Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 05. Feb. 2015 - I-12 U 22/14
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 14.03.2014 (2 O 297/13) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
I.
2Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der G (Schuldnerin) Ansprüche aus Insolvenzanfechtung in Bezug auf Beitragszahlungen an die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerinnen in dem Zeitraum zwischen dem 18.02.2008 und dem 30.03.2011 – soweit es eingangs der Klageschrift und im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils heißt „21.02.2011“, trifft dies ausweislich der Klagebegründung nicht zu –, Nutzungsersatz, Zinsen und vorgerichtliche Anwaltskosten geltend. Die Schuldnerin beschäftigte 129 Arbeitnehmer, für die sie Gesamtsozialversicherungsbeiträge an verschiedene Krankenkassen abführte, unter anderem auch an die ehemalige A Kasse und die B Kasse, die am 01.01.2010 zur jetzigen Beklagten fusionierten. Die Schuldnerin zahlte an die A bzw. die Beklagte zwischen dem 23.04.2008 und dem 15.06.2011 insgesamt 108.260,64 EUR und an die B bzw. die Beklagte zwischen dem 18.02.2008 und dem 05.05.2011 insgesamt 235.638,77 EUR. Das Insolvenzverfahren wurde auf einen Eigenantrag der Schuldnerin vom 27.06.2011 am 01.08.2011 eröffnet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen Betrag von insgesamt 19.008,74 EUR (Beiträge für März und April 2011, gezahlt am 05.05.2011 bzw. 15.06.2011) vorgerichtlich erfolgreich zurückgefordert (Anl. K 3 bis K 6). Er hält die weiteren in den angegebenen Zeiträumen erfolgten Zahlungen wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung für anfechtbar und hat dazu geltend gemacht, die Schuldnerin sei spätestens ab dem 31.12.2007 zahlungsunfähig gewesen. Hiervon habe die Beklagte Kenntnis gehabt, da in strafrechtlich relevanter Weise in 42 Fällen Gesamtsozialversicherungsbeiträge nicht zu den jeweiligen Fälligkeiten gezahlt worden seien. Der Beklagten sei offenbar gewesen, dass die Schuldnerin ihren Zahlungsrückstand wie eine Bugwelle (be)ständig vor sich her geschoben habe, denn es sei ihr seit August 2007 zu keinem Zeitpunkt gelungen, pünktlich zur Fälligkeit einen Beitrag zu leisten. Sie habe daher erkennen müssen, dass die Rückstände kein unwesentlicher Teil der Verbindlichkeiten hätten sein können und dass ein solches Verhalten ein ständiges Operieren am finanziellen Abgrund impliziert habe. Da die Rückstände zum Teil mehr als einen bzw. zwei Monate betragen hätten, müsse es zu Mahnungen und Vollstreckungsandrohungen gekommen sein. Dies könne die Beklagte nicht in zulässiger Weise bestreiten, da sie eingeräumt habe, dass ihre Akten teilweise wegen Ablauf der Aufbewahrungsfristen nicht mehr existierten. Die Beklagte hat eine Kenntnis von einem etwaigen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin bestritten und geltend gemacht, allein der Umstand, dass fällige Beiträge nicht immer fristgerecht gezahlt worden seien, wobei sich die Verspätungen in einem moderaten Zeitfenster bewegt hätten, rechtfertige nicht zwingend die Annahme, die Schuldnerin sei zahlungsunfähig gewesen. Da die Verspätung bei der Schuldnerin zum „Normalfall“ geworden sei, habe sie sich eher als unverdächtig dargestellt und aus ihrer Sicht durchaus auf Nachlässigkeit beruhen können. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen und Sachanträge im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
3Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger sei es nicht gelungen, die für einen Anspruch aus § 133 Abs. 1 InsO erforderliche Kenntnis der Beklagten von einer etwaigen Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin darzulegen. Zwar könne die verspätete Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen wegen der damit verbundenen Strafandrohung ein wesentliches Indiz für die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und entsprechend auch für die Kenntnis der Beklagten darstellen, hier müsse man jedoch berücksichtigen, dass der Rückstand sich auch nach dem Vortrag des Klägers insgesamt in einem überschaubaren Rahmen gehalten habe und grundsätzlich die Zahlungen nach vier bis fünf Wochen durch die Schuldnerin erfolgt seien. Ohne das Hinzutreten weiterer Indizien ließen diese zeitlich sehr überschaubaren Verzögerungen, die allesamt weit unterhalb von sechs Monaten lägen, nicht den Schluss auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit zu. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass es in dem anfechtungsrechtlich relevanten Zeitraum zu Mahnungen oder Vollstreckungshandlungen gegen die Schuldnerin gekommen sei; die von ihm vorgelegten Unterlagen beträfen allesamt den Zeitraum nach den hier angefochtenen Zahlungen. Aus einem Schreiben vom 20.04.2011 an die Schuldnerin lasse sich nicht der Schluss ziehen, dass eine Ratenzahlungsvereinbarung bereits während des anfechtungsrechtlich relevanten Zeitraums getroffen worden sei.
4Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt. Er macht geltend, die Entscheidung des Landgerichts beruhe auf einer unrichtigen und unvollständigen Tatsachenfeststellung, da die Kammer keinerlei Feststellungen darüber getroffen habe, ob eine – wie von ihm vorgetragene – eingetretene oder drohende Zahlungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Zahlungen vorgelegen habe. Insoweit verletze das Urteil auch materielles Recht, denn die Feststellung einer vorhandenen oder nicht vorhandenen Kenntnis von einer (zumindest drohenden) Zahlungsunfähigkeit sei ohne die Feststellung, ob und was für eine Zahlungsunfähigkeit denn überhaupt vorgelegen habe, nicht möglich. Das Landgericht habe auch übersehen, dass die Beklagte selbst hinsichtlich der jeweils zuletzt geleisteten Zahlungen bereits vorgerichtlich von einer Rückgewährverpflichtung gemäß § 143 Abs. 1 InsO wegen der Anfechtbarkeit aufgrund der Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ausgegangen sei. Die Erwägung, dass sich der Rückstand insgesamt in einem überschaubaren Rahmen gehalten habe und grundsätzlich die Zahlungen nach vier bis fünf Wochen erfolgt seien, berücksichtige fehlerhaft nicht, dass es für die Kenntnis auf den Zeitpunkt der jeweiligen Zahlung ankomme und im Jahr 2008 noch niemand habe wissen können, ob künftige Raten in einem überschaubaren Rahmen zu spät erfolgen würden. Es habe auch nicht ein systematischer, um vier bis fünf Wochen verschobener Zahlungsfluss vorgelegen, sondern sich das Bild eines Schuldners ergeben, der einfach dann gezahlt habe, wenn genügend Geld da gewesen sei. Auch habe es keine Zahlungs- oder Einstandszusagen der Schuldnerin an die Beklagte gegeben. Die vom Landgericht vertretene Ansicht, dass es unbedingt mehrerer Indizien zur Feststellung einer Zahlungseinstellung bedürfe, finde in der höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Begründung. Der vom Landgericht zu Grunde gelegte Maßstab eines Rückstandes von mindestens 6 Monatsbeiträgen sei vom Bundesgerichtshof auch gerade nicht für eine drohende Zahlungsunfähigkeit entwickelt worden; zu deren Feststellung hätte das Landgericht vielmehr prüfen müssen, ob eine sogen. Zeitraumilliquidität vorgelegen habe, die Schuldnerin zu den von ihm benannten Zeitpunkten also voraussichtlich nicht in der Lage gewesen sei, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu erfüllen. Das Landgericht habe ferner nicht berücksichtigt, dass er, der Kläger, weitere – von der Beklagten nicht zulässig bestrittene – Indizien vorgetragen habe, nämlich Ratenzahlungsvereinbarungen und Druckzahlungen, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine inkongruente Deckung darstellten. Wie sich aus der ihm erst jetzt überlassenen Verwaltungsakte der A ergeben habe, sei der Sachvortrag der Beklagten insoweit falsch, als diese behauptet habe, es seien bei ihr keine Stundungsbitten der Schuldnerin in dem anfechtungsrelevanten Zeitraum festzustellen. Bereits im Juli 2008 habe die Schuldnerin der A mitgeteilt, dass sie sich in derartigen Liquidationsproblemen befinde, dass es ihr nicht möglich sei, die Beiträge für Juni und Juli pünktlich zu entrichten und habe um Stundung bis 31.07.2008 bzw. Ende August 2008 gebeten (Anl. BK 1). Eine mit Liquiditätsproblemen begründete Stundungsbitte sei auch für den Monat August 2008 erfolgt (Anl. BK 2). Da die entsprechenden Zahlungsdaten mit denen bei der B übereinstimmten, sei davon auszugehen, dass sich in der Akte der B entsprechende Schreiben befunden hätten. Ferner sei der Beklagten seit dem 30.09.2010 das Schreiben (Anl. BK 4) bekannt gewesen, mit dem die Bundesagentur für Arbeit gegen die Schuldnerin einen Anspruch in Höhe von 8.077,20 EUR wegen übergegangener Ansprüche des Arbeitnehmers K geltend gemacht habe. Auch habe sie spätestens am 14.01.2011 Kenntnis von dem gegen die Schuldnerin erwirkten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (Anl. BK 5) wegen einer Forderung von 6.532,01 EUR des Arbeitnehmers K gehabt. Das Landgericht habe schließlich nicht gewürdigt, dass die Gesellschafter-Geschäftsführer der Schuldnerin sich mehr als 60 mal der Strafbarkeit gemäß §§ 266a, 14 StGB und der zivilrechtlichen Haftung im Falle einer erfolgreichen Anfechtung ausgesetzt hätten und dass dies nur jemand mache, wenn es wirklich nicht anders gehe.
5Der Kläger beantragt,
6unter Abänderung des am 14.03.2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Wuppertal (2 O 297/13) die Beklagte zu verurteilen, an ihn
71. einen Betrag i.H.v. 99.668,67 EUR nebst Nutzungen i.H.v. 7.205,52 EUR und weiteren Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 99.668,67 EUR seit dem 01.08.2011,
82. weiterhin einen Beitrag i.H.v. 225.118,00 EUR nebst Nutzungen i.H.v. 14.116,66 EUR sowie weiteren Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 225.118,00 EUR seit dem 01.08.2011 sowie
93. außergerichtliche Kosten i.H.v. 5.750,08 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
10zu zahlen – hilfsweise das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 14.03.2014 (2 O 297/13) aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Wuppertal zurückzuverweisen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Berufung zurückzuweisen.
13Sie verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend, dem Kläger sei es – wie das Landgericht richtigerweise erkannt habe – nicht gelungen, zu irgendeinem Zeitpunkt ihre Kenntnis von einer (drohenden) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin schlüssig darzulegen. Dass Zahlungsverzögerungen vorgelegen hätten, die möglicherweise auch aus ihrer Sicht für kurzfristige Liquiditätslücken hätten sprechen können, möge richtig sein, reiche jedoch für die Annahme einer bereits eingetretenen oder auch nur drohenden Zahlungsunfähigkeit gerade nicht aus.
14Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
15II.
16Die zulässige Berufung hat aus den in der mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf den Hinweisbeschluss vom 10.10.2014 erörterten Gründen, an denen der Senat auch unter Berücksichtigung des Schriftsatzes des Klägers vom 13.10.2014 festhält, in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen, weil sich die subjektiven Voraussetzungen des in zeitlicher Hinsicht allein in Betracht kommenden Rückgewähranspruchs aus §§ 143 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO nicht feststellen lassen.
1.
17Nach § 133 Abs. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO wird diese Kenntnis vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz, weil er weiß, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Erkennt der Anfechtungsgegner die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so ist er infolge der damit verbundenen Schlussfolgerung, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern, über den Benachteiligungsvorsatz unterrichtet (BGH, Urt. v. 07.11.2013 – IX ZR 49/13 = NZI 2014, 23, 24 Tz. 9). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (vgl. BGH, Urt. v. 10.01.2013 – IX ZR 28/12 = NZI 2013, 253, 255 f. Tz. 27).
2.
18Das Landgericht konnte, ohne Feststellungen zur Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und ihrem Benachteiligungsvorsatz treffen zu müssen, davon ausgehen, dass die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen einen etwaigen Benachteiligungsvorsatz mangels Wissens um die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin jedenfalls nicht erkannt hatten (BGH, Urt. v. 07.11.2013 – IX ZR 49/13 = NZI 2014, 23, 24 Tz. 10). Hierin liegt keine Rechtsverletzung. Entgegen der Auffassung des Klägers setzt die Verneinung der Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht die positive Feststellung voraus, dass die Zahlungsunfähigkeit im nach § 140 InsO maßgeblichen Zeitpunkt der angefochtenen Handlungen objektiv vorlag. Es kommt vielmehr darauf an, ob der Beklagten (bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen) aufgrund der ihr (ihnen) – unstreitig oder bewiesen – bekannten Umstände ein eindeutiges Urteil dahin, dass die Schuldnerin die Zahlungen eingestellt hatte, möglich war (BGH, a.a.O. Tz. 12). Da der Anfechtungsgegner im Allgemeinen in die fälligen Gesamtverbindlichkeiten des Schuldners keinen Einblick hat, muss – soweit es um seine Kenntnis von der (zumindest drohenden) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners geht – darauf abgestellt werden, ob sich die schleppende oder ganz ausbleibende Tilgung seiner Forderung bei einer Gesamtbetrachtung der für den Anfechtungsgegner ersichtlichen Umstände, insbesondere unter Berücksichtigung der Art der Forderung, der Person des Schuldners und dem Zuschnitt seines Geschäftsbetriebs, als ausreichendes Indiz für eine (zumindest drohende) Zahlungsunfähigkeit darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 01.07.2010 – IX ZR 70/08 = BeckRS 2010, 19843). Dies hat das Landgericht zutreffend verneint.
a)
19Die Kenntnis der A von der Liquiditätslage der Schuldnerin im Zeitpunkt der ersten angefochtenen Handlung (23.04.2008) beschränkte sich auf den Umstand, dass diese die Sozialversicherungsbeiträge für Oktober und Dezember 2007 mit einer Verspätung von 26 bzw. 22 Tagen gezahlt hatte und dass der Beitrag für März 2008 seit 26 Tagen fällig war. In der Folgezeit bis zum 19.03.2009 wurden die Beiträge für April 2008 bis Februar 2009 jeweils mit Verspätungen zwischen 21 und 37 Tagen gezahlt, wobei die Schuldnerin bezüglich der Beitragsmonate Juni, Juli und August 2008 ausdrücklich um Stundung gebeten und diese Bitte mit Liquiditätsproblemen und einem „erheblichen Sommerloch“ begründet hat; danach erfolgte die Zahlung der Beiträge bis einschließlich Januar 2010 – mit Ausnahme des Beitrags für Dezember 2009, der mit einer 14tägigen Verspätung gezahlt wurde – im Wesentlichen pünktlich. Bei der B stellt sich die Situation ähnlich dar. Im Zeitpunkt der ersten angefochtenen Zahlung (19.02.2008) waren die Sozialversicherungsbeiträge für Oktober bis Dezember 2007 mit einer Verspätung zwischen 12 und 25 Tagen gezahlt worden, der Beitrag für Januar 2008 war im Zeitpunkt der Zahlung 20 Tage fällig. Die nachfolgenden Beiträge bis einschließlich September 2008 wurden jeweils mit Verspätungen zwischen 22 und 46 Tagen gezahlt, wobei der Septemberbeitrag, wie sich aus der Aufstellung auf Bl. 8 der Klageschrift ergibt, in drei Raten gezahlt wurde. Daran anschließend wurden die Beiträge bis einschließlich Januar 2010 – mit Ausnahme des Beitrags für Dezember 2009, der mit einer 11tägigen Verspätung gezahlt wurde – im Wesentlichen pünktlich gezahlt.
