Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 01. Okt. 2015 - I-6 U 169/14

ECLI:ECLI:DE:OLGD:2015:1001.I6U169.14.00
bei uns veröffentlicht am01.10.2015

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 01.07.2014 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 39.874,56 nebst Zinsen hiervon in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.09.2010, zuzüglich Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von insgesamt € 1.419,19 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 26 % und der Beklagte zu 74 %.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.


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II.

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Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 01. Okt. 2015 - I-6 U 169/14

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Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 01. Okt. 2015 - I-6 U 169/14 zitiert 30 §§.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes


(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadenser

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Insolvenzordnung - InsO | § 133 Vorsätzliche Benachteiligung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Tei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 148 Aussetzung bei Vorgreiflichkeit


(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde

Insolvenzordnung - InsO | § 131 Inkongruente Deckung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, 1. wenn die Handlung im letzten Monat

Insolvenzordnung - InsO | § 17 Zahlungsunfähigkeit


(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit. (2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner sei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 829 Pfändung einer Geldforderung


(1) Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Zugleich hat das Gericht an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer

Insolvenzordnung - InsO | § 15a Antragspflicht bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit


(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahl

Insolvenzordnung - InsO | § 142 Bargeschäft


(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner un

Insolvenzordnung - InsO | § 92 Gesamtschaden


Ansprüche der Insolvenzgläubiger auf Ersatz eines Schadens, den diese Gläubiger gemeinschaftlich durch eine Verminderung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlitten haben (Gesamtschaden), k

Insolvenzordnung - InsO | § 88 Vollstreckung vor Verfahrenseröffnung


(1) Hat ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung eine Sicherung an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners erlangt, so wird diese

Zivilprozessordnung - ZPO | § 808 Pfändung beim Schuldner


(1) Die Pfändung der im Gewahrsam des Schuldners befindlichen körperlichen Sachen wird dadurch bewirkt, dass der Gerichtsvollzieher sie in Besitz nimmt. (2) Andere Sachen als Geld, Kostbarkeiten und Wertpapiere sind im Gewahrsam des Schuldners zu

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Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 01. Okt. 2015 - I-6 U 169/14 zitiert oder wird zitiert von 13 Urteil(en).

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Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 10. November 2011 - 5 Sa 227/11 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 06. Okt. 2011 - 6 AZR 262/10

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Tenor 1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 31. März 2010 - 3 Sa 379/09 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
II ZR 243/11 Verkündet am:
19. Juni 2012
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung muss für eine Organisation
sorgen, die ihm die zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht
über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht
(Bestätigung von BGH, Urteil vom 20. Februar 1995 - II ZR 9/94, ZIP 1995,
560).
BGH, Versäumnisurteil vom 19. Juni 2012 - II ZR 243/11 - KG
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Juni 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, die
Richterin Caliebe und die Richter Dr. Drescher, Born und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Kammergerichts vom 10. Juni 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte war alleiniger Geschäftsführer der K. & K. Produktions GmbH (im Folgenden: Schuldnerin), über deren Vermögen auf Eigenantrag vom 15. Oktober 2004 am 16. November 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Er verlangt mit der Behauptung, die Schuldnerin sei bereits seit Ende 2003 zahlungsunfähig und überschuldet gewesen, von dem Beklagten gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG aF Zahlungen in Höhe von insgesamt 523.722,39 € ersetzt , die zwischen dem 1. Januar und dem 15. Oktober 2004 zu Lasten des Gesellschaftsvermögens geleistet wurden. Das Landgericht hat der auf Zahlung von 523.722,39 € zuzüglich vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten von 4.305 € (insgesamt 528.027,39 €) nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Klägers, mit der er seinen Zahlungsantrag weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:


2
Über die Revision des Klägers ist, da der Beklagte und seine Streithelferin trotz ordnungsgemäßer Ladung im Verhandlungstermin vor dem Senat nicht vertreten waren, durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen Prüfung des Revisionsantrags (BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81).
3
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
4
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
5
Es könne nicht festgestellt werden, dass die Schuldnerin zum 31. Dezember 2003 zahlungsunfähig gewesen sei. Die Forderungen der M. M. GmbH und der C. F. GmbH, auf die sich der Kläger zur Darlegung einer 10% übersteigenden Liquiditätslücke berufen habe, hätten nach dem für die Berufungsentscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalt Ende 2003 (noch) nicht bestanden oder seien nicht ernsthaft eingefor- dert worden. Die gleichfalls vom Kläger angeführten Beitragsforderungen der Berufsgenossenschaft für die Jahre 2002 und 2003 in Höhe von insgesamt 251.855,19 € seien bei der Beurteilung der Liquiditätslage Ende 2003 nicht zu berücksichtigen, weil der Betrag erst mit Bescheid vom 30. April 2004 angefordert und außerdem eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen worden sei. Auch für einen späteren Zeitpunkt im Jahr 2004 habe der Kläger eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht dargetan.
6
Ob die Schuldnerin zum 31. Dezember 2003 überschuldet gewesen sei, könne offen bleiben, da der Beklagte zu diesem Zeitpunkt - unabhängig von seinen kaufmännischen Kenntnissen - eine etwaige Überschuldung nicht habe erkennen können. Anzeichen einer Krise hätten zum Jahreswechsel 2003/2004 nicht vorgelegen. Aus betriebswirtschaftlichen Auswertungen habe eine Überschuldung nicht entnommen werden können, da dort grundsätzlich keine Rückstellungen für künftige Verbindlichkeiten ausgewiesen würden. Frühestens Anfang Mai 2004, nach dem Zugang des Bescheids der Berufsgenossenschaft, habe für den Beklagten Anlass bestanden, die Vermögenslage der Schuldnerin näher zu überprüfen. Dass die Schuldnerin zu diesem späteren Zeitpunkt (noch) überschuldet gewesen sei, habe der Kläger aber nicht dargetan.
7
II. Diese Ausführungen halten revisionsgerichtlicher Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Das Berufungsgericht hat für den Zeitraum bis Anfang Mai 2004 ein Verschulden des Beklagten mit rechtsfehlerhaften Erwägungen verneint und im Hinblick auf den nachfolgenden Zeitraum rechtsfehlerhaft angenommen, der Kläger habe eine Überschuldung der Schuldnerin zum Zeitpunkt Anfang Mai 2004 auch dann darzulegen, wenn - was das Berufungsgericht offen gelassen hat - eine Überschuldung für den Zeitpunkt Ende 2003 festgestellt werden kann.

