Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 11. Juni 2015 - I-12 U 17/14
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 25.02.2014 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach (3 O 283/12) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.11.2009 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheits-leistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht dier Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
G r ü n d e :
2I.
3Der Kläger macht als Verwalter in dem am 19.11.2009 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der A (Schuldnerin) Rückgewähransprüche unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung geltend. Die Schuldnerin betrieb als Franchisenehmerin der Beklagten zwei Backshops in Stadt 1. Sie bezog alle Backwaren, Rohstoffe sowie sonstige Zusatzprodukte und Verbrauchs- und Verpackungsmaterialien ausschließlich von der Beklagten zu deren Bezugspreisen, außerdem hatte sie an die Beklagte monatlich eine Pachtgebühr, eine Franchisegebühr und eine Gebühr auf sonstige Umsätze zu zahlen, die jeweils umsatzabhängig waren. Die Beklagte buchte im Lastschrift-Abbuchungsauftragsverfahren regelmäßig Abschlagszahlungen auf die Dekaden- und Monatsrechnungen ab; verbleibende Beträge wurden zusätzlich abgebucht, übersteigende Abschlagszahlungen verrechnet oder erstattet. Daneben stellte die Beklagte der Schuldnerin Darlehen zur Verfügung, damit diese ihre sonstigen Gläubiger – zumindest teilweise – befriedigen konnte. Da die Schuldnerin sich mit der Bezahlung fälliger offener Forderungen in Verzug befand, schlossen sie und die Beklagte beginnend mit dem 11.09.2007 mehrere Abzahlungsvereinbarungen (Bl. 45 ff. GA), zuletzt am 20./28.07.2009 über einen Betrag von 17.600 EUR. In der Zeit vom 01.01.2009 bis zur Stellung des Insolvenzantrags am 14.08.2009 buchte die Beklagte im Lastschriftverfahren von zwei Konten der Schuldnerin bei der Stadt 1er Sparkasse insgesamt 282.087,20 EUR ab (Aufstellung Bl. 4 ff. GA). In dem fraglichen Zeitraum kam es in 17 Fällen zu Rücklastschriften, weil das Konto keine ausreichende Deckung aufwies (Aufstellung Bl. 10 GA); die fraglichen Beträge wurden anschließend zum Teil durch die Schuldnerin per Überweisung beglichen.
4Der Kläger hält die Zahlungen für anfechtbar. Die Schuldnerin habe zu den maßgeblichen Zeitpunkten den Vorsatz gehabt, ihre Gläubiger zu benachteiligen, da sie – wie sie gewusst habe – zahlungsunfähig gewesen sei und nicht alle Gläubiger habe befriedigen können. Die Beklagte habe vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin Kenntnis gehabt, da sie deren wirtschaftliche Situation aufgrund von Gesprächen mit der Schuldnerin und ihrem Steuerberater gekannt habe;außerdem hätten auch die zahlreichen Rücklastschriften und die mehrfachen, von der Schuldnerin nicht eingehaltenen Abzahlungsvereinbarungen zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hingewiesen. Ihr sei es nur darum gegangen, den Betrieb der Schuldnerin so lange wie möglich aufrecht zu erhalten, um daraus Profit für sich zu schlagen. Die Beklagte hat geltend gemacht, die Schuldnerin habe nicht ihre übrigen Gläubiger benachteiligen, sondern im Gegenteil durch die Aufrechterhaltung ihres Geschäftsbetriebes Liquidität zur Befriedigung derselben erhalten wollen. Die angefochtenen Zahlungen stellten Bargeschäfte dar, mit denen betriebsnotwendige Leistungen ihrerseits zeitnah ausgeglichen worden seien. Ohne die Zahlungen hätte die Schuldnerin ihren Betrieb einstellen müssen, da eine weitere Belieferung nicht erfolgt wäre. Letztlich sei nur sie selbst – die Beklagte – benachteiligt worden, da mit den von ihr gewährten Darlehen die übrigen Gläubiger jedenfalls teilweise befriedigt worden seien. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen und Sachanträge im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
5Das Landgericht hat die Beklagte nach Beweisaufnahme verurteilt, an den Kläger 282.087,20 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die von der Beklagten vorgenommenen Abbuchungen seien gemäß § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar. Die Zahlungen mittels Lastschrift seien wirtschaftlich betrachtet eine Leistung der Schuldnerin, die ihrer Bank einen entsprechenden Abbuchungsauftrag erteilt habe. Diese hätten auch die übrigen Gläubiger benachteiligt, da für sie eine geringere Quote verbleibe. Die Schuldnerin habe auch mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt, wofür das Vorliegen einer objektiven Zahlungsunfähigkeit ein starkes Indiz sei. Die Schuldnerin habe sich bereits zum 02.01.2009 fälligen Forderungen – u.a. aus Steuern und Sozialabgaben – in Höhe von mindestens 14.333,92 EUR ausgesetzt gesehen, die auch bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr erfüllt worden seien, dazu seien innerhalb der ersten Januarwoche mindestens weitere fällige und von der Beklagten unstreitig abgebuchte Forderungen in Höhe von 17.800 EUR gekommen. Die von der Schuldnerin in dieser Zeit generierten Einnahmen seien durch die von der Beklagten vorgenommenen Abbuchungen nahezu vollständig aufgezehrt worden und die Geschäftskonten hätten darüber hinaus keine ausreichende Deckung aufgewiesen, um innerhalb eines Zeitraums von drei Wochen mindestens 90 Prozent der fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen; diese hätten sich vielmehr in der Folge kontinuierlich erhöht. Besondere Umstände, die die Vermutung gerechtfertigt hätten, die Schuldnerin wäre in der Lage, die Beträge trotz der Liquiditätskrise zurückzuzahlen, seien nicht hinreichend dargelegt. Der Schuldnerin sei es bewusst gewesen, dass die von ihr generierten Einnahmen aus den Backshops – die ihre einzige Einnahmequelle dargestellt hätten – nicht ausgereicht hätten, um über die von der Beklagten vorgenommenen Abbuchungen hinaus auch die übrigen fälligen Verbindlichkeiten zeitnah zu erfüllen. Zur Überzeugung der Kammer stehe ferner fest, dass die Beklagte den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin gekannt habe, da sie deren drohende Zahlungsunfähigkeit und die Gläubigerbenachteiligung gekannt habe. Dafür sprächen sowohl die Anzahl der zurückgegebenen Lastschriften während des Anfechtungszeitraums, als auch der ausgebliebene Erfolg der zwischen ihr und der Schuldnerin getroffenen Abzahlungsvereinbarungen, da der Schuldnerin trotz einer vereinbarten monatlichen Rate von 1.000 EUR die Rückführung der Verbindlichkeiten innerhalb des Zeitraums von Juli 2008 bis Juli 2009 nur in Höhe von knapp 900 EUR gelungen sei. Darüber hinaus stehe aufgrund der Aussagen der Schuldnerin und ihres Steuerberaters fest, dass die Beklagte über die finanziellen Verhältnisse der Schuldnerin umfassend informiert gewesen sei, so dass sie hieraus die für die Annahme einer drohenden Zahlungsunfähigkeit erforderliche Kenntnis erlangt habe. Ihr sei hiernach bekannt gewesen, dass die Schuldnerin über keinerlei Rücklagen verfügt, sich im Gegenteil vielmehr erheblichen Alt-Verbindlichkeiten ausgesetzt gesehen habe. Auch habe die Beklagte dem Umstand, dass es regelmäßig zu weiteren Darlehensgewährungen und weiteren Abzahlungsvereinbarungen gekommen sei, entnehmen können, dass die laufenden Einnahmen der Beklagten nicht zu einer regelmäßigen und dauerhaften Befriedigung ihrer Gläubiger aus eigener Kraft gereicht hätten. Vielmehr habe das wirtschaftliche Überleben der Schuldnerin von Darlehensgewährungen und Stundungen der Beklagten sowie auch ihres Steuerberaters und des Finanzamtes abgehangen. Ein ernsthaftes und planmäßiges Sanierungskonzept zum Schuldenabbau sei hierin nicht zu erkennen gewesen. Der Beklagten sei vielmehr bewusst gewesen, dass die Schuldnerin an ihrem „finanziellen Tropf“ gehangen habe. Sofern es sich bei den angefochtenen Abbuchungen um Bargeschäfte im Sinne des § 142 InsO gehandelt habe, sei eine Anfechtung unter den Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO nicht ausgeschlossen.
6Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihr Klageabweisungsbegehren weiter verfolgt. Sie macht geltend, das Landgericht habe den Inhalt der Beweisaufnahme sowie maßgeblichen Sachvortrag unzutreffend gewürdigt und sich allein an von der Rechtsprechung aufgestellten „Verdachtsmomenten“ orientiert, ohne die erforderliche Gesamtwürdigung des Sachverhalts vorzunehmen. Der entscheidungserhebliche Sachverhalt sei dadurch gekennzeichnet, dass sie – die Beklagte – zusammen mit der Schuldnerin und deren Steuerberater durch abgestimmte Sanierungsbemühungen versucht habe, mit den aus den Warenlieferungen generierten (Mehr‑)Einnahmen sämtliche anderen Gläubiger der Schuldnerin gleichmäßig zu befriedigen. Als der Steuerberater B im Jahr 2008 festgestellt habe, dass die Schuldnerin in dieser Zeit nicht mehr alle Verbindlichkeiten habe bedienen können, habe er sie in die Gespräche eingebunden, was zu der Darlehensgewährung geführt habe; mit dem von ihr zur Verfügung gestellten Geld habe er Vergleiche mit den übrigen Gläubigern ausgehandelt, so dass die Belastung für die Schuldnerin pro Monat um 300 EUR bis 400 EUR reduziert worden sei. Zu Unrecht habe das Landgericht aufgrund der bis zur Verfahrenseröffnung nicht bezahlten Forderungen angenommen, dass die Schuldnerin objektiv zahlungsunfähig gewesen sei, und hierin ein Indiz für deren Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gesehen. Die Forderungen des Finanzamts und der DAK seien aufgrund der ausgehandelten Stundungen seinerzeit nicht fällig gewesen und die im Januar 2009 fälligen und nicht befriedigten privaten Forderungen hätten weniger als 10 % der fälligen Gesamtverbindlichkeiten der Schuldnerin ausgemacht. Auch die „geplatzten“ Lastschriften, die in den meisten Fällen durch Überweisungen der Schuldnerin kurzfristig ausgeglichen worden seien, stellten lediglich Anzeichen für eine unternehmenstypische Zahlungs-stockung dar. Lediglich vier Rücklastschriften im Februar 2009 seien nicht durch anschließende Überweisung ausgeglichen; diese Beträge habe sie – die Beklagte – jedoch bis zum Abschluss einer Vereinbarung, wonach die Forderungen in die Abschlagszahlungen einberechnet werden, nicht mehr ernsthaft eingefordert. Selbst wenn im Mai 2009 nicht nur eine Zahlungsstockung, sondern Zahlungsunfähigkeit vorgelegen habe, sei diese dadurch behoben worden, dass die Schuldnerin ab dem 15.05.2009 ihre Zahlungen an sie wieder aufgenommen und sich mit der DAK am 19.05.2009 über weiterführende Zahlungsmodalitäten geeinigt habe, so dass deren Forderung ab diesem Zeitpunkt nicht mehr fällig gewesen sei. Da die Abschlagszahlungen sich zeitlich und wertmäßig an den erbrachten Gegenleistungen orientiert hätten und somit eine bargeschäftsähnliche Lage vorgelegen habe, sei davon auszugehen, dass der Schuldnerin, deren Wille allein darauf gerichtet gewesen sei, ihren Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten, um aus den daraus generierten Gewinnen ihre Gläubiger zu bezahlen, eine allenfalls vorliegende mittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht bewusst geworden sei. Selbst nach der Darstellung des Klägers sei der Schuldnerin ein monatlicher Überschuss aus dem Geschäftsbetrieb geblieben, der es ihr ermöglicht habe, nach Abzug von Steuern, Sozial- und Krankenversicherungsbeiträgen ihre Lebenshaltungskosten zu bestreiten und darüber hinaus ihre Gläubiger im Rahmen der getroffenen Absprachen zu befriedigen. Jedenfalls habe sie – die Beklagte – von einem unterstellten Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin keine Kenntnis gehabt. Vereinzelt aufgetretene Lastschriftrückläufer seien aus ihrer Sicht abhängig von der Einzahlung der Barbestände durch den jeweiligen Franchise-Nehmer systemüblich gewesen; insoweit die betreffenden Forderungen ausnahmsweise nicht von der Schuldnerin kurzfristig per Überweisung erfüllt worden seien, habe sie – die Beklagte – nicht auf vorrangige Befriedigung gedrungen und sich immer wieder um neuerliche Abzahlungsvereinbarungen bemüht, um die Vermögensverhältnisse der Schuldnerin zu ordnen. In Bezug auf die Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber den Banken habe sie jedenfalls gewusst, dass diese nicht fällig gewesen seien, daher habe sie davon ausgehen können, dass auch insoweit eine intakte Ratenzahlungsvereinbarung bestanden habe. Nicht einmal die mehrfach getroffenen Abzahlungsvereinbarungen könnten als Indiz für die Kenntnis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes herangezogen werden, denn diese hätten gerade dazu gedient, Verbindlichkeiten gegenüber anderen Gläubigern zu befriedigen oder diese zumindest von einer Durchsetzung abzuhalten; insoweit handele es sich um den Versuch einer Schuldenbereinigung, die nach dem Willen des Gesetzgebers einem Verbraucherinsolvenzverfahren vorausgehen solle. Zu Unrecht habe das Landgericht angenommen, dass die Abschlagszahlungen nicht erfüllt worden seien, denn die Schuldnerin habe im Jahre 2009 insgesamt sechs Raten auf die jeweils einschlägigen Vereinbarungen entrichtet; dass der Umfang ihrer Verpflichtung sich ungeachtet dessen nicht reduziert habe, beruhe einzig darauf, dass sie – die Beklagte – der Schuldnerin immer wieder neue Kredite zur Verfügung gestellt habe.
7Die Beklagte beantragt,
8unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.
9Der Kläger beantragt,
10die Berufung zurückzuweisen.
11Er verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend, das Landgericht habe die Umstände des Einzelfalls im Rahmen einer Gesamtwürdigung ordnungsgemäß gewürdigt. Die Beklagte habe die Schuldnerin, die für sie erhebliche Umsätze erwirtschaftet habe, schlicht aus eigenen wirtschaftlichen Überlegungen immer wieder unterstützt hat, um deren wirtschaftliche Tätigkeit aufrechtzuerhalten; dies sei jedoch nicht im Interesse irgendwelcher Gläubiger geschehen, sondern lediglich im eigenen wirtschaftlichen Interesse, da sie an der Generierung weiterer erheblicher Umsätze in zwei gutgehenden Filialen interessiert gewesen sei. Andererseits sei die Schuldnerin auf die Beklagte angewiesen gewesen, da sie ihren Lebenserwerb aus der Tätigkeit im Rahmen der Franchise-Verträge bestritten habe und bei erheblichen Zahlungsrückständen eine Kündigung der Verträge gedroht habe, wodurch sie zum Sozialfall geworden wäre. Die Schuldnerin sei zum Zeitpunkt sämtlicher Rechtshandlungen zahlungsunfähig gewesen, was in der Regel auf den bestehenden Gläubigerbenachteiligungsvorsatz schließen lasse; zur Entkräftung dieser tatsächlichen Vermutung bedürfe es vom Anfechtungsgegner darzulegender konkreter Umstände, die es nahelegten, dass die Krise noch abgewendet werden könne. Solche Umstände habe die Beklagte nicht dargelegt. Die Forderungen des Finanzamts seien fällig gewesen, da die Schuldnerin die Ratenzahlungsvereinbarung Ende 2008 nicht mehr habe einhalten können. Auch ihren Verpflichtungen gegenüber der DAK habe die Schuldnerin nicht mehr nachkommen können, weshalb diese Anfang des Jahres 2009 Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ergriffen habe. Die Schuldnerin habe die fälligen Verbindlichkeiten gekannt und sie habe auch gewusst, dass sie die Ratenzahlungen und auch die übrigen Verbindlichkeiten gegenüber den Gläubigern nicht würde erfüllen können. Auch die Forderungen aus den Jahren 2003/2004 gegenüber den seinerzeit finanzierenden Banken ihrer Eigentumswohnung hätten sich ständig erhöht, da sie noch nicht einmal die auflaufenden Zinsen habe bezahlen können. Die Beklagte habe Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin gehabt, denn sie sei seit Jahren über die liquide Verfassung der Schuldnerin unterrichtet gewesen; deren finanzielle Probleme seien in zahlreichen Gesprächen zwischen der Schuldnerin, ihrem Steuerberater und den Mitarbeitern der Beklagten erörtert worden. Nur durch die von der Beklagten gewährten Darlehen hätten die dringendsten Lücken gestopft werden können. Aufgrund der zahlreichen rückgebuchten Lastschriften, die immerhin rund 20% aller hier angefochtenen Lastschriften darstellten, sei ihr bekannt gewesen, dass die Liquiditätsdecke der Beklagten außerordentlich dünn gewesen sei. Unzutreffend sei, dass die Schuldnerin – wie die Beklagte nunmehr erstmals behaupte – die entsprechenden Beträge in der Regel zeitnah überwiesen habe; dies widerlege auch die Behauptung, die Rückbuchungen seien nur erfolgt, weil die Schuldnerin die Tageseinnahmen noch nicht eingezahlt gehabt habe. Auch der Umstand, dass die Schuldnerin trotz mehrfacher Abzahlungsvereinbarungen ihre Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten nur um rund 900 EUR habe zurückführen können sei ein Eingeständnis der Zahlungsunfähigkeit und damit letztlich des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes. Auf den Umstand, dass für die Zahlungen möglicherweise gleichwertige Gegenleistungen in das Vermögen der Insolvenzschuldnerin gelangt seien, könne sich die Beklagte nicht berufen, denn diese seien nicht den Gläubigern zugutegekommen, sondern einzig und allein der Beklagten, was schon der erhebliche Anstieg des Schuldenstandes zeige. Eine bargeschäftsähnliche Lage scheide schon deshalb aus, weil die Beklagte durch die angefochtenen Abschlagszahlungen eine inkongruente Deckung erlangt habe; die Forderungen aus dem Franchise-Vertrag seien nämlich erst mit den jeweiligen Dekaden- bzw. Monatsabrechnungen fällig geworden. Mangels einer ausdrücklichen Tilgungsvereinbarung seien die Lastschrifteinzüge zunächst auf die fälligen Schulden aus den Ratenzahlungsvereinbarungen zu verrechnen, ab März 2009 auch auf die Rückstände aus den jeweils vorangegangenen Monaten. Eine genaue Zuordnung der einzelnen Zahlungen zu einzelnen Leistungen der Beklagten sei wegen des in der Sache vereinbarten Kontokorrentverhältnisses ohnehin nicht möglich, weshalb sich nicht feststellen lasse, dass der Leistungsaustausch unmittelbar bzw. Zug um Zug erfolgt sei. Die Darlegungs- und Beweislast liege insoweit bei der Beklagten, da es sich bei der bargeschäftsähnlichen Lage um ein gegenläufiges Indiz bei der Beurteilung des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes handele. Von dem nach allen gesetzlichen Abzügen der Schuldnerin verbleibenden Betrag von monatlich rund 1.750 EUR netto sei eine nennenswerte Schuldtilgung nicht möglich gewesen.
12Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
13II.
14Die zulässige Berufung hat in der Sache aus den in der mündlichen Verhandlung vom 19.03.2015 erörterten Gründen des Hinweisbeschlusses vom 05.03.2015 im Wesentlichen Erfolg. Der Kläger kann von der Beklagten gemäß §§ 143 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO lediglich die Rückgewähr von insgesamt 4.000 EUR verlangen, die die Schuldnerin am 14.04., 15.05., 19.06. und 16.07.2009 auf die mit der Beklagten getroffene Abzahlungsvereinbarung geleistet hat. Diese Zahlungen erfolgten durch die Schuldnerin mit dem der Beklagten bekannten Vorsatz, ihre Gläubiger zu benachteiligen. Soweit es sich bei den angefochtenen Zahlungen um Abschlagszahlungen sowie Zahlungen auf die Dekaden- und Monatsrechnungen der Beklagten handelt, lassen sich – abgesehen von einer Rücklastschrift vom 14.01.2009 i.H. von 1.500 EUR, die erst nach mehr als 14 Tagen ausgeglichen wurde – bereits die subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen der Vorsatzanfechtung auf Seiten der Schuldnerin im Hinblick auf das Vorliegen einer bargeschäftsähnlichen Lage nicht feststellen. Im Übrigen fehlt es bei den im Januar und Februar erfolgten Zahlungen an einer Kenntnis der Beklagten vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz.
1.
15Nach § 133 Abs. 1 S. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, welche der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Der Benachteiligungsvorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge – sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils – erkannt und gebilligt hat. Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. In diesem Fall weiß er, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen (BGH, Urt. v. 12.02.2015 – IX ZR 180/12 = NZI 2015, 320, 322 Tz. 16; Urt. v. 08.01.2015 – IX 203/12 = BeckRS 2015, 02625 Rn. 12).
2.
16Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze spricht vorliegend eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Schuldnerin mit dem Vorsatz gehandelt hat, ihre Gläubiger zu benachteiligen.
2.1.
17Der Senat geht mit dem Landgericht davon aus, dass die Schuldnerin am 02.01.2009 zahlungsunfähig war, weil zu diesem Zeitpunkt – neben den Forderungen der Beklagten – fällige Forderungen in nicht unerheblicher Höhe bestanden, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr befriedigt worden sind. Die Zahlungsunfähigkeit beurteilt sich im gesamten Insolvenzrecht und darum auch im Rahmen des Insolvenzanfechtungsrechts nach § 17 InsO. Zahlungsunfähigkeit ist nach dem Gesetzeswortlaut anzunehmen, wenn der Schuldner seine fälligen Zahlungspflichten nicht erfüllen kann. Dabei bleiben „ganz geringfügige Liquiditätslücken“ außer Betracht. Beträgt die Liquiditätslücke des Schuldners jedoch 10 vom Hundert oder mehr, ist regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zuzumuten ist (BGH, Urt. v. 07.05.2013 – IX ZR 113/10 = BeckRS 2013, 11376 Rn. 15).
18Hat der Schuldner seine Zahlungen eingestellt, begründet dies auch für die Insolvenzanfechtung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit. Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Es muss sich mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner außerstande ist, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen zu genügen. Eine Zahlungseinstellung kann aus einem einzelnen, aber auch aus einer Gesamtschau mehrerer darauf hindeutender, in der Rechtsprechung entwickelter Beweisanzeichen gefolgert werden. Sind derartige Indizien vorhanden, bedarf es einer darüber hinaus gehenden Darlegung und Feststellung der genauen Höhe der gegen den Schuldner bestehenden Verbindlichkeiten oder gar einer Unterdeckung von mindestens 10 vom Hundert nicht. Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten erheblichen Umfangs bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von Zahlungseinstellung auszugehen (BGH, Urt. v. 18.07.2013 – IX ZR 143/12 = BeckRS 2013, 17291 Rn. 9 f.).
19Danach hatte die Schuldnerin am 02.01.2009 ihre Zahlungen eingestellt. Denn zu diesem Zeitpunkt bestanden fällige Forderungen des Finanzamts Stadt 2 in Höhe von jedenfalls 6.933,67 EUR (Bl. 78 f. GA) und eine fällige Forderung eines Fitnessclubs in Höhe von 470,88 EUR (Bl. 76 GA), die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht bzw. teilweise (i.H. von 223,07 EUR) nicht bezahlt wurden. Soweit das Landgericht demgegenüber von einer fälligen Forderung des Finanzamts von 11.690,79 EUR ausgegangen ist, ist dem nicht zu folgen, weil sich aus der Tabellenstatistik ergibt, dass das Finanzamt die Anmeldung in Höhe von 4.757,12 EUR zurückgenommen hat und zugunsten der Beklagten nicht auszuschließen ist, dass dies in vollem Umfang Forderungen betraf, die zwischen dem 15.10.2008 und 15.12.2008 fällig geworden sind. Allein die nicht beglichenen Forderungen des Finanzamts und des Fitnessclubs in Höhe von insgesamt 7.156,74 EUR sind bereits erheblich, denn sie machen mehr als 10 % der fälligen Gesamtverbindlichkeiten der Schuldnerin am 02.01.2009 und in den folgenden drei Wochen aus. Die Beklagte hat von der Schuldnerin in den ersten drei Wochen des Jahres 2009 ausweislich der Klageschrift und der vorgelegten Kontoauszüge insgesamt 32.600 EUR erhalten; unstreitig standen diesen Zahlungen fällige Ansprüche in gleicher Höhe gegenüber. Wie sich aus den vom Kläger vorgelegten Kontoauszügen (Bl. 140 f. GA) ergibt, hat die Schuldnerin in der Zeit vom 02.01.2009 bis 07.01.2009 weitere (private und geschäftliche) Verbindlichkeiten i.H.v. 908,71 EUR beglichen. Geht man davon aus, dass auch in der zweiten und dritten Woche fällige Verbindlichkeiten in gleichem Umfang bestanden, wären dies insgesamt rund 35.300 EUR und mit den nicht beglichenen Forderungen des Finanzamts und des Fitnessclubs 42.456,74 EUR; davon machen die nicht beglichenen Forderungen rund 17 % aus. Dass die fraglichen Forderungen des Finanzamts gestundet waren und damit seinerzeit nicht ernsthaft eingefordert wurden, hat die Beklagte, der insoweit zumindest eine sekundäre Darlegungslast obliegt, nicht schlüssig dargelegt. Der Kläger selbst hatte zwar erstinstanzlich vorgetragen, dass die Schuldnerin bzw. ihr Steuerberater wegen bestehender Steuerrückstände mit dem Finanzamt verhandelt hatten; der Steuerberater B hat als Zeuge bekundet, das Finanzamt sei mithilfe eines Mitte 2008 von der Beklagten gewährten Darlehens „über Stundungsraten“ mindestens teilweise befriedigt worden. Die Stundung kann sich aber nur auf Mitte 2008 bestehende Rückstände bezogen haben, nicht jedoch auf später fällig gewordene Steuern.
2.2.
20Die Schuldnerin kannte ihre eigene Zahlungsunfähigkeit, denn sie wusste, dass sie die Forderungen des Finanzamts und des Fitnessclubs nicht bezahlen konnte. Nach ihren eigenen Angaben (Bl. 200 GA) reichten die Umsätze seit 2007 nicht mehr aus, um alle Verbindlichkeiten zu bezahlen, was Anlass für verschiedene Darlehensgewährungen durch die Beklagte war. Soweit die Beklagte sich darauf berufen hat, die Schuldnerin habe bei Verfahrenseröffnung Sparguthaben bei der Stadt 1er Sparkasse in Höhe von rund 15.000 EUR gehabt, vermag dies die Zahlungsunfähigkeit nicht in Zweifel zu ziehen, denn wie sich aus dem als Anl. BB 1 vorgelegten Gutachten C, das die Beklagte ausdrücklich zum Gegenstand ihres Sachvortrags gemacht hat, ergibt, waren die Sparguthaben an die .....-Bank und die Beklagte verpfändet, standen also nicht als liquide Mittel zur Verfügung. Dass die Schuldnerin die konkrete Aussicht auf einen weiteren Kredit hatte, mit dem die fraglichen Forderungen beglichen werden konnten, ist schon nicht dargetan und angesichts dessen, dass der Schuldnerin die Begleichung der Forderung nicht gelungen ist, auch nicht ersichtlich.
3.
21Die damit für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin bestehende Vermutung ist hier jedoch für die angefochtenen Zahlungen – mit Ausnahme derjenigen vom 16.01., 17.02., 14.04., 15.05., 16.06. und 16.07.2009 in Höhe von jeweils 1.000 EUR sowie für eine Überweisung vom 30.01.2009 zum Ausgleich einer Rücklastschrift vom 14.01.2009 in Höhe von 1.500 EUR – entkräftet, denn es handelte sich um kongruente Leistungen, die Zug um Zug gegen eine zur Fortführung des Geschäftsbetriebs unentbehrliche Gegenleistung erbracht worden sind und die den Gläubigern im Allgemeinen nutzten.
3.1.
22Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann auf einen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners geschlossen werden, wenn dieser Leistungen trotz Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit erbringt. In diesem Fall handelt er nur dann nicht mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er aufgrund konkreter Umstände – etwa der sicheren Aussicht demnächst Kredit zu erhalten oder Forderungen realisieren zu können – mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen kann. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn eine kongruente Leistung angefochten wird (BGH, Urt. v. 17.07.2014 – IX ZR 240/13 = NZI 2014, 762, 764 f. Tz. 28). Jedoch kann – wie der Bundesgerichtshof in seiner neueren Rechtsprechung wiederholt betont hat – die Indizwirkung der Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz entfallen, wenn im unmittelbaren Zusammenhang mit den potentiell anfechtbaren Rechtshandlungen eine gleichwertige Gegenleistung in das Vermögen des Schuldners gelangt, also ein Leistungsaustausch ähnlich einem Bargeschäft stattfindet. So ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz in aller Regel nicht gegeben, wenn der Schuldner im unmittelbaren Zusammenhang mit der potenziell anfechtbaren Rechtshandlung eine kongruente Gegenleistung für die von ihm empfangene Leistung erbringt, welche zur Fortführung seines eigenen Unternehmens nötig ist und damit den Gläubigern im Allgemeinen nützt. Dies gilt auch dann, wenn Schuldner und Anfechtungsgegner Vorkasse für die von diesem erbrachten Leistungen vereinbart haben (BGH, Urt. v. 12.02.2015 – IX ZR 180/12 = NZI 2015, 320, 323 Tz. 22; Urt. v. 17.07.2014, a.a.O., 765 Tz. 29; Urt. v. 10.07.2014 – IX ZR 280/13 = NZI 2014, 863, 865 Tz. 24; BGH, Urt. v. 10.07.2014 - IX ZR 192/13 = NZI 2014, 775, 780 Tz. 44).
3.2.
23Diese Voraussetzungen liegen hier entgegen der Auffassung des Klägers in Bezug auf die Abschlagszahlungen sowie die Zahlungen auf die Dekaden- und Monatsrechnungen der Beklagten ganz überwiegend vor, die einerseits das Entgelt für die Warenlieferungen, zum anderen auch die Pachtgebühr, die Franchisegebühr und die Gebühr auf sonstige Umsätze beinhalteten. Diese Zahlungen waren die aufgrund der Franchise-Verträge geschuldete Gegenleistung für die von der Beklagten erbrachten bzw. zu erbringenden Leistungen wie Warenlieferung und Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten.
24Die Zahlungen stellen, auch soweit es sich um von der Beklagten eingezogene Abschlagszahlungen handelt, kongruente Deckungen dar. Denn der Beklagten stand nach der vertraglichen Vereinbarung das Recht zu, Abschlagszahlungen auf die Dekaden- und Monatsrechnungen im Wege des Lastschriftabbuchungsauftragsverfahrens von den Konten der Schuldnerin einzuziehen. Darauf, wann die Forderungen aus den Abrechnungen fällig wurden, kommt es nicht an. Vielmehr hatte die Beklagte die Abschlagszahlungen ohne dass bestimmte Fristen vereinbart waren so, wie sie erfolgt sind, zu beanspruchen. Insoweit liegt der Fall anders als in dem vom Kläger zitierten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 09.06.2005 (IX ZR 152/03 = NZI 2005, 497 ff.), wo ein derartiger Anspruch nicht bestand.
25Es liegt auch – bis auf eine Zahlung, mit der eine Rücklastschrift mit einer Verzögerung von mehr als 14 Tagen ausgeglichen wurde – der erforderliche unmittelbare Leistungsaustausch vor. Zu Unrecht macht der Kläger geltend, die Abschlagszahlungen seien mangels einer anderweitigen Tilgungsbestimmung auf Forderungen aus den Ratenzahlungsvereinbarungen sowie ab April 2009 auf Rückstände aus Vormonaten zu verrechnen. Nach der vertraglichen Vereinbarung (§ 6 Ziff. 4 der Franchise-Verträge) wurden die Abschlagszahlungen auf die zu erwartenden Dekaden- und Monatsrechnungen geleistet und als solche von der Beklagten veranlasst. Dass die Beklagte Abbuchungen auch zu anderen Zwecken (abgesehen von den vereinbarten Ratenzahlungen) veranlasst hat, ist weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Die Auffassung des Klägers, eine bargeschäftsähnliche Lage setze voraus, dass der Leistungsaustausch „unmittelbar“ bzw. „Zug um Zug“ erfolge, womit ein engerer zeitlicher Zusammenhang als beim „echten“ Bargeschäft gemeint sei, findet in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine Stütze. Das Bargeschäft i.S. des § 142 InsO ist schon dadurch definiert, dass für eine Leistung des Schuldnersunmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, was aber nicht voraussetzt, dass Leistung und Gegenleistung Zug um Zug erbracht werden. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die beiderseitigen Leistungen in einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgetauscht werden, wobei sich der hierfür unschädliche Zeitraum nicht allgemein festlegen lässt, sondern wesentlich von der Art der ausgetauschten Leistungen und davon abhängt, in welcher Zeitspanne sich der Austausch nach den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs vollzieht (BGH, Urt. v. 10.07.2014 – IX ZR 192/13= NZI 2014, 775, 776 Tz. 15; vgl. Ganter, ZIP 2012, 2037, 2039 m.w.N.). Dass der Bundesgerichtshof bei der Prüfung des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO an das Vorliegen einer „bargeschäftsähnlichen Lage“ (vgl. Kayser, NJW 2014, 422, 427) in Bezug auf den zeitlichen Zusammenhang strengere Anforderungen stellt, ist nicht ersichtlich. So hat er in der Entscheidung vom 10.07.2014 (IX ZR 192/13= NZI 2014, 775, 780 Tz. 44), in der es um Gehaltszahlungen an einen Arbeitnehmer ging, bei der Prüfung, ob dem Beweisanzeichen der erkannten Zahlungsunfähigkeit ausschlaggebende Bedeutung beizumessen ist, berücksichtigt, dass die Zahlungen im Rahmen eines bargeschäftlichen Leistungsaustauschs innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit der Vergütung gewährt wurden. Auch in der jüngsten Entscheidung (Urt. v. 12.02.2015, a.a.O.) verlangt der Bundesgerichtshof nur einen Leistungsaustausch „ähnlich einem Bargeschäft“.
26Nach diesen Maßstäben lagen auch hier die Voraussetzungen einer bargeschäftsähnlichen Lage vor. Bei länger währenden Vertragsbeziehungen verlangt der Bundesgerichtshof für die Annahme eines Bargeschäfts, dass die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen zeitlich oder gegenständlich teilbar sind und zeitnah – entweder in Teilen oder abschnittsweise – ausgetauscht werden. Bei Anforderung eines Vorschusses ist danach eine anfechtungsrechtliche Bargeschäftsausnahme anzunehmen, wenn in regelmäßigen Abständen Vorschüsse eingefordert werden, die in etwa dem Wert einer zwischenzeitlich entfalteten oder in den nächsten 30 Tagen noch zu erbringenden Tätigkeit entsprechen (BGH, Urt. v. 10.07.2014 – IX ZR 192/13= NZI 2014, 775, 779 Tz. 33). Das war hier nach der unwidersprochen gebliebenen Darstellung der Beklagten der Fall. Dem steht nicht eine vermeintliche Kontokorrentabrede zwischen der Schuldnerin und der Beklagten entgegen. Ob eine solche tatsächlich vorliegt, erscheint zweifelhaft, denn der Vertrag sieht zwar die Möglichkeit einer Verrechnung der wechselseitigen Forderungen vor, geht aber im Übrigen – wie das ebenfalls vereinbarte Aufrechnungsverbot zeigt – von deren Selbständigkeit aus. Unabhängig davon ist für die Annahme der bargeschäftsähnlichen Lage hier der abschnittsweise Austausch von Leistung und Gegenleistung im Sinne der BGH-Rechtsprechung maßgeblich, weshalb es nicht darauf ankommt, dass die Abschlagszahlungen nicht einzelnen Lieferungen oder gar einzelnen Rechnungen zugeordnet werden können. Der erforderliche enge zeitliche Zusammenhang lag auch in den Fällen, in denen es zu Rücklastschriften gekommen ist, ganz überwiegend vor, da diese in aller Regel kurzfristig innerhalb von einem bis maximal acht Tagen ausgeglichen waren. Ob die Rücklastschrift vom 14.01.2009 i.H. von 1.500 EUR, die erst am 30.01.2009 ausgeglichen wurde, eine Ausnahme bildet, bedarf keiner näheren Erörterung, weil – wie nachfolgend noch ausgeführt werden wird – es jedenfalls an einer Kenntnis der Beklagten von einem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin fehlt.
