Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 26. Jan. 2016 - I-24 U 190/14
Tenor
Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird auf die Berufung der Beklagten das angefochtene Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 11.09.2014 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 48.750,59 € nebst Zinsen iHvon 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 22.116,90 € vom 23.01.2013 bis zum 18.12.2013 und aus 48.750,59 € ab dem 19.12.2013 zu zahlen.
Die Beklagten werden weiter verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Kosten iHvon 892,44 € nebst Zinsen iHvon 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.12.2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Klägerin zu 17% und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 83%.
Die Kosten der Berufung tragen die Beklagten.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung iHvon 120% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
G r ü n d e:
2I.
3Die Klägerin macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche wegen anwaltlicher Pflichtverletzungen im Rahmen der Vertretung in einem Scheidungsverfahren nebst Folgesachen geltend. Die Beklagten hatten im Auftrag der Klägerin mehrere Titel gegen deren vormaligen Ehemann erstritten. Die Beklagten erwirkten am 23.10.2003 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss; gepfändet wurde die Forderung des geschiedenen Ehemannes aus einem Lebensversicherungsvertrag bei der H. Lebensversicherungs AG, allerdings nur wegen des rückständigen und bereits fälligen Trennungsunterhalts, der im Vergleich des AG Mönchen-gladbach 30 F 26/02 vom 06.11.2002 (B1= GA 38) und im Urteil des AG Mönchen-gladbach vom 15.08.2003, 30 F 6/03 (B2= GA 41ff) tituliert war. Weitergehende Pfändungen, insbesondere eine Dauerpfändung wegen der ebenfalls titulierten, zukünftig fällig werdenden Ansprüche auf Trennungsunterhalt erwirkten die Beklagen hingegen nicht. Dies hatte zur Folge, dass das Guthaben aus der Lebensversicherung iHvon insgesamt € 87.948,25 nur iHvon € 28.875,60 zugunsten der Klägerin und im Übrigen iHvon € 59.072,65 an die Lebensgefährtin des geschiedenen Ehemannes, Frau T., ausgezahlt wurde.
4Die Klägerin hat geltend gemacht, bei pflichtgemäßer Vertretung hätten die Beklagten aufgrund der übrigen Titel eine weitergehende Pfändung und Überweisung der Ansprüche aus der Lebensversicherung erwirken müssen. Da dies nicht geschehen sei, schuldeten die Beklagten den „entgangenen“ Betrag aus der Lebensversicherung von € 59.072,65 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten iHvon € 892,44, jeweils nebst Zinsen als Schadensersatz.
5Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils GA 244 bis 251 Bezug genommen.
6Das Landgericht hat die Beklagten unter Klageabweisung im Übrigen zur Zahlung von € 48.803,61 nebst Zinsen und vorgerichtlicher Kosten iHvon € 892,44 nebst Zinsen verurteilt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Unabhängig vom Umfang des erteilten Mandats, seien die Beklagten auch bei einem nur eingeschränkten Mandat jedenfalls verpflichtet gewesen, die Interessen der Klägerin zu wahren und erkennbare Vollstreckungsmöglichkeiten aufzuweisen. In diesem Zuge hätten sie die Klägerin darauf hinweisen müssen, dass der wesentliche Vermögenswert des Schuldners, namentlich die Lebensversicherung, auch für eine Vollstreckung aus anderen Titeln herhalten könne. Ebenso hätten die Beklagten auf die mehrfachen Nachfragen der Drittschuldnerin (H. Lebensversicherungs AG) die ihnen bekannten weiteren offenen Forderungen mitteilen müssen. Es sei zu vermuten, dass die Klägerin sich beratungsgerecht verhalten und den Beklagten einen einschränkungslosen (Voraus-)Pfändungsauftrag erteilt hätte.
7Zu ersetzen sei der Schaden, der der Klägerin infolge der nicht rechtzeitig ausgebrachten Pfändung entstanden sei; dieser bestehe in denjenigen Forderungen, welche die Klägerin zum Zeitpunkt der Auszahlung der Versicherungssumme an Frau T. gegen ihren geschiedenen Ehemann hatte. Mit diesem Zeitpunkt sei die letzte Möglichkeit der Pfändung entfallen und die Forderung infolge der nachfolgenden Privatinsolvenz des Ehemannes wirtschaftlich wertlos geworden. Die Forderungen seien in der Aufstellung GA 125 - 129 nachvollziehbar dargelegt; das Bestreiten der Beklagten sei demgegenüber unbeachtlich. Soweit die Unterhaltsforderungen zum Teil Krankenvorsorge- und Altersvorsorgeunterhalt umfassten, sei entgegen der Auffassung der Beklagten kein Nachweis zu fordern, dass der Unterhalt entsprechend verbraucht wurde.
8Der Anspruch der Klägerin sei nicht verjährt. Er unterliege zwar der dreijährigen kenntnisunabhängigen Verjährung gem. § 51b BRAO, Art. 229 § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 iVmit S. 2 EGBGB. Die Verjährungsfrist beginne aber erst zu laufen mit dem Zeitpunkt der Anspruchsentstehung. Ein Schaden entstehe, sobald sich die Vermögenslage objektiv verschlechtere; eine solche Verschlechterung sei nicht bereits mit der eingeschränkten Beantragung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses eingetreten, sondern erst mit der versäumten „Nachmeldung“ der Forderungen und Auskehrung der restlichen Lebensversicherungssumme an Frau T. im März 2011.
9Wegen der weiteren Einzelheiten der Gründe wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils GA 251 bis 259 Bezug genommen.
10Gegen das ihnen am 19.09.2014 zugestellte Urteil haben die Beklagten mit am 13.10.2014 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 17.11.2014 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet. Sie tragen im Wesentlichen vor: Es werde nicht mehr in Frage gestellt, dass die Beklagten verpflichtet waren, im Hinblick auf die zukünftig fällig werdenden Trennungsunterhaltsansprüche iHvon € 93.152,- eine Dauerpfändung auszubringen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts hätte aber wegen der weiteren Titel eine Pfändung nicht bewirkt werden können, weil zum Zeitpunkt der Beantragung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses am 05.09.2003 die Titel noch nicht vorlagen und eine spätere Pfändung weder beauftragt noch wirtschaftlich vernünftig war.
11Zu Unrecht habe das Landgericht die Verjährung verneint und angenommen, der Schaden sei erst im März 2011 eingetreten. Vielmehr sei der Schaden bereits mit der ersten gerichtlichen Entscheidung, namentlich dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss im September 2003, eingetreten oder aber mit dem sukzessiven Fälligwerden der (künftigen) Unterhaltsansprüche für Oktober 2003 bis Januar 2006, weil mit dem monatlichen Fälligwerden der Unterhaltsansprüche nicht zugleich ein Pfändungspfandrecht entstanden sei. Damit sei spätestens im Januar 2009 Verjährung eingetreten. Auch sei im Jahre 2010 oder 2011 weder eine „Nachmeldung“ von Unterhaltsansprüchen noch eine erneute Pfändung möglich gewesen. Auch ein Sekundäranspruch sei 6 Jahre nachdem das Pfändungspfandrecht nicht entstanden war, mithin spätestens im Januar 2012 verjährt.
12Zu Unrecht habe das Landgericht darauf abgestellt, mit welchen Forderungen die Klägerin gegen ihren früheren Ehemann ausgefallen sei. Es hätte richtigerweise die tatsächliche mit der hypothetischen Vermögenslage vergleichen müssen, die die Klägerin nicht dargetan habe. Auch habe das Landgericht unzutreffenderweise einen Anspruch iHdes Vorsorgeunterhalts zugestanden; dieser bestehe nur, wenn die Klägerin nachweise, dass sie im Zeitraum von Oktober 2003 bis Januar 2006 tatsächlich Kosten in dieser Höhe aufwenden musste.
13Die Beklagten beantragen,
14das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 11.09.2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.
15Die Klägerin beantragt,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie verweist insbesondere darauf, dass neues Verjährungsrecht anwendbar sei, wonach die Forderung nicht verjährt sei, und dass der Schaden ausreichend dargelegt sei.
18Nach Hinweis des Senats in der Sitzung vom 16.06.2015, wonach es für die haftungsausfüllende Kausalität und die Verjährungsfrage darauf ankomme, wann der geschiedene Ehemann die Versicherungsansprüche an seine Lebensgefährtin abgetreten habe (GA 312), hat die Klägerin mit nachgelassenem Schriftsatz vorgetragen, dass - wie sie erst durch Schreiben des Insolvenzverwalters des geschiedenen Ehemannes, Rechtsanwalt Q., vom 07.07.2015 (GA 348) in Erfahrung habe bringen können - die Auszahlung an die Lebensgefährtin Frau T. nicht aufgrund einer Abtretung, sondern aufgrund einer Anweisung des geschiedenen Ehemannes vom 25.03.2011 erfolgt sei (GA 342f). Dies haben die Beklagten nicht in Frage gestellt (GA 375).
19Aufgrund dieses neuen Vorbringens hat der Senat mit Beschluss vom 28.07.2015 die mündliche Verhandlung wiedereröffnet (GA 356).
20Mit - zum Schriftsatz der Gegenseite vom 27.11.2015 (GA 452ff) - nachgelassenem (GA 456) Schriftsatz vom 22.12.2015 trägt die Klägerin unter Vorlage der Vollmacht vom 07.12.2011 erstmals vor, dass sie ihren Prozessbevollmächtigten erst unter diesem Datum das Mandat erteilt habe (GA 466, 470).
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
22II.
23Die Berufung der Beklagten gegen das angefochtene Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 11.09.2014 ist zulässig, jedoch nur zu einem geringen Teil, namentlich iHvon € 53,02 begründet. Im Übrigen bleibt die Berufung ohne Erfolg.
241.