20Dieses Zahlungsverhalten rechtfertigte aus der Sicht der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten nicht zwingend den Schluss auf eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin. Zwar bildet die Nichtbegleichung von Sozialversicherungsbeiträgen infolge ihrer Strafbewehrtheit (§ 266 a StGB) ein Beweisanzeichen, das den Schluss auf eine Zahlungseinstellung gestatten kann. In Fällen einer verspäteten Zahlung wird jedoch angenommen, dass erst eine mehrmonatige Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen eine Zahlungseinstellung umfassend glaubhaft macht (BGH, Urt. v. 07.11.2013, a.a.O. Tz. 13). Das war hier nicht der Fall, vielmehr wurden über einen Zeitraum von jeweils zwölf Monaten die Sozialversicherungsbeiträge zwischen drei und fünf Wochen – in je einem Einzelfall auch darüber hinaus (37 bzw. 46 Tage) – verspätet gezahlt. Es kam zu keinem Zeitpunkt zu ständig anwachsenden Rückständen. Der Ausgleich erfolgte innerhalb dieses Zeitraums stets vollständig und einschließlich der angefallenen Säumniszuschläge. Unstreitig mussten in keinem Fall Maßnahmen der Einzelzwangsvollstreckung tatsächlich eingeleitet werden. Angesichts dessen erschien die schleppende Zahlungsweise der Schuldnerin trotz der teilweisen Strafbewehrung der Forderungen noch nicht als derart gewichtig, dass daraus zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit geschlossen werden musste. Die Verspätungen konnten ebenso gut als Zeichen eines vorübergehenden Liquiditätsengpasses verstanden werden (BGH, Urt. v. 17.06.2010 – IX ZR 134/09 = BeckRS 2010, 16355 Tz. 9). Die Rückstände gegenüber der A waren mit Beträgen zwischen rund 2.000 und 3.000 EUR schon absolut gesehen geringfügig; bei der B lagen die monatlichen Beiträge in dem Zeitraum, in dem es zu Verspätungen gekommen ist, zwar mit einer Spanne von rund 3.800 bis 8.300 EUR teilweise deutlich höher, waren jedoch in Anbetracht der Größe des Betriebes – es wurden 129 Mitarbeiter beschäftigt – und der aus der Anl. K 2 ersichtlichen Umsätze nicht so erheblich, dass daraus auf eine mehr als geringfügige Liquiditätslücke geschlossen werden musste. Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Klägers vom 07.11.2014 zeigt insoweit keine neuen Gesichtspunkte auf und erfordert bereits deshalb nicht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Unzutreffend ist insbesondere die Schlussfolgerung, da die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen allein die bei ihr (ihnen) bestehenden Verbindlichkeiten der Schuldnerin gekannt hätten, hätten sie aus der Tatsache, dass diese mehr als drei Wochen unbeglichen geblieben sind, den Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ziehen müssen, da sie nicht hätten beurteilen können, ob es sich um einen wesentlichen Teil der fälligen Verbindlichkeiten gehandelt habe. Vielmehr muss der Kläger die positive Kenntnis der Beklagten von Umständen nachweisen, aus denen sich für sie ergab, dass die Schuldnerin einen wesentlichen Teil ihrer fälligen Verbindlichkeiten nicht bezahlen konnte (s. auch OLG Hamm, Urt. v. 19.08.2014 – I-27 U 25/14 = NZI 2014, 1015, 1016 f. Tz. 20, 22). Hierfür hat der Kläger auch unter Berücksichtigung der nunmehr vorgelegten Schreiben der Schuldnerin vom 16.07.2008 und 15.09.2008 an die A, in denen diese die verspätete Zahlung von drei Monatsbeiträgen angekündigt und jeweils um Stundung gebeten hat, keine hinreichenden Umstände vorgetragen. Angesichts der relativ geringen Beitragshöhe (zwischen rund 2.200 EUR und 2.670 EUR) musste die A daraus, dass die Liquiditätsprobleme nicht jeweils innerhalb von drei Wochen behoben waren, nicht zwingend auf eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin schließen, zumal die Beiträge dann jeweils wie angekündigt gezahlt worden sind. Entsprechendes gilt in Bezug auf die B auch im Hinblick auf die Zahlung des Beitrags für September 2008 in Raten. Hier kommt hinzu, dass mit der Zahlung der ersten September-Rate der Beitrag für Oktober 2008 vollständig am Fälligkeitstag gezahlt wurde. Dass es auch gegenüber der B Stundungsbitten der Schuldnerin gab, wie der Kläger mutmaßt, lässt sich nicht feststellen, wäre bei gleicher Sachlage aus den im Zusammenhang mit der A dargestellten Gründen auch nicht entscheidungserheblich. Dass die Schuldnerin am Rande des wirtschaftlichen Abgrunds operiert hätte, war für die Rechtsvorgängerinnen der Beklagten angesichts dessen nicht ersichtlich (vgl. OLG Hamm, a.a.O. Tz. 22). Ihnen musste sich, weil die Beitragsforderungen einschließlich der Säumniszuschläge vollständig erfüllt wurden, auch nicht zwingend der Schluss aufdrängen, dass Verbindlichkeiten anderer Gläubiger unbeglichen blieben.
b)
21Für die Zeit nach der Fusion der B und der A gilt nichts anderes. Hier wurden die Sozialversicherungsbeiträge ab Februar 2010 bis einschließlich Februar 2011 jeweils mit Verspätungen von 9 bis zuletzt 33 Tagen vollständig gezahlt. Auch insoweit offenbarte das Zahlungsverhalten – nach einer relativ langen Phase mit im Wesentlichen pünktlichen Zahlungen – (erneute) Liquiditätsprobleme der Schuldnerin, ließ aber allein noch nicht zwingend auf eine Zahlungseinstellung schließen.
c)
22Dass der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen weitere auf eine Zahlungseinstellung hindeutende Beweisanzeichen bekannt waren, hat der Kläger nicht konkret vorgetragen. Die von ihm vorgelegte Mahnung betrifft, wovon das Landgericht zutreffend ausgegangen ist, ebenso wie die Vollstreckungsankündigungen nicht den Zeitraum der hier angefochtenen Zahlungen. Soweit der Kläger mutmaßt, es müsse weitere Mahnungen und Vollstreckungsankündigungen in Bezug auf die hier streitgegenständlichen Rückstände gegeben haben, genügt dies nicht für einen substantiierten Sachvortrag. Abgesehen davon ist seine Schlussfolgerung, bei den daraufhin geleisteten Zahlungen handele es sich um Druckzahlungen und damit um inkongruente Deckungen, die den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin indizierten, unzutreffend. Der Bundesgerichtshof hat vielmehr in dem vom Kläger selbst angeführten Urteil vom 27.05.2003 (IX ZR 169/02 = NJW 2003, 3347, 3349) entschieden, dass eine Leistung, die ein Schuldner dem Gläubiger auf eine fällige Forderung früher als drei Monate vor dem Eröffnungsantrag gewährt, sich nicht bereits deshalb als inkongruente Deckung darstellt, weil sie zur Vermeidung einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung erfolgt (ebenso: BGH, Urt. v. 17.07.2003 – IX ZR 272/03 = NZI 2003, 597, 598; Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung, 2. Aufl. Rn. D 65). Aus dem Umstand, dass die Geschäftsführer der Schuldnerin bereits mit einer Vorgängergesellschaft ein Insolvenzverfahren durchlaufen haben, musste die Beklagte entgegen der Auffassung des Klägers nicht zwingend den Rückschluss ziehen, dass die verspäteten Zahlungen auf (zumindest drohender) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin beruhten.
23Der Umstand, dass die Beklagte selbst hinsichtlich der zuletzt geleisteten Zahlungen vorgerichtlich von einer Rückgewährpflicht ausgegangen ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn insoweit handelte es sich um Zahlungen in dem kritischen Drei-Monats-Zeitraum vor der Insolvenzantragstellung und die Beklagte hatte zuvor mit Schreiben vom 20.04.2011 (Anl. K 14 = Bl. 93 GA) nachweislich erstmals die zwangsweise Beitreibung des kompletten Rückstands angedroht, falls sie nicht bis zum 27.04.2011 über die ausstehende Beitragszahlung verfügen könne. Gleichwohl war die Schuldnerin zur Zahlung erst am 05.05.2011 in der Lage (Anlage K 15 = Bl. 94 und Aufstellung in der Klageschrift Bl. 8).
3.
24Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, das Landgericht habe nicht geprüft, ob die der Beklagten (bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen) bekannten Umstände zwingend zumindest auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hätten schließen lassen. Auch insoweit kann die Frage, ob objektiv Zahlungsunfähigkeit drohte, dahin stehen. Jedenfalls lassen die bloßen Zahlungsverzögerungen auch mit Blick auf den Umfang angesichts der zeitnahen Tilgung ohne vorangegangene Mahnung bzw. Zwangsvollstreckung ebensowenig den zwingenden Schluss auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit zu. Der Senat vermag auch nicht die Auffassung des Klägers zu teilen, die Beklagte habe aufgrund der Kenntnis von dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, den der Arbeitnehmer K gegen die Schuldnerin im März 2010 erwirkt hat, zwingend auf eine jedenfalls drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin schließen müssen. Hintergrund der Übersendung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an die Beklagte im Januar 2011 war offenbar – wie in der mündlichen Verhandlung erörtert –, dass die Schuldnerin ihrem Arbeitnehmer das Bruttogehalt nachgezahlt hatte, was schließlich zu einer Forderung der Beklagten gegen K und der von der Beklagten behaupteten Ratenzahlungsvereinbarung führte. Rückschlüsse auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin im Januar 2011 ergaben sich daraus für die Beklagte nicht.
25III.
26Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
27Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt. Ob die Beitragsrückstände so erheblich sind, dass die Beklagte allein aus der ständig verspäteten Zahlung innerhalb eines gewissen Zeitraums auf die (drohende) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zwingend schließen musste, ist eine Wertung des Einzelfalls, die die Zulassung der Revision nicht rechtfertigt.
28Die Beschwer des Klägers liegt über 20.000 EUR.
29Streitwert: 324.786,67 EUR.
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 05. Feb. 2015 - I-12 U 22/14
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Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 05. Feb. 2015 - I-12 U 22/14 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.
(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.
(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.
(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber
- 1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder - 2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.
(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
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aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält, - 2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält, - 3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet, - 4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder - 5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.
(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.
(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.(1) Handelt jemand
- 1.
als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs, - 2.
als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft oder - 3.
als gesetzlicher Vertreter eines anderen,
(2) Ist jemand von dem Inhaber eines Betriebs oder einem sonst dazu Befugten
- 1.
beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder - 2.
ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebs obliegen,
(3) Die Absätze 1 und 2 sind auch dann anzuwenden, wenn die Rechtshandlung, welche die Vertretungsbefugnis oder das Auftragsverhältnis begründen sollte, unwirksam ist.
(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.
(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.
(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 26. Februar 2007 über das Vermögen der A. GmbH & Co. KG (nachfolgend: Schuldnerin) am 1. Mai 2007 eröffneten Insolvenzverfahren.
- 2
- Die Schuldnerin entrichtete im Zeitraum von Februar bis Dezember 2006 von ihr geschuldete Sozialversicherungsbeiträge in Höhe eines Gesamtbetrages von 15.320,91 € an die Beklagte. Die Zahlungen erfolgten einschließlich zwischenzeitlich angefallener Säumniszuschläge und Mahngebühren in einer Größenordnung von monatlich rund 1.300 € bis 2.300 €. Der Ausgleich fand, ohne dass Zahlungsrückstände verblieben, jeweils etwa drei bis vier Wochen nach Fälligkeit statt.
- 3
- Der Kläger verlangt unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung Erstattung sämtlicher Zahlungen. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision ist nicht begründet.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, eine Deckungsanfechtung (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO) scheide für die Monate November und Dezember 2006 aus, weil nicht festgestellt werden könne, dass der Beklagten die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin positiv bekannt gewesen sei. Zwar stelle die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen ein starkes Indiz gegen eine bloße Zahlungsunwilligkeit und für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit dar. Der Kläger könne indes mangels sonstiger Beweisanzeichen einzig auf eine insgesamt zehn Monate andauernde verzögerte Zahlung der fälligen Sozialversicherungsbeiträge um regelmäßig drei bis vier Wochen abheben. Die Zahlungen seien nicht unter dem Druck der Androhung der Zwangsvollstreckung erfolgt. Die Beklagte habe keine Kenntnis vom Zahlungsverhalten der Schuldnerin gegenüber anderen Gläubigern gehabt. Die bloße Zahlungsverzögerung deute nicht zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hin, sondern lege eine bloße Zahlungsstockung nahe. Aus diesen Erwägungen greife auch eine Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) nicht durch.