27Die Zahlungen waren auch für die Fortführung des Unternehmens der Schuldnerin notwendig, da die Beklagte nach der Lebenserfahrung die Belieferung bei Ausbleiben der Zahlungen eingestellt hätte. Damit nützten die Zahlungen auch den Gläubigern im Allgemeinen, weil die Schuldnerin so die Möglichkeit hatte, weitere Erträge aus ihrer Geschäftstätigkeit zu erzielen, die den übrigen Gläubigern zugute kamen. Der Kläger hat innerhalb der ihm gewährten Schriftsatzfrist eingeräumt, dass die Schuldnerin ihre Geschäfte nicht defizitär betrieb, was nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Entkräftung des aus der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit folgenden Beweisanzeichens entgegenstünde. Dass die Überschüsse möglicherweise nicht zur vollständigen Tilgung aller Rückstände ausreichten, genügt insoweit nicht, da zumindest – wie auch in der Vergangenheit – eine ratenweise Abtragung möglich war. Dass die Schuldnerin den Erlös aus ihrer Tätigkeit ihren Gläubigern entziehen wollte und die Beklagte dies wusste (so im Fall BGH, Urt. v. 17.07.2014 – IX ZR 240/13 = BeckRS 2014, 15560 Rn. 28), ist weder ersichtlich noch vorgetragen.
4.
28Soweit danach die Schuldnerin mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz handelte, lässt sich eine Kenntnis der Beklagten hiervon (erst) für die Zahlungen auf die Abzahlungsvereinbarung ab April 2009 feststellen. Zwar kannte die Beklagte bereits im Juli 2008 Umstände, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hinwiesen, denn sie wusste aufgrund der Gespräche mit der Schuldnerin und deren Steuerberater, dass die Schuldnerin ihre Verbindlichkeiten nicht mehr aus eigener finanzieller Leistungsfähigkeit erfüllen konnte, vielmehr auf finanzielle Unterstützungen durch Stundungen und Darlehensgewährungen seitens der Beklagten und anderer Gläubiger angewiesen war. Sie konnte jedoch aufgrund des von ihr gewährten Darlehens und der mit ihr getroffenen Abzahlungsvereinbarung vom 28.07.2008 (Bl. 48 ff. GA) davon ausgehen, dass die Schuldnerin ihre Zahlungsfähigkeit wieder erlangt hatte. Denn das Darlehen diente gerade dazu, dass der Steuerberater der Schuldnerin – wie dies nach dessen Aussage vor dem Landgericht auch tatsächlich erfolgt ist – mit den übrigen Gläubigern Vergleiche aushandeln konnte, die eine Reduzierung der monatlichen Belastung der Schuldnerin zur Folge hatten. Unschädlich ist, dass die Beklagte die Voraussetzungen, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an das Vorliegen eines tragfähigen Sanierungskonzepts zu stellen sind, nicht dargelegt hat. Denn die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin beruhte nicht darauf, dass das von ihr betriebene Gewerbeunternehmen defizitär arbeitete.
29Da die Schuldnerin – wie der Kläger nunmehr eingeräumt hat – die Abzahlungsvereinbarung mit der Beklagten jedenfalls bis einschließlich Februar 2009 ordnungsgemäß bedient hat, lagen aus deren Sicht bis dahin auch keine Anzeichen für eine erneute (drohende) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin vor. Dies war vielmehr erst der Fall, als es im Februar zu Rücklastschriften in Höhe von insgesamt 8.600 EUR kam. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes stellt die Rückgabe von Lastschriften ein erhebliches Beweisanzeichen für eine mindestens drohende Zahlungsunfähigkeit dar (BGH, Urt. v. 06.12.2012 – IX ZR 3/12 = NJW 2013, 940, 944 Tz. 44). Nachdem die Schuldnerin zwei Rücklastschriften im Januar noch durch nachfolgende Überweisungen ausgeglichen hatte, konnte sie die fälligen Abschlagszahlungen aufgrund eines Mangels an finanziellen Mitteln nicht mehr vollständig erbringen. Beide Geschäftskonten wiesen keine ausreichende Deckung auf und es gelang ihr auch nicht zeitnah, die erforderlichen Mittel anderweitig aufzubringen. Damit lag auch für die Beklagte klar auf der Hand, dass die Schuldnerin einen wesentlichen Teil ihrer fälligen Verbindlichkeiten nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Wochen begleichen konnte, denn sie war die Hauptgläubigerin der Schuldnerin. Sie konnte sich deshalb nicht der Erkenntnis verschließen, dass die Schuldnerin (erneut) zahlungsunfähig war (s. auch OLG Schleswig, Urt. v. 04.06.2014 – 9 U 148/13 = BeckRS 2014, 16081 Rn. 12). Darauf, dass sie selbst die fälligen Zahlungen nicht ernsthaft eingefordert habe und diese daher nicht fällig gewesen seien, kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen. Vielmehr manifestiert sich darin, dass sie in der Zeit vom 23.02.2009 bis 03.03.2009 keine Lastschriftabbuchungen vorgenommen hat, obwohl dies vertraglich vereinbart war, und dass auf die Zahlung der Monatsrate für März aus der Abzahlungsvereinbarung vom 28.07.2008 verzichtet wurde, der Anschein einer erzwungenen Stundung, der die Zahlungseinstellung der Schuldnerin unberührt lässt (BGH, Urt. v. 06.12.2012, a.a.O., S. 942 f. Tz. 34). Diesen Anschein hat die Beklagte nicht entkräftet. Dass die Schuldnerin am 25.02.2009 einen Betrag von 2.315 EUR überwiesen hat, steht der Annahme der Zahlungseinstellung nicht entgegen, denn es ist nicht erforderlich, dass die Schuldnerin alle Zahlungen eingestellt hat; es genügt, dass der wesentliche Teil der fälligen Verbindlichkeiten nicht bezahlt werden kann.
30Davon, dass die Schuldnerin mit dem Abschluss der Abzahlungsvereinbarung vom 11./18.03.2009 ihre Zahlungen an alle Gläubiger wieder aufgenommen hatte, konnte die Beklagte nicht ausgehen, da der Abzahlungsbetrag lediglich um die rückbelasteten Beträge erhöht wurde (s. Gutachten C S. 5). Da die Beklagte die Hauptgläubigerin war und die Schuldnerin von einer weiteren Belieferung durch sie abhängig war, lag es vielmehr nahe, dass die Schuldnerin sie vorrangig bedient.
5.
31Die Beklagte ist daher nach § 143 Abs. 1 InsO zur Rückgewähr der anfechtbar erhaltenen Beträge verpflichtet, die sich auf insgesamt 4.000 EUR belaufen. Der Rückgewährbetrag ist gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291 BGB mit 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu verzinsen (BGH, Urt. v. 01.02.2007 – IX ZR 96/04 = NJW-RR 2007, 557, 558 Tz. 11 ff.).
32III.
33Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
34Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht vorliegen.
35Die Beschwer des Klägers liegt über 20.000 EUR, die der Beklagten darunter.
36Streitwert für das Berufungsverfahren: 282.087,20 EUR.
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 11. Juni 2015 - I-12 U 17/14
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Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 11. Juni 2015 - I-12 U 17/14 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.
(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.
(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.
(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.
(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.
(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 156.108,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2007 zu zahlen. Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 10. April 2007 über das Vermögen der B. -GmbH und Co. Abwick- lungs KG (nachfolgend: Schuldnerin) am 1. Juni 2007 eröffneten Insolvenzverfahren. Die Schuldnerin stellte Backwaren her. Zutaten, insbesondere Mehl, bezog sie von der Beklagten.
- 2
- Die von der Beklagten verwendeten Lieferungs- und Zahlungsbedingungen für Mühlenprodukte sahen in Nr. VII Abs. 1 eine Zahlungsfrist von 14 Tagen ab Rechnungsdatum vor. In Nr. XIII war ein Eigentumsvorbehalt vorgesehen. Nach Absatz 4 dieser Bedingung war die Schuldnerin als Käuferin zu einem Weiterverkauf der Vorbehaltsware berechtigt. Die ihr hieraus gegen die Kunden zustehenden Forderungen trat sie im Voraus zur Sicherung sämtlicher Ansprüche aus der Geschäftsverbindung an die Beklagte ab, wobei sie zum Einzug dieser Forderungen berechtigt sein sollte, solange sie alle Zahlungsverpflichtungen aus der Geschäftsverbindung mit der Beklagten ordnungsgemäß erfüllte. Nach Absatz 6 war die Schuldnerin zu einer Bearbeitung, Vermischung oder Verarbeitung der Vorbehaltsware berechtigt. Die Beklagte sollte in diesen Fällen als Herstellerin anzusehen sein und das Eigentum an der neuen Sache erwerben. Bei Verwendung von Vorbehaltsware anderer Vorlieferanten sollte sie gemäß § 947 BGB Miteigentum erwerben. Die Regelung des Absatz 4 sollte für diese Fälle entsprechend gelten.
- 3
- Ab April 2006 ließ die Schuldnerin vermehrt Beitragsrückstände bei den Sozialversicherungsträgern entstehen. Ab Ende August 2006 erfüllte sie eine Mehrzahl der Lohnforderungen ihrer Arbeitnehmer nicht mehr. Zum 1. September 2006 betrugen die Zahlungsrückstände gegenüber Lieferanten einschließlich der Beklagten 141.063,73 €. Auf ihrem Hauptgeschäftskonto, von welchem die Hauptlieferanten ihre jeweils fälligen Forderungen einziehen konnten, war der Schuldnerin ein Kontokorrentkredit in Höhe von 100.000 € eingeräumt. Der Tagessaldo bewegte sich jedoch ab dem 1. Juli 2006 arbeitstäglich über dem eingeräumten Kreditlimit. Ab dem 3. Juli 2006 kam es zu einer Vielzahl von Rücklastschriften, von welchen auch die Beklagte betroffen war. Allerdings glich die Schuldnerin nach dem Eingang von Erlösen aus ihren Warenverkäufen ausgewählte Forderungen durch erneute Vorlage der Lastschriftermächtigung oder durch Scheckzahlung aus. Auf diese Weise erbrachte sie vom 5. September 2006 bis zur Stellung des Insolvenzantrages an die Beklagte Zahlungen für Warenlieferungen in einer Gesamthöhe von 156.108,89 €.
- 4
- Der Kläger hat die Zahlungen insolvenzrechtlich angefochten. Die Klage ist in beiden Instanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision hat weitgehend Erfolg. Sie führt zur Verurteilung der Beklagten. Lediglich wegen einer Zinsmehrforderung ist die Klage unbegründet.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Sowohl eine Deckungsanfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO als auch eine Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO scheide aus, weil es an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung fehle. Es sei ein verlängerter Eigentumsvorbehalt wirksam vereinbart worden. Die Schuldnerin habe durch ihre Zahlungen daher lediglich ein Absonderungsrecht abgelöst. Für eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO fehle überdies der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin. Die Zahlungen seien kongruente Leistungen gewesen, die für die Fortführung des Unternehmens erforderlich gewesen seien.
II.
- 7
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 8
- 1. Die erforderliche objektive Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) ist gegeben. Eine Benachteiligung der Gläubiger ist zwar ausgeschlossen , wenn ein anfechtungsfestes Absonderungsrecht durch eine den Wert ausgleichende Zahlung aus dem Schuldnervermögen abgelöst wird (BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - IX ZR 124/03, ZIP 2004, 1509, 1511; vom 6. April 2006 - IX ZR 185/04, ZIP 2006, 1009 Rn. 21; HK-InsO/Kreft, 7. Aufl., § 129 Rn. 58). Dies war bei den Zahlungen der Schuldnerin jedoch nicht der Fall.
- 9
- a) Die Geschäftsbeziehung zwischen der Schuldnerin und der Beklagten beruhte auf einem durch die Beklagte fortlaufend neu ausgereichten Warenkredit , für welchen diese eine Sicherheit nach Maßgabe von Nr. XIII der von ihr gestellten Lieferungs- und Zahlungsbedingungen verlangte. Nach Absatz 1 der genannten Bedingung lieferte die Beklagte die zur Weiterverarbeitung durch die Schuldnerin bestimmten Backzutaten nur unter Eigentumsvorbehalt. Gemäß Absatz 4 war dieser nicht nur als verlängerter (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 74. Aufl., § 449 Rn. 18), sondern auch als erweiterter Eigentumsvorbehalt in Form des sogenannten Kontokorrentvorbehaltes (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 4. März 1991 - II ZR 36/90, ZIP 1991, 665, 667; vom 9. Februar 1994 - VIII ZR 176/92, BGHZ 125, 83, 87; vom 17. März 2011 - IX ZR 63/10, BGHZ 189, 1 Rn. 20 ff; MünchKomm-BGB/Westermann, 6. Aufl., § 449 Rn. 81 f) ausgestaltet, so dass die im Voraus abgetretenen Forderungen aus der Weiterveräußerung der Vorbehaltsware sämtliche offene Forderungen der Beklagten aus der mit der Schuldnerin bestehenden Geschäftsverbindung sicherten. Dies ist im kaufmännischen Verkehr regelmäßig unbedenklich (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 1994, aaO), und zwar auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (BGH, Urteil vom 17. März 2011, aaO Rn. 24). Überdies sah Absatz 6 zugleich eine Verarbeitungs - beziehungsweise Herstellerklausel (vgl. Palandt/Bassenge, aaO § 950 Rn. 9) vor, nach welcher die Beklagte als Herstellerin der unter Verwendung der von ihr gelieferten Zutaten neu hergestellten Backwaren anzusehen war. Für die neue Ware sollten die Bestimmungen für den verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalt nach Nr. XIII. Abs. 4 entsprechend gelten. Ferner war die Schuldnerin nach Nr. XIII Abs. 4 Satz 3 zum Einzug der vorzedierten Forderungen ermächtigt. Der Beklagten stand demzufolge eine revolvierende Sicherheit zu (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 17. März 2011, aaO Rn. 41).
- 10
- b) Mit ihren Zahlungen an die Beklagte löste die Schuldnerin jedoch kein Absonderungsrecht der Beklagten ab. In diesem Zusammenhang bedarf es keiner Entscheidung, ob, wie die Revision geltend macht, Nr. XIII Abs. 6 Buchst. d der Lieferungs- und Zahlungsbedingungen gegen das im Rahmen der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB zu berücksichtigende Bestimmtheitsgebot (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 1989 - III ZR 72/88, BGHZ 108, 98, 105; Bamberger/Roth/Rohe, BGB, 3. Aufl., § 398 Rn. 42) verstößt. Hierauf kommt es nicht an. Die Beklagte hatte auch bei Wirksamkeit der Bedingung durch die Einziehung der sicherungsabgetretenen Forderungen aus Warenveräußerungen durch die Schuldnerin ein an ihnen etwaig bestehendes Absonderungsrecht verloren, ohne dass ein Ersatzabsonderungsrecht oder ein sonstiges Absonderungsrecht an dem Erlös entstanden wäre.
- 11
- aa) Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Schuldnerin in Ausübung ihrer Einziehungsermächtigung aus Nr. XIII Abs. 4 Satz 3 der Lieferungsund Zahlungsbedingungen die Forderungen aus den Warenverkäufen auch nach dem 4. September 2006, also im Anfechtungszeitraum, weiterhin eingezogen und die Erlöse ihrem allgemeinen Geschäftskonto gutgebracht hatte. Durch die Zahlung des jeweiligen Kunden auf die sicherungszedierte Forderung erlosch diese jedoch auch mit Wirkung gegenüber der Beklagten gemäß § 362 Abs. 1, § 407 Abs. 1 BGB (BGH, Urteil vom 19. Januar 2006 - IX ZR 154/03, ZIP 2006, 959 Rn. 14). Zugleich erlosch ein daran bestehendes Absonderungsrecht (BGH, Urteil vom 6. April 2006 - IX ZR 185/04, ZIP 2006, 1009 Rn. 17 mwN). Den Verlust ihrer Sicherheit hätte die Beklagte nur vermeiden können, wenn sie die Abtretung offen gelegt und die Forderungen selbst eingezogen oder wenn sie eine Anschlusssicherheit vereinbart hätte (vgl. BGH, aaO mwN). Beides ist nicht geschehen.
- 12
- bb) Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, sie habe an den eingezogenen Erlösen ein Ersatzabsonderungsrecht entsprechend § 48 InsO (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2003 - IX ZR 222/02, ZIP 2004, 326, 328; vom 19. Januar 2006 - IX ZR 154/03, aaO Rn. 22) erworben, weil die Schuldnerin die sicherungsabgetretenen Forderungen aus den Warenverkäufen unberechtigt eingezogen habe.
- 13
- (1) Der Anspruch setzte jedenfalls voraus, dass der Gegenstand, an dem das Absonderungsrecht bestand, vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner oder nach Eröffnung vom Insolvenzverwalter unberechtigt veräußert worden ist. Da dies ausscheidet, wenn der Schuldner oder der Insolvenzverwalter mit Einwilligung oder Genehmigung des Gläubigers gehandelt hat (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 1977 - VIII ZR 215/75, BGHZ 68, 199, 201; vom 6. April 2006, aaO Rn. 18; vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, ZIP 2010, 2009 Rn. 17 mwN), konnte hier nur die unbefugte Einziehung einer mit einem Absonderungsrecht belasteten Forderung das Ersatzabsonderungsrecht nach § 48 InsO auslösen (BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - IX ZR 120/02, ZIP 2003, 1404, 1406; HK-InsO/Lohmann, 7. Aufl., § 48 Rn. 17 ff).
- 14
- (2) Hiervon kann selbst dann nicht ausgegangen werden, wenn die Schuldnerin aus Nr. XIII Abs. 4 Satz 3 der Lieferungs- und Zahlungsbedingungen gegenüber der Beklagten zur weiteren Einziehung nicht mehr berechtigt gewesen sein sollte, weil sie dieser gegenüber nicht alle Zahlungsverpflichtungen ordnungsgemäß erfüllt hatte. Denn die Beklagte hat der Fortsetzung des Forderungseinzugs zugestimmt. Eine Genehmigung kann auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen (BGH, Urteil vom 14. Mai 2002 - XI ZR 148/01, BGHR BGB § 177 Abs. 1 Genehmigung 2; Beschluss vom 10. Mai 2006 - II ZR 209/04, ZIP 2006, 1343 Rn. 4; Urteil vom 16. Dezember 2009 - XII ZR 146/07, BGHZ 184, 35 Rn. 18 ff). Dies setzt regelmäßig voraus, dass der Genehmigende die Unwirksamkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und dass in seinem Verhalten der Ausdruck des Willens zu sehen ist, das bisher als unberechtigt anzusehende Geschäft auch für sich als verbindlich anzuerkennen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 1996 - XI ZR 249/95, WM 1996, 2230, 2232; vom 14. Mai 2002, aaO; MünchKomm-BGB/Bayreuther, 6. Aufl., § 182 Rn. 11). So liegt es hier. Es entsprach der zwischen der Schuldnerin und der Beklagten bestehenden Vereinbarung, dass die Schuldnerin zum Einzug der vorzedierten Forderungen aus Warenverkäufen ermächtigt war, auch um diese zur Befriedigung der Forderungen der Beklagten gegenüber der Schuldnerin einsetzen zu können. Soweit die Beklagte in Kenntnis der bestehenden Zahlungsrückstände gleichwohl Zahlungen der Schuldnerin aus Veräußerungserlösen entgegennahm , ohne den wegen § 407 BGB wirksam erfolgten Forderungseinzug zu beanstanden und den künftigen Forderungseinzug durch ausdrücklichen Widerruf gegenüber der Schuldnerin oder Offenlegung der Sicherungsabtretung gegenüber den Drittschuldnern an sich zu ziehen, genehmigte sie vorausgegangene Einziehungen und stimmte der Fortsetzung dieser Übung zu.
- 15
- 2. Die Schuldnerin nahm die Zahlungen an die Beklagte mit dem Vorsatz vor, ihre Gläubiger zu benachteiligen (§ 133 Abs. 1 Satz 1 InsO). Zwar beschränkt sich die revisionsrechtliche Kontrolle der vom Berufungsgericht zum Gläubigerbenachteiligungsvorsatz getroffenen gegenteiligen Feststellungen darauf, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 7. November 2013 - IX ZR 49/13, ZIP 2013, 2318 Rn. 8; vom 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13, ZIP 2014, 1887 Rn. 18). Einer solchen Überprüfung hält die Würdigung des Berufungsgerichts jedoch nicht stand.
- 16
- a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, es spreche eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Schuldnerin mit dem Vorsatz gehandelt habe, ihre Gläubiger zu benachteiligen. Ein solcher Vorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge, sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines erstrebten anderen Vorteils, erkannt und gebilligt hat. Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. In diesem Fall weiß er, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen (BGH, Urteil vom 29. September 2011 - IX ZR 202/10, WM 2012, 85 Rn. 14 mwN; vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZIP 2013, 228 Rn. 15; vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, ZIP 2013, 174 Rn. 14; vom 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13, ZIP 2014, 1887 Rn. 17). So liegt der Fall auch hier.
- 17
- aa) Das Landgericht, auf dessen Ausführungen das Berufungsgericht verweist, hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Schuldnerin ab Mitte des Jahres 2006 zahlungsunfähig war und die Zahlungsunfähigkeit bis zur Insolvenzeröffnung fortbestand.
- 18
- (1) Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit beurteilt sich im gesamten Insolvenzrecht und darum auch im Insolvenzanfechtungsrecht nach § 17 InsO (BGH, Beschluss vom 13. Juni 2006 - IX ZB 238/05, ZIP 2006, 1457 Rn. 6). Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO kann eine Liquiditätsbilanz aufgestellt werden, wobei die im maßgeblichen Zeitpunkt verfügbaren und innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden Mittel in Beziehung zu setzen sind zu den am selben Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten (BGH, Urteil vom 29. März 2012 - IX ZR 40/10, WM 2012, 998 Rn. 8). Dem werden die Darlegungen des klagenden Verwalters zu den stichtagsbezogenen Unterdeckungen zwar nicht gerecht, weil sie keine Angaben zu kurzfristig verfügbaren Mittel enthalten. Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO ist die Aufstellung einer Liquiditätsbilanz jedoch entbehrlich, wenn eine Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründet (BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 184 f; vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416 Rn. 10; vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZIP 2013, 228 Rn. 20 mwN). Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zah- lungspflichten zu erfüllen. Sie kann auch, wie hier, aus einer Gesamtschau mehrerer darauf hindeutender Beweisanzeichen gefolgert werden (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 12 f; vom 6. Dezember 2012 aaO; vom 18. Juli 2013 - IX ZR 143/12, ZIP 2013, 2015 Rn. 10; jeweils mwN).
- 19
- (2) Spätestens ab Mitte des Jahres 2006 schob die Schuldnerin infolge der ständig verspäteten Begleichung ihrer Verbindlichkeiten einen Forderungsrückstand vor sich her und operierte demzufolge ersichtlich am finanziellen Abgrund (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 16; vom 6. Dezember 2012, aaO Rn. 21). Den Hauptlieferanten der Schuldnerin war von dieser ermöglicht worden, ihre fälligen Forderungen im Abbuchungsauftrags- oder Einziehungsermächtigungsverfahren einzuziehen. Hierbei kam es jedoch zu Rücklastschriften in erheblichem Umfang (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - IX ZR 70/08, WM 2010, 1756 Rn. 10) und zwar zwischen dem 3. Juli 2006 und dem 31. Dezember 2006 in einer Gesamthöhe von 886.000 € und zwischen dem 1. Januar 2007 und dem 11. April 2007 in Höhe von weiteren 987.000 €. Die Schuldnerin widerrief Lastschriften, die vom Überziehungskredit des Geschäftskontos nicht gedeckt waren, und glich in arbeitstäglicher Abstimmung mit der kontoführenden Bank nach dem Eingang von Erlösen aus Warenverkäufen bei den betroffenen Gläubigern ausgewählte Forderungen durch erneute Vorlage der Lastschriftermächtigung oder durch Scheckzahlung wieder aus. Ihre betriebswirtschaftliche Unterdeckung vergrößerte sich von 289.653,57 € zum 30. Juni 2006 auf 585.820,55 € bis zum 31. Dezember 2006. Auch ließ sie erhebliche Beitragsrückstände gegenüber den Sozialversicherungsträgern auflaufen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 187; Beschluss vom 13. Juni 2006 - IX ZB 238/05, ZIP 2006, 1457 Rn. 6; vom 11. April 2013 - IX ZB 256/11, ZIP 2013, 1086 Rn. 10) und zwar ab April 2006 der A. gegenüber in Höhe von 87.173,59 €. Weitere Beweisan- zeichen sind die ab dem 31. August 2006 aufgelaufenen und bis zur Insolvenzeröffnung am 1. Juni 2007 nicht mehr ausgeglichenen Lohnforderungen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 2008 - IX ZR 38/04, ZIP 2008, 706 Rn. 20; vom 15. Oktober 2009 - IX ZR 201/08, ZIP 2009, 2306 Rn. 13) und die gegenüber Hauptlieferanten entstandenen mehrmonatigen Zahlungsrückstände (vgl. Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 17 Rn. 33). Dafür, dass die Schuldnerin ihre Zahlungen im Allgemeinen wieder aufgenommen und damit die eingetretene Zahlungseinstellung beseitigt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 17/01, BGHZ 149, 100, 109; vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, ZIP 2008, 420 Rn. 24 mwN), besteht kein Anhalt.
- 20
- bb) Rechtsfehlerfrei ist auch die Feststellung, dass die Zahlungsunfähigkeit dem schuldnerischen Geschäftsführer infolge der ihm geläufigen Indizien bekannt war.
- 21
- b) Die damit für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin bestehende Vermutung kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mit der Begründung entkräftet werden, die Zahlungen an die Beklagte seien kongruente Leistungen, die Zug um Zug gegen eine zur Fortführung des Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht worden seien, die den Gläubigern im Allgemeinen nutze.
- 22
- aa) Die genannten Grundsätze gelten grundsätzlich auch bei Anfechtung kongruenter Deckungen, wenn der Schuldner nur weiß, dass er zur Zeit der Wirksamkeit der Rechtshandlung (§ 140 InsO) zahlungsunfähig oder drohend zahlungsunfähig war (BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, ZIP 2013, 174 Rn. 15; vom 25. April 2013 - IX ZR 235/12, ZInsO 2013, 1077 Rn. 25). In Fällen kongruenter Leistungen hat der Senat allerdings anerkannt, dass der Schuldner trotz der vorgenannten Vermutungsregel ausnahmsweise nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz handelt, wenn er diese Zug um Zug gegen eine zur Fortführung seines Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat, die den Gläubigern im Allgemeinen nutzt (BGH, Urteil vom 10. Juli 1997 - IX ZR 234/96, NJW 1997, 3028, 3029; Beschluss vom 16. Juli 2009 - IX ZR 28/07, ZInsO 2010, 87 Rn. 2; vom 24. September 2009 - IX ZR 178/07, nv Rn. 4; vom 6. Februar 2014 - IX ZR 221/11, ZInsO 2014, 496 Rn. 3; Urteil vom 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13, ZIP 2014, 1887 Rn. 24; vom 17. Juli 2014 - IX ZR 240/13, ZIP 2014, 1595 Rn. 29). Der subjektive Tatbestand kann hiernach entfallen, wenn im unmittelbaren Zusammenhang mit der potentiell anfechtbaren Rechtshandlung eine gleichwertige Gegenleistung in das Vermögen des Schuldners gelangt, also ein Leistungsaustausch ähnlich einem Bargeschäft stattfindet (BGH, Urteil vom 17. Juli 2014 - IX ZR 240/13, aaO mwN; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 133 Rn. 28). Dem liegt zugrunde, dass dem Schuldner in diesem Fall infolge des gleichwertigen Leistungsaustauschs die dadurch eingetretene mittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht bewusst geworden sein kann (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13, aaO; Kayser, NJW 2014, 422, 427; Fischer, NZI 2008, 588, 594).
- 23
- bb) Die Voraussetzungen für das gegenläufige Indiz einer berücksichtigungsfähigen bargeschäftsähnlichen Lage liegen jedoch nicht vor.
- 24
- (1) Mit Blick auf den in Nr. XIII Abs. 4 der Lieferungs- und Zahlungsbedingungen vorgesehenen verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalt in Form des sogenannten Kontokorrentvorbehalts fehlt es für die Annahme einer bargeschäftsähnlichen Lage an dem für das Bargeschäft erforderlichen unmittelbaren Austausch zwischen Leistung und Gegenleistung (vgl. BT-Drucks.
- 25
- (2) Selbst wenn eine bargeschäftsähnliche Situation in dem genannten Sinne vorliegt, wird sich der Schuldner der eintretenden mittelbaren Gläubigerbenachteiligung jedoch gleichwohl bewusst werden, wenn er weiß, dass er trotz Belieferung zu marktgerechten Preisen fortlaufend unrentabel arbeitet und deshalb bei der Fortführung seines Geschäfts mittels der durch bargeschäftsähnliche Handlungen erworbenen Gegenstände weitere Verluste anhäuft, die die Befriedigungsaussichten der Gläubiger weiter mindern, ohne dass auf längere Sicht Aussicht auf Ausgleich besteht. Deshalb konnte auch die Schuldnerin nicht davon ausgehen, dass der durch die angefochtenen Zahlungen ermöglichte weitere Bezug der Zutaten den Gläubigern auch nur im Allgemeinen genutzt hätte. Die Fortführung der Produktion war hier für die Gläubiger ohne Nutzen, weil die Schuldnerin nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers unwirtschaftlich arbeitete und damit die Zahlungsrückstände ständig erhöhte. Die betriebswirtschaftliche Unterdeckung der Schuldnerin vergrößerte sich von Mitte bis zum Ende des Jahres 2006 von 289.653,57 € auf 585.820,55 €. Angesichts ihrer Kenntnis der eigenen Zahlungsunfähigkeit fehlte der Schuldnerin die berechtigte Erwartung, durch die Fortsetzung der Produktion die eigene Insolvenz noch abwenden oder einen anderen Nutzen für ihre Gläubiger erzielen zu können.
III.
- 27
- 1. Durch die Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte sind die Gläubiger im Sinne von § 129 Abs. 1 InsO objektiv benachteiligt worden. Deren Befriedigungsmöglichkeiten hätten sich ohne diese Rechtshandlungen bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet. Durch die angefochtenen Zahlungen auf die Lieferforderungen der Beklagten ist das Aktivvermögen der Schuldnerin verkürzt und insoweit der Zugriff der anderen Gläubiger auf ihr Vermögen vereitelt worden (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, ZIP 2013, 174 Rn. 12 mwN; vom 7. Mai 2013 - IX ZR 113/10, ZIP 2013, 2323 Rn. 9).
- 28
- 2. Die Beklagte hatte zumindest gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin. Nach dieser Vorschrift wird die Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners widerleglich vermutet , wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und die Handlung die Gläubiger benachteiligte, wobei es für die Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit ausreicht, wenn der Gläubiger Umstände kennt, die zwingend auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit hindeuten (BGH, Urteil vom 20. November 2008 - IX ZR 188/07, ZIP 2009, 189 Rn. 10; vom 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13, ZIP 2014, 1887 Rn. 26; jeweils mwN).
- 29
- a) Hiernach ist eine entsprechende Kenntnis bereits nach dem unstreitigen Vorbringen zu vermuten. Sie ist in der Regel anzunehmen, wenn die Verbindlichkeiten des Schuldners bei dem Anfechtungsgegner, wie hier, über einen längeren Zeitraum hinweg ständig in beträchtlichem Umfang nicht ausgeglichen werden und diesem den Umständen nach bewusst ist, dass es noch weitere Gläubiger mit ungedeckten Ansprüchen gibt (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, ZIP 2007, 1511 Rn. 24; vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, ZIP 2009, 1966 Rn. 10). Mit solchen musste die Beklagte schon angesichts der gewerblichen Tätigkeit der Schuldnerin rechnen (vgl. BGH, Urteil vom 13. August 2009, aaO Rn. 14; vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 117/11, ZIP 2012, 2355 Rn. 30). Ein weiteres Beweisanzeichen für die Kenntnis der Beklagten zumindest von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit ist der Umstand, dass ihre Lastschriften zurückgegeben wurden (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - IX ZR 70/08, WM 2010, 1756 Rn. 10; vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZIP 2013, 228 Rn. 44). Es ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich, ob die Rückgabe aufgrund fehlender Kontodeckung oder aufgrund nicht näher begründeten Widerspruchs der Schuldnerin erfolgte, zumal die Beklagte eingeräumt hat, Kenntnis von den Liquiditätsproblemen der Schuldnerin und dem Wunsch nach längeren Zahlungsfristen gehabt zu haben.
- 30
- b) Die Einwände der Beklagten gegen die aus den vorgenannten Beweisanzeichen abzuleitenden Vermutungswirkung sind demgegenüber unerheblich.
- 31
- aa) Die Beklagte kann sich nicht damit entlasten, der Geschäftsführer der Schuldnerin habe immer wieder versichert und dies auch plausibel dargestellt, er werde durch den Verkauf der Filialen und deren Umstellung auf Franchising die seit dem Jahr 2005 aufgelaufenen Verbindlichkeiten erfüllen können. Ist der Schuldner bereits zahlungsunfähig, handelt er zwar ohne Vorsatz, die Gesamtheit der Gläubiger zu benachteiligen, wenn er aufgrund konkreter Umstände mit einer baldigen Überwindung seiner Krise rechnen kann; droht ihm die Zahlungsunfähigkeit , bedarf es konkreter Umstände, die nahe legen, dass die Krise noch abgewendet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2007, aaO Rn. 8; vom 15. März 2012 - IX ZR 239/09, ZIP 2012, 735 Rn. 15). Entsprechendes gilt für die Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007, aaO Rn. 9). Solche Umstände, etwa ein in Kürze bevorstehender Verkauf von kostenträchtigen Filialen, hat die Beklagte jedoch nicht ausreichend dargelegt. Ihr Vortrag beschränkt sich auf die Wiedergabe einer entsprechenden Hoffnung, ohne deren Stichhaltigkeit zu begründen.
- 32
- bb) Die Beklagte kann die Vermutungswirkung auch nicht damit entkräften , Nr. XIII der von ihr verwendeten Lieferungs- und Zahlungsbedingungen sehe einen umfassenden Eigentumsvorbehalt vor, der eine Gläubigerbenachteiligung ausschließe. Gleiches gilt für den Hinweis, die Schuldnerin habe ihre Zahlungen im Rahmen einer bargeschäftsähnlichen Lage erbracht. Der Beklagten waren alle tatsächlichen Umstände bekannt, welche eine umfassende Sicherung ihrer Ansprüche ausschließen. Mit Blick auf den von ihr geforderten Kontokorrentvorbehalt war ihr auch bekannt, dass die Schuldnerin für ihre Zahlungen keine gleichwertigen Gegenleistungen erhielt.
IV.
- 33
- Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben. Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und der Klage unter Abänderung auch des erstinstanzlichen Urteils bis auf einen Teil der Zinsforderung stattgeben. Der Hauptanspruch folgt in Höhe der Klageforderung aus § 143 Abs. 1, § 129 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO. Der Zinsausspruch beruht auf § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 291, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der weitergehende Antrag, gerichtet auf einen bereits mit Vornahme der angefochtenen Handlung einsetzenden Zinsbeginn, ist demgegenüber unbegründet, weil der Masse für den Zeitraum vor Insolvenzeröffnung kei- ne Prozesszinsen zustehen (BGH, Urteil vom 1. Februar 2007 - IX ZR 96/04, BGHZ 171, 38 Rn. 19 f; vom 24. Mai 2012 - IX ZR 125/11, ZIP 2012, 1299 Rn. 6).
Pape Möhring
Vorinstanzen:
LG Regensburg, Entscheidung vom 27.09.2011 - 4 O 38/11 (1) -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 04.07.2012 - 12 U 2181/11 -
Tenor
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Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 23. Oktober 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
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Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
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Die B. Hausbau GmbH (fortan: Schuldnerin) stand in ständiger Geschäftsbeziehung zur Beklagten, die ihr Fenster und Türen auf der Grundlage derer Allgemeinen Geschäftsbedingungen lieferte. Seit Oktober 2010 bestanden erhebliche Zahlungsrückstände gegenüber der Beklagten; Ratenzahlungsvereinbarungen hielt die Schuldnerin nicht ein; versprochene Sicherheiten erbrachte sie nicht. Im Februar 2011 vereinbarte sie bei einem Zahlungsrückstand in Höhe von 97.983,76 € mit der Beklagten und ihren Auftraggebern, den Bauherren S. und Sch. /A. , dass diese den Kaufpreis für die von der Schuldnerin einzubauenden Fenster und Türen direkt an die Beklagte zahlen sollten und die Beklagte diese Werkteile sodann an die Baustellen ausliefern sollte. Die Zahlungen erfolgten absprachegemäß am 29. März 2011 über 19.756,13 € (Sch. /A. ) und 13.982,39 € (S. ). Nach Gutschrift der Beträge auf ihrem Konto lieferte die Beklagte die bestellten Fenster und Türen aus.
