, 114). Nicht angesprochen ist hingegen eine Ausweitung des erfassten Personenkreises. Auch bei der Begründung des § 1 AAÜG wird ausgeführt, dass diese Vorschrift den Geltungsbereich der nach dem Einigungsvertrag vorgeschriebenen Überführung (und gerade keine darüber hinausgehende) festlegt (BTDrs. 12/405, S. 146).

27

Auch überzeugt den Senat nicht, dass aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 AAÜG auf eine Modifizierung des Verbots der Neueinbeziehung zu schließen sei (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R -, a. a. O., S. 12). In den Gesetzesmaterialien findet sich nämlich kein Anhaltspunkt für die vom BSG vorgenommene Unterscheidung zwischen "Einbeziehung in ein Versorgungssystem" und der "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem". Der Gesetzgeber benutzt im Gegenteil auch zur Beschreibung des Personenkreises des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, der auch nach Ansicht des BSG konkret einbezogen war (BSG, a. a. O., S. 12), den Terminus "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem" (BTDrs. 12/826, S. 21) und nicht etwa "Einbeziehung in ein Versorgungssystem".

28

Der Gesetzgeber ging auch, soweit erkennbar, nicht davon aus, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochene Personengruppe eine Erweiterung der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen darstellt. Ursprünglich war Satz 2 in der Gesetzesvorlage nicht enthalten (BTDrs. 12/405, S. 77). Erst in den Ausschussberatungen wurde dann die Anfügung des Satzes 2 empfohlen (BTDrs. 12/786, S. 139). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass diese Anfügung nur eine Klarstellung bedeute (BTDrs. 12/826, S. 21). Der Gesetzgeber nahm also an, dass diese Personengruppe ohnehin von Satz 1 und vom Überführungsauftrag des Einigungsvertrages umfasst ist.

29

Auch mit einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (über den Wortlaut hinaus) lässt sich ein Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung nicht begründen (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R -, a. a. O., S. 12).

30

Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist jedoch nicht jede Differenzierung ausgeschlossen. Das Grundrecht wird jedoch verletzt, wenn eine Gruppe von Rechtsanwendungsbetroffenen anders als eine andere behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (z. B. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - 1 BvR 1921/04 u. a. -, Juris, Rdnr. 36).

31

Für den Senat ist bereits nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund das BSG der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, also der Personen, die irgendwann vor dem 30. Juni 1990 (aber nicht am 30. Juni 1990) konkret einbezogen waren (BSG, a. a. O.), die Personengruppe gegenüberstellt, die nie konkret einbezogen war, aber zumindest am 30. Juni 1990 nach den Regeln der Versorgungssysteme alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hatte. Verfassungsrechtlich relevant ist nämlich nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem (z. B. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007 - 1 BvF 1/05 -, Juris, Rdnr. 89). Hier unterscheiden sich jedoch die Tatbestände in wesentlichen Gesichtspunkten. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG knüpft nämlich an ein in der Vergangenheit verliehenes Versorgungsprivileg an, welches ein Bedürfnis nach der im AAÜG vorgesehenen Sonderprüfung der Rentenwirksamkeit erzielter Arbeitsentgelte anzeigt. Bei Personen, die nie in ein Zusatzversorgungssystem einbezogen waren, besteht ein solches Bedürfnis hingegen nicht.

32

Richtiger wäre es nach Ansicht des Senats ohnehin, der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG als Vergleichsgruppe die Personen gegenüberzustellen, die nicht konkret einbezogen waren, irgendwann vor dem - aber nicht am - 30. Juni 1990 jedoch alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatten.

33

Das Bundesverfassungsgericht führt zum Vergleich dieser Personengruppen aus (Beschluss vom 26. Oktober 2005, a. a. O., Rdnr. 45):

