Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 05. Dez. 2013 - I-5 U 58/13

ECLI:ECLI:DE:OLGD:2013:1205.I5U58.13.00
bei uns veröffentlicht am05.12.2013

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15.03.2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 15. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 31,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.12.2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rückzahlung von Vergütung, nach dem der mit der Beklagten geschlossene „Internet-System-Vertrag“ vorzeitig beendet worden war. Nach Abschluss des Vertrags am 09.09.2008 bat die Klägerin am 10.09.2008 die Beklagte, die Internetpräsenz wegen einer geplanten Umfirmierung auf März/April 2009 zu verschieben. Hiermit erklärte sich die Beklagte einverstanden und forderte aber gleichwohl das Entgelt für den ersten Berechnungszeitraum. Hierauf kündigte die Klägerin das Vertragsverhältnis unter dem 06.10.2008 aus wichtigem Grund und widerrief den Abbuchungsauftrag. Sie zahlte das Entgelt für die ersten drei Vertragsjahre „vorbehaltlich der nachträglichen Leistungserbringung“. Unter dem 02.12.2010 erklärte die Klägerin erneut die Kündigung mit der Begründung, die beabsichtigte Umfirmierung erfolge nicht in absehbarer Zeit und ein Internetauftritt unter der bisherigen Firma mache keinen Sinn. Die Klägerin forderte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 03.11.2011 vergeblich zur Rückzahlung der geleisteten Beträge auf.

Durch das am 15.03.2013 verkündete Urteil hat der Einzelrichter der 15. Zivilkammer die Beklagte zur Zahlung von 5.806,01 € nebst Zinsen verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Rückzahlungsanspruch folge aus § 812 Abs. 1 BGB. Denn zum Zeitpunkt der Zahlungen sei der Vertrag durch die Kündigung gemäß § 649 S. 1 BGB bereits wirksam beendet gewesen. Der Beklagten habe kein Vergütungsanspruch gemäß § 649 S. 2 BGB zugestanden, den sie dem Rückforderungsanspruch hätte entgegen setzen können. Ihr Vortrag im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast zu den nicht erbrachten Leistungen sei nicht ausreichend, um die Klägerin in die Lage zu versetzen, darzulegen und zu beweisen, dass die Beklagte mehr als die eingeräumten 664,23 € erspart habe. Dazu hätte sie zumindest ansatzweise ihre kalkulatorische Grundlage öffnen müssen. Die Klägerin habe weiteren Informationsbedarf formuliert, dem die Beklagte nicht nachgekommen sei. Wie die Kammer aus Parallelverfahren wisse, sei die Abrechnung der Beklagten nicht konsequent; diese Inkonsistenz in den Abrechnungen mache es erforderlich, weitere Kalkulationsgrundlagen offen zu legen. § 649 S. 3 BGB, der einen Vergütungsanspruch in Höhe von 5 % der Vergütung für die nicht erbrachte Leistung begründe, finde auf diesen Vertrag, der vor dem 01.01.2009 geschlossen worden sei, keine Anwendung. Ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der vorprozessualen Rechtsanwaltskosten bestehe nicht.

Mit der hiergegen gerichteten Berufung macht die Beklagte geltend, auch ohne Offenlegung der Kalkulationsgrundlage sei eine sachgerechte Überprüfung ihres Vortrags möglich. Die von ihr zu erbringende Leistung werde ganz überwiegend durch den Personaleinsatz festangestellter Mitarbeiter erbracht. Es handele sich insoweit um einzelvertragsunabhängige Kosten. Sie habe ihrer sekundären Darlegungslast genügt, in dem sie vorgetragen haben, welche Leistungen bei Durchführung des Vertrags erbracht worden wären und welche dieser Positionen nach Kündigung des Vertrags nicht mehr angefallen seien.

Die Beklagte erkennt an, der Klägerin insgesamt einen Betrag in Höhe von 31,24 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.12.2011 zu schulden.

Sie beantragt,

unter Abänderung des Urteils des LG Düsseldorf vom 15.03.2013 sie unter Abweisung der Klage im Übrigen zu verurteilen, an die Klägerin 31,24 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.12.2011 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf die dort zu den Akten gereichten Schriftsätze und Urkunden verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache überwiegend Erfolg.

1.

Der Klägerin steht gemäß dem Anerkenntnis der Beklagten nur ein Anspruch auf Rückzahlung in Höhe von 31,24 € zu. Hinsichtlich des weiteren Betrags von 5.774,77 € kann die Klägerin nicht die Rückzahlung gemäß § 812 BGB beanspruchen. Diese Leistungen erfolgten mit Rechtsgrund. Die Klägerin war gemäß § 649 S. 2 BGB zur Zahlung dieser Beträge verpflichtet, nachdem sie den Vertrag mit der Beklagten gekündigt hatte.

a.

Die Parteien haben am 09.09.2008 einen wirksamen Internet-System-Vertrag geschlossen worden, der als Werkvertrag einzuordnen ist (vgl. BGH NJW 2010, 1449). Die Leistungen der Beklagten dienten überwiegend dazu, die Abrufbarkeit einer von ihr für die Klägerin erstellten und betreuten Webseite im Internet zu gewährleisten und damit einen bestimmten Erfolg herbeizuführen.

Dieser Vertrag ist nicht durch eine außerordentliche Kündigung der Klägerin am 06.10.2008 beendet worden. Es bestand kein Grund, den Vertrag außerordentlich zu kündigen. Dass die Beklagte auf die Zahlung ihrer Vergütung bestand, obwohl die Klägerin aufgrund einer geplanten Umfirmierung kein aktuelles Interesse an einer Website hatte, begründet keine die Kündigung rechtfertigende tiefgreifende Verletzung des Vertrauensverhältnisses. Da die Klägerin sich weigerte, sich von der Beklagten eine Website erstellen zu lassen, befand sie sich in Annahmeverzug, weil sie die notwendige Mitwirkung verweigerte. Dies hinderte die Beklagte nicht, ihre im Voraus zu leistende Vergütung zu verlangen. Denn die Vergütung war gemäß der vertraglichen Einigung jährlich im Voraus zu zahlen und setzte nicht die Erstellung der Website voraus. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird diese in Ziff. II des Vertrags vereinbarte Vorleistungspflicht, obwohl sie vom Leitbild der gesetzlichen Regelung abweicht, jedenfalls im unternehmerischen Rechtsverkehr bei einem Internet-System-Vertrag als sachlich berechtigt und angemessen bewertet (vgl. BGH NJW 2010, 1449 ff). In dem Vorbringen der Klägerin in dem Schreiben vom 02.12.2010, wonach ein Internetauftritt unter der jetzigen Firmierung keinen Sinn mache und eine Umfirmierung in absehbarer Zeit nicht erfolgen könne, ist nur eine freie Kündigung zu sehen.

b.

Die Beklagte hat infolge der freien Kündigung der Klägerin einen Vergütungsanspruch in Höhe von 5.774,77 € gemäß § 649 S. 2 BGB. Der Klägerin hat weder dargelegt noch bewiesen, dass die Beklagte höhere ersparte Aufwendungen und/oder die Möglichkeit anderweitigen Erwerbs hatte.

aa.

Der Klägerin hat spätestens durch ihr Schreiben vom 02.12.2010 den Vertrag mit der Beklagten wirksam gemäß § 649 S. 1 BGB gekündigt. Die freie Kündigung ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass nach dem Text der Vereinbarung während der vertraglichen Laufzeit von 48 Monaten nur eine Kündigung aus wichtigem Grund vorgesehen ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird Bezug genommen auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 27.01.2011 (NJW 2011, 915 ff) und 24.03.2011 (WM 2011, 1716 ff). Zwar hatte die Klägerin bereits am 06.10.2008 den Vertrag „aus wichtigem Grund“ gekündigt. Es ist jedoch fraglich, ob diese Kündigung in eine freie Kündigung umgedeutet werden kann, denn die Klägerin hat danach – wenn auch unter Vorbehalt – die zu leistende Vergütung erbracht und damit den Eindruck erweckt, an dem Vertrag festhalten zu wollen. Dies kann jedoch angesichts der am 02.12.2010 erklärten Kündigung dahin stehen. Mit diesem Schreiben hat die Klägerin deutlich gemacht, sich endgültig von dem Vertrag lösen zu wollen.

bb.

Nach der Kündigung kann die Beklagte gemäß § 649 S. 2 BGB grundsätzlich die Zahlung der vereinbarten Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen verlangen. Diese ergibt sich in Ermangelung feststellbaren anderweitigen Erwerbs aus der Differenz zwischen der vereinbarten Vergütung und den kündigungsbedingt für nicht erbrachte Leistungen ersparten Aufwendungen. Erspart sind solche Aufwendungen, die der Unternehmer bei Ausführung des Vertrages hätte machen müssen und die er wegen der Kündigung nicht mehr machen muss. Dabei ist auf die Nichtausführung des konkreten Vertrages abzustellen. Maßgebend sind die Aufwendungen, die sich auf der Grundlage der vertraglichen Abreden der Parteien unter Berücksichtigung der Kalkulation des Unternehmers ergeben. Dementsprechend muss der Unternehmer zur Begründung seines Anspruchs aus § 649 S. 2 BGB grundsätzlich vortragen, welcher Anteil der vertraglichen Vergütung auf die erbrachten und nicht erbrachten Leistungen entfällt und darüber hinaus vertragsbezogen darlegen, welche Kosten er hinsichtlich der nicht erbrachten Leistungen erspart hat. Erst wenn er eine diesen Anforderungen genügende Abrechnung vorgelegt hat, ist es Sache des Auftraggebers darzulegen und zu beweisen, dass der Unternehmer höhere Ersparnisse erzielt hat, als er sich anrechnen lassen will. Der Unternehmer muss über die kalkulatorischen Grundlagen der Abrechnung so viel vortragen, dass dem für höhere ersparte Aufwendungen darlegungs- und beweisbelasteten Besteller eine sachgerechte Rechtswahrung ermöglicht wird (BGH, Urt. v. 24.03.2011, VII ZR 164/10; MDR 2011, 648 f). Im vorliegenden Fall genügt die Abrechnung der Beklagten diesen Anforderungen. Hierauf hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 22.10.2013 hingewiesen.

(1).

Eine Differenzierung zwischen erbrachten und nicht erbrachten Leistungen war hier nicht erforderlich. Die Beklagte hat den Vertrag so abgerechnet, als hätte sie bis zur Beendigung des Vertrages keine Leistung erbracht. Eine solche Abrechnung ist jedenfalls dann zulässig, wenn nur ein kleiner Teil der geschuldeten Leistung erbracht worden ist (vgl. BGH BauR 2005, 385; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Auflage, Rdn. 1558). Die Beklagte hat unstreitig keine erkennbaren Leistungen für die Klägerin erbracht.

Es oblag der Beklagten vertragsbezogene Angaben zu ihren kündigungsbedingt ersparten Aufwendungen zu machen. Sie schuldete aber entgegen der Ansicht der Klägerin keine pauschale Offenlegung ihrer Kalkulation. Allerdings mussten ihre Angaben so konkret sein, dass es der Klägerin möglich war, ihrerseits vorzutragen, dass und in welcher Höhe die Beklagte tatsächlich Ersparnisse erzielt hat (vgl. BGH MDR 2011, 648). Entscheidend war das Informationsbedürfnis der Klägerin für ihre Verteidigung (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 72. Auflage, § 649 Rdn. 10). Da der Geschäftsbetrieb der Beklagten darauf ausgerichtet ist, eine Vielzahl von Verträgen ähnlichen Inhalts zu schließen, ist es nicht gerechtfertigt, eine Abrechnung zu verlangen, die sich speziell auf die gegenüber dem Beklagten geschuldete Leistung bezieht. Da die Beklagte die individuellen Belange und Bedürfnisse des Kunden nicht im Voraus kennt, kann sie nur eine durchschnittliche Kalkulation für jeden Vertrag erstellen. Dem ist sie gerecht geworden.

(2).