8
1. Nach § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG in der bis 31. Oktober 2008 gültigen Fassung ist der Geschäftsführer der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Feststellung der Überschuldung geleistet wurden. Nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalt sind die objektiven Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Schuldnerin Ende 2003 überschuldet war, so dass für das Revisionsverfahren dem Vortrag des Klägers entsprechend davon auszugehen ist, dass zu diesem Zeitpunkt Insolvenzreife unter dem Gesichtspunkt der Überschuldung bestand. Mit dem Eintritt der Insolvenzreife begann das aus § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG aF folgende Zahlungsverbot (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2009 - II ZR 280/07, ZIP 2009, 860 Rn. 12). Auf eine Feststellung der Überschuldung durch den Geschäftsführer kommt es ungeachtet der scheinbar abweichenden Formulierung des Gesetzes nicht an (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 1999 - II ZR 273/98, BGHZ 143, 184, 185).
9
a) Das Berufungsgericht ist im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen , dass die Haftung des Geschäftsführers nach § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG aF Verschulden voraussetzt. Einfache Fahrlässigkeit genügt. Maßstab ist nach § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG aF die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns. Auf die individuellen Fähigkeiten des in Anspruch genommenen Geschäftsführers kommt es nicht an; mangelnde Sachkenntnis entschuldigt ihn nicht (Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 10. Aufl., § 64 Anh. Rn. 48; Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 64 Rn. 84).
10
Zu Lasten eines Geschäftsführers, der in der in § 64 Abs. 2 GmbHG aF beschriebenen Lage der Gesellschaft Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen leistet, wird vermutet, dass er dabei schuldhaft, nämlich nicht mit der von einem Vertretungsorgan einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu for- dernden Sorgfalt gehandelt hat (vgl. nur BGH, Urteil vom 27. März 2012 - II ZR 171/10, ZIP 2012, 1174, Rn. 13 m.w.N.). Als Ausgangspunkt des subjektiven Tatbestands des § 64 Abs. 2 GmbHG aF reicht die Erkennbarkeit der Insolvenzreife aus, wobei die Erkennbarkeit als Teil des Verschuldens vermutet wird (BGH, Urteil vom 29. November 1999 - II ZR 273/98, BGHZ 143, 184, 185; Urteil vom 15. März 2011 - II ZR 204/09, ZIP 2011, 1007 Rn. 38; Urteil vom 27. März 2012 - II ZR 171/10, ZIP 2012, 1174 Rn. 13).
11
Wie das Berufungsgericht gleichfalls noch zu Recht angenommen hat, wird von dem Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung erwartet , dass er sich über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft stets vergewissert. Hierzu gehört insbesondere die Prüfung der Insolvenzreife. Bei Anzeichen einer Krise hat er sich durch Aufstellung eines Vermögensstatus einen Überblick über den Vermögensstand zu verschaffen. Der Geschäftsführer handelt fahrlässig, wenn er sich nicht rechtzeitig die erforderlichen Informationen und die Kenntnisse verschafft, die er für die Prüfung benötigt, ob er pflichtgemäß Insolvenzantrag stellen muss. Sofern er nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse verfügt, muss er sich gegebenenfalls fachkundig beraten lassen (BGH, Urteil vom 6. Juni 1994 - II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 199; Urteil vom 20. Februar 1995 - II ZR 9/94, ZIP 1995, 560, 561; Urteil vom 14. Mai 2007 - II ZR 48/06, ZIP 2007, 1265 Rn. 16; Urteil vom 27. März 2012 - II ZR 171/10, ZIP 2012, 1174, Rn. 15).
12
b) Mit rechtsfehlerhafter Begründung ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, die an den Entlastungsbeweis des Geschäftsführers zu stellenden Anforderungen seien im Streitfall erfüllt.
13
aa) Ob der Geschäftsführer seiner Pflicht zur laufenden Beobachtung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens und näheren Überprüfung im Falle krisenhafter Anzeichen hinreichend nachgekommen ist, kann nur unter umfas- sender Berücksichtigung der für die Gesellschaft wirtschaftlich relevanten Umstände beurteilt werden, die dem Geschäftsführer bekannt waren oder bekannt sein mussten. Dem Geschäftsführer, der die Vermutung schuldhaften Verhaltens zu widerlegen hat, obliegt es, die Gründe vorzutragen und zu erläutern, die ihn gehindert haben, eine tatsächlich bestehende Insolvenzreife der Gesellschaft zu erkennen. Bei der Bewertung dieses Vorbringens ist zu berücksichtigen , dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung für eine Organisation sorgen muss, die ihm die zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht (BGH, Urteil vom 20. Februar 1995 - II ZR 9/94, ZIP 1995, 560, 561; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., § 43 Rn. 23; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 35 Rn. 33).
14
Gemessen hieran sind die Erwägungen unzureichend, mit denen das Berufungsgericht angenommen hat, die - mögliche - Überschuldung der Schuldnerin Ende 2003 sei für den Beklagten nicht erkennbar gewesen. Allerdings ist es Sache tatrichterlicher Würdigung, im Einzelfall zu beurteilen, ob der Geschäftsführer die Insolvenzreife der Gesellschaft erkennen konnte. Revisionsrechtlich ist nur zu prüfen, ob der Tatrichter hierbei alle maßgeblichen Umstände berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2009 - II ZR 280/07, ZIP 2009, 860 Rn. 19 [zu § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG]). Solche Rechtsfehler sind hier aber gegeben. Die Würdigung des Berufungsgerichts erfasst nicht alle für die Erkennbarkeit einer Überschuldung im Streitfall wesentlichen Gesichtspunkte.
15
bb) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Bilanz zum 31. Dezember 2002 sei ausgeglichen gewesen und die Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2002 habe einen Gewinn von knapp 160.000 € ausgewiesen. Liquidität sei ausweislich der Bilanz zum 31. Dezember 2003 in einer Höhe von circa 300.000 € und damit ausreichend vorhanden gewesen. Die Schuldnerin habe ihre laufenden Zahlungen nicht einstellen oder beschränken müssen. Sie habe unstreitig fortlaufend weitere Einnahmen erzielt, die ihr in dieser Zeit eine Erfüllung der im laufenden Geschäftsbetrieb entstehenden Verbindlichkeiten innerhalb der gesetzten Zahlungsziele ermöglicht hätten.
16
Diese Feststellungen betreffen einerseits die bilanzielle Situation der Schuldnerin ein Jahr vor dem hier maßgeblichen Zeitpunkt und andererseits die Frage der Zahlungsfähigkeit. Sie schließen eine mögliche Überschuldungzum 31. Dezember 2003 und deren Erkennbarkeit für den Beklagten nicht aus. Offen bleibt insbesondere, ob (nicht sofort fällige) Verbindlichkeiten in beträchtlicher Größenordnung aufgelaufen waren und der Beklagte dies hätte bemerken müssen. Weiter zieht das Berufungsgericht zwar in Betracht, dass die - mögliche - Überschuldung für den Beklagten mit Zugang des Bescheids der Berufsgenossenschaft vom 30. April 2004 erkennbar geworden sei, befasst sich aber nicht mit der naheliegenden Frage, ob der Beklagte mit dem Bestehen und der ungefähren Höhe der aus den Jahren 2002 und 2003 herrührenden Beitragsforderungen nicht schon zum Jahreswechsel 2003/2004 rechnen musste.
17
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist eine Erkennbarkeit der (möglichen) Überschuldung aufgrund der betriebswirtschaftlichen Auswertungen nicht deshalb von vornherein auszuschließen, weil dort grundsätzlich keine Rückstellungen für künftige Verbindlichkeiten ausgewiesen werden. Denn derartige Rückstellungen müssen, worauf die Revision zu Recht hinweist, dem mit der gebotenen Sorgfalt handelnden Geschäftsführer ohnehin bekannt sein. Es obliegt dem Beklagten, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass sich aus dem Inhalt der betriebswirtschaftlichen Auswertungen in Verbindung mit dem Kenntnisstand, der von ihm als Geschäftsführer außerdem zu erwarten war, keine Anhaltspunkte für eine Überschuldung ergaben.
18
2. Nicht frei von Rechtsfehlern ist auch die Annahme des Berufungsgerichts , der Kläger müsse die behauptete Überschuldung der Schuldnerin, die es für den Zeitpunkt Ende 2003 hat dahinstehen lassen, für einen späteren Zeitpunkt im Laufe des Jahres 2004, zu dem die Erkennbarkeit der Insolvenzreife für den Beklagten in Betracht zu ziehen sei, erneut darlegen.
19
Das Berufungsgericht hat insoweit nicht berücksichtigt, dass bei Annahme einer Überschuldung zum 31. Dezember 2003 eine tatsächliche Vermutung dafür spricht, dass die Schuldnerin auch in der Folgezeit bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 16. November 2004 überschuldet war (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2007 - II ZR 315/05, ZIP 2007, 1060 Rn. 15; Urteil vom 27. April 2009 - II ZR 253/07, ZIP 2009, 1220 Rn. 10; Urteil vom 15. März 2011 - II ZR 204/09, ZIP 2011, 1007 Rn. 10).
20
3. Da das Berufungsurteil bereits wegen der aufgezeigten Rechtsfehler der Aufhebung unterliegt, kommt es auf die Rügen der Revision, die die Feststellungen des Berufungsgerichts zur Frage der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin betreffen, nicht mehr an.
21
III. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit das Berufungsgericht - gegebenenfalls nach ergänzendem Parteivortrag - die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
22
Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht auch Gelegenheit, sich mit dem Revisionsvorbringen des Klägers zu befassen, die Forderung der Berufsgenossenschaft sei schon lange vor dem Bescheid vom 30. April 2004 geltend gemacht worden und dem Beklagten bekannt gewesen. Der Kläger hat hierzu nach der Verkündung des Berufungsurteils den Beitragsbescheid der Berufsgenossenschaft vom 3. April 2003, das Widerspruchsschreiben der Schuldnerin vom 30. April 2003 und den weiteren Bescheid vom 30. Mai 2003 vorgelegt.
23
Sollte die Berufsgenossenschaft die Beiträge für 2002 und 2003 noch im Laufe des Jahres 2003 festgesetzt und angefordert haben, könnte dies auch bei einer erneuten Überprüfung der Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin ab dem Jahreswechsel 2003/2004 zu berücksichtigen sein.
24
Gegebenenfalls kann auch die Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO in Betracht kommen. Danach ist Zahlungsunfähigkeit in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Dafür reicht ein nach außen hervortretendes Verhalten, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus, auch wenn noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen. Sogar die Nichtzahlung einer einzigen Verbindlichkeit kann eine Zahlungseinstellung begründen, wenn die Forderung von insgesamt nicht unbeträchtlicher Höhe ist. Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht beglichen worden sind, ist regelmäßig von Zahlungseinstellung auszugehen (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416 Rn. 12, 15; Urteil vom 24. Januar 2012 - II ZR 119/10, ZIP 2012, 723 Rn. 13; Urteil vom 27. März 2012 - II ZR 171/10 Rn. 25). Auch der Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung kann auf eine Zahlungseinstellung hinweisen (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416 Rn. 17).
Bergmann Caliebe Drescher Born Sunder
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 25.08.2009 - 91 O 17/09 -
KG, Entscheidung vom 10.06.2010 - 19 U 125/09 -

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 239/09
Verkündet am:
15. März 2012
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Vermutung der Zahlungsunfähigkeit nach § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO kann nicht
durch den Nachweis der Zahlungsunwilligkeit des Schuldners widerlegt werden; erforderlich
ist der Nachweis der Zahlungsfähigkeit.
BGH, Urteil vom 15. März 2012 - IX ZR 239/09 - OLG Düsseldorf
LG Kleve
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. März 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den Richter
Vill, die Richterin Lohmann und die Richter Dr. Fischer und Dr. Pape

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. November 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag des Beklagten vom 28. November 2006 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der W. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin). Er nimmt den Beklagten im Wege der Insolvenzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO auf Rückgewähr von Steuerzahlungen in Höhe von 1.608.583,95 € in Anspruch, welche die Schuldnerin in 21 Fällen in der Zeit zwischen dem 7. April 2003 und dem 1. Februar 2006 an das Finanzamt geleistet hat.
2
Das Landgericht hat der Klage bis auf einen geringen Teil der Zinsforderung stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie auf Berufung des Beklagten insgesamt abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Aufhebung des Berufungsurteils und die Zurückweisung der Berufung.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


4
Das Berufungsgericht hat gemeint, die Kenntnis des beklagten Landes von einem etwaigen Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin sei bereits nicht gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO zu vermuten, jedenfalls habe das beklagte Land eine solche Vermutung widerlegt. Von einer dem Beklagten bekannten Zahlungseinstellung bereits zum Zeitpunkt der ersten streitgegenständlichen Zahlung vom 7. April 2003 könne ausgegangen werden. Die zu diesem Zeitpunkt bei dem Beklagten bestehenden Steuerschulden von mehr als 1,2 Mio. € stellten einen erheblichen Teil der damaligen fälligen Verbindlichkeiten dar, weil das Finanzamt nach dem eigenen Vortrag des beklagten Landes der einzige größere Gläubiger der Schuldnerin gewesen sei. Die einmal eingetretene Zahlungseinstellung sei auch nicht dadurch wieder beseitigt worden, dass die Schuldnerin, wie hierfür erforderlich, ihre Zahlungen insgesamt wieder aufgenommen hätte. Die tatsächlich noch geleisteten Zahlungen stünden dem nicht entgegen.
5
Das beklagte Land habe aber aus der ihm bekannten Zahlungseinstellung der Schuldnerin bei natürlicher Betrachtungsweise nicht den Schluss gezogen , dass die Schuldnerin nicht in der Lage sei, die fälligen Zahlungen zu erbringen, also zahlungsunfähig sei. Vielmehr habe das beklagte Land aufgrund der im Rahmen einer Steuerfahndung bekannt gewordenen Tatsachen davon ausgehen dürfen und sei davon ausgegangen, dass die Schuldnerin lediglich zahlungsunwillig sei. Diese Tatsachen ergäben sich insbesondere aus einem Bescheid und aus einem Schreiben des Finanzamts.