- 2
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Am 12. April 2011 stellte die Schuldnerin den Antrag, das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen zu eröffnen. Durch Beschluss vom 6. Juli 2011 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger als Insolvenzverwalter bestellt. Dieser verlangt von der Beklagten die Direktzahlungen der Bauherren im Wege der Insolvenzanfechtung zurück. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision bleibt ohne Erfolg.
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I.
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Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Dem Kläger stehe kein Zahlungsanspruch aus Insolvenzanfechtung zu, weil es an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) fehle. Die Vermögenslage der Schuldnerin sei durch die Zahlungen der Bauherren an die Beklagte nicht zum Nachteil der Gläubiger verschlechtert worden. Teile der Werklohnansprüche der Schuldnerin in Höhe der tatsächlichen Zahlung der jeweiligen Bauherren für die Fenster an die Beklagte seien entweder durch Teilkündigung oder durch Abtretung deren Vermögen entzogen worden. Diese Teile der Werklohnansprüche hätten jedoch bei der gebotenen konkreten Betrachtungsweise bereits zuvor keinen tatsächlichen Wert mehr gehabt. Denn ohne die Beschaffung der Fenster bei der Beklagten hätte die Schuldnerin weder die Voraussetzungen der Fälligkeit der achten Werklohnrate herbeiführen noch die übernommene Herstellungspflicht erfüllen können. Die Beklagte sei nach dem Liefervertrag nicht zu Vorleistungen verpflichtet gewesen. Aufgrund der bestehenden erheblichen Zahlungsrückstände der Schuldnerin seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte die Lieferung der Fenster vor Zahlung der dafür vereinbarten Entgelte erbracht hätte. Daraus folge, dass die Zahlungen der Bauherren nicht auf die Werklohnforderungen der Schuldnerin hätten angerechnet werden sollen, die unabhängig von Leistungen begründet worden seien, welche die Beklagte zu erbringen gehabt habe.
-
II.
- 5
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Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Zahlungen der Bauherren an die Beklagte haben entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts zu einer objektiven Gläubigerbenachteiligung nach § 129 Abs. 1 InsO geführt, weil sie die Werklohnforderungen der Schuldnerin in dieser Höhe zum Erlöschen gebracht haben.
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1. Der Insolvenzanfechtung sind nach § 129 Abs. 1 InsO solche Rechtshandlungen unterworfen, welche die Insolvenzgläubiger objektiv benachteiligen. Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, sich somit die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - IX ZR 127/11, NJW 2014, 1239 Rn. 7). Eine Verkürzung der Masse kann insbesondere dann eintreten, wenn eine dem Schuldner zustehende Forderung durch Zahlung an einen Dritten getilgt wird, weil der Schuldner für die Befriedigung des Zahlungsempfängers einen Vermögensgegenstand aufgibt, der anderenfalls den Gläubigern insgesamt zur Verfügung gestanden hätte (BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - IX ZR 58/10, NZI 2011, 141 Rn. 12).
- 7
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Keine Gläubigerbenachteiligung tritt hingegen ein, wenn sich die Rechtshandlungen auf Gegenstände beziehen, die für die Insolvenzmasse wirtschaftlich wertlos sind (vgl. MünchKomm-InsO/Kayser, 3. Aufl., § 129 Rn. 108). Die Weggabe von - aus welchen Gründen auch immer - völlig wertlosen Gegenständen aus dem Schuldnervermögen vermindert dieses nicht, weil eine Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger auf solche Gegenstände zum Zwecke der Verwertung auch vor der Weggabe nicht bestand (BGH, Urteil vom 23. September 1981 - VIII ZR 245/80, ZIP 1981, 1229, 1230; vom 11. Dezember 2003 - IX ZR 336/01, NZI 2004, 253, 254). Dies gilt auch, wenn ein Schuldner über eine wirtschaftlich wertlose Forderung verfügt.
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2. Durch die Zahlungen der Bauherren an die Beklagte ist die Masse verkürzt worden, weil sie mit Einwilligung der Schuldnerin erfolgt und dadurch deren Werklohnforderungen nach § 362 Abs. 2, § 185 Abs. 1 BGB in Höhe der Direktzahlungen erloschen sind.
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a) Zwischen der Schuldnerin und den Bauherren bestanden wirksame, ungekündigte Werkverträge. Nach den unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts wurden die Verträge im Februar 2011 durch dreiseitige Vereinbarungen der Schuldnerin, der Beklagten und der jeweiligen Bauherren dahin ergänzt, dass für die von der Beklagten geschuldeten Baustofflieferungen für die Bauvorhaben S. und Sch. /A. diese Bauherren eine Direktzahlung in Höhe des jeweiligen Kaufpreises an die Beklagte vornehmen und die Fenster und Türen dann ausgeliefert werden sollten. Darin hat das Landgericht eine konkludente Teilkündigung des Werkvertrages gesehen, das Berufungsgericht hat eine solche Teilkündigung zumindest für möglich angesehen. Das ist nicht richtig.
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Der Besteller kann zwar den Bauvertrag jederzeit ohne Einhaltung einer Frist und ohne besondere Begründung kündigen (§ 649 BGB, § 8 Abs. 1 VOB/B), muss allerdings dann dem Unternehmer grundsätzlich den noch ausstehenden Werklohn in voller Höhe zahlen. Doch kann aus dem Verhalten der Bauherren im Streitfall schon nicht sicher auf den Umfang einer etwaigen Kündigung geschlossen werden. Eine auf die Lieferung der Fenster- und Türelemente beschränkte Teilkündigung dürfte nicht zulässig sein (vgl. MünchKomm-BGB/Busche, 6. Aufl., § 649 Rn. 13). Aber auch im Übrigen besteht kein Anlass, dass die Bauherren sich der Gefahr aussetzen wollten, unter Umständen zwei Vertragspartnern verpflichtet zu sein. Ebenso wenig ist anzunehmen, dass die Bauherren durch die Teilkündigung etwaige Gewährleistungsansprüche gegen die Schuldnerin gefährden wollten. Dass ihnen im Februar 2011 ein wichtiger Grund zur Kündigung zur Seite gestanden hätte, die Schuldnerin sich etwa mit ihren Werkvertragsleistungen in Verzug befunden hätte, ist weder festgestellt noch vorgetragen. Zudem spricht der vom Landgericht festgestellte Wortlaut der Vereinbarung einer Direktzahlung der Bauherren an die Beklagte dagegen, dass sie den Bauvertrag gekündigt haben. Denn unter einer Direktzahlung wird die Zahlung eines Drittschuldners auf Weisung des Schuldners an dessen Gläubiger verstanden. Entsprechendes gilt für die Auslegung des Verhaltens der Beklagten. Ebenso wenig können aus entsprechenden Gründen die vom Landgericht festgestellten dreiseitigen Vereinbarungen dahin ausgelegt werden, dass die Schuldnerin ihren - wie das Berufungsgericht selbst festgestellt hat - noch nicht fälligen Anspruch auf Zahlung der achten Werklohnraten an die Beklagte abgetreten hätte.
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Vielmehr haben sich die Bauherren im Februar 2011 bereit erklärt, auf Weisung der Schuldnerin deren noch offene Werklohnforderungen in Höhe des jeweiligen Kaufpreises für die Türen und Fenster vor Fälligkeit durch Direktzahlung an die Beklagte zu erfüllen und durch diese Zahlungen einerseits die gegen sie gerichteten Werklohnforderungen und andererseits die Kaufpreisforderungen der Beklagten gegen die Schuldnerin zum Erlöschen zu bringen (§ 362 BGB). Hieraus folgt, dass die Bauherren durch die Zahlungen an die Beklagte eigene Verbindlichkeiten gegenüber der Schuldnerin getilgt haben (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 2012 - IX ZR 59/11, NZI 2012, 805 Rn. 12).
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b) Hierdurch sind die Gläubiger der Schuldnerin objektiv benachteiligt worden.
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aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts waren die Werklohnteilforderungen, welche die Schuldnerin durch die Direktzahlung verloren hat, wirtschaftlich nicht wertlos. Denn infolge der dreiseitigen Änderungsvereinbarungen im Februar 2011 sind die Werklohnforderungen der Schuldnerin werthaltig geworden, weil die Bauherren unter Verzicht auf die Fälligkeit durch die Zahlung an die Beklagte auf die Werklohnforderungen der Schuldnerin leisten wollten und tatsächlich auch geleistet und somit die Forderungen der Schuldnerin insoweit zum Erlöschen gebracht haben. Die in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen des Berufungsgerichts, die Beklagte hätte ohne die Direktzahlungen der Bauherren die Auslieferung der Türen und Fenster verweigern können, sind im Rahmen der Prüfung, ob eine Gläubigerbenachteiligung vorliegt, nicht erheblich. Die Frage des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Rechtshandlung und der Gläubigerbenachteiligung ist aufgrund des realen Geschehens zu beurteilen. Für hypothetische, nur gedachte Kausalverläufe ist insoweit kein Raum (BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - IX ZR 58/10, NZI 2011, 141 Rn. 14). Die Schuldnerin hat durch ihre mittelbare Zuwendung der Beklagten zu Lasten ihrer anderen Gläubiger volle Deckung verschafft (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 2011, aaO Rn. 15).
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bb) Die objektive Gläubigerbenachteiligung ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Beklagte an den Werklohnforderungen der Schuldnerin gegen die Bauherren ein insolvenzfestes Aus- oder Absonderungsrecht besessen und sie sich aufgrund dieses Rechts befriedigt (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08, NZI 2009, 644 Rn. 12; vom 19. Dezember 2013 - IX ZR 127/11, NJW 2014, 1239 Rn. 8) oder die Schuldnerin diese Rechte durch Zahlung abgelöst hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - IX ZR 39/08, NZI 2009, 379 Rn. 13). Der Beklagten stand gegenüber der Schuldnerin in Höhe ihrer Kaufpreisforderungen bezogen auf die Bauvorhaben S. und Sch. /A. kein Absonderungs- oder Aussonderungsrecht zu. Zwar haben die Schuldnerin und die Beklagte in den Lieferverträgen einen verlängerten Eigentumsvorbehalt vereinbart; die Schuldnerin durfte deswegen die Türen und Fenster in die Bauten ihrer Kunden nur einbauen, sofern sie die daraus erzielten Werklohnforderungen an die Beklagte abtrat (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012 - IX ZR 67/09, NJW 2012, 2517 Rn. 33). Doch kam dieser Eigentumsvorbehalt schon deswegen nicht zur Wirkung, weil die Beklagte die Türen und Fenster nicht an die Schuldnerin ausgeliefert hat, bevor sie nicht die volle Zahlung des diese Lieferung betreffenden Vorbehaltsguts erhalten hat. Nichts anderes gilt, wenn die Beklagte und die Schuldnerin darüber hinaus wirksam vereinbart haben sollten, dass die Forderungsabtretungen neben dem Kaufpreisanspruch aus der Lieferung der jeweiligen Ware auch weitere Forderungen der Beklagten aus der Geschäftsbeziehung sichern sollten. Denn auch insoweit erfolgten die Zahlungen nicht auf einen bestehenden Eigentumsvorbehalt oder auf eine der Beklagten abgetretene Forderung.
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III.
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Das Urteil erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Dem Kläger steht kein Rückgewähranspruch nach § 143 Abs. 1 InsO gegen die Beklagte zu, weil die Rechtshandlungen nach keinem der in Betracht kommenden Anfechtungstatbestände anfechtbar sind. Dies konnte der Senat aufgrund der unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts selbst entscheiden.
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1. Die Direktzahlungen der Bauherren an die Beklagte sind nicht gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar, auch wenn sie im letzten Monat vor Insolvenzantragsstellung erfolgt sind. Denn sie sind als kongruente Rechtshandlungen anzusehen.
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a) Grundsätzlich ist die Direktzahlung durch den Auftraggeber an den Subunternehmer oder Lieferanten seines Auftragnehmers allerdings eine inkongruente Leistung im Sinne von § 131 Abs. 1 InsO. Subunternehmer und Lieferant haben aufgrund ihres Werk- oder Werklieferungsvertrages regelmäßig keinen Anspruch gegen den Auftragnehmer auf Zahlung des Werklohns oder des Kaufpreises durch den Auftraggeber. Befriedigungen, die nicht in der Art erbracht werden, in der sie geschuldet sind, gewähren eine inkongruente Deckung im Sinne von § 131 Abs. 1 InsO (BGH, Beschluss vom 6. Juni 2002 - IX ZR 425/99, ZInsO 2002, 766; Urteil vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 2/05, NZI 2009, 55 Rn. 13; vom 20. Januar 2011 - IX ZR 58/10, NZI 2011, 141 Rn. 17). Die Insolvenzgläubiger benachteiligende nicht geschuldete Direktzahlungen, die ein Dritter auf Anweisung des Schuldners erbringt, sind deswegen dem Empfänger gegenüber als inkongruente Deckung anfechtbar (BGH, Urteil vom 20. Januar 2011, aaO). Derartige Direktzahlungen sind zudem besonders verdächtig, wenn sie - wie auch hier - an einen Zahlungsverzug des Auftragnehmers und Käufers und damit typischerweise an dessen Liquiditätsschwierigkeiten anknüpfen (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008, aaO Rn. 13; vom 20. Januar 2011, aaO). Auch die beiden Werklieferungsverträge, welche die Türen und Fenster für die Bauvorhaben S. und Sch. /A. zum Gegenstand haben und deren Inhalt sich aus den Auftragsbestätigungen der Beklagten vom 2. September 2010 (S. ) und vom 18. November 2010 (Sch. /A. ) ergibt, begründeten keinen Anspruch der Beklagten gegen die Schuldnerin auf Zahlung des Kaufpreises direkt durch die Bauherren.
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b) Doch haben die Schuldnerin, die Beklagte und die beteiligten Bauherren in jeweils dreiseitigen Verträgen im Februar 2011 in Abänderung der ursprünglichen Verträge vereinbart, dass für die von der Beklagten geschuldeten Baustofflieferungen die Bauherren Direktzahlungen in Höhe des jeweiligen Kaufpreises an die Beklagte vornehmen und die Fenster und Türen dann ausgeliefert werden sollten. Nach dieser Vereinbarung waren die Direktzahlungen der Bauherren, weil sie von der Schuldnerin in dieser Weise geschuldet waren, kongruent.
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Ein Abänderungsvertrag stellt allerdings dann keine wirksame Kongruenzvereinbarung für spätere Direktzahlungen dar, wenn er seinerseits anfechtbar ist (BGH, Urteil vom 7. Mai 2013 - IX ZR 113/10, NZI 2013, 888 Rn. 13). Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall.
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aa) Die Kongruenzvereinbarung ist nicht nach §§ 130, 131 InsO anfechtbar, weil sie keine Deckungshandlung im Sinne dieser Vorschriften darstellt.
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Vertragsparteien können den Inhalt ihrer Vereinbarungen noch abändern, ohne den Charakter der Bardeckung zu gefährden, wenn sie die Abänderungsvereinbarung treffen, bevor die erste Leistung eines Vertragsteils erbracht worden ist (BGH, Urteil vom 10. Mai 2007 - IX ZR 146/05, ZIP 2007, 1162 Rn. 14). In einem solchen Fall ist nach Sinn und Zweck der §§ 132, 142 InsO eine abändernde Kongruenzvereinbarung, durch die ein Bargeschäft erst ermöglicht wird, der Deckungsanfechtung entzogen. Hiervon ist der Senat in der angeführten Entscheidung ausgegangen.
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Diese Voraussetzungen waren erfüllt, als die Vertragsparteien im Februar 2011 die ergänzenden Vereinbarungen schlossen. Die Schuldnerin hatte auf die Werklieferungsverträge über die Türen und Fenster betreffend die Bauvorhaben S. und Sch. /A. weder Zahlungen erbracht noch Leistungen von der Beklagten erhalten. Diese hatte die bestellten Türen und Fenster zwar bereits gefertigt, jedoch noch nicht ausgeliefert (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2007, aaO). Auch hatten die Abänderungsvereinbarungen Bardeckungen im Sinne von § 142 InsO zum Ziel. Die Schuldnerin sollte für ihre durch die Direktzahlungen der Bauherren bewirkten Leistungen an die Beklagte in engem zeitlichen Zusammenhang (vgl. MünchKomm-InsO/Kirchhof, 3. Aufl., § 142 Rn. 15 ff) eine gleichwertige Gegenleistung durch die Beklagte in ihr Vermögen erhalten (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2007, aaO Rn. 16). Die Beklagte sollte die bestellten Türen und Fenster, deren Wert dem vereinbarten Kaufpreis entsprach, unmittelbar nach den Direktzahlungen auf die Baustellen der Schuldnerin ausliefern.
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bb) Die nachträglichen Kongruenzvereinbarungen unterfallen auch nicht der Anfechtung nach § 132 InsO, weil sie die Gläubiger nicht unmittelbar benachteiligt haben. Die Werklohnteilforderungen, die die Schuldnerin durch die späteren Direktzahlungen der Bauherren verlor, waren nämlich im Februar 2011, als die Parteien die jeweiligen Zahlungsmodalitäten änderten, wirtschaftlich wertlos, weil sie nicht durchsetzbar waren. Die Vertragsänderungen machten die Werklohnteilforderungen erst werthaltig und benachteiligten die Gläubiger zum Zeitpunkt der Vereinbarung deswegen nicht unmittelbar.
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Denn der Anspruch der Schuldnerin gegen die Bauherren auf Zahlung der achten Rate wurde erst fällig nach Einbau der Fenster. Dazu war die Schuldnerin jedoch nicht in der Lage, weil die Beklagte die bestellten Fenster aufgrund ihres schon aus den ursprünglichen Verträgen bestehenden Zurückbehaltungsrechts nur gegen Vorkasse auszuliefern bereit war. Diese Kaufpreiszahlungen konnte die Schuldnerin nicht erbringen, ohne auf die noch nicht fälligen achten Werklohnraten zurückzugreifen. Die Bauherren waren zu einer vorfälligen Zahlung der achten Rate an die Schuldnerin nicht bereit, weil sie befürchten mussten, das Geld werde nicht an die Vorlieferanten weitergeleitet. Erst durch die dreiseitigen Vereinbarungen haben die Beteiligten diese Blockade auflösen können.
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cc) Aus ähnlichen Gründen sind die Kongruenzvereinbarungen auch nicht nach § 133 InsO anfechtbar, weil sie nicht mit einem hierfür erforderlichen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin getroffen worden sind. Ein Schuldner handelt mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlungen will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt. Er muss also entweder wissen, dass er neben dem Anfechtungsgegner nicht alle Gläubiger innerhalb angemessener Zeit befriedigen kann, oder sich diese Folge zumindest als möglich vorgestellt, aber in Kauf genommen haben, ohne sich durch die Vorstellung dieser Möglichkeit von seinem Handeln abhalten zu lassen (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 14; vom 5. März 2009 - IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 Rn. 10; vom 24. Januar 2013 - IX ZR 11/12, NZI 2013, 249 Rn. 23). Demgegenüber wollte die Schuldnerin durch die dreiseitigen Vereinbarungen und die danach unmittelbar nach den Zahlungen zu erfolgenden Auslieferungen der notwendigen Baustoffe erreichen, dass die Bauvorhaben fortgesetzt wurden und sie somit zum Wohle aller Gläubiger den noch ausstehenden Werklohn verdienen konnte.
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2. Ebenso wenig sind die Direktzahlungen der Bauherren nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 132 Abs. 1 InsO anfechtbar. Denn sie stellen sich nach dem bereits Ausgeführten infolge der maßgeblichen dreiseitigen Vereinbarungen aus Februar 2011 als Bargeschäft im Sinne von § 142 InsO über gleichwertige Leistungen dar. Die Beklagte hat unmittelbar nach Erhalt der Direktzahlungen die Fenster und Türen auf die Baustellen der Schuldnerin ausgeliefert.
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3. Auch die Direktzahlungen der Bauherren an die Beklagte können wegen Fehlens eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin nicht nach § 133 Abs. 1 InsO angefochten werden.
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a) Allerdings kann nach ständiger Rechtsprechung auf einen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners geschlossen werden, wenn dieser Leistungen trotz Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit oder seiner drohenden Zahlungsunfähigkeit erbringt. In diesem Fall handelt er nur dann nicht mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er aufgrund konkreter Umstände - etwa der sicheren Aussicht demnächst Kredit zu erhalten oder Forderungen realisieren zu können - mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen kann. Droht die Zahlungsunfähigkeit, bedarf es konkreter Umstände, die nahelegen, dass die Krise noch abgewendet werden kann (BGH, Urteil vom 13. April 2006, aaO; vom 5. März 2009, aaO; vom 24. Januar 2013, aaO Rn. 23 f). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn eine kongruente Leistung angefochten wird (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, NZI 2008, 231 Rn. 19; vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, NJW 2013, 611 Rn. 15). Entsprechendes gilt bei Bardeckungen, soweit hierbei eine Gläubigerbenachteiligung wenigstens mittelbar eintreten kann. Insbesondere ist derjenige nicht schutzbedürftig, der dem Schuldner einen Vermögensgegenstand zu einem angemessenen Preis, aber in dem Wissen abkauft, dass der Schuldner den Erlös seinen Gläubigern entziehen will. Gerade eine bewusste und erkannte Bevorzugung Einzelner soll zugunsten des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Gläubiger verhindert werden (BGH, Urteil vom 30. September 1993 - IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 324 zu § 31 Nr. 1 KO).
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Dagegen ist ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz in aller Regel nicht gegeben, wenn der Schuldner in einem engen zeitlichen Zusammenhang eine kongruente Gegenleistung für die von ihm empfangene Leistung erbringt, welche zur Fortführung seines eigenen Unternehmens nötig ist und damit den Gläubigern im Allgemeinen nützt (BGH, Urteil vom 10. Juli 1997 - IX ZR 234/96, NJW 1997, 3028, 3029; BAG, ZIP 2014, 37 Rn. 69). Dies gilt auch dann, wenn Schuldner und Anfechtungsgegner Vorkasse für die von diesem erbrachten Leistungen vereinbart haben (BGH, Beschluss vom 16. Juli 2009 - IX ZR 28/07, NZI 2009, 723 Rn. 2; vom 24. September 2009 - IX ZR 178/07, nv Rn. 4). Der subjektive Tatbestand kann mithin entfallen, wenn im unmittelbaren Zusammenhang mit den potentiell anfechtbaren Rechtshandlungen eine gleichwertige Gegenleistung in das Vermögen des Schuldners gelangt, also ein Leistungsaustausch ähnlich einem Bargeschäft stattfindet (vgl. Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl. § 133 Rn. 28; HK-InsO/Kreft, 7. Aufl., § 133 Rn. 17; Schmidt/Ganter/Weinland, InsO, 18. Aufl., § 133 Rn. 58; MünchKomm-InsO/Kayser, aaO § 133 Rn. 33a ff; Bork in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2012, § 133 Rn. 42; Ganter, WM 2014, 49, 50 f; Kayser, NJW 2014, 422, 427).
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b) So verhält es sich im vorliegenden Fall. Die Schuldnerin hat im unmittelbaren Zusammenhang mit den Zahlungen an die Beklagte durch die Auslieferung der Fenster und Türen eine gleichwertige Gegenleistung erhalten. Ohne die Direktzahlungen hätte sie die Bauvorhaben nicht fortsetzen können und die berechtigte Aussicht, die achte Werklohnrate oder gar alle noch ausstehenden Raten zu verdienen, verloren.
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RiBGH Vill ist im Urlaub
und kann deshalb nicht
unterschreiben.Kayser
Kayser
Lohmann
Fischer
Möhring
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 156.108,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2007 zu zahlen. Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 10. April 2007 über das Vermögen der B. -GmbH und Co. Abwick- lungs KG (nachfolgend: Schuldnerin) am 1. Juni 2007 eröffneten Insolvenzverfahren. Die Schuldnerin stellte Backwaren her. Zutaten, insbesondere Mehl, bezog sie von der Beklagten.
- 2
- Die von der Beklagten verwendeten Lieferungs- und Zahlungsbedingungen für Mühlenprodukte sahen in Nr. VII Abs. 1 eine Zahlungsfrist von 14 Tagen ab Rechnungsdatum vor. In Nr. XIII war ein Eigentumsvorbehalt vorgesehen. Nach Absatz 4 dieser Bedingung war die Schuldnerin als Käuferin zu einem Weiterverkauf der Vorbehaltsware berechtigt. Die ihr hieraus gegen die Kunden zustehenden Forderungen trat sie im Voraus zur Sicherung sämtlicher Ansprüche aus der Geschäftsverbindung an die Beklagte ab, wobei sie zum Einzug dieser Forderungen berechtigt sein sollte, solange sie alle Zahlungsverpflichtungen aus der Geschäftsverbindung mit der Beklagten ordnungsgemäß erfüllte. Nach Absatz 6 war die Schuldnerin zu einer Bearbeitung, Vermischung oder Verarbeitung der Vorbehaltsware berechtigt. Die Beklagte sollte in diesen Fällen als Herstellerin anzusehen sein und das Eigentum an der neuen Sache erwerben. Bei Verwendung von Vorbehaltsware anderer Vorlieferanten sollte sie gemäß § 947 BGB Miteigentum erwerben. Die Regelung des Absatz 4 sollte für diese Fälle entsprechend gelten.
- 3
- Ab April 2006 ließ die Schuldnerin vermehrt Beitragsrückstände bei den Sozialversicherungsträgern entstehen. Ab Ende August 2006 erfüllte sie eine Mehrzahl der Lohnforderungen ihrer Arbeitnehmer nicht mehr. Zum 1. September 2006 betrugen die Zahlungsrückstände gegenüber Lieferanten einschließlich der Beklagten 141.063,73 €. Auf ihrem Hauptgeschäftskonto, von welchem die Hauptlieferanten ihre jeweils fälligen Forderungen einziehen konnten, war der Schuldnerin ein Kontokorrentkredit in Höhe von 100.000 € eingeräumt. Der Tagessaldo bewegte sich jedoch ab dem 1. Juli 2006 arbeitstäglich über dem eingeräumten Kreditlimit. Ab dem 3. Juli 2006 kam es zu einer Vielzahl von Rücklastschriften, von welchen auch die Beklagte betroffen war. Allerdings glich die Schuldnerin nach dem Eingang von Erlösen aus ihren Warenverkäufen ausgewählte Forderungen durch erneute Vorlage der Lastschriftermächtigung oder durch Scheckzahlung aus. Auf diese Weise erbrachte sie vom 5. September 2006 bis zur Stellung des Insolvenzantrages an die Beklagte Zahlungen für Warenlieferungen in einer Gesamthöhe von 156.108,89 €.
- 4
- Der Kläger hat die Zahlungen insolvenzrechtlich angefochten. Die Klage ist in beiden Instanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision hat weitgehend Erfolg. Sie führt zur Verurteilung der Beklagten. Lediglich wegen einer Zinsmehrforderung ist die Klage unbegründet.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Sowohl eine Deckungsanfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO als auch eine Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO scheide aus, weil es an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung fehle. Es sei ein verlängerter Eigentumsvorbehalt wirksam vereinbart worden. Die Schuldnerin habe durch ihre Zahlungen daher lediglich ein Absonderungsrecht abgelöst. Für eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO fehle überdies der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin. Die Zahlungen seien kongruente Leistungen gewesen, die für die Fortführung des Unternehmens erforderlich gewesen seien.
II.
- 7
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 8
- 1. Die erforderliche objektive Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) ist gegeben. Eine Benachteiligung der Gläubiger ist zwar ausgeschlossen , wenn ein anfechtungsfestes Absonderungsrecht durch eine den Wert ausgleichende Zahlung aus dem Schuldnervermögen abgelöst wird (BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - IX ZR 124/03, ZIP 2004, 1509, 1511; vom 6. April 2006 - IX ZR 185/04, ZIP 2006, 1009 Rn. 21; HK-InsO/Kreft, 7. Aufl., § 129 Rn. 58). Dies war bei den Zahlungen der Schuldnerin jedoch nicht der Fall.
- 9
- a) Die Geschäftsbeziehung zwischen der Schuldnerin und der Beklagten beruhte auf einem durch die Beklagte fortlaufend neu ausgereichten Warenkredit , für welchen diese eine Sicherheit nach Maßgabe von Nr. XIII der von ihr gestellten Lieferungs- und Zahlungsbedingungen verlangte. Nach Absatz 1 der genannten Bedingung lieferte die Beklagte die zur Weiterverarbeitung durch die Schuldnerin bestimmten Backzutaten nur unter Eigentumsvorbehalt. Gemäß Absatz 4 war dieser nicht nur als verlängerter (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 74. Aufl., § 449 Rn. 18), sondern auch als erweiterter Eigentumsvorbehalt in Form des sogenannten Kontokorrentvorbehaltes (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 4. März 1991 - II ZR 36/90, ZIP 1991, 665, 667; vom 9. Februar 1994 - VIII ZR 176/92, BGHZ 125, 83, 87; vom 17. März 2011 - IX ZR 63/10, BGHZ 189, 1 Rn. 20 ff; MünchKomm-BGB/Westermann, 6. Aufl., § 449 Rn. 81 f) ausgestaltet, so dass die im Voraus abgetretenen Forderungen aus der Weiterveräußerung der Vorbehaltsware sämtliche offene Forderungen der Beklagten aus der mit der Schuldnerin bestehenden Geschäftsverbindung sicherten. Dies ist im kaufmännischen Verkehr regelmäßig unbedenklich (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 1994, aaO), und zwar auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (BGH, Urteil vom 17. März 2011, aaO Rn. 24). Überdies sah Absatz 6 zugleich eine Verarbeitungs - beziehungsweise Herstellerklausel (vgl. Palandt/Bassenge, aaO § 950 Rn. 9) vor, nach welcher die Beklagte als Herstellerin der unter Verwendung der von ihr gelieferten Zutaten neu hergestellten Backwaren anzusehen war. Für die neue Ware sollten die Bestimmungen für den verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalt nach Nr. XIII. Abs. 4 entsprechend gelten. Ferner war die Schuldnerin nach Nr. XIII Abs. 4 Satz 3 zum Einzug der vorzedierten Forderungen ermächtigt. Der Beklagten stand demzufolge eine revolvierende Sicherheit zu (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 17. März 2011, aaO Rn. 41).
- 10
- b) Mit ihren Zahlungen an die Beklagte löste die Schuldnerin jedoch kein Absonderungsrecht der Beklagten ab. In diesem Zusammenhang bedarf es keiner Entscheidung, ob, wie die Revision geltend macht, Nr. XIII Abs. 6 Buchst. d der Lieferungs- und Zahlungsbedingungen gegen das im Rahmen der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB zu berücksichtigende Bestimmtheitsgebot (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 1989 - III ZR 72/88, BGHZ 108, 98, 105; Bamberger/Roth/Rohe, BGB, 3. Aufl., § 398 Rn. 42) verstößt. Hierauf kommt es nicht an. Die Beklagte hatte auch bei Wirksamkeit der Bedingung durch die Einziehung der sicherungsabgetretenen Forderungen aus Warenveräußerungen durch die Schuldnerin ein an ihnen etwaig bestehendes Absonderungsrecht verloren, ohne dass ein Ersatzabsonderungsrecht oder ein sonstiges Absonderungsrecht an dem Erlös entstanden wäre.
- 11
- aa) Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Schuldnerin in Ausübung ihrer Einziehungsermächtigung aus Nr. XIII Abs. 4 Satz 3 der Lieferungsund Zahlungsbedingungen die Forderungen aus den Warenverkäufen auch nach dem 4. September 2006, also im Anfechtungszeitraum, weiterhin eingezogen und die Erlöse ihrem allgemeinen Geschäftskonto gutgebracht hatte. Durch die Zahlung des jeweiligen Kunden auf die sicherungszedierte Forderung erlosch diese jedoch auch mit Wirkung gegenüber der Beklagten gemäß § 362 Abs. 1, § 407 Abs. 1 BGB (BGH, Urteil vom 19. Januar 2006 - IX ZR 154/03, ZIP 2006, 959 Rn. 14). Zugleich erlosch ein daran bestehendes Absonderungsrecht (BGH, Urteil vom 6. April 2006 - IX ZR 185/04, ZIP 2006, 1009 Rn. 17 mwN). Den Verlust ihrer Sicherheit hätte die Beklagte nur vermeiden können, wenn sie die Abtretung offen gelegt und die Forderungen selbst eingezogen oder wenn sie eine Anschlusssicherheit vereinbart hätte (vgl. BGH, aaO mwN). Beides ist nicht geschehen.
- 12
- bb) Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, sie habe an den eingezogenen Erlösen ein Ersatzabsonderungsrecht entsprechend § 48 InsO (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2003 - IX ZR 222/02, ZIP 2004, 326, 328; vom 19. Januar 2006 - IX ZR 154/03, aaO Rn. 22) erworben, weil die Schuldnerin die sicherungsabgetretenen Forderungen aus den Warenverkäufen unberechtigt eingezogen habe.
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- (1) Der Anspruch setzte jedenfalls voraus, dass der Gegenstand, an dem das Absonderungsrecht bestand, vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner oder nach Eröffnung vom Insolvenzverwalter unberechtigt veräußert worden ist. Da dies ausscheidet, wenn der Schuldner oder der Insolvenzverwalter mit Einwilligung oder Genehmigung des Gläubigers gehandelt hat (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 1977 - VIII ZR 215/75, BGHZ 68, 199, 201; vom 6. April 2006, aaO Rn. 18; vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, ZIP 2010, 2009 Rn. 17 mwN), konnte hier nur die unbefugte Einziehung einer mit einem Absonderungsrecht belasteten Forderung das Ersatzabsonderungsrecht nach § 48 InsO auslösen (BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - IX ZR 120/02, ZIP 2003, 1404, 1406; HK-InsO/Lohmann, 7. Aufl., § 48 Rn. 17 ff).
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- (2) Hiervon kann selbst dann nicht ausgegangen werden, wenn die Schuldnerin aus Nr. XIII Abs. 4 Satz 3 der Lieferungs- und Zahlungsbedingungen gegenüber der Beklagten zur weiteren Einziehung nicht mehr berechtigt gewesen sein sollte, weil sie dieser gegenüber nicht alle Zahlungsverpflichtungen ordnungsgemäß erfüllt hatte. Denn die Beklagte hat der Fortsetzung des Forderungseinzugs zugestimmt. Eine Genehmigung kann auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen (BGH, Urteil vom 14. Mai 2002 - XI ZR 148/01, BGHR BGB § 177 Abs. 1 Genehmigung 2; Beschluss vom 10. Mai 2006 - II ZR 209/04, ZIP 2006, 1343 Rn. 4; Urteil vom 16. Dezember 2009 - XII ZR 146/07, BGHZ 184, 35 Rn. 18 ff). Dies setzt regelmäßig voraus, dass der Genehmigende die Unwirksamkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und dass in seinem Verhalten der Ausdruck des Willens zu sehen ist, das bisher als unberechtigt anzusehende Geschäft auch für sich als verbindlich anzuerkennen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 1996 - XI ZR 249/95, WM 1996, 2230, 2232; vom 14. Mai 2002, aaO; MünchKomm-BGB/Bayreuther, 6. Aufl., § 182 Rn. 11). So liegt es hier. Es entsprach der zwischen der Schuldnerin und der Beklagten bestehenden Vereinbarung, dass die Schuldnerin zum Einzug der vorzedierten Forderungen aus Warenverkäufen ermächtigt war, auch um diese zur Befriedigung der Forderungen der Beklagten gegenüber der Schuldnerin einsetzen zu können. Soweit die Beklagte in Kenntnis der bestehenden Zahlungsrückstände gleichwohl Zahlungen der Schuldnerin aus Veräußerungserlösen entgegennahm , ohne den wegen § 407 BGB wirksam erfolgten Forderungseinzug zu beanstanden und den künftigen Forderungseinzug durch ausdrücklichen Widerruf gegenüber der Schuldnerin oder Offenlegung der Sicherungsabtretung gegenüber den Drittschuldnern an sich zu ziehen, genehmigte sie vorausgegangene Einziehungen und stimmte der Fortsetzung dieser Übung zu.
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- 2. Die Schuldnerin nahm die Zahlungen an die Beklagte mit dem Vorsatz vor, ihre Gläubiger zu benachteiligen (§ 133 Abs. 1 Satz 1 InsO). Zwar beschränkt sich die revisionsrechtliche Kontrolle der vom Berufungsgericht zum Gläubigerbenachteiligungsvorsatz getroffenen gegenteiligen Feststellungen darauf, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 7. November 2013 - IX ZR 49/13, ZIP 2013, 2318 Rn. 8; vom 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13, ZIP 2014, 1887 Rn. 18). Einer solchen Überprüfung hält die Würdigung des Berufungsgerichts jedoch nicht stand.
- 16
- a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, es spreche eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Schuldnerin mit dem Vorsatz gehandelt habe, ihre Gläubiger zu benachteiligen. Ein solcher Vorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge, sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines erstrebten anderen Vorteils, erkannt und gebilligt hat. Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. In diesem Fall weiß er, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen (BGH, Urteil vom 29. September 2011 - IX ZR 202/10, WM 2012, 85 Rn. 14 mwN; vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZIP 2013, 228 Rn. 15; vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, ZIP 2013, 174 Rn. 14; vom 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13, ZIP 2014, 1887 Rn. 17). So liegt der Fall auch hier.