Im Hinblick auf diesen Vertrag hat die Beklagte einheitlich und konsequent abgerechnet. Sie hat den kalkulierten Ablauf des Vertragsverhältnisses skizziert und die voraussichtlich ersparten Aufwendungen von 421,55 € (Fahrtkosten für den Medienberater, Porti, Registrierungskosten und Kosten für Büromaterial) dargelegt. Gemäß ihrem Schriftsatz vom 14.08.2012 lässt sie sich darüber hinaus für den ersparten Einsatz freier Mitarbeiter 103 € und für ersparte Hostingkosten 139,68 € anrechnen. Der Verweis des Landgerichts auf unterschiedliche Abrechnungsvarianten war daher in diesem Fall nicht angebracht. Im Übrigen ist dieser Einwand auch nicht erheblich. Denn eine Partei ist nicht gehindert, ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern, insbesondere auch zu berichtigen (vgl. BGH VersR 2011, 1384). Es ist der Beklagten zu überlassen, ihren ursprünglichen Vortrag zu wechseln und zu korrigieren. Letztlich entscheidend ist das Vorbringen, auf welches sie ihre Berufung stützt. Widersprüchlichkeiten, die Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Kalkulation wecken, liegen nicht vor.

Die Klägerin hat – entgegen der Auffassung des Landgerichts - keinen ergänzenden Vortrag der Beklagten angemahnt, den sie benötigt, um die Ausführungen der Beklagten kritisch zu hinterfragen und eine höhere Ersparnis sowie Füllaufträge darzulegen und zu beweisen. Es reicht nicht aus, das Vorbringen der Beklagten einfach mit Nichtwissen zu bestreiten. Die Klägerin trägt die Darlegungs- und Beweislast für höhere Ersparnisse und die Möglichkeit anderweitigen Erwerbs. Zwar hat die Beklagte das Informationsbedürfnis der Klägerin für ihre Verteidigung zu stillen. Hierzu ist aber zunächst ein konkretes Informationsbedürfnis zu formulieren. Die Beklagte hat ihren Jahresabschluss 2008 vorgelegt. Sie hat zu ihren Personalkosten, den Kosten für die freien Mitarbeiter und der Anzahl der abgeschlossenen Verträge im Jahr 2008 vorgetragen. Weitere Informationen, die geeignet wären, die vorgelegte Abrechnung zu hinterfragen, sind von der Klägerin nicht angemahnt worden. Damit hat die Beklagte ihrer Darlegungslast genügt. Trotz des vorbereitenden Hinweises des Senats in seinem Beschluss vom 22.10.2013 hat die Klägerin ihr Vorbringen nicht ergänzt.

Der Vergütungsanspruch der Beklagten setzt sich demnach zusammen aus den 48 monatlichen Zahlungen zu je 130 € nebst Anschlusskosten in Höhe von 199 €, also insgesamt 6.439 €, abzüglich ersparter Aufwendungen von 664,23 €. Angesichts der von der Klägerin gezahlten 5.806,01 € verbleibt ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 31,24 €. Diesen Betrag hat die Beklagte anerkannt.

2.

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.

3.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92 Abs. 2, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 709 S. 2, 711 ZPO.

4.

Zu der Frage, welche Anforderungen an den Vortrag des Unternehmers zu einer Abrechnung nach § 649 S. 2 BGB zu stellen sind, lässt der Senat die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu. Denn diese Frage stellt sich bei einer Vielzahl gekündigter Internet-System-Verträge.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 5.806,01 €

J… B… Dr. B…


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TEILANERKENNTNIS- UND SCHLUSSURTEIL             

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Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 05. Dez. 2013 - I-5 U 58/13

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Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr
Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 05. Dez. 2013 - I-5 U 58/13 zitiert 8 §§.

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(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

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Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 05. Dez. 2013 - I-5 U 58/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 24. März 2011 - VII ZR 164/10

bei uns veröffentlicht am 24.03.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 164/10 Verkündet am: 24. März 2011 Seelinger-Schardt, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ne

Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 30. Juni 2016 - 5 U 58/13

bei uns veröffentlicht am 30.06.2016

Tenor 1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 21.03.2013, Az. 327 O 494/12, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen. 3.

Referenzen

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.

(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.

(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 164/10 Verkündet am:
24. März 2011
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Besteller darf einen Werkvertrag, mit dem sich der Unternehmer für eine Mindestvertragslaufzeit
von 48 Monaten zur Bereitstellung, Gestaltung und Betreuung
einer Internetpräsenz verpflichtet hat, jederzeit gemäß § 649 Satz 1 BGB kündigen.

b) Der Unternehmer muss zur Begründung seines Anspruchs aus § 649 Satz 2 BGB
grundsätzlich vortragen, welcher Anteil der vertraglichen Vergütung auf die erbrachten
und nicht erbrachten Leistungen entfällt und darüber hinaus vertragsbezogen
darlegen, welche Kosten er hinsichtlich der nicht erbrachten Leistungen erspart
hat.
BGH, Urteil vom 24. März 2011 - VII ZR 164/10 - LG Düsseldorf
AG Düsseldorf
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. März 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die
Richter Dr. Kuffer, Bauner, Halfmeier und Prof. Leupertz

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 24. September 2010 wird zurückgewiesen. Auf die Anschlussrevision des Beklagten wird das Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 24. September 2010 im Kostenpunkt und hinsichtlich der Widerklage zu 2 wie folgt abgeändert: Die Berufung der Klägerin wird auch insoweit zurückgewiesen, als das Amtsgericht festgestellt hat, dass der Klägerin aus einem Internet-System-Vertrag vom 12. August 2008, Vertragsnummer , keine Ansprüche gegen den Beklagten für das dritte und vierte Vertragsjahr zustehen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin. Im Übrigen wird die Anschlussrevision zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin befasst sich gewerblich mit der Erstellung von Internetseiten. Am 12. August 2008 schloss sie mit dem Beklagten einen so genannten "Internet-System-Vertrag E. Premium“. Gegenstand der vertraglichen Leistungsverpflichtung der Klägerin waren unter anderem die Reservierung einer Internet-Domain, die Gestaltung und Programmierung einer individuellen Internet -Präsenz und das "Hosten" der Website. Für diese Leistungen hatte der Beklagte eine Anschlussgebühr von 236,81 € sowie, jährlich im Voraus, ein monatliches Entgelt von 154,70 € zu entrichten. Als Vertragslaufzeit waren 48 Monate vereinbart. Nach § 2 der in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist der Vertrag während der Laufzeit aus wichtigem Grund bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kündbar.
2
Die Klägerin hat mit der Klage die Anschlussgebühr und das monatliche Entgelt für die ersten beiden Vertragsjahre nebst Zinsen beansprucht. Darüber hinaus hat sie die Erstattung vorprozessual angefallener Rechtsanwaltskosten von 229,30 € nebst Zinsen verlangt. Mit seiner Widerklage hat der Beklagte seinerseits die Erstattung vorgerichtlich durch die Einschaltung eines Anwalts entstandener Rechtsverfolgungskosten von 229,30 € verlangt und auf Feststellung angetragen, dass der Klägerin aus dem in Rede stehenden Vertrag keine Ansprüche für das dritte und vierte Vertragsjahr zustehen. Darüber hinaus hat er festgestellt wissen wollen, dass die Klägerin verpflichtet sei, ihm den Schaden zu ersetzen, der ihm durch die nicht ordnungsgemäße Vertragsanbahnung /Vertragsdurchführung entstanden sei.
3
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung auch die Widerklage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageanliegen weiter. Der Beklagte hat Anschlussrevision eingelegt, mit der er seine Widerklage weiterverfolgt , soweit diese auf Kostenerstattung und die Feststellung gerichtet ist, keinen Ansprüchen der Klägerin für das dritte und vierte Jahr der Vertragslaufzeit ausgesetzt zu sein.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht führt aus, der Vertrag, bei dem es sich um einen Werkvertrag handele, sei wirksam mit einer Laufzeit von 48 Monaten geschlossen , jedoch mit Schriftsatz des Beklagten vom 27. August 2009 gemäß § 649 BGB gekündigt worden. Die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der "freien" Kündigung eines Werkvertrages sei zwar durch die Regelungen zur Vertragslaufzeit in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin abbedungen worden. Dieser Ausschluss verstoße jedoch gegen § 307 BGB und sei deshalb unwirksam.
5
Gemäß § 649 Satz 2 BGB könne die Klägerin von dem Beklagten grundsätzlich Zahlung der vereinbarten Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen verlangen. Allerdings müsse sie vertragsbezogen zu den erbrachten und nicht erbrachten Leistungen vortragen und darlegen, was sie sich an ersparten Aufwendungen anrechnen lassen wolle. Ihrer dahingehenden Darlegungsverpflichtung sei die Klägerin nicht nachgekommen. Ein Vergütungsanspruch nach Maßgabe des § 649 Satz 2 BGB stehe ihr deshalb nicht zu. § 649 Satz 3 BGB greife nicht, weil der Vertrag vor dem 1. Januar 2009 geschlossen worden sei.
6
Die auf Erstattung vorgerichtlich angefallener Rechtsverfolgungskosten gerichtete Widerklageforderung des Beklagten hat es für nicht gerechtfertigt erachtet , weil die Klägerin weder eine Vertragspflicht verletzt noch sich mit der Erbringung von Vertragspflichten in Verzug befunden habe. Den Antrag auf Feststellung, dass der Klägerin keine Ansprüche aus dem Vertrag für das dritte und vierte Jahr der Vertragslaufzeit gegen den Beklagten zustehen, hat es mangels Feststellungsinteresse abgewiesen.

II.

