Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 10. Juli 2015 - I-16 U 209/13
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 1 - 7, 9 - 23, 26, 28 – 33, 35 – 47, 49 – 51, 53 – 55, 57 – 95, 97 – 112, 114 – 132, 134 – 141, 143 - 155, 157, 158, 160 - 179, 181 - 193, 195, 198, 200 – 204, 206, 208 – 219, 221 - 229, 233 – 239, 241 – 249, 251 wird das am 31.10.2013 verkündete Urteil des Landgerichts Wuppertal – 4 O 286/12 – teilweise abgeändert und die Klage gegen die Beklagten zu Beklagten zu 1 - 7, 9 - 23, 26, 28 – 33, 35 – 47, 49 – 51, 53 – 55, 57 – 95, 97 – 112, 114 – 132, 134 – 141, 143 - 155, 157, 158, 160 - 179, 181 - 193, 195, 198, 200 – 204, 206, 208 – 219, 221 - 229, 233 – 239, 241 – 249, 251 abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Gerichtskosten erster Instanz. Sie trägt ihre außergerichtlichen Kosten erster Instanz zu 90% sowie die gesamten außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 - 7, 9 - 23, 26, 28 – 33, 35 – 47, 49 – 51, 53 – 55, 57 – 95, 97 – 112, 114 – 132, 134 – 141, 143 - 155, 157, 158, 160 - 179, 181 - 193, 195, 198, 200 – 204, 206, 208 – 219, 221 - 229, 233 – 239, 241 – 249, 251 erster Instanz. Die übrigen Beklagten tragen die außergerichtlichen Kosten der Klägerin erster Instanz zu 10% sowie ihre gesamten eigenen außergerichtlichen Kosten.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin ist Komplementärin der W… (zunächst firmierend unter U… W…), die am 29.05.2000 gegründet wurde. Es handelt sich um eine Publikumsgesellschaft. Im Handelsregister ist zudem als Komplementärin die Beklagte zu 1.) eingetragen. Die weiteren Beklagten sind die Kommanditisten der Gesellschaft.
4Grundlage der gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse ist der Gesellschaftsvertrag vom 22.10.2001. § 8 des Gesellschaftsvertrages (GV) sieht vor, dass die Geschäftsführung der Gesellschaft durch die persönlich haftende Gesellschafterin erfolgt und dass zur Vertretung allein die persönlich haftende Gesellschafterin berechtigt ist. Die Gesellschafter beschließen gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 GV über alle Angelegenheiten der Gesellschaft nach Maßgabe des Vertrages. Gemäß § 8 Abs. 4 GV haben die Gesellschafter je DM 5.000,00 ihres festen Kapitalkontos eine Stimme. Die persönlich haftende Gesellschafterin hat – ohne Leistung einer Kapitaleinlage – 480 Stimmen. In § 8 Abs. 5 GV ist geregelt, dass die Gesellschaft ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen fasst, sofern nicht zwingende gesetzliche Regelungen dem entgegenstehen oder dieser Gesellschaftsvertrag andere Mehrheitserfordernisse vorsieht. Nach § 8 Abs. 6 GV können fehlerhafte Beschlüsse nur innerhalb eines Monats seit der Beschlussfassung durch Klage gegen alle Gesellschafter angefochten werden. § 9 GV regelt die Gesellschafterversammlungen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Gesellschaftsvertrages wird auf dessen zur Gerichtsakte gereichte Ablichtung Bezug genommen.
5Am 21.06.2010 fand eine Gesellschafterversammlung statt. Auf der Versammlung wurde u.a. über die Anträge abgestimmt, die Beklagte zu 1) als weitere persönlich haftende Gesellschafterin in die Gesellschaft aufzunehmen und der Klägerin mit sofortiger Wirkung die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis zu entziehen. Die Beschlüsse erhielten eine Mehrheit von über 70%, jedoch unter 75% der Stimmen. Auf das in Kopie zur Gerichtsakte gereichte Protokoll der Gesellschafterversammlung wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen
6Zur Durchsetzung der Beschlüsse gegenüber der Klägerin strengte die Beklagte zu 1) ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren vor dem Landgericht Stade an. Das Landgericht Stade gewährte durch Urteil vom 23.09.2010 (Az.: 8 O 76/10) den beantragten vorläufigen Rechtsschutz: Der Klägerin wurde u.a. aufgegeben, die Beklagte zu 1) als persönlich haftende Gesellschafterin und alleinige Geschäftsführerin in das zuständige Handelsregister eintragen zu lassen. Am 19.10.2010 wurde auf Veranlassung der Klägerin die Beklagte zu 1) als persönlich haftende Gesellschafterin im Handelsregister eingetragen. Die Klägerin lehnte es seit Januar 2011 ab, für die Gesellschaft zu handeln.
7Auf Wunsch des Beirats führte die Beklagte zu 1) vom 20.01.2011 bis zum 17.02.2011 ein schriftliches Verfahren zur Beschlussfassung unter den Gesellschaftern durch. Gegenstand des Umlaufverfahrens waren u.a. die oben näher bezeichneten Beschlüsse der Gesellschaftsversammlung vom 21.06.2010, die vorsorglich erneut abgestimmt werden sollten. Mit Schreiben vom 18.02.2011 stellte die Beklagte zu 1) die Beschlüsse gegenüber den anderen Gesellschaftern fest.
8Das Oberlandesgericht Celle änderte mit Berufungsurteil vom 04.05.2011 (Az.: 9 U 105/10) das Urteil des Landgerichts Stade vom 23.09.2010 ab und wies den Antrag der Beklagten zu 1) auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück.
9Parallel zum Eilverfahren erhob die Beklagte zu 1) Klage im Hauptsacheverfahren zum Landgericht Stade. Das Landgericht Stade schloss sich der vom Oberlandesgericht im Eilverfahren vertretenen Auffassung an und wies die Klage mit Urteil vom 12.05.2011 (Az.: 8 O 105/10) ab. Die Beklagte zu 1) legte gegen das Urteil des Landgerichts Stade Berufung beim Oberlandesgericht Celle ein. Das Oberlandesgericht Celle wies die Berufung durch Urteil vom 14.12.2011 (Az.: 9 U 73/11) zurück. Gegen die Nichtzulassung der Revision legte die Beklagte zu 1) unter dem 21.12.2011 Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof ein, die der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 09.07.2013 zurückwies.
10Auf Aufforderung von Seiten der Kommanditisten lud die Beklagte zu 1) zu einer Gesellschafterversammlung am 08.09.2012 ein, leitete diese und stellte die dort gefassten, streitgegenständlichen Beschlüsse fest.
11Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, dass die Beklagte zu 1) weder durch die Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung am 21.06.2010 noch durch die Beschlüsse im Umlaufverfahren bis zum 17.02.2011 persönlich haftende Gesellschafterin geworden sei. Sie habe daher weder die Gesellschafterversammlung 08.09.2012 wirksam einberufen noch die Versammlung leiten oder die Beschlüsse feststellen können. Die für die Beschlussfassung erforderlichen Mehrheiten seien nicht erreicht worden; sie sei rechtsmissbräuchlich an der Ausübung ihres Stimmrechts gehindert worden.
12Die Klägerin hat beantragt,
13folgende in der Gesellschafterversammlung der W… vom 08.09.2012 gefassten Gesellschafterbeschlüsse für nichtig zu erklären:
141. „Die Gesellschafterversammlung beschließt, den von der KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geprüften Jahresabschluss per 31.12.2011 in der vorgelegten Fassung festzustellen.“
152. „Der persönlich haftenden Gesellschafterin W… R… wird für das Geschäftsjahr 2011 Entlastung erteilt.“
163. „Der persönlich haftenden Gesellschafterin U… A… wird für das Geschäftsjahr 2011 keine Entlastung erteilt.“
174. „Dem Beiratsmitglied Herrn H… wird für das Geschäftsjahr 2011 Entlastung erteilt.“
185. „Dem Beiratsmitglied Herrn Prof. H… wird für das Geschäftsjahr 2011 Entlastung erteilt.“
196. „Dem Beiratsmitglied Herrn Dr. K… wird für das Geschäftsjahr 2011 Entlastung erteilt.“
207. „§ 8 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages wird gestrichen und wie folgt ersetzt: Streitigkeiten hinsichtlich dieses Vertrages beziehungsweise einzelner Fragen, Rechte oder Pflichten hieraus werden nicht zwischen den Gesellschaftern, sondern mit der Gesellschaft ausgetragen. Dies betrifft insbesondere Streitigkeiten, die die Wirksamkeit beziehungsweise Unwirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen betreffen. Eine Klage über die Feststellung der Unwirksamkeit von Beschlüssen kann nur innerhalb von zwei Monaten nach Beschlussfassung erhoben werden.
21Bei Streitigkeiten mit geschäftsführenden Gesellschaftern wird die Gesellschaft durch den Beitrat vertreten.“
228. „§ 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages wird gestrichen und wie folgt ersetzt: Der persönlich haftenden Gesellschafterin kann die Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht nur aus wichtigem Grund durch Beschluss der Gesellschafterversammlung entzogen werden, der einer Mehrheit aller vorhandenen Stimmen bedarf. Ein solcher Grund ist namentlich eine grobe Pflichtverletzung, Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung oder Vertrauensentzug durch die Gesellschafterversammlung, es sei denn, dass das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist.“
239. „§ 9 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages wird wie folgt neu gefasst: Die Gesellschafterversammlung wird von der zur Geschäftsführung befugten persönlich haftenden Gesellschafterin geleitet, soweit nicht die Gesellschafter mit Stimmenmehrheit einen anderen Versammlungsleiter bestimmen.“
2410. „In § 9 Abs. 8 des Gesellschaftsvertrages wird nach Satz 2 eingefügt: Das Protokoll wird von der zur Geschäftsführung befugten persönlich haftendend Gesellschafterin geführt, soweit nicht die Gesellschafter mit Stimmenmehrheit einen anderen Protokollführer bestimmen.“
2511. „Der U… A… wird (hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit der diesbezüglich zuvor gefassten Beschlüsse) mit sofortiger Wirkung nach § 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages in der neuen Fassung die Geschäftsführungsbefugnis für die W… entzogen. Zur Begründung wird auf den nachhaltig mangelhaften wirtschaftlichen Erfolg der W… unter der Geschäftsführung der U… A… verwiesen. So wurde die laut Prospekt zu erwartende Wirtschaftlichkeit bei weitem verfehlt. Zudem wird auf das zerrüttete Vertrauensverhältnis zwischen der U… A… einerseits und dem Beirat sowie der großen Mehrheit der Gesellschafter der W… anderseits verwiesen, die unter anderem darin zum Ausdruck kommt, dass der U… A… seit 2006 mit über 90 % der Stimmen die Entlastung verwehrt wird.“
2612. „Die W… R…, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Wuppertal unter HRB 22720, vertreten durch die Geschäftsführer S… sowie Dr. H…, wird (hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit der diesbezüglich zuvor gefassten Beschlüsse) unter Anwendung der Grundsätze des Urteils des OLG Jena vom 14.03.2012 – Az.: 2 U 650/11 – als weitere persönlich haftende Gesellschafterin in die Gesellschaft aufgenommen. Dem Urteil liegt ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde, insbesondere eine mit § 5 Abs. 3 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages der W… wörtlich identische Regelung. Die W… R… ist am Kapital der Gesellschaft nicht beteiligt. Die W… R… ist für die Gesellschaft geschäftsführungs- und vertretungsberechtigt.“
2713. „Der U… A… wird (hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit der diesbezüglich zuvor gefassten Beschlüsse) mit sofortiger Wirkung nach § 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages in der neuen Fassung die Vertretungsbefugnis für die W… entzogen. Zur Begründung wird auf die Ausführungen zu Antrag 5 (Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis) verwiesen.“
2814. „Der Beirat der Gesellschaft wird (vorsorglich für den Fall der Unwirksamkeit der diesbezüglich zuvor gefassten Beschlüsse) bevollmächtigt und beauftragt, namens der Gesellschaft mit der Ö…, eingetragen im Handelsregister beim Amtsgericht Wuppertal unter HRB 20389, einen gleichlautenden Geschäftsbesorgungsvertrag wie am 22.06.2010 von der W… R… unterzeichnet, erneut abzuschließen.“
2915. „Die U… A… wird angewiesen, die Bezahlung der Grundvergütung zu Gunsten der Ökofair Energie GmbH in Höhe von € 5.000,00 monatlich seit dem 01.04.2012 durch die W… bei der Commerzbank freizugeben.“
3016. „In § 8 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages wird nach Satz 2 eingefügt: An Beschlussfassungen den Beirat betreffend (insbesondere Wahl, Abberufung, Entlastung) darf die persönlich haftende Gesellschafterin mit ihren Stimmen gemäß Satz 2 nicht teilnehmen.“
3117. „Die Komplementärin Die U… A… und der Kommanditist L… werden abgemahnt, da sie die W… durch die Verweigerung der laufenden Zahlungen des Geschäftsbesorgungsentgeltes an die Ö… einem erheblichen Risiko aussetzen. Für den Fall einer weiteren Pflichtverletzung der vorgenannten Gesellschafter wird diesen der Ausschluss aus der Gesellschaft angedroht.“
3218. „Der Beirat kann nach pflichtgemäßem Ermessen zu Lasten der Gesellschaft bis zur Höhe von maximal € 10.000,00 netto über ein Budget für Beratungs- und Rechtsverfolgungskosten verfügen.“
3319. „Dem Einspruch der U… M… gegen das Protokoll zur Gesellschafterversammlung am 02.09.2011 wird nicht stattgegeben.“
34Die Beklagten zu 1 - 7, 9 - 23, 26, 28 - 33, 35 - 47, 49 - 51, 53 - 55, 57 - 95, 97 - 112, 114 - 132, 134 - 141, 143 - 155, 157, 158, 160 - 179, 181 - 193, 195, 198, 200 - 204, 206, 208 - 219, 221 - 229, 233 - 239, 241 - 249, 251 haben beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Die Beklagten 8, 96, 113, 142, 199, 231, 232, 240 290 haben die Klageforderung anerkannt. Die übrigen Beklagten sind trotz einer ordnungsgemäßen Ladung nicht zum Termin erschienen.
37Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, die weder wegen eines zu spät eingezahlten Gerichtskostenvorschusses noch aufgrund falscher Adressangaben in der Klageschrift verfristet sei. Die Beklagten seien notwendige Streitgenossen. Die Beschlüsse vom 08.09.2012 seien nichtig, da sie nicht in formell wirksamer Weise zustande gekommen seien. Die Beklagte zu 1) sei nicht zur Einberufung und Durchführung der Gesellschafterversammlung oder Feststellung der Beschlüsse berechtigt gewesen, da sie weder durch die Beschlüsse vom 21.06.2010 noch durch die im Umlaufverfahren bis zum 17.02.2011 gefassten Beschlüsse persönlich haftende Gesellschafterin der Fondsgesellschaft geworden sei. Die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 21.06.2010 seien unwirksam. Die Beklagte zu 1) sei darüber hinaus nicht aufgrund ihrer Eintragung ins Handelsregister oder als faktische Geschäftsführerin zur Durchführung des Umlaufverfahrens im Jahr 2011 berechtigt gewesen. Ihre Berechtigung zur Durchführung des Umlaufverfahrens folge auch nicht aus der Aufforderung des Beirats. Eine Befugnis zur Einberufung der streitgegenständlichen Gesellschafterversammlung ergebe sich auch nicht aus § 9 Abs. 6 GV. Die Klägerin habe die Einberufung der Gesellschafterversammlung nicht treuwidrig verweigert. Bei der Regelung im Gesellschaftsvertrag über die Berechtigung, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, handele es sich nicht um eine Ordnungsvorschrift.
38Dieses Urteil greifen die Beklagten zu 1 - 7, 9 - 23, 26, 28 – 33, 35 – 47, 49 – 51, 53 – 55, 57 – 95, 97 – 112, 114 – 132, 134 – 141, 143 - 155, 157, 158, 160 - 179, 181 - 193, 195, 198, 200 – 204, 206, 208 – 219, 221 - 229, 233 – 239, 241 – 249, 251 mit der Berufung an. Die Beklagte zu 1) sei aufgrund der im schriftlichen Umlaufverfahren gefassten Beschlüsse Geschäftsführerin der Fondsgesellschaft geworden. Jedenfalls sei sie als deren faktische Geschäftsführerin befugt gewesen, die Gesellschafterversammlung einzuberufen, zumal sie als Geschäftsführerin und persönlich haftende Gesellschafterin im Handelsregister eingetragen gewesen sei. Der Gesellschaftsvertrag unterscheide nicht zwischen Geschäftsführung und persönlich haftendem Gesellschafter. Durch ihre Teilnahme an den Gesellschafterversammlungen und dem Umlaufverfahren habe die Klägerin den Rechtsschein rechtmäßiger Gesellschafterversammlungen und –beschlüsse gesetzt. Mit Blick auf handelsrechtliche und steuerrechtliche Pflichten sei es erforderlich gewesen, die Gesellschafterversammlung durchzuführen; im Übrigen sehe § 9 Abs. 5 GV vor, dass jährlich eine Gesellschafterversammlung durchgeführt werde. Ihre Befugnis zur Einberufung der Gesellschafterversammlung leite sich auch aus § 9 Abs. 6 GV ab. Die Klägerin habe treuwidrig die Einberufung einer Gesellschafterversammlung verweigert. Die Beklagte zu 1) habe als faktische Geschäftsführerin bzw. im Namen und Vollmacht des Beirates die Beschlussfassung im schriftlichen Umlaufverfahren durchführen können. Die Beschlüssen hätten mit einfacher Mehrheit gefasst werden können und zwar auch, soweit eine neue Komplementärin aufgenommen werden solle.
39Die Beklagten beantragen,
40unter Abänderung des am 31.10.2013 verkündeten Urteils der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal die Klage abzuweisen.
41Die Klägerin beantragt,
42die Berufung zurückzuweisen.
43Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Beklagte zu 1) sei weder zur Einberufung noch zur Durchführung der Gesellschafterversammlung am 08.09.2012 oder zur Feststellung der Beschlussergebnisse befugt gewesen, weil sie weder in der Gesellschaftsversammlung vom 26.10.2010 noch durch die Beschlüsse im Umlaufverfahren als persönlich haftende Gesellschafterin in die Gesellschaft aufgenommen worden sei. Zur Aufnahme als Komplementärin hätte es eines einstimmigen Beschlusses bedurft, der nicht zustande gekommen sei. Eine Einberufungs- und Durchführungsbefugnis der Beklagten zu 1) hinsichtlich des Umlaufverfahrens sowie der Gesellschafterversammlung am 08.09.2012 folge weder aus § 9 Abs. 6 GV noch aus dem Gesichtspunkt einer faktischen Geschäftsführung. Die Beschlüsse vom 08.09.2012 seien jedenfalls deshalb nichtig, weil sie – die Klägerin – rechtsmissbräuchlich von der Stimmabgabe ausgeschlossen worden sei; ein Stimmverbot habe nicht bestanden. Die Einräumung von Mehrstimmen sei zulässig.
44Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
45II.
46Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Landgericht die Nichtigkeit der streitgegenständlichen Gesellschafterbeschlüsse festgestellt. Da eine notwendige Streitgenossenschaft nicht besteht, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ergeht keine einheitliche Entscheidung allen Gesellschaftern gegenüber. Es fehlt auch an einer rechtlichen Grundlage dafür, die Gesellschafter „wie“ notwendige Streitgenossen zu behandeln. Allein der Umstand, dass es sinnvoll sein mag, eine einheitliche Behandlung der Beschlüsse hinsichtlich aller Gesellschafter vorzunehmen, genügt für die Heranziehung des § 62 ZPO nicht.
47A.
48Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig.
491.
50Zutreffend und von der Berufung unangegriffen ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Nichtigkeit der streitgegenständlichen Beschlüsse im Wege der Feststellungsklage geltend gemacht werden muss und den Klageantrag in diesem Sinne ausgelegt. Zwar sieht § 8 Abs. 6 GV vor, dass „fehlerhafte Beschlüsse […] angefochten werden“. Eine Anfechtungsklage ist jedoch nur dem Recht der Kapitalgesellschaften geläufig. Dort wird zwischen nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen unterschieden. Der Mangel eines anfechtbaren Beschlusses kann nur durch eine fristgerechte Anfechtungsklage, die gegen die Gesellschaft zu richten ist, geltend gemacht werden. Die Nichtigkeit dieses Beschlusses wird dann erst durch ein rechtsgestaltendes Urteil herbeigeführt. Dagegen gibt es im Recht der Personengesellschaften keine lediglich anfechtbaren Beschlüsse; infolgedessen ist hier auch die Anfechtungsklage unbekannt. Dementsprechend besteht auch nicht die Möglichkeit, im Bereich der Personengesellschaft eine Anfechtungsklage gesellschaftsvertraglich zu vereinbaren. Denn Gestaltungsklagen kommen nur in den gesetzlich anerkannten Fällen in Frage und sind der Parteiautonomie der Parteien weitgehend entzogen (BGH, Urteil vom 11.12.1989, II ZR 61/89, juris m.w.N.; vgl. auch BGH, Urteil vom 24.03.2003, II ZR 4/01, juris; BGH, Urteil vom 01.03.2011, II ZR 83/09, juris;).
512.
52Zutreffend und von der Berufung unangegriffen ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Klage gegen alle Mitgesellschafter zu erheben war. Zwar kann im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, dass der Streit – unter Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Klagesystems – mit der Gesellschaft auszutragen ist (BGH, Urteil vom 16.10.2012, II ZR 251/10, juris). Eine entsprechende Bestimmung enthält der vorliegende Gesellschaftsvertrag jedoch nicht. Nach § 8 Abs. 6 GV sind fehlerhafte Beschlüssen durch „Klage gegen alle Gesellschafter“ „anzufechten“. Zwar kann die Verwendung des Wortes „anfechten“ oder „Anfechtung“ ein – nicht zwingender - Anhaltspunkt dafür sein, dass Klagen auf Feststellung der Unwirksamkeit von Beschlüssen der Gesellschafter gegen die Gesellschaft zu erheben sind (BGH, Urteil vom 11.12.1989, II ZR 61/89, juris; BGH, Urteil vom 01.03.2011, II ZR 83/09, juris). Der Regelung in § 8 Abs. 6 GV, die ausdrücklich „alle Gesellschafter“ als Klagegegner benennt, lässt sich entnehmen, ausnahmslos an dem Grundsatz der Austragung von Streitigkeiten unter allen Gesellschaftern festhalten zu wollen (Senat, 10.02.2012, I-16 U 110/11).
53B.
54Der angegriffene Beschluss ist formell wirksam zustande gekommen. Mit ihren in der Klageschrift aufgeführten und in zweiter Instanz noch geltend gemachten formellen Mängeln dringt die Klägerin nicht durch.
551.
56Die Beklagte zu 1) war zur Ladung zur Gesellschafterversammlung am 08.09.2012, deren Leitung und Feststellung der dort abgestimmten Beschlüsse befugt. Denn sie war durch die Gesellschafterbeschlüsse vom 21.06.2010 als persönlich haftende Gesellschafterin aufgenommen worden, jedenfalls war sie seit dem 19.10.2010 als Komplementärin im Handelsregister eingetragen. Nach § 9 Abs. 1 GV wird die Gesellschafterversammlung von der persönlich haftenden Gesellschafterin einberufen und geleitet (§ 9 Abs. 4 GV). Ebenso war sie zur Beschlussfeststellung befugt. Zwar sieht § 9 Abs. 8 GV lediglich vor, dass der „wesentliche Verlauf der Gesellschafterversammlung nebst der gefassten Gesellschafterbeschlüsse in einem von der persönlich haftenden Gesellschafterin zu unterzeichnenden Protokoll festzuhalten“ sind. Ein durch Satzung, Geschäftsordnung oder Ad hoc-Gesellschafterbeschluss bestellter Versammlungsleiter ist jedoch im Zweifel auch befugt, die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung festzustellen, also das rechnerische Abstimmungsergebnis zu verkünden und die Annahme oder Ablehnung des Antrags als rechtliche Folge des Abstimmungsergebnisses mit vorläufiger Verbindlichkeit festzusetzen (Scholz/K. Schmidt § 48 Rn. 53). Dementsprechend stellt die Klägerin die Beschlussfeststellungskompetenz der Beklagten zu 1) auch nur wegen der nach ihrer Ansicht fehlenden Eigenschaft als persönlich haftende Gesellschafterin und Geschäftsführerin in Frage.
57a)
58Die Beklagte zu 1) ist durch den Beschluss vom 21.06.2010, bei dem unstreitig eine Mehrheit von mehr als 50% und weniger als 75% der Stimmen erreicht wurde, Komplementärin des W…fonds geworden. Entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht bedurfte die Aufnahme der Beklagten zu 1) als Komplementärin keines einstimmigen Beschlusses und auch nicht einer Mehrheit von 75% der Stimmen. Angesichts der gesellschaftsvertraglichen Regelungen genügte eine einfache Mehrheit. Nach § 8 Abs. 2 S. 1 GV beschließen die Gesellschafter über „alle Angelegenheiten der Gesellschaft“, wobei § 8 Abs. 5 S. 1 GV Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen vorsieht, sofern nicht zwingende gesetzliche Regelungen dem entgegenstehen oder im Gesellschaftsvertrag andere Mehrheitsverhältnisse vorgesehen sind.
59aa)
60Zwingende gesetzliche Regelungen, die einer Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit entgegenstünden, bestehen nicht. Zwar geht das Gesetz von der Einstimmigkeit der Beschlüsse einer Personengesellschaft aus (§ 709 Abs. 1 BGB, § 119 Abs. 1 HGB). Den Gesellschaftern steht es jedoch im Rahmen der Privatautonomie frei, sich dahin zu einigen, ob und in welchem Umfang das starre, praktischen Erfordernissen oftmals nicht gerecht werdende Einstimmigkeitsprinzip ersetzt wird (BGH, Urteil vom 21.10.2014, II ZR 84/13, juris, mit umfangreichen Nachweisen).
61bb)
62Der vorliegende Gesellschaftsvertrag sieht auch keine anderen Mehrheitserfordernisse für die Aufnahme einer neuen persönlich haftenden Gesellschafterin vor. Für die formelle Legitimation einer Mehrheitsentscheidung ist dabei allein entscheidend, ob der Gesellschaftsvertrag dies zulässt, was gegebenenfalls unter Anwendung der allgemeinen Auslegungsgrundsätze festzustellen ist. Es steht den Gesellschaftern frei, ob sie von dem Einstimmigkeitsprinzip abweichen wollen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt dem sog. Bestimmtheitsgrundsatz für die formelle Legitimation einer Mehrheitsentscheidung bei Publikumsgesellschaften keine Bedeutung mehr zu. Gesellschaftsvertragliche Mehrheitsklauseln werden durch den sog. Bestimmtheitsgrundsatz daher nicht auf „gewöhnliche“ Beschlussgegenstände beschränkt, sondern erfassen auch solche Beschlussgegenstände, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen oder sich auf ungewöhnliche Beschlussgegenstände beziehen. Bei der Auslegung von Gesellschaftsverträgen ist der Bestimmtheitsgrundsatz auch nicht in Gestalt einer Auslegungsregel des Inhalts zu berücksichtigen, dass allgemeine Mehrheitsklauseln restriktiv auszulegen sind oder Beschlussgegenstände, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen oder ungewöhnliche Gegenstände beinhalten, jedenfalls von allgemeinen Mehrheitsklauseln, die außerhalb eines konkreten Anlasses vereinbart wurden, regelmäßig nicht erfasst werden. Eine solche Auslegungsregel findet im Gesetz keine Stütze, insbesondere auch nicht in § 709 Abs. 2 BGB, § 119 Abs. 2 HGB. Da sich somit die durch Auslegung des Gesellschaftsvertrags vorzunehmende Feststellung, ob im konkreten Fall für die formelle Legitimation eines Beschlusses eine Mehrheitsentscheidung genügt, nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen richtet, kann sich die Mehrheitsbefugnis aus jeder Vereinbarung der Gesellschafter ergeben, die einer dahingehenden Auslegung zugänglich ist, also von der ausdrücklichen Ausführung über eine umfassende oder auslegungsfähige Mehrheitsklausel im Gesellschaftsvertrag bis hin zu einer konkludenten Vereinbarung der Mehrheitszuständigkeit. Dabei genügt es, wenn – bei Publikumsgesellschaften – die objektive Auslegung des Gesellschaftsvertrags, bei der der objektive Sinn der Vertragsbestimmung bei der gebotenen Gesamtwürdigung des Vertragsinhalts zu ermitteln ist, zu dem Ergebnis führt, dass der betreffende Beschlussgegenstand von der Mehrheitsklausel erfasst sein soll. Diese Grundsätze gelten dabei für alle Beschlussgegenstände, da das gesetzliche Einstimmigkeitsprinzip (§ 709 Abs. 1 BGB, § 119 Abs. 1 HGB), auch für Vertragsänderungen und ähnliche die Grundlagen der Gesellschaft berührende oder in Rechtspositionen der Gesellschafter eingreifende Maßnahmen, grundsätzlich dispositiv ist (BGH, Urteil vom 21.10.2014, II ZR 84/13, juris, mit umfangreichen Nachweisen).
63cc)
64Auf der Grundlage dieser Grundsätze unterliegt auch die Aufnahme einer neuen Komplementärin dem Mehrheitsprinzip des § 8 Abs. 5 S. 1 GV. Ausgangspunkt ist, dass in § 8 Abs. 2 S. 1 GV den Gesellschaftern zur Beschlussfassung einschränkungslos „alle“ Angelegenheiten der Gesellschaft zugewiesen werden. Diese Beschlussfassung erfolgt nach § 8 Abs. 5 S. 1 GV mit einfacher Mehrheit, ohne dass dieser Bestimmung Angelegenheiten der Gesellschaft, insbesondere die Aufnahme einer neuen Komplementärin, entnommen werden könnten, die nicht dem Mehrheitsprinzip unterfallen sollten. Eine Ausnahme dergestalt, dass die Aufnahme einer neuen Komplementärin nicht durch einen Mehrheitsbeschluss der Gesellschafterversammlung beschlossen werden könnte, ergibt sich auch nicht aus den in § 8 Abs. 2 S. 2 GV angeführten Beispielen. Die Beispiele in Satz 2 führen exemplarisch („insbesondere“) auf, welche Angelegenheiten den Gesellschaftern zur Beschlussfassung zugewiesen werden, ohne aber die Zuweisung „aller“ Angelegenheiten qualitativ oder quantitativ einzuschränken. Insbesondere fällt nach § 8 Abs. 2 S. 2 lit. f) GV auch die Änderung des Gesellschaftsvertrags darunter, der in § 5 Abs. 1 S. 1 die persönlich haftende Gesellschafterin bestimmt. Dass der Ausschluss eines Gesellschafters nach § 17 Abs. 3 GV explizit in der Aufzählung des § 8 Abs. 2 S. 2 GV genannt wird, beschränkt den Umfang der der Gesellschaftsversammlung zur Beschlussfassung durch einfache Mehrheit zugewiesenen Gegenstände nicht, insbesondere nicht hinsichtlich der Aufnahme einer neuen Komplementärin. Vor diesem Hintergrund sieht der Gesellschaftsvertrag für die Aufnahme einer neuen Komplementärin auch keine qualifizierte Mehrheit vor. Der Senat hält an seiner Auffassung in der Entscheidung vom 10.02.2012 (I-16 U 110/11), wonach die Änderung des personellen Bestands nicht unter die Abänderungsbefugnis durch einfachen Mehrheitsbeschluss fällt, angesichts der dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht fest. Denn § 8 Abs. 2 S. 1 GV nennt „alle“ Angelegenheiten der Gesellschaft und § 8 Abs. 2 S. 2 führt in lit. f) Änderungen des Gesellschaftsvertrags auf, ohne dass § 8 Abs. 5 S. 1 GV hinsichtlich des Mehrheitsprinzip eine gegenständliche Unterscheidung trifft. Hinzu kommt, dass zum einen bei Publikumsgesellschaften die Notwendigkeit, den Gesellschaftsvertrag durch Mehrheitsbeschluss ändern zu können, offensichtlich ist. Bei dem großen Kreis von Kommanditisten lässt sich eine geschlossene Beteiligung an den Gesellschafterversammlungen praktisch nicht erreichen. Mit dem Einstimmigkeitsprinzip wären daher nicht einmal Vertragsänderungen durchzubringen, die zweifelsfrei im Interesse aller Gesellschafter liegen und bei denen es überhaupt keinen Grund zum Widerspruch gibt. Zum anderen ist unter Berücksichtigung der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein so restriktives Verständnis des vertraglichen Mehrheitsprinzips auch gar nicht erforderlich. Denn es handelt sich, wie der Bundesgerichtshof betont, nur um eine „Eingangsvoraussetzung für die Gültigkeit der Mehrheitsentscheidung“, so dass nach der Prüfung, ob nach dem Gesellschaftsvertrag der betreffende Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen ist, auf einer zweiten Stufe eine inhaltliche Wirksamkeitsprüfung stattfindet. Bei der Prüfung auf der ersten Stufe geht es also nur um die formelle Legitimation für Mehrheitsentscheidungen auf der Grundlage einer Mehrheitsklausel, die als solche eine wertneutrale Verfahrensregel ist, deren Vor- und Nachteile allen Gesellschaftern von Fall zu Fall zugutekommen können. Die Wirksamkeit der jeweiligen Mehrheitsentscheidung setzt also sowohl eine Prüfung ihrer formellen Legitimation durch eine Mehrheitsklausel auf der ersten Stufe als auch eine inhaltliche Prüfung auf der zweiten Stufe unter dem Aspekt einer etwaigen Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht der Mehrheit gegenüber der Minderheit voraus.
65dd)
66Entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht lässt sich auch § 5 Abs. 3 S. 2 GV nicht entnehmen, dass die Aufnahme einer neuen Komplementärin - abweichend vom Mehrheitsprinzip - nur einstimmig beschlossen werden konnte. Nach dieser Regelung ist „die persönliche haftende Gesellschafterin […] zur Annahme der Beitrittserklärungen namens aller Gesellschafter […] bevollmächtigt“. Bei dieser Bestimmung handelt es sich, anders als das Landgericht meint, nicht um eine Regelung der gesellschaftinternen Willensbildung, sondern im Kern um die organisationsrechtliche Ermächtigung der Komplementärin, Aufnahmeverträge mit neuen Kommanditisten im Namen aller Gesellschafter zu schließen. Einer Personengesellschaft treten nämlich weitere Gesellschafter grundsätzlich dadurch bei, dass sie einen entsprechenden Vertrag mit den vorhandenen Gesellschaftern abschließen. Für die Publikumsgesellschaft ist dieses Verfahren allerdings – angesichts der Vielzahl der vorhandenen Gesellschafter – bereits aus organisatorischen Gründen ungeeignet (K. Schmidt GesR § 57 II.1, MünchHdb.KG/Jaletzke § 62 Rn. 6). Der Gesellschaftsvertrag kann daher die Aufnahme neuer Gesellschafter erleichtern, insbesondere die persönlich haftende Gesellschafterin ermächtigen, nach ihrer Wahl mit weiteren Kommanditisten deren Beitritt zur Gesellschaft zu vereinbaren. Das erforderliche – mehrheitliche - Einverständnis der übrigen Gesellschafter mit dem Eintritt neuer Kommanditisten ist in einem solchen Fall - in zulässiger Weise - im Voraus erteilt worden. Der Abschluss des Aufnahmevertrags mit den übrigen Gesellschaftern kommt dann dadurch zustande, dass sich die persönlich haftende Gesellschafterin im Rahmen der gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen mit dem neu eintretenden Gesellschafter auch im Namen der übrigen Gesellschafter über die Aufnahme einigt (BGH, Urteil vom 14.11.1977, II ZR 95/76, juris). Es handelt sich also bei § 5 Abs. 3 S. 2 GV um eine gängige, organisationsrechtliche Bestimmung zum Beitritt neuer Kommanditisten. Angesichts der darin enthaltenen, aus Praktikabilitätsgründen vorweggenommenen Zustimmung zur Aufnahme weiterer Kommanditisten lässt sich der Regelung keine Aussage über die interne Willensbildung für den davon zu unterscheidenden Fall der Aufnahme einer neuen Komplementärin entnehmen (a.A. OLG Celle, Urteil vom 14.12.2011, 9 U 73/11; zust. Haas/Mock in: Graf von Westphalen/Haas, § 161 HGB Rn. 144).
67dd)
68Die Notwendigkeit eines einstimmigen Beschlusses ergibt sich auch nicht daraus, dass durch den Beschlussvorschlag Nr. 6 für die Gesellschafterversammlung vom 21.06.2010 der Gesellschaftsvertrag dahingehend geändert werden sollte, dass mit einfacher Mehrheit die Aufnahme von weiteren persönlich haftenden Gesellschaftern beschlossen werden sollte. Selbst wenn die Gesellschafter bei der Vorbereitung der Gesellschafterversammlung vom 21.06.2010 irrtümlich davon ausgegangen sein sollten, dass die Aufnahme einer neuen Komplementärin nicht durch mehrheitlichen Gesellschaftsbeschluss möglich sei, folgt aus diesem Irrtum nicht die Notwendigkeit einer einstimmigen Entscheidung, die der Vertrag nach seinem dargestellten, objektiven Erklärungsbefund nicht vorsieht.
69c)
70Zudem war die Beklagte zu 1) jedenfalls aufgrund ihrer Eintragung als persönlich haftende Gesellschafterin im Handelsregister seit dem 19.10.2010 zur Ladung und Durchführung der streitgegenständlichen Gesellschafterversammlung sowie der Feststellung der dort gefassten Beschlüsse berechtigt. Dies ergibt sich aus einer analogen Anwendung des § 121 Abs. 2 S. 2 AktG. Nach dieser Vorschrift gelten bei einer Aktiengesellschaft Personen, die in das Handelsregister als Vorstand eingetragen sind, als befugt, die Hauptversammlung einzuberufen. Darin liegt eine gesetzliche Fiktion, die von der Gutgläubigkeit der Aktionäre unabhängig ist. Dadurch sollen zum Zweck der Rechtssicherheit Einberufungsmängel vermieden werden. Entscheidend ist die Eintragung im Zeitpunkt der Einberufung (Hüffer AktG § 121 AktG Rn. 7; MüHdbGesR/Semler § 35 Rn. 8). Die Situation einer Publikumsgesellschaft, die, wie hier, aus mehreren hundert Kommanditisten besteht, ist insofern mit Verhältnissen einer Aktiengesellschaft vergleichbar. Die Kommanditisten können keine zuverlässige Kenntnis haben, ob die Komplementär-GmbH wirksam bestellt worden ist oder noch bestellt ist, insbesondere auch angesichts der im vorliegenden Verfahren um diese Frage geführten Rechtsstreitigkeiten und insoweit vertretenen unterschiedlichen Auffassungen, die im Schreiben vom 04.08.2011 nochmals thematisiert wurden. Die Kommanditisten bedürfen daher des Schutzes, den die Eintragung im Handelsregister bietet (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 28.10.1991, 8 U 36/91, juris). Nach der Auffassung des Senats findet § 121 Abs. 2 S. 2 AktG dabei nicht nur im Verhältnis zu den Kommanditisten analoge Anwendung, sondern auch im Verhältnis zur eingetragenen Komplementärin, vorliegend der Beklagten zu 1). Dies ergibt sich aus dem öffentlichen Glauben des Handelsregisters (§ 15 HGB; vgl. zum öffentlichen Glauben des Genossenschaftsregisters: BGH, Urteil vom 26.10.1955, VI ZR 90/54, juris) und entspricht dem dargestellten Sinn und Zweck der gesetzlichen Fiktion, zum Zwecke der Rechtssicherheit Einberufungsmängel zu vermeiden.