II.


6
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung in wesentlichen Punkten nicht stand. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann die Kenntnis des Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht verneint werden.
7
1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die Vermutungswirkung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO verneint. Zutreffend ist es allerdings davon ausgegangen , dass die Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet wird, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
8
a) Die Zahlungsunfähigkeit wird gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO vermutet , wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Diese Vermutung gilt auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 10 mwN).
9
Das Berufungsgericht hat zunächst unterstellt und dann zutreffend festgestellt , dass die Schuldnerin bei der ersten streitgegenständlichen Zahlung vom 7. April 2003 in Höhe von 234.272,30 € ihre Zahlungen bereits eingestellt hatte, weil sie dem Finanzamt zu diesem Zeitpunkt mehr als 1,2 Mio. € schuldete , die seit langem fällig waren und die einen erheblichen Teil der damals fälligen Verbindlichkeiten der Schuldnerin darstellten. Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen (BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 184 f). Es muss sich mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner außerstande ist, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen zu genügen. Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus. Das gilt selbst dann, wenn tatsächlich noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen (BGH, Urteil vom 21. Juni 2007 - IX ZR 231/04, WM 2007, 1616 Rn. 29; vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Rn. 42; vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 12). Eine Darlegung und Feststellung der genannten Höhe der gegen den Schuldner bestehenden Verbindlichkeiten oder gar einer Unterdeckung von mindestens 10 v.H. bedarf es nicht (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 13 mwN). Unter den gegebenen Umständen besteht demnach kein Zweifel, dass die Schuldnerin ihre Zahlungen am 7. April 2003 eingestellt hatte.
10
Eine eingetretene Zahlungseinstellung kann nur wieder beseitigt werden, indem der Schuldner alle Zahlungen wieder aufnimmt. Dies hat derjenige zu beweisen, der sich darauf beruft (BGH, Urteil vom 21. Juni 2007, aaO Rn. 32 mwN). Dies war hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht der Fall.
11
Lag damit eine fortdauernde Zahlungseinstellung vor, begründet dies die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit, die vom Prozessgegner zu widerlegen ist (BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rn. 12; vom 21. Juni 2007, aaO Rn. 27).
12
b) Dass der Beklagte von der Existenz anderer Gläubiger wusste, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass die Schuldnerin gewerblich tätig war. Daher wusste der Beklagte auch von der Gläubigerbenachteiligung (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 86; HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 133 Rn. 22). Aus dem Einspruchsbescheid des Finanzamts des Beklagten vom 16. September 2004 ergibt sich im Übrigen die Kenntnis von der Existenz anderer Gläubiger.
13
2. Der Beklagte hat nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht widerlegt.
14
a) Die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO bewirkt eine Umkehr der Beweislast. Ist der Vermutungstatbestand des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO gegeben , obliegt dem Anfechtungsgegner der Gegenbeweis. Dieser hat sich auf die Vermutungsfolge zu beziehen, also die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners im Zeitpunkt der Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung. Der Anfechtungsgegner muss deshalb darlegen und beweisen, dass entweder der Schuldner nicht mit Benachteiligungsvorsatz handelte oder dass er, der Anfechtungsgegner, nichts von dem Anfechtungsvorsatz wusste (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, WM 2007, 1579 Rn. 7).
15
Ist der Schuldner zum Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung zahlungsunfähig , handelt er nur dann nicht mit dem Vorsatz, die Gesamtheit der Gläubiger zu benachteiligen, wenn er aufgrund konkreter Umstände mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen kann (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007, aaO Rn. 8).
16
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann, wenn der Anfechtungsgegner im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung die Zahlungseinstellung des Schuldners und die Gläubigerbenachteiligung kennt, der Gegenbeweis nicht allein dadurch geführt werden, dass der Beklagte darlegt und beweist , er sei von einer Zahlungseinstellung des Schuldners infolge Zahlungsunwilligkeit ausgegangen.
17
Der Kenntnis der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit schließen lassen (BGH, Urteil vom 8. Oktober 2009 - IX ZR 173/07, ZIP 2009, 2253 Rn. 10 mwN). Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Beurteilung die drohende Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei hervorgeht (BGH, aaO). Der Beklagte kann sich deshalb nicht darauf berufen, er habe von der ihm bekannten Zahlungseinstellung nicht auf Zahlungsunfähigkeit geschlossen.
18
Eine Zahlungseinstellung kann zwar auch auf Zahlungsunwilligkeit beruhen. Die im Insolvenzrecht unerhebliche Zahlungsunwilligkeit liegt aber nur vor, wenn gleichzeitig Zahlungsfähigkeit gegeben ist (HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl. § 17 Rn. 13). Lag eine Zahlungseinstellung vor, wird gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO gesetzlich vermutet, dass nicht lediglich Zahlungsunwilligkeit, sondern Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Die Zahlungsunfähigkeit kann vom Prozessgegner widerlegt werden. Dazu ist es dem beklagten Land unbenommen, der auf eine Zahlungseinstellung gestützten Annahme der Zahlungsunfähigkeit etwa durch den Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens oder auf Vernehmung vom Zeugen zum Nachweis entgegenzutreten, dass eine Liquiditätsbilanz im maßgebenden Zeitraum für den Schuldner eine Deckungslücke von weniger als 10 v.H. auswies (BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 144 ff; vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 20). Diesen Beweis hat der Beklagte angetreten. Er ist jedoch nicht erhoben worden.
19
Nur wenn Zahlungsfähigkeit gegeben war, kann eine für das Anfechtungsrecht unerhebliche Zahlungsunwilligkeit vorgelegen haben. Die Feststellung der anfechtungsrechtlich unerheblichen Zahlungsunwilligkeit setzt deshalb die Feststellung der Zahlungsfähigkeit voraus. Letztere hat das Berufungsgericht bislang nicht festgestellt. Sie ist vom Beklagten zu beweisen.
20
3. Die vom Berufungsgericht festgestellten Beweisanzeichen bilden im Übrigen keine tragfähige Grundlage für die Annahme, abgesehen von der Zahlungsfähigkeit habe jedenfalls eine Zahlungsunwilligkeit der Schuldnerin vorgelegen.
21
a) Der Einspruchsbescheid des Finanzamts vom 16. September 2004 ist zwar als Urkunde ein zulässiges Beweismittel (§ 415 ff ZPO). Er erbringt aber über die Richtigkeit seiner Begründung weder nach § 415 ZPO (öffentliche Urkunde über die vor einer Behörde abgegebene Erklärung) noch nach § 417 ZPO Beweis, weil nach dieser Vorschrift nur bewiesen wird, dass die Entscheidung erlassen wurde, nicht aber ihre inhaltliche Richtigkeit (Hk-ZPO/Eichele, 4. Aufl., § 417 Rn. 3). Auch § 418 ZPO begründet insoweit keine Beweiskraft, weil mit dieser Vorschrift nur Zeugnisurkunden gemeint sind (MünchKommZPO /Schreiber, 3. Aufl., § 418 Rn. 2, 4). Die zur Beurkundung berufene Amtsperson muss die bekundete Tatsache entweder selbst verwirklicht oder aufgrund eigener Wahrnehmung zuverlässig festgestellt haben (BVerfG, NJW-RR 1992, 1084, 1085; BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 - IX ZB 43/03, WM 2004, 1391, 1392; vom 15. September 2009 - XI ZB 29/08 Rn. 8).
22
Auf Seite 5 der Einspruchsentscheidung wird ausgeführt, es könne im Streitfall nicht davon ausgegangen werden, dass die Schuldnerin nicht über die erforderlichen Mittel verfüge, um die Steuerschulden zu begleichen, weil die Schuldnerin nach den dem Finanzamt vorliegenden Unterlagen in den letzten Jahren über ausreichende laufende Einnahmen zur Tilgung der Rückstände verfügt habe. Hierbei seien nicht die heutigen finanziellen Verhältnisse, sondern diejenigen in den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten maßgebend. Bei dieser Aussage handelt es sich lediglich um eine Wertung auf der Grundlage nicht offengelegter Beweismittel, für die nicht einmal konkrete Sachverhaltsangaben gemacht werden. Die Aussage bezieht sich zudem auf die Fälligkeitszeitpunkte der offenen Steuerforderungen, die fast ausnahmslos in den Jahren 2001 und 2002 lagen, also in einem Zeitraum lange vor der ersten streitgegenständlichen Zahlung.
23
Soweit auf Seite 2 des Einspruchsbescheides dargelegt wird, eine in den Jahren 2001 und 2002 durchgeführte Prüfung der Steuerfahndung habe erge- ben, dass erhebliche unversteuerte Zahlungen in den Privatbereich und anonyme Transfers von Vermögenswerten in das Ausland festgestellt worden seien , entbehrt diese Aussage jeder näheren Konkretisierung. Die genannten Umstände aus den Jahren 2001 und 2002 besagen zudem nichts zur Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ab April 2003.
24
Soweit schließlich auf Seite 6 dieses Bescheides ausgeführt wird, es müsse davon ausgegangen werden, die Schuldnerin habe andere Gläubiger bevorzugt und über Einnahmen in nicht unerheblicher Höhe verfügt, bezieht sich auch dies ersichtlich auf frühere Zeiträume. Zudem sind auch dies lediglich Wertungen und Vermutungen ohne nachprüfbare Tatsachengrundlage.
25
Die Urkunde ist deshalb entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ungeeignet, die behauptete Zahlungsunwilligkeit zu beweisen. Der Bescheid spricht im Gegenteil dafür, dass das Finanzamt auch im Zeitpunkt seines Erlasses für den fraglichen Zeitraum von Zahlungsunfähigkeit ausging, nämlich wegen der angeführten hohen fälligen Steuerrückstände seit über drei Jahren, fehlender Sicherheiten und der selbst angenommenen Gefährdung der Steueransprüche. Die Stundung wurde deshalb abgelehnt und die weitere Einziehung im Vollstreckungs- beziehungsweise Insolvenzverfahren angekündigt.
26
b) In dem Schreiben des Finanzamts vom 12. August 2003 wurde die Schuldnerin zwar danach gefragt, warum die Mittel zur Zahlung der vereinnahmten Umsatzsteuer nicht zur Verfügung stünden und warum Mittel, die zur Zahlung der bestehenden Umsatzsteuerrückstände vorgesehen gewesen seien , anderweitig verwendet worden seien. Derartige Fragen besagen jedoch nichts zu einer Zahlungsunwilligkeit trotz bestehender Zahlungsfähigkeit.
27
c) Eigene Erklärungen des Schuldners, fällige Verbindlichkeiten nicht begleichen zu können, deuten auf eine Zahlungseinstellung hin, auch wenn sie, wie hier, mit einer Stundungsbitte versehen sind (BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rn. 15). Derartige, hier mehrfach gegenüber dem Finanzamt des Beklagten abgegebene Erklärungen können diese Indizwirkungen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht wegen anderweitiger Erkenntnisse des Anfechtungsgegners abgesprochen werden, wenn sich diese in Wertungen erschöpfen, ohne dass der Anfechtungsgegner den maßgeblichen ermittelten Sachverhalt dargelegt, unter Beweis stellt und diese Umstände erforderlichenfalls festgestellt werden.