25Die Beklagten stellen mit ihrer Berufung nicht mehr in Frage, dass sie verpflichtet waren, nicht nur wegen des rückständigen und bereits fälligen Trennungsunterhalts (gem. Vergleich des AG Mönchengladbach 30 F 26/02 vom 06.11.2002, B1= GA 38, und Urteil des AG Mönchengladbach vom 15.08.2003, 30 F 6/03, B2= GA 41ff) eine Forderungspfändung auszubringen, sondern der Klägerin auch die Durchführung einer Dauerpfändung im Hinblick auf die aufgrund des Vergleichs vom 06.11.2002 künftig fällig werdenden Trennungsunterhaltsansprüche zu empfehlen und diese Dauerpfändung zu bewirken. Ferner gehen sie davon aus, dass bei pflichtgemäß ausgebrachter Pfändung die zu pfändende Forderung gegen die H. Lebensversicherungs AG unter Berücksichtigung des bis zur Rechtskraft der Scheidung am 04.02.2006 zu zahlenden Trennungsunterhalts iHvon insgesamt € 122.027,60 belastet gewesen wäre, so dass die Klägerin weitergehende Befriedigung ihrer titulierten Forderung aus der Lebensversicherung hätte erlangen können.
26Die Beklagten waren darüber hinaus auch verpflichtet, jeweils aufgrund der nachfolgend erlangten Titel - namentlich des Anwaltsvergleichs vom 18.09.2003, GA 202ff, der mit Beschluss des AG Mönchengladbach vom 16.10.2003, 29 AR 10/03, GA 206ff, für vorläufig vollstreckbar erklärt wurde, sowie des Kostenfestsetzungsbeschlusses des AG Mönchengladbach vom 29.10.2003, 30 F 6/03, GA 204f und des rechtskräftigen Berufungsurteils vom 20.09.2006, II-5 UF 240/05, GA 169ff - eine weitere Pfändung der Lebensversicherung auszubringen.
27Demgegenüber können sich die Beklagten - wie auch das Landgericht zutreffend angenommen hat - nicht mit Erfolg auf ein nur beschränktes Mandat, namentlich im Hinblick auf die Pfändung der bei Beantragung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses am 05.09.2003 fälligen Ansprüche auf Unterhalt berufen. Auch bei einem nur beschränkten Mandat obliegt einem Anwalt gem. § 242 BGB die Nebenpflicht zur Warnung seines Auftraggebers vor Gefahren außerhalb des beschränkten Mandatsgegenstandes, soweit diese dem Anwalt bekannt oder für ihn offenkundig sind oder sich bei ordnungsgemäßer Bearbeitung aufdrängen, und wenn er Grund zu der Annahme hat, dass sein Auftraggeber sich der Gefahr nicht bewusst ist (Vill in Zugehör/G.Fischer/Vill/D.Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 3. Aufl. 2011, Rn. 553). Entsprechendes wäre hier anzunehmen, da die Beklagten auftragsgemäß mehrere Titel für die Klägerin erstritten hatten und ihnen aufgrund der Zwangsvollstreckung wegen zweier Titel bekannt war, dass ein werthaltiger Vermögensgegenstand (Lebensversicherung) auch für die Befriedigung aus den übrigen Titeln zur Verfügung stand. Entsprechend hätten sie die Klägerin auch auf die weitergehende Vollstreckungsmöglichkeit hinweisen müssen. Diese Pflicht entstand unverzüglich nach Vorliegen der fraglichen weiteren vollstreckungsfähigen Titel in den Jahren 2003 bzw. 2006. Mithin können die Beklagten auch nicht mit Erfolg einwenden, sie seien seit mindestens 2008 nicht mehr beauftragt gewesen, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auszuführen, bzw. die vorgeworfenen Pflichtverletzungen seien erst in den Jahren 2010 oder 2011 erfolgt und daher gar nicht streitgegenständlich (GA 377, 453).
282.
29Die haftungsausfüllende Kausalität ist gegeben. Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin bei pflichtgemäßem Hinweis der Beklagten deren Hinweisen gefolgt und die Beklagten - sofern noch nicht geschehen - mit einer weitergehenden Pfändung des Anspruchs aus der Lebensversicherung beauftragt hätten. Insoweit gilt die Vermutung des beratungskonformen Verhaltens, wenn – wie hier - bei vernünftiger Betrachtung aus damaliger Sicht nur eine Entscheidung nahegelegen hätte (vgl. G. Fischer in Zugehör/G.Fischer/Vill/D.Fischer/Rinkler/Chab aaO, Rn. 1115).
30Zu den Zeitpunkten, als die weiteren Titel erstritten worden waren und eine Vollstreckung aus diesen möglich gewesen wäre, hätte eine weitere Pfändung der Ansprüche aus der Lebensversicherung auch zu einer weitergehenden Befriedigung der Klägerin wegen der titulierten Ansprüche führen können.
31Zum Zeitpunkt der Vollstreckungsmöglichkeit aus dem Anwaltsvergleich vom 18.09.2003 und dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29.10.2003 lag die bei Ablauf am 01.12.2010 zu erwartende Versicherungssumme von (tatsächlich) € 87.948,25 (€ 28.875,60 an die Klägerin ausgezahlt, GA 133, + € 59.072,65 an Frau Topp ausgezahlt, B7= GA 107) weit über den bereits fälligen, titulierten Forderungen. Tituliert war bislang rückständiger Trennungsunterhalt von Mai bis September 2002 iHvon € 15.377,40 (Urteil vom 15.08.2003) und laufender Trennungsunterhalt ab Oktober 2002 iHvon monatlich € 2.328,80 (Vergleich vom 06.11.2002). Unter diesen Umständen war eine weitere Pfändung wirtschaftlich geboten, weil nicht abzusehen war, inwieweit der Unterhaltspflichtige seiner mit dem Vergleich vom 06.11.2002 titulierten Pflicht zu Zahlung künftigen Trennungsunterhalts nachkommen würde.
32Entsprechendes gilt für den Zeitpunkt der Vollstreckungsmöglichkeit aus dem Berufungsurteil vom 20.09.2006. Auch hier war eine weitere Pfändung wirtschaftlich angezeigt. Der zu erwartende Betrag der Lebensversicherung zum Ablauf am 01.12.2010 war durch die erfolgten Pfändungen noch nicht vollständig ausgeschöpft. Gegenüber dem letztlich zu erwartenden (tatsächlich ausgezahlten) Lebensversicherungsguthaben von € 87.948,25 betrug die offene Forderung aus den bereits in 2003 erwirkten Titeln zum 04.02.2006 nur € 62.259,11 (vgl. Forderungsaufstellung der Klägerin GA 127).
33Dass eine weitere Pfändung nicht möglich gewesen wäre, weil die weitergehenden Ansprüche aus der Versicherungsleistung zum Zeitpunkt des gebotenen Handelns bereits an Frau T. abgetreten worden waren, kann - unstreitig - nicht festgestellt werden. Die Klägerin hat mit nachgelassenem Schriftsatz vom 10.07.2015 vorgetragen, dass die am 25.03.2011 erfolgte Auszahlung an die Lebensgefährtin Frau T. nicht aufgrund einer Abtretung, sondern aufgrund einer Anweisung des geschiedenen Ehemannes vom selben Tage erfolgt sei (GA 342f). Dies haben die Beklagten nicht in Frage gestellt (GA 375).
34Die Beklagten können auch nicht mit Erfolg ein Mitverschulden der Klägerin (§ 254 BGB) einwenden, weil die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Schaden dadurch hätten abwenden bzw. mindern können, dass sie der Klägerin im Jahr 2010 oder 2011 zur einer erneuten Pfändung der Ansprüche aus der Lebensversicherung rieten (GA 378, 453). Die Klägerin hat mit nachgelassenem Schriftsatz vom 22.12.2015 vorgetragen, dass ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten erstmals unter dem 07.12.2011 von der Kläger in der Familienangelegenheit D ./. D mandatiert worden waren, und dies durch Vorlage einer entsprechenden Vollmacht belegt (GA 466, 470). Die Mandatierung erfolgte damit unstreitig nach der anweisungsgemäßen Auszahlung der restlichen Versicherungssumme an Frau T. am 25.03.2011; mithin hätten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine weitergehende Befriedigung aus der Lebensversicherung nicht mehr bewirken können.
35Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 15.12.2015 (GA 474ff) gibt demgegenüber keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Darin wird nicht bestritten, dass die Klägerin ihren Prozessbevollmächtigten erstmals mit Datum vom 07.12.2011 ein Mandat in Bezug auf die Streitigkeiten zwischen den geschiedenen Eheleuten erteilt hatte. Auch aus dem vorgelegten Schreiben der Stadt M. vom 22.03.2011 (GA 473) geht entgegen der Auffassung der Beklagten nicht hervor, dass die Klägerin diesbezüglich schon zu einem früheren Zeitpunkt ein Mandat erteilt hatte; das Schreiben verhält sich über die Grundsicherungsangelegenheit der Klägerin gegen die Stadt M. und damit über ein ganz anderes Mandat.
362.
37Auf die Verjährungseinrede können sich die Beklagten - entgegen ihren Ausführungen - nicht mit Erfolg berufen. Die Schadensersatzforderung der Klägerin wegen anwaltlicher Pflichtverletzung der Beklagten verjährt gem. § 199 Abs. 1 BGB, der einen kenntnisabhängigen Verjährungsbeginn bestimmt. Auf Verjährungsfragen im Zusammenhang mit der zu § 51b BRAO entwickelten Sekundärhaftung des Rechtsanwalts (vgl. Chab in Zugehör/G.Fischer/Vill/D.Fischer/Rinkler/Chab, aaO, Rn. 1279, 1375ff) kommt es damit nicht an.