71d)
72Demgegenüber war die Beklagte zu 1) nicht als faktische Geschäftsführerin zur Einberufung und Durchführung der Gesellschafterversammlung am 02.09.2011 und Feststellung der dort gefassten Beschlüsse befugt. Geschäftsführendes Leitungs- und gesetzliches Vertretungsorgan der Publikums-KG ist - für den auch hier vorliegenden Regelfall der GmbH & Co. KG – die Komplementär-GmbH; sie handelt ihrerseits durch ihre Geschäftsführer. Auch in der Publikums-KG kann durch Regelung im Gesellschaftsvertrag oder durch Gesellschafterbeschluss ein Dritter in weitem Umfang mit Geschäftsführungsaufgaben betraut und mit umfassender Vollmacht ausgestattet werden (EBJS/Henze/Notz Anhang B nach § 177a HGB Rn. 132). Zwar dürften in diesem Zusammenhang die Grundsätze der faktischen Geschäftsführung Anwendung finden (vgl. EBJS/Henze/Notz Anhang A nach § 177a HGB, Rn. 111). Dabei muss der Handelnde nach dem Gesamterscheinungsbild seines Auftretens die Geschicke der Gesellschaft durch eigenes Handeln im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich in die Hand genommen haben (EBJS/Henze/Notz Anhang A nach § 177a HGB, Rn. 111). Zwar dürfte die Beklagte zu 1) im Oktober 2010 jedenfalls faktisch die Geschäftsführung übernommen haben (so Senat, Urteil vom 10.02.2012, I-16 U 110/11, S. 15). Der Gesellschaftsvertrag weist jedoch in § 9 Abs. 1 S. 2 GV die Einberufung einer Gesellschafterversammlung nicht der Geschäftsführung, sondern der persönlich haftenden Gesellschafterin zu, die nach § 9 Abs. 4 GV die Gesellschafterversammlung leitet. Mit ihrem Einwand, der Gesellschaftsvertrag unterscheide nicht zwischen Geschäftsführung und persönlich haftender Gesellschafterin, dringen die Beklagten nicht durch. Vielmehr bestimmt der Gesellschaftsvertrag unter der Überschrift „Gesellschafter“ in § 5 Abs. 1 S. 1 die Rechtsvorgängerin der Klägerin zur persönlich haftenden Gesellschafterin. Der persönlich haftenden Gesellschafterin werden in § 7 GV unter der Überschrift „Geschäftsführung und Vertretung“ die Geschäftsführung und die Vertretung zugewiesen. Der Gesellschaftsvertrag differenziert also zwischen der organschaftlichen Stellung als Komplementärin und der auch grundsätzlich auf einen Dritten übertragbaren Position als Geschäftsführer. Dementsprechend wurde die Beklagte zu 1) durch die Beschlüsse vom 21.06.2010 sowohl als Komplementärin aufgenommen und ihr die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis zugewiesen als auch der Klägerin die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis entzogen, ohne dass der Klägerin zugleich die Stellung als persönlich haftende Gesellschafterin entzogen wird. Soweit § 9 Abs. 3 GV die Bestimmung des Ortes für eine Gesellschafterversammlung dem Geschäftsführer zuweist, gibt diese Bestimmung keinen Anlass, § 9 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 GV entgegen ihrem nicht auslegungsbedürftigen Wortlaut dahingehend zu verstehen, dass der Geschäftsführer und nicht die persönlich haftende Gesellschafterin zur Einberufung und Leitung einer Gesellschafterversammlung – und daraus folgend zur Beschlussfeststellung - befugt ist.
73e)
74Auch kann die Beklagte zu 1) eine Befugnis zur und Durchführung der streitgegenständlichen Gesellschafterversammlung und Feststellung der dortigen Beschlüsse nicht allein, d.h. unabhängig davon, ob sie zuvor Komplementärin der Fondsgesellschaft geworden oder als solche im Handelsregister eingetragen worden war, aus der entsprechenden Aufforderung des Beirats herleiten. Eine solche Befugnis folgt insbesondere nicht aus § 9 Abs. 6 GV. Nach dieser Bestimmung ist eine außerordentliche Gesellschafterversammlung u.a. einzuberufen, wenn Kommanditisten, die mindestens 20% des Kommanditanteils halten, schriftlich die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung verlangen. Die Kommanditisten, die die Einberufung verlangt haben, sind, wenn die persönlich haftende Gesellschafterin der Aufforderung nicht innerhalb von 14 Tagen nachkommt, berechtigt, die Gesellschafterversammlung selbst einzuberufen. Folglich sind, wenn die persönlich haftende Gesellschafterin der Aufforderung der Kommanditisten nicht entspricht, die Kommanditisten, nicht aber eine dritte Person zur Einberufung der außerordentlichen Gesellschafterversammlung befugt. Ausweislich des Schreibens vom 08.08.2012 luden nicht die Kommanditisten zur streitgegenständlichen Gesellschafterversammlung ein, sondern die Beklagte zu 1), die selbst nicht Kommanditistin war. Darüber hinaus handelte es sich bei der streitgegenständlichen Gesellschafterversammlung auch nicht um eine außerordentliche Gesellschafterversammlung, auf die sich die Befugnis des § 9 Abs. 6 GV bezieht, sondern – ausweislich des Einladungsschreibens – um eine ordentliche Gesellschafterversammlung, die nicht von § 9 Abs. 6 GV erfasst wird.
75f)
76Ausgehend von den obigen Ausführungen sind auch die im schriftlichen Umlaufverfahren vom 20.01.2011 bis zum 17.02.2011 gefassten Beschlüsse, die u.a. auch die Aufnahme der Beklagten zu 1) als persönlich haftende Gesellschafterin vorsahen, nicht mangels Befugnis der Beklagten zu 1) zu dessen Einleitung, Durchführung und Beschlussfeststellung nichtig. Die Beklagte zu 1) war zu diesem Zeitpunkt vielmehr – bereits - persönlich haftende Gesellschafterin der Fondsgesellschaft. Jedenfalls war sie aufgrund ihrer Eintragung ins Handelsregister zur Einleitung und Durchführung des schriftlichen Umlaufverfahrens vom 20.01.2011 bis zum 17.02.2011 befugt. Die im Umlaufverfahren gefassten Beschlüsse sind Gegenstand des Verfahrens Oberlandesgerichts Düsseldorf, I-16 U 169/13, in dem der Senat mit Urteil vom heutigen Tag das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Feststellungsklage der Klägerin gegen die im Umlaufverfahren gefassten Beschlüsse abgewiesen hat.
77g)
78Bei dieser Sachlage – Einberufungs-, Leitungs- und Beschlussfeststellungsbefugnis der Beklagten zu 1) für die Gesellschafterversammlung aufgrund ihrer Stellung als Komplementärin bzw. aufgrund ihrer Eintragung ins Handelsregister – bedarf es keiner Entscheidung, ob die Klägerin diese Rüge mit ihrer am 04.10.2011, den Beklagten ab dem 29.10.2011 zugestellten Klage rechtzeitig innerhalb der in § 8 Abs. 6 GV bestimmten Anfechtungsfrist erhoben hat.
793.
80Die Klägerin dringt auch mit ihrer weiteren Rüge, die für die Beschlussfassung erforderlichen Mehrheiten seien nicht erreicht worden, nicht durch, ohne dass abschließend entschieden werden müsste, ob die Klägerin bei der Abstimmung zu Unrecht nicht, insbesondere nicht mit 480 Stimmen, abstimmen durfte. Eine unrichtige Beschlussfeststellung liegt nämlich nur vor, wenn der gerügte Fehler, vorliegend also die von der Klägerin behauptete Nichtzählung wirksam abgegebener Stimmen, wodurch der Klägerin nicht die Teilnahme an der Gesellschafterversammlung versagt wurde, für den festgestellten Beschlusstenor ursächlich ist. Nur wenn die richtige Auszählung der Stimmen und Feststellung des Ergebnisses zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, hat eine Klage Erfolg (Scholz/K. Schmidt § 45 Rn. 98, 101). Vorliegend wäre aber – ausweislich des Protokolls - auch bei Berücksichtigung der Stimmabgabe der Klägerin mit 480 Stimmen die einfache Mehrheit erreicht worden, was auch die Klägerin nicht in Abrede stellt. Denn für die streitgegenständlichen Beschlüsse, die die Feststellung des Jahresabschlusses 2011, die Entlastung der Beklagten zu 1), der Klägerin und von drei Beiratsmitgliedern für das Jahr 2011, die Änderung mehrerer Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags, die Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis der Klägerin, die Aufnahme der Beklagten zu 1) als Komplementärin, den Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrags, die Freigabe von Zahlungen, die Abmahnung der Klägerin und eines Kommanditisten, die Verfügungsbefugnis des Beirats über ein Budget für Beratungs- und Rechtsverfolgungskosten und den Einspruch der Klägerin gegen das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 02.09.2011 betreffen, genügte die einfache Mehrheit. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird wegen des gesellschaftsvertraglichen Regelungskonzepts, insbesondere die Beschlussfassung der Gesellschafter mit einfacher Mehrheit in allen Angelegenheiten der Gesellschaft, auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
81C.
82Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.
83Der Streitwert beläuft sich auf bis zu 100.000,00 €.
84Die Revision wird zugelassen.
85D… Dr. W… O…
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 10. Juli 2015 - I-16 U 209/13
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Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 10. Juli 2015 - I-16 U 209/13 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
Tenor
Es wird festgestellt, dass folgende in der Gesellschafterversammlung der Windpark X GmbH & Co.KG vom 08.09.2012 gefassten Gesellschafterbeschlüsse nichtig sind:
1.
„Die Gesellschafterversammlung beschließt, den von der V Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geprüften Jahresabschluss per 31.12.2011 in der vorgelegten Fassung festzustellen.“
2.
„Der persönlich haftenden Gesellschafterin Windpark T GmbH wird für das Geschäftsjahr 2011 Entlastung erteilt.“
3.
„Der persönlich haftenden Gesellschafterin L GmbH wird für das Geschäftsjahr 2011 keine Entlastung erteilt.“
4.
„Dem Beiratsmitglied Herrn I4 wird für das Geschäftsjahr 2011 Entlastung erteilt.“
5.
„Dem Beiratsmitglied Herrn Prof. I wird für das Geschäftsjahr 2011 Entlastung erteilt.“
6.
„Dem Beiratsmitglied Herrn Dr. L2 wird für das Geschäftsjahr 2011 Entlastung erteilt.“
7.
„§ 8 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages wird gestrichen und wie folgt ersetzt: Streitigkeiten hinsichtlich dieses Vertrages beziehungsweise einzelner Fragen, Rechte oder Pflichten hieraus werden nicht zwischen den Gesellschaftern, sondern mit der Gesellschaft ausgetragen. Dies betrifft insbesondere Streitigkeiten, die die Wirksamkeit beziehungsweise Unwirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen betreffen. Eine Klage über die Feststellung der Unwirksamkeit von Beschlüssen kann nur innerhalb von zwei Monaten nach Beschlussfassung erhoben werden.
Bei Streitigkeiten mit geschäftsführenden Gesellschaftern wird die Gesellschaft durch den Beitrat vertreten.“
8.
„ § 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages wird gestrichen und wie folgt ersetzt: Der persönlich haftenden Gesellschafterin kann die Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht nur aus wichtigem Grund durch Beschluss der Gesellschafterversammlung entzogen werden, der einer Mehrheit aller vorhandenen Stimmen bedarf. Ein solcher Grund ist namentlich eine grobe Pflichtverletzung, Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung oder Vertrauensentzug durch die Gesellschafterversammlung, es sei denn, dass das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist.“
9.
„ § 9 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages wird wie folgt neu gefasst: Die Gesellschafterversammlung wird von der zur Geschäftsführung befugten persönlich haftenden Gesellschafterin geleitet, soweit nicht die Gesellschafter mit Stimmenmehrheit einen anderen Versammlungsleiter bestimmen.“
10.
„In § 9 Abs. 8 des Gesellschaftsvertrages wird nach Satz 2 eingefügt: Das Protokoll wird von der zur Geschäftsführung befugten persönlich haftendend Gesellschafterin geführt, soweit nicht die Gesellschafter mit Stimmenmehrheit einen anderen Protokollführer bestimmen.“
11.
„Der L GmbH wird (hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit der diesbezüglich zuvor gefassten Beschlüsse) mit sofortiger Wirkung nach § 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages in der neuen Fassung die Geschäftsführungsbefugnis für die Windpark Fonds B GmbH & Co.KG entzogen. Zur Begründung wird auf den nachhaltig mangelhaften wirtschaftlichen Erfolg der Windpark Fonds B GmbH & Co.KG unter der Geschäftsführung der L GmbH verwiesen. So wurde die laut Prospekt zu erwartende Wirtschaftlichkeit bei weitem verfehlt. Zudem wird auf das zerrüttete Vertrauensverhältnis zwischen der L GmbH einerseits und dem Beirat sowie der großen Mehrheit der Gesellschafter der Windpark Fonds B GmbH & Co.KG anderseits verwiesen, die unter anderem darin zum Ausdruck kommt, dass der L GmbH seit 2006 mit über 90 % der Stimmen die Entlastung verwehrt wird.“
12.
„Die Windpark T GmbH, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Wuppertal unter HRB 22720, vertreten durch die Geschäftsführer I2 sowie Dr. I3, wird (hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit der diesbezüglich zuvor gefassten Beschlüsse) unter Anwendung der Grundsätze des Urteils des OLG Jena vom 14.03.2012 – Az.: 2 U 650/11 – als weitere persönlich haftende Gesellschafterin in die Gesellschaft aufgenommen. Dem Urteil liegt ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde, insbesondere eine mit § 5 Abs. 3 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages der Windpark B GmbH & Co.KG wörtlich identische Regelung. Die Windpark T GmbH ist am Kapital der Gesellschaft nicht beteiligt. Die Windpark T GmbH ist für die Gesellschaft geschäftsführungs- und vertretungsberechtigt.“
13.
„Der L GmbH wird (hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit der diesbezüglich zuvor gefassten Beschlüsse) mit sofortiger Wirkung nach § 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages in der neuen Fassung die Vertretungsbefugnis für die Windpark B GmbH & Co.KG entzogen. Zur Begründung wird auf die Ausführungen zu Antrag 5 (Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis) verwiesen.“
14.
„Der Beirat der Gesellschaft wird (vorsorglich für den Fall der Unwirksamkeit der diesbezüglich zuvor gefassten Beschlüsse) bevollmächtigt und beauftragt, namens der Gesellschaft mit der P Energie GmbH, eingetragen im Handelsregister beim Amtsgericht Wuppertal unter HRB 20389, einen gleichlautenden Geschäftsbesorgungsvertrag wie am 22.06.2010 von der Windpark T GmbH unterzeichnet, erneut abzuschließen.“
15.
„Die L GmbH wird angewiesen, die Bezahlung der Grundvergütung zu Gunsten der P Energie GmbH in Höhe von € 5.000,00 monatlich seit dem 01.04.2012 durch die Windpark B GmbH & Co.KG bei der Commerzbank freizugeben.“
16.
„In § 8 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages wird nach Satz 2 eingefügt: An Beschlussfassungen den Beirat betreffend (insbesondere Wahl, Abberufung, Entlastung) darf die persönlich haftende Gesellschafterin mit ihren Stimmen gemäß Satz 2 nicht teilnehmen.“
17.
„Die Komplementärin Die L GmbH und der Kommanditist K werden abgemahnt, da sie die Windpark B GmbH & Co.KG durch die Verweigerung der laufenden Zahlungen des Geschäftsbesorgungsentgeltes an die P Energie GmbH einem erheblichen Risiko aussetzen. Für den Fall einer weiteren Pflichtverletzung der vorgenannten Gesellschafter wird diesen der Ausschluss aus der Gesellschaft angedroht.“
18.
„Der Beirat kann nach pflichtgemäßem Ermessen zu Lasten der Gesellschaft bis zur Höhe von maximal € 10.000,00 netto über ein Budget für Beratungs- und Rechtsverfolgungskosten verfügen.“
19.
„Dem Einspruch der V AG gegen das Protokoll zur Gesellschafterversammlung am 02.09.2011 wird nicht stattgegeben.“
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin ist Komplementärin der Windpark B GmbH & Co.KG mit Sitz in Z , im folgenden Gesellschaft. Im Handelsregister ist zudem als Komplementärin die Beklagte zu 1.) eingetragen. Die weiteren Beklagten sind die Kommanditisten der Gesellschaft. In dem ursprünglichen Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft ist in § 5 Abs. 3 geregelt, dass die persönlich haftende Gesellschafterin zur Annahme der Beitrittserklärungen der Kommanditisten namens aller Gesellschafter bevollmächtigt ist. Weiter ist in § 7 Abs. 1 geregelt, dass der persönlich haftenden Gesellschafterin die Geschäftsführung obliegt, sowie in Abs. 2, dass alleine die persönlich haftende Gesellschafterin zur Vertretung berechtigt ist. Ferner ist unter § 8 Abs. 1 geregelt, dass die Gesellschafter ihre Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung oder auf schriftlichem Wege beschließen. Die Gesellschafter beschließen gemäß § 8 Abs. 2 über alle Angelegenheiten der Gesellschaft nach Maßgabe des Vertrages; insbesondere unter anderem gemäß § 8 Abs. 2 e) über den Ausschluss eines Gesellschafters gemäß § 17 Abs. 3 und gemäß § 8 Abs. 2 f) über die Änderung des Gesellschaftsvertrages. Unter § 8 Abs. 3 ist geregelt, dass Beschlüsse im schriftlichen Verfahren von der persönlich haftenden Gesellschafterin herbeizuführen sind. Die Ergebnisse im schriftlichen Verfahren werden von der persönlich haftenden Gesellschafterin festgestellt, schriftlich festgehalten und den Kommanditisten durch Übersendung einer einfachen Ablichtung mitgeteilt.
3Gemäß § 8 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages haben die Gesellschafter je DM 5.000,00 ihres festen Kapitalkontos eine Stimme. Die persönlich haftende Gesellschafterin hat – ohne Leistung einer Kapitalanlage – 480 Stimmen.
4In § 8 Abs. 5 ist geregelt, dass die Gesellschaft ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen fasst, sofern nicht zwingende gesetzliche Regelungen dem entgegenstehen oder dieser Gesellschaftsvertrag andere Mehrheitserfordernisse vorsieht.
5In § 8 Abs. 6 ist normiert, dass fehlerhafte Beschlüsse nur innerhalb eines Monats seit der Beschlussfassung durch Klage gegen alle Gesellschafter angefochten werden können.
6Eine Gesellschafterversammlung wird gemäß § 9 von der persönlich haftenden Gesellschafterin einberufen. Eine außerordentliche Gesellschafterversammlung kann gemäß § 9 Abs. 6 von den Kommanditisten einberufen werden, wenn diese mindestens 20 % des Kommanditkapitals halten, schriftlich unter Angabe der Tagesordnung die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung verlangen und die Gesellschafterin dieser Aufforderung nicht innerhalb von 14 Tagen nachkommt.
7Die Gesellschafterversammlung kann gemäß § 17 Abs. 3 einen Kommanditisten, unter näher bezeichneten Voraussetzungen, durch Beschluss aus der Gesellschaft ausschließen.
8Abschließend ist in § 22 Abs. 1 geregelt, dass die Beschlüsse im schriftlichen Umlaufverfahren mit dem Tage des Ablaufs der Beschlussfassung wirksam werden, unabhängig davon, wann das Ergebnis schriftlich mitgeteilt wird.
9Auf der Gesellschaftsversammlung der Gesellschaft vom 21.06.2010 wurden mehrere Beschlussanträge zur Abstimmung gestellt. Diese hatten unter anderem zum Gegenstand, die Reduzierung der sich aus § 8 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages ergebenden Mehrstimmenrechte der Klägerin von 480 auf 10 Stimmen, die Ergänzung des § 5 Abs. 1 a dahingehend, dass die Gesellschafter mit einfacher Mehrheit die Aufnahme von weiteren persönlich haftenden Gesellschafterinnen – mit oder ohne Einlageverpflichtung - beschließen können, die Aufnahme der Beklagten zu 1.) als weitere Komplementärin sowie anschließend die Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis der Klägerin, auch aus wichtigem Grund. Diese Beschlüsse erreichten eine Mehrheit von mehr als 70 %, aber unter 75 %. Diese Beschlüsse wurden von dem Versammlungsleiter, dem Geschäftsführer der Klägerin, als nicht zustande gekommen festgestellt.
10Die Beklagte zu 1.) stellte daraufhin am 23.07.2010 beim Landgericht Stade einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, unter anderem mit dem Inhalt, die Klägerin zu verpflichten, die Beklagte zu 1.) als Gesellschafterin und alleinige Geschäftsführerin in das zuständige Handelsregister eintragen zu lassen. Auf den Antrag der Beklagten zu 1.) gab das Landgericht Stade mit Urteil vom 23.09.2010, Az.: 8 O 76/10 der Klägerin auf, die gegenständlichen Eintragungen vorzunehmen. Daraufhin ließ die Klägerin die Beklagte zu 1.) als weitere Komplementärin eintragen. Im Rahmen dieser Eintragung wurde der Sitz der Gesellschaft zudem nach Mettmann verlegt. Dieses Urteil wurde mit Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 04.05.2011, Az. 4 U 105/10 abgeändert und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
11Die Beklagte zu 1.) klagte im Hauptsacheverfahren vor dem Landgericht Stade und beantragte dort ebenfalls, die hiesige Klägerin zu verpflichten, die Beklagte zu 1.) als Komplementärin im Handelsregister eintragen zu lassen sowie im Handelsregister anzumelden, dass die Beklagte zu 1.) Einzelvertretungsberechtigung zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft besitzt, und im Handelsregister anzumelden, dass der Klägerin die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis für die Gesellschaft am 21.06.2010 entzogen worden ist (Austausch der Geschäftsführung).
12Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Beschlüsse wird auf Bl. 92 ff. d.A. verwiesen.
13Diese Klage wies das Landgericht Stade mit Urteil vom 12.05.2011, Az.: 8 O 105/10 ab. Die Berufung der hiesigen Beklagten zu 1.) wies das Oberlandesgericht Celle mit Urteil vom 22.12.2011, Az.: 9 U 73/11 zurück.
14Der Beirat der Gesellschaft wandte sich mit einem Schreiben vom 07.01.2011 an die Beklagte zu 1.) und bat über die Beschlüsse vom 21.06.2010 erneut im Wege der außerordentlichen Gesellschafterversammlung oder im Wege des Umlaufverfahrens abstimmen zu lassen.
15Vom 20.01.2011 bis zum 17.02.2011 führte die Beklagte zu 1.) ein schriftliches Verfahren zur Beschlussfassung unter den Gesellschaftern durch. Gegenstand des Umlaufverfahrens waren dabei fast ausschließlich die in der Gesellschaftsversammlung vom 21.06.2010 vorgeschlagenen oben näher bezeichneten Anträge im Zusammenhang mit dem Austausch der Geschäftsführung, die vorsorglich erneut abgestimmt werden sollten.
16Am 18.02.2011 stellte die Beklagte zu 1.) fest, dass die Beschlüsse im Zusammenhang mit dem Austausch der Geschäftsführung gefasst wurden.
17Diese Beschlüsse waren Gegenstand des Verfahrens 4 O 77/11 vor der erkennenden Kammer des Landgerichts Wuppertal. Mit Urteil vom 25.07.2013 stellte die Kammer fest, dass diese Beschlüsse nichtig sind.
18Die Klägerin lehnte es seit Januar 2011 ab, für die Gesellschaft zu handeln.
19Am 04.08.2011 lud die Beklagte zu 1.) die Gesellschafter der Windpark X GmbH & Co.KG zur ordentlichen Gesellschafterversammlung am 02.09.2011 ein. Diese fand am 02.09.2011 unter der Versammlungsleitung der Beklagten zu 1.) statt. Gegenstand der Gesellschafterversammlung waren mehrere Beschlüsse. Unter anderem wurde der geprüfte Jahresabschluss für das Jahr 2010 festgestellt, die Beklagte zu 1.) entlastet, die Klägerin hingegen nicht. Zudem beschloss die Gesellschafterversammlung, dass sich die Gesellschaft zu 50 % an den Rechtsanwalts- und Gerichtskosten im Zusammenhang mit den rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen der Beklagten zu 1.) und der Klägerin beteiligt soweit sie 10.000,00 € übersteigen. Das Ergebnis der Beschlussfassung stellte die Beklagte zu 1.) fest.
20Diese Beschlüsse waren Gegenstand des Verfahrens 4 O 290/11 vor der erkennenden Kammer des Landgerichts Wuppertal. Mit Urteil vom 25.07.2013 stellte die Kammer fest, dass auch diese Beschlüsse nichtig sind.
21Nunmehr wendet sich die Klägerin gegen in der ordentlichen Gesellschafterversammlung vom 08.09.2012 gefasste Beschlüsse. Zu dieser ordentlichen Gesellschafterversammlung hat wieder die Beklagte zu 1.) eingeladen, nachdem Ende Juli 2012 die Kommanditisten I4, Prof. Dr. I und Dr. L2 die Beklagte zu 1.) aufforderten als in das Handelsregister geschäftsführungsbefugt eingetragene Komplementärin unter Beifügung von 12 Anträgen, gemeinsam mit der Klägerin die Gesellschafter zu einer Gesellschafterversammlung einzuladen. Mit Schreiben vom 31.07.2012 forderte die Beklagte zu 1.) die Klägerin auf bis zum 03.08.2012 zu erklären, ob sie zu einer gemeinsamen Einladung bereit wäre – Terminsvorschlag 08.09.2012 - . Die Klägerin forderte mit Schreiben vom 02.08.2012 wegen der ungeklärten Rechtslage eine Gesellschafterversammlung bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes auszusetzen oder frühestens in 3 Monaten zu terminieren. Nach dem Eingang des Schreibens forderten die Kommanditisten unter Hinweis auf ihre erteilten Vollmachten, aufgrund derer sie mehr als 20 % des Kommanditkapitals repräsentieren, und unter Beifügung einer Tagesordnung von der Beklagten zu 1.) die Einberufung einer Gesellschafterversammlung gemäß § 9 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages. Dieser Aufforderung kam die Beklagte zu 1.) nach und lud zur ordentlichen Gesellschafterversammlung ein.
22Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 159 ff. der Gerichtsakte verwiesen.
23Die Klägerin beantragt,
24folgende in der Gesellschafterversammlung der Windpark X GmbH & Co.KG vom 08.09.2012 gefassten Gesellschafterbeschlüsse für nichtig zu erklären:
251. „Die Gesellschafterversammlung beschließt, den von der V Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geprüften Jahresabschluss per 31.12.2011 in der vorgelegten Fassung festzustellen.“
262. „Der persönlich haftenden Gesellschafterin Windpark T GmbH wird für das Geschäftsjahr 2011 Entlastung erteilt.“
273. „Der persönlich haftenden Gesellschafterin L GmbH wird für das Geschäftsjahr 2011 keine Entlastung erteilt.“
284. „Dem Beiratsmitglied Herrn I4 wird für das Geschäftsjahr 2011 Entlastung erteilt.“
295. „Dem Beiratsmitglied Herrn Prof. I wird für das Geschäftsjahr 2011 Entlastung erteilt.“
306. „Dem Beiratsmitglied Herrn Dr. L2 wird für das Geschäftsjahr 2011 Entlastung erteilt.“
317. „§ 8 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages wird gestrichen und wie folgt ersetzt: Streitigkeiten hinsichtlich dieses Vertrages beziehungsweise einzelner Fragen, Rechte oder Pflichten hieraus werden nicht zwischen den Gesellschaftern, sondern mit der Gesellschaft ausgetragen. Dies betrifft insbesondere Streitigkeiten, die die Wirksamkeit beziehungsweise Unwirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen betreffen. Eine Klage über die Feststellung der Unwirksamkeit von Beschlüssen kann nur innerhalb von zwei Monaten nach Beschlussfassung erhoben werden.
32Bei Streitigkeiten mit geschäftsführenden Gesellschaftern wird die Gesellschaft durch den Beitrat vertreten.“
338. „§ 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages wird gestrichen und wie folgt ersetzt: Der persönlich haftenden Gesellschafterin kann die Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht nur aus wichtigem Grund durch Beschluss der Gesellschafterversammlung entzogen werden, der einer Mehrheit aller vorhandenen Stimmen bedarf. Ein solcher Grund ist namentlich eine grobe Pflichtverletzung, Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung oder Vertrauensentzug durch die Gesellschafterversammlung, es sei denn, dass das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist.“
349. „§ 9 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages wird wie folgt neu gefasst: Die Gesellschafterversammlung wird von der zur Geschäftsführung befugten persönlich haftenden Gesellschafterin geleitet, soweit nicht die Gesellschafter mit Stimmenmehrheit einen anderen Versammlungsleiter bestimmen.“
3510. „In § 9 Abs. 8 des Gesellschaftsvertrages wird nach Satz 2 eingefügt: Das Protokoll wird von der zur Geschäftsführung befugten persönlich haftendend Gesellschafterin geführt, soweit nicht die Gesellschafter mit Stimmenmehrheit einen anderen Protokollführer bestimmen.“
3611. „Der L GmbH wird (hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit der diesbezüglich zuvor gefassten Beschlüsse) mit sofortiger Wirkung nach § 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages in der neuen Fassung die Geschäftsführungsbefugnis für die Windpark B GmbH & Co.KG entzogen. Zur Begründung wird auf den nachhaltig mangelhaften wirtschaftlichen Erfolg der Windpark B GmbH & Co.KG unter der Geschäftsführung der L GmbH verwiesen. So wurde die laut Prospekt zu erwartende Wirtschaftlichkeit bei weitem verfehlt. Zudem wird auf das zerrüttete Vertrauensverhältnis zwischen der L GmbH einerseits und dem Beirat sowie der großen Mehrheit der Gesellschafter der Windpark B GmbH & Co.KG anderseits verwiesen, die unter anderem darin zum Ausdruck kommt, dass der L GmbH seit 2006 mit über 90 % der Stimmen die Entlastung verwehrt wird.“
3712. „Die Windpark T GmbH, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Wuppertal unter HRB 22720, vertreten durch die Geschäftsführer I2 sowie Dr. I3, wird (hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit der diesbezüglich zuvor gefassten Beschlüsse) unter Anwendung der Grundsätze des Urteils des OLG Jena vom 14.03.2012 – Az.: 2 U 650/11 – als weitere persönlich haftende Gesellschafterin in die Gesellschaft aufgenommen. Dem Urteil liegt ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde, insbesondere eine mit § 5 Abs. 3 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages der Windpark B GmbH & Co.KG wörtlich identische Regelung. Die Windpark T GmbH ist am Kapital der Gesellschaft nicht beteiligt. Die Windpark T GmbH ist für die Gesellschaft geschäftsführungs- und vertretungsberechtigt.“
3813. „Der L GmbH wird (hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit der diesbezüglich zuvor gefassten Beschlüsse) mit sofortiger Wirkung nach § 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages in der neuen Fassung die Vertretungsbefugnis für die Windpark B GmbH & Co.KG entzogen. Zur Begründung wird auf die Ausführungen zu Antrag 5 (Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis) verwiesen.“
3914. „Der Beirat der Gesellschaft wird (vorsorglich für den Fall der Unwirksamkeit der diesbezüglich zuvor gefassten Beschlüsse) bevollmächtigt und beauftragt, namens der Gesellschaft mit der P Energie GmbH, eingetragen im Handelsregister beim Amtsgericht Wuppertal unter HRB 20389, einen gleichlautenden Geschäftsbesorgungsvertrag wie am 22.06.2010 von der Windpark T GmbH unterzeichnet, erneut abzuschließen.“
4015. „Die L GmbH wird angewiesen, die Bezahlung der Grundvergütung zu Gunsten der P Energie GmbH in Höhe von € 5.000,00 monatlich seit dem 01.04.2012 durch die Windpark B GmbH & Co.KG bei der Commerzbank freizugeben.“
4116. „In § 8 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages wird nach Satz 2 eingefügt: An Beschlussfassungen den Beirat betreffend (insbesondere Wahl, Abberufung, Entlastung) darf die persönlich haftende Gesellschafterin mit ihren Stimmen gemäß Satz 2 nicht teilnehmen.“
4217. „Die Komplementärin Die L GmbH und der Kommanditist K werden abgemahnt, da sie die Windpark B GmbH & Co.KG durch die Verweigerung der laufenden Zahlungen des Geschäftsbesorgungsentgeltes an die P Energie GmbH einem erheblichen Risiko aussetzen. Für den Fall einer weiteren Pflichtverletzung der vorgenannten Gesellschafter wird diesen der Ausschluss aus der Gesellschaft angedroht.“
4318. „Der Beirat kann nach pflichtgemäßem Ermessen zu Lasten der Gesellschaft bis zur Höhe von maximal € 10.000,00 netto über ein Budget für Beratungs- und Rechtsverfolgungskosten verfügen.“
4419. „Dem Einspruch der V AG gegen das Protokoll zur Gesellschafterversammlung am 02.09.2011 wird nicht stattgegeben.“
45Die Beklagten zu 1-7, 9-23, 26, 28-33, 35-47, 49-51, 53-55, 57-95, 97-112,
46114-132, 134-141, 143-155, 157, 158, 160-179, 181-193, 195, 198,
47200-204, 206, 208-219, 221-229, 233-239, 241-249, 251 beantragen,
48die Klage abzuweisen.
49Die Beklagten zu 8, 96, 113, 142, 199, 231, 232, 240
50erkennen die Klageforderung an.
51Die übrigen Beklagten sind trotz einer ordnungsgemäßen Ladung nicht zum Termin erschienen.
52Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
53E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
54Die Klage ist zulässig und begründet.
55Der Klageantrag stellt, wie die Auslegung entsprechend § 133 BGB ergibt, eine negative Feststellungsklage im Sinne des § 256 ZPO dar. Zwar stellt die Klägerin in ihrer Formulierung darauf ab, die näher bezeichneten Gesellschafterbeschlüsse für nichtig zu erklären. Diese Formulierung spricht eher für eine Anfechtungsklage nach §§ 243, 246 AktG, doch ergeben die Gesamtumstände, dass gewollt war, dass die im Klageantrag bezeichneten Beschlüsse für nichtig erklärt werden. Der Klageantrag ist dahingehend auszulegen, dass festgestellt wird, dass die Gesellschaftsbeschlüsse nichtig sind, da in der Rechtsprechung und in der Literatur umstritten ist, ob Beschlussmängel einer Publikumsgesellschaft mit der Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO geltend gemacht werden können oder mit einer analogen Anwendung der Regelungen über die Anfechtungsklage gem. §§ 243, 246 AktG (vgl. Entzinger in MüKo – HGB, § 119 HGB, Rn 94 ff. m.w.N.). Aus der Klageschrift ergibt sich, dass die Klägerin die Anfechtungsklage im Sinne des § 246 AktG analog für die statthafte Klageart hält. Die statthafte Klage ist aber eine Feststellungsklage im Sinne des § 256 ZPO, die darauf gerichtet ist, bestimmte Beschlüsse der Gesellschaftsversammlung als unwirksam zu qualifizieren (vgl. BGH, Urteil vom 03.10.1957, Az.: II ZR 150/56). Eine Anfechtungsklage in entsprechender Anwendung des AktG kommt nicht in Betracht (BGH Urteil vom 19.10.09, Az.: II ZR 240/08). Es handelt sich bei der zu Grunde liegenden Gesellschaft um eine Publikumsgesellschaft in Form der Kommanditgesellschaft, auf die gem. § 161 Abs. 2 HGB die §§ 105 ff. HGB anzuwenden sind (vgl. Enzinger in MüKo, 2. Aufl., § 119 HGB, Rn. 94).
56Allein die Tatsache, dass die Klägerin die Anfechtungsklage nach dem AktG für die statthafte Klageantrag hält, hindert die Kammer nicht, diesen Antrag in einen Feststellungsklageantrag auszulegen. Dies verstößt nicht gegen § 308 ZPO, da die Kammer der Klägerin kein „Mehr“ zuspricht, sondern dem Klagebegehren der Klägerin, einen fehlerhaften Beschluss einer Publikumsgesellschaft geltend zu machen, entspricht.
57Die Klage ist nicht verfristet.
58Grundsätzlich besteht bei Feststellungsklagen keine Klagefrist. Etwas anderes liegt aber dann vor, wenn der Gesellschaftsvertrag eine solche bestimmt. Eine solche Bestimmung ist grundsätzlich zulässig (vgl. BGH, Urteil vom 21.06.2011, Az.: II ZR 262/09). Hier bestimmt § 8 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages, dass Klagen gegen die Beschlüsse innerhalb eines Monats nach Beschlussfassung möglich sind. Die Klage ist am 05.10.2012 beim Landgericht Wuppertal eingegangen. Die Frist aus § 8 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages wäre erst am 08.10.2012 abgelaufen.
59Die Klage ist zum einen nicht wegen eines verspätet eingezahlten Gerichtskostenvorschusses verfristet.
60Die Aufforderung zur Zahlung des Gerichtskostenvorschusses erfolgte am 24.10.2012 (Bl. 259 d.A.) und wurde am 29.10.2012 ausgeführt. Die Zahlung des Gerichtskostenvorschusses erfolgte am 07.11.2012. Grundsätzlich ist kein Kläger gehalten, den Gerichtskostenvorschuss ohne Anforderung des Vorschusses durch das Gericht einzuzahlen. Wenn die Aufforderung durch das Gericht ausbleibt, darf er aber nicht länger als angemessen (ca. 3 Wochen) warten, sondern muss nachfragen, einzahlen oder den Antrag nach § 14 GKG stellen (vgl. Zöller/Greger, 28. Aufl., § 167 ZPO, Rn. 15). Die von den Gerichten gesetzte Grenze von 3 Wochen (vgl. BGH, NJW 1978, 215, BGH, VersR, 1992, 433) darf aber nicht als starre Frist verstanden werden (vgl. m.w.N. Häublein in MüKO/ZPO, 4. Aufl., § 167 ZPO, Rn. 11).
61Die Klägerin hat die Anforderung des Vorschusses nach circa 3 ½ Wochen erhalten. Der Klägerin ist nicht mit der Folge, dass die Klage verfristet wäre, vorzuwerfen, dass sie nicht circa ½ Woche früher bei Gericht nachgefragt hat. Dieses Versäumnis hat zum einen nicht die schnellstmögliche Zustellung der Klage behindert. Der Sinn und Zweck der Drei-Wochen-Grenze ist, dass die Klägerin mit der Nachfrage nicht länger als angemessen warten soll, damit die Wirkung des § 167 ZPO erhalten bleibt und über Gebühr lange Zustellungen vermieden werden. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Klägerin nach der Anforderung des Vorschusses diesen unverzüglich, in der Regel binnen 2 Wochen einzahlen muss (vgl. Zöller/Greger, 28. Aufl., § 167 ZPO, Rn. 15). Hätte die Klägerin die „3 Wochen – Grenze“ eingehalten, hätte sie am 26.10.2012 bei Gericht nach der Anforderung des Kostenvorschusses fragen müssen. Eine Antwort des Gerichts, dass diese bereits verfügt wurde, wäre frühestens am selben Tag zu erwarten gewesen. Selbst wenn die Klägerin am 26.10.2012 nachgefragt hätte, hätte sie bis zum 09.11.2012 Zeit gehabt, einen solchen einzuzahlen, ohne dass eine Zustellung der Klage zeitlich im Sinne des § 167 ZPO verhindert wird.
62Zum anderen geht es in den Fällen, in denen die Rechtsprechung eine Zustellung als „demnächst“ verneint hat, um Fälle, bei denen 6 – 8 Wochen ohne Zutun abgewartet wurde (BGH, Urteil vom 19. 10. 1977 - IV ZR 149/76). Im konkreten Fall kann der Klägerin lediglich vorgeworfen werden, dass sie eine halbe Woche zu lange gewartet hat. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn man der Klägerin aufbürden würde, aufgrund der langen Anforderung des Vorschusses diesen schneller als binnen zwei Wochen einzuzahlen. Dem kann nicht gefolgt werden, da der Klägerin, auch wenn die Vorschusshandlung spät erfolgt ist, ein gewisser Zeitraum zur Prüfung der Anforderung zuzubilligen ist, den sie hier nicht überschritten hat.
63Die Klage ist auch nicht verfristet, weil nicht „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO an alle Gesellschafter zugestellt wurde.
64Fehler in der Klageschrift, insbesondere Adressfehler, schließen zwar die Wirkung des § 167 ZPO dann aus, wenn diese auf Nachlässigkeit beruhen; anders, wenn sie auf dem Verhalten der Adressaten selbst beruhen (vgl. Zöller/Greger, 28. Aufl., § 167 ZPO, Rn. 15). Die Klägerin teilte im laufenden Verfahren eine Adressänderung des Beklagten zu 20 und von Frau Keppler – Ross mit. Diese Adressänderungen beruhen aber nicht auf der Nachlässigkeit der Klägerin. Vielmehr war bei Frau J eine Zustellung auch bei den Parallelverfahren schwierig. Bei dem Beklagten zu 20.) wurde in dem Parallelverfahren 4 O 77/11 an die in der Klageschrift zu 4 O 286/12 bezeichnete Adresse zugestellt. Im Übrigen ist bei einer Klagezustellung dieses Umfanges auch von einer Zustellung „demnächst“ auszugehen, wenn die Klage auf dem schnellstmöglichen Weg an alle Beteiligten zugestellt wird.
65Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Zustellungsurkunde der Beklagten zu 27.) sich nicht in der Akte befindet. Diese teilte der Geschäftsstelle der 4. Zivilkammer telefonisch am 09.10.2013 mit, dass sie die Klage am 24.11.2012 erhalten habe. Da diese Einlassung auch nicht in Abrede gestellt wurde, reicht dies der Kammer unter Berücksichtigung von § 286 ZPO aus, um eine ordnungsgemäße Zustellung der Klage am 24.11.2012 gemäß § 189 ZPO auch an die Beklagte zu 27.) mit der erforderlichen Gewissheit festzustellen.
66Die Klage ist auch zulässigerweise gegen alle Gesellschafter erhoben worden, da diese wie notwendige Streitgenossen im Sinne des § 62 ZPO zu behandeln sind (vgl. Zöller/Vollkommer, 28. Aufl., § 62 ZPO Rn. 16).