III.


28
Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben und an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird zu prüfen haben, ob dem Beklagten mit den von ihm angebotenen Beweismitteln der Gegenbeweis zu der gesetzlichen Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO gelingt. Sofern dies nicht der Fall ist, sind die übrigen Anfechtungsvoraussetzungen zu prüfen.
Kayser Vill Lohmann
Fischer Pape

Vorinstanzen:
LG Kleve, Entscheidung vom 20.08.2008 - 2 O 326/07 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.11.2009 - I-12 U 143/08 -

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

 

Urteil vom 12.10.2006 

Az.: IX ZR 228/03

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 26. September 2003 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 11. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Der Kläger ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der L. GmbH & Co. Das Insolvenzverfahren wurde am 26. Juni 2000 auf Antrag der Schuldnerin vom 1. Juni 2000 wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet.

Die Beklagte, die für die Schuldnerin als Wirtschaftsprüferin tätig war, erhielt von der Schuldnerin am 3. Dezember 1999 den Auftrag, ein von ihr erstelltes Effizienzsteigerungsprogramm zu prüfen. Die Beklagte erstattete den Prüfbericht unter dem 17. Januar 2000. Am 12. Januar 2000 stellte sie der Schuldnerin hierfür 114.450,48 DM in Rechnung.

Die Schuldnerin stellte der Beklagten am 7. April 2000 und 28. April 2000 Schecks über 57.000 DM und 57.450,48 DM aus, die am 20. April 2000 und 4. Mai 2000 dem Konto der Schuldnerin belastet wurden.

Der Kläger hat die Zahlung gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO angefochten und Rückzahlung verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch in vollem Umfang weiter.

Gründe

Die Revision hat Erfolg; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht meint, der Kläger habe die Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO nicht substantiiert vorgetragen. Eine Zahlungseinstellung liege nicht vor. Soweit der Kläger sich auf die Schreiben vom 12. April 2000 beziehe, mit denen die Schuldnerin die Krankenkassen mit der Bitte um Stundung der Sozialversicherungsbeiträge für März 2000 angeschrieben habe, lasse sich hieraus nicht die Erklärung ableiten, zu Zahlungen endgültig unvermögend zu sein, da ausdrücklich mitgeteilt worden sei, es werde auf einige Zahlungseingänge gewartet. Dem Umstand, dass die Schuldnerin nach Behauptung des Klägers die Löhne der gewerblichen Mitarbeiter für April 2000 nicht mehr ordnungsgemäß habe zahlen können, komme bereits deshalb nicht die Bedeutung einer Zahlungseinstellung zu, weil die Schuldnerin die Gehälter ihrer Angestellten unstreitig gezahlt habe.

Die Feststellung einer Zahlungsunfähigkeit habe auf der Grundlage eines Finanzstatuts zu erfolgen, das aus dem Rechnungswesen abzuleiten sei und das verfügbare Finanzmittelpotential des Unternehmens sowie dessen Verbindlichkeiten inventarmäßig erfasse. Der Kläger sei seiner Pflicht zu substantiiertem Vortrag unzureichend nachgekommen, weil er zwar den Stand der Verbindlichkeiten, bezogen auf den 20. April und 4. Mai 2000, mitgeteilt und auch angegeben habe, dass der Kreditspielraum fast vollständig ausgeschöpft gewesen sei. Diese Angaben reichten aber nicht aus. Es fehlten Angaben zu dem Bestand an fälligen Forderungen der Schuldnerin. Deren Kenntnis sei unverzichtbar, um die Zahlungsunfähigkeit feststellen zu können. Insoweit müsse auszuschließen sein, dass sich die Schuldnerin kurzfristig, innerhalb von zwei bis drei Wochen, die erforderlichen flüssigen Mittel habe beschaffen können, um die Verbindlichkeiten zu begleichen. Erforderlich seien deshalb Liquiditätsbilanzen zum 20. April 2000 und zum 4. Mai 2000.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.

Das Berufungsgericht ist, von der Revision unangegriffen, von einer kongruenten Deckung ausgegangen. Dies ist zutreffend, weil die Bezahlung einer Schuld durch eigenen Scheck verkehrsüblich ist (BGHZ 123, 320, 324; v. 2. Februar 2006 - IX ZR 67/02, ZIP 2006, 578, z.V.b. in BGHZ 166, 125; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 131 Rn. 35; Kübler/Prütting/Paulus, InsO § 131 Rn. 13).

Beide Scheckeinlösungen lagen innerhalb der 3-Monatsfrist vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Anwendbar ist deshalb § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO. Ein Bargeschäft liegt nicht vor, weil der erforderliche enge zeitliche - unmittelbare - Zusammenhang zwischen Leistung (Annahme des Auftrags oder Beginn der Tätigkeit) und Gegenleistung (vgl. BGH, Urt. v. 13. April 2006 - IX ZR 158/05, ZIP 2006, 1261, 1264) nicht bestand. Der Bericht der Beklagten wurde ab 3. Dezember 1999 erstellt. Die Scheckhingabe und die Scheckeinlösung lagen über 4 Monate später.

Entscheidend ist daher, ob zu dem gemäß § 140 Abs. 1 InsO maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Scheckeinlösung (vgl. BGHZ 118, 171, 176 f; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 140 Rn. 11) Zahlungsunfähigkeit vorlag und die Beklagte zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte.

1. Das Berufungsgericht hat zutreffend zunächst gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO geprüft, ob die Schuldnerin im Zeitpunkt der Scheckeinlösung die Zahlungen eingestellt hatte. Die in dieser Vorschrift formulierte Vermutung gilt auch im Rahmen des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO (BGHZ 149, 178, 184; BGH, Urt. v. 9. Januar 2003 - IX ZR 175/02, ZIP 2003, 410, 411). Liegt Zahlungseinstellung vor, begründet dies eine gesetzliche Vermutung für die Zahlungsunfähigkeit (HK-InsO/Kirchhof, aaO § 17 Rn. 24), die vom Prozessgegner zu widerlegen wäre.

Zahlungseinstellung ist dasjenige äußere Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise eine Zahlungsunfähigkeit ausdrückt. Es muss sich also mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (BGHZ 149, 178, 184 f; BGH, Urt. v. 9. Januar 2003 - IX ZR 175/02, ZIP 2003, 410, 411; HK-InsO/Kirchhof, aaO § 17 Rn. 25; zur 3-Wochen-Frist vgl. nunmehr BGHZ 163, 134, 139 f).

Die Zahlungseinstellung hat das Berufungsgericht mit unzutreffenden Gründen abgelehnt.

a) Eigene Erklärungen des Schuldners, eine fällige Verbindlichkeit nicht begleichen zu können, deuten auf eine Zahlungseinstellung hin, auch wenn sie mit einer Stundungsbitte versehen sind (vgl. BGH, Urt. v. 4. Oktober 2001 - IX ZR 81/99, ZIP 2001, 2097, 2098; HK-InsO/Kirchhof, aaO § 17 Rn. 30).

Eine solche Erklärung kommt in den Schreiben der Schuldnerin vom 12. April 2000 an die Sozialversicherungsträger zum Ausdruck. In den Schreiben ist zwar ausgeführt, dass die Schuldnerin auf Zahlungseingänge warte. Es wird aber auch klar zum Ausdruck gebracht, dass die Eingänge jedenfalls nicht bis zur Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge am 15. April 2000 zu erwarten seien, eine Zahlung bei Fälligkeit also keinesfalls erfolgen könne, sondern nur drei monatliche Raten jeweils zum Monatsende angeboten werden könnten. Die Schuldnerin war demzufolge gerade nicht in der Lage, ihren Verpflichtungen zur Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge binnen drei Wochen nachzukommen.

Allerdings wurden die Anträge auf Stundung noch vor Fälligkeit gestellt. Wurde ihnen rechtzeitig stattgegeben, fehlte es an der Fälligkeit der Forderungen. Hierzu und zu der Frage, ob es sich um einen erheblichen Teil der Verbindlichkeiten der Schuldnerin handelte, hat das Berufungsgericht jedoch keine Feststellungen getroffen.

b) Das Berufungsgericht hat auch dem Umstand keine Bedeutung beigemessen, dass nach Behauptung des Klägers die Schuldnerin zum 30. April 2000 die Löhne der gewerblichen Mitarbeiter nicht ordnungsgemäß gezahlt hat. Dies sei unerheblich, weil sie gleichzeitig die Gehälter der Angestellten weitergezahlt habe.