II.
- 6
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung stand.
- 7
- 1. Soweit das Berufungsgericht eine Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) für die von der Schuldnerin im Zeitraum von Februar bis Oktober 2006 bewirkten Zahlungen abgelehnt hat, ist seine Würdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
- 8
- a) Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Soweit dabei Rechtsbegriffe wie Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, muss deren Kenntnis außerdem oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen erschlossen werden. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 8; vom 1. Juli 2010 - IX ZR 70/08, WM 2010, 1756 Rn. 9; vom 26. April 2012 - IX ZR 74/11, BGHZ 193, 129 Rn. 20; vom 10. Januar 2013 - IX ZR 28/12, NZI 2013, 253 Rn. 27). Dabei beschränkt sich die revisionsrechtliche Kontrolle darauf, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 16. April 2013 - VI ZR 44/12, VersR 2013, 1045 Rn. 13).
- 9
- b) Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz, weil er weiß, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 17). Erkennt der Anfechtungsgegner die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so ist er infolge der damit verbundenen Schlussfolgerung, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern , über den Benachteiligungsvorsatz unterrichtet (BGH, aaO Rn. 20).
- 10
- c) Nach diesen Maßstäben konnte das Berufungsgericht, ohne Feststellungen zur Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und ihrem Benachteiligungsvorsatz treffen zu müssen, davon ausgehen, dass die Beklagte einen etwaigen Benachteiligungsvorsatz mangels Wissens um die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin jedenfalls nicht erkannt hatte.
- 11
- aa) Im Insolvenzanfechtungsprozess ist die Erstellung einer Liquiditätsbilanz nicht erforderlich, wenn auf andere Weise festgestellt werden kann, ob der Schuldner einen wesentlichen Teil seiner fälligen Verbindlichkeiten nicht bezahlen konnte. Hat der Schuldner seine Zahlungen eingestellt, begründet dies auch für die Insolvenzanfechtung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, WM 2013, 174 Rn. 20). Kennt der Gläubiger die Zahlungseinstellung , ist aufgrund dieser gesetzlichen Vermutung auch seine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit anzunehmen. Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO (BGH, Urteil vom 8. Oktober 2009 - IX ZR 173/07, WM 2009, 2229 Rn. 10) die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen (§ 130 Abs. 2 InsO). Dies ist anzunehmen, wenn der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08, BGHZ 180, 63 Rn. 13).
- 12
- bb) Das Berufungsgericht ist, ohne dass dies revisionsrechtlich zu beanstanden ist, zu der möglichen tatrichterlichen Würdigung gelangt, dass der Beklagten aufgrund der ihr bekannten Umstände ein eindeutiges Urteil dahin, dass die Schuldnerin die Zahlungen eingestellt hatte, nicht möglich war (vgl. BGH, Urteil vom 15. Oktober 2009 - IX ZR 201/08, WM 2009, 2322 Rn. 13).
- 13
- (1) Die Kenntnis der Beklagten von der Liquiditätslage der Schuldnerin beschränkte sich auf den Umstand, dass diese über eine Dauer von zehn Monaten die geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge jeweils um drei bis vier Wochen verspätet gezahlt hatte. Zwar bildet die Nichtbegleichung von Sozialversicherungsbeiträgen infolge ihrer Strafbewehrtheit (§ 266a StGB) ein Beweisanzeichen , das den Schluss auf eine Zahlungseinstellung gestatten kann (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 15 mwN; vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 117/11, WM 2012, 2251 Rn. 30). In Fällen einer verspäteten Zahlung wird angenommen, dass erst eine mehrmonatige Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen eine Zahlungseinstellung umfassend glaubhaft macht (BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 187; vom 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, WM 2003, 1776, 1778; vom 13. Juni 2006 - IX ZB 238/05, WM 2006, 1631 Rn. 6; Beschluss vom 24. April 2008 - II ZR 51/07, ZInsO 2008, 1019 Rn. 2). Eine solche Gestaltung war vorliegend nicht gegeben, weil die Sozialversicherungsbeiträge lediglich mit einer Verzögerung von jeweils drei bis vier Wochen beglichen wurden.
- 14
- (2) Das Beweisanzeichen ist überdies auch deshalb als nicht sehr schwerwiegend zu gewichten, weil die Zahlungsrückstände angesichts von Beträgen zwischen 1.300 € und 2.300 € mit Rücksicht auf den Umfang des Geschäftsbetriebs der Schuldnerin und ihre von dem Kläger mitgeteilten Gesamt- verbindlichkeiten von mehr als 390.000 € keine besonders hohen Summen er- reichten. Auch wenn die Schuldnerin zur Tilgung der Rückstände eine Frist von drei bis vier Wochen benötigte und damit den für eine Kreditbeschaffung eröffneten Zeitraum überschritten hatte, konnte aus Sicht der Beklagten wegen der geringen Höhe der Verbindlichkeiten eine nur geringfügige Liquiditätslücke vorliegen (vgl. BGH, Urteil vom 20. November 2001, aaO S. 187; vom 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 142; vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Rn. 43; vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 12; vom 14. Juni 2012 - IX ZR 145/09, WM 2012, 1401 Rn. 32). Der Beklagten musste sich, weil die Beitragsforderungen einschließlich der Säumniszuschläge und Mahngebühren vollständig erfüllt wurden, auch nicht zwingend der Schluss aufdrängen, dass Verbindlichkeiten anderer Gläubiger unbeglichen blieben. Da der Beklagten weitere auf eine Zahlungseinstellung hindeutende Beweisanzeichen nicht geläufig waren (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 18), konnte das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung zu der Bewertung gelangen, dass sie die Zahlungsunfähigkeit und damit der Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht erkannt hatte.
- 15
- (3) Eine Kenntnis der Beklagten von einer etwaigen (drohenden) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin oder von Umständen, die zwingend auf die (drohende) Zahlungsunfähigkeit hätten schließen lassen (§ 130 Abs. 2, § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO), ergibt sich aus dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt ebenfalls nicht. Für die Beklagte waren auch unter Berücksichtigung ihrer eigenen, verspätet beglichenen Forderungen keine tragfähigen Anhaltspunkte ersichtlich, dass sich die Schuldnerin in existenziellen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand. Von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Schuldnerin hatte sie keine Kenntnis; insbesondere wusste sie nicht, dass die Schuldnerin auch anderen Gläubigern gegenüber Schulden hatte, die nicht pünktlich beglichen wurden (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2013 - IX ZR 113/10, WM 2013, 1361 Rn. 10).
- 16
- 2. Aus den vorstehenden Erwägungen scheidet für die Monate November und Dezember 2006 eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO aus. Infolge unveränderter tatsächlicher Gegebenheiten kann auch für den Folgezeitraum nicht festgestellt werden, dass die Beklagte die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zu den Zahlungszeitpunkten erkannt hat (§ 130 Abs. 2 InsO).
III.
- 17
- Da sich die angefochtene Entscheidung als zutreffend erweist, ist die Revision gemäß § 561 ZPO zurückzuweisen.
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 19.03.2012 - 4 O 185/11 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 31.01.2013 - 1 U 430/12 -
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die S. AG (künftig: Schuldnerin zu 1) und die G. GmbH & Co. KG aA (künftig: Schuldnerin zu 2) sammelten Kapital zum Erwerb, zur Verwaltung und zur Verwertung von Immobilien, Wertpapieren und Unternehmensbeteiligungen, indem sie insbesondere Kleinanleger veranlassten , mit ihnen stille Gesellschaften zu gründen. So beteiligte sich auch der Beklagte in den neunziger Jahren an den beiden Schuldnerinnen beziehungsweise ihren Rechtsvorgängerinnen.
- 2
- Im Jahr 2001 kündigte er die Beteiligungen und verlangte von den Schuldnerinnen - unter Zuhilfenahme der Gerichte in einer Sammelklage mehrerer Anleger - seine Einlage zurück. Seine ihn damals vertretenden Prozess- bevollmächtigten (künftig: Anwälte), die sich auf ihrer Internetseite seit 2001 immer wieder mit den Schuldnerinnen beschäftigten, vertraten neben dem Beklagten eine Vielzahl von Anlegern. Seine Klage und Berufung hatten zunächst keinen Erfolg. Durch Urteil vom 26. September 2005 (II ZR 314/03) hob der Bundesgerichtshof auf die Revision der Anleger das Berufungsurteil auf und verwies die Sache an das Berufungsgericht zurück.
- 3
- Nach Bekanntwerden der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu den geltend gemachten Ansprüchen von Anlegern der Schuldnerinnen (Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254; jeweils vom 21. März 2005 - II ZR 140/03, ZIP 2005, 753; - II ZR 149/03, ZIP 2005, 763; - II ZR 310/03, ZIP 2005, 759; vom 26. September 2005 - II ZR 314/03, ZIP 2005, 2060) schlossen sie am 18. November 2005 mit den Anwälten zugunsten von deren Mandanten, die sie bis zum 11. September 2005 mit ihrer Vertretung beauftragt hatten, einen Gesamtvergleich, wonach sie mit den Mandanten nach einem vereinbarten Schlüssel Einzelvergleiche schließen und an die Anwälte bis zum 15. April 2006 treuhänderisch 1.733.618,14 € zur Verteilung an die Mandanten zahlen sollten. Wenn der Termin nicht gehalten würde, sollten sie 2.088.606,19 € nebst Zinsen zahlen. Das Geld sollten sie in Höhe von 1.411.952,20 € (Zahlung bis zum 15. April 2006) beziehungsweise in Höhe von 1.766.940,95 € (Zahlung nach dem 15. April 2006) durch die Veräußerung vinkulierter Namensaktien an der G. und durch die Veräußerung von näher bezeichneten Immobilien aufbringen. Die Namensaktien wurden als Sicherung an die Anwälte verpfändet. Weiter verpflichteten sich die Schuldnerinnen, ihre Grundstückskäufer in dem notariellen Kaufvertrag anzuweisen , vom Kaufpreis 321.665,94 € direkt an die Anwälte zu zahlen.
- 4
- Der vereinbarte Zahlungstermin verstrich ereignislos. Erst im August 2006 wurden die Grundstücke und im Oktober 2006 die Aktien veräußert. Vom Kaufpreis für die Lebensversicherung flossen weisungsgemäß 1.507.274,50 € auf das Konto des eingeschalteten Notars, der das Geld weisungsgemäß an die Anwälte weiterüberwies. Daraus wurde an den Beklagten Ende Oktober 2006, ohne dass die Vertragsparteien zuvor ausdrücklich einen Einzelvergleich geschlossen hätten, ein Betrag von 410,87 € auf die Schulden der Schuldnerin zu 1 und ein Betrag von 942,01 € auf die Schulden der Schuldnerin zu 2 gezahlt. Anfang April 2007 wurden auf Veranlassung der Schuldnerinnen weitere 300.000 € an die Anwälte überwiesen, woraus der Beklagte am 2. April 2007 einen Betrag von 116,58 € auf die Verpflichtung der Schuldnerin zu 1 und einen Betrag von 221,64 € auf die Verpflichtung der Schuldnerin zu 2 erhielt.
- 5
- Am 7. Juni 2006 beantragte ein Insolvenzgläubiger, das Insolvenzverfahren über das Vermögen beider Schuldnerinnen zu eröffnen. Am 14. Juni 2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin zu 1 eröffnet , am 20. Juni 2007 das Verfahren über das Vermögen der Schuldnerin zu 2. Der Kläger wurde in beiden Verfahren zum Insolvenzverwalter bestellt und focht die im Oktober 2006 und im April 2007 an den Beklagten erfolgten Zahlungen an.
- 6
- Der Kläger hat als Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin zu 1 (Kläger zu 1) und als Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin zu 2 (Kläger zu 2) den Beklagten auf Rückgewähr der erhaltenen Zahlungen verklagt. Das Amtsgericht hat diesen verurteilt, an den Kläger zu 1 einen Betrag von 527,45 € nebst Zinsen und an den Kläger zu 2 einen Betrag von 1.163,65 € nebst Zinsen zu zahlen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und die Revisi- on zugelassen. Mit seiner Revision will der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klagen erreichen.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die Revision ist unbegründet.
A.
- 8
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der geltend gemachte Zahlungsanspruch ergebe sich aus § 143 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO. Die angefochtenen Zahlungen vom 31. Oktober 2006 und vom 2. April 2007 stellten Rechtshandlungen der Schuldnerinnen dar, die zu einer Benachteiligung der Gesamtheit der Gläubiger geführt hätten. Die Schuldnerinnen hätten mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt, wovon der Beklagte gewusst habe. Die Schuldnerinnen seien im maßgeblichen Zeitpunkt am 31. Oktober 2006 und 2. April 2007 zahlungsunfähig gewesen, ohne dass sie mit einer baldigen Überwindung der Krise hätten rechnen können. Da es sich hierbei um für die Schuldnerinnen offen zutage liegende Umstände gehandelt habe, sei von einer entsprechenden Kenntnis der Schuldnerinnen auszugehen. Konkrete Umstände, die eine Beseitigung der Liquiditätslücke in naher Zukunft erwarten ließen, seien nicht ersichtlich und würden von dem Beklagten nicht vorgetragen. Der Beklagte oder aber seine Bevollmächtigten, deren allgemeines, sich aus ihren Internetpublikationen ergebendes Wissen dem Beklagten nach § 166 BGB zuzurechnen sei, hätten zumindest von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerinnen gewusst. Dass die wirtschaftliche Lage schlecht gewesen sei und die Zahlungsun- fähigkeit gedroht habe, ergebe sich schon aus dem Zahlungsverhalten der Schuldnerinnen, der dem Beklagten bekannten Art und Weise der Liquiditätsbeschaffung und der Lage, in der sich die Schuldnerinnen angesichts der Prozesslawine befunden hätten.