38Die nach altem Recht geltende Verjährungsvorschrift des § 51b BRAO, die einen kenntnisunabhängigen Verjährungsbeginn vorsah, wurde mit Wirkung zum 15.12.2004 außer Kraft gesetzt. Nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 12 Abs. 1 EGBGB ist Art. 229 § 6 EGBGB entsprechend anzuwenden. Danach richtet sich die Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche, deren Verjährungsfrist vor dem 15.12.2004 angelaufen ist, nach dem bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Recht; ist die Verjährung von Schadensersatzansprüchen hingegen nach altem Recht noch nicht angelaufen, so ist diese ausschließlich nach neuem Recht zu berechnen (Chab in Zugehör/G.Fischer/Vill/D.Fischer/Rinkler/Chab, aaO, Rn. 1275ff mwN).
39Die Verjährung für den klageweise geltend gemachten Schadensersatzanspruch begann nicht vor dem 15.12.2004 zu laufen. Die Verjährungsfrist beginnt gem. § 51 b BRAO zu laufen mit der Entstehung des Anspruchs. Die Berufung geht hier irrigerweise davon aus, dass der Schaden - ebenso wie mit einer ersten negativen Gerichtsentscheidung - bereit mit Erlass des unzureichenden Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses im Jahre 2003 entstanden sei, und dass der Schaden darin liege, dass die weiteren titulierten künftigen Unterhaltsansprüche nicht sukzessive mit deren Fälligwerden durch ein Pfändungspfandrecht gesichert worden wären.
40Zu einem Schadensersatzanspruch gehört auch der Eintritt eines Schadens. Nach der zu § 51b BRAO entwickelten Rechtsprechung entsteht ein Schaden erst dann, wenn sich die Vermögenslage des Auftraggebers durch die anwaltliche Pflichtverletzung objektiv verschlechtert hat. Die Höhe des Schadens muss noch nicht beziffert werden können und es muss auch noch nicht feststehen, dass der Schaden bestehen bleibt und somit endgültig wird (BGH v. 20.10.2005, IX ZR 147/02, Rn. 5 mwN, juris). Das bloße Risiko eines Vermögensnachteils infolge der Pflichtverletzung genügt indes nicht; solange sich das Risiko nicht verwirklicht hat, liegt bei wertender Betrachtung allenfalls eine Vermögensgefährdung vor, die noch nicht einem Schaden gleich steht (Chab in Zugehör/G.Fischer/Vill/D.Fischer/Rinkler/Chab, aaO, Rn. 1353 mwN).
41Nach diesen Grundsätzen kann - entgegen der Auffassung der Berufung - nicht festgestellt werden, dass der durch die unterlassene Pfändungsmaßnahme entstandene Schaden bereits vor dem 15.12.2004 eingetreten war. Die Vermögenslage der Klägerin verschlechterte sich nicht schon dadurch, dass die Beklagten weitere Pfändungen wegen der zugunsten der Klägerin titulierten Forderungen unterließen. Dieses Unterlassen begründete im fraglichen Zeitraum allenfalls eine Vermögensgefährdung, weil noch nicht feststand, dass die Klägerin ihre titulierte Forderung nicht würde realisieren können. Auch ist - nachdem unstreitig zu keinem Zeitpunkt eine Abtretung an Frau T. stattgefunden hat - davon auszugehen, dass eine weitere Pfändung der Ansprüche aus der Lebensversicherung im hier fraglichen Zeitraum bis zum 15.12.2004 auf jeden Fall möglich war. Bei einer unterlassenen Pfändungsmaßnahme tritt ein Schaden des Auftraggebers aber erst ein, wenn eine Pfändung nicht mehr erfolgreich durchgeführt werden kann (vgl. BGH v. 20.10.2005, IX ZR 147/02, Rn. 6).
42Die Verjährungsfrist ist auch nicht etwa gem. § 51b BRAO - unabhängig vom Eintritt eines Schadens - spätestens drei Jahre nach der Beendigung des Auftrags verjährt. Selbst wenn man von einem beschränkten vollstreckungsrechtlichen Mandat ausgeht, war dieses erst mit der Auskehrung des Erlöses aus der gepfändeten Lebensversicherung an die Klägerin abgeschlossen (arg. e § Abs. 1 Nr. 1 RVG).
43Nach den anzuwendenden neuen Verjährungsvorschriften setzt der Beginn der Verjährungsfrist gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auch Kenntnis bzw. Kennenmüssen der den Schadensersatzanspruch begründenden Umstände, mithin auch des Schadenseintritts voraus. Ob eine solche Kenntnis/Kennenmüssen bereits aus dem Schreiben der H. Lebensversicherungs AG vom 11.05.2011 (GA 77) folgen könnte - worin diese mitteilt, dass weitere Auszahlungen nicht erfolgen würden - mag ebenso dahinstehen, wie die Frage, ob dieses Schreiben der Klägerin überhaupt vor den Nachforschungen ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten, welche mit Schreiben vom 12.12.2011 (GA 113) und vom 20.02.2013 (Anl. B7 = 21=107=206) beantwortet wurden, zur Kenntnis gelangt ist. Jedenfalls wäre die vor Ablauf des Jahres 2013 erhobene Klage noch rechtzeitig vor Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist erfolgt.
443.
45Der Höhe nach bemisst sich der von den Beklagten zu ersetzende Schaden nach dem Betrag, in dessen Höhe die titulierten Forderungen der Klägerin infolge der unterlassenen Pfändungen aus der Lebensversicherung nicht befriedigt werden konnten. Insoweit hat die Klägerin mit ihrer Forderungsaufstellung im Schriftsatz vom 01.08.2014, S. 6ff, GA 125ff, im Einzelnen dargelegt, wie sich die titulierten Forderungen gegen die Klägerin unter Berücksichtigung von Zinsen und Zahlungen Dritter aufsummierten. Insbesondere geht hieraus hervor, welche Zahlungen ihr Ehemann auf den Trennungsunterhalt Oktober 2003 bis Januar 2006 geleistet hat.
46Es ist nicht zu beanstanden, dass in der Forderungsaufstellung alle titulierten Forderungen berücksichtigt sind. Wie dargelegt, hätten die Beklagten bezüglich aller in der Forderungsaufstellung aufgeführten titulierten Forderungen eine Pfändung des Anspruchs auf Auszahlung der Lebensversicherung empfehlen müssen. Eine nähere Darlegung, auf welche der titulierten Forderung die jeweiligen Zahlungen verrechnet wurden, war vor diesem Hintergrund nicht erforderlich.
47Soweit hier Zahlungen auf Kosten und Zinsen verrechnet wurden, ist dies aus der Forderungsaufstellung ebenfalls ersichtlich. Eine Angabe, ob Zahlungen auf Elementarunterhalt oder Vorsorgeunterhalt verrechnet wurden, war nicht erforderlich. Die Unterhaltsansprüche der Klägerin auf Vorsorgeunterhalt waren tituliert und damit auch durchsetzbar, ohne dass über die Verwendung ein Nachweis zu führen war. Dementsprechend können auch die Beklagten die Leistung von Schadensersatz nicht von einem Verwendungsnachweis abhängig machen.
48Der ersatzfähige Schaden ist nicht um den Betrag des Vorsorgeunterhalts zu kürzen, weil die Klägerin ausweislich des Schreibens der Stadt M. vom 26.04.2011 (B5= GA 57) im Zeitraum 01.10.2008 bis 31.05.2011 Leistungen nach dem SGB VII in dem aus der Forderungsaufstellung (B6 = GA 58) ersichtlichen Umfang von € 4.580,15 bezogen hatte. Soweit Sozialleistungen bezogen wurden, hat die Klägerin diese - bis auf eine geringfügige Differenz - von der Schadensberechnung in Abzug gebracht. Die sich aus der Forderungsberechnung der Stadt M. (B6= GA 58) ergebenden Einzelbeträge sind entsprechend in der Forderungsaufstellung der Klägerin GA 125ff als „Zahlung/Gutschrift Stadt“ aufgeführt, lediglich mit folgenden, geringen Abweichungen:
49Leistungszeit |
Aufstellung Stadt |
Aufstellung Klägerin |
Okt 2008 |
281,97 |
214,77 |
März 2010 |
-67,20 |
0,00 |
Aug 2010 |
100,17 |
99,93 |
Okt 2010 |
100,36 |
101,56 |
Nov. 2010 |
100,36 |
57,45 |
Dez. 2010 |
99,46 |
88,39 |
615,12 |
562,10 |
Danach sind in der Forderungsaufstellung der Klägerin Zahlungen der Stadt M. iHvon € 53,02 nicht berücksichtigt. Diese sind mithin von dem ausgeurteilten Betrag in Abzug zu bringen.
51Dass Aufwendungen für Krankenvorsorge überhaupt nicht angefallen seien, weil die Kosten für die Krankenbehandlung vom Sozialhilfeträger oder einer Krankenkasse übernommen worden seien, ist weder dargetan noch ersichtlich. Soweit der Sozialhilfeträger im Rahmen der Grundsicherung die Beiträge zur Krankenkasse ganz oder teilweise übernommen haben sollte (vgl. hierzu: BSG v. 10.11.2011, B 8 SO 21/10 R, juris, Rn. 14), wäre ein entsprechender Anspruch zwar auf diesen übergegangen, was die Klägerin aber nicht gehindert hätte, diesen gelten zu machen (vgl. BGH v. 08.11.2001, IX ZR 64/01, Rn. 24, juris) .
52Weitergehende, nicht berücksichtigte Zahlungen durch den Unterhaltspflichtigen oder seitens Dritter machen die Beklagten nicht geltend.
53Mangels substantiierter Einwände gegen die Forderungsaufstellung der Klägerin ist mithin von einer offenen Forderung im Zeitpunkt der Auszahlung der Versicherungssumme am 28.03.2011 von € 77.679,21 - € 53,02 auszugehen, so dass nach Abzug der an die Klägerin ausgezahlten Lebensversicherungsleistung von € 28.875,60 noch die vom Landgericht ausgeurteilten € 48.803,61 - € 53,02 = € 48.750,59 als zu ersetzender Schaden verbleiben.
54Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 bzw. §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
55III.
56Die Kostenentscheidung folgt für die erste Instanz aus § 92 Abs. 1 ZPO, für die zweite Instanz aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
57Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht ersichtlich.
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Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 26. Jan. 2016 - I-24 U 190/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
Tenor
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Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 27. Januar 2010 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Im Streit sind Leistungen bzw höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) ab 1.1.2009.
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Die 1939 geborene Klägerin zu 1, die mit dem 1936 geborenen Kläger zu 2 verheiratet ist, bezieht vom Beklagten Grundsicherungsleistungen. Bei der Leistungsbewilligung (nach Ablauf des letzten Bewilligungszeitraums) ab 1.1.2009 hat der Beklagte die Kosten der privaten Kranken- und Pflegeversicherung für beide Kläger bei der Leistungsberechnung nur in der Höhe berücksichtigt, in der sie auch für Bezieher von Arbeitslosengeld II (Alg II) in der gesetzlichen Krankenversicherung (129,54 Euro) bzw sozialen Pflegeversicherung (17,79 Euro) zu zahlen wären; gegenüber dem Kläger zu 2 wurden wegen eines seinen Bedarf übersteigenden Einkommens Grundsicherungsleistungen weiterhin abgelehnt (Bescheid vom 23.12.2008; Widerspruchsbescheid vom 9.3.2009).
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Das Sozialgericht (SG) Ulm hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 27.1.2010), weil die Angemessenheit der Beiträge iS des § 32 Abs 5 Satz 1 und 4 SGB XII in gleicher Weise zu beurteilen sei wie die der Beiträge nach § 26 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) bei Empfängern von Alg II. Danach sei die Übernahme von Krankenversicherungsbeiträgen in Verbindung mit § 12 Abs 1c Satz 6 Halbsatz 2 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) in der Höhe beschränkt auf die Beträge, die auch für Bezieher von Alg II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen seien; Gleiches gelte für die Übernahme von Beiträgen zur sozialen Pflegeversicherung in Verbindung mit § 110 Abs 2 Satz 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI).
- 4
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Mit ihren Revisionen rügen die Kläger, dass die Angemessenheit der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in § 32 Abs 5 Satz 1 und 4 SGB XII nicht durch § 12 Abs 1c Satz 6 Halbsatz 2 VAG bzw § 110 Abs 2 Satz 4 SGB XI begrenzt werde. Angemessen seien mindestens die halbierten Beiträge des Basistarifs, für die Klägerin zu 1 314,05 Euro und den Kläger zu 2 289,12 Euro.
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Die Kläger haben schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
das Urteil des SG aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 23.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.3.2009 aufzuheben, soweit er den Kläger zu 2 betrifft, bzw abzuändern, soweit er die Klägerin zu 1 betrifft, und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger zu 2 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bzw der Klägerin zu 1 höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ab 1.1.2009 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.
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Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
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Die Beigeladene hat sich weder geäußert noch einen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
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Die Sprungrevisionen der Kläger sind zulässig. Unschädlich ist insbesondere, dass der Beklagte in seiner Erklärung vom 12.5.2010 nicht ausdrücklich der Einlegung einer Sprungrevision, sondern nur pauschal einer Sprungrevision zugestimmt hat. Denn eine derartige Erklärung ist jedenfalls dann als Zustimmung zur Einlegung selbst zu verstehen, wenn - wie vorliegend - im Zeitpunkt ihrer Abgabe Tenor und schriftliche Entscheidungsgründe des SG-Urteils dem Erklärenden bekannt waren (BSG SozR 3-1500 § 161 Nr 13 S 31 mwN).
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Die Revisionen sind auch im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das SG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 iVm Abs 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz
) . Aufgrund fehlender tatsächlicher Feststellungen (§ 163 SGG) des SG ist der Senat nicht in der Lage, über die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche zu entscheiden. Allerdings haben das SG und der Beklagte zu Unrecht bei der Leistungsberechnung die privaten Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge nur in der Höhe berücksichtigt, in der sie für Bezieher von Alg II in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung zu zahlen wären.
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Das SG hat bereits nicht geprüft, ob bzw ggf welche Bescheide über den vom 23.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.3.2009 hinaus Gegenstand des Klageverfahrens gemäß §§ 86, 96 SGG - ggf auch § 99 SGG - geworden sind und welcher Leistungszeitraum infolgedessen von den Klagen erfasst wird. Insoweit ist eine eigene Entscheidung des Senats im Hinblick darauf, dass sich das SG ausschließlich mit der bezeichneten Rechtsfrage auseinandergesetzt hat und mit Ausnahme des Alters der Kläger alle für die Beurteilung der geltend gemachten Ansprüche auf Grundsicherungsleistungen erforderlichen Feststellungen fehlen, untunlich (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Da das SG ohnedies erneut entscheiden muss, ist es unerheblich, ob bzw inwieweit dem Senat im Rahmen einer Sprungrevision entgegen § 161 Abs 4 SGG eine entsprechende Prüfung ohne Verfahrensrüge überhaupt möglich wäre(vgl dazu nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 161 RdNr 10b). Ausgangspunkt für die Beurteilung des SG muss die Wirkungsdauer des Bescheids vom 23.12.2008 und ggf konkludenter Bewilligungen aufgrund monatlicher Zahlungen (zur konkludenten Entscheidung Bundessozialgericht
, Urteil vom 14.4.2011 - B 8 SO 12/09 R - RdNr 12) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.3.2009 sein (umfassend zur Dauerleistungsproblematik von Bewilligungsbescheiden und zur Problematik der Einbeziehung von Folgebescheiden über §§ 86, 96, 99 SGG Coseriu in juris PraxisKommentarSGB XII, § 17 SGB XII RdNr 49.1 ff mwN).
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In der Sache geht es entgegen der Entscheidung des SG nicht lediglich um die Übernahme höherer Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung. Zwar wäre eine streitgegenständliche Beschränkung nach der Rechtsprechung des Senats möglich (vgl nur: BSGE 101, 217 ff RdNr 14 = SozR 4-3500 § 133a Nr 1; Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII, RdNr 76.2 mwN); jedoch haben die Kläger nicht die im Verwaltungsverfahren und Gerichtsverfahren erforderlichen eindeutigen Erklärungen abgegeben, sodass nach dem Meistbegünstigungs- bzw Gesamtfallprinzip (dazu BSGE 107, 169 ff RdNr 10 mwN = SozR 4-3500 § 28 Nr 6; vgl auch BSG, Urteil vom 27.9.2011 - B 4 AS 160/10 R - RdNr 14) die gesamten Leistungsansprüche einer Prüfung unterliegen. Dies gilt vorliegend umso mehr, als der Beklagte, ohne dass dies vom SG erkannt worden ist, im Ergebnis keine Leistungen an beide Kläger, sondern lediglich an die Klägerin zu 1 bewilligt hat, während er Leistungsansprüche des Klägers zu 2 wegen eines den Bedarf überschreitenden Einkommens abgelehnt hat; insoweit wäre der Beklagte nicht berechtigt gewesen, einen Gesamtleistungsbetrag für beide Kläger auszuwerfen (vgl Coseriu, aaO, RdNr 75 mwN). Aus dem formalen Gesamtbescheid ist jedoch ersichtlich, dass für die Kläger keine einheitliche Leistung bewilligt wurde. Dies bedeutet, dass entgegen der Ansicht des SG nicht höhere Leistungen für beide Kläger im Streit sind, sondern ausschließlich für die Klägerin zu 1, während der Kläger zu 2 überhaupt Leistungen der Grundsicherung beansprucht.
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Bei seiner neuen Entscheidung wird das SG das Konkurrenzverhältnis zwischen § 82 Abs 2 Nr 3 SGB XII und § 32 Abs 5 SGB XII zu beachten haben. Entgegen der Berechnung des Beklagten ist beim Kläger zu 2 nicht von vornherein ein Bedarf nach § 32 SGB XII seinem Einkommen gegenüberzustellen, sondern es wird zunächst zu prüfen sein, ob der Bedarf des Klägers zu 2 ohne Berücksichtigung des § 32 Abs 5 SGB XII durch sein Einkommen, von dem nach § 82 Abs 2 Nr 3 SGB XII dann aber angemessene Beiträge zu privaten Versicherungen abzuziehen sind, gedeckt ist. Nur wenn und soweit danach Bedürftigkeit besteht, käme für ihn § 32 Abs 5 SGB XII zur Anwendung(vgl dazu Schmidt in jurisPK-SGB XII, § 82 SGB XII RdNr 54.1). Sollte mithin der Kläger zu 2 auch unter Abzug der von ihm tatsächlich gezahlten Beiträge von seinem Einkommen - selbst hierzu fehlen tatsächliche Feststellungen des SG - nicht bedürftig werden, würde sich die Frage der Angemessenheit der Beiträge lediglich bei der Klägerin zu 1 auswirken, weil dieser ggf bei Unangemessenheit der Beitragshöhe ein höheres Einkommen des Klägers zu 2 im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung anzurechnen wäre. Der Senat sieht im Hinblick auf die gänzlich fehlenden tatsächlichen Feststellungen des SG von einer Entscheidung darüber ab, ob die Angemessenheitsprüfung im Rahmen des § 82 Abs 2 SGB XII zwingend und in jedem Fall den gleichen Kriterien unterliegt wie die im Rahmen des § 32 Abs 5 SGB XII. Es ist nicht Aufgabe der Revisionsinstanz, abstrakte Rechtsfragen unabhängig von den tatsächlichen Umständen des zu entscheidenden Rechtsstreits im Stil einer Kommentierung für alle denkbaren nicht festgestellten Sachverhaltsvarianten aufzuarbeiten.