67Bei der, wie oben ausgeführt, vorliegenden Feststellungsklage liegt grundsätzlich keine notwendige Streitgenossenschaft vor (vgl. Goette in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl., § 119 HGB, Rn 77; BGH, Urteil vom 03.10.1957, II ZR 150/56 m.w.N.). Hier geht es im Grundsatz nicht um eine gestaltende Wirkung allen Gesellschaftern gegenüber, sondern lediglich um eine gerichtliche Entscheidung über die Wirksamkeit von Beschlüssen.
68Eine notwendige Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichen Gründen liegt nach der ständigen Rechtsprechung des BGH bei einer lediglich gemeinschaftlich vorhandenen materiell-rechtlichen Verfügungsbefugnis vor, der zufolge die Klage nur eines oder gegen nur einen Streitgenossen mangels Prozessführungsbefugnis unzulässig wäre (vgl. BGH, Urteil vom 14.04.2010, IV ZR 135/08, Urteil vom 09.01.1957, IV ZR 259/56, Urteil vom 15.06.1959, II ZR 44/58, Urteil vom 26.10.1984, V ZR 67/83). Eine notwendige Streitgenossenschaft folgt nicht allein daraus, dass es "unlogisch" wäre, im Verhältnis zu einem Beklagten eine Feststellung zu treffen, während im Verhältnis zu anderen Beklagten (in weiteren Prozessen) möglicherweise das Gegenteil festgestellt würde. Mögen solche unterschiedlichen Feststellungen auch "unlogisch" sein, so sind sie dennoch denkbar und möglich und führen prozessual nicht zu einer notwendigen Streitgenossenschaft (vgl. BGH, Urteil vom 14.04.2010, Az.: IV ZR 135/08). So hat der BGH bei einer Klage gegen lediglich einen von mehreren Erben auf Feststellung, dass auch der Kläger Miterbe geworden ist, eine notwendige Streitgenossenschaft aller Erben verneint (vgl. BGH, Urteil vom 14.04.2010 a. a. O.). Ebenso bei einer Klage nur eines Gesellschafters (bei mehreren Gesellschaftern) gegen einen anderen Gesellschafter auf Feststellung der Wirksamkeit eines Ausschließungsbeschlusses (vgl. BGH, Urteil vom 03.10.1957, II ZR 150/56).
69Der BGH führte aber in seinem Urteil vom 19.10.2009, Az.: II ZR 240/08 aus, dass es zwar grundsätzlich möglich ist, dass der Gesellschaftsvertrag gegenüber verschiedenen Gesellschaftern einen unterschiedlichen Inhalt hat, dies gelte jedenfalls dann, wenn die tatsächliche Umsetzung des Beschlusses auch dann möglich und sinnvoll ist, wenn sie nicht gegenüber allen, sondern nur gegenüber den zustimmenden Gesellschaftern erfolgen kann. Eine solche sinnvolle Umsetzung der Beschlüsse gegenüber den zustimmenden Gesellschaftern ist hier nicht möglich. Die Umsetzung der Beschlüsse in Bezug auf die Feststellung des Jahresabschlusses, die Entlastung verschiedener Mitglieder der Gesellschaft beziehungsweise die teilweise Änderung des Gesellschaftsvertrages kann nur sinnvoll gegenüber allen Gesellschaftern erfolgen, weil dies Regelungsinhalte sind, die nicht gegenüber einzelnen Gesellschaftern erfolgen können (vgl. auch OLG Köln NJW-RR 1994, 491; OLG Düsseldorf I-14 U 32/11). Die Kammer geht mit dem OLG Köln und dem OLG Düsseldorf davon aus, dass - aufgrund der Regelung in § 8 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages, dass die Klage gegen alle Gesellschafter erhoben werden muss – in dem vorliegenden Prozess, in dem über die Wirksamkeit dieser Beschlüssen gestritten wird, alle Gesellschafter entweder auf der Aktiv- oder auf der Passivseite Partei sein müssen (vgl. OLG Köln a.a.O.; OLG Düsseldorf a.a.O.).
70Dies hat zur Folge, dass die säumigen Beklagten, sowie die Beklagten, die ein Anerkenntnis abgegeben haben, nicht gesondert zu berücksichtigten sind, sondern die Entscheidung allen Beklagten gegenüber einheitlich ergeht.
71Die Klage ist begründet, da festzustellen ist, dass die im Klageantrag näher bezeichneten Gesellschafterbeschlüsse der Windpark X GmbH & Co.KG vom 08.09.2012 nichtig sind. Wie oben aufgeführt, handelt es sich um eine Feststellungsklage und nicht um eine Anfechtungsklage im Sinne des AktG.
72Die Beklagten sind passivlegitimiert. Entgegen der Ansicht eines Teils der Beklagten ist es nicht erforderlich, dass die Windpark X GmbH & Co.KG ebenfalls verklagt wird. Zwar befindet sich unter den mit der hiesigen Klage angegriffenen Beschlüssen auch eine Änderung des § 8 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages, nach dem Streitigkeiten hinsichtlich des Vertrages (…)mit der Gesellschaft auszutragen sind. Dies ändert aber nichts an der Passivlegitimation, da diese nicht auf die angegriffenen Beschlüsse gestützt werden kann. Die Beschlüsse können unter Umständen nach §§ 134, 138 BGB nichtig sein, da es sich, wie bereits oben ausgeführt, bei der vorliegenden Klage um eine Feststellungsklage handelt, die lediglich feststellt, dass die Beschlüsse nichtig sind.
73Würde der Klägerin aufgegeben werden ihre Klage gegen den in dem angegriffenen Beschluss bezeichneten Klagegegner zu richten, könnte der Klägerin ein Klagegegner aufgezwungen werden, der gegebenenfalls, was im Folgenden zu prüfen wäre, nicht der materiell richtige Klagegegner ist, da die Beschlüsse nichtig sind.
74Dies hätte dann zur Folge, dass, wenn die Klägerin ihre Klage auch gegen die Gesellschaft richten würde und diese Klage inhaltlich begründet wäre, diese eigentlich mit der Begründung abgewiesen werden müsste, dass die Gesellschaft auf Grund der nichtigen Beschlüsse eben nicht der richtige Klagegegner sei.
75Die Beschlüsse sind nicht in formell wirksamer Weise zustande gekommen.
76Die Beklagte zu 1.) war weder zur Einberufung, noch zur Durchführung noch zur Feststellung der Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung vom 08.09.2012 berechtigt. Gem. § 9 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages wird die Gesellschafterversammlung von der persönlich haftenden Gesellschafterin einberufen. Dies war ursprünglich alleine die Klägerin. Die Beklagte zu 1.) ist durch die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 21.06.2010 keine persönlich haftende Gesellschafterin der Gesellschaft geworden. Auch die Kammer hält, wie das OLG Celle, die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 21.06.2010 aus denen sich eine Komplementärstellung der Beklagten zu 1.) ergeben könnte, für unwirksam.
77Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
78Das Oberlandesgericht Celle hat in seinem Urteil vom 14.12.2011, Aktenzeichen 9 U 73/11 zu dieser Frage auf das Urteil im einstweiligen Verfügungsverfahren vom 04.05.2011, Aktenzeichen 9 U 105/10 verwiesen und folgendes ausgeführt:
79„ 1.
80Durch den Beschluss der Gesellschafterversammlung der KG vom 21. Juni 2010 gemäß dem Antrag 7 des Beirats (Seite 19 des Protokolls, Anlage ASt 4 im gesonderten Anlagenhefter) konnte die Klägerin (Anmerkung: im dortigen Verfahren ist die hiesige Beklagte zu 1.) die Klägerin) nicht Komplementärin werden, weil die Aufnahme eines neuen Gesellschafters (zumal eines Komplementärs) in eine Kommanditgesellschaft als Personengesellschaft grundsätzlich - und auch hier - nur durch einstimmigen Beschluss möglich ist (BGH, WM 1997, 2400 ff., Rdnr. 15 nach juris; Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl., Rdnr. 70 zu § 105; Wertenbruch in: Ebenroth/Boujong, HGB, 2. Aufl., Rdnr. 152 zu § 105). Das dient dem Schutz derjenigen Gesellschafter, die (anders als die den Beschluss befürwortende Mehrheit) mit einem Wechsel in der personalen Zusammensetzung der Gesellschaft, der sie angehören (und für die sie, sei es als Komplementär, sei es beschränkt als Kommanditist auch haften), nicht einverstanden sind. Etwas anderes kann nur gelten, wenn - etwa durch Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag - von vornherein anderes bestimmt ist, weil dann jeder Gesellschafter bei seinem Beitritt das entsprechende Risiko gekannt hätte und eingegangen wäre. Dabei kann es dahinstehen, ob die einen Gesellschafterwechsel erstrebende Mehrheit unter bestimmten Umständen einen Anspruch auf Zustimmung der sich verweigernden Mitgesellschafter hat. Ein solcher ist hier nicht streitgegenständlich; er wäre gegen die sich einem derartigen Beschluss widersetzenden Gesellschafter zu richten.
812.
82Der Auffassung des Landgerichts, in § 8 Abs. 5 der Satzung der KG (Anlage ASt 2 im gesonderten Hefter) sei geregelt worden, dass auch die Aufnahme eines neuen Gesellschafters mit einfacher Mehrheit möglich sei, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Der Satzung ist nicht zu entnehmen, dass dies zu denjenigen Beschlussgegenständen gehören soll, über die die Gesellschafterversammlung nach § 8 Abs. 2 mit einfacher Mehrheit beschließen können soll. Der Eintritt in eine bestehende KG stellt in der Sache einen Aufnahmevertrag dar (Wertenbruch, a. a. O.), der grundsätzlich mit allen Gesellschaftern der aufnehmenden Gesellschaft abzuschließen ist (BGH, Urt. v. 1. März 2011, II ZR 16/10, Rdnr. 9 nach juris). Entsprechend regelt der vorliegende Gesellschaftsvertrag in § 5 Abs. 3 (allerdings für die Aufnahme neuer Kommanditisten), dass die Komplementärin „zur Annahme der Beitrittserklärungen namens aller Gesellschafter … bevollmächtigt“ sein soll. Selbst insoweit geht die Satzung also im Grundsatz davon aus, dass eine entsprechende Willenserklärung aller Gesellschafter erforderlich ist. Es ist nicht ersichtlich, dass hier für die Aufnahme einer neuen Komplementärin (die wegen deren organschaftlicher Vertretungsbefugnis im Zweifel weit bedeutsamer ist und ein Grundlagengeschäft der Gesellschaft darstellen würde, Baumbach/Hopt, a. a. O., Rdnr. 67 zu § 105 und Rdnr. 3 zu § 114) satzungsgemäß geringere Anforderungen gelten sollten. Dem entspricht es auch, dass § 8 Abs. 2 e nur den umgekehrten Fall des Ausschlusses eines Gesellschafters (und auch nur eines Kommanditisten) als einen der Beschlussgegenstände aufführt, über die mit einfacher Mehrheit befunden können werden soll.
83Nicht anders haben es offensichtlich auch die Gesellschafter bei der Beschlussfassung am 21. Juni 2010 gesehen, wie der Umstand verdeutlicht, dass sie die Aufnahme der Klägerin als Komplementärin mit dem Beschlussvorschlag Nr. 6 vorbereiten wollten, wonach der Gesellschaftsvertrag dahingehend geändert werden sollte, dass mit einfacher Mehrheit die Aufnahme von weiteren persönlich haftenden Gesellschaftern beschlossen können werden sollte (Seite 18 des Protokolls, Anlage ASt 4 im gesonderten Hefter). Wären die Gesellschafter davon ausgegangen, dass die Aufnahme eines weiteren Komplementärs mit einfacher Mehrheit beschlossen werden könne, wäre dieser Beschluss unnötig gewesen. Allerdings konnte mit ihm im Ergebnis die Aufnahme neuer Komplementäre ebenfalls nicht wirksam erleichtert werden, weil diese satzungsgemäß eben nur durch wechselseitigen Vertrag zwischen ihnen und (allen) bisherigen Gesellschaftern möglich ist und diese dem Schutz jedes einzelnen Gesellschafters dienende Regelung nicht durch ein - seinerseits nicht durch Konsens aller Gesellschafter getragenes - nachträglich eingeführtes einfaches Mehrheitserfordernis unterlaufen werden kann.
843.
85Ebenso wenig spricht der Umstand, dass es sich bei der KG um eine Publikumsgesellschaft mit einem großen, untereinander im Zweifel nicht bekannten Gesellschafterkreis handelt, nicht dafür, dass die Aufnahme einer weiteren Komplementärin durch einfachen Mehrheitsbeschluss möglich sein müsste. Zwar ist das dem Personengesellschaftsrecht grundsätzlich innewohnende Einstimmigkeitsprinzip bei Publikums-KGs mit einem großen Kreis von Kommanditisten, bei dem sich eine geschlossene Beteiligung an Gesellschafterversammlungen nur schwer erreichen lässt, regelmäßig wenig praktikabel, weshalb abweichende Mehrheitserfordernisse, etwa eine analoge Anwendung des § 179 Abs. 2 AktG (3/4-Mehrheit) zu erwägen sein können (vgl. BGH, NJW 1978, 1382 ff.). Dies greift im vorliegenden Fall aber schon deshalb nicht durch, weil der Gesellschaftsvertrag nach dem oben Ausgeführten für den Fall der Aufnahme neuer Gesellschafter erkennbar willentlich von dem Einstimmigkeitserfordernis ausgeht.
86Dessen ungeachtet wäre - wie insoweit zutreffend protokolliert worden ist - der Beschluss vom 21. Juni 2010 auch nicht mit einer Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen gefasst worden, weil er nur von 71,73 % der Stimmen getragen worden ist. Dabei wäre insbesondere davon auszugehen, dass die Beklagte, entgegen der Auffassung der Klägerin, ihre „Mehrstimmrechte“ bei der Befassung mit der Frage, ob die Klägerin als zusätzliche Komplementärin aufzunehmen sei, zum Einsatz bringen durfte. Wie der Senat bereits mit Urteilen vom 9. März 2011 (9 U 116/10 = 8 O 118/10 LG Stade) und 13. April 2011 (9 U 93/10 = 8 O 176/09 LG Stade) ausgeführt hat, ist die Vereinbarung von „Mehrstimmrechten“ zugunsten der Beklagten als Komplementärin im Gesellschaftsvertrag nicht unwirksam. Aufgrund der Regelung des § 8 Abs. 4 der Satzung hat die Beklagte 480 eigene Stimmen, was ein knappes Viertel der Gesamtstimmrechte darstellt. Bedenken gegen die Wirksamkeit einer solchen Satzungsregelung, die der Komplementärin eigene Stimmen unabhängig von einem Kapitalanteil zugesteht und die für jeden Kommanditisten vor seinem Beitritt erkennbar war, greifen nicht durch. Eine unangemessene Benachteiligung der Kommanditisten ist nicht ersichtlich, weil durch diese „Mehrstimmen“ der Tatsache Rechnung getragen wird, dass die Beklagte für alle Gesellschaftsverbindlichkeiten, anders als die übrigen Gesellschafter, unbeschränkt haftet. Auf die Höhe des Stammkapitals der Beklagten kommt es nicht an, weil die unbeschränkte Haftung in jedem Fall ihre Existenz bedrohen kann. Hinzu kommt, dass ohne die der Beklagten gesellschaftsvertraglich zugebilligten Stimmen eine verlässliche Meinungsbildung und kontinuierliche Unternehmensführung u. U. nur schwer erreichbar sein könnte, etwa wenn sich die Mehrheiten in einer uneinigen Gesellschafterversammlungszusammensetzung bei umstrittenen Beschlussgegenständen häufig verändern. Durch die (maßvolle) Einräumung von festen Stimmrechten der die Geschäftsführung verantwortenden Komplementärin soll einerseits eine gewisse Stabilität des Gesellschaftswillens erreicht werden, andererseits können so die berechtigten Interessen der (wie regelmäßig) in der Komplementär-GmbH organisierten Gründergesellschafter und der allgemeine Minderheitenschutz Berücksichtigung finden (vgl. zu letzterem auch BGH, NJW 1978, 1382 u.).
87An dieser Auffassung hält der Senat auch in Ansehung der Argumentation der Klägerin im vorliegenden, denselben Gegenstand betreffenden Hauptsacheverfahren mit der (dort bereits erwähnten) Maßgabe fest, dass es hier im Ergebnis nicht darauf ankommt, ob für die Neuaufnahme eines Kommanditisten Einstimmigkeit erforderlich ist oder eine qualifizierte Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen ausreicht.(…)
882.
89Anders als die Klägerin meint, setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betreffend Stimmquoren bei Publikumsgesellschaften (etwa der zitierten Entscheidung vom 13. März 1978, II ZR 63/77). Soweit dort Erleichterungen des Mehrheitserfordernisses postuliert worden sind, hat sich der Senat damit bereits in der oben wörtlich zitierten Entscheidung auseinandergesetzt und darauf abgestellt, dass der hiesige Gesellschaftsvertrag eine durch objektive Auslegung ersichtliche positive Regelung betreffend die Aufnahme neuer Komplementäre enthält (zumal es sich bei einer solchen Aufnahme als Gesellschafter regelmäßig um einen Vertrag mit allen bisherigen Gesellschaftern handelt). Entgegen der Annahme der Berufungsbegründung hat der Senat nicht etwa eine ausdrückliche Regelung betreffend die Aufnahme von Komplementären vermisst, sondern durch Auslegung gerade festgestellt, dass für eine solche ausweißlich des Gesellschaftsvertrages „erst recht“ Einstimmigkeit erforderlich ist. Dabei handelt es sich entgegen dem Angriff in der Berufungsbegründung nicht um eine (subjektive) Auslegung anhand der Vorstellung der Gründungsgesellschafter, sondern um eine (objektive) anhand des Wortlauts des Gesellschaftsvertrags, mithin des verkörperten Willens aller Gesellschafter. Diese durch Auslegung gewonnen Regelung ist auch nicht einer überraschenden oder unklaren Allgemeinen Geschäftsbedingung vergleichbar, sondern entspricht im Ergebnis der bei Personengesellschaften allgemein bestehenden Rechtslage.
90Im Gegenteil vermag die Annahme der Klägerin, der Gesellschaftsvertrag sei dahin zu verstehen, dass die Aufnahme einer neuen, persönlich haftenden und die Geschicke des Unternehmens letztlich bestimmenden Komplementärin mit einer nur einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen möglich sein soll, nach wie vor nicht zu überzeugen. Angesichts der Tragweite eines solchen Gegenstands wäre der Schutz der Minderheit in der Gesellschafterversammlung so nicht zu gewährleisten.
913.
92Soweit – was nicht entscheidungserheblich ist und deshalb dahinstehen kann – auch in der vorliegenden Fallgestaltung vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Interesses praktischer Durchführbarkeit der „Auswechslung“ eines die Geschäfte der KG führenden Komplementärs Veranlassung bestünde, das im Grundsatz („Aufnahmevertrag“) bestehende und hier auch ausdrücklich vereinbarte Einstimmigkeitserfordernis abzuschwächen, hätte dies jedenfalls nicht zur Folge, dass für die Neuaufnahme eines Komplementärs eine einfache Mehrheit ausreichen könnte. Angesichts des nach dem oben Gesagten in dieser Hinsicht erforderlichen Minderheitenschutzes und eines Mindestmaßes an Stabilität der Willensbildung wäre zumindest die Erreichung einer ¾ Mehrheit vonnöten gewesen (vgl. etwa den Grundgedanken des § 33 BGB), die hier aber ebenfalls verfehlt worden ist. Insoweit setzt sich der Senat auch nicht in Widerspruch zu der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Kammergerichts, das für die Aufnahme eines neuen Komplementärs eine solche Mehrheit für ausreichend angesehen hat. Dass bei der Zählung des Abstimmungsergebnisses hier die nach dem oben Ausgeführten nicht zu missbilligenden Mehrstimmen der Beklagten mitgezählt worden sind, haben die für deren „Auswechselung“ stimmenden Gesellschafter letztlich selbst veranlasst, indem sie zunächst über die Aufnahme der Klägerin haben abstimmen lassen und nicht zuerst (was das Vorliegen eines wichtigen Grundes vorausgesetzt hätte, dann aber ebenfalls möglicherweise mit geringerem Mehrheitserfordernis möglich gewesen wäre) die Ausschließung der Beklagten auf die Tagesordnung haben setzten lassen, um deren Mitstimmen bei der Frage der Neuaufnahme einer Komplementärin zu verhindern.“
93Dieser Wertung durch das Oberlandesgericht Celle schließt sich die erkennende Kammer für den zugrunde liegenden Fall nach eigener Bewertung der Sach- und Rechtslage vollumfänglich an und macht sich die Ausführungen ausdrücklich zu Eigen.
94Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den unter anderem von einem Teil der Beklagten angeführten Urteilen des KG Berlin, Urteil vom 10.10.2002, Az.: 2 U 154/02 und des OLG Jena, Urteil vom 14.03.2012, Az.: 2 U 650/11.
95Das zitierte Urteil des KG Berlin, stellt dieses zwar darauf ab, dass ein Einstimmigkeitserfordernis nicht erforderlich ist, hält aber auch eine Mehrheit von jedenfalls ¾ der Stimmen für erforderlich. Die konkrete Begründung des KG Berlin kann aber dahinstehen, da die Kammer mit dem OLG Celle das Einstimmigkeitserfordernis aufgrund der Auslegung des konkreten Gesellschaftsvertrages festgestellt hat. Danach ist unbeachtlich, welche allgemeinen Grundsätze vertreten werden, da die Auslegung des konkreten Vertrages immer Vorrang vor allgemeinen Grundsätzen hat.
96Auch unter Berücksichtigung des Urteils des OLG Jena, Az.: 2 U 650/11, kommt die Kammer zu keiner gegenteiligen Auffassung. Das OLG Jena mag zwar grundsätzlich von einer wörtlich identischen Regelung im Gesellschaftsvertrag ausgehen. Es ist aber hier zu beachten, dass nach dem gesamten Gesellschaftsvertrag, der dem Urteil des OLG Jena zugrunde lag, eine Mehrheit von ¾ und nicht wie im vorliegenden Gesellschaftsvertrag von lediglich ½ erforderlich war.
97Zudem hat auch das OLG Düsseldorf, Az.: I – 16 U 110/13, unter Zugrundelegung des auch in diesem Verfahren einschlägigen Gesellschaftsvertrages entschieden, dass es für die Annahme der Beklagten zu 1.) als neue persönlich haftende Gesellschafterin eines einstimmigen Beschlusses aller Gesellschafter bedurft hätte.
98Die Beklagte zu 1.) ist auch nicht aufgrund der Beschlüsse, die im Umlaufverfahren bis zum 17.02.2011 gefasst wurden, persönlich haftende Gesellschafterin geworden. Die im Umlaufverfahren gefassten Beschlüsse sind, wie bereits im Verfahren 4 O 77/11 ausgeurteilt, nichtig.
99Die Beklagte zu 1.) war, wie bereits oben ausgeführt, nicht aufgrund der Gesellschaftsbeschlüsse vom 21.06.2010 als persönlich haftende Gesellschafterin berechtigt, ein Umlaufverfahren durchzuführen.
100Eine Berechtigung der Beklagten zu 1.), das Umlaufverfahren durchzuführen, ergibt sich ebenfalls nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin die Beklagte zu 1) in das Handelsregister eingetragen hat. Aus dieser Handlung kann nicht gefolgt werden, dass sie deren Stellung als weitere Komplementärin anerkannt hat. Diese Handlung nahm die Klägerin lediglich aufgrund des Urteils des Landgerichts Stade im einstweiligen Verfügungsverfahren vor. Dem steht auch nicht entgegen, dass mit der Eintragung weitere Eintragungen, die nicht vom Urteil gefordert wurden (z.B. Sitzwechsel), vorgenommen wurden. Auch steht dem nicht entgegen, dass die Klägerin sich nach diesem Zeitpunkt nicht mehr am laufenden Geschäft beteiligt und dies der Beklagten zu 1.) überlassen hat. Dies kann der Klägerin nicht insoweit vorgeworfen werden, als dass sie sich jetzt nicht mehr auf die fehlerhafte Komplementärstellung der Beklagten zu 1.) berufen könnte.
101Die Beklagte zu 1.) durfte das Umlaufverfahren auch nicht als faktische Geschäftsführerin durchführen. Der Beklagten zu 1.) ist zuzugestehen, dass vertreten wird, dass die Einberufung einer Gesellschafterversammlung einer GmbH auch durch den faktischen Geschäftsführer erfolgen kann (so wohl Karsten Schmidt/ Seibt im Kommentar zum GmbH-Gesetz von Scholz, 10. Aufl., § 49 Rn. 9; a.A. wohl Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 49, Rn. 3).
102Bei der vorliegenden Gesellschaft handelt es sich aber zum einen nicht um eine GmbH, sondern, wie oben ausgeführt, um eine Publikumsgesellschaft in Form der Kommanditgesellschaft, auf die gem. § 161 Abs. 2 HGB die §§ 105 ff. HGB anzuwenden sind.
103Eine Gesellschafterversammlung ist im HGB nicht vorgesehen (anders §§ 48 ff GmbHG). Eine solche kann aber in der Satzung geregelt werden (vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, 35. Aufl., Anhang nach § 177 a: GmbH & Co, Rn. 32).
104In dem Gesellschaftsvertrag ist lediglich unter § 9 „Gesellschafterversammlung“ geregelt, dass diese von der persönlich haftenden Gesellschafterin einberufen werden kann und gerade nicht von einem Geschäftsführer. Die Beklagte ist aber, aus den oben aufgeführten Gründen, keine persönlich haftende Gesellschafterin der Gesellschaft.
105Zum anderen ist das Argument, dass Rechtssicherheit herrschen soll (so auch OLG Düsseldorf NZG 2004, 916), welches für die Ansicht streitet, dass der faktische Geschäftsführer einer GmbH zur Einberufung berechtigt sein soll, im konkreten Fall nicht übertragbar. Übertragbar ist ein solches Argument nur bei einer gleichen Interessenlage. Im vorliegenden Fall ist aber zu beachten, dass es sich bei der Windpark B GmbH & Co.KG, im Gegensatz zu einer GmbH, um eine große, anonyme Publikumsgesellschaft handelt. Der Begriff faktische Geschäftsführung mag bei einer GmbH noch relativ einfach zu bestimmen sein, bei einer Publikumsgesellschaft wird dies aufgrund der Vielzahl der Gesellschafter ungleich schwieriger. Dies gilt insbesondere, da ein einzelner Kommanditist bei einer Einladung zu einer Gesellschafterversammlung nicht ohne weiteres überprüfen kann, ob der faktisch Einladende auch tatsächlich faktisch die Geschäfte führt. Zu mehr Rechtssicherheit führt dies nicht. Vielmehr ist es gerade bei einer großen Publikumsgesellschaft für die Rechtsicherheit erforderlich, dass das Recht zur Einberufung nach dem Wortlaut des Gesellschaftsvertrages und der tatsächlich bestehenden materiellen Rechtslage bestimmt wird.
106Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte zu 1.) als persönlich haftende Gesellschafterin im Handelsregister eingetragen ist, da die Eintragung in das Handelsregister nichts an der materiellen Rechtslage ändert, die vorrangig ist.
107Die Beklagte zu 1.) war auch nicht dazu berechtigt, das Umlaufverfahren durchzuführen, weil der Beirat der Gesellschaft diese aufgefordert hatte im Rahmen einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung oder im Umlaufverfahren über die Beschlüsse erneut abstimmen zu lassen. Der Einwand der Beklagten zu 1.), dass ansonsten der Minderheitenschutz leer laufen würde, greift nicht. Denn die Kommanditisten sind gemäß § 9 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages lediglich berechtigt, eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einzuberufen, nicht aber ein Umlaufverfahren durchzuführen. Auch der Gesellschaftsvertrag unterscheidet zwischen einer Gesellschafterversammlung und einem Umlaufverfahren. § 8 des Gesellschaftsvertrages regelt, dass die Gesellschafter ihre Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung oder auf schriftlichem Wege fassen. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die Kommanditisten zwar berechtigt sind, bei einem Anteil von mindestens 20 % am Kommanditkapital eine außerordentliche Gesellschaftsversammlung einzuberufen. Hingegen gerade nicht, dass sie berechtigt sind ein Umlaufverfahren durchzuführen.
108Aufgrund der fehlenden Berechtigung der Beklagten, das Umlaufverfahren durchzuführen, waren die Beschlüsse in demselben nichtig. Fehlerhafte Beschlüsse sind nichtig (§§ 134, 138 BGB), wenn der Fehler nicht nur im Verstoß gegen eine bloße Ordnungsvorschriften besteht. Außerdem ist eine Kausalität zwischen dem Fehler und dem Abstimmungsergebnis notwendig (vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, 35. Aufl., § 119 HGB, Rn. 31).
109Die Regelung des Gesellschaftsvertrages über das Recht, einen Beschluss im schriftlichen Verfahren zu fassen, ist keine reine Ordnungsvorschrift. Es handelt sich vielmehr um die Frage „ob“ ein solches durchgeführt werden soll und nicht „wie“ dieses durchzuführen ist. Ordnungsvorschriften sind aber lediglich solche Vorschriften, die regeln, wie ein schriftliches Umlaufverfahren durchzuführen ist. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut. Die Entscheidung, ob ein solches durchgeführt wird, ist vielmehr eine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung. Durch diese Vorschrift sollen die Gesellschafter insoweit geschützt werden, als dass Rechtssicherheit dahingehend besteht, wer berechtigt ist ein wirksames Umlaufverfahren durchzuführen (vgl. Enzinger in MüKo, 2. Aufl., § 119 HGB, Rn. 95). Dieser Fehler war auch kausal für das Abstimmungsergebnis, da es ohne die Durchführung des Umlaufverfahrens durch die nicht berechtigte Beklagte zu 1.) denknotwendig auch keine Beschlüsse gegeben hätte, durch die die Beklagte zu 1.) weitere persönlich haftende Gesellschafterin hätte werden können.
110Die Beklagte zu 1.) war auch nicht nach der Verweigerung der Klägerin am 02.08.2012 und der Aufforderung der Kommanditisten unter Hinweis auf ihre erteilten Vollmachten, aufgrund derer sie mehr als 20 % des Kommanditkapitals repräsentieren berechtigt und/ oder verpflichtet, eine ordentliche Gesellschafterversammlung einzuberufen
111Ein solcher Zwang ergab sich nicht aus § 9 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages. Zum einen ist danach, wenn die Gesellschafter mit 20 % des Kommanditkapitals die Einberufung einer Gesellschafterversammlung fordern, diese außerordentlich und nicht ordentlich einzuberufen. Die Einberufung der Gesellschafterversammlung als außerordentliche ist kein bloßer Formalismus sondern hat vielmehr für die Gesellschafter, alleine schon aufgrund der Bezeichnung, eine Warnfunktion. Die Bezeichnung weist daraufhin, dass in der Gesellschafterversammlung, zu der eingeladen wird, Tagesordnungspunkte auf der Liste stehen, die nicht unbedingt bei einer ordentlichen Gesellschafterversammlung zu erwarten sind.
112Zum anderen war auch die Beklagte zu 1.), wie bereits ausgeführt, nicht persönlich haftende Gesellschafterin der Gesellschaft, sodass auch danach keine Einberufungspflicht nach § 9 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages bestand.
113Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil die Beklagte zu 1.) immer noch faktisch die Geschäfte führt. Wenn sie, wie bereits ausgeführt, nicht berechtigt ist, als faktische Geschäftsführerin eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, dann ist sie im Umkehrschluss auch nicht nach § 9 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages dazu verpflichtet.
114Die Klägerin hat die Einberufung der Gesellschafterversammlung auch nicht treuwidrig verweigert. Die Klägerin nannte für die Verweigerung zum einen als Grund, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofes abgewartet werden sollte, und zum anderen, eine solche aufgrund der unsicheren Rechtslage erst in 2 -3 Monaten stattfinden zu lassen. Die von der Klägerin genannten Gründen sind, unter Zugrundelegung der damaligen Situation der Windpark X GmbH & Co.KG, nachvollziehbar und nicht treuwidrig. Es herrschte zu diesem Zeitpunkt immer noch eine unklare Rechtslage für alle Beteiligten. Zu diesem Zeitpunkt hatte das OLG Celle die Klage der Beklagte zu 1.) abgewiesen. Diesbezüglich war eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof anhängig. Weiter waren zu diesem Zeitpunkt die am 18.02.2011 im Umlaufverfahren gefassten Beschlüsse und die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 02.09.2011 gefasst worden, die mit Klagen beim Landgericht Wuppertal angegriffen wurden und über die noch nicht entschieden wurde. In den Beschlüssen wurden Änderungen des Gesellschaftsvertrages und der Stimmrechte beschlossen. Unter Zugrundelegung dieser Situation kann es zwar grundsätzlich sinnvoll sein, dass alle potentiell Berechtigten zu einer ordentlichen Gesellschafterversammlung einladen. Allerdings besteht bei der Einberufung einer ordentlichen Gesellschafterversammlung durch alle potentiell Berechtigten die Problematik, dass aufgrund der oben geschilderten Situation unklar ist, von welchem Rechtsstandpunkt, von welcher Fassung des Gesellschaftsvertrags und von welcher Stimmverteilung auf der ordentlichen Gesellschafterversammlung auszugehen wäre.
115Allein aus dem oben aufgeführten Grund kann es für die Klägerin nicht mit der Folge, dass diese ansonsten gegen Treu und Glauben verstieße, zwingend sein, gemeinsam mit der Beklagten zu 1.) eine ordentliche Gesellschafterversammlung einzuberufen.
116Dies gilt auch deshalb nicht, da es den Kommanditisten über § 9 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages möglich ist, eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einzuberufen und Rechtsklarheit zu schaffen.
117Die fehlende Berechtigung der Beklagten zu 1.) hat die Nichtigkeit der im Antrag bezeichneten Beschlüsse zur Folge. Fehlerhafte Beschlüsse sind nichtig (§§ 134, 138 BGB), wenn der Fehler nicht nur im Verstoß gegen eine bloße Ordnungsvorschriften besteht. Außerdem ist eine Kausalität zwischen dem Fehler und dem Abstimmungsergebnis notwendig (vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, 35. Aufl., § 119 HGB, Rn. 31).
118Die Regelung des Gesellschaftsvertrages über das Recht, eine ordentliche Gesellschafterversammlung einzuberufen, ist keine reine Ordnungsvorschrift. Es handelt sich vielmehr um die Frage „ob“ eine solche einberufen werden soll und nicht „wie“ diese einzuberufen oder durchzuführen ist. Ordnungsvorschriften sind aber lediglich solche Vorschriften, die regeln, wie eine Gesellschafterversammlung einberufen wird. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut. Die Entscheidung, ob eine solche einberufen wird, ist vielmehr eine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung. Durch diese Vorschrift sollen die Gesellschafter insoweit geschützt werden, als dass Rechtssicherheit dahingehend besteht, wer berechtigt ist eine wirksame Gesellschafterversammlung einzuberufen (vgl. Enzinger in MüKo, 2. Aufl., § 119 HGB, Rn. 95). Dieser Fehler war auch kausal für das Abstimmungsergebnis, da es ohne die Einberufung der Gesellschafterversammlung durch die nicht berechtigte Beklagte zu 1.) denknotwendig auch keine Beschlüsse gegeben hätte.
119Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1, 2 ZPO.
120Der Streitwert wird auf 100.000,00 € festgesetzt.
121Der Schriftsatz der von Rechtsanwaltskanzlei bocklegal vertretenen Klägerin vom 21.10.2013 gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Er enthält keinen neuen entscheidungserheblichen Sachvortrag.
(1) Kann das streitige Rechtsverhältnis allen Streitgenossen gegenüber nur einheitlich festgestellt werden oder ist die Streitgenossenschaft aus einem sonstigen Grund eine notwendige, so werden, wenn ein Termin oder eine Frist nur von einzelnen Streitgenossen versäumt wird, die säumigen Streitgenossen als durch die nicht säumigen vertreten angesehen.
(2) Die säumigen Streitgenossen sind auch in dem späteren Verfahren zuzuziehen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Klage wird im Hauptantrag (Feststellung, daß der Kläger noch mit einer nominellen Kommanditbeteiligung von 2.000,00 DM Gesellschafter der Beklagten ist) abgewiesen.
Im übrigen (Hilfsantrag auf Feststellung, daß dem Kläger anläßlich seines Ausscheidens aus der Gesellschaft eine Entschädigung in Geld zu zahlen ist) wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte ist eine im Jahr 1977 gegründete Publikums-KG, deren Unternehmensgegenstand der Betrieb eines aus 500 Wohnungen mit der zugehörigen Infrastruktur (u.a. Hafenanlage, Kindergarten, Restaurant, Außenanlagen ) bestehenden Ferienzentrums in W. an der Ostsee ist. Der klagende Rechtsanwalt und Notar trat der Beklagten als Kommanditist mit einer Einlage von 2.000,00 DM bei und erwarb zugleich das Wohnungseigentum verbunden mit dem Sondereigentum an zwei Wohnungen in den Häusern "Finndinghi" und "Optimist".
Der Kläger, der einige Zeit Vorsitzender des Aufsichtsrates der Beklagten war, veräußerte seine beiden Eigentumswohnungen im Dezember 1981 und im Mai 1982. Den durch diesen Verkauf erzielten Veräußerungsgewinn versteuerte er in der Annahme, er sei durch den Verkauf der Wohnungen aus der Gesellschaft ausgeschieden, nur mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz.
Im Mai 1987 wandte sich die Beklagte nach einer bei ihr durchgeführten Betriebsprüfung an den Kläger und teilte ihm die Auffassung der Finanzbehörden mit, er sei mit Wirkung zum 31. Dezember 1981 aus der Kommanditgesellschaft ausgeschieden. Zugleich übersandte sie ihm eine vorbereitete Urkunde, welche die Komplementärin der Beklagten bevollmächtigte, sein Ausscheiden als Kommanditist bei dem Handelsregister anzumelden. Der Kläger erteilte diese Vollmacht und wurde am 4. November 1987 als Kommanditist der Beklagten im Handelsregister gelöscht.
Ein anderer Kommanditist kam einer inhaltsgleichen Aufforderung der
Beklagten nicht nach und wurde deswegen von ihr klageweise auf Mitwirkung bei der Anmeldung seines Ausscheidens als Gesellschafter der Kommanditgesellschaft in Anspruch genommen. Die Klage wurde von dem 5. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig abgewiesen.
Nach Ansicht des Klägers befindet er sich in einer ähnlichen Lage wie der Kommanditist des genannten Rechtsstreits. Deswegen hat er mit dem Hauptantrag begehrt festzustellen, daß er noch mit einer Kommanditbeteiligung von 2.000,00 DM Gesellschafter der Beklagten sei; hilfsweise geht es ihm um die Feststellung, daß die Beklagte ihm aus Anlaß seines Ausscheidens aus der Gesellschaft eine Abfindung in Geld zu zahlen habe.
Mit dem Hauptantrag hatte der Kläger vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht Erfolg. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten , die ihr Klageabweisungsbegehren weiter verfolgt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet, soweit das Berufungsgericht dem Hauptantrag entsprochen hat; der Kläger ist nicht mehr Mitglied der Beklagten. Zur Entscheidung über den bisher folgerichtig nicht geprüften Hilfsantrag ist der Rechtsstreit an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
I.
Keinen Erfolg hat die Revision allerdings mit ihrem Einwand, der Kläger habe das Verlangen, seine etwa fortbestehende Gesellschaftereigenschaft an-
zuerkennen, nicht gegen sie, sondern gegen seine (vermeintlichen) Mitgesellschafter richten müssen.
1. Nach der Rechtsprechung des Senats sind auch bei einer in der Form einer Publikumsgesellschaft geführten Kommanditgesellschaft Streitigkeiten über die Frage, ob jemand Mitglied ist oder nicht, grundsätzlich zwischen den Gesellschaftern und nicht mit der Kommanditgesellschaft auszutragen (vgl. zuletzt Urt. v. 7. Juni 1999 - II ZR 278/98, WM 1999, 1619 = ZIP 1999, 1391, 1393). Hiervon kann jedoch im Gesellschaftsvertrag abgewichen werden, so daß das Berufungsgericht zutreffend geprüft hat, ob sich aus dem Vertrag vom 16. April 1977 Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die Gesellschafter von ihrem anerkannten Gestaltungsrecht Gebrauch gemacht haben, abweichend von den personengesellschaftsrechtlichen Regeln in mehr oder weniger weitem Umfang das kapitalgesellschaftsrechtliche System zu vereinbaren (Sen.Urt. v. 13. Februar 1995 - II ZR 15/94, ZIP 1995, 460).