7
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung überwiegend stand.
A. Revision der Klägerin
8
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
9
1. Im Ergebnis zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Beklagte den Vertrag wirksam gemäß § 649 Satz 1 BGB gekündigt hat.
10
Der Senat hat sich in seinem beiden Parteien bekannten Urteil vom 27. Januar 2011 (VII ZR 133/10 - bei juris, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen ) bereits mit einem von der Klägerin vertriebenen "Internet-SystemVertrag" befasst. Er hat dort für einen gleich gelagerten Fall im einzelnen ausgeführt , dass ein derartiger Vertrag wirksam gemäß § 649 Satz 1 BGB gekündigt werden kann und ein Ausschluss des Kündigungsrechts des Bestellers sich weder aus der Natur des Vertrages noch aus den von den Parteien durch Einbezie- hung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin getroffenen vertraglichen Abreden ergibt. An dieser Rechtsprechung, von der abzuweichen das Vorbringen der Revision keinen Anlass bietet, hält der Senat fest. Insbesondere hat der Senat bereits darauf hingewiesen, dass das freie Kündigungsrecht grundsätzlich nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil der Vertrag eine Laufzeit hat. Er hat dargelegt, dass bei einer Vertragsauslegung dahin, dass die Kündigung nach § 649 BGB ausgeschlossen sein solle, ein berechtigtes, über die Realisierung des Vergütungsanspruchs hinausgehendes Interesse des Unternehmers erkennbar sein müsse, das durch eine freie Kündigung des Vertrages in einer Weise beeinträchtigt würde, die hinzunehmen ihm nicht zugemutet werden könne. Ein solches besonderes Interesse liegt nicht darin, ohne Beeinträchtigung durch eine freie Kündigung auf Referenzen hinsichtlich solcher Kunden verweisen zu können, die damit einverstanden gewesen sind, auf einer Referenzliste der Klägerin geführt zu werden. Es mag sein, dass für einen Unternehmer die Vereinbarung eines Referenzobjektes ein erkennbares und geschütztes Interesse begründen kann, eine freie Kündigung auszuschließen, und dies auch bei der ergänzenden Vertragsauslegung zu berücksichtigen ist. So liegt es hier jedoch nicht. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass der vereinzelte Ausfall von Referenzkunden , die nach der von ihr geschilderten Vorgehensweise in erheblichem Umfang vorliegen dürften, ihre Geschäftstätigkeit nachhaltig beeinflussen könnte. Dass freie Kündigungen sich auf die Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter auswirken könnten, ist im Zusammenhang mit der Auslegung der Verträge unerheblich.
11
Dementsprechend war auch der vorliegende Vertrag "frei" kündbar, weil bereits die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin enthaltenen Vereinbarungen der Parteien zur Laufzeit und Kündbarkeit des Vertrages entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts dahin auszulegen sind, dass ihnen ein rechtsgeschäftlicher Ausschluss des Kündigungsrechts nach § 649 Satz 1 BGB nicht entnommen werden kann. Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 27. August 2009 die Kündigung des Vertrages erklärt, der somit nach Maßgabe der Vorschriften in § 649 BGB abzurechnen war.
12
2. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch aus § 649 Satz 2 BGB verneint , weil die insoweit darlegungspflichtige Klägerin keine Abrechnung der vereinbarten Vergütung unter Abgrenzung von erbrachten und nicht erbrachten Leistungen und Anrechnung ersparter Aufwendungen vorgenommen habe. Demgegenüber meint die Klägerin, die nach den vertraglichen Vereinbarungen für die ersten beiden Vertragsjahre zu zahlenden Entgeltraten in voller Höhe verlangen zu können, weil der Beklagte sich zur Abrechnung des Vertrages nicht geäußert und ihrerseits nicht substantiiert zu etwaigen Ersparnissen der Klägerin vorgetragen habe. Jedenfalls hätte das Berufungsgericht die Vergütung gemäß § 287 Abs. 2 ZPO auf den geltend gemachten Betrag schätzen können und müssen. Damit dringt sie nicht durch.
13
a) Nach § 649 Satz 2 BGB hat der Unternehmer, dem nach § 649 BGB gekündigt wurde, einen Anspruch auf die vertragliche Vergütung. Diese ergibt sich in Ermangelung feststellbaren anderweitigen Erwerbs aus der Differenz zwischen der vereinbarten Vergütung und den kündigungsbedingt für nicht erbrachte Leistungen ersparten Aufwendungen. Erspart sind solche Aufwendungen, die der Unternehmer bei Ausführung des Vertrages hätte machen müssen und die er wegen der Kündigung nicht mehr machen muss. Dabei ist auf die Nichtausführung des konkreten Vertrages abzustellen. Maßgebend sind die Aufwendungen, die sich auf der Grundlage der vertraglichen Abreden der Parteien unter Berücksichtigung der Kalkulation des Unternehmers ergeben (BGH, Urteil vom 21. Dezember 1995 - VII ZR 198/94, BGHZ 131, 362). Dementsprechend muss der Unternehmer zur Begründung seines Anspruchs aus § 649 Satz 2 BGB grundsätz- lich vortragen, welcher Anteil der vertraglichen Vergütung auf die erbrachten und nicht erbrachten Leistungen entfällt und darüber hinaus vertragsbezogen darlegen , welche Kosten er hinsichtlich der nicht erbrachten Leistungen erspart hat (BGH, Urteil vom 7. November 1996 - VII ZR 82/95, BauR 1997, 304 = ZfBR 1997, 78). Erst wenn er eine diesen Anforderungen genügende Abrechnung vorgelegt hat, ist es Sache des Auftraggebers darzulegen und zu beweisen, dass der Unternehmer höhere Ersparnisse erzielt hat, als er sich anrechnen lassen will (BGH, Urteil vom 21. Dezember 1995 - VII ZR 198/94, BGHZ 131, 362; Urteil vom 11. Februar 1999 - VII ZR 399/97, BGHZ 140, 365). Welche Anforderungen an die Abrechnung des gekündigten Werkvertrages zu stellen sind, hängt vom Vertrag sowie den seinem Abschluss und seiner Abwicklung zugrunde liegenden Umständen ab. Sie ergeben sich daraus, welche Angaben der Besteller zur Wahrung seines Interesses an sachgerechter Verteidigung benötigt (BGH, Urteil vom 14. Januar 1999 - VII ZR 277/97, BGHZ 140, 263). Der Unternehmer muss über die kalkulatorischen Grundlagen der Abrechnung soviel vortragen, dass dem für höhere ersparte Aufwendungen darlegungs- und beweisbelasteten Besteller eine sachgerechte Rechtswahrung ermöglicht wird (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 9. Teil Rn. 28).
14
b) Den sich aus diesen Grundsätzen ergebenden Anforderungen an die schlüssige Darlegung des Anspruchs aus § 649 Satz 2 BGB genügt der Sachvortrag der Klägerin nicht.
15
Die Klägerin hat mit ihrem in der Revisionsbegründung in Bezug genommenen Vorbringen im Berufungsverfahren geltend gemacht, sie müsse sich keine ersparten Aufwendungen anrechnen lassen, weil der Beklagte hierzu nicht vorgetragen habe. Soweit dem, wie die Revision meint, die Behauptung entnommen werden kann, keine Aufwendungen erspart zu haben, kann die Klägerin hieraus nichts zu ihren Gunsten herleiten.
16
Sie hat allenfalls die pauschale Behauptung aufgestellt, keine Aufwendungen erspart zu haben. Der pauschale Vortrag des Unternehmers, Aufwendungen nicht erspart zu haben, wird seiner Darlegungslast jedenfalls dann nicht gerecht, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Beklagte mit dem Hinweis auf die Darlegungslast der Klägerin für die Kalkulation der erbrachten und nicht erbrachten Leistungen hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat, den mit der Klage geltend gemachten Vergütungsanspruch anhand einer nachvollziehbaren, vertragsbezogenen Abrechnung überprüfen zu wollen. Eine solche Überprüfung war nicht möglich, weil die Klägerin keine vertragsbezogenen Angaben zu ihren kündigungsbedingt ersparten Aufwendungen gemacht hat. Damit war dem Beklagten zugleich die Möglichkeit genommen, seinerseits konkret vorzutragen, dass und in welcher Höhe die Klägerin tatsächlich Ersparnisse erzielt hat.
17
c) Entgegen der Auffassung der Klägerin bietet ihr Vorbringen aus nämlichen Gründen auch keine ausreichende Grundlage für eine gerichtliche Schätzung. Diese hätte im Übrigen nur dann gemäß § 287 Abs. 2 ZPO in Betracht gezogen werden müssen, wenn die Ermittlung des sich nach Maßgabe des § 649 Satz 2 BGB ergebenden Vergütungsanspruchs mit Schwierigkeiten verbunden wäre, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen. Ein solches Missverhältnis besteht nicht bereits deshalb, weil die Klägerin trotz eines entsprechenden Hinweises des Gerichts ihren Vergütungsanspruch nicht in tauglicher Weise dargelegt hat.
18
d) Nach alledem steht der Klägerin ein Vergütungsanspruch gemäß § 649 Satz 2 BGB nicht zu. Das gilt auch für die nach dem Vertrag zu zahlenden Anschlusskosten , für die entgegen der Auffassung der Revision nicht ersichtlich ist, dass sie außerhalb des für die Vergütung nach § 649 Satz 2 BGB maßgeblichen vertraglichen Äquivalenzgefüges angefallen sind. Die Klägerin legt nicht dar, wofür die Anschlusskosten (nicht: "Abschlusskosten") erhoben werden und wie sie in den Vertragspreis einkalkuliert sind. Dass sie kein Entgelt für die vertraglichen Leistungen der Klägerin sind, folgt nicht bereits aus dem Umstand, dass sie im Voraus bei Vertragsschluss fällig werden.
19
3. Das Berufungsgericht hat die Klage auch hinsichtlich der geltend gemachten Kosten der vorprozessualen Rechtsverfolgung für unbegründet erachtet. Die hiergegen von der Revision vorgebrachte Rüge, der Beklagte müsse jedenfalls den auf die Anschlussgebühr entfallenden Anteil dieser Kosten erstatten, bleibt ohne Erfolg, weil der Klägerin ein Vergütungsanspruch aus § 649 Satz 2 BGB auch insoweit nicht zusteht.
20
4. Die Revision ist nach allem zurückzuweisen. Der Beurteilung des Senats unterlag nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder aus dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist, § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die von der Klägerin unter Vorlage eines in der mündlichen Verhandlung überreichten Schriftsatzes begehrte Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht kommt nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen. Das Berufungsurteil beruht insbesondere nicht auf einem Verfahrensfehler. Die Klägerin ist von den Instanzgerichten ausreichend auf die Erforderlichkeit einer Abrechnung nach § 649 Satz 2 BGB hingewiesen worden, wie auch die Revision nicht in Frage stellt. Allein der Umstand, dass Gerichte in anderen Prozessen der Klägerin die Auffassung vertreten haben, eine Kündigung nach § 649 BGB sei unwirksam und deshalb die Klägerin in diesen Prozessen keinen Anlass gesehen hat, nach dieser Vorschrift abzurechnen, ändert nichts.
B. Anschlussrevision des Beklagten
21
Die gemäß § 554 Abs. 1 Satz 1 ZPO statthafte Anschlussrevision hat teilweise Erfolg.
22
1. Dem Beklagten steht, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei erkannt hat, ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich angefallener Rechtsverfolgungskosten nicht zu.
23
Im Ausgangspunkt allerdings zu Recht weist der Beklagte darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 133/08, BGHZ 179, 238; Urteil vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 224/05, NJW 2007, 1458) die Einschaltung eines Anwalts zur Abwehr unberechtigt geltend gemachter Forderungen erstattungsfähige Kosten der Rechtsverfolgung auslösen kann. Ein dahin gehender Erstattungsanspruch kann sich insbesondere aus § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB ergeben, wenn der Gläubiger gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme verstößt, weil er eine Rechtsposition verfolgt, die er selbst nicht als plausibel ansehen darf (BGH, Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 133/08, BGHZ 179, 238). Voraussetzung ist demnach eine in diesem Sinne vorwerfbare Pflichtwidrigkeit des Gläubigers, welche der Beklagte hier darin erblickt, dass die Klägerin mit der in Bezug genommenen Rechnung zur Bezahlung des vertraglichen Entgelts für Leistungen aufgefordert habe, die tatsächlich nicht erbracht worden seien. Diese Erwägungen gehen fehl. Sie übersehen, dass der Beklagte nach dem Vertrag, den das Berufungsgericht einschließlich der in ihm enthaltenen Zahlungsklauseln für wirksam erachtet hat, das nach monatlichen Raten bemessene Entgelt jährlich im Voraus und deshalb grundsätzlich unabhängig davon zu entrichten hatte, ob und welche Leistungen die Klägerin im Abrechnungszeitraum tatsächlich erbracht hatte. Vor diesem Hintergrund stellt allein die Übersendung einer Rechnung über die bis zu diesem Zeitpunkt fällig gewordene Vergütung keine Pflichtwidrigkeit der Klägerin dar, welche den Beklagten im Rahmen einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dazu hätte veranlassen können, anwaltlichen Rat und Beistand einzuholen.
24
2. Die Anschlussrevision hat Erfolg, soweit der Beklagte mit der Widerklage auf Feststellung anträgt, dass der Klägerin hinsichtlich des dritten und vierten Jahres der Vertragslaufzeit keine Ansprüche aus dem Vertrag zustehen.
25
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht das Feststellungsinteresse verneint, weil von Beginn des Rechtsstreits klar gewesen sei, dass eine Entscheidung über die Klageforderung zugleich eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über die Berechtigung der Klägerin enthalte, auf Grundlage des in Rede stehenden Vertrages Entgelt für das dritte und vierte Vertragsjahr zu fordern. Das trifft nicht zu. Mit der Klage über das Entgelt für das erste und zweite Vertragsjahr hat die Klägerin zum Ausdruck gebracht, dass sie sich auch eines Anspruchs auf das weitere Entgelt berühmt, so dass das Feststellungsinteresse des Beklagten besteht. Ein derartiger Anspruch steht der Klägerin nicht zu, so dass die Widerklage insoweit begründet ist.

III.

26
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Kniffka Kuffer Bauner Halfmeier Leupertz

Vorinstanzen:
AG Düsseldorf, Entscheidung vom 11.03.2010 - 37 C 7814/09 -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 24.09.2010 - 22 S 64/10 -

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.

(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 21.03.2013, Az. 327 O 494/12, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten, auf ihrer Webseite im Internet die Verbreitung bestimmter Äußerungen zu unterlassen, daneben begehrt sie die Zahlung von Abmahnkosten.

2

Die Klägerin ist ein Tochterunternehmen der ... Hotels and Hostels Holding AG, welche zusammen mit weiteren Betreibergesellschaften im Inland sowie im europäischen Ausland u.a. Hotels und Hostels betreibt. In Hamburg betreibt die Klägerin in der Nähe des Hauptbahnhofs in der ... zugleich ein Hotel und ein Hostel. Die klägerischen Übernachtungsangebote richten sich an Reisende, die eine einfache, standardisierte Leistung zu einem günstigen Preis wünschen. Zu den Gästen der Klägerin zählen häufig jüngere Reisende und Schülergruppen. Die Einrichtung in den Häusern der Klägerin ist weitgehend vereinheitlicht. Die Klägerin unterhält die Webseite „...com", unter welcher Reservierungen online vorgenommen werden können und Informationen zu den angebotenen Hotels- und Hostels abrufbar sind.