- 17
- aa) Das Landgericht, auf dessen Ausführungen das Berufungsgericht verweist, hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Schuldnerin ab Mitte des Jahres 2006 zahlungsunfähig war und die Zahlungsunfähigkeit bis zur Insolvenzeröffnung fortbestand.
- 18
- (1) Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit beurteilt sich im gesamten Insolvenzrecht und darum auch im Insolvenzanfechtungsrecht nach § 17 InsO (BGH, Beschluss vom 13. Juni 2006 - IX ZB 238/05, ZIP 2006, 1457 Rn. 6). Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO kann eine Liquiditätsbilanz aufgestellt werden, wobei die im maßgeblichen Zeitpunkt verfügbaren und innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden Mittel in Beziehung zu setzen sind zu den am selben Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten (BGH, Urteil vom 29. März 2012 - IX ZR 40/10, WM 2012, 998 Rn. 8). Dem werden die Darlegungen des klagenden Verwalters zu den stichtagsbezogenen Unterdeckungen zwar nicht gerecht, weil sie keine Angaben zu kurzfristig verfügbaren Mittel enthalten. Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO ist die Aufstellung einer Liquiditätsbilanz jedoch entbehrlich, wenn eine Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründet (BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 184 f; vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416 Rn. 10; vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZIP 2013, 228 Rn. 20 mwN). Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zah- lungspflichten zu erfüllen. Sie kann auch, wie hier, aus einer Gesamtschau mehrerer darauf hindeutender Beweisanzeichen gefolgert werden (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 12 f; vom 6. Dezember 2012 aaO; vom 18. Juli 2013 - IX ZR 143/12, ZIP 2013, 2015 Rn. 10; jeweils mwN).
- 19
- (2) Spätestens ab Mitte des Jahres 2006 schob die Schuldnerin infolge der ständig verspäteten Begleichung ihrer Verbindlichkeiten einen Forderungsrückstand vor sich her und operierte demzufolge ersichtlich am finanziellen Abgrund (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 16; vom 6. Dezember 2012, aaO Rn. 21). Den Hauptlieferanten der Schuldnerin war von dieser ermöglicht worden, ihre fälligen Forderungen im Abbuchungsauftrags- oder Einziehungsermächtigungsverfahren einzuziehen. Hierbei kam es jedoch zu Rücklastschriften in erheblichem Umfang (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - IX ZR 70/08, WM 2010, 1756 Rn. 10) und zwar zwischen dem 3. Juli 2006 und dem 31. Dezember 2006 in einer Gesamthöhe von 886.000 € und zwischen dem 1. Januar 2007 und dem 11. April 2007 in Höhe von weiteren 987.000 €. Die Schuldnerin widerrief Lastschriften, die vom Überziehungskredit des Geschäftskontos nicht gedeckt waren, und glich in arbeitstäglicher Abstimmung mit der kontoführenden Bank nach dem Eingang von Erlösen aus Warenverkäufen bei den betroffenen Gläubigern ausgewählte Forderungen durch erneute Vorlage der Lastschriftermächtigung oder durch Scheckzahlung wieder aus. Ihre betriebswirtschaftliche Unterdeckung vergrößerte sich von 289.653,57 € zum 30. Juni 2006 auf 585.820,55 € bis zum 31. Dezember 2006. Auch ließ sie erhebliche Beitragsrückstände gegenüber den Sozialversicherungsträgern auflaufen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 187; Beschluss vom 13. Juni 2006 - IX ZB 238/05, ZIP 2006, 1457 Rn. 6; vom 11. April 2013 - IX ZB 256/11, ZIP 2013, 1086 Rn. 10) und zwar ab April 2006 der A. gegenüber in Höhe von 87.173,59 €. Weitere Beweisan- zeichen sind die ab dem 31. August 2006 aufgelaufenen und bis zur Insolvenzeröffnung am 1. Juni 2007 nicht mehr ausgeglichenen Lohnforderungen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 2008 - IX ZR 38/04, ZIP 2008, 706 Rn. 20; vom 15. Oktober 2009 - IX ZR 201/08, ZIP 2009, 2306 Rn. 13) und die gegenüber Hauptlieferanten entstandenen mehrmonatigen Zahlungsrückstände (vgl. Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 17 Rn. 33). Dafür, dass die Schuldnerin ihre Zahlungen im Allgemeinen wieder aufgenommen und damit die eingetretene Zahlungseinstellung beseitigt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 17/01, BGHZ 149, 100, 109; vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, ZIP 2008, 420 Rn. 24 mwN), besteht kein Anhalt.
- 20
- bb) Rechtsfehlerfrei ist auch die Feststellung, dass die Zahlungsunfähigkeit dem schuldnerischen Geschäftsführer infolge der ihm geläufigen Indizien bekannt war.
- 21
- b) Die damit für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin bestehende Vermutung kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mit der Begründung entkräftet werden, die Zahlungen an die Beklagte seien kongruente Leistungen, die Zug um Zug gegen eine zur Fortführung des Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht worden seien, die den Gläubigern im Allgemeinen nutze.
- 22
- aa) Die genannten Grundsätze gelten grundsätzlich auch bei Anfechtung kongruenter Deckungen, wenn der Schuldner nur weiß, dass er zur Zeit der Wirksamkeit der Rechtshandlung (§ 140 InsO) zahlungsunfähig oder drohend zahlungsunfähig war (BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, ZIP 2013, 174 Rn. 15; vom 25. April 2013 - IX ZR 235/12, ZInsO 2013, 1077 Rn. 25). In Fällen kongruenter Leistungen hat der Senat allerdings anerkannt, dass der Schuldner trotz der vorgenannten Vermutungsregel ausnahmsweise nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz handelt, wenn er diese Zug um Zug gegen eine zur Fortführung seines Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat, die den Gläubigern im Allgemeinen nutzt (BGH, Urteil vom 10. Juli 1997 - IX ZR 234/96, NJW 1997, 3028, 3029; Beschluss vom 16. Juli 2009 - IX ZR 28/07, ZInsO 2010, 87 Rn. 2; vom 24. September 2009 - IX ZR 178/07, nv Rn. 4; vom 6. Februar 2014 - IX ZR 221/11, ZInsO 2014, 496 Rn. 3; Urteil vom 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13, ZIP 2014, 1887 Rn. 24; vom 17. Juli 2014 - IX ZR 240/13, ZIP 2014, 1595 Rn. 29). Der subjektive Tatbestand kann hiernach entfallen, wenn im unmittelbaren Zusammenhang mit der potentiell anfechtbaren Rechtshandlung eine gleichwertige Gegenleistung in das Vermögen des Schuldners gelangt, also ein Leistungsaustausch ähnlich einem Bargeschäft stattfindet (BGH, Urteil vom 17. Juli 2014 - IX ZR 240/13, aaO mwN; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 133 Rn. 28). Dem liegt zugrunde, dass dem Schuldner in diesem Fall infolge des gleichwertigen Leistungsaustauschs die dadurch eingetretene mittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht bewusst geworden sein kann (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13, aaO; Kayser, NJW 2014, 422, 427; Fischer, NZI 2008, 588, 594).
- 23
- bb) Die Voraussetzungen für das gegenläufige Indiz einer berücksichtigungsfähigen bargeschäftsähnlichen Lage liegen jedoch nicht vor.
- 24
- (1) Mit Blick auf den in Nr. XIII Abs. 4 der Lieferungs- und Zahlungsbedingungen vorgesehenen verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalt in Form des sogenannten Kontokorrentvorbehalts fehlt es für die Annahme einer bargeschäftsähnlichen Lage an dem für das Bargeschäft erforderlichen unmittelbaren Austausch zwischen Leistung und Gegenleistung (vgl. BT-Drucks.
- 25
- (2) Selbst wenn eine bargeschäftsähnliche Situation in dem genannten Sinne vorliegt, wird sich der Schuldner der eintretenden mittelbaren Gläubigerbenachteiligung jedoch gleichwohl bewusst werden, wenn er weiß, dass er trotz Belieferung zu marktgerechten Preisen fortlaufend unrentabel arbeitet und deshalb bei der Fortführung seines Geschäfts mittels der durch bargeschäftsähnliche Handlungen erworbenen Gegenstände weitere Verluste anhäuft, die die Befriedigungsaussichten der Gläubiger weiter mindern, ohne dass auf längere Sicht Aussicht auf Ausgleich besteht. Deshalb konnte auch die Schuldnerin nicht davon ausgehen, dass der durch die angefochtenen Zahlungen ermöglichte weitere Bezug der Zutaten den Gläubigern auch nur im Allgemeinen genutzt hätte. Die Fortführung der Produktion war hier für die Gläubiger ohne Nutzen, weil die Schuldnerin nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers unwirtschaftlich arbeitete und damit die Zahlungsrückstände ständig erhöhte. Die betriebswirtschaftliche Unterdeckung der Schuldnerin vergrößerte sich von Mitte bis zum Ende des Jahres 2006 von 289.653,57 € auf 585.820,55 €. Angesichts ihrer Kenntnis der eigenen Zahlungsunfähigkeit fehlte der Schuldnerin die berechtigte Erwartung, durch die Fortsetzung der Produktion die eigene Insolvenz noch abwenden oder einen anderen Nutzen für ihre Gläubiger erzielen zu können.
III.
- 27
- 1. Durch die Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte sind die Gläubiger im Sinne von § 129 Abs. 1 InsO objektiv benachteiligt worden. Deren Befriedigungsmöglichkeiten hätten sich ohne diese Rechtshandlungen bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet. Durch die angefochtenen Zahlungen auf die Lieferforderungen der Beklagten ist das Aktivvermögen der Schuldnerin verkürzt und insoweit der Zugriff der anderen Gläubiger auf ihr Vermögen vereitelt worden (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, ZIP 2013, 174 Rn. 12 mwN; vom 7. Mai 2013 - IX ZR 113/10, ZIP 2013, 2323 Rn. 9).
- 28
- 2. Die Beklagte hatte zumindest gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin. Nach dieser Vorschrift wird die Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners widerleglich vermutet , wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und die Handlung die Gläubiger benachteiligte, wobei es für die Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit ausreicht, wenn der Gläubiger Umstände kennt, die zwingend auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit hindeuten (BGH, Urteil vom 20. November 2008 - IX ZR 188/07, ZIP 2009, 189 Rn. 10; vom 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13, ZIP 2014, 1887 Rn. 26; jeweils mwN).
- 29
- a) Hiernach ist eine entsprechende Kenntnis bereits nach dem unstreitigen Vorbringen zu vermuten. Sie ist in der Regel anzunehmen, wenn die Verbindlichkeiten des Schuldners bei dem Anfechtungsgegner, wie hier, über einen längeren Zeitraum hinweg ständig in beträchtlichem Umfang nicht ausgeglichen werden und diesem den Umständen nach bewusst ist, dass es noch weitere Gläubiger mit ungedeckten Ansprüchen gibt (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, ZIP 2007, 1511 Rn. 24; vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, ZIP 2009, 1966 Rn. 10). Mit solchen musste die Beklagte schon angesichts der gewerblichen Tätigkeit der Schuldnerin rechnen (vgl. BGH, Urteil vom 13. August 2009, aaO Rn. 14; vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 117/11, ZIP 2012, 2355 Rn. 30). Ein weiteres Beweisanzeichen für die Kenntnis der Beklagten zumindest von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit ist der Umstand, dass ihre Lastschriften zurückgegeben wurden (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - IX ZR 70/08, WM 2010, 1756 Rn. 10; vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZIP 2013, 228 Rn. 44). Es ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich, ob die Rückgabe aufgrund fehlender Kontodeckung oder aufgrund nicht näher begründeten Widerspruchs der Schuldnerin erfolgte, zumal die Beklagte eingeräumt hat, Kenntnis von den Liquiditätsproblemen der Schuldnerin und dem Wunsch nach längeren Zahlungsfristen gehabt zu haben.
- 30
- b) Die Einwände der Beklagten gegen die aus den vorgenannten Beweisanzeichen abzuleitenden Vermutungswirkung sind demgegenüber unerheblich.
- 31
- aa) Die Beklagte kann sich nicht damit entlasten, der Geschäftsführer der Schuldnerin habe immer wieder versichert und dies auch plausibel dargestellt, er werde durch den Verkauf der Filialen und deren Umstellung auf Franchising die seit dem Jahr 2005 aufgelaufenen Verbindlichkeiten erfüllen können. Ist der Schuldner bereits zahlungsunfähig, handelt er zwar ohne Vorsatz, die Gesamtheit der Gläubiger zu benachteiligen, wenn er aufgrund konkreter Umstände mit einer baldigen Überwindung seiner Krise rechnen kann; droht ihm die Zahlungsunfähigkeit , bedarf es konkreter Umstände, die nahe legen, dass die Krise noch abgewendet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2007, aaO Rn. 8; vom 15. März 2012 - IX ZR 239/09, ZIP 2012, 735 Rn. 15). Entsprechendes gilt für die Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007, aaO Rn. 9). Solche Umstände, etwa ein in Kürze bevorstehender Verkauf von kostenträchtigen Filialen, hat die Beklagte jedoch nicht ausreichend dargelegt. Ihr Vortrag beschränkt sich auf die Wiedergabe einer entsprechenden Hoffnung, ohne deren Stichhaltigkeit zu begründen.
- 32
- bb) Die Beklagte kann die Vermutungswirkung auch nicht damit entkräften , Nr. XIII der von ihr verwendeten Lieferungs- und Zahlungsbedingungen sehe einen umfassenden Eigentumsvorbehalt vor, der eine Gläubigerbenachteiligung ausschließe. Gleiches gilt für den Hinweis, die Schuldnerin habe ihre Zahlungen im Rahmen einer bargeschäftsähnlichen Lage erbracht. Der Beklagten waren alle tatsächlichen Umstände bekannt, welche eine umfassende Sicherung ihrer Ansprüche ausschließen. Mit Blick auf den von ihr geforderten Kontokorrentvorbehalt war ihr auch bekannt, dass die Schuldnerin für ihre Zahlungen keine gleichwertigen Gegenleistungen erhielt.
IV.
- 33
- Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben. Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und der Klage unter Abänderung auch des erstinstanzlichen Urteils bis auf einen Teil der Zinsforderung stattgeben. Der Hauptanspruch folgt in Höhe der Klageforderung aus § 143 Abs. 1, § 129 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO. Der Zinsausspruch beruht auf § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 291, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der weitergehende Antrag, gerichtet auf einen bereits mit Vornahme der angefochtenen Handlung einsetzenden Zinsbeginn, ist demgegenüber unbegründet, weil der Masse für den Zeitraum vor Insolvenzeröffnung kei- ne Prozesszinsen zustehen (BGH, Urteil vom 1. Februar 2007 - IX ZR 96/04, BGHZ 171, 38 Rn. 19 f; vom 24. Mai 2012 - IX ZR 125/11, ZIP 2012, 1299 Rn. 6).
Pape Möhring
Vorinstanzen:
LG Regensburg, Entscheidung vom 27.09.2011 - 4 O 38/11 (1) -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 04.07.2012 - 12 U 2181/11 -
Tenor
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Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Ingolstadt vom 19. November 2013 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
-
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
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Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
-
Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 19. Mai 2009 über das Vermögen des O. U. (nachfolgend: Schuldner) am 29. Mai 2009 eröffneten Insolvenzverfahren.
- 2
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Der Schuldner wurde durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Ingolstadt vom 24. Oktober 2006 wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 10 € verurteilt. Vor dem Amtsgericht gab der Schuldner an, mit Verbindlichkeiten in Höhe von rund 15.000 € belastet zu sein und Sozialhilfe zu beziehen. Aufgrund der Verurteilung hat der Schuldner einschließlich der Verfahrenskosten 1.682,83 € an den beklagten Freistaat zu zahlen. Vereinbarungsgemäß überweis der Schuldner im Zeitraum vom 17. August 2007 bis 17. April 2009 in monatlichen Raten von jeweils 50 € einen Betrag von insgesamt 1.050 € an den Beklagten. Während dieses Zeitraums bezog der seiner Ehefrau und einem gemeinsamen Kind unterhaltspflichtige Schuldner als Arbeitnehmer einen monatlichen Nettolohn zwischen 1.217,80 € und 1.933,37 €.
- 3
-
Gegen den Schuldner, der bis zum Jahr 2004 selbständig einen Imbissbetrieb führte, erging am 14. März 2005 ein Vollstreckungsbescheid über 2.303,82 € und am 14. Dezember 2008 ein Vollstreckungsbescheid über 4.911,68 €. Ferner wurde gegen ihn am 14. März 2005 ein Vollstreckungsbescheid über 8.375,38 € erwirkt, aus dem nach Verfahrenseröffnung ein Restbetrag von 2.141,01 € zur Tabelle angemeldet wurde. Die Betriebskrankenkasse meldete für den Zeitraum vom 1. November 2003 bis 9. Januar 2004 rückständige Sozialversicherungsbeiträge einschließlich Säumniszuschlägen und Kosten über 2.632,82 € zur Tabelle an.
- 4
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Der Kläger verlangt unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung Erstattung der von dem Schuldner an den Beklagten erbrachten Zahlungen über 1.050 €. Die Vorinstanzen haben dem Begehren stattgegeben. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
- 5
-
Die Revision hat keinen Erfolg.
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I.
- 6
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Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
- 7
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Der Beklagte sei gemäß §§ 133, 143 InsO zur Rückzahlung der auf die Geldstrafe eingezogenen Raten verpflichtet. Der Schuldner habe die Zahlungen nicht aus seinem pfändungsfrei zur Verfügung stehenden Arbeitseinkommen geleistet. Er habe abgesehen von den Monaten September 2008, Januar und März 2009 ein höheres Nettoeinkommen als den ihm pfändungsfrei zustehenden Betrag von 1.569,99 € erzielt. Auch soweit der Schuldner in einzelnen Monaten ein geringeres Einkommen bezogen habe, liege eine Gläubigerbenachteiligung vor, weil die Zahlungen von einem in voller Höhe pfändbaren Konto erbracht worden seien. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass der Schuldner die Zahlungen mit Hilfe von Ersparnissen aus dem höheren Einkommen der Vormonate geleistet habe.
- 8
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Eine Gläubigerbenachteiligung sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Schuldner durch die Ratenzahlungen die Vollziehung der Ersatzfreiheitsstrafe abgewendet habe. Die damit verbundene Erhaltung der Arbeitsstelle stelle keinen Vermögensvorteil dar, der eine Gläubigerbenachteiligung aus-schließe. Der Beklagte habe nicht dargetan, dass der Kläger verpflichtet sei, bei einer nochmaligen Vollstreckung der Geldstrafe entsprechende Beträge aus dem Arbeitseinkommen des Schuldners freizugeben.
- 9
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Dem zahlungsunfähigen Schuldner, der die seit Jahren titulierten Forderungen und weitere Verbindlichkeiten nicht habe begleichen können, sei bewusst gewesen, durch die Zahlungen an den Beklagten seine übrigen Gläubiger zu benachteiligen. Aufgrund der von dem Schuldner in dem Strafverfahren gemachten Angaben, bei Verbindlichkeiten in Höhe von 15.000 € seinen Lebensunterhalt durch Sozialhilfe zu bestreiten, habe der zuständige Sachbearbeiter des Beklagten die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners erkannt. Der Beklagte habe nicht davon ausgehen können, dass der Schuldner seit Antritt seiner Arbeitsstelle seine Schulden in einer Größenordnung von 10.000 € kurzfristig getilgt habe.
-
II.
- 10
-
Über die Revision des Beklagten ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis des Klägers, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 82). Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Prüfung stand. Die Bezahlung einer Geldstrafe unterliegt der Insolvenzanfechtung, sofern - wie im Streitfall - deren tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Der Strafcharakter rechtfertigt insofern keine Sonderbehandlung (BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 - IX ZR 17/07, WM 2008, 1412 Rn. 19; vom 14. Oktober 2010 - IX ZR 16/10, WM 2010, 2319 Rn. 6).
- 11
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1. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass infolge der Zahlungen des Schuldners von insgesamt 1.050 € eine Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) eingetreten ist.
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a) Eine Gläubigerbenachteiligung ist gegeben, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 29. September 2011 - IX ZR 74/09, WM 2011, 2293 Rn. 6 mwN; vom 19. September 2013 - IX ZR 4/13, WM 2013, 2074 Rn. 12). Da die Zugriffslage wiederhergestellt werden soll, die ohne die anfechtbare Handlung bestanden hätte, scheidet eine Anfechtung aus, wenn der veräußerte Gegenstand nicht der Zwangsvollstreckung unterlag und darum gemäß § 36 InsO nicht in die Insolvenzmasse gefallen wäre (BGH, Urteil vom 8. Juli 1993 - IX ZR 116/92, BGHZ 123, 183, 185; vom 24. März 2011 - IX ZR 180/10, BGHZ 189, 65 Rn. 21; Beschluss vom 10. November 2011 - IX ZA 99/11, WM 2011, 2376 Rn. 4; Beschluss vom 26. September 2013 - IX ZB 247/11, WM 2013, 2025 Rn. 7).
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b) Eine Gläubigerbenachteiligung ist eingetreten, weil der Schuldner die angefochtenen Zahlungen aus seinem pfändbaren Arbeitseinkommen erbracht hat.
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aa) Nach den Feststellungen des Amtsgerichts, auf die sich das Berufungsurteil bezogen hat, hatte der Schuldner für das Konto, über das er die angefochtenen Zahlungen abwickelte, keinen Vollstreckungsschutzantrag gemäß § 850k Abs. 1 ZPO in der bis zum 30. Juni 2010 geltenden Fassung gestellt. Nach der damaligen Rechtslage waren die für die Überweisungen eingesetzten Mittel des Schuldners deshalb pfändbar, und zwar ungeachtet ihrer Herkunft aus dem pfändbaren oder unpfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens (vgl. Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Auflage, § 850k Rn. 1 ff). Dies hat das Amtsgericht in jeder Hinsicht zutreffend ausgeführt.
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bb) Aus der Senatsentscheidung zum Lastschriftwiderruf vom 20. Juli 2010 (IX ZR 37/09, BGHZ 186, 242 Rn. 16 f) ergibt sich nichts anderes. Entgegen der Ansicht der Revision betrifft sie nicht das Rechtsverhältnis des Gläubigers zum Schuldner, sondern den Pflichtenkreis des Verwalters, der daran gehindert sein soll, gegen den Willen des Schuldners für zurückliegende Zeiträume in Zahlungsvorgänge einzugreifen, die dieser unter Einsatz seiner an sich pfändungsfreien Mittel in Gang gesetzt hat. Danach hat es der Insolvenzverwalter nach dem auslaufenden Recht hinzunehmen, dass der Schuldner vor der Buchung der Lastschrift keinen Pfändungsschutzantrag nach § 850k ZPO aF gestellt und der Belastungsbuchung in der Folgezeit auch nicht widersprochen hat, obwohl sie rechnerisch sein pfändungsfreies Schonvermögen betraf (vgl. BGH, aaO Rn. 16, 23). Die Pfändbarkeit derartiger Guthaben und damit deren Zugehörigkeit zur späteren Masse (vgl. § 36 Abs. 1 InsO) wird hierdurch nicht in Frage gestellt. Folgerichtig hat der Senat auch hervorgehoben, dass der vorläufige Insolvenzverwalter der Abbuchung stets widersprechen kann, wenn die Genehmigung der Zahlung später anfechtbar wäre und ohne einen Widerspruch auf diesem Wege rückgängig gemacht werden müsste (BGH, aaO Rn. 24).
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2. Der Schuldner hat die Zahlungen mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen (§ 133 Abs. 1 Satz 1 InsO).
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a) Der Benachteiligungsvorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge - sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils - erkannt und gebilligt hat. Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen (BGH, Urteil vom 29. September 2011 - IX ZR 202/10, WM 2012, 85 Rn. 14 mwN; vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, WM 2013, 174 Rn. 15; vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, WM 2013, 180 Rn. 14). Ausnahmsweise handelt der Schuldner nicht mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er aufgrund konkreter Umstände - etwa der sicheren Aussicht, demnächst Kredit zu erhalten oder Forderungen realisieren zu können - mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen kann (BGH, Urteil vom 22. November 2012 - IX ZR 62/10, WM 2013, 88 Rn. 7; vom 10. Januar 2013, aaO). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn - wie hier - eine kongruente Leistung angefochten wird (BGH, Urteil vom 10. Januar 2013, aaO Rn. 15).
- 18
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b) Nach diesen Maßstäben durfte das Berufungsgericht davon ausgehen, dass ein Benachteiligungsvorsatz des Schuldners vorliegt. Dabei beschränkt sich die revisionsrechtliche Kontrolle darauf, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 7. November 2013 - IX ZR 49/13, WM 2013, 2272 Rn. 8). Derartige Rechtsfehler sind im Streitfall nicht ersichtlich.
- 19
-
aa) Hat der Schuldner seine Zahlungen eingestellt, begründet dies auch für die Insolvenzanfechtung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit. Eine Zahlungseinstellung kann aus einem einzelnen, aber auch aus einer Gesamtschau mehrerer darauf hindeutender in der Rechtsprechung entwickelter Beweisanzeichen gefolgert werden (BGH, Urteil vom 7. Mai 2013 - IX ZR 113/10, WM 2013, 1361 Rn. 17). Haben in dem für die Anfechtung maßgeblichen Zeitpunkt nicht unerhebliche fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von Zahlungseinstellung auszugehen (BGH, Urteil vom 10. Januar 2013, aaO Rn. 16; vom 7. Mai 2013, aaO Rn. 18).
- 20
-
bb) Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vordergerichte bestanden gegen den Schuldner im Zeitpunkt seiner strafgerichtlichen Verurteilung fällige, außerdem teils titulierte Forderungen in Höhe von mindestens 12.139,52 €, die er bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht ausgeglichen hat. Mit Rücksicht auf diese erheblichen Verbindlichkeiten, die der Schuldner ungeachtet etwaiger Zahlungen zugunsten anderer Gläubiger nicht abzulösen vermochte, lag eine Zahlungseinstellung vor. Diese Forderungen waren - wie der Schuldner wusste - weiterhin offen, als er die angefochtenen monatlichen Zahlungen an den Beklagten erbrachte. Die in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit gewährten Zahlungen waren folglich von einem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners getragen.
- 21
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cc) Ein Benachteiligungsvorsatz scheidet nicht - wie die Revision meint - deshalb aus, weil der Schuldner mit den Zahlungen die Verbüßung der ansonsten unausweichlichen Freiheitsstrafe abzuwenden suchte.
- 22
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Die Regelung des § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO setzt nicht voraus, dass die Benachteiligung der Gläubiger Zweck oder Beweggrund des Handelns des Schuldners war. Die Vorschrift begnügt sich anstelle von Absicht vielmehr mit einem bedingten Vorsatz des Schuldners (BGH, Urteil vom 11. November 1993 - IX ZR 257/92, BGHZ 124, 76, 81 f; vom 18. Dezember 2008 - IX ZR 79/07, WM 2009, 615 Rn. 29). Der Benachteiligungswille wird folglich nicht dadurch ausgeschlossen, dass es dem Schuldner allein darauf angekommen sein mag, mit der Zahlung der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe zu entgehen. Der Strafdruck als Motiv gläubigerbenachteiligender Rechtshandlungen ist bei anfechtbarer Abführung von Arbeitnehmerbeiträgen an die Einzugsstelle der Sozialversicherung geradezu die Regel (vgl. § 266a StGB), ohne dass dies dem bedingten Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung entgegensteht (BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 - IX ZR 17/07, WM 2008, 1412 Rn. 19).
- 23
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dd) Aus den vorstehenden Erwägungen lässt der Wunsch des Schuldners, durch die Zahlungen seinen bei Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe gefährdeten Arbeitsplatz zu erhalten, entgegen der Auffassung der Revision den Benachteiligungsvorsatz ebenfalls nicht entfallen.
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Ein Schuldner handelt ausnahmsweise nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn er eine kongruente Leistung Zug um Zug gegen eine zur Fortführung seines eigenen Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat, die den Gläubigern im allgemeinen nützt (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Juli 2009 - IX ZR 28/07, ZInsO 2010, 87 Rn. 2; vom 6. Februar 2014 - IX ZR 221/11, ZInsO 2014, 496 Rn. 3). Im Falle einer bargeschäftsähnlichen Lage kann dem Schuldner infolge des gleichwertigen Leistungsaustauschs die dadurch eingetretene mittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht bewusst geworden sein (Kayser, NJW 2014, 422, 427). Diese Ausnahme kann außerhalb eines vertraglichen Austauschverhältnisses keine Bedeutung gewinnen. Das Bestreben des Schuldners, durch die Zahlungen seinen Arbeitsplatz zu erhalten, lässt schon mangels einer geldwerten Gegenleistung der Beklagten das Bewusstsein einer Gläubigerbenachteiligung nicht entfallen. Durch eine Zahlung erstrebte mittelbare finanzielle Vorteile haben außer Betracht zu bleiben, weil dies mit der im Insolvenzanfechtungsrecht gebotenen Einzelsicht unvereinbar wäre (BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - IX ZR 235/03, WM 2007, 2071 Rn. 10).
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3. Nicht zu beanstanden ist schließlich die Würdigung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners erkannt hat.
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a) Die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes wird gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, denn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Kennt der Anfechtungsgegner die (drohende) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern. Mithin ist der Anfechtungsgegner regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde (BGH, Urteil vom 29. September 2011 - IX ZR 202/10, WM 2012, 85 Rn. 15; vom 25. April 2013 - IX ZR 235/12, WM 2013, 1044 Rn. 28 mwN). Der Kenntnis der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, WM 2013, 180 Rn. 24 f).
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b) Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin erkannt.
- 28
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aa) Dem zuständigen Vollstreckungsrechtspfleger war infolge der Lektüre des Strafurteils geläufig, dass gegen den als Inhaber eines Imbissbetriebs selbständig tätig gewesenen Schuldner Verbindlichkeiten in Höhe von rund 15.000 € bestanden. Außerdem hatte der Schuldner, weil er zur Zahlung der Geldstrafe in Höhe von 1.000 € außerstande war, um die Gewährung von Ratenzahlung gebeten. Eigene Erklärungen des Schuldners, fällige Verbindlichkeiten nicht begleichen zu können, deuten auf eine Zahlungseinstellung hin, auch wenn sie mit einer Stundungsbitte versehen sind (BGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - IX ZR 70/08, WM 2010, 1756 Rn. 10; vom 15. März 2012 - IX ZR 239/09, WM 2012, 711 Rn. 27; vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, WM 2013, 174 Rn. 21; vom 3. April 2014 - IX ZR 201/13, WM 2014, 1009 Rn. 34). Allein die Zahlung der monatlichen Raten von 50 € gegenüber dem Beklagten gestattete schon angesichts der erheblichen Höhe der weiteren Verbindlichkeiten nicht die Annahme, dass der Schuldner seine Zahlungen im allgemeinen wieder aufgenommen hatte (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, WM 2013, 174 Rn. 42). Vielmehr war damit zu rechnen, dass die zugunsten der Beklagten bewirkten Zahlungen den weiteren, aus der selbständigen Tätigkeit verbliebenen Gläubigern entgehen würden (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, WM 2010, 851 Rn. 21). Bei dieser Sachlage war der Beklagte über die weiterhin ungünstige Vermögenslage des Schuldners unterrichtet, was die Schlussfolgerung einer auf einer Zahlungseinstellung beruhenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners begründete.
- 29
-
bb) Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte darauf, er habe von einer Zahlung des Schuldners aus seinem pfändungsfreien Vermögen ausgehen können, weil dieser nach dem Inhalt des Strafurteils Sozialhilfe bezogen habe. Der Beklagte musste wegen der naheliegenden Möglichkeit einer Zahlung aus dem Entgelt einer zwischenzeitlich aufgenommen Arbeitstätigkeit oder aus angesparten Sozialleistungen nach allgemeiner Erfahrung eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung des Schuldners zugrunde legen (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2013 - IX ZR 4/13, WM 2013, 2074 Rn. 24; vom 24. Oktober 2013 - IX ZR 104/13, WM 2013, 2231 Rn. 19).
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-
4. Dem Anspruch steht schließlich nicht § 242 BGB entgegen. Der Insolvenzverwalter übt das Anfechtungsrecht im Interesse der Gläubigergesamtheit aus (BGH, Urteil 10. Februar 1982 - VIII ZR 158/80, BGHZ 83, 102, 105). Der Schuldner hat darum keinen Anspruch gegen den Verwalter, ihm die im Wege der Anfechtung erwirkten Mittel zu überlassen.
-
Kayser Gehrlein Lohmann
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Fischer Pape
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 24. März 2011 über das Vermögen der e. GmbH (nachfolgend : Schuldnerin) am 21. April 2011 eröffneten Insolvenzverfahren.
- 2
- Der Beklagte war am Stammkapital der Schuldnerin über 25.000 € mit einem Geschäftsanteil von 8.250 € beteiligt. Außerdem war er bei der Schuldnerin versehen mit einer Kontovollmacht als kaufmännischer Leiter für den Unternehmensbereich zentrale Dienste zu einem nach dem Inhalt des Dienstvertrages spätestens am zehnten Tag des Folgemonats fälligen Gehalt von 5.500 € angestellt. Nachdem das Arbeitsentgelt für die Monate November und Dezember 2010 nicht vollständig entrichtet worden war, überwies die Schuldnerin am 5. Januar 2011 einen Betrag von 2.000 € an den Beklagten.
- 3
- Der Kläger nimmt den Beklagten im Wege der Insolvenzanfechtung auf Erstattung dieser Zahlung in Anspruch. Das Amtsgericht hat der Klage in Anwendung von § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die zulässige Revision ist nicht begründet.
- 5
- Die Berufung des Beklagten gegen das Ersturteil war als Prozessvoraussetzung des Revisionsverfahrens (BGH, Urteil vom 8. April 1991 - II ZR 35/90, NJW-RR 1991, 1186, 1187) zulässig. Den Begründungsanforderungen ist noch genügt. Der Beklagte hat sich mit dem die Erstentscheidung selbständig tragenden Merkmal einer Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO) in noch hinreichender Weise auseinandergesetzt.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die zugunsten des Beklagten bewirkte Zahlung unterliege als Bargeschäft (§ 142 InsO) nicht der Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei ein Bargeschäft gegeben, wenn der Arbeitgeber in der Krise Arbeitsentgelt für von dem Arbeitnehmer in den vorhergehenden drei Monaten erbrachte Arbeitsleistungen zahle. Der Beklagte sei für die Schuldnerin noch im Dezember 2010 tätig gewesen. Die Zahlung für seine Arbeitsleistung im Dezember habe er am 5. Januar 2011 im Wege eines Baraustauschs erhalten. Auch eine Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) greife nicht durch. Dabei könne dahin stehen, ob die Schuldnerin im Zahlungszeitpunkt zahlungsunfähig gewesen sei oder ihr Zahlungsunfähigkeit gedroht habe. Jedenfalls fehle es an einem Benachteiligungsvorsatz. Ein Schuldner handele nicht mit Benachteiligungsvorsatz , wenn er eine kongruente Gegenleistung für die von ihm empfangene Leistung erbringe, welche zur Fortführung seines Unternehmens nötig sei und damit den Gläubigern allgemein nütze. Ebenso verhalte es sich bei kongruenten Gehaltszahlungen, weil die im Gegenzug erbrachte Arbeitsleistung im Interesse der Gläubiger zur Fortführung des Betriebs notwendig sei. Deshalb könne hier aus einer behaupteten Zahlungsunfähigkeit nicht auf einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin geschlossen werden.
- 7
- Diese Ausführungen halten im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand.
II.
- 8
- Die Klageforderung kann nicht auf § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO gestützt werden. Dabei bedarf es keiner Prüfung, ob die Schuldnerin zahlungsunfähig war und der Beklagte dies erkannt hat, weil das Bargeschäftsprivileg des § 142 InsO durchgreift.
- 9
- 1. Unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts (§ 142 InsO) werden Leistungen der Anfechtung entzogen, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Dieser Ausnahmeregelung liegt der wirtschaftliche Gesichtspunkt zugrunde, dass ein Schuldner, der sich in der Krise befindet, praktisch vom Geschäftsverkehr ausgeschlossen würde, wenn selbst die von ihm abgeschlossenen wertäquivalenten Bargeschäfte der Anfechtung unterlägen. In diesem Fall findet wegen des ausgleichenden Vermögenswertes keine Vermögensverschiebung zu Lasten des Schuldners, sondern eine bloße Vermögensumschichtung statt (BGH, Urteil vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 24).