2. Entgegen der Auffassung der Revision, die in diesem Zusammenhang zu formale Anforderungen stellt, enthält der Gesellschaftsvertrag (im folgenden: GV), den der Senat eigenständig auslegen kann (Sen.Urt. v. 7. Juni 1999, ZIP aaO, S. 1393 m. Nw.), eine Reihe von Regelungen, aus denen sich der Wille der Gesellschafter ergibt, daß die genannten Streitigkeiten unmittelbar mit der Beklagten auszutragen sind.
a) Eine Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Systems enthält, wie das Oberlandesgericht mit Recht angenommen hat, schon § 8 Abs. 5 GV. Denn die dort getroffene Regelung, daß Beschlußmängelstreitigkeiten nur - wie im Aktien- und im GmbH-Recht - fristgebunden ausgetragen werden können und daß dies auf dem Wege der Anfechtung zu geschehen hat, schließt die für
die Personengesellschaft typische zwischen den Gesellschaftern zu führende Feststellungsklage aus und verweist den Gesellschafter darauf, den Streit auf dem Wege der "Anfechtung" mit der Gesellschaft selbst auszutragen. Zu Unrecht vermißt die Revision unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats vom 11. November 1989 (II ZR 61/89, WM 1990, 675) demgegenüber in diesem Zusammenhang die Verwendung des Wortes "Anfechtungsklage". Die von den Gesellschaftern gewählte Formulierung, es sei der angeblich fehlerhafte Beschluß "anzufechten" und zwar binnen einer bestimmten knappen Frist, bringt den Willen hinreichend deutlich zum Ausdruck, es sollten die personengesellschaftsrechtlichen Grundsätze nicht zur Anwendung kommen.
b) Entsprechendes ergibt sich aus weiteren Regelungen des Gesellschaftsvertrages. So ist nach § 7 Abs. 4 GV zur Gesellschafterversammlung schriftlich unter Beifügung der Tagesordnung und unter Einhaltung bestimmter Mindestfristen zwischen dem Tag der Absendung und der Durchführung der Versammlung einzuladen (vgl. § 51 Abs. 1 und 2 GmbHG). Das Einberufungsrecht einer Minderheit ist besonders geregelt (§ 7 Abs. 3 GV), und auch § 16 GV enthält eine Bestimmung über die "Anfechtung" der "festgestellten Bilanz durch gerichtliche Entscheidung". Hiermit steht im Einklang, daß ein Gesellschafter seine Kündigungserklärung nach § 10 Abs. 4 GV nicht an seine Mitgesellschafter , sondern "an die Gesellschaft" selbst - oder an die geschäftsführende Gesellschafterin - "zu richten" hat.
II.
Dagegen führt die Rüge, das Berufungsgericht habe den Gesellschaftsvertrag rechtsfehlerhaft ausgelegt, zum Erfolg der Revision hinsichtlich des Hauptantrages. Der Kläger ist durch die Veräußerung der letzten ihm gehören-
den Wohnung im Mai 1982 aus der Kommanditgesellschaft ausgeschieden und nunmehr auf die Verfolgung seines Abfindungsanspruchs verwiesen. Ob er später im Zusammenhang mit der Erteilung der Vollmacht an die Komplementärin der Beklagten konkludent eine Kündigung seiner Gesellschafterstellung ausgesprochen oder eine früher abgegebene entsprechende Erklärung bestätigt hat, ist für die Entscheidung über den Hauptantrag ebenso ohne Bedeutung wie die von der Revision aufgeworfene Frage, ob der Kläger sich - konkludent - mit der Beklagten über sein Ausscheiden geeinigt hat.
Nicht nur aus § 3 Abs. 2 GV, über dessen Wortlaut und Sinn sich die Richter der Tatsacheninstanzen hinweggesetzt haben, sondern auch aus weiteren Bestimmungen des objektiv auszulegenden Vertrages der Publikumsgesellschaft folgt, daß niemand Kommanditist der Beklagten sein kann, ohne zugleich Eigentümer mindestens einer der zur "Marina W." gehörenden Eigentumswohnungen zu sein. Schon der Wortlaut des § 3 Abs. 2 GV steht der von dem Berufungsgericht für richtig gehaltenen Auslegung entgegen. Denn in der genannten Bestimmung heißt es nicht, Kommanditist könne nur werden, wer zugleich Eigentümer ... ist, sondern die Regelung sagt: "Kommanditist kann nur sein, wer ...". Daß "sein" in diesem Zusammenhang so viel bedeutet wie "bleiben" , folgt ferner aus der Regelung in § 10 Abs. 1 GV, nach welcher die Kommanditistenstellung und die Mitgliedschaft in der Wohnungseigentümergemeinschaft nur zusammen sollen bestehen dürfen. Die genannte Bestimmung läßt zwar eine Übertragung der Kommanditbeteiligung - ohne daß die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft zustimmen müßten - zu, macht ihre Wirksamkeit ("ist nur zulässig") aber davon abhängig, daß der bisherige Gesellschafter gleichzeitig sein Sonder- und Teileigentum auf den Nachfolger überträgt. Ebenso ergibt sich aus den Regelungen in § 10 Abs. 4 - 6 GV, daß man zwar isoliert Wohnungseigentümer, keinesfalls aber ohne Sonder- und Teileigentum Kom-
manditist sein kann. Die Kündigungserklärung eines Gesellschafters - Entsprechendes gilt nach § 11 GV, wenn gegen einen Gesellschafter bestimmte Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ergriffen werden - führt nämlich zum Ausscheiden des Betroffenen aus der Kommanditgesellschaft, ohne daß seine Stellung als Wohnungseigentümer davon betroffen wäre. Im Gegenteil erwirbt er dadurch automatisch die im Eigentum der Kommanditgesellschaft verbliebenen Einrichtungsgegenstände seiner Wohnung und hat dafür lediglich ein pauschales Entgelt von 1.000,00 DM zu zahlen. Zum Ausgleich für seinen Anteil an der Kommanditgesellschaft, der mangels eines Nachfolgers den anderen Gesellschaftern anwächst, erhält er nach § 12 GV eine Abfindung.
Allein diese aus Wortlaut und Systematik der Regelungen des Gesellschaftsvertrages herzuleitende Auslegung entspricht, was das Berufungsgericht nicht berücksichtigt hat, dem Sinn der gewählten Konstruktion. Die nach dem Gesellschaftsvertrag bestehende Aufgabe der Beklagten bestand ausschließlich in dem Betrieb der Ferienanlage, also der Vermietung der den einzelnen Kommanditisten gehörenden und von ihnen bestimmungsgemäß "gewerblich zu nutzenden" Wohnungen mitsamt der zu einem solchen Objekt gehörenden Infrastruktur wie Hafenanlage, Restaurationsbetrieb und anderen Gemeinschaftsanlagen. Mit der Veräußerung des Wohnungseigentums an einen außenstehenden Dritten, der nicht der Gesellschaft beitritt und die Nachfolge des bisherigen Kommanditisten antritt, wird der Beklagten ein Teil des Gegenstandes, auf den sich der Betrieb der Kommanditgesellschaft bezieht, entzogen; der veräußernde Gesellschafter bringt damit zum Ausdruck, daß er sich an der weiteren Verfolgung des gemeinsamen Zwecks, der gewerblichen Nutzung seines Eigentums durch die Kommanditgesellschaft nicht mehr beteiligen will. Wenn der Gesellschaftsvertrag - wie sich aus den oben genannten Bestimmungen ergibt - seine Kommanditistenstellung automatisch als beendet behandelt, so als habe
er das Gesellschaftsverhältnis gekündigt, liegt dies in der Konsequenz des von der Beklagten nach den Gesellschaftsvertrag zu verfolgenden Zwecks.
Anders als das Berufungsgericht angenommen hat, läßt sich aus § 13 GV, der die Verhältnisse regelt, wenn ein Kommanditist durch Tod ausscheidet, nichts Entscheidendes dafür entnehmen, daß jemand Kommanditist sein kann, ohne zugleich Wohnungseigentum in der Ferienanlage Marina W. zu besitzen. Abs. 1 und 2 der genannten Bestimmung behandeln den Eintritt des oder der Erben/Vermächtnisnehmer in die Gesellschaft und gehen als selbstverständlich davon aus, daß Gesellschafter- und Eigentümerstellung in einer Hand - ggfs. derjenigen einer nach dem Vertrag zu einheitlichem Auftreten verpflichteten Erbengemeinschaft - liegen. In dem Fall, daß durch den Erbgang beide Positionen getrennt werden, weil der bisherige Gesellschafter hinsichtlich dieser beiden Vermögenspositionen unterschiedlich verfügt hat, verschafft § 13 Abs. 4 GV dem Aufsichtsrat der Kommanditgesellschaft das Recht, den Erben aus der Gesellschaft auszuschließen, und damit genau wieder den Gleichlauf zwischen der Gesellschafterstellung in der Kommanditgesellschaft und der Mitgliedschaft in der Wohnungseigentümergemeinschaft dadurch herzustellen, daß der Erbe ohne Sonder- und Teileigentum nicht in der Gesellschaft bleiben kann und nach § 12 GV abzufinden ist.
III.
Von seinem Standpunkt aus folgerichtig hat das Berufungsgericht den Hilfsantrag des aus der Beklagten ausgeschiedenen Klägers nicht geprüft. Die Zurückverweisung der Sache gibt ihm die Gelegenheit, die erforderlichen Feststellungen zu treffen. Dabei weist der Senat darauf hin, daß jedenfalls auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen für die Annahme kein Raum ist, der
Kläger habe mit Rücksicht auf die seit seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft (Verkauf der letzten Eigentumswohnung) verstrichene Zeit den Abfindungsanspruch nach § 12 GV verwirkt. Die Beklagte, die zumindest seit dem im Jahre 1989 erlassenen Urteil des Berufungsgerichts in dem Vorprozeß damit rechnen mußte, daß der Kläger sogar noch Kommanditist war, verdient keinen Schutz in ihrer etwa gehegten Erwartung, sie brauche dem Kläger die nach dem Gesellschaftsvertrag geschuldete Abfindung nicht zu zahlen, sondern ihr sei der auf ihn entfallende Anteil am Gesellschaftsvermögen entschädigungslos angewachsen; das folgt bereits daraus, daß schon zur Zeit vor dem Ausscheiden des Klägers im Gesellschafterkreis Streit über die Frage bestand, ob ein Gesellschafter, der seine Eigentumswohnung veräußerte und diese damit der nach dem Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Verwaltung durch die Gesellschaft entzog, seine Kommanditistenstellung ohne Abfindung verlieren konnte.
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist Kommanditistin der I. GmbH & Digitaldruck E. KG (im Folgenden DDE) und der I. GmbH & Data Security E. KG (im Folgenden DSE). Persönlich haftende Gesellschafterin beider Gesellschaften ist die Beklagte zu 2, eine GmbH, deren Gesellschafter die Beklagte zu 1 und die Klägerin sind. Weitere Kommanditistin der DDE und der DSE ist jeweils die Beklagte zu 1, eine GmbH. Deren Alleingesellschafter und -geschäftsführer ist zugleich Geschäftsführer der Beklagten zu 2.
- 2
- Auf einer gemeinsamen Gesellschafterversammlung der DDE, der DSE und der Beklagten zu 2 am 13. Dezember 2007 wurde allein mit den Stimmen der Beklagten zu 1 jeweils der Ausschluss der Klägerin aus den Kommanditgesellschaften und die Einziehung ihres Geschäftsanteils an der Beklagten zu 2 beschlossen. Mit Schreiben des Geschäftsführers der Beklagten zu 2 vom 20. Dezember 2007 wurde die Klägerin darüber in Kenntnis gesetzt, dass weitere Beschlüsse in der DDE, der DSE und der Beklagten zu 2 im Umlaufverfahren ohne Beteiligung der Klägerin gefasst worden seien.
- 3
- § 10 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages von DDE und DSE lautet jeweils: "Ein Gesellschafterbeschluss kann nur innerhalb von zwei Monaten durch Klage angefochten werden. …"
- 4
- In § 12 Abs. 1 Satz 1 der Gesellschaftsverträge von DDE und DSE heißt es: "Ein Gesellschafter kann aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, wenn in seiner Person ein wichtiger Grund vorliegt, aus dem er nach § 140 HGB als Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft ausgeschlossen werden könnte..."
- 5
- Eine inhaltsgleiche Regelung enthält § 13 Abs. 2 Buchst. e der Satzung der Beklagten zu 2 bezüglich der Einziehung der Geschäftsanteile. Außerdem heißt es in § 5 Abs. 4 der Satzung, dass ein Gesellschafter nur so lange der Gesellschaft angehören könne, wie er gleichzeitig als Kommanditist an der DDE und DSE beteiligt sei.
- 6
- Die Klägerin hat gegen die Beklagten Klage mit dem Antrag erhoben festzustellen, dass die Beschlüsse über den Ausschluss aus der DDE und der DSE, über die Einziehung des Geschäftsanteils bei der Beklagten zu 2 sowie die im Dezember 2007 gefassten Umlaufbeschlüsse nichtig sind. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten dieses Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Dagegen richten sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten, mit denen die Parteien eine Entscheidung in der Sache begehren.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die Revision der Klägerin hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlussrevision der Beklagten hat keinen Erfolg.
- 8
- I. Das Berufungsgericht hat die auf § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO gestützte Zurückverweisung wie folgt begründet: Das erstinstanzliche Verfahren leide an einem wesentlichen Mangel und aufgrund dieses Mangels sei eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig. Das Landgericht habe den Vortrag der Parteien zur Passivlegitimation der Beklagten nicht hinreichend beachtet. Eine Regelung wie in § 10 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags schließe die für die Personengesellschaft typische, zwischen den Gesellschaftern zu führende Feststellungsklage aus und verweise den Gesellschafter darauf, den Streit mit der Gesellschaft selbst auszutragen. Darauf sei das Landgericht unter Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht eingegangen. Der Behauptung der Klägerin, in § 10 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags sei nur die kapitalgesellschaftsrechtliche Fristenbindung übernommen worden, müsse das Landgericht unter Beachtung der im II. Rechtszug gestellten beiderseitigen Beweisanträge nachgehen.
- 9
- II. Das Urteil hält den Angriffen der Revision nicht stand.
- 10
- 1. Das Berufungsgericht darf die Sache gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO nach seinem pflichtgemäßen Ermessen nur zurückverweisen, wenn das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
- 11
- a) Eine Zurückverweisung kommt nur in Betracht, wenn das erstinstanzliche Verfahren an einem so wesentlichen Mangel leidet, dass es keine Grundlage für eine instanzbeendende Entscheidung sein kann. Ob ein derartiger Verfahrensfehler vorliegt, ist allein aufgrund des materiell-rechtlichen Standpunkts des Erstgerichts zu beurteilen, auch wenn dieser verfehlt ist oder das Berufungsgericht ihn für verfehlt erachtet (BGH, Urteil vom 1. Februar 2010 - II ZR 209/08, NZG 2010, 547 Rn. 11).
- 12
- Der vom Berufungsgericht angenommene Gehörsverstoß liegt - von dem rechtlichen Standpunkt des Landgerichts aus - nicht vor. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass die "Anfechtungsklage" bei der Personengesellschaft als Feststellungsklage gegen die Mitgesellschafter zu richten ist. Dafür, dass es das bei Berücksichtigung der Regelung in § 10 Abs. 5 der Gesellschaftsverträge anders gesehen hätte, gibt es keinen Anhaltspunkt. Es hat § 10 Abs. 5 der Gesellschaftsverträge nicht übersehen, sondern im Zusammenhang mit der Klagefrist ausführlich erörtert und ist - wenn auch rechtlich unzutreffend bei der Prüfung der Zulässigkeit der Klage - darauf eingegangen, dass die Klage gegen die Mitgesellschafter zu richten ist.
- 13
- Das Landgericht hat auch keinen Vortrag der Beklagten dazu übergangen , dass aufgrund einer Regelung der Gesellschaftsverträge die Gesellschaften richtige Klagegegner seien. Die Beklagten haben sich dafür, dass die Klage nicht gegen die Gesellschafter zu richten sei, nicht auf den Gesellschaftsvertrag , sondern auf zwei Senatsentscheidungen bezogen (BGH, Urteil vom 13. Januar 2003 - II ZR 173/02, ZIP 2003, 435; BGH, Urteil vom 13. Januar 2003 - II ZR 227/00, BGHZ 153, 285), die einen ganz anderen Sachverhalt , nämlich die Ausschließung aus einer GmbH betreffen.
- 14
- b) Auch eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme ist nicht notwendig.
- 15
- Umfangreich kann eine Beweisaufnahme aufgrund der Zahl der Zeugen oder Sachverständigen oder des Umfangs der Fragen sein. Das Beweisthema ist hier eng begrenzt, nämlich auf die Frage, ob mit der Vereinbarung der Anfechtungsfrist in den Gesellschaftsverträgen der Kommanditgesellschaften das kapitalgesellschaftsrechtliche Klagesystem insgesamt übernommen werden sollte. Die Parteien haben nur eine geringe Anzahl von Zeugen benannt, nämlich die Beklagte einen und die Klägerin drei.
- 16
- c) Das Berufungsurteil lässt zudem die Ausübung des dem Berufungsgericht zukommenden Ermessens vermissen.
- 17
- Verweist das Berufungsgericht den Rechtsstreit wegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers zurück, müssen seine Ausführungen erkennen lassen, dass es das ihm eingeräumte Ermessen, eine eigene Sachentscheidung zu treffen (§ 538 Abs. 1 ZPO) oder ausnahmsweise den Rechtsstreit an das Erstgericht zurück zu verweisen, pflichtgemäß ausgeübt hat (BGH, Urteil vom 1. Februar 2010 - II ZR 209/08, NZG 2010, 547 Rn. 16). Das Berufungsgericht hat hier weder in Erwägung gezogen, dass eine Zurückverweisung der seiner Ansicht nach im übrigen entscheidungsreifen Sache in aller Regel zu einer Verteuerung und Verzögerung des Rechtsstreits führt, was den schützenswerten Interessen der Parteien entgegenstehen kann, noch hat es dargelegt, dass die aus seiner Sicht durchzuführende Beweisaufnahme so umfangreich ist, dass eine Zurückverweisung an das Landgericht ausnahmsweise gerechtfertigt erscheint.
- 18
- 2. Die Sache ist entgegen der Ansicht der Revision nicht ohne Beweisaufnahme im Sinne der Klägerin entscheidungsreif.
- 19
- a) Hinsichtlich der Beschlüsse der Gesellschafterversammlungen der DDE und der DSE kommt es darauf an, ob die Mitgesellschafterinnen jeweils die richtigen Klagegegner sind. Das ist durch Auslegung von § 10 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags zu ermitteln. Die Nichtigkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung einer Kommanditgesellschaft wird durch Feststellungsklage gegen die Mitgesellschafter geltend gemacht, wenn nicht der Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass der Streit mit der Gesellschaft auszutragen ist (BGH, Urteil vom 27. April 2009 - II ZR 167/07, ZIP 2009, 1158 Rn. 25 m.w.N.). Die Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Klagesystems auf Personengesellschaften ist nicht auf Publikumsgesellschaften oder Personengesellschaften mit zahlreichen Gesellschaftern beschränkt. Ob es ausnahmsweise übernommen ist, hängt von der dem Tatrichter vorbehaltenen Auslegung des Gesellschaftsvertrags im Einzelfall ab (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 1995 - II ZR 15/94, ZIP 1995, 460).
- 20
- Zu den von den Beklagten behaupteten Vorstellungen der Gründungsgesellschafter zu der Regelung in § 10 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags sind die angebotenen Beweise zu erheben. Für die Auslegung von Personengesellschaftsverträgen , die sich nicht auf Publikumsgesellschaften beziehen, gelten entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung die allgemeinen Regeln der §§ 133, 157 BGB. Ein übereinstimmender Wille der an dem Abschluss eines Vertrages beteiligten Parteien geht dem Vertragswortlaut oder einer anderweiti- gen Auslegung vor (BGH, Urteil vom 7. April 2008 - II ZR 3/06, ZIP 2008, 1075 Rn. 12; BGH, Urteil vom 29. März 1996 - II ZR 263/94, ZIP 1996, 750, 752 m.w.N.). Das Vorbringen der Beklagten ist im weiteren Verfahren unabhängig davon zu berücksichtigen, ob es ein erstmals im zweiten Rechtszug vorgebrachtes Verteidigungsmittel ist und nicht hätte zugelassen werden dürfen (§ 531 Abs. 2 ZPO). Das Berufungsgericht soll das erstinstanzliche Urteil in erster Line mit dem Ziel der Fehlerkontrolle und Fehlerbeseitigung überprüfen und deshalb neuen Tatsachenvortrag nur in besonderen Ausnahmefällen berücksichtigen. Dieses Ziel lässt sich nicht mehr erreichen, wenn das Berufungsgericht neues Vorbringen berücksichtigt hat (vgl. BGH, Urteil vom 2. April 2004 - V ZR 107/03, NJW 2004, 2382, 2383; BGH, Urteil vom 13. Februar 2006 - II ZR 62/04, ZIP 2006, 703, Rn. 14; BGH, Urteil vom 27. Februar 2007 - XI ZR 56/06, ZIP 2007, 718 Rn. 19).
- 21
- Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin: Der Wortlaut von § 10 Nr. 5 des Gesellschaftsvertrags führt - wie das Berufungsgericht zutreffend gesehen hat - zu keinem eindeutigen Ergebnis. Die Vereinbarung einer Anfechtungsfrist weist auf die Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Systems auch hinsichtlich der Gesellschaft als Klagegegner hin (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2003 - II ZR 4/01, ZIP 2003, 843, 844). Allein die Verwendung des Wortes "Anfechten" oder "Anfechtung" zwingt aber nicht dazu, einen Gesellschaftsvertrag so auszulegen (BGH, Urteil vom 11. Dezember 1989 - II ZR 61/89, WM 1990, 675, 676). Ob weitere Regelungen des Gesellschaftsvertrags auf das kapitalgesellschaftsrechtliche Klagesystem verweisen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Der Zweck der Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Systems, Gesellschafterstreitigkeiten mit der Gesellschaft anstelle der Mitgesellschafter als Klagegegner überschaubar zu halten, konnte angesichts der geringen Gesellschafterzahl nicht im Vordergrund stehen. Hier weicht zudem der gleichzeitig mit den Verträgen zu den Kommanditgesellschaf- ten abgeschlossene GmbH-Gesellschaftsvertrag trotz im Übrigen weitgehend gleicher Formulierungen auffallend insoweit ab, als darin ausdrücklich geregelt ist, dass die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gegen die Gesellschaft zu richten ist. Eine solche Regelung fehlt in den Gesellschaftsverträgen der Kommanditgesellschaften. Das legt nahe, dass bei den Kommanditgesellschaften die Klage gerade nicht gegen die Gesellschaften gerichtet werden sollte. Gegen eine Regelung des Klagegegners in den Gesellschaftsverträgen der Kommanditgesellschaften spricht auch, dass sich die Beklagten in erster Instanz dafür, dass die Klage gegen die Gesellschaft zu richten sei, selbst nicht auf den jeweiligen Gesellschaftsvertrag, sondern auf zwei Senatsentscheidungen und damit eine vermeintliche gesetzliche Regel bezogen haben.
- 22
- b) Hinsichtlich der Klage gegen die Beschlüsse der Beklagten zu 2 hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die Beklagte zu 2 richtiger Klagegegner ist (vgl. Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG 19. Aufl. Anh. § 47 Rn. 163). Der Erfolg dieser Klage hängt, soweit es um § 5 der Satzung - Einziehung bei Verlust der Gesellschafterstellung in den Kommanditgesellschaften - geht, von dem Erfolg der entsprechenden Klagen bezüglich der Ausschließungsbeschlüsse in den Kommanditgesellschaften ab (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2005 - II ZR 153/03, ZIP 2005, 706). Im Übrigen sind keine Umstände festgestellt, die einen wichtigen Grund im Sinn des § 13 der Satzung für eine Einziehung allein des Geschäftsanteils an der Beklagten zu 2 darstellen.
- 23
- III. Die Anschlussrevision der Beklagten hat keinen Erfolg. Die Klage ist nicht abweisungsreif.
- 24
- 1. Die Anschlussrevision ist zulässig, insbesondere enthält sie eine ausreichende Begründung.
- 25
- Mit der Rüge, es sei keine Beweisaufnahme erforderlich gewesen und es hätte durch Sachurteil entschieden werden müssen, können auch sachlichrechtliche Ausführungen des Berufungsgerichts zur Überprüfung gestellt werden. Die Tatsachen, aus denen sich dieser Verfahrensmangel ergeben soll, müssen aber in der Revisions- oder Anschlussrevisionsbegründung im Einzelnen bezeichnet werden, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 b § 554 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Allein die Beanstandung vom Berufungsgericht angestellter materiellrechtlicher Überlegungen ohne Darlegung, dass durch Sachurteil hätte entschieden werden müssen, ist keine ordnungsgemäße Verfahrensrüge (BGH, Beschluss vom 7. Januar 2008 - II ZR 234/06, NJW-RR 2008, 585 Rn. 1).
- 26
- Die Anschlussrevision enthält eine solche Verfahrensrüge. Sie rügt, dass entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine Beweisaufnahme nicht erforderlich gewesen sei, weil die Klage wegen einer ohne Beweisaufnahme festzustellenden fehlenden Passivlegitimation der Beklagten als auch deswegen abweisungsreif gewesen sei, weil ein wichtiger Grund für die Ausschließung der Klägerin aus der DDE und der DSE und für die Einziehung ihres Geschäftsanteils an der Beklagten zu 2 gegeben sei.
- 27
- 2. Die Anschlussrevision ist aber nicht begründet.
- 28
- a) Da ein übereinstimmender Wille der an dem Abschluss eines Vertrages beteiligten Parteien dem Vertragswortlaut oder einer anderweitigen Auslegung vorgeht, ist die Klage hinsichtlich der Beschlüsse der Gesellschafterversammlungen der Kommanditgesellschaften nicht schon deshalb abweisungsreif , weil - ohne Beweisaufnahme - davon auszugehen wäre, dass die Beklagten nicht passivlegitimiert sind.
- 29
- b) Die Klage ist entgegen der Auffassung der Anschlussrevision auch nicht unabhängig davon, ob die Beklagten die richtigen Klagegegner sind, ab- zuweisen, weil davon auszugehen wäre, dass ein wichtiger Grund für den Ausschluss der Klägerin vorliegt.
- 30
- Ein wichtiger Grund für einen Ausschluss oder eine Einziehung im Sinn der Gesellschaftsverträge ist dann gegeben, wenn die Fortsetzung der Gesellschaft mit dem Auszuschließenden für die übrigen Gesellschafter unzumutbar ist. Eine Entscheidung hierüber erfordert eine umfassende Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalles im Rahmen einer beiden Seiten gerecht werdenden Gesamtabwägung. Dabei sind vor allem Art und Schwere des Fehlverhaltens des Auszuschließenden sowie ein etwaiges Fehlverhalten des den Ausschluss betreibenden Gesellschafters zu berücksichtigen. Die Ausschließung kommt nur als "ultima ratio" in Betracht, nämlich wenn die Unzumutbarkeit nicht durch mildere Mittel beseitigt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 8/01, ZIP 2003, 1037, 1038, zu § 737 BGB m.w.N.). Die Frage, ob ein wichtiger Grund in der Person des auszuschließenden Gesellschafters gegeben ist, unterliegt im Wesentlichen der tatrichterlichen Beurteilung. Das Berufungsurteil ist in der Revisionsinstanz nur daraufhin nachzuprüfen , ob das Berufungsgericht den Begriff des wichtigen Grundes richtig erfasst hat und ob es alle Umstände des Falles berücksichtigt und dabei die Grenzen seines tatrichterlichen Beurteilungsspielraums nicht überschritten hat (BGH, Urteil vom 18. Oktober 1976 - II ZR 98/75, WM 1977, 500, 502, insoweit in BGHZ 68, 81 nicht abgedruckt; BGH, Urteil vom 12. Dezember 1994 - II ZR 206/93, ZIP 1995, 113; BGH, Urteil vom 24. Februar 2003 - II ZR 243/02, ZIP 2003, 759, 760).
- 31
- Danach kann der Senat im Revisionsverfahren nicht feststellen, dass entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ein wichtiger Grund für den Ausschluss der Klägerin oder die Einziehung ihres Geschäftsanteils vorliegt. Die Rüge der Anschlussrevision, das Berufungsgericht habe nicht alle Umstän- de des Falles berücksichtigt, ermöglicht dem Senat schon deshalb keine Entscheidung in der Sache, weil das Berufungsgericht insoweit keine Feststellungen getroffen hat und das in der Revisionsinstanz nicht nachgeholt werden kann.
- 32
- Im Übrigen hat das Berufungsgericht - entgegen der Auffassung der Anschlussrevision - die Vorgeschichte der Kündigung des sog. MASP-Vertrages durch den Geschäftsführer der Beklagten zu 2 berücksichtigt und nicht allein darauf abgestellt, dass der Geschäftsführer damit die innergesellschaftsrechtliche Kompetenzordnung verletzt hat. Im Rahmen der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung hat das Berufungsgericht Gelegenheit, sich mit den übrigen Einwänden der Anschlussrevision gegen seine zur Ablehnung eines wichtigen Grundes führende Gesamtabwägung auseinanderzusetzen.
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 14.10.2008 - 31 O 46/08 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 04.02.2009 - 5 U 149/08 (Hs) -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger war zunächst als Treugeber und ist nunmehr als unmittelbarer Gesellschafter mit einem Kommanditanteil von 300.000 DM an der Beklagten , einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft mit ursprünglich mehr als 6000 Kommanditisten/Treugebern und einem Kommanditkapital von nahezu 590 Millionen DM, beteiligt. Die Nebenintervenientin ist geschäftsführende Kommanditistin und wie die beiden Komplementäre allein zur Geschäftsführung und Vertretung der Beklagten berechtigt und verpflichtet.
- 2
- Der Gesellschaftsvertrag (künftig: GV) enthält in §§ 15, 16, 17 zur Beschlussfassung unter anderem folgende Regelungen: § 15 Gesellschafterversammlung … 4. Die Einberufung einer Gesellschafterversammlung erfolgt schriftlich durch einen geschäftsführenden Gesellschafter unter Bekanntgabe der Tagesordnung und der Wahrung einer Frist von vier Wochen einschließlich des Tages der Absendung und der Versammlung. Bei außerordentlichen Gesellschafterversammlungen kann die Einberufungsfrist auf 10 Tage verkürzt werden. … § 16 Gegenstand der Gesellschafterversammlung 1. Die Gesellschafterversammlung ist insbesondere für folgende Beschlussfassungen zuständig: …
f) Änderungen des Gesellschaftsvertrages … 2. Soweit Beschlüsse nach Abs. 1 lit. a), c), f), g), j), k), und l) gefasst werden , bedarf es einer 3/4-Mehrheit der anwesenden Stimmen. Sind 75 % aller Stimmen auf fünf oder weniger Personen vereinigt, tritt an die Stelle der 3/4-Mehrheit die 9/10-Mehrheit. Sind 90 % oder mehr aller Stimmen auf fünf oder weniger Personen vereinigt, sind die vorgenannten Beschlüsse einstimmig zu fassen. … § 17 Beschlussfassung 1. Die Beschlüsse können in Gesellschafterversammlungen oder im Wege der schriftlichen Abstimmung gefasst werden. 2. … Ein Beschluß im Wege der schriftlichen Abstimmung kommt nur zustande , wenn mindestens 10 % der Stimmen aller Gesellschafter und Treugeber an der Abstimmung teilnehmen. 3. Beschlüsse bedürfen grundsätzlich der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen, sofern nicht in diesem Vertrag oder durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Stimmenthaltungen gelten als nicht abgegebene Stimmen; bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt. … 6. Bei schriftlicher Abstimmung ist den Gesellschaftern und Treugebern die Aufforderung zur Abstimmung von den geschäftsführenden Gesellschaftern zu übersenden. Dabei sind das Abstimmungsverfahren und der Abstimmungsgegenstand mit einer Stellungnahme der geschäftsführenden Gesellschafter bekanntzugeben. Die Stimmabgabe der Gesellschafter und Treugeber muss innerhalb von vier Wochen nach Absendung der Abstimmungsaufforderung bei der Gesellschaft eingehen. … 7. Die Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses kann nur durch … Klage, die gegen die Gesellschaft zu richten ist, geltend gemacht werden. …
- 3
- § 9 GV lautet: § 9 Gesellschaftskonzept, Beleihungsrichtlinien 1. Diesem Gesellschaftszweck ist eine Wirtschaftlichkeitsberechnung zu- grunde gelegt (…), die wesentlicher Bestandteil des Gesellschaftsvertra- ges ist … Wenn und soweit die Gesellschafterversammlung Beschlüsse fasst, die zu einer wesentlichen Abweichung von dieser Wirtschaftlichkeitsberechnung führen, bedarf ein solcher Beschluss der in § 16 Abs. 2 beschriebenen Mehrheit. …
- 4
- Mit Schreiben vom 20. Februar 2009 übermittelte die Streithelferin den Gesellschaftern der Beklagten den Beschlussantrag des Komplementärs H. , § 16 Abs. 2 Satz 3 GV aufzuheben, schloss sich diesem Antrag an und forderte die Gesellschafter auf, in schriftlicher Abstimmung über ihn zu beschließen. H. hatte seinen Beschlussantrag damit begründet, dass er durch das in dieser Bestimmung geregelte Einstimmigkeitserfordernis die Handlungsfähigkeit des Fonds erheblich gefährdet sehe, weil eine zunehmende Zahl der Gesellschafter das Angebot der F. GmbH, ihre Fondsanteile zu erwerben, annehme.
- 5
- Nachdem das Kammergericht in einem gleichgelagerten, einen Schwesterfonds der Beklagten betreffenden Verfahren die Auffassung vertreten hatte, dass bei schriftlicher Abstimmung zur Annahme eines Beschlussantrags über die Änderung des Gesellschaftsvertrags die Mehrheit aller Gesellschafter erreicht werden müsse, lud die Streithelferin mit Schreiben vom 18. März 2009 zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 31. März 2009 in Berlin ein, deren einziger Tagesordnungspunkt die Streichung von § 16 Abs. 2 Satz 3 GV war. In dem Einladungsschreiben wies die Streithelferin darauf hin, dass aufgrund eines Hinweises des Kammergerichts in anderer Sache Zweifel an der Wirksamkeit eines im Umlaufverfahren festgestellten Beschlussergebnisses bestehen könnten und deshalb wegen der Bedeutung des Beschlussgegenstandes eine erneute Abstimmung in einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung erforderlich sei.
- 6
- Mit Schreiben vom 31. März 2009 teilte die Streithelferin den Gesellschaftern mit, dass der Beschlussantrag mit der erforderlichen Mehrheit angenommen worden sei; an der schriftlichen Abstimmung hätten 40,85 % der Kommanditisten teilgenommen, eine Mehrheit von 83,87 % habe für den Antrag gestimmt, 1,07 % der teilnehmenden Gesellschafter hätten sich enthalten. Mit Schreiben vom 8. April 2009 übersandte die Streithelferin das Kurzprotokoll der außerordentlichen Gesellschafterversammlung, in dem festgehalten ist, dass der Beschlussantrag mit der erforderlichen qualifizierten (3/4-)Mehrheit angenommen wurde.
- 7
- Der Kläger hat sich mit der Rüge formeller und materieller Mängel gegen die Wirksamkeit beider Beschlüsse gewandt. Das Landgericht hat die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des im schriftlichen Verfahren gefassten Beschlusses wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig und die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des in der Gesellschafterversammlung vom 31. März 2009 gefassten Beschlusses als unbegründet abgewiesen. Das Berufungsgericht hat unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Klägers festgestellt, dass der in schriftlicher Abstimmung gefasste Beschluss unwirksam ist. Hiergegen richten sich die vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen des Klägers und der Beklagten sowie ihrer Streithelferin.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt, soweit das Berufungsgericht der Klage stattgegeben hat, zur Abänderung des Berufungsurteils und Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils mit der Maßgabe, dass die Klage insgesamt als unbegründet abzuweisen ist (§§ 562, 563 Abs. 3 ZPO). Hingegen ist die Revision des Klägers zurückzuweisen.
- 9
- I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
- 10
- Der im schriftlichen Verfahren gefasste Beschluss sei unwirksam, weil er nicht mit der nach § 16 Abs. 2 Satz 1 GV erforderlichen Stimmenmehrheit gefasst worden sei. Abweichend von § 17 Abs. 3 Satz 1 GV müssten bei den § 16 Abs. 2 Satz 1 GV unterworfenen Beschlussgegenständen sowohl in der Gesellschafterversammlung als auch bei schriftlicher Beschlussfassung 75 % der anwesenden Gesellschafter mit Ja stimmen. Dies seien bei einer Versammlung 75 % der Erschienenen, bei schriftlicher Abstimmung 75 % aller Gesellschafter, da bei schriftlicher Abstimmung alle Gesellschafter als „anwesend“ anzusehen seien.
- 11
- Der in der Gesellschafterversammlung vom 31. März 2009 gefasste Beschluss sei formell wirksam zustande gekommen. Die nach § 16 Abs. 2 Satz 1 GV erforderliche Mehrheit von 75 % sei erreicht worden, die vom Kläger gerügten Einladungsmängel lägen nicht vor. Der Beschluss sei auch materiell wirksam , insbesondere habe die Gesellschaftermehrheit mit der Aufhebung des § 16 Abs. 2 Satz 3 GV und des dort geregelten Einstimmigkeitserfordernisses nicht die gesellschafterlichen Treuepflichten gegenüber der Minderheit verletzt.
- 12
- II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nur teilweise stand. Beide Änderungsbeschlüsse sind wirksam. Der in schriftlicher Abstimmung gefasste Änderungsbeschluss ist mit der in § 16 Abs. 2 Satz 1 GV festgelegten Stimmenmehrheit zustande gekommen. Der in der Gesellschafterversammlung vom 31. März 2009 zustande gekommene Beschluss ist weder formell noch materiell unwirksam.
- 13
- 1. Die Revision der Beklagten und ihrer Streithelferin ist begründet. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass bei schriftlicher Abstimmung über die in § 16 Abs. 2 GV genannten Beschlussgegenstände für das Zustandekommen eines Beschlusses nach § 16 Abs. 2 Satz 1 GV eine ¾- Mehrheit aller Gesellschafter erforderlich ist. Das kann der Senat für den Gesellschaftsvertrag der Beklagten selbst feststellen, da Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften nach ihrem objektiven Erklärungsbefund auszulegen sind (st.Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 153/09, ZIP 2011, 1906 Rn. 11; Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 209/09, WM 2011, 1851 Rn. 10; Urteil vom 11. Januar 2011 - II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 Rn. 12 mwN).
- 14
- a) Die Klage ist allerdings zu Recht gegen die Gesellschaft erhoben worden. Die Nichtigkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung einer Kommanditgesellschaft wird durch Feststellungsklage gegen die Mitgesellschafter geltend gemacht, wenn nicht der Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass der Streit mit der Gesellschaft auszutragen ist (BGH, Urteil vom 1. März 2011 - II ZR 83/09, ZIP 2011, 806 Rn. 19; Urteil vom 27. April 2009 - II ZR 167/07, ZIP 2009, 1158 Rn. 25 mwN). Dies ist hier aber der Fall. Nach § 17 Abs. 7 GV ist eine Klage, mit der die Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses festgestellt werden soll, gegen die Gesellschaft zu richten.
- 15
- b) Die in § 16 Abs. 2 Satz 1 GV genannten Beschlüsse sind einer schriftlichen Beschlussfassung zugänglich. Wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Urteils für gleich lautende Bestimmungen in Gesellschaftsverträgen von Schwestergesellschaften der Beklagten entschieden hat, kann § 16 GV nicht entnommen werden, dass eine Beschlussfassung in schriftlicher Abstimmung über die Beschlussgegenstände des § 16 Abs. 2 GV ausgeschlossen sein soll, die nicht unter § 16 Abs. 3 GV fallen (BGH, Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 153/09, ZIP 2011, 1906 Rn. 9; Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 209/09, WM 2011, 1851 Rn. 9). Nach § 17 Abs. 1 GV können Beschlüsse sowohl in der Gesellschafterversammlung als auch in schriftlicher Abstimmung gefasst werden. Der Begriff „Gesellschafterversammlung“ im Sinne von § 16 GV meint - ebenso wie in § 17 Abs. 3 GV - nicht die Versammlung der erschienenen Gesellschafter , sondern die Gesellschafter als Organ der Gesellschaft. Andernfalls wäre § 17 Abs. 1 GV weitgehend bedeutungslos, da § 16 Abs. 1 GV auch Beschlüsse über Rechtsgeschäfte umfasst, für die der Gesellschaftsvertrag die Zustimmung der Gesellschafterversammlung vorschreibt.
- 16
- c) Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts, bei schriftlicher Abstimmung über die in § 16 Abs. 2 GV genannten Beschlussgegenstände erfordere das Zustandekommen eines Beschlusses nach § 16 Abs. 2 Satz 1 GV eine ¾-Mehrheit aller und nicht nur der an der Abstimmung teilnehmenden Gesellschafter. § 16 Abs. 2 Satz 1 GV verlangt bei schriftlicher Beschlussfassung lediglich eine ¾-Mehrheit der an der Abstimmung teilneh- menden Gesellschafter, weil bei schriftlicher Beschlussfassung unter „anwesenden“ Stimmen im Sinne dieser Vorschrift nicht sämtliche, sondern nur die an der schriftlichen Abstimmung teilnehmenden Gesellschafter zu verstehen sind (BGH, Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 153/09, ZIP 2011, 1906 Rn. 14 ff.; Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 209/09, WM 2011, 1851 Rn. 13 ff.).