- 9
- Dahinstehen könne, ob an den Aktien der G. ein Sicherungspfandrecht entstanden sei. Die Verpfändung wäre gleichfalls anfechtbar gewesen. Mangels anfechtungsfesten Absonderungsrechts habe die Zahlung gegen Freigabe des Pfandes objektiv gläubigerbenachteiligende Wirkung. Auf die Frage der Inkongruenz komme es für die Entscheidung nicht an, weil die Zahlung nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar sei. Ebenso könne offen bleiben, ob bereits die Zahlung durch Einschaltung eines Dritten, hier über das Notaranderkonto, eine inkongruente Deckung darstelle, wovon das Berufungsgericht allerdings ausgehe.
B.
- 10
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
I.
- 11
- Mit Recht hat das Berufungsgericht entschieden, dass dem Kläger zu 1 gegen den Beklagten ein Rückgewähranspruch aus § 143 Abs. 1 Satz 1, § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO zusteht. Rechtsfehler, die das Ergebnis in Frage stellen könnten, sind nicht ersichtlich. Das Berufungsgericht hat die von ihm verfah- rensfehlerfrei festgestellten Tatsachen in tatrichterlicher Verantwortung entsprechend gewürdigt.
- 12
- Nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO sind Rechtshandlungen, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen , vorgenommen hat, anfechtbar, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.
- 13
- 1. Die Rückzahlung der Einlage an den Beklagten acht Monate und im dritten Monat vor Stellung des Insolvenzantrags stellt sich aufgrund der Anweisungen der Schuldnerin zu 1 an die Käufer der Namensaktien und der Grundstücke , den Kaufpreis an den Notar zu zahlen, und an den Notar, das Geld an die Anwälte weiterzuleiten, als Rechtshandlungen der Schuldnerin zu 1 dar. Diese hat willensgeleitet darüber entschieden, die Zahlungen letztlich über die Anwälte an den Beklagten zu erbringen (BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - IX ZR 179/08, ZInsO 2011, 1350 Rn. 10).
- 14
- 2. Durch die Zahlung an den Beklagten sind die Insolvenzgläubiger objektiv benachteiligt worden (§ 129 InsO). Denn deren Befriedigungsmöglichkeiten hätten sich ohne sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, ZInsO 2010, 807 Rn. 14). Durch die Zahlung an den Beklagten ist das Aktivvermögen der Schuldnerin zu 1 verkürzt und insoweit der Zugriff der Gläubiger auf ihr Vermögen vereitelt worden (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, ZIP 2010, 2009 Rn. 19 mwN). Selbst wenn der Beklagte trotz der möglichen Unwirksamkeitsgründe, nämlich der mangelnden Bestimmtheit des Verpfändungsvertrages und der fehlenden Besitzverschaffung an den Aktien, durch die gewählte Treuhandkonstruktion ein Absonderungsrecht an den Aktien erworben haben sollte, wäre der Verpfändungsvertrag seinerseits - ebenfalls eine objektiv gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung der Schuldnerin - wirksam nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO angefochten.
- 15
- 3. Die Schuldnerin zu 1 handelte sowohl bei Abschluss des Gesamtvergleichs mit Verpfändungsvertrag als auch bei den Zahlungen mit dem Vorsatz, ihre Gläubiger zu benachteiligen.
- 16
- a) Der Schuldner handelt mit Vorsatz, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt. Kennt der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit, kann daraus auf einen Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Auch die nur drohende Zahlungsunfähigkeit stellt ein starkes Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners dar, wenn sie ihm bei der Vornahme der Rechtshandlung bekannt war (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 14; vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 32; vom 5. März 2009 - IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 Rn. 10; vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 8). In diesen Fällen handelt der Schuldner dann nicht mit Benachteiligungsvorsatz , wenn er aufgrund konkreter Umstände - etwa der sicheren Aussicht, demnächst Kredit zu erhalten oder Forderungen realisieren zu können - mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen kann. Droht die Zahlungsunfähigkeit , bedarf es konkreter Umstände, die nahe legen, dass die Krise noch abgewendet werden kann (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, WM 2007, 1579 Rn. 8; vom 5. März 2009, aaO; vom 22. November 2012 - IX ZR 62/10, Rn. 7, zVb).
- 17
- aa) Entgegen der Revisionsbegründung gelten diese Grundsätze auch dann, wenn eine kongruente Leistung angefochten wird. Einem Schuldner, der weiß, dass er nicht alle seine Gläubiger befriedigen kann, und der Forderungen eines einzelnen Gläubigers vorwiegend deshalb erfüllt, um diesen von der Stellung des Insolvenzantrags abzuhalten, kommt es nicht in erster Linie auf die Erfüllung seiner gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten, sondern auf die Bevorzugung dieses einzelnen Gläubigers an; damit nimmt er die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen in Kauf (BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 83 f; vom 17. Juli 2003 - IX ZR 272/02, NJW 2003, 3560, 3561). Aber auch dann, wenn nicht festgestellt werden kann, dass der Schuldner einen einzelnen Gläubiger befriedigt, um ihn von der Vollstreckung oder von der Stellung eines Insolvenzantrags abzuhalten, handelt er mit Benachteiligungsvorsatz , wenn er nur weiß, dass er zur Zeit der Wirksamkeit der Rechtshandlung (§ 140 InsO) zahlungsunfähig war (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007, aaO Rn. 19; vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, ZInsO 2008, 273 Rn. 18 f; vgl. Fischer, NZI 2008, 588, 589 f). Mithin hat das Berufungsgericht mit Recht darauf abgestellt, dass die Schuldnerin zu 1 im November 2005, im Oktober 2006 und im April 2007 zahlungsunfähig war und sie darum wusste.
- 18
- bb) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht bei der Schuldnerin zu 1 das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit seit Mitte November 2005 bejaht. Die Revision greift diese Wertung auch nicht an. Eine Gesamtwürdigung der hier zu beachtenden Indizien gestattet den Schluss auf eine Zahlungseinstellung ab Mitte November 2005. Das Berufungsgericht hat durch allgemeine und besondere Bezugnahme auf den Bericht des ehemaligen Insolvenzverwalters K. und durch allgemeine Bezugnahme auf die tabellarische Aufstellung der Forderungsanmeldungen der Anwälte festgestellt, dass die Schuldnerin zu 1 zu diesem Zeitpunkt weiteren von den Anwälten vertretenen Anlegern runde 146.000 € Schadensersatz und einer Gläubigerin - tituliert seit dem 1. November 2005 - 1,3 Millionen € und einer weiteren 87.000 € aus Lieferung und Leistung schuldete und diese Forderungen bis zur Insolvenzeröffnung nicht beglich. Zum 31. Oktober 2006 schuldete die Schuldnerin weiteren von den Anwälten vertretenen Anlegern Schadensersatz in Höhe von 1.375.420,73 € und anderen Gläubigern 3.230.242,36 € aus Lieferung und Leistung und beglich diese Forderungen bis zur Insolvenzeröffnung nicht. Haben im für die Anfechtung maßgeblichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von einer Zahlungseinstellung auszugehen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, WM 2006, 2312 Rn. 28; vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 12). Eine bloß vorübergehende Zahlungsstockung liegt nicht vor, wenn es dem Schuldner über mehrere Monate nicht gelingt, seine fälligen Verbindlichkeiten spätestens innerhalb von drei Wochen auszugleichen, und die rückständigen Beträge insgesamt so erheblich sind, dass von lediglich geringfügigen Liquiditätslücken keine Rede sein kann (BGH, Urteil vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Rn. 43; vom 30. Juni 2001, aaO). Dass es sich bei den genannten Beträgen nicht um lediglich geringfügige Liquiditätslücken gehandelt hat, hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler daraus geschlossen, dass in die Grundbücher der der Schuldnerin zu 1 gehörenden Immobilien ab Ende Mai 2005 Zwangshypotheken in einem Umfang von 756.000 € und bis Ende 2005 in einem Umfang von runden 4,4 Millionen € eingetragen worden sind, eine Bank Ende Dezember 2005 das Kreditengagement über runde 5,3 Millionen € gekündigt und fällig gestellt hat und ab Juli 2006 der Gerichtsvollzieher wegen Forderungen in einem Umfang von 5,9 Millionen € mit nur teilweisem Erfolg bei der Schuldnerin zu 1 regelmäßig vollstreckte.
- 19
- cc) Dass die Schuldnerin zu 1 beziehungsweise die für sie verantwortlich Handelnden von ihrer Zahlungsunfähigkeit wussten, hat das Berufungsgericht ebenfalls rechtsfehlerfrei - ohne dass die Revision insoweit eine Rüge erhoben hätte - daraus geschlossen, dass diese Umstände für die Schuldnerin zu 1 offen zutage lagen. Danach handelte die Schuldnerin zu 1 nur dann ohne Benachteiligungsvorsatz , wenn sie aufgrund besonderer Umstände davon ausgehen durfte, durch Verringerung der fälligen Forderungen und durch Erhöhung der Liquidität die fälligen Verbindlichkeiten insgesamt erfüllen zu können. Auch ernsthafte Sanierungsbemühungen können gegen den Benachteiligungsvorsatz sprechen. Es muss dann allerdings zu der Zeit der angefochtenen Handlung ein schlüssiges, von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Sanierungskonzept vorliegen, das mindestens in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt worden ist und beim Schuldner die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigt (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09, ZInsO 2012, 171 Rn. 11).
- 20
- Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Schuldnerin zu 1 aufgrund etwaiger Sanierungsbemühungen, erwarteter Mittelzuflüsse oder der wirtschaftlichen Neuaufstellung mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen konnte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Der Beklagte hat auch nie behauptet, dass die Schuldnerin zu 1 aufgrund eines schlüssigen Sanierungskonzeptes im November 2005 den Gesamtvergleich geschlossen und im Oktober 2006 und im April 2007 die Auszahlung an den Beklagten vorgenommen hat. Die bloße Hoffnung der Schuldnerin zu 1, die Krise überwinden zu können, genügt nicht, den Benachteiligungsvorsatz zu widerlegen. Allerdings hat der Beklagte vorgetragen , dass der Vorstand der Schuldnerin zu 1 vor Abschluss des Gesamtvergleichs die Anlegervertreter um einen Sanierungsbeitrag gebeten und darauf verwiesen hat, dass man eine Steuererstattung und Geldeingänge von anderen Anlegern erwarte. Hierin ist ein schlüssiges Sanierungskonzept jedoch nicht zu erkennen.
- 21
- b) Ein erhebliches Beweisanzeichen für einen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners ist ferner gegeben, wenn der Gläubiger eine Befriedigung oder Sicherung erhält, die er nicht, nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hat, mithin eine inkongruente Deckung (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011, aaO Rn. 10). Allerdings hat das Berufungsgericht offen gelassen, ob Verpfändung und Zahlung kongruente oder inkongruente Leistungen darstellen. Das ist entgegen der Revision als solches nicht zu beanstanden, sofern das Gericht - wie geschehen - trotz Annahme einer kongruenten Leistung einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz feststellt. Das Berufungsgericht hat zudem Tatsachen festgestellt, die den Schluss auf eine inkongruente Leistung zulassen.
- 22
- aa) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass dem Beklagten gegen die Schuldnerin zu 1 ein Schadensersatzanspruch auf Rückzahlung der Einlage jedenfalls in Höhe von 527,45 € zustand. Der Zahlungsanspruch ist spätestens mit der gerichtlichen Geltendmachung fällig geworden.
- 23
- bb) Ein Anspruch auf Besicherung folgt hieraus nicht. Er ist nicht als minus in dem Anspruch auf Befriedigung enthalten, sondern als aliud anzusehen. Die Gewährung einer Sicherheit ist demgemäß nur dann kongruent, wenn der Sicherungsnehmer einen Anspruch auf gerade diese Sicherheit hatte. Wird ein Anspruch auf Sicherung in demselben Vertrag eingeräumt, durch den der gesicherte Anspruch selbst entsteht, liegt in der späteren Gewährung der Sicherheit keine inkongruente Deckung, weil von Anfang an ein Anspruch auf die Sicherung bestand. Wird hingegen eine bereits bestehende Verbindlichkeit nachträg- lich besichert, liegt darin eine inkongruente Deckung (BGH, Urteil vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, ZInsO 2010, 807 Rn. 16).
- 24
- Zwar hatte die Schuldnerin zu 1 die Aktien an der Lebensversicherung den Anwälten als Sicherung zugleich mit dem Gesamtvergleich vom 18. November 2005 verpfändet. Die gesicherten Forderungen der von den Anwälten vertretenen Anleger waren jedoch bereits lange zuvor infolge der Verletzung von Aufklärungspflichten (jetzt § 280 Abs. 1, 3, §§ 282, 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) entstanden. In dem Gesamtvergleich hat die Schuldnerin ihre Zahlungspflicht gegenüber den Anwälten dem Grunde nach anerkannt und dadurch auf der einen Seite das Prozess- und Vollstreckungsrisiko der von den Anwälten vertretenen Anleger vermindert und auf der anderen Seite sich selbst infolge des teilweisen Forderungsverzichts Liquidität verschafft; der Vergleich diente dabei neben der Verstärkung auch der Sicherung der zuvor entstandenen Ansprüche. Jedenfalls auf die Sicherung ihrerSchadensersatzforderungen hatten die Anleger keinen Anspruch (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2010, aaO Rn. 17). Mithin war jedenfalls die Verpfändung der Aktien, ihre Wirksamkeit unterstellt , inkongruent.