Das Berufungsgericht hat offenbar angenommen, einzelne beträchtliche Zahlungen schlössen die Zahlungseinstellung aus. Dies ist unzutreffend. Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus (BGH, Urt. v. 8. Oktober 1998 - IX ZR 337/97, ZIP 1998, 2008, 2009; v. 13. April 2000 - IX ZR 144/99, ZIP 2000, 1016, 1017; v. 4. Oktober 2001 - IX ZR 81/99, ZIP 2001, 2097, 2098). Dies gilt auch dann, wenn tatsächlich noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen (BGH, Urt. v. 25. Januar 2001 - IX ZR 6/00, ZIP 2001, 524, 525; v. 17. Mai 2001 - IX ZR 188/98, ZIP 2001, 1155; v. 4. Oktober 2001, aaO; v. 19. Dezember 2002 - IX ZR 377/99, ZIP 2003, 488, 491; v. 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, ZIP 2003, 1666, 1668).

c) Das Berufungsgericht hat nicht geprüft, ob unter dem Gesichtspunkt der bis zuletzt nicht beglichenen Verbindlichkeiten der Schuldnerin eine Zahlungseinstellung im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO vorliegt.

Nach den Behauptungen des Klägers hatte die Schuldnerin am 31. März 2000 fällige Verbindlichkeiten in Höhe von 4,92 Mio. DM aus Lieferungen und Leistungen offen stehen, die bis zuletzt unbedient blieben und deshalb zur Tabelle angemeldet wurden. Zum 7. April 2000 soll der Betrag dieser Forderungen auf 5,13 Mio. DM, zum 20. April 2000 auf 5,45 Mio. DM, zum 28. April 2000 auf 5,65 Mio. DM und zum 4. Mai 2000 auf 5,78 Mio. DM angestiegen sein.

Danach wäre die Schuldnerin bei Einlösung des ersten Schecks bereits seit einer Frist von knapp drei Wochen ab dem 31. März 2000 nicht in der Lage gewesen, fällige Verbindlichkeiten in Höhe von mindestens 4,92 Mio. DM zu begleichen. Sie konnte sie auch in der Folgezeit nicht tilgen. Sofern es sich hierbei nicht nur um einen unerheblichen Teil der Verbindlichkeiten der Schuldnerin gehandelt hat, lag deshalb bereits seit 31. März 2000 Zahlungseinstellung vor (vgl. BGHZ 163, 134, 144 ff).

Eine einmal eingetretene Zahlungseinstellung hätte danach nur dadurch wieder beseitigt werden können, dass die Schuldnerin ihre Zahlungen allgemein wieder aufgenommen hätte (BGHZ 149, 100, 101; 149, 178, 188). Das hätte derjenige zu beweisen, der sich hierauf beruft (BGHZ 149, 100, 101).

d) Das Berufungsurteil hat eine Zahlungseinstellung vor allem auch deshalb abgelehnt hat, weil die Nichtbegleichung der Verbindlichkeiten nicht nach außen in Erscheinung getreten sei. Auch dies ist indessen unzutreffend. Durch die Nichtzahlung der Sozialversicherungsbeiträge, der Löhne und der sonst fälligen Verbindlichkeiten über einen Zeitraum von mehr als drei Wochen nach Fälligkeit ist für die beteiligten Verkehrskreise hinreichend erkennbar geworden, dass die Nichtzahlung auf einem objektiven Mangel an Geldmitteln beruhte. Gerade Sozialversicherungsbeiträge und Löhne werden typischerweise nur dann nicht bei Fälligkeit bezahlt, wenn die erforderlichen Geldmittel hierfür nicht vorhanden sind (zu den Sozialversicherungsbeiträgen vgl. etwa BGH, Beschl. v. 13. Juni 2006 - IX ZB 238/05, ZIP 2006, 1457, 1458). Einer ausdrücklichen Zahlungsverweigerung bedarf es nicht (BGH, Urt. v. 22. November 1990 - IX ZR 103/90, ZIP 1991, 39, 40).

III.

Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO); die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch. Das Berufungsgericht wird die Voraussetzungen eines Anfechtungsanspruchs nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erneut zu prüfen und die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen hierfür zu treffen haben.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

1. Sofern eine Zahlungseinstellung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO nicht festgestellt werden kann, ist zu prüfen, ob die Schuldnerin zahlungsunfähig war, § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO. Ist die Schuldnerin nicht in der Lage, sich innerhalb von drei Wochen die zur Begleichung der fälligen Forderungen benötigten finanziellen Mittel zu beschaffen, handelt es sich nicht mehr um eine rechtlich unerhebliche Zahlungsstockung (BGHZ 163, 134, 139 f). Beträgt die innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke der Schuldnerin weniger als 10 % ihrer fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig von Zahlungsfähigkeit auszugehen, es sei denn, es ist bereits absehbar, dass die Lücke demnächst mehr als 10 % erreichen wird. Beträgt die Liquiditätslücke der Schuldnerin 10 % oder mehr, ist dagegen regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zuzumuten ist (BGHZ 163, 134, 142 f).

a) Die Frage, ob noch von einer vorübergehenden Zahlungsstockung oder schon von einer (endgültigen) Zahlungsunfähigkeit auszugehen ist, muss allein aufgrund der objektiven Umstände beantwortet werden (BGHZ 163, 134, 140; MünchKomm-InsO/Eilenberger, § 17 Rn. 6; HK-InsO/Kirchhof, aaO § 17 Rn. 5). Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO kann eine Liquiditätsbilanz aufzustellen sein. Dabei sind die im maßgeblichen Zeitpunkt verfügbaren und innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden Mittel in Beziehung zu setzen zu den am selben Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten (vgl. BGHZ 163, 134, 138; HK-InsO/Kirchhof, aaO § 17 Rn. 24; MünchKomm-InsO/Eilenberger, § 17 Rn. 10; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 17 Rn. 18). Eine solche Liquiditätsbilanz ist jedoch nicht erforderlich, wenn anderweitig festgestellt werden kann, dass der Schuldner einen wesentlichen Teil seiner fälligen Verbindlichkeiten nicht bezahlen konnte. Die vom Berufungsgericht geforderte Liquiditätsbilanz ist nötig, wenn eine Prognose erforderlich ist, also etwa im Rahmen der Frage, ob Insolvenzantrag zu stellen oder ein Insolvenzverfahren zu eröffnen ist (vgl. BGHZ 163, 134, 140). Im Anfechtungsprozess lässt sich auch auf andere Weise feststellen, ob und was der Schuldner zahlen konnte. Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von der Zahlungsunfähigkeit zu diesem Zeitpunkt auszugehen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn auf Grund konkreter Umstände, die sich nachträglich geändert haben, damals angenommen werden konnte, der Schuldner werde rechtzeitig in der Lage sein, die Verbindlichkeiten zu erfüllen. Dass nicht lediglich eine Zahlungsstockung vorlag, ist im Nachhinein ohne weiteres feststellbar. Es bedarf insoweit keiner Prognose.

b) Der Kläger hat behauptet, dass im Zeitpunkt der Einlösung des ersten Schecks am 20. April 2000 bei der Schuldnerin Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung in Höhe von ca. 5,45 Mio. DM fällig gewesen seien, die von den Gläubigern hätten zur Tabelle angemeldet werden müssen, und die trotz aller Einnahmen, die die Schuldnerin erzielt habe, nicht mehr hätten bedient werden können. Bei Einlösung des zweiten Schecks am 4. Mai 2000 seien ca. 5,78 Mio. DM aus Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung fällig gewesen, die bis zuletzt trotz der Eingänge unbedient geblieben seien. Trifft dies zu, lag in den genannten Zeitpunkten Zahlungsunfähigkeit vor.

2. Anfechtungsvoraussetzung ist gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO, dass die Beklagte die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin kannte. Hierzu hat der Kläger vorgetragen, das Berufungsgericht aber keine Feststellungen getroffen. Für die Kenntnis genügt es, wenn die Beklagte aus den ihr bekannten Tatsachen und dem Verhalten der Schuldnerin bei natürlicher Betrachtungsweise den zutreffenden Schluss gezogen hat, dass die Schuldnerin wesentliche Teile, d.h. 10 % und mehr, ihrer fällig gestellten Verbindlichkeiten in einem Zeitraum von drei Wochen nicht wird tilgen können (HK-InsO/Kreft, aaO § 130 Rn. 23). Dieser Kenntnis steht nach § 130 Abs. 2 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen.

3. Das Berufungsgericht wird bei der Prüfung dieser Fragen auch das von der Beklagten erstattete Gutachten zu berücksichtigen haben, in dem aus deren Sicht ausgeführt ist, unter welchen Voraussetzungen Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gegeben war.