- 10
- 2. Eine Bardeckung ist gemäß § 142 InsO eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt. Durch die Worte "für die" wird ausgedrückt, dass eine Bardeckung nur vorliegt, wenn Leistung und Gegenleistung durch Parteivereinbarung miteinander verknüpft sind. Nur eine der Parteivereinbarung entsprechende Leistung ist kongruent und geeignet, den Bargeschäftseinwand auszufüllen (BGH, Urteil vom 23. September 2010, aaO Rn. 26).
- 11
- Im Streitfall entspricht die Zahlung der Schuldnerin der Parteiabrede. Nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages stand dem Beklagten ein monatlicher Vergütungsanspruch von 5.500 € gegen die Schuldnerin zu. Tatsächlich hat die Schuldnerin auf die Lohnforderung für den Monat Dezember 2010 am 5. Januar 2011 einen Teilbetrag von 2.000 € gezahlt. Diese Teilzahlung steht mit der Par- teivereinbarung in Einklang.
- 12
- 3. Die für ein Bargeschäft erforderliche Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung ist ebenfalls gegeben. Voraussetzung eines Bargeschäfts ist, dass der Leistung des Schuldners eine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht. Nur dann ist das Geschäft für die (spätere) Masse wirtschaftlich neutral (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 - IX ZR 195/04, WM 2008, 222 Rn. 9).
- 13
- Die von der Schuldnerin geleistete Zahlung glich die von dem Beklagten während des abgelaufenen Monats erbrachte Arbeitstätigkeit aus. Diese hatte für die Schuldnerin, die ihren Geschäftsbetrieb im fraglichen Zeitraum fortsetzte, praktischen Nutzen. Dabei ist davon auszugehen, dass der Beklagte als kaufmännischer Leiter des Unternehmens mit 5.500 € monatlich angemessen vergütet wurde. Anzeichen dafür, dass die geschuldete Vergütung in einem Missverhältnis zu dem übertragenen Verantwortungsbereich stand, sind nicht ersichtlich (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2006 - IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125 Rn. 48). Überdies hat die Schuldnerin auf das dem Beklagten monatlich geschuldete Entgelt in Höhe von 5.500 € lediglich einen Teilbetrag über 2.000 € erbracht. Mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck des § 142 InsO ist es unschädlich , falls der Schuldnerin infolge der über den gesamten Monat erbrachten Arbeitstätigkeit des Beklagten im Vergleich zu der von ihr erbrachten Teilzahlung ein höherer Wert zugeflossen sein sollte (MünchKomm-InsO/Kirchhof, 3. Aufl., § 142 Rn. 9; HK-InsO/Kreft, 7. Aufl., § 142 Rn. 7; Ehricke in Kübler /Prütting/Bork, InsO, 2008, § 142 Rn. 4; HmbKomm-InsO/Rogge/Leptien, 4. Aufl., § 142 Rn. 10; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 142 Rn. 18; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2038). Der Behauptung des Beklagten, während der Monate November und Dezember 2010 durchgängig gearbeitet zu haben, ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.
- 14
- 4. Der für ein Bargeschäft notwendige enge zeitliche Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung ist im Streitfall gegeben.
- 15
- a) Unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts werden gemäß § 142 InsO Leistungen privilegiert, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Leistung und Gegenleistung müs- sen beim Bargeschäft zwar nicht Zug um Zug erbracht werden. Allerdings setzt das in der Vorschrift enthaltene Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" voraus, dass Leistung und Gegenleistung in einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgetauscht werden (BT-Drucks. 12/2443 S. 167). Der Gesichtspunkt der bloßen Vermögensumschichtung greift nur, wenn der Leistungsaustausch in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang vorgenommen wird (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - IX ZR 377/99, WM 2003, 524, 528). Der hierfür unschädliche Zeitraum lässt sich nicht allgemein festlegen. Er hängt wesentlich von der Art der ausgetauschten Leistungen und davon ab, in welcher Zeitspanne sich der Austausch nach den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs vollzieht (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 31; vom 21. Juni 2007 - IX ZR 231/04, WM 2007, 1616 Rn. 51; vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Rn. 31). Eine sich in "verspäteten Entgeltzahlungen" (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10, BAGE 139, 235 Rn. 15) ausdrückende Kreditgewährung schließt, weil es notwendigerweise an einem engen zeitlichen Zusammenhang des Leistungsaustausches mangelt, ein Bargeschäft aus (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002, aaO; vom 16. November 2006 - IX ZR 239/04, WM 2007, 170 Rn. 15). Danach fehlt es jedenfalls an einem unmittelbaren Leistungsaustausch, wenn monatlich fällige Lohnzahlungen zwei Monate nach Beendigung der damit korrespondierenden Arbeitstätigkeit erbracht werden (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 480/00, WM 2002, 1808, 1809).
- 16
- b) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt hingegen bereits ein Bargeschäft vor, wenn der Arbeitgeber in der Krise Arbeitsentgelt für Arbeitsleistungen zahlt, die der Arbeitnehmer in den vorhergehenden drei Monaten erbracht hat (Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 15 ff). Dieser im insolvenzrechtlichen Schrifttum - soweit ersichtlich - einhellig kritisierten Auslegung des § 142 InsO (vgl. Huber, EWiR 2011, 817; ders., ZInsO 2013, 1049 ff; Ganter, ZIP 2012, 2037 ff; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581 ff; Jacobs/ Doebert, ZInsO 2012, 618 ff; Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 208 f; Smid, DZWIR 2013, 89, 110 f) vermag der Senat nicht zuzustimmen.
- 17
- aa) Soweit sich das Bundesarbeitsgericht darauf beruft, „dass in nicht wenigen Branchen eine verzögerte Zahlung der Vergütung schon fast die Regel ist“ (Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 17), wird diese Würdigung schon im Ansatz dem Gesetzeszweck des § 142 InsO nicht gerecht, weil selbst ein verbreiteter Verstoß gegen Fälligkeitszeitpunkte nicht geeignet sein kann, die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zu beseitigen. Die bei der Beurteilung eines Bargeschäfts zugrunde zu legenden allgemeinen geschäftlichen Gepflogenheiten beurteilen sich nach den Gebräuchen solventer Partner und werden nicht durch verspätete Zahlungen insolvenzgefährdeter Unternehmen beeinflusst, die unter Liquiditätsengpässen leiden (Jacobs/Doebert, aaO S. 622; Ganter, aaO S. 2038, 2043). Andernfalls wäre jeder Leistungsaustausch in der Krise als Bargeschäft zu bewerten, weil liquiditätsschwache Unternehmen typischerweise verzögert zahlen (Brinkmann, aaO S. 208 f).
- 18
- bb) Davon abgesehen wird der Befund branchenübergreifender Zahlungsverzögerungen nicht durch verifizierbare Tatsachen - anhand von empirischem Material oder auch nur anhand von Medienberichten - untermauert (vgl. Brinkmann, aaO; Plathner/Sajogo, aaO S. 584). Es fehlt nicht nur jede Konkretisierung , um welche Branchen es sich handelt (Jacobs/Doebert, aaO S. 623); überdies wird der festgestellte Zeitraum der Zahlungsverzögerungen nicht näher präzisiert. Schließlich ist der von dem Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 17) angeführte Beleg (Bandte in FS Beuthien, 2009, S. 401, 405) inhaltlich unergiebig. Ein allgemein verbreiteter Missstand verspäteter Lohnzahlung wäre von den über die Verhältnisse am Arbeitsmarkt wohl unterrichteten Gewerkschaften sicherlich längst öffentlichkeitswirksam angeprangert worden. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden , dass sich innerhalb des Arbeitslebens die allgemeine Gepflogenheit einer um drei Monate verspäteten Lohnzahlung herausgebildet hätte. Im Gegenteil begleichen die den Geschäftsverkehr prägenden wirtschaftlich gesunden Unternehmen , deren Zahl die in einer Krise befindlichen Betriebe im Gemeinwohlinteresse erfreulicherweise weit übersteigt, die Arbeitslöhne in aller Regel bei Fälligkeit.
- 19
- cc) Die weitere Erwägung des Bundesarbeitsgerichts, durch die Zahlung rückständigen Lohns werde "erkauft", dass Arbeitnehmer zwecks Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs "bei der Stange bleiben" (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 18), vermag die Annahme eines Bargeschäfts ebenfalls nicht zu tragen. In der Fortsetzung ihrer Arbeitstätigkeit liegt keine berücksichtigungsfähige Gegenleistung der Arbeitnehmer, weil die künftigen Leistungen ihrerseits wieder in Rechnung gestellt werden (BGH, Urteil vom 30. Januar 1986 - IX ZR 79/85, BGHZ 97, 87, 94; vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 33; Ganter, aaO S. 2043 f).
- 20
- c) Die Arbeitnehmer einseitig begünstigende Auslegung des § 142 InsO durch das Bundesarbeitsgericht ist zudem mit der Bindung der Gerichte an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht vereinbar (vgl. Huber, ZInsO 2013, 1049, 1054 f; Kreft, ZIP 2013, 241, 250 f).
- 21
- aa) Der Gesetzgeber hat mit der Schaffung der Insolvenzordnung - wie bereits das Vorblatt der Gesetzesbegründung betont - die allgemeinen Kon- kursvorrechte einschließlich derjenigen der Arbeitnehmer ausdrücklich beseitigt (BT-Drucks. 12/2443 Vorblatt B. 6.).
- 22
- (1) Aufgrund dieser Gesetzesänderung waren nach Auffassung des Gesetzgebers für Arbeitnehmer keine sozialen Härten zu erwarten, weil für die Lohnausfälle der letzten drei Monate vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Ausfallgeld gezahlt wird (BT-Drucks., aaO, sowie S. 90). Lohnrückstände der Arbeitnehmer sollten durch das für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gewährte Ausfallgeld gesichert werden (BT-Drucks., aaO S. 96). Bei der Streichung der Konkursvorrechte ließ sich der Gesetzgeber von der allgemeinen Erwägung leiten, dass sich die Entscheidung über den Vor- oder Nachrang einer Gläubigerklasse nicht auf hinreichend überzeugende soziale Gesichtspunkte stützen lässt (BT-Drucks. 12/2443, S. 90). Wörtlich hat er insoweit ausgeführt (BT-Drucks., aaO): "Eine dem sozialen Schutzbedürfnis im Einzelfall gemäße Einordnung von Gläubigerklassen in einen Privilegienkatalog erscheint unmöglich. Jeder Vorrechtskatalog ist letztlich willkürlich. Schon das geltende Konkursrecht räumt keineswegs allen anerkanntermaßen sozial schutzwürdigen Gruppen ein Vorrecht ein. Anders als im Recht der Einzelvollstreckung in das Arbeitseinkommen (§§ 850 d, 850 f Abs. 2 ZPO) sind beispielsweise Unterhalts- und Deliktsgläubiger im Konkursverfahren nicht privilegiert. Das Bundesverfassungsgericht hat die Fragwürdigkeit jedes Privilegienkatalogs in seinem Beschluss zum Vorrecht für Sozialplanforderungen (BVerfGE 65, 182) nachdrücklich herausgearbeitet."
- 23
- (2) In der angeführten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht die Einordnung von Sozialplanabfindungen als Konkursforderungen im Range vor § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO kraft Richterrechts als mit der Verfassung (Art. 20 Abs. 3 GG) unvereinbar beanstandet (BVerfGE 65, 182, 190 ff.). Dabei hat es betont, dass jedes Konkursvorrecht eine Ausnahme vom Gebot der Gleichbehandlung aller Konkursgläubiger bildet. Soweit ein Vorrecht nicht gesetzlich begründet ist, muss es deshalb nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts bei der Regelung bleiben, dass Forderungen gegen den Gemeinschuldner einfache Konkursforderungen im Range des § 61 Abs. 1 Nr. 6 KO sind (BVerfGE 65, aaO S. 191). Da die Regelung nach Wortlaut, Systematik und Sinn abschließend ist, besteht keine verfassungsrechtlich anzuerkennende Regelungslücke , die es dem Richter erlaubt, für bestimmte Forderungen eine Privilegierung außerhalb dieses geschlossenen Systems zu begründen (BVerfGE 65, aaO S. 191 f).
- 24
- bb) Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzt sich aus sozialpolitischen Gründen (vgl. bereits BVerfGE 65, aaO S. 194) - wie nicht zuletzt die Gesetzesinitiativen, sie durch eine Änderung des Insolvenzanfechtungsrechts zu legalisieren, belegen (Huber, ZInsO 2013, 1049, 1054 f) - über die Schranken richterlicher Rechtsfortbildung hinweg, indem sie Arbeitnehmern unter Verzicht auf das Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" mit Hilfe einer vom Wortlaut des § 142 InsO nicht mehr getragenen Auslegung im Gewand des Bargeschäftsprivilegs das vom Gesetzgeber ausdrücklich beseitigte Konkursvorrecht gewährt. Eine eindeutige gesetzgeberische Entscheidung darf der Richter nicht nach eigenen rechtspolitischen Vorstellungen durch eine abweichende judikative Lösung ersetzen (vgl. Kreft, ZIP 2013, 241, 250). Da § 142 InsO eine Ausnahmeregelung darstellt, ist aus rechtsmethodischen Gründen für eine erweiternde Auslegung von vornherein kein Raum (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 35; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2038).
- 25
- (1) Infolge der Beseitigung jeglicher Vorrechte einzelner Gläubiger durch die Insolvenzordnung sind Arbeitnehmer und sonstige Gläubiger uneingeschränkt gleich zu behandeln (Huber, aaO S. 1051, 1054; Lütcke, NZI 2014, 350, 351). Das Gebot der Gleichbehandlung als "Magna carta des Insolvenzrechts" (Huber, aaO) hat allgemeine Geltung und ist darum ebenfalls im Rahmen der Insolvenzanfechtung zu beachten (vgl. Huber, aaO S. 1054; Jacobs/ Doebert, ZInsO 2012, 618, 627; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581, 584; Lütcke, aaO). Die aus wohl erwogenen Gründen entfallenen Vorrechte können nicht in der Weise wiederbegründet werden, dass einzelnen Gläubigern wie Arbeitnehmern ein vom Gesetz nicht vorgesehener Schutz gegen Ansprüche aus Insolvenzanfechtung eröffnet wird, um contra legem durch Ausbildung eines "Sonderinsolvenzrechts für Arbeitnehmer" (Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 201) den Rechtszustand der früheren Konkursordnung wiederherzustellen (Brinkmann, aaO S. 212). Ein bevorrechtigter Zugriff auf das Schuldnervermögen kann einzelnen Gläubigern nur von Gesetzes wegen eingeräumt werden (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 90), wie dies etwa durch die Umsetzung einer EURichtlinie geschieht, welche die bevorrechtigte Behandlung von Versicherungsforderungen bei Insolvenz eines Versicherungsunternehmens vorsieht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2011 - IX ZR 210/10, WM 2011, 1483 Rn. 7). Würde den Gerichten gestattet, die Anfechtungsvoraussetzungen im Blick auf unterschiedliche Gläubigergruppen jeweils zu differenzieren, liefe dies letztlich auf eine Zuteilung der Masse aufgrund richterlicher Billigkeitsentscheidung hinaus.
- 26
- (2) Jede Ausweitung der Rangordnung und jedes Mehr an Forderungen in vorgehenden Rangstellen bewirkt - wie das Bundesverfassungsgericht zu § 61 Abs. 1 KO überzeugend ausgeführt hat - eine Minderung der den nach- rangigen, insbesondere letztrangigen Gläubigern verbleibenden Haftungsmasse , die regelmäßig schon durch ausgedehnte Sicherungsrechte der Geld- und Warenkreditgeber geschmälert ist. Deshalb ist zu betonen, dass jede Bevorzugung einzelner Forderungen zwangsläufig zu Lasten anderer Gläubiger geht und regelmäßig auch zu neuen Unstimmigkeiten bei der Verfahrensabwicklung führt (BVerfGE 65, 182, 192). Die Insolvenzanfechtung beruht auf dem Gerechtigkeitsgebot , das Ausfallrisiko solidarisch und gleichmäßig auf sämtliche Gläubiger einschließlich der Arbeitnehmer zu verteilen (Ries, ZInsO 2007, 1037). Folgerichtig kann es auch im Verhältnis zu Arbeitnehmern nicht Aufgabe des Insolvenzverfahrens sein, werthaltige Rechte einzelner Beteiligter zu Gunsten von Arbeitnehmern in Frage zu stellen (BT-Drucks. 12/2443 S. 96).
- 27
- (3) Viele Kleinunternehmer, etwa handwerkliche Familienbetriebe, befinden sich in einer Arbeitnehmern vergleichbaren wirtschaftlichen Lage, ohne - bei zutreffendem Verständnis - der auf § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO gestützten Anfechtung von verspätet erlangten Werklohnzahlungen mit dem Hinweis auf einen Baraustausch (§ 142 InsO) begegnen zu können. In ihrer Branche gesuchte Arbeitnehmer werden einen vorübergehenden Lohnausfall vielfach leichter verkraften können als etwa ein (Klein-)Unternehmen Umsatzausfälle, die auf der Insolvenz eines langjährigen Hauptabnehmers beruhen. Dies gilt umso mehr für unterhalb des Vorstands als Arbeitnehmer angesiedelte Führungskräfte , die durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - will man nicht innerhalb der Gruppe der Arbeitnehmer rechtsschöpferisch differenzieren - ebenfalls geschützt werden. Sachgerechte Gründe für die unterschiedliche Behandlung dieser Gläubigergruppen sind nicht ersichtlich (vgl. BVerfGE 65, aaO S. 194). Mit der einseitigen Bevorzugung der Arbeitnehmer ist außerdem zwingend eine Verminderung der auf die sonstigen Gläubiger entfallenden Insolvenzquote verknüpft. Wie die Erfahrung lehrt, können insolvenzbedingte Forde- rungsausfälle Folgeinsolvenzen auslösen, die als Kettenreaktion für die Arbeitnehmer der nun betroffenen Unternehmen zu Lohnausfällen führen. Diese Konsequenz ist stets zu bedenken, wenn eine Beschränkung des Insolvenzanfechtungsrechts ins Auge gefasst wird.
- 28
- cc) Aus den vorstehenden Erwägungen kann entgegen der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 15 ff) auch ein etwaiges Existenzminimum des Arbeitnehmers nicht mittels einer beschränkenden Auslegung der §§ 129 ff InsO anfechtungsfrei gestellt werden.
- 29
- (1) Es ist nicht Aufgabe der Gläubigergemeinschaft, sondern des Staates , etwaige durch eine Insolvenz zu Lasten bestimmter Gläubiger hervorgerufene unzumutbare Härten auszugleichen (vgl. Vollrath, ZInsO 2011, 1665, 1675; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2044; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581, 584; Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 627; Huber, ZInsO 2013, 1049, 1053; Lütcke, NZI 2014, 350, 351). Zum Nachteil der Arbeitnehmer bestehende sozialrechtliche Schutzlücken sind innerhalb dieses Regelungswerks durch ergänzende Vorschriften etwa zum Bezug von Insolvenzgeld zu schließen (Brinkmann , ZZP 125 (2012), 197, 215 f). Hingegen können nicht der Gläubigergesamtheit sich in einer Quotenminderung manifestierende Sonderopfer, wovon der Gesetzgeber selbst Gesellschafter verschont (BT-Drucks. 16/9737 S. 59), zugunsten von Mitgläubigern ohne gesetzliche Grundlage im Wege richterlicher Rechtsfortbildung aufgebürdet werden (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 96; Huber, aaO S. 1054). Das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes enthält infolge seiner Weite und Unbestimmtheit keine unmittelbaren Handlungsanweisungen, die durch die Gerichte ohne gesetzliche Grundlage in einfaches Recht umgesetzt werden könnten (BVerfGE 65, 182, 193). Darum ist es den Gläubigern nicht zumutbar (Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 209; Lütcke, aaO), durch einen Quotenverzicht Lücken der Insolvenzgeldzahlung zugunsten von Arbeitnehmern als Mitgläubigern aufzufüllen (in diesem Sinne BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10, BAGE 139, 235 Rn. 15 ff) oder deren Existenzminimum zu sichern (in diesem Sinne BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 15 ff). Scheidet ein Schutz der Arbeitsplatzinteressen gegen den Markt aus (BT-Drucks. 12/2443, aaO), kann ihnen auch im Verhältnis zu anderen Gläubigern nicht einfach kraft Richterrechts der Vorrang eingeräumt werden (Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 623).
- 30
- (2) Die Argumentation des Bundesarbeitsgerichts läuft bei lebensnaher Betrachtung auf das Ergebnis hinaus, die Anfechtung generell zu versagen, wenn das damit verbundene Ergebnis für den Arbeitnehmer wirtschaftlich untragbar ist. Das Sozialstaatsprinzip kann bereits im Ansatz nicht zur Korrektur jeglicher hart oder unbillig erscheinenden Einzelregelungen dienen (BVerfGE 66, 234, 248; 67, 231, 239; 69, 272, 315). Davon abgesehen lässt die Würdigung die Interessen der vor Verfahrenseröffnung nicht befriedigten, regelmäßig die Mehrheit bildenden Gläubiger des Schuldners außer Betracht, die durch einen vollständigen Forderungsausfall ebenfalls untragbare Härten erleiden können (vgl. Ries, ZInsO 2007, 1037, 1038; Lütcke, aaO S. 352). Hier schafft die Insolvenzanfechtung den gebotenen Ausgleich, indem Zahlungen zur Masse gezogen und zur anteiligen Befriedigung sämtlicher - unzumutbar belasteter - Gläubiger einschließlich des Anfechtungsgegners verwendet werden (Ries, aaO S. 1037; Lütcke, aaO S. 351). Zahlt ein Arbeitgeber etwa nur an bestimmte , für die Produktion besonders wichtige Arbeitnehmer Lohn, erscheint es sachgerecht, die weggegebenen Mittel durch eine Anfechtung für sämtliche Arbeitnehmer gleichmäßig verfügbar zu machen. Muss sich ein Arbeitnehmer mangels eines Vorrechts nach Verfahrenseröffnung ohne Rücksicht auf die Be- friedigung seines Existenzminimums mit der Quote abfinden, so leuchtet nicht ein, dass er eine anfechtbar erworbene Zahlung unter dem Gesichtspunkt des Existenzminimums behalten darf (vgl. BVerfGE 65, 182, 194).
- 31
- d) Im Streitfall sind die Voraussetzungen eines Bargeschäfts (§ 142 InsO) gegeben, weil die monatlich geschuldete Lohnzahlung innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit erfolgte.
- 32
- aa) Unter welchen zeitlichen Voraussetzungen verspätete Entgeltzahlungen des Arbeitgebers das Bargeschäftsprivileg genießen, wird im Schrifttum unterschiedlich beantwortet. Vereinzelt wird ein Bargeschäft bereits dann ausgeschlossen , wenn die Vergütung nicht nur einige Tage verspätet (Zwanziger, BB 2007, 42, 43) oder nicht einigermaßen pünktlich (Klinck, AP InsO § 130 Nr. 1 unter III.) gezahlt wird. Als zeitliche Grenze des Bargeschäftscharakters einer verspäteten Lohnzahlung wird ferner eine Frist von drei Wochen genannt (Huber, NJW 2009, 1928, 1929; Vollrath, ZInsO 2011, 1665, 1666; Wegener, NZI 2009, 225).
- 33
- Bei länger währenden Vertragsbeziehungen ist nach der Rechtsprechung des Senats für die Annahme eines Bargeschäfts zu verlangen, dass die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen zeitlich oder gegenständlich teilbar sind und zeitnah - entweder in Teilen oder abschnittsweise - ausgetauscht werden. Wenn zwischen dem Beginn einer anwaltlichen Tätigkeit und der Erbringung einer Gegenleistung mehr als 30 Tage liegen, ist ein Bargeschäft zu verneinen. Bei Anforderung eines Vorschusses ist eine anfechtungsrechtliche Bargeschäftsausnahme anzunehmen, wenn in regelmäßigen Abständen Vorschüsse eingefordert werden, die in etwa dem Wert einer zwischenzeitlich entfalteten oder in den nächsten 30 Tagen noch zu erbringenden Tätigkeit entsprechen.
- 34
- bb) Diese aus § 286 Abs. 3 BGB für die Annahme eines Bargeschäfts bei der Zahlung der Anwaltsvergütung hergeleiteten Grundsätze können mit der Modifizierung, dass die Frist von 30 Tagen nicht ab Beginn der Tätigkeit, sondern ab Fälligkeit der Vergütung zu berechnen ist, auf die Gewährung von Arbeitsentgelten bei monatlicher Lohnzahlung übertragen werden.
- 35
- (1) Die Vergütung der Arbeitnehmer ist gemäß § 614 Satz 1 BGB nach Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen , muss sie gemäß § 614 Satz 2 BGB nach dem Ablauf jedes einzelnen Zeitabschnitts beglichen werden. Bei monatlicher Vergütung ist dies grundsätzlich der erste Tag des Folgemonats (MünchKomm-BGB/Müller-Glöge, 6. Aufl., § 614 Rn. 11). Allerdings kann der Fälligkeitszeitpunkt durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung kollektivvertraglich abweichend - etwa auf den fünfzehnten Tag des Folgemonats (Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 622) - bestimmt werden (MünchKomm-BGB/Müller-Glöge, aaO § 614 Rn. 2). Dem allgemeinen Rechtsverkehr entsprechen - wie auch im Streitfall - monatliche Lohnzahlungen, die ebenfalls monatlich abzurechnen und auszuführen sind (Jacobs/Doebert, aaO S. 623 mwN; Wagner in Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung, 2. Aufl., Rn. O 83).
- 36
- (2) Die Rechtsprechung zum Unmittelbarkeitserfordernis bei der Vergütung anwaltlicher Dienstleistungen kann nicht unbesehen auf Arbeitnehmer übertragen werden. Arbeitnehmer unterliegen gemäß § 614 Satz 1 BGB regelmäßig einer Vorleistungspflicht (Jacobs/Doebert, aaO S. 622; Lütcke, NZI 2014, 350, 352) und haben nach § 614 Satz 2 BGB bei entsprechender Bemessung Anspruch auf eine Vergütung nach Zeitabschnitten (Ganter, ZIP 2014, 2037, 2040, 2044). Im Falle einer Vorleistungspflicht kann im Blick auf den engen zeitlichen Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung nicht auf den Beginn der Tätigkeit des Arbeitnehmers abgestellt werden, weil ihm zu diesem Zeitpunkt noch kein Vergütungsanspruch zusteht (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 480/00, WM 2002, 1808, 1809). Für diese Bewertung spricht die weitere Erwägung, dass eine Vergütung nach Zeitabschnitten von einer Woche oder einem Monat ihrer Natur nach einen Baraustausch nahelegt (Ganter, aaO).
- 37
- (3) Da der Vorleistung des Arbeitnehmers keine Kreditfunktion zukommt (Staudinger/Richardi, BGB, 2005, § 614 Rn. 11), beurteilt sich die Unmittelbarkeit der Lohnzahlung nach dem Zeitraum zwischen der Fälligkeit des Vergütungsanspruchs und seiner tatsächlichen Erfüllung (Wagner in Kummer /Schäfer/Wagner, aaO; Jacobs/Doebert, aaO; Lütcke, NZI 2014, 350, 352). Mit dieser Maßgabe kann die Rechtsprechung zum Baraustausch bei anwaltlichen Beratungsleistungen auf Arbeitnehmer übertragen werden. Danach ist der für ein Bargeschäft erforderliche Unmittelbarkeitszusammenhang noch gegeben , wenn im Falle einer monatlichen Vorleistungspflicht die Entgeltzahlung innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit vorgenommen wird (Bork, ZIP 2007, 2337, 2338 f; Ries, ZInsO 2007, 1037, 1038; Pieper, ZInsO 2009, 1425, 1431; Laws, ZInsO 2009, 1465, 1470; Ganter, aaO S. 2040, 2044; Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 208; Jacobs/Doebert, aaO S. 624; Wagner in Kummer/Schäfer /Wagner, aaO; ErfK/Müller-Glöge, 11. Aufl., InsO, Einführung Rn. 24; anders im Sinne des BAG nunmehr ders., aaO 14. Aufl., Rn. 24 b). Für die Beurteilung als Bargeschäft ist es unschädlich, wenn der Fälligkeitszeitpunkt entsprechend den tarifvertraglichen Übungen anstelle des ersten Tages nicht länger als bis zum fünfzehnten Tag des Folgemonats hinausgeschoben wird (Jacobs /Doebert, aaO S. 622). Ist die Vergütung nach kürzeren Zeitabschnitten zu leisten, scheidet ein Bargeschäft aus, wenn zum Zeitpunkt der Zahlung bereits der Lohn für den nächsten Zeitabschnitt fällig war (Ries, aaO; Bork aaO; Jacobs /Doebert, aaO S. 623; Pieper, aaO; Ganter, aaO S. 2044; Lütcke, NZI 2014, 350, 352).
- 38
- cc) Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall eine Bardeckung (§ 142 InsO) vor.
- 39
- Die monatliche Vergütung des Beklagten war von der Schuldnerin vertragsgemäß bis zum zehnten Tag des Folgemonats zu begleichen. Im Zeitpunkt der durch die Schuldnerin am 5. Januar 2011 bewirkten Zahlung standen die Gehälter des Beklagten für die Monate November und Dezember 2010 teilweise offen. Im Falle einer Zahlung auf das Gehalt für den Monat Dezember 2010, die noch vor dem spätesten Fälligkeitszeitpunkt des 10. Januar 2011 erfolgt wäre, läge ohne weiteres ein Bargeschäft vor. Nicht anders verhielte es sich, wenn mit der Zahlung das Gehalt für den Monat November 2010 getilgt werden sollte. Infolge der für dieses Gehalt zum 10. Dezember 2010 begründeten Fälligkeit wäre auch bei einer am 5. Januar 2011 erfolgten Begleichung der für ein Bargeschäft unschädliche Zeitraum von 30 Tagen noch nicht verstrichen. Vor diesem Hintergrund bedarf es nicht der Prüfung, ob die bei der Zahlung vom 5. Januar 2011 auf den Monat Dezember 2010 gerichtete Tilgungsbestimmung (§ 366 Abs. 1 BGB) selbständig anfechtbar ist.
III.
- 40
- Sonstige Anfechtungstatbestände greifen ebenfalls nicht durch.
- 41
- 1. Soweit das Berufungsgericht eine Vorsatzanfechtung aus § 133 Abs. 1 InsO abgelehnt hat, ist seine Würdigung revisionsrechtlich jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden.
- 42
- a) Es konnte davon ausgehen, dass die Zahlung der Schuldnerin, ohne nähere Feststellungen zu einer tatsächlich bestehenden Zahlungsunfähigkeit treffen zu müssen, nicht von einem Benachteiligungsvorsatz getragen war.
- 43
- aa) Dem Beweisanzeichen der erkannten Zahlungsunfähigkeit ist - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - im Streitfall keine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen. Die Indizwirkung der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit wie auch der Inkongruenz kann im Einzelfall ausgeschlossen sein, wenn die Umstände ergeben, dass der Schuldner von einer anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willensrichtung geleitet war und das Bewusstsein der Benachteiligung anderer Gläubiger infolgedessen in den Hintergrund getreten ist. Dies kann einmal gelten, wenn die Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber gescheiterten Sanierungsversuchs war (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09, WM 2012, 146 Rn. 11, 18; vom 21. Februar 2013 - IX ZR 52/10, WM 2013, 763 Rn. 11; vom 3. April 2014 - IX ZR 201/13, WM 2014, 1009 Rn. 40).
- 44
- bb) Zum anderen kann dem Schuldner im Falle einer bargeschäftsähnlichen Lage infolge des gleichwertigen Leistungsaustauschs die dadurch eintretende mittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht bewusst geworden sein (Kayser, WM 2013, 293, 298; NJW 2014, 422, 427). Darum handelt ein Schuldner in der Regel nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn er eine kongruente Leistung Zug um Zug gegen eine zur Fortführung seines eigenen Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat, die den Gläubigern im allgemeinen nützt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1997 - IX ZR 234/96, ZIP 1997, 1551, 1553; Beschluss vom 16. Juli 2009 - IX ZR 28/07, NZI 2009, 723 Rn. 2; vom 6. Februar 2014 - IX ZR 221/11, ZInsO 2014, 496 Rn. 3). Zu den für die Betriebsfortführung unverzichtbaren Gegenleistungen gehört auch die Tätigkeit der Arbeitnehmer, deren Mitwirkung für jede betriebliche Wertschöpfung unabdingbar ist. Deswegen scheidet regelmäßig ein Benachteiligungsvorsatz aus, wenn durch Gehaltszahlungen im Zuge eines Baraustauschs die für die Betriebsfortführung unerlässliche Gegenleistung der Arbeitstätigkeit entgolten wird (BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 84 ff, 89). Nach den hier getroffenen Feststellungen fehlt es an einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin, weil diese dem Beklagten Gehaltszahlungen im Rahmen eines bargeschäftlichen Leistungsaustauschs gewährt hat.
- 45
- b) Überdies hat der Kläger nicht den Nachweis geführt, dass der Beklagte eine auch nur drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und damit deren Benachteiligungsvorsatz erkannt hat (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO). Nach den tatrichterlichen Feststellungen war der Beklagte nicht mit der Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben betraut, die ihm nähere Einblicke in die Vermögenslage der Schuldnerin verschafft hätte (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 205/11, WM 2012, 2343 Rn. 7). Ferner hat er zugunsten der Schuldnerin eine selbstschuldnerische Bürgschaft über 55.000 € übernommen und durch Klage vom 16. Februar 2010 gegenüber der Schuldnerin seine offenen Lohnrückstände vor dem Arbeitsgericht verfolgt. Die ein erhebliches Risiko bergende Bereitschaft, eine selbstschuldnerische Bürgschaft einzugehen, spricht nachdrücklich gegen eine Kenntnis des Beklagten von einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin, sondern deutet vielmehr darauf hin, dass er nicht von ihrer existenziellen Gefährdung ausging. Ebenso liegt fern, dass der Schuldner eine Klage gegen das als insolvent erkannte Unternehmen gerichtet hätte, die von vornherein keinen wirtschaftlichen Erfolg versprochen, sondern durch das Ingangsetzen eines aussichtslosen Verfahrens lediglich eine zusätzliche Kostenbelastung hervorgerufen hätte.
- 46
- 2. Ein Anfechtungsanspruch folgt auch nicht aus § 133 Abs. 2 Satz 1 InsO. Nach dieser Vorschrift ist ein von dem Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138 InsO) geschlossener entgeltlicher Vertrag anfechtbar, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden.
- 47
- a) Da es sich bei der Schuldnerin um eine GmbH handelt, ist der zu mehr als ein Viertel an ihrem Kapital beteiligte Beklagte gemäß § 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO als nahestehende Person anzusehen. Der Vertragsbegriff des § 133 Abs. 2 InsO ist weit auszulegen (BGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - IX ZR 58/09, NZI 2010, 738 Rn. 9). Auch reine Erfüllungsgeschäfte werden zu den entgeltlichen Verträgen gerechnet. Bei ihnen besteht das Entgelt in der Befreiung von der Schuld (BGH, Urteil vom 12. Juli 1990 - IX ZR 245/89, BGHZ 112, 136, 138; Urteil vom 15. Februar 1990 - IX ZR 149/88, ZIP 1990, 459, 460).
- 48
- b) Jedoch fehlt es an der weiteren Voraussetzung einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung des Schuldners die Zugriffsmöglichkeiten der Gläubigergesamtheit unmittelbar verschlechtert, ohne dass weitere Umstände hinzutreten müssen (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - IX ZR 130/10, WM 2013, 333 Rn. 27). Durch einen Vertrag, auf Grund dessen der Schuldner für das, was er aufgibt, eine vollwertige Gegenleistung erhält, werden die Gläubiger auch dann nicht unmittelbar benachteiligt, wenn diese Gegenleistung infolge eines weiteren , nicht zu dem Gesamttatbestand des Rechtsgeschäfts gehörenden Umstandes in dem Zeitpunkt nicht mehr in dem Vermögen des Schuldners vorhanden ist, in dem die von ihm zu erbringende Leistung endgültig aus seinem Vermögen herausgeht (BGH, Urteil vom 9. Februar 1955 - IV ZR 173/54, WM 1955, 404, 406; RGZ 116, 134, 137 f). Mithin scheidet bei einem Baraustausch, wie er hier gegeben ist, schon mit Rücksicht auf die zuvor erbrachte Arbeitsleistung eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung aus (vgl. MünchKomm-InsO/ Kayser, 3. Aufl., § 133 Rn. 41; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 133 Rn. 42).
- 49
- 3. Schließlich ist eine Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht begründet. Mit der Lohnzahlung wurde keine einem Darlehen wirtschaftlich entsprechende Forderung befriedigt.