- 25
- cc) Ebenso wenig hatte der Beklagte einen Anspruch darauf, den Geldbetrag aufgrund einer mittelbaren Zahlung durch Gläubiger der Schuldnerin zu 1, nämlich den Käufern der Aktien und der Grundstücke, zu erhalten, die von der Schuldnerin zu 1 angewiesen worden waren, den Kaufpreis auf ein Notarkonto zu überweisen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine vom Schuldner durch Anweisung einer Zwischenperson bewirkte mittelbare Zahlung an einen seiner Gläubiger inkongruent, wenn jener Gläubiger keinen Anspruch auf diese Art der Erfüllung hatte (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2005 - IX ZR 182/01, NJW 2006, 1348 Rn. 9). Auch hier bewirkt der Gesamtvergleich vom 18. November 2005 keine kongruente Zahlung, weil er die abweichende Erfüllung der bereits zuvor entstandenen Ansprüche vorsah.
- 26
- 4. Eine Anfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung der Gläubiger nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO setzt weiter voraus, dass der Anfechtungsgegner zur Zeit der angefochtenen Handlung den Vorsatz des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen, kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit drohte, und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO). Dies hat das Berufungsgericht nach der festgestellten Indizienlage rechtsfehlerfrei angenommen.
- 27
- a) Der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 8). Die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, WM 2007, 1579 Rn. 25) ist dadurch teilweise überholt (BGH, Urteil vom 13. August 2009, aaO). Die vom Senat in der neueren Rechtsprechung betonte Gesamtwürdigung der Beweisanzeichen hat das Berufungsgericht im Ergebnis vorgenommen, so dass seine Annahme einer tatsächlichen Vermutung im Ergebnis ohne Folgen geblieben ist. Es hat die Kenntnis des Beklagten von dem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin zu 1 aus den zwischen den Parteien unstreitigen Umständen und den Angaben der Anwälte in ihren Internetveröffentlichungen geschlossen. Diese Würdigung hält gleichfalls den Angriffen der Revision stand.
- 28
- aa) Beanstandungsfrei hat es dabei auf das Wissen der den Beklagten im Rechtsstreit mit der Schuldnerin zu 1 vertretenden Anwälte abgestellt, die - soweit sie ihr Wissen aus allgemein zugänglichen Quellen erlangt oder ihr Wissen über ihre Internetseite allgemein verbreitet haben - nach § 166 Abs. 1 BGB Wissensvertreter des Beklagten waren (vgl. Jaeger/Henckel, InsO, § 130 Rn. 123; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 130 Rn. 41). Eine Wissenszurechnung kommt auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 155/08, BGHZ 190, 201 Rn. 14 ff).
- 29
- bb) Die Kenntnis des Beklagten von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zu 1 hat das Berufungsgericht im Rahmen seiner tatrichterlichen Verantwortung aus dem Gesamtvergleich, der verspäteten Zahlung, den höchstrichterlich bestätigten Ansprüchen der Anleger gegen die G. Gruppe und den Internetveröffentlichungen der Anwälte abgeleitet. Die Revisionsrügen bringen diese Würdigung nicht zu Fall.
- 30
- (1) Die schlechte wirtschaftliche Lage der Schuldnerin zu 1 und deren drohende Zahlungsunfähigkeit hat das Berufungsgericht entgegen den Ausführungen der Revisionsbegründung nicht allein aus dem Umstand der verspäteten Zahlung hergeleitet, sondern insbesondere aus dem Umstand, dass die Schuldnerin zu 1 durch die nicht fristgerechte Zahlung die Chance vergeben hat, eine weitere Reduzierung der Forderung um runde 354.000 € zu erreichen. Auch hat das Berufungsgericht in der den Anwälten bekannten Herkunft der Zahlungsmittel ein gewichtiges Indiz für die fehlende Liquidität der Schuldnerin zu 1 gesehen. Diese musste zur Begleichung der Vergleichsforderung Anlagevermögen veräußern, wofür ihr nach dem Inhalt des Vergleichs ein Zeitraum von fünf Monaten zugestanden wurde, sie tatsächlich aber fast elf Monate benötigte.
- 31
- (2) Zutreffend hat das Berufungsgericht auf die in der ersten Hälfte des Jahres 2005 bekannt gewordenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu etwaigen Schadensersatzansprüchen von Anlegern der Schuldnerin hingewiesen. Den Entscheidungen war zu entnehmen, dass jedenfalls die Anleger, denen nach den vertraglichen Vereinbarungen das Auseinandersetzungsguthaben ratierlich ausgezahlt werden sollte, ihre Beteiligung kündigen durften, nachdem sich die Schuldnerin in einem Rechtsstreit mit dem Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen in einem Prozessvergleich verpflichtet hatte, die Auseinandersetzungsguthaben nicht mehr ratierlich, sondern nur noch in jeweils einer Summe auszuzahlen (BGH, Urteile vom 21. März 2005 - II ZR 140/03, ZIP 2005, 753, 758; II ZR 310/03, ZIP 2005, 759, 762). Daraus hat das Berufungsgericht mit Recht geschlossen, dass der Schuldnerin zu 1 hierdurch erhebliche Liquidität entzogen wurde. Die Feststellung des Berufungsgerichts, dass aus diesem Grund die meisten, wenn nicht alle Anleger sich von ihrer Beteiligung trennen konnten, ist von der Revision nicht angegriffen.
- 32
- Zudem hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Anleger, die eine Beteiligung an der Schuldnerin zu 1 nach dem 1. Januar 1998 erworben haben und denen die Schuldnerin zu 1 eine ratierliche Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens versprochen hatte, in jedem Fall die Einlage im Wege des Schadensersatzes wegen Verletzung der Aufklärungspflicht von der Schuldnerin zu 1 zurückverlangen konnten. Nach der Neufassung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG durch die 6. KWG-Novelle hätte die Schuldnerin zu 1 entweder für Klarheit sorgen müssen, ob das Stehenlassen eines Auseinandersetzungsguthabens möglicherweise als erlaubnispflichtiges Bankgeschäft aufgefasst werden konnte und deswegen die Gefahr bestand, dass die Aufsichtsbehörde - wie geschehen - gegen sie eine Verbotsverfügung erlasse. Alternativ hätte sie die Anlageinteressenten darauf hinweisen müssen, dass aufgrund der Gesetzesänderung rechtliche Bedenken gegen die ratierliche Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben bestehen könnten (BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 149/03, ZIP 2005, 763, 765). Daraus hat das Berufungsgericht unbeanstandet geschlossen, dass ein maßgeblicher Teil der Anleger von der Schuldnerin zu 1 die Einlage zurückfordern konnte.
- 33
- Die Anwälte, die zumindest seit 2001 sich mit der Schuldnerin zu 1 und der G. Gruppe beschäftigten, etwa 400 Anleger gegen die Schuldnerinnen vertraten und selbst wegen dieser Ansprüche für ihre Mandanten Prozesse führten, haben die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu dieser Frage aufmerksam verfolgt und die entsprechenden Schlüsse zeitnah gezogen. Dass sich daran ihre Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin schon im November 2005 anschloss, durfte das Berufungsgericht aus ihrem Internetauftritt vom 5. Juni 2007 schließen, wo diese mitgeteilt hatten, nach den zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs sei das Schicksal der G. Gruppe als Unternehmen besiegelt. Jedem, der seine Augen nicht völlig verschlossen habe, müsse klar sein, dass aufgrund der bisher getätigten Anlagen eine Erfüllung der Schadensersatzansprüche selbst dann nicht mehr mög- lich sei, wenn sie nur von einem Bruchteil der Anleger geltend gemacht würden. Aus diesen Äußerungen und den Äußerungen der Anwälte in den vor 2005 erfolgten Internetauftritten ergibt sich, dass diese die Geschäftstätigkeit der G. Gruppe kritisch beobachtet haben und ihnen die desolate finanzielle und wirtschaftliche Lage bekannt war, sie insbesondere wussten, dass die Schuldnerin zu 1 sich im Wesentlichen nur über die Einlagen der Anleger finanzierte.
- 34
- (3) Gegen die Würdigung spricht nicht der Vortrag des Beklagten, die Anwälte seien davon ausgegangen, der Konzern der Schuldnerin zu 1 habe in der Vergangenheit bei den Anlegern mehr als 2 Milliarden € eingesammelt, weshalb die von ihnen repräsentierte Forderung von 1,7 Millionen € noch nicht einmal ein Promille dieser Summe decke. Selbst wenn die G. Gruppe als Konzern seit Ende der achtziger und Beginn der neunziger Jahre bei den Anlegern Einlagen in einem Umfang von über 2 Milliarden € eingesammelt haben sollte, sagt dies nichts über die Liquidität des Konzerns und der Schuldnerin zu 1 sowie die Kenntnis des Beklagten von einer fehlenden Liquidität in November 2005, in Oktober 2006 und in April 2007 aus. Die Anwälte haben seit 2001 anhand der ihnen zugänglichen Informationen immer wieder in ihren vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Internetauftritten darauf hingewiesen, dass das eingenommene Geld nicht mehr vorhanden war. Deswegen war ihnen wegen der Vielzahl der Anleger und des Umfangs der berechtigten Schadensersatzansprüche klar, dass die Schuldnerin zu 1 nicht alle berechtigten Forderungen der Anleger würde begleichen können.
- 35
- (4) Das Berufungsgericht hat den Vortrag des Beklagten nicht übergangen , die für die Schuldnerin zu 1 handelnden Vorstände hätten nach einem Sanierungsbeitrag des Beklagten gefragt und angegeben, dass sie neben den Einzahlungen von Anlegern eine Steuerrückzahlung erwarteten, das Geschäfts- feld der Schuldnerin zu 1 neu ausrichten und dadurch das Unternehmen sanieren wollten. Denn es hat ausdrücklich die Frage nach einem Sanierungskonzept angesprochen. Aus diesem Vortrag des Beklagten musste es indes nicht den Schluss ziehen, der Beklagte habe keine Kenntnis von dem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin gehabt.
- 36
- Allerdings verlangt § 133 Abs. 1 InsO positive Kenntnis von der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, das heißt für sicher gehaltenes Wissen. Steht in Rede, die (drohende) Zahlungsunfähigkeit sei behoben , genügt hierfür, dass der Anfechtungsgegner von dieser Möglichkeit ausging (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2008 - IX ZR 98/07, NJW 2008, 2190 Rn. 14). Doch kann eine anfechtbare Rechtshandlung nicht allein aufgrund eines "Gesinnungswandels" auf Seiten des Anfechtungsgegners zu einer unanfechtbaren werden. Vielmehr muss die Auffassung des Anfechtungsgegners, der Schuldner sei nunmehr (möglicherweise) nicht mehr (drohend) zahlungsunfähig , an eine ihm nachträglich bekannt gewordenen Veränderung der Tatsachengrundlage anknüpfen (vgl. BGH, aaO Rn. 15). Haben zunächst - wie im Streitfall - Umstände vorgelegen, die zwingend auf die (drohende) Zahlungsunfähigkeit schließen ließen, weshalb deren Kenntnis der Kenntnis der (drohenden ) Zahlungsunfähigkeit gleich stand, kommt der Wegfall der Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit nur in Betracht, wenn diese Umstände nicht mehr gegeben sind (BGH, aaO Rn. 17).
- 37
- Dazu fehlt es an jedem Vortrag des Beklagten. Die durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eröffnete Möglichkeit der Anleger, vereinbarte Zahlungen an die Schuldnerin zu verweigern und Einlagen zurückzufordern, bestand weiterhin. Mit den Einlagen neuer Anleger durften die Altanleger nicht ausbezahlt werden, weil diese - als Folge des jedenfalls dann vorliegenden Schneeballsystems - wiederum Schadensersatzansprüche gegen die Schuldnerin zu 1 gehabt hätten, was die Anwälte wussten. Ebenso wenig hat der Beklagte dargetan, dass die erwartete Steuerrückerstattung die Liquiditätslage der Schuldnerin zu 1 durchgreifend verbessern würde. Dass die Anwälte darauf nicht vertraut haben, ergibt sich schon daraus, dass sie für ihre Mandanten eine (inkongruente) Sicherung haben erreichen wollen.
- 38
- Ebenso wenig hat das Berufungsgericht den Vortrag des Beklagten übergangen, die Staatsanwaltschaft Braunschweig habe ein Ermittlungsverfahren gegen die Verantwortlichen der Schuldnerin zu 1 wegen Insolvenzverschleppung eingestellt. Es hat diesem Umstand nur nicht die Bedeutung beigemessen , die die Revision ihr beimessen will. Es hat zutreffend darauf verwiesen , dass die Anwälte sich durch die Einstellung des Verfahrens in ihrer Überzeugung über die schlechte finanzielle Lage der Schuldnerin zu 1 nicht hätten erschüttern lassen, wie die Internetauftritte der Anwälte belegen.
- 39
- b) Ein weiteres Beweisanzeichen für die Kenntnis des Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin zu 1, welches das Berufungsgericht zu Lasten des Beklagten ebenfalls hätte berücksichtigen können, sind die inkongruente Verpfändung der Namensaktien und die inkongruenten Zahlungen (vgl. oben). Nach der Rechtsprechung des Senats bildet eine inkongruente Deckung ein Beweisanzeichen für die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes, wenn die Wirkungen der Rechtshandlung zu einem Zeitpunkt eintraten, als zumindest aus der Sicht des Empfängers der Leistung Anlass bestand, an der Liquidität des Schuldners zu zweifeln (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 117/11, ZInsO 2012, 2244 Rn. 13). Dies aber war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall (vgl. oben).
II.
- 40
- Das Berufungsurteil hat im Ergebnis auch Bestand, soweit das Berufungsgericht einen Zahlungsanspruch des Klägers zu 2 gegen den Beklagten aus § 143 Abs. 1 Satz 1, § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO bejaht hat. Dabei kann dahin stehen, ob das Berufungsgericht ausreichende Feststellungen zur Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zu 2 zu den maßgeblichen Terminen getroffen hat. Die angefochtene Entscheidung ist aus anderen Gründen richtig (§ 561 ZPO). Sowohl die Verpfändung der Namensaktien als auch die Zahlungen am 31. Oktober 2006 und 2. April 2007 waren inkongruente Leistungen, auf die der Beklagte keinen Anspruch hatte (vgl. oben). Als solche sind sie erhebliche Beweisanzeichen nicht nur für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin zu 2, sondern auch für die entsprechende Kenntnis des Beklagten, weil für ihn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zum Zeitpunkt der Verpfändung und der Zahlungen Anlass bestand, an der Liquidität auch der Schuldnerin zu 2 zu zweifeln (vgl. oben). Aus dem Gesamtvergleich ergab sich, dass auch die Schuldnerin zu 2 den Vergleichsbetrag nur durch die Veräußerung von Anlagevermögen aufbringen konnte. Sie konnte den vereinbarten Zah- lungstermin nicht einhalten. Insoweit und auch im Übrigen gilt das zur Schuldnerin zu 1 Gesagte entsprechend.