- 17
- aa) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die Mehrheit der anwesenden Stimmen im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 1 GV bei Beschlussfassung in der Versammlung ebenso wie bei schriftlicher Abstimmung als Mehrheit aller teilnehmenden und nicht als Mehrheit der mit Ja oder Nein abstimmenden Gesellschafter zu verstehen ist. Hiergegen wird von der Revision der Beklagten zu Recht nichts erinnert. Aus § 16 Abs. 2 Satz 1 GV geht mit der erforderlichen Eindeutigkeit hervor, dass abweichend von den - im Anwendungsbereich des § 17 Abs. 3 Satz 1 GV übernommenen (§ 17 Abs. 3 Satz 2 GV) - kapitalgesellschaftsrechtlichen Grundsätzen über die hier genannten Beschlussgegenstände die Mehrheit der anwesenden Stimmen entscheidet. Den unterschiedlichen Formulierungen in § 17 Abs. 3 Satz 1 GV und § 16 Abs. 2 Satz 1 GV liegt eine gewollte inhaltliche Unterscheidung zugrunde, die dem Umstand geschuldet ist, dass es sich bei den § 16 Abs. 2 Satz 1 GV unterfallenden Beschlussgegenständen für die Gesellschafter um Angelegenheiten von besonderer Bedeutung handelt, für die der Gesellschaftsvertrag in § 16 Abs. 2 Satz 1 ein höheres Mehrheitserfordernis aufstellt als für weniger einschneidende Beschlussgegenstände (BGH, Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 153/09, ZIP 2011, 1906 Rn. 12 f.; Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 209/09, WM 2011, 1851 Rn. 11 f.).
- 18
- bb) Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts sind jedoch bei schriftlicher Beschlussfassung mit der Mehrheit der anwesenden Stimmen im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 1 GV nicht alle, sondern nur die Gesellschafter gemeint, die sich an der schriftlichen Abstimmung beteiligen. Hierfür spricht schon, dass § 17 Abs. 2 Satz 2 GV für die Beschlussfassung in schriftlicher Abstimmung ausdrücklich eine Teilnahme von mindestens 10 % aller Gesellschafter verlangt , während § 16 Abs. 2 Satz 1 GV lediglich eine bestimmte Mehrheit der „anwesenden“ Stimmen fordert. Insbesondere steht der vom Berufungsgericht befürworteten Auslegung aber entgegen, dass für die in § 16 Abs. 2 GV ge- nannten Beschlussgegenstände im schriftlichen Verfahren ein wesentlich höheres Maß an Zustimmung gefordert würde als bei Abstimmung in der Versammlung , das sich weder mit den Risiken einer schriftlichen Abstimmung noch mit der Bedeutung der in § 16 Abs. 2 GV genannten Beschlussgegenstände rechtfertigen ließe, sondern zu einem nicht hinnehmbaren Wertungswiderspruch führte. Dass § 16 Abs. 2 GV Beschlussgegenstände von besonderer Bedeutung betrifft, erklärt nicht, warum über das in § 17 Abs. 2 Satz 2 GV bestimmte Teilnahmequorum von 10 % aller Gesellschafter hinaus für die schriftliche Beschlussfassung eine breitere Zustimmung erforderlich sein sollte als bei Beschlussfassung in der Versammlung. Auch bei schriftlicher Abstimmung besteht zwischen der Mehrheit der anwesenden (= teilnehmenden) und der Mehrheit der abgegebenen Stimmen ein Unterschied. Auch derjenige, der an der schriftlichen Abstimmung teilnimmt, kann sich der Stimme enthalten (BGH, Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 153/09, ZIP 2011, 1906 Rn. 14 ff.; Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 209/09, WM 2011, 1851 Rn. 13 ff.).
- 19
- 2. Die Revision des Klägers bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Wirksamkeit des in der Gesellschafterversammlung vom 31. März 2009 gefassten Änderungsbeschlusses ohne Rechtsfehler bejaht.
- 20
- a) Der in der Gesellschafterversammlung vom 31. März 2009 gefasste Beschluss, § 16 Abs. 2 Satz 3 GV aufzuheben, ist formell wirksam.
- 21
- aa) Der Beschluss über die Aufhebung von § 16 Abs. 2 Satz 3 GV konnten mit der in § 16 Abs. 2 Satz 1 GV bestimmten ¾-Mehrheit gefasst werden, da die in § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 GV für die Geltung der höheren Quoren bestimmten Voraussetzungen nicht vorlagen.
- 22
- (1) Beschlüsse in einer Personengesellschaft sind grundsätzlich einstimmig zu fassen (vgl. § 709 Abs. 1 BGB, § 105 Abs. 3, § 161 Abs. 2 HGB), wenn und soweit nicht im Gesellschaftsvertrag für den betreffenden Beschluss- gegenstand das Einstimmigkeitsprinzip durch das Prinzip einfacher oder qualifizierter Mehrheit ersetzt worden ist (vgl. § 709 Abs. 2 BGB), um die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft sicherzustellen. Für die formelle Legitimation eines Mehrheitsbeschlusses genügt es grundsätzlich, dass sich aus dem Gesellschaftsvertrag - ausdrücklich oder durch Auslegung - eindeutig ergibt, dass der jeweilige Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen sein soll (BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 9 - OTTO; Urteil vom 24. November 2008 - II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 15 - Schutzgemeinschaftsvertrag II; Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 16).
- 23
- Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten bestimmt nicht ausdrücklich, welches Quorum für Änderungen der gesellschaftsvertraglichen Mehrheitsklauseln erforderlich ist. Er regelt jedoch, dass Beschlüsse über Änderungen des Gesellschaftsvertrags, um die es sich auch bei Änderungen der gesellschaftsvertraglichen Mehrheitsklauseln handelt, einer ¾-Mehrheit bedürfen (§ 16 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Buchstabe f). Ein höheres Stimmquorum von 9/10 oder Einstimmigkeit verlangt der Gesellschaftsvertrag für solche Beschlüsse erst dann, wenn 75 % bzw. 90 % der Stimmen in der Hand von fünf oder weniger Gesellschaftern vereinigt sind (§ 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 GV). Liegen die Geltungsvoraussetzungen für die potentiell höheren Mehrheitserfordernisse nicht vor, gilt für Änderungen des Gesellschaftsvertrags das Mehrheitserfordernis des § 16 Abs. 2 Satz 1 GV, mit der Folge, dass ein Beschluss formell wirksam gefasst ist, wenn er eine Mehrheit von 3/4 der anwesenden Stimmen gefunden hat.
- 24
- Dem Gesellschaftsvertrag lässt sich auch nicht im Wege der Auslegung entnehmen, dass abweichend von § 16 Abs. 2 GV die Aufhebung von § 16 Abs. 2 Satz 3 GV auch dann nur mit der dort bestimmten Einstimmigkeit möglich sein soll, wenn die Voraussetzungen, die der Gesellschaftsvertrag für das Eingreifen des Einstimmigkeitserfordernisses aufstellt, (noch) nicht erfüllt sind. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass entgegen dem Wortlaut des Gesellschaftsvertrags für eine bestimmte Änderung des Gesellschaftsvertrags, nämlich die Aufhebung des Einstimmigkeitserfordernisses, das in § 16 Abs. 2 Satz 3 GV geregelte Einstimmigkeitserfordernis gelten soll, obwohl die Voraussetzungen nicht gegeben sind, die diese Bestimmung selbst für ihre Anwendbarkeit fordert, sind nicht ersichtlich und werden von der Revision auch nicht aufgezeigt. Die von der Revision befürwortete „Vorwirkung“ insbesondere des § 16 Abs. 2 Satz 3 GV führte in einer Publikumsgesellschaft wie der Beklagten dazu, dass eine Änderung dieser Satzungsbestimmung faktisch unmöglich würde, und zwar auch dann, wenn das in § 16 Abs. 2 Satz 3 GV geregelte Einstimmigkeitserfordernis bei Vorliegen der dort vorausgesetzten Beteiligungsverhältnisse zur Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft führte. § 16 Abs. 2 GV knüpft einen höheren als den durch das Erfordernis einer 3/4-Mehrheit gewährleisteten Schutz der Minderheit - auch vor nachteiligen Änderungen der Mehrheitsklausel selbst - an besondere Voraussetzungen. Solange diese nicht eingetreten sind, lässt der Gesellschaftsvertrag eine Aufhebung des in § 16 Abs. 2 Satz 3 GV geregelten qualifizierten Minderheitenschutzes mit der qualifizierten Mehrheit des § 16 Abs. 2 Satz 1 GV von 75 % der anwesenden Stimmen zu.
- 25
- (2) Der früher so genannte Bestimmtheitsgrundsatz führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar wird im Gesellschaftsvertrag der Beklagten nicht ausdrücklich ausgesprochen, dass § 16 Abs. 2 Satz 3 GV mit der in § 16 Abs. 2 Satz 1 GV bestimmten Mehrheit aufgehoben werden kann, wenn die Voraussetzungen der Sätze 2 und 3 GV (noch) nicht vorliegen. Dies ist - unabhängig davon, dass es sich bei der Beklagten um eine Publikumsgesellschaft handelt und der Bestimmtheitsgrundsatz bei Publikumsgesellschaften ohnehin keine Anwendung findet (BGH, Urteil vom 19. November 1984 - II ZR 102/84, NJW 1985, 972, 973) - für die formelle Legitimation einer auf eine gesellschaftsver- tragliche Mehrheitsklausel gestützten Mehrheitsentscheidung aber nicht erforderlich , und zwar auch dann nicht, wenn es sich um ein früher so genanntes Grundlagengeschäft handelt; es genügt, dass sich durch Auslegung des Gesellschaftsvertrags eindeutig ergibt, dass der betreffende Beschlussgegenstand der Mehrheitsklausel unterworfen sein soll (BGH, Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 16 mwN). Das Berufungsgericht hat im vorliegenden Fall rechtsfehlerfrei bejaht, dass auch der Beschluss über eine Änderung des § 16 Abs. 2 Satz 3 GV selbst uneingeschränkt der Mehrheitsklausel des § 16 Abs. 2 GV unterliegt, mit der Folge, dass die Aufhebung von § 16 Abs. 2 Satz 3 GV in gleicher Weise wie sonstige Satzungsänderungen einer Mehrheitsentscheidung nach § 16 Abs. 2 Satz 1 GV unterworfen ist, wenn - wie hier - die Bedingungen, unter denen der Gesellschaftsvertrag für satzungsändernde Beschlüsse ein höheres Quorum oder Einstimmigkeit fordert, nicht erfüllt sind.
- 26
- Aus dem Urteil des Senats vom 15. Juni 1987 (II ZR 261/86, ZIP 1987, 1178) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Diese Entscheidung beruhte auf der Anwendbarkeit des so genannten Bestimmtheitsgrundsatzes, dem, wie ausgeführt , für die formelle Legitimation einer Mehrheitsentscheidung nach der neueren Rechtsprechung des Senats (BGH, Urteil vom 24. November 2008 - II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 15 - Schutzgemeinschaftsvertrag II; Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 16 mwN) keine Bedeutung mehr zukommt. Darauf, dass in dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall zudem die Satzungsbestimmung, die ein höheres Mehrheitserfordernis vorschrieb, anwendbar war und ihr Eingreifen anders als im vorliegenden Fall nicht vom Eintritt bestimmter, zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht gegebener Voraussetzungen abhängig war, kommt es nicht mehr an.
- 27
- (3) Schließlich rechtfertigt auch der von der Revision angeführte Grundsatz , wonach Sonderregelungen, die bei Geltung des Mehrheitsprinzips für ein- zelne Beschlussgegenstände Einstimmigkeit oder ein höheres Quorum voraussetzen , nur unter Einhaltung des betreffenden höheren Quorums abgeändert oder aufgehoben werden können (MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 709 Rn. 82; einschränkend Hüffer, AktG, 10. Aufl., § 179 Rn. 20; offen gelassen in BGH, Urteil vom 13. März 1980 - II ZR 54/78, BGHZ 76, 191, 195 für die Aktiengesellschaft), keine abweichende Beurteilung. Ob eine allgemeine Regel anzuerkennen ist, wonach Mehrheitsklauseln in einem Gesellschaftsvertrag, die für bestimmte Beschlussgegenstände eine qualifizierte Mehrheit vorschreiben, nur mit derselben Mehrheit beseitigt werden können, und welchen Anwendungsbereich sie hat, bedarf keiner Entscheidung. Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten schreibt für alle Änderungen der Satzung dasselbe qualifizierte Mehrheitserfordernis vor, das sich unter bestimmten Voraussetzungen erhöht. Hier geht es um die Frage, ob für eine bestimmte Vertragsänderung, nämlich die Aufhebung von § 16 Abs. 2 Satz 3 GV, das dort geregelte Einstimmigkeitserfordernis gelten soll, obwohl bei Beschlussfassung die Voraussetzungen für seine Anwendbarkeit noch nicht vorliegen.
- 28
- (4) Die Auffassung der Revision, dass die Aufhebung des § 16 Abs. 2 Satz 3 GV die dort bestimmte Einstimmigkeit erfordert, lässt sich auch nicht auf das zum Aktienrecht ergangene Urteil des Senats vom 13. März 1980 (II ZR 54/78, BGHZ 76, 191) stützen. Der Senat hat im Wege der Auslegung der dort zu beurteilenden Satzung verneint, dass das nach dieser Satzung für eine bestimmte Beschlussfassung erforderliche qualifizierte Mehrheitserfordernis von 2/3 der abgegebenen Stimmen mit der allgemein für Hauptversammlungsbeschlüsse vorgesehenen einfachen Mehrheit aufgehoben werden konnte. Daraus kann nichts für die Beantwortung der sich hier stellenden Frage abgeleitet werden, ob eine Regelung, die unter bestimmten Voraussetzungen über die allgemein für Änderungen des Gesellschaftsvertrags erforderliche qualifizierte Mehrheit von ¾ der anwesenden Stimmen hinaus Einstimmigkeit fordert, nur einstimmig abgeändert werden kann, obwohl das Einstimmigkeitserfordernis bei Beschlussfassung nicht gilt.
- 29
- bb) Wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend gesehen hat, steht der formellen Wirksamkeit des Beschlusses nicht entgegen, dass bei Absendung der Einladung zur Gesellschafterversammlung die Beschlussfassung im Umlaufverfahren noch nicht abgeschlossen war. § 17 Abs. 1 GV kann zwar die Vorgabe entnommen werden, dass über einen bestimmten Beschlussgegenstand nicht zeitgleich im Umlaufverfahren und in einer Gesellschafterversammlung abgestimmt werden kann. Eine zeitgleiche Stimmabgabe in beiden Verfahrensarten war hier aber ausgeschlossen, weil zur Stimmabgabe im Umlaufverfahren eine Frist bis zum 20. März 2009 bestimmt und diese zum Zeitpunkt der Gesellschafterversammlung am 31. März 2009 verstrichen war.
- 30
- Entgegen der Meinung der Revision verstieß die Vorgehensweise der Nebenintervenientin nicht deshalb gegen den Gesellschaftsvertrag, weil die Einladung zur Gesellschafterversammlung den Gesellschaftern wenige Tage vor Ablauf der Abstimmungsfrist zuging. Hierdurch wurde den Gesellschaftern nicht die unzulässige Möglichkeit eröffnet, in zwei unterschiedlichen Abstimmungsverfahren über den gleichen Beschlussgegenstand zeitgleich abzustimmen, sondern lediglich eine erneute Abstimmung im Anschluss an die Abstimmung im schriftlichen Beschlussverfahren, nunmehr in einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung , vorbereitet. Der Gesellschaftsvertrag schließt es nicht aus, die Abstimmung über einen bestimmten Beschlussgegenstand zu wiederholen , wenn hierfür - wie im vorliegenden Fall - ein sachliches Interesse besteht.
- 31
- Anders als die Revision meint, macht das Vorgehen der Streithelferin den in der außerordentlichen Gesellschafterversammlung gefassten Beschluss nicht deshalb unzulässig, weil nicht auszuschließen sei, dass die zuvor durch- geführte Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren eine erhebliche Zahl von Gesellschaftern von einer Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung abgehalten habe. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist nichts dafür ersichtlich, dass die Kommanditisten darüber im Unklaren sein konnten, warum über den gleichen Beschlussgegenstand eine weitere Abstimmung in einer Gesellschafterversammlung stattfinden sollte, und sie die Teilnahme an dieser für entbehrlich halten konnten. Im Einladungsschreiben wurde den Gesellschaftern der Grund für die erneute Abstimmung zutreffend dargelegt und sie wurden ausdrücklich aufgefordert, sowohl im schriftlichen Beschlussverfahren ihre Stimme abzugeben als auch an der Abstimmung in der Gesellschafterversammlung teilzunehmen.
- 32
- cc) Ohne Erfolg rügt die Revision, der in der Gesellschafterversammlung vom 31. März 2009 gefasste Beschluss sei wegen Nichteinhaltung der in § 15 Abs. 4 Satz 1 GV bestimmten Einberufungsfrist von vier Wochen unzulässig. Die für außerordentliche Gesellschafterversammlungen vorgesehene Möglichkeit einer Verkürzung auf zehn Tage (vgl. § 15 Abs. 4 Satz 2 GV) greife nicht, weil hierfür ein wichtiger Grund erforderlich sei, an dem es fehle. Das Berufungsgericht hat zutreffend die hier gewahrte Ladungsfrist von vierzehn Tagen für ausreichend erachtet. Die Vereinbarung einer Einberufungsfrist von zehn Tagen einschließlich des Tages der Absendung und der Versammlung - wie sie der Gesellschaftsvertrag der Beklagten für außerordentliche Gesellschafterversammlungen zulässt - ist in einer körperschaftlich strukturierten Publikumspersonengesellschaft rechtlich unbedenklich (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 1998 - II ZR 20/97, ZIP 1998, 859, 860). Das Teilnahmerecht der Gesellschafter wird, wie sich aus der § 51 Abs. 1 Satz 2 GmbHG zugrunde liegenden Wertung ergibt, durch eine solche Frist grundsätzlich nicht beeinträchtigt.
- 33
- Entgegen der Meinung der Revision des Klägers ist eine Verkürzung der Einberufungsfrist zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung nicht nur in dringenden und eilbedürftigen Fällen zulässig. Dem Gesellschaftsvertrag lässt sich die von der Revision befürwortete Beschränkung der Möglichkeit, zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung mit einer Frist von zehn Tagen einzuladen, nicht entnehmen. § 15 Abs. 4 Satz 2 GV räumt dem einberufenden Geschäftsführer die Möglichkeit ein, die Einberufungsfrist bei außerordentlichen Gesellschafterversammlungen auf die rechtlich unbedenkliche Länge von zehn Tagen abzukürzen, ohne hierfür bestimmte Voraussetzungen aufzustellen , weil das Bedürfnis für eine außerordentliche Versammlung in der Regel kurzfristig auftritt. Hätte geregelt werden sollen, dass die Abkürzung der Ladungsfrist einen wichtigen Grund erfordert, wäre zu erwarten gewesen, dass dieses Erfordernis aus Gründen der Rechtssicherheit im Gesellschaftsvertrag hinreichend deutlich Ausdruck gefunden hätte.
- 34
- Bedurfte es zur Rechtfertigung einer Abkürzung der Ladungsfrist auf vierzehn Tage keines wichtigen Grundes, kommt es nicht darauf an, ob die Feststellungen des Berufungsgerichts die Annahme eines wichtigen Grundes rechtfertigen.
- 35
- b) Der in der Gesellschafterversammlung gefasste Beschluss, mit dem das in § 16 Abs. 2 Satz 3 GV geregelte Einstimmigkeitserfordernis aufgehoben wird, ist auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. Entgegen der Meinung der Revision bedurfte der Beschluss zu seiner Wirksamkeit gegenüber dem Kläger weder dessen Zustimmung noch verletzt er treupflichtwidrig die Rechte der Minderheitsgesellschafter.
- 36
- aa) Ist die Entscheidung der Mehrheit der Gesellschafter von einer Regelung im Gesellschaftsvertrag gedeckt, ist auf einer zweiten Stufe zu prüfen, ob sie sich als treuwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht gegenüber der Minderheit darstellt und deshalb inhaltlich unwirksam ist (BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 10 - OTTO; Urteil vom 24. November 2008 - II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 17 - Schutzgemeinschaftsvertrag II; Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 16). Erfordert eine Mehrheitsentscheidung ihrem Inhalt nach die Zustimmung jedes einzelnen Gesellschafters, wie es beispielsweise bei Beschlüssen über nachträgliche Beitragserhöhungen (vgl. § 707 BGB) der Fall ist, führt ungeachtet sonstiger Beschlussmängel schon die fehlende Zustimmung eines Gesellschafters dazu, dass der Beschluss ihm gegenüber unwirksam ist (BGH, Urteil vom 5. März 2007 - II ZR 282/05, ZIP 2007, 766 Rn. 15; Urteil vom 9. Februar 2009 - II ZR 231/07, ZIP 2009, 864 Rn. 16). Unerheblich ist, ob dieser Gesellschafter an der Beschlussfassung beteiligt war.
- 37
- bb) Nach diesen Grundsätzen ist der in der Gesellschafterversammlung vom 31. März 2009 gefasste Beschluss wirksam. Entgegen der Auffassung der Revision bedurfte der Beschluss, § 16 Abs. 2 Satz 3 GV aufzuheben, nicht der Zustimmung jedes einzelnen Gesellschafters. Bei dem in § 16 Abs. 2 Satz 3 GV geregelten Einstimmigkeitserfordernis handelt es sich entgegen der Meinung des Klägers nicht um ein Sonderrecht der Gesellschafter im Sinn von § 35 BGB, in das nicht ohne ihre Zustimmung eingegriffen werden könnte. Lediglich Rechtspositionen, die individuell einem Gesellschafter oder einer Gesellschaftergruppe durch die Satzung eingeräumt und zudem als unentziehbare Rechte ausgestaltet sind, stellen Sonderrechte dar (MünchKommBGB/Reuter, 6. Aufl., § 35 Rn. 3; Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Aufl., § 35 Rn. 1; Scholz/Seibt, GmbHG, 11. Aufl., § 14 Rn. 19; vgl. BGH, Urteil vom 4. November 1968 - II ZR 63/67, NJW 1969, 131). Dies trifft für das in § 16 Abs. 2 Satz 3 GV geregelte Einstimmigkeitserfordernis aber nicht zu (vgl. MünchKommBGB/Ulmer/ Schäfer, 5. Aufl., § 709 Rn. 82; vgl. auch BGH, Urteil vom 24. November 2008 - II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 22 - Schutzgemeinschaftsvertrag II; aA MünchHdbGesR II/Weipert, 3. Aufl., § 14 Rn. 65). Vielmehr vermittelt diese Satzungsbestimmung eine Rechtsstellung, die allgemein mit der Mitgliedschaft verbunden ist. In diesem Fall ist für die Annahme eines Sonderrechts kein Raum (BGH, Urteil vom 27. Mai 1982 - III ZR 157/80, BGHZ 84, 209, 218).
- 38
- Anders als die Revision des Klägers meint, lässt sich das Erfordernis einer Zustimmung aller Gesellschafter auch nicht damit begründen, die Aufhebung des § 16 Abs. 2 Satz 3 GV greife in den „Kernbereich“ der Gesellschafterrechte ein. Gesellschaftsvertragliche Einstimmigkeitserfordernisse oder Sperrminoritäten gehören nicht zu dem Mehrheitsentscheidungen entzogenen Bereich der individuellen Mitgliedschaft des einzelnen Gesellschafters, sondern schützen die Minderheit insgesamt (MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 709 Rn. 82; vgl. auch BGH, Urteil vom 24. November 2008 - II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 22 - Schutzgemeinschaftsvertrag II). Die gegenteilige Auffassung würde dazu führen, dass die im Gesellschaftsvertrag festgelegten Mehrheitserfordernisse in stärkerem Maße vor Änderungen geschützt wären, als es der Gesellschaftsvertrag selbst vorsieht. § 16 Abs. 2 Satz 3 GV bestimmt für besondere Beschlussgegenstände, zu denen auch Änderungen des Gesellschaftsvertrags zählen, in dem - hier bei der Beschlussfassung nicht gegebenen - Fall, dass sich 90 % oder mehr aller Stimmen in den Händen von fünf oder weniger Personen befinden, dass Beschlüsse zustande kommen, wenn alle anwesenden oder vertretenen Gesellschafter mit Ja stimmen. Die Zustimmung jedes einzelnen Gesellschafters, somit auch derjenigen Gesellschafter, die an der Abstimmung nicht teilnehmen, die aber für eine Änderung der Mehrheitsquoren zu verlangen wäre, wenn man die Stimmqualität dem früher so genannten individuellen „Kernbereich“ der Gesellschafterrechte zuordnen wollte, fordert der Gesellschaftsvertrag ungeachtet der Beteiligungsverhältnisse für keinen Beschlussgegenstand, auch nicht für die Änderung des § 16 Abs. 2 GV selbst.
- 39
- cc) Ohne Erfolg macht die Revision des Klägers geltend, der Beschluss über die Aufhebung des § 16 Abs. 2 Satz 3 GV sei materiell unwirksam, weil die Mehrheit der Gesellschafter ihre gesellschafterliche Treuepflicht gegenüber der Minderheit verletzt habe. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei eine Treuwidrigkeit des Beschlusses verneint.
- 40
- Entgegen der Auffassung der Revision verletzt der Beschluss über die Aufhebung des in § 16 Abs. 2 Satz 3 GV geregelten Einstimmigkeitserfordernisses nicht deshalb treupflichtwidrig die Rechte der Minderheit, weil mit Erreichen der in § 16 Abs. 2 Satz 3 GV vorausgesetzten Gesellschaftsstruktur die Mehrheitsgesellschafter nach Aufhebung des dort geregelten Einstimmigkeitserfordernisses das in § 9 GV festgelegte Gesellschaftskonzept ohne Weiteres gegen den Willen der Minderheitsgesellschafter ändern könnten, diese jedoch gegen Maßnahmen, die zu einer wesentlichen Abweichung der im Gesellschaftsvertrag niedergelegten Wirtschaftlichkeitsberechnung führten, durch den Gesellschaftsvertrag gerade abgesichert sein sollten (§ 9 Abs. 1, § 16 Abs. 2 GV). Die Minderheitsgesellschafter sind durch § 9 Abs. 1 GV vor Änderungen des Gesellschaftskonzepts schon nicht in dem von der Revision angenommenen weiten Umfang geschützt. Zwar unterwirft § 9 Satz 1 GV Beschlüsse, die zu einer wesentlichen Abweichung von der dem Gesellschaftsvertrag beigefügten Wirtschaftlichkeitsberechnung führen, den in § 16 Abs. 2 GV bestimmten qualifizierten Mehrheitsanforderungen. Damit ist aber nicht gesagt, dass die in § 16 Abs. 2 Satz 1, 2 und 3 GV enthaltenen Mehrheitserfordernisse nach Maßgabe der gesellschaftsvertraglichen Regelungen keiner Änderung zugänglich sind. Hierfür ergeben sich aus dem Gesellschaftsvertrag keine hinreichenden Anhaltspunkte. Die Zustimmung jedes einzelnen Gesellschafters verlangt der Gesellschaftsvertrag weder für die in § 9 Abs. 1 GV genannten Beschlüsse noch für Änderungen des § 16 Abs. 2 GV selbst.
- 41
- Hinzu kommt, dass durch den angefochtenen Beschluss, mit dem das in § 16 Abs. 2 Satz 3 GV geregelte Einstimmigkeitserfordernis aufgehobenwird, weder die wirtschaftliche Ausrichtung der Gesellschaft geändert noch eine wirt- schaftlich nachteilige Entscheidung zu Lasten der Minderheit getroffen wird. Dies kann allenfalls durch künftige Beschlussfassungen geschehen. Folge der Aufhebung des in § 16 Abs. 2 Satz 3 GV geregelten Einstimmigkeitserfordernisses ist allerdings, dass die Mehrheit auch dann, wenn mindestens 90 % der Stimmen in der Hand von fünf oder weniger Gesellschaftern sind, formell legitimiert ist, Entscheidungen mit 9/10-Mehrheit zu fassen. Die Zulassung von Mehrheitsentscheidungen ist jedoch für sich genommen nicht treuwidrig. Sie verfolgt den gerade in einer Publikumsgesellschaft grundsätzlich legitimen Zweck, die bei Geltung des Einstimmigkeitsprinzips gefährdete Handlungsfähigkeit der Gesellschaft sicher zu stellen. Zwar wird den Mehrheitsgesellschaftern durch die von der Revision beanstandete Änderung des Gesellschaftsvertrags die abstrakte Möglichkeit verschafft, künftig mit ihrer Mehrheitsmacht treuwidrige Beschlüsse zu Lasten der Minderheit zu fassen. Dies rechtfertigt es aber grundsätzlich nicht, schon im „Vorfeld“ den Beschluss über die Änderung des Gesellschaftsvertrags als treuwidrig und deshalb unwirksam zu bewerten (vgl. auch BGH, Urteil vom 28. Januar 1980 - II ZR 124/78, BGHZ 76, 352, 353 f.; Urteil vom 1. Februar 1988 - II ZR 75/87, BGHZ 103, 184, 191 ff.), mit der Folge, dass abweichend vom Willen der im Gesellschaftsvertrag für einen solchen Beschluss vorgeschriebenen Mehrheit bei Vorliegen der in § 16 Abs. 2 Satz 3 GV genannten Beteiligungsverhältnisse Mehrheitsentscheidungen von vornherein ausgeschlossen wären. Künftige Beschlüsse sind nicht schon deshalb treuwidrig, weil sie die Mehrheit aufgrund der geänderten Satzung gegen den Willen der Minderheit fassen kann. Entgegen der Meinung der Revision ist die Minderheit vor treuwidrigen Entscheidungen der Mehrheit durch die gegen diese Beschlüsse gegebenen Rechtsschutzmöglichkeiten hinreichend geschützt. Verletzen künftige - durch die Aufhebung des § 16 Abs. 2 Satz 3 GV lediglich formell legitimierte - Beschlüsse der Mehrheit treuwidrig die Interessen der Minderheit, steht es der Minderheit offen, die materielle Unwirksamkeit solcher Beschlüsse durch eine Klage gegen diese Beschlüsse geltend zu machen.
- 42
- III. Soweit das Berufungsgericht die Unwirksamkeit des im Umlaufverfahren gefassten Beschlusses festgestellt hat, stellt sich die Entscheidung auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
- 43
- 1. Der Beschluss, § 16 Abs. 2 Satz 3 GV aufzuheben, konnte im schriftlichen Verfahren - ebenso wie in der Gesellschafterversammlung - mit der in § 16 Abs. 2 Satz 1 GV bestimmten ¾-Mehrheit gefasst werden, weil die in § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 GV für die Geltung der höheren Quoren bestimmten Voraussetzungen nicht vorlagen (vgl. oben II. 2. a) aa)). Seiner formellen Wirksamkeit steht ferner nicht entgegen, dass bei Absendung der Einladung zur außerordentlichen Gesellschafterversammlung die Beschlussfassung im Umlaufverfahren noch nicht abgeschlossen war. Diese Vorgehensweise verstieß nicht gegen gesellschaftsvertragliche Vorgaben. Wie für den in der Gesellschafterversammlung gefassten Beschluss im Einzelnen ausgeführt (vgl. II. 2. a) bb)), wurde den Gesellschaftern durch diese Vorgehensweise nicht die gegen § 17 Abs. 1 GV verstoßende Möglichkeit eröffnet, in zwei unterschiedlichen Abstimmungsverfahren über den gleichen Beschlussgegenstand zeitgleich abzustimmen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist auch nichts dafür ersichtlich , dass die Kommanditisten darüber im Unklaren sein konnten, warum über den gleichen Beschlussgegenstand eine weitere Abstimmung in einer Gesellschafterversammlung stattfinden sollte, und sie deshalb die Teilnahme an der schriftlichen Beschlussfassung für entbehrlich halten konnten. Im Einladungsschreiben wurde den Gesellschaftern der Grund für die erneute Abstimmung zutreffend dargelegt und sie wurden ausdrücklich aufgefordert, sowohl im schriftlichen Beschlussverfahren ihre Stimme abzugeben als auch an der Abstimmung in der Gesellschafterversammlung teilzunehmen.
- 44
- 2. Der Kläger hat die formelle Unwirksamkeit des im schriftlichen Verfahren gefassten Beschlusses außerdem darauf gestützt, dass nach § 17 Abs. 6 GV nur alle drei Geschäftsführer mit jeweils eigener Stellungnahme zur Ab- stimmung hätten auffordern dürfen. Auch diese Rüge gegen die Wirksamkeit des Beschlusses greift nicht durch.
- 45
- Das Berufungsgericht hat ebenso wie das Landgericht - von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig - nicht geprüft, ob der geltend gemachte Verfahrensfehler vorliegt und zur Nichtigkeit des im schriftlichen Verfahren gefassten Beschlusses führt. Diese Frage kann der Senat selbst entscheiden, da der Gesellschaftsvertrag der Beklagten als Publikumsgesellschaft ausschließlich nach seinem objektiven Erklärungsbefund auszulegen ist (st.Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 153/09, ZIP 2011, 1906 Rn. 11; Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 209/09, WM 2011, 1851 Rn. 10; Urteil vom 11. Januar 2011 - II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 Rn. 12 mwN) und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind.
- 46
- Der gerügte Verfahrensmangel liegt nicht vor. § 17 Abs. 6 GV lässt sich entgegen der Auffassung des Klägers schon nicht entnehmen, dass die Aufforderung zur schriftlichen Abstimmung den Kommanditisten von allen Geschäftsführern zu übersenden ist und jeder Geschäftsführer der Aufforderung eine eigene Stellungnahme beifügen muss. Mit „den geschäftsführenden Gesellschaftern“ im Sinne dieser Regelung ist nicht jeder einzelne Geschäftsführer als Person , sondern die Geschäftsführung der Gesellschaft gemeint, zu der die Komplementäre und die geschäftsführende Kommanditistin jeweils allein berechtigt sind. Danach genügten die Aufforderung der Streithelferin, im Umlaufverfahren über den mitgeteilten Beschlussgegenstand abzustimmen, und die Mitteilung ihrer Stellungnahme zum Abstimmungsgegenstand den Vorgaben des § 17 Abs. 6 GV.
- 47
- Abgesehen davon bildete der behauptete Beschlussmangel auch keinen Nichtigkeitsgrund. Verfahrensmängel führen nur dann zur Unwirksamkeit eines Beschlusses, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass sein Zustande- kommen durch den Fehler beeinflusst ist (MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 709 Rn. 106; vgl. BGH, Urteil vom 14. November 1994 - II ZR 160/93, WM 1995, 701, 706). Dies ist hier aber der Fall. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die schriftliche Abstimmung zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, wenn auch die (weitere) Komplementärin zur Abstimmung aufgefordert und eine Stellungnahme zum Abstimmungsgegenstand abgegeben hätte. Den Gesellschaftern /Treugebern lag bei der Abstimmung im Umlaufverfahren außer der Aufforderung der Streithelferin und ihrer Stellungnahme zum Beschlussvorschlag auch die Stellungnahme des Komplementärs der Beklagten vor, auf dessen Initiative der Vorschlag, § 16 Abs. 2 Satz 3 GV zu streichen, zur Abstimmung gestellt worden war. Nach den gegebenen Umständen war ohne Weiteres davon auszugehen, dass auch die Aufforderung zur Abstimmung von seinem Willen getragen war. Den Gesellschaftern war es auf dieser Grundlage auch ohne die Stellungnahme der (weiteren) Komplementärin zum Beschlussgegenstand und ohne zusätzliche Aufforderung zur Abstimmung durch diese möglich, sich über den Beschlussgegenstand eine Meinung zu bilden und an der Abstimmung teilzunehmen.
- 48
- 3. Ebenso wenig wie der in der außerordentlichen Gesellschafterversammlung gefasste inhaltsgleiche Beschluss bedurfte der im schriftlichen Verfahren zustande gekommene Beschluss zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung des Klägers. Er ist wie jener auch nicht wegen Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht gegenüber der Minderheit inhaltlich unwirksam (vgl. oben II. 2. b)).
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 26.02.2010 - 94 O 37/09 -
KG, Entscheidung vom 18.11.2010 - 23 U 55/10 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist Kommanditistin der I. GmbH & Digitaldruck E. KG (im Folgenden DDE) und der I. GmbH & Data Security E. KG (im Folgenden DSE). Persönlich haftende Gesellschafterin beider Gesellschaften ist die Beklagte zu 2, eine GmbH, deren Gesellschafter die Beklagte zu 1 und die Klägerin sind. Weitere Kommanditistin der DDE und der DSE ist jeweils die Beklagte zu 1, eine GmbH. Deren Alleingesellschafter und -geschäftsführer ist zugleich Geschäftsführer der Beklagten zu 2.
- 2
- Auf einer gemeinsamen Gesellschafterversammlung der DDE, der DSE und der Beklagten zu 2 am 13. Dezember 2007 wurde allein mit den Stimmen der Beklagten zu 1 jeweils der Ausschluss der Klägerin aus den Kommanditgesellschaften und die Einziehung ihres Geschäftsanteils an der Beklagten zu 2 beschlossen. Mit Schreiben des Geschäftsführers der Beklagten zu 2 vom 20. Dezember 2007 wurde die Klägerin darüber in Kenntnis gesetzt, dass weitere Beschlüsse in der DDE, der DSE und der Beklagten zu 2 im Umlaufverfahren ohne Beteiligung der Klägerin gefasst worden seien.
- 3
- § 10 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages von DDE und DSE lautet jeweils: "Ein Gesellschafterbeschluss kann nur innerhalb von zwei Monaten durch Klage angefochten werden. …"
- 4
- In § 12 Abs. 1 Satz 1 der Gesellschaftsverträge von DDE und DSE heißt es: "Ein Gesellschafter kann aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, wenn in seiner Person ein wichtiger Grund vorliegt, aus dem er nach § 140 HGB als Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft ausgeschlossen werden könnte..."
- 5
- Eine inhaltsgleiche Regelung enthält § 13 Abs. 2 Buchst. e der Satzung der Beklagten zu 2 bezüglich der Einziehung der Geschäftsanteile. Außerdem heißt es in § 5 Abs. 4 der Satzung, dass ein Gesellschafter nur so lange der Gesellschaft angehören könne, wie er gleichzeitig als Kommanditist an der DDE und DSE beteiligt sei.
- 6
- Die Klägerin hat gegen die Beklagten Klage mit dem Antrag erhoben festzustellen, dass die Beschlüsse über den Ausschluss aus der DDE und der DSE, über die Einziehung des Geschäftsanteils bei der Beklagten zu 2 sowie die im Dezember 2007 gefassten Umlaufbeschlüsse nichtig sind. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten dieses Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Dagegen richten sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten, mit denen die Parteien eine Entscheidung in der Sache begehren.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die Revision der Klägerin hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlussrevision der Beklagten hat keinen Erfolg.
- 8
- I. Das Berufungsgericht hat die auf § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO gestützte Zurückverweisung wie folgt begründet: Das erstinstanzliche Verfahren leide an einem wesentlichen Mangel und aufgrund dieses Mangels sei eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig. Das Landgericht habe den Vortrag der Parteien zur Passivlegitimation der Beklagten nicht hinreichend beachtet. Eine Regelung wie in § 10 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags schließe die für die Personengesellschaft typische, zwischen den Gesellschaftern zu führende Feststellungsklage aus und verweise den Gesellschafter darauf, den Streit mit der Gesellschaft selbst auszutragen. Darauf sei das Landgericht unter Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht eingegangen. Der Behauptung der Klägerin, in § 10 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags sei nur die kapitalgesellschaftsrechtliche Fristenbindung übernommen worden, müsse das Landgericht unter Beachtung der im II. Rechtszug gestellten beiderseitigen Beweisanträge nachgehen.
- 9
- II. Das Urteil hält den Angriffen der Revision nicht stand.
- 10
- 1. Das Berufungsgericht darf die Sache gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO nach seinem pflichtgemäßen Ermessen nur zurückverweisen, wenn das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
- 11
- a) Eine Zurückverweisung kommt nur in Betracht, wenn das erstinstanzliche Verfahren an einem so wesentlichen Mangel leidet, dass es keine Grundlage für eine instanzbeendende Entscheidung sein kann. Ob ein derartiger Verfahrensfehler vorliegt, ist allein aufgrund des materiell-rechtlichen Standpunkts des Erstgerichts zu beurteilen, auch wenn dieser verfehlt ist oder das Berufungsgericht ihn für verfehlt erachtet (BGH, Urteil vom 1. Februar 2010 - II ZR 209/08, NZG 2010, 547 Rn. 11).
- 12
- Der vom Berufungsgericht angenommene Gehörsverstoß liegt - von dem rechtlichen Standpunkt des Landgerichts aus - nicht vor. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass die "Anfechtungsklage" bei der Personengesellschaft als Feststellungsklage gegen die Mitgesellschafter zu richten ist. Dafür, dass es das bei Berücksichtigung der Regelung in § 10 Abs. 5 der Gesellschaftsverträge anders gesehen hätte, gibt es keinen Anhaltspunkt. Es hat § 10 Abs. 5 der Gesellschaftsverträge nicht übersehen, sondern im Zusammenhang mit der Klagefrist ausführlich erörtert und ist - wenn auch rechtlich unzutreffend bei der Prüfung der Zulässigkeit der Klage - darauf eingegangen, dass die Klage gegen die Mitgesellschafter zu richten ist.
- 13
- Das Landgericht hat auch keinen Vortrag der Beklagten dazu übergangen , dass aufgrund einer Regelung der Gesellschaftsverträge die Gesellschaften richtige Klagegegner seien. Die Beklagten haben sich dafür, dass die Klage nicht gegen die Gesellschafter zu richten sei, nicht auf den Gesellschaftsvertrag , sondern auf zwei Senatsentscheidungen bezogen (BGH, Urteil vom 13. Januar 2003 - II ZR 173/02, ZIP 2003, 435; BGH, Urteil vom 13. Januar 2003 - II ZR 227/00, BGHZ 153, 285), die einen ganz anderen Sachverhalt , nämlich die Ausschließung aus einer GmbH betreffen.
- 14
- b) Auch eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme ist nicht notwendig.
- 15
- Umfangreich kann eine Beweisaufnahme aufgrund der Zahl der Zeugen oder Sachverständigen oder des Umfangs der Fragen sein. Das Beweisthema ist hier eng begrenzt, nämlich auf die Frage, ob mit der Vereinbarung der Anfechtungsfrist in den Gesellschaftsverträgen der Kommanditgesellschaften das kapitalgesellschaftsrechtliche Klagesystem insgesamt übernommen werden sollte. Die Parteien haben nur eine geringe Anzahl von Zeugen benannt, nämlich die Beklagte einen und die Klägerin drei.
- 16
- c) Das Berufungsurteil lässt zudem die Ausübung des dem Berufungsgericht zukommenden Ermessens vermissen.
- 17
- Verweist das Berufungsgericht den Rechtsstreit wegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers zurück, müssen seine Ausführungen erkennen lassen, dass es das ihm eingeräumte Ermessen, eine eigene Sachentscheidung zu treffen (§ 538 Abs. 1 ZPO) oder ausnahmsweise den Rechtsstreit an das Erstgericht zurück zu verweisen, pflichtgemäß ausgeübt hat (BGH, Urteil vom 1. Februar 2010 - II ZR 209/08, NZG 2010, 547 Rn. 16). Das Berufungsgericht hat hier weder in Erwägung gezogen, dass eine Zurückverweisung der seiner Ansicht nach im übrigen entscheidungsreifen Sache in aller Regel zu einer Verteuerung und Verzögerung des Rechtsstreits führt, was den schützenswerten Interessen der Parteien entgegenstehen kann, noch hat es dargelegt, dass die aus seiner Sicht durchzuführende Beweisaufnahme so umfangreich ist, dass eine Zurückverweisung an das Landgericht ausnahmsweise gerechtfertigt erscheint.
- 18
- 2. Die Sache ist entgegen der Ansicht der Revision nicht ohne Beweisaufnahme im Sinne der Klägerin entscheidungsreif.
- 19
- a) Hinsichtlich der Beschlüsse der Gesellschafterversammlungen der DDE und der DSE kommt es darauf an, ob die Mitgesellschafterinnen jeweils die richtigen Klagegegner sind. Das ist durch Auslegung von § 10 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags zu ermitteln. Die Nichtigkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung einer Kommanditgesellschaft wird durch Feststellungsklage gegen die Mitgesellschafter geltend gemacht, wenn nicht der Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass der Streit mit der Gesellschaft auszutragen ist (BGH, Urteil vom 27. April 2009 - II ZR 167/07, ZIP 2009, 1158 Rn. 25 m.w.N.). Die Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Klagesystems auf Personengesellschaften ist nicht auf Publikumsgesellschaften oder Personengesellschaften mit zahlreichen Gesellschaftern beschränkt. Ob es ausnahmsweise übernommen ist, hängt von der dem Tatrichter vorbehaltenen Auslegung des Gesellschaftsvertrags im Einzelfall ab (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 1995 - II ZR 15/94, ZIP 1995, 460).
- 20
- Zu den von den Beklagten behaupteten Vorstellungen der Gründungsgesellschafter zu der Regelung in § 10 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags sind die angebotenen Beweise zu erheben. Für die Auslegung von Personengesellschaftsverträgen , die sich nicht auf Publikumsgesellschaften beziehen, gelten entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung die allgemeinen Regeln der §§ 133, 157 BGB. Ein übereinstimmender Wille der an dem Abschluss eines Vertrages beteiligten Parteien geht dem Vertragswortlaut oder einer anderweiti- gen Auslegung vor (BGH, Urteil vom 7. April 2008 - II ZR 3/06, ZIP 2008, 1075 Rn. 12; BGH, Urteil vom 29. März 1996 - II ZR 263/94, ZIP 1996, 750, 752 m.w.N.). Das Vorbringen der Beklagten ist im weiteren Verfahren unabhängig davon zu berücksichtigen, ob es ein erstmals im zweiten Rechtszug vorgebrachtes Verteidigungsmittel ist und nicht hätte zugelassen werden dürfen (§ 531 Abs. 2 ZPO). Das Berufungsgericht soll das erstinstanzliche Urteil in erster Line mit dem Ziel der Fehlerkontrolle und Fehlerbeseitigung überprüfen und deshalb neuen Tatsachenvortrag nur in besonderen Ausnahmefällen berücksichtigen. Dieses Ziel lässt sich nicht mehr erreichen, wenn das Berufungsgericht neues Vorbringen berücksichtigt hat (vgl. BGH, Urteil vom 2. April 2004 - V ZR 107/03, NJW 2004, 2382, 2383; BGH, Urteil vom 13. Februar 2006 - II ZR 62/04, ZIP 2006, 703, Rn. 14; BGH, Urteil vom 27. Februar 2007 - XI ZR 56/06, ZIP 2007, 718 Rn. 19).
- 21
- Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin: Der Wortlaut von § 10 Nr. 5 des Gesellschaftsvertrags führt - wie das Berufungsgericht zutreffend gesehen hat - zu keinem eindeutigen Ergebnis. Die Vereinbarung einer Anfechtungsfrist weist auf die Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Systems auch hinsichtlich der Gesellschaft als Klagegegner hin (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2003 - II ZR 4/01, ZIP 2003, 843, 844). Allein die Verwendung des Wortes "Anfechten" oder "Anfechtung" zwingt aber nicht dazu, einen Gesellschaftsvertrag so auszulegen (BGH, Urteil vom 11. Dezember 1989 - II ZR 61/89, WM 1990, 675, 676). Ob weitere Regelungen des Gesellschaftsvertrags auf das kapitalgesellschaftsrechtliche Klagesystem verweisen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Der Zweck der Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Systems, Gesellschafterstreitigkeiten mit der Gesellschaft anstelle der Mitgesellschafter als Klagegegner überschaubar zu halten, konnte angesichts der geringen Gesellschafterzahl nicht im Vordergrund stehen. Hier weicht zudem der gleichzeitig mit den Verträgen zu den Kommanditgesellschaf- ten abgeschlossene GmbH-Gesellschaftsvertrag trotz im Übrigen weitgehend gleicher Formulierungen auffallend insoweit ab, als darin ausdrücklich geregelt ist, dass die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gegen die Gesellschaft zu richten ist. Eine solche Regelung fehlt in den Gesellschaftsverträgen der Kommanditgesellschaften. Das legt nahe, dass bei den Kommanditgesellschaften die Klage gerade nicht gegen die Gesellschaften gerichtet werden sollte. Gegen eine Regelung des Klagegegners in den Gesellschaftsverträgen der Kommanditgesellschaften spricht auch, dass sich die Beklagten in erster Instanz dafür, dass die Klage gegen die Gesellschaft zu richten sei, selbst nicht auf den jeweiligen Gesellschaftsvertrag, sondern auf zwei Senatsentscheidungen und damit eine vermeintliche gesetzliche Regel bezogen haben.
- 22
- b) Hinsichtlich der Klage gegen die Beschlüsse der Beklagten zu 2 hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die Beklagte zu 2 richtiger Klagegegner ist (vgl. Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG 19. Aufl. Anh. § 47 Rn. 163). Der Erfolg dieser Klage hängt, soweit es um § 5 der Satzung - Einziehung bei Verlust der Gesellschafterstellung in den Kommanditgesellschaften - geht, von dem Erfolg der entsprechenden Klagen bezüglich der Ausschließungsbeschlüsse in den Kommanditgesellschaften ab (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2005 - II ZR 153/03, ZIP 2005, 706). Im Übrigen sind keine Umstände festgestellt, die einen wichtigen Grund im Sinn des § 13 der Satzung für eine Einziehung allein des Geschäftsanteils an der Beklagten zu 2 darstellen.
- 23
- III. Die Anschlussrevision der Beklagten hat keinen Erfolg. Die Klage ist nicht abweisungsreif.
- 24
- 1. Die Anschlussrevision ist zulässig, insbesondere enthält sie eine ausreichende Begründung.
- 25
- Mit der Rüge, es sei keine Beweisaufnahme erforderlich gewesen und es hätte durch Sachurteil entschieden werden müssen, können auch sachlichrechtliche Ausführungen des Berufungsgerichts zur Überprüfung gestellt werden. Die Tatsachen, aus denen sich dieser Verfahrensmangel ergeben soll, müssen aber in der Revisions- oder Anschlussrevisionsbegründung im Einzelnen bezeichnet werden, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 b § 554 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Allein die Beanstandung vom Berufungsgericht angestellter materiellrechtlicher Überlegungen ohne Darlegung, dass durch Sachurteil hätte entschieden werden müssen, ist keine ordnungsgemäße Verfahrensrüge (BGH, Beschluss vom 7. Januar 2008 - II ZR 234/06, NJW-RR 2008, 585 Rn. 1).
- 26
- Die Anschlussrevision enthält eine solche Verfahrensrüge. Sie rügt, dass entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine Beweisaufnahme nicht erforderlich gewesen sei, weil die Klage wegen einer ohne Beweisaufnahme festzustellenden fehlenden Passivlegitimation der Beklagten als auch deswegen abweisungsreif gewesen sei, weil ein wichtiger Grund für die Ausschließung der Klägerin aus der DDE und der DSE und für die Einziehung ihres Geschäftsanteils an der Beklagten zu 2 gegeben sei.
- 27
- 2. Die Anschlussrevision ist aber nicht begründet.
- 28
- a) Da ein übereinstimmender Wille der an dem Abschluss eines Vertrages beteiligten Parteien dem Vertragswortlaut oder einer anderweitigen Auslegung vorgeht, ist die Klage hinsichtlich der Beschlüsse der Gesellschafterversammlungen der Kommanditgesellschaften nicht schon deshalb abweisungsreif , weil - ohne Beweisaufnahme - davon auszugehen wäre, dass die Beklagten nicht passivlegitimiert sind.
- 29
- b) Die Klage ist entgegen der Auffassung der Anschlussrevision auch nicht unabhängig davon, ob die Beklagten die richtigen Klagegegner sind, ab- zuweisen, weil davon auszugehen wäre, dass ein wichtiger Grund für den Ausschluss der Klägerin vorliegt.
- 30
- Ein wichtiger Grund für einen Ausschluss oder eine Einziehung im Sinn der Gesellschaftsverträge ist dann gegeben, wenn die Fortsetzung der Gesellschaft mit dem Auszuschließenden für die übrigen Gesellschafter unzumutbar ist. Eine Entscheidung hierüber erfordert eine umfassende Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalles im Rahmen einer beiden Seiten gerecht werdenden Gesamtabwägung. Dabei sind vor allem Art und Schwere des Fehlverhaltens des Auszuschließenden sowie ein etwaiges Fehlverhalten des den Ausschluss betreibenden Gesellschafters zu berücksichtigen. Die Ausschließung kommt nur als "ultima ratio" in Betracht, nämlich wenn die Unzumutbarkeit nicht durch mildere Mittel beseitigt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 8/01, ZIP 2003, 1037, 1038, zu § 737 BGB m.w.N.). Die Frage, ob ein wichtiger Grund in der Person des auszuschließenden Gesellschafters gegeben ist, unterliegt im Wesentlichen der tatrichterlichen Beurteilung. Das Berufungsurteil ist in der Revisionsinstanz nur daraufhin nachzuprüfen , ob das Berufungsgericht den Begriff des wichtigen Grundes richtig erfasst hat und ob es alle Umstände des Falles berücksichtigt und dabei die Grenzen seines tatrichterlichen Beurteilungsspielraums nicht überschritten hat (BGH, Urteil vom 18. Oktober 1976 - II ZR 98/75, WM 1977, 500, 502, insoweit in BGHZ 68, 81 nicht abgedruckt; BGH, Urteil vom 12. Dezember 1994 - II ZR 206/93, ZIP 1995, 113; BGH, Urteil vom 24. Februar 2003 - II ZR 243/02, ZIP 2003, 759, 760).
- 31
- Danach kann der Senat im Revisionsverfahren nicht feststellen, dass entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ein wichtiger Grund für den Ausschluss der Klägerin oder die Einziehung ihres Geschäftsanteils vorliegt. Die Rüge der Anschlussrevision, das Berufungsgericht habe nicht alle Umstän- de des Falles berücksichtigt, ermöglicht dem Senat schon deshalb keine Entscheidung in der Sache, weil das Berufungsgericht insoweit keine Feststellungen getroffen hat und das in der Revisionsinstanz nicht nachgeholt werden kann.
- 32
- Im Übrigen hat das Berufungsgericht - entgegen der Auffassung der Anschlussrevision - die Vorgeschichte der Kündigung des sog. MASP-Vertrages durch den Geschäftsführer der Beklagten zu 2 berücksichtigt und nicht allein darauf abgestellt, dass der Geschäftsführer damit die innergesellschaftsrechtliche Kompetenzordnung verletzt hat. Im Rahmen der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung hat das Berufungsgericht Gelegenheit, sich mit den übrigen Einwänden der Anschlussrevision gegen seine zur Ablehnung eines wichtigen Grundes führende Gesamtabwägung auseinanderzusetzen.
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 14.10.2008 - 31 O 46/08 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 04.02.2009 - 5 U 149/08 (Hs) -
(1) Die Führung der Geschäfte der Gesellschaft steht den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu; für jedes Geschäft ist die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich.
(2) Hat nach dem Gesellschaftsvertrag die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen.
(1) Für die von den Gesellschaftern zu fassenden Beschlüsse bedarf es der Zustimmung aller zur Mitwirkung bei der Beschlußfassung berufenen Gesellschafter.
(2) Hat nach dem Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger und der Beklagte zu 2 sind Kommanditisten, die Beklagte zu 1., die Gebr. S. Verwaltungsgesellschaft mbH, ist Komplementärin der Gebr. S. GmbH & Co. KG (i.F.: GmbH & Co. KG). Zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2 besteht seit dem Jahr 2005 Streit darüber, ob der Kläger verpflichtet ist, seinen Kommanditanteil entschädigungslos auf die M. - Stiftung, E. zu übertragen. Die Frage ist Gegenstand eines seit 2006 anderweit anhängigen Rechtsstreits.
- 2
- Am 5. Juli 2011 fasste die Gesellschafterversammlung der GmbH & Co. KG mit den Stimmen der Beklagten und gegen die Stimmen des Klägers drei Beschlüsse folgenden Inhalts: 1. Der Übertragung des Kommanditanteils des Beklagten zu 2 (…) und der Übertragung des Kommanditanteils des Klägers (…) an der GmbH & Co. KG auf die M. Stiftung, E. , wird gemäß § 10 (1) des Gesellschaftsvertrages zugestimmt. 2. Der Übertragung des Kommanditanteils des Beklagten zu 2 (…) an der GmbH & Co. KG auf die M. Stiftung, E. , wird gemäß § 10 (1) des Gesellschaftsvertrages zugestimmt. 3. Der Übertragung des Kommanditanteils des Klägers (…) an der GmbH & Co. KG auf die M. Stiftung, E. , wird gemäß § 10 (1) des Gesellschaftsvertrages zugestimmt.
- 3
- Der Kläger ist der Ansicht, die Beschlussfassungen seien nichtig, da es für die Zustimmung zur Übertragung der Kommanditanteile gem. § 6 (6) des Gesellschaftsvertrags eines einstimmigen Beschlusses bedurft hätte. Der Gesellschaftsvertrag der GmbH & Co. KG sieht u.a. Folgendes vor: § 6 Gesellschafterversammlung (…) (4) Die Gesellschafter haben insgesamt 100 Stimmen. Davon entfallen - auf die … [Beklagte zu 1] 80 Stimmen, - auf den … [Beklagten zu 2] 10 Stimmen und - auf den … [Kläger] 10 Stimmen.
§ 8 Konten der Gesellschafter Für jeden Gesellschafter werden gegebenenfalls die folgenden Konten geführt : (1) Beteiligungskonten …
b) Rücklagekonto … Entnahmen aus dem Rücklagekonto bedürfen eines einstimmigen Gesellschafterbeschlusses.
d) Gewinnvortragskonto … Von dem Gewinnanteil, der dem Gewinnvortragskonto gutgeschrieben wird, ist im Rahmen der Bilanzfeststellung ein Teilbetrag von 15 % des Gewinns vor den Steuern, die die Gesellschafter persönlich zu tragen haben, dem Rücklagekonto zuzuweisen. Ein Gesellschafterbeschluss, der eine geringere oder eine höhere Rücklagezuweisung festlegt, bedarf einer Mehrheit von 75 % aller vorhandenen Stimmen. … Solange beide Brüder [Beklagter zu 2 und Kläger] als Kommanditisten an der Gesellschaft beteiligt sind, bedürfen Buchungen zu Lasten des Gewinnvortragskontos nur eines einstimmigen Beschlusses der Kommanditisten und keines Gesellschafterbeschlusses. (3) Darlehenskonto …
b) Die Abtretung des Darlehenskontos oder eines Teiles davon an NichtGesellschafter bedarf der Zustimmung aller übrigen Gesellschafter und der Gesellschaft.
§ 10 Verfügungen über Gesellschaftsanteile (1) Verfügungen über Gesellschaftsanteile, insbesondere deren Abtretung, Teilung oder Belastung, und zwar auch zum Zwecke der Begründung einer Unterbeteiligung oder eines Treuhandverhältnisses, bedürfen der Einwilligung der Gesellschafterversammlung. (2) Das Gleiche gilt sinngemäß für Verfügungen über schuldrechtliche Ansprüche wie Abtretung von Gewinnansprüchen oder den Anspruch auf Liquidationserlös. (3) Verfügungen, die nicht die Billigung der Gesellschafterversammlung gefunden haben, sind unwirksam. (...)
§ 12 Ausscheiden eines Gesellschafters (…) (3) Verstirbt einer der beiden Kommanditisten … [Beklagter zu 2 oder Kläger ], so tritt die Stiftung M. GmbH hinsichtlich der Beteiligungsund Darlehenskonten an seine bzw. deren Stelle in die Gesellschaft ein. Eine entsprechende Regelung haben die Kommanditisten … [Beklagter zu 2 und Kläger] in ihren jeweiligen Testamenten getroffen.
- 4
- Das Landgericht hat auf die entsprechenden Anträge des Klägers die Nichtigkeit der genannten Beschlüsse festgestellt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihren vom Senat zugelassenen Revisionen, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, begehren die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revisionen der Beklagten haben Erfolg und führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 6
- I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Die Zustimmungsbeschlüsse seien aus formellen Gründen nichtig, da sie dem Einstimmigkeitserfordernis unterlägen. Sie hätten nicht auf Grund der in § 6 (5) des Gesellschaftsvertrags enthaltenen allgemeinen Mehrheitsklausel mit der Mehrheit der Stimmen in der Gesellschafterversammlung gefasst werden können. Die Reichweite allgemeiner Mehrheitsklauseln werde durch den sogenannten Bestimmtheitsgrundsatz auf gewöhnliche Beschlussgegenstände beschränkt. Diese Beschränkung leite der Bundesgerichtshof mit überzeugenden Gründen (Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05) daraus her, dass Beschlussgegenstände, die die Grundlagen der Gesellschaft beträfen oder ungewöhnliche Geschäfte beinhalteten, bei der Unterwerfung der Mitgesellschafter unter den Mehrheitswillen, die außerhalb eines konkreten Anlasses im Gesellschaftsvertrag vereinbart würde, typischerweise nicht in ihrer vollen Tragweite erfasst würden und angesichts der Unvorhersehbarkeit späterer Entwicklungen auch regelmäßig nicht erfasst werden könnten. Für die Geltung des Mehrheitsprinzips sei zwar eine enumerative Aufzählung der dem Mehrheitswillen zu unterwerfenden Gegenstände nicht erforderlich , sondern es genüge, wenn sich durch Auslegung aus dem Gesellschaftsvertrag eindeutig ergebe, dass der in Frage stehende Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen sein solle. Nur wenn sich der einzelne Gesellschafter schon beim Vertragsschluss in dieser eindeutigen Weise dem Mehrheitswillen unterwerfe, verfüge der spätere Mehrheitsbeschluss über die hinreichende Legitimationsgrundlage.
- 7
- Hier fehle es an einer eindeutigen Legitimationsgrundlage für eine Mehrheitsentscheidung bei der in § 10 (1) des Gesellschaftsvertrags vorgesehenen Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung über die Zustimmung zur Anteilsübertragung. Die Zuweisung in die Kompetenz der Gesellschafterversammlung besage noch nicht, dass dort mit Mehrheit entschieden werden könne. Eine den Anforderungen genügende Regelung, mit der die Gesellschafter sich insoweit dem Mehrheitswillen unterwürfen, enthalte der Gesellschaftsvertrag nicht. Er enthalte zwar diverse Klauseln, die je nach Beschlussgegenstand unterschiedliche Beschlussmehrheiten verlangten. Sie seien jedoch mit Ausnahme der Regelung für Beschlüsse über Vertragsänderungen in § 6 (6) für den hier umstrittenen Beschlussgegenstand keinesfalls in Betracht zu ziehen. Die Zustimmung zur Übertragung sei aber ungeachtet der Frage, ob sie selbst als Beschluss über eine Vertragsänderung gesehen werden könne, in jedem Fall ein konstitutiver Teilakt der Verfügung über den Anteil, die ihrerseits als ein die Grundlagen der Gesellschaft betreffendes Geschäft angesehen werden müsse. Das stehe mithin einer Einordnung dieses Beschlussgegenstands als ein solcher über einen gewöhnlichen Beschlussgegenstand entgegen. Von einer eindeutigen und klaren Unterwerfung der Vertragsschließenden unter den Mehrheitswillen könne deshalb hinsichtlich dieses Beschlussgegenstands nicht ausgegangen werden.
- 8
- II. Die Revision rügt mit Recht, dass die Auffassung des Berufungsgerichts , die drei Beschlüsse vom 5. Juli 2011 hätten einer einstimmigen Beschlussfassung bedurft, auf einer rechtsfehlerhaften Auslegung des Gesellschaftsvertrags der GmbH & Co. KG beruht. Das Berufungsgericht hat die Reichweite einer im Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft vereinbarten Mehrheitsklausel verkannt und demzufolge rechtsfehlerhaft von der weiteren Auslegung des Gesellschaftsvertrags der GmbH & Co. KG abgesehen.
- 9
- 1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Reichweite allgemeiner Mehrheitsklauseln in Personengesellschaftsverträgen nicht durch den früher sogenannten Bestimmtheitsgrundsatz dahin beschränkt, dass nur gewöhnliche Beschlussgegenstände, nicht aber solche Beschlussgegenstände erfasst werden, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen oder sich auf ungewöhnliche Geschäfte beziehen.
- 10
- a) In der vom Berufungsgericht für seine Auffassung angeführten Entscheidung des Senats vom 15. Januar 2007 wird zwar die auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts zurückgehende Senatsrechtsprechung zum sogenannten Bestimmtheitsgrundsatz dahin referiert, dass dieser den Anwendungs- bereich allgemeiner Mehrheitsklauseln auf „gewöhnliche“ Beschlussgegenstän- de beschränkt habe (BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 9 - OTTO). Als im Gegensatz zu gewöhnlichen Beschlussgegenständen stehend werden Vertragsänderungen und ähnliche die Grundlagen der Gesellschaft berührende oder in Rechtspositionen der Gesellschafter eingreifende Maßnahmen genannt, die bei der im Gesellschaftsvertrag außerhalb eines konkreten Anlasses vereinbarten Unterwerfung unter den Mehrheitswillen typischerweise nicht in ihrer vollen Tragweite erfasst würden und angesichts der Unvorhersehbarkeit späterer Entwicklungen auch regelmäßig nicht erfasst werden könnten. Vor allem für Mehrheitsentscheidungen über nachträgliche Beitragserhöhungen ist in der OTTO-Entscheidung schon wegen des besonderen Charakters einer solchen, nur mit Zustimmung eines jeden Gesellschafters zulässigen Lastenvermehrung (vgl. § 707 BGB) nach wie vor eine eindeutige entsprechende Legitimationsgrundlage im Gesellschaftsvertrag gefordert worden, die auch Ausmaß und Umfang einer möglichen zusätzlichen Belastung der Gesellschafter erkennen lassen muss (BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 9 - OTTO). Sodann wird aber, wie auch das Berufungsgericht allerdings nicht verkannt hat, das Verständnis, eine Mehrheitsklausel müsse stets die betroffenen Beschlussgegenstände minutiös auflisten, als verfehlt bezeichnet, weil dies den Bestimmtheitsgrundsatz, der eine Verankerung der Mehrheitsmacht im Gesellschaftsvertrag nur als Eingangsvoraussetzung für die Gültigkeit einer Mehrheitsentscheidung verlange, zu einer Förmelei denaturieren würde. Es genüge vielmehr, wenn sich aus dem Gesellschaftsvertrag - sei es auch durch dessen Auslegung - eindeutig ergebe, dass der in Frage stehende Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen sein solle. „Mit dieser Maßgabe“, so heißt es in dem die Ausfüh- rungen zum sogenannten Bestimmtheitsgrundsatz betreffenden Absatz der OTTO-Entscheidung abschließend, sei an dem Bestimmtheitsgrundsatz, dessen Erforderlichkeit als Instrument des Minderheitenschutzes neben der sogenannten „Kernbereichslehre“ der Senat in seiner jüngeren Rechtsprechung zum Teil offen gelassen habe, festzuhalten (BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 9 a.E. - OTTO).
- 11
- Dass es sich bei der von dem - grundsätzlich dispositiven - gesetzlichen Einstimmigkeitsprinzip (§ 709 Abs. 1 BGB, § 119 Abs. 1 HGB) abweichenden Verankerung der Mehrheitsmacht im Gesellschaftsvertrag nur um eine „Eingangsvoraussetzung für die Gültigkeit der Mehrheitsentscheidung“ handelt, wird in der OTTO-Entscheidung dahin erläutert, dass nach der - gegebenenfalls durch Auslegung vorzunehmenden - Prüfung, ob nach dem Gesellschaftsvertrag der betreffende Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen ist, auf einer zweiten Stufe eine inhaltliche Wirksamkeitsprüfung stattzufinden hat (BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 10 - OTTO). Dabei sei zu prüfen, ob trotz Zulassung der betreffenden Mehrheitsentscheidung im Gesellschaftsvertrag ein unzulässiger Eingriff in schlechthin unverzichtbare oder in „relativ unentziehbare“, d.h. in nur mit Zustimmung des einzelnen Gesellschafters oder aus wichtigem Grund entziehbare Mitgliedschaftsrechte vorliege. Im zweiten Fall komme es darauf an, ob die Ge- sellschaftermehrheit die inhaltlichen Grenzen der ihr erteilten Ermächtigung eingehalten und sich nicht etwa treupflichtwidrig über beachtenswerte Belange der Minderheit hinweggesetzt habe (BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 10 - OTTO).
- 12
- b) Zu diesen Ausführungen in den Randnummern 9 und 10 der OTTOEntscheidung hat der Senat schon im Urteil vom 24. November 2008 (II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 - Schutzgemeinschaftsvertrag II) klargestellt, dass es bei der Prüfung auf der ersten Stufe nur um die formelle Legitimation für Mehrheitsentscheidungen auf der Grundlage einer Mehrheitsklausel geht, die als solche eine wertneutrale Verfahrensregel ist, deren Vor- und Nachteile allen Gesellschaftern von Fall zu Fall zugutekommen können (BGH, Urteil vom 24. November 2008 - II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 16 - Schutzgemeinschaftsvertrag II). Dass die Wirksamkeit der jeweiligen Mehrheitsentscheidung sowohl eine Prüfung ihrer formellen Legitimation durch eine Mehrheitsklausel auf der ersten Stufe als auch eine inhaltliche Prüfung auf der zweiten Stufe (materielle Legitimation) unter dem Aspekt einer etwaigen Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht der Mehrheit gegenüber der Minderheit voraus- setzt, gilt, wie der Senat in der Entscheidung „Schutzgemeinschaftsvertrag II“ ausdrücklich klargestellt hat, allgemein für alle Beschlussgegenstände, also auch bei sogenannten „Grundlagengeschäften“ oder Maßnahmen, die in den „Kernbereich“ der Mitgliedschaftsrechte bzw. in absolut oder relativ unentzieh- bare Rechte der Minderheit eingreifen (BGH, Urteil vom 24. November 2008 - II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 16 f. - Schutzgemeinschaftsvertrag II). In den zuletzt genannten Fällen der absolut oder relativ unentziehbaren Rechte ist - bei der Prüfung auf der zweiten Stufe - lediglich regelmäßig eine treupflichtwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht anzunehmen, während in den sonstigen Fällen die Minderheit den Nachweis einer treupflichtwidrigen Mehrheitsent- scheidung zu führen hat (BGH, Urteil vom 24. November 2008 - II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 17 - Schutzgemeinschaftsvertrag II).
- 13
- Die Bejahung einer Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht auf der zweiten Stufe lässt die Wirksamkeit der Mehrheitsklausel als solcher und damit die Bejahung der formellen Legitimität der auf ihrer Grundlage getroffenen Mehrheitsentscheidungen jedoch unberührt (BGH, Urteil vom 24. November 2008 - II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 16 - Schutzgemeinschaftsvertrag II). Nach der Rechtsprechung des Senats, die er nach dem Urteil „Schutzgemeinschaftsvertrag II“ in weiteren Entscheidungen bestätigt (BGH, Urteil vom 25. Mai 2009 - II ZR 259/07, ZIP 2009, 1373 Rn. 14; Urteil vom 19. Oktober 2009 - II ZR 240/08, BGHZ 183, 1 Rn. 14 f. - Sanieren oder Ausscheiden ; Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 16; Urteil vom 16. Oktober 2012 - II ZR 239/11, ZIP 2013, 65 Rn. 14; Urteile vom 20. November 2012 - II ZR 98/10 und II ZII ZR 99/10, juris Rn. 21) und hinsichtlich der Prüfung auf der zweiten Stufe auch auf sonstige zur materiellen Unwirksamkeit gegenüber allen oder einzelnen Gesellschaftern führende Gründe wie etwa das Erfordernis einer Zustimmung des jeweils betroffenen Gesellschafters erstreckt hat (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2009 - II ZR 240/08, BGHZ 183, 1 Rn. 15 - Sanieren oder Ausscheiden), ist die (formelle) Reichweite allgemeiner Mehrheitsklauseln entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts weder durch den sogenannten Bestimmtheitsgrundsatz noch aus anderen Gründen auf gewöhnliche Geschäfte beschränkt. Vielmehr ist die formelle Legitimation einer auf eine Mehrheitsklausel gestützten Mehrheitsentscheidung auch bei einem ein außergewöhnliches oder ein „Grundlagengeschäft“ betref- fenden Beschluss gegeben, wenn die Auslegung des Gesellschaftsvertrags ergibt, dass der betreffende Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen sein soll.
- 14
- c) Danach ist festzuhalten, dass dem sogenannten Bestimmtheitsgrundsatz für die formelle Legitimation einer Mehrheitsentscheidung keine Bedeutung mehr zukommt (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2012 - II ZR 239/11, ZIP 2013, 65 Rn. 15). Die Prüfung der formellen Legitimation auf der ersten Stufe erfolgt vielmehr im Wege der Auslegung des Gesellschaftsvertrags nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen (vgl. dazu auch Schäfer, ZGR 2013, 237, 243 f.). Bei der Auslegung des Gesellschaftsvertrags ist der frühere Bestimmtheitsgrundsatz auch nicht in Gestalt einer Auslegungsregel des Inhalts zu berücksichtigen, dass allgemeine Mehrheitsklauseln restriktiv auszulegen sind oder, wie das Berufungsgericht angenommen hat, Beschlussgegenstände, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen oder ungewöhnliche Geschäfte beinhalten, jedenfalls von allgemeinen Mehrheitsklauseln, die außerhalb eines konkreten Anlasses vereinbart wurden, regelmäßig nicht erfasst werden. Eine solche Auslegungsregel findet im Gesetz keine Stütze (vgl. Schäfer, ZGR 2013, 237, 245). Die Zweifelsregel in § 709 Abs. 2 BGB, § 119 Abs. 2 HGB bezieht sich nur auf die Berechnung der Mehrheit der Stimmen. Da sich die durch Auslegung des Gesellschaftsvertrags vorzunehmende Feststellung, ob im konkreten Fall für die formelle Legitimation eines Beschlusses eine Mehrheitsentscheidung genügt, nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen richtet, kann sich die Mehrheitsbefugnis aus jeder Vereinbarung der Gesellschafter ergeben, die einer dahingehenden Auslegung zugänglich ist, also von der ausdrücklichen Anführung des betreffenden Beschlussgegenstands in einem Katalog von Beschlussgegenständen über eine umfassende oder auslegungsfähige Mehrheitsklausel im (schriftlichen) Gesellschaftsvertrag bis hin zu einer konkludenten Vereinbarung der Mehrheitszuständigkeit (vgl. K. Schmidt, ZIP 2009, 737, 738).
- 15
- Wenn in der angeführten Senatsrechtsprechung in diesem Zusammenhang von der Eindeutigkeit einer vertraglichen Regelung die Rede ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 9 und 10 - OTTO; Urteil vom 19. Oktober 2009 - II ZR 240/08, BGHZ 183, 1 Rn. 16 - Sanieren oder Ausscheiden), ist damit wie auch sonst nicht die ausdrückliche Spezifizierung im Gesellschaftsvertrag oder die Eindeutigkeit einer Vertragsklausel in dem Sinne gemeint, dass sie über ihren Wortlaut hinaus nicht ausgelegt werden kann. Vielmehr genügt es, wenn die hier subjektive - bei Publikumspersonengesellschaften dagegen objektive (vgl. nur BGH, Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 17 mwN) - Auslegung des Gesellschaftsvertrags, bei der nach Maßgabe der §§ 133, 157 BGB auf der Grundlage des von den Parteien vorgetragenen und vom Gericht gegebenenfalls nach Beweisaufnahme festgestellten maßgeblichen tatsächlichen Auslegungsstoffs der objektive Sinn der jeweiligen Vertragsbestimmung bei der gebotenen Gesamtwürdigung des Vertragsinhalts zu ermitteln ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 1972 - II ZR 85/71, WM 1973, 37; Urteil vom 27. Januar 1975 - II ZR 130/73, WM 1975, 662, 663; Urteil vom 4. Juli 1977 - II ZR 91/76, WM 1977, 1140, Urteil vom 18. Mai 1998 - II ZR 19/97, WM 1998, 1535, 1536; Urteil vom 11. September 2000 - II ZR 34/99, ZIP 2000, 2105, 2106 f.; vgl. ferner Grunewald, ZGR 1995, 68 f. mwN), zu dem Ergebnis führt, dass der betreffende Beschlussgegenstand von der Mehrheitsklausel erfasst sein soll. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei der Auslegung selbst nicht um eine der Beweisaufnahme zugängliche Tatsachenfeststellung, sondern um eine nach bestimmten Regeln vorzunehmende Würdigung handelt, die weitgehend in der Verantwortung des Tatrichters liegt und als richterliche Würdigung - anders als die Feststellung der für die Auslegung wesentlichen Tatsachen - weder nach Beweislastgrundsätzen erfolgen noch zu einem non liquet führen kann (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 1956 - II ZR 207/54, BGHZ 20, 109, 110 f.; Urteil vom 26. Oktober 1983 - IVa ZR 80/82, WM 1984, 91, 92; Urteil vom 10. Mai 1989 - IVa ZR 66/88, WM 1989, 1344, 134). Bei der nach §§ 133, 157 BGB vom Wortlaut und dem erkennbaren Sinn und Zweck ausgehenden Auslegung ge- sellschaftsvertraglicher Bestimmungen ist es auch ohne Bedeutung, ob solche Bestimmungen in zulässiger Weise eine von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Regelung enthalten (BGH, Urteil vom 21. Januar 1957 - II ZR 147/56, WM 1957, 512, 514). Die dispositive gesetzliche Regelung kommt nur dann zur Anwendung, wenn sich im Wege der Auslegung eine abweichende Vereinbarung der Gesellschafter nicht feststellen lässt. Der Auslegung des (objektiv) erklärten Willens der Vertragsparteien geht ein abweichender übereinstimmender Wille der am Abschluss des Vertrages beteiligten Parteien lediglich dann vor, wenn sie ihren übereinstimmenden Willen einander zu erkennen gegeben haben (vgl. nur BGH, Urteil vom 29. März 1996 - II ZR 263/94, ZIP 1996, 750, 752 mwN; insoweit in BGHZ 132, 263 nicht abgedruckt
).
- 16
- d) Diese Grundsätze gelten für alle Beschlussgegenstände, da das gesetzliche Einstimmigkeitsprinzip (§ 709 Abs. 1 BGB, § 119 Abs. 1 HGB) - auch für Vertragsänderungen und ähnliche die Grundlagen der Gesellschaft berührende oder in Rechtspositionen der Gesellschafter eingreifende Maßnahmen - grundsätzlich dispositiv ist (§ 709 Abs. 2 BGB, § 119 Abs. 2 HGB). Den Gesellschaftern steht es im Rahmen der Privatautonomie frei, sich dahin zu einigen, ob und in welchem Umfang das starre, praktischen Erfordernissen oftmals nicht gerecht werdende Einstimmigkeitsprinzip durch das Mehrheitsprinzip ersetzt wird (BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 6 - OTTO). Da es auf dieser ersten Stufe nur um die formelle Legitimation für die Mehrheitsentscheidung und nicht um den erst auf der zweiten Stufe zu prüfenden Umfang der materiellen Wirksamkeit des in Rede stehenden Mehrheitsbeschlusses geht, kommt es auf dieser ersten Stufe auch nicht darauf an, ob bestimmte Beschlüsse wie beispielsweise Beschlüsse über nachträgliche Beitragserhöhungen (vgl. § 707 BGB) gegenüber dem einzelnen Gesellschafter nur mit dessen Zustimmung wirksam werden (vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 2012 - II ZR 239/11, ZIP 2013, 65 Rn. 19). Die aus der fehlenden Zustimmung des einzelnen Gesellschafters ihm gegenüber folgende (relative) Unwirksamkeit eines Beschlusses ändert nichts daran, dass er formell wirksam gefasst ist, wenn im Gesellschaftsvertrag für diesen Beschlussgegenstand eine Entscheidung durch die Mehrheit vorgesehen und etwaige weiter vereinbarte formelle Voraussetzungen der Beschlussfassung eingehalten worden sind.
- 17
- Soweit in der Rechtsprechung des Senats zu nachträglichen Beitragserhöhungen eine eindeutige Regelung im Gesellschaftsvertrag gefordert wird, die Ausmaß und Umfang einer möglichen zusätzlichen Belastung der Gesellschafter erkennen lassen muss (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 23. Januar 2006 - II ZR 306/04, ZIP 2006, 562 Rn. 18 ff.; Urteil vom 5. März 2007 - II ZR 282/05, ZIP 2007, 766 Rn. 13; Urteil vom 9. Februar 2009 - II ZR 231/07, ZIP 2009, 864 Rn. 14 f.), geht es nicht um die formelle Legitimation des Beschlusses über die Beitragserhöhung, sondern darum, dass ein Gesellschafter nicht ohne eigene Zustimmung mit zusätzlichen Beitragspflichten belastet werden kann und eine grundsätzlich mögliche antizipierte Zustimmung zu einer nachträglichen Beitragserhöhung durch Mehrheitsbeschluss eine eindeutige gesellschaftsvertragliche Bestimmung voraussetzt, die Ausmaß und Umfang der möglichen zusätzlichen Belastung erkennen lässt. Die fehlende Zustimmung für eine Beitragserhöhung stellt eine besondere, nur gegenüber dem Gesellschafter, der seine Zustimmung verweigert hat, wirkende Kategorie eines Beschlussmangels dar, der auch dann selbstständige Bedeutung behält, wenn der gefasste Beschluss im Übrigen nicht zu beanstanden oder eine im Gesellschaftsvertrag für die Geltendmachung von Beschlussmängeln vereinbarte Frist abgelaufen ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2007 - II ZR 282/05, ZIP 2007, 766 Rn. 15; Urteil vom 19. Oktober 2009 - II ZR 240/08, BGHZ 183, 1 Rn. 12 mwN - Sanieren oder Ausscheiden).
- 18
- e) Für den hier in Rede stehenden Beschluss der Gesellschafterversammlung , mit dem die Einwilligung zur Abtretung eines Gesellschaftsanteils erklärt wird, gilt nichts anderes. Die Übertragung der Mitgliedschaft an einer Personen(handels)gesellschaft setzt nach allgemeiner Auffassung die Zustimmung der übrigen Gesellschafter voraus. Unabhängig von der Frage, woraus dieses Erfordernis hergeleitet wird (vgl. dazu nur MünchKommBGB/Schäfer, 6. Aufl., § 719 Rn. 27 einerseits; Soergel/Hadding/Kießling, BGB, 13. Aufl., § 719 Rn. 12 ff. andererseits, jeweils mwN), besteht Übereinstimmung darüber, dass die Zustimmung zur Übertragung bereits im Gesellschaftsvertrag erklärt oder dort von der Zustimmung (nur) der Mehrheit der Gesellschafter abhängig gemacht werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 1960 - II ZR 55/59, WM 1961, 303, 304; MünchKommBGB/Schäfer, 6. Aufl., § 719 Rn. 28; Soergel/ Hadding/Kießling, BGB, 13. Aufl., § 719 Rn. 14, § 709 Rn. 40). Insoweit gilt wie für (andere) Vertragsänderungen oder mit ihnen vergleichbare „Grundlagengeschäfte“ nach der oben dargestellten neueren Rechtsprechung des Senats, dass auch hier die formelle Legitimation einer Entscheidung der Mehrheit der Gesellschafter, einer Anteilsübertragung zuzustimmen, (nur) die Feststellung erfordert, ob sich aus der Auslegung des Gesellschaftsvertrags ergibt, dass dieser Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 9 - OTTO).
- 19
- Ein etwaiges Zustimmungserfordernis eines einzelnen Gesellschafters betrifft auch dann die erst auf der zweiten Stufe vorzunehmende Prüfung der materiellen Wirksamkeit des Beschlusses einzelnen Gesellschaftern gegenüber (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2009 - II ZR 240/08, BGHZ 183, 1 Rn. 15 - Sanieren oder Ausscheiden), wenn dieses Erfordernis aus einem Eingriff in den sogenannten Kernbereich hergeleitet wird, wie dies bei Beschlüssen, die Änderungen im Bestand und der Zusammensetzung der Mitglieder einer Per- sonengesellschaft zum Gegenstand haben, im Schrifttum erwogen wird (vgl. nur Schäfer, ZGR 2013, 237, 256 f.). Auch bei der nach Bejahung der formellen Legitimation des Mehrheitsbeschlusses vorzunehmenden Prüfung der materiellen Unwirksamkeit auf der zweiten Stufe stellt der Senat in seiner jüngeren Rechtsprechung allerdings nicht (mehr) darauf ab, ob ein Eingriff in den soge- nannten „Kernbereich“ gegeben ist. In der Senatsrechtsprechung ist schon vor der Aufgabe des Bestimmtheitsgrundsatzes zu Recht darauf hingewiesen worden , dass sich der Kreis der nicht ohne weiteres durch Mehrheitsbeschluss entziehbaren Rechte nicht abstrakt und ohne Berücksichtigung der konkreten Struktur der jeweiligen Personengesellschaft und einer etwaigen besonderen Stellung des betroffenen Gesellschafters umschreiben lässt (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1994 - II ZR 18/94, ZIP 1994, 1942, 1943; vgl. auch Ulmer, NJW 1990, 73, 80). Abgesehen von unverzichtbaren und schon deshalb unentziehbaren Rechten - unabhängig davon, ob und in welchem Umfang man solche überhaupt anerkennen will - kommt es bei Eingriffen in die individuelle Rechtsstellung des Gesellschafters, d.h. in seine rechtliche und vermögensmäßige Position in der Gesellschaft, letztlich maßgeblich immer darauf an, ob der Eingriff im Interesse der Gesellschaft geboten und dem betroffenen Gesellschafter unter Berücksichtigung seiner eigenen schutzwerten Belange zumutbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1994 - II ZR 18/94, ZIP 1994, 1942, 1943 f.; Urteil vom 4. Juli 2005 - II ZR 354/03, ZIP 2005, 1455, 1456 f.).
- 20
- 2. Gegen die oben dargelegten Auslegungsgrundsätze hat das Berufungsgericht verstoßen, indem es rechtsirrig davon ausgegangen ist, die Reichweite einer Mehrheitsklausel wie § 6 (5) des Gesellschaftsvertrags werde durch den sogenannten Bestimmtheitsgrundsatz von vornherein auf gewöhnliche Beschlussgegenstände beschränkt, und von diesem rechtsirrigen Ausgangspunkt aus nur geprüft hat, ob sich unabhängig von § 6 (5) anderen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags eine eindeutige Legitimationsgrundlage für eine Mehrheitsentscheidung bei der Zustimmung zur Anteilsübertragung entnehmen lässt.
- 22
- 1. Nach dem revisionsrechtlich bei der Auslegung des Gesellschaftsvertrags der GmbH & Co. KG zugrunde zu legenden Sachverhalt kann nicht festgestellt werden, dass die in der Versammlung der GmbH & Co. KG am 5. Juli 2011 gefassten Beschlüsse einer Mehrheitsentscheidung entzogen waren und daher aus formellen Gründen nichtig sind.
- 23
- a) Das Revisionsgericht kann die Auslegung selbst vornehmen, wenn der Tatrichter eine Erklärung nicht oder unter Verletzung anerkannter Auslegungsgrundsätze ausgelegt hat und weitere, für die Auslegung maßgebliche tatsächliche Feststellungen nicht zu erwarten sind, und zwar auch dann, wenn mehrere Auslegungsmöglichkeiten bestehen (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 25. September 1975 - VII ZR 179/73, BGHZ 65, 107, 112; Urteil vom 3. April 2000 - II ZR 194/98, NJW 2000, 2099).
- 24
- b) Nach der bei der vorliegenden Personenhandelsgesellschaft gebotenen subjektiven Auslegung des Gesellschaftsvertrags ist dabei nicht allein auf den Wortlaut des (schriftlichen) Gesellschaftsvertrags abzustellen, sondern können auch außerhalb des Vertragstextes liegende Umstände für die Auslegung von Bedeutung sein wie insbesondere die Entstehungsgeschichte der in Rede stehenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags oder ein übereinstimmender Wille der Vertragsparteien (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 1996 - II ZR 263/94, ZIP 1996, 750, 752 mwN; insoweit in BGHZ 132, 263 nicht abgedruckt ; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Wertenbruch, HGB, 3. Aufl., § 105 Rn. 92 f.; Schäfer in Großkomm.HGB, 5. Aufl., § 105 Rn. 192 mwN).
- 25
- aa) Schon dem Vertragstext lässt sich nicht entnehmen, dass die Zustimmung der Gesellschafterversammlung zur Übertragung der Kommanditanteile eines einstimmigen Beschlusses bedarf. Nach dem Wortlaut der Mehrheitsklausel in § 6 (5) des Gesellschaftsvertrags, vom dem bei der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB auszugehen ist, erfolgen die Beschlussfassungen der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit der vorhandenen Stimmen, „soweit nicht in diesem Gesellschaftsvertrag oder im Gesetz ausdrücklich abweichend geregelt“. Für die Beschlussfassung über die Zustimmung der Ge- sellschafterversammlung zu einer Abtretung eines Gesellschaftsanteils enthalten weder das Gesetz noch der Gesellschaftsvertrag eine ausdrücklich abweichende Regelung. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung enthält das Gesetz nicht deshalb eine ausdrücklich abweichende Regelung, weil für Gesellschafterbeschlüsse in der Kommanditgesellschaft nach § 119 Abs. 1, § 161 Abs. 2 HGB das Einstimmigkeitsprinzip gilt. Das gesetzliche Einstimmigkeitsprinzip ist grundsätzlich dispositiv und soll nach § 6 (5) ersichtlich in dem gesetzlich zulässigen Rahmen und vorbehaltlich ausdrücklich abweichender Regelungen im Gesellschaftsvertrag durch das Mehrheitsprinzip ersetzt werden. Der Gesellschaftsvertrag enthält ausdrückliche Regelungen, die für eine Beschlussfassung eine andere als die einfache Mehrheit verlangen, in § 6 (6) für Beschlüsse zur Änderung des Gesellschaftsvertrags und in § 8 (1) b Satz 3 für Entnahmen aus dem Rücklagekonto, die jeweils eines einstimmigen Gesellschafterbeschlusses bedürfen, sowie in § 8 (1) d Abs. 2 Satz 2, wonach ein Gesellschafterbeschluss , der eine geringere oder eine höhere Rücklagezuweisung als die § 8 (1) d Abs. 2 Satz 1 vereinbarte Zuweisung von 15 % des Gewinns vor Steuern festlegt, ebenso einer Mehrheit von 75 % aller vorhandenen Stimmen bedarf wie die in § 8 (3) a Abs. 2 Satz 4 angesprochene weitergehende Entnahme von Zinsen vom Darlehenskonto eines Kommanditisten. Nach § 8 (3) Abs. 3 b bedarf die Abtretung des Darlehenskontos eines Kommanditisten oder eines Teils davon an Nicht-Gesellschafter der Zustimmung aller übrigen Gesellschafter und der Gesellschaft.
- 26
- § 10 des Gesellschaftsvertrags, der Verfügungen über Gesellschaftsanteile regelt, enthält dagegen keine ausdrücklich von dem (bloßen) Mehrheitserfordernis abweichende Regelung. In § 10 (1) ist lediglich bestimmt, dass Verfügungen über Gesellschaftsanteile, insbesondere deren Abtretung, Teilung oder Belastung, und zwar auch zum Zwecke der Begründung einer Unterbeteiligung oder eines Treuhandverhältnisses, der Einwilligung der Gesellschafterversammlung bedürfen. Da der Gesellschaftsvertrag für die Einwilligung der Gesellschafterversammlung in § 10 keine besondere Bestimmung enthält, sind die allgemein für die Gesellschafterversammlung geltenden Regelungen des § 6 anzuwenden, mithin in erster Linie die für die Beschlussfassung allgemein einschlägige Bestimmung des § 6 (5). Die Auffassung der Revisionserwiderung, mit Einwilligung der Gesellschafterversammlung sei die Zustimmung aller Gesellschafter gemeint, findet im Gesellschaftsvertrag keinen Anhaltspunkt. Nach § 10 (2) gilt „das Gleiche“ sinngemäß für Verfügungen über schuldrechtliche Ansprüche wie Abtretung von Gewinnansprüchen oder den Anspruch auf Liquidationserlös. Dass die Abtretung in § 10 (1) als Beispielsfall genannt ist, spricht dafür, dass nach § 6 (5) in Verbindung mit § 10 (1) für die formelle Legitimation des Zustimmungsbeschlusses die Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit ausreicht.
- 27
- Aus § 6 (6) ergibt sich nichts anderes. Der Gesellschaftsvertrag bietet keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass die in § 10 (1) geforderte Einwilligung der Gesellschafterversammlung in die Anteilsabtretung als ein Beschluss zur Änderung des Gesellschaftsvertrags im Sinne von § 6 (6) zu verstehen ist. Dagegen spricht vor allem, dass bei einem solchen Verständnis für die Einwilligung der Gesellschafterversammlung hinsichtlich der einzelnen in § 10 (1) und (2) genannten Verfügungen teils ein einstimmiger, teils (nur) ein mit einfacher Mehrheit gefasster Beschluss erforderlich wäre, obwohl die Bestimmung des § 10 ersichtlich davon ausgeht, dass für alle dort erfassten Regelungsgegen- stände „das Gleiche“ gelten soll, also nach § 6 (5) die einfache Mehrheit ge- nügt, wenn nicht ausdrücklich etwas Abweichendes geregelt ist. Bei der Einwilligung der Gesellschafterversammlung in eine Belastung, etwa eine Verpfändung eines Anteils, ist aber beispielsweise nicht ersichtlich, dass diese als Beschluss zur Änderung des Gesellschaftsvertrags im Sinne von § 6 (6) aufgefasst werden kann. Wenn für die Zustimmung zu einer Anteilsabtretung nicht die einfache Mehrheit der vorhandenen Stimmen genügen, sondern Einstimmigkeit erforderlich sein sollte, hätte es angesichts der Regelung in § 6 (5) nahegelegen , dies ausdrücklich auszusprechen.
- 28
- Entsprechendes gilt für Verfügungen über die in § 10 (2) genannten schuldrechtlichen Ansprüche. Verfügungen über derartige schuldrechtliche Ansprüche führen als solche nicht zu einer Änderung des Gesellschaftsvertrags. Beschlüsse zur Änderung des Gesellschaftsvertrags im Sinne des § 6 (6) können daher insoweit nur in Betracht kommen, als der Gesellschaftsvertrag Regelungen zur Zulässigkeit solcher Verfügungen enthält und diese Regelungen geändert werden sollen. Das ist etwa in der von der Revisionserwiderung angesprochenen Bestimmung des § 8 (3) Abs. 3 b der Fall. § 8 (3) regelt das Darlehenskonto , auf dem alle Beträge verbucht werden, die der Gesellschafter ihm zuweist, § 8 (3) Abs. 1. Nach § 8 (3) Abs. 2 gilt im Übrigen für das Darlehenskonto der zwischen Gesellschaft und Gesellschafter abgeschlossene Darlehensvertrag. § 8 (3) Abs. 3 b bestimmt sodann, dass abweichend von diesem Darlehensvertrag für einen Darlehensnehmer, der zugleich Kommanditist ist, gilt, dass die Abtretung des Darlehenskontos oder eines Teils davon an NichtGesellschafter der Zustimmung aller übrigen Gesellschafter und der Gesellschaft bedarf.
- 29
- Soweit die Revisionserwiderung weiter darauf hinweist, dass nach Vollzug der vorgesehenen Anteilsübertragungen der Gesellschaftsvertrag überall dort geändert werden müsste, wo die (bisherigen) Kommanditisten namentlich genannt sind (z.B. § 6 (4) zur Stimmenverteilung, § 12 (3) zur Nachfolge beim Ausscheiden von Todes wegen), lässt sich daraus gleichfalls nichts für die Annahme herleiten, es handele sich bei der Zustimmung zur Anteilsübertragung daher um einen Beschluss zur Änderung des Gesellschaftsvertrags im Sinne des § 6 (6). Die angesprochenen Änderungen wären allenfalls eine (mittelbare) Folge der Anteilsübertragung, während das Festhalten an dem Einstimmigkeitsprinzip für Beschlüsse zur Änderung des Gesellschaftsvertrags nach § 6 (6) seinem Sinn und Zweck nach ersichtlich auf Beschlüsse bezogen ist, durch die unmittelbar eine Änderung des Gesellschaftsvertrags herbeigeführt wird. Im Übrigen mag eine Anpassung des Gesellschaftsvertrags nach einer Übertragung der Gesellschaftsanteile der namentlich genannten Kommanditisten zwar aus redaktionellen Gründen zweckmäßig sein. Aus materiell-rechtlichen Gründen ist sie dagegen nicht erforderlich. Erfolgt eine redaktionelle Anpassung an die Anteilsübertragung nicht, so ist durch Auslegung des Gesellschaftsvertrags, der nicht nur in § 10, sondern an verschiedenen weiteren Stellen eine Übertragung von Gesellschaftsanteilen, auch der Kommanditisten, als zulässige Maßnahme in Betracht zieht, zu ermitteln, ob die Regelungen, in denen nach der bisherigen Fassung die Kommanditisten namentlich genannt werden, ihrem Sinn und Zweck nach auf den Erwerber des betreffenden Kommanditanteils anwendbar bleiben oder mit dem Ausscheiden des bisherigen Anteilsinhabers gegenstandslos werden sollen.
- 30
- Dass die persönlich haftende Gesellschafterin, die in der Gesellschafterversammlung der GmbH & Co. KG über 80 von 100 Stimmen verfügt, ihren Gesellschaftsanteil auch gegen die Stimmen der beiden Kommanditisten abtreten kann, wenn für die Einwilligung der Gesellschafterversammlung nach § 10 (1), § 6 (5) die Mehrheit der vorhandenen Stimmen ausreicht, wie die Revisionserwiderung weiter zur Auslegung des Gesellschaftsvertrags anführt, trifft zu. Allein anhand des Vertragstextes kann aus der Stimmenverteilung jedoch nicht der von der Revisionserwiderung angeführte Schluss auf ein Einstimmigkeitserfordernis für die Zustimmung zu Anteilsübertragungen gezogen werden. Dass die Gesellschafter dieser Stimmenverteilung in der GmbH & Co. KG bei der Fassung des Gesellschaftsvertrags eine besondere Bedeutung beigemessen hätten , lässt sich nämlich nicht feststellen. Vielmehr stellen die abweichend von § 6 (5) ausdrücklich anders geregelten qualifizierten Mehrheitserfordernisse auf eine Mehrheit von 75 % der vorhandenen Stimmen ab, obwohl die persönlich haftende Gesellschafterin nicht nur über die einfache, sondern auch über die Mehrheit von 75 % der vorhandenen Stimmen verfügt.
- 31
- Die Bedeutung der Stimmenverteilung in der GmbH & Co. KG hängt zudem im Ergebnis davon ab, wie die Komplementärin ihre Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung der GmbH & Co. KG ausübt und wie auf diese Stimmausübung Einfluss genommen werden kann. Ausweislich der Satzung der Komplementärin ist alleiniger Gegenstand ihres Unternehmens die Beteiligung an der GmbH & Co. KG. Beim Abschluss des Gesellschaftsvertrags der GmbH & Co. KG waren, wie aus § 6 (10) des Gesellschaftsvertrags zu ersehen ist, der Kläger und der Beklagte zu 2 an der Komplementärin beteiligt. In dieser Vertragsbestimmung ist für den Fall, dass die beiden Kommanditisten ihre Beteiligung an der Komplementärin auf die Gesellschaft übertragen, geregelt, dass die Ausübung der Beteiligungsrechte, insbesondere die Ausübung des Stimmrechts , eines einstimmigen Beschlusses der Kommanditisten bedarf. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind nunmehr neben der GmbH & Co. KG, auf die die beiden Kommanditisten offensichtlich ihre Beteiligungen übertragen haben, vier weitere Gesellschafter mit jeweils 20 % der Geschäftsanteile an der Komplementärin beteiligt, die über ein Stammkapital von 180.000 € ver- fügt. Die vier weiteren Gesellschafter der Komplementärin halten ihre Geschäftsanteile nur, solange sie auch Mitglieder des Stiftungsrats der K. S. Familienstiftung mit Sitz in Z. /Schweiz sind, die vom Kläger und dem Beklagten zu 2 im Jahre 2000 gegründet worden ist. Diese Feststellungen zu den ursprünglichen Beteiligungsverhältnissen in der Komplementärin sprechen eher dafür, dass der Kläger und der Beklagte zu 1 jedenfalls beim Abschluss des Gesellschaftsvertrags der GmbH & Co. KG davon ausgegangen sind, die Ausübung der Stimmrechte der Komplementärin in der GmbH & Co. KG in einem ausreichenden Maße beeinflussen zu können.
- 32
- bb) Den sonstigen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich kein von der dargelegten Auslegung des Vertragstextes abweichendes Auslegungsergebnis entnehmen. Insbesondere zur Entstehungsgeschichte der in Rede stehenden Vertragsbestimmungen hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Für die rechtliche Beurteilung in der Revisionsinstanz ist daher der in der Revisionsbegründung in Bezug genommene Vortrag der Beklagten zur Entstehungsgeschichte der maßgeblichen Vertragsbestimmungen, insbesondere des § 10 (1) und den Regelungen zur Stimmenverteilung, zugrunde zu legen, wonach der Sinn und Zweck dieser auf einer Neufassung des Gesellschaftsvertrags beruhenden Bestimmungen darin bestanden habe, die für die beabsichtigte Überführung des Gesellschaftsvermögens in die Gemeinnützigkeit erforderlich werdenden Gesellschafterbeschlüsse auch ohne die Stimmen der Kommanditisten treffen zu können.
- 33
- 2. Nach den bisher getroffenen Feststellungen kann auch nicht angenommen werden, dass sich das angefochtene Urteil deshalb im Ergebnis als richtig darstellt, weil den angefochtenen Beschlüssen bei einer Prüfung auf der zweiten Stufe die materielle Legitimation fehlt und sie jedenfalls deshalb unwirksam sind.
- 34
- a) Auf der Grundlage des der rechtlichen Beurteilung im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Tatsachenstoffs (§ 559 ZPO) können die beanstandeten Beschlussfassungen nicht als eine treuwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht gegenüber der Minderheit angesehen werden. Soweit die Beschlussfassungen die Übertragung des Gesellschaftsanteils des Klägers auf die M. - Stiftung E. betreffen, ist der Streit darüber, ob der Kläger zu dieser Übertragung verpflichtet ist, in einem anderen Verfahren anhängig. Sollte eine solche rechtliche Verpflichtung des Klägers zur Übertragung bestehen, kann der Zustimmungsbeschluss der Gesellschaftsversammlung schon aus diesem Grunde nicht als treuwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht gegenüber dem Kläger angesehen werden. Besteht eine solche Übertragungspflicht nicht, ist es allein der Entscheidung des Klägers überlassen, ob er seinen Gesellschaftsanteil auf die M. -Stiftung überträgt oder nicht. Der Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung beeinträchtigt ihn in diesem Fall nicht in der Wahrnehmung seiner Rechte aus seiner Gesellschafterstellung. Für die Übertragung des Gesellschaftsanteils des Beklagten zu 2 gilt Entsprechendes, wenn der Kläger verpflichtet sein sollte, seinen Gesellschaftsanteil auf die Stiftung zu übertragen. Sollte eine solche Verpflichtung nicht bestehen, lässt sich jedenfalls aufgrund der revisionsrechtlich zugrunde zu legenden tatsächlichen Feststellungen nicht erkennen, aus welchen Gründen sich eine Übertragung des Gesellschaftsanteils des Beklagten zu 2 auf die Stiftung, falls sie auch unabhängig von einer Übertragung des Gesellschaftsanteils des Klägers gleichwohl durchgeführt werden sollte, gegenüber dem Kläger als eine treuwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht darstellen sollte.
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- b) Sonstige Unwirksamkeitsgründe sind gleichfalls auf der revisionsrechtlich zugrunde zu legenden tatsächlichen Beurteilungsgrundlage nicht ersichtlich. Insbesondere kann angesichts des Umstands, dass die Gesellschafter die Möglichkeit der Anteilsübertragung in § 10 des Gesellschaftsvertrags ausdrück- lich vorgesehen und (nur) von der Einwilligung der Gesellschafterversammlung abhängig gemacht haben, nicht davon ausgegangen werden, dass die Übertragung der Gesellschaftsanteile auf die Stiftung nur mit Zustimmung des Klägers erfolgen darf.
- 36
- IV. Die Sache ist unter Aufhebung des Berufungsurteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil dem Senat eine abschließende Auslegung des Gesellschaftsvertrags anhand allein des Vertragstextes und der sonstigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht möglich und die Sache daher noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat in der wieder eröffneten Berufungsinstanz Gelegenheit, die insoweit gebotenen Feststellungen insbesondere unter Berücksichtigung des widerstreitenden Vortrags der Parteien zur Entstehungsgeschichte der in Rede stehenden Vertragsbestimmungen nachzuholen und sich gegebenenfalls auch mit dem Vortrag der Parteien zur materiellen Wirksamkeit der angefochtenen Beschlüsse zu befassen.
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 04.01.2012 - 44 O 88/11 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 04.02.2013 - I-8 U 21/12 -
(1) Die Führung der Geschäfte der Gesellschaft steht den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu; für jedes Geschäft ist die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich.
(2) Hat nach dem Gesellschaftsvertrag die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen.
(1) Für die von den Gesellschaftern zu fassenden Beschlüsse bedarf es der Zustimmung aller zur Mitwirkung bei der Beschlußfassung berufenen Gesellschafter.
(2) Hat nach dem Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen.
(1) Die Führung der Geschäfte der Gesellschaft steht den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu; für jedes Geschäft ist die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich.
(2) Hat nach dem Gesellschaftsvertrag die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen.
(1) Für die von den Gesellschaftern zu fassenden Beschlüsse bedarf es der Zustimmung aller zur Mitwirkung bei der Beschlußfassung berufenen Gesellschafter.
(2) Hat nach dem Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger und der Beklagte zu 2 sind Kommanditisten, die Beklagte zu 1., die Gebr. S. Verwaltungsgesellschaft mbH, ist Komplementärin der Gebr. S. GmbH & Co. KG (i.F.: GmbH & Co. KG). Zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2 besteht seit dem Jahr 2005 Streit darüber, ob der Kläger verpflichtet ist, seinen Kommanditanteil entschädigungslos auf die M. - Stiftung, E. zu übertragen. Die Frage ist Gegenstand eines seit 2006 anderweit anhängigen Rechtsstreits.
- 2
- Am 5. Juli 2011 fasste die Gesellschafterversammlung der GmbH & Co. KG mit den Stimmen der Beklagten und gegen die Stimmen des Klägers drei Beschlüsse folgenden Inhalts: 1. Der Übertragung des Kommanditanteils des Beklagten zu 2 (…) und der Übertragung des Kommanditanteils des Klägers (…) an der GmbH & Co. KG auf die M. Stiftung, E. , wird gemäß § 10 (1) des Gesellschaftsvertrages zugestimmt. 2. Der Übertragung des Kommanditanteils des Beklagten zu 2 (…) an der GmbH & Co. KG auf die M. Stiftung, E. , wird gemäß § 10 (1) des Gesellschaftsvertrages zugestimmt. 3. Der Übertragung des Kommanditanteils des Klägers (…) an der GmbH & Co. KG auf die M. Stiftung, E. , wird gemäß § 10 (1) des Gesellschaftsvertrages zugestimmt.
- 3
- Der Kläger ist der Ansicht, die Beschlussfassungen seien nichtig, da es für die Zustimmung zur Übertragung der Kommanditanteile gem. § 6 (6) des Gesellschaftsvertrags eines einstimmigen Beschlusses bedurft hätte. Der Gesellschaftsvertrag der GmbH & Co. KG sieht u.a. Folgendes vor: § 6 Gesellschafterversammlung (…) (4) Die Gesellschafter haben insgesamt 100 Stimmen. Davon entfallen - auf die … [Beklagte zu 1] 80 Stimmen, - auf den … [Beklagten zu 2] 10 Stimmen und - auf den … [Kläger] 10 Stimmen.
§ 8 Konten der Gesellschafter Für jeden Gesellschafter werden gegebenenfalls die folgenden Konten geführt : (1) Beteiligungskonten …
b) Rücklagekonto … Entnahmen aus dem Rücklagekonto bedürfen eines einstimmigen Gesellschafterbeschlusses.
d) Gewinnvortragskonto … Von dem Gewinnanteil, der dem Gewinnvortragskonto gutgeschrieben wird, ist im Rahmen der Bilanzfeststellung ein Teilbetrag von 15 % des Gewinns vor den Steuern, die die Gesellschafter persönlich zu tragen haben, dem Rücklagekonto zuzuweisen. Ein Gesellschafterbeschluss, der eine geringere oder eine höhere Rücklagezuweisung festlegt, bedarf einer Mehrheit von 75 % aller vorhandenen Stimmen. … Solange beide Brüder [Beklagter zu 2 und Kläger] als Kommanditisten an der Gesellschaft beteiligt sind, bedürfen Buchungen zu Lasten des Gewinnvortragskontos nur eines einstimmigen Beschlusses der Kommanditisten und keines Gesellschafterbeschlusses. (3) Darlehenskonto …
b) Die Abtretung des Darlehenskontos oder eines Teiles davon an NichtGesellschafter bedarf der Zustimmung aller übrigen Gesellschafter und der Gesellschaft.
§ 10 Verfügungen über Gesellschaftsanteile (1) Verfügungen über Gesellschaftsanteile, insbesondere deren Abtretung, Teilung oder Belastung, und zwar auch zum Zwecke der Begründung einer Unterbeteiligung oder eines Treuhandverhältnisses, bedürfen der Einwilligung der Gesellschafterversammlung. (2) Das Gleiche gilt sinngemäß für Verfügungen über schuldrechtliche Ansprüche wie Abtretung von Gewinnansprüchen oder den Anspruch auf Liquidationserlös. (3) Verfügungen, die nicht die Billigung der Gesellschafterversammlung gefunden haben, sind unwirksam. (...)
§ 12 Ausscheiden eines Gesellschafters (…) (3) Verstirbt einer der beiden Kommanditisten … [Beklagter zu 2 oder Kläger ], so tritt die Stiftung M. GmbH hinsichtlich der Beteiligungsund Darlehenskonten an seine bzw. deren Stelle in die Gesellschaft ein. Eine entsprechende Regelung haben die Kommanditisten … [Beklagter zu 2 und Kläger] in ihren jeweiligen Testamenten getroffen.
- 4
- Das Landgericht hat auf die entsprechenden Anträge des Klägers die Nichtigkeit der genannten Beschlüsse festgestellt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihren vom Senat zugelassenen Revisionen, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, begehren die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revisionen der Beklagten haben Erfolg und führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 6
- I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Die Zustimmungsbeschlüsse seien aus formellen Gründen nichtig, da sie dem Einstimmigkeitserfordernis unterlägen. Sie hätten nicht auf Grund der in § 6 (5) des Gesellschaftsvertrags enthaltenen allgemeinen Mehrheitsklausel mit der Mehrheit der Stimmen in der Gesellschafterversammlung gefasst werden können. Die Reichweite allgemeiner Mehrheitsklauseln werde durch den sogenannten Bestimmtheitsgrundsatz auf gewöhnliche Beschlussgegenstände beschränkt. Diese Beschränkung leite der Bundesgerichtshof mit überzeugenden Gründen (Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05) daraus her, dass Beschlussgegenstände, die die Grundlagen der Gesellschaft beträfen oder ungewöhnliche Geschäfte beinhalteten, bei der Unterwerfung der Mitgesellschafter unter den Mehrheitswillen, die außerhalb eines konkreten Anlasses im Gesellschaftsvertrag vereinbart würde, typischerweise nicht in ihrer vollen Tragweite erfasst würden und angesichts der Unvorhersehbarkeit späterer Entwicklungen auch regelmäßig nicht erfasst werden könnten. Für die Geltung des Mehrheitsprinzips sei zwar eine enumerative Aufzählung der dem Mehrheitswillen zu unterwerfenden Gegenstände nicht erforderlich , sondern es genüge, wenn sich durch Auslegung aus dem Gesellschaftsvertrag eindeutig ergebe, dass der in Frage stehende Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen sein solle. Nur wenn sich der einzelne Gesellschafter schon beim Vertragsschluss in dieser eindeutigen Weise dem Mehrheitswillen unterwerfe, verfüge der spätere Mehrheitsbeschluss über die hinreichende Legitimationsgrundlage.
- 7
- Hier fehle es an einer eindeutigen Legitimationsgrundlage für eine Mehrheitsentscheidung bei der in § 10 (1) des Gesellschaftsvertrags vorgesehenen Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung über die Zustimmung zur Anteilsübertragung. Die Zuweisung in die Kompetenz der Gesellschafterversammlung besage noch nicht, dass dort mit Mehrheit entschieden werden könne. Eine den Anforderungen genügende Regelung, mit der die Gesellschafter sich insoweit dem Mehrheitswillen unterwürfen, enthalte der Gesellschaftsvertrag nicht. Er enthalte zwar diverse Klauseln, die je nach Beschlussgegenstand unterschiedliche Beschlussmehrheiten verlangten. Sie seien jedoch mit Ausnahme der Regelung für Beschlüsse über Vertragsänderungen in § 6 (6) für den hier umstrittenen Beschlussgegenstand keinesfalls in Betracht zu ziehen. Die Zustimmung zur Übertragung sei aber ungeachtet der Frage, ob sie selbst als Beschluss über eine Vertragsänderung gesehen werden könne, in jedem Fall ein konstitutiver Teilakt der Verfügung über den Anteil, die ihrerseits als ein die Grundlagen der Gesellschaft betreffendes Geschäft angesehen werden müsse. Das stehe mithin einer Einordnung dieses Beschlussgegenstands als ein solcher über einen gewöhnlichen Beschlussgegenstand entgegen. Von einer eindeutigen und klaren Unterwerfung der Vertragsschließenden unter den Mehrheitswillen könne deshalb hinsichtlich dieses Beschlussgegenstands nicht ausgegangen werden.
- 8
- II. Die Revision rügt mit Recht, dass die Auffassung des Berufungsgerichts , die drei Beschlüsse vom 5. Juli 2011 hätten einer einstimmigen Beschlussfassung bedurft, auf einer rechtsfehlerhaften Auslegung des Gesellschaftsvertrags der GmbH & Co. KG beruht. Das Berufungsgericht hat die Reichweite einer im Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft vereinbarten Mehrheitsklausel verkannt und demzufolge rechtsfehlerhaft von der weiteren Auslegung des Gesellschaftsvertrags der GmbH & Co. KG abgesehen.
- 9
- 1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Reichweite allgemeiner Mehrheitsklauseln in Personengesellschaftsverträgen nicht durch den früher sogenannten Bestimmtheitsgrundsatz dahin beschränkt, dass nur gewöhnliche Beschlussgegenstände, nicht aber solche Beschlussgegenstände erfasst werden, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen oder sich auf ungewöhnliche Geschäfte beziehen.
- 10
- a) In der vom Berufungsgericht für seine Auffassung angeführten Entscheidung des Senats vom 15. Januar 2007 wird zwar die auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts zurückgehende Senatsrechtsprechung zum sogenannten Bestimmtheitsgrundsatz dahin referiert, dass dieser den Anwendungs- bereich allgemeiner Mehrheitsklauseln auf „gewöhnliche“ Beschlussgegenstän- de beschränkt habe (BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 9 - OTTO). Als im Gegensatz zu gewöhnlichen Beschlussgegenständen stehend werden Vertragsänderungen und ähnliche die Grundlagen der Gesellschaft berührende oder in Rechtspositionen der Gesellschafter eingreifende Maßnahmen genannt, die bei der im Gesellschaftsvertrag außerhalb eines konkreten Anlasses vereinbarten Unterwerfung unter den Mehrheitswillen typischerweise nicht in ihrer vollen Tragweite erfasst würden und angesichts der Unvorhersehbarkeit späterer Entwicklungen auch regelmäßig nicht erfasst werden könnten. Vor allem für Mehrheitsentscheidungen über nachträgliche Beitragserhöhungen ist in der OTTO-Entscheidung schon wegen des besonderen Charakters einer solchen, nur mit Zustimmung eines jeden Gesellschafters zulässigen Lastenvermehrung (vgl. § 707 BGB) nach wie vor eine eindeutige entsprechende Legitimationsgrundlage im Gesellschaftsvertrag gefordert worden, die auch Ausmaß und Umfang einer möglichen zusätzlichen Belastung der Gesellschafter erkennen lassen muss (BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 9 - OTTO). Sodann wird aber, wie auch das Berufungsgericht allerdings nicht verkannt hat, das Verständnis, eine Mehrheitsklausel müsse stets die betroffenen Beschlussgegenstände minutiös auflisten, als verfehlt bezeichnet, weil dies den Bestimmtheitsgrundsatz, der eine Verankerung der Mehrheitsmacht im Gesellschaftsvertrag nur als Eingangsvoraussetzung für die Gültigkeit einer Mehrheitsentscheidung verlange, zu einer Förmelei denaturieren würde. Es genüge vielmehr, wenn sich aus dem Gesellschaftsvertrag - sei es auch durch dessen Auslegung - eindeutig ergebe, dass der in Frage stehende Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen sein solle. „Mit dieser Maßgabe“, so heißt es in dem die Ausfüh- rungen zum sogenannten Bestimmtheitsgrundsatz betreffenden Absatz der OTTO-Entscheidung abschließend, sei an dem Bestimmtheitsgrundsatz, dessen Erforderlichkeit als Instrument des Minderheitenschutzes neben der sogenannten „Kernbereichslehre“ der Senat in seiner jüngeren Rechtsprechung zum Teil offen gelassen habe, festzuhalten (BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 9 a.E. - OTTO).
- 11
- Dass es sich bei der von dem - grundsätzlich dispositiven - gesetzlichen Einstimmigkeitsprinzip (§ 709 Abs. 1 BGB, § 119 Abs. 1 HGB) abweichenden Verankerung der Mehrheitsmacht im Gesellschaftsvertrag nur um eine „Eingangsvoraussetzung für die Gültigkeit der Mehrheitsentscheidung“ handelt, wird in der OTTO-Entscheidung dahin erläutert, dass nach der - gegebenenfalls durch Auslegung vorzunehmenden - Prüfung, ob nach dem Gesellschaftsvertrag der betreffende Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen ist, auf einer zweiten Stufe eine inhaltliche Wirksamkeitsprüfung stattzufinden hat (BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 10 - OTTO). Dabei sei zu prüfen, ob trotz Zulassung der betreffenden Mehrheitsentscheidung im Gesellschaftsvertrag ein unzulässiger Eingriff in schlechthin unverzichtbare oder in „relativ unentziehbare“, d.h. in nur mit Zustimmung des einzelnen Gesellschafters oder aus wichtigem Grund entziehbare Mitgliedschaftsrechte vorliege. Im zweiten Fall komme es darauf an, ob die Ge- sellschaftermehrheit die inhaltlichen Grenzen der ihr erteilten Ermächtigung eingehalten und sich nicht etwa treupflichtwidrig über beachtenswerte Belange der Minderheit hinweggesetzt habe (BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 10 - OTTO).
- 12
- b) Zu diesen Ausführungen in den Randnummern 9 und 10 der OTTOEntscheidung hat der Senat schon im Urteil vom 24. November 2008 (II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 - Schutzgemeinschaftsvertrag II) klargestellt, dass es bei der Prüfung auf der ersten Stufe nur um die formelle Legitimation für Mehrheitsentscheidungen auf der Grundlage einer Mehrheitsklausel geht, die als solche eine wertneutrale Verfahrensregel ist, deren Vor- und Nachteile allen Gesellschaftern von Fall zu Fall zugutekommen können (BGH, Urteil vom 24. November 2008 - II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 16 - Schutzgemeinschaftsvertrag II). Dass die Wirksamkeit der jeweiligen Mehrheitsentscheidung sowohl eine Prüfung ihrer formellen Legitimation durch eine Mehrheitsklausel auf der ersten Stufe als auch eine inhaltliche Prüfung auf der zweiten Stufe (materielle Legitimation) unter dem Aspekt einer etwaigen Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht der Mehrheit gegenüber der Minderheit voraus- setzt, gilt, wie der Senat in der Entscheidung „Schutzgemeinschaftsvertrag II“ ausdrücklich klargestellt hat, allgemein für alle Beschlussgegenstände, also auch bei sogenannten „Grundlagengeschäften“ oder Maßnahmen, die in den „Kernbereich“ der Mitgliedschaftsrechte bzw. in absolut oder relativ unentzieh- bare Rechte der Minderheit eingreifen (BGH, Urteil vom 24. November 2008 - II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 16 f. - Schutzgemeinschaftsvertrag II). In den zuletzt genannten Fällen der absolut oder relativ unentziehbaren Rechte ist - bei der Prüfung auf der zweiten Stufe - lediglich regelmäßig eine treupflichtwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht anzunehmen, während in den sonstigen Fällen die Minderheit den Nachweis einer treupflichtwidrigen Mehrheitsent- scheidung zu führen hat (BGH, Urteil vom 24. November 2008 - II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 17 - Schutzgemeinschaftsvertrag II).