34

"Der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfasste Personenkreis hat seine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem als Folge eines Ausscheidens vor dem Leistungsfall verloren. Es bestanden also zunächst nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik rechtlich gesicherte Anwartschaften. Diese wollte der gesamtdeutsche Gesetzgeber erhalten (vgl. BTDrs. 12/826, S. 21). Der hier in Frage stehende Personenkreis (gemeint ist der Personenkreis, der irgendwann vor dem 30. Juni 1990, aber nicht am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatte) hatte dagegen solche Rechtspositionen im Recht der Deutschen Demokratischen Republik zu keinem Zeitpunkt inne. Für eine rechtlich gesicherte Verbesserung der Altersversorgung über die Leistungen der Sozialpflichtversicherung hinaus stand dem betroffenen Personenkreis im Rentenrecht der Deutschen Demokratischen Republik der Beitritt zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung offen, war dort allerdings - anders als in vielen Systemen der Zusatzversorgung - mit eigenen Beitragsleistungen verbunden. Es bestand daher keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der gesamtdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung, diesen Personenkreis den durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleichzustellen und insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers abzuschwächen, eine Einbeziehung von Sozialpflichtversicherten in die Zusatzversorgungssysteme über den 30. Juni 1990 hinaus im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Renteneinheit zu untersagen."

35

Die gleichen Überlegungen gelten für einen Vergleich zwischen den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG betroffenen Personen und denjenigen, die nach der Rechtsprechung des BSG vom fiktiven Anspruch profitieren sollen. Auch die fiktiv in den Anwendungsbereich des AAÜG Einbezogenen hatten zu Zeiten der DDR keine Rechtsposition inne, die ihnen einen Zugang zu einer zusätzlichen Altersversorgung aus einem Zusatzversorgungssystem ermöglicht hätte. Auch ihnen stand die Möglichkeit offen, der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung beizutreten. Diese Punkte lässt das Bundesverfassungsgericht genügen, um eine Ungleichbehandlung mit den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen zu rechtfertigen. Dasselbe muss dann auch bei einem Vergleich der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen und den Personen gelten, die am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem erfüllt hatten.

36

Aus diesen Gründen liegt auch keine Gesetzeslücke vor, die möglicherweise im Wege einer Analogie zu schließen gewesen wäre.

IV.

37

Aber auch wenn man der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG folgen würde, hat das Begehren des Klägers keinen Erfolg. Denn der Kläger hat keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in die zusätzliche Versorgung der Pädagogen (Zusatzversorgungssystem Nr. 18 der Anlage 1 zum AAÜG), weil er nicht die abstrakt-generellen und zwingenden Voraussetzungen dieses Versorgungssystems erfüllt.

38

Die gesetzlichen Regelungen der Zusatzversorgung der Pädagogen in der DDR änderten sich im Laufe der Zeit. Die Verordnung über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR vom 12. Juli 1951 (GBl. I Nr. 85 S. 675, im Folgenden: AVVO-Int) wurde zum 1. September 1976 für Personen ohne laufende Altersversorgung durch die Verordnung über die zusätzliche Versorgung der Pädagogen (Versorgungsordnung) vom 27. Mai 1976 (GBl. I Nr. 18 S. 253, im Folgenden: VersO-Päd), diese wiederum zum 1. Oktober 1988 (für Personen ohne Versorgungsbezug) durch die Anordnung über die zusätzliche Versorgung der Pädagogen (Versorgungsanordnung) vom 2. Mai 1988 (nicht veröffentlicht; im Folgenden: VersAO-Päd) ersetzt. Da der Kläger am 1. Oktober 1988 keine Zusatzversorgung bezog, ist für ihn die VersAO-Päd einschlägig. Deren Voraussetzungen erfüllt er indes nicht.

39

Gemäß § 1 Abs. 2 VersAO-Päd galten deren Bestimmungen nicht für leitende Kader und Lehrkräfte der praktischen Berufsausbildung. Eine ähnliche Ausschlussformulierung fand sich auch in § 1 Abs. 3 VersO-Päd. § 3 Abs. 1 VersAO-Päd besagte, dass Anspruch auf Leistungen nach der VersAO-Päd besteht, wenn (unmittelbar) nach erfolgreichem Abschluss einer staatlich anerkannten pädagogischen Ausbildung als Lehrer, Erzieher, Kindergärtnerin, Freundschaftspionierleiter, Jugendfürsorger, pädagogischer Psychologe oder als Lehrkraft für den berufstheoretischen Unterricht eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 1 VersAO-Päd aufgenommen wurde. An den gesamten Vorschriften der Pädagogenversorgung ist zu erkennen, dass damit - in Abgrenzung zu den Lehrkräften der praktischen Berufsausbildung - nur Lehrkräfte mit einer entsprechenden Ausbildung für berufstheoretischen Unterricht erfasst werden sollten. Die Formulierung "Lehrkräfte der praktischen Berufsausbildung" in § 1 Abs. 2 VersAO-Päd beschreibt also nicht den Inhalt der Tätigkeit, sondern stellt auf eine bestimmte Berufsbezeichnung ab.