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 28.01.2011 - 121 C 30521/10 -
LG München I, Entscheidung vom 26.01.2012 - 6 S 4110/11 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 26. Februar 2007 über das Vermögen der A. GmbH & Co. KG (nachfolgend: Schuldnerin) am 1. Mai 2007 eröffneten Insolvenzverfahren.
- 2
- Die Schuldnerin entrichtete im Zeitraum von Februar bis Dezember 2006 von ihr geschuldete Sozialversicherungsbeiträge in Höhe eines Gesamtbetrages von 15.320,91 € an die Beklagte. Die Zahlungen erfolgten einschließlich zwischenzeitlich angefallener Säumniszuschläge und Mahngebühren in einer Größenordnung von monatlich rund 1.300 € bis 2.300 €. Der Ausgleich fand, ohne dass Zahlungsrückstände verblieben, jeweils etwa drei bis vier Wochen nach Fälligkeit statt.
- 3
- Der Kläger verlangt unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung Erstattung sämtlicher Zahlungen. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision ist nicht begründet.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, eine Deckungsanfechtung (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO) scheide für die Monate November und Dezember 2006 aus, weil nicht festgestellt werden könne, dass der Beklagten die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin positiv bekannt gewesen sei. Zwar stelle die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen ein starkes Indiz gegen eine bloße Zahlungsunwilligkeit und für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit dar. Der Kläger könne indes mangels sonstiger Beweisanzeichen einzig auf eine insgesamt zehn Monate andauernde verzögerte Zahlung der fälligen Sozialversicherungsbeiträge um regelmäßig drei bis vier Wochen abheben. Die Zahlungen seien nicht unter dem Druck der Androhung der Zwangsvollstreckung erfolgt. Die Beklagte habe keine Kenntnis vom Zahlungsverhalten der Schuldnerin gegenüber anderen Gläubigern gehabt. Die bloße Zahlungsverzögerung deute nicht zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hin, sondern lege eine bloße Zahlungsstockung nahe. Aus diesen Erwägungen greife auch eine Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) nicht durch.
II.
- 6
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung stand.
- 7
- 1. Soweit das Berufungsgericht eine Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) für die von der Schuldnerin im Zeitraum von Februar bis Oktober 2006 bewirkten Zahlungen abgelehnt hat, ist seine Würdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
- 8
- a) Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Soweit dabei Rechtsbegriffe wie Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, muss deren Kenntnis außerdem oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen erschlossen werden. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 8; vom 1. Juli 2010 - IX ZR 70/08, WM 2010, 1756 Rn. 9; vom 26. April 2012 - IX ZR 74/11, BGHZ 193, 129 Rn. 20; vom 10. Januar 2013 - IX ZR 28/12, NZI 2013, 253 Rn. 27). Dabei beschränkt sich die revisionsrechtliche Kontrolle darauf, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 16. April 2013 - VI ZR 44/12, VersR 2013, 1045 Rn. 13).
- 9
- b) Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz, weil er weiß, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 17). Erkennt der Anfechtungsgegner die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so ist er infolge der damit verbundenen Schlussfolgerung, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern , über den Benachteiligungsvorsatz unterrichtet (BGH, aaO Rn. 20).
- 10
- c) Nach diesen Maßstäben konnte das Berufungsgericht, ohne Feststellungen zur Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und ihrem Benachteiligungsvorsatz treffen zu müssen, davon ausgehen, dass die Beklagte einen etwaigen Benachteiligungsvorsatz mangels Wissens um die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin jedenfalls nicht erkannt hatte.
- 11
- aa) Im Insolvenzanfechtungsprozess ist die Erstellung einer Liquiditätsbilanz nicht erforderlich, wenn auf andere Weise festgestellt werden kann, ob der Schuldner einen wesentlichen Teil seiner fälligen Verbindlichkeiten nicht bezahlen konnte. Hat der Schuldner seine Zahlungen eingestellt, begründet dies auch für die Insolvenzanfechtung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, WM 2013, 174 Rn. 20). Kennt der Gläubiger die Zahlungseinstellung , ist aufgrund dieser gesetzlichen Vermutung auch seine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit anzunehmen. Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO (BGH, Urteil vom 8. Oktober 2009 - IX ZR 173/07, WM 2009, 2229 Rn. 10) die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen (§ 130 Abs. 2 InsO). Dies ist anzunehmen, wenn der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08, BGHZ 180, 63 Rn. 13).
- 12
- bb) Das Berufungsgericht ist, ohne dass dies revisionsrechtlich zu beanstanden ist, zu der möglichen tatrichterlichen Würdigung gelangt, dass der Beklagten aufgrund der ihr bekannten Umstände ein eindeutiges Urteil dahin, dass die Schuldnerin die Zahlungen eingestellt hatte, nicht möglich war (vgl. BGH, Urteil vom 15. Oktober 2009 - IX ZR 201/08, WM 2009, 2322 Rn. 13).
- 13
- (1) Die Kenntnis der Beklagten von der Liquiditätslage der Schuldnerin beschränkte sich auf den Umstand, dass diese über eine Dauer von zehn Monaten die geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge jeweils um drei bis vier Wochen verspätet gezahlt hatte. Zwar bildet die Nichtbegleichung von Sozialversicherungsbeiträgen infolge ihrer Strafbewehrtheit (§ 266a StGB) ein Beweisanzeichen , das den Schluss auf eine Zahlungseinstellung gestatten kann (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 15 mwN; vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 117/11, WM 2012, 2251 Rn. 30). In Fällen einer verspäteten Zahlung wird angenommen, dass erst eine mehrmonatige Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen eine Zahlungseinstellung umfassend glaubhaft macht (BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 187; vom 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, WM 2003, 1776, 1778; vom 13. Juni 2006 - IX ZB 238/05, WM 2006, 1631 Rn. 6; Beschluss vom 24. April 2008 - II ZR 51/07, ZInsO 2008, 1019 Rn. 2). Eine solche Gestaltung war vorliegend nicht gegeben, weil die Sozialversicherungsbeiträge lediglich mit einer Verzögerung von jeweils drei bis vier Wochen beglichen wurden.
- 14
- (2) Das Beweisanzeichen ist überdies auch deshalb als nicht sehr schwerwiegend zu gewichten, weil die Zahlungsrückstände angesichts von Beträgen zwischen 1.300 € und 2.300 € mit Rücksicht auf den Umfang des Geschäftsbetriebs der Schuldnerin und ihre von dem Kläger mitgeteilten Gesamt- verbindlichkeiten von mehr als 390.000 € keine besonders hohen Summen er- reichten. Auch wenn die Schuldnerin zur Tilgung der Rückstände eine Frist von drei bis vier Wochen benötigte und damit den für eine Kreditbeschaffung eröffneten Zeitraum überschritten hatte, konnte aus Sicht der Beklagten wegen der geringen Höhe der Verbindlichkeiten eine nur geringfügige Liquiditätslücke vorliegen (vgl. BGH, Urteil vom 20. November 2001, aaO S. 187; vom 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 142; vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Rn. 43; vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 12; vom 14. Juni 2012 - IX ZR 145/09, WM 2012, 1401 Rn. 32). Der Beklagten musste sich, weil die Beitragsforderungen einschließlich der Säumniszuschläge und Mahngebühren vollständig erfüllt wurden, auch nicht zwingend der Schluss aufdrängen, dass Verbindlichkeiten anderer Gläubiger unbeglichen blieben. Da der Beklagten weitere auf eine Zahlungseinstellung hindeutende Beweisanzeichen nicht geläufig waren (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 18), konnte das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung zu der Bewertung gelangen, dass sie die Zahlungsunfähigkeit und damit der Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht erkannt hatte.
- 15
- (3) Eine Kenntnis der Beklagten von einer etwaigen (drohenden) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin oder von Umständen, die zwingend auf die (drohende) Zahlungsunfähigkeit hätten schließen lassen (§ 130 Abs. 2, § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO), ergibt sich aus dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt ebenfalls nicht. Für die Beklagte waren auch unter Berücksichtigung ihrer eigenen, verspätet beglichenen Forderungen keine tragfähigen Anhaltspunkte ersichtlich, dass sich die Schuldnerin in existenziellen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand. Von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Schuldnerin hatte sie keine Kenntnis; insbesondere wusste sie nicht, dass die Schuldnerin auch anderen Gläubigern gegenüber Schulden hatte, die nicht pünktlich beglichen wurden (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2013 - IX ZR 113/10, WM 2013, 1361 Rn. 10).
- 16
- 2. Aus den vorstehenden Erwägungen scheidet für die Monate November und Dezember 2006 eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO aus. Infolge unveränderter tatsächlicher Gegebenheiten kann auch für den Folgezeitraum nicht festgestellt werden, dass die Beklagte die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zu den Zahlungszeitpunkten erkannt hat (§ 130 Abs. 2 InsO).
III.
- 17
- Da sich die angefochtene Entscheidung als zutreffend erweist, ist die Revision gemäß § 561 ZPO zurückzuweisen.
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 19.03.2012 - 4 O 185/11 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 31.01.2013 - 1 U 430/12 -
(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.
(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.
(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der I. GmbH (nachfolgend Schuldnerin). Das Insolvenzverfahren wurde am 23. Dezember 2003 auf Antrag der Schuldnerin vom 27. November 2003 wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet.
- 2
- Die Schuldnerin geriet seit April 2003 gegenüber der beklagten Krankenkasse mit der Zahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Rückstand. Die Lastschrift über die am 15. April 2003 fälligen Gesamtsozialversicherungsbeiträge für März 2003 in Höhe von 32.939,74 € wurde nicht eingelöst. Mit Schreiben vom 24. April 2003 teilte die Schuldnerin der Beklagten mit, aufgrund hoher eigener Außenstände einen Liquiditätsengpass zu haben, und bat um Zustimmung zur Bezahlung der Beiträge für März in vier Raten bis zum 21. Mai 2003. In einem anschließenden Telefongespräch am 28. April 2003 vereinbarten die Schuldnerin und die Beklagte, dass die Arbeitnehmeranteile in Höhe von 16.939,75 € sofort und die Arbeitgeberanteile in drei monatlichen Raten zu je 5.333,33 € zum 15. Mai, 15. Juni und 15. Juli 2003 gezahlt werden sollten. Die Zahlung der Arbeitnehmeranteile erfolgte per Scheck, der der Beklagten am 5. Mai 2003 gutgeschrieben wurde. Auch hinsichtlich der weiteren Raten übersandte die Schuldnerin der Beklagten zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen Schecks, die ebenfalls eingelöst wurden. Die Lastschrift der am 15. Mai 2003 fälligen Beiträge für April 2003 in Höhe von 32.465,76 € wurde termingerecht eingelöst. Wegen der am 15. Juni 2003 fälligen Beiträge für Mai 2003 stellte die Schuldnerin wiederum einen Stundungsantrag. Hierauf forderte die Beklagte die Schuldnerin mit Schreiben vom 2. Juli 2003 zur umgehenden Begleichung der Arbeitnehmeranteile in Höhe von 16.857,57 € auf und stundete die Arbeitgeberanteile in drei Monatsraten zu je 5.619,19 €, jeweils fällig zum 30. des Monats , beginnend ab 30. Juli 2003. Entsprechend dieser Aufforderung leistete die Schuldnerin an die Beklagte mit einem am 8. Juli 2003 eingelösten Scheck 16.857,57 €. Weitere Teilzahlungen, die insgesamt einen Betrag von 61.953,47 € ergaben, leistete die Schuldnerin in der Zeit vom 22. Juli bis zum 1. Oktober 2003.
- 3
- Der Kläger hat die Zahlungen gemäß § 130 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO angefochten und Rückzahlung von insgesamt 138.873,21 € verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr auf das Rechtsmittel des Klägers im Hinblick auf die nach dem 8. Juli 2003 erbrachten Zahlungen stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch in Höhe der noch nicht zurückerstatteten Zahlungen von insgesamt 76.919,74 € weiter, welche die Schuldnerin in der Zeit zwischen dem 5. Mai und dem 8. Juli 2003 erbracht hat.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision hat Erfolg; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 5
- Berufungsgericht Das meint, ein Rückgewähranspruch betreffend die Zahlung vom 5. Mai 2003 bestehe nicht, weil sich die Schuldnerin lediglich mit dem gestundeten Beitrag für März 2003 in Rückstand befunden habe. Ein derart geringer Rückstand reiche für sich allein gesehen nicht aus, um die Kenntnis der Beklagten von der Zahlungseinstellung oder der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zu begründen. Weitere Umstände, aus denen eine solche Kenntnis abgeleitet werden könnte, hätten nicht vorgelegen.
- 6
- Hinsichtlich der am 15. Mai, 16. Juni und 8. Juli 2003 geleisteten Zahlungen scheitere ein Rückgewähranspruch bereits an der fehlenden Gläubigerbe- nachteiligung. Die Zahlungen seien nach dem eigenen Vortrag des Klägers mittels einer lediglich geduldeten Kontoüberziehung erfolgt. Dies reiche für eine Benachteiligung der Gläubiger nicht aus. Dass die kontoführende Bank für ihren Darlehensanspruch über bessere Sicherheiten verfügt habe als die Beklagte, habe der Kläger nicht vorgetragen.
II.
- 7
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
- 8
- 1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, aufgrund des geringen Rückstands zum 5. Mai 2003 könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin Kenntnis gehabt habe, schöpft den Sachverhalt nicht aus.