3

Die Beklagte, eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts, betreibt unter der Webseite „...de" ein Urlaubsbewertungsportal und ein Online-Reisebüro. Im Rahmen des Bewertungsportals bietet die Beklagte den Nutzern die Möglichkeit, Hotels zu bewerten, unabhängig davon, ob eine Reisebuchung vorgenommen wird. Eine solche Bewertung für ein Hotel beinhaltet die veröffentlichten Erfahrungsberichte von Reisenden sowie einen Punktesstand. Letzterer basiert auf von den Reisenden vergebenen Punkten für einzelne Leistungsbereiche nach „umgekehrten Schulnoten“ (Punktesystem: eine bis sechs Sonnen), aus welchen dann eine Durchschnittsnote errechnet wird. Zudem wird für jedes Hotel eine „Weiterempfehlungsrate“ in einem Prozentsatz angegeben.

4

Eine Hotelbewertung ist jedermann mit gültiger E-Mail Adresse möglich. Die Beklagte verlangt daneben von jedem Nutzer, der eine Bewertung abgeben möchte, die Angabe des Vornamens, des Heimatlandes, der Altersgruppe sowie des Wohnorts. Ausweislich der Nutzungsbedingungen der Beklagten verpflichtet sich der Nutzer u.a., weder vorsätzlich oder fahrlässig unwahre oder beleidigende und diffamierende Inhalte einzustellen (Nutzungsbedingungen Anlage B 3).

5

Die Klägerin wendet sich in diesem Rechtsstreit gegen den von der Nutzerin „...“ verfassten Beitrag, mit welchem unter der Überschrift „Abgewohntes Hostel“ in dem Hotelbewertungsportal der Beklagten eine Bewertung des klägerischen Hostels „...“ abgegeben wurde (Hotelbewertung Anlage K 12). Die Klägerin forderte die Beklagte zunächst per E-Mail vom 7.5.2012 zur Löschung des Eintrags auf (Anlage K 13). Die Beklagte antwortete hierauf mit E-Mail am selben Tag und erbat weitere Informationen zur nach Ansicht der Klägerin wahren Sachlage (Anlage K 14). Mit Anwaltsschreiben vom 9.5.2012 mahnte die Klägerin die Beklagte sodann ab und forderte sie unter Fristsetzung auf, eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben. Die Beklagte lehnte dies ab (Anlagen K 15-16). Auf Antrag der Klägerin hat das Landgericht Hamburg der Beklagten sodann durch einstweilige Verfügung vom 7.6.2012 verboten,

6

auf den von ihr betriebenen Internet-Hotel-Bewertungsportalen „...“ zu dem von der Klägerin betriebenen ... Hostel ..., im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs Folgendes zu behaupten und / oder die folgenden Behauptungen Dritter zu verbreiten:

7

a) In der Toilette lag der Klodeckel zertrümmert im Waschbecken,
b) überall waren Scherben,
c) im ganzen Zimmer waren angeklebte Kaugummis,
d) das Zimmer kann nicht gereinigt gewesen sein bzw. war nicht ordentlich sauber,
e) die Toilette hat zum Himmel gestunken,
f) alles war ordentlich abgewohnt,

8

solange die entsprechenden Behauptungen nicht erweislich wahr sind.

9

Die einstweilige Verfügung vom 7.6.2012 ist vollzogen, die streitige Bewertung ist von der Beklagten entfernt worden.

10

Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 21.8.2012, die von der Klägerin begehrte Abschlusserklärung nicht abgegeben zu wollen (Anlage K 1a). Die Klägerin verfolgt im vorliegenden Hauptsacheverfahren ihren Anspruch weiter. Zudem beansprucht sie die Erstattung der Abmahnkosten und der Kosten für das Abschlussschreiben.

11

Die Klägerin hat vorgetragen, keine der von der Autorin „...“ aufgestellten Behauptungen treffe zu. Der Hausleiter vor Ort könne sich noch an die Reisegruppe erinnern, welcher die Bewertung zuzuordnen sei. Nach Kontrolle sämtlicher Zimmer dieser Gäste habe er keinen der Beschwerdepunkte feststellen können. Die Autorin „...“ habe ihre Behauptungen mittlerweile zurückgezogen. Die Beklagte sei dafür beweisbelastet, dass die Behauptungen wahr seien. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, bei den streitgegenständlichen Behauptungen handele es sich um unzulässiges Anschwärzen i.S.v. §§ 3,4 Nr. 8 UWG a.F. Die Parteien seien Mitbewerber. Die von der Nutzerin „...“ aufgestellten Behauptungen stellten Tatsachenbehauptungen dar, die nicht erweislich wahr seien. Diese seien geeignet, ihren Hotel- und Hostelbetrieb zu schädigen, da Leser nach derart abschreckenden Meldungen vermutlich ein anderes Hotel buchen würden. Die Klägerin hat die Behauptungen der Beklagten zum automatisierten Prüfverfahren mit Nichtwissen bestritten. Es sei nicht möglich, einen Nutzerbeitrag ohne vorgeschaltete Kontrolle der Beklagten online zu stellen. Die Kontrolle münde in einen Freigabeakt seitens der Beklagten. Die Beklagte habe sicherzustellen, dass ihr Geschäftsmodell den gesetzlichen Anforderungen entspreche, auch hinsichtlich der Vorschriften zum Schutz der Mitbewerber vor der Verbreitung anonymer Anschwärzungen.

12

Die Klägerin hat beantragt:

13

1. Der Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu vollziehen an ihren Vorständen,

14

untersagt,

15

auf den von ihr betriebenen Internet-Hotel-Bewertungsportalen „...“ zu dem von der Klägerin betriebenen ... Hostel ..., im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs Folgendes zu behaupten und / oder die folgenden Behauptungen Dritter zu verbreiten:

16

a) In der Toilette lag der Klodeckel zertrümmert im Waschbecken,
b) überall waren Scherben,
c) im ganzen Zimmer waren angeklebte Kaugummis,
d) das Zimmer kann nicht gereinigt gewesen sein bzw. war nicht ordentlich sauber,
e) die Toilette hat zum Himmel gestunken,
f) alles war ordentlich abgewohnt,

17

solange die entsprechenden Behauptungen nicht erweislich wahr sind.

18

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 723,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

19

Die Beklagte hat beantragt,

20

die Klage abzuweisen.

21

Die Beklagte hat vorgetragen, jede Bewertung durchlaufe - abgesehen von der Überprüfung der E-Mail-Adresse - ein automatisiertes Prüfungsverfahren. Mittels einer speziellen Software werde die Bewertung zunächst anhand von formalen Kriterien auf bestimmte Risikoaspekte hin überprüft. Dabei gehe es auch um den Schutz vor Formalbeleidigungen. Je nach Ergebnis der automatischen Prüfung werde die Bewertung automatisch freigegeben oder manuell weiter überprüft. Für letztere Prüfung beschäftige sie ein Team von rund 30 Mitarbeitern. Der Autor erhalte eine Mitteilung nach erfolgter Prüfung. Erst ab diesem Moment sei die Bewertung auf der Plattform online einsehbar. Eine eigene Bewertung ihrerseits erfolge niemals. Die Nutzerinformationen und Nutzerinhalte auf der Plattform stünden im Vergleich zum ebenfalls betriebenen Online-Reisebüro klar im Vordergrund. Sie würden auch von den Reisebüroinhalten klar getrennt angeboten. Der Nutzerbeitrag der Autorin „...“ sei allein aufgrund der ergangenen einstweiligen Verfügung gesperrt worden. Es sei davon auszugehen, dass die Schilderungen der Autorin der Wahrheit entsprächen. Hinsichtlich eines Teils der Bewertung seien Meinungsäußerungen gegeben (Buchstaben d, e und f). Die Beklagte hat des Weiteren die Ansicht vertreten, die Parteien seien keine Mitbewerber. Auch läge hinsichtlich der Nutzerbewertungen keine geschäftliche Handlung ihrerseits vor. Hierfür wäre ein objektiver Zusammenhang zwischen der Zugänglichmachung der Bewertung und der Förderung des Absatzes erforderlich. Bewertungsportale erfüllten eine zentrale Funktion bei der Ausübung von Meinungsfreiheit. Dieser Beitrag sei bei der Anwendung des Lauterkeitsrechts zu berücksichtigen. Auch im Rahmen von § 4 Nr. 8 UWG a.F. treffe den Anspruchssteller eine Substantiierungspflicht. Dieser genüge die Klägerin nicht. Sie, die Beklagte, habe die streitgegenständlichen Behauptungen nicht verbreitet. Sie räume Nutzern lediglich die Möglichkeit ein, ihre Bewertungen anderen Nutzern mitzuteilen. Der klägerische Antrag sei zu pauschal. Ein Abschlussschreiben sei nicht erforderlich gewesen.

22

Das Landgericht hat der Klage durch Urteil vom 21.3.2013 vollen Umfangs stattgegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf Tenor, Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils Bezug genommen.

23

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte. Sie greift zunächst die landgerichtlichen tatsächlichen Feststellungen an. Aus dem Tatbestand ergebe sich nicht, dass das Online-Reisebüro dem Bewertungsportal übergeordnet sei. Hiervon gehe das Landgericht aber aus. Den vom Landgericht beschriebenen Freigabeakt gebe es nicht, das Landgericht führe hierfür auch keine Grundlage an. Hinsichtlich der Motivlage spekuliere das Landgericht, zur subjektiven Motivation seien keine Feststellungen getroffen worden. Unzutreffend sei die Annahme des Landgerichts, auf ihrem Portal sei keine Trennung von Bewertungsfunktion und Buchungsfunktion möglich. In rechtlicher Hinsicht rügt die Beklagte, es liege kein Mitbewerberverhältnis zur Klägerin vor. Mangels Verletzung von Prüfungspflichten hafte sie nicht für die inhaltliche Richtigkeit von Hotelbewertungen. Es fehle an einem Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung. Es liege auch kein „Verbreiten“ i.S.v. § 4 Nr. 8 UWG a.F. vor. Sie -die Beklagte- könne sich auf die Beschränkung der Haftung des Host-Providers aus §§ 10 Satz 1, 7 Abs. 2 TMG berufen. Die Beklagte verweist insoweit auf eine Entscheidung des Kammergerichts vom 16.4.2013 (Az.: 5 U 63/12; Anlage BK 1). Die Ausführungen des Landgerichts zu einer aktiven Rolle gingen fehl. Die vom Landgericht angenommene Verdichtung der Nutzerbewertungen durch Durchschnittsnoten, Weiterempfehlungsraten und Trends beziehe sich nur auf die Noten, also auf Werturteile, nicht hingegen auf die Bewertungstexte und somit niemals auf Tatsachenbehauptungen. Die streitgegenständlichen Äußerungen seien im Wesentlichen keine Tatsachenbehauptungen. Dies habe das Landgericht verkannt. Hinsichtlich des Abschlussschreibens habe das Landgericht den Inhalt ihres Schreibens gemäß Anlage B 19 falsch wiedergegeben. Hierdurch sei es zu einer unzutreffenden Wertung gelangt. Bei richtigem Verständnis ergebe sich, dass das Abschlussschreiben unnötig gewesen sei.

24

Die Beklagte beantragt,

25

das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 21.3.2013 (Az.: 327 O 494/12) abzuändern und die Klage abzuweisen.

26

Die Klägerin beantragt,

27

die Berufung zurückzuweisen.

28

Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil. Das Landgericht sehe in dem Publizieren fremder Hotelbewertungen richtigerweise einen Freigabeakt der Beklagten als Handlung i.S.v. § 2 Nr. 1 UWG. Zu Recht gehe das Landgericht auch davon aus, dass es eine Trennung von Bewertungsfunktion und Buchungsfunktion nicht gebe. Man könne sich weder Nutzerbeiträge ansehen, ohne von Buchungsangeboten behelligt zu werden, noch könne man eine Reise buchen, ohne mit Nutzerkommentaren konfrontiert zu werden. Die Beklagte habe vor der Abmahnung und der Beantragung der einstweiligen Verfügung einen klaren Hinweis auf die Rechtsverletzung erhalten. Es komme nicht darauf an, ob die Beklagte möglicherweise als Host-Provider anzusehen sei, da das Landgericht die Haftungsprivilegierung aus § 10 TMG nicht zugebilligt habe, weil hier Unterlassungsansprüche in Rede stünden. Die Parteien stritten vorliegend nicht um Werturteile der Nutzer, sondern über Erfahrungsberichte, also um die Schilderung tatsächlicher Vorgänge.