40

Der Kläger fällt damit unter die Ausschlussvorschrift des § 1 Abs. 2 VersAO-Päd, denn er erwarb 1976 ausweislich des Zeugnisses des Instituts zur Ausbildung von Ingenieurpädagogen Gotha vom 31. August 1976 ausdrücklich die Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Ingenieurpädagoge (berufspraktischer Unterricht)" zu führen. Es kommt also nicht darauf an, ob er - wie der Zeuge J. K im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 1. Dezember 2009 und der weitere ehemalige Arbeitskollege des Klägers, B F, in seiner schriftlichen Auskunft vom 17. November 2009 übereinstimmend bestätigt haben - ab Anfang 1988 als Vertreter eines verstorbenen Kollegen berufstheoretischen Unterricht erteilt hat.

41

Bestätigt wird dieses Ergebnis durch § 2 Buchst. b) der Richtlinie zur Durchführung der VersAO-Päd vom 2. Mai 1988 (ebenfalls nicht veröffentlicht). Danach lag eine Tätigkeit auf dem Gebiet der Berufsbildung nur vor, wenn für diese Tätigkeit der Einsatz eines Lehrers oder Erziehers durch das Staatssekretariat für Berufsbildung bestätigt wurde. Eine entsprechende Bestätigung hat der Kläger nicht erwähnt und ist auch unwahrscheinlich. Vielmehr wurde er offensichtlich lediglich durch seinen Arbeitgeber, das VEB B. "Erich Weinert" D, ab Anfang 1988 als Vertreter für den verstorbenen Kollegen bestellt.

42

Hinzu kommt, dass die Ausbildung zum Ingenieur und die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieurpädagoge" keine staatlich anerkannte pädagogische Ausbildung im Sinne von § 3 Abs. 1 und Abs. 2 VersAO-Päd ist. Ausdrücklich geregelt ist dies in den "Grundsätzen zur Anwendung der Bestimmungen über die zusätzliche Altersversorgung der pädagogischen Intelligenz auf dem Gebiet der Berufsbildung und der Aus- und Weiterbildung der Werktätigen" vom 1. März 1968 (Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Volksbildung und des Staatlichen Amtes für Berufsausbildung Nr. 8A S. 1) zu der Vorläuferregelung (AVVO-Int). Nach § 4 Buchst. a AVVO-Int war Voraussetzung für die Zugehörigkeit zur pädagogisch tätigen Intelligenz ebenfalls eine staatlich anerkannte abgeschlossene pädagogische Ausbildung. Weder mit dem Lehrmeister-Fernstudium noch mit der Prüfung zum Ingenieurpädagogen hat der Kläger eine staatlich anerkannte abgeschlossene pädagogische Ausbildung erworben. Da die Gewährung von Leistungen auch in § 3 Abs. 1 und 2 VersAO-Päd vom Abschluss einer staatlich anerkannten abgeschlossenen pädagogischen Ausbildung abhängig gemacht wurde, entsprechen sich die Voraussetzungen der Aufnahme in die Zusatzversorgung somit. Nach Nr. II der oben genannten "Grundsätze" gehören ausdrücklich nicht zu den staatlich anerkannten abgeschlossenen pädagogischen Ausbildungen die Qualifikationen als Ingenieurpädagoge bzw. Ökonompädagoge (berufspraktischer Unterricht). Diese "Grundsätze" galten zwar ausdrücklich nur für die AVVO-Int, können jedoch auch zur Auslegung der Nachfolgevorschrift herangezogen werden (vgl. Thüringer LSG, Urteil vom 26. Oktober 1995 - L 2 An 310/94 - Breithaupt 1996, 228, sowie Urteil vom 15. Dezember 2003 - L 6 RA 307/01; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Juni 2007 - L 12 RA 110/04 -. Juris). Auch in der Übersicht des Staatssekretariats für Berufsbildung von Mai 1988 über pädagogische Abschlüsse, die zur Einbeziehung in die zusätzliche Versorgung der Pädagogen berechtigen, sind Ingenieurpädagogen nicht genannt, sondern Diplomingenieurpädagogen.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

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Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht. Insbesondere weicht der Senat nicht in entscheidungserheblicher Weise von der Rechtsprechung des BSG ab.


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.