- 50
- a) Die Anfechtbarkeit nach dieser Vorschrift erfasst sowohl die Befriedigung von Gesellschafterdarlehen als auch ihnen wirtschaftlich entsprechender Forderungen. Ungeachtet des Entstehungsgrundes sind einem Darlehen alle aus Austauschgeschäften herrührende Forderungen gleich zu achten, die der Gesellschaft rechtlich oder rein faktisch gestundet wurden, weil jede Stundung bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Darlehensgewährung bewirkt (MünchKomm -InsO/Ehricke, aaO § 39 Rn. 43; MünchKomm-InsO/Gehrlein, aaO § 135 Rn. 18; Preuß in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2013, § 39 Rn. 81). Stehen gelas- sene Gehaltsansprüche eines Gesellschafters können darum wirtschaftlich einem Darlehen entsprechen (BGH, Urteil vom 16. Februar 2009 - II ZR 120/07, BGHZ 180, 38 Rn. 24; BAG, Urteil vom 27. März 2014 - 6 AZR 204/12, ZIP 2014, 927 Rn. 30 ff).
- 51
- b) Im Streitfall ist weder eine Stundung noch ein Stehenlassen einer Lohnforderung gegeben. Vielmehr wurde die Lohnzahlung an den Beklagten bargeschäftlich (§ 142 InsO) abgewickelt. In diesem Fall kommt eine Stundungswirkung nicht in Betracht (vgl. Preuß in Kübler/Prütting/Bork, aaO, § 39 Rn. 81; Ahrens in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 39 Rn. 36).
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
AG Siegen, Entscheidung vom 05.04.2012 - 14 C 2967/11 -
LG Siegen, Entscheidung vom 29.07.2013 - 3 S 35/12 -
(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.
(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 24. März 2011 über das Vermögen der e. GmbH (nachfolgend : Schuldnerin) am 21. April 2011 eröffneten Insolvenzverfahren.
- 2
- Der Beklagte war am Stammkapital der Schuldnerin über 25.000 € mit einem Geschäftsanteil von 8.250 € beteiligt. Außerdem war er bei der Schuldnerin versehen mit einer Kontovollmacht als kaufmännischer Leiter für den Unternehmensbereich zentrale Dienste zu einem nach dem Inhalt des Dienstvertrages spätestens am zehnten Tag des Folgemonats fälligen Gehalt von 5.500 € angestellt. Nachdem das Arbeitsentgelt für die Monate November und Dezember 2010 nicht vollständig entrichtet worden war, überwies die Schuldnerin am 5. Januar 2011 einen Betrag von 2.000 € an den Beklagten.
- 3
- Der Kläger nimmt den Beklagten im Wege der Insolvenzanfechtung auf Erstattung dieser Zahlung in Anspruch. Das Amtsgericht hat der Klage in Anwendung von § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die zulässige Revision ist nicht begründet.
- 5
- Die Berufung des Beklagten gegen das Ersturteil war als Prozessvoraussetzung des Revisionsverfahrens (BGH, Urteil vom 8. April 1991 - II ZR 35/90, NJW-RR 1991, 1186, 1187) zulässig. Den Begründungsanforderungen ist noch genügt. Der Beklagte hat sich mit dem die Erstentscheidung selbständig tragenden Merkmal einer Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO) in noch hinreichender Weise auseinandergesetzt.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die zugunsten des Beklagten bewirkte Zahlung unterliege als Bargeschäft (§ 142 InsO) nicht der Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei ein Bargeschäft gegeben, wenn der Arbeitgeber in der Krise Arbeitsentgelt für von dem Arbeitnehmer in den vorhergehenden drei Monaten erbrachte Arbeitsleistungen zahle. Der Beklagte sei für die Schuldnerin noch im Dezember 2010 tätig gewesen. Die Zahlung für seine Arbeitsleistung im Dezember habe er am 5. Januar 2011 im Wege eines Baraustauschs erhalten. Auch eine Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) greife nicht durch. Dabei könne dahin stehen, ob die Schuldnerin im Zahlungszeitpunkt zahlungsunfähig gewesen sei oder ihr Zahlungsunfähigkeit gedroht habe. Jedenfalls fehle es an einem Benachteiligungsvorsatz. Ein Schuldner handele nicht mit Benachteiligungsvorsatz , wenn er eine kongruente Gegenleistung für die von ihm empfangene Leistung erbringe, welche zur Fortführung seines Unternehmens nötig sei und damit den Gläubigern allgemein nütze. Ebenso verhalte es sich bei kongruenten Gehaltszahlungen, weil die im Gegenzug erbrachte Arbeitsleistung im Interesse der Gläubiger zur Fortführung des Betriebs notwendig sei. Deshalb könne hier aus einer behaupteten Zahlungsunfähigkeit nicht auf einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin geschlossen werden.
- 7
- Diese Ausführungen halten im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand.
II.
- 8
- Die Klageforderung kann nicht auf § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO gestützt werden. Dabei bedarf es keiner Prüfung, ob die Schuldnerin zahlungsunfähig war und der Beklagte dies erkannt hat, weil das Bargeschäftsprivileg des § 142 InsO durchgreift.
- 9
- 1. Unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts (§ 142 InsO) werden Leistungen der Anfechtung entzogen, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Dieser Ausnahmeregelung liegt der wirtschaftliche Gesichtspunkt zugrunde, dass ein Schuldner, der sich in der Krise befindet, praktisch vom Geschäftsverkehr ausgeschlossen würde, wenn selbst die von ihm abgeschlossenen wertäquivalenten Bargeschäfte der Anfechtung unterlägen. In diesem Fall findet wegen des ausgleichenden Vermögenswertes keine Vermögensverschiebung zu Lasten des Schuldners, sondern eine bloße Vermögensumschichtung statt (BGH, Urteil vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 24).
- 10
- 2. Eine Bardeckung ist gemäß § 142 InsO eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt. Durch die Worte "für die" wird ausgedrückt, dass eine Bardeckung nur vorliegt, wenn Leistung und Gegenleistung durch Parteivereinbarung miteinander verknüpft sind. Nur eine der Parteivereinbarung entsprechende Leistung ist kongruent und geeignet, den Bargeschäftseinwand auszufüllen (BGH, Urteil vom 23. September 2010, aaO Rn. 26).
- 11
- Im Streitfall entspricht die Zahlung der Schuldnerin der Parteiabrede. Nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages stand dem Beklagten ein monatlicher Vergütungsanspruch von 5.500 € gegen die Schuldnerin zu. Tatsächlich hat die Schuldnerin auf die Lohnforderung für den Monat Dezember 2010 am 5. Januar 2011 einen Teilbetrag von 2.000 € gezahlt. Diese Teilzahlung steht mit der Par- teivereinbarung in Einklang.
- 12
- 3. Die für ein Bargeschäft erforderliche Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung ist ebenfalls gegeben. Voraussetzung eines Bargeschäfts ist, dass der Leistung des Schuldners eine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht. Nur dann ist das Geschäft für die (spätere) Masse wirtschaftlich neutral (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 - IX ZR 195/04, WM 2008, 222 Rn. 9).
- 13
- Die von der Schuldnerin geleistete Zahlung glich die von dem Beklagten während des abgelaufenen Monats erbrachte Arbeitstätigkeit aus. Diese hatte für die Schuldnerin, die ihren Geschäftsbetrieb im fraglichen Zeitraum fortsetzte, praktischen Nutzen. Dabei ist davon auszugehen, dass der Beklagte als kaufmännischer Leiter des Unternehmens mit 5.500 € monatlich angemessen vergütet wurde. Anzeichen dafür, dass die geschuldete Vergütung in einem Missverhältnis zu dem übertragenen Verantwortungsbereich stand, sind nicht ersichtlich (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2006 - IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125 Rn. 48). Überdies hat die Schuldnerin auf das dem Beklagten monatlich geschuldete Entgelt in Höhe von 5.500 € lediglich einen Teilbetrag über 2.000 € erbracht. Mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck des § 142 InsO ist es unschädlich , falls der Schuldnerin infolge der über den gesamten Monat erbrachten Arbeitstätigkeit des Beklagten im Vergleich zu der von ihr erbrachten Teilzahlung ein höherer Wert zugeflossen sein sollte (MünchKomm-InsO/Kirchhof, 3. Aufl., § 142 Rn. 9; HK-InsO/Kreft, 7. Aufl., § 142 Rn. 7; Ehricke in Kübler /Prütting/Bork, InsO, 2008, § 142 Rn. 4; HmbKomm-InsO/Rogge/Leptien, 4. Aufl., § 142 Rn. 10; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 142 Rn. 18; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2038). Der Behauptung des Beklagten, während der Monate November und Dezember 2010 durchgängig gearbeitet zu haben, ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.
- 14
- 4. Der für ein Bargeschäft notwendige enge zeitliche Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung ist im Streitfall gegeben.
- 15
- a) Unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts werden gemäß § 142 InsO Leistungen privilegiert, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Leistung und Gegenleistung müs- sen beim Bargeschäft zwar nicht Zug um Zug erbracht werden. Allerdings setzt das in der Vorschrift enthaltene Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" voraus, dass Leistung und Gegenleistung in einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgetauscht werden (BT-Drucks. 12/2443 S. 167). Der Gesichtspunkt der bloßen Vermögensumschichtung greift nur, wenn der Leistungsaustausch in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang vorgenommen wird (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - IX ZR 377/99, WM 2003, 524, 528). Der hierfür unschädliche Zeitraum lässt sich nicht allgemein festlegen. Er hängt wesentlich von der Art der ausgetauschten Leistungen und davon ab, in welcher Zeitspanne sich der Austausch nach den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs vollzieht (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 31; vom 21. Juni 2007 - IX ZR 231/04, WM 2007, 1616 Rn. 51; vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Rn. 31). Eine sich in "verspäteten Entgeltzahlungen" (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10, BAGE 139, 235 Rn. 15) ausdrückende Kreditgewährung schließt, weil es notwendigerweise an einem engen zeitlichen Zusammenhang des Leistungsaustausches mangelt, ein Bargeschäft aus (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002, aaO; vom 16. November 2006 - IX ZR 239/04, WM 2007, 170 Rn. 15). Danach fehlt es jedenfalls an einem unmittelbaren Leistungsaustausch, wenn monatlich fällige Lohnzahlungen zwei Monate nach Beendigung der damit korrespondierenden Arbeitstätigkeit erbracht werden (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 480/00, WM 2002, 1808, 1809).
- 16
- b) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt hingegen bereits ein Bargeschäft vor, wenn der Arbeitgeber in der Krise Arbeitsentgelt für Arbeitsleistungen zahlt, die der Arbeitnehmer in den vorhergehenden drei Monaten erbracht hat (Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 15 ff). Dieser im insolvenzrechtlichen Schrifttum - soweit ersichtlich - einhellig kritisierten Auslegung des § 142 InsO (vgl. Huber, EWiR 2011, 817; ders., ZInsO 2013, 1049 ff; Ganter, ZIP 2012, 2037 ff; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581 ff; Jacobs/ Doebert, ZInsO 2012, 618 ff; Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 208 f; Smid, DZWIR 2013, 89, 110 f) vermag der Senat nicht zuzustimmen.
- 17
- aa) Soweit sich das Bundesarbeitsgericht darauf beruft, „dass in nicht wenigen Branchen eine verzögerte Zahlung der Vergütung schon fast die Regel ist“ (Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 17), wird diese Würdigung schon im Ansatz dem Gesetzeszweck des § 142 InsO nicht gerecht, weil selbst ein verbreiteter Verstoß gegen Fälligkeitszeitpunkte nicht geeignet sein kann, die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zu beseitigen. Die bei der Beurteilung eines Bargeschäfts zugrunde zu legenden allgemeinen geschäftlichen Gepflogenheiten beurteilen sich nach den Gebräuchen solventer Partner und werden nicht durch verspätete Zahlungen insolvenzgefährdeter Unternehmen beeinflusst, die unter Liquiditätsengpässen leiden (Jacobs/Doebert, aaO S. 622; Ganter, aaO S. 2038, 2043). Andernfalls wäre jeder Leistungsaustausch in der Krise als Bargeschäft zu bewerten, weil liquiditätsschwache Unternehmen typischerweise verzögert zahlen (Brinkmann, aaO S. 208 f).
- 18
- bb) Davon abgesehen wird der Befund branchenübergreifender Zahlungsverzögerungen nicht durch verifizierbare Tatsachen - anhand von empirischem Material oder auch nur anhand von Medienberichten - untermauert (vgl. Brinkmann, aaO; Plathner/Sajogo, aaO S. 584). Es fehlt nicht nur jede Konkretisierung , um welche Branchen es sich handelt (Jacobs/Doebert, aaO S. 623); überdies wird der festgestellte Zeitraum der Zahlungsverzögerungen nicht näher präzisiert. Schließlich ist der von dem Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 17) angeführte Beleg (Bandte in FS Beuthien, 2009, S. 401, 405) inhaltlich unergiebig. Ein allgemein verbreiteter Missstand verspäteter Lohnzahlung wäre von den über die Verhältnisse am Arbeitsmarkt wohl unterrichteten Gewerkschaften sicherlich längst öffentlichkeitswirksam angeprangert worden. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden , dass sich innerhalb des Arbeitslebens die allgemeine Gepflogenheit einer um drei Monate verspäteten Lohnzahlung herausgebildet hätte. Im Gegenteil begleichen die den Geschäftsverkehr prägenden wirtschaftlich gesunden Unternehmen , deren Zahl die in einer Krise befindlichen Betriebe im Gemeinwohlinteresse erfreulicherweise weit übersteigt, die Arbeitslöhne in aller Regel bei Fälligkeit.
- 19
- cc) Die weitere Erwägung des Bundesarbeitsgerichts, durch die Zahlung rückständigen Lohns werde "erkauft", dass Arbeitnehmer zwecks Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs "bei der Stange bleiben" (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 18), vermag die Annahme eines Bargeschäfts ebenfalls nicht zu tragen. In der Fortsetzung ihrer Arbeitstätigkeit liegt keine berücksichtigungsfähige Gegenleistung der Arbeitnehmer, weil die künftigen Leistungen ihrerseits wieder in Rechnung gestellt werden (BGH, Urteil vom 30. Januar 1986 - IX ZR 79/85, BGHZ 97, 87, 94; vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 33; Ganter, aaO S. 2043 f).
- 20
- c) Die Arbeitnehmer einseitig begünstigende Auslegung des § 142 InsO durch das Bundesarbeitsgericht ist zudem mit der Bindung der Gerichte an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht vereinbar (vgl. Huber, ZInsO 2013, 1049, 1054 f; Kreft, ZIP 2013, 241, 250 f).
- 21
- aa) Der Gesetzgeber hat mit der Schaffung der Insolvenzordnung - wie bereits das Vorblatt der Gesetzesbegründung betont - die allgemeinen Kon- kursvorrechte einschließlich derjenigen der Arbeitnehmer ausdrücklich beseitigt (BT-Drucks. 12/2443 Vorblatt B. 6.).
- 22
- (1) Aufgrund dieser Gesetzesänderung waren nach Auffassung des Gesetzgebers für Arbeitnehmer keine sozialen Härten zu erwarten, weil für die Lohnausfälle der letzten drei Monate vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Ausfallgeld gezahlt wird (BT-Drucks., aaO, sowie S. 90). Lohnrückstände der Arbeitnehmer sollten durch das für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gewährte Ausfallgeld gesichert werden (BT-Drucks., aaO S. 96). Bei der Streichung der Konkursvorrechte ließ sich der Gesetzgeber von der allgemeinen Erwägung leiten, dass sich die Entscheidung über den Vor- oder Nachrang einer Gläubigerklasse nicht auf hinreichend überzeugende soziale Gesichtspunkte stützen lässt (BT-Drucks. 12/2443, S. 90). Wörtlich hat er insoweit ausgeführt (BT-Drucks., aaO): "Eine dem sozialen Schutzbedürfnis im Einzelfall gemäße Einordnung von Gläubigerklassen in einen Privilegienkatalog erscheint unmöglich. Jeder Vorrechtskatalog ist letztlich willkürlich. Schon das geltende Konkursrecht räumt keineswegs allen anerkanntermaßen sozial schutzwürdigen Gruppen ein Vorrecht ein. Anders als im Recht der Einzelvollstreckung in das Arbeitseinkommen (§§ 850 d, 850 f Abs. 2 ZPO) sind beispielsweise Unterhalts- und Deliktsgläubiger im Konkursverfahren nicht privilegiert. Das Bundesverfassungsgericht hat die Fragwürdigkeit jedes Privilegienkatalogs in seinem Beschluss zum Vorrecht für Sozialplanforderungen (BVerfGE 65, 182) nachdrücklich herausgearbeitet."
- 23
- (2) In der angeführten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht die Einordnung von Sozialplanabfindungen als Konkursforderungen im Range vor § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO kraft Richterrechts als mit der Verfassung (Art. 20 Abs. 3 GG) unvereinbar beanstandet (BVerfGE 65, 182, 190 ff.). Dabei hat es betont, dass jedes Konkursvorrecht eine Ausnahme vom Gebot der Gleichbehandlung aller Konkursgläubiger bildet. Soweit ein Vorrecht nicht gesetzlich begründet ist, muss es deshalb nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts bei der Regelung bleiben, dass Forderungen gegen den Gemeinschuldner einfache Konkursforderungen im Range des § 61 Abs. 1 Nr. 6 KO sind (BVerfGE 65, aaO S. 191). Da die Regelung nach Wortlaut, Systematik und Sinn abschließend ist, besteht keine verfassungsrechtlich anzuerkennende Regelungslücke , die es dem Richter erlaubt, für bestimmte Forderungen eine Privilegierung außerhalb dieses geschlossenen Systems zu begründen (BVerfGE 65, aaO S. 191 f).
- 24
- bb) Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzt sich aus sozialpolitischen Gründen (vgl. bereits BVerfGE 65, aaO S. 194) - wie nicht zuletzt die Gesetzesinitiativen, sie durch eine Änderung des Insolvenzanfechtungsrechts zu legalisieren, belegen (Huber, ZInsO 2013, 1049, 1054 f) - über die Schranken richterlicher Rechtsfortbildung hinweg, indem sie Arbeitnehmern unter Verzicht auf das Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" mit Hilfe einer vom Wortlaut des § 142 InsO nicht mehr getragenen Auslegung im Gewand des Bargeschäftsprivilegs das vom Gesetzgeber ausdrücklich beseitigte Konkursvorrecht gewährt. Eine eindeutige gesetzgeberische Entscheidung darf der Richter nicht nach eigenen rechtspolitischen Vorstellungen durch eine abweichende judikative Lösung ersetzen (vgl. Kreft, ZIP 2013, 241, 250). Da § 142 InsO eine Ausnahmeregelung darstellt, ist aus rechtsmethodischen Gründen für eine erweiternde Auslegung von vornherein kein Raum (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 35; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2038).
- 25
- (1) Infolge der Beseitigung jeglicher Vorrechte einzelner Gläubiger durch die Insolvenzordnung sind Arbeitnehmer und sonstige Gläubiger uneingeschränkt gleich zu behandeln (Huber, aaO S. 1051, 1054; Lütcke, NZI 2014, 350, 351). Das Gebot der Gleichbehandlung als "Magna carta des Insolvenzrechts" (Huber, aaO) hat allgemeine Geltung und ist darum ebenfalls im Rahmen der Insolvenzanfechtung zu beachten (vgl. Huber, aaO S. 1054; Jacobs/ Doebert, ZInsO 2012, 618, 627; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581, 584; Lütcke, aaO). Die aus wohl erwogenen Gründen entfallenen Vorrechte können nicht in der Weise wiederbegründet werden, dass einzelnen Gläubigern wie Arbeitnehmern ein vom Gesetz nicht vorgesehener Schutz gegen Ansprüche aus Insolvenzanfechtung eröffnet wird, um contra legem durch Ausbildung eines "Sonderinsolvenzrechts für Arbeitnehmer" (Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 201) den Rechtszustand der früheren Konkursordnung wiederherzustellen (Brinkmann, aaO S. 212). Ein bevorrechtigter Zugriff auf das Schuldnervermögen kann einzelnen Gläubigern nur von Gesetzes wegen eingeräumt werden (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 90), wie dies etwa durch die Umsetzung einer EURichtlinie geschieht, welche die bevorrechtigte Behandlung von Versicherungsforderungen bei Insolvenz eines Versicherungsunternehmens vorsieht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2011 - IX ZR 210/10, WM 2011, 1483 Rn. 7). Würde den Gerichten gestattet, die Anfechtungsvoraussetzungen im Blick auf unterschiedliche Gläubigergruppen jeweils zu differenzieren, liefe dies letztlich auf eine Zuteilung der Masse aufgrund richterlicher Billigkeitsentscheidung hinaus.
- 26
- (2) Jede Ausweitung der Rangordnung und jedes Mehr an Forderungen in vorgehenden Rangstellen bewirkt - wie das Bundesverfassungsgericht zu § 61 Abs. 1 KO überzeugend ausgeführt hat - eine Minderung der den nach- rangigen, insbesondere letztrangigen Gläubigern verbleibenden Haftungsmasse , die regelmäßig schon durch ausgedehnte Sicherungsrechte der Geld- und Warenkreditgeber geschmälert ist. Deshalb ist zu betonen, dass jede Bevorzugung einzelner Forderungen zwangsläufig zu Lasten anderer Gläubiger geht und regelmäßig auch zu neuen Unstimmigkeiten bei der Verfahrensabwicklung führt (BVerfGE 65, 182, 192). Die Insolvenzanfechtung beruht auf dem Gerechtigkeitsgebot , das Ausfallrisiko solidarisch und gleichmäßig auf sämtliche Gläubiger einschließlich der Arbeitnehmer zu verteilen (Ries, ZInsO 2007, 1037). Folgerichtig kann es auch im Verhältnis zu Arbeitnehmern nicht Aufgabe des Insolvenzverfahrens sein, werthaltige Rechte einzelner Beteiligter zu Gunsten von Arbeitnehmern in Frage zu stellen (BT-Drucks. 12/2443 S. 96).
- 27
- (3) Viele Kleinunternehmer, etwa handwerkliche Familienbetriebe, befinden sich in einer Arbeitnehmern vergleichbaren wirtschaftlichen Lage, ohne - bei zutreffendem Verständnis - der auf § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO gestützten Anfechtung von verspätet erlangten Werklohnzahlungen mit dem Hinweis auf einen Baraustausch (§ 142 InsO) begegnen zu können. In ihrer Branche gesuchte Arbeitnehmer werden einen vorübergehenden Lohnausfall vielfach leichter verkraften können als etwa ein (Klein-)Unternehmen Umsatzausfälle, die auf der Insolvenz eines langjährigen Hauptabnehmers beruhen. Dies gilt umso mehr für unterhalb des Vorstands als Arbeitnehmer angesiedelte Führungskräfte , die durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - will man nicht innerhalb der Gruppe der Arbeitnehmer rechtsschöpferisch differenzieren - ebenfalls geschützt werden. Sachgerechte Gründe für die unterschiedliche Behandlung dieser Gläubigergruppen sind nicht ersichtlich (vgl. BVerfGE 65, aaO S. 194). Mit der einseitigen Bevorzugung der Arbeitnehmer ist außerdem zwingend eine Verminderung der auf die sonstigen Gläubiger entfallenden Insolvenzquote verknüpft. Wie die Erfahrung lehrt, können insolvenzbedingte Forde- rungsausfälle Folgeinsolvenzen auslösen, die als Kettenreaktion für die Arbeitnehmer der nun betroffenen Unternehmen zu Lohnausfällen führen. Diese Konsequenz ist stets zu bedenken, wenn eine Beschränkung des Insolvenzanfechtungsrechts ins Auge gefasst wird.
- 28
- cc) Aus den vorstehenden Erwägungen kann entgegen der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 15 ff) auch ein etwaiges Existenzminimum des Arbeitnehmers nicht mittels einer beschränkenden Auslegung der §§ 129 ff InsO anfechtungsfrei gestellt werden.
- 29
- (1) Es ist nicht Aufgabe der Gläubigergemeinschaft, sondern des Staates , etwaige durch eine Insolvenz zu Lasten bestimmter Gläubiger hervorgerufene unzumutbare Härten auszugleichen (vgl. Vollrath, ZInsO 2011, 1665, 1675; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2044; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581, 584; Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 627; Huber, ZInsO 2013, 1049, 1053; Lütcke, NZI 2014, 350, 351). Zum Nachteil der Arbeitnehmer bestehende sozialrechtliche Schutzlücken sind innerhalb dieses Regelungswerks durch ergänzende Vorschriften etwa zum Bezug von Insolvenzgeld zu schließen (Brinkmann , ZZP 125 (2012), 197, 215 f). Hingegen können nicht der Gläubigergesamtheit sich in einer Quotenminderung manifestierende Sonderopfer, wovon der Gesetzgeber selbst Gesellschafter verschont (BT-Drucks. 16/9737 S. 59), zugunsten von Mitgläubigern ohne gesetzliche Grundlage im Wege richterlicher Rechtsfortbildung aufgebürdet werden (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 96; Huber, aaO S. 1054). Das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes enthält infolge seiner Weite und Unbestimmtheit keine unmittelbaren Handlungsanweisungen, die durch die Gerichte ohne gesetzliche Grundlage in einfaches Recht umgesetzt werden könnten (BVerfGE 65, 182, 193). Darum ist es den Gläubigern nicht zumutbar (Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 209; Lütcke, aaO), durch einen Quotenverzicht Lücken der Insolvenzgeldzahlung zugunsten von Arbeitnehmern als Mitgläubigern aufzufüllen (in diesem Sinne BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10, BAGE 139, 235 Rn. 15 ff) oder deren Existenzminimum zu sichern (in diesem Sinne BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 15 ff). Scheidet ein Schutz der Arbeitsplatzinteressen gegen den Markt aus (BT-Drucks. 12/2443, aaO), kann ihnen auch im Verhältnis zu anderen Gläubigern nicht einfach kraft Richterrechts der Vorrang eingeräumt werden (Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 623).
- 30
- (2) Die Argumentation des Bundesarbeitsgerichts läuft bei lebensnaher Betrachtung auf das Ergebnis hinaus, die Anfechtung generell zu versagen, wenn das damit verbundene Ergebnis für den Arbeitnehmer wirtschaftlich untragbar ist. Das Sozialstaatsprinzip kann bereits im Ansatz nicht zur Korrektur jeglicher hart oder unbillig erscheinenden Einzelregelungen dienen (BVerfGE 66, 234, 248; 67, 231, 239; 69, 272, 315). Davon abgesehen lässt die Würdigung die Interessen der vor Verfahrenseröffnung nicht befriedigten, regelmäßig die Mehrheit bildenden Gläubiger des Schuldners außer Betracht, die durch einen vollständigen Forderungsausfall ebenfalls untragbare Härten erleiden können (vgl. Ries, ZInsO 2007, 1037, 1038; Lütcke, aaO S. 352). Hier schafft die Insolvenzanfechtung den gebotenen Ausgleich, indem Zahlungen zur Masse gezogen und zur anteiligen Befriedigung sämtlicher - unzumutbar belasteter - Gläubiger einschließlich des Anfechtungsgegners verwendet werden (Ries, aaO S. 1037; Lütcke, aaO S. 351). Zahlt ein Arbeitgeber etwa nur an bestimmte , für die Produktion besonders wichtige Arbeitnehmer Lohn, erscheint es sachgerecht, die weggegebenen Mittel durch eine Anfechtung für sämtliche Arbeitnehmer gleichmäßig verfügbar zu machen. Muss sich ein Arbeitnehmer mangels eines Vorrechts nach Verfahrenseröffnung ohne Rücksicht auf die Be- friedigung seines Existenzminimums mit der Quote abfinden, so leuchtet nicht ein, dass er eine anfechtbar erworbene Zahlung unter dem Gesichtspunkt des Existenzminimums behalten darf (vgl. BVerfGE 65, 182, 194).
- 31
- d) Im Streitfall sind die Voraussetzungen eines Bargeschäfts (§ 142 InsO) gegeben, weil die monatlich geschuldete Lohnzahlung innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit erfolgte.
- 32
- aa) Unter welchen zeitlichen Voraussetzungen verspätete Entgeltzahlungen des Arbeitgebers das Bargeschäftsprivileg genießen, wird im Schrifttum unterschiedlich beantwortet. Vereinzelt wird ein Bargeschäft bereits dann ausgeschlossen , wenn die Vergütung nicht nur einige Tage verspätet (Zwanziger, BB 2007, 42, 43) oder nicht einigermaßen pünktlich (Klinck, AP InsO § 130 Nr. 1 unter III.) gezahlt wird. Als zeitliche Grenze des Bargeschäftscharakters einer verspäteten Lohnzahlung wird ferner eine Frist von drei Wochen genannt (Huber, NJW 2009, 1928, 1929; Vollrath, ZInsO 2011, 1665, 1666; Wegener, NZI 2009, 225).
- 33
- Bei länger währenden Vertragsbeziehungen ist nach der Rechtsprechung des Senats für die Annahme eines Bargeschäfts zu verlangen, dass die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen zeitlich oder gegenständlich teilbar sind und zeitnah - entweder in Teilen oder abschnittsweise - ausgetauscht werden. Wenn zwischen dem Beginn einer anwaltlichen Tätigkeit und der Erbringung einer Gegenleistung mehr als 30 Tage liegen, ist ein Bargeschäft zu verneinen. Bei Anforderung eines Vorschusses ist eine anfechtungsrechtliche Bargeschäftsausnahme anzunehmen, wenn in regelmäßigen Abständen Vorschüsse eingefordert werden, die in etwa dem Wert einer zwischenzeitlich entfalteten oder in den nächsten 30 Tagen noch zu erbringenden Tätigkeit entsprechen.
- 34
- bb) Diese aus § 286 Abs. 3 BGB für die Annahme eines Bargeschäfts bei der Zahlung der Anwaltsvergütung hergeleiteten Grundsätze können mit der Modifizierung, dass die Frist von 30 Tagen nicht ab Beginn der Tätigkeit, sondern ab Fälligkeit der Vergütung zu berechnen ist, auf die Gewährung von Arbeitsentgelten bei monatlicher Lohnzahlung übertragen werden.
- 35
- (1) Die Vergütung der Arbeitnehmer ist gemäß § 614 Satz 1 BGB nach Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen , muss sie gemäß § 614 Satz 2 BGB nach dem Ablauf jedes einzelnen Zeitabschnitts beglichen werden. Bei monatlicher Vergütung ist dies grundsätzlich der erste Tag des Folgemonats (MünchKomm-BGB/Müller-Glöge, 6. Aufl., § 614 Rn. 11). Allerdings kann der Fälligkeitszeitpunkt durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung kollektivvertraglich abweichend - etwa auf den fünfzehnten Tag des Folgemonats (Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 622) - bestimmt werden (MünchKomm-BGB/Müller-Glöge, aaO § 614 Rn. 2). Dem allgemeinen Rechtsverkehr entsprechen - wie auch im Streitfall - monatliche Lohnzahlungen, die ebenfalls monatlich abzurechnen und auszuführen sind (Jacobs/Doebert, aaO S. 623 mwN; Wagner in Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung, 2. Aufl., Rn. O 83).
- 36
- (2) Die Rechtsprechung zum Unmittelbarkeitserfordernis bei der Vergütung anwaltlicher Dienstleistungen kann nicht unbesehen auf Arbeitnehmer übertragen werden. Arbeitnehmer unterliegen gemäß § 614 Satz 1 BGB regelmäßig einer Vorleistungspflicht (Jacobs/Doebert, aaO S. 622; Lütcke, NZI 2014, 350, 352) und haben nach § 614 Satz 2 BGB bei entsprechender Bemessung Anspruch auf eine Vergütung nach Zeitabschnitten (Ganter, ZIP 2014, 2037, 2040, 2044). Im Falle einer Vorleistungspflicht kann im Blick auf den engen zeitlichen Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung nicht auf den Beginn der Tätigkeit des Arbeitnehmers abgestellt werden, weil ihm zu diesem Zeitpunkt noch kein Vergütungsanspruch zusteht (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 480/00, WM 2002, 1808, 1809). Für diese Bewertung spricht die weitere Erwägung, dass eine Vergütung nach Zeitabschnitten von einer Woche oder einem Monat ihrer Natur nach einen Baraustausch nahelegt (Ganter, aaO).
- 37
- (3) Da der Vorleistung des Arbeitnehmers keine Kreditfunktion zukommt (Staudinger/Richardi, BGB, 2005, § 614 Rn. 11), beurteilt sich die Unmittelbarkeit der Lohnzahlung nach dem Zeitraum zwischen der Fälligkeit des Vergütungsanspruchs und seiner tatsächlichen Erfüllung (Wagner in Kummer /Schäfer/Wagner, aaO; Jacobs/Doebert, aaO; Lütcke, NZI 2014, 350, 352). Mit dieser Maßgabe kann die Rechtsprechung zum Baraustausch bei anwaltlichen Beratungsleistungen auf Arbeitnehmer übertragen werden. Danach ist der für ein Bargeschäft erforderliche Unmittelbarkeitszusammenhang noch gegeben , wenn im Falle einer monatlichen Vorleistungspflicht die Entgeltzahlung innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit vorgenommen wird (Bork, ZIP 2007, 2337, 2338 f; Ries, ZInsO 2007, 1037, 1038; Pieper, ZInsO 2009, 1425, 1431; Laws, ZInsO 2009, 1465, 1470; Ganter, aaO S. 2040, 2044; Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 208; Jacobs/Doebert, aaO S. 624; Wagner in Kummer/Schäfer /Wagner, aaO; ErfK/Müller-Glöge, 11. Aufl., InsO, Einführung Rn. 24; anders im Sinne des BAG nunmehr ders., aaO 14. Aufl., Rn. 24 b). Für die Beurteilung als Bargeschäft ist es unschädlich, wenn der Fälligkeitszeitpunkt entsprechend den tarifvertraglichen Übungen anstelle des ersten Tages nicht länger als bis zum fünfzehnten Tag des Folgemonats hinausgeschoben wird (Jacobs /Doebert, aaO S. 622). Ist die Vergütung nach kürzeren Zeitabschnitten zu leisten, scheidet ein Bargeschäft aus, wenn zum Zeitpunkt der Zahlung bereits der Lohn für den nächsten Zeitabschnitt fällig war (Ries, aaO; Bork aaO; Jacobs /Doebert, aaO S. 623; Pieper, aaO; Ganter, aaO S. 2044; Lütcke, NZI 2014, 350, 352).
- 38
- cc) Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall eine Bardeckung (§ 142 InsO) vor.
- 39
- Die monatliche Vergütung des Beklagten war von der Schuldnerin vertragsgemäß bis zum zehnten Tag des Folgemonats zu begleichen. Im Zeitpunkt der durch die Schuldnerin am 5. Januar 2011 bewirkten Zahlung standen die Gehälter des Beklagten für die Monate November und Dezember 2010 teilweise offen. Im Falle einer Zahlung auf das Gehalt für den Monat Dezember 2010, die noch vor dem spätesten Fälligkeitszeitpunkt des 10. Januar 2011 erfolgt wäre, läge ohne weiteres ein Bargeschäft vor. Nicht anders verhielte es sich, wenn mit der Zahlung das Gehalt für den Monat November 2010 getilgt werden sollte. Infolge der für dieses Gehalt zum 10. Dezember 2010 begründeten Fälligkeit wäre auch bei einer am 5. Januar 2011 erfolgten Begleichung der für ein Bargeschäft unschädliche Zeitraum von 30 Tagen noch nicht verstrichen. Vor diesem Hintergrund bedarf es nicht der Prüfung, ob die bei der Zahlung vom 5. Januar 2011 auf den Monat Dezember 2010 gerichtete Tilgungsbestimmung (§ 366 Abs. 1 BGB) selbständig anfechtbar ist.
III.
- 40
- Sonstige Anfechtungstatbestände greifen ebenfalls nicht durch.
- 41
- 1. Soweit das Berufungsgericht eine Vorsatzanfechtung aus § 133 Abs. 1 InsO abgelehnt hat, ist seine Würdigung revisionsrechtlich jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden.
- 42
- a) Es konnte davon ausgehen, dass die Zahlung der Schuldnerin, ohne nähere Feststellungen zu einer tatsächlich bestehenden Zahlungsunfähigkeit treffen zu müssen, nicht von einem Benachteiligungsvorsatz getragen war.
- 43
- aa) Dem Beweisanzeichen der erkannten Zahlungsunfähigkeit ist - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - im Streitfall keine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen. Die Indizwirkung der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit wie auch der Inkongruenz kann im Einzelfall ausgeschlossen sein, wenn die Umstände ergeben, dass der Schuldner von einer anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willensrichtung geleitet war und das Bewusstsein der Benachteiligung anderer Gläubiger infolgedessen in den Hintergrund getreten ist. Dies kann einmal gelten, wenn die Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber gescheiterten Sanierungsversuchs war (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09, WM 2012, 146 Rn. 11, 18; vom 21. Februar 2013 - IX ZR 52/10, WM 2013, 763 Rn. 11; vom 3. April 2014 - IX ZR 201/13, WM 2014, 1009 Rn. 40).