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Der Anspruch der Kläger auf Grundsicherungsleistungen beurteilt sich nach § 19 Abs 2 SGB XII(in der Fassung, die die Norm ab 1.1.2008 durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlage der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - BGBl I 554 - erhalten hat) in Verbindung mit §§ 41 ff SGB XII. Danach erhalten auf Antrag Personen, die die Altersgrenze (für die Regelaltersrente) erreicht und ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht aus ihrem Einkommen und Vermögen gemäß §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII beschaffen können. Zu den Leistungen im Einzelnen gehört die Übernahme von Beiträgen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung nach § 42 Satz 1 Nr 4 SGB XII(hier in der Fassung, die die Norm durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21.12.2008 - BGBl I 2933 - erhalten hat) in Verbindung mit § 32 Abs 5 Satz 1 und 4 SGB XII (hier in der Fassung, die die Norm durch das Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens vom 20.7.2007 - BGBl I 1595 - erhalten hat). Nach § 32 Abs 5 Satz 1 SGB XII werden die Aufwendungen für eine (private) Krankenversicherung übernommen, soweit sie angemessen sind, wenn eine (private) Krankenversicherung bei einem Versicherungsunternehmen besteht. Soweit Aufwendungen für die Krankenversicherung übernommen werden, werden auch die Aufwendungen für eine Pflegeversicherung nach § 32 Abs 5 Satz 4 SGB XII übernommen. Zwar enthält die gesetzliche Regelung über die privaten Pflegeversicherungsbeiträge keine ausdrückliche Beschränkung auf die angemessenen Beiträge; jedoch dürfte diese Begrenzung aus der Formulierung "soweit" zu entnehmen sein.
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Von einer endgültigen Entscheidung über die Kriterien der Angemessenheit sieht der Senat im Hinblick auf die völlig fehlenden tatsächlichen Feststellungen des SG ab. Hier dürften zwar grundsätzlich die Beitragsbemessungsregelungen des § 12 Abs 1c Satz 4 und 5 VAG sowie des § 110 Abs 2 Satz 3 und 4 SGB XI zu beachten sein(vgl dazu im Rahmen des SGB II BSGE 107, 217 ff RdNr 19 ff; BSG, Urteil vom 27.9.2011 - B 4 AS 160/10 R - RdNr 29); jedoch ist ohne weitere tatsächliche Feststellungen eine Entscheidung des Senats darüber untunlich, ob die in diesen Vorschriften enthaltenen Beschränkungen zwingend oder nicht in bestimmten Konstellationen höhere Beiträge zu übernehmen sind (ebenso offen gelassen in BSGE 107, 217 ff RdNr 20).
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Allerdings findet § 12 Abs 1c Satz 6 Halbsatz 2 VAG mit der Beschränkung auf die Höhe der Beiträge, die auch für Bezieher von Alg II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen wären, keine Anwendung; insoweit liegt anders als im Rahmen des § 26 SGB II(vgl dazu BSGE 107, 217 ff) keine durch Analogie zu schließende Gesetzeslücke vor (Flint in Grube/ Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl 2010, § 32 SGB XII RdNr 14; Holzhey in jurisPK-SGB XII, § 32 SGB XII RdNr 49 ff; H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl 2010, § 32 SGB XII RdNr 50; Wolf, SGb 2011, 720, 723). Dies folgt insbesondere unter Berücksichtigung der vom SGB II abweichenden Systematik der Vorschrift des § 32 Abs 5 SGB XII aus dessen Wortlaut, der historischen Entwicklung und teleologischen Erwägungen.
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Bezieher von Sozialhilfeleistungen (waren und) sind anders als Leistungsbezieher nach dem SGB II (vgl für diese § 5 Abs 1 Nr 2a iVm Abs 5a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung
) nicht wegen des Leistungsbezugs gesetzlich pflichtversichert. Vielmehr ist seit 1.1.2004 grundsätzlich (bei Leistungen für voraussichtlich mehr als einen Monat) gemäß § 264 Abs 2 SGB V nur eine unechte Krankenversicherung ohne Beitragsleistung(vgl dazu: BSGE 101, 42 ff = SozR 4-3500 § 264 Nr 1; BSGE 102, 10 ff RdNr 22 f = SozR 4-2500 § 264 Nr 2; BSG SozR 4-3500 § 82 Nr 5 RdNr 23)mit einer Kostenerstattung des Sozialhilfeträgers gegenüber der Krankenkasse vorgesehen, wenn die Sozialhilfeempfänger nicht (anderweitig) versichert sind. Die Berechtigten sind nicht Mitglieder der Krankenkasse im körperschaftsrechtlichen Sinne, sondern nur verfahrens- und leistungsrechtlich Versicherten gleichgestellt (BT-Drucks 15/1525, S 141 zu Nr 152; vgl auch Soehngen in jurisPK-SGB XII, § 48 RdNr 18 ff, und Gamperl, Die Absicherung gegen Krankheitskosten durch Sozialhilfe und Gesetzliche Krankenversicherung als Mittel zur Lebensstandardsicherung, 2010, S 42 f). Der Sozialhilfebezug als solcher zieht mithin - anders als der Alg-II-Bezug - nicht die Versicherungspflicht nach sich. Liegen die Voraussetzungen des § 264 Abs 2 SGB V nicht vor und ist der Hilfeempfänger nicht aus anderen Gründen pflicht-, freiwillig oder privatversichert, sodass Beiträge nach § 32 SGB XII übernommen werden, erhält er - soweit keine Familienversicherung vorliegt - Hilfen zur Gesundheit nach §§ 47 ff SGB XII, die ebenso wenig mit einer Mitgliedschaft bzw Beiträgen in der gesetzlichen Krankenversicherung verbunden sind, sondern Sachleistungen durch die Einschaltung Dritter darstellen, deren Kosten dann wieder vom Sozialhilfeträger übernommen werden(H. Schellhorn, aaO, § 52 SGB XII RdNr 12; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 52 RdNr 22, Stand April 2010). Eine Beitragszahlung wegen eines Sozialhilfebezugs nach Maßgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist der Sozialhilfe mithin systemfremd.
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Die Höhe des zu übernehmenden Beitrags kann sich deshalb nicht daran orientieren, was bei Versicherungspflicht zu zahlen wäre; sie bemisst sich vielmehr nach dem individuellen Versicherungsverhältnis (vgl BT-Drucks 16/4247, S 61 zu Art 10). In diesem Sinne hat auch die Bundesregierung durch die Parlamentarische Staatssekretärin Caspers-Merk auf eine Anfrage des Abgeordneten Frank Spieth am 10.8.2009 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine gesetzliche Regelungslücke bezüglich der Tragung des Beitrags zu einer privaten Krankenversicherung nur in den Fällen bestehe, in denen eine versicherte Person unabhängig von der Höhe des zu entrichtenden Beitrags hilfebedürftig im Sinne des SGB II sei. Bei dem Bezug von Leistungen nach dem SGB XII bestehe dagegen keine entsprechende Lücke, weil gemäß § 32 Abs 5 SGB XII der zuständige Sozialhilfeträger den Beitrag zu tragen habe, der angemessen sei(BT-Drucks 16/13892, S 33; vgl auch Flint in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl 2010, § 32 SGB XII RdNr 14; Wolf, SGb 2011, 720, 723). Folgerichtig fehlt der in § 26 Abs 2 Nr 1 SGB II enthaltene Verweis auf § 12 Abs 1c Satz 6 VAG. Das gesetzliche Postulat der Angemessenheit lässt also Raum für eine Auslegung, die eine Gleichbehandlung der Sozialhilfeempfänger mit den Alg-II-Empfängern (insoweit aufgrund der Rechtsprechung des BSG zu § 26 SGB II)gewährleistet (angedeutet in BSGE 107, 217 ff RdNr 22). Dadurch wird nicht zuletzt eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung Privatversicherter verhindert, die deren verfassungsrechtlich garantiertes Existenzminimum tangieren würde (vgl dazu näher im Rahmen des § 26 SGB II BSGE 107, 217 ff RdNr 33 ff).
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Nichts anderes gilt für die privaten Pflegeversicherungsbeiträge. Auch insoweit ist der Bezug von Sozialhilfe anders als grundsätzlich der Bezug von Alg II (vgl § 1 Abs 2 Satz 1 SGB XI iVm § 5 Abs 1 Nr 2a SGB V) nicht mit einer Pflichtversicherung verbunden. Von einer Entscheidung darüber, inwieweit die Beiträge im Einzelnen nach Maßgabe der Regelungen des § 110 Abs 2 SGB XI im Rahmen des § 32 Abs 5 SGB XII zu übernehmen bzw bei der Einkommensanrechnung nach § 82 Abs 2 Nr 3 SGB XII zu berücksichtigen sind, sieht der Senat - wiederum im Hinblick auf die fehlenden tatsächlichen Feststellungen - ab. Jedenfalls ist die Übernahme privater Pflegeversicherungsbeiträge aus den gleichen Gründen wie bei den privaten Krankenversicherungsbeiträgen nicht auf die Beiträge beschränkt, die für Bezieher von Alg II in der sozialen Pflegeversicherung zu zahlen wären; § 12 Abs 1c Satz 6 Halbsatz 2 VAG, auf den § 110 Abs 2 Satz 4 SGB XI verweist, gilt insoweit ebenso wenig wie für die privaten Pflegeversicherungsbeiträge.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagten - in einer Sozietät verbundene Rechtsanwälte - wegen Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrages auf Schadensersatz in Anspruch.
Am 26. September 1992 erlitt die damals 25jährige, verheiratete Klägerin aus dem alleinigen Verschulden des bei der Versicherung AG (i.f. nur noch: Versicherung) haftpflichtversicherten Unfallgegners einen Verkehrsunfall. Seit
dem 1. September 1992 lebte sie von ihrem Ehemann getrennt; ihr am 6. Dezember 1990 geborener, schwerbehinderter Sohn, der nicht von dem Ehemann abstammt, wurde in einer Pflegestelle betreut. Die Klägerin ging keiner Erwerbstätigkeit nach und bezog - allerdings erst seit kurzem - Sozialhilfe. Ob die Klägerin vor dem Unfall jemals einen selbständigen Haushalt geführt hatte, ist streitig.
