Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 17. Dez. 2015 - I-2 U 53/04

ECLI:ECLI:DE:OLGD:2015:1217.I2U53.04.00
bei uns veröffentlicht am17.12.2015

Tenor

A.

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30. März 2004 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass das landgerichtliche Urteil nach Teil-Erledigung, Teil-Klagerücknahme und Antragsänderung wie folgt neu gefasst wird:

I.Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit im Hinblick auf den Unterlassungsantrag sowie den gegen die Beklagte zu 1. gerichteten Vernichtungsantrag erledigt ist.

II.

Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) in der Zeit vom 16. März 1994 bis zum 26. April 2008

analytische Testgeräte, umfassend einen trockenen porösen Träger, ein unmarkiertes spezifisches Bindungsreagenz für einen Analyten, welches unmarkierte Reagenz auf dem porösen Träger in einer Nachweiszone permanent immobilisiert und daher in feuchtem Zustand nicht beweglich ist, in trockenem Zustand in einer Zone stromaufwärts von der Nachweiszone ein markiertes spezifisches Bindungsreagenz für dieselbe Nachweissubstanz, welches markierte spezifische Bindungsreagenz innerhalb des porösen Trägers in feuchtem Zustand frei beweglich ist, so dass die Flüssigkeitsprobe, die dem Gerät zugeführt ist, das markierte Reagenz aufnehmen und danach in die Nachweiszone eindringen kann,

in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in den Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken entweder eingeführt oder besessen haben,

bei denen der poröse Träger und das markierte spezifische Markierungsreagenz innerhalb eines hohlen Gehäuses enthalten sind, das Gehäuse aus flüssigkeitsundurchlässigem festem Material aufgebaut ist, der poröse Träger direkt oder indirekt mit dem Äußeren des Gehäuses derart in Verbindung steht, dass flüssige Testprobe auf dem porösen Träger aufgebracht werden kann, das Gehäuse Mittel zum Feststellen des Ausmaßes (sofern gegeben) beinhaltet, bis zu dem das markierte Reagenz in der Nachweiszone gebunden ist, der Markierungsstoff ein Direktmarkierungsstoff in Form eines Farbsols, Goldsols oder gefärbter Latexteilchen ist, das markierte Reagenz in einer ersten Zone des trockenen porösen Trägers enthalten ist und das unmarkierte Reagenz in einer von der ersten Zone räumlich getrennten Nachweiszone immobilisiert ist, die beiden Zonen derart angeordnet sind, dass eine auf dem porösen Träger aufgebrachte Flüssigkeitsprobe über die erste Zone in die Nachweiszone dringen kann, und der poröse Träger einen Streifen oder eine Folie von porösem Material umfasst,

und zwar unter Angabe

a)              der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer sowie der Vorbesitzer,

b)              der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen,-zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c)              der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d)              der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist.

III.Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der C N.V. durch die zu II. bezeichneten, in der Zeit vom 16. März 1994 bis zum 20. Mai 2002 begangenen Handlungen entstanden ist und noch künftig entstehen wird und der der Klägerin durch die zu II. bezeichneten, in der Zeit vom 21. Mai 2002 bis zum 26. April 2008 begangenen Handlungen entstanden ist und noch künftig entstehen wird.

IV.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden den Beklagten auferlegt.

B.

Die Beklagten haben auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

C.Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000,-- EUR abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

D.

Die Revision wird nicht zugelassen.

E.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.250.000,-- EUR festgesetzt.


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Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 17. Dez. 2015 - I-2 U 53/04

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
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Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 276 Verantwortlichkeit des Schuldners


(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos

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Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes1.die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;2.der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert od

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Patentgesetz - PatG | § 139


(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch

Zivilprozessordnung - ZPO | § 288 Gerichtliches Geständnis


(1) Die von einer Partei behaupteten Tatsachen bedürfen insoweit keines Beweises, als sie im Laufe des Rechtsstreits von dem Gegner bei einer mündlichen Verhandlung oder zum Protokoll eines beauftragten oder ersuchten Richters zugestanden sind. (

Zivilprozessordnung - ZPO | § 525 Allgemeine Verfahrensgrundsätze


Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedar

Patentgesetz - PatG | § 9


Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung 1. ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzust

Zivilprozessordnung - ZPO | § 50 Parteifähigkeit


(1) Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist. (2) Ein Verein, der nicht rechtsfähig ist, kann klagen und verklagt werden; in dem Rechtsstreit hat der Verein die Stellung eines rechtsfähigen Vereins.

Patentgesetz - PatG | § 140a


(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind, in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist

Zivilprozessordnung - ZPO | § 56 Prüfung von Amts wegen


(1) Das Gericht hat den Mangel der Parteifähigkeit, der Prozessfähigkeit, der Legitimation eines gesetzlichen Vertreters und der erforderlichen Ermächtigung zur Prozessführung von Amts wegen zu berücksichtigen. (2) Die Partei oder deren gesetzlic

Zivilprozessordnung - ZPO | § 440 Beweis der Echtheit von Privaturkunden


(1) Die Echtheit einer nicht anerkannten Privaturkunde ist zu beweisen. (2) Steht die Echtheit der Namensunterschrift fest oder ist das unter einer Urkunde befindliche Handzeichen notariell beglaubigt, so hat die über der Unterschrift oder dem Ha

Patentgesetz - PatG | § 30


(1) Das Deutsche Patent- und Markenamt führt ein Register, das die Bezeichnung der Patentanmeldungen, in deren Akten jedermann Einsicht gewährt wird, und der erteilten Patente und ergänzender Schutzzertifikate (§ 16a) sowie Namen und Wohnort der Anme

Patentgesetz - PatG | § 7


(1) Damit die sachliche Prüfung der Patentanmeldung durch die Feststellung des Erfinders nicht verzögert wird, gilt im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt der Anmelder als berechtigt, die Erteilung des Patents zu verlangen. (2) Wird

DPMA-Verordnung - DPMAV 2004 | § 28 Eintragung eines Rechtsübergangs


(1) Der Antrag auf Eintragung eines Rechtsübergangs nach § 30 Abs. 3 des Patentgesetzes, § 8 Abs. 4 des Gebrauchsmustergesetzes, § 4 Abs. 2 des Halbleiterschutzgesetzes in Verbindung mit § 8 Abs. 4 des Gebrauchsmustergesetzes, § 27 Abs. 3 des Markeng

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Bundesgerichtshof Urteil, 04. Nov. 2008 - X ZR 154/05

bei uns veröffentlicht am 04.11.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 154/05 Verkündet am: 4. November 2008 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des Bundesgericht

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 11. Nov. 2010 - 2 U 31/10

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Tenor 1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ulm vom 05.03.2010 (11 O 60/09 KfH) wie folgt abgeändert: Es wird festgestellt, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, es im geschäft

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Tenor 1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 17. November 2009 (Az.: 17 O 714/08) abgeändert und wie folgt neu gefasst

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 154/05 Verkündet am:
4. November 2008
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. November 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis
und die Richter Scharen, Keukenschrijver, Asendorf und Gröning

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 7. Juni 2005 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert: Das europäische Patent 291 194 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt, soweit es über folgende Fassung seiner Patentansprüche hinausgeht: 1. Analytisches Testgerät, umfassend einen trockenen porösen Träger (10), unmarkiertes spezifisches Bindungsreagenz für einen Analyten, welches unmarkierte Reagenz auf dem porösen Träger in einer Nachweiszone (14) permanent immobilisiert und daher in feuchtem Zustand nicht beweglich ist, und in trockenem Zustand in einer Zone (12) stromaufwärts von der Nachweiszone ein markiertes spezifisches Bindungsreagenz für dieselbe Nachweissubstanz, welches markierte spezifische Bindungsreagenz innerhalb des porösen Trägers in feuchtem Zustand frei beweglich ist, so dass die Flüssigkeitsprobe , die dem Gerät zugeführt ist, das markierte Reagenz aufnehmen und danach in die Nachweiszone eindringen kann, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , d a s s der poröse Träger und das markierte spezifische Bindungsreagenz innerhalb eines hohlen Gehäuses (30) enthalten sind, das aus feuchtigkeitsundurchlässigem, festem Material aufgebaut ist, der poröse Träger direkt oder indirekt mit dem Äußeren des Gehäuses derart in Verbindung steht, dass flüssige Testprobe auf den porösen Träger aufgebracht werden kann, das Gehäuse Mittel (32) zum Feststellen des Ausmaßes (sofern gegeben) beinhaltet, bis zu dem das markierte Reagenz in der Nachweiszone gebunden ist, der Markierungsstoff ein Direktmarkierungsstoff in Form eines Farbsols, Goldsols oder gefärbter Latexteilchen ist, das markierte Reagenz in einer ersten Zone (12) des trockenen porösen Trägers enthalten ist und das unmarkierte Reagenz in einer von der ersten Zone räumlich getrennten Nachweiszone immobilisiert ist, wobei die beiden Zonen derartig angeordnet sind, dass eine auf den porösen Träger aufgebrachte Flüssigkeitsprobe über die erste Zone in die Nachweiszone dringen kann, und der poröse Träger einen Streifen oder eine Folie von porösem Material umfasst. 2. Testgerät nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass gefärbte Latexteilchen eines maximalen Durchmessers von nicht größer als etwa 0,5 μm den Direktmarkierungsstoff darstellen. 3. Testgerät nach irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Gehäuse aus opakem oder durchscheinendem Material besteht und mit mindestens einer Öffnung (32) versehen ist, durch die das Analysenergebnis beobachtet werden kann.
4. Testgerät nach irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Gehäuse aus Kunststoffmaterial geformt ist. 5. Testgerät nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der poröse Träger einen Streifen oder eine Folie von porösem Material umfasst, der bzw. die mit einer Schicht von durchsichtigem feuchtigkeitsundurchlässigen Material verstärkt ist, wobei die durchsichtige Schicht in der Nähe der Öffnung(en) mit der Innenseite des Gehäuses in Kontakt steht, um den Eintritt von Feuchtigkeit oder Probe zu verhindern. 6. Testgerät nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass das Verstärkungsmaterial ein durchsichtiges Kunststoffmaterial ist. 7. Testgerät nach irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das poröse Trägermaterial Nitrocellulose ist. 8. Testgerät nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Nitrocellulose eine Porengröße von mindestens 1 μm hat. 9. Testgerät nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Porengröße mehr als 5 μm beträgt. 10. Testgerät nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Porengröße 8 bis 12 μm beträgt. 11. Testgerät nach irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es in dem porösen Träger stromabwärts von der Nachweiszone (209) eine Kontrollzone (210) aufweist, um anzuzeigen, dass die Flüssigkeitsprobe über die Nachweiszone hinausgedrungen ist, wobei die Kontrollzone ebenfalls außerhalb des Gehäuses beobachtbar ist. 12. Testgerät nach irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der poröse Träger ein Streifen mit einer Absorptionsmittelfalle (18) an seinem distalen Ende ist, wobei die Falle eine ausreichende Absorptionskapazität hat, damit jegliches ungebundenes markiertes Reagenz aus der Nachweiszone ausgewaschen werden kann. 13. Testgerät nach irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das markierte Reagenz als Oberflächenschicht auf den porösen Träger aufgebracht ist. 14. Testgerät nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass der poröse Träger in dem Bereich, auf den das markierte Reagenz aufgebracht wird, mit einem Glasurmaterial vorbehandelt ist. 15. Testgerät nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, dass das Glasurmaterial ein Zucker ist. 16. Testgerät nach irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das immobilisierte Reagenz in der Nachweiszone über die gesamte Dicke des Trägers in der Nachweiszone imprägniert ist. 17. Testgerät nach irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Nachweissubstanz hCG ist.
18. Testgerät nach irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche 1 bis 16, dadurch gekennzeichnet, dass die Nachweissubstanz LH ist. 19. Testgerät nach irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das frei bewegliche Reagenz statt als spezifisches Bindungsmittel für eine Nachweissubstanz in Gegenwart einer Nachweissubstanz an einer Konkurrenzreaktion teilnehmen kann. 20. Analysenverfahren, bei dem ein Testgerät nach irgendeinem der Ansprüche 1 bis 19 mit einer wässrigen Flüssigkeitsprobe , die vermutlich die Nachweissubstanz enthält, derartig in Kontakt gebracht wird, dass die Probe durch Kapillarwirkung durch den porösen Träger über die erste Zone in die Nachweiszone dringt und das markierte Reagenz mit ihr aus der ersten Zone in die Nachweiszone wandert, wobei das Vorliegen einer Nachweissubstanz in der Probe durch Beobachten des Ausmaßes (sofern gegeben) bestimmt wird, bis zu dem das markierte Reagenz in der Nachweiszone gebunden wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 4/5 und die Beklagte 1/5 zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 26. April 1988 unter Inanspruchnahme der Priorität britischer Patentanmeldungen vom 27. April und 30. Oktober 1987 (Nrn. 8 709 873 und 8 725 457) angemeldeten und mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 291 194 (Streitpatents). Es betrifft ein analytisches Testgerät sowie ein Analysenverfahren und umfasst in der im europäischen Einspruchsbeschwerdeverfahren aufrechterhaltenen Fassung 22 Patentansprüche. Ansprüche 1 und 22 lauten in der Verfahrenssprache: "1. An analytical test device comprising a dry porous carrier (10), unlabelled specific binding reagent for an analyte which unlabelled reagent is permanently immobilised in a detection zone (14) on the porous carrier and is therefore not mobile in the moist state, and in the dry state in a zone (12) upstream from the detection zone a labelled specific binding reagent for the same analyte which labelled specific binding reagent is freely mobile within the porous carrier when in the moist state, such that liquid sample applied to the device can pick up labelled reagent and thereafter permeate into the detection zone, c h a r a c t e r i s e d i n t h a t the porous carrier and the labelled specific binding reagent are contained within a hollow casing (30) constructed of moisture-impervious solid material, the porous carrier communicates directly or indirectly with the exterior of the casing such that liquid test sample can be applied to the porous carrier, the casing incorporates means (32) enabling the extent (if any) to which the labelled reagent becomes bound in the detection zone to be observed, the label is a particulate direct label, the labelled reagent is contained in a first zone (12) of the dry porous carrier, and the unlabelled reagent is immobilised in a detection zone spatially distinct from the first zone, the two zones being arranged such that liquid sample applied to the porous carrier can permeate via the first zone into the detection zone.
22. An analytical method in which a test device according to any one of claims 1 to 21 is contacted with an aqueous liquid sample suspected of containing the analyte, such that the sample permeates by capillary action through the porous carrier via the first zone into the detecting zone and the labelled reagent migrates therewith from the first zone to the detecting zone, the presence of analyte in the sample being determined by observing the extent (if any) to which the labelled reagent becomes bound in the detecting zone."
2
Die Klägerin, die von der Beklagten aus dem Streitpatent in Anspruch genommen wird, hat während des laufenden Einspruchsbeschwerdeverfahrens Nichtigkeitsklage erhoben, die das Bundespatentgericht durch Urteil vom 7. März 2002 als unzulässig abgewiesen hat. Auf die Berufung der Klägerin hat der Senat diese Entscheidung nach Abschluss des Einspruchsverfahrens durch sein am 13. Januar 2004 verkündetes Urteil (X ZR 124/02, Schulte-Kartei PatG 110-122 Nr. 64) aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen. Dort hat die Klägerin geltend gemacht, das Streitpatent sei nicht patentfähig. Sein Gegen- stand sei nicht neu, wobei die Priorität der britischen Patentanmeldungen nicht wirksam in Anspruch genommen werden könne, es beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit und die Erfindung sei nicht so deutlich und vollständig offenbart , dass ein Fachmann sie ausführen könne. Außerdem gehe der Gegenstand des Patents über den Inhalt der europäischen Anmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Zur Begründung hat sich die Klägerin u.a. auf folgende Veröffentlichungen gestützt: europäische Patentanmeldung 149 158 (NK 10), Veröffentl. der internat. Patentanmeldung WO 86/03839 (NK 11), europäische Patentanmeldung 183 442 (NK 12), europäische Patentanmeldung 250 137 (NK 13), europäische Patentanmeldung 284 232 (NK 14), europäische Patentanmeldung 299 428 (NK 15), europäische Patentanmeldung 286 371 (NK 16), europäische Patentanmeldung 032 270 (NK 19), US-Patentschrift 4 552 839 (NK 23), US-Patentschrift 3 888 629 (NK 28), US-Patentschrift 4 235 601 (NK 29), US-Patentschrift 4 361 537 (NK 30), europäische Patentanmeldung 186 799 (NK 32), Veröffentl. der internat. Patentanmeldung WO 86/04683 (NK 38), deutsche Auslegeschrift 1 245 619 (NK 39).
3
Durch das angefochtene Urteil hat das Bundespatentgericht das Streitpatent antragsgemäß mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des ersten Berufungsverfahrens auferlegt.
4
Mit ihrer dagegen eingelegten Berufung verteidigt die Beklagte das Streitpatent in erster Linie in der aus dem Tenor ersichtlichen Fassung, in der in Anspruch 1 u.a. Merkmale der im Einspruchsverfahren aufrechterhaltenen Ansprüche 2, 3 und 6 aufgenommen worden sind; ferner mit Hilfsanträgen, wegen deren Fassung auf den Schriftsatz vom 31. Oktober 2008 und die Sitzungsniederschrift vom 4. November 2008 Bezug genommen wird. Im Übrigen beantragt die Beklagte, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Berufung. Sie sieht Gegenstand und Schutzbereich des Streitpatents in der verteidigten Fassung als unzulässig erweitert an und hält seine Lehre auch in dieser Fassung nicht für patentfähig.
5
Im Auftrag des Senats hat Prof. Dr. F. B. , , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


6
I. Soweit das Streitpatent über die Fassung der mit dem Hauptantrag zulässigerweise (dazu unten III 2) vorgenommenen Beschränkung hinausgeht, ist es ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären (st. Rspr., vgl. BGHZ 170, 215 - Carvedilol II). Die Änderungen sind formal nicht zu beanstanden; namentlich kann das Patent mit Patentansprüchen in deutscher Sprache verteidigt werden (st. Rspr., vgl. BGHZ 147, 306 - Taxol), auch wenn es häufig zweckmäßig sein wird, dies in der Verfahrenssprache zu tun, um Zweifel an der vollständigen inhaltlichen Übereinstimmung der Sprachfassungen zu vermeiden (Sen.Urt. v. 23.9.2008 - X ZR 135/04 - Multiplexsystem, zur Veröffentlichung vorgesehen).
7
Im Umfang der beschränkten Verteidigung des Streitpatents hat die Berufung Erfolg und führt zur Abweisung der Klage.
8
II. Die Nichtigkeitsklage ist auch nach Ablauf der Schutzdauer des Streitpatents zulässig, weil die Klägerin daraus wegen Patentverletzung in Anspruch genommen wird und sie deshalb ein Rechtsschutzbedürfnis an der Nichtigerklärung des Streitpatents im angegriffenen Umfang hat (st. Rspr., vgl. etwa Sen.Urt. v. 24.4.2007 - X ZR 201/02, GRUR 2008, 90 - Verpackungsmaschine).
9
III. 1. Das Streitpatent betrifft Assays, insbesondere Immunoassays und analytische Testgeräte dafür. Bei Immunoassays handelt es sich um bioanalytische Verfahren, welche sich die spezifische Bindungsfähigkeit von Liganden und Liganden-Bindungspartnern (auch: spezifische Bindungspaare, "sbp"), insbesondere die von Antikörpern und Antigenen bzw. Haptenen zunutze machen, um das Vorhandensein von Analyten in flüssigen Proben feststellen zu können. Zum Nachweis der oft nicht direkt sichtbaren Bindungsreaktionen wurden Verfahren zur indirekten Beobachtung eingesetzt, die die Markierung eines der Glieder des spezifischen Bindungspaars mit einem Radioisotop, einem Chromophor , einem Fluorophor oder die eine enzymatische Markierung vorsahen. Radiomarkierungen, Chromophore bzw. Fluorophore können mittels Strahlungsdetektoren , Spektrophotometern oder mit dem bloßen Auge nachgewiesen werden; bei Enzymmarkierungen wird ein nachweisbares Signal durch die Aktivierung einer Verbindung wie etwa eines Farbstoffs im Rahmen eines Reaktionssystems erzeugt.
10
Ursprünglich in Vorrichtungen wie Reagenzgläsern mittels Zentrifugierung und Ausfällung durchgeführt (sogenannte Flüssigphasenassays), ist, der Beschreibung des Streitpatents zufolge, bei spezifischen Bindungsassays wie Immunoassays auch die Verwendung von mit Reagenzien imprägnierten Teststreifen vorgeschlagen worden (sogenannte Festphasenassays). Dabei bewegt sich die auf einen Teil des Teststreifens aufgetragene Probe mit Hilfe eines eluierenden Lösungsmittels, wie Wasser, durch das Material des Teststreifens in oder durch eine dort vorgesehene Nachweiszone, in der ein für die in der Probe vermutete Nachweissubstanz spezifisches Bindungsreagenz immobilisiert ist, um die Nachweissubstanz gegebenenfalls zu binden. Das Maß dieser Bindung kann mit markierten Reagenzien bestimmt werden, die ebenfalls im Teststreifen enthalten sind oder anschließend darauf aufgebracht werden. Der Streitpatentschrift zufolge erfordern alle kommerziell erhältlichen Geräte die Durchführung einer Reihe von aufeinander folgenden Arbeitsschritten, bevor das Testergebnis ablesbar ist, was notwendigerweise Zeit erfordere und Fehlerquellen einführe.
11
Als Aufgabe der Erfindung bezeichnet die Streitpatentschrift die Anpassung und Verbesserung der bekannten Techniken zur Bereitstellung diagnostischer Testgeräte insbesondere für den privaten Gebrauch, die auch von einer ungeübten Person schnell und bequem zu handhaben sind, vom Benutzer möglichst wenige Arbeitsschritte erfordern und bei denen das Analyseergebnis innerhalb von Minuten nach dem Probenauftrag - beispielsweise Urin im Fall eines Schwangerschafts- oder Ovulationstests - vorliegt.
12
Dazu schlägt das Streitpatent in der verteidigten Fassung im Patentanspruch 1 ein analytisches Testgerät vor, umfassend 1. ein hohles, aus einem feuchtigkeitsundurchlässigen Material aufgebautes Gehäuse, das 2. einen trockenen porösen Träger (10) enthält, der 2.1 einen Streifen oder eine Folie von porösem Material umfasst, 2.2 mit dem Äußeren des Gerätes 2.2.1 direkt oder 2.2.2 indirekt derart in Verbindung steht, dass flüssige Testprobe darauf aufgebracht werden kann, und der 3. ein markiertes spezifisches Bindungsreagenz für eine Nachweissubstanz enthält, das 3.1 sich in trockenem Zustand in einer ersten Zone (12) des trockenen porösen Trägers, 3.2 stromaufwärts von einer Nachweiszone befindet und das 3.3 in feuchtem Zustand innerhalb des porösen Trägers frei beweglich ist, wobei 4. der Markierstoff ein Direktmarkierstoff in Form eines Farbsols, Goldsols oder gefärbten Latexteilchens ist, ferner 5. unmarkiertes spezifisches Bindungsreagenz für denselben Analyten, 5.1 das auf dem porösen Träger, 5.2 in einer von der ersten Zone räumlich getrennten Nachweiszone (14) permanent immobilisiert 5.3 und (daher) in feuchtem Zustand nicht beweglich ist, wobei 6. die beiden Zonen derartig angeordnet sind, dass eine auf den porösen Träger aufgebrachte Flüssigkeitsprobe über die erste Zone in die Nachweiszone dringen kann, 7. die Flüssigkeitsprobe, die dem Gerät zugeführt ist, 7.1 das markierte Reagenz aufnehmen 7.2 und danach in die Nachweiszone eindringen kann und 8. das Gehäuse Mittel (32) zum Feststellen des Ausmaßes (sofern gegeben) beinhaltet, bis zu dem das Reagenz in der Nachweiszone gebunden ist, sowie, in Anspruch 20, ein Analysenverfahren, bei dem 1. ein Testgerät nach irgendeinem der Ansprüche 1 bis 19 mit einer wässrigen Flüssigkeitsprobe in Kontakt gebracht wird, 2. die Probe durch Kapillarwirkung durch den porösen Träger über die erste Zone in die Nachweiszone dringt und 3. das markierte Reagenz mit ihr aus der ersten Zone in die Nachweiszone wandert und 4. das Vorliegen einer Nachweissubstanz in der Probe durch Beobachten des Ausmaßes bestimmt wird, bis zu dem das markierte Reagenz in der Nachweiszone gebunden ist.
13
2. Die Beschränkung von Patentanspruch 1 ist zulässig; durch sie wird insbesondere der Schutzbereich des Streitpatents nicht erweitert.
14
a) Eine Schutzbereichserweiterung erfolgt zunächst nicht dadurch, dass das dem Begriff "direct label" (Direktmarkierungsstoff) beigefügte Wort "particulate" (teilchenförmig) entfällt. Als solche Markierungsstoffe kamen zunächst jegliche Einheiten ("entities") in Betracht, deren Vorhandensein ohne Weiteres nachgewiesen werden kann, insbesondere Direktmarkierungsstoffe. Diese werden als Einheiten definiert, die in natürlichem Zustand entweder mit bloßem Auge oder mit Hilfe eines optischen Filters und/oder einer angelegten ("applied" ) Stimulation, z.B. UV-Licht zum Hervorrufen einer Fluoreszenz, leicht sichtbar sind. Als besonders geeignete Beispiele werden winzige farbige Teilchen ("particles"), z.B. Farbsole, Metallsole (wie Goldsole) und gefärbte Latexteilchen angesprochen (vgl. die Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung , Anl. NK 1, S. 4 Z. 42 ff.). Insoweit mag zweifelhaft sein, ob der ausdrücklichen Aufnahme eines Hinweises auf den Teilchencharakter der Markierungsstoffe überhaupt sachliche Bedeutung zukommen konnte. Dass diese Eigenschaftsangabe in dem verteidigten Patentanspruch entfallen ist, kann schon deshalb nicht zu einer Erweiterung führen, weil sich der teilchenförmige Charakter der Direktmarkierungsstoffe zwingend aus der abschließenden Aufzählung derjenigen Markierungsstoffe ergibt, für die Schutz beansprucht wird und die allesamt teilchenförmig sind. Die Formulierung "… in Form eines Farbsols …" im verteidigten Patentanspruch 1 ist entgegen der Ansicht der Klägerin ebenfalls von der ursprünglichen Offenbarung gedeckt. Sie bringt nämlich nur zum Ausdruck, dass die drei genannten Direktmarkierungsstoffe allein noch vom Streitpatent erfasst werden sollen.
15
b) Ebenfalls keine Erweiterung des Schutzbereichs von Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassung liegt in der Umschreibung, wonach der trockene poröse Träger einen Streifen oder eine Folie von porösem Material "umfasst" (Merkmale 2 und 2.1). Soweit die Klägerin meint, dadurch würden Ausgestaltungen eingeschlossen, bei denen sich das markierte Bindungsreagenz in einem gesonderten Träger vor dem eigentlichen Trägerstreifen für den chromatografischen Fluss befinden könne, unterscheidet sie nicht hinreichend zwischen der Frage der Platzierung des Bindungsreagenzes, die allein den Schutzbereich betrifft, und der Frage der Ausgestaltung des porösen Trägers, die die Auslegung des erteilten Patents berührt (nachstehend III 2 d). Das mar- kierte Bindungsreagenz ist in trockenem Zustand auch in der verteidigten Fassung von Anspruch 1 des Streitpatents in einer ersten Zone des porösen Trägers enthalten (Merkmale 3, 3.1). Diese merkmalsmäßige Zuordnung des Bindungsreagenzes zum Träger wird durch Verwendung des Verbs "umfasst" im Zusammenhang mit der Bestimmung des porösen Trägers nicht außer Kraft gesetzt. Der Schutzbereich des Patents wird deshalb nicht erweitert.
16
c) Eine unzulässige Schutzbereichserweiterung liegt des Weiteren nicht darin, dass gefärbte Latexteilchen ohne Begrenzung ihres Durchmessers in den Hauptanspruch aufgenommen worden sind. Diese Teilchen sind als solche ohne Beschränkung auf einen bestimmten Höchstdurchmesser in den Anmeldungsunterlagen als Direktmarkierungsstoff offenbart (NK 1 S. 4 Z. 44 f.). Dass die Teilchen in Patentanspruch 2 nur in Verbindung mit einer Größenangabe genannt sind, nötigt nicht zu der Aufnahme dieser Größenangabe in den verteidigten Patentanspruch 1 (vgl. Busse/Keukenschrijver, 6. Aufl., § 83 PatG Rdn. 37; vgl. zur Aufnahme einzelner Merkmale eines Ausführungsbeispiels BGHZ 110, 123, 126 - Spleißkammer).
17
d) Mit der Beschränkung, dass der trockene poröse Träger einen Streifen oder eine Folie von porösem Material "umfasst" (Merkmale 2, 2.1), geht die von Anspruch 1 in der verteidigten Fassung beschriebene Ausgestaltung des porösen Trägers nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung oder das erteilte Patent hinaus. Danach sollte das Trägermaterial vorzugsweise in Form eines Streifens oder einer Folie bestehen. Das Gerät konnte gemäß der Erfindung daher auch, falls gewünscht, zwei oder mehrere diskrete Körper von porösem Festphasenmaterial, z.B. getrennte Streifen oder Folien für die Aufnahme von Reagenzien, vereinigen, und zwar, entgegen der Ansicht der Klägerin, nicht ausschließlich parallel nebeneinander angeord- net (NK 1 S. 5 Z. 20 ff.). Demnach blieb es dem Fachmann überlassen, den porösen Träger den jeweiligen Erfordernissen entsprechend unterschiedlich auszugestalten. Diesen Rahmen überschreitet das Streitpatent in der verteidigten Fassung nicht; insbesondere wird durch die Aufnahme der Merkmale des früheren Anspruchs 6 in den Hauptanspruch entgegen der Ansicht der Klägerin keine von der Ursprungsoffenbarung nicht erfasste "Zwischenebene" geschaffen.
18
IV. Soweit das Streitpatent noch verteidigt wird, liegt keiner der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe der Art. 138 EPÜ, Art. II § 6 IntPatÜG vor.
19
1. Die Erfindung ist so deutlich und vollständig offenbart, dass der Fachmann sie ausführen kann.
20
a) Das Erfordernis der ausführbaren Offenbarung bedeutet nicht, dass die Lehre alle im Einzelnen zur Erreichung des erfindungsgemäßen Ziels erforderlichen Schritte detailliert beschreiben müsste. Es reicht aus, wenn dem Fachmann ein generelles Lösungsschema an die Hand gegeben wird. Unschädlich ist, wenn er bei der Nacharbeitung auf Unvollkommenheiten stößt, die er als solche erkennt und mit Hilfe seines Wissens im Sinne der Erfindung überwinden kann, ohne selbst erfinderisch tätig werden zu müssen (vgl. Busse/ Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 34 Rdn. 273 ff.; Schulte, PatG, 7. Aufl., § 34 Rdn. 364; Benkard/Schäfers, EPÜ, Art. 83 Rdn. 43). Die Erforderlichkeit von Versuchen ist unschädlich, solange sie das übliche Maß nicht übersteigen (Keukenschrijver, aaO Rdn. 293 m.w.N. in Fn. 639). Das gilt namentlich dann, wenn die Lehre, wie hier, den Einsatz biochemischer Reagenzien und die Herbeiführung entsprechender Reaktionen betrifft.
21
b) Danach ist im Streitfall unschädlich, dass der Fachmann einzelne Parameter wie Fließgeschwindigkeit, Konzentration und Bindungsstärke (Affinität) sowohl des zu immobilisierenden als auch des markierten Antikörpers erst, wie der gerichtliche Sachverständige meint, nach Experimenten einstellen konnte, zumal Anmeldungsunterlagen und Streitpatentschrift zu Fließgeschwindigkeit und Teilchen- bzw. Porengröße Angaben enthalten (Anlage NK 1, S. 11 Rdn. 15 ff.; geänderte Streitpatentschrift Abs. 75 ff.). Der danach noch erforderliche Versuchsaufwand übersteigt das dem Fachmann zumutbare Maß nicht.
22
c) Der Nichtigkeitsgrund unzureichender Offenbarung besteht auch nicht in Bezug auf die Resolubilisierung der teilchenförmigen, an die Markierungsantikörper gekoppelten Direktmarkierungsstoffe.
23
Wie der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt und in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, ist die Lehre insoweit jedenfalls bei Einbeziehung der in den Unteransprüchen 13 bis 15 enthaltenen Anweisungen ausführbar. Damit wird dem Fachmann (dazu unten 3 b aa), was ausreicht, ein gangbarer Weg zur Ausführung der Erfindung mit allen von Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassung beanspruchten Direktmarkierungsstoffen offenbart (ähnlich BGHZ 147, 306 - Taxol für die allgemeine Beanspruchung eines Verfahrensschritts in Form einer allgemein bezeichneten Reaktion bei nacharbeitbarer Offenbarung eines ausführbaren Wegs zur Durchführung dieser Reaktion in der Patentschrift). Die zur Ausführung der Erfindung benötigten Angaben müssen nicht abschließend dem Hauptanspruch zu entnehmen sein. Es genügt, wenn sie sich aus dem Inhalt der Patentschrift insgesamt erschließen (vgl. Sen.Urt. v. 1.10.2002 - X ZR 112/99, GRUR 2003, 223 - Kupplungsvorrichtung

II).