- 44
- bb) Zum anderen kann dem Schuldner im Falle einer bargeschäftsähnlichen Lage infolge des gleichwertigen Leistungsaustauschs die dadurch eintretende mittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht bewusst geworden sein (Kayser, WM 2013, 293, 298; NJW 2014, 422, 427). Darum handelt ein Schuldner in der Regel nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn er eine kongruente Leistung Zug um Zug gegen eine zur Fortführung seines eigenen Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat, die den Gläubigern im allgemeinen nützt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1997 - IX ZR 234/96, ZIP 1997, 1551, 1553; Beschluss vom 16. Juli 2009 - IX ZR 28/07, NZI 2009, 723 Rn. 2; vom 6. Februar 2014 - IX ZR 221/11, ZInsO 2014, 496 Rn. 3). Zu den für die Betriebsfortführung unverzichtbaren Gegenleistungen gehört auch die Tätigkeit der Arbeitnehmer, deren Mitwirkung für jede betriebliche Wertschöpfung unabdingbar ist. Deswegen scheidet regelmäßig ein Benachteiligungsvorsatz aus, wenn durch Gehaltszahlungen im Zuge eines Baraustauschs die für die Betriebsfortführung unerlässliche Gegenleistung der Arbeitstätigkeit entgolten wird (BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 84 ff, 89). Nach den hier getroffenen Feststellungen fehlt es an einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin, weil diese dem Beklagten Gehaltszahlungen im Rahmen eines bargeschäftlichen Leistungsaustauschs gewährt hat.
- 45
- b) Überdies hat der Kläger nicht den Nachweis geführt, dass der Beklagte eine auch nur drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und damit deren Benachteiligungsvorsatz erkannt hat (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO). Nach den tatrichterlichen Feststellungen war der Beklagte nicht mit der Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben betraut, die ihm nähere Einblicke in die Vermögenslage der Schuldnerin verschafft hätte (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 205/11, WM 2012, 2343 Rn. 7). Ferner hat er zugunsten der Schuldnerin eine selbstschuldnerische Bürgschaft über 55.000 € übernommen und durch Klage vom 16. Februar 2010 gegenüber der Schuldnerin seine offenen Lohnrückstände vor dem Arbeitsgericht verfolgt. Die ein erhebliches Risiko bergende Bereitschaft, eine selbstschuldnerische Bürgschaft einzugehen, spricht nachdrücklich gegen eine Kenntnis des Beklagten von einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin, sondern deutet vielmehr darauf hin, dass er nicht von ihrer existenziellen Gefährdung ausging. Ebenso liegt fern, dass der Schuldner eine Klage gegen das als insolvent erkannte Unternehmen gerichtet hätte, die von vornherein keinen wirtschaftlichen Erfolg versprochen, sondern durch das Ingangsetzen eines aussichtslosen Verfahrens lediglich eine zusätzliche Kostenbelastung hervorgerufen hätte.
- 46
- 2. Ein Anfechtungsanspruch folgt auch nicht aus § 133 Abs. 2 Satz 1 InsO. Nach dieser Vorschrift ist ein von dem Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138 InsO) geschlossener entgeltlicher Vertrag anfechtbar, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden.
- 47
- a) Da es sich bei der Schuldnerin um eine GmbH handelt, ist der zu mehr als ein Viertel an ihrem Kapital beteiligte Beklagte gemäß § 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO als nahestehende Person anzusehen. Der Vertragsbegriff des § 133 Abs. 2 InsO ist weit auszulegen (BGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - IX ZR 58/09, NZI 2010, 738 Rn. 9). Auch reine Erfüllungsgeschäfte werden zu den entgeltlichen Verträgen gerechnet. Bei ihnen besteht das Entgelt in der Befreiung von der Schuld (BGH, Urteil vom 12. Juli 1990 - IX ZR 245/89, BGHZ 112, 136, 138; Urteil vom 15. Februar 1990 - IX ZR 149/88, ZIP 1990, 459, 460).
- 48
- b) Jedoch fehlt es an der weiteren Voraussetzung einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung des Schuldners die Zugriffsmöglichkeiten der Gläubigergesamtheit unmittelbar verschlechtert, ohne dass weitere Umstände hinzutreten müssen (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - IX ZR 130/10, WM 2013, 333 Rn. 27). Durch einen Vertrag, auf Grund dessen der Schuldner für das, was er aufgibt, eine vollwertige Gegenleistung erhält, werden die Gläubiger auch dann nicht unmittelbar benachteiligt, wenn diese Gegenleistung infolge eines weiteren , nicht zu dem Gesamttatbestand des Rechtsgeschäfts gehörenden Umstandes in dem Zeitpunkt nicht mehr in dem Vermögen des Schuldners vorhanden ist, in dem die von ihm zu erbringende Leistung endgültig aus seinem Vermögen herausgeht (BGH, Urteil vom 9. Februar 1955 - IV ZR 173/54, WM 1955, 404, 406; RGZ 116, 134, 137 f). Mithin scheidet bei einem Baraustausch, wie er hier gegeben ist, schon mit Rücksicht auf die zuvor erbrachte Arbeitsleistung eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung aus (vgl. MünchKomm-InsO/ Kayser, 3. Aufl., § 133 Rn. 41; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 133 Rn. 42).
- 49
- 3. Schließlich ist eine Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht begründet. Mit der Lohnzahlung wurde keine einem Darlehen wirtschaftlich entsprechende Forderung befriedigt.
- 50
- a) Die Anfechtbarkeit nach dieser Vorschrift erfasst sowohl die Befriedigung von Gesellschafterdarlehen als auch ihnen wirtschaftlich entsprechender Forderungen. Ungeachtet des Entstehungsgrundes sind einem Darlehen alle aus Austauschgeschäften herrührende Forderungen gleich zu achten, die der Gesellschaft rechtlich oder rein faktisch gestundet wurden, weil jede Stundung bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Darlehensgewährung bewirkt (MünchKomm -InsO/Ehricke, aaO § 39 Rn. 43; MünchKomm-InsO/Gehrlein, aaO § 135 Rn. 18; Preuß in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2013, § 39 Rn. 81). Stehen gelas- sene Gehaltsansprüche eines Gesellschafters können darum wirtschaftlich einem Darlehen entsprechen (BGH, Urteil vom 16. Februar 2009 - II ZR 120/07, BGHZ 180, 38 Rn. 24; BAG, Urteil vom 27. März 2014 - 6 AZR 204/12, ZIP 2014, 927 Rn. 30 ff).
- 51
- b) Im Streitfall ist weder eine Stundung noch ein Stehenlassen einer Lohnforderung gegeben. Vielmehr wurde die Lohnzahlung an den Beklagten bargeschäftlich (§ 142 InsO) abgewickelt. In diesem Fall kommt eine Stundungswirkung nicht in Betracht (vgl. Preuß in Kübler/Prütting/Bork, aaO, § 39 Rn. 81; Ahrens in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 39 Rn. 36).
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
AG Siegen, Entscheidung vom 05.04.2012 - 14 C 2967/11 -
LG Siegen, Entscheidung vom 29.07.2013 - 3 S 35/12 -
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 24. März 2011 über das Vermögen der e. GmbH (nachfolgend : Schuldnerin) am 21. April 2011 eröffneten Insolvenzverfahren.
- 2
- Der Beklagte war am Stammkapital der Schuldnerin über 25.000 € mit einem Geschäftsanteil von 8.250 € beteiligt. Außerdem war er bei der Schuldnerin versehen mit einer Kontovollmacht als kaufmännischer Leiter für den Unternehmensbereich zentrale Dienste zu einem nach dem Inhalt des Dienstvertrages spätestens am zehnten Tag des Folgemonats fälligen Gehalt von 5.500 € angestellt. Nachdem das Arbeitsentgelt für die Monate November und Dezember 2010 nicht vollständig entrichtet worden war, überwies die Schuldnerin am 5. Januar 2011 einen Betrag von 2.000 € an den Beklagten.
- 3
- Der Kläger nimmt den Beklagten im Wege der Insolvenzanfechtung auf Erstattung dieser Zahlung in Anspruch. Das Amtsgericht hat der Klage in Anwendung von § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die zulässige Revision ist nicht begründet.
- 5
- Die Berufung des Beklagten gegen das Ersturteil war als Prozessvoraussetzung des Revisionsverfahrens (BGH, Urteil vom 8. April 1991 - II ZR 35/90, NJW-RR 1991, 1186, 1187) zulässig. Den Begründungsanforderungen ist noch genügt. Der Beklagte hat sich mit dem die Erstentscheidung selbständig tragenden Merkmal einer Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO) in noch hinreichender Weise auseinandergesetzt.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die zugunsten des Beklagten bewirkte Zahlung unterliege als Bargeschäft (§ 142 InsO) nicht der Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei ein Bargeschäft gegeben, wenn der Arbeitgeber in der Krise Arbeitsentgelt für von dem Arbeitnehmer in den vorhergehenden drei Monaten erbrachte Arbeitsleistungen zahle. Der Beklagte sei für die Schuldnerin noch im Dezember 2010 tätig gewesen. Die Zahlung für seine Arbeitsleistung im Dezember habe er am 5. Januar 2011 im Wege eines Baraustauschs erhalten. Auch eine Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) greife nicht durch. Dabei könne dahin stehen, ob die Schuldnerin im Zahlungszeitpunkt zahlungsunfähig gewesen sei oder ihr Zahlungsunfähigkeit gedroht habe. Jedenfalls fehle es an einem Benachteiligungsvorsatz. Ein Schuldner handele nicht mit Benachteiligungsvorsatz , wenn er eine kongruente Gegenleistung für die von ihm empfangene Leistung erbringe, welche zur Fortführung seines Unternehmens nötig sei und damit den Gläubigern allgemein nütze. Ebenso verhalte es sich bei kongruenten Gehaltszahlungen, weil die im Gegenzug erbrachte Arbeitsleistung im Interesse der Gläubiger zur Fortführung des Betriebs notwendig sei. Deshalb könne hier aus einer behaupteten Zahlungsunfähigkeit nicht auf einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin geschlossen werden.
- 7
- Diese Ausführungen halten im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand.
II.
- 8
- Die Klageforderung kann nicht auf § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO gestützt werden. Dabei bedarf es keiner Prüfung, ob die Schuldnerin zahlungsunfähig war und der Beklagte dies erkannt hat, weil das Bargeschäftsprivileg des § 142 InsO durchgreift.
- 9
- 1. Unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts (§ 142 InsO) werden Leistungen der Anfechtung entzogen, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Dieser Ausnahmeregelung liegt der wirtschaftliche Gesichtspunkt zugrunde, dass ein Schuldner, der sich in der Krise befindet, praktisch vom Geschäftsverkehr ausgeschlossen würde, wenn selbst die von ihm abgeschlossenen wertäquivalenten Bargeschäfte der Anfechtung unterlägen. In diesem Fall findet wegen des ausgleichenden Vermögenswertes keine Vermögensverschiebung zu Lasten des Schuldners, sondern eine bloße Vermögensumschichtung statt (BGH, Urteil vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 24).
- 10
- 2. Eine Bardeckung ist gemäß § 142 InsO eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt. Durch die Worte "für die" wird ausgedrückt, dass eine Bardeckung nur vorliegt, wenn Leistung und Gegenleistung durch Parteivereinbarung miteinander verknüpft sind. Nur eine der Parteivereinbarung entsprechende Leistung ist kongruent und geeignet, den Bargeschäftseinwand auszufüllen (BGH, Urteil vom 23. September 2010, aaO Rn. 26).
- 11
- Im Streitfall entspricht die Zahlung der Schuldnerin der Parteiabrede. Nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages stand dem Beklagten ein monatlicher Vergütungsanspruch von 5.500 € gegen die Schuldnerin zu. Tatsächlich hat die Schuldnerin auf die Lohnforderung für den Monat Dezember 2010 am 5. Januar 2011 einen Teilbetrag von 2.000 € gezahlt. Diese Teilzahlung steht mit der Par- teivereinbarung in Einklang.
- 12
- 3. Die für ein Bargeschäft erforderliche Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung ist ebenfalls gegeben. Voraussetzung eines Bargeschäfts ist, dass der Leistung des Schuldners eine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht. Nur dann ist das Geschäft für die (spätere) Masse wirtschaftlich neutral (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 - IX ZR 195/04, WM 2008, 222 Rn. 9).
- 13
- Die von der Schuldnerin geleistete Zahlung glich die von dem Beklagten während des abgelaufenen Monats erbrachte Arbeitstätigkeit aus. Diese hatte für die Schuldnerin, die ihren Geschäftsbetrieb im fraglichen Zeitraum fortsetzte, praktischen Nutzen. Dabei ist davon auszugehen, dass der Beklagte als kaufmännischer Leiter des Unternehmens mit 5.500 € monatlich angemessen vergütet wurde. Anzeichen dafür, dass die geschuldete Vergütung in einem Missverhältnis zu dem übertragenen Verantwortungsbereich stand, sind nicht ersichtlich (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2006 - IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125 Rn. 48). Überdies hat die Schuldnerin auf das dem Beklagten monatlich geschuldete Entgelt in Höhe von 5.500 € lediglich einen Teilbetrag über 2.000 € erbracht. Mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck des § 142 InsO ist es unschädlich , falls der Schuldnerin infolge der über den gesamten Monat erbrachten Arbeitstätigkeit des Beklagten im Vergleich zu der von ihr erbrachten Teilzahlung ein höherer Wert zugeflossen sein sollte (MünchKomm-InsO/Kirchhof, 3. Aufl., § 142 Rn. 9; HK-InsO/Kreft, 7. Aufl., § 142 Rn. 7; Ehricke in Kübler /Prütting/Bork, InsO, 2008, § 142 Rn. 4; HmbKomm-InsO/Rogge/Leptien, 4. Aufl., § 142 Rn. 10; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 142 Rn. 18; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2038). Der Behauptung des Beklagten, während der Monate November und Dezember 2010 durchgängig gearbeitet zu haben, ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.
- 14
- 4. Der für ein Bargeschäft notwendige enge zeitliche Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung ist im Streitfall gegeben.
- 15
- a) Unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts werden gemäß § 142 InsO Leistungen privilegiert, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Leistung und Gegenleistung müs- sen beim Bargeschäft zwar nicht Zug um Zug erbracht werden. Allerdings setzt das in der Vorschrift enthaltene Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" voraus, dass Leistung und Gegenleistung in einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgetauscht werden (BT-Drucks. 12/2443 S. 167). Der Gesichtspunkt der bloßen Vermögensumschichtung greift nur, wenn der Leistungsaustausch in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang vorgenommen wird (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - IX ZR 377/99, WM 2003, 524, 528). Der hierfür unschädliche Zeitraum lässt sich nicht allgemein festlegen. Er hängt wesentlich von der Art der ausgetauschten Leistungen und davon ab, in welcher Zeitspanne sich der Austausch nach den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs vollzieht (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 31; vom 21. Juni 2007 - IX ZR 231/04, WM 2007, 1616 Rn. 51; vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Rn. 31). Eine sich in "verspäteten Entgeltzahlungen" (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10, BAGE 139, 235 Rn. 15) ausdrückende Kreditgewährung schließt, weil es notwendigerweise an einem engen zeitlichen Zusammenhang des Leistungsaustausches mangelt, ein Bargeschäft aus (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002, aaO; vom 16. November 2006 - IX ZR 239/04, WM 2007, 170 Rn. 15). Danach fehlt es jedenfalls an einem unmittelbaren Leistungsaustausch, wenn monatlich fällige Lohnzahlungen zwei Monate nach Beendigung der damit korrespondierenden Arbeitstätigkeit erbracht werden (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 480/00, WM 2002, 1808, 1809).
- 16
- b) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt hingegen bereits ein Bargeschäft vor, wenn der Arbeitgeber in der Krise Arbeitsentgelt für Arbeitsleistungen zahlt, die der Arbeitnehmer in den vorhergehenden drei Monaten erbracht hat (Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 15 ff). Dieser im insolvenzrechtlichen Schrifttum - soweit ersichtlich - einhellig kritisierten Auslegung des § 142 InsO (vgl. Huber, EWiR 2011, 817; ders., ZInsO 2013, 1049 ff; Ganter, ZIP 2012, 2037 ff; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581 ff; Jacobs/ Doebert, ZInsO 2012, 618 ff; Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 208 f; Smid, DZWIR 2013, 89, 110 f) vermag der Senat nicht zuzustimmen.
- 17
- aa) Soweit sich das Bundesarbeitsgericht darauf beruft, „dass in nicht wenigen Branchen eine verzögerte Zahlung der Vergütung schon fast die Regel ist“ (Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 17), wird diese Würdigung schon im Ansatz dem Gesetzeszweck des § 142 InsO nicht gerecht, weil selbst ein verbreiteter Verstoß gegen Fälligkeitszeitpunkte nicht geeignet sein kann, die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zu beseitigen. Die bei der Beurteilung eines Bargeschäfts zugrunde zu legenden allgemeinen geschäftlichen Gepflogenheiten beurteilen sich nach den Gebräuchen solventer Partner und werden nicht durch verspätete Zahlungen insolvenzgefährdeter Unternehmen beeinflusst, die unter Liquiditätsengpässen leiden (Jacobs/Doebert, aaO S. 622; Ganter, aaO S. 2038, 2043). Andernfalls wäre jeder Leistungsaustausch in der Krise als Bargeschäft zu bewerten, weil liquiditätsschwache Unternehmen typischerweise verzögert zahlen (Brinkmann, aaO S. 208 f).
- 18
- bb) Davon abgesehen wird der Befund branchenübergreifender Zahlungsverzögerungen nicht durch verifizierbare Tatsachen - anhand von empirischem Material oder auch nur anhand von Medienberichten - untermauert (vgl. Brinkmann, aaO; Plathner/Sajogo, aaO S. 584). Es fehlt nicht nur jede Konkretisierung , um welche Branchen es sich handelt (Jacobs/Doebert, aaO S. 623); überdies wird der festgestellte Zeitraum der Zahlungsverzögerungen nicht näher präzisiert. Schließlich ist der von dem Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 17) angeführte Beleg (Bandte in FS Beuthien, 2009, S. 401, 405) inhaltlich unergiebig. Ein allgemein verbreiteter Missstand verspäteter Lohnzahlung wäre von den über die Verhältnisse am Arbeitsmarkt wohl unterrichteten Gewerkschaften sicherlich längst öffentlichkeitswirksam angeprangert worden. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden , dass sich innerhalb des Arbeitslebens die allgemeine Gepflogenheit einer um drei Monate verspäteten Lohnzahlung herausgebildet hätte. Im Gegenteil begleichen die den Geschäftsverkehr prägenden wirtschaftlich gesunden Unternehmen , deren Zahl die in einer Krise befindlichen Betriebe im Gemeinwohlinteresse erfreulicherweise weit übersteigt, die Arbeitslöhne in aller Regel bei Fälligkeit.
- 19
- cc) Die weitere Erwägung des Bundesarbeitsgerichts, durch die Zahlung rückständigen Lohns werde "erkauft", dass Arbeitnehmer zwecks Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs "bei der Stange bleiben" (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 18), vermag die Annahme eines Bargeschäfts ebenfalls nicht zu tragen. In der Fortsetzung ihrer Arbeitstätigkeit liegt keine berücksichtigungsfähige Gegenleistung der Arbeitnehmer, weil die künftigen Leistungen ihrerseits wieder in Rechnung gestellt werden (BGH, Urteil vom 30. Januar 1986 - IX ZR 79/85, BGHZ 97, 87, 94; vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 33; Ganter, aaO S. 2043 f).
- 20
- c) Die Arbeitnehmer einseitig begünstigende Auslegung des § 142 InsO durch das Bundesarbeitsgericht ist zudem mit der Bindung der Gerichte an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht vereinbar (vgl. Huber, ZInsO 2013, 1049, 1054 f; Kreft, ZIP 2013, 241, 250 f).
- 21
- aa) Der Gesetzgeber hat mit der Schaffung der Insolvenzordnung - wie bereits das Vorblatt der Gesetzesbegründung betont - die allgemeinen Kon- kursvorrechte einschließlich derjenigen der Arbeitnehmer ausdrücklich beseitigt (BT-Drucks. 12/2443 Vorblatt B. 6.).
- 22
- (1) Aufgrund dieser Gesetzesänderung waren nach Auffassung des Gesetzgebers für Arbeitnehmer keine sozialen Härten zu erwarten, weil für die Lohnausfälle der letzten drei Monate vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Ausfallgeld gezahlt wird (BT-Drucks., aaO, sowie S. 90). Lohnrückstände der Arbeitnehmer sollten durch das für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gewährte Ausfallgeld gesichert werden (BT-Drucks., aaO S. 96). Bei der Streichung der Konkursvorrechte ließ sich der Gesetzgeber von der allgemeinen Erwägung leiten, dass sich die Entscheidung über den Vor- oder Nachrang einer Gläubigerklasse nicht auf hinreichend überzeugende soziale Gesichtspunkte stützen lässt (BT-Drucks. 12/2443, S. 90). Wörtlich hat er insoweit ausgeführt (BT-Drucks., aaO): "Eine dem sozialen Schutzbedürfnis im Einzelfall gemäße Einordnung von Gläubigerklassen in einen Privilegienkatalog erscheint unmöglich. Jeder Vorrechtskatalog ist letztlich willkürlich. Schon das geltende Konkursrecht räumt keineswegs allen anerkanntermaßen sozial schutzwürdigen Gruppen ein Vorrecht ein. Anders als im Recht der Einzelvollstreckung in das Arbeitseinkommen (§§ 850 d, 850 f Abs. 2 ZPO) sind beispielsweise Unterhalts- und Deliktsgläubiger im Konkursverfahren nicht privilegiert. Das Bundesverfassungsgericht hat die Fragwürdigkeit jedes Privilegienkatalogs in seinem Beschluss zum Vorrecht für Sozialplanforderungen (BVerfGE 65, 182) nachdrücklich herausgearbeitet."
- 23
- (2) In der angeführten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht die Einordnung von Sozialplanabfindungen als Konkursforderungen im Range vor § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO kraft Richterrechts als mit der Verfassung (Art. 20 Abs. 3 GG) unvereinbar beanstandet (BVerfGE 65, 182, 190 ff.). Dabei hat es betont, dass jedes Konkursvorrecht eine Ausnahme vom Gebot der Gleichbehandlung aller Konkursgläubiger bildet. Soweit ein Vorrecht nicht gesetzlich begründet ist, muss es deshalb nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts bei der Regelung bleiben, dass Forderungen gegen den Gemeinschuldner einfache Konkursforderungen im Range des § 61 Abs. 1 Nr. 6 KO sind (BVerfGE 65, aaO S. 191). Da die Regelung nach Wortlaut, Systematik und Sinn abschließend ist, besteht keine verfassungsrechtlich anzuerkennende Regelungslücke , die es dem Richter erlaubt, für bestimmte Forderungen eine Privilegierung außerhalb dieses geschlossenen Systems zu begründen (BVerfGE 65, aaO S. 191 f).
- 24
- bb) Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzt sich aus sozialpolitischen Gründen (vgl. bereits BVerfGE 65, aaO S. 194) - wie nicht zuletzt die Gesetzesinitiativen, sie durch eine Änderung des Insolvenzanfechtungsrechts zu legalisieren, belegen (Huber, ZInsO 2013, 1049, 1054 f) - über die Schranken richterlicher Rechtsfortbildung hinweg, indem sie Arbeitnehmern unter Verzicht auf das Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" mit Hilfe einer vom Wortlaut des § 142 InsO nicht mehr getragenen Auslegung im Gewand des Bargeschäftsprivilegs das vom Gesetzgeber ausdrücklich beseitigte Konkursvorrecht gewährt. Eine eindeutige gesetzgeberische Entscheidung darf der Richter nicht nach eigenen rechtspolitischen Vorstellungen durch eine abweichende judikative Lösung ersetzen (vgl. Kreft, ZIP 2013, 241, 250). Da § 142 InsO eine Ausnahmeregelung darstellt, ist aus rechtsmethodischen Gründen für eine erweiternde Auslegung von vornherein kein Raum (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 35; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2038).
- 25
- (1) Infolge der Beseitigung jeglicher Vorrechte einzelner Gläubiger durch die Insolvenzordnung sind Arbeitnehmer und sonstige Gläubiger uneingeschränkt gleich zu behandeln (Huber, aaO S. 1051, 1054; Lütcke, NZI 2014, 350, 351). Das Gebot der Gleichbehandlung als "Magna carta des Insolvenzrechts" (Huber, aaO) hat allgemeine Geltung und ist darum ebenfalls im Rahmen der Insolvenzanfechtung zu beachten (vgl. Huber, aaO S. 1054; Jacobs/ Doebert, ZInsO 2012, 618, 627; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581, 584; Lütcke, aaO). Die aus wohl erwogenen Gründen entfallenen Vorrechte können nicht in der Weise wiederbegründet werden, dass einzelnen Gläubigern wie Arbeitnehmern ein vom Gesetz nicht vorgesehener Schutz gegen Ansprüche aus Insolvenzanfechtung eröffnet wird, um contra legem durch Ausbildung eines "Sonderinsolvenzrechts für Arbeitnehmer" (Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 201) den Rechtszustand der früheren Konkursordnung wiederherzustellen (Brinkmann, aaO S. 212). Ein bevorrechtigter Zugriff auf das Schuldnervermögen kann einzelnen Gläubigern nur von Gesetzes wegen eingeräumt werden (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 90), wie dies etwa durch die Umsetzung einer EURichtlinie geschieht, welche die bevorrechtigte Behandlung von Versicherungsforderungen bei Insolvenz eines Versicherungsunternehmens vorsieht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2011 - IX ZR 210/10, WM 2011, 1483 Rn. 7). Würde den Gerichten gestattet, die Anfechtungsvoraussetzungen im Blick auf unterschiedliche Gläubigergruppen jeweils zu differenzieren, liefe dies letztlich auf eine Zuteilung der Masse aufgrund richterlicher Billigkeitsentscheidung hinaus.
- 26
- (2) Jede Ausweitung der Rangordnung und jedes Mehr an Forderungen in vorgehenden Rangstellen bewirkt - wie das Bundesverfassungsgericht zu § 61 Abs. 1 KO überzeugend ausgeführt hat - eine Minderung der den nach- rangigen, insbesondere letztrangigen Gläubigern verbleibenden Haftungsmasse , die regelmäßig schon durch ausgedehnte Sicherungsrechte der Geld- und Warenkreditgeber geschmälert ist. Deshalb ist zu betonen, dass jede Bevorzugung einzelner Forderungen zwangsläufig zu Lasten anderer Gläubiger geht und regelmäßig auch zu neuen Unstimmigkeiten bei der Verfahrensabwicklung führt (BVerfGE 65, 182, 192). Die Insolvenzanfechtung beruht auf dem Gerechtigkeitsgebot , das Ausfallrisiko solidarisch und gleichmäßig auf sämtliche Gläubiger einschließlich der Arbeitnehmer zu verteilen (Ries, ZInsO 2007, 1037). Folgerichtig kann es auch im Verhältnis zu Arbeitnehmern nicht Aufgabe des Insolvenzverfahrens sein, werthaltige Rechte einzelner Beteiligter zu Gunsten von Arbeitnehmern in Frage zu stellen (BT-Drucks. 12/2443 S. 96).
- 27
- (3) Viele Kleinunternehmer, etwa handwerkliche Familienbetriebe, befinden sich in einer Arbeitnehmern vergleichbaren wirtschaftlichen Lage, ohne - bei zutreffendem Verständnis - der auf § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO gestützten Anfechtung von verspätet erlangten Werklohnzahlungen mit dem Hinweis auf einen Baraustausch (§ 142 InsO) begegnen zu können. In ihrer Branche gesuchte Arbeitnehmer werden einen vorübergehenden Lohnausfall vielfach leichter verkraften können als etwa ein (Klein-)Unternehmen Umsatzausfälle, die auf der Insolvenz eines langjährigen Hauptabnehmers beruhen. Dies gilt umso mehr für unterhalb des Vorstands als Arbeitnehmer angesiedelte Führungskräfte , die durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - will man nicht innerhalb der Gruppe der Arbeitnehmer rechtsschöpferisch differenzieren - ebenfalls geschützt werden. Sachgerechte Gründe für die unterschiedliche Behandlung dieser Gläubigergruppen sind nicht ersichtlich (vgl. BVerfGE 65, aaO S. 194). Mit der einseitigen Bevorzugung der Arbeitnehmer ist außerdem zwingend eine Verminderung der auf die sonstigen Gläubiger entfallenden Insolvenzquote verknüpft. Wie die Erfahrung lehrt, können insolvenzbedingte Forde- rungsausfälle Folgeinsolvenzen auslösen, die als Kettenreaktion für die Arbeitnehmer der nun betroffenen Unternehmen zu Lohnausfällen führen. Diese Konsequenz ist stets zu bedenken, wenn eine Beschränkung des Insolvenzanfechtungsrechts ins Auge gefasst wird.
- 28
- cc) Aus den vorstehenden Erwägungen kann entgegen der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 15 ff) auch ein etwaiges Existenzminimum des Arbeitnehmers nicht mittels einer beschränkenden Auslegung der §§ 129 ff InsO anfechtungsfrei gestellt werden.
- 29
- (1) Es ist nicht Aufgabe der Gläubigergemeinschaft, sondern des Staates , etwaige durch eine Insolvenz zu Lasten bestimmter Gläubiger hervorgerufene unzumutbare Härten auszugleichen (vgl. Vollrath, ZInsO 2011, 1665, 1675; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2044; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581, 584; Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 627; Huber, ZInsO 2013, 1049, 1053; Lütcke, NZI 2014, 350, 351). Zum Nachteil der Arbeitnehmer bestehende sozialrechtliche Schutzlücken sind innerhalb dieses Regelungswerks durch ergänzende Vorschriften etwa zum Bezug von Insolvenzgeld zu schließen (Brinkmann , ZZP 125 (2012), 197, 215 f). Hingegen können nicht der Gläubigergesamtheit sich in einer Quotenminderung manifestierende Sonderopfer, wovon der Gesetzgeber selbst Gesellschafter verschont (BT-Drucks. 16/9737 S. 59), zugunsten von Mitgläubigern ohne gesetzliche Grundlage im Wege richterlicher Rechtsfortbildung aufgebürdet werden (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 96; Huber, aaO S. 1054). Das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes enthält infolge seiner Weite und Unbestimmtheit keine unmittelbaren Handlungsanweisungen, die durch die Gerichte ohne gesetzliche Grundlage in einfaches Recht umgesetzt werden könnten (BVerfGE 65, 182, 193). Darum ist es den Gläubigern nicht zumutbar (Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 209; Lütcke, aaO), durch einen Quotenverzicht Lücken der Insolvenzgeldzahlung zugunsten von Arbeitnehmern als Mitgläubigern aufzufüllen (in diesem Sinne BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10, BAGE 139, 235 Rn. 15 ff) oder deren Existenzminimum zu sichern (in diesem Sinne BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 15 ff). Scheidet ein Schutz der Arbeitsplatzinteressen gegen den Markt aus (BT-Drucks. 12/2443, aaO), kann ihnen auch im Verhältnis zu anderen Gläubigern nicht einfach kraft Richterrechts der Vorrang eingeräumt werden (Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 623).
- 30
- (2) Die Argumentation des Bundesarbeitsgerichts läuft bei lebensnaher Betrachtung auf das Ergebnis hinaus, die Anfechtung generell zu versagen, wenn das damit verbundene Ergebnis für den Arbeitnehmer wirtschaftlich untragbar ist. Das Sozialstaatsprinzip kann bereits im Ansatz nicht zur Korrektur jeglicher hart oder unbillig erscheinenden Einzelregelungen dienen (BVerfGE 66, 234, 248; 67, 231, 239; 69, 272, 315). Davon abgesehen lässt die Würdigung die Interessen der vor Verfahrenseröffnung nicht befriedigten, regelmäßig die Mehrheit bildenden Gläubiger des Schuldners außer Betracht, die durch einen vollständigen Forderungsausfall ebenfalls untragbare Härten erleiden können (vgl. Ries, ZInsO 2007, 1037, 1038; Lütcke, aaO S. 352). Hier schafft die Insolvenzanfechtung den gebotenen Ausgleich, indem Zahlungen zur Masse gezogen und zur anteiligen Befriedigung sämtlicher - unzumutbar belasteter - Gläubiger einschließlich des Anfechtungsgegners verwendet werden (Ries, aaO S. 1037; Lütcke, aaO S. 351). Zahlt ein Arbeitgeber etwa nur an bestimmte , für die Produktion besonders wichtige Arbeitnehmer Lohn, erscheint es sachgerecht, die weggegebenen Mittel durch eine Anfechtung für sämtliche Arbeitnehmer gleichmäßig verfügbar zu machen. Muss sich ein Arbeitnehmer mangels eines Vorrechts nach Verfahrenseröffnung ohne Rücksicht auf die Be- friedigung seines Existenzminimums mit der Quote abfinden, so leuchtet nicht ein, dass er eine anfechtbar erworbene Zahlung unter dem Gesichtspunkt des Existenzminimums behalten darf (vgl. BVerfGE 65, 182, 194).
- 31
- d) Im Streitfall sind die Voraussetzungen eines Bargeschäfts (§ 142 InsO) gegeben, weil die monatlich geschuldete Lohnzahlung innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit erfolgte.
- 32
- aa) Unter welchen zeitlichen Voraussetzungen verspätete Entgeltzahlungen des Arbeitgebers das Bargeschäftsprivileg genießen, wird im Schrifttum unterschiedlich beantwortet. Vereinzelt wird ein Bargeschäft bereits dann ausgeschlossen , wenn die Vergütung nicht nur einige Tage verspätet (Zwanziger, BB 2007, 42, 43) oder nicht einigermaßen pünktlich (Klinck, AP InsO § 130 Nr. 1 unter III.) gezahlt wird. Als zeitliche Grenze des Bargeschäftscharakters einer verspäteten Lohnzahlung wird ferner eine Frist von drei Wochen genannt (Huber, NJW 2009, 1928, 1929; Vollrath, ZInsO 2011, 1665, 1666; Wegener, NZI 2009, 225).
- 33
- Bei länger währenden Vertragsbeziehungen ist nach der Rechtsprechung des Senats für die Annahme eines Bargeschäfts zu verlangen, dass die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen zeitlich oder gegenständlich teilbar sind und zeitnah - entweder in Teilen oder abschnittsweise - ausgetauscht werden. Wenn zwischen dem Beginn einer anwaltlichen Tätigkeit und der Erbringung einer Gegenleistung mehr als 30 Tage liegen, ist ein Bargeschäft zu verneinen. Bei Anforderung eines Vorschusses ist eine anfechtungsrechtliche Bargeschäftsausnahme anzunehmen, wenn in regelmäßigen Abständen Vorschüsse eingefordert werden, die in etwa dem Wert einer zwischenzeitlich entfalteten oder in den nächsten 30 Tagen noch zu erbringenden Tätigkeit entsprechen.
- 34
- bb) Diese aus § 286 Abs. 3 BGB für die Annahme eines Bargeschäfts bei der Zahlung der Anwaltsvergütung hergeleiteten Grundsätze können mit der Modifizierung, dass die Frist von 30 Tagen nicht ab Beginn der Tätigkeit, sondern ab Fälligkeit der Vergütung zu berechnen ist, auf die Gewährung von Arbeitsentgelten bei monatlicher Lohnzahlung übertragen werden.
- 35
- (1) Die Vergütung der Arbeitnehmer ist gemäß § 614 Satz 1 BGB nach Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen , muss sie gemäß § 614 Satz 2 BGB nach dem Ablauf jedes einzelnen Zeitabschnitts beglichen werden. Bei monatlicher Vergütung ist dies grundsätzlich der erste Tag des Folgemonats (MünchKomm-BGB/Müller-Glöge, 6. Aufl., § 614 Rn. 11). Allerdings kann der Fälligkeitszeitpunkt durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung kollektivvertraglich abweichend - etwa auf den fünfzehnten Tag des Folgemonats (Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 622) - bestimmt werden (MünchKomm-BGB/Müller-Glöge, aaO § 614 Rn. 2). Dem allgemeinen Rechtsverkehr entsprechen - wie auch im Streitfall - monatliche Lohnzahlungen, die ebenfalls monatlich abzurechnen und auszuführen sind (Jacobs/Doebert, aaO S. 623 mwN; Wagner in Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung, 2. Aufl., Rn. O 83).
- 36
- (2) Die Rechtsprechung zum Unmittelbarkeitserfordernis bei der Vergütung anwaltlicher Dienstleistungen kann nicht unbesehen auf Arbeitnehmer übertragen werden. Arbeitnehmer unterliegen gemäß § 614 Satz 1 BGB regelmäßig einer Vorleistungspflicht (Jacobs/Doebert, aaO S. 622; Lütcke, NZI 2014, 350, 352) und haben nach § 614 Satz 2 BGB bei entsprechender Bemessung Anspruch auf eine Vergütung nach Zeitabschnitten (Ganter, ZIP 2014, 2037, 2040, 2044). Im Falle einer Vorleistungspflicht kann im Blick auf den engen zeitlichen Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung nicht auf den Beginn der Tätigkeit des Arbeitnehmers abgestellt werden, weil ihm zu diesem Zeitpunkt noch kein Vergütungsanspruch zusteht (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 480/00, WM 2002, 1808, 1809). Für diese Bewertung spricht die weitere Erwägung, dass eine Vergütung nach Zeitabschnitten von einer Woche oder einem Monat ihrer Natur nach einen Baraustausch nahelegt (Ganter, aaO).