29

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, auf das Sitzungsprotokoll des Landgerichts vom 21.2.2013 sowie auf das Protokoll der Senatssitzung vom 8.6.2016 Bezug genommen.

II.

30

Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Die Klage hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Erfolg. Die Klägerin hat wegen der angegriffenen Bewertung der Nutzerin „..." keinen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 2 UWG n.F. i.Vm § 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 UWG.

31

1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte folgt aus Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 30. Oktober 2007, ABl. EU L 339 S. 3 (LuGÜ II), das für die Europäische Union am 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist. Die Beklagte hat ihren Sitz in der Schweiz, welche ein Vertragsstaat des LuGÜ II ist, und wird wegen unerlaubter Wettbewerbshandlungen gemäß Art. 5 Nr. 3 LuGÜ II in Anspruch genommen. Der Schadenserfolg wirkt sich im Inland aus, da sich der Internetauftritt der Beklagten bestimmungsgemäß auf den inländischen Markt auswirken soll (vgl. BGH GRUR 2015, 1129 Tz. 12 - Hotelbewertungsportal). Die Pflicht zur Amtsprüfung der internationalen Zuständigkeit besteht in allen Instanzen. Eine Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts ist insoweit gegeben (Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 513 Rz. 8).

32

2. Auf den vorliegenden Rechtsstreit ist nach Art. 4 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und 2 der Rom II-Verordnung das deutsche Wettbewerbsrecht anwendbar, da der von der Klägerin behauptete Schaden infolge geschäftsschädigender Äußerungen in Deutschland eintritt.

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3. Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus § 3 Abs.1, § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 2 UWG n.F. i.V.m. § 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 UWG keinen Anspruch auf Unterlassung. Da der Unterlassungsanspruch auf die Abwehr künftiger Rechtsverstöße gerichtet ist, ist er nur begründet, wenn auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Rechts Unterlassung verlangt werden kann. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, weil es anderenfalls an der Wiederholungsgefahr fehlt (st. Rspr. des BGH, vgl. GRUR 2012, 193 Tz. 14 - Sportwetten im Internet, m.w.N.). Die Regelung des § 4 Nr. 8 UWG a.F. ist inhaltsgleich in dem seit dem 10.12.2015 geltenden § 4 Nr. 2 UWG n.F. enthalten. Ein klägerischer Unterlassungsanspruch aus diesen Vorschriften war und ist nicht gegeben.

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a. Zu Recht hat das Landgericht das Bereithalten einer Hotelbewertungsfunktion im Internet mit einer auf derselben Internetseite zugleich angebotenen Hotelbuchungsfunktion als geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG qualifiziert. Eine geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. Nr. 1 UWG umfasst jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt.

35

Hiervon ist vorliegend auszugehen. Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, wird die Attraktivität des Online-Reisebüros der Beklagten durch das umfangreiche und detaillierte Hotelbewertungsportal gesteigert. Im Rahmen der angebotenen Reisebürodienstleistungen führt die Beklagte bei jedem Hotel ausdrücklich und hervorgehoben die aus den Nutzerbewertungen errechnete Weiterempfehlungsrate auf. Zugleich wird gleich zu Beginn auf die Bewertungen zu diesem Hotel hingewiesen. Hierdurch wird die Attraktivität des Buchungsportals für den reiseinteressierten Verbraucher gesteigert, da dieser auf einen Blick nicht nur allgemeine Informationen zum Hotel und zum Reisepreis erhält, sondern zugleich auch auf aktuelle Nutzererfahrungen zugreifen kann, die weitere aufschlussreiche Hinweise zu dem Hotel enthalten können. Das von der Beklagten angebotene Hotelbewertungsportal dient also dazu, ihr Online-Reisebüro bekannt zu machen und seine Attraktivität zu steigern. Die Einordnung als geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG unterliegt danach keinen Bedenken (vgl. in Bezug auf das streitgegenständliche Hotelbewertungsportal der Beklagten: BGH GRUR 2015, 1129 Tz. 17- Hotelbewertungsportal).

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b. Die Parteien sind auch Mitbewerber gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG, da sie in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann (BGH, BGHZ 168, 314 Tz. 14 - Kontaktanzeigen; BGH GRUR 2012, 193 - Sportwetten im Internet II). Da im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes grundsätzlich keine hohen Anforderungen an das Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses zu stellen sind, reicht es hierfür aus, dass sich der Verletzer durch seine Verletzungshandlung im konkreten Fall in irgendeiner Weise in Wettbewerb zu dem Betroffenen stellt (BGH, BGHZ 93, 96, 97 f. - DIMPLE, m.w.N.; BGH GRUR 2014, 1114 - nickelfrei). Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist daher anzunehmen, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann (BGH GRUR 2014, 1114 Tz. 32 - nickelfrei). Hiernach ist vorliegend von einem konkreten Wettbewerbsverhältnis auszugehen. Die Parteien versuchen zwar nicht gleichartige Dienstleistungen abzusetzen. Durch die Förderung des Absatzes der Dienstleistungen der Beklagten wird jedoch der Wettbewerb der Klägerin beeinträchtigt. Durch das Vorhalten von Bewertungen auf ihrem Hotelbewertungsportal sucht die Beklagte die Attraktivität ihres Online-Reisebüros zu erhöhen. Dagegen ist die Anzeige einer negativen Bewertung des Hotels der Klägerin auf dem Hotelbewertungsportal der Beklagten geeignet, den Absatz der Beherbergungsdienstleistung der Klägerin zu beeinträchtigen (BGH GRUR 2015, 1129 Tz. 20- Hotelbewertungsportal).

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c. Eine unlautere geschäftliche Handlung der Beklagten ist indes nicht gegeben. Nach § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 4 Nr. 2 UWG n.F handelt unlauter, wer über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind.

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aa. Bei den von der Nutzerin „..." in ihrer Bewertung aufgestellten Behauptungen handelt es sich um Tatsachen i.S.v. § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 4 Nr. 2 UWG n.F.

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Tatsachen i.d.S. sind Vorgänge oder Zustände der Vergangenheit oder Gegenwart, die einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Werturteile sind demgegenüber durch eine subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt sowie durch Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet und lassen sich deshalb nicht als wahr oder unwahr bezeichnen (BGH GRUR 2009, 1186 Tz. 15 - Mecklenburger Obstbrände). Gegenstand der Würdigung ist der objektive Erklärungswert, wie er sich nach Auslegung der Äußerung darstellt. Häufig enthalten Äußerungen ein Gemisch von Tatsachenäußerungen und Werturteilen, es kommt dann auf den Schwerpunkt der Äußerung an. Enthält ein Werturteil einen Tatsachenkern oder ruft ein Werturteil bei seinen Empfängern die Vorstellung konkreter Vorgänge hervor, deren Richtigkeit mit Hilfe von Beweismitteln verifiziert werden kann, handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung (MüKo-Wagner, BGB, 6. Aufl., § 824 Rz. 14, 15; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 4 Rz. 2.13, jeweils m.w.N.).

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Hiervon ausgehend handelt es sich bei den Behauptungen, die im Klageantrag zu 1. a) bis c) wiedergegeben sind, unzweifelhaft um Tatsachen, da die behaupteten Umstände, wonach der Klodeckel zertrümmert im Waschbecken gelegen habe und sich im Zimmer überall Scherben und angeklebte Kaugummis befunden hätten, einem Beweis zugänglich sind. Dies gilt im Ergebnis auch für die weiteren Behauptungen im Klageantrag zu 1 d) bis e). Die Aussage zu 1. d), „das Zimmer sei nicht gereinigt bzw. nicht ordentlich sauber gewesen", bezieht sich auf zwei verschiedene Zimmer. Ausweislich der streitgegenständlichen Bewertung der Nutzerin ... (Anlage K 12) bezieht sich der erste Teil der Aussage „das Zimmer kann nicht gereinigt worden sein" auf das zuerst bezogene Zimmer. Die Behauptung ist durch eine subjektive Einschätzung geprägt, enthält aber zugleich einen Tatsachenkern, welcher einem Beweis nach den Sauberkeits- und Hygiene-Standards der Hotel- bzw. Hostelbranche zugänglich ist. Gleiches gilt für den zweiten Teil der Aussage „das Zimmer war nicht ordentlich sauber". Diese Aussage bezieht sich auf das später bezogene, neu zugewiesene Zimmer und wird im Folgenden durch den Klammerzusatz erläutert („Toilette stank zum Himmel"; Klageantrag zu 1. e). Auch diese Behauptung kann durch eine Beweiserhebung einer Klärung zugeführt werden. Die Aussage im Klageantrag zu 1. f) „alles war ordentlich abgewohnt" ist nach der Auffassung des Senats aufgrund des Gesamtzusammenhangs der Bewertung dahingehend zu verstehen, dass das Zimmer erheblich abgewohnt gewesen sein soll. Ob ein Hotelzimmer als (erheblich) abgewohnt anzusehen ist oder ob es keinerlei oder nur leichte Gebrauchsspuren aufweist, wird subjektiv unterschiedlich wahrgenommen werden können, gleichwohl gibt es zur Feststellung des Abnutzungsgrades von Hotelzimmern objektive Kriterien, die zur Beurteilung heranzuziehen sind und die Aufschluss darüber geben können, ab wann ein Hotelzimmer als erheblich abgewohnt anzusehen ist. Da die streitgegenständlichen Behauptungen mithin schwerpunktmäßig Tatsachen zum Inhalt haben, ist der Anwendungsbereich von § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 4 Nr. 2 UWG n.F. eröffnet.

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bb. Eine unlautere geschäftliche Handlung liegt nur vor, wenn die behaupteten Tatsachen geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern sie nicht erweislich wahr sind. Nach § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 4 Nr. 2 UWG n.F. trifft den Äußernden die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass seine Aussagen wahr sind (Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl., § 4 Rz. 8/16; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 4 Rz. 2.20). Die Beklagte hat sich im Rechtsstreit auf die ihrer Ansicht nach wahrheitsgemäßen Äußerungen der Nutzerin „...“ bezogen, welche hinreichend substantiiert sind. Die Klägerin hat hierauf lediglich pauschal erwidert, die Äußerungen seien unzutreffend, ohne im Einzelnen auf die beschriebenen Mängel einzugehen und die aus ihrer Sicht zutreffende Sachlage darzutun. Dies hätte der Klägerin indes oblegen. Grundsätzlich muss eine Partei auf das substantiierte gegnerische Vorbringen ihrerseits substantiiert, d.h. mit positiven Angaben erwidern, soweit ihr das möglich und zumutbar ist. Hiervon ist regelmäßig auszugehen, wenn die behaupteten Umstände im Wahrnehmungsbereich der Partei liegen oder lagen (Stadler in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., § 138 Rz. 10 m.w.N.). In Fällen der Behauptung negativer Tatsachen, in denen der Behauptende Anlass hatte, seine Behauptung gerade in negativer Form zu formulieren, trifft den Anspruchsteller eine sekundäre Darlegungslast. Er kann sich nicht mit dem bloßen Bestreiten begnügen, sondern muss darlegen, welche tatsächlichen Umstände für das Vorliegen des Positiven sprechen (Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl., § 4 Rz. 8/16 unter Hinweis auf BGH GRUR 1993, 572 - Fehlende Lieferfähigkeit).

42

Der vorstehend beschriebenen Obliegenheit ist die Klägerin nicht nachgekommen, obgleich ihr ein substantiierter Gegenvortrag möglich und zumutbar war. Die von der Nutzerin „...“ aufgestellten Behauptungen knüpfen teilweise an konkret benannte tatsächliche Umstände an („Klodeckel lag zertrümmert im Waschbecken, überall waren Scherben und angeklebte Kaugummis"). Von der Klägerin war insoweit eine konkrete Erwiderung zu den behaupteten Umständen zu erwarten. Soweit die Beanstandung in drastischer Form vermittelt worden ist („Toilette hat zum Himmel gestunken"), war eine aufklärende, sachliche Erwiderung der Klägerin geboten. Gleiches gilt für die Behauptung, alles sei „ordentlich abgewohnt" gewesen. Hinsichtlich der behaupteten negativen Tatsache („das Zimmer kann nicht gereinigt worden sein") trifft die Klägerin nach den obigen Grundsätzen ebenfalls eine Darlegungslast.