24
2. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassung ist nicht wegen fehlender Patentfähigkeit für nichtig zu erklären.
25
a) Der Gegenstand des Anspruchs ist neu. Das gilt ungeachtet der Frage , ob das Streitpatent die Priorität einer der beiden britischen Patentanmeldungen 8 725 457 bzw. 8 709 873 (NK 5, 6) wirksam in Anspruch nehmen kann, auch dann, wenn für die Neuheit auf den Anmeldetag des Streitpatents selbst abgestellt wird und die Entgegenhaltungen NK 13, NK 14 und NK 16 bei der Neuheitsprüfung berücksichtigt werden.
26
aa) Die am 23. Dezember 1987 veröffentlichte europäische Patentanmeldung 250 137 (NK 13) betrifft ein Verfahren zum Nachweis eines Liganden in einer Probe. Es verwendet mit kolloidalem Gold zwar einen Direktmarkierungsstoff. Dieser wird jedoch nicht (in trockenem Zustand) auf einen porösen Träger aufgebracht, sondern ist Bestandteil eines Reagenzes, das mit einer Probe flüssig vorvermischt wird und einen Liganden-Bindungspartner oder einen Liganden enthält, der direkt oder indirekt mit dem kolloidalen Gold markiert ist. Bei diesem Verfahren fehlt es an der Merkmalsgruppe 3 des Streitpatents; außerdem ist kein hohles Gehäuse beschrieben (Merkmale 1 und 8 des Streitpatents ). Ob die Schrift, wie die Klägerin meint, sämtliche Merkmale des Streitpatents vorwegnimmt, wenn die in der Beschreibung erwähnten USPatentschriften 3 888 629, 4 325 601 und 4 361 537 (NK 28 bis 30) einbezogen werden, kann dahinstehen. Die Neuheit einer Erfindung ist grundsätzlich im Wege des Einzelvergleichs zu prüfen. Eine in einer Vorveröffentlichung in Bezug genommene weitere Schrift kann nur berücksichtigt werden, wenn hinreichend deutlich gemacht wird, welche daraus ersichtlichen Informationen in Bezug genommen und zur Grundlage der Vorveröffentlichung gemacht werden und diese dem Leser zum jeweils maßgeblichen Datum zugänglich sind (vgl.
Keukenschrijver, aaO, § 3 PatG Rdn. 111). Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die genannten amerikanischen Patentschriften nicht erfüllt.
27
bb) Die am 7. März 1988 eingereichte europäische Patentanmeldung 284 232 (Anl. NK 14) offenbart kein Gehäuse mit Mitteln zum eventuellen Feststellen des Ausmaßes, bis zu dem das Reagenz in der Nachweiszone gebunden ist (Merkmale 1 und 8 des Streitpatents), und zwar auch nicht, soweit in der Beschreibung von im Stand der Technik vorzufindenden festen Trägern (solid supports) die Rede ist (S. 2 Ziff. 6-13). Damit sind Elemente gemeint, die funktionell dem porösen Träger des Streitpatents entsprechen und nicht seinem hohlen Gehäuse. Das ist, wovon auch die Klägerin ausgeht (Berufungserwiderung S. 34) offensichtlich für den in der Entgegenhaltung erwähnten Tauchstreifens ("dip-stick"), gilt aber auch für die daneben genannten Röhren. Damit sind Kapillarrohre mit einem geringen Durchmesser gemeint, wie sie etwa in der europäischen Patentanmeldung 149 168 (Anl. NK 10) beschrieben sind und bei denen die Kapillarwirkung gerade durch den geringen Durchmesser gefördert wird.
28
cc) Die europäische Patentanmeldung 286 371 (NK 16) beschreibt eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Durchführung von Assayverfahren, die ein Gehäuse und einen trockenen porösen Träger mit einer (immunosorbierenden) Zone umfassen, in welcher ein Mitglied eines spezifischen Bindungspaares immobilisiert sein kann, um den komplementären Bindungspartner zu fangen. Letzterer und seiner Markierung dienende Komponenten - in der Diktion dieser Schrift: Mitglied(er) eines signalerzeugenden Systems - sind vorzugsweise aber in flüssiger Form, gewöhnlich in einem wässrigen Medium, in mindestens einem zerbrechbaren Behälter in dem Gehäuse eingeschlossen, also nicht nach Maßgabe der Merkmalsgruppe 3 des Streitpatents auf dem porösen Träger enthal- ten. Die Schrift erwähnt lediglich, dass Mitglieder des spezifischen Bindungspaares und, falls gewünscht, Mitglieder des signalerzeugenden Systems an das als poröser Träger dienende saugfähige Material gebunden sein können, und zwar nicht-diffundierend oder diffundierend, je nachdem, ob der jeweils durchgeführte Assay die Bewegung eines derartigen Mitglieds entlang des Streifens erfordere oder nicht. Mit diesen Hinweisen offenbart die Patentanmeldung nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit ein in trockenem Zustand in einer ersten Zone des porösen Trägers enthaltenes direktmarkiertes spezifisches Bindungsreagenz für eine Nachweissubstanz (Merkmale 3, 3.1). Das gilt um so mehr, als das signalerzeugende System der Beschreibung zufolge meistens ein chromophores Substrat und Enzym umfasst, wobei chromophore Substrate enzymatisch in Farbstoffe, die Licht im ultravioletten oder sichtbaren Bereich absorbieren , in Phosphore oder in Fluoreszenzfarbstoffe überführt werden und daneben für die Markierung noch Radioisotope erwähnt werden. Der in der Anmeldung enthaltene Hinweis auf die US-Patentschrift 4 555 839 (NK 23) und die dort beschriebenen Assaymethoden (Sp. 27 Z. 27 ff.) mag zwar die Möglichkeit der Verwendung von Direktmarkierungsstoffen in flüssigen Medien offenbaren , dies aber nicht auf die in der Merkmalsgruppe 3 beschriebenen Weise.
29
dd) Die europäische Patentanmeldung 299 428 (NK 15) datiert mit dem 13. Juli 1988 von einem Tage, der nach der Anmeldung des Streitpatents liegt. Soweit in dieser Schrift für die Priorität auf die amerikanische Patentanmeldung 72 459 mit Datum vom 13. Juli 1987 Bezug genommen wird, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Anmeldung der Öffentlichkeit vor dem Tag der Anmeldung des Streitpatents zugänglich gemacht worden ist. Vielmehr hat die amerikanische Anmeldung die bei der Neuheitsprüfung vorauszusetzende Publizität erst durch die Veröffentlichung auf sie hin erteilten US-Patents erlangt, was jedenfalls nicht vor dem Tag der Anmeldung des Streitpatents geschehen ist.
30
Abgesehen davon wird in dieser Entgegenhaltung kein Gehäuse offenbart , sondern vielmehr in einer Ausführungsform chromatografisches Substratmaterial auf einem inerten Trägerstreifen und eine Deckplatte, die, bis auf einen Endbereich, über die Länge des chromatografischen Materials vorgesehen ist (Anl. NK 12 S. 12 Z. 53). Damit sind die Merkmale 1 und 8 des Streitpatents nicht erfüllt.
31
b) Das Ergebnis von Verhandlung und Beweisaufnahme lässt nicht die Wertung zu, dass sich der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassung für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben hat.
32
aa) Der zur Zeit der Anmeldung des Streitpatents mit der Weiterentwicklung von Immunoassays befasste Fachmann verfügte über einen Hochschulabschluss in den Fächern Biochemie oder Biotechnologie bzw. in einem verwandten natur- oder ingenieurwissenschaftlichen Fach und war in einem Großunternehmen beschäftigt. Die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit auf diesem Gebiet lag seinerzeit in den Händen solcher Unternehmen, die für die Entwicklung ihrer Produkte gegebenenfalls interdisziplinäre Teams zusammenstellten.
33
bb) Die aufgabengemäße Verbesserung von Testgeräten für Immunoassays erforderte, die gegenständliche Ausgestaltung der Geräte dem Bedürfnis eines unkomplizierten Einsatzes in Laienhand anzupassen. Ineinandergreifend mit dieser konstruktiven Aufgabe musste das mithilfe des Geräts durchzuführende Testverfahren hin zu der angestrebten Ein-Schritt-Analyse weiterentwickelt werden. Die vom Streitpatent in der verteidigten Fassung aufgefundene Lösung dieser komplexen Entwicklungsaufgabe ergab sich nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.
34
(1) Entgegen der Ansicht des Bundespatentgerichts gab die europäische Patentanmeldung 149 168 (NK 10) dem Fachmann keine richtungsweisenden Anregungen für die konstruktive Wahl des Gehäuses zur Aufnahme des porösen Trägers, auch wenn diese Anmeldung, wie das Streitpatent, eine vereinfachte Anwendung bei Immunoassays anstrebt. Vorgeschlagen wird dort, Kapillarröhrchen mit entsprechend geringem Durchmesser (vgl. NK 10 S. 11 Z. 27 ff.) mit festen Matrizen zu packen, auf denen die für die Durchführung von Assays erforderlichen Reagenzien aufgebracht sind, um anschließend das untere Ende des Röhrchens - das die Funktion des porösen Trägers des Streitpatents übernimmt - in eine Probenlösung zu tauchen oder die Kapillaritätswirkung bei einer Blutentnahme durch Andrücken des Röhrchens an den Bereich der Einstichstelle hervorzurufen. Diese Lösung lag vom Streitpatent recht weit ab.
35
(2) Im Ergebnis nichts anderes gilt für die europäische Patentanmeldung 183 442 (NK 12). Sie beschreibt eine Chromatografie-Vorrichtung und ein Verfahren zu deren Anwendung, insbesondere für die quantitative Bestimmung der Menge eines Analyten. Die Vorrichtung umfasst allerdings ein Gehäuse, welches einen saugfähigen Streifen aufnimmt, der an einem Ende mit der in einem flüssigen Medium gelösten Probe, die mutmaßlich den Analyten enthält, in Verbindung gebracht werden kann. Das Nachweisverfahren nutzt das Bindungsverhalten von Liganden und Rezeptoren - in der Terminologie der Schrift: Mitglieder eines spezifischen Bindungspaars "sbp" - aus. Ein sbp-Mitglied - und zwar der homologe oder reziproke Bindungspartner des jeweiligen Analyten - ist unbeweglich, nicht-diffundierbar, in einem als "immunosorbierende Zone" bezeichneten Bereich des verwendeten Teststreifens aufgebracht. Zum Nachweis des Analyten ist ein sogenanntes signalerzeugendes System vorgesehen, das eine oder mehrere Komponenten aufweisen kann, von denen mindestens eine an ein sbp-Mitglied konjugiert ist. Das signalerzeugende System ermöglicht, das Gebiet in der immunosorbierenden Zone, an das der Analyt gebunden ist, von dem Gebiet zu unterscheiden, in welchem er nicht enthalten ist, so dass die Entfernung von einem vorher bestimmten Punkt auf dem Immunochromatogramm ein Maß für die Menge an Analyt in der Probe ist. Offenbart ist somit eine Lehre, welche die Merkmale bzw. Merkmalsgruppen 1, 2, 7 und 8 aufweist und darüber hinaus lediglich die Merkmale 3.3, 5.1 und 5.3, wohingegen die Merkmale 4 und 6 fehlen. Bezüglich des Testverfahrens selbst bleibt die Entgegenhaltung NK 12 im Wesentlichen den im Stand der Technik dominierenden enzymatischen Markierungen verhaftet und kann deshalb den damit einhergehenden höheren Detektionsaufwand nicht reduzieren. Zur Durchführung des Assays wird das untere Ende des Teststreifens mit der Probe in Kontakt gebracht , die zuvor in einem geeigneten Lösungsmittel gelöst worden ist, welches ein oder mehrere Mitglieder des signalerzeugenden Systems enthalten kann. Infolge der Kapillarwirkung durchwandert die Probenlösung den saugfähigen Träger einschließlich der immunosorbierenden Zone. Wenn das nachweisbare Signal, gegebenenfalls nach Entwicklung des auf Enzymbasis funktionierenden Assays, erzeugt worden ist, kann die Entfernung von einem Ende des Chromatogramms als quantitatives Maß der Menge an Analyten in der Probe unter Verwendung der am Gehäuse vorgesehenen Anzeigemittel in Form einer graduierten Skala (NK 12 S. 9 Z. 9 ff.) gemessen werden. Mit Blick auf die im Vergleich zum Streitpatent unterschiedliche Bedeutung der Anzeigemittel in dieser Entgegenhaltung fehlt dem in ihr beschriebenen Gehäuse auch eine hinreichende Vorbildfunktion für die Lehre des Streitpatents.
36
(3) Zu einem aufgabengemäß verbesserten Testgerät führten den Fachmann entgegen der Ansicht des Bundespatentgerichts auch nicht die europäische Patentanmeldung 186 799 (NK 32) und die internationale Patentanmeldung WO 86/04683 (NK 38).
37
In der ersteren Anmeldung werden ein analytisches Mittel und Verfahren zum Nachweis oder zur Bestimmung einer Komponente eines bioaffinen Bindungspaars offenbart. Das dabei verwendete flächenförmige diagnostische Mittel besteht aus einem oder mehreren hintereinander angeordneten Streifen, die untereinander über ihre Kanten in für wässrige Lösungen saugfähigem Kontakt stehen und aus entsprechendem Material, wie beispielsweise Cellulose o. Ä. bestehen. Die Streifen enthalten die für das jeweilige diagnostische Mittel notwendigen Reagenzkomponenten. Einer der bioaffinen Bindungspartner wird in der sogenannten Festphasenzone an das Trägermaterial in dem Funktionsbereich gebunden, der zum Nachweis des Analyten vorgesehen ist. Zumindest ein markierter Reaktand befindet sich in einer vorgelagerten Zone und wird, wenn eine Lösungsmittelprobe aufgetragen wird, vom ankommenden Lösungsmittel verflüssigt in die Festphasenzone transportiert, wo er durch ein bioaffines Bindungssystem gebunden wird. Die Erfindung weist die Merkmalsgruppen 2, 3, 5, 6 und 7 auf. Sie offenbart dagegen kein Gehäuse (Merkmal 1) und dementsprechend auch nicht das Merkmal 8 und bedient sich auch nicht eines Direktmarkierstoffs (Merkmal 4), sondern bevorzugt eine Enzymmarkierung, die chromogene, Fluoreszenz oder Chemilumineszenz erzeugende Substratsysteme erfordert und erwähnt des Weiteren eine Chemilumineszenzmarkierung, die allerdings erst nach Zugabe eines Reagenzes gemessen wird.
38
Einen Direktmarkierungsstoff offenbart ebenfalls nicht die internationale Patentanmeldung WO 86/04683 (NK 38).
39
(4) Um zum Gegenstand des Streitpatents in der verteidigten Fassung zu gelangen, bedurfte es mehr, als zusätzlich zu den aus den Entgegenhaltungen NK 32 und NK 38 ersichtlichen Vorschlägen die im Stand der Technik bekannten partikelförmigen Direktmarkierungsstoffe in Betracht zu ziehen.
40
Die europäische Patentanmeldung 32 270 (NK 19) schlägt die Verwendung von kolloidalen Farbstoffpartikeln in wässrigen Lösungen vor. Der Vorzug dieser Markierungen besteht den Anmeldungsunterlagen zufolge darin, dass die Enzym/Substrat-Inkubation weggelassen werden kann. Der Bindungsschritt zwischen der Nachweissubstanz und dem partikelmarkierten Nachweisreagenz erfolgt in einer Lösung, bevor die Probe auf den porösen Träger aufgetragen wird. Genauso verhält es sich bei der US-Patentschrift 4 552 839 (NK 23), in der teilchenförmige Direktmarkierungsstoffe zwar beschrieben sind, die aber ebenfalls gelöst auf den porösen Träger aufgebracht werden. Die Verwendung von Direktmarkierungsstoffen in gelöstem Zustand führte nicht zu der vom Streitpatent aufgefundenen einfachen Ein-Schritt-Analyse, bei welcher der Anwender lediglich die Flüssigkeitsprobe in Kontakt mit dem Testgerät bringen muss, um kurze Zeit später ein Testergebnis ablesen zu können. Um den Test so zu vereinfachen, musste der Fachmann die vergleichsweise umständliche Vermischung der Probe mit dem Bindungsreagenz vor der Aufbringung auf den Teststreifen durch eine einfache und sicher anwendbare Alternative ersetzen. Dazu musste er erkennen, dass die direktmarkierten Bindungsreagenzien auch in trockenem Zustand im Träger untergebracht werden können, um sie von der infolge der Kapillarwirkung aufsteigenden Probe wieder auflösen und mitsamt der Probenflüssigkeit zum auf dem porösen Träger immobilisierten komplementären Bindungspartner schwemmen zu lassen.
41
(5) Zu dieser Lösung führte den Fachmann auch nicht der in der internationalen Patentanmeldung WO 86/03839 (NK 11) beispielhaft beschriebene qualitative Schwangerschaftstest (Beispiel X). Bei diesem wird eine Nitrocellulosemembran als Träger eingesetzt, die mit einer Abdeckung versehen wird, welche eine etwa 2 mm2 große Öffnung aufweist. Ein Tupfer, der mit lyophilisiertem Gold markierte Anti-hCG-Antikörper enthält, wird in Probeurin, welcher möglicherweise hCG enthält, angefeuchtet und dann für etwa 30 Sekunden mit der Membranabdeckung in Kontakt gebracht, damit der Urin aus dem Tupfer in die Membran diffundieren kann. Konzentrationen von hCG von über 50 mIU/ml, die im Allgemeinen eine Schwangerschaft anzeigen, können durch die Anwesenheit eines roten Flecks diagnostiziert werden; schwächere Konzentrationen erzeugen keinen solchen Fleck.
42
Die bloße Verwendung eines lyophilisierten Direktmarkierungsstoffs in diesem Beispiel gibt keinen zur Lehre des verteidigten Streitpatents führenden Hinweis. Die Benutzung eines mit markierten Antikörpern imprägnierten Tupfers , der mit Urin zu benetzen und dann auf die Membran aufzubringen ist, führt ebenso wenig zu einem aufgabengemäß problemlos und fehlerunanfällig von Laienhand ausführbaren Ein-Schritt-Analysensystem, wie dieses Beispiel dem Fachmann keine Anregung dafür gibt, das trockene markierte Bindungsreagenz in einer ersten Zone eines porösen Trägers zu platzieren, um es von der durch Kapillarität aufsteigenden Probenflüssigkeit zu einem einer weiteren Zone stromabwärts des Trägers fixierten Bindungspartners transportieren zu lassen. Vielmehr findet die Detektion punktuell an der Stelle statt, an der der Tupfer mit der mit polyklonalen Antikörpern gesättigten Membran in Berührung gebracht wird. Insgesamt bietet dieses Testverfahren keine Anregungen für die vom Streitpatent aufgabengemäß angestrebte Verbesserung der marktüblichen Testgeräte für den privaten Gebrauch, wie dies im Ergebnis auch schon die Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts in ihrer Entscheidung vom 27. Januar 2000 - T 0681/98 befunden hat.
43
cc) Die europäischen Patentanmeldungen 284 232 (NK 14) und 286 371 (NK 16) sind bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht in Betracht zu ziehen (Art. 56 Satz 2 i. V. mit Art. 54 Abs. 3 EPÜ). Die europäische Patentanmeldung 299 428 (NK 15) ist ebenfalls nicht zu berücksichtigen. Wie bereits ausgeführt, liegt das für sie maßgebliche Anmeldedatum zeitlich nach dem des Streitpatents (oben IV 2 a dd).
44
Die europäische Patentanmeldung 250 137 (NK 13) ist zwar dem Stand der Technik zuzurechnen, gab dem Fachmann aber keine Anregungen zur Auffindung zu der vom Streitpatent in seiner verteidigten Fassung unter Schutz gestellten Lehre.
45
3. Die nachgeordneten Ansprüche und der nebengeordnete Verfahrensanspruch haben mit dem verteidigten Hauptanspruch Bestand.
46
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO i.V. mit § 121 Abs. 2 PatG.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Asendorf Gröning
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 07.06.2005 - 3 Ni 11/01 (EU) -

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ulm vom 05.03.2010 (11 O 60/09 KfH) wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, buchpreisgebundene Bücher und/oder buchpreisgebundene Produkte i. S. v. § 2 Buchpreisbindungsgesetz an Letztabnehmer zu verkaufen, wenn der diesbezügliche Kaufpreis vom Letztabnehmer zum Teil mit einem von der Klägerin gewährten Preisnachlass-Coupon geleistet wird, den und dessen Wert er von der Klägerin bei einem zeitlich früheren Kauf von Waren bei der Klägerin erhalten hat, bei denen es sich nachweislich nicht um buchpreisgebundene Bücher und/oder nachweislich nicht buchpreisgebundene Produkte i. S. v. § 2 Buchpreisbindungsgesetz handelt.

2. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 25.000 EUR

Gründe

 
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie gegenüber den Beklagten nicht zur Unterlassung eines bestimmten Rabattsystems verpflichtet sei.
I.
1.
Die Klägerin ist ein überregionales Drogerieunternehmen, das auch preisgebundene Bücher verkauft; die Beklagten, sind sogenannte Preisbindungstreuhänder nach § 9 Abs. 2 Ziff. 3 des Gesetzes über die Preisbindung für Bücher (Buchpreisbindungsgesetz). Die Klägerin nimmt diese im Wege der negativen Feststellungsklage darauf in Anspruch, sie sei wegen der Ausgabe eines Preisnachlass-Coupons beim Kauf nicht buchpreisgebundener Bücher/Produkte, die bei einem weiteren Kauf auf auch für buchpreisgebundene Bücher/Produkte eingelöst werden können, den Beklagten gegenüber nicht zur Unterlassung verpflichtet.
Für die Einzelheiten des Sachverhalts und für das Vorbringen in erster Instanz einschließlich der Antragstellung wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.
2.
Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die Klage sei zulässig, soweit die Sachurteilsvoraussetzungen in Frage stünden.
Sie sei auf die Feststellung des Nichtbestehens eines konkreten gegenwärtigen Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien gerichtet, da die Klägerin aus Anlass des vorausgegangenen einstweiligen Verfügungsverfahrens (LG Ulm 11 O 50/09 KfH) festgestellt haben wolle, dass die Beklagten gegen sie keinen Unterlassungsanspruch wegen der Verrechnung des Gutscheins beim Verkauf von Büchern hätten, nachdem sie ihr Kassensystem so umgestellt habe, dass eine Ausstellung dieser Gutscheine beim Verkauf von preisgebundenen Büchern nicht mehr erfolge.
Ob ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO bestehe, sei zwar zweifelhaft, könne aber offen bleiben, wenn die Klage in der Sache abweisungsreif sei, da das Feststellungsinteresse echte Prozessvoraussetzung nur für ein stattgebendes Urteil sei. Ein solcher Fall sei hier gegeben, da die Klage unbegründet sei, da nicht festgestellt werden könne, dass den Beklagten kein Unterlassungsanspruch gegen die Klägerin nach §§ 9, 3, 5 Buchpreisbindungsgesetz zustünde.
Die Beklagten seien zwar als Preisbindungstreuhänder für die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs aktivlegitimiert nach § 9 Abs. 2 Nr. 3 Buchpreisbindungsgesetz.
Die Klägerin halte allerdings die festgesetzten Preise auch dann nicht ein, wenn sie wie es nunmehr geschehe beim Verkauf eines preisgebundenen Buches von ihr ausgegebene Rabattgutscheine entgegennehme, die der Kunde zuvor nicht beim Kauf von Büchern, sondern ausschließlich beim Kauf nicht preisgebundener Waren bei ihr erhalten habe.
10 
Dieses Auslegungsergebnis entspreche dem in § 1 des Buchpreisbindungsgesetzes definierten Zweck dieses Gesetzes. Die Hingabe des Gutscheins beim Ersteinkauf, welcher keine preisgebundenen Bücher betreffe, und die Verrechnung des Gutscheins beim späteren Kauf preisgebundener Bücher dürften nicht isoliert betrachtet werden, denn bei einer isolierten Betrachtung des Erst- und Zweiteinkaufs, wie sie die Klägerin anstelle, könnte der Zweck des Gesetzes, dem Buchhändler den festgesetzten Preis zu sichern und so die Existenz einer großen Zahl von mittelständischen Verkaufsstellen für Bücher zu gewährleisten, vollständig unterlaufen werden. Die Handhabung des Gutscheinsystems stelle einen Wettbewerb über den Preis dar, der im Buchhandel gegen § 3 Buchpreisbindungsgesetz verstoße.
11 
Die teilweise Begleichung des gebundenen, festgesetzten Preises durch Hingabe des Gutscheins führe dazu, dass die Klägerin für die Überlassung des Buches im Ergebnis ein geringeres Entgelt als den nach §§ 3, 5 Buchpreisbindungsgesetz zu zahlenden Preis erhalte. Die Klägerin zahle diese Differenz selbst aus eigenen Mitteln. Der Kunde erhalte damit beim Kauf eines Buchs im wirtschaftlichen Ergebnis einen Rabatt auf den gebundenen Ladenpreis, den das Buchpreisbindungsgesetz gerade verhindern wolle.
12 
Der geldwerte Vorteil, der in der Vergabe des Gutscheines liege, könne sich erst im Zusammenhang mit einem Folgegeschäft als Preisnachlass auswirken. Der mit der Vergabe des Gutscheins in Aussicht gestellte Preisvorteil wirke sich somit erst vollständig im Rahmen des Zweiteinkaufs aus. Der Ersteinkauf ziele somit auf den Zweiteinkauf, hierdurch werde die Kundenbindung verfolgt. Erst wenn sich der Kunde entschließen sollte, den Zweiteinkauf abzuschließen, könne er den Gutschein zu seinen Gunsten wirtschaftlich verwerten und auf den Kaufpreis tatsächlich zur Anrechnung bringen.
13 
Das Preisbindungsgesetz bestimme zwar nicht, wer den gebundenen Ladenpreis zu zahlen habe. Wenn jedoch wie vorliegend eine Differenz zum gebundenen Buchpreis verbleibe und diese ausschließlich von der Klägerin als Verkäuferin des Buches übernommen werde, wenn die Kunden beim Zweiteinkauf den beim Ersteinkauf erhaltenen Gutschein für ein preisgebundenes Buch einsetzten, erhalte sie gerade nicht den vollen Ladenpreis. Hierin liege somit im Ergebnis auch keine entgeltliche Leistung, die sich der Kunde „verdient“ habe.
14 
Das Gutscheinsystem der Klägerin sei deshalb auch nicht mit einem Geschenkgutschein vergleichbar. Bei diesem erhalte der Buchhändler den gebundenen Ladenpreis bereits beim Kauf des Gutscheins in voller Höhe bzw. beim Einlösen des Gutscheins werde der gebundene Buchpreis vollständig berechnet. Mit dem Erwerb eines Gutscheins und dessen Verrechnung sei deshalb ein Nachlass gerade nicht verbunden. Damit beteilige sich beim Geschenkgutschein der Buchhändler gerade nicht an einem Verfahren, das im Ergebnis einer Minderung des Kaufpreises gleichkomme, den er selbst aus eigenen Mitteln aufbringe. Anders als im vorliegenden Fall sei also beim Geschenkgutschein der gebundene Preis an den Buchhändler geflossen.
3.
15 
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr Begehren unter pauschaler Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen weiterverfolgt.
16 
Auch ohne - hier fehlende - explizite Abmahnung der Beklagten sei ein Feststellungsinteresse gegeben, wenn eine tatsächliche Unsicherheit das von ihr beschriebene Rechtsverhältnis zu den Beklagten gefährde. Ein Feststellungsinteresse sei bereits gegeben, wenn der Unterwerfungsschuldner den Gläubiger vergeblich aufgefordert habe, sich darüber zu erklären, ob eine geplante oder bereits praktizierte Maßnahme gegen die Unterlassungspflicht verstoße. So liege es hier: Die Beklagten hätten nachhaltig die Auffassung vertreten, das von ihr praktizierte Verhalten sei wettbewerbswidrig und im Rahmen der vorprozessualen Korrespondenz mehrfach behauptet, dies verstoße gegen die Vorschriften des Buchpreisbindungsgesetzes.
17 
In der Sache sei die Rechtsauffassung des Landgerichts, die Ausgabe eines Gutscheins durch sie beim Ersteinkauf und dessen Verrechnung beim Zweiteinkauf dürften nicht isoliert betrachtet werden, unzutreffend.
18 
Dem Urteil stehe entgegen, dass die Ausgabe eines Gutscheins beim Ersteinkauf und dessen Verrechnung beim Zweiteinkauf durchaus zwei getrennt voneinander zu betrachtende Rechtsgeschäfte seien, und bei der Einlösung des vom Kunden bereits bezahlten Gutscheins kein Differenzbetrag entstehe, den sie selbst als Verkäuferin des Buches zahlen müsse oder durch den es zu einer unzulässigen Abweichung von den Preisbindungen des Buchpreisebindungsgesetzes komme.
19 
Unzutreffend nehme das Landgericht an (LGU S. 11), sie erhalte für die Überlassung des Buches im Ergebnis eine geringeres Entgelt als den nach §§ 3, 5 Buchpreisbindungsgesetz einzuhaltenden Preis. Insbesondere gebe es keinen Differenzbetrag zwischen dem nach §§ 3, 5 Buchpreisbindungsgesetz einzuhaltenden Preis und dem von ihr beim Zweiteinkauf tatsächlich eingenommenen Kaufpreis.
20 
Sie fordere bei dem streitgegenständlichen Rabattsystem den Buchpreis in der entsprechenden Höhe vom Letztabnehmer ein; dieser bezahle den Preis auch tatsächlich. Sie räume dem Kunden lediglich die Möglichkeit ein, den festgesetzten Preises nicht nur durch (Bar-)Zahlung, sondern zum Teil auch Einlösung eines Gutscheins zu entrichten. Daraus lasse sich kein Verstoß gegen §§ 3, 5 Buchpreisbindungsgesetz ableiten. Denn rechtsfehlerhaft gehe das Landgericht davon aus, die Zahlung des festgesetzten Preises mittels Gutschein verstoße deshalb gegen §§ 3, 5 Buchpreisbindungsgesetz, weil der Gutschein von ihr selbst ausgegeben werde. Es könne jedoch keinen Unterschied machen, wer den Gutschein ausgebe. Auch die üblichen, im Handel erwerbbaren Gutscheine würden typischerweise von den Verkäufern der Bücher ausgegeben.
21 
Es liege auch kein Umgehungstatbestand vor, welcher die Anwendung der §§ 3, 5 Buchpreisbindungsgesetz rechtfertigen würde.
22 
Ein solcher werde beispielsweise in den Fällen angenommen, in denen Letztabnehmer einen Gutschein von einem Verkäufer erhielten, ohne dass diesem Gutschein eine wirtschaftliche Gegenleistung des Letztabnehmers gegenüberstehe, etwa wie im Fall „ Startguthaben“ des OLG Frankfurt (NJW 2004, 3122 = GRUR 2004, 885), wo Verkäufergutscheine im Wert von 5,00 EUR an Letztabnehmer mit der Möglichkeit verschenkt worden seien, diese innerhalb einer bestimmten Frist u. a. beim Kauf von Büchern einzulösen.
23 
Ein solcher Fall sei hier nicht gegeben. Sie verschenke keine Gutscheine oder darin manifestierte Geldbeträge an ihre Kunden. Vielmehr erhielten ihre Kunden im Rahmen eines Ersteinkaufes einen Rabatt von 3 % des Einkaufspreises auf nicht preisgebundene Artikel. Die „Überzahlung“ in Höhe von 3 % des Kaufpreises werde nunmehr aber nicht sofort bar an den Kunden „ausgeschüttet“, vielmehr erhalte der Kunde einen Gutschein in Höhe dieses Rabatts. Dieser stelle quasi ein Inhaberpapier dar. Der Kunde bezahle damit quasi seinen eigenen Gutschein, indem er die für den Ersteinkauf fällige Kaufpreisforderung trotz des Rabatts voll umfänglich erfülle. Die Klägerin hinterlege den im Gutschein benannten Barbetrag zugunsten des Kunden, damit dieser den ihm zustehenden Betrag im Rahmen eines zweiten Einkaufes einlösen bzw. mit der Kaufpreisforderung aus dem Zweiteinkauf verrechnen könne.
24 
Demzufolge bezahle entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht sie den Gutschein, sondern der Kunde. Dieser erhalte beim Ersteinkauf den überbezahlten Preis sofort in Form des Gutscheins (Inhaberpapiers) ausbezahlt und könne diesen im Rahmen eines Zweiteinkaufs einlösen.
25 
Es treffe daher nicht zu, wenn das Landgericht behaupte, die Differenz zwischen dem festgesetzten Buchpreis und einem vom letzten Abnehmer tatsächlich bezahlten Buchpreis würde von ihr getragen. Sie trage vielmehr allenfalls die Differenz zwischen dem Verkaufspreis eines nicht preisgebundenen Artikels und den hierfür vom Kunden bezahlten Preis im Rahmen des Ersteinkaufs. Genau hier werde der Rabatt von ihr gewährt und entstehe der Differenzbetrag.
26 
Deshalb liege auch im Hinblick auf die „ Bonusmeilen “-Entscheidung des OLG Frankfurt (NJW 2004, 2434 = GRUR 2005, 72) kein Umgehungstatbestand vor, denn die dortige Beklagte habe bereits beim Ersteinkauf preisgebundener Produkte sogenannte Bonusmeilen vergeben, welche beim zweiten Kaufpreis gebundener Produkte wieder hätten eingelöst werden können.
27 
Entgegen der Auffassung des Landgerichts (LGU S. 12) erhalte der Kunde daher auch beim Ersteinkauf keine bloße Anwartschaft über einen Preisnachlass, vielmehr habe er diesen bereits erhalten, bevor er den Zweiteinkauf tätige. Deshalb könne die Höhe des Preisnachlasses im Gutschein auch betragsmäßig bestimmt sein.
28 
Unzutreffend sei die Behauptung des Landgerichts, durch die von ihr praktizierte Verkaufsweise käme es zu einem Unterlaufen des Zwecks des Buchpreisbindungsgesetzes. Das Landgericht wende damit das Gesetz auf einen Sachverhalt an, der vom Wortlaut nicht gedeckt sei.
29 
Die Beklagten verteidigen demgegenüber das landgerichtliche Urteil.
30 
Die Klage sei bereits unzulässig. Die zwischen den Parteien geführte Korrespondenz belege, dass unterschiedliche Rechtsauffassungen zur Auslegung des § 3 Buchpreisbindungsgesetze bestünden. Das Interesse an der Klärung unterschiedlicher Rechtsauffassungen begründe aber kein Feststellungsinteresse, solange Unterlassungsansprüche nicht auch tatsächlich geltend gemacht würden. Die hier in Frage stehende Konstellation sei von ihrer Abmahnung vom 29.09.2009 (Anl. MBP 3, Bl. 34) nicht erfasst gewesen und auch nicht von der dann beantragten und erlassenen einstweiligen Verfügung des LG Ulm (11 O 50/09 KfH), was in der mündlichen Verhandlung über den Widerspruch der Beklagten vom 22.09.2009 auch klargestellt worden sei (S. 2 des Protokolls, Bl. 115 der beigezogenen Akten 11 O 50/09 KfH = B 3, Bl. 64).
31 
Die zwischen den Bevollmächtigten der Parteien geführte Korrespondenz über die Zulässigkeit des nun in Frage stehenden Rabattmodells hätte sich auf den Austausch der unterschiedlichen Rechtsstandpunkte beschränkt. Sie hätten nie abgemahnt und mit weiteren Maßnahmen, insbesondere gerichtlichen Schritten für den Fall gedroht, dass ein beim Ersteinkauf gegebener Rabatt auf nicht preisgebundene Produkte beim Zweiteinkauf auf preisgebundene Produkte angerechnet werde. Ein Feststellungsinteresse bestehe aber nicht, wenn noch gar kein Anspruch geltend gemacht worden und lediglich die Befürchtung eines künftig entstehenden Rechtsverhältnisses in Form eines Unterlassungsanspruchs gegeben sei. Sie hätten sich auch in der Korrespondenz nicht - wie die Klägerin meine - die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen für die jetzt im Streit befindliche Konstellation vorbehalten, sähen aber auch keine Veranlassung, der Klägerin ausdrücklich zu bestätigen, dass deren Rechtsauffassung richtig sei.
32 
Ihnen sei auch nicht bekannt, ob die Klägerin das streitgegenständliche Modell derzeit anwende. Sie behielten sich vor, jedes Rabattsystem der Klägerin zu prüfen, sofern preisgebundene Bücher einbezogen seien. Die konkrete Ausgestaltung sei ihnen ebenso wenig bekannt wie die für die Rabattgewährung im einzelnen geltenden Bedingungen, z. B. die nur in der Begründung und nicht im Klagantrag bezeichnete Höhe des Rabatts.
33 
In der Sache sei die Argumentation der Klägerin, der Kunde bezahle beim Zweitkauf den vollen Kaufpreis, obwohl sich dieser um den Wert des beim Erstkauf erhaltenen Gutscheins verringere, weil der Kunde den Gutschein selbst bezahle, indem er die beim Erstkauf entstehende Kaufpreisforderung voll umfänglich erfülle, er also durch Überzahlung ein Guthaben erwerbe, das er für den Zweiteinkauf einsetze, nicht nachvollziehbar. Zurecht sei das Landgericht dem nicht gefolgt. Tatsächlich sei das Modell der Klägerin nicht vergleichbar mit dem klassischen Geschenkgutschein für Bücher, bei dem der Kunde den Wert des Gutscheins in voller Höhe bezahle, der dann von demjenigen, dem er den Gutschein schenke, beim späteren Kauf eingelöst werde, so dass der Buchhändler den vollen Preis durch zwei Barzahlungen erhalte.
34 
Genauso sei es in Fällen, in denen Gutschein-Aktionen von Händlern mit einem Partner durchgeführt würden. Auch dort erhalte der Händler in der Summe exakt den gebundenen Ladenpreis.
35 
Hier sei es ganz anders: Beim Ersteinkauf komme ein Kaufvertrag zum Preis des hierbei erworbenen Produkts zustande, den der Kunde zahle. Die Rabattgutschrift wirke sich nicht kaufpreismindernd aus. Ein „Guthaben“ des Kunden aus dem Erstkauf entstehe nicht. Er habe weder einen Anspruch auf Auszahlung noch auf Anrechnung bei diesem Kauf, sondern erst bei einem Zweitkauf. Betrete er das Geschäft der Klägerin nicht mehr, habe er schlichtweg nichts von seinem Gutschein.
36 
Mit dem beim Ersteinkauf abgegebenen Gutschein werde also nicht der beim Erstkauf erworbene Artikel subventioniert, sondern erst der beim Zweitkauf erworbene. Sei dessen Gegenstand ein preisgebundenes Buch, erhalte der Käufer dieses also im wirtschaftlichen Ergebnis mit einem Preisnachlass, den das Buchpreisbindungsgesetz gerade verbiete. Der Kunde habe zu dieser Verbilligung aus eigenen Mitteln nichts beigetragen. Diese werde vielmehr allein von der Klägerin finanziert.
37 
Der Kunde leiste tatsächlich nicht - wie die Klägerin meine - beim Erstkauf eine „Überzahlung“, vielmehr zahle er schlichtweg den gewöhnlichen Kaufpreis der erworbenen Sache und erhalte hierfür eine Rabattmarke. Diese sei Teil eines gewöhnlichen Kundenbindungssystems und kein Nachlass auf den Kaufpreis des Erstkaufs.
38 
Das OLG Frankfurt habe in den von der Klägerin zitierten Entscheidungen (NJW 2004, 3122 und NJW 2004, 3434) denn auch im wesentlichen darauf abgestellt, ob der Nennbetrag des Gutscheins vom ausgebenden Händler oder von einem Dritten finanziert werde. In diesen Fällen wie im vorliegenden auch beruhe die Verbindung des Buchkaufs auf der Einlösung eines von der Klägerin zuvor ausgegebenen Gutscheins und gerade nicht auf einer Leistung des Kunden.
4.
39 
Für die weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 21.10.2010 (Bl. 178) verwiesen.
40 
Die Akten 11 O 50/09 KfH des Landgerichts Ulm betreffend das zwischen den Parteien geführte einstweilige Verfügungsverfahren sind auch vom Senat beigezogen worden.
II.
41 
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat auch in der Sache Erfolg, da die von der Klägerin erhobene negative Feststellungsklage zulässig und begründet ist.
42 
Das der Klägerin bei der Formulierung des Antrags (bereits in erster Instanz) unterlaufene und von keiner Seite bemerkte offensichtliche Schreibversehen (der Antrag ist so wie gestellt grammatikalisch nicht korrekt bzw. ersichtlich unvollständig) hat der Senat durch die gewählte Formulierung des Feststellungsausspruchs ohne inhaltliche Veränderung und damit innerhalb der durch §§ 308 Abs. 1 Satz 1, 528 Satz 1 ZPO gezogenen Grenzen bereinigt.
1.
43 
Die negative Feststellungsklage ist mit dem gestellten Antrag zulässig.
44 
a) Der Klagantrag ist im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt, denn die Klägerin hat zum Gegenstand ihres Antrags eine hinreichend konkrete Umschreibung des nach ihrer Behauptung bereits praktizierten Rabattsystems gemacht und nicht nur eine abstrakte, die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 3 Satz 1; 5 Abs. 1 Buchpreisbindungsgesetz wiedergebende Formulierung gewählt.
45 
b) Auch die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO liegen vor. Der Antrag hat ein Rechtsverhältnis i. S. v. § 256 Abs. 1 ZPO zum Gegenstand, und das erforderliche Feststellungsinteresse ist ebenfalls gegeben.
46 
aa) Das Rechtsverhältnis i. S. v. § 256 Abs. 1 ZPO muss grundsätzlich ein gegenwärtiges sein, während eine Klage auf Feststellung von Rechtsfolgen aus einem erst künftig möglicherweise entstehenden Rechtsverhältnis unzulässig ist (Zöller-Greger, ZPO, 28. Aufl., § 256 Rdnr. 3a mit entsprechenden Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs).
47 
Handelt es sich wie vorliegend um eine negative Feststellungsklage, die darauf gerichtet ist, festzustellen, ob dem Beklagten gegebenenfalls gesetzliche Unterlassungsansprüche zustehen, ist zumindest erforderlich, dass der Beklagte gegen den Feststellungskläger bereits einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch erhoben hat, wobei es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber nicht genügt, dass der Beklagte angekündigt hat, gegen das beabsichtigte Verhalten „gegebenenfalls rechtliche Schritte“ einzuleiten, es vielmehr der Androhung bedarf, einen Unterlassungsanspruch geltend zu machen (BGH GRUR 2001, 1036, 1037 - Kauf auf Probe ).
48 
bb) Auch diese strengen Anforderungen sind vorliegend erfüllt:
49 
(1) Dabei kann allerdings nicht darauf abgestellt werden, dass durch die auf die Abmahnung der Beklagten vom 29.06.2009 (Anl. MBP 3, Bl. 34) hin abgegebene Unterlassungserklärung (Anl. MBP 7, Bl. 40) ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien begründet worden ist.
50 
Zwar betrifft die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten von einem bestehenden Unterlassungsvertrag erfasst wird, ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO (BGH, GRUR 2001, 1036, 1037 -Kauf auf Probe ; BGH GRUR 2008, 360 Tz. 21 - EURO und Schwarzgeld ), und liegt deshalb dann, wenn der Unterlassungsschuldner Auskunft vom Unterlassungsgläubiger begehrt, ob ein bestimmtes Verhalten gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoße und sich der Gläubiger daraufhin nicht erklärt, auch ein Feststellungsinteresse vor (OLG Düsseldorf GRUR 1988, 789 - Unterlassungsvertrag ).
51 
Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben, weil hier keine Unklarheit über die Reichweite der Unterwerfungserklärung besteht, und zwar schon deshalb nicht, weil die Klägerin bewusst nur eine Erklärung abgegeben hat, welche sich auf die konkrete Verletzungsform bezog und auf einen Rabatt auf preisgebundene Bücher , der beim nächsten Einkauf eingelöst werden kann.
52 
(2) Gegenwärtiges Rechtsverhältnis und Feststellungsinteresse folgen aber aus der Abmahnung selbst.
53 
(a) Durch die Abmahnung wird ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis insoweit begründet, als der Abgemahnte feststellen lassen kann, dass die Abmahnung zu Unrecht erfolgt ist und die darin erhobenen Ansprüche nicht bestehen (BGH GRUR 1995, 697, 699 - FUNNY PAPER - m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs; Harte/Henning-Brüning, UWG, 2. Aufl., Vorb zu § 12 Rdnr. 122), wobei ein hieraus resultierendes Rechtsverhältnis, jedenfalls aber das Feststellungsinteresse nur soweit reichen kann, wie vom Abmahner bzw. Verfügungskläger überhaupt ein Unterlassungsanspruch behauptet bzw. geltend gemacht wird.
54 
(b) Die Abmahnung erfasste auch die hier in Frage stehende Gestaltung des Rabattsystems, zumindest musste die Klägerin dies befürchten, so dass insoweit also Ungewissheit entstand:
55 
(aa) Ein Unterlassungsanspruch, der die hier in Frage stehende Konstellation zum Gegenstand hat, ist zwar von den Beklagten nicht explizit geltend gemacht worden; aus der vor Einleitung des jetzigen Hauptsacheverfahrens geführten Korrespondenz ergibt sich solches nicht. Sie haben lediglich erklärt, sie könnten die Auffassung der Klägerin nicht teilen, wonach bei einem Rabattsystem wie nun streitgegenständlich kein Rabatt auf den Buchpreis (beim Zweiteinkauf) gewährt werde (Schreiben vom 06.08.2009, Anl. B 5, Bl. 69) und dass sie sich den Überlegungen der Klägerin, darin liege kein Verstoß gegen das Buchpreisbindungssystem, nicht anschließen könnten (Anl. B 7, Schreiben vom 17.08.2009, Bl. 74, in Reaktion auf das Schreiben der Klägervertreter vom 17.08.2009, B 6, Bl. 72). Die konkrete Verletzungshandlung, welche der Abmahnung zugrundelag, betraf ja auch gerade nicht das nun streitgegenständliche Rabattmodell, sondern die Gewährung eines Preisnachlass-Coupons beim Ersteinkauf prozentual bemessen nach dem Kaufpreis auch für preisgebundene Bücher. Die wenige Wochen später erfolgte Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs im Wege der einstweiligen Verfügung beschränkte sich dann auch nach der Antragstellung auf diese Konstellation, denn der Antrag konnte ausweislich des zum Beschlusstenor gewordenen Antrags ( „… zu verbieten, beim Verkauf preisgebundener Bücher an Letztabnehmer einen Rabatt von 3 % des Einkaufswerts zu gewähren, der beim nächsten Einkauf verrechnet wird “ - Hervorhebung durch den Senat) bei vernünftiger Betrachtung ein Verbot der Einlösung eines Preisnachlass-Coupons beim Kauf preisgebundener Bücher nicht erfassen.
56 
(bb) Die der Abmahnung beigefügte vorformulierte Unterlassungserklärung (Bl. 36) war jedoch nicht auf die konkrete Verletzungshandlung bzw. das damals praktizierte Rabattsystem beschränkt, sondern dahingehend formuliert, die Klägerin solle sich generell verpflichten, „ es ab sofort zu unterlassen, preisgebundene Bücher zu anderen als den von den Verlagen festgesetzten Preisen anzubieten und/oder zu veräußern “. Bei dieser weiten Formulierung (die als Unterlassungsantrag, weil lediglich gesetzeswiederholend, nicht hinreichend bestimmt gewesen wäre - vgl. nur Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 12 Rdnrn. 2.40 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - und die auch inhaltlich zu weit ginge, da das Charakteristische der konkreten Verletzungsform nicht widerspiegelnd bzw. nicht auf diese beschränkt und damit nicht nur kerngleiche Verletzungsformen umfassend) bestand für die jetzige Klägerin Anlass zu klären, ob der von den jetzigen Beklagten ausweislich des der Abmahnung beigefügten Entwurfs der Unterwerfungserklärung behauptete umfassende Unterlassungsanspruch auch das jetzt im Streit befindliche Rabattmodell erfassen soll.
57 
(c) Die Beklagten haben eine solche Klärung aber verweigert:
58 
Sie haben auf die von der Klägerin mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 27.07.2009 (Anl. MBP 8, Bl. 42) gestellte Frage, ob die einstweilige Verfügung auch diesen Fall erfasse bzw. erfassen solle, ausweichend geantwortet und dabei überdies in Antwort auf das Schreiben der klägerischen Bevollmächtigten vom 30.07.2009 (B 4, Bl. 66) erklärt, sie könnten die Auffassung der Klägerin nicht teilen, wonach bei einem Rabattsystem wie nun streitgegenständlich ein Rabatt auf den Buchpreis (beim Zweiteinkauf) gewährt werde (Schreiben vom 06.08.2009, Anl. B 5, Bl. 69). Auf das neuerliche Schreiben der Klägervertreter vom 17.08.2009 (B 6, Bl. 72) erklärten sie wiederum, sie könnten sich den Überlegungen der Klägerin, in einem Modell wie nun streitgegenständlich liege kein Verstoß gegen das Buchpreisbindungssystem, nicht anschließen (Anl. B 7, Schreiben vom 17.08.2009, Bl. 74).
59 
(3) Haben die Beklagten damit keine Erklärung dahin abgegeben, dass der ausweislich des der Abmahnung beigefügten Entwurfs der Unterlassungserklärung geltend gemachte umfassende Unterlassungsanspruch das jetzt streitgegenständliche Rabattmodell nicht erfassen soll, ist angesichts der in den genannten Schreiben und auch jetzt noch - und zwar nachhaltig (so zu recht LGU S. 11 unten) - vertretenen Auffassung der Beklagten, das nun in Frage stehende, nach Vortrag der Klägerin nicht nur beabsichtigte, sondern bereits praktizierte Rabattmodell verstoße ebenfalls gegen die Buchpreisbindung, ein konkretes Rechtsverhältnis und ein Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung gegeben.
60 
Dies folgt letztlich aus dem allgemeinen Grundsatz, dass ein einmal entstandenes Feststellungsinteresse nicht ohne weiteres entfällt, wenn der Abmahner seine Berühmung wieder aufgibt, denn er kann sich jederzeit eines anderen besinnen, weshalb i.d.R. ein Verzicht auf den Unterlassungsanspruch erforderlich ist (Harte/Henning-Brüning, a.a.O., § 12 Rdnr. 123 m.w.N. in Fn. 393).
61 
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass im einstweiligen Verfügungsverfahren durch den Schriftsatz der jetzigen Beklagten vom 17.09.2009 (dort S. 4, Bl. 110) und spätestens durch die Protokollerklärung im Termin vom 22.09.2009 (Protokoll S. 2, Bl. 115 der Beiakten = Anl. B 3, Bl. 64) klargestellt worden ist, dass die jetzt in Streit stehende Konstellation nicht Gegenstand des dort titulierten Unterlassungsanspruchs sein sollte, denn diese Klarstellung betrifft nur den im Verfügungsverfahren geltend gemachten Anspruch bzw. Antrag; hingegen hat die Klägerin nicht erklärt, sie werde den mit der vorgefertigten Unterlassungserklärung, welcher der Abmahnung beigefügt war, geltend gemachten weiten Unterlassungsanspruch nicht mehr verfolgen.
2.
62 
Die negative Feststellungsklage ist begründet.
63 
Die Beklagten sind zwar Preisbindungstreuhänder im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 3 Buchpreisbindungsgesetz und wären daher aktiv legitimiert, einen Unterlassungsanspruch nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Buchpreisbindungsgesetz geltend zu machen, das im Klagantrag hinreichend konkret umschriebene Rabattsystem (Preisnachlass-Coupon-System) stellt aber keinen Verstoß gegen die § 3 Satz 1 i. V. m. 5 Abs. 1 Buchpreisbindungsgesetz dar.
64 
Im Einzelnen:
65 
a) Der Feststellungsantrag geht nicht deshalb zu weit, weil er nicht auf Bücher derjenigen Verlage begrenzt ist, welche die Beklagten ausweislich der in Anl. MBP 1 (Bl. 16 a ff.) vorgelegten Erklärungen beauftragt haben, ihre Preisbindung zu betreuen, denn umgekehrt ist die Aktivlegitimation der Beklagten als Preisbindungstreuhänder nach § 9 Abs. 2 Nr. 3 Buchpreisbindungsgesetz nicht auf diese Verlage bzw. deren Bücher beschränkt. Dem Wortlaut von § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchpreisbindungsgesetz lässt sich eine solche Einschränkung nicht entnehmen; die obergerichtliche Rechtsprechung nimmt sie auch nicht an (OLG Frankfurt, GRUR 2005, 965 - Mängelexemplar - und OLG München GRUR 2005, 71 - Schüler-Lernhilfe; dies ergibt sich jeweils aus dem in Juris abgedruckten Volltext dieser Entscheidungen).
66 
b) Das Rabattmodell bzw. Preisnachlass-Coupon-System wie von der Klägerin dargestellt und im Klagantrag im Kern umschrieben verstößt nicht gegen § 3 Abs. 1 Satz 1 Buchpreisbindungsgesetz, denn auch wenn beim Zweitkauf ein Teil des Kaufpreises eines buchpreisgebundenen Buches oder sonstigen buchpreisgebundenen Produkten mit einem beim Erstkauf ausschließlich für nicht buchpreisgebundene Bücher/Produkte betrifft ausgegebenen Preisnachlass-Coupon bezahlt wird, erhält die Klägerin beim Verkauf des preisgebundenen Buches (Produkts) - also beim Zweitkauf - den festgesetzten Preis im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Buchpreisbindungsgesetz.
67 
Dies beruht darauf, dass die Begleichung eines Teils des Kaufpreises beim Zweitkauf durch den beim Erstkauf ausgegebenen Preisnachlass-Coupon keinen Preisnachlass (Rabatt) auf den Zweitkauf darstellt, sondern einen solchen auf den Erstkauf, bei dem der Coupon ausgegeben wird. Es liegt damit keine Gewährung eines Nachlasses auf den Kauf des preisgebundenen Buches (Produktes) beim Zweitkauf vor.
68 
aa) Die in Form eines Einkaufsgutscheins gewährte Vergünstigung stellt sich nach Auffassung des Bundesgerichtshofs der Sache nach als ein Preisnachlass beim Wareneinkauf dar (BGH GRUR 2003, 1057 - Einkaufsgutschein I ). Daraus wird gefolgert, dass die Gewährung eines Gutscheins über einen bestimmten Geldbetrag, der beim Kauf auf den Kaufpreis angerechnet wird, einen vorweggenommenen Preisnachlass auf den noch vorzunehmenden Einkauf darstellt (Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 Rdnr. 1.92).
69 
Diese Betrachtungsweise, auf der auch die Entscheidung OLG Frankfurt GRUR 2004, 885 - Startgutscheine für Bücher - beruht, erscheint aber nur dann zutreffend, wenn der Gutschein nicht anlässlich eines Erstkaufes (und dort wie vorliegend in Form eines Prozentsatzes des Kaufpreises der bei diesem Erstkauf erworbenen Ware) gewährt wird, sondern ohne einen solchen bzw. ohne Bezugnahme auf einen solchen. Derartige Konstellationen lagen auch den genannten Entscheidungen des OLG Frankfurt und des Bundesgerichtshofs zugrunde.
70 
Anders ist hingegen die vorliegende Konstellation zu beurteilen, in welcher der Wertgutschein wegen eines Erstkaufes und in Bezug auf diesen, sei es wie vorliegend in Form eines prozentualen Betrages des beim Erstkauf gezahlten Kaufpreis oder eines absoluten Betrages, ausgehändigt wird.
71 
Dementsprechend hat das OLG Köln (zutreffend) angenommen (GRUR 2006, 88), dass die Gewährung eines Gutscheins beim Erstkauf eines verschreibungspflichtigen Medikaments einen Verstoß gegen die Preisbindungsbestimmungen für preisgebundene Arzneimittel darstellt, weil die Gutscheingewährung bereits einen Nachlass auf den bei der Gutscheingewährung gezahlten Kaufpreis (für das verschreibungspflichtige, preisgebundene Medikament) darstellt, denn auch wenn der Betrag (dort 3,00 EUR) nicht unmittelbar von dem für dieses zu entrichtenden Preis (also vom Preis der beim Erstkauf erworbenen Ware) abgezogen werde, stelle er in der Vorstellung des Verbrauchers dennoch eine beim Erstkauf erzielte Ersparnis und einen auf diesen unmittelbar anzurechnenden Geldvorteil dar. Diese Betrachtungsweise, welche auch der Senat bereits in seinem Urteil vom 10.12.2009 (2 U 66/09) vertreten hat (Rdnr. 52 in „Juris“; ebenfalls die Preisbindung für Arzneimittel betreffend), wird auch vom I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung „UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE“ (Urteil vom 09.09.2010, I ZR 193/07) geteilt (a.a.O., Tz. 17 ff.). Anderes könnte ausnahmsweise nur gelten, wenn der Gutscheineinlösung wesentliche Hindernisse entgegenstünden (BGH, a.a.O., Tz. 18), welche vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich sind.
72 
Zurecht hat das OLG Köln (ebenda) dabei darauf hingewiesen, dass bereits unter Geltung des Rabattgesetzes der Gesetzgeber die identische wirtschaftliche Bedeutung eines sofortigen Barrabatts und des einen Preisnachlass gewährenden Gutscheins erkannt und beide in § 4 Satz 1 RabattG gleichgestellt hat. Als Rabatt wurde nicht nur der Preisnachlass, sondern auch die Gewährung eines Gutscheins angesehen, der innerhalb einer bestimmten Zeit zum Warenbezug oder einer Rückvergütung berechtigte (Rabattmarken, siehe Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Rdnr. 1 vor § 1 RabattG). Die Anrechnung eines Rabatts bei späteren Käufen wurde als Form eines beim Erstkauf gewährten Barrabatts (Barzahlungsnachlasses) verstanden (Baumbach/Hefermehl, a.a.O., RabattG § 4 Rdnr. 1), war allerdings nach § 4 Abs. 1 Satz 1 RabattG verboten, da nur bar einzulösende Gutscheine zugelassen waren. Es handelte sich auch nicht um eine Zugabe im Sinne der Zugabeverordnung (Baumbach/Hefermehl, a.a.O. § 1 ZugabeVO Rdnrn. 74 ff., insbesondere Rdnr. 77).
73 
Es trifft daher nicht zu, wenn das Landgericht meint (LGU S. 12), der Kunde erhalte mit dem Preisnachlass-Coupon beim Erstkauf nur eine „Anwartschaft“ oder eine „Chance“. Eine solche Betrachtungsweise widerspräche auch der vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung „UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE“ im Gegensatz zur Vorinstanz vorgenommenen Wertung (BGH; a.a.O., Tz. 9 und 17 ff.).
74 
bb) Stellt aber bereits die Hingabe der Rabattmarke (des Preisnachlass-Coupons) eine Rabattgewährung beim Erstkauf dar, kann sie nicht gleichzeitig eine Rabattgewährung beim Zweitkauf darstellen, denn dem Käufer fließt der in dem ein Inhaberpapier (einen Inhaberverpflichtungsschein) darstellenden Preisnachlass-Coupon (Gutschein, vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O., RabattG § 4 Rdnr. 1) verkörperte wirtschaftliche Wert nur einmal zu: Zurecht hat die Klägerin bereits in erster Instanz darauf hingewiesen, es werde ja kein doppelter Rabatt gewährt, vielmehr fließe dem Kunden der in einem Prozentsatz des Kaufpreisbetrags beim Erstkauf beruhende wirtschaftliche Vorteil, nur einmal zu.
75 
Dem Landgericht kann deshalb nicht darin beigetreten werden, dass (so ist wohl LGU S. 12 zu verstehen) der Kunde zweimal einen wirtschaftlichen Vorteil erhalte, nämlich beim Erstkauf eine Anwartschaft auf einen Preisnachlass in Höhe des erlangten Rabatts und beim Zweiteinkauf die Verwirklichung dieses in Aussicht gestellten Vorteils.
76 
Ohnehin spricht der Umstand, dass bei dem streitgegenständlichen Modell der Preisnachlass-Coupon in Höhe eines absoluten Euro- bzw. Cent-Betrages, der aber durch einen bestimmten Prozentsatzes der Einkaufssumme des Erstkaufes (konkret 3 %) bemessen wird, dafür, diesen als Rabatt dem Erstkauf und nicht dem Zweitkauf zuzuordnen, bei dem der Gutschein (Coupon) dann in Höhe des aus ihm ersichtlichen absoluten Wertes zur (teilweisen) Begleichung des Kaufpreises eingesetzt werden kann.
77 
cc) Aufgrund dessen kann die Bezahlung eines buchpreisgebundenen Buches (Produktes) beim Zweitkauf durch Barzahlung und Hingabe der beim Erstkauf erhaltenen Preisnachlas-Coupons nicht gegen § 3 Buchpreisbindungsgesetz verstoßen:
78 
§ 3 Buchpreisbindungsgesetz will sicherstellen, dass beim Verkauf an den Endabnehmer dem Buchhändler der Endpreis nach § 5 Buchpreisbindungsgesetz als Barzahlungspreis zufließt (BGH GRUR 2003, 807, 808 f. - Buchpreisbindung ). § 3 Satz 1 Buchpreisbindungsgesetz stellt damit ein Rabattverbot dar (BGH, a.a.O., 808), das nur in den Fällen der § 7 Buchpreisbindungsgesetz durchbrochen ist (BGH a.a.O., 808; Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 Rdnr. 1.100; Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht-Heermann, § 4 Nr. 1 UWG Rdnr. 299; Möller, GRUR 2006, 292, 297).
79 
Stellt aber der in Frage stehende Preisnachlass-Coupon einen beim Erstkauf und nicht beim Zweitkauf gewährten Rabatt dar, auch wenn bei diesem ein preisgebundenes Buch erworben wird, scheidet ein Verstoß gegen das Rabattverbot § 3 Satz 1 Buchpreisbindungsgesetz aus, auch wenn beim Zweitkauf ein preisgebundenes Buch unter Einsatz des Coupons erworben wird.
80 
Die Klägerin erhält dann auch bei der Einlösung eines oder mehrerer derartiger Coupons beim Zweitkauf den vollen Barzahlungspreis, nämlich zum einen durch Bezahlung und zum anderen durch die Hingabe des Coupons, der ja als Inhaberverpflichtungsschein einen bestimmten Wert - nämlich seinem Nennwert entsprechend - aufweist.
81 
Die Überlegungen des Landgerichts auf LGU S. 12 laufen hingegen darauf hinaus, dass sowohl die Hingabe eines derartigen Coupons beim Erstkauf als auch dessen Einlösung beim Zweitkauf - unterstellt, beides beträfe buchpreisgebundene Produkte - gegen § 3 Satz 1 in Verbindung mit § 5 Buchpreisbindungsgesetz verstoßen sollen: Dies kann aber schon deshalb nicht richtig sein, weil jedenfalls nur einmal ein Rabatt gewährt wird, also beim anderen Einkauf der Klägerin als Buchhändlerin der volle Barzahlungspreis zufließt: Kauft der Kunde beispielsweise zunächst ein buchpreisgebundenes Buch von 10,00 EUR und erhält hierfür einen Preisnachlass-Coupon von 0,30 EUR (3 %) ausgehändigt - ein Modell, das Anlass der Abmahnung der Beklagten war und von der Klägerin nicht mehr praktiziert wird - und löst er diesen beim Zweitkauf wiederum für ein buchpreisgebundenes Buch von 10,00 EUR ein, so bringt er schließlich insgesamt 19,70 EUR für zwei Bücher zu einem addierten gebundenen Preis von 20,00 EUR auf und nicht nur 19,40 EUR.
82 
Das gegenteilige Ergebnis des Landgerichts lässt sich auch nicht mit dem in § 1 des Buchpreisbindungsgesetzes niedergelegten Gesetzesweck rechtfertigen: Dieser Zweck wird durch die Preisbindung der §§ 3, 5 und das dadurch bedingte Rabattverbot verwirklicht. Wird aber - aus den oben aufgeführten Gründen - beim Kauf des buchpreisgebundenen Produkts (also beim Zweitkauf) gar kein Rabatt gewährt und scheidet deshalb ein Verstoß gegen das Rabattverbot aus, so kann nicht unter Berufung auf den Gesetzeszweck dennoch ein Verstoß angenommen werden.
83 
dd) Das hier vertretene Ergebnis widerspricht auch nicht den von beiden Parteien für ihre jeweilige Position angeführten Entscheidungen des OLG Frankfurt „Startgutscheine für Bücher“ (GRUR 2004, 885) und „„Meilen“ für Bücher“ (GRUR 2005, 72).
84 
Im Fall „Startgutscheine für Bücher“ wurden die „Startgutscheine“ in Höhe von 5,00 EUR gerade nicht bei einem Erstkauf ausgehändigt, sondern „einfach so“, konnten deshalb im Sinne der Entscheidung BGH GRUR 2003, 1057 - Einkaufsgutschein I - nur einen Preisnachlass in Form der Überlassung eines Wertgutscheins auf den nachfolgend zu tätigenden einen Kauf (des preisgebundenen Buches) darstellen. Im Fall „ „Meilen“ für Bücher“ war es so, dass die „Meilen“ nicht nur beim Kauf preisgebundener Bücher angerechnet werden konnten, sondern vielmehr auch bereits beim Kauf preisgebundener Bücher (beim Erstkauf) vergeben worden sind; es lag also die hier nicht mehr interessierende, von der Klägerin früher praktizierte Konstellation vor, nämlich die Gewährung von Rabatt beim Erstkauf auch auf buchpreisgebundene Produkte
III.
85 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO und der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
86 
Ein Grund i. S. v. § 543 Abs. 2 ZPO, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Insbesondere weicht der Senat aus den oben genannten Gründen auch nicht von den Entscheidungen des Oberlandesgerichts Frankfurt ab.

Tenor

1. Der Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Ravensburg vom 25. März 2010 (Az.: 2 O 117/09) wird

z u r ü c k g e w i e s e n .

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Vollstreckende vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 10.000,- EUR.