- 37
- (3) Da der Vorleistung des Arbeitnehmers keine Kreditfunktion zukommt (Staudinger/Richardi, BGB, 2005, § 614 Rn. 11), beurteilt sich die Unmittelbarkeit der Lohnzahlung nach dem Zeitraum zwischen der Fälligkeit des Vergütungsanspruchs und seiner tatsächlichen Erfüllung (Wagner in Kummer /Schäfer/Wagner, aaO; Jacobs/Doebert, aaO; Lütcke, NZI 2014, 350, 352). Mit dieser Maßgabe kann die Rechtsprechung zum Baraustausch bei anwaltlichen Beratungsleistungen auf Arbeitnehmer übertragen werden. Danach ist der für ein Bargeschäft erforderliche Unmittelbarkeitszusammenhang noch gegeben , wenn im Falle einer monatlichen Vorleistungspflicht die Entgeltzahlung innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit vorgenommen wird (Bork, ZIP 2007, 2337, 2338 f; Ries, ZInsO 2007, 1037, 1038; Pieper, ZInsO 2009, 1425, 1431; Laws, ZInsO 2009, 1465, 1470; Ganter, aaO S. 2040, 2044; Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 208; Jacobs/Doebert, aaO S. 624; Wagner in Kummer/Schäfer /Wagner, aaO; ErfK/Müller-Glöge, 11. Aufl., InsO, Einführung Rn. 24; anders im Sinne des BAG nunmehr ders., aaO 14. Aufl., Rn. 24 b). Für die Beurteilung als Bargeschäft ist es unschädlich, wenn der Fälligkeitszeitpunkt entsprechend den tarifvertraglichen Übungen anstelle des ersten Tages nicht länger als bis zum fünfzehnten Tag des Folgemonats hinausgeschoben wird (Jacobs /Doebert, aaO S. 622). Ist die Vergütung nach kürzeren Zeitabschnitten zu leisten, scheidet ein Bargeschäft aus, wenn zum Zeitpunkt der Zahlung bereits der Lohn für den nächsten Zeitabschnitt fällig war (Ries, aaO; Bork aaO; Jacobs /Doebert, aaO S. 623; Pieper, aaO; Ganter, aaO S. 2044; Lütcke, NZI 2014, 350, 352).
- 38
- cc) Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall eine Bardeckung (§ 142 InsO) vor.
- 39
- Die monatliche Vergütung des Beklagten war von der Schuldnerin vertragsgemäß bis zum zehnten Tag des Folgemonats zu begleichen. Im Zeitpunkt der durch die Schuldnerin am 5. Januar 2011 bewirkten Zahlung standen die Gehälter des Beklagten für die Monate November und Dezember 2010 teilweise offen. Im Falle einer Zahlung auf das Gehalt für den Monat Dezember 2010, die noch vor dem spätesten Fälligkeitszeitpunkt des 10. Januar 2011 erfolgt wäre, läge ohne weiteres ein Bargeschäft vor. Nicht anders verhielte es sich, wenn mit der Zahlung das Gehalt für den Monat November 2010 getilgt werden sollte. Infolge der für dieses Gehalt zum 10. Dezember 2010 begründeten Fälligkeit wäre auch bei einer am 5. Januar 2011 erfolgten Begleichung der für ein Bargeschäft unschädliche Zeitraum von 30 Tagen noch nicht verstrichen. Vor diesem Hintergrund bedarf es nicht der Prüfung, ob die bei der Zahlung vom 5. Januar 2011 auf den Monat Dezember 2010 gerichtete Tilgungsbestimmung (§ 366 Abs. 1 BGB) selbständig anfechtbar ist.
III.
- 40
- Sonstige Anfechtungstatbestände greifen ebenfalls nicht durch.
- 41
- 1. Soweit das Berufungsgericht eine Vorsatzanfechtung aus § 133 Abs. 1 InsO abgelehnt hat, ist seine Würdigung revisionsrechtlich jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden.
- 42
- a) Es konnte davon ausgehen, dass die Zahlung der Schuldnerin, ohne nähere Feststellungen zu einer tatsächlich bestehenden Zahlungsunfähigkeit treffen zu müssen, nicht von einem Benachteiligungsvorsatz getragen war.
- 43
- aa) Dem Beweisanzeichen der erkannten Zahlungsunfähigkeit ist - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - im Streitfall keine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen. Die Indizwirkung der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit wie auch der Inkongruenz kann im Einzelfall ausgeschlossen sein, wenn die Umstände ergeben, dass der Schuldner von einer anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willensrichtung geleitet war und das Bewusstsein der Benachteiligung anderer Gläubiger infolgedessen in den Hintergrund getreten ist. Dies kann einmal gelten, wenn die Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber gescheiterten Sanierungsversuchs war (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09, WM 2012, 146 Rn. 11, 18; vom 21. Februar 2013 - IX ZR 52/10, WM 2013, 763 Rn. 11; vom 3. April 2014 - IX ZR 201/13, WM 2014, 1009 Rn. 40).
- 44
- bb) Zum anderen kann dem Schuldner im Falle einer bargeschäftsähnlichen Lage infolge des gleichwertigen Leistungsaustauschs die dadurch eintretende mittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht bewusst geworden sein (Kayser, WM 2013, 293, 298; NJW 2014, 422, 427). Darum handelt ein Schuldner in der Regel nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn er eine kongruente Leistung Zug um Zug gegen eine zur Fortführung seines eigenen Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat, die den Gläubigern im allgemeinen nützt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1997 - IX ZR 234/96, ZIP 1997, 1551, 1553; Beschluss vom 16. Juli 2009 - IX ZR 28/07, NZI 2009, 723 Rn. 2; vom 6. Februar 2014 - IX ZR 221/11, ZInsO 2014, 496 Rn. 3). Zu den für die Betriebsfortführung unverzichtbaren Gegenleistungen gehört auch die Tätigkeit der Arbeitnehmer, deren Mitwirkung für jede betriebliche Wertschöpfung unabdingbar ist. Deswegen scheidet regelmäßig ein Benachteiligungsvorsatz aus, wenn durch Gehaltszahlungen im Zuge eines Baraustauschs die für die Betriebsfortführung unerlässliche Gegenleistung der Arbeitstätigkeit entgolten wird (BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 84 ff, 89). Nach den hier getroffenen Feststellungen fehlt es an einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin, weil diese dem Beklagten Gehaltszahlungen im Rahmen eines bargeschäftlichen Leistungsaustauschs gewährt hat.
- 45
- b) Überdies hat der Kläger nicht den Nachweis geführt, dass der Beklagte eine auch nur drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und damit deren Benachteiligungsvorsatz erkannt hat (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO). Nach den tatrichterlichen Feststellungen war der Beklagte nicht mit der Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben betraut, die ihm nähere Einblicke in die Vermögenslage der Schuldnerin verschafft hätte (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 205/11, WM 2012, 2343 Rn. 7). Ferner hat er zugunsten der Schuldnerin eine selbstschuldnerische Bürgschaft über 55.000 € übernommen und durch Klage vom 16. Februar 2010 gegenüber der Schuldnerin seine offenen Lohnrückstände vor dem Arbeitsgericht verfolgt. Die ein erhebliches Risiko bergende Bereitschaft, eine selbstschuldnerische Bürgschaft einzugehen, spricht nachdrücklich gegen eine Kenntnis des Beklagten von einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin, sondern deutet vielmehr darauf hin, dass er nicht von ihrer existenziellen Gefährdung ausging. Ebenso liegt fern, dass der Schuldner eine Klage gegen das als insolvent erkannte Unternehmen gerichtet hätte, die von vornherein keinen wirtschaftlichen Erfolg versprochen, sondern durch das Ingangsetzen eines aussichtslosen Verfahrens lediglich eine zusätzliche Kostenbelastung hervorgerufen hätte.
- 46
- 2. Ein Anfechtungsanspruch folgt auch nicht aus § 133 Abs. 2 Satz 1 InsO. Nach dieser Vorschrift ist ein von dem Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138 InsO) geschlossener entgeltlicher Vertrag anfechtbar, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden.
- 47
- a) Da es sich bei der Schuldnerin um eine GmbH handelt, ist der zu mehr als ein Viertel an ihrem Kapital beteiligte Beklagte gemäß § 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO als nahestehende Person anzusehen. Der Vertragsbegriff des § 133 Abs. 2 InsO ist weit auszulegen (BGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - IX ZR 58/09, NZI 2010, 738 Rn. 9). Auch reine Erfüllungsgeschäfte werden zu den entgeltlichen Verträgen gerechnet. Bei ihnen besteht das Entgelt in der Befreiung von der Schuld (BGH, Urteil vom 12. Juli 1990 - IX ZR 245/89, BGHZ 112, 136, 138; Urteil vom 15. Februar 1990 - IX ZR 149/88, ZIP 1990, 459, 460).
- 48
- b) Jedoch fehlt es an der weiteren Voraussetzung einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung des Schuldners die Zugriffsmöglichkeiten der Gläubigergesamtheit unmittelbar verschlechtert, ohne dass weitere Umstände hinzutreten müssen (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - IX ZR 130/10, WM 2013, 333 Rn. 27). Durch einen Vertrag, auf Grund dessen der Schuldner für das, was er aufgibt, eine vollwertige Gegenleistung erhält, werden die Gläubiger auch dann nicht unmittelbar benachteiligt, wenn diese Gegenleistung infolge eines weiteren , nicht zu dem Gesamttatbestand des Rechtsgeschäfts gehörenden Umstandes in dem Zeitpunkt nicht mehr in dem Vermögen des Schuldners vorhanden ist, in dem die von ihm zu erbringende Leistung endgültig aus seinem Vermögen herausgeht (BGH, Urteil vom 9. Februar 1955 - IV ZR 173/54, WM 1955, 404, 406; RGZ 116, 134, 137 f). Mithin scheidet bei einem Baraustausch, wie er hier gegeben ist, schon mit Rücksicht auf die zuvor erbrachte Arbeitsleistung eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung aus (vgl. MünchKomm-InsO/ Kayser, 3. Aufl., § 133 Rn. 41; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 133 Rn. 42).
- 49
- 3. Schließlich ist eine Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht begründet. Mit der Lohnzahlung wurde keine einem Darlehen wirtschaftlich entsprechende Forderung befriedigt.
- 50
- a) Die Anfechtbarkeit nach dieser Vorschrift erfasst sowohl die Befriedigung von Gesellschafterdarlehen als auch ihnen wirtschaftlich entsprechender Forderungen. Ungeachtet des Entstehungsgrundes sind einem Darlehen alle aus Austauschgeschäften herrührende Forderungen gleich zu achten, die der Gesellschaft rechtlich oder rein faktisch gestundet wurden, weil jede Stundung bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Darlehensgewährung bewirkt (MünchKomm -InsO/Ehricke, aaO § 39 Rn. 43; MünchKomm-InsO/Gehrlein, aaO § 135 Rn. 18; Preuß in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2013, § 39 Rn. 81). Stehen gelas- sene Gehaltsansprüche eines Gesellschafters können darum wirtschaftlich einem Darlehen entsprechen (BGH, Urteil vom 16. Februar 2009 - II ZR 120/07, BGHZ 180, 38 Rn. 24; BAG, Urteil vom 27. März 2014 - 6 AZR 204/12, ZIP 2014, 927 Rn. 30 ff).
- 51
- b) Im Streitfall ist weder eine Stundung noch ein Stehenlassen einer Lohnforderung gegeben. Vielmehr wurde die Lohnzahlung an den Beklagten bargeschäftlich (§ 142 InsO) abgewickelt. In diesem Fall kommt eine Stundungswirkung nicht in Betracht (vgl. Preuß in Kübler/Prütting/Bork, aaO, § 39 Rn. 81; Ahrens in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 39 Rn. 36).
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
AG Siegen, Entscheidung vom 05.04.2012 - 14 C 2967/11 -
LG Siegen, Entscheidung vom 29.07.2013 - 3 S 35/12 -
Tenor
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Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 23. Oktober 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
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Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
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Die B. Hausbau GmbH (fortan: Schuldnerin) stand in ständiger Geschäftsbeziehung zur Beklagten, die ihr Fenster und Türen auf der Grundlage derer Allgemeinen Geschäftsbedingungen lieferte. Seit Oktober 2010 bestanden erhebliche Zahlungsrückstände gegenüber der Beklagten; Ratenzahlungsvereinbarungen hielt die Schuldnerin nicht ein; versprochene Sicherheiten erbrachte sie nicht. Im Februar 2011 vereinbarte sie bei einem Zahlungsrückstand in Höhe von 97.983,76 € mit der Beklagten und ihren Auftraggebern, den Bauherren S. und Sch. /A. , dass diese den Kaufpreis für die von der Schuldnerin einzubauenden Fenster und Türen direkt an die Beklagte zahlen sollten und die Beklagte diese Werkteile sodann an die Baustellen ausliefern sollte. Die Zahlungen erfolgten absprachegemäß am 29. März 2011 über 19.756,13 € (Sch. /A. ) und 13.982,39 € (S. ). Nach Gutschrift der Beträge auf ihrem Konto lieferte die Beklagte die bestellten Fenster und Türen aus.
- 2
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Am 12. April 2011 stellte die Schuldnerin den Antrag, das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen zu eröffnen. Durch Beschluss vom 6. Juli 2011 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger als Insolvenzverwalter bestellt. Dieser verlangt von der Beklagten die Direktzahlungen der Bauherren im Wege der Insolvenzanfechtung zurück. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 3
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Die Revision bleibt ohne Erfolg.
-
I.
- 4
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Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Dem Kläger stehe kein Zahlungsanspruch aus Insolvenzanfechtung zu, weil es an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) fehle. Die Vermögenslage der Schuldnerin sei durch die Zahlungen der Bauherren an die Beklagte nicht zum Nachteil der Gläubiger verschlechtert worden. Teile der Werklohnansprüche der Schuldnerin in Höhe der tatsächlichen Zahlung der jeweiligen Bauherren für die Fenster an die Beklagte seien entweder durch Teilkündigung oder durch Abtretung deren Vermögen entzogen worden. Diese Teile der Werklohnansprüche hätten jedoch bei der gebotenen konkreten Betrachtungsweise bereits zuvor keinen tatsächlichen Wert mehr gehabt. Denn ohne die Beschaffung der Fenster bei der Beklagten hätte die Schuldnerin weder die Voraussetzungen der Fälligkeit der achten Werklohnrate herbeiführen noch die übernommene Herstellungspflicht erfüllen können. Die Beklagte sei nach dem Liefervertrag nicht zu Vorleistungen verpflichtet gewesen. Aufgrund der bestehenden erheblichen Zahlungsrückstände der Schuldnerin seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte die Lieferung der Fenster vor Zahlung der dafür vereinbarten Entgelte erbracht hätte. Daraus folge, dass die Zahlungen der Bauherren nicht auf die Werklohnforderungen der Schuldnerin hätten angerechnet werden sollen, die unabhängig von Leistungen begründet worden seien, welche die Beklagte zu erbringen gehabt habe.
-
II.
- 5
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Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Zahlungen der Bauherren an die Beklagte haben entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts zu einer objektiven Gläubigerbenachteiligung nach § 129 Abs. 1 InsO geführt, weil sie die Werklohnforderungen der Schuldnerin in dieser Höhe zum Erlöschen gebracht haben.
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1. Der Insolvenzanfechtung sind nach § 129 Abs. 1 InsO solche Rechtshandlungen unterworfen, welche die Insolvenzgläubiger objektiv benachteiligen. Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, sich somit die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - IX ZR 127/11, NJW 2014, 1239 Rn. 7). Eine Verkürzung der Masse kann insbesondere dann eintreten, wenn eine dem Schuldner zustehende Forderung durch Zahlung an einen Dritten getilgt wird, weil der Schuldner für die Befriedigung des Zahlungsempfängers einen Vermögensgegenstand aufgibt, der anderenfalls den Gläubigern insgesamt zur Verfügung gestanden hätte (BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - IX ZR 58/10, NZI 2011, 141 Rn. 12).
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Keine Gläubigerbenachteiligung tritt hingegen ein, wenn sich die Rechtshandlungen auf Gegenstände beziehen, die für die Insolvenzmasse wirtschaftlich wertlos sind (vgl. MünchKomm-InsO/Kayser, 3. Aufl., § 129 Rn. 108). Die Weggabe von - aus welchen Gründen auch immer - völlig wertlosen Gegenständen aus dem Schuldnervermögen vermindert dieses nicht, weil eine Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger auf solche Gegenstände zum Zwecke der Verwertung auch vor der Weggabe nicht bestand (BGH, Urteil vom 23. September 1981 - VIII ZR 245/80, ZIP 1981, 1229, 1230; vom 11. Dezember 2003 - IX ZR 336/01, NZI 2004, 253, 254). Dies gilt auch, wenn ein Schuldner über eine wirtschaftlich wertlose Forderung verfügt.
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2. Durch die Zahlungen der Bauherren an die Beklagte ist die Masse verkürzt worden, weil sie mit Einwilligung der Schuldnerin erfolgt und dadurch deren Werklohnforderungen nach § 362 Abs. 2, § 185 Abs. 1 BGB in Höhe der Direktzahlungen erloschen sind.
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a) Zwischen der Schuldnerin und den Bauherren bestanden wirksame, ungekündigte Werkverträge. Nach den unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts wurden die Verträge im Februar 2011 durch dreiseitige Vereinbarungen der Schuldnerin, der Beklagten und der jeweiligen Bauherren dahin ergänzt, dass für die von der Beklagten geschuldeten Baustofflieferungen für die Bauvorhaben S. und Sch. /A. diese Bauherren eine Direktzahlung in Höhe des jeweiligen Kaufpreises an die Beklagte vornehmen und die Fenster und Türen dann ausgeliefert werden sollten. Darin hat das Landgericht eine konkludente Teilkündigung des Werkvertrages gesehen, das Berufungsgericht hat eine solche Teilkündigung zumindest für möglich angesehen. Das ist nicht richtig.
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Der Besteller kann zwar den Bauvertrag jederzeit ohne Einhaltung einer Frist und ohne besondere Begründung kündigen (§ 649 BGB, § 8 Abs. 1 VOB/B), muss allerdings dann dem Unternehmer grundsätzlich den noch ausstehenden Werklohn in voller Höhe zahlen. Doch kann aus dem Verhalten der Bauherren im Streitfall schon nicht sicher auf den Umfang einer etwaigen Kündigung geschlossen werden. Eine auf die Lieferung der Fenster- und Türelemente beschränkte Teilkündigung dürfte nicht zulässig sein (vgl. MünchKomm-BGB/Busche, 6. Aufl., § 649 Rn. 13). Aber auch im Übrigen besteht kein Anlass, dass die Bauherren sich der Gefahr aussetzen wollten, unter Umständen zwei Vertragspartnern verpflichtet zu sein. Ebenso wenig ist anzunehmen, dass die Bauherren durch die Teilkündigung etwaige Gewährleistungsansprüche gegen die Schuldnerin gefährden wollten. Dass ihnen im Februar 2011 ein wichtiger Grund zur Kündigung zur Seite gestanden hätte, die Schuldnerin sich etwa mit ihren Werkvertragsleistungen in Verzug befunden hätte, ist weder festgestellt noch vorgetragen. Zudem spricht der vom Landgericht festgestellte Wortlaut der Vereinbarung einer Direktzahlung der Bauherren an die Beklagte dagegen, dass sie den Bauvertrag gekündigt haben. Denn unter einer Direktzahlung wird die Zahlung eines Drittschuldners auf Weisung des Schuldners an dessen Gläubiger verstanden. Entsprechendes gilt für die Auslegung des Verhaltens der Beklagten. Ebenso wenig können aus entsprechenden Gründen die vom Landgericht festgestellten dreiseitigen Vereinbarungen dahin ausgelegt werden, dass die Schuldnerin ihren - wie das Berufungsgericht selbst festgestellt hat - noch nicht fälligen Anspruch auf Zahlung der achten Werklohnraten an die Beklagte abgetreten hätte.
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Vielmehr haben sich die Bauherren im Februar 2011 bereit erklärt, auf Weisung der Schuldnerin deren noch offene Werklohnforderungen in Höhe des jeweiligen Kaufpreises für die Türen und Fenster vor Fälligkeit durch Direktzahlung an die Beklagte zu erfüllen und durch diese Zahlungen einerseits die gegen sie gerichteten Werklohnforderungen und andererseits die Kaufpreisforderungen der Beklagten gegen die Schuldnerin zum Erlöschen zu bringen (§ 362 BGB). Hieraus folgt, dass die Bauherren durch die Zahlungen an die Beklagte eigene Verbindlichkeiten gegenüber der Schuldnerin getilgt haben (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 2012 - IX ZR 59/11, NZI 2012, 805 Rn. 12).
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b) Hierdurch sind die Gläubiger der Schuldnerin objektiv benachteiligt worden.
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aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts waren die Werklohnteilforderungen, welche die Schuldnerin durch die Direktzahlung verloren hat, wirtschaftlich nicht wertlos. Denn infolge der dreiseitigen Änderungsvereinbarungen im Februar 2011 sind die Werklohnforderungen der Schuldnerin werthaltig geworden, weil die Bauherren unter Verzicht auf die Fälligkeit durch die Zahlung an die Beklagte auf die Werklohnforderungen der Schuldnerin leisten wollten und tatsächlich auch geleistet und somit die Forderungen der Schuldnerin insoweit zum Erlöschen gebracht haben. Die in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen des Berufungsgerichts, die Beklagte hätte ohne die Direktzahlungen der Bauherren die Auslieferung der Türen und Fenster verweigern können, sind im Rahmen der Prüfung, ob eine Gläubigerbenachteiligung vorliegt, nicht erheblich. Die Frage des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Rechtshandlung und der Gläubigerbenachteiligung ist aufgrund des realen Geschehens zu beurteilen. Für hypothetische, nur gedachte Kausalverläufe ist insoweit kein Raum (BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - IX ZR 58/10, NZI 2011, 141 Rn. 14). Die Schuldnerin hat durch ihre mittelbare Zuwendung der Beklagten zu Lasten ihrer anderen Gläubiger volle Deckung verschafft (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 2011, aaO Rn. 15).
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bb) Die objektive Gläubigerbenachteiligung ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Beklagte an den Werklohnforderungen der Schuldnerin gegen die Bauherren ein insolvenzfestes Aus- oder Absonderungsrecht besessen und sie sich aufgrund dieses Rechts befriedigt (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08, NZI 2009, 644 Rn. 12; vom 19. Dezember 2013 - IX ZR 127/11, NJW 2014, 1239 Rn. 8) oder die Schuldnerin diese Rechte durch Zahlung abgelöst hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - IX ZR 39/08, NZI 2009, 379 Rn. 13). Der Beklagten stand gegenüber der Schuldnerin in Höhe ihrer Kaufpreisforderungen bezogen auf die Bauvorhaben S. und Sch. /A. kein Absonderungs- oder Aussonderungsrecht zu. Zwar haben die Schuldnerin und die Beklagte in den Lieferverträgen einen verlängerten Eigentumsvorbehalt vereinbart; die Schuldnerin durfte deswegen die Türen und Fenster in die Bauten ihrer Kunden nur einbauen, sofern sie die daraus erzielten Werklohnforderungen an die Beklagte abtrat (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012 - IX ZR 67/09, NJW 2012, 2517 Rn. 33). Doch kam dieser Eigentumsvorbehalt schon deswegen nicht zur Wirkung, weil die Beklagte die Türen und Fenster nicht an die Schuldnerin ausgeliefert hat, bevor sie nicht die volle Zahlung des diese Lieferung betreffenden Vorbehaltsguts erhalten hat. Nichts anderes gilt, wenn die Beklagte und die Schuldnerin darüber hinaus wirksam vereinbart haben sollten, dass die Forderungsabtretungen neben dem Kaufpreisanspruch aus der Lieferung der jeweiligen Ware auch weitere Forderungen der Beklagten aus der Geschäftsbeziehung sichern sollten. Denn auch insoweit erfolgten die Zahlungen nicht auf einen bestehenden Eigentumsvorbehalt oder auf eine der Beklagten abgetretene Forderung.
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III.
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Das Urteil erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Dem Kläger steht kein Rückgewähranspruch nach § 143 Abs. 1 InsO gegen die Beklagte zu, weil die Rechtshandlungen nach keinem der in Betracht kommenden Anfechtungstatbestände anfechtbar sind. Dies konnte der Senat aufgrund der unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts selbst entscheiden.
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1. Die Direktzahlungen der Bauherren an die Beklagte sind nicht gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar, auch wenn sie im letzten Monat vor Insolvenzantragsstellung erfolgt sind. Denn sie sind als kongruente Rechtshandlungen anzusehen.
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a) Grundsätzlich ist die Direktzahlung durch den Auftraggeber an den Subunternehmer oder Lieferanten seines Auftragnehmers allerdings eine inkongruente Leistung im Sinne von § 131 Abs. 1 InsO. Subunternehmer und Lieferant haben aufgrund ihres Werk- oder Werklieferungsvertrages regelmäßig keinen Anspruch gegen den Auftragnehmer auf Zahlung des Werklohns oder des Kaufpreises durch den Auftraggeber. Befriedigungen, die nicht in der Art erbracht werden, in der sie geschuldet sind, gewähren eine inkongruente Deckung im Sinne von § 131 Abs. 1 InsO (BGH, Beschluss vom 6. Juni 2002 - IX ZR 425/99, ZInsO 2002, 766; Urteil vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 2/05, NZI 2009, 55 Rn. 13; vom 20. Januar 2011 - IX ZR 58/10, NZI 2011, 141 Rn. 17). Die Insolvenzgläubiger benachteiligende nicht geschuldete Direktzahlungen, die ein Dritter auf Anweisung des Schuldners erbringt, sind deswegen dem Empfänger gegenüber als inkongruente Deckung anfechtbar (BGH, Urteil vom 20. Januar 2011, aaO). Derartige Direktzahlungen sind zudem besonders verdächtig, wenn sie - wie auch hier - an einen Zahlungsverzug des Auftragnehmers und Käufers und damit typischerweise an dessen Liquiditätsschwierigkeiten anknüpfen (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008, aaO Rn. 13; vom 20. Januar 2011, aaO). Auch die beiden Werklieferungsverträge, welche die Türen und Fenster für die Bauvorhaben S. und Sch. /A. zum Gegenstand haben und deren Inhalt sich aus den Auftragsbestätigungen der Beklagten vom 2. September 2010 (S. ) und vom 18. November 2010 (Sch. /A. ) ergibt, begründeten keinen Anspruch der Beklagten gegen die Schuldnerin auf Zahlung des Kaufpreises direkt durch die Bauherren.
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b) Doch haben die Schuldnerin, die Beklagte und die beteiligten Bauherren in jeweils dreiseitigen Verträgen im Februar 2011 in Abänderung der ursprünglichen Verträge vereinbart, dass für die von der Beklagten geschuldeten Baustofflieferungen die Bauherren Direktzahlungen in Höhe des jeweiligen Kaufpreises an die Beklagte vornehmen und die Fenster und Türen dann ausgeliefert werden sollten. Nach dieser Vereinbarung waren die Direktzahlungen der Bauherren, weil sie von der Schuldnerin in dieser Weise geschuldet waren, kongruent.
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Ein Abänderungsvertrag stellt allerdings dann keine wirksame Kongruenzvereinbarung für spätere Direktzahlungen dar, wenn er seinerseits anfechtbar ist (BGH, Urteil vom 7. Mai 2013 - IX ZR 113/10, NZI 2013, 888 Rn. 13). Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall.
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aa) Die Kongruenzvereinbarung ist nicht nach §§ 130, 131 InsO anfechtbar, weil sie keine Deckungshandlung im Sinne dieser Vorschriften darstellt.
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Vertragsparteien können den Inhalt ihrer Vereinbarungen noch abändern, ohne den Charakter der Bardeckung zu gefährden, wenn sie die Abänderungsvereinbarung treffen, bevor die erste Leistung eines Vertragsteils erbracht worden ist (BGH, Urteil vom 10. Mai 2007 - IX ZR 146/05, ZIP 2007, 1162 Rn. 14). In einem solchen Fall ist nach Sinn und Zweck der §§ 132, 142 InsO eine abändernde Kongruenzvereinbarung, durch die ein Bargeschäft erst ermöglicht wird, der Deckungsanfechtung entzogen. Hiervon ist der Senat in der angeführten Entscheidung ausgegangen.
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Diese Voraussetzungen waren erfüllt, als die Vertragsparteien im Februar 2011 die ergänzenden Vereinbarungen schlossen. Die Schuldnerin hatte auf die Werklieferungsverträge über die Türen und Fenster betreffend die Bauvorhaben S. und Sch. /A. weder Zahlungen erbracht noch Leistungen von der Beklagten erhalten. Diese hatte die bestellten Türen und Fenster zwar bereits gefertigt, jedoch noch nicht ausgeliefert (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2007, aaO). Auch hatten die Abänderungsvereinbarungen Bardeckungen im Sinne von § 142 InsO zum Ziel. Die Schuldnerin sollte für ihre durch die Direktzahlungen der Bauherren bewirkten Leistungen an die Beklagte in engem zeitlichen Zusammenhang (vgl. MünchKomm-InsO/Kirchhof, 3. Aufl., § 142 Rn. 15 ff) eine gleichwertige Gegenleistung durch die Beklagte in ihr Vermögen erhalten (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2007, aaO Rn. 16). Die Beklagte sollte die bestellten Türen und Fenster, deren Wert dem vereinbarten Kaufpreis entsprach, unmittelbar nach den Direktzahlungen auf die Baustellen der Schuldnerin ausliefern.
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bb) Die nachträglichen Kongruenzvereinbarungen unterfallen auch nicht der Anfechtung nach § 132 InsO, weil sie die Gläubiger nicht unmittelbar benachteiligt haben. Die Werklohnteilforderungen, die die Schuldnerin durch die späteren Direktzahlungen der Bauherren verlor, waren nämlich im Februar 2011, als die Parteien die jeweiligen Zahlungsmodalitäten änderten, wirtschaftlich wertlos, weil sie nicht durchsetzbar waren. Die Vertragsänderungen machten die Werklohnteilforderungen erst werthaltig und benachteiligten die Gläubiger zum Zeitpunkt der Vereinbarung deswegen nicht unmittelbar.
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Denn der Anspruch der Schuldnerin gegen die Bauherren auf Zahlung der achten Rate wurde erst fällig nach Einbau der Fenster. Dazu war die Schuldnerin jedoch nicht in der Lage, weil die Beklagte die bestellten Fenster aufgrund ihres schon aus den ursprünglichen Verträgen bestehenden Zurückbehaltungsrechts nur gegen Vorkasse auszuliefern bereit war. Diese Kaufpreiszahlungen konnte die Schuldnerin nicht erbringen, ohne auf die noch nicht fälligen achten Werklohnraten zurückzugreifen. Die Bauherren waren zu einer vorfälligen Zahlung der achten Rate an die Schuldnerin nicht bereit, weil sie befürchten mussten, das Geld werde nicht an die Vorlieferanten weitergeleitet. Erst durch die dreiseitigen Vereinbarungen haben die Beteiligten diese Blockade auflösen können.
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cc) Aus ähnlichen Gründen sind die Kongruenzvereinbarungen auch nicht nach § 133 InsO anfechtbar, weil sie nicht mit einem hierfür erforderlichen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin getroffen worden sind. Ein Schuldner handelt mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlungen will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt. Er muss also entweder wissen, dass er neben dem Anfechtungsgegner nicht alle Gläubiger innerhalb angemessener Zeit befriedigen kann, oder sich diese Folge zumindest als möglich vorgestellt, aber in Kauf genommen haben, ohne sich durch die Vorstellung dieser Möglichkeit von seinem Handeln abhalten zu lassen (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 14; vom 5. März 2009 - IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 Rn. 10; vom 24. Januar 2013 - IX ZR 11/12, NZI 2013, 249 Rn. 23). Demgegenüber wollte die Schuldnerin durch die dreiseitigen Vereinbarungen und die danach unmittelbar nach den Zahlungen zu erfolgenden Auslieferungen der notwendigen Baustoffe erreichen, dass die Bauvorhaben fortgesetzt wurden und sie somit zum Wohle aller Gläubiger den noch ausstehenden Werklohn verdienen konnte.
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2. Ebenso wenig sind die Direktzahlungen der Bauherren nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 132 Abs. 1 InsO anfechtbar. Denn sie stellen sich nach dem bereits Ausgeführten infolge der maßgeblichen dreiseitigen Vereinbarungen aus Februar 2011 als Bargeschäft im Sinne von § 142 InsO über gleichwertige Leistungen dar. Die Beklagte hat unmittelbar nach Erhalt der Direktzahlungen die Fenster und Türen auf die Baustellen der Schuldnerin ausgeliefert.
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3. Auch die Direktzahlungen der Bauherren an die Beklagte können wegen Fehlens eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin nicht nach § 133 Abs. 1 InsO angefochten werden.
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a) Allerdings kann nach ständiger Rechtsprechung auf einen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners geschlossen werden, wenn dieser Leistungen trotz Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit oder seiner drohenden Zahlungsunfähigkeit erbringt. In diesem Fall handelt er nur dann nicht mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er aufgrund konkreter Umstände - etwa der sicheren Aussicht demnächst Kredit zu erhalten oder Forderungen realisieren zu können - mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen kann. Droht die Zahlungsunfähigkeit, bedarf es konkreter Umstände, die nahelegen, dass die Krise noch abgewendet werden kann (BGH, Urteil vom 13. April 2006, aaO; vom 5. März 2009, aaO; vom 24. Januar 2013, aaO Rn. 23 f). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn eine kongruente Leistung angefochten wird (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, NZI 2008, 231 Rn. 19; vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, NJW 2013, 611 Rn. 15). Entsprechendes gilt bei Bardeckungen, soweit hierbei eine Gläubigerbenachteiligung wenigstens mittelbar eintreten kann. Insbesondere ist derjenige nicht schutzbedürftig, der dem Schuldner einen Vermögensgegenstand zu einem angemessenen Preis, aber in dem Wissen abkauft, dass der Schuldner den Erlös seinen Gläubigern entziehen will. Gerade eine bewusste und erkannte Bevorzugung Einzelner soll zugunsten des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Gläubiger verhindert werden (BGH, Urteil vom 30. September 1993 - IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 324 zu § 31 Nr. 1 KO).
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Dagegen ist ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz in aller Regel nicht gegeben, wenn der Schuldner in einem engen zeitlichen Zusammenhang eine kongruente Gegenleistung für die von ihm empfangene Leistung erbringt, welche zur Fortführung seines eigenen Unternehmens nötig ist und damit den Gläubigern im Allgemeinen nützt (BGH, Urteil vom 10. Juli 1997 - IX ZR 234/96, NJW 1997, 3028, 3029; BAG, ZIP 2014, 37 Rn. 69). Dies gilt auch dann, wenn Schuldner und Anfechtungsgegner Vorkasse für die von diesem erbrachten Leistungen vereinbart haben (BGH, Beschluss vom 16. Juli 2009 - IX ZR 28/07, NZI 2009, 723 Rn. 2; vom 24. September 2009 - IX ZR 178/07, nv Rn. 4). Der subjektive Tatbestand kann mithin entfallen, wenn im unmittelbaren Zusammenhang mit den potentiell anfechtbaren Rechtshandlungen eine gleichwertige Gegenleistung in das Vermögen des Schuldners gelangt, also ein Leistungsaustausch ähnlich einem Bargeschäft stattfindet (vgl. Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl. § 133 Rn. 28; HK-InsO/Kreft, 7. Aufl., § 133 Rn. 17; Schmidt/Ganter/Weinland, InsO, 18. Aufl., § 133 Rn. 58; MünchKomm-InsO/Kayser, aaO § 133 Rn. 33a ff; Bork in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2012, § 133 Rn. 42; Ganter, WM 2014, 49, 50 f; Kayser, NJW 2014, 422, 427).
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b) So verhält es sich im vorliegenden Fall. Die Schuldnerin hat im unmittelbaren Zusammenhang mit den Zahlungen an die Beklagte durch die Auslieferung der Fenster und Türen eine gleichwertige Gegenleistung erhalten. Ohne die Direktzahlungen hätte sie die Bauvorhaben nicht fortsetzen können und die berechtigte Aussicht, die achte Werklohnrate oder gar alle noch ausstehenden Raten zu verdienen, verloren.
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RiBGH Vill ist im Urlaub
und kann deshalb nicht
unterschreiben.Kayser
Kayser
Lohmann
Fischer
Möhring
(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.
(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.
(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.
(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.
(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
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die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
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Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.