Dr. Gero Fischer

Dr. Ganter

Dr. Kayser Vill

Dr. Detlev Fischer

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Ansprüche der Insolvenzgläubiger auf Ersatz eines Schadens, den diese Gläubiger gemeinschaftlich durch eine Verminderung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlitten haben (Gesamtschaden), können während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Richten sich die Ansprüche gegen den Verwalter, so können sie nur von einem neu bestellten Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 234/05 Verkündet am:
5. Februar 2007
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Eine Bank, bei der eine GmbH einen Kontokorrentkredit unterhält, ist Neugläubigerin
i.S. des Senatsurteils vom 6. Juni 1994 (BGHZ 126, 181), soweit sich das von der
GmbH in Anspruch genommene Kreditvolumen im Stadium der Insolvenzverschleppung
erhöht. Für den Differenzschaden haftet der schuldhaft pflichtwidrig handelnde
Geschäftsführer bis zur Höhe des negativen Interesses der Bank.

b) Die Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers einer GmbH gegenüber Neugläubigern
(§§ 823 Abs. 2 BGB, 64 Abs. 1 GmbHG) ist nicht um die auf diese entfallende
Insolvenzquote zu kürzen (Abweichung von BGHZ 126, 181, 201); vielmehr ist dem
Geschäftsführer entsprechend § 255 BGB i.V.m. § 273 f. BGB ein Anspruch auf Abtretung
der Insolvenzforderung des Neugläubigers gegen die Gesellschaft zuzubilligen
(vgl. auch BGHZ 146, 264, 278 f. zu § 64 Abs. 2 GmbHG).

c) Für einen Schadensersatzanspruch wegen Insolvenzverschleppung (§§ 823 Abs. 2
BGB, 64 Abs. 1 GmbHG) kommt es auf das Vorliegen ihrer Voraussetzungen im
Zeitraum der Gläubigerschädigung und nicht auf lange zurückliegende Gegebenheiten
an.

d) Mit der Neufassung des Überschuldungstatbestandes in § 19 Abs. 2 InsO ist für das
neue Recht der zur Konkursordnung ergangenen Rechtsprechung des Senats zum
sog. "zweistufigen Überschuldungsbegriff" (BGHZ 119, 201, 214) die Grundlage
entzogen.
BGH, Urteil vom 5. Februar 2007 - II ZR 234/05 - OLG Koblenz
LG Koblenz
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Februar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Prof. Dr. Gehrlein und Caliebe