43

Eine substantiierte Erwiderung durch die Klägerin war im vorliegenden Fall auch und insbesondere vor dem Hintergrund geboten, dass der Nutzerin „...“ nach den erhobenen Beanstandungen ein neues Zimmer zugewiesen worden ist. Insoweit war eine Aufklärung durch die Klägerin veranlasst, aus welchem Grund dem Gast ein anderes Zimmer zugeteilt worden ist, obgleich die erhobenen Beanstandungen unberechtigt gewesen sein sollen. Entsprechender Vortrag war der Klägerin auch möglich, da sich der Hausleiter nach ihrem Vortrag noch genau an die betreffende Reisegruppe zu erinnern vermochte. Die mitzuteilenden Angaben waren damit Gegenstand der eigenen klägerischen Wahrnehmung.

44

Da die Klägerin ihrer (sekundären) Darlegungslast nicht genügt hat, kann in Bezug auf die streitgegenständlichen Behauptungen das Vorliegen unwahrer Tatsachen i.S.v. § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 4 Nr. 2 UWG n.F. nicht festgestellt werden. Auf eine etwaige Beweisbedürftigkeit der Tatsachen kommt es damit nicht mehr an.

45

cc. Die Beklagte hat die Aussagen nicht i.S.v. § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 4 Nr. 2 UWG n.F. behauptet. Behaupten heißt eine eigene Tatsachenbehauptung aufzustellen oder sich eine fremde Tatsachenbehauptung zu Eigen zu machen (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 4 Rz. 2.18). Die Beklagte hat keine eigenen Tatsachenbehauptungen aufgestellt. Sie hat sich die Äußerungen in der streitgegenständlichen Bewertung auch nicht zu Eigen gemacht. Für den Bereich des Internets hat die Rechtsprechung des BGH folgende Grundsätze entwickelt: Nach § 7 Abs. 1 TMG sind Diensteanbieter, d.h. Personen, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithalten oder den Zugang zur Nutzung vermitteln (§ 2 Nr. 1 TMG), nach den allgemeinen Gesetzen, also auch nach § 4 Nr. 2 UWG n.F., nicht nur für eigene Informationen verantwortlich, sondern auch für solche fremden Informationen, die sie sich zu Eigen machen. Der Betreiber einer Internetseite macht sich Inhalte zu Eigen, wenn er nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf dieser Seite veröffentlichten Inhalte übernommen oder den zurechenbaren Anschein erweckt hat, er identifiziere sich mit den fremden Inhalten. Ob dies der Fall ist, ist aus der Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen. Für ein Zu-Eigen-Machen spricht es, wenn der Anbieter die von einem Dritten hochgeladenen Inhalte inhaltlich-redaktionell auf Vollständigkeit und Richtigkeit kontrolliert oder auswählt oder die fremden Informationen in das eigene redaktionelle Angebot einbindet. Jedoch ist bei der Annahme einer Identifikation mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung geboten (BGH GRUR 2015, 1129 - Hotelbewertungsportal; BGH GRUR 2012, 751 - RSS-Feeds; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 4 Rz. 2.18a).

46

Der BGH hat in der Entscheidung Hotelbewertungsportal in Bezug auf das hier in Rede stehende Bewertungsportal der Beklagten ausgeführt (BGH GRUR 2015, 1129 Tz. 28):

47

„Jedoch ist bei einer Würdigung sämtlicher Umstände aus Sicht eines verständigen Internetnutzers die Annahme fernliegend, die Beklagte wolle sich die beanstandeten Äußerungen zu Eigen machen (im Ergebnis ebenso OLG Stuttgart, MMR 2014, 203, 204; LG Berlin, Urteil vom 27. Oktober 2009 - 27 O 536/09, juris Rn. 42; Ohly in Ohly/Sosnitza aaO § 4.8 Rn. 8/14a, § 8 Rn. 115a; Köhler in Köhler/Bornkamm, aaO, § 4 Rn. 8.9a; aA LG Hamburg, WRP 2012, 94, 96 f.; Vonhoff, MMR 2012, 571, 572). Inhalt und Gestaltung des Bewertungsportals der Beklagten erwecken nicht den Eindruck, die Beklagte identifiziere sich mit den veröffentlichten Angaben Dritter. Dass die Beklagte eine inhaltlich-redaktionelle Überprüfung der auf ihrem Portal eingestellten Nutzerbewertungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit vornimmt, ist weder festgestellt noch von der Klägerin behauptet worden, die - im Gegenteil - gerade die unzureichende Überprüfung vor einer Veröffentlichung im Internet beanstandet. Die statistische Auswertung zu bestimmten Durchschnittswerten und einer Weiterempfehlungsrate ist nicht mit einer inhaltlich-redaktionellen Kontrolle vergleichbar, da die Beklagte dadurch keinen Einfluss auf den Inhalt der Bewertungen ihrer Nutzer nimmt. Entsprechendes gilt für die der Veröffentlichung vorgeschaltete Prüfung eingehender Bewertungen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist deren automatische Überprüfung durch einen Wortfilter darauf ausgerichtet, Formalbeleidigungen oder unzulässige Eigenbewertungen zu finden. Bei der sich gegebenenfalls anschließenden manuellen Durchsicht erfolgt keine inhaltliche Kontrolle der Bewertungen auf Richtigkeit, sondern lediglich eine weitere Überprüfung auf Einhaltung der Nutzungsbedingungen und etwaiger eigener Rechtspflichten.“

48

Ein Zu-Eigen-Machen der Beklagten und damit ein Behaupten der Äußerungen i.S.v. § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 4 Nr. 2 UWG n.F. ist nach den vorstehenden Ausführungen nicht gegeben.

49

dd. Die Beklagte hat die beanstandeten Äußerungen auch nicht gemäß § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 4 Nr. 2 UWG n.F. verbreitet. Verbreiten i.d.S. bedeutet, eine fremde Tatsachenbehauptung weiterzugeben, d.h. Dritten die Möglichkeit zu verschaffen, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen. Im Falle der Weitergabe von Tatsachenbehauptungen über ein Bewertungsportal im Internet muss der weite Begriff des Verbreitens eingeschränkt werden. Im Bereich des Internets sind die Haftungsbeschränkungen nach den §§ 7 Abs. 2, 8-10 TMG zu berücksichtigen. Dies führt dazu, dass der Begriff des Verbreitens i.S.d § 4 Nr. 2 UWG n.F. eingeschränkt werden muss. Ansonsten könnte der Betreiber einer Internetseite einer Haftung nur durch eine umfassende inhaltliche Überprüfung der eingestellten Beiträge vor ihrer Veröffentlichung entgehen (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 4 Rz. 2.18b,c). Der Annahme einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG für die von Nutzern auf ihre Server eingestellten fremden Daten steht jedoch § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG entgegen. Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser Vorschrift, die auf Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr beruht, sind Überwachungspflichten allgemeiner Art ausgeschlossen. Danach ist es dem Betreiber eines Bewertungsportals grundsätzlich nicht zuzumuten, jeden Beitrag vor der Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Nicht ausgeschlossen sind hingegen Überwachungspflichten in spezifischen Fällen. Diensteanbieter, die von Nutzern bereitgestellte Informationen speichern, müssen außerdem die nach vernünftigem Ermessen von ihnen zu erwartende und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften niedergelegte Sorgfaltspflicht anwenden, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern (Erwägungsgrund 48 der Richtlinie 2000/31/EG; BGH GRUR 2015, 1129 Tz. 31 - Hotelbewertungsportal; BGH GRUR 2011, 617 - Sedo). Diese Grundsätze gelten auch im Rahmen des wettbewerbsrechtlichen Tatbestands des § 4 Nr. 8 UWG a.F. , so dass ein Verbreiten von Tatsachenbehauptungen im Sinne dieser Vorschrift im Falle des Betreibers eines Internet-Bewertungsportals nur angenommen werden kann, wenn spezifische Überwachungspflichten verletzt werden. Die im Hinblick auf § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG einschränkende Auslegung des § 4 Nr. 8 UWG a.F. kommt im Falle eines Internet-Bewertungsportals allerdings nur in Betracht, wenn dessen Betreiber sich darauf beschränkt, seinen Dienst mittels rein technischer und automatischer Verarbeitung der von seinen Kunden eingegebenen Daten neutral zu erbringen. Verlässt der Anbieter dagegen seine neutrale Vermittlerposition und spielt er eine aktive Rolle, die ihm eine Kenntnis von bestimmten Daten oder eine Kontrolle über sie verschaffen konnte, kann eine Haftung nach § 4 Nr. 8 UWG a.F. gerechtfertigt sein (BGH GRUR 2015, 1129, Tz. 31 und 34 - Hotelbewertungsportal, m.w.N.).

50

Vorliegend hat die Beklagte, die als Diensteanbieterin i.S.v. §§ 2 Nr. 1, 10 Satz 1 Nr. 1 TMG anzusehen ist, die beanstandeten Äußerungen, welche fremde Äußerungen nach § 10 Satz 1 TMG darstellen, nicht verbreitet. Sie hat keine aktive Rolle bei der Veröffentlichung der Äußerungen eingenommen. Dass die Beklagte zur Förderung bestimmter Hotelbetriebe selbst eine Auswahl der veröffentlichten Bewertungen vorgenommen hätte, hat auch die Klägerin nicht geltend gemacht. Die statistische Auswertung von Bewertungen sowie der Einsatz eines Wortfilters zum Auffinden von rechtsverletzenden Inhalten und die nach Ansprechen des Wortfilters vorgenommene Überprüfung der Beiträge durch Mitarbeiter der Beklagten begründet ebenfalls keine aktive Rolle der Beklagten, weil eine über die Aussonderung gegen die Nutzungsbedingungen verstoßender Beiträge hinausgehende inhaltliche Einflussnahme nicht erfolgt. Durch die bei Ansprechen des automatischen Wortfilters von der Beklagten vorgenommene manuelle Durchsicht von Äußerungen der Nutzer verlässt die Beklagte ihre neutrale Position nicht, weil sie hierdurch keine Kenntnis von der etwaigen Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung erlangt (BGH GRUR 2015, 1129, Tz. 35 - Hotelbewertungsportal, m.w.N.).

51

Die Beklagte hat auch keine spezifischen Überwachungspflichten verletzt. Durch die Vorschrift des § 10 Satz 1 TMG sind spezifische Überwachungspflichten eines Diensteanbieters nicht ausgeschlossen. Sie bestimmen sich danach, ob und inwieweit ihm nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, ob der Betreiber eines Bewertungsportals die Rechtsverletzung eines Dritten aufgrund einer unklaren Rechtslage erst nach eingehender rechtlicher oder tatsächlicher Prüfung feststellen kann oder ob sie für ihn offenkundig oder unschwer erkennbar ist. Für eine erhöhte Prüfungspflicht spricht es, wenn der Betreiber bei seiner Tätigkeit Rechtsverletzungen in erheblichem Umfang Vorschub leistet oder sie durch eigene Maßnahmen fördert. Andererseits dürfen einem Betreiber eines Bewertungsportals keine erhöhten Prüfungspflichten auferlegt werden, die sein grundsätzlich erlaubtes Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährden oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren würden (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 4 Rz. 2.18; BGH GRUR 2015 1129, Tz. 36 - Hotelbewertungsportal, m.w.N.).

52

Spezifische Prüfungspflichten verletzt der Betreiber daher erst, wenn er von klaren Rechtsverletzungen durch den Dritten Kenntnis erlangt, aber die betreffende Angabe nicht unverzüglich sperrt und keine Vorsorge trifft, dass sie auch künftig unterbleibt. Tatsachenbehauptungen werden mithin erst im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG a.F. oder § 4 Nr. 2 UWG n.F. über ein Internetportal verbreitet, wenn der Betreiber vom Vorliegen einer klaren Rechtsverletzung Kenntnis erlangt und sie gleichwohl nicht beseitigt hat. Zu keinem anderen Ergebnis führen die Grundsätze über die wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflichten (BGH GRUR 2015 1129, Tz. 36, 42 - Hotelbewertungsportal, m.w.N.).

53

Die vorliegend per E-Mail vom 7.5.2012 übermittelte Aufforderung der Klägerin an die Beklagte, den streitgegenständlichen Beitrag der Nutzerin „...“ zu löschen, stellt keinen Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung im vorstehenden Sinn dar.