Gründe

 
I.
Die Berufung des Klägers ist darauf gerichtet, der Beklagten die Verwendung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung zu verbieten, durch welche jene sich eine Kontoführungsgebühr für ein Darlehenskonto versprechen lässt. Wegen einer anderen Bestimmung haben die Parteien den Rechtsstreit bereits vor dem Landgericht nach einem Teilvergleich in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem Urteil der 2. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Ravensburg vom 25. März 2010 (Az.: 2 0 117/09 - [GA 113/126]) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, die Kosten des erledigten Teils der Beklagten auferlegt und ausgeführt:
Die Klage sei zulässig, insbesondere sei der Kläger antragsbefugt, aber die Klausel zu den Kontoführungsgebühren sei wirksam.
Eine AGB liege gem. § 305 Abs. 1 BGB vor, da die Klausel dem Verbraucher durch Vorlage des vorausgefüllten Darlehensvertragsformulars vorformuliert vorgegeben werde. Dass die Erhebung der Kontoführungsgebühr von 2,- EUR monatlich dem Verwender regelmäßig zur Disposition gestellt werde, behaupte letztlich die Beklagte selbst nicht. Vielmehr habe sie vorgetragen, dem Darlehensnehmer werde der von ihr erstellte Darlehensvertragsentwurf vorgelegt und dieser habe dann die Möglichkeit zur Entscheidung, ob er den Darlehensvertrag unterschreibe oder nicht. Sollte ein Kunde im Einzelfall den zunächst vorhandenen Leerraum zum Anlass für Verhandlungen nehmen, berühre dies den AGB-Charakter der Klausel nicht.
Die Klausel unterliege auch der Inhaltskontrolle nach den §§ 307 bis 309 BGB, weil nicht nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB der Inhaltskontrolle entzogene Preisabrede, sondern kontrollfähige Preisnebenabrede, da sie nicht Teil des Gefüges aus Leistung und Gegenleistung des Darlehensvertrages sei. Die Kontoführung diene der internen korrekten Verrechnung der gezahlten Raten sowie der Berechnung der geschuldeten Zinsen und sei damit eine laufende „Bearbeitungsgebühr", die nicht als unmittelbare Gegenleistung zur Darlehensgewährung anzusehen sei.
Zwar seien regelmäßig solche Klauseln unwirksam, mit welchen Entgelte für Leistungen erhoben würden, zu deren Erbringung der Verwender schon Kraft Gesetzes oder auf Grund einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet sei oder welche er im eigenen Interesse vornehme (vgl. BGH, Urteil vom 21.04.2009 - XI ZR 55/08, BB 2009, 905). Es sei allerdings bereits zweifelhaft, ob es tatsächlich Aufgabe des Kreditinstituts sei, dem Kunden gegenüber im einzelnen aufzulisten, in welcher Form eingehende Zahlungen verbucht worden seien. Im Grundsatz treffe den Schuldner die Pflicht zum Nachweis, inwieweit er eine bestehende Forderung getilgt habe. Er habe lediglich einen Anspruch auf Vorlage einer Quittung. Im Übrigen sei für den Kunden eine konkrete Aufstellung über die von ihm bezahlten Zinsen zumindest dann von Bedeutung, wenn er das Darlehen im Rahmen eines Kapitalanlagegeschäftes aufnehme und damit steuerliche Effekte erzielen wolle.
Jedoch könne dies dahinstehen, da § 6 Abs. 3 Nr. 3 PAngV zeige, dass der Gesetzgeber den Anfall von Kontoführungskosten als gängigen Vertragsbestandteil und damit als Teil des gesetzlichen Leitbildes anerkannt habe. Angesichts der Größenordnung der beanstandeten monatlichen Kontoführungsgebühren und der damit verbundenen für den Darlehensnehmer aus wirtschaftlicher Sicht eher überschaubaren Bedeutung könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Regelung den Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben nach § 307 Abs. 1 S. 1 unangemessen benachteilige.
Den erhobenen Anspruch auf Erstattung der erforderlichen Aufwendungen gem. § 12 Abs. 1 S. 1 UWG sowie § 5 UKlaG i.V.m. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG habe der Kläger teilweise. Die in der Vergangenheit ebenfalls streitige Wertermittlungsklausel sei eine AGB über eine Preisnebenabrede und unwirksam gewesen, was das Landgericht näher begründet. Da sich die der Höhe nach nicht bestrittenen vorgerichtlichen Aufwendungen somit auf einen begründeten und einen unbegründeten Anteil bezogen hätten, erscheine es sachgerecht, sie zu teilen. Da eine Wertermittlungsgebühr in der Praxis deutlich größere wirtschaftliche Auswirkungen habe als die Kontoführungsgebühren, erscheine es angemessen, jenen Anspruch bei der Kostenentscheidung höher zu bewerten.
10 
Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel fristgerecht begründet.
11 
Er bringt vor:
12 
Aus § 259 BGB und AGB-Banken Ziffer 7 und 8 ergebe sich eine Rechenschaftspflicht der Bank. Es gehöre somit zur Pflicht der Beklagten, eingehende Raten ordnungsgemäß zu verbuchen und den Kunden darüber zu informieren. Wenn die Raten bankintern verrechnet würden, könne die Bank keine Kosten für Kontoauszüge veranschlagen, noch folglich in Rechnung stellen. Der Hinweis auf eine wegen steuerlicher Fragen gewünschte Dokumentation verfange nicht. Dies sei keine „Sonderleistung" im Sinne der Rechtsprechung. Die jährliche Zins- und Saldenbestätigung des abgelaufenen Kalenderjahres stelle auch keine entgeltpflichtige Sonderleistung dar. Es sei einem Kontovertrag vielmehr geradezu immanent, dass die Beklagte entsprechende Zahlungsein- und -ausgänge ordnungsgemäß verbuche und den Kunden hierüber informiere.
13 
Auch der Hinweis auf § 6 Absatz 3 Nr.3 PAngV gehe fehl. Die PAngV nehme hier keine gesetzliche Leitbildfunktion ein und könne auch keine Preishauptabreden schaffen. Die Kontoführungsgebühren seien grundsätzlich und auch hier gerade nicht in den Effektivzins einzuberechnen, sondern nur dann, wenn der Kreditnehmer hierbei keine angemessene Wahlfreiheit habe und diese Kosten ungewöhnlich hoch seien. Dass eine Kontoführungsgebühr von, wie vorliegend, 2,- EUR monatlich i.S.d. § 6 Abs. 3 Nr.3 PAngV „ungewöhnlich hoch" sei, werde bestritten. Würde eine Leistung für die Kunden erbracht, so wäre nach dem Wortlaut des § 6 Absatz 3 PAngV jeder erhobene Betrag als Preishauptabrede zu qualifizieren.
14 
Die Rechtsprechung des OLG Stuttgart zur Abschlussgebühr der Bausparkassen (derzeit beim Bundesgerichtshof anhängig zum Az. XI ZR 3/10) beruhe auch bezüglich der PAngV nur auf Besonderheiten der Bausparkassen. Die Beklagte sei nach eigenem Vorbringen aber keine Bausparkasse.
15 
Der Kläger
16 
verfolgt seine erstinstanzlich abgewiesenen Anträge weiter.
17 
Die Beklagte beantragt,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Sie trägt vor:
20 
Es sei fraglich, ob es sich bei der vorliegenden Gestaltung überhaupt um Allgemeine Geschäftsbedingungen handele.
21 
Die nicht ungewöhnlich hohen Kontoführungskosten seien nach der PAngV Teil des für die Darlehensgewährung zu beanspruchenden Hauptentgeltes und damit der AGB-Kontrolle entzogene Preishauptabreden. Dies gelte sowohl für § 6 Abs. 3 Nr. 3 PAngV in der Fassung bis zum 11.06.2010 als auch in der Neufassung des § 6 Abs. 3 Nr. 3 PAngV nach Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie mit Wirkung zum 11.06.2010.
22 
Entgegen der singulären Auffassung von Nobbe, in WM 2008, 185 ff., sei die Kontoführungsgebühr auch als Preisnebenabrede nicht AGB-widrig und damit wirksam. Sie verstoße nicht gegen das Transparenzgebot, da in den Darlehensverträgen der Beklagten (vgl. K 2, B 1) in einem gesondert hervorgehobenen Feld ausgewiesen. Die Gebühr sei auch nicht unangemessen benachteiligend. Mit der Erhebung des Kontoführungsentgeltes sei auch eine Leistung für den Darlehensnehmer verbunden, zumal die vom Kläger gerügte Vertragsbestimmung ausschließlich bei sog. Kapitalanlegern im Rahmen der Finanzierung von Immobilien zur Fremdnutzung Verwendung finde und der Kunde nach Ablauf des Kalenderjahres die zur Dokumentation gegenüber dem Finanzamt erforderliche Zins- und Saldenbestätigung erhalte. Die Beklagte führe im Rahmen des vereinbarten Kontoführungsentgeltes das Lastschriftverfahren durch.
23 
Weder § 259 BGB noch Ziffer 7 und 8 der AGB-Banken sei auf die vorliegende Sachverhaltskonstellation übertragbar. Eine Rechnungslegungspflicht im Sinne des § 259 BGB sei bei Darlehen grundsätzlich nicht gegeben. Eine Ausnahme stelle lediglich das sog. partiarische Darlehen dar, bei dem der Berechtigte am Gewinn beteiligt sei. Ziffer 7 und 8 der AGB-Banken bezögen sich auf das Kontokorrentkonto, nicht aber auf Darlehenskonten.
24 
Der § 6 Abs. 3 Nr. 3 PAngV, alter wie neuer Fassung, zeige als Leitbild die Zulässigkeit einer Kontoführungsgebühr, was die seit 11.06.2010 geltende Neufassung besonders deutlich mache, indem er die Berücksichtigung der Kontoführungskosten bei Bemessung des effektiven Jahreszinses - anders als noch bei § 6 Abs. 3 Nr. 3 PAngV a. F. - zur Regel erhebe. Der Gesetzgeber zeige, dass ihm bewusst sei, dass Kontoführungsgebühren auf Grundlage von Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Darlehensnehmern erhoben würden. Indem er den Kreditinstituten sodann auferlegt habe, die Kontoführungsgebühren, soweit in allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart, in den effektiven Jahreszins mit einzurechnen, habe er zugleich zum Ausdruck gebracht, dass gegen die entsprechende vertragliche Gestaltung aus seiner Sicht keine Bedenken bestünden.
25 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die im zweiten Rechtszug bei Gericht eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 30. September 2010 Bezug genommen.
II.
26 
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Denn die Klage ist zwar zulässig, der zweitinstanzlich noch erhobene Unterlassungsanspruch besteht aber nicht, sodass auch der weitergehende Kostenerstattungsanspruch dem Kläger nicht zusteht.
27 
Der Unterlassungsanspruch setzte nach § 1 UKlaG einen Verstoß der angegriffenen Klausel gegen die §§ 307 bis 309 BGB voraus. Einen solchen hat das Landgericht aber - zumindest im Ergebnis - zu Recht verneint. Der Kläger vermag mit seinen Angriffen das nicht auf von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensfehlern beruhende landgerichtliche Urteil nicht zu erschüttern. Der Senat verweist hierzu auf die Gründe seines Urteils zur Zulässigkeit einer in einer AGB-Klausel einer Bausparkasse vereinbarten Abschlussgebühr (Senatsurteil vom 03.12.2009 - 2 U 30/09, NJOZ 2010, 558; n.rkr.; Az. des Bundesgerichtshofes: XI ZR 3/10; im Ergebnis gleichlaufend wohl - inzident - auch Brandenb. OLG, Urteil vom 22.07.2010 - 5 U 76/09, bei juris Rz. 63; OLG Schleswig, Urteil vom 27.04.2006 - 5 U 176/05, MDR 2006, 1119, bei juris Rz. 20; bei Kontokorrentkonto LG Köln, Urteil vom 23.03.2004 - 3 O 355/02, bei juris Rz. 30; unergiebig für den Streitfall BGHZ 133, 10, bei juris Rz. 8 ff.). Das Vorbringen der Parteien gibt keinen Anlass, von den dort bezogenen rechtlichen Standpunkten abzugehen. Zur Berufung des Klägers ist weiter auszuführen:
1.
28 
Da die Klage auf Unterlassung und damit auf ein zukünftiges Verhalten gerichtet ist, kann sie nur Erfolg haben, wenn die nach den Feststellungen des Landgerichts seit April 2010 nicht mehr verwandte Klausel zum Zeitpunkt ihrer Verwendung unwirksam war und dies auch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz noch wäre; die bloße Einstellung der Benutzung stünde einem Unterlassungsanspruch nicht entgegen.
29 
Die einzige als erheblich in Betracht zu ziehende zwischenzeitliche Rechtsänderung, die Neufassung des § 6 Abs. 3 Nr. 3 PAngV, hat die Rechtslage aber nicht entscheidend verändert. Deshalb bedarf es keiner nach Zeitabschnitten differenzierten Betrachtung.
2.
30 
Dass es sich bei der beanstandeten Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 BGB) handelt, die die Beklagte im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern (§ 13 BGB) verwendet, hat das Landgericht auf der Grundlage des entscheidungserheblichen Vorbringens zutreffend angenommen. Dieser Passus wird dem Verbraucher vorformuliert vorgegeben und unterliegt nicht der Verhandlungsdisposition. Das Landgericht hat den Vortrag der Beklagten unangegriffen dahin wiedergegeben, dass es dem Interessenten frei stehe, ob er den Darlehensvertrag abschließe oder nicht. Darin liegt aber gerade der Ausschluss jeglichen Verhandlungsspielraumes in Bezug auf die Einzelbestimmung.
31 
Die Berufung stellt dem keine Tatsachen entgegen, sondern lediglich eigene Zweifel. Dies reicht nicht aus, den AGB-Charakter berufungsrechtlich in Zweifel zu ziehen.
3.
32 
Die angegriffene Klausel unterliegt jedoch schon nicht der Inhaltskontrolle nach §§ 307 bis 309 BGB. Sie ist eine Preisabrede, die nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB (früher § 8 AGBG) der Inhaltskontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen entzogen ist, und keine kontrollfähige Preisnebenabrede (so als obiter dictum zum Girovertrag OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.06.2000 - 6 U 145/99, WM 2000, 2239, bei juris Rz. 40 zu § 8 AGB). Der wirtschaftliche Unterschied zwischen der Darlehenskontoführungsgebühr und der Abschlussgebühr der Bausparkassen trägt keine abweichende rechtliche Einordnung im Leistungsgefüge des Vertrages. Außerdem weicht die Vertragsbestimmung nicht von einer gesetzlichen Vorgabe ab.
33 
a) Der verfassungsrechtlich garantierte bürgerlich-rechtliche Grundsatz der Privatautonomie erlaubt es den Parteien, im Zuge eines Vertragsabschlusses Leistung und Gegenleistung grundsätzlich frei zu bestimmen. Dem § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterfallen daher weder Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung, noch Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung (vgl. BGH, NJW-RR 2005, 1135 = MDR 2005, 405 - Depotgebühren m.w. N.; BGHZ 141, 380, 383 = NJW 1999, 2276; BGHZ 133, 10, 13 = NJW 1996, 2032; BGHZ 137, 27 = NJW 1998, 383; Nobbe, WM 2008, WM 185, 186).
34 
Der AGB-Kontrolle ist eine Klausel aber nicht schon dann entzogen, wenn sie eine Entgeltleistung bestimmt (vgl. BGHZ 146, 377 = NJW 2001, 1419 - Rücklastgebühren; BGHZ 153, 344 = NJW 2003, 1447 – Zeichnungsgebühr). Eine Regelung, die kein Entgelt für Sonderleistungen, die dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbracht werden, zum Gegenstand hat, sondern Aufwendungen für die Erfüllung gesetzlich begründeter eigener Pflichten des Klauselverwenders auf den Kunden abwälzt, stellt eine kontrollfähige Abweichung von Rechtsvorschriften dar. Eine so verstandene Abweichung von einer Rechtspflicht ist nicht nur im Falle eines Abweichens von Gesetzesvorschriften im materiellen Sinne gegeben, sondern auch dann, wenn von allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen oder von wesentlichen Rechten und Pflichten abgewichen wird, die sich aus der Natur des jeweiligen Vertragsverhältnisses ergeben (BGHZ 137, 27, 29 = NJW 1998, 383; BGHZ 136, 261, 264 = NJW 1997, 2752; m. zahlr. w. N. und BGH, NJW-RR 2005, 1135 m.w. N.); dies entspricht den Vorgaben der Richtlinie 93/13 EWG des Rates vom 05.04.1993, in deren Präambel es heißt: „Für die Zwecke dieser Richtlinie dürfen Klauseln, die den Hauptgegenstand eines Vertrags oder das Preis-/Leistungsverhältnis der Lieferung bzw. der Dienstleistung beschreiben, nicht als missbräuchlich beurteilt werden. Jedoch können der Hauptgegenstand des Vertrags und das Preis-/Leistungsverhältnis bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit anderer Klauseln berücksichtigt werden.”).
35 
Bei der konkreten Ausgestaltung des Preisgefüges sind die Vertragschließenden frei, zwischen einer Pauschalgebühr und Einzelpreisen oder einer Kombination zwischen beidem zu wählen (BGHZ 137, 27, 29 = NJW 1998, 383). Ist die in der Klausel festgesetzte Leistung in diesem Sinne kalkulierter Teil der Gegenleistung, so ist sie als Preisabrede zu qualifizieren (BGH, NJW-RR 2001, 343 = BGHR AGBG § 8 Stichwort: Preisabrede 7 = MDR 2001, 262).
36 
b) An diesem Maßstab gemessen ist die beanstandete Klausel nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB kontrollfrei.
37 
aa) Anders als dies bei einem über ein Kontokorrentkonto geführten Bankvertrag der Fall sein mag, kennt der Darlehensvertrag – unbeschadet eines hier nicht zu prüfenden, in Betracht zu ziehenden Auskunftsrechts des Darlehensnehmers - keine originäre, vertragstypische Pflicht des Darlehensgebers, dem Darlehensnehmer Rechenschaft zu legen über die Verbuchung seiner Zahlungen oder den Stand der Darlehensrestschuld.
38 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von den Parteien thematisierten AGB der Banken. Diese sind schon keine gesetzlichen Vorgaben und erfassen nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien nur Kontokorrentverhältnisse.
39 
Auch § 259 BGB vermag im Darlehensvertrag nicht zu einer Pflicht zu führen, welche die Kontoführung nebst Information als gesetzliche Nebenpflicht des Darlehensgebers erscheinen ließe. Dessen insoweit allenfalls heranzuziehender Abs. 1 setzt eine Pflicht voraus, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen. Das Darlehen ist aber schon keine mit Einnahmen und Ausgaben verbundene Verwaltung, so dass die Vorschrift schon ihrem Wortlaut nach nicht einschlägig ist. Eine analoge Anwendung scheitert daran, dass weder eine systemwidrige Regelungslücke festgestellt werden kann noch das Darlehensverhältnis einem auf Verwaltung gerichteten Vertrag vergleichbar ist.
40 
bb) Die Kontoführungsgebühr ist wirtschaftlich betrachtet ein pauschalierter Verwaltungskostenersatz und Teil des Gefüges aus Leistungen und Gegenleistungen des konkreten Vertragsverhältnisses. Die damit einhergehenden Kosten sind Teil der allgemeinen Betriebskosten, welche die Beklagte über eine Kombination aus Darlehenszins und Kontoführungsgebühr zu decken sucht (vgl. insbesondere BGHZ 137, 27, 29 = NJW 1998, 383) und Gegenstand der Preiskalkulation.
4.
41 
Darüber hinaus hielte die angegriffene Kontogebührenklausel einer Inhaltskontrolle aber auch stand. Die Klausel ist weder intransparent noch mit wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung unvereinbar (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und benachteiligt den Kunden der Beklagten auch nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.
42 
a) Die Auslegung einer AGB-Klausel hat nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so zu erfolgen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners zu Grunde zu legen sind (st. Rspr., BGHZ 106, 259, 264 f. = NJW 1989, 582; BGHZ 176, 244 = NJW 2008, 2172, Rn. 19; BGH, NJW 2007, 504 = WM 2007, 1142, Rn. 19).
43 
Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305c Abs. 1 BGB zu Lasten des Verwenders (dazu ausführlich Senatsurteil vom 03.12.2009, a.a.O). Hierzu bedarf es indes keiner weiteren Ausführungen, da eine Mehrdeutigkeit, welche eine Auslegung der angegriffenen Klausel erforderlich machte, vom Kläger nicht geltend gemacht wird. eine solche ist auch nicht zu erkennen. Die Klausel soll den Darlehensnehmer nach ihrem eindeutigen Wortlaut verpflichten, eine Kontoführungsgebühr von 2,- EUR für jeden Monat der Darlehenslaufzeit zu bezahlen.
44 
Aus dem auch für Preisklauseln geltenden Transparenzgebot versucht der Kläger seine Berufung denn auch nicht zu begründen.
45 
b) Von einer gesetzlichen Bestimmung weicht die Klausel – qualifiziert man sie als Preisnebenabrede – nicht in einer zu ihrer Unwirksamkeit führenden Weise ab.
46 
aa) Zu den wesentlichen Grundgedanken auch des dispositiven Rechts gehört, dass jeder Rechtsunterworfene seine gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen hat, ohne dafür ein gesondertes Entgelt verlangen zu können. Ein Anspruch auf Ersatz anfallender Kosten besteht nur dann, wenn dies im Gesetz vorgesehen ist. Ist das nicht der Fall, können anfallende Kosten nicht auf Dritte abgewälzt werden, indem gesetzlich auferlegte Aufgaben in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu individuellen Dienstleistungen gegenüber Vertragspartnern erklärt werden. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der Kunde die Kosten, welche auf ihn abgewälzt werden sollen, verursacht habe, da ein dahin gehendes Prinzip für die Preisgestaltung im nicht regulierten Wettbewerb rechtlich bedeutungslos ist. Entgelte können nur für Leistungen verlangt werden, die auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für den einzelnen Kunden erbracht werden. Jede Entgeltregelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sich nicht auf eine solche Leistung stützt, sondern Aufwendungen für die Erfüllung eigener Pflichten oder für Zwecke des Verwenders abzuwälzen versucht, stellt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine Abweichung von Rechtsvorschriften dar (BGHZ 146, 377, 380 f. = NJW 2001, 1419; unter Hinweis auf BGHZ 137, 43, 45 f. = NJW 1998, 309; BGHZ 141, 380, 385 f. = NJW 1999, 2276; BGH, NJW 1998, 309 = WM 1997, 2300; NJW 2000, 651 = WM 1999, 2545, 2546).
47 
bb) Diese rein vertragsbezogene Betrachtung reicht jedoch nicht aus, in der durch AGB festgeschriebenen Kontoführungsgebühr eine unangemessene Benachteiligung des Schuldners zu sehen (so wohl unausgesprochen auch BGH, MDR 2010, 691 f., bei juris Rz. 12). Denn der Gesetz- und Verordnungsgeber hat in Rechtsvorschriften, erkennen lassen, dass er Kontoführungsgebühren nicht generell missbilligt, sondern im Gegenteil als im Wirtschaftsleben üblich anerkannt hat.
48 
(1) Bereits das Landgericht hat auf § 6 Abs. 3 Nr. 3 PAngV (vormals § 4 PangV) hingewiesen. In § 6 Abs. 3 Nr. 3 PAngV alter wie neuer Fassung werden im Zusammenhang mit Darlehenskonten Kontoführungsgebühren als typische Vertragsbestandteile zumindest vorausgesetzt. Diese Norm regelt, inwiefern die Kontoführungsgebühr in den effektiven Jahreszins von Darlehen einzurechnen ist, was belegt, dass der Verordnungsgeber sie als gängigen Vertragsbestandteil erkannt und nicht per se verworfen hat.
49 
Die rechtliche Bedeutung dieser Vorschrift wird im Hinblick auf eine etwaige AGB-Kontrolle dadurch verstärkt, dass der Verordnungsgeber zumindest bei der letzten Neufassung Kenntnis von der Praxis hatte, Kontoführungsgebühren für Darlehenskonten durch Allgemeine Geschäftsbedingungen der Banken in die Verträge einzuführen. Dass der § 6 PAngV ändernde Verordnungsgesetzgeber keinen Anstoß an der Kontoführungsgebühr genommen hat, kann nicht damit erklärt werden, dass er diese Frage übersehen habe, da er die PAngV mehrfach und grundlegend überarbeitet (wobei der alte § 4 zu § 6 i.d.F.v. 28. 07.2000, gültig ab 01.09.2000 wurde) und sogar neu gefasst hat durch Bekanntmachung vom 18.10.2002 (BGBl I, 4197), nachdem sie als Art. 1 der Verordnung vom 14.03.1985 (BGBl I, 580) auf Grund des Art. 1 § 1 des Gesetzes zur Regelung der Preisangaben vom 03.12.1984 (BGBl I, 1429) des § 34c Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 GewO vom 01.01.1978 (BGBl I, 97) vom Bundesminister für Wirtschaft mit Zustimmung des Bundesrates erlassen worden war. Auch nach der Neubekanntmachung gab es mehrere Änderungen (so noch mit Wirkung ab 11.06.2010).
50 
Diese Bestimmung kann nicht deshalb für unbedeutend gehalten werden, weil der Verordnungsgeber der PAngV nicht der Gesetzgeber des Vertragsrechts (BGB) ist und die Verordnung im Rang unter dem Gesetz steht. Denn der Gesetzgeber hat bei mehreren Änderungen im Darlehensrecht des BGB ersichtlich keine Beanstandungen dahin erhoben, dass der Verordnungsgeber den ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum überschritten habe. Im Gegenteil hat der Gesetzgeber auf § 6 PAngV bei der Neufassung der §§ 491, 501 BGB, die gleichfalls am 11.06.2010 in Kraft getreten ist, Bezug genommen.
51 
Indem der Verordnungsgeber zu erkennen gegeben hat, dass er sie billige, können Kontoführungsgebühren auf der vertraglichen Ebene nicht als Abweichung von einem gesetzlichen Leitbild angesehen werden; solches wäre mit dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung nicht vereinbar.
52 
(2) In § 30 der Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute (in der Neufassung vom 11.12.1998 - zuletzt geändert durch Art. 2 V v. 18.12.2009 I 3934), welche der Umsetzung der Richtlinie 86/635/EWG des Rates vom 08. Dezember 1986 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten (ABl. EG Nr. L 372 S. 1) und der Richtlinie 89/117/EWG des Rates vom 13. Februar 1989 über die Pflichten der in einem Mitgliedstaat eingerichteten Zweigniederlassungen von Kreditinstituten und Finanzinstituten mit Sitz außerhalb dieses Mitgliedstaats zur Offenlegung von Jahresabschlussunterlagen (ABl. EG Nr. L 44 S. 40) dient, findet sich die Bestimmung: „Zu den Erträgen gehören auch Bonifikationen aus der Platzierung von Wertpapieren, Bürgschaftsprovisionen und Kontoführungsgebühren.“, die zwar die hier zu beantwortende Frage nicht eindeutig regelt, aber im Kontext darauf hindeutet, dass der Verordnungsgeber Kontoführungsgebühren im üblicherweise durch AGB geregelten Bankgeschäft nicht grundsätzlich für unzulässig hält.
53 
(3) In dieselbe Richtung weist § 23 der Verordnung über die Rechnungslegung der Zahlungsinstitute (Zahlungsinstituts-Rechnungslegungsverordnung).
54 
(4) Vor diesem Hintergrund können auch steuerrechtliche Vorgaben nicht dazu führen, die Kontoführung als Nebenpflicht des Darlehensgebers anzusehen. Das Steuerrecht ist Teil des öffentlichen Rechtes und lässt die zivilrechtlich begründeten Rechte und Pflichten der Parteien im Grundsatz unberührt. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass der Kreditgeber aus steuerlichen Gründen gehalten ist, dem Kreditnehmer eine Jahresbescheinigung auszustellen, welche allein den Interessen des Kreditnehmers dient.
55 
c) Eine unangemessene Benachteiligung des Kunden durch die angegriffene Vertragsklausel jenseits der Gesetzesabweichung ist im Gesamtgefüge des Darlehensvertrages gleichfalls zu verneinen. Der Kläger trägt denn auch selbst vor, dass die Höhe der tatsächlich von der Beklagten geforderten Gebühr nicht unüblich hoch sei.
III.
56 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 48 Abs. 1, 47 Abs. 1, 43 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO.
57 
Die Revision ist wegen Rechtsgrundsätzlichkeit und zur Fortbildung des Rechts zuzulassen. Der Bundesgerichtshof hat, soweit ersichtlich, bislang ausdrücklich weder über die Einordnung von Klauseln der angegriffenen Art als Preisklauseln oder Preisnebenabreden noch über die anderen aufgeworfenen - vom Senat aber nur hilfsweise erörterten - Rechtsfragen in Bezug auf Kontoführungsgebühren für Darlehenskonten ausdrücklich entschieden, noch lässt sich aus seiner Rechtsprechung hinreichend sicher erkennen, wie er den vorliegenden Fall entschiede, um gleichwohl davon abzusehen, die Revision zuzulassen.

Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung

1.
ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
2.
ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten;
3.
das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.

(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.

(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.

(1) Das Gericht hat den Mangel der Parteifähigkeit, der Prozessfähigkeit, der Legitimation eines gesetzlichen Vertreters und der erforderlichen Ermächtigung zur Prozessführung von Amts wegen zu berücksichtigen.

(2) Die Partei oder deren gesetzlicher Vertreter kann zur Prozessführung mit Vorbehalt der Beseitigung des Mangels zugelassen werden, wenn mit dem Verzug Gefahr für die Partei verbunden ist. Das Endurteil darf erst erlassen werden, nachdem die für die Beseitigung des Mangels zu bestimmende Frist abgelaufen ist.

(1) Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist.