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 28. Juli 2005 aufgehoben, soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt ist. In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 2. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin war seit etwa 1980 die Hausbank der Mitte 2003 in Insolvenz geratenen A. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) mit einem Stammkapital von 50.000,00 DM. Der Beklagte war ihr Geschäftsführer ; er und seine Ehefrau waren deren Alleingesellschafter. Der - erst im Oktober 2001 erstellte - Jahresabschluss der Schuldnerin per 31. Dezember 1996 wies einen durch Eigenkapital nicht gedeckten Fehlbetrag in Höhe von ca. 485.000,00 DM aus, wobei Gesellschafterdarlehen von ca. 963.000,00 DM passiviert waren. Die Kreditverbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber der Klägerin beliefen sich per 31. Dezember 1996 auf ca. 136.000,00 DM. Mit Ver- trag vom 22. Oktober 1997 erhöhte die Klägerin den der Schuldnerin eingeräumten Kontokorrentkredit um weitere 300.000,00 DM. Der Beklagte übernahm dafür eine Bürgschaft in entsprechender Höhe. Ende 1997 wies das Kontokorrentkonto der Schuldnerin ein Haben von ca. 156.000,00 DM auf und wurde auch in den Folgejahren, insbesondere im Verlauf des Jahres 2001 immer wieder im Haben geführt. In der Zeit danach erhöhte sich das von der Schuldnerin in Anspruch genommene Kreditvolumen bis zum 30. September 2003 auf 371.656,04 € einschließlich Zinsen. In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin ist mit einer Befriedigungsquote von 1 % zu rechnen.
2
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin von dem Beklagten Schadensersatz aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 64 Abs. 1 GmbHG mit der Begründung, dass er bereits Anfang 1997 angesichts der damaligen Überschuldung der GmbH hätte Konkursantrag stellen müssen; hätte er dies getan, hätte sie der Schuldnerin keine weiteren Kredite bis zu dem Betrag von 371.656,04 € gewährt. Abzüglich des von dem Beklagten als Bürge geschuldeten Betrages von 153.387,56 € (= 300.000,00 DM) verbleibe ein Schaden von 218.268,48 €. Hilfsweise werde ein Schaden von 162.410,29 € geltend gemacht, der sich unter Zugrundelegung der durchschnittlichen Refinanzierungskosten anstelle der vereinbarten Zinsen für das an die Schuldnerin ausgereichte Darlehenskapital errechne.
3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Berufungsgericht hat ihr - unter Anrechnung eines hälftigen Mitverschuldens der Klägerin - in Höhe von 109.134,24 € entsprochen. Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten, die der Senat auf dessen Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen hat.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung an einen anderen Senat des Berufungsgerichts (§ 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO), soweit es zum Nachteil des Beklagten erkannt hat.
5
I. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass die Schuldnerin ausweislich einer von der Klägerin vorgelegten "Überschuldungsbilanz" bereits per 31. Dezember 1996 mit mindestens ca. 287.000,00 DM überschuldet und konkursreif gewesen sei. Die Eigenkapital ersetzenden Gesellschafterdarlehen in Höhe von 963.488,14 DM seien - entsprechend der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8. Januar 2001 (II ZR 88/99, BGHZ 146, 264) - im Überschuldungsstatus zu passivieren. Die im Jahresabschluss der Schuldnerin per 31. Dezember 1996 dokumentierte Erklärung des Beklagten und seiner Ehefrau , aus Sanierungsgründen auf eine kurzfristige Rückführung von 50 % der Gesellschafterdarlehen zu verzichten, genüge den an einen Rangrücktritt zu stellenden Anforderungen (BGH aaO) nicht. Darauf sowie auf das faktische Stehenlassen der Darlehen in den Folgejahren habe der Beklagte auch keine positive Fortführungsprognose gründen können. Er habe seine Insolvenzantragspflicht schuldhaft verletzt. Bei pflichtgemäßer Einholung fachkundigen Rats hätte er "wohl" schon um die Jahreswende 1996/97, jedenfalls aber ab Anfang 2001 erkennen können, dass die Gesellschafterdarlehen im Überschuldungsstatus zu passivieren seien. Die Klägerin könne Schadensersatz als "Neugläubigerin" (BGHZ 126, 181) verlangen, weil das Kontokorrentkonto der Schuldnerin im Jahr 2001 noch im Haben geführt worden und der von der Klägerin als Schaden geltend gemachte Sollsaldo der Schuldnerin folglich erst danach, somit jedenfalls nach Eintritt der Insolvenzantragspflicht entstanden sei. Die Klägerin müsse sich aber in Anbetracht der von ihr leichtsinnig zugelassenen Kontoüberziehungen ein hälftiges Mitverschulden anrechnen lassen. In die Scha- densberechnung seien die vereinbarten Bankzinsen einzubeziehen, weil das von dem Beklagten zu ersetzende negative Interesse auch den entgangenen Gewinn (§ 252 BGB) erfasse, den die Klägerin durch Kreditvergabe an einen Dritten anstelle der Schuldnerin hätte erzielen können.
6
II. Das Berufungsurteil hält, soweit es angefochten ist, revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7
1. In mehrfacher Hinsicht von Rechtsirrtum beeinflusst ist die Ansicht des Berufungsgerichts, der Beklagte hafte deshalb (dem Grunde nach) für den von der Klägerin geltend gemachten Schaden in Gestalt des Kontokorrentsaldos per 30. September 2003, weil die Schuldnerin per 31. Dezember 1996 konkursreif, nämlich überschuldet gewesen sei und er, der Beklagte, damals nicht unverzüglich Konkursantrag gestellt habe.
8
a) Zu Recht rügt die Revision, dass das Berufungsgericht von einer haftungsbegründenden Versäumung der Konkursantragspflicht des Beklagten zum Jahreswechsel 1996/97 ausgegangen ist, obwohl es eine für den Beklagten erkennbare Konkursreife und damit eine schuldhafte Pflichtverletzung erst für die Zeit nach dem Senatsurteil vom 8. Januar 2001 (BGHZ 146, 264) definitiv festgestellt hat. Der objektive und der subjektive Tatbestand einer Pflichtverletzung müssen zeitlich zusammenfallen. Das gilt auch bei einem Dauerdelikt wie der Konkursverschleppung (§§ 64 Abs. 1, 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG), soweit für eine daraus resultierende zivilrechtliche Haftung (§ 823 Abs. 2 BGB) auf einen bestimmten Zeitpunkt oder Zeitraum abgestellt wird. Dass der Beklagte die - nur bei Passivierung der Gesellschafterdarlehen gegebene - Überschuldung der Gesellschaft im Jahr 1996/97 hätte erkennen müssen, stellt das Berufungsgericht nicht abschließend fest und ist auch nicht ersichtlich. Zwar ist ein Verschulden des Geschäftsführers bei objektiver Versäumung der Insolvenzan- tragspflicht (§ 64 Abs. 1 GmbHG) zu vermuten (BGHZ 143, 184 f.). Entgegen den Erwägungen des Berufungsgerichts konnte der Beklagte aber nach dem Meinungsstand vor Bekanntwerden des genannten Senatsurteils (vgl. die dortigen Nachweise aaO S. 269 f.) durchaus davon ausgehen, dass Eigenkapital ersetzende Darlehen im Überschuldungsstatus nicht zu passivieren sind (vgl. auch OLG München NJW 1994, 3112; OLG Düsseldorf GmbHR 1997, 699; OLG Stuttgart NZG 1998, 308).
9
b) Soweit das Berufungsgericht darauf abstellt, dass der Beklagte "jedenfalls" im Jahr 2001 nach Bekanntwerden des Senatsurteils vom 8. Januar 2001 seine Insolvenzantragspflicht habe erkennen müssen, verkennt es andererseits, wie die Revision ebenfalls zu Recht rügt, dass es an Feststellungen für eine Insolvenzreife der Schuldnerin im Jahr 2001 fehlt und dazu nicht die von der Klägerin vorgelegte Überschuldungsbilanz per 31. Dezember 1996 herangezogen werden kann. Gegen eine Insolvenzreife der Schuldnerin im Jahr 2001 spricht immerhin, dass ihr Kontokorrentkonto bei der Klägerin, wie das Berufungsgericht selbst ausführt, noch im Verlauf dieses Jahres unstreitig im Haben geführt wurde. Zudem hat der Beklagte, worauf die Revision hinweist, geltend gemacht, die Schuldnerin sei in den Jahren 1996/97 allenfalls vorübergehend und in den Folgejahren nicht mehr überschuldet gewesen. Gegenteiliges ist nicht festgestellt.
10
c) Selbst wenn der Beklagte seine Insolvenzantragspflicht in den Jahren 1996/97 schuldhaft verletzt hätte, ließe sich - was das Berufungsgericht ebenfalls verkannt hat - seine Haftung für den bis zum 30. September 2003 entstandenen Schaden der Klägerin hierauf nicht gründen. Wurde nämlich das Kontokorrentkonto der Schuldnerin bei der Klägerin im Jahr 2001 noch im Haben geführt , so ist der Klägerin bis dahin ein Schaden überhaupt noch nicht entstanden. Eine irgendwann einmal gegebene Verletzung der Konkursantragspflicht genügt nicht, um dem betreffenden Geschäftsführer jedwede spätere Gläubigerschädigung mit der Begründung zuzurechnen, dass es dazu bei Erfüllung der ursprünglichen Konkursantragspflicht nicht gekommen wäre. Vielmehr muss eine schuldhafte Verletzung der Konkursantragspflicht des Geschäftsführers in der zum Schaden des Vertragspartners der Gesellschaft führenden Geschäftssituation (noch) vorliegen (vgl. BGHZ 164, 50, 55 f.). Auch deshalb kommt es hier allein darauf an, ob und ab wann in den Jahren ab 2001 eine schuldhafte Konkursverschleppung des Beklagten vorlag. Feststellungen dazu fehlen.
11
2. Nach allem kann das angefochtene Urteil mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht bestehen bleiben. Eine Entscheidung in der Sache selbst (§ 563 Abs. 3 ZPO) ist dem Senat verwehrt, weil es dazu weiterer tatrichterlicher Feststellungen bedarf.
12
a) Die Klage wäre allerdings aus Rechtsgründen abweisungsreif, wenn die Klägerin entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts als "Altgläubigerin" der Schuldnerin anzusehen und deshalb auf den Ersatz eines "Quotenschadens" (BGHZ 29, 100, 104 ff.) beschränkt wäre, der in einem - wie hier - eröffneten Insolvenzverfahren als einheitlicher Gesamtgläubigerschaden gemäß § 92 InsO allein von dem Insolvenzverwalter gegenüber dem Geschäftsführer geltend zu machen ist (vgl. BGHZ 126, 181, 190; 138, 211, 214, 217; Scholz/K. Schmidt, GmbHG 9. Aufl. § 64 Rdn. 49, 85). Das ist indessen hier nicht schon deshalb der Fall, weil die Geschäftsverbindung zwischen der Klägerin und der Schuldnerin schon im Jahr 1980 und damit lange Zeit vor dem von der Klägerin behaupteten Zeitpunkt der Insolvenzreife der Schuldnerin begründet worden ist.
13
aa) Bei der Unterscheidung zwischen Alt- und Neugläubigern geht es nicht um den persönlichen Schutzbereich des § 64 Abs. 1 GmbHG, sondern um die Art und den Umfang des ihnen durch eine Konkursverschleppung entstandenen Schadens (vgl. BGHZ 126, 181, 193). Nach dem Senatsurteil vom 6. Juni 1994 (BGHZ 126, 181) sind Neugläubiger diejenigen Gläubiger, die ihre Forderungen gegen eine GmbH nach Eintritt der Insolvenzantragspflicht des Geschäftsführers erworben haben; sie haben Anspruch auf Ersatz des vollen Schadens, der ihnen dadurch entsteht, dass sie in Rechtsbeziehungen zu der insolvenzreifen GmbH getreten sind. Dem steht bei einem Dauerschuldverhältnis wie dem vorliegenden Kontokorrentkredit jedenfalls der Abschluss eines Verlängerungs- oder Erweiterungsvertrages im Stadium der Insolvenzverschleppung gleich, darüber hinaus aber auch die Gewährung zusätzlichen Kredits bzw. dessen Inanspruchnahme durch die GmbH im Rahmen einer bestehenden Geschäftsverbindung. Soweit § 64 Abs. 1 GmbHG potentielle Neugläubiger schon vor der Eingehung von Geschäftsbeziehungen mit einer insolvenzreifen GmbH schützen soll (BGHZ 126, 181, 192), geschieht dies nur zu dem Zweck, sie davor zu bewahren, einer solchen GmbH noch Geld- oder Sachkredit zu gewähren und dadurch einen Schaden zu erleiden (vgl. BGHZ 164, 50, 60 f.; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG 18. Aufl. § 64 Rdn. 92 m.w.Nachw.; Haas, DStR 2003, 423, 427). Anders als der Quotenschaden der Altgläubiger, der in der durch Insolvenzverschleppung bedingten Masse- und Quotenverminderung besteht, liegt der Schaden eines Neugläubigers darin, dass er der GmbH im Vertrauen auf deren Solvenz noch Geld- oder Sachmittel zur Verfügung gestellt hat, ohne einen entsprechend werthaltigen Gegenanspruch zu erlangen (vgl. BGHZ 164, 50, 60 f.). Einen solchen Kreditgewährungsschaden erleidet eine Bank auch im Rahmen eines der GmbH eingeräumten Kontokorrentkredits, soweit sich dessen Saldo in der Insolvenzverschleppungsphase erhöht. Insoweit hat die Bank in solchem Fall eine (wertlose) Forderung gegen die GmbH nach Eintritt der Insolvenzantragspflicht des Geschäftsführers erworben (vgl. BGHZ 126, 181), wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend ausführt. Für die Neugläubigereigenschaft der Bank kommt es - ebenso wie für ihren durch die Konkursverschleppung bedingten Kreditgewährungsschaden - nicht auf etwaige Novationen der Kreditschuld durch zwischenzeitliche Rechnungsabschlüsse entsprechend § 355 HGB an (vgl. zum Bankenkontokorrent BGHZ 50, 277, 280, 283; Baumbach/Hopt, HGB 32. Aufl. § 355 Rdn. 9), sondern auf die Differenz zwischen dem bis zur tatsächlichen Stellung des Konkursantrags aufgelaufenen und demjenigen Kreditvolumen, das sich bei pflichtgemäßer Stellung des Konkursantrages ergeben hätte. Es handelt sich dabei nicht um einen Gesamtgläubigerschaden i.S. von § 92 InsO, sondern um einen Individualschaden der Bank (vgl. BGHZ 138, 211, 216).
14
bb) Der entsprechende Schaden ist dem Geschäftsführer gemäß §§ 64 Abs. 1 GmbHG, 823 Abs. 2 BGB zuzurechnen, weil und soweit es bei pflichtgemäßer Stellung des Insolvenzantrages dazu nicht gekommen wäre. Denn anders als etwa ein Mietvertrag (§ 108 InsO) endet der Kontokorrentvertrag gemäß §§ 116 Abs. 1, 115 Abs. 1 InsO mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens (vgl. BGHZ 157, 350, 356 f.) und kann auch schon vorher - etwa bei Stellung des Insolvenzantrages - seitens der Bank fristlos gekündigt werden (vgl. § 490 Abs. 1 BGB; Nr. 19 Abs. 3 AGB-Banken). Dafür, dass dies geschehen wäre, spricht wegen des Schutzgesetzcharakters des § 64 Abs. 1 GmbHG der Beweis des ersten Anscheins, wenn eine schuldhafte Insolvenzverschleppung vorliegt (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl. vor § 249 Rdn. 167; Palandt/Sprau aaO § 823 Rdn. 80 f. jeweils m.w.Nachw.).
15
cc) Lag also im vorliegenden Fall in der Zeit ab 2001 eine schuldhafte Insolvenzverschleppung des Beklagten vor, so wäre der Endsaldo des von der Klägerin bis zur tatsächlichen Stellung des Konkursantrages im Jahre 2003 gewährten Kredits (vorbehaltlich der geltend gemachten Zinsen, dazu unten III) ein dem Beklagten zuzurechnender Neugläubigerschaden der Klägerin, weil der Kontokorrentkredit der Schuldnerin im Jahr 2001 (zumindest im Wesentlichen) noch im Haben geführt worden war. Sollte sich eine (schuldhafte) Konkursverschleppung des Beklagten erst für einen späteren Zeitraum feststellen lassen, müsste das bis zu deren Beginn ausgereichte Kreditvolumen, das nicht nach einem willkürlich herausgegriffenen Spitzenbetrag zu bestimmen, sondern nach einem Durchschnittsbetrag während der letzten sechs Monate gemäß § 287 ZPO zu schätzen ist, von dem Endsaldo abgezogen werden.
16
b) Die Klage ist auch nicht deshalb abweisungsreif, weil die von der Klägerin erstellte und vorgelegte "Überschuldungsbilanz" per 31. Dezember 1996 nicht geeignet ist, eine (fortdauernde) Insolvenzverschleppung des Beklagten im hier maßgebenden Zeitraum ab 2001 zu belegen. Zwar hat den Beweis für das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen einer haftungsbegründenden Insolvenzverschleppung grundsätzlich der Gläubiger zu erbringen (vgl. BGHZ 126, 181, 200). Da jedoch das Berufungsgericht (ebenso wie das Landgericht) die hier maßgebenden Gesichtspunkte verkannt und die Parteien, insbesondere die Klägerin, hierauf nicht hingewiesen hat, muss der Klägerin gemäß § 139 Abs. 2 ZPO Gelegenheit gegeben werden, hierzu ergänzend vorzutragen. Die Sache ist deshalb gemäß § 563 Abs. 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
17
III. Bei der neuen Verhandlung und Entscheidung hat das Berufungsgericht die von dem Senat gegebenen Hinweise zur Rechtslage - ggf. nach weiterem Sachvortrag der Parteien - zugrunde zu legen.
18
Zusätzlich weist der Senat auf folgendes hin:
19
1. Die Ansicht der Revision, dass im Fall einer allein aufgrund der Passivierung von Gesellschafterdarlehen bestehenden Überschuldung einer GmbH eine positive Fortführungsprognose "zu vermuten" sei und dies nach den Grundsätzen in dem Senatsurteil vom 13. Juli 1992 (BGHZ 119, 201, 214) einer Insolvenzreife entgegenstehe, geht für den vorliegend maßgeblichen Zeitraum ab 2001 fehl. Denn in diesem Zeitraum galt schon seit längerem der Überschuldungsbegriff des § 19 Abs. 2 InsO, nach dem eine positive Fortführungsprognose für sich allein eine Insolvenzreife des Schuldners nicht ausräumen kann, sondern lediglich für die Bewertung seines Vermögens nach Fortführungs- oder Liquidationswerten von Bedeutung ist (vgl. Sen.Beschl. v. 9. Oktober 2006 - II ZR 303/05, ZIP 2006, 2171). Für den in dem Senatsurteil aaO zugrunde gelegten zweistufigen Überschuldungsbegriff ist damit die rechtliche Grundlage entfallen. In der Zeit nach Bekanntwerden des Senatsurteils vom 8. Januar 2001 (BGHZ 146, 264) konnte auch kein Zweifel mehr daran bestehen, dass Forderungen der Gesellschafter aus Eigenkapital ersetzenden Darlehen bei Fehlen eines den dortigen Anforderungen entsprechenden Rangrücktritts im Überschuldungsstatus zu passivieren sind. Das gilt auch bei einer etwaigen Bewertung des Schuldnervermögens nach Fortführungswerten, weil die von dem Senat (aaO) angeführten Gründe für die Passivierung hierauf in gleicher Weise zutreffen und Forderungen aus Eigenkapital ersetzenden Darlehen zu den Insolvenzforderungen gehören (vgl. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO).
20
2. Im Ergebnis zutreffend geht das Berufungsgericht (stillschweigend) davon aus, dass die Höhe des Ersatzanspruchs eines Neugläubigers nicht unter Abzug der auf ihn entfallenden und erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft feststehenden Insolvenzquote zu errechnen ist. An der gegenteiligen Auffassung im Urteil vom 6. Juni 1994 (BGHZ 126, 181, 201) hält der Senat nicht fest. Der gegen § 64 Abs. 1 GmbHG verstoßende Geschäftsführer ist verantwortlich dafür, dass es zu der Kreditgewährung des Neugläubigers an die insolvenzreife Gesellschaft überhaupt gekommen ist. Es wäre deshalb sachlich nicht gerechtfertigt, den Neugläubiger darauf zu verweisen, dass er mit der Geltendmachung seines Schadensersatz- anspruchs gegen den Geschäftsführer bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens zuwarten müsse. Vielmehr ist dem in voller Höhe ersatzpflichtigen Geschäftsführer entsprechend § 255 BGB - Zug um Zug gegen Zahlung seiner Ersatzleistung - ein Anspruch auf Abtretung der Insolvenzforderung des Neugläubigers gegen die Gesellschaft zuzubilligen, um dem schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbot Rechnung zu tragen (vgl. Altmeppen ZIP 1997, 1173, 1181 sowie - zum Umfang des Ersatzanspruchs gem. § 64 Abs. 2 GmbHG - BGHZ 146, 264, 278 f.). Die Abtretung der dem Erfüllungsinteresse entsprechenden Insolvenzforderung des Neugläubigers rechtfertigt sich daraus, dass diese bei pflichtgemäßem Verhalten des Geschäftsführers nicht entstanden wäre und er dem Neugläubiger nur Ersatz seines negativen Interesses schuldet (vgl. insoweit BGHZ 126, 181, 201).
21
3. Auf durchgreifende Bedenken stößt allerdings die (bisherige) Ansicht des Berufungsgerichts, in die Schadensberechnung des negativen Interesses der Klägerin (BGHZ 126, 181, 201) seien die vereinbarten, bis 30. September 2003 aufgelaufenen Bankzinsen einzubeziehen. Das wäre nur dann richtig, wenn die Klägerin allein mit eigenen Kapitalreserven arbeiten würde, welche sie zu anderweitiger Kreditvergabe hätte einsetzen können (§ 252 ZPO), wenn es nicht zu einer Erhöhung des an die Schuldnerin ausgereichten Darlehenskapitals im Zeitraum einer etwaigen Insolvenzverschleppung gekommen wäre. Wie sich aus den Ausführungen der Klägerin zur Begründung ihres Hilfsantrags ergibt , hat sie aber offenbar die von ihr gewährten Kredite refinanziert und kann deshalb im Rahmen des negativen Interesses nur die Refinanzierungskosten ersetzt verlangen.
Goette Kurzwelly Kraemer Gehrlein Caliebe

Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 20.01.2005 - 3 O 15/04 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 28.07.2005 - 6 U 225/05 -

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

(1) Die Pfändung der im Gewahrsam des Schuldners befindlichen körperlichen Sachen wird dadurch bewirkt, dass der Gerichtsvollzieher sie in Besitz nimmt.

(2) Andere Sachen als Geld, Kostbarkeiten und Wertpapiere sind im Gewahrsam des Schuldners zu belassen, sofern nicht hierdurch die Befriedigung des Gläubigers gefährdet wird. Werden die Sachen im Gewahrsam des Schuldners belassen, so ist die Wirksamkeit der Pfändung dadurch bedingt, dass durch Anlegung von Siegeln oder auf sonstige Weise die Pfändung ersichtlich gemacht ist.

(3) Der Gerichtsvollzieher hat den Schuldner von der erfolgten Pfändung in Kenntnis zu setzen.

(1) Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Zugleich hat das Gericht an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten. Die Pfändung mehrerer Geldforderungen gegen verschiedene Drittschuldner soll auf Antrag des Gläubigers durch einheitlichen Beschluss ausgesprochen werden, soweit dies für Zwecke der Vollstreckung geboten erscheint und kein Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Interessen der Drittschuldner entgegenstehen.

(2) Der Gläubiger hat den Beschluss dem Drittschuldner zustellen zu lassen. Der Gerichtsvollzieher hat dem Schuldner den Beschluss mit dem Zustellungsnachweis sofort zuzustellen, sofern nicht eine öffentliche Zustellung erforderlich ist. An Stelle einer an den Schuldner im Ausland zu bewirkenden Zustellung erfolgt die Zustellung durch Aufgabe zur Post, sofern die Zustellung nicht nach unmittelbar anwendbaren Regelungen der Europäischen Union zu bewirken ist.

(3) Mit der Zustellung des Beschlusses an den Drittschuldner ist die Pfändung als bewirkt anzusehen.

(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren elektronisch bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht elektronisch bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.

(1) Hat ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung eine Sicherung an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners erlangt, so wird diese Sicherung mit der Eröffnung des Verfahrens unwirksam.

(2) Die in Absatz 1 genannte Frist beträgt drei Monate, wenn ein Verbraucherinsolvenzverfahren nach § 304 eröffnet wird.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 166/02
Verkündet am:
20. März 2003
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Die Pfändung einer künftigen Forderung gilt anfechtungsrechtlich in dem Zeitpunkt
als vorgenommen, in dem die Forderung entsteht. Die Entstehung der Forderung ist
keine Bedingung der Pfändung.
BGH, Urteil vom 20. März 2003 - IX ZR 166/02 - OLG Jena
LG Gera
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Kirchhof, Raebel, Kayser und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 17. Juni 2002 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte (Finanzamt Jena) erließ am 22. August 2000 eine Verfügung , mit welcher wegen vollstreckbarer Steueransprüche gegen die S. & P. GmbH (fortan: Schuldnerin) von insgesamt 68.625,51 DM gegenwärtige und künftige Guthaben der Schuldnerin bei der C. AG, Zweigstelle H. , gepfändet und eingezogen wurden. Die Verfügung wurde der C. am nächsten Tage zugestellt.
Am 20. Oktober 2000 setzte das Finanzamt die Pfändungsverfügung unter doppelter Bedingung und mit dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs aus. Die Aussetzung sollte nur in Kraft treten, wenn ein Betrag von 45.000 DM überwiesen wurde. Sie sollte außer Kraft treten, sobald ein Dritter Anspruch auf die gepfändete Forderung erhob. Der genannte Betrag wurde unter dem Datum
des 20. Oktober 2000 zu Lasten des gepfändeten Kontos von der Schuldnerin an die Finanzkasse überwiesen.
Am 8. November 2000 widerrief das Finanzamt die Aussetzung seiner Pfändungsverfügung. Am 15. November 2000 setzte es die Pfändungsverfügung abermals auf einen Monat mit den bisherigen Nebenbestimmungen aus, wobei als aufschiebende Bedingung diesmal indes die sofortige Überweisung von 35.000 DM bezeichnet wurde. Die Schuldnerin überwies der Finanzkasse diesen Betrag von dem gepfändeten Konto mit Datum vom selben Tage.
Auf Antrag der AOK in G. , der bei dem Insolvenzgericht am 30. November 2000 einging, wurde am 15. Januar 2001 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit der Klage verlangt er die Rückgewähr der überwiesenen Beträge von 45.000 DM und 35.000 DM zur Masse.
Das Landgericht hat den Beklagten zur Rückgewähr von 35.000 DM nebst Zinsen verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers gegen die Teilabweisung der Klage hatte Erfolg. Die Anschlußberufung des Beklagten wurde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat die Überweisungen der Gemeinschuldnerin vom 20. Oktober und 15. November 2000 als inkongruente Deckungen gewertet , da sie unter dem Druck der ausgebrachten bzw. wieder in Vollzug gesetzten Pfändung erfolgt seien. Die Überweisungen seien unmittelbar gläubigerbenachteiligend gewesen, da sie das Aktivvermögen der Schuldnerin sogleich entsprechend verringerten. Die angefochtenen Rechtshandlungen seien, auch wenn man auf die Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Beklagten nebst Widerruf der Aussetzung abstelle, innerhalb der Anfechtungszeiträume des § 131 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO vorgenommen worden. Gemäß § 140 Abs. 1 InsO gelte eine mehraktige Rechtshandlung bei Eintritt ihrer rechtlichen Wirkung als vorgenommen. Das sei grundsätzlich der Zeitpunkt des letzten Teilaktes. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Beklagten einerseits und das Entstehen der hiervon ergriffenen Forderungen der Gemeinschuldnerin gegen die Drittschuldnerin durch die Gutschriften auf dem zunächst debitorischen Konto andererseits hätten zeitlich weit auseinandergelegen. Ebenso wie die Vorausabtretung werde auch die Pfändung einer künftigen Forderung erst mit deren Entstehung wirksam. Aus § 140 Abs. 3 InsO ergebe sich entgegen der Meinung des Landgerichts nichts anderes.

II.


Diese Erwägungen des Berufungsgerichts sind rechtlich im Ergebnis nicht zu