54

Ob ein Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung gegeben ist, wird stets von den Umständen des Einzelfalles abhängig sein. Der BGH hat für den Bereich des Persönlichkeitsschutzes im Internet ausgeführt, dass ein Tätigwerden eines Hostproviders für eine in einem Blog enthaltene persönlichkeitsrechtsverletzende Äußerung nur angezeigt ist, wenn der Hinweis, den der Hostprovider erhält, so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer - das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung - bejaht werden kann (BGH GRUR 2012, 311, Tz 26 - Blog-Eintrag; BGH WRP 2016, 731 -jameda.de II). Der Senat hält die vom BGH statuierten Anforderungen auf die hier zu beurteilende Konstellation für übertragbar. Der Hinweis an den Betreiber eines Internetportals muss danach so konkret gefasst sein, dass er die Rechtsverletzung -hier die Unwahrheit der Äußerungen- ohne nähere Prüfung unschwer erkennen läßt. Ein solcher Hinweis wird dem Portalbetreiber zugleich ermöglichen, erforderlichenfalls eine fundierte Stellungnahme des Nutzers einzuholen.

55

Unter Anwendung dieser Grundsätze lässt sich vorliegend ein Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung nicht feststellen. Auf Grundlage der E-Mail der Klägerin vom 7.5.2012 ließ sich aus Sicht der Beklagten die Unwahrheit der von der Nutzerin „...“ aufgestellten Behauptungen nicht unschwer erkennen. Wie bereits ausgeführt, war der Inhalt der E-Mail unter Berücksichtigung des Nutzerbeitrags vielmehr erläuterungsbedürftig, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Nutzerin nach erhobener Beschwerde ein anderes Zimmer zugeteilt worden war. Aus Sicht des Beklagten blieb nach Lektüre der E-Mail deshalb unklar, ob die Kritikpunkte hinsichtlich eines der Zimmer möglicherweise doch berechtigt waren. Von der Klägerin war gerade auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Hausleiter offenbar noch eine gute Erinnerung an die Reisegruppe hatte, zu welcher die Nutzerin „...“ gehörte, zu erwarten, dass sie hinreichend konkret auf die einzelnen Vorhaltungen erwidert. Denn hierzu war sie nach den besonderen Umständen in diesem Fall in der Lage. Der Inhalt der E-Mail vom 7.5.2012 ermöglichte der Beklagten nicht, eine konkrete Nachfrage an die Nutzerin „...“ zu richten und diese unter Überreichung einer abweichenden Darstellung der Sachlage zu einer Stellungnahme aufzufordern und einen Prüfprozess einzuleiten. Die noch am selben Tag nach Erhalt der E-Mail gehaltene, erfolglos gebliebene Nachfrage der Beklagten war somit nachvollziehbar und plausibel. Die Beklagte war zu einer sofortigen Löschung des Beitrags der Nutzerin „...“ nach Erhalt der E-Mail vom 7.5.2012 nach allem somit nicht verpflichtet. Denn die in der E-Mail vom 7.5.2012 behauptete Rechtsverletzung war nicht offenkundig, sondern bedurfte hinsichtlich ihres Vorliegens einer eingehenden tatsächlichen Überprüfung.

56

Die Beklagte hat mithin keine spezifischen Prüfungs- und Überwachungspflichten verletzt und damit keine unwahren Tatsachen gemäß § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 4 Nr. 2 UWG n.F. verbreitet.

57

ee. Auch aus dem Gesichtspunkt einer Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten folgt keine Haftung der Beklagten. Im Zusammenhang mit der Haftung von Betreibern von Internetplattformen konkretisiert sich die wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht insbesondere als Prüfungspflicht. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH besteht allerdings keine allgemeine Pflicht, jeden fremden Inhalt vor der Zugänglichmachung im Internet auf mögliche Rechtsverletzungen hin zu untersuchen. Erst der Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung verpflichtet den Betreiber zur unverzüglichen Sperrung des konkreten Angebots oder der konkreten Bewertung und zur Vorsorge gegen zukünftige derartige Rechtsverletzungen. Daraus ergibt sich, dass eine Verhaltenspflicht des nicht zur präventiven Kontrolle verpflichteten Betreibers, deren Verletzung eine Wiederholungsgefahr begründen kann, erst nach Erlangung der Kenntnis von der Rechtsverletzung entstehen kann (BGH GRUR 2015, 1129 Tz. 42 - Hotelbewertungsportal m.w.N.). Wie ausgeführt, fehlt es an dem erforderlichen Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung.

58

4. Da der Klägerin der erhobene Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte nicht zusteht, kann sie auch keinen Ersatz der geltend gemachten Abmahnkosten beanspruchen.

59

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708, 711 ZPO.

60

6. Entgegen ersten Überlegungen hat der Senat die Revision nicht nach § 543 ZPO zugelassen, obgleich die Frage, unter welchen Voraussetzungen von einem Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung an einen Betreiber einer Internethandels- oder Bewertungsplattform auszugehen ist, grundsätzliche Bedeutung hat und eine höchstrichterliche Entscheidung hierzu wünschenswert wäre. Diese Frage ist vorliegend indes nicht entscheidungserheblich, da nach den vorstehenden Ausführungen prozessual nicht von einem Vorliegen unwahrer Tatsachen ausgegangen werden kann.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.

(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.

(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 164/10 Verkündet am:
24. März 2011
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Besteller darf einen Werkvertrag, mit dem sich der Unternehmer für eine Mindestvertragslaufzeit
von 48 Monaten zur Bereitstellung, Gestaltung und Betreuung
einer Internetpräsenz verpflichtet hat, jederzeit gemäß § 649 Satz 1 BGB kündigen.

b) Der Unternehmer muss zur Begründung seines Anspruchs aus § 649 Satz 2 BGB
grundsätzlich vortragen, welcher Anteil der vertraglichen Vergütung auf die erbrachten
und nicht erbrachten Leistungen entfällt und darüber hinaus vertragsbezogen
darlegen, welche Kosten er hinsichtlich der nicht erbrachten Leistungen erspart
hat.
BGH, Urteil vom 24. März 2011 - VII ZR 164/10 - LG Düsseldorf
AG Düsseldorf
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. März 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die
Richter Dr. Kuffer, Bauner, Halfmeier und Prof. Leupertz

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 24. September 2010 wird zurückgewiesen. Auf die Anschlussrevision des Beklagten wird das Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 24. September 2010 im Kostenpunkt und hinsichtlich der Widerklage zu 2 wie folgt abgeändert: Die Berufung der Klägerin wird auch insoweit zurückgewiesen, als das Amtsgericht festgestellt hat, dass der Klägerin aus einem Internet-System-Vertrag vom 12. August 2008, Vertragsnummer , keine Ansprüche gegen den Beklagten für das dritte und vierte Vertragsjahr zustehen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin. Im Übrigen wird die Anschlussrevision zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin befasst sich gewerblich mit der Erstellung von Internetseiten. Am 12. August 2008 schloss sie mit dem Beklagten einen so genannten "Internet-System-Vertrag E. Premium“. Gegenstand der vertraglichen Leistungsverpflichtung der Klägerin waren unter anderem die Reservierung einer Internet-Domain, die Gestaltung und Programmierung einer individuellen Internet -Präsenz und das "Hosten" der Website. Für diese Leistungen hatte der Beklagte eine Anschlussgebühr von 236,81 € sowie, jährlich im Voraus, ein monatliches Entgelt von 154,70 € zu entrichten. Als Vertragslaufzeit waren 48 Monate vereinbart. Nach § 2 der in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist der Vertrag während der Laufzeit aus wichtigem Grund bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kündbar.
2
Die Klägerin hat mit der Klage die Anschlussgebühr und das monatliche Entgelt für die ersten beiden Vertragsjahre nebst Zinsen beansprucht. Darüber hinaus hat sie die Erstattung vorprozessual angefallener Rechtsanwaltskosten von 229,30 € nebst Zinsen verlangt. Mit seiner Widerklage hat der Beklagte seinerseits die Erstattung vorgerichtlich durch die Einschaltung eines Anwalts entstandener Rechtsverfolgungskosten von 229,30 € verlangt und auf Feststellung angetragen, dass der Klägerin aus dem in Rede stehenden Vertrag keine Ansprüche für das dritte und vierte Vertragsjahr zustehen. Darüber hinaus hat er festgestellt wissen wollen, dass die Klägerin verpflichtet sei, ihm den Schaden zu ersetzen, der ihm durch die nicht ordnungsgemäße Vertragsanbahnung /Vertragsdurchführung entstanden sei.
3
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung auch die Widerklage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageanliegen weiter. Der Beklagte hat Anschlussrevision eingelegt, mit der er seine Widerklage weiterverfolgt , soweit diese auf Kostenerstattung und die Feststellung gerichtet ist, keinen Ansprüchen der Klägerin für das dritte und vierte Jahr der Vertragslaufzeit ausgesetzt zu sein.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht führt aus, der Vertrag, bei dem es sich um einen Werkvertrag handele, sei wirksam mit einer Laufzeit von 48 Monaten geschlossen , jedoch mit Schriftsatz des Beklagten vom 27. August 2009 gemäß § 649 BGB gekündigt worden. Die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der "freien" Kündigung eines Werkvertrages sei zwar durch die Regelungen zur Vertragslaufzeit in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin abbedungen worden. Dieser Ausschluss verstoße jedoch gegen § 307 BGB und sei deshalb unwirksam.
5
Gemäß § 649 Satz 2 BGB könne die Klägerin von dem Beklagten grundsätzlich Zahlung der vereinbarten Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen verlangen. Allerdings müsse sie vertragsbezogen zu den erbrachten und nicht erbrachten Leistungen vortragen und darlegen, was sie sich an ersparten Aufwendungen anrechnen lassen wolle. Ihrer dahingehenden Darlegungsverpflichtung sei die Klägerin nicht nachgekommen. Ein Vergütungsanspruch nach Maßgabe des § 649 Satz 2 BGB stehe ihr deshalb nicht zu. § 649 Satz 3 BGB greife nicht, weil der Vertrag vor dem 1. Januar 2009 geschlossen worden sei.
6
Die auf Erstattung vorgerichtlich angefallener Rechtsverfolgungskosten gerichtete Widerklageforderung des Beklagten hat es für nicht gerechtfertigt erachtet , weil die Klägerin weder eine Vertragspflicht verletzt noch sich mit der Erbringung von Vertragspflichten in Verzug befunden habe. Den Antrag auf Feststellung, dass der Klägerin keine Ansprüche aus dem Vertrag für das dritte und vierte Jahr der Vertragslaufzeit gegen den Beklagten zustehen, hat es mangels Feststellungsinteresse abgewiesen.

II.