Bei dem Unfall wurde die Klägerin schwer verletzt. Sie sitzt seither im Rollstuhl. Im Schwerbehindertenausweis ist der Grad ihrer Behinderung seit dem 29. Oktober 1997 mit 100 % angegeben [GA II 105]. Sie bezieht weiterhin Sozialhilfe (mit einem 20 %igen Aufschlag zum Regelsatz) und auûerdem Pflegegeld gemäû § 69 a Abs. 2 BSHG. Nach dem Unfall nahmen die Klägerin und ihr Ehemann die eheliche Gemeinschaft wieder auf. Den - nach dem Vortrag der Klägerin seit 20. August 1993 (wieder) bestehenden - gemeinsamen Haushalt führt der nicht mehr berufstätige Ehemann, der zudem die Klägerin und deren Sohn versorgt.
Anfang 1995 beauftragte die Klägerin die Beklagten mit der Geltendmachung von Schadensersatz und Schmerzensgeld gegenüber der Versicherung. Diese zahlte aufgrund von Verhandlungen mit dem sachbearbeitenden Beklagten zu 2 als Vorschuû auf das Schmerzensgeld bis Dezember 1995 insgesamt 50.000 DM. Anschlieûend bemühte sich der Beklagte zu 2 um eine abschlieûende Regulierung. Mit Schreiben vom 26. November 1996 bat er die Klägerin, sie möge, nachdem ihr inzwischen eine restliche Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 46.000 DM zugegangen sei, die anliegende Abfindungserklärung unterzeichnen. Mit ihrer am 4. Dezember 1996 geleisteten Unterschrift erklärte sich die Klägerin wegen aller Ersatzansprüche aus dem Scha-
densereignis vom 26. September 1992 gegen Zahlung eines Abfindungsbetrages von 96.000 DM abzüglich bereits bezahlter 50.000 DM endgültig und vorbehaltlos (ausgenommen weitere immaterielle Ansprüche für den Fall, daû der Klägerin unfallbedingt das linke Bein abgenommen werden müûte) für abgefunden.
Die Klägerin wirft den Beklagten vor, sie hätten sie nicht darüber aufgeklärt , daû sie, wenn sie die Abfindungserklärung abgebe, auf Ansprüche wegen des materiellen Schadens verzichte. Eines solchen Hinweises hätte es um so mehr bedurft, als die Positionen Haushaltsführungs- und Kinderbetreuungskosten für sie überragende Bedeutung hätten. Die Beklagten hätten ihr den Abschluû des Abfindungsvergleichs überhaupt nicht vorschlagen dürfen, weil er für sie handgreiflich ungünstig gewesen sei.
Die auf Zahlung eines Betrages von 112.451,95 DM sowie einer monatlichen Rente gerichtete Klage haben die Vorinstanzen abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I.
Das Berufungsgericht hat sein Urteil wie folgt begründet:
Es spreche zwar einiges dafür, daû die Beklagten die Klägerin nicht hinreichend über die Tragweite der Abfindungsvereinbarung belehrt hätten. Letztlich könne dies aber dahinstehen. Denn der geltend gemachte Regreûanspruch scheitere jedenfalls an dem fehlenden Nachweis, daû die Klägerin bei richtiger und vollständiger Aufklärung die Abfindungserklärung nicht unterschrieben hätte. Es sei auch nicht dargetan, daû die Versicherung den Schmerzensgeldanspruch im November 1996 reguliert hätte, wenn Ansprüche wegen des materiellen Schadens offengeblieben wären.
II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Die Beklagten haben ihre anwaltlichen Pflichten schuldhaft verletzt.
a) Die Klägerin ist pflichtwidrig nicht darüber aufgeklärt worden, daû sie nach dem Wortlaut des Abfindungsvergleichs keine Ansprüche wegen eines materiellen Schadens mehr geltend machen kann.
aa) Da der Mandant eigenverantwortlich zu entscheiden hat, wie er seine Interessen in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zur Geltung bringt, ist
es auch seine Sache, darüber zu befinden, ob und mit welchem Inhalt er einen Rechtsstreit durch Vergleich beendet. Will der Prozeûbevollmächtigte einen solchen abschlieûen, hat er sich deshalb grundsätzlich der vorherigen Zustimmung der Partei zu versichern. Zuvor muû er diese darüber informieren, mit welchem Inhalt er den Vergleich abzuschlieûen gedenkt, und sie über die Vorund Nachteile ins Bild setzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Rechtsanwalt Anhaltspunkte dafür hat, daû der Mandant sich mehr davon verspricht. Selbst wenn der Rechtsanwalt der Meinung ist, das von ihm ausgehandelte Ergebnis sei schon das Äuûerste, was bei der Gegenseite zu erreichen sei, entbindet ihn das nicht von seiner Aufklärungspflicht (BGH, Urt. v. 14. Januar 1993 - IX ZR 76/92, WM 1993, 1197, 1199; vgl. auch Urt. v. 7. Dezember 1995 - IX ZR 238/94, NJW-RR 1996, 567). Für einen Abfindungsvergleich gilt das in besonderem Maûe (BGH, Urt. v. 21. April 1994 - IX ZR 23/93, NJW 1994, 2085, 2086; v. 13. April 2000 - IX ZR 372/98, NJW 2000, 1944).
bb) Das Berufungsgericht hat es letztlich zwar offengelassen, ob die Beklagten dieser Aufklärungspflicht gerecht geworden sind. Nach seinen - durchaus erschöpfenden - tatsächlichen Feststellungen ist die Frage jedoch zu verneinen.
Danach haben die Beklagten zunächst die Erwartungshaltung der Klägerin durch ein Schreiben vom 1. Dezember 1995 [Anlage K 1] geprägt. Darin teilten sie mit, daû die Versicherung dem Grunde nach Haushaltsführungs- sowie Kinderbetreuungskosten anerkenne, daû also eines "hoffentlich nicht mehr allzufernen Tages ein Gesamtkapitalbetrag für die Gesamtkosten ausgeschüttet ... (wird), die bis zum 16. Lebensjahr Ihres Sohnes auflaufen werden". Daû die Klägerin angenommen hat, auf die Positionen Haushaltsführung und Kin-
derbetreuung werde ein gröûerer Betrag gezahlt, geht aus ihrem Schreiben vom 2. April 1996 [Anlage B 20] hervor. Darin bat sie den Beklagten zu 2, eben dies mit der Versicherung zu klären. Mit Schreiben vom 6. November 1996 [Anlage K 3 = GA II 63] teilten die Beklagten der Klägerin u.a. mit: "Aufgrund Ihrer persönlichen Situation ist es zunächst einmal (Unterstreichung nicht im Original) sinnvoll, jetzt im Zusammenhang mit den Unfallfolgen nur die Schmerzensgeldfrage zu regeln." Dies lieû es möglich erscheinen, daû der materielle Schaden später geregelt werden sollte. Zwar fuhren die Beklagten in dem Schreiben fort: "Ansprüche auf Verdienstausfall oder andere stehen offensichtlich nicht im Raum. Sie waren bereits bei Eintritt des Unfalls Sozialhilfeempfängerin , Sie sind dies bis zum heutigen Tage." Schon das Berufungsgericht hat es aber als "zumindest fraglich" bezeichnet, ob die einfach strukturierte Klägerin die Bedeutung dieses Satzes verstanden hat. Davon kann in der Tat nicht ausgegangen werden, weil ein rechtlicher Laie Haushaltsführungsund Kinderbetreuungskosten nicht als Verdienstausfall qualifiziert. Die erforderliche Aufklärung hat auch nicht das Schreiben der Beklagten vom 26. November 1996 gebracht, in dem nur das Schmerzensgeld angesprochen wurde: "... nachdem Ihnen die restliche Schmerzensgeldzahlung in Höhe von DM 46.000,-- zugegangen ist ..." [Anlage K 2 = GA II 61]. Das Aufklärungsdefizit wird schlieûlich auch dadurch belegt, daû die Beklagten selbst keine zutreffenden Vorstellungen über die Rechtslage hatten (dazu Näheres unter b ee).
cc) Daû sie an der Pflichtverletzung kein Verschulden trifft, haben die darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten (vgl. BGH, Urt. v. 18. September 1986 - IX ZR 204/85, WM 1986, 1500, 1501; v. 20. Juni 1996 - IX ZR 106/95, WM 1996, 1832, 1835) nicht dargetan.
b) Nach dem Vortrag der Klägerin [GA I 6, 61], mit dem sich das Berufungsgericht nicht befaût hat, kommt als weitere schuldhafte Pflichtverletzung in Betracht, daû die Beklagten der Klägerin überhaupt den Abschluû des Abfindungsvergleichs vorgeschlagen haben. Dieser war für die Klägerin insofern nachteilig, als sie sich darin - zumindest dem Wortlaut nach - wegen ihrer Ansprüche auf Ersatz materiellen Schadens für abgefunden erklärte, ohne daû ihr eine entsprechende Leistung zufloû.