- 9
- Anfechtung Eine wegen vorsätzlicher Benachteiligung der Gläubiger nach § 133 Abs. 1 InsO setzt voraus, dass der Anfechtungsgegner zur Zeit der angefochtenen Handlung den Vorsatz des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen, kannte. Diese Kenntnis wird nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, wenn der Anfechtungsgegner wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die jeweilige Handlung die Gläubiger benachteiligte. Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Soweit dabei Rechtsbegriffe wie die Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, muss deren Kenntnis außerdem oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen erschlossen werden. Der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen (BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, NZI 2007, 512, 514 Rn. 25; v. 20. November 2008 - IX ZR 188/07, NZI 2009, 168, 169 Rn. 10 m.w.N.; v. 13. August 2009 - IX ZR 159/06, NZI 2009, 768 f Rn. 8). Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGHZ 180, 63, 66 f Rn. 13 m.w.N.). Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (BGH, Urt. v. 13. August 2009 aaO m.w.H.).
- 10
- Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht wesentliche Teile des Sachverhalts außer Acht gelassen. Schon die Feststellung, einziger Anhaltspunkt für eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin sei der Zahlungsrückstand für März 2003 gewesen, greift zu kurz. Das Berufungsgericht hat unberücksichtigt gelassen, dass die Lastschrift zum 15. April 2003 zurückgegeben worden ist. Die Rückgabe von Lastschriften stellt ein erhebliches Beweisanzeichen für eine drohende Zahlungsunfähigkeit dar. Auch mit dem Schreiben der Schuldnerin vom 24. April 2003 hat sich das Berufungsgericht nicht ausreichend befasst. Diesem Schreiben war zu entnehmen, dass die Schuldnerin nicht in der Lage war, ihre fälligen Verbindlichkeiten innerhalb von drei Wochen vollständig zu befriedigen. Diese Erklärung konnte möglicherwei- se, auch wenn sie mit einer Stundungsbitte versehen war, dahin verstanden werden, dass die Schuldnerin selbst der Auffassung war, zahlungsunfähig zu sein (vgl. BGH, Urt. v. 4. Oktober 2001 - IX ZR 81/99, ZIP 2001, 2097, 2098; v. 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222, 2223 Rn. 15; v. 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, ZIP 2008, 420, 422 Rn. 21 m.w.H.). Da sich der Stundungszeitraum auf mehr als drei Wochen erstreckte (vgl. BGHZ 163, 134, 139 f; BGH, Urt. v. 12. Oktober 2006 aaO S. 2224 Rn. 27 f), hätte das Berufungsgericht eine bloße Zahlungsstockung nur annehmen dürfen, wenn der gestundete Betrag "geringfügig" gewesen wäre. Ob es sich bei dem Rückstand von 32.939,74 € um einen "geringfügigen" Betrag handelte, wie das Berufungsgericht meint, konnte es ohne abschließende Feststellungen zur objektiven Zahlungsunfähigkeit am 5. Mai 2003, die es ausdrücklich offen gelassen hat, nicht beurteilen. Absolut betrachtet ist ein Betrag in der genannten Höhe schwerlich geringfügig. Aus der Sicht der Beklagten war das möglicherweise nicht anders. Da der Anfechtungsgegner im Allgemeinen in die fälligen Gesamtverbindlichkeiten des Schuldners keinen Einblick hat, muss - soweit es um seine Kenntnis von der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners geht - darauf abgestellt werden, ob sich die schleppende oder ganz ausbleibende Tilgung seiner Forderung bei einer Gesamtbetrachtung der für den Anfechtungsgegner ersichtlichen Umstände, insbesondere unter Berücksichtigung der Art der Forderung , der Person des Schuldners und dem Zuschnitt seines Geschäftsbetriebs , als ausreichendes Indiz für eine zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit darstellt (BGH, Urt. v. 13. August 2009 aaO S. 769 Rn. 10; Ganter WM 2009, 1441, 1445). Die Beklagte hat nicht behauptet, angenommen zu haben, dass sie die einzige Gläubigerin der Schuldnerin sei. Im Regelfall hat jemand, der gewerblich tätig ist, auch noch andere Gläubiger (BGHZ 155, 75, 84; BGH, Urt. v. 20. November 2008 - IX ZR 188/07, WM 2009, 274, 275 Rn. 10; v. 18. Dezember 2008 - IX ZR 79/07, WM 2009, 615, 617 Rn. 16). Es kommt hin- zu, dass im Allgemeinen Sozialversicherungsträger - wie die Beklagte - von Unternehmern , die sich in finanzieller Bedrängnis befinden, vor anderen Gläubigern bedient werden.
- 11
- Unter Missachtung des rechtlichen Gehörs des Klägers hat es das Berufungsgericht abgelehnt, über den Inhalt des Telefongesprächs am 28. April 2003 Beweis zu erheben. Der Kläger hat hinreichend substantiiert behauptet, aus diesem Gespräch hätten sich für die Beklagte weitere Hinweise auf die (drohende) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ergeben. Entsprechendes lag schon deshalb nahe, weil nach dem Ergebnis des Gesprächs die Stundung eines Teils der am 15. April 2003 fälligen Beiträge auf drei Monate ausgedehnt wurde, der Liquiditätsengpass der Schuldner mithin noch länger anhielt, als es die Stundungsbitte vom 24. April 2003 nahelegte.
- 12
- 2. Soweit das Berufungsgericht eine Gläubigerbenachteiligung durch die weiteren Zahlungen vom 15. Mai, 16. Juni und 8. Juli 2003 abgelehnt hat, weil diese jeweils aus einer bloß geduldeten Überziehung des Kontos erfolgt seien, widerspricht die Entscheidung der - zum Zeitpunkt des Erlasses des Berufungsurteils allerdings noch nicht ergangenen - Entscheidung des Senats vom 6. Oktober 2009 (BGHZ 182, 317), mit welcher die im Berufungsurteil zitierte Entscheidung BGHZ 170, 276 aufgegeben worden ist. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats kommt die Anfechtung einer mittelbaren Zuwendung durch den Insolvenzverwalter auch dann in Betracht, wenn der Schuldner neue Gelder aus einer lediglich geduldeten Kontoüberziehung schöpft und diese infolge seiner Rechtshandlung einem Gläubiger direkt zu fließen. Unerheblich ist, ob aus der Einräumung des Überziehungskredits für die Masse ein pfändbarer Anspruch gegen die Bank entsteht oder durch die Valutierung von Sicherheiten ein entsprechender Rückübertragungsanspruch verloren geht.
- 13
- Dem steht - abweichend von der Auffassung der Revisionserwiderung - das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Januar 2010 (II ZR 258/08, ZIP 2010, 470) nicht entgegen. Die Entscheidung ist zur Haftung des Geschäftsführers gemäß § 64 Abs. 2 GmbH a.F. ergangen und nicht zur Insolvenzanfechtung. Sie gibt dem Senat deshalb keine Veranlassung, seine Rechtsprechung zu § 129 Abs. 1 InsO erneut zu ändern.
III.
- 14
- Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO); die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird die Voraussetzungen eines Anfechtungsanspruchs nach § 133 Abs. 1 InsO insgesamt erneut zu prüfen und die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen hierfür zu treffen haben. Bezüglich der Zahlungen vom 15. Mai, 16. Juni und 8. Juli 2003 hat es von einer objektiven Gläubigerbenachteiligung auszugehen. Sollte es im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung (vgl. BGH, Urt. v. 13. August 2009, aaO S. 769 Rn. 10 ff) die Kenntnis des - noch festzustellenden - Gläubi- gerbenachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin auf Seiten der Beklagten weiterhin für zweifelhaft halten, wird es den weiteren Beweisantritten nachgehen müssen.
Pape Grupp
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 12.01.2007 - 303 O 209/06 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 14.03.2008 - 1 U 19/07 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 30. Oktober 2008 wie folgt geändert: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 838,58 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2. Februar 2008 zu zahlen.
Die weitergehenden Rechtsmittel des Klägers werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 53 vom Hundert und die Beklagte 47 vom Hundert zu tragen.
Der Streitwert des Revisionsverfahrens wird auf 1.769 € festgesetzt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem auf Eigenantrag vom 9. Januar 2008 am 1. Februar 2008 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der M. GmbH & Co. KG (fortan: Schuldnerin). Ab Oktober 2007 war die Schuldnerin zahlungsunfähig. Bereits seit Januar 2007 zahlte sie die der Beklagten geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge verspätet. Diese werden jeweils am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Kalendermonats fällig. Den Beitrag für den Monat Oktober 2007 überwies die Schuldnerin, nachdem ihr am 15. November 2007 eine Rückstandsanzeige der Beklagten nebst Androhung der Zwangsvollstreckung zugegangen war, am 22. November 2007. Den Betrag für den Monat November erbrachte sie nach Eingang einer entsprechenden Mahnung vom 19. Dezember 2007 am 2. Januar 2008. Am 4. Januar 2008 überwies die Schuldnerin den Betrag für den Monat Dezember 2007, ohne zuvor besonders gemahnt worden zu sein.
- 2
- Der Kläger hat die drei Zahlungen angefochten. Die Beklagte hat die Arbeitgeberanteile aus den Zahlungen vom 22. November 2007 und 2. Januar 2008 erstattet. Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger Rückgewähr der Arbeitnehmeranteile aus den ersten beiden Zahlungen (838,58 €) sowie Rückgewähr der Zahlung vom 4. Januar 2008 über 930,42 €, insgesamt 1.769 € zuzüglich Zinsen. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 3
- Die Revision ist bezüglich der ersten beiden Zahlungen begründet.
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat gemeint: Hinsichtlich der Zahlungen der Arbeitnehmeranteile für die Monate Oktober und November 2007 in Höhe von insgesamt 838,58 € scheitere die Insolvenzanfechtung an der fehlenden objektiven Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO). Insoweit greife schon die am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Neuregelung des § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV ein, wonach die Zahlung des vom Beschäftigen zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags als aus seinem Vermögen erbracht gelte. Hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile in der Zahlung vom 4. Januar 2008 gelte dasselbe. Bezüglich des Arbeitgeberanteils der letzten Zahlung scheide eine Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO aus, weil der Zahlung keine Mahnung vorausgegangen sei und die Schuldnerin ohne Vollstreckungsdruck eine fällige Forderung ausgeglichen, mithin kongruent gehandelt habe. Die Zahlung vom 4. Januar 2008 sei auch nicht als kongruente Deckung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 InsO anfechtbar. Die Schuldnerin habe in den Vormonaten zwar häufig verspätet und erst nach Mahnung unter Vollstreckungsankündigung geleistet. Daraus sei aus Sicht der Beklagten jedoch nicht zwingend auf deren Zahlungsunfähigkeit zu schließen gewesen, weil es zu keinem dauerhaften Rückstand gekommen sei. Andere Umstände, die auf eine Kenntnis der Beklagten hätten schließen lassen, habe der Kläger nicht vorgetragen.
II.
- 5
- Dies hält rechtlicher Prüfung nur teilweise stand.
- 6
- Nach 1. der erst nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Grundsatzentscheidung des Senats vom 5. November 2009 (IX ZR 233/08, ZIP 2009, 2301 f Rn. 8 ff, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ) kann die Zahlung der Arbeitnehmeranteile zu den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen als Rechtshandlung des Arbeitgebers im Insolvenzverfahren über dessen Vermögen als mittelbare Zuwendung an die Einzugsstelle angefochten werden (siehe hierzu auch BGH, Beschl. v. 17. Februar 2010 - IX ZR 66/09, Rn. 1, zitiert nach juris). Danach kann die objektive Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) auch hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile nicht verneint werden. Die Schuldnerin hat die Zahlungen vom 22. November 2007 und 2. Januar 2008 auf den durch die vorausgegangenen Schreiben der Beklagten erzeugten Druck hin erbracht , dass die Zwangsvollstreckung unmittelbar bevorstehe (vgl. BGH, Urt. v. 15. Mai 2003 - IX ZR 194/02, ZIP 2003, 1304, 1305; v. 20. November 2008 - IX ZR 130/07, ZIP 2009, 83, 84 Rn. 13). Beide Zahlungen sind deshalb als inkongruente Deckungen gemäß § 131 Abs. 1 InsO anfechtbar. Die erste Zahlung fällt in den von § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO geschützten Zeitraum; die Anfechtung greift durch, weil die Schuldnerin zum maßgeblichen Zeitpunkt (§ 140 Abs. 1 InsO) zahlungsunfähig war. Die zweite Zahlung aus dem letzten Monat vor Insolvenzantragstellung ist auch nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar, ohne dass es weiterer Voraussetzungen bedarf.
- 7
- 2. Die Zahlung vom 4. Januar 2008, durch welche die Schuldnerin den Sozialversicherungsbeitrag für den Monat Dezember 2007 ausgeglichen hat, kann als kongruente Deckung nur unter den Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 InsO angefochten werden. Zu ihnen gehört die Kenntnis zumindest von den Umständen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners schließen lassen. Diese Kenntnis hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint.
- 8
- a) Entgegen der Auffassung der Revision kann der zur Inkongruenz führende Vollstreckungsdruck nicht durch Rückstandsanzeigen bezüglich der vorausgegangenen Monatsbeiträge erzeugt werden. Inkongruenz wird durch den zumindest unmittelbar bevorstehenden hoheitlichen Zwang begründet (BGHZ 136, 309, 311; 157, 242, 248). Der Schuldner leistet unter dem Druck einer unmittelbar drohenden Zwangsvollstreckung nur dann, wenn der Gläubiger zum Ausdruck gebracht hat, dass er alsbald die Mittel der Zwangsvollstreckung einsetzen werde, sofern der Schuldner die Forderung nicht erfülle. Dies beurteilt sich aus der objektivierten Sicht des Schuldners (BGH, Urt. v. 7. Dezember 2006 - IX ZR 157/05, ZIP 2007, 136 Rn. 8). Die Schuldnerin hätte deshalb zur Zeit ihrer Leistung damit rechnen müssen, dass ohne sie die Beklagte nach dem kurz bevorstehenden Ablauf einer letzten Zahlungsfrist mit der ohne weiteres zulässigen Zwangsvollstreckung sofort beginne (vgl. BGHZ 157, 242, 248; BGH, Urt. v. 7. Dezember 2006, aaO S. 137 Rn. 9). Dies war hier nicht der Fall. Die Beklagte hatte der Schuldnerin Anfang Januar 2008 noch nicht angekündigt , dass sie unmittelbar zur Zwangsvollstreckung schreiten werde, wenn der Beitrag für den Monat Dezember 2007 nicht unverzüglich ausgeglichen werde. Die Forderung war frühestens am 21. Dezember 2007 (Freitag vor den Weihnachtsfeiertagen ) fällig geworden. Bereits am dritten Bankarbeitstag im Neuen Jahr hatte die Schuldnerin für den Ausgleich gesorgt. Zu diesem Zeitpunkt war aus objektiver Sicht allenfalls mit einer Rückstandsanzeige, aber noch nicht mit Vollstreckungsmaßnahmen zu rechnen.
- 9
- Die b) Feststellung der subjektiven Voraussetzungen der Anfechtung - hier der Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit (§ 130 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 InsO) - obliegt zuvörderst dem Tatrichter (vgl. BGHZ 180, 63, 68 Rn. 15). Allerdings deutet gerade die Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen, die typischerweise nur dann nicht bei Fälligkeit ausgeglichen werden, wenn die erforderlichen Geldmittel hierfür nicht vorhanden sind, gemäß § 130 Abs. 2 InsO auf die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens hin (BGHZ 149, 178, 187; 180, 63, 68 Rn. 16; BGH, Urt. v. 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222, 2224 Rn. 24). Das hat das Berufungsgericht nicht verkannt. Es hat indes gemeint , der Umstand, dass die Rückstände auf die Rückstandsanzeigen hin immer wieder kurzfristig ausgeglichen worden seien und daher in keinem Fall Maßnahmen der Einzelzwangsvollstreckung tatsächlich eingeleitet werden mussten, lasse die schleppende Zahlungsweise der Schuldnerin trotz der teilweisen Strafbewehrung der Forderungen noch nicht als derart gewichtig erscheinen , dass daraus zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit geschlossen werden müsse. Die Verspätungen könnten ebenso gut als "Schlendrian" oder als Zeichen eines vorübergehenden Liquiditätsengpasses verstanden werden. Diese Würdigung, welche Ausmaß und Entwicklung des Rückstandes im Verhältnis zum späteren Anfechtungsgegner mit in den Blick nimmt, kann sich auf die Rechtsprechung des Senats stützen (vgl. BGHZ 149, 178, 187). Das Revisionsgericht hat sie als Tatfrage hinzunehmen.
Pape Grupp
Vorinstanzen:
AG Bochum, Entscheidung vom 30.10.2008 - 83 C 179/08 -
LG Bochum, Entscheidung vom 09.06.2009 - I-9 S 174/08 -
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 22. Januar verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
G r ü n d e :
2A.
3Über das Vermögen der Schuldnerin wurde aufgrund des Antrages vom 16.03.2010 am 01.05.2010 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Er hat von der Beklagten die Rückzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt 281.975,28 € verlangt. Die Einzelbeträge wurden in der Zeit zwischen dem 26.06.2007 und dem 05.03.2010 gezahlt. Zum Zeitpunkt der Zahlungen waren die jeweiligen Forderungen der Beklagten zwischen 28 bis 89 Tage fällig.
4Im Einzelnen geht es um folgende Zahlungen:
5 6Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der Anträge in erster Instanz wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.
7Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 21.068,18 € (das sind die letzten 6 Zahlungen vom 22.12.2009 bis 05.03.2010) nebst Zinsen und außergerichtlichen Anwaltskosten verurteilt.
8Die weitergehende Klage i. H. v. 260.907,10 € (nebst anteiliger Zinsen und RA-Kosten) hat es abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO scheitere, weil der Kläger den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nicht schlüssig dargelegt habe. Eine drohende Zahlungsunfähigkeit könne aufgrund der Beitragsrückstände und des Zahlungsverhaltens der Schuldnerin nicht festgestellt werden. Trotz Hinweises habe der Kläger auch zu fälligen Forderungen anderer Gläubiger nicht vorgetragen.
9Wegen der Einzelheiten des Tenors und der Begründung wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.
10Mit der gegen dieses Urteil gerichteten form- und fristgerechten Berufung verfolgt der Kläger den Restanspruch in dem in erster Instanz geltend gemachten und abgewiesenen Umfang weiter. Zur Begründung wiederholt und vertieft er im Wesentlichen das erstinstanzliche Vorbringen.
11Der Kläger beantragt,
12das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 260.907,10 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2010 sowie weitere 550,70 € außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren zu zahlen.
13Die Beklagte beantragt,
14die Berufung zurückzuweisen.
15Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil mit näheren Ausführungen.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf die in zweiter Instanz zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen.
17B.
18Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
19Ein weitergehender als in erster Instanz zugesprochener Anspruch aus der allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 133 Abs. 1 InsO besteht nicht.
20I.
21Der Kläger, der sich sowohl nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen als auch nochmals ausdrücklich im Senatstermin nur auf eine Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 S. 2 InsO) stützt und erklärt hat, zu anderen Gläubigern als der Beklagten nichts vortragen zu wollen, hat weder in 1. noch 2. Instanz nachvollziehbar dargelegt, dass die Schuldnerin nicht in der Lage gewesen ist, einen erheblichen Teil ihrer fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen oder dass dies droht und die Beklagte davon Kenntnis hatte. Die vorzunehmende Gesamtbetrachtung lässt diesen Schluss nicht zu.
22Gegenüber einem institutionellen Gläubiger deutet allerdings, wie der Bundesgerichtshof formuliert hat, die Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen, die typischerweise nur dann nicht bei Fälligkeit ausgeglichen werden, wenn die erforderlichen Geldmittel hierfür nicht vorhanden sind, in der Regel auf die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens hin (BGH NJW
232009, 1202, 1204). Gleichwohl rechtfertigen die Umstände des vorliegenden Falles insgesamt nicht diesen Schluss.
24Der Sachvortrag zu der Liquiditätslage der Schuldnerin und der Kenntnis der Beklagten beschränkt sich im Kern auf den Umstand, dass diese über eine Dauer von fast 3 Jahren die der Beklagten geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge verspätet und zum Teil erst auf Vollstreckungsankündigung gezahlt hat.
25Zwar bildet grundsätzlich die Nichtbegleichung von Sozialversicherungsbeiträgen infolge ihrer Strafbewehrtheit (§ 266 a StGB) ein Beweisanzeichen, das den Schluss auf einen Zahlungseinstellung gestatten kann (BGH, NZI 2014, 23, Rn. 13). Hier fehlt es jedoch bereits an der Strafbewehrtheit, weil die Beitragsforderungen sämtlich Pauschalabgaben aus geringfügiger Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV waren, die ausschließlich vom Arbeitgeber zu tragen waren (§§ 249 b SGB V, 172 Abs. 3 SGB IV); die schlichte Vorenthaltung von Arbeitgeberbeiträgen ist nicht strafbar (vgl. den Wortlaut des § 266 a Abs. 1 StGB; ferner Perron in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 266 a, Rn. 4 mwN).
26In Fällen einer verspäteten Zahlung wird zudem angenommen, dass erst eine mindestens halbjährige Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen eine Zahlungseinstellung umfassend glaubhaft macht (BGH, a.a.O.; NZI 2013, 932, Rn. 12; NZI 2003, 542, Rn. 19; NZI 2002, 91, 93). Eine solche Gestaltung ist vorliegend nicht gegeben. Der Kläger trägt bereits für den hier maßgeblichen Zeitraum nicht vor, dass derartige hohe Rückstände aufgelaufen sind und dass Zahlungen bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens überhaupt nicht geleistet worden sind. Vielmehr betrafen die Rückstände fällige Beiträge für ein bis drei Monate und Zeiträume zwischen knapp einem und knapp drei Monaten. Zwar kann auch die mehrmonatige Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen auf eine Zahlungseinstellung hindeuten (vgl. z. B. BGH, NZI 2002, 91, 93: Beitragsrückstand von 4 Monaten), dann müssen aber weitere Beweisanzeichen hinzukommen (vgl. BGH, a.a.O.). Daran fehlt es hier. Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich für seine Auffassung nichts aus dem Beschluss des BGH vom 13.06.2006 (NZI 2006, 591) herleiten; dort bestanden gerade rückständige Sozialversicherungsbeiträge für einen Zeitraum von 6 Monaten. Hier hat die Schuldnerin demgegenüber innerhalb von Zeiträumen zwischen knapp einem Monat und knapp drei Monaten die alten Rückstände vollständig nebst Mahngebühren und Säumniszuschlägen bezahlt.
27Zudem kann - entgegen der Ansicht des Klägers und mit der Auffassung der Beklagten sowie derjenigen des Landgerichts - insoweit durchaus von einer regelmäßigen Übung der Schuldnerin ausgegangen werden, dass Zahlungen erst aufgrund von Mahnungen und Vollstreckungsandrohungen erfolgt sind und diese Umstände deshalb im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung angesichts der kontinuierlichen Fortführung des Geschäftsbetriebes als Beweisanzeichen an Bedeutung verlieren (vgl. OLG Düsseldorf, ZInsO 2011, 434).
28Die verspätet gezahlten Beiträge genügen auch der Höhe nach nicht für die Feststellung von Zahlungseinstellung oder – drohender – Zahlungsunfähigkeit und Kenntnis der Beklagten (zw. 7.374,80 € und 10.208,05 € monatlich bis zu rd. 30.000 € über einen Zeitraum von bis zu drei Monaten). In allen vom Kläger angeführten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs waren die Beträge wesentlich höher und / oder das Verhältnis zwischen Rückständen und Gesamtverbindlichkeiten für den Anfechtungsgegner erkennbar. Entgegen der Ansicht des Klägers kommt es insoweit zudem nicht auf einen Vergleich mit den Personalkosten an, sondern maßgeblich ist der Zuschnitt des gesamten Geschäftsbetriebes der Schuldnerin und der Umfang der gesamten Verbindlichkeiten (vgl. BGH, NZI 2014, 23, Rn. 14). Ob angesichts dessen, insbesondere der aus den vom Kläger selbst vorgelegten GuV ersichtlichen Jahresumsätze von knapp 1 Mio. € und Gesamtverbindlichkeiten der Schuldnerin von über 1 Mio. € in den Jahren 2007 bis 2009, das Beweisanzeichen der verzögerten Zahlungen und deren Höhe auch als schwerwiegend anzusehen ist, kann dahinstehen. Jedenfalls kannte die Beklagte diese Umstände, wie im Termin vor dem Senat erörtert, nicht.
29Auch aus der vorgelegten Insolvenztabelle (Bl. 132 f.) ergibt sich mangels Angabe von Fälligkeitszeitpunkten nichts für den hier nach § 140 I InsO maßgeblichen Zeitpunkt der angefochtenen Zahlungen; insbesondere ist nicht ersichtlich, dass Zahlungen bis zur Insolvenzeröffnung unbeglichen blieben.
30Ferner hat das Landgericht entgegen der Ansicht des Klägers nicht die Rechtsprechung unzutreffend außer Acht gelassen, dass ein Beweisanzeichen bestehen kann, wenn die Schuldnerin infolge der ständigen verspäteten Begleichung der Forderungen der Beklagten einen Forderungsrückstand vor sich hergeschoben hat und demzufolge ersichtlich am Rande des finanzwirtschaftlichen Abgrunds operierte (vgl. BGH, NZI 2013, 932, Rn. 13 m. w. N.; Eilenberger, in: MünchKomm-InsO, 3. Aufl., § 17 Rn. 30). Zwar können die sich immer wieder erneuernden Forderungsrückstände der Bewertung entgegenstehen, dass kein wesentlicher Teil der Verbindlichkeiten betroffen war und es sich um lediglich geringfügige Liquiditätslücken handelte (vgl. BGH, NZI 2003, 322; NZI 2010, Rn. 43; NZI 2013, 932, Rn. 13). Hier ergibt sich aber aus den zuvor genannten Aspekten, dass die Schuldnerin die Rückstände immer wieder in einem Zeitraum von 28 Tagen bis maximal 89 Tagen getilgt hat, auch wenn dann bereit ein bis zwei nachfolgende Monatsbeiträge zur Zahlung fällig waren. Es war für die Beklagte nicht ersichtlich, dass die Schuldnerin am Rande des wirtschaftlichen Abgrundes operiert hätte. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtschau von den vom Kläger angeführten Fällen, die den Urteilen des BGH zugrunde lagen; dort waren die Rückstände erheblich höher.
31Das Beweisanzeichen der Inkongruenz greift hier jedenfalls deshalb nicht durch, weil nach den Ausführungen oben aus der Sicht der Beklagten im Zeitpunkt der Zahlungen kein Anlass gegeben war, die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin anzunehmen (vgl. dazu BGH, NZI 2014, 68, 69, Rn. 12 m.w.N.).
32Für die Beklagte ergaben sich nach vorstehenden Ausführungen insgesamt keine ausreichend tragfähigen Anhaltspunkte dafür, dass sich die Schuldnerin in existentiellen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand. In diesem Zusammenhang ist, wie ausgeführt, zu berücksichtigen, dass sich für die Beklagte gegenüber der Schuldnerin wenig Erkenntnismöglichkeiten ergaben. Es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass die Beklagte abgesehen von dem Zahlungsverhalten der Schuldnerin ihr gegenüber überhaupt Kenntnisse oder Erkenntnismöglichkeiten zu anderen nicht oder verspätet beglichenen Verbindlichkeiten hatte, die eine Beurteilung erst ermöglicht hätten; der Kläger hat vielmehr ausdrücklich erklärt, dazu nicht vorzutragen.
33II.
34Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
35Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Das Urteil stellt eine Einzelfallentscheidung dar, die der Senat auf der Grundlage anerkannter Auffassungen in der Rechtsprechung, insbesondere des Bundesgerichtshofs, und der Literatur getroffen hat.
36(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.