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Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung überwiegend stand.
A. Revision der Klägerin
8
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
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1. Im Ergebnis zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Beklagte den Vertrag wirksam gemäß § 649 Satz 1 BGB gekündigt hat.
10
Der Senat hat sich in seinem beiden Parteien bekannten Urteil vom 27. Januar 2011 (VII ZR 133/10 - bei juris, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen ) bereits mit einem von der Klägerin vertriebenen "Internet-SystemVertrag" befasst. Er hat dort für einen gleich gelagerten Fall im einzelnen ausgeführt , dass ein derartiger Vertrag wirksam gemäß § 649 Satz 1 BGB gekündigt werden kann und ein Ausschluss des Kündigungsrechts des Bestellers sich weder aus der Natur des Vertrages noch aus den von den Parteien durch Einbezie- hung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin getroffenen vertraglichen Abreden ergibt. An dieser Rechtsprechung, von der abzuweichen das Vorbringen der Revision keinen Anlass bietet, hält der Senat fest. Insbesondere hat der Senat bereits darauf hingewiesen, dass das freie Kündigungsrecht grundsätzlich nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil der Vertrag eine Laufzeit hat. Er hat dargelegt, dass bei einer Vertragsauslegung dahin, dass die Kündigung nach § 649 BGB ausgeschlossen sein solle, ein berechtigtes, über die Realisierung des Vergütungsanspruchs hinausgehendes Interesse des Unternehmers erkennbar sein müsse, das durch eine freie Kündigung des Vertrages in einer Weise beeinträchtigt würde, die hinzunehmen ihm nicht zugemutet werden könne. Ein solches besonderes Interesse liegt nicht darin, ohne Beeinträchtigung durch eine freie Kündigung auf Referenzen hinsichtlich solcher Kunden verweisen zu können, die damit einverstanden gewesen sind, auf einer Referenzliste der Klägerin geführt zu werden. Es mag sein, dass für einen Unternehmer die Vereinbarung eines Referenzobjektes ein erkennbares und geschütztes Interesse begründen kann, eine freie Kündigung auszuschließen, und dies auch bei der ergänzenden Vertragsauslegung zu berücksichtigen ist. So liegt es hier jedoch nicht. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass der vereinzelte Ausfall von Referenzkunden , die nach der von ihr geschilderten Vorgehensweise in erheblichem Umfang vorliegen dürften, ihre Geschäftstätigkeit nachhaltig beeinflussen könnte. Dass freie Kündigungen sich auf die Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter auswirken könnten, ist im Zusammenhang mit der Auslegung der Verträge unerheblich.
11
Dementsprechend war auch der vorliegende Vertrag "frei" kündbar, weil bereits die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin enthaltenen Vereinbarungen der Parteien zur Laufzeit und Kündbarkeit des Vertrages entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts dahin auszulegen sind, dass ihnen ein rechtsgeschäftlicher Ausschluss des Kündigungsrechts nach § 649 Satz 1 BGB nicht entnommen werden kann. Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 27. August 2009 die Kündigung des Vertrages erklärt, der somit nach Maßgabe der Vorschriften in § 649 BGB abzurechnen war.
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2. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch aus § 649 Satz 2 BGB verneint , weil die insoweit darlegungspflichtige Klägerin keine Abrechnung der vereinbarten Vergütung unter Abgrenzung von erbrachten und nicht erbrachten Leistungen und Anrechnung ersparter Aufwendungen vorgenommen habe. Demgegenüber meint die Klägerin, die nach den vertraglichen Vereinbarungen für die ersten beiden Vertragsjahre zu zahlenden Entgeltraten in voller Höhe verlangen zu können, weil der Beklagte sich zur Abrechnung des Vertrages nicht geäußert und ihrerseits nicht substantiiert zu etwaigen Ersparnissen der Klägerin vorgetragen habe. Jedenfalls hätte das Berufungsgericht die Vergütung gemäß § 287 Abs. 2 ZPO auf den geltend gemachten Betrag schätzen können und müssen. Damit dringt sie nicht durch.
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a) Nach § 649 Satz 2 BGB hat der Unternehmer, dem nach § 649 BGB gekündigt wurde, einen Anspruch auf die vertragliche Vergütung. Diese ergibt sich in Ermangelung feststellbaren anderweitigen Erwerbs aus der Differenz zwischen der vereinbarten Vergütung und den kündigungsbedingt für nicht erbrachte Leistungen ersparten Aufwendungen. Erspart sind solche Aufwendungen, die der Unternehmer bei Ausführung des Vertrages hätte machen müssen und die er wegen der Kündigung nicht mehr machen muss. Dabei ist auf die Nichtausführung des konkreten Vertrages abzustellen. Maßgebend sind die Aufwendungen, die sich auf der Grundlage der vertraglichen Abreden der Parteien unter Berücksichtigung der Kalkulation des Unternehmers ergeben (BGH, Urteil vom 21. Dezember 1995 - VII ZR 198/94, BGHZ 131, 362). Dementsprechend muss der Unternehmer zur Begründung seines Anspruchs aus § 649 Satz 2 BGB grundsätz- lich vortragen, welcher Anteil der vertraglichen Vergütung auf die erbrachten und nicht erbrachten Leistungen entfällt und darüber hinaus vertragsbezogen darlegen , welche Kosten er hinsichtlich der nicht erbrachten Leistungen erspart hat (BGH, Urteil vom 7. November 1996 - VII ZR 82/95, BauR 1997, 304 = ZfBR 1997, 78). Erst wenn er eine diesen Anforderungen genügende Abrechnung vorgelegt hat, ist es Sache des Auftraggebers darzulegen und zu beweisen, dass der Unternehmer höhere Ersparnisse erzielt hat, als er sich anrechnen lassen will (BGH, Urteil vom 21. Dezember 1995 - VII ZR 198/94, BGHZ 131, 362; Urteil vom 11. Februar 1999 - VII ZR 399/97, BGHZ 140, 365). Welche Anforderungen an die Abrechnung des gekündigten Werkvertrages zu stellen sind, hängt vom Vertrag sowie den seinem Abschluss und seiner Abwicklung zugrunde liegenden Umständen ab. Sie ergeben sich daraus, welche Angaben der Besteller zur Wahrung seines Interesses an sachgerechter Verteidigung benötigt (BGH, Urteil vom 14. Januar 1999 - VII ZR 277/97, BGHZ 140, 263). Der Unternehmer muss über die kalkulatorischen Grundlagen der Abrechnung soviel vortragen, dass dem für höhere ersparte Aufwendungen darlegungs- und beweisbelasteten Besteller eine sachgerechte Rechtswahrung ermöglicht wird (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 9. Teil Rn. 28).
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b) Den sich aus diesen Grundsätzen ergebenden Anforderungen an die schlüssige Darlegung des Anspruchs aus § 649 Satz 2 BGB genügt der Sachvortrag der Klägerin nicht.
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Die Klägerin hat mit ihrem in der Revisionsbegründung in Bezug genommenen Vorbringen im Berufungsverfahren geltend gemacht, sie müsse sich keine ersparten Aufwendungen anrechnen lassen, weil der Beklagte hierzu nicht vorgetragen habe. Soweit dem, wie die Revision meint, die Behauptung entnommen werden kann, keine Aufwendungen erspart zu haben, kann die Klägerin hieraus nichts zu ihren Gunsten herleiten.
16
Sie hat allenfalls die pauschale Behauptung aufgestellt, keine Aufwendungen erspart zu haben. Der pauschale Vortrag des Unternehmers, Aufwendungen nicht erspart zu haben, wird seiner Darlegungslast jedenfalls dann nicht gerecht, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Beklagte mit dem Hinweis auf die Darlegungslast der Klägerin für die Kalkulation der erbrachten und nicht erbrachten Leistungen hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat, den mit der Klage geltend gemachten Vergütungsanspruch anhand einer nachvollziehbaren, vertragsbezogenen Abrechnung überprüfen zu wollen. Eine solche Überprüfung war nicht möglich, weil die Klägerin keine vertragsbezogenen Angaben zu ihren kündigungsbedingt ersparten Aufwendungen gemacht hat. Damit war dem Beklagten zugleich die Möglichkeit genommen, seinerseits konkret vorzutragen, dass und in welcher Höhe die Klägerin tatsächlich Ersparnisse erzielt hat.
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c) Entgegen der Auffassung der Klägerin bietet ihr Vorbringen aus nämlichen Gründen auch keine ausreichende Grundlage für eine gerichtliche Schätzung. Diese hätte im Übrigen nur dann gemäß § 287 Abs. 2 ZPO in Betracht gezogen werden müssen, wenn die Ermittlung des sich nach Maßgabe des § 649 Satz 2 BGB ergebenden Vergütungsanspruchs mit Schwierigkeiten verbunden wäre, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen. Ein solches Missverhältnis besteht nicht bereits deshalb, weil die Klägerin trotz eines entsprechenden Hinweises des Gerichts ihren Vergütungsanspruch nicht in tauglicher Weise dargelegt hat.
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d) Nach alledem steht der Klägerin ein Vergütungsanspruch gemäß § 649 Satz 2 BGB nicht zu. Das gilt auch für die nach dem Vertrag zu zahlenden Anschlusskosten , für die entgegen der Auffassung der Revision nicht ersichtlich ist, dass sie außerhalb des für die Vergütung nach § 649 Satz 2 BGB maßgeblichen vertraglichen Äquivalenzgefüges angefallen sind. Die Klägerin legt nicht dar, wofür die Anschlusskosten (nicht: "Abschlusskosten") erhoben werden und wie sie in den Vertragspreis einkalkuliert sind. Dass sie kein Entgelt für die vertraglichen Leistungen der Klägerin sind, folgt nicht bereits aus dem Umstand, dass sie im Voraus bei Vertragsschluss fällig werden.
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3. Das Berufungsgericht hat die Klage auch hinsichtlich der geltend gemachten Kosten der vorprozessualen Rechtsverfolgung für unbegründet erachtet. Die hiergegen von der Revision vorgebrachte Rüge, der Beklagte müsse jedenfalls den auf die Anschlussgebühr entfallenden Anteil dieser Kosten erstatten, bleibt ohne Erfolg, weil der Klägerin ein Vergütungsanspruch aus § 649 Satz 2 BGB auch insoweit nicht zusteht.
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4. Die Revision ist nach allem zurückzuweisen. Der Beurteilung des Senats unterlag nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder aus dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist, § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die von der Klägerin unter Vorlage eines in der mündlichen Verhandlung überreichten Schriftsatzes begehrte Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht kommt nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen. Das Berufungsurteil beruht insbesondere nicht auf einem Verfahrensfehler. Die Klägerin ist von den Instanzgerichten ausreichend auf die Erforderlichkeit einer Abrechnung nach § 649 Satz 2 BGB hingewiesen worden, wie auch die Revision nicht in Frage stellt. Allein der Umstand, dass Gerichte in anderen Prozessen der Klägerin die Auffassung vertreten haben, eine Kündigung nach § 649 BGB sei unwirksam und deshalb die Klägerin in diesen Prozessen keinen Anlass gesehen hat, nach dieser Vorschrift abzurechnen, ändert nichts.
B. Anschlussrevision des Beklagten
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Die gemäß § 554 Abs. 1 Satz 1 ZPO statthafte Anschlussrevision hat teilweise Erfolg.
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1. Dem Beklagten steht, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei erkannt hat, ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich angefallener Rechtsverfolgungskosten nicht zu.
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Im Ausgangspunkt allerdings zu Recht weist der Beklagte darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 133/08, BGHZ 179, 238; Urteil vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 224/05, NJW 2007, 1458) die Einschaltung eines Anwalts zur Abwehr unberechtigt geltend gemachter Forderungen erstattungsfähige Kosten der Rechtsverfolgung auslösen kann. Ein dahin gehender Erstattungsanspruch kann sich insbesondere aus § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB ergeben, wenn der Gläubiger gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme verstößt, weil er eine Rechtsposition verfolgt, die er selbst nicht als plausibel ansehen darf (BGH, Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 133/08, BGHZ 179, 238). Voraussetzung ist demnach eine in diesem Sinne vorwerfbare Pflichtwidrigkeit des Gläubigers, welche der Beklagte hier darin erblickt, dass die Klägerin mit der in Bezug genommenen Rechnung zur Bezahlung des vertraglichen Entgelts für Leistungen aufgefordert habe, die tatsächlich nicht erbracht worden seien. Diese Erwägungen gehen fehl. Sie übersehen, dass der Beklagte nach dem Vertrag, den das Berufungsgericht einschließlich der in ihm enthaltenen Zahlungsklauseln für wirksam erachtet hat, das nach monatlichen Raten bemessene Entgelt jährlich im Voraus und deshalb grundsätzlich unabhängig davon zu entrichten hatte, ob und welche Leistungen die Klägerin im Abrechnungszeitraum tatsächlich erbracht hatte. Vor diesem Hintergrund stellt allein die Übersendung einer Rechnung über die bis zu diesem Zeitpunkt fällig gewordene Vergütung keine Pflichtwidrigkeit der Klägerin dar, welche den Beklagten im Rahmen einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dazu hätte veranlassen können, anwaltlichen Rat und Beistand einzuholen.
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2. Die Anschlussrevision hat Erfolg, soweit der Beklagte mit der Widerklage auf Feststellung anträgt, dass der Klägerin hinsichtlich des dritten und vierten Jahres der Vertragslaufzeit keine Ansprüche aus dem Vertrag zustehen.
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Zu Unrecht hat das Berufungsgericht das Feststellungsinteresse verneint, weil von Beginn des Rechtsstreits klar gewesen sei, dass eine Entscheidung über die Klageforderung zugleich eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über die Berechtigung der Klägerin enthalte, auf Grundlage des in Rede stehenden Vertrages Entgelt für das dritte und vierte Vertragsjahr zu fordern. Das trifft nicht zu. Mit der Klage über das Entgelt für das erste und zweite Vertragsjahr hat die Klägerin zum Ausdruck gebracht, dass sie sich auch eines Anspruchs auf das weitere Entgelt berühmt, so dass das Feststellungsinteresse des Beklagten besteht. Ein derartiger Anspruch steht der Klägerin nicht zu, so dass die Widerklage insoweit begründet ist.

III.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Kniffka Kuffer Bauner Halfmeier Leupertz

Vorinstanzen:
AG Düsseldorf, Entscheidung vom 11.03.2010 - 37 C 7814/09 -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 24.09.2010 - 22 S 64/10 -

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.

(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.