aa) Auf der Grundlage des für die Revisionsinstanz zu unterstellenden Sachverhalts hatte die Klägerin einen Anspruch auf Schadensersatz für den Wegfall ihrer Arbeitskraft als Hausfrau und Mutter, durch deren Einsatz sie gemäû § 1360 Satz 2 BGB ihre Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind und - nach Beendigung des Getrenntlebens - dem Ehegatten hätte erfüllen können (vgl. BGHZ 38, 55, 58; 50, 304, 306; 77, 157, 160 ff.; Palandt/Thomas, BGB 60. Aufl. Vorbem. vor § 249 Rn. 42 und § 845 Rn. 2). Insoweit stellte sich die Einschränkung der Fähigkeit, Hausarbeiten zu verrichten, als Erwerbsschaden im Sinne von § 843 Abs. 1 Alt. 1 BGB dar (BGH, Urt. v. 8. Oktober 1996 - VI ZR 247/95, NJW 1997, 256 f.). Allerdings begründet der bloûe Ausfall der Arbeitskraft noch keinen Vermögensschaden (BGHZ 54, 45, 50 ff.; BGH, Urt. v. 31. März 1992 - VI ZR 143/91, NJW-RR 1992, 852), ebensowenig die abstrakte Minderung der Erwerbsfähigkeit (BGHZ 38, 55, 58 f.; BGH, Urt. v. 17. Januar 1995 - VI ZR 62/94, NJW 1995, 1023, 1024). Erforderlich ist vielmehr ein konkreter Ausfall an Arbeitsleistung oder Verdienst. Daran fehlt es aber nicht schon deshalb, weil die Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls keinen eigenen Haushalt unterhielt und das Kind in einer Pflegestelle betreut wurde [vgl. GA I 38, 64, 79]. Etwas anderes hätte zwar zu gelten, wenn die Klägerin auch schon
vor dem Unfall nie in der Lage gewesen wäre, einen eigenen Haushalt zu führen und ein Kind zu versorgen, und dies demgemäû auch nie getan hätte. Das haben die Beklagten - unter Berufung auf "chronischen Alkoholabusus" der Klägerin - in der Tat behauptet [GA I 77-79]. Indes hat die Klägerin das Gegenteil vorgetragen und dafür Beweis angetreten [GA I 40, 65, 91, II 31]. Dieser Beweis ist - wie die Revision mit Recht rügt - nicht erhoben worden. Es ist deshalb zu unterstellen, daû die Klägerin vor dem Unfall - wenn auch nicht im Unfallzeitpunkt - einen eigenen Haushalt hatte und ohne den Unfall mit Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen gewesen wäre (§ 252 Satz 2 BGB), daû sie irgendwann wieder einen solchen haben würde. Das genügt für die Annahme eines konkreten Erwerbsschadens.
bb) Der Schaden entfiel nicht dadurch, daû der unterhaltsberechtigte Ehemann nach Beendigung des Getrenntlebens den Ausfall der "Hausfrau" ausglich, indem er deren Rolle selbst mit übernahm. Dies folgt aus dem allgemeinen Rechtsgedanken, wonach ein Schadensersatzanspruch nicht dadurch geschmälert oder ausgeschlossen wird, daû der Vermögensnachteil durch freiwillige Leistung eines Dritten ausgeglichen wird (BGHZ 21, 112, 117; 54, 269, 274; 91, 357, 364; Palandt/Heinrichs, Vorbem. vor § 249 BGB Rn. 131).
cc) Der Anspruch auf Ersatz des Erwerbsschadens war nicht auf den Sozialhilfeträger übergegangen und konnte auch nie auf diesen übergehen.
Wegen des Erwerbsschadens hatte der Sozialhilfeträger keine Leistungen erbracht, und etwas Derartiges war auch in Zukunft nicht zu erwarten. Der Beklagte bezieht sich in diesem Zusammenhang vergeblich auf den 20 %igen Aufschlag zum Regelsatz der Hilfe zum Lebensunterhalt (monatlich 86,40 DM)
und das in wechselnder Höhe gewährte Pflegegeld gemäû § 69 a Abs. 2 BSHG [vgl. Bescheide v. 21. September 1995, Anlage B 7, v. 5. Juli 1996, Anlage B 5, v. 18. Februar 1998, GA II 67, ferner Mitteilungen der Sozialämter GA I 28, II 101, Anlage K 13 alter Zählung]. Diese Leistungen des Sozialhilfeträgers waren dem Anspruch der Klägerin auf Ersatz ihres Erwerbsschadens nicht kongruent (vgl. BGH, Urt. v. 8. Oktober 1996 - VI ZR 247/95, aaO S. 257). Der 20 %ige Aufschlag soll vermehrte Bedürfnisse zum Lebensunterhalt der Klägerin selbst abdecken und hat mit ihrem Beitrag zum Familienunterhalt nichts zu tun. Ähnlich verhält es sich mit dem Pflegegeld. Nach § 69 a Abs. 1 BSHG erhalten Pflegebedürftige, die bei der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität für mehrere Verrichtungen mindestens einmal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen, ein Pflegegeld; dieses wird gemäû § 69 a Abs. 2 BSHG auf das Doppelte angehoben, wenn die Notwendigkeit der Hilfe bei den Verrichtungen zur Körperpflege, Ernährung und Mobilität mindestens dreimal täglich besteht. Dabei geht es immer um Hilfen für den Pflegebedürftigen selbst, nicht um einen Ersatz für Leistungen, die er ohne seine Behinderung Dritten erbracht hätte.
dd) Der Anspruch auf den Erwerbsschaden ist durch den - nach seinem Wortlaut umfassend angelegten - Abfindungsvergleich ausgeschlossen. Da die Klägerin die Versicherung insoweit aus eigenem Recht und nicht nur aufgrund einer Einziehungsbefugnis (vgl. dazu unten ee) in Anspruch nehmen konnte, stellt sich die Frage nicht, ob sich die Versicherung gegenüber dem Sozialhilfeträger auf den Abfindungsvergleich hätte berufen können (vgl. BGHZ 131, 274, 284 ff.).
ee) Die im Vorstehenden beschriebene Rechtslage haben die Beklagten , als sie der Klägerin den Abschluû des Abfindungsvergleichs empfahlen, verkannt. Sie haben damals gemeint, es gebe - abgesehen vom Schmerzensgeld - keine Ansprüche der Klägerin, die nicht auf den Sozialhilfeträger übergegangen seien; mit den übergegangenen Ansprüchen habe die Klägerin nichts zu tun. Diese Vorstellungen der Beklagten kommen in ihrem oben (1 a bb) bereits wiedergegebenen Schreiben an die Klägerin vom 6. November 1996 zum Ausdruck. An diesem Irrtum haben die Beklagten auch später festgehalten. Dies ergibt sich zum einen aus ihrem Schreiben an die Klägerin vom 16. März 1998 [Anlage K 8], in dem sie ausführen: "Die Vereinbarung, die wir seinerzeit mit der ... (Versicherung) getroffen haben, betrifft eindeutig nur solche Ansprüche, über die Sie selbst zum damaligen Zeitpunkt überhaupt noch verfügen konnten. Nicht beinhaltet sind damit alle Ansprüche, die zum damaligen Zeitpunkt bereits auf eine der vorgenannten Stellen im Wege des gesetzlichen Forderungsübergangs übergegangen waren. Ich verweise hierzu auf die Bestimmung des § 116 SGB X. Es ist grundsätzlich nicht Ihre und auch nicht unsere Sache, sich in den Regressstreit zwischen den vorgenannten Stellen und der ... Versicherung einzumengen. Die Ansprüche stehen Ihnen insoweit nicht mehr zu. Es handelt sich dabei vor allem um die Dinge, deren Fehlen Sie heute aufs Schärfste monieren", sowie - nach Geltendmachung des Regreûanspruchs - aus dem Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 27. April 1998 [Anlage K 15 neuer Zählung]: "Es wurde nicht übersehen, dass die Abfindungserklärung nur Schmerzensgeldansprüche betrifft. Zum Zeitpunkt der Abfindungserklärung war klar, dass auûer dem immateriellen Schmerzensgeldanspruch sonstige materielle Schadensersatzansprüche der Frau ... (Klägerin) wegen der Bestimmung des § 116 SGB X mit der... (Versicherung) nicht zu regulieren sind, da diese Ansprüche aufgrund der vorgenannten Rechtsvor-
schrift zumindest zum Zeitpunkt der Abfindungserklärung samt und sonders auf die beteiligten Sozialhilfe- und Versorgungsträger übergegangen waren. Über diese Ansprüche hat Frau ... (Klägerin) auch nicht verfügt, was zwischen ihr und der ... (Versicherung) klar war." In dieselbe Richtung zielt der Prozeûvortrag der Beklagten [GA I 21]: "Damit wäre ein eventueller Erwerbs- und Fortkommensschadensersatzanspruch des den Haushalt führenden Ehepartners und Lebensgefährten gemäû § 116 SGB X bereits mit dem Unfallereignis auf die jeweils beteiligten Träger der Sozialhilfe übergegangen."
Selbst wenn die Beklagten im Ausgangspunkt Recht gehabt hätten - Ansprüche wegen Haushaltsführung und Kinderbetreuung also auf den Sozialhilfeträger übergegangen gewesen wären oder noch hätten übergehen können -, wäre die Ansicht verfehlt gewesen, die Klägerin könne solche Ansprüche nicht geltend machen. Im Hinblick auf den Nachrang der Sozialhilfe und das Zusammenspiel des § 116 SGB X mit § 2 BSHG ist der Geschädigte sogar nach dem Rechtsübergang auf den Sozialhilfeträger - der nicht stets bereits mit dem Unfallereignis stattfindet (BGHZ 131, 274, 278 ff.) - ermächtigt, zur Vermeidung der Hilfsbedürftigkeit die Ersatzleistung im eigenen Namen vom Schädiger einzufordern (BGHZ 131, 274, 282 ff.; 133, 129, 135 f.,140).
Tatsächlich stand hier - wie bereits ausgeführt - in bezug auf den Erwerbsschaden der Klägerin ein Übergang auf den Sozialhilfeträger nicht in Rede.
ff) Der Rechtsirrtum der Beklagten war schon deshalb schuldhaft, weil sie die anstehenden (insbesondere im Lichte der am 12. Dezember 1995 ergangenen Entscheidung BGHZ 131, 274 ff. zu sehenden) Rechtsfragen weder
eigenverantwortlich noch gar mit der gebührenden Sorgfalt geprüft haben. Sie haben sich vielmehr insoweit auf die gegnerische Haftpflichtversicherung verlassen. Das ergibt sich aus dem von dem Beklagten zu 2 gefertigten Aktenvermerk vom 1. Dezember 1995 [Anlage K 4]: "Herr ... (Sachbearbeiter der Versicherung ) versprach in der Zwischenzeit abzuklären, wieweit die Haushaltsführung und Kinderbetreuung überhaupt noch Anspruchsgegenstand bei unserer Mandantin sein kann", sowie aus seinem inhaltsgleichen Schreiben vom selben Tage an die Versicherung [Anlage K 2 neuer Zählung].