(2) Ein Verein, der nicht rechtsfähig ist, kann klagen und verklagt werden; in dem Rechtsstreit hat der Verein die Stellung eines rechtsfähigen Vereins.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 154/05 Verkündet am:
4. November 2008
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. November 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis
und die Richter Scharen, Keukenschrijver, Asendorf und Gröning

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 7. Juni 2005 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert: Das europäische Patent 291 194 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt, soweit es über folgende Fassung seiner Patentansprüche hinausgeht: 1. Analytisches Testgerät, umfassend einen trockenen porösen Träger (10), unmarkiertes spezifisches Bindungsreagenz für einen Analyten, welches unmarkierte Reagenz auf dem porösen Träger in einer Nachweiszone (14) permanent immobilisiert und daher in feuchtem Zustand nicht beweglich ist, und in trockenem Zustand in einer Zone (12) stromaufwärts von der Nachweiszone ein markiertes spezifisches Bindungsreagenz für dieselbe Nachweissubstanz, welches markierte spezifische Bindungsreagenz innerhalb des porösen Trägers in feuchtem Zustand frei beweglich ist, so dass die Flüssigkeitsprobe , die dem Gerät zugeführt ist, das markierte Reagenz aufnehmen und danach in die Nachweiszone eindringen kann, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , d a s s der poröse Träger und das markierte spezifische Bindungsreagenz innerhalb eines hohlen Gehäuses (30) enthalten sind, das aus feuchtigkeitsundurchlässigem, festem Material aufgebaut ist, der poröse Träger direkt oder indirekt mit dem Äußeren des Gehäuses derart in Verbindung steht, dass flüssige Testprobe auf den porösen Träger aufgebracht werden kann, das Gehäuse Mittel (32) zum Feststellen des Ausmaßes (sofern gegeben) beinhaltet, bis zu dem das markierte Reagenz in der Nachweiszone gebunden ist, der Markierungsstoff ein Direktmarkierungsstoff in Form eines Farbsols, Goldsols oder gefärbter Latexteilchen ist, das markierte Reagenz in einer ersten Zone (12) des trockenen porösen Trägers enthalten ist und das unmarkierte Reagenz in einer von der ersten Zone räumlich getrennten Nachweiszone immobilisiert ist, wobei die beiden Zonen derartig angeordnet sind, dass eine auf den porösen Träger aufgebrachte Flüssigkeitsprobe über die erste Zone in die Nachweiszone dringen kann, und der poröse Träger einen Streifen oder eine Folie von porösem Material umfasst. 2. Testgerät nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass gefärbte Latexteilchen eines maximalen Durchmessers von nicht größer als etwa 0,5 μm den Direktmarkierungsstoff darstellen. 3. Testgerät nach irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Gehäuse aus opakem oder durchscheinendem Material besteht und mit mindestens einer Öffnung (32) versehen ist, durch die das Analysenergebnis beobachtet werden kann.
4. Testgerät nach irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Gehäuse aus Kunststoffmaterial geformt ist. 5. Testgerät nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der poröse Träger einen Streifen oder eine Folie von porösem Material umfasst, der bzw. die mit einer Schicht von durchsichtigem feuchtigkeitsundurchlässigen Material verstärkt ist, wobei die durchsichtige Schicht in der Nähe der Öffnung(en) mit der Innenseite des Gehäuses in Kontakt steht, um den Eintritt von Feuchtigkeit oder Probe zu verhindern. 6. Testgerät nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass das Verstärkungsmaterial ein durchsichtiges Kunststoffmaterial ist. 7. Testgerät nach irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das poröse Trägermaterial Nitrocellulose ist. 8. Testgerät nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Nitrocellulose eine Porengröße von mindestens 1 μm hat. 9. Testgerät nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Porengröße mehr als 5 μm beträgt. 10. Testgerät nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Porengröße 8 bis 12 μm beträgt. 11. Testgerät nach irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es in dem porösen Träger stromabwärts von der Nachweiszone (209) eine Kontrollzone (210) aufweist, um anzuzeigen, dass die Flüssigkeitsprobe über die Nachweiszone hinausgedrungen ist, wobei die Kontrollzone ebenfalls außerhalb des Gehäuses beobachtbar ist. 12. Testgerät nach irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der poröse Träger ein Streifen mit einer Absorptionsmittelfalle (18) an seinem distalen Ende ist, wobei die Falle eine ausreichende Absorptionskapazität hat, damit jegliches ungebundenes markiertes Reagenz aus der Nachweiszone ausgewaschen werden kann. 13. Testgerät nach irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das markierte Reagenz als Oberflächenschicht auf den porösen Träger aufgebracht ist. 14. Testgerät nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass der poröse Träger in dem Bereich, auf den das markierte Reagenz aufgebracht wird, mit einem Glasurmaterial vorbehandelt ist. 15. Testgerät nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, dass das Glasurmaterial ein Zucker ist. 16. Testgerät nach irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das immobilisierte Reagenz in der Nachweiszone über die gesamte Dicke des Trägers in der Nachweiszone imprägniert ist. 17. Testgerät nach irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Nachweissubstanz hCG ist.
18. Testgerät nach irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche 1 bis 16, dadurch gekennzeichnet, dass die Nachweissubstanz LH ist. 19. Testgerät nach irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das frei bewegliche Reagenz statt als spezifisches Bindungsmittel für eine Nachweissubstanz in Gegenwart einer Nachweissubstanz an einer Konkurrenzreaktion teilnehmen kann. 20. Analysenverfahren, bei dem ein Testgerät nach irgendeinem der Ansprüche 1 bis 19 mit einer wässrigen Flüssigkeitsprobe , die vermutlich die Nachweissubstanz enthält, derartig in Kontakt gebracht wird, dass die Probe durch Kapillarwirkung durch den porösen Träger über die erste Zone in die Nachweiszone dringt und das markierte Reagenz mit ihr aus der ersten Zone in die Nachweiszone wandert, wobei das Vorliegen einer Nachweissubstanz in der Probe durch Beobachten des Ausmaßes (sofern gegeben) bestimmt wird, bis zu dem das markierte Reagenz in der Nachweiszone gebunden wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 4/5 und die Beklagte 1/5 zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 26. April 1988 unter Inanspruchnahme der Priorität britischer Patentanmeldungen vom 27. April und 30. Oktober 1987 (Nrn. 8 709 873 und 8 725 457) angemeldeten und mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 291 194 (Streitpatents). Es betrifft ein analytisches Testgerät sowie ein Analysenverfahren und umfasst in der im europäischen Einspruchsbeschwerdeverfahren aufrechterhaltenen Fassung 22 Patentansprüche. Ansprüche 1 und 22 lauten in der Verfahrenssprache: "1. An analytical test device comprising a dry porous carrier (10), unlabelled specific binding reagent for an analyte which unlabelled reagent is permanently immobilised in a detection zone (14) on the porous carrier and is therefore not mobile in the moist state, and in the dry state in a zone (12) upstream from the detection zone a labelled specific binding reagent for the same analyte which labelled specific binding reagent is freely mobile within the porous carrier when in the moist state, such that liquid sample applied to the device can pick up labelled reagent and thereafter permeate into the detection zone, c h a r a c t e r i s e d i n t h a t the porous carrier and the labelled specific binding reagent are contained within a hollow casing (30) constructed of moisture-impervious solid material, the porous carrier communicates directly or indirectly with the exterior of the casing such that liquid test sample can be applied to the porous carrier, the casing incorporates means (32) enabling the extent (if any) to which the labelled reagent becomes bound in the detection zone to be observed, the label is a particulate direct label, the labelled reagent is contained in a first zone (12) of the dry porous carrier, and the unlabelled reagent is immobilised in a detection zone spatially distinct from the first zone, the two zones being arranged such that liquid sample applied to the porous carrier can permeate via the first zone into the detection zone.
22. An analytical method in which a test device according to any one of claims 1 to 21 is contacted with an aqueous liquid sample suspected of containing the analyte, such that the sample permeates by capillary action through the porous carrier via the first zone into the detecting zone and the labelled reagent migrates therewith from the first zone to the detecting zone, the presence of analyte in the sample being determined by observing the extent (if any) to which the labelled reagent becomes bound in the detecting zone."
2
Die Klägerin, die von der Beklagten aus dem Streitpatent in Anspruch genommen wird, hat während des laufenden Einspruchsbeschwerdeverfahrens Nichtigkeitsklage erhoben, die das Bundespatentgericht durch Urteil vom 7. März 2002 als unzulässig abgewiesen hat. Auf die Berufung der Klägerin hat der Senat diese Entscheidung nach Abschluss des Einspruchsverfahrens durch sein am 13. Januar 2004 verkündetes Urteil (X ZR 124/02, Schulte-Kartei PatG 110-122 Nr. 64) aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen. Dort hat die Klägerin geltend gemacht, das Streitpatent sei nicht patentfähig. Sein Gegen- stand sei nicht neu, wobei die Priorität der britischen Patentanmeldungen nicht wirksam in Anspruch genommen werden könne, es beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit und die Erfindung sei nicht so deutlich und vollständig offenbart , dass ein Fachmann sie ausführen könne. Außerdem gehe der Gegenstand des Patents über den Inhalt der europäischen Anmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Zur Begründung hat sich die Klägerin u.a. auf folgende Veröffentlichungen gestützt: europäische Patentanmeldung 149 158 (NK 10), Veröffentl. der internat. Patentanmeldung WO 86/03839 (NK 11), europäische Patentanmeldung 183 442 (NK 12), europäische Patentanmeldung 250 137 (NK 13), europäische Patentanmeldung 284 232 (NK 14), europäische Patentanmeldung 299 428 (NK 15), europäische Patentanmeldung 286 371 (NK 16), europäische Patentanmeldung 032 270 (NK 19), US-Patentschrift 4 552 839 (NK 23), US-Patentschrift 3 888 629 (NK 28), US-Patentschrift 4 235 601 (NK 29), US-Patentschrift 4 361 537 (NK 30), europäische Patentanmeldung 186 799 (NK 32), Veröffentl. der internat. Patentanmeldung WO 86/04683 (NK 38), deutsche Auslegeschrift 1 245 619 (NK 39).
3
Durch das angefochtene Urteil hat das Bundespatentgericht das Streitpatent antragsgemäß mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des ersten Berufungsverfahrens auferlegt.
4
Mit ihrer dagegen eingelegten Berufung verteidigt die Beklagte das Streitpatent in erster Linie in der aus dem Tenor ersichtlichen Fassung, in der in Anspruch 1 u.a. Merkmale der im Einspruchsverfahren aufrechterhaltenen Ansprüche 2, 3 und 6 aufgenommen worden sind; ferner mit Hilfsanträgen, wegen deren Fassung auf den Schriftsatz vom 31. Oktober 2008 und die Sitzungsniederschrift vom 4. November 2008 Bezug genommen wird. Im Übrigen beantragt die Beklagte, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Berufung. Sie sieht Gegenstand und Schutzbereich des Streitpatents in der verteidigten Fassung als unzulässig erweitert an und hält seine Lehre auch in dieser Fassung nicht für patentfähig.
5
Im Auftrag des Senats hat Prof. Dr. F. B. , , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


6
I. Soweit das Streitpatent über die Fassung der mit dem Hauptantrag zulässigerweise (dazu unten III 2) vorgenommenen Beschränkung hinausgeht, ist es ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären (st. Rspr., vgl. BGHZ 170, 215 - Carvedilol II). Die Änderungen sind formal nicht zu beanstanden; namentlich kann das Patent mit Patentansprüchen in deutscher Sprache verteidigt werden (st. Rspr., vgl. BGHZ 147, 306 - Taxol), auch wenn es häufig zweckmäßig sein wird, dies in der Verfahrenssprache zu tun, um Zweifel an der vollständigen inhaltlichen Übereinstimmung der Sprachfassungen zu vermeiden (Sen.Urt. v. 23.9.2008 - X ZR 135/04 - Multiplexsystem, zur Veröffentlichung vorgesehen).
7
Im Umfang der beschränkten Verteidigung des Streitpatents hat die Berufung Erfolg und führt zur Abweisung der Klage.
8
II. Die Nichtigkeitsklage ist auch nach Ablauf der Schutzdauer des Streitpatents zulässig, weil die Klägerin daraus wegen Patentverletzung in Anspruch genommen wird und sie deshalb ein Rechtsschutzbedürfnis an der Nichtigerklärung des Streitpatents im angegriffenen Umfang hat (st. Rspr., vgl. etwa Sen.Urt. v. 24.4.2007 - X ZR 201/02, GRUR 2008, 90 - Verpackungsmaschine).
9
III. 1. Das Streitpatent betrifft Assays, insbesondere Immunoassays und analytische Testgeräte dafür. Bei Immunoassays handelt es sich um bioanalytische Verfahren, welche sich die spezifische Bindungsfähigkeit von Liganden und Liganden-Bindungspartnern (auch: spezifische Bindungspaare, "sbp"), insbesondere die von Antikörpern und Antigenen bzw. Haptenen zunutze machen, um das Vorhandensein von Analyten in flüssigen Proben feststellen zu können. Zum Nachweis der oft nicht direkt sichtbaren Bindungsreaktionen wurden Verfahren zur indirekten Beobachtung eingesetzt, die die Markierung eines der Glieder des spezifischen Bindungspaars mit einem Radioisotop, einem Chromophor , einem Fluorophor oder die eine enzymatische Markierung vorsahen. Radiomarkierungen, Chromophore bzw. Fluorophore können mittels Strahlungsdetektoren , Spektrophotometern oder mit dem bloßen Auge nachgewiesen werden; bei Enzymmarkierungen wird ein nachweisbares Signal durch die Aktivierung einer Verbindung wie etwa eines Farbstoffs im Rahmen eines Reaktionssystems erzeugt.
10
Ursprünglich in Vorrichtungen wie Reagenzgläsern mittels Zentrifugierung und Ausfällung durchgeführt (sogenannte Flüssigphasenassays), ist, der Beschreibung des Streitpatents zufolge, bei spezifischen Bindungsassays wie Immunoassays auch die Verwendung von mit Reagenzien imprägnierten Teststreifen vorgeschlagen worden (sogenannte Festphasenassays). Dabei bewegt sich die auf einen Teil des Teststreifens aufgetragene Probe mit Hilfe eines eluierenden Lösungsmittels, wie Wasser, durch das Material des Teststreifens in oder durch eine dort vorgesehene Nachweiszone, in der ein für die in der Probe vermutete Nachweissubstanz spezifisches Bindungsreagenz immobilisiert ist, um die Nachweissubstanz gegebenenfalls zu binden. Das Maß dieser Bindung kann mit markierten Reagenzien bestimmt werden, die ebenfalls im Teststreifen enthalten sind oder anschließend darauf aufgebracht werden. Der Streitpatentschrift zufolge erfordern alle kommerziell erhältlichen Geräte die Durchführung einer Reihe von aufeinander folgenden Arbeitsschritten, bevor das Testergebnis ablesbar ist, was notwendigerweise Zeit erfordere und Fehlerquellen einführe.
11
Als Aufgabe der Erfindung bezeichnet die Streitpatentschrift die Anpassung und Verbesserung der bekannten Techniken zur Bereitstellung diagnostischer Testgeräte insbesondere für den privaten Gebrauch, die auch von einer ungeübten Person schnell und bequem zu handhaben sind, vom Benutzer möglichst wenige Arbeitsschritte erfordern und bei denen das Analyseergebnis innerhalb von Minuten nach dem Probenauftrag - beispielsweise Urin im Fall eines Schwangerschafts- oder Ovulationstests - vorliegt.
12
Dazu schlägt das Streitpatent in der verteidigten Fassung im Patentanspruch 1 ein analytisches Testgerät vor, umfassend 1. ein hohles, aus einem feuchtigkeitsundurchlässigen Material aufgebautes Gehäuse, das 2. einen trockenen porösen Träger (10) enthält, der 2.1 einen Streifen oder eine Folie von porösem Material umfasst, 2.2 mit dem Äußeren des Gerätes 2.2.1 direkt oder 2.2.2 indirekt derart in Verbindung steht, dass flüssige Testprobe darauf aufgebracht werden kann, und der 3. ein markiertes spezifisches Bindungsreagenz für eine Nachweissubstanz enthält, das 3.1 sich in trockenem Zustand in einer ersten Zone (12) des trockenen porösen Trägers, 3.2 stromaufwärts von einer Nachweiszone befindet und das 3.3 in feuchtem Zustand innerhalb des porösen Trägers frei beweglich ist, wobei 4. der Markierstoff ein Direktmarkierstoff in Form eines Farbsols, Goldsols oder gefärbten Latexteilchens ist, ferner 5. unmarkiertes spezifisches Bindungsreagenz für denselben Analyten, 5.1 das auf dem porösen Träger, 5.2 in einer von der ersten Zone räumlich getrennten Nachweiszone (14) permanent immobilisiert 5.3 und (daher) in feuchtem Zustand nicht beweglich ist, wobei 6. die beiden Zonen derartig angeordnet sind, dass eine auf den porösen Träger aufgebrachte Flüssigkeitsprobe über die erste Zone in die Nachweiszone dringen kann, 7. die Flüssigkeitsprobe, die dem Gerät zugeführt ist, 7.1 das markierte Reagenz aufnehmen 7.2 und danach in die Nachweiszone eindringen kann und 8. das Gehäuse Mittel (32) zum Feststellen des Ausmaßes (sofern gegeben) beinhaltet, bis zu dem das Reagenz in der Nachweiszone gebunden ist, sowie, in Anspruch 20, ein Analysenverfahren, bei dem 1. ein Testgerät nach irgendeinem der Ansprüche 1 bis 19 mit einer wässrigen Flüssigkeitsprobe in Kontakt gebracht wird, 2. die Probe durch Kapillarwirkung durch den porösen Träger über die erste Zone in die Nachweiszone dringt und 3. das markierte Reagenz mit ihr aus der ersten Zone in die Nachweiszone wandert und 4. das Vorliegen einer Nachweissubstanz in der Probe durch Beobachten des Ausmaßes bestimmt wird, bis zu dem das markierte Reagenz in der Nachweiszone gebunden ist.
13
2. Die Beschränkung von Patentanspruch 1 ist zulässig; durch sie wird insbesondere der Schutzbereich des Streitpatents nicht erweitert.
14
a) Eine Schutzbereichserweiterung erfolgt zunächst nicht dadurch, dass das dem Begriff "direct label" (Direktmarkierungsstoff) beigefügte Wort "particulate" (teilchenförmig) entfällt. Als solche Markierungsstoffe kamen zunächst jegliche Einheiten ("entities") in Betracht, deren Vorhandensein ohne Weiteres nachgewiesen werden kann, insbesondere Direktmarkierungsstoffe. Diese werden als Einheiten definiert, die in natürlichem Zustand entweder mit bloßem Auge oder mit Hilfe eines optischen Filters und/oder einer angelegten ("applied" ) Stimulation, z.B. UV-Licht zum Hervorrufen einer Fluoreszenz, leicht sichtbar sind. Als besonders geeignete Beispiele werden winzige farbige Teilchen ("particles"), z.B. Farbsole, Metallsole (wie Goldsole) und gefärbte Latexteilchen angesprochen (vgl. die Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung , Anl. NK 1, S. 4 Z. 42 ff.). Insoweit mag zweifelhaft sein, ob der ausdrücklichen Aufnahme eines Hinweises auf den Teilchencharakter der Markierungsstoffe überhaupt sachliche Bedeutung zukommen konnte. Dass diese Eigenschaftsangabe in dem verteidigten Patentanspruch entfallen ist, kann schon deshalb nicht zu einer Erweiterung führen, weil sich der teilchenförmige Charakter der Direktmarkierungsstoffe zwingend aus der abschließenden Aufzählung derjenigen Markierungsstoffe ergibt, für die Schutz beansprucht wird und die allesamt teilchenförmig sind. Die Formulierung "… in Form eines Farbsols …" im verteidigten Patentanspruch 1 ist entgegen der Ansicht der Klägerin ebenfalls von der ursprünglichen Offenbarung gedeckt. Sie bringt nämlich nur zum Ausdruck, dass die drei genannten Direktmarkierungsstoffe allein noch vom Streitpatent erfasst werden sollen.
15
b) Ebenfalls keine Erweiterung des Schutzbereichs von Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassung liegt in der Umschreibung, wonach der trockene poröse Träger einen Streifen oder eine Folie von porösem Material "umfasst" (Merkmale 2 und 2.1). Soweit die Klägerin meint, dadurch würden Ausgestaltungen eingeschlossen, bei denen sich das markierte Bindungsreagenz in einem gesonderten Träger vor dem eigentlichen Trägerstreifen für den chromatografischen Fluss befinden könne, unterscheidet sie nicht hinreichend zwischen der Frage der Platzierung des Bindungsreagenzes, die allein den Schutzbereich betrifft, und der Frage der Ausgestaltung des porösen Trägers, die die Auslegung des erteilten Patents berührt (nachstehend III 2 d). Das mar- kierte Bindungsreagenz ist in trockenem Zustand auch in der verteidigten Fassung von Anspruch 1 des Streitpatents in einer ersten Zone des porösen Trägers enthalten (Merkmale 3, 3.1). Diese merkmalsmäßige Zuordnung des Bindungsreagenzes zum Träger wird durch Verwendung des Verbs "umfasst" im Zusammenhang mit der Bestimmung des porösen Trägers nicht außer Kraft gesetzt. Der Schutzbereich des Patents wird deshalb nicht erweitert.
16
c) Eine unzulässige Schutzbereichserweiterung liegt des Weiteren nicht darin, dass gefärbte Latexteilchen ohne Begrenzung ihres Durchmessers in den Hauptanspruch aufgenommen worden sind. Diese Teilchen sind als solche ohne Beschränkung auf einen bestimmten Höchstdurchmesser in den Anmeldungsunterlagen als Direktmarkierungsstoff offenbart (NK 1 S. 4 Z. 44 f.). Dass die Teilchen in Patentanspruch 2 nur in Verbindung mit einer Größenangabe genannt sind, nötigt nicht zu der Aufnahme dieser Größenangabe in den verteidigten Patentanspruch 1 (vgl. Busse/Keukenschrijver, 6. Aufl., § 83 PatG Rdn. 37; vgl. zur Aufnahme einzelner Merkmale eines Ausführungsbeispiels BGHZ 110, 123, 126 - Spleißkammer).
17
d) Mit der Beschränkung, dass der trockene poröse Träger einen Streifen oder eine Folie von porösem Material "umfasst" (Merkmale 2, 2.1), geht die von Anspruch 1 in der verteidigten Fassung beschriebene Ausgestaltung des porösen Trägers nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung oder das erteilte Patent hinaus. Danach sollte das Trägermaterial vorzugsweise in Form eines Streifens oder einer Folie bestehen. Das Gerät konnte gemäß der Erfindung daher auch, falls gewünscht, zwei oder mehrere diskrete Körper von porösem Festphasenmaterial, z.B. getrennte Streifen oder Folien für die Aufnahme von Reagenzien, vereinigen, und zwar, entgegen der Ansicht der Klägerin, nicht ausschließlich parallel nebeneinander angeord- net (NK 1 S. 5 Z. 20 ff.). Demnach blieb es dem Fachmann überlassen, den porösen Träger den jeweiligen Erfordernissen entsprechend unterschiedlich auszugestalten. Diesen Rahmen überschreitet das Streitpatent in der verteidigten Fassung nicht; insbesondere wird durch die Aufnahme der Merkmale des früheren Anspruchs 6 in den Hauptanspruch entgegen der Ansicht der Klägerin keine von der Ursprungsoffenbarung nicht erfasste "Zwischenebene" geschaffen.
18
IV. Soweit das Streitpatent noch verteidigt wird, liegt keiner der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe der Art. 138 EPÜ, Art. II § 6 IntPatÜG vor.
19
1. Die Erfindung ist so deutlich und vollständig offenbart, dass der Fachmann sie ausführen kann.
20
a) Das Erfordernis der ausführbaren Offenbarung bedeutet nicht, dass die Lehre alle im Einzelnen zur Erreichung des erfindungsgemäßen Ziels erforderlichen Schritte detailliert beschreiben müsste. Es reicht aus, wenn dem Fachmann ein generelles Lösungsschema an die Hand gegeben wird. Unschädlich ist, wenn er bei der Nacharbeitung auf Unvollkommenheiten stößt, die er als solche erkennt und mit Hilfe seines Wissens im Sinne der Erfindung überwinden kann, ohne selbst erfinderisch tätig werden zu müssen (vgl. Busse/ Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 34 Rdn. 273 ff.; Schulte, PatG, 7. Aufl., § 34 Rdn. 364; Benkard/Schäfers, EPÜ, Art. 83 Rdn. 43). Die Erforderlichkeit von Versuchen ist unschädlich, solange sie das übliche Maß nicht übersteigen (Keukenschrijver, aaO Rdn. 293 m.w.N. in Fn. 639). Das gilt namentlich dann, wenn die Lehre, wie hier, den Einsatz biochemischer Reagenzien und die Herbeiführung entsprechender Reaktionen betrifft.
21
b) Danach ist im Streitfall unschädlich, dass der Fachmann einzelne Parameter wie Fließgeschwindigkeit, Konzentration und Bindungsstärke (Affinität) sowohl des zu immobilisierenden als auch des markierten Antikörpers erst, wie der gerichtliche Sachverständige meint, nach Experimenten einstellen konnte, zumal Anmeldungsunterlagen und Streitpatentschrift zu Fließgeschwindigkeit und Teilchen- bzw. Porengröße Angaben enthalten (Anlage NK 1, S. 11 Rdn. 15 ff.; geänderte Streitpatentschrift Abs. 75 ff.). Der danach noch erforderliche Versuchsaufwand übersteigt das dem Fachmann zumutbare Maß nicht.
22
c) Der Nichtigkeitsgrund unzureichender Offenbarung besteht auch nicht in Bezug auf die Resolubilisierung der teilchenförmigen, an die Markierungsantikörper gekoppelten Direktmarkierungsstoffe.
23
Wie der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt und in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, ist die Lehre insoweit jedenfalls bei Einbeziehung der in den Unteransprüchen 13 bis 15 enthaltenen Anweisungen ausführbar. Damit wird dem Fachmann (dazu unten 3 b aa), was ausreicht, ein gangbarer Weg zur Ausführung der Erfindung mit allen von Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassung beanspruchten Direktmarkierungsstoffen offenbart (ähnlich BGHZ 147, 306 - Taxol für die allgemeine Beanspruchung eines Verfahrensschritts in Form einer allgemein bezeichneten Reaktion bei nacharbeitbarer Offenbarung eines ausführbaren Wegs zur Durchführung dieser Reaktion in der Patentschrift). Die zur Ausführung der Erfindung benötigten Angaben müssen nicht abschließend dem Hauptanspruch zu entnehmen sein. Es genügt, wenn sie sich aus dem Inhalt der Patentschrift insgesamt erschließen (vgl. Sen.Urt. v. 1.10.2002 - X ZR 112/99, GRUR 2003, 223 - Kupplungsvorrichtung

II).


24
2. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassung ist nicht wegen fehlender Patentfähigkeit für nichtig zu erklären.
25
a) Der Gegenstand des Anspruchs ist neu. Das gilt ungeachtet der Frage , ob das Streitpatent die Priorität einer der beiden britischen Patentanmeldungen 8 725 457 bzw. 8 709 873 (NK 5, 6) wirksam in Anspruch nehmen kann, auch dann, wenn für die Neuheit auf den Anmeldetag des Streitpatents selbst abgestellt wird und die Entgegenhaltungen NK 13, NK 14 und NK 16 bei der Neuheitsprüfung berücksichtigt werden.
26
aa) Die am 23. Dezember 1987 veröffentlichte europäische Patentanmeldung 250 137 (NK 13) betrifft ein Verfahren zum Nachweis eines Liganden in einer Probe. Es verwendet mit kolloidalem Gold zwar einen Direktmarkierungsstoff. Dieser wird jedoch nicht (in trockenem Zustand) auf einen porösen Träger aufgebracht, sondern ist Bestandteil eines Reagenzes, das mit einer Probe flüssig vorvermischt wird und einen Liganden-Bindungspartner oder einen Liganden enthält, der direkt oder indirekt mit dem kolloidalen Gold markiert ist. Bei diesem Verfahren fehlt es an der Merkmalsgruppe 3 des Streitpatents; außerdem ist kein hohles Gehäuse beschrieben (Merkmale 1 und 8 des Streitpatents ). Ob die Schrift, wie die Klägerin meint, sämtliche Merkmale des Streitpatents vorwegnimmt, wenn die in der Beschreibung erwähnten USPatentschriften 3 888 629, 4 325 601 und 4 361 537 (NK 28 bis 30) einbezogen werden, kann dahinstehen. Die Neuheit einer Erfindung ist grundsätzlich im Wege des Einzelvergleichs zu prüfen. Eine in einer Vorveröffentlichung in Bezug genommene weitere Schrift kann nur berücksichtigt werden, wenn hinreichend deutlich gemacht wird, welche daraus ersichtlichen Informationen in Bezug genommen und zur Grundlage der Vorveröffentlichung gemacht werden und diese dem Leser zum jeweils maßgeblichen Datum zugänglich sind (vgl.
Keukenschrijver, aaO, § 3 PatG Rdn. 111). Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die genannten amerikanischen Patentschriften nicht erfüllt.
27
bb) Die am 7. März 1988 eingereichte europäische Patentanmeldung 284 232 (Anl. NK 14) offenbart kein Gehäuse mit Mitteln zum eventuellen Feststellen des Ausmaßes, bis zu dem das Reagenz in der Nachweiszone gebunden ist (Merkmale 1 und 8 des Streitpatents), und zwar auch nicht, soweit in der Beschreibung von im Stand der Technik vorzufindenden festen Trägern (solid supports) die Rede ist (S. 2 Ziff. 6-13). Damit sind Elemente gemeint, die funktionell dem porösen Träger des Streitpatents entsprechen und nicht seinem hohlen Gehäuse. Das ist, wovon auch die Klägerin ausgeht (Berufungserwiderung S. 34) offensichtlich für den in der Entgegenhaltung erwähnten Tauchstreifens ("dip-stick"), gilt aber auch für die daneben genannten Röhren. Damit sind Kapillarrohre mit einem geringen Durchmesser gemeint, wie sie etwa in der europäischen Patentanmeldung 149 168 (Anl. NK 10) beschrieben sind und bei denen die Kapillarwirkung gerade durch den geringen Durchmesser gefördert wird.
28
cc) Die europäische Patentanmeldung 286 371 (NK 16) beschreibt eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Durchführung von Assayverfahren, die ein Gehäuse und einen trockenen porösen Träger mit einer (immunosorbierenden) Zone umfassen, in welcher ein Mitglied eines spezifischen Bindungspaares immobilisiert sein kann, um den komplementären Bindungspartner zu fangen. Letzterer und seiner Markierung dienende Komponenten - in der Diktion dieser Schrift: Mitglied(er) eines signalerzeugenden Systems - sind vorzugsweise aber in flüssiger Form, gewöhnlich in einem wässrigen Medium, in mindestens einem zerbrechbaren Behälter in dem Gehäuse eingeschlossen, also nicht nach Maßgabe der Merkmalsgruppe 3 des Streitpatents auf dem porösen Träger enthal- ten. Die Schrift erwähnt lediglich, dass Mitglieder des spezifischen Bindungspaares und, falls gewünscht, Mitglieder des signalerzeugenden Systems an das als poröser Träger dienende saugfähige Material gebunden sein können, und zwar nicht-diffundierend oder diffundierend, je nachdem, ob der jeweils durchgeführte Assay die Bewegung eines derartigen Mitglieds entlang des Streifens erfordere oder nicht. Mit diesen Hinweisen offenbart die Patentanmeldung nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit ein in trockenem Zustand in einer ersten Zone des porösen Trägers enthaltenes direktmarkiertes spezifisches Bindungsreagenz für eine Nachweissubstanz (Merkmale 3, 3.1). Das gilt um so mehr, als das signalerzeugende System der Beschreibung zufolge meistens ein chromophores Substrat und Enzym umfasst, wobei chromophore Substrate enzymatisch in Farbstoffe, die Licht im ultravioletten oder sichtbaren Bereich absorbieren , in Phosphore oder in Fluoreszenzfarbstoffe überführt werden und daneben für die Markierung noch Radioisotope erwähnt werden. Der in der Anmeldung enthaltene Hinweis auf die US-Patentschrift 4 555 839 (NK 23) und die dort beschriebenen Assaymethoden (Sp. 27 Z. 27 ff.) mag zwar die Möglichkeit der Verwendung von Direktmarkierungsstoffen in flüssigen Medien offenbaren , dies aber nicht auf die in der Merkmalsgruppe 3 beschriebenen Weise.
29
dd) Die europäische Patentanmeldung 299 428 (NK 15) datiert mit dem 13. Juli 1988 von einem Tage, der nach der Anmeldung des Streitpatents liegt. Soweit in dieser Schrift für die Priorität auf die amerikanische Patentanmeldung 72 459 mit Datum vom 13. Juli 1987 Bezug genommen wird, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Anmeldung der Öffentlichkeit vor dem Tag der Anmeldung des Streitpatents zugänglich gemacht worden ist. Vielmehr hat die amerikanische Anmeldung die bei der Neuheitsprüfung vorauszusetzende Publizität erst durch die Veröffentlichung auf sie hin erteilten US-Patents erlangt, was jedenfalls nicht vor dem Tag der Anmeldung des Streitpatents geschehen ist.
30
Abgesehen davon wird in dieser Entgegenhaltung kein Gehäuse offenbart , sondern vielmehr in einer Ausführungsform chromatografisches Substratmaterial auf einem inerten Trägerstreifen und eine Deckplatte, die, bis auf einen Endbereich, über die Länge des chromatografischen Materials vorgesehen ist (Anl. NK 12 S. 12 Z. 53). Damit sind die Merkmale 1 und 8 des Streitpatents nicht erfüllt.
31
b) Das Ergebnis von Verhandlung und Beweisaufnahme lässt nicht die Wertung zu, dass sich der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassung für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben hat.
32
aa) Der zur Zeit der Anmeldung des Streitpatents mit der Weiterentwicklung von Immunoassays befasste Fachmann verfügte über einen Hochschulabschluss in den Fächern Biochemie oder Biotechnologie bzw. in einem verwandten natur- oder ingenieurwissenschaftlichen Fach und war in einem Großunternehmen beschäftigt. Die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit auf diesem Gebiet lag seinerzeit in den Händen solcher Unternehmen, die für die Entwicklung ihrer Produkte gegebenenfalls interdisziplinäre Teams zusammenstellten.
33
bb) Die aufgabengemäße Verbesserung von Testgeräten für Immunoassays erforderte, die gegenständliche Ausgestaltung der Geräte dem Bedürfnis eines unkomplizierten Einsatzes in Laienhand anzupassen. Ineinandergreifend mit dieser konstruktiven Aufgabe musste das mithilfe des Geräts durchzuführende Testverfahren hin zu der angestrebten Ein-Schritt-Analyse weiterentwickelt werden. Die vom Streitpatent in der verteidigten Fassung aufgefundene Lösung dieser komplexen Entwicklungsaufgabe ergab sich nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.
34
(1) Entgegen der Ansicht des Bundespatentgerichts gab die europäische Patentanmeldung 149 168 (NK 10) dem Fachmann keine richtungsweisenden Anregungen für die konstruktive Wahl des Gehäuses zur Aufnahme des porösen Trägers, auch wenn diese Anmeldung, wie das Streitpatent, eine vereinfachte Anwendung bei Immunoassays anstrebt. Vorgeschlagen wird dort, Kapillarröhrchen mit entsprechend geringem Durchmesser (vgl. NK 10 S. 11 Z. 27 ff.) mit festen Matrizen zu packen, auf denen die für die Durchführung von Assays erforderlichen Reagenzien aufgebracht sind, um anschließend das untere Ende des Röhrchens - das die Funktion des porösen Trägers des Streitpatents übernimmt - in eine Probenlösung zu tauchen oder die Kapillaritätswirkung bei einer Blutentnahme durch Andrücken des Röhrchens an den Bereich der Einstichstelle hervorzurufen. Diese Lösung lag vom Streitpatent recht weit ab.
35
(2) Im Ergebnis nichts anderes gilt für die europäische Patentanmeldung 183 442 (NK 12). Sie beschreibt eine Chromatografie-Vorrichtung und ein Verfahren zu deren Anwendung, insbesondere für die quantitative Bestimmung der Menge eines Analyten. Die Vorrichtung umfasst allerdings ein Gehäuse, welches einen saugfähigen Streifen aufnimmt, der an einem Ende mit der in einem flüssigen Medium gelösten Probe, die mutmaßlich den Analyten enthält, in Verbindung gebracht werden kann. Das Nachweisverfahren nutzt das Bindungsverhalten von Liganden und Rezeptoren - in der Terminologie der Schrift: Mitglieder eines spezifischen Bindungspaars "sbp" - aus. Ein sbp-Mitglied - und zwar der homologe oder reziproke Bindungspartner des jeweiligen Analyten - ist unbeweglich, nicht-diffundierbar, in einem als "immunosorbierende Zone" bezeichneten Bereich des verwendeten Teststreifens aufgebracht. Zum Nachweis des Analyten ist ein sogenanntes signalerzeugendes System vorgesehen, das eine oder mehrere Komponenten aufweisen kann, von denen mindestens eine an ein sbp-Mitglied konjugiert ist. Das signalerzeugende System ermöglicht, das Gebiet in der immunosorbierenden Zone, an das der Analyt gebunden ist, von dem Gebiet zu unterscheiden, in welchem er nicht enthalten ist, so dass die Entfernung von einem vorher bestimmten Punkt auf dem Immunochromatogramm ein Maß für die Menge an Analyt in der Probe ist. Offenbart ist somit eine Lehre, welche die Merkmale bzw. Merkmalsgruppen 1, 2, 7 und 8 aufweist und darüber hinaus lediglich die Merkmale 3.3, 5.1 und 5.3, wohingegen die Merkmale 4 und 6 fehlen. Bezüglich des Testverfahrens selbst bleibt die Entgegenhaltung NK 12 im Wesentlichen den im Stand der Technik dominierenden enzymatischen Markierungen verhaftet und kann deshalb den damit einhergehenden höheren Detektionsaufwand nicht reduzieren. Zur Durchführung des Assays wird das untere Ende des Teststreifens mit der Probe in Kontakt gebracht , die zuvor in einem geeigneten Lösungsmittel gelöst worden ist, welches ein oder mehrere Mitglieder des signalerzeugenden Systems enthalten kann. Infolge der Kapillarwirkung durchwandert die Probenlösung den saugfähigen Träger einschließlich der immunosorbierenden Zone. Wenn das nachweisbare Signal, gegebenenfalls nach Entwicklung des auf Enzymbasis funktionierenden Assays, erzeugt worden ist, kann die Entfernung von einem Ende des Chromatogramms als quantitatives Maß der Menge an Analyten in der Probe unter Verwendung der am Gehäuse vorgesehenen Anzeigemittel in Form einer graduierten Skala (NK 12 S. 9 Z. 9 ff.) gemessen werden. Mit Blick auf die im Vergleich zum Streitpatent unterschiedliche Bedeutung der Anzeigemittel in dieser Entgegenhaltung fehlt dem in ihr beschriebenen Gehäuse auch eine hinreichende Vorbildfunktion für die Lehre des Streitpatents.
36
(3) Zu einem aufgabengemäß verbesserten Testgerät führten den Fachmann entgegen der Ansicht des Bundespatentgerichts auch nicht die europäische Patentanmeldung 186 799 (NK 32) und die internationale Patentanmeldung WO 86/04683 (NK 38).
37
In der ersteren Anmeldung werden ein analytisches Mittel und Verfahren zum Nachweis oder zur Bestimmung einer Komponente eines bioaffinen Bindungspaars offenbart. Das dabei verwendete flächenförmige diagnostische Mittel besteht aus einem oder mehreren hintereinander angeordneten Streifen, die untereinander über ihre Kanten in für wässrige Lösungen saugfähigem Kontakt stehen und aus entsprechendem Material, wie beispielsweise Cellulose o. Ä. bestehen. Die Streifen enthalten die für das jeweilige diagnostische Mittel notwendigen Reagenzkomponenten. Einer der bioaffinen Bindungspartner wird in der sogenannten Festphasenzone an das Trägermaterial in dem Funktionsbereich gebunden, der zum Nachweis des Analyten vorgesehen ist. Zumindest ein markierter Reaktand befindet sich in einer vorgelagerten Zone und wird, wenn eine Lösungsmittelprobe aufgetragen wird, vom ankommenden Lösungsmittel verflüssigt in die Festphasenzone transportiert, wo er durch ein bioaffines Bindungssystem gebunden wird. Die Erfindung weist die Merkmalsgruppen 2, 3, 5, 6 und 7 auf. Sie offenbart dagegen kein Gehäuse (Merkmal 1) und dementsprechend auch nicht das Merkmal 8 und bedient sich auch nicht eines Direktmarkierstoffs (Merkmal 4), sondern bevorzugt eine Enzymmarkierung, die chromogene, Fluoreszenz oder Chemilumineszenz erzeugende Substratsysteme erfordert und erwähnt des Weiteren eine Chemilumineszenzmarkierung, die allerdings erst nach Zugabe eines Reagenzes gemessen wird.
38
Einen Direktmarkierungsstoff offenbart ebenfalls nicht die internationale Patentanmeldung WO 86/04683 (NK 38).
39
(4) Um zum Gegenstand des Streitpatents in der verteidigten Fassung zu gelangen, bedurfte es mehr, als zusätzlich zu den aus den Entgegenhaltungen NK 32 und NK 38 ersichtlichen Vorschlägen die im Stand der Technik bekannten partikelförmigen Direktmarkierungsstoffe in Betracht zu ziehen.
40
Die europäische Patentanmeldung 32 270 (NK 19) schlägt die Verwendung von kolloidalen Farbstoffpartikeln in wässrigen Lösungen vor. Der Vorzug dieser Markierungen besteht den Anmeldungsunterlagen zufolge darin, dass die Enzym/Substrat-Inkubation weggelassen werden kann. Der Bindungsschritt zwischen der Nachweissubstanz und dem partikelmarkierten Nachweisreagenz erfolgt in einer Lösung, bevor die Probe auf den porösen Träger aufgetragen wird. Genauso verhält es sich bei der US-Patentschrift 4 552 839 (NK 23), in der teilchenförmige Direktmarkierungsstoffe zwar beschrieben sind, die aber ebenfalls gelöst auf den porösen Träger aufgebracht werden. Die Verwendung von Direktmarkierungsstoffen in gelöstem Zustand führte nicht zu der vom Streitpatent aufgefundenen einfachen Ein-Schritt-Analyse, bei welcher der Anwender lediglich die Flüssigkeitsprobe in Kontakt mit dem Testgerät bringen muss, um kurze Zeit später ein Testergebnis ablesen zu können. Um den Test so zu vereinfachen, musste der Fachmann die vergleichsweise umständliche Vermischung der Probe mit dem Bindungsreagenz vor der Aufbringung auf den Teststreifen durch eine einfache und sicher anwendbare Alternative ersetzen. Dazu musste er erkennen, dass die direktmarkierten Bindungsreagenzien auch in trockenem Zustand im Träger untergebracht werden können, um sie von der infolge der Kapillarwirkung aufsteigenden Probe wieder auflösen und mitsamt der Probenflüssigkeit zum auf dem porösen Träger immobilisierten komplementären Bindungspartner schwemmen zu lassen.
41
(5) Zu dieser Lösung führte den Fachmann auch nicht der in der internationalen Patentanmeldung WO 86/03839 (NK 11) beispielhaft beschriebene qualitative Schwangerschaftstest (Beispiel X). Bei diesem wird eine Nitrocellulosemembran als Träger eingesetzt, die mit einer Abdeckung versehen wird, welche eine etwa 2 mm2 große Öffnung aufweist. Ein Tupfer, der mit lyophilisiertem Gold markierte Anti-hCG-Antikörper enthält, wird in Probeurin, welcher möglicherweise hCG enthält, angefeuchtet und dann für etwa 30 Sekunden mit der Membranabdeckung in Kontakt gebracht, damit der Urin aus dem Tupfer in die Membran diffundieren kann. Konzentrationen von hCG von über 50 mIU/ml, die im Allgemeinen eine Schwangerschaft anzeigen, können durch die Anwesenheit eines roten Flecks diagnostiziert werden; schwächere Konzentrationen erzeugen keinen solchen Fleck.
42
Die bloße Verwendung eines lyophilisierten Direktmarkierungsstoffs in diesem Beispiel gibt keinen zur Lehre des verteidigten Streitpatents führenden Hinweis. Die Benutzung eines mit markierten Antikörpern imprägnierten Tupfers , der mit Urin zu benetzen und dann auf die Membran aufzubringen ist, führt ebenso wenig zu einem aufgabengemäß problemlos und fehlerunanfällig von Laienhand ausführbaren Ein-Schritt-Analysensystem, wie dieses Beispiel dem Fachmann keine Anregung dafür gibt, das trockene markierte Bindungsreagenz in einer ersten Zone eines porösen Trägers zu platzieren, um es von der durch Kapillarität aufsteigenden Probenflüssigkeit zu einem einer weiteren Zone stromabwärts des Trägers fixierten Bindungspartners transportieren zu lassen. Vielmehr findet die Detektion punktuell an der Stelle statt, an der der Tupfer mit der mit polyklonalen Antikörpern gesättigten Membran in Berührung gebracht wird. Insgesamt bietet dieses Testverfahren keine Anregungen für die vom Streitpatent aufgabengemäß angestrebte Verbesserung der marktüblichen Testgeräte für den privaten Gebrauch, wie dies im Ergebnis auch schon die Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts in ihrer Entscheidung vom 27. Januar 2000 - T 0681/98 befunden hat.
43
cc) Die europäischen Patentanmeldungen 284 232 (NK 14) und 286 371 (NK 16) sind bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht in Betracht zu ziehen (Art. 56 Satz 2 i. V. mit Art. 54 Abs. 3 EPÜ). Die europäische Patentanmeldung 299 428 (NK 15) ist ebenfalls nicht zu berücksichtigen. Wie bereits ausgeführt, liegt das für sie maßgebliche Anmeldedatum zeitlich nach dem des Streitpatents (oben IV 2 a dd).
44
Die europäische Patentanmeldung 250 137 (NK 13) ist zwar dem Stand der Technik zuzurechnen, gab dem Fachmann aber keine Anregungen zur Auffindung zu der vom Streitpatent in seiner verteidigten Fassung unter Schutz gestellten Lehre.
45
3. Die nachgeordneten Ansprüche und der nebengeordnete Verfahrensanspruch haben mit dem verteidigten Hauptanspruch Bestand.
46
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO i.V. mit § 121 Abs. 2 PatG.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Asendorf Gröning
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 07.06.2005 - 3 Ni 11/01 (EU) -

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Die von einer Partei behaupteten Tatsachen bedürfen insoweit keines Beweises, als sie im Laufe des Rechtsstreits von dem Gegner bei einer mündlichen Verhandlung oder zum Protokoll eines beauftragten oder ersuchten Richters zugestanden sind.

(2) Zur Wirksamkeit des gerichtlichen Geständnisses ist dessen Annahme nicht erforderlich.

Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Die von einer Partei behaupteten Tatsachen bedürfen insoweit keines Beweises, als sie im Laufe des Rechtsstreits von dem Gegner bei einer mündlichen Verhandlung oder zum Protokoll eines beauftragten oder ersuchten Richters zugestanden sind.

(2) Zur Wirksamkeit des gerichtlichen Geständnisses ist dessen Annahme nicht erforderlich.

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ulm vom 05.03.2010 (11 O 60/09 KfH) wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, buchpreisgebundene Bücher und/oder buchpreisgebundene Produkte i. S. v. § 2 Buchpreisbindungsgesetz an Letztabnehmer zu verkaufen, wenn der diesbezügliche Kaufpreis vom Letztabnehmer zum Teil mit einem von der Klägerin gewährten Preisnachlass-Coupon geleistet wird, den und dessen Wert er von der Klägerin bei einem zeitlich früheren Kauf von Waren bei der Klägerin erhalten hat, bei denen es sich nachweislich nicht um buchpreisgebundene Bücher und/oder nachweislich nicht buchpreisgebundene Produkte i. S. v. § 2 Buchpreisbindungsgesetz handelt.

2. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 25.000 EUR

Gründe

 
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie gegenüber den Beklagten nicht zur Unterlassung eines bestimmten Rabattsystems verpflichtet sei.
I.
1.
Die Klägerin ist ein überregionales Drogerieunternehmen, das auch preisgebundene Bücher verkauft; die Beklagten, sind sogenannte Preisbindungstreuhänder nach § 9 Abs. 2 Ziff. 3 des Gesetzes über die Preisbindung für Bücher (Buchpreisbindungsgesetz). Die Klägerin nimmt diese im Wege der negativen Feststellungsklage darauf in Anspruch, sie sei wegen der Ausgabe eines Preisnachlass-Coupons beim Kauf nicht buchpreisgebundener Bücher/Produkte, die bei einem weiteren Kauf auf auch für buchpreisgebundene Bücher/Produkte eingelöst werden können, den Beklagten gegenüber nicht zur Unterlassung verpflichtet.
Für die Einzelheiten des Sachverhalts und für das Vorbringen in erster Instanz einschließlich der Antragstellung wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.
2.
Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die Klage sei zulässig, soweit die Sachurteilsvoraussetzungen in Frage stünden.
Sie sei auf die Feststellung des Nichtbestehens eines konkreten gegenwärtigen Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien gerichtet, da die Klägerin aus Anlass des vorausgegangenen einstweiligen Verfügungsverfahrens (LG Ulm 11 O 50/09 KfH) festgestellt haben wolle, dass die Beklagten gegen sie keinen Unterlassungsanspruch wegen der Verrechnung des Gutscheins beim Verkauf von Büchern hätten, nachdem sie ihr Kassensystem so umgestellt habe, dass eine Ausstellung dieser Gutscheine beim Verkauf von preisgebundenen Büchern nicht mehr erfolge.
Ob ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO bestehe, sei zwar zweifelhaft, könne aber offen bleiben, wenn die Klage in der Sache abweisungsreif sei, da das Feststellungsinteresse echte Prozessvoraussetzung nur für ein stattgebendes Urteil sei. Ein solcher Fall sei hier gegeben, da die Klage unbegründet sei, da nicht festgestellt werden könne, dass den Beklagten kein Unterlassungsanspruch gegen die Klägerin nach §§ 9, 3, 5 Buchpreisbindungsgesetz zustünde.
Die Beklagten seien zwar als Preisbindungstreuhänder für die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs aktivlegitimiert nach § 9 Abs. 2 Nr. 3 Buchpreisbindungsgesetz.
Die Klägerin halte allerdings die festgesetzten Preise auch dann nicht ein, wenn sie wie es nunmehr geschehe beim Verkauf eines preisgebundenen Buches von ihr ausgegebene Rabattgutscheine entgegennehme, die der Kunde zuvor nicht beim Kauf von Büchern, sondern ausschließlich beim Kauf nicht preisgebundener Waren bei ihr erhalten habe.
10 
Dieses Auslegungsergebnis entspreche dem in § 1 des Buchpreisbindungsgesetzes definierten Zweck dieses Gesetzes. Die Hingabe des Gutscheins beim Ersteinkauf, welcher keine preisgebundenen Bücher betreffe, und die Verrechnung des Gutscheins beim späteren Kauf preisgebundener Bücher dürften nicht isoliert betrachtet werden, denn bei einer isolierten Betrachtung des Erst- und Zweiteinkaufs, wie sie die Klägerin anstelle, könnte der Zweck des Gesetzes, dem Buchhändler den festgesetzten Preis zu sichern und so die Existenz einer großen Zahl von mittelständischen Verkaufsstellen für Bücher zu gewährleisten, vollständig unterlaufen werden. Die Handhabung des Gutscheinsystems stelle einen Wettbewerb über den Preis dar, der im Buchhandel gegen § 3 Buchpreisbindungsgesetz verstoße.
11 
Die teilweise Begleichung des gebundenen, festgesetzten Preises durch Hingabe des Gutscheins führe dazu, dass die Klägerin für die Überlassung des Buches im Ergebnis ein geringeres Entgelt als den nach §§ 3, 5 Buchpreisbindungsgesetz zu zahlenden Preis erhalte. Die Klägerin zahle diese Differenz selbst aus eigenen Mitteln. Der Kunde erhalte damit beim Kauf eines Buchs im wirtschaftlichen Ergebnis einen Rabatt auf den gebundenen Ladenpreis, den das Buchpreisbindungsgesetz gerade verhindern wolle.
12 
Der geldwerte Vorteil, der in der Vergabe des Gutscheines liege, könne sich erst im Zusammenhang mit einem Folgegeschäft als Preisnachlass auswirken. Der mit der Vergabe des Gutscheins in Aussicht gestellte Preisvorteil wirke sich somit erst vollständig im Rahmen des Zweiteinkaufs aus. Der Ersteinkauf ziele somit auf den Zweiteinkauf, hierdurch werde die Kundenbindung verfolgt. Erst wenn sich der Kunde entschließen sollte, den Zweiteinkauf abzuschließen, könne er den Gutschein zu seinen Gunsten wirtschaftlich verwerten und auf den Kaufpreis tatsächlich zur Anrechnung bringen.
13 
Das Preisbindungsgesetz bestimme zwar nicht, wer den gebundenen Ladenpreis zu zahlen habe. Wenn jedoch wie vorliegend eine Differenz zum gebundenen Buchpreis verbleibe und diese ausschließlich von der Klägerin als Verkäuferin des Buches übernommen werde, wenn die Kunden beim Zweiteinkauf den beim Ersteinkauf erhaltenen Gutschein für ein preisgebundenes Buch einsetzten, erhalte sie gerade nicht den vollen Ladenpreis. Hierin liege somit im Ergebnis auch keine entgeltliche Leistung, die sich der Kunde „verdient“ habe.
14 
Das Gutscheinsystem der Klägerin sei deshalb auch nicht mit einem Geschenkgutschein vergleichbar. Bei diesem erhalte der Buchhändler den gebundenen Ladenpreis bereits beim Kauf des Gutscheins in voller Höhe bzw. beim Einlösen des Gutscheins werde der gebundene Buchpreis vollständig berechnet. Mit dem Erwerb eines Gutscheins und dessen Verrechnung sei deshalb ein Nachlass gerade nicht verbunden. Damit beteilige sich beim Geschenkgutschein der Buchhändler gerade nicht an einem Verfahren, das im Ergebnis einer Minderung des Kaufpreises gleichkomme, den er selbst aus eigenen Mitteln aufbringe. Anders als im vorliegenden Fall sei also beim Geschenkgutschein der gebundene Preis an den Buchhändler geflossen.
3.
15 
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr Begehren unter pauschaler Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen weiterverfolgt.
16 
Auch ohne - hier fehlende - explizite Abmahnung der Beklagten sei ein Feststellungsinteresse gegeben, wenn eine tatsächliche Unsicherheit das von ihr beschriebene Rechtsverhältnis zu den Beklagten gefährde. Ein Feststellungsinteresse sei bereits gegeben, wenn der Unterwerfungsschuldner den Gläubiger vergeblich aufgefordert habe, sich darüber zu erklären, ob eine geplante oder bereits praktizierte Maßnahme gegen die Unterlassungspflicht verstoße. So liege es hier: Die Beklagten hätten nachhaltig die Auffassung vertreten, das von ihr praktizierte Verhalten sei wettbewerbswidrig und im Rahmen der vorprozessualen Korrespondenz mehrfach behauptet, dies verstoße gegen die Vorschriften des Buchpreisbindungsgesetzes.
17 
In der Sache sei die Rechtsauffassung des Landgerichts, die Ausgabe eines Gutscheins durch sie beim Ersteinkauf und dessen Verrechnung beim Zweiteinkauf dürften nicht isoliert betrachtet werden, unzutreffend.
18 
Dem Urteil stehe entgegen, dass die Ausgabe eines Gutscheins beim Ersteinkauf und dessen Verrechnung beim Zweiteinkauf durchaus zwei getrennt voneinander zu betrachtende Rechtsgeschäfte seien, und bei der Einlösung des vom Kunden bereits bezahlten Gutscheins kein Differenzbetrag entstehe, den sie selbst als Verkäuferin des Buches zahlen müsse oder durch den es zu einer unzulässigen Abweichung von den Preisbindungen des Buchpreisebindungsgesetzes komme.
19 
Unzutreffend nehme das Landgericht an (LGU S. 11), sie erhalte für die Überlassung des Buches im Ergebnis eine geringeres Entgelt als den nach §§ 3, 5 Buchpreisbindungsgesetz einzuhaltenden Preis. Insbesondere gebe es keinen Differenzbetrag zwischen dem nach §§ 3, 5 Buchpreisbindungsgesetz einzuhaltenden Preis und dem von ihr beim Zweiteinkauf tatsächlich eingenommenen Kaufpreis.
20 
Sie fordere bei dem streitgegenständlichen Rabattsystem den Buchpreis in der entsprechenden Höhe vom Letztabnehmer ein; dieser bezahle den Preis auch tatsächlich. Sie räume dem Kunden lediglich die Möglichkeit ein, den festgesetzten Preises nicht nur durch (Bar-)Zahlung, sondern zum Teil auch Einlösung eines Gutscheins zu entrichten. Daraus lasse sich kein Verstoß gegen §§ 3, 5 Buchpreisbindungsgesetz ableiten. Denn rechtsfehlerhaft gehe das Landgericht davon aus, die Zahlung des festgesetzten Preises mittels Gutschein verstoße deshalb gegen §§ 3, 5 Buchpreisbindungsgesetz, weil der Gutschein von ihr selbst ausgegeben werde. Es könne jedoch keinen Unterschied machen, wer den Gutschein ausgebe. Auch die üblichen, im Handel erwerbbaren Gutscheine würden typischerweise von den Verkäufern der Bücher ausgegeben.
21 
Es liege auch kein Umgehungstatbestand vor, welcher die Anwendung der §§ 3, 5 Buchpreisbindungsgesetz rechtfertigen würde.
22 
Ein solcher werde beispielsweise in den Fällen angenommen, in denen Letztabnehmer einen Gutschein von einem Verkäufer erhielten, ohne dass diesem Gutschein eine wirtschaftliche Gegenleistung des Letztabnehmers gegenüberstehe, etwa wie im Fall „ Startguthaben“ des OLG Frankfurt (NJW 2004, 3122 = GRUR 2004, 885), wo Verkäufergutscheine im Wert von 5,00 EUR an Letztabnehmer mit der Möglichkeit verschenkt worden seien, diese innerhalb einer bestimmten Frist u. a. beim Kauf von Büchern einzulösen.
23 
Ein solcher Fall sei hier nicht gegeben. Sie verschenke keine Gutscheine oder darin manifestierte Geldbeträge an ihre Kunden. Vielmehr erhielten ihre Kunden im Rahmen eines Ersteinkaufes einen Rabatt von 3 % des Einkaufspreises auf nicht preisgebundene Artikel. Die „Überzahlung“ in Höhe von 3 % des Kaufpreises werde nunmehr aber nicht sofort bar an den Kunden „ausgeschüttet“, vielmehr erhalte der Kunde einen Gutschein in Höhe dieses Rabatts. Dieser stelle quasi ein Inhaberpapier dar. Der Kunde bezahle damit quasi seinen eigenen Gutschein, indem er die für den Ersteinkauf fällige Kaufpreisforderung trotz des Rabatts voll umfänglich erfülle. Die Klägerin hinterlege den im Gutschein benannten Barbetrag zugunsten des Kunden, damit dieser den ihm zustehenden Betrag im Rahmen eines zweiten Einkaufes einlösen bzw. mit der Kaufpreisforderung aus dem Zweiteinkauf verrechnen könne.
24 
Demzufolge bezahle entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht sie den Gutschein, sondern der Kunde. Dieser erhalte beim Ersteinkauf den überbezahlten Preis sofort in Form des Gutscheins (Inhaberpapiers) ausbezahlt und könne diesen im Rahmen eines Zweiteinkaufs einlösen.
25 
Es treffe daher nicht zu, wenn das Landgericht behaupte, die Differenz zwischen dem festgesetzten Buchpreis und einem vom letzten Abnehmer tatsächlich bezahlten Buchpreis würde von ihr getragen. Sie trage vielmehr allenfalls die Differenz zwischen dem Verkaufspreis eines nicht preisgebundenen Artikels und den hierfür vom Kunden bezahlten Preis im Rahmen des Ersteinkaufs. Genau hier werde der Rabatt von ihr gewährt und entstehe der Differenzbetrag.
26 
Deshalb liege auch im Hinblick auf die „ Bonusmeilen “-Entscheidung des OLG Frankfurt (NJW 2004, 2434 = GRUR 2005, 72) kein Umgehungstatbestand vor, denn die dortige Beklagte habe bereits beim Ersteinkauf preisgebundener Produkte sogenannte Bonusmeilen vergeben, welche beim zweiten Kaufpreis gebundener Produkte wieder hätten eingelöst werden können.
27 
Entgegen der Auffassung des Landgerichts (LGU S. 12) erhalte der Kunde daher auch beim Ersteinkauf keine bloße Anwartschaft über einen Preisnachlass, vielmehr habe er diesen bereits erhalten, bevor er den Zweiteinkauf tätige. Deshalb könne die Höhe des Preisnachlasses im Gutschein auch betragsmäßig bestimmt sein.
28 
Unzutreffend sei die Behauptung des Landgerichts, durch die von ihr praktizierte Verkaufsweise käme es zu einem Unterlaufen des Zwecks des Buchpreisbindungsgesetzes. Das Landgericht wende damit das Gesetz auf einen Sachverhalt an, der vom Wortlaut nicht gedeckt sei.
29 
Die Beklagten verteidigen demgegenüber das landgerichtliche Urteil.
30 
Die Klage sei bereits unzulässig. Die zwischen den Parteien geführte Korrespondenz belege, dass unterschiedliche Rechtsauffassungen zur Auslegung des § 3 Buchpreisbindungsgesetze bestünden. Das Interesse an der Klärung unterschiedlicher Rechtsauffassungen begründe aber kein Feststellungsinteresse, solange Unterlassungsansprüche nicht auch tatsächlich geltend gemacht würden. Die hier in Frage stehende Konstellation sei von ihrer Abmahnung vom 29.09.2009 (Anl. MBP 3, Bl. 34) nicht erfasst gewesen und auch nicht von der dann beantragten und erlassenen einstweiligen Verfügung des LG Ulm (11 O 50/09 KfH), was in der mündlichen Verhandlung über den Widerspruch der Beklagten vom 22.09.2009 auch klargestellt worden sei (S. 2 des Protokolls, Bl. 115 der beigezogenen Akten 11 O 50/09 KfH = B 3, Bl. 64).
31 
Die zwischen den Bevollmächtigten der Parteien geführte Korrespondenz über die Zulässigkeit des nun in Frage stehenden Rabattmodells hätte sich auf den Austausch der unterschiedlichen Rechtsstandpunkte beschränkt. Sie hätten nie abgemahnt und mit weiteren Maßnahmen, insbesondere gerichtlichen Schritten für den Fall gedroht, dass ein beim Ersteinkauf gegebener Rabatt auf nicht preisgebundene Produkte beim Zweiteinkauf auf preisgebundene Produkte angerechnet werde. Ein Feststellungsinteresse bestehe aber nicht, wenn noch gar kein Anspruch geltend gemacht worden und lediglich die Befürchtung eines künftig entstehenden Rechtsverhältnisses in Form eines Unterlassungsanspruchs gegeben sei. Sie hätten sich auch in der Korrespondenz nicht - wie die Klägerin meine - die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen für die jetzt im Streit befindliche Konstellation vorbehalten, sähen aber auch keine Veranlassung, der Klägerin ausdrücklich zu bestätigen, dass deren Rechtsauffassung richtig sei.
32 
Ihnen sei auch nicht bekannt, ob die Klägerin das streitgegenständliche Modell derzeit anwende. Sie behielten sich vor, jedes Rabattsystem der Klägerin zu prüfen, sofern preisgebundene Bücher einbezogen seien. Die konkrete Ausgestaltung sei ihnen ebenso wenig bekannt wie die für die Rabattgewährung im einzelnen geltenden Bedingungen, z. B. die nur in der Begründung und nicht im Klagantrag bezeichnete Höhe des Rabatts.
33 
In der Sache sei die Argumentation der Klägerin, der Kunde bezahle beim Zweitkauf den vollen Kaufpreis, obwohl sich dieser um den Wert des beim Erstkauf erhaltenen Gutscheins verringere, weil der Kunde den Gutschein selbst bezahle, indem er die beim Erstkauf entstehende Kaufpreisforderung voll umfänglich erfülle, er also durch Überzahlung ein Guthaben erwerbe, das er für den Zweiteinkauf einsetze, nicht nachvollziehbar. Zurecht sei das Landgericht dem nicht gefolgt. Tatsächlich sei das Modell der Klägerin nicht vergleichbar mit dem klassischen Geschenkgutschein für Bücher, bei dem der Kunde den Wert des Gutscheins in voller Höhe bezahle, der dann von demjenigen, dem er den Gutschein schenke, beim späteren Kauf eingelöst werde, so dass der Buchhändler den vollen Preis durch zwei Barzahlungen erhalte.
34 
Genauso sei es in Fällen, in denen Gutschein-Aktionen von Händlern mit einem Partner durchgeführt würden. Auch dort erhalte der Händler in der Summe exakt den gebundenen Ladenpreis.
35 
Hier sei es ganz anders: Beim Ersteinkauf komme ein Kaufvertrag zum Preis des hierbei erworbenen Produkts zustande, den der Kunde zahle. Die Rabattgutschrift wirke sich nicht kaufpreismindernd aus. Ein „Guthaben“ des Kunden aus dem Erstkauf entstehe nicht. Er habe weder einen Anspruch auf Auszahlung noch auf Anrechnung bei diesem Kauf, sondern erst bei einem Zweitkauf. Betrete er das Geschäft der Klägerin nicht mehr, habe er schlichtweg nichts von seinem Gutschein.
36 
Mit dem beim Ersteinkauf abgegebenen Gutschein werde also nicht der beim Erstkauf erworbene Artikel subventioniert, sondern erst der beim Zweitkauf erworbene. Sei dessen Gegenstand ein preisgebundenes Buch, erhalte der Käufer dieses also im wirtschaftlichen Ergebnis mit einem Preisnachlass, den das Buchpreisbindungsgesetz gerade verbiete. Der Kunde habe zu dieser Verbilligung aus eigenen Mitteln nichts beigetragen. Diese werde vielmehr allein von der Klägerin finanziert.
37 
Der Kunde leiste tatsächlich nicht - wie die Klägerin meine - beim Erstkauf eine „Überzahlung“, vielmehr zahle er schlichtweg den gewöhnlichen Kaufpreis der erworbenen Sache und erhalte hierfür eine Rabattmarke. Diese sei Teil eines gewöhnlichen Kundenbindungssystems und kein Nachlass auf den Kaufpreis des Erstkaufs.
38 
Das OLG Frankfurt habe in den von der Klägerin zitierten Entscheidungen (NJW 2004, 3122 und NJW 2004, 3434) denn auch im wesentlichen darauf abgestellt, ob der Nennbetrag des Gutscheins vom ausgebenden Händler oder von einem Dritten finanziert werde. In diesen Fällen wie im vorliegenden auch beruhe die Verbindung des Buchkaufs auf der Einlösung eines von der Klägerin zuvor ausgegebenen Gutscheins und gerade nicht auf einer Leistung des Kunden.
4.
39 
Für die weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 21.10.2010 (Bl. 178) verwiesen.
40 
Die Akten 11 O 50/09 KfH des Landgerichts Ulm betreffend das zwischen den Parteien geführte einstweilige Verfügungsverfahren sind auch vom Senat beigezogen worden.
II.
41 
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat auch in der Sache Erfolg, da die von der Klägerin erhobene negative Feststellungsklage zulässig und begründet ist.
42 
Das der Klägerin bei der Formulierung des Antrags (bereits in erster Instanz) unterlaufene und von keiner Seite bemerkte offensichtliche Schreibversehen (der Antrag ist so wie gestellt grammatikalisch nicht korrekt bzw. ersichtlich unvollständig) hat der Senat durch die gewählte Formulierung des Feststellungsausspruchs ohne inhaltliche Veränderung und damit innerhalb der durch §§ 308 Abs. 1 Satz 1, 528 Satz 1 ZPO gezogenen Grenzen bereinigt.
1.
43 
Die negative Feststellungsklage ist mit dem gestellten Antrag zulässig.
44 
a) Der Klagantrag ist im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt, denn die Klägerin hat zum Gegenstand ihres Antrags eine hinreichend konkrete Umschreibung des nach ihrer Behauptung bereits praktizierten Rabattsystems gemacht und nicht nur eine abstrakte, die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 3 Satz 1; 5 Abs. 1 Buchpreisbindungsgesetz wiedergebende Formulierung gewählt.
45 
b) Auch die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO liegen vor. Der Antrag hat ein Rechtsverhältnis i. S. v. § 256 Abs. 1 ZPO zum Gegenstand, und das erforderliche Feststellungsinteresse ist ebenfalls gegeben.
46 
aa) Das Rechtsverhältnis i. S. v. § 256 Abs. 1 ZPO muss grundsätzlich ein gegenwärtiges sein, während eine Klage auf Feststellung von Rechtsfolgen aus einem erst künftig möglicherweise entstehenden Rechtsverhältnis unzulässig ist (Zöller-Greger, ZPO, 28. Aufl., § 256 Rdnr. 3a mit entsprechenden Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs).
47 
Handelt es sich wie vorliegend um eine negative Feststellungsklage, die darauf gerichtet ist, festzustellen, ob dem Beklagten gegebenenfalls gesetzliche Unterlassungsansprüche zustehen, ist zumindest erforderlich, dass der Beklagte gegen den Feststellungskläger bereits einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch erhoben hat, wobei es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber nicht genügt, dass der Beklagte angekündigt hat, gegen das beabsichtigte Verhalten „gegebenenfalls rechtliche Schritte“ einzuleiten, es vielmehr der Androhung bedarf, einen Unterlassungsanspruch geltend zu machen (BGH GRUR 2001, 1036, 1037 - Kauf auf Probe ).
48 
bb) Auch diese strengen Anforderungen sind vorliegend erfüllt:
49 
(1) Dabei kann allerdings nicht darauf abgestellt werden, dass durch die auf die Abmahnung der Beklagten vom 29.06.2009 (Anl. MBP 3, Bl. 34) hin abgegebene Unterlassungserklärung (Anl. MBP 7, Bl. 40) ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien begründet worden ist.
50 
Zwar betrifft die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten von einem bestehenden Unterlassungsvertrag erfasst wird, ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO (BGH, GRUR 2001, 1036, 1037 -Kauf auf Probe ; BGH GRUR 2008, 360 Tz. 21 - EURO und Schwarzgeld ), und liegt deshalb dann, wenn der Unterlassungsschuldner Auskunft vom Unterlassungsgläubiger begehrt, ob ein bestimmtes Verhalten gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoße und sich der Gläubiger daraufhin nicht erklärt, auch ein Feststellungsinteresse vor (OLG Düsseldorf GRUR 1988, 789 - Unterlassungsvertrag ).
51 
Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben, weil hier keine Unklarheit über die Reichweite der Unterwerfungserklärung besteht, und zwar schon deshalb nicht, weil die Klägerin bewusst nur eine Erklärung abgegeben hat, welche sich auf die konkrete Verletzungsform bezog und auf einen Rabatt auf preisgebundene Bücher , der beim nächsten Einkauf eingelöst werden kann.
52 
(2) Gegenwärtiges Rechtsverhältnis und Feststellungsinteresse folgen aber aus der Abmahnung selbst.
53 
(a) Durch die Abmahnung wird ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis insoweit begründet, als der Abgemahnte feststellen lassen kann, dass die Abmahnung zu Unrecht erfolgt ist und die darin erhobenen Ansprüche nicht bestehen (BGH GRUR 1995, 697, 699 - FUNNY PAPER - m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs; Harte/Henning-Brüning, UWG, 2. Aufl., Vorb zu § 12 Rdnr. 122), wobei ein hieraus resultierendes Rechtsverhältnis, jedenfalls aber das Feststellungsinteresse nur soweit reichen kann, wie vom Abmahner bzw. Verfügungskläger überhaupt ein Unterlassungsanspruch behauptet bzw. geltend gemacht wird.
54 
(b) Die Abmahnung erfasste auch die hier in Frage stehende Gestaltung des Rabattsystems, zumindest musste die Klägerin dies befürchten, so dass insoweit also Ungewissheit entstand:
55 
(aa) Ein Unterlassungsanspruch, der die hier in Frage stehende Konstellation zum Gegenstand hat, ist zwar von den Beklagten nicht explizit geltend gemacht worden; aus der vor Einleitung des jetzigen Hauptsacheverfahrens geführten Korrespondenz ergibt sich solches nicht. Sie haben lediglich erklärt, sie könnten die Auffassung der Klägerin nicht teilen, wonach bei einem Rabattsystem wie nun streitgegenständlich kein Rabatt auf den Buchpreis (beim Zweiteinkauf) gewährt werde (Schreiben vom 06.08.2009, Anl. B 5, Bl. 69) und dass sie sich den Überlegungen der Klägerin, darin liege kein Verstoß gegen das Buchpreisbindungssystem, nicht anschließen könnten (Anl. B 7, Schreiben vom 17.08.2009, Bl. 74, in Reaktion auf das Schreiben der Klägervertreter vom 17.08.2009, B 6, Bl. 72). Die konkrete Verletzungshandlung, welche der Abmahnung zugrundelag, betraf ja auch gerade nicht das nun streitgegenständliche Rabattmodell, sondern die Gewährung eines Preisnachlass-Coupons beim Ersteinkauf prozentual bemessen nach dem Kaufpreis auch für preisgebundene Bücher. Die wenige Wochen später erfolgte Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs im Wege der einstweiligen Verfügung beschränkte sich dann auch nach der Antragstellung auf diese Konstellation, denn der Antrag konnte ausweislich des zum Beschlusstenor gewordenen Antrags ( „… zu verbieten, beim Verkauf preisgebundener Bücher an Letztabnehmer einen Rabatt von 3 % des Einkaufswerts zu gewähren, der beim nächsten Einkauf verrechnet wird “ - Hervorhebung durch den Senat) bei vernünftiger Betrachtung ein Verbot der Einlösung eines Preisnachlass-Coupons beim Kauf preisgebundener Bücher nicht erfassen.
56 
(bb) Die der Abmahnung beigefügte vorformulierte Unterlassungserklärung (Bl. 36) war jedoch nicht auf die konkrete Verletzungshandlung bzw. das damals praktizierte Rabattsystem beschränkt, sondern dahingehend formuliert, die Klägerin solle sich generell verpflichten, „ es ab sofort zu unterlassen, preisgebundene Bücher zu anderen als den von den Verlagen festgesetzten Preisen anzubieten und/oder zu veräußern “. Bei dieser weiten Formulierung (die als Unterlassungsantrag, weil lediglich gesetzeswiederholend, nicht hinreichend bestimmt gewesen wäre - vgl. nur Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 12 Rdnrn. 2.40 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - und die auch inhaltlich zu weit ginge, da das Charakteristische der konkreten Verletzungsform nicht widerspiegelnd bzw. nicht auf diese beschränkt und damit nicht nur kerngleiche Verletzungsformen umfassend) bestand für die jetzige Klägerin Anlass zu klären, ob der von den jetzigen Beklagten ausweislich des der Abmahnung beigefügten Entwurfs der Unterwerfungserklärung behauptete umfassende Unterlassungsanspruch auch das jetzt im Streit befindliche Rabattmodell erfassen soll.
57 
(c) Die Beklagten haben eine solche Klärung aber verweigert:
58 
Sie haben auf die von der Klägerin mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 27.07.2009 (Anl. MBP 8, Bl. 42) gestellte Frage, ob die einstweilige Verfügung auch diesen Fall erfasse bzw. erfassen solle, ausweichend geantwortet und dabei überdies in Antwort auf das Schreiben der klägerischen Bevollmächtigten vom 30.07.2009 (B 4, Bl. 66) erklärt, sie könnten die Auffassung der Klägerin nicht teilen, wonach bei einem Rabattsystem wie nun streitgegenständlich ein Rabatt auf den Buchpreis (beim Zweiteinkauf) gewährt werde (Schreiben vom 06.08.2009, Anl. B 5, Bl. 69). Auf das neuerliche Schreiben der Klägervertreter vom 17.08.2009 (B 6, Bl. 72) erklärten sie wiederum, sie könnten sich den Überlegungen der Klägerin, in einem Modell wie nun streitgegenständlich liege kein Verstoß gegen das Buchpreisbindungssystem, nicht anschließen (Anl. B 7, Schreiben vom 17.08.2009, Bl. 74).
59 
(3) Haben die Beklagten damit keine Erklärung dahin abgegeben, dass der ausweislich des der Abmahnung beigefügten Entwurfs der Unterlassungserklärung geltend gemachte umfassende Unterlassungsanspruch das jetzt streitgegenständliche Rabattmodell nicht erfassen soll, ist angesichts der in den genannten Schreiben und auch jetzt noch - und zwar nachhaltig (so zu recht LGU S. 11 unten) - vertretenen Auffassung der Beklagten, das nun in Frage stehende, nach Vortrag der Klägerin nicht nur beabsichtigte, sondern bereits praktizierte Rabattmodell verstoße ebenfalls gegen die Buchpreisbindung, ein konkretes Rechtsverhältnis und ein Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung gegeben.
60 
Dies folgt letztlich aus dem allgemeinen Grundsatz, dass ein einmal entstandenes Feststellungsinteresse nicht ohne weiteres entfällt, wenn der Abmahner seine Berühmung wieder aufgibt, denn er kann sich jederzeit eines anderen besinnen, weshalb i.d.R. ein Verzicht auf den Unterlassungsanspruch erforderlich ist (Harte/Henning-Brüning, a.a.O., § 12 Rdnr. 123 m.w.N. in Fn. 393).
61 
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass im einstweiligen Verfügungsverfahren durch den Schriftsatz der jetzigen Beklagten vom 17.09.2009 (dort S. 4, Bl. 110) und spätestens durch die Protokollerklärung im Termin vom 22.09.2009 (Protokoll S. 2, Bl. 115 der Beiakten = Anl. B 3, Bl. 64) klargestellt worden ist, dass die jetzt in Streit stehende Konstellation nicht Gegenstand des dort titulierten Unterlassungsanspruchs sein sollte, denn diese Klarstellung betrifft nur den im Verfügungsverfahren geltend gemachten Anspruch bzw. Antrag; hingegen hat die Klägerin nicht erklärt, sie werde den mit der vorgefertigten Unterlassungserklärung, welcher der Abmahnung beigefügt war, geltend gemachten weiten Unterlassungsanspruch nicht mehr verfolgen.
2.
62 
Die negative Feststellungsklage ist begründet.
63 
Die Beklagten sind zwar Preisbindungstreuhänder im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 3 Buchpreisbindungsgesetz und wären daher aktiv legitimiert, einen Unterlassungsanspruch nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Buchpreisbindungsgesetz geltend zu machen, das im Klagantrag hinreichend konkret umschriebene Rabattsystem (Preisnachlass-Coupon-System) stellt aber keinen Verstoß gegen die § 3 Satz 1 i. V. m. 5 Abs. 1 Buchpreisbindungsgesetz dar.
64 
Im Einzelnen:
65 
a) Der Feststellungsantrag geht nicht deshalb zu weit, weil er nicht auf Bücher derjenigen Verlage begrenzt ist, welche die Beklagten ausweislich der in Anl. MBP 1 (Bl. 16 a ff.) vorgelegten Erklärungen beauftragt haben, ihre Preisbindung zu betreuen, denn umgekehrt ist die Aktivlegitimation der Beklagten als Preisbindungstreuhänder nach § 9 Abs. 2 Nr. 3 Buchpreisbindungsgesetz nicht auf diese Verlage bzw. deren Bücher beschränkt. Dem Wortlaut von § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchpreisbindungsgesetz lässt sich eine solche Einschränkung nicht entnehmen; die obergerichtliche Rechtsprechung nimmt sie auch nicht an (OLG Frankfurt, GRUR 2005, 965 - Mängelexemplar - und OLG München GRUR 2005, 71 - Schüler-Lernhilfe; dies ergibt sich jeweils aus dem in Juris abgedruckten Volltext dieser Entscheidungen).
66 
b) Das Rabattmodell bzw. Preisnachlass-Coupon-System wie von der Klägerin dargestellt und im Klagantrag im Kern umschrieben verstößt nicht gegen § 3 Abs. 1 Satz 1 Buchpreisbindungsgesetz, denn auch wenn beim Zweitkauf ein Teil des Kaufpreises eines buchpreisgebundenen Buches oder sonstigen buchpreisgebundenen Produkten mit einem beim Erstkauf ausschließlich für nicht buchpreisgebundene Bücher/Produkte betrifft ausgegebenen Preisnachlass-Coupon bezahlt wird, erhält die Klägerin beim Verkauf des preisgebundenen Buches (Produkts) - also beim Zweitkauf - den festgesetzten Preis im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Buchpreisbindungsgesetz.
67 
Dies beruht darauf, dass die Begleichung eines Teils des Kaufpreises beim Zweitkauf durch den beim Erstkauf ausgegebenen Preisnachlass-Coupon keinen Preisnachlass (Rabatt) auf den Zweitkauf darstellt, sondern einen solchen auf den Erstkauf, bei dem der Coupon ausgegeben wird. Es liegt damit keine Gewährung eines Nachlasses auf den Kauf des preisgebundenen Buches (Produktes) beim Zweitkauf vor.
68 
aa) Die in Form eines Einkaufsgutscheins gewährte Vergünstigung stellt sich nach Auffassung des Bundesgerichtshofs der Sache nach als ein Preisnachlass beim Wareneinkauf dar (BGH GRUR 2003, 1057 - Einkaufsgutschein I ). Daraus wird gefolgert, dass die Gewährung eines Gutscheins über einen bestimmten Geldbetrag, der beim Kauf auf den Kaufpreis angerechnet wird, einen vorweggenommenen Preisnachlass auf den noch vorzunehmenden Einkauf darstellt (Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 Rdnr. 1.92).
69 
Diese Betrachtungsweise, auf der auch die Entscheidung OLG Frankfurt GRUR 2004, 885 - Startgutscheine für Bücher - beruht, erscheint aber nur dann zutreffend, wenn der Gutschein nicht anlässlich eines Erstkaufes (und dort wie vorliegend in Form eines Prozentsatzes des Kaufpreises der bei diesem Erstkauf erworbenen Ware) gewährt wird, sondern ohne einen solchen bzw. ohne Bezugnahme auf einen solchen. Derartige Konstellationen lagen auch den genannten Entscheidungen des OLG Frankfurt und des Bundesgerichtshofs zugrunde.
70 
Anders ist hingegen die vorliegende Konstellation zu beurteilen, in welcher der Wertgutschein wegen eines Erstkaufes und in Bezug auf diesen, sei es wie vorliegend in Form eines prozentualen Betrages des beim Erstkauf gezahlten Kaufpreis oder eines absoluten Betrages, ausgehändigt wird.
71 
Dementsprechend hat das OLG Köln (zutreffend) angenommen (GRUR 2006, 88), dass die Gewährung eines Gutscheins beim Erstkauf eines verschreibungspflichtigen Medikaments einen Verstoß gegen die Preisbindungsbestimmungen für preisgebundene Arzneimittel darstellt, weil die Gutscheingewährung bereits einen Nachlass auf den bei der Gutscheingewährung gezahlten Kaufpreis (für das verschreibungspflichtige, preisgebundene Medikament) darstellt, denn auch wenn der Betrag (dort 3,00 EUR) nicht unmittelbar von dem für dieses zu entrichtenden Preis (also vom Preis der beim Erstkauf erworbenen Ware) abgezogen werde, stelle er in der Vorstellung des Verbrauchers dennoch eine beim Erstkauf erzielte Ersparnis und einen auf diesen unmittelbar anzurechnenden Geldvorteil dar. Diese Betrachtungsweise, welche auch der Senat bereits in seinem Urteil vom 10.12.2009 (2 U 66/09) vertreten hat (Rdnr. 52 in „Juris“; ebenfalls die Preisbindung für Arzneimittel betreffend), wird auch vom I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung „UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE“ (Urteil vom 09.09.2010, I ZR 193/07) geteilt (a.a.O., Tz. 17 ff.). Anderes könnte ausnahmsweise nur gelten, wenn der Gutscheineinlösung wesentliche Hindernisse entgegenstünden (BGH, a.a.O., Tz. 18), welche vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich sind.
72 
Zurecht hat das OLG Köln (ebenda) dabei darauf hingewiesen, dass bereits unter Geltung des Rabattgesetzes der Gesetzgeber die identische wirtschaftliche Bedeutung eines sofortigen Barrabatts und des einen Preisnachlass gewährenden Gutscheins erkannt und beide in § 4 Satz 1 RabattG gleichgestellt hat. Als Rabatt wurde nicht nur der Preisnachlass, sondern auch die Gewährung eines Gutscheins angesehen, der innerhalb einer bestimmten Zeit zum Warenbezug oder einer Rückvergütung berechtigte (Rabattmarken, siehe Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Rdnr. 1 vor § 1 RabattG). Die Anrechnung eines Rabatts bei späteren Käufen wurde als Form eines beim Erstkauf gewährten Barrabatts (Barzahlungsnachlasses) verstanden (Baumbach/Hefermehl, a.a.O., RabattG § 4 Rdnr. 1), war allerdings nach § 4 Abs. 1 Satz 1 RabattG verboten, da nur bar einzulösende Gutscheine zugelassen waren. Es handelte sich auch nicht um eine Zugabe im Sinne der Zugabeverordnung (Baumbach/Hefermehl, a.a.O. § 1 ZugabeVO Rdnrn. 74 ff., insbesondere Rdnr. 77).
73 
Es trifft daher nicht zu, wenn das Landgericht meint (LGU S. 12), der Kunde erhalte mit dem Preisnachlass-Coupon beim Erstkauf nur eine „Anwartschaft“ oder eine „Chance“. Eine solche Betrachtungsweise widerspräche auch der vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung „UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE“ im Gegensatz zur Vorinstanz vorgenommenen Wertung (BGH; a.a.O., Tz. 9 und 17 ff.).
74 
bb) Stellt aber bereits die Hingabe der Rabattmarke (des Preisnachlass-Coupons) eine Rabattgewährung beim Erstkauf dar, kann sie nicht gleichzeitig eine Rabattgewährung beim Zweitkauf darstellen, denn dem Käufer fließt der in dem ein Inhaberpapier (einen Inhaberverpflichtungsschein) darstellenden Preisnachlass-Coupon (Gutschein, vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O., RabattG § 4 Rdnr. 1) verkörperte wirtschaftliche Wert nur einmal zu: Zurecht hat die Klägerin bereits in erster Instanz darauf hingewiesen, es werde ja kein doppelter Rabatt gewährt, vielmehr fließe dem Kunden der in einem Prozentsatz des Kaufpreisbetrags beim Erstkauf beruhende wirtschaftliche Vorteil, nur einmal zu.
75 
Dem Landgericht kann deshalb nicht darin beigetreten werden, dass (so ist wohl LGU S. 12 zu verstehen) der Kunde zweimal einen wirtschaftlichen Vorteil erhalte, nämlich beim Erstkauf eine Anwartschaft auf einen Preisnachlass in Höhe des erlangten Rabatts und beim Zweiteinkauf die Verwirklichung dieses in Aussicht gestellten Vorteils.
76 
Ohnehin spricht der Umstand, dass bei dem streitgegenständlichen Modell der Preisnachlass-Coupon in Höhe eines absoluten Euro- bzw. Cent-Betrages, der aber durch einen bestimmten Prozentsatzes der Einkaufssumme des Erstkaufes (konkret 3 %) bemessen wird, dafür, diesen als Rabatt dem Erstkauf und nicht dem Zweitkauf zuzuordnen, bei dem der Gutschein (Coupon) dann in Höhe des aus ihm ersichtlichen absoluten Wertes zur (teilweisen) Begleichung des Kaufpreises eingesetzt werden kann.
77 
cc) Aufgrund dessen kann die Bezahlung eines buchpreisgebundenen Buches (Produktes) beim Zweitkauf durch Barzahlung und Hingabe der beim Erstkauf erhaltenen Preisnachlas-Coupons nicht gegen § 3 Buchpreisbindungsgesetz verstoßen:
78 
§ 3 Buchpreisbindungsgesetz will sicherstellen, dass beim Verkauf an den Endabnehmer dem Buchhändler der Endpreis nach § 5 Buchpreisbindungsgesetz als Barzahlungspreis zufließt (BGH GRUR 2003, 807, 808 f. - Buchpreisbindung ). § 3 Satz 1 Buchpreisbindungsgesetz stellt damit ein Rabattverbot dar (BGH, a.a.O., 808), das nur in den Fällen der § 7 Buchpreisbindungsgesetz durchbrochen ist (BGH a.a.O., 808; Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 Rdnr. 1.100; Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht-Heermann, § 4 Nr. 1 UWG Rdnr. 299; Möller, GRUR 2006, 292, 297).
79 
Stellt aber der in Frage stehende Preisnachlass-Coupon einen beim Erstkauf und nicht beim Zweitkauf gewährten Rabatt dar, auch wenn bei diesem ein preisgebundenes Buch erworben wird, scheidet ein Verstoß gegen das Rabattverbot § 3 Satz 1 Buchpreisbindungsgesetz aus, auch wenn beim Zweitkauf ein preisgebundenes Buch unter Einsatz des Coupons erworben wird.
80 
Die Klägerin erhält dann auch bei der Einlösung eines oder mehrerer derartiger Coupons beim Zweitkauf den vollen Barzahlungspreis, nämlich zum einen durch Bezahlung und zum anderen durch die Hingabe des Coupons, der ja als Inhaberverpflichtungsschein einen bestimmten Wert - nämlich seinem Nennwert entsprechend - aufweist.
81 
Die Überlegungen des Landgerichts auf LGU S. 12 laufen hingegen darauf hinaus, dass sowohl die Hingabe eines derartigen Coupons beim Erstkauf als auch dessen Einlösung beim Zweitkauf - unterstellt, beides beträfe buchpreisgebundene Produkte - gegen § 3 Satz 1 in Verbindung mit § 5 Buchpreisbindungsgesetz verstoßen sollen: Dies kann aber schon deshalb nicht richtig sein, weil jedenfalls nur einmal ein Rabatt gewährt wird, also beim anderen Einkauf der Klägerin als Buchhändlerin der volle Barzahlungspreis zufließt: Kauft der Kunde beispielsweise zunächst ein buchpreisgebundenes Buch von 10,00 EUR und erhält hierfür einen Preisnachlass-Coupon von 0,30 EUR (3 %) ausgehändigt - ein Modell, das Anlass der Abmahnung der Beklagten war und von der Klägerin nicht mehr praktiziert wird - und löst er diesen beim Zweitkauf wiederum für ein buchpreisgebundenes Buch von 10,00 EUR ein, so bringt er schließlich insgesamt 19,70 EUR für zwei Bücher zu einem addierten gebundenen Preis von 20,00 EUR auf und nicht nur 19,40 EUR.
82 
Das gegenteilige Ergebnis des Landgerichts lässt sich auch nicht mit dem in § 1 des Buchpreisbindungsgesetzes niedergelegten Gesetzesweck rechtfertigen: Dieser Zweck wird durch die Preisbindung der §§ 3, 5 und das dadurch bedingte Rabattverbot verwirklicht. Wird aber - aus den oben aufgeführten Gründen - beim Kauf des buchpreisgebundenen Produkts (also beim Zweitkauf) gar kein Rabatt gewährt und scheidet deshalb ein Verstoß gegen das Rabattverbot aus, so kann nicht unter Berufung auf den Gesetzeszweck dennoch ein Verstoß angenommen werden.
83 
dd) Das hier vertretene Ergebnis widerspricht auch nicht den von beiden Parteien für ihre jeweilige Position angeführten Entscheidungen des OLG Frankfurt „Startgutscheine für Bücher“ (GRUR 2004, 885) und „„Meilen“ für Bücher“ (GRUR 2005, 72).
84 
Im Fall „Startgutscheine für Bücher“ wurden die „Startgutscheine“ in Höhe von 5,00 EUR gerade nicht bei einem Erstkauf ausgehändigt, sondern „einfach so“, konnten deshalb im Sinne der Entscheidung BGH GRUR 2003, 1057 - Einkaufsgutschein I - nur einen Preisnachlass in Form der Überlassung eines Wertgutscheins auf den nachfolgend zu tätigenden einen Kauf (des preisgebundenen Buches) darstellen. Im Fall „ „Meilen“ für Bücher“ war es so, dass die „Meilen“ nicht nur beim Kauf preisgebundener Bücher angerechnet werden konnten, sondern vielmehr auch bereits beim Kauf preisgebundener Bücher (beim Erstkauf) vergeben worden sind; es lag also die hier nicht mehr interessierende, von der Klägerin früher praktizierte Konstellation vor, nämlich die Gewährung von Rabatt beim Erstkauf auch auf buchpreisgebundene Produkte
III.
85 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO und der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
86 
Ein Grund i. S. v. § 543 Abs. 2 ZPO, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Insbesondere weicht der Senat aus den oben genannten Gründen auch nicht von den Entscheidungen des Oberlandesgerichts Frankfurt ab.

(1) Das Deutsche Patent- und Markenamt führt ein Register, das die Bezeichnung der Patentanmeldungen, in deren Akten jedermann Einsicht gewährt wird, und der erteilten Patente und ergänzender Schutzzertifikate (§ 16a) sowie Namen und Wohnort der Anmelder oder Patentinhaber und ihrer etwa nach § 25 bestellten Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten angibt, wobei die Eintragung eines Vertreters oder Zustellungsbevollmächtigten genügt. Auch sind darin Anfang, Ablauf, Erlöschen, Anordnung der Beschränkung, Widerruf, Erklärung der Nichtigkeit der Patente und ergänzender Schutzzertifikate (§ 16a) sowie die Erhebung eines Einspruchs und einer Nichtigkeitsklage zu vermerken. In dem Register sind ferner der vom Europäischen Patentamt mitgeteilte Tag der Eintragung der einheitlichen Wirkung des europäischen Patents sowie der mitgeteilte Tag des Eintritts der Wirkung des europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung nach Maßgabe des Artikels 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2012 über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes (ABl. L 361 vom 31.12.2012, S. 1; L 307 vom 28.10.2014, S. 83) zu vermerken.

(2) Der Präsident des Deutschen Patent- und Markenamts kann bestimmen, daß weitere Angaben in das Register eingetragen werden.

(3) Das Deutsche Patent- und Markenamt vermerkt im Register eine Änderung in der Person, im Namen oder im Wohnort des Anmelders oder Patentinhabers und seines Vertreters sowie Zustellungsbevollmächtigten, wenn sie ihm nachgewiesen wird. Solange die Änderung nicht eingetragen ist, bleibt der frühere Anmelder, Patentinhaber, Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigte nach Maßgabe dieses Gesetzes berechtigt und verpflichtet. Übernimmt der neu im Register als Anmelder oder als Patentinhaber Eingetragene ein Einspruchsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt, ein Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht oder ein Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesgerichtshof, so ist dafür die Zustimmung der übrigen Verfahrensbeteiligten nicht erforderlich.

(4) Das Deutsche Patent- und Markenamt trägt auf Antrag des Patentinhabers oder des Lizenznehmers die Erteilung einer ausschließlichen Lizenz in das Register ein, wenn ihm die Zustimmung des anderen Teils nachgewiesen wird. Der Antrag nach Satz 1 ist unzulässig, solange eine Lizenzbereitschaft (§ 23 Abs. 1) erklärt ist. Die Eintragung wird auf Antrag des Patentinhabers oder des Lizenznehmers gelöscht. Der Löschungsantrag des Patentinhabers bedarf des Nachweises der Zustimmung des bei der Eintragung benannten Lizenznehmers oder seines Rechtsnachfolgers.

(5) (weggefallen)

(1) Der Antrag auf Eintragung eines Rechtsübergangs nach § 30 Abs. 3 des Patentgesetzes, § 8 Abs. 4 des Gebrauchsmustergesetzes, § 4 Abs. 2 des Halbleiterschutzgesetzes in Verbindung mit § 8 Abs. 4 des Gebrauchsmustergesetzes, § 27 Abs. 3 des Markengesetzes und § 29 Abs. 3 des Designgesetzes soll unter Verwendung des vom Deutschen Patent- und Markenamt herausgegebenen Formblatts gestellt werden.

(2) In dem Antrag sind anzugeben:

1.
das Aktenzeichen des Schutzrechts,
2.
der Name, der Sitz und die Anschrift des Inhabers des Schutzrechts in der im Register eingetragenen Form,
3.
Angaben über die Rechtsnachfolger entsprechend § 4 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 der Patentverordnung, § 3 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 der Gebrauchsmusterverordnung, § 5 Abs. 1 bis 4 der Markenverordnung, § 6 Absatz 1 bis 4 der Designverordnung und § 3 Absatz 1 Nummer 5, Absatz 2, 6 Nummer 1 und 2 der Halbleiterschutzverordnung,
4.
falls die Rechtsnachfolger einen Vertreter bestellt haben, der Name und die Anschrift des Vertreters nach Maßgabe des § 13.

(3) Für den Nachweis des Rechtsübergangs reicht es aus,

1.
dass der Antrag von den eingetragenen Inhabern oder ihren Vertretern und von den Rechtsnachfolgern oder ihren Vertretern unterschrieben ist oder
2.
dass dem Antrag, wenn er von den Rechtsnachfolgern gestellt wird,
a)
eine von den eingetragenen Inhabern oder ihren Vertretern unterschriebene Erklärung beigefügt ist, dass sie der Eintragung der Rechtsnachfolge zustimmen, oder
b)
Unterlagen beigefügt sind, aus denen sich die Rechtsnachfolge ergibt, wie zum Beispiel ein Übertragungsvertrag oder eine Erklärung über die Übertragung, wenn die entsprechenden Unterlagen von den eingetragenen Inhabern oder ihren Vertretern und von den Rechtsnachfolgern oder ihren Vertretern unterschrieben sind.

(4) Für die in Absatz 3 genannten Anträge und Erklärungen sollen die vom Deutschen Patent- und Markenamt herausgegebenen Formulare verwendet werden. Wird ein Antrag auf Eintragung eines Rechtsübergangs allein von den Rechtsnachfolgern gestellt und liegt dem Deutschen Patent- und Markenamt keine Erklärung nach Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe a vor, so räumt das Deutsche Patent- und Markenamt dem eingetragenen Inhaber vor der Eintragung des Rechtsübergangs eine angemessene Frist zur Stellungnahme ein.

(5) In den Fällen des Absatzes 3 ist eine Beglaubigung der Erklärung oder der Unterschriften nicht erforderlich.

(6) Das Deutsche Patent- und Markenamt kann in den Fällen des Absatzes 3 weitere Nachweise verlangen, wenn sich begründete Zweifel an dem Rechtsübergang ergeben.

(7) Der Nachweis des Rechtsübergangs auf andere Weise als nach Absatz 3 bleibt unberührt.

(8) Der Antrag auf Eintragung des Rechtsübergangs kann für mehrere Schutzrechte gemeinsam gestellt werden.

(1) Die Echtheit einer nicht anerkannten Privaturkunde ist zu beweisen.

(2) Steht die Echtheit der Namensunterschrift fest oder ist das unter einer Urkunde befindliche Handzeichen notariell beglaubigt, so hat die über der Unterschrift oder dem Handzeichen stehende Schrift die Vermutung der Echtheit für sich.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 17. November 2009 (Az.: 17 O 714/08) abgeändert und wie folgt neu gefasst :

Das Teilversäumnisurteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 12. Januar 2009 (Az.: 17 O 714/08) wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Übrigen Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des gegen sie vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Vollstreckende vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des beizutreibenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für beide Rechtszüge: 500.000,- EUR.

Gründe

 
I.
Die Klägerin macht im Wege der Stufenklage gegen die Beklagte markenrechtliche Ansprüche geltend.
Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem Teilurteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 17. November 2009 (Az.: 17 O 714/08) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat sein Versäumnisurteil vom 12.01.2009 aufrecht erhalten und die Beklagte darüber hinaus zur Auskunfterteilung verurteilt. Zur Begründung führt es aus:
Der form- und fristgerecht eingelegte Einspruch sei unbegründet, der im Versäumnisurteil versehentlich nicht zugesprochene Auskunftanspruch hingegen begründet.
Die Klägerin habe gegen den Beklagten gemäß §§ 4, 14 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG einen Anspruch auf Unterlassung der im Tenor wiedergegebenen Markenbenutzung.
Die Beklagte habe sowohl an den t. Markt in S. als auch an das r. SB-Warenhaus in N. Schuhe geliefert, auf denen Marken der Klägerin angebracht gewesen seien. Hinsichtlich der Lieferung an den t. Markt ist dies zwischen den Parteien unstreitig. Hinsichtlich der Belieferung des r. SB-Warenhauses in N. bestreite die Beklagte nicht die Lieferung, sondern dass die von der deutschen Vertriebsgesellschaft der Klägerin bei einem Testkauf erworbenen Schuhe von ihr ausgeliefert worden seien.
Unabhängig davon, dass die durchgeführte Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer ergeben habe, dass auch diese Schuhe von der Beklagten geliefert worden sein müssten, könne dahinstehen, ob die im Rahmen der Testkäufe erworbenen Schuhe Fälschungen seien.
Dass die Beklagte die Marke der Klägerin somit ohne ausdrückliche Zustimmung der Klägerin benutzt habe, indiziere die Rechtswidrigkeit des Eingriffs in die Markenrechte der Klägerin.
Der Erschöpfungseinwand der Beklagten greife nicht durch. Unabhängig vom Vorliegen einer Fälschung obliege es dem Verwender der Marke, eine etwaige Zustimmung des Markeninhabers gemäß § 24 MarkenG darzulegen und im Bestreitensfalle zu beweisen. Der Schutz des freien Warenverkehrs nach Art. 28, 30 EGV gebiete eine Modifizierung dieser Beweislastverteilung, wenn diese es einem Markeninhaber ermöglichen könnte, die nationalen Märkte abzuschotten und damit die Beibehaltung von etwaigen Preisunterschieden zwischen den Mitgliedsstaaten zu begünstigen (EUGH, GRUR 2003, 512, 514), so durch ein ausschließliches Vertriebssystem, wie es die Klägerin im Europäischen Wirtschaftsraum unterhalte. Gleichwohl fehle es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme - bei Beweislast der Beklagten - vorliegend an der Gefahr einer Abschottung der nationalen Märkte, da die Generalimporteure jedenfalls in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Beneluxstaaten vertraglich nicht gehindert seien, ins Ausland oder an Zwischenhändler zu liefern, die ihrerseits außerhalb des jeweiligen Vertragsgebietes die Ware weiter veräußern.
10 
Die Beklagte habe weder dargelegt, von welchem Lieferanten sie die beanstandete Ware erworben habe, noch auf welchem Vertriebsweg ihr Lieferant die Ware bezogen habe.
11 
Der Schriftsatz des Beklagten vom 11.11.2009 habe keinen Anlass gegeben, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Der darin gehaltene Vortrag ziehe das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht in Zweifel.
12 
Der mit Ziff. 3 des Tenors des Versäumnisurteils ausgesprochene Herausgabeanspruch folge aus § 18 MarkenG, der Veröffentlichungsanspruch aus § 19c MarkenG.
13 
Die Klägerin habe (vgl. Schriftsatz vom 20.01.2009) ihren Antrag Ziff. 4 (Auskunftserteilung) entgegen dem Verständnis der Kammer nicht im Stufenverhältnis gestellt gehabt und könne neben dem Auskunftsanspruch gemäß §§ 19, 14 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2 MarkenG umfassende Auskunft zur Vorbereitung ihres im Stufenverhältnis geltend gemachten Schadensersatzanspruches verlangen. Grundlage sei insofern der gewohnheitsrechtlich anerkannte und auf § 242 BGB gestützte allgemeine Auskunftsanspruch.
14 
Die Beklagte habe um die Markenrechte der Klägerin gewusst, deren Marke gleichwohl genutzt und mithin mindestens fahrlässig gehandelt.
15 
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel prozessordnungsgemäß begründet.
16 
Die Berufungsklägerin / Beklagte bringt zu ihrer Berufung vor:
17 
Die Klägerin sei ihrer Beweispflicht für ihren Fälschungsvorwurf nicht nachgekommen. Ob eine Fälschung vorliege, hätte das Landgericht klären müssen, da sich die Frage einer Erschöpfung bei gefälschter Ware nie stellen könne.
18 
Sie habe dargelegt, dass sie die Ware von einem in der EG ansässigen Händler erworben habe und nachgewiesen, dass tatsächlich eine Abschottung vorliege. Es bestehe ein geschlossenes Vertriebssystem. Die Klägerin habe der Firma A. ein exklusives Vertriebsrecht für C.-Ware in Deutschland, Österreich und in der Schweiz eingeräumt. Dies belege bereits die Marktabschottung. Die weiteren Aussagen des Zeugen L. seien wenig glaubwürdig, zumal die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 11.11.2009 ausführlich dargelegt habe, dass in sämtlichen anderen Mitgliedstaaten der EG weder Aktiv- und Passivverkäufe durch die Generalimporteure der Klägerin durchgeführt werden dürften. Die Offenlegung der Bezugsquelle würde den Markeninhaber insoweit erfahrungsgemäß dazu veranlassen, diese Quelle zu verstopfen und auf diese Weise dafür zu sorgen, das etwaige Preisunterschiede auf den einzelnen Teilmärkten nicht durch Parallelimporte ausgeglichen werden könnten. Daher habe der Markeninhaber in solchen Fällen zu beweisen, dass er die betreffende Ware nicht in der EU bzw. im EWR in Verkehr gebracht habe, sondern außerhalb. Selbst bei einem nur selektiven Vertriebssystem werde regelmäßig von einer Beweislastumkehr zu Lasten des Markeninhabers ausgegangen.
19 
Die „Stüssy II"-Entscheidung des BGH trage das landgerichtliche Urteil nicht. Dass eine Abschottung auch den Einzel- und Zwischenhändlern auferlegt werden müsse, damit von einem solchen Absatzsystem aufgegangen werden könne, statuiere der BGH dort nicht. Es gehe darum, ob der Markeninhaber verhindern könne, dass die in Rede stehende Ware im Binnenmarkt grenzüberschreitend vertrieben werde und ob dies die Beibehaltung etwaiger Preisunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten begünstige. Könne der Belangte nachweisen, dass eine tatsächliche Gefahr der Abschottung bestünde, falls er die Beweislast für das Inverkehrbringen der Waren im EWR durch den Markeninhaber oder mit dessen Zustimmung trüge, obliege dem Markeninhaber der Nachweis, dass die Waren ursprünglich von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung außerhalb des EWR in den Verkehr gebracht worden sei. Gelinge ihm dieser, habe wiederum der Dritten nachzuweisen, dass der Markeninhaber dem weiteren Vertrieb der Waren im EWR zugestimmt habe.
20 
Der Zeuge L. habe ausgeführt, dass die Klägerin ein ausschließliches Vertriebssystem über ausgewählte Generalimporteure in der EG bzw. im EWR unterhalte. Dies genüge, um eine Marktabschottung anzunehmen.
21 
Auf gezieltes Nachfragen des Beklagtenvertreters habe er nur ausweichende Antworten gegeben (Protokoll vom 27.10.2009) und gerade nicht bestätigt, dass sein Unternehmen als Generallizenznehmerin für C.-Ware in Deutschland, Österreich und in der Schweiz außerhalb des lizenzierten Gebietes Aktiv- bzw. Passivgeschäfte an Dritte durchführe, sondern dass sein Unternehmen mangels etwaiger Warenüberhänge entsprechende Anfragen Dritter gar nicht erfüllen könne bzw. selbst nie die Notwendigkeit hätte, sich aktiv um den Verkauf von C.-Ware außerhalb des lizenzierten Gebietes zu bemühen.
22 
Gemäß § 391 ZPO sei ein Zeuge zu vereidigen, wenn eine Partei auf die Beeidigung nicht verzichte und das angerufene Gericht die Zeugenbeeidigung für geboten erachte; dies müsse das Gericht begründen. Das Landgericht habe keine Begründung gegeben, warum der Zeuge L. nicht beeidigt wurde, so dass eine neue Vernehmung des Zeugen unter Eid geboten sei.
23 
Neben dieser beantragt die Beklagte, dass die Klägerin den besagten Lizenzvertrag vorlegen möge.
24 
Außerdem zeige der Internetauftritt der Klägerin in Deutschland, dass die Klägerin gezielt Marktabschottung betreibe. Dort heiße es unter „www. ... .de" wörtlich:
25 
„Bitte beachtet, dass wir nur für die Qualität und Authentizität der angebotenen C. Produkte bürgen können, die von unseren Official Dealern angeboten werden."
26 
Und in einer offiziellen Pressemitteilung vom 27.07.2009 heiße es (Zitat des geschäftsführenden Gesellschafters der A., Herrn W. U.):
27 
„Dieses Schild hebt unsere Partner somit deutlich von den „schwarzen Schafen" der Branche ab, die mit Graumarktprodukten oder Fälschungen versuchen, Geschäfte zu machen. Wir bemühen uns, durch eine gesteuerte Distribution und eine entsprechende Markenpräsentation im Handel den Kunden ein einzigartiges Produkt anzubieten. Die Aktivitäten am Graumarkt durch Parallelimporte unterlaufen diese Bemühungen und entsprechen nicht dem Anspruch, den wir an unsere Marke haben. Neben den rechtlichen Maßnahmen, die wir direkt gegen illegale Importeure ergreifen, rückt die Official-Dealer-Kampagne Handel und Marke enger zusammen und sendet ein klares Signal an den Konsumenten".
28 
Jeder offiziellen C.-Verkaufsstelle werde genau eines dieser Unikate zugeteilt. Die Frage nach einem Aktiv- bzw. Passivverkauf durch die Lizenznehmerin stelle sich gar nicht mehr.
29 
Dieses Vorgehen widerlege auch die Ausführungen des LG Stuttgart, dass bezogen auf die u.a. vorgelegten Emails eines skandinavischen Lizenznehmers nur für Skandinavien auf eine Abschottungslage geschlossen werden könne.
30 
Da es sich um mit deren Zustimmung in einem Mitgliedstaat der EG in Verkehr gebrachte Originalware der Klägerin handle, bestehe kein Herausgabe- und Vernichtungsanspruch gemäß § 18 MarkenG. Bis zum Beweis des Fälschungsvorwurfes müsse die im Rahmen von § 18 MarkenG vorzunehmende Interessenabwägung zu einer Entscheidung zugunsten der Beklagten führen. Das Landgericht habe keinerlei Interessenabwägung vorgenommen. Es sei der Beklagten zumindest eine Aufbrauchfrist für die beschlagnahmte Ware einzuräumen.
31 
Ein Veröffentlichungsanspruch bestehe nicht. Dieser setze den Vertrieb von Fälschungen voraus. Ein Veröffentlichungsinteresse habe die Klägerin nicht nachgewiesen. Das angegriffene Urteil lasse auch keinerlei Interessenabwägung erkennen.
32 
Auch die Voraussetzungen eines Auskunftanspruchs lägen nicht vor. Der Klägerin stehe kein berechtigtes Interesse zur Seite, Auskunft über den Vertriebsweg zu erlangen, da sie auf diesem Weg nur erreichen wolle, die undichte Lieferquelle zu schließen. § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG decke einen solchen Anspruch nicht.
33 
Ergänzend hat die Beklagte Ausdrucke der angesprochenen Werbung im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegt und darauf hingewiesen, dass diese Werbung unter der Internetadresse „... .de“ erfolgt sei und dort als Ziel genannt werde, einem „Preisverhau“ vorzubeugen.
34 
Die Berufungsklägerin / Beklagte beantragt,
35 
das Teilurteil und das Teilversäumnisurteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
36 
Die Berufungsbeklagte / Klägerin beantragt,
37 
die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass die Veröffentlichung in einem überregionalen Printmedium zu erfolgen habe und zwar nur bezüglich des Tenors.
38 
Sie bringt vor,
39 
Das Landgericht habe den Vortrag der Beklagten zur (angeblichen) Echtheit der streitgegenständlichen „C." Schuhe als richtig unterstellt. Dadurch sei die Beklagte nicht beschwert. Die sich alternativ gegenüberstehenden Verletzungshandlungen (Vertrieb gefälschter „C." Schuhe einerseits, Vertrieb nicht erschöpfter Originalware anderseits) seien in ihrem Kern wesensgleich. Beides sei rechtswidrig und ggf. auch strafbar.
40 
Die Beweislast für die Erschöpfung habe das Landgericht richtig gesehen. Die Voraussetzungen einer Beweislastumkehr nach den Grundsätzen der stüssy-II-Rechtsprechung des BGH lägen nicht vor. Den ihr obliegenden Beweis habe die Beklagte weder angetreten noch erbracht.
41 
Die Klägerin verfüge nicht über ein geschlossenes Vertriebssystem. Das Landgericht habe die Beweisaufnahme hierzu richtig gewürdigt.
42 
Soweit die Beklagte beantragt, der Klägerin aufzuerlegen, ihre Vertriebsverträge vorzulegen, verweist die Klägerin auf § 422 ZPO. Es sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Herausgabe oder Vorlegung der fraglichen Urkunde verlangen könnte.
43 
Eine Gefahr der Marktabschottung bestehe nicht. Die Lizenznehmer der Klägerin seien berechtigt, von außerhalb ihres eigentlichen Vertragsgebietes an sie herangetragene Bestellungen jederzeit auszuführen. Der Zeuge L. habe für die A. explizit bestätigt, dass diese berechtigt sei, Bestellungen, die von außerhalb ihres eigentlichen Vertragsgebietes an sie herangetragen würden, jederzeit auszuführen. Schon damit fehle es an der Gefahr der Abschottung nationaler Märkte. In einem Rechtsstreit vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht habe die dortige Beklagte detailliert angebliche Lieferketten von der slowenischen S. an die M. einerseits, von der französischen Groupe R. an die M. andererseits offen gelegt. Dass Vertriebspartner der C. gekündigt würden, sobald diese die Schuhe in andere Vertragsländer verkauften, sei falsch. Im Fall „S." sei die Lizenz im November 2005 ausgelaufen und nicht mehr verlängert worden. Die angeblichen Gründe, die die Beklagte hierzu vortrage seien reine Spekulation und gänzlich unsubstantiiert. Die Beklagte sei für diese Behauptung beweisfällig geblieben.
44 
Letztlich spreche der rege Handel, welchen die Beklagte und ihre diversen Abnehmer (z. B. die Me.) mit „C." - Schuhen seit Jahren führe, gegen eine konkrete Gefahr der Marktabschottung.
45 
Der Vortrag zur angeblichen „O. Kampagne" (BB 10 f.) werde mit Nichtwissen bestritten. Er dürfte auch verspätet sein und eine solche Dritt-Kampagne habe keinen Bezug zur Klägerin.
46 
Die Beeidigung eines Zeugen stehe im pflichtgemäßen Ermessen des erkennenden Gerichts, § 395 ZPO. Eine Beeidigung erfolge nur ausnahmsweise. Das Landgericht habe die Aussage des Zeugen L. als „nachvollziehbar und glaubhaft" bezeichnet. Dies genüge für die Begründung der unterbliebenen Beeidigung.
47 
Die Argumentation der Beklagten zum Auskunftanspruch sei schon im Ansatz falsch. Die Erwägungen der Berufung zur Abwägung gingen an der gesetzgeberischen Intention vorbei: Ein Ausnahmefall sei hier nicht gegeben. Die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse daran, die Quellen und Vertriebswege hinsichtlich der schutzrechtsverletzenden Waren zu erfahren. Die Beklagte beschaffe sich Schuhe der Klägerin wiederholt und in erheblichen Mengen bewusst außerhalb des Vertriebssystems der Klägerin und müsse daher damit rechnen, dass deren Markenrechte nicht erschöpft seien.
48 
Auch der Herausgabe- und Vernichtungsanspruch bestehe. Unverhältnismäßigkeit scheide vorliegend aus. Die in der ersten Instanz vorgelegten Unterlagen ließen erkennen, dass sich die Beklagte bestens mit den Erkennungsmerkmalen und dem Vertriebssystem der Klägerin auskenne, weshalb wohl von direktem Vorsatz auszugehen sei. Die Vernichtung noch vorhandener „C."-Schuhe sei angemessen.
49 
Im Hinblick auf die wiederholten, massiven und schuldhaften Rechtsverletzungen der Beklagten habe die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung des Urteils. Mildere Mittel, die Interessen der Klägerin zu wahren, benenne die Beklagte nicht.
50 
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die von der Beklagten als Ausdrucke vorgelegten Werbemaßnahmen unstreitig gestellt und vorgetragen, ob es sich um bei den von der Beklagten verkauften Schuhen um Fälschungen handele, lasse sich anhand von Kennzeichnungen beurteilen, die die Klägerin nicht offen legen wolle, da ansonsten das Kennzeichnungssystem bekannt werde und von Fälschern nachahmbar sei.
51 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens nimmt der Senat Bezug auf die bei Gericht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 11. Februar 2010.
II.
52 
Die zulässige Berufung ist begründet und führt auf Grund des im zweiten Rechtszug neuen Vorbringens der Beklagten zur Abänderung des landgerichtlichen Urteil dahin, dass auf den zulässigen Einspruch der Beklagten das vorangegangene Versäumnisurteil vom 12. Januar 2009 aufgehoben und die zulässige Klage im Ganzen abgewiesen wird. Nach dem im Berufungsrechtszug entscheidungserheblichen Vorbringen stehen der Klägerin die erhobenen markenrechtlichen Ansprüche nicht zu, da es sich bei den von der Klägerin - wie vom Landgericht zutreffend festgestellt und im zweiten Rechtszug nicht angegriffen - verkauften Schuhen um erschöpfte Originalware handelt.
A
53 
Nach dem weiteren Vortrag der Parteien handelt es sich bei den von der Beklagten verkauften Schuhen nicht um Fälschungen. Davon muss der Senat ausgehen, so dass es nicht mehr darauf ankommt, dass das Landgericht von seinem Standpunkt aus offen lassen konnte, ob es sich um Fälschungen oder um Originalware handelte.
54 
Denn die Klägerin, der die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Fälschung obliegt, und die in ihrer Berufungserwiderung noch darauf abgehoben hatte, dass die Beklagte Fälschungen vertrieben habe, wurde in der mündlichen Verhandlung vom Senat darauf hingewiesen, dass ihr Vorbringen keine hinreichenden Anknüpfungstatsachen aufzeige, um in eine Beweisaufnahme darüber einzutreten, ob es sich bei den im Streit stehenden Schuhen um Fälschungen oder um Originalware handele.
55 
Die Klägerin hat daraufhin erklärt, sicheren Aufschluss hierüber gebe die firmeneigene Codierung ihrer Ware; sie sei aber nicht bereit, diese bekannt zu geben, da ansonsten Fälscher sich das Wissen um die Codierung zunutze machen und ihr Schaden zufügen könnten.
56 
Damit fehlt weiterhin ein tauglicher Ansatzpunkt für eine weitere Beweisaufnahme darüber, ob es sich um Fälschungen oder um von ihr oder berechtigterweise für sie hergestellte Ware handelte, so dass die Ware als Originalware anzusehen ist.
B
57 
Das Markenrecht an dieser Originalware war, als die Beklagte sie in den Handel brachte, erschöpft.
1.
58 
Die Beweislast dafür, dass Erschöpfung nicht eingetreten sei, trifft vorliegend die Klägerin.
59 
a) Seit dem Inkrafttreten des Markengesetzes liegt eine Markenverletzung darin, gekennzeichnete Markenware im Inland zu vertreiben, wenn diese nicht zuvor vom Markeninhaber oder mit dessen Zustimmung erstmals im Inland oder sonst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums in Verkehr gebracht worden ist (BGHZ 131, 308, 312 f. - [Gefärbte Jeans]; BGH, GRUR 2000, 879, 880 - [stüssy]). Nur in diesem Fall und nicht, wenn das erste Inverkehrsetzen außerhalb dieses Raumes erfolgt, ist das Markenrecht im Sinne der zwingenden Vorschrift des Art. 7 Abs. 1 MarkenRL (§ 24 Abs. 1 MarkenG) erschöpft (EuGH, GRUR 1998, 919, 921, Tz. 26 - [Silhouette]; GRUR Int. 1999, 870, 872, Tz. 21 = WRP 1999, 803 - [Docksides/Sebago]; GRUR Int. 2002, 147, 150, Tz. 32 f. = WRP 2002, 65 - [Zino Davidoff] und [Levi Strauss]; GRUR 2003, 512, 513, Tz. 25 f. - [Van Doren + Q.]).
60 
Die Regelung der Erschöpfung hat den Zweck, die Belange des Markenschutzes mit denen des freien Warenverkehrs in Einklang zu bringen. Dem Markeninhaber steht danach das ausschließliche Recht zu, das erste Inverkehrbringen der Markenware in der Gemeinschaft zu kontrollieren (vgl. EuGH, GRUR 2006, 146, Tz. 33 = MarkenR 2005, 489 - [Class International/Colgate-Palmolive]). Dadurch soll ihm die Möglichkeit eingeräumt werden, den wirtschaftlichen Wert seiner Marke zu realisieren (vgl. EuGH, GRUR 2005, 507, Tz. 40 und 42 = MarkenR 2005, 41 - [Peak Holding/Axolin-Elinor]). Eine Übertragung der Verfügungsgewalt liegt nicht nur vor, wenn der Markeninhaber die gekennzeichnete Ware an einen Dritten im Europäischen Wirtschaftsraum veräußert hat, sondern auch, wenn er sie Abnehmern innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums zum Verbrauch durch beliebige Dritte überlässt, namentlich auch wenn dies mit der Bestimmung geschieht, diese der Ware an Verbraucher weiterzugeben. Er hat sich dadurch der Möglichkeit begeben, den weiteren Vertrieb der Markenware innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums zu kontrollieren, selbst wenn er dazu ein selektives Vertriebssystem nutzt (BGH, Urteil vom 15.02.2007 - I ZR 63/04, GRUR 2007, 882 = WRP 2007, 1197 - [Parfümtester], bei juris Rz. 14, m.w.N.).
61 
b) Die markenrechtliche Erschöpfung stellt - ebenso wie die Erschöpfung eines Patents (BGHZ 143, 268, 277 ff.) - eine Ausnahme gegenüber den Ausschließlichkeitsrechten des Markeninhabers dar, ausgestaltet als Einwendung gegen das Markenrecht. Die Vorschrift des § 24 Abs. 1 MarkenG, die wie die Regelungen der Verjährung, der Verwirkung, der Erlaubnis zur Benutzung des Namens und beschreibender Angaben oder des Benutzungszwangs in dem Abschnitt über Schranken des Markenschutzes enthalten ist, muss in dem markenrechtlichen Schutzsystems als eine von mehreren Ausnahmevorschriften verstanden werden, deren Voraussetzungen nach den allgemeinen Regeln grundsätzlich der als Verletzer Angegriffene darzulegen und zu beweisen hat (BGH, GRUR 2000, 879, 880 - [stüssy], m.w.N.; vgl. ferner OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.02.2009 - 6 U 241/08, bei juris Rz. 4).
62 
c) Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht einschränkungslos.
63 
Vertreibt ein Markeninhaber seine Markenware im Europäischen Wirtschaftsraum im Rahmen eines ausschließlichen Vertriebssystems und gibt es in allen Ländern der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums jeweils nur einen Alleinvertriebsberechtigten (Generalimporteur) für besagte Waren, der nach den getroffenen Vereinbarungen verpflichtet ist, die Ware nicht an Zwischenhändler zum Weitervertrieb außerhalb seines jeweiligen Vertragsgebiets abzugeben, obliegt im Markenverletzungsprozess dem Markeninhaber der Nachweis, dass von einem angegriffenen angeblichen Markenverletzer in den Verkehr gebrachte Originalwaren ursprünglich von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung erstmals außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums in den Verkehr gebracht worden sind (BGH, GRUR 2004, 156- [stüssy II], bei juris Rz. 20 ff.), wenn dieses Vertriebssystem es einem Markeninhaber ermöglichen könnte, die nationalen Märkte abzuschotten und damit die Beibehaltung von etwaigen Preisunterschieden zwischen den Mitgliedstaaten zu begünstigen (vgl. BGH, GRUR 2006, 433 f. [unberechtigte Abnehmerverwarnung], bei juris Rz. 21). Danach obliegt dem Markeninhaber insbesondere dann, wenn er seine Waren im Europäischen Wirtschaftsraum über ein ausschließliches Vertriebssystem in den Verkehr bringt, der Nachweis, dass die Waren ursprünglich von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums in den Verkehr gebracht wurden, wenn der Dritte nachweisen kann, dass eine tatsächliche Gefahr der Abschottung der nationalen Märkte besteht, falls er den genannten Beweis zu erbringen hätte (EuGH, GRUR 2003, 512, 514, Tz. 37 ff. und 42 - [Van Doren + Q.]).
64 
Ist der Generalimporteur nach den getroffenen Vereinbarungen verpflichtet, die Ware nicht an Zwischenhändler zum Weitervertrieb außerhalb seines jeweiligen Vertragsgebiets abzugeben, so hat der Bundesgerichtshof daraus die Gefahr einer Abschottung der nationalen Märkte abgeleitet, da mit diesem System der Markeninhaber verhindern kann, dass die in Rede stehende Ware im Binnenmarkt grenzüberschreitend vertrieben wird, was die Beibehaltung etwaiger Preisunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten begünstigt.
65 
Daneben hat der Bundesgerichtshof auf die tatsächliche Gefahr der Abschottung der nationalen Märkte abgehoben, die bestünde, sofern der Inanspruchgenommene den genannten Beweis für Herkunft der Ware erbringen müsste, da er dann den Zwischenhändler und dessen Bezugsquelle, also einen Vertragshändler mit Vertriebsberechtigung, benennen müsste und nach allgemeinen Lebenserfahrung damit zu rechnen ist, dass in einem solchen Fall der Markeninhaber - schon um sein Vertriebssystem aufrecht zu erhalten - auf seinen Vertragshändler einwirkte, derartige Lieferungen an den Inanspruchgenommenen beliefernden Zwischenhändler künftig zu unterlassen. Der Inanspruchgenommene gäbe dadurch dem Markeninhaber ein Mittel an die Hand, grenzüberschreitende Lieferungen im Gemeinsamen Markt nachhaltig und erfolgreich zu unterbinden und so den nationalen Markt abzuschotten (BGH, a.a.O., [stüssy II]; vgl. EuGH, GRUR 2003, 512, 514´, Tz. 40 - [Van Doren + Q].).
66 
Aus dem gemeinschaftsrechtlichen Gesichtspunkt der Vorschriften der Art. 28, 30 EG ist daher die sich aus § 24 Abs. 1 MarkenG ergebende Beweislastregelung dahin modifiziert, dass dem Markeninhaber, der ein die Gefahr der Marktabschottung in sich tragendes Vertriebssystem unterhält, der Nachweis obliegt, dass die streitgegenständliche Originalware ursprünglich von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums in den Verkehr gebracht wurde.
67 
Hingegen reicht ein nur stufenspezifisch selektives Vertriebssystem für sich genommen nach dem Leitgedanken der oben genannten Rechtsprechung nicht aus, eine Beweislastumkehr zu Lasten des Markeninhabers zu bewirken. Denn wenn nur eine Vertriebsebene von ihm kontrolliert wird, der dadurch Begünstigte Händler aber nicht rechtlich gezwungen ist, seinerseits eine nur systeminterne Weitergabe zu gewährleisten, besteht eine Lücke im Vertriebssystem, so dass dieses allein eine Abschottung nicht hinreichend sicher gewährleistet.
2.
68 
Nach diesen Grundsätzen hat vorliegend die Beklagte darzulegen und ggf. zu beweisen, dass die Voraussetzungen der Beweislastumkehr gegeben sind. Dies ist ihr im zweiten Rechtszug gelungen. Die Klägerin unterhält nach dem entscheidungserheblichen Vorbringen ein Vertriebssystem, dass zwar nicht durch rechtliche Absprachen der Beteiligten, aber auf Grund anderer Umstände die Gefahr einer Marktabschottung in dem beschriebenen Sinne mit sich bringt.
69 
a) Allerdings hat das Landgericht zutreffend festgestellt, dass die Klägerin kein durch vertragliche Vereinbarungen geschlossenes Absatzsystem unterhält. Zwar hat die Beklagte behauptet, die Klägerin unterhalte ein geschlossenes Vertriebssystem. Den Beweis für diese bestrittene Behauptung hat sie jedoch nicht erbracht, und das Berufungsvorbringen ist nicht geeignet, diese Feststellung des Landgerichts in Zweifel zu ziehen.
70 
aa) Unstreitig verbreitet die Klägerin ihre Markenware im Europäischen Wirtschaftsraum auf der Importeurebene in einem ausschließlichen Vertriebssystem: Es gibt in allen Ländern der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums jeweils nur einen Alleinvertriebsberechtigten (Generalimporteur) für ihre Waren.
71 
Das Landgericht ist aber durch die Beweisaufnahme nicht zu der Überzeugung gelangt, dass - was zur Beweislast der Beklagten steht - diese Generalimporteure qua Vereinbarung verpflichtet seien, die Ware nicht an Zwischenhändler zum Weitervertrieb außerhalb seines jeweiligen Vertragsgebiets abzugeben. Diese Feststellung ist weder verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, noch vermag die Beklagte sie in Zweifel zu ziehen.
72 
bb) Die landgerichtliche Feststellung, dass ein rechtlich geschlossenes Vertriebssystem nicht bestehe, sondern nur ein ebenenbezogen geschlossenes, ist nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen.
73 
aaa) Die Rüge, das Landgericht hätte den Zeugen antragsgemäß unter Eid nehmen müssen, geht fehl.
74 
(1) Nach § 391 ZPO ist ein Zeuge vorbehaltlich der sich aus § 393 ZPO ergebenden Ausnahmen zu beeidigen, wenn das Gericht dies mit Rücksicht auf die Bedeutung der Aussage oder zur Herbeiführung einer wahrheitsgemäßen Aussage für geboten erachtet und die Parteien auf die Beeidigung nicht verzichten. Für die Ausübung des dem Gericht damit eingeräumten Ermessens stellt das Gesetz auf die Bedeutung der Aussage für den Rechtsstreit ab. Abgesehen von dem her nicht einschlägigen Fall der Unerheblichkeit der Aussage kann das Gericht von der Beeidigung absehen, wenn es sie nicht für geeignet oder nicht für erforderlich hält, eine wahrheitsgemäße Aussage herbeizuführen. Folglich kann eine entscheidungserhebliche Aussage - jedenfalls sofern das Gericht seiner Aussage glaubt - unbeeidet bleiben, wenn der Zeuge glaubwürdig ist (vgl. Musielak/Huber, ZPO, 7. Aufl. [2009], Rn. 2 zu § 391, m.w.N.).
75 
(2) Das Landgericht war demnach nicht gehalten, den Zeugen unter Eid zu nehmen, da es seine Aussage, wie im Urteil niedergelegt, für glaubhaft und ihn für glaubwürdig gehalten hat.
76 
Dass eine Beeidigung der Zeugenaussage geboten gewesen wäre, weil der Einschätzung des Landgerichts nicht zu folgen sei, ist aus dem Berufungsvorbringen nicht zu entnehmen. Indem die Beklagte vorbringt, die weiteren Aussagen des Zeugen L. seien wenig glaubwürdig, zumal die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 11.11.2009 ausführlich dargelegt habe, dass in sämtlichen anderen Mitgliedstaaten der EG weder Aktiv- und Passivverkäufe durch die Generalimporteure der Klägerin durchgeführt werden dürften, fehlt dem nicht nur die Substanz - was dahinstehen mag -, sondern es reicht aus, wenn das vom Zeugen repräsentierte Unternehmen solche Verkäufe durchführen darf. Die Aussage des Zeugen L. gibt die Beklagte verzerrt wieder, worauf die Klägerin zutreffend hinweist. Fehlende Warenüberhänge stellen ein - dazuhin meist nur vorübergehendes - tatsächliches Hindernis für freie Verkäufe dar, aber kein vertragsrechtliches.
77 
bbb) Soweit die Beklagte die Vorlage des Lizenzvertrages verlangt, führt sie keine ordnungsgemäße Verfahrensrüge aus.
78 
Außerdem ist ein Anspruch der Beklagten auf Vorlage des Lizenzvertrages, an dem sie nicht beteiligt ist, nicht ersichtlich, und die Lizenznehmerin, die am Verfahren nicht einmal beteiligt ist, könnte die Vorlage unter Hinweis auf ihre geschäftlichen Geheimhaltungsinteressen verweigern, ohne dass daraus Schlüsse auf die Aussage des Zeugen (der ersichtlich nicht Firmeninhaber ist) gezogen werden könnten.
79 
ccc) Das Vorbringen in dem erstinstanzlich nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz hat das Landgericht prozessordnungsgemäß zurückgewiesen.
80 
cc) Den inhaltlichen Angriffen der Berufung gegen die Schlüsse, welche das Landgericht aus der Aussage des Zeugen L. gezogen hat, vermag der Senat nicht zu folgen. Das Landgericht hat die Aussage des Zeugen nachvollziehbar gewürdigt, und die Berufung setzt hiergegen lediglich ihre eigene Beweiswürdigung.
81 
b) Jedoch versucht die Klägerin durch zusätzliche, tatsächliche Maßnahmen, die neben ihr Vertriebssystem treten, sicherzustellen, dass ihre Waren nur innerhalb eines bestimmten, geschlossenen Vertriebssystems angeboten werden, was die Gefahr einer Abschottung des nationalen Marktes in Deutschland und anderen Ländern des EWR und der EU begründet. Ein geschlossenes Vertriebssystem, welches die Gefahr einer Marktabschottung begründet, kann - wie oben wiedergegeben - nicht nur durch vertragliche Vereinbarungen geschaffen werden, sondern auch durch tatsächliches Verhalten. Ein solches Verhalten, das in seiner Zielrichtung und seiner Gefährlichkeit für den offenen Markt einem rechtlich geschlossenen Vertriebssystem gleichkommt, unterhält die Klägerin. Davon ist der Senat auf Grund des erstinstanzlich festgestellten und des im zweiten Rechtszug neuen, aber nach §§ 529, 531 ZPO beachtlichen Vorbringens der Beklagten überzeugt.
82 
aaa) Nach Maßgabe der §§ 529, 531 Abs. 2 ZPO nicht unbeachtlich sind die von der Beklagten vorgetragenen und im Verhandlungstermin vor dem Senat als Ausdruck vorgelegten Werbeaussagen. Denn dieses Vorbringen ist unstreitig.
83 
bbb) Die darin enthaltenen Aussagen belegen nicht lediglich eine Werbung für die offiziellen Vertragshändler, sondern sie lassen eindeutig die Absicht erkennen, Waren der Klägerin nur über diese Händler zu vertreiben, zumindest auch um die Preise für deren Waren hoch zu halten (kein „Preisverhau“).
84 
ccc) Die Klägerin kann insoweit auch nicht entlasten, dass die Werbung nicht unter ihrem Namen veröffentlicht ist. Denn der vorgelegte Internetausdruck von einer Seite, die den prägenden, markenrechtlich zugunsten der Klägerin geschützten Namensbestandteil „c.“ trägt, zeigt, dass diese Werbung mit zumindest duldender Zustimmung der Klägerin veröffentlicht worden ist.
3.
85 
Infolgedessen bestehen auch die Nebenansprüche auf Auskunft und Herausgabe und Veröffentlichung nicht.
III.
86 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 2 ZPO. Die Säumniskosten hat die Beklagte nicht nach § 344 ZPO zu tragen, da sie durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht hat, dass die infolge unwirksamer Zustellung der Klage und der Terminverfügung keine Kenntnis von der Klage und dem Erfordernis gehabt habe, sich rechtzeitig zu verteidigen.
87 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
88 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO. Angesichts des Alters, der senatsbekannten Berühmtheit der Klagemarke, deren Alters und der Bedeutung, welche die Klägerin der Sache nach ihrem Vortrag beimisst, erscheint dem Senat - wie mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung erörtert - ein Streitwert deutlich über 200.000,- EUR als sachgerecht und 500.000,- EUR als angemessen.
89 
Ein Grund, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO), besteht nicht. Das Urteil beruht auf der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der geltend gemachten markenrechtlichen Erschöpfung.

(1) Damit die sachliche Prüfung der Patentanmeldung durch die Feststellung des Erfinders nicht verzögert wird, gilt im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt der Anmelder als berechtigt, die Erteilung des Patents zu verlangen.

(2) Wird ein Patent auf Grund eines auf widerrechtliche Entnahme (§ 21 Abs. 1 Nr. 3) gestützten Einspruchs widerrufen oder führt der Einspruch zum Verzicht auf das Patent, so kann der Einsprechende innerhalb eines Monats nach der amtlichen Mitteilung hierüber die Erfindung selbst anmelden und die Priorität des früheren Patents in Anspruch nehmen.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.

(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.

(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.

Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung

1.
ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
2.
ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten;
3.
das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.

(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind, in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn es sich um Erzeugnisse handelt, die durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellt worden sind.

(2) Absatz 1 ist entsprechend auf die im Eigentum des Verletzers stehenden Materialien und Geräte anzuwenden, die vorwiegend zur Herstellung dieser Erzeugnisse gedient haben.

(3) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf Rückruf der Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind, oder auf deren endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn es sich um Erzeugnisse handelt, die durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellt worden sind.

(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 bis 3 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind auch die berechtigten Interessen Dritter zu berücksichtigen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.