- 13
- Die Bejahung einer Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht auf der zweiten Stufe lässt die Wirksamkeit der Mehrheitsklausel als solcher und damit die Bejahung der formellen Legitimität der auf ihrer Grundlage getroffenen Mehrheitsentscheidungen jedoch unberührt (BGH, Urteil vom 24. November 2008 - II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 16 - Schutzgemeinschaftsvertrag II). Nach der Rechtsprechung des Senats, die er nach dem Urteil „Schutzgemeinschaftsvertrag II“ in weiteren Entscheidungen bestätigt (BGH, Urteil vom 25. Mai 2009 - II ZR 259/07, ZIP 2009, 1373 Rn. 14; Urteil vom 19. Oktober 2009 - II ZR 240/08, BGHZ 183, 1 Rn. 14 f. - Sanieren oder Ausscheiden ; Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 16; Urteil vom 16. Oktober 2012 - II ZR 239/11, ZIP 2013, 65 Rn. 14; Urteile vom 20. November 2012 - II ZR 98/10 und II ZII ZR 99/10, juris Rn. 21) und hinsichtlich der Prüfung auf der zweiten Stufe auch auf sonstige zur materiellen Unwirksamkeit gegenüber allen oder einzelnen Gesellschaftern führende Gründe wie etwa das Erfordernis einer Zustimmung des jeweils betroffenen Gesellschafters erstreckt hat (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2009 - II ZR 240/08, BGHZ 183, 1 Rn. 15 - Sanieren oder Ausscheiden), ist die (formelle) Reichweite allgemeiner Mehrheitsklauseln entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts weder durch den sogenannten Bestimmtheitsgrundsatz noch aus anderen Gründen auf gewöhnliche Geschäfte beschränkt. Vielmehr ist die formelle Legitimation einer auf eine Mehrheitsklausel gestützten Mehrheitsentscheidung auch bei einem ein außergewöhnliches oder ein „Grundlagengeschäft“ betref- fenden Beschluss gegeben, wenn die Auslegung des Gesellschaftsvertrags ergibt, dass der betreffende Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen sein soll.
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- c) Danach ist festzuhalten, dass dem sogenannten Bestimmtheitsgrundsatz für die formelle Legitimation einer Mehrheitsentscheidung keine Bedeutung mehr zukommt (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2012 - II ZR 239/11, ZIP 2013, 65 Rn. 15). Die Prüfung der formellen Legitimation auf der ersten Stufe erfolgt vielmehr im Wege der Auslegung des Gesellschaftsvertrags nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen (vgl. dazu auch Schäfer, ZGR 2013, 237, 243 f.). Bei der Auslegung des Gesellschaftsvertrags ist der frühere Bestimmtheitsgrundsatz auch nicht in Gestalt einer Auslegungsregel des Inhalts zu berücksichtigen, dass allgemeine Mehrheitsklauseln restriktiv auszulegen sind oder, wie das Berufungsgericht angenommen hat, Beschlussgegenstände, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen oder ungewöhnliche Geschäfte beinhalten, jedenfalls von allgemeinen Mehrheitsklauseln, die außerhalb eines konkreten Anlasses vereinbart wurden, regelmäßig nicht erfasst werden. Eine solche Auslegungsregel findet im Gesetz keine Stütze (vgl. Schäfer, ZGR 2013, 237, 245). Die Zweifelsregel in § 709 Abs. 2 BGB, § 119 Abs. 2 HGB bezieht sich nur auf die Berechnung der Mehrheit der Stimmen. Da sich die durch Auslegung des Gesellschaftsvertrags vorzunehmende Feststellung, ob im konkreten Fall für die formelle Legitimation eines Beschlusses eine Mehrheitsentscheidung genügt, nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen richtet, kann sich die Mehrheitsbefugnis aus jeder Vereinbarung der Gesellschafter ergeben, die einer dahingehenden Auslegung zugänglich ist, also von der ausdrücklichen Anführung des betreffenden Beschlussgegenstands in einem Katalog von Beschlussgegenständen über eine umfassende oder auslegungsfähige Mehrheitsklausel im (schriftlichen) Gesellschaftsvertrag bis hin zu einer konkludenten Vereinbarung der Mehrheitszuständigkeit (vgl. K. Schmidt, ZIP 2009, 737, 738).
- 15
- Wenn in der angeführten Senatsrechtsprechung in diesem Zusammenhang von der Eindeutigkeit einer vertraglichen Regelung die Rede ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 9 und 10 - OTTO; Urteil vom 19. Oktober 2009 - II ZR 240/08, BGHZ 183, 1 Rn. 16 - Sanieren oder Ausscheiden), ist damit wie auch sonst nicht die ausdrückliche Spezifizierung im Gesellschaftsvertrag oder die Eindeutigkeit einer Vertragsklausel in dem Sinne gemeint, dass sie über ihren Wortlaut hinaus nicht ausgelegt werden kann. Vielmehr genügt es, wenn die hier subjektive - bei Publikumspersonengesellschaften dagegen objektive (vgl. nur BGH, Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 17 mwN) - Auslegung des Gesellschaftsvertrags, bei der nach Maßgabe der §§ 133, 157 BGB auf der Grundlage des von den Parteien vorgetragenen und vom Gericht gegebenenfalls nach Beweisaufnahme festgestellten maßgeblichen tatsächlichen Auslegungsstoffs der objektive Sinn der jeweiligen Vertragsbestimmung bei der gebotenen Gesamtwürdigung des Vertragsinhalts zu ermitteln ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 1972 - II ZR 85/71, WM 1973, 37; Urteil vom 27. Januar 1975 - II ZR 130/73, WM 1975, 662, 663; Urteil vom 4. Juli 1977 - II ZR 91/76, WM 1977, 1140, Urteil vom 18. Mai 1998 - II ZR 19/97, WM 1998, 1535, 1536; Urteil vom 11. September 2000 - II ZR 34/99, ZIP 2000, 2105, 2106 f.; vgl. ferner Grunewald, ZGR 1995, 68 f. mwN), zu dem Ergebnis führt, dass der betreffende Beschlussgegenstand von der Mehrheitsklausel erfasst sein soll. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei der Auslegung selbst nicht um eine der Beweisaufnahme zugängliche Tatsachenfeststellung, sondern um eine nach bestimmten Regeln vorzunehmende Würdigung handelt, die weitgehend in der Verantwortung des Tatrichters liegt und als richterliche Würdigung - anders als die Feststellung der für die Auslegung wesentlichen Tatsachen - weder nach Beweislastgrundsätzen erfolgen noch zu einem non liquet führen kann (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 1956 - II ZR 207/54, BGHZ 20, 109, 110 f.; Urteil vom 26. Oktober 1983 - IVa ZR 80/82, WM 1984, 91, 92; Urteil vom 10. Mai 1989 - IVa ZR 66/88, WM 1989, 1344, 134). Bei der nach §§ 133, 157 BGB vom Wortlaut und dem erkennbaren Sinn und Zweck ausgehenden Auslegung ge- sellschaftsvertraglicher Bestimmungen ist es auch ohne Bedeutung, ob solche Bestimmungen in zulässiger Weise eine von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Regelung enthalten (BGH, Urteil vom 21. Januar 1957 - II ZR 147/56, WM 1957, 512, 514). Die dispositive gesetzliche Regelung kommt nur dann zur Anwendung, wenn sich im Wege der Auslegung eine abweichende Vereinbarung der Gesellschafter nicht feststellen lässt. Der Auslegung des (objektiv) erklärten Willens der Vertragsparteien geht ein abweichender übereinstimmender Wille der am Abschluss des Vertrages beteiligten Parteien lediglich dann vor, wenn sie ihren übereinstimmenden Willen einander zu erkennen gegeben haben (vgl. nur BGH, Urteil vom 29. März 1996 - II ZR 263/94, ZIP 1996, 750, 752 mwN; insoweit in BGHZ 132, 263 nicht abgedruckt
).
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- d) Diese Grundsätze gelten für alle Beschlussgegenstände, da das gesetzliche Einstimmigkeitsprinzip (§ 709 Abs. 1 BGB, § 119 Abs. 1 HGB) - auch für Vertragsänderungen und ähnliche die Grundlagen der Gesellschaft berührende oder in Rechtspositionen der Gesellschafter eingreifende Maßnahmen - grundsätzlich dispositiv ist (§ 709 Abs. 2 BGB, § 119 Abs. 2 HGB). Den Gesellschaftern steht es im Rahmen der Privatautonomie frei, sich dahin zu einigen, ob und in welchem Umfang das starre, praktischen Erfordernissen oftmals nicht gerecht werdende Einstimmigkeitsprinzip durch das Mehrheitsprinzip ersetzt wird (BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 6 - OTTO). Da es auf dieser ersten Stufe nur um die formelle Legitimation für die Mehrheitsentscheidung und nicht um den erst auf der zweiten Stufe zu prüfenden Umfang der materiellen Wirksamkeit des in Rede stehenden Mehrheitsbeschlusses geht, kommt es auf dieser ersten Stufe auch nicht darauf an, ob bestimmte Beschlüsse wie beispielsweise Beschlüsse über nachträgliche Beitragserhöhungen (vgl. § 707 BGB) gegenüber dem einzelnen Gesellschafter nur mit dessen Zustimmung wirksam werden (vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 2012 - II ZR 239/11, ZIP 2013, 65 Rn. 19). Die aus der fehlenden Zustimmung des einzelnen Gesellschafters ihm gegenüber folgende (relative) Unwirksamkeit eines Beschlusses ändert nichts daran, dass er formell wirksam gefasst ist, wenn im Gesellschaftsvertrag für diesen Beschlussgegenstand eine Entscheidung durch die Mehrheit vorgesehen und etwaige weiter vereinbarte formelle Voraussetzungen der Beschlussfassung eingehalten worden sind.
- 17
- Soweit in der Rechtsprechung des Senats zu nachträglichen Beitragserhöhungen eine eindeutige Regelung im Gesellschaftsvertrag gefordert wird, die Ausmaß und Umfang einer möglichen zusätzlichen Belastung der Gesellschafter erkennen lassen muss (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 23. Januar 2006 - II ZR 306/04, ZIP 2006, 562 Rn. 18 ff.; Urteil vom 5. März 2007 - II ZR 282/05, ZIP 2007, 766 Rn. 13; Urteil vom 9. Februar 2009 - II ZR 231/07, ZIP 2009, 864 Rn. 14 f.), geht es nicht um die formelle Legitimation des Beschlusses über die Beitragserhöhung, sondern darum, dass ein Gesellschafter nicht ohne eigene Zustimmung mit zusätzlichen Beitragspflichten belastet werden kann und eine grundsätzlich mögliche antizipierte Zustimmung zu einer nachträglichen Beitragserhöhung durch Mehrheitsbeschluss eine eindeutige gesellschaftsvertragliche Bestimmung voraussetzt, die Ausmaß und Umfang der möglichen zusätzlichen Belastung erkennen lässt. Die fehlende Zustimmung für eine Beitragserhöhung stellt eine besondere, nur gegenüber dem Gesellschafter, der seine Zustimmung verweigert hat, wirkende Kategorie eines Beschlussmangels dar, der auch dann selbstständige Bedeutung behält, wenn der gefasste Beschluss im Übrigen nicht zu beanstanden oder eine im Gesellschaftsvertrag für die Geltendmachung von Beschlussmängeln vereinbarte Frist abgelaufen ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2007 - II ZR 282/05, ZIP 2007, 766 Rn. 15; Urteil vom 19. Oktober 2009 - II ZR 240/08, BGHZ 183, 1 Rn. 12 mwN - Sanieren oder Ausscheiden).
- 18
- e) Für den hier in Rede stehenden Beschluss der Gesellschafterversammlung , mit dem die Einwilligung zur Abtretung eines Gesellschaftsanteils erklärt wird, gilt nichts anderes. Die Übertragung der Mitgliedschaft an einer Personen(handels)gesellschaft setzt nach allgemeiner Auffassung die Zustimmung der übrigen Gesellschafter voraus. Unabhängig von der Frage, woraus dieses Erfordernis hergeleitet wird (vgl. dazu nur MünchKommBGB/Schäfer, 6. Aufl., § 719 Rn. 27 einerseits; Soergel/Hadding/Kießling, BGB, 13. Aufl., § 719 Rn. 12 ff. andererseits, jeweils mwN), besteht Übereinstimmung darüber, dass die Zustimmung zur Übertragung bereits im Gesellschaftsvertrag erklärt oder dort von der Zustimmung (nur) der Mehrheit der Gesellschafter abhängig gemacht werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 1960 - II ZR 55/59, WM 1961, 303, 304; MünchKommBGB/Schäfer, 6. Aufl., § 719 Rn. 28; Soergel/ Hadding/Kießling, BGB, 13. Aufl., § 719 Rn. 14, § 709 Rn. 40). Insoweit gilt wie für (andere) Vertragsänderungen oder mit ihnen vergleichbare „Grundlagengeschäfte“ nach der oben dargestellten neueren Rechtsprechung des Senats, dass auch hier die formelle Legitimation einer Entscheidung der Mehrheit der Gesellschafter, einer Anteilsübertragung zuzustimmen, (nur) die Feststellung erfordert, ob sich aus der Auslegung des Gesellschaftsvertrags ergibt, dass dieser Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 9 - OTTO).
- 19
- Ein etwaiges Zustimmungserfordernis eines einzelnen Gesellschafters betrifft auch dann die erst auf der zweiten Stufe vorzunehmende Prüfung der materiellen Wirksamkeit des Beschlusses einzelnen Gesellschaftern gegenüber (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2009 - II ZR 240/08, BGHZ 183, 1 Rn. 15 - Sanieren oder Ausscheiden), wenn dieses Erfordernis aus einem Eingriff in den sogenannten Kernbereich hergeleitet wird, wie dies bei Beschlüssen, die Änderungen im Bestand und der Zusammensetzung der Mitglieder einer Per- sonengesellschaft zum Gegenstand haben, im Schrifttum erwogen wird (vgl. nur Schäfer, ZGR 2013, 237, 256 f.). Auch bei der nach Bejahung der formellen Legitimation des Mehrheitsbeschlusses vorzunehmenden Prüfung der materiellen Unwirksamkeit auf der zweiten Stufe stellt der Senat in seiner jüngeren Rechtsprechung allerdings nicht (mehr) darauf ab, ob ein Eingriff in den soge- nannten „Kernbereich“ gegeben ist. In der Senatsrechtsprechung ist schon vor der Aufgabe des Bestimmtheitsgrundsatzes zu Recht darauf hingewiesen worden , dass sich der Kreis der nicht ohne weiteres durch Mehrheitsbeschluss entziehbaren Rechte nicht abstrakt und ohne Berücksichtigung der konkreten Struktur der jeweiligen Personengesellschaft und einer etwaigen besonderen Stellung des betroffenen Gesellschafters umschreiben lässt (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1994 - II ZR 18/94, ZIP 1994, 1942, 1943; vgl. auch Ulmer, NJW 1990, 73, 80). Abgesehen von unverzichtbaren und schon deshalb unentziehbaren Rechten - unabhängig davon, ob und in welchem Umfang man solche überhaupt anerkennen will - kommt es bei Eingriffen in die individuelle Rechtsstellung des Gesellschafters, d.h. in seine rechtliche und vermögensmäßige Position in der Gesellschaft, letztlich maßgeblich immer darauf an, ob der Eingriff im Interesse der Gesellschaft geboten und dem betroffenen Gesellschafter unter Berücksichtigung seiner eigenen schutzwerten Belange zumutbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1994 - II ZR 18/94, ZIP 1994, 1942, 1943 f.; Urteil vom 4. Juli 2005 - II ZR 354/03, ZIP 2005, 1455, 1456 f.).
- 20
- 2. Gegen die oben dargelegten Auslegungsgrundsätze hat das Berufungsgericht verstoßen, indem es rechtsirrig davon ausgegangen ist, die Reichweite einer Mehrheitsklausel wie § 6 (5) des Gesellschaftsvertrags werde durch den sogenannten Bestimmtheitsgrundsatz von vornherein auf gewöhnliche Beschlussgegenstände beschränkt, und von diesem rechtsirrigen Ausgangspunkt aus nur geprüft hat, ob sich unabhängig von § 6 (5) anderen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags eine eindeutige Legitimationsgrundlage für eine Mehrheitsentscheidung bei der Zustimmung zur Anteilsübertragung entnehmen lässt.
- 22
- 1. Nach dem revisionsrechtlich bei der Auslegung des Gesellschaftsvertrags der GmbH & Co. KG zugrunde zu legenden Sachverhalt kann nicht festgestellt werden, dass die in der Versammlung der GmbH & Co. KG am 5. Juli 2011 gefassten Beschlüsse einer Mehrheitsentscheidung entzogen waren und daher aus formellen Gründen nichtig sind.
- 23
- a) Das Revisionsgericht kann die Auslegung selbst vornehmen, wenn der Tatrichter eine Erklärung nicht oder unter Verletzung anerkannter Auslegungsgrundsätze ausgelegt hat und weitere, für die Auslegung maßgebliche tatsächliche Feststellungen nicht zu erwarten sind, und zwar auch dann, wenn mehrere Auslegungsmöglichkeiten bestehen (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 25. September 1975 - VII ZR 179/73, BGHZ 65, 107, 112; Urteil vom 3. April 2000 - II ZR 194/98, NJW 2000, 2099).
- 24
- b) Nach der bei der vorliegenden Personenhandelsgesellschaft gebotenen subjektiven Auslegung des Gesellschaftsvertrags ist dabei nicht allein auf den Wortlaut des (schriftlichen) Gesellschaftsvertrags abzustellen, sondern können auch außerhalb des Vertragstextes liegende Umstände für die Auslegung von Bedeutung sein wie insbesondere die Entstehungsgeschichte der in Rede stehenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags oder ein übereinstimmender Wille der Vertragsparteien (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 1996 - II ZR 263/94, ZIP 1996, 750, 752 mwN; insoweit in BGHZ 132, 263 nicht abgedruckt ; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Wertenbruch, HGB, 3. Aufl., § 105 Rn. 92 f.; Schäfer in Großkomm.HGB, 5. Aufl., § 105 Rn. 192 mwN).
- 25
- aa) Schon dem Vertragstext lässt sich nicht entnehmen, dass die Zustimmung der Gesellschafterversammlung zur Übertragung der Kommanditanteile eines einstimmigen Beschlusses bedarf. Nach dem Wortlaut der Mehrheitsklausel in § 6 (5) des Gesellschaftsvertrags, vom dem bei der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB auszugehen ist, erfolgen die Beschlussfassungen der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit der vorhandenen Stimmen, „soweit nicht in diesem Gesellschaftsvertrag oder im Gesetz ausdrücklich abweichend geregelt“. Für die Beschlussfassung über die Zustimmung der Ge- sellschafterversammlung zu einer Abtretung eines Gesellschaftsanteils enthalten weder das Gesetz noch der Gesellschaftsvertrag eine ausdrücklich abweichende Regelung. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung enthält das Gesetz nicht deshalb eine ausdrücklich abweichende Regelung, weil für Gesellschafterbeschlüsse in der Kommanditgesellschaft nach § 119 Abs. 1, § 161 Abs. 2 HGB das Einstimmigkeitsprinzip gilt. Das gesetzliche Einstimmigkeitsprinzip ist grundsätzlich dispositiv und soll nach § 6 (5) ersichtlich in dem gesetzlich zulässigen Rahmen und vorbehaltlich ausdrücklich abweichender Regelungen im Gesellschaftsvertrag durch das Mehrheitsprinzip ersetzt werden. Der Gesellschaftsvertrag enthält ausdrückliche Regelungen, die für eine Beschlussfassung eine andere als die einfache Mehrheit verlangen, in § 6 (6) für Beschlüsse zur Änderung des Gesellschaftsvertrags und in § 8 (1) b Satz 3 für Entnahmen aus dem Rücklagekonto, die jeweils eines einstimmigen Gesellschafterbeschlusses bedürfen, sowie in § 8 (1) d Abs. 2 Satz 2, wonach ein Gesellschafterbeschluss , der eine geringere oder eine höhere Rücklagezuweisung als die § 8 (1) d Abs. 2 Satz 1 vereinbarte Zuweisung von 15 % des Gewinns vor Steuern festlegt, ebenso einer Mehrheit von 75 % aller vorhandenen Stimmen bedarf wie die in § 8 (3) a Abs. 2 Satz 4 angesprochene weitergehende Entnahme von Zinsen vom Darlehenskonto eines Kommanditisten. Nach § 8 (3) Abs. 3 b bedarf die Abtretung des Darlehenskontos eines Kommanditisten oder eines Teils davon an Nicht-Gesellschafter der Zustimmung aller übrigen Gesellschafter und der Gesellschaft.
- 26
- § 10 des Gesellschaftsvertrags, der Verfügungen über Gesellschaftsanteile regelt, enthält dagegen keine ausdrücklich von dem (bloßen) Mehrheitserfordernis abweichende Regelung. In § 10 (1) ist lediglich bestimmt, dass Verfügungen über Gesellschaftsanteile, insbesondere deren Abtretung, Teilung oder Belastung, und zwar auch zum Zwecke der Begründung einer Unterbeteiligung oder eines Treuhandverhältnisses, der Einwilligung der Gesellschafterversammlung bedürfen. Da der Gesellschaftsvertrag für die Einwilligung der Gesellschafterversammlung in § 10 keine besondere Bestimmung enthält, sind die allgemein für die Gesellschafterversammlung geltenden Regelungen des § 6 anzuwenden, mithin in erster Linie die für die Beschlussfassung allgemein einschlägige Bestimmung des § 6 (5). Die Auffassung der Revisionserwiderung, mit Einwilligung der Gesellschafterversammlung sei die Zustimmung aller Gesellschafter gemeint, findet im Gesellschaftsvertrag keinen Anhaltspunkt. Nach § 10 (2) gilt „das Gleiche“ sinngemäß für Verfügungen über schuldrechtliche Ansprüche wie Abtretung von Gewinnansprüchen oder den Anspruch auf Liquidationserlös. Dass die Abtretung in § 10 (1) als Beispielsfall genannt ist, spricht dafür, dass nach § 6 (5) in Verbindung mit § 10 (1) für die formelle Legitimation des Zustimmungsbeschlusses die Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit ausreicht.
- 27
- Aus § 6 (6) ergibt sich nichts anderes. Der Gesellschaftsvertrag bietet keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass die in § 10 (1) geforderte Einwilligung der Gesellschafterversammlung in die Anteilsabtretung als ein Beschluss zur Änderung des Gesellschaftsvertrags im Sinne von § 6 (6) zu verstehen ist. Dagegen spricht vor allem, dass bei einem solchen Verständnis für die Einwilligung der Gesellschafterversammlung hinsichtlich der einzelnen in § 10 (1) und (2) genannten Verfügungen teils ein einstimmiger, teils (nur) ein mit einfacher Mehrheit gefasster Beschluss erforderlich wäre, obwohl die Bestimmung des § 10 ersichtlich davon ausgeht, dass für alle dort erfassten Regelungsgegen- stände „das Gleiche“ gelten soll, also nach § 6 (5) die einfache Mehrheit ge- nügt, wenn nicht ausdrücklich etwas Abweichendes geregelt ist. Bei der Einwilligung der Gesellschafterversammlung in eine Belastung, etwa eine Verpfändung eines Anteils, ist aber beispielsweise nicht ersichtlich, dass diese als Beschluss zur Änderung des Gesellschaftsvertrags im Sinne von § 6 (6) aufgefasst werden kann. Wenn für die Zustimmung zu einer Anteilsabtretung nicht die einfache Mehrheit der vorhandenen Stimmen genügen, sondern Einstimmigkeit erforderlich sein sollte, hätte es angesichts der Regelung in § 6 (5) nahegelegen , dies ausdrücklich auszusprechen.
- 28
- Entsprechendes gilt für Verfügungen über die in § 10 (2) genannten schuldrechtlichen Ansprüche. Verfügungen über derartige schuldrechtliche Ansprüche führen als solche nicht zu einer Änderung des Gesellschaftsvertrags. Beschlüsse zur Änderung des Gesellschaftsvertrags im Sinne des § 6 (6) können daher insoweit nur in Betracht kommen, als der Gesellschaftsvertrag Regelungen zur Zulässigkeit solcher Verfügungen enthält und diese Regelungen geändert werden sollen. Das ist etwa in der von der Revisionserwiderung angesprochenen Bestimmung des § 8 (3) Abs. 3 b der Fall. § 8 (3) regelt das Darlehenskonto , auf dem alle Beträge verbucht werden, die der Gesellschafter ihm zuweist, § 8 (3) Abs. 1. Nach § 8 (3) Abs. 2 gilt im Übrigen für das Darlehenskonto der zwischen Gesellschaft und Gesellschafter abgeschlossene Darlehensvertrag. § 8 (3) Abs. 3 b bestimmt sodann, dass abweichend von diesem Darlehensvertrag für einen Darlehensnehmer, der zugleich Kommanditist ist, gilt, dass die Abtretung des Darlehenskontos oder eines Teils davon an NichtGesellschafter der Zustimmung aller übrigen Gesellschafter und der Gesellschaft bedarf.
- 29
- Soweit die Revisionserwiderung weiter darauf hinweist, dass nach Vollzug der vorgesehenen Anteilsübertragungen der Gesellschaftsvertrag überall dort geändert werden müsste, wo die (bisherigen) Kommanditisten namentlich genannt sind (z.B. § 6 (4) zur Stimmenverteilung, § 12 (3) zur Nachfolge beim Ausscheiden von Todes wegen), lässt sich daraus gleichfalls nichts für die Annahme herleiten, es handele sich bei der Zustimmung zur Anteilsübertragung daher um einen Beschluss zur Änderung des Gesellschaftsvertrags im Sinne des § 6 (6). Die angesprochenen Änderungen wären allenfalls eine (mittelbare) Folge der Anteilsübertragung, während das Festhalten an dem Einstimmigkeitsprinzip für Beschlüsse zur Änderung des Gesellschaftsvertrags nach § 6 (6) seinem Sinn und Zweck nach ersichtlich auf Beschlüsse bezogen ist, durch die unmittelbar eine Änderung des Gesellschaftsvertrags herbeigeführt wird. Im Übrigen mag eine Anpassung des Gesellschaftsvertrags nach einer Übertragung der Gesellschaftsanteile der namentlich genannten Kommanditisten zwar aus redaktionellen Gründen zweckmäßig sein. Aus materiell-rechtlichen Gründen ist sie dagegen nicht erforderlich. Erfolgt eine redaktionelle Anpassung an die Anteilsübertragung nicht, so ist durch Auslegung des Gesellschaftsvertrags, der nicht nur in § 10, sondern an verschiedenen weiteren Stellen eine Übertragung von Gesellschaftsanteilen, auch der Kommanditisten, als zulässige Maßnahme in Betracht zieht, zu ermitteln, ob die Regelungen, in denen nach der bisherigen Fassung die Kommanditisten namentlich genannt werden, ihrem Sinn und Zweck nach auf den Erwerber des betreffenden Kommanditanteils anwendbar bleiben oder mit dem Ausscheiden des bisherigen Anteilsinhabers gegenstandslos werden sollen.
- 30
- Dass die persönlich haftende Gesellschafterin, die in der Gesellschafterversammlung der GmbH & Co. KG über 80 von 100 Stimmen verfügt, ihren Gesellschaftsanteil auch gegen die Stimmen der beiden Kommanditisten abtreten kann, wenn für die Einwilligung der Gesellschafterversammlung nach § 10 (1), § 6 (5) die Mehrheit der vorhandenen Stimmen ausreicht, wie die Revisionserwiderung weiter zur Auslegung des Gesellschaftsvertrags anführt, trifft zu. Allein anhand des Vertragstextes kann aus der Stimmenverteilung jedoch nicht der von der Revisionserwiderung angeführte Schluss auf ein Einstimmigkeitserfordernis für die Zustimmung zu Anteilsübertragungen gezogen werden. Dass die Gesellschafter dieser Stimmenverteilung in der GmbH & Co. KG bei der Fassung des Gesellschaftsvertrags eine besondere Bedeutung beigemessen hätten , lässt sich nämlich nicht feststellen. Vielmehr stellen die abweichend von § 6 (5) ausdrücklich anders geregelten qualifizierten Mehrheitserfordernisse auf eine Mehrheit von 75 % der vorhandenen Stimmen ab, obwohl die persönlich haftende Gesellschafterin nicht nur über die einfache, sondern auch über die Mehrheit von 75 % der vorhandenen Stimmen verfügt.
- 31
- Die Bedeutung der Stimmenverteilung in der GmbH & Co. KG hängt zudem im Ergebnis davon ab, wie die Komplementärin ihre Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung der GmbH & Co. KG ausübt und wie auf diese Stimmausübung Einfluss genommen werden kann. Ausweislich der Satzung der Komplementärin ist alleiniger Gegenstand ihres Unternehmens die Beteiligung an der GmbH & Co. KG. Beim Abschluss des Gesellschaftsvertrags der GmbH & Co. KG waren, wie aus § 6 (10) des Gesellschaftsvertrags zu ersehen ist, der Kläger und der Beklagte zu 2 an der Komplementärin beteiligt. In dieser Vertragsbestimmung ist für den Fall, dass die beiden Kommanditisten ihre Beteiligung an der Komplementärin auf die Gesellschaft übertragen, geregelt, dass die Ausübung der Beteiligungsrechte, insbesondere die Ausübung des Stimmrechts , eines einstimmigen Beschlusses der Kommanditisten bedarf. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind nunmehr neben der GmbH & Co. KG, auf die die beiden Kommanditisten offensichtlich ihre Beteiligungen übertragen haben, vier weitere Gesellschafter mit jeweils 20 % der Geschäftsanteile an der Komplementärin beteiligt, die über ein Stammkapital von 180.000 € ver- fügt. Die vier weiteren Gesellschafter der Komplementärin halten ihre Geschäftsanteile nur, solange sie auch Mitglieder des Stiftungsrats der K. S. Familienstiftung mit Sitz in Z. /Schweiz sind, die vom Kläger und dem Beklagten zu 2 im Jahre 2000 gegründet worden ist. Diese Feststellungen zu den ursprünglichen Beteiligungsverhältnissen in der Komplementärin sprechen eher dafür, dass der Kläger und der Beklagte zu 1 jedenfalls beim Abschluss des Gesellschaftsvertrags der GmbH & Co. KG davon ausgegangen sind, die Ausübung der Stimmrechte der Komplementärin in der GmbH & Co. KG in einem ausreichenden Maße beeinflussen zu können.
- 32
- bb) Den sonstigen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich kein von der dargelegten Auslegung des Vertragstextes abweichendes Auslegungsergebnis entnehmen. Insbesondere zur Entstehungsgeschichte der in Rede stehenden Vertragsbestimmungen hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Für die rechtliche Beurteilung in der Revisionsinstanz ist daher der in der Revisionsbegründung in Bezug genommene Vortrag der Beklagten zur Entstehungsgeschichte der maßgeblichen Vertragsbestimmungen, insbesondere des § 10 (1) und den Regelungen zur Stimmenverteilung, zugrunde zu legen, wonach der Sinn und Zweck dieser auf einer Neufassung des Gesellschaftsvertrags beruhenden Bestimmungen darin bestanden habe, die für die beabsichtigte Überführung des Gesellschaftsvermögens in die Gemeinnützigkeit erforderlich werdenden Gesellschafterbeschlüsse auch ohne die Stimmen der Kommanditisten treffen zu können.
- 33
- 2. Nach den bisher getroffenen Feststellungen kann auch nicht angenommen werden, dass sich das angefochtene Urteil deshalb im Ergebnis als richtig darstellt, weil den angefochtenen Beschlüssen bei einer Prüfung auf der zweiten Stufe die materielle Legitimation fehlt und sie jedenfalls deshalb unwirksam sind.
- 34
- a) Auf der Grundlage des der rechtlichen Beurteilung im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Tatsachenstoffs (§ 559 ZPO) können die beanstandeten Beschlussfassungen nicht als eine treuwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht gegenüber der Minderheit angesehen werden. Soweit die Beschlussfassungen die Übertragung des Gesellschaftsanteils des Klägers auf die M. - Stiftung E. betreffen, ist der Streit darüber, ob der Kläger zu dieser Übertragung verpflichtet ist, in einem anderen Verfahren anhängig. Sollte eine solche rechtliche Verpflichtung des Klägers zur Übertragung bestehen, kann der Zustimmungsbeschluss der Gesellschaftsversammlung schon aus diesem Grunde nicht als treuwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht gegenüber dem Kläger angesehen werden. Besteht eine solche Übertragungspflicht nicht, ist es allein der Entscheidung des Klägers überlassen, ob er seinen Gesellschaftsanteil auf die M. -Stiftung überträgt oder nicht. Der Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung beeinträchtigt ihn in diesem Fall nicht in der Wahrnehmung seiner Rechte aus seiner Gesellschafterstellung. Für die Übertragung des Gesellschaftsanteils des Beklagten zu 2 gilt Entsprechendes, wenn der Kläger verpflichtet sein sollte, seinen Gesellschaftsanteil auf die Stiftung zu übertragen. Sollte eine solche Verpflichtung nicht bestehen, lässt sich jedenfalls aufgrund der revisionsrechtlich zugrunde zu legenden tatsächlichen Feststellungen nicht erkennen, aus welchen Gründen sich eine Übertragung des Gesellschaftsanteils des Beklagten zu 2 auf die Stiftung, falls sie auch unabhängig von einer Übertragung des Gesellschaftsanteils des Klägers gleichwohl durchgeführt werden sollte, gegenüber dem Kläger als eine treuwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht darstellen sollte.
- 35
- b) Sonstige Unwirksamkeitsgründe sind gleichfalls auf der revisionsrechtlich zugrunde zu legenden tatsächlichen Beurteilungsgrundlage nicht ersichtlich. Insbesondere kann angesichts des Umstands, dass die Gesellschafter die Möglichkeit der Anteilsübertragung in § 10 des Gesellschaftsvertrags ausdrück- lich vorgesehen und (nur) von der Einwilligung der Gesellschafterversammlung abhängig gemacht haben, nicht davon ausgegangen werden, dass die Übertragung der Gesellschaftsanteile auf die Stiftung nur mit Zustimmung des Klägers erfolgen darf.
- 36
- IV. Die Sache ist unter Aufhebung des Berufungsurteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil dem Senat eine abschließende Auslegung des Gesellschaftsvertrags anhand allein des Vertragstextes und der sonstigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht möglich und die Sache daher noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat in der wieder eröffneten Berufungsinstanz Gelegenheit, die insoweit gebotenen Feststellungen insbesondere unter Berücksichtigung des widerstreitenden Vortrags der Parteien zur Entstehungsgeschichte der in Rede stehenden Vertragsbestimmungen nachzuholen und sich gegebenenfalls auch mit dem Vortrag der Parteien zur materiellen Wirksamkeit der angefochtenen Beschlüsse zu befassen.
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 04.01.2012 - 44 O 88/11 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 04.02.2013 - I-8 U 21/12 -
(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine Kommanditgesellschaft, wenn bei einem oder bei einigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern auf den Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt ist (Kommanditisten), während bei dem anderen Teil der Gesellschafter eine Beschränkung der Haftung nicht stattfindet (persönlich haftende Gesellschafter).
(2) Soweit nicht in diesem Abschnitt ein anderes vorgeschrieben ist, finden auf die Kommanditgesellschaft die für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften Anwendung.
(1) Die Hauptversammlung ist in den durch Gesetz oder Satzung bestimmten Fällen sowie dann einzuberufen, wenn das Wohl der Gesellschaft es fordert.
(2) Die Hauptversammlung wird durch den Vorstand einberufen, der darüber mit einfacher Mehrheit beschließt. Personen, die in das Handelsregister als Vorstand eingetragen sind, gelten als befugt. Das auf Gesetz oder Satzung beruhende Recht anderer Personen, die Hauptversammlung einzuberufen, bleibt unberührt.
(3) Die Einberufung muss die Firma, den Sitz der Gesellschaft sowie Zeit und Ort der Hauptversammlung enthalten. Zudem ist die Tagesordnung anzugeben. Bei börsennotierten Gesellschaften hat der Vorstand oder, wenn der Aufsichtsrat die Versammlung einberuft, der Aufsichtsrat in der Einberufung ferner anzugeben:
- 1.
die Voraussetzungen für die Teilnahme an der Versammlung und die Ausübung des Stimmrechts sowie gegebenenfalls den Nachweisstichtag nach § 123 Absatz 4 Satz 2 und dessen Bedeutung; - 2.
das Verfahren für die Stimmabgabe - a)
durch einen Bevollmächtigten unter Hinweis auf die Formulare, die für die Erteilung einer Stimmrechtsvollmacht zu verwenden sind, und auf die Art und Weise, wie der Gesellschaft ein Nachweis über die Bestellung eines Bevollmächtigten elektronisch übermittelt werden kann sowie - b)
durch Briefwahl oder im Wege der elektronischen Kommunikation gemäß § 118 Abs. 1 Satz 2, soweit die Satzung eine entsprechende Form der Stimmrechtsausübung vorsieht;
- 3.
die Rechte der Aktionäre nach § 122 Abs. 2, § 126 Abs. 1, den §§ 127, 131 Abs. 1; die Angaben können sich auf die Fristen für die Ausübung der Rechte beschränken, wenn in der Einberufung im Übrigen auf weitergehende Erläuterungen auf der Internetseite der Gesellschaft hingewiesen wird; - 4.
die Internetseite der Gesellschaft, über die die Informationen nach § 124a zugänglich sind.
(4) Die Einberufung ist in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen. Sind die Aktionäre der Gesellschaft namentlich bekannt, so kann die Hauptversammlung mit eingeschriebenem Brief einberufen werden, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt; der Tag der Absendung gilt als Tag der Bekanntmachung. Die Mitteilung an die im Aktienregister Eingetragenen genügt.
(4a) Bei börsennotierten Gesellschaften, die nicht ausschließlich Namensaktien ausgegeben haben oder welche die Einberufung den Aktionären nicht unmittelbar nach Absatz 4 Satz 2 übersenden, ist die Einberufung spätestens zum Zeitpunkt der Bekanntmachung solchen Medien zur Veröffentlichung zuzuleiten, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass sie die Information in der gesamten Europäischen Union verbreiten.
(4b) Im Fall der virtuellen Hauptversammlung muss die Einberufung auch angeben, wie sich Aktionäre und ihre Bevollmächtigten elektronisch zur Versammlung zuschalten können. Zusätzlich ist in der Einberufung darauf hinzuweisen, dass eine physische Präsenz der Aktionäre und ihrer Bevollmächtigten am Ort der Hauptversammlung ausgeschlossen ist. Bei börsennotierten Gesellschaften ist im Fall der virtuellen Hauptversammlung abweichend von Absatz 3 Satz 3 Nummer 2 Buchstabe b das Verfahren für die Stimmabgabe im Wege elektronischer Kommunikation anzugeben. Zudem ist bei diesen Gesellschaften zusätzlich auf § 126 Absatz 4 und, falls der Vorstand von der Möglichkeit des § 131 Absatz 1a Satz 1 Gebrauch macht, auf § 131 Absatz 1a bis 1f hinzuweisen sowie darauf, dass der Bericht des Vorstands oder dessen wesentlicher Inhalt nach § 118a Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 zugänglich gemacht wird.
(5) Wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, soll die Hauptversammlung am Sitz der Gesellschaft stattfinden. Sind die Aktien der Gesellschaft an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen, so kann, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, die Hauptversammlung auch am Sitz der Börse stattfinden. Im Fall der virtuellen Hauptversammlung finden die Sätze 1 und 2 keine Anwendung.
(6) Sind alle Aktionäre erschienen oder vertreten, kann die Hauptversammlung Beschlüsse ohne Einhaltung der Bestimmungen dieses Unterabschnitts fassen, soweit kein Aktionär der Beschlußfassung widerspricht.
(7) Bei Fristen und Terminen, die von der Versammlung zurückberechnet werden, ist der Tag der Versammlung nicht mitzurechnen. Eine Verlegung von einem Sonntag, einem Sonnabend oder einem Feiertag auf einen zeitlich vorausgehenden oder nachfolgenden Werktag kommt nicht in Betracht. Die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind nicht entsprechend anzuwenden. Bei nichtbörsennotierten Gesellschaften kann die Satzung eine andere Berechnung der Frist bestimmen.
(1) Solange eine in das Handelsregister einzutragende Tatsache nicht eingetragen und bekanntgemacht ist, kann sie von demjenigen, in dessen Angelegenheiten sie einzutragen war, einem Dritten nicht entgegengesetzt werden, es sei denn, daß sie diesem bekannt war.
(2) Ist die Tatsache eingetragen und bekanntgemacht worden, so muß ein Dritter sie gegen sich gelten lassen. Dies gilt nicht bei Rechtshandlungen, die innerhalb von fünfzehn Tagen nach der Bekanntmachung vorgenommen werden, sofern der Dritte beweist, daß er die Tatsache weder kannte noch kennen mußte.
(3) Ist eine einzutragende und bekannt gemachte Tatsache unrichtig eingetragen, so kann sich ein Dritter demjenigen gegenüber, in dessen Angelegenheit die Tatsache einzutragen war, auf die eingetragene Tatsache berufen, es sei denn, dass er die Unrichtigkeit kannte.
(4) Für den Geschäftsverkehr mit einer in das Handelsregister eingetragenen Zweigniederlassung eines Unternehmens mit Sitz oder Hauptniederlassung im Ausland ist im Sinne dieser Vorschriften die Eintragung und Bekanntmachung durch das Gericht der Zweigniederlassung entscheidend.
(5) Die Absätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden im Hinblick auf die im Registerblatt einer Kapitalgesellschaft eingetragenen Informationen über eine Zweigniederlassung der Gesellschaft im Ausland.
§ 125a gilt auch für die Gesellschaft, bei der ein Kommanditist eine natürliche Person ist. Der in § 125a Absatz 1 Satz 2 für die Gesellschafter vorgeschriebenen Angaben bedarf es nur für die persönlich haftenden Gesellschafter der Gesellschaft.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.