2. Hatte die Klägerin - was vom Berufungsgericht nicht aufgeklärt worden ist - Ansprüche wegen eines Erwerbsschadens, besteht der regreûfähige Schaden darin, daû sie nach dem Wortlaut des Abfindungsvergleichs solche Ansprüche nicht mehr geltend machen kann, obwohl sie darauf nichts erhalten hat.
a) Allerdings muû sich die Versicherung möglicherweise wegen eines "doppelten Motivirrtums" auf eine Anpassung des Vergleichs nach den Grundsätzen über das Fehlen der Geschäftsgrundlage einlassen (vgl. BGHZ 25, 390, 392 f.; 58, 355, 361 f.; 62, 20, 24 f.; BGH, Urt. v. 13. November 1975 - III ZR 106/72, NJW 1976, 565 f.; Palandt/Heinrichs, § 119 BGB Rn. 30 und § 242 BGB Rn. 149). Das kommt dann in Betracht, wenn nicht nur die Klägerin, sondern auch die Versicherung bei Abschluû des Vergleichs davon ausgegangen ist, materieller Schaden werde davon nicht erfaût. Das Vorbringen der Beklagten [GA II 85] könnte in diese Richtung deuten (vgl. auch deren - oben teilweise wiedergegebenes - Schreiben vom 27. April 1998 [Anlage K 15 neuer Zählung ]).
Falls danach noch ein Anspruch der Klägerin gegen die Versicherung bestehen sollte, entfällt deswegen aber nicht ihr Schaden. Denn es ist durchaus fraglich, ob die Versicherung sich nicht doch auf die Abfindungsklausel berufen wird. Gegebenenfalls droht der Klägerin ein langwieriger Prozeû mit ungewissem Ausgang. Diese von den Beklagten zu verantwortende Unsicherheit darf nicht zu Lasten der Klägerin gehen (vgl. Senatsurt. v. 19. Juli 2001 - IX ZR 62/00, WM 2001, 1605, 1607). Die Beklagten können nur analog § 255 BGB Abtretung etwa noch bestehender Ansprüche gegen die Versicherung verlangen.
b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht gemeint, die Klägerin habe "wohl schon damals" (als sie durch die Beklagten ihre Ansprüche gegen die Versicherung geltend machte), "wie auch jetzt im Prozess", keinen ausreichenden Vortrag "für einen konkreten Schaden ... erbracht".
Nach dem - hier anzuwendenden - § 287 ZPO reicht eine deutlich überwiegende , auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit, daû ein Schaden entstanden ist, für die richterlicher Überzeugungsbildung aus (BGH, Urt. v. 2. Juli 1992 - IX ZR 256/91, NJW 1992, 2694, 2695; v. 5. November 1992 - IX ZR 12/92, NJW 1993, 734). § 287 ZPO erleichtert dem Geschädigten darüber hinaus die Darlegungslast. Die Klage darf nicht wegen eines lückenhaften Vortrags zum Schaden abgewiesen werden, solange greifbare Anhaltspunkte für eine Schätzung vorhanden sind (BGH, Urt. v. 23. Oktober 1991 - XII ZR 144/90, NJW-RR 1992, 202, 203; v. 2. Juli 1992 - IX ZR 256/91, aaO S. 2695 f.; v. 5. November 1992 - IX ZR 12/92, aaO). § 252 Satz 2 BGB bringt für den Geschädigten eine zusätzliche Erleichterung, soweit er entgangenen Gewinn darzulegen und nachzuweisen hat. Nach dieser Vorschrift gilt als ent-
gangen der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen , mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Entscheidend ist somit eine Prognose über die künftige Entwicklung (BGH, Urt. v. 14. Januar 1997 - VI ZR 366/95, NJW 1997, 937, 938). Fällt die Arbeitskraft einer Hausfrau aus, kann der Schaden anhand der in der Praxis entwickelten Berechnungsmodelle hinreichend genau erfaût werden (vgl. etwa BGH, Urt. v. 8. Oktober 1996 - VI ZR 247/95, NJW 1997, 256, 257 m.w.N.). Daû die Klägerin nach ihrem Vortrag gewisse hausfrauliche Tätigkeiten im Sitzen verrichten kann, sie also insoweit nicht zu 100 % ausfällt, steht einer Schätzung des konkreten Schadens nicht entgegen.
3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts scheitert die Haftung der Beklagten auch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden.
a) Liegt die Pflichtverletzung in der Empfehlung eines der Klägerin nachteiligen Vergleichs (vgl. oben 1 b), ist die Frage des Ursachenzusammenhangs möglicherweise noch weniger problematisch als bei einer bloûen Aufklärungspflichtverletzung. Die zuerst genannte Alternative hat das Berufungsgericht nicht geprüft.
b) Aber auch dann, wenn man - wie das Berufungsgericht - nur die Aufklärungspflichtverletzung im Auge hat, kann die Kausalität für den Schaden nicht verneint werden.
aa) Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daû grundsätzlich ein Anscheinsbeweis dafür spricht, der Mandant hätte sich bei pflichtgemäûer Beratung durch seinen Rechtsanwalt "beratungsgerecht" verhalten (grundlegend BGHZ 123, 311, 315; st. Rspr.). Es hat indes gemeint, hier hätten die Beklagten den Anscheinsbeweis erschüttert. Sie hätten dargetan, daû es der Klägerin darauf angekommen sei, möglichst schnell eine möglichst hohe Summe von der Versicherung zu erhalten. Sie habe noch "im November/Dezember 1996" einen Abfindungsbetrag erhalten wollen. Daraus ergebe sich zumindest die ernsthafte Möglichkeit, daû sie den Abfindungsvergleich auch bei pflichtgemäûer Aufklärung über dessen weittragende Folgen abgeschlossen hätte.
bb) Dem kann nicht gefolgt werden. Soweit das Berufungsgericht zur Bekräftigung seines Standpunkts den Gedanken herangezogen hat, die Klägerin habe zunächst selbst nicht behauptet, daû sie im Falle ordnungsgemäûer Aufklärung den Abfindungsvergleich nicht unterschrieben hätte, hat es gegenteiligen Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 17. Dezember 1999 [GA I 97] übersehen.
Ferner ist zwar zutreffend, daû die Klägerin im November/Dezember 1996 Geldbedarf anmeldete, weil sie eine behindertengerechte Kücheneinrichtung bestellt hatte, die am 5. Dezember 1996 geliefert und deren Preis von ca. 17.000 DM bar bezahlt werden sollte. Auch darf davon ausgegangen werden , daû die Klägerin zur Bezahlung mit vorhandenen Mitteln nicht in der Lage war. Es erscheint jedoch wenig lebensnah, daû die Klägerin - wenn die Beklagten ihr gesagt hätten, daû sie bei Annahme des vorgeschlagenen Abfindungsvergleichs auf andere Ansprüche als Schmerzensgeld verzichte - sich auf diesen Vergleich eingelassen hätte, nur um die bestellte Küche zu erhalten,
die ohne Bezahlung wohl nicht ausgeliefert worden wäre. Es ist nicht vorgetragen , daû die neue Küche zur Behebung einer dringenden Notlage unabweisbar gebraucht wurde. Die Lieferung hätte ohne weiteres zurückgestellt werden können. Zwar hatte die Klägerin eine neue Wohnung bezogen. Der Umzug hatte aber [ausweislich der Anlage B 6] spätestens im Juli 1996 stattgefunden. In der Zwischenzeit hatte sich die Klägerin offenbar mit der alten Küche beholfen. Das hätte auch künftig geschehen können. Selbst wenn die neue Küche dringend benötigt wurde, ist die Ansicht des Berufungsgerichts nicht nachvollziehbar , daû die Klägerin die Mittel zu ihrer Bezahlung von der Versicherung nur erhalten konnte, wenn sie den Abfindungsvergleich akzeptierte. Nach den Vorstellungen der Versicherung hatte die Klägerin allein als Schmerzensgeld noch 46.000 DM (allerdings darüber hinaus nichts) zu erwarten. Daû die Versicherung nicht bereit gewesen wäre, eine weitere Abschlagszahlung in Höhe von 17.000 DM zu leisten, haben die Beklagten nicht dargetan. Dazu sind sie wohl auch nicht in der Lage, weil sie in der bezeichneten Richtung keine Bemühungen entfaltet haben. Die Bereitschaft der Versicherung, den Betrag von 17.000 DM (oder auch mehr) als weiteren Abschlag zu zahlen, wäre überdies gefördert worden, wenn die Beklagten ihr pflichtgemäû deutlich gemacht hätten , daû wegen eines Haushaltsführungsschadens kein Anspruchsübergang auf den Sozialhilfeträger stattgefunden hat. Wieso die Klägerin bei pflichtgemäûem Verhalten der Beklagten mit einem "langwierigen Prozeû mit ... ungewissem Ausgang" hätte rechnen müssen, ist deshalb nicht ohne weiteres ersichtlich.
III.
Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1
ZPO), weil sie noch nicht entscheidungsreif ist. Das Berufungsgericht wird zunächst feststellen müssen, ob die Klägerin ohne den Unfall wahrscheinlich irgendwann (wieder) einen Haushalt geführt und ihr Kind betreut hätte, also dem Grunde nach einen Erwerbsschaden hatte (vgl. oben II 1 b aa). Gegebenenfalls wird es die Höhe des Schadens schätzen müssen.
Kreft Stodolkowitz Ganter Raebel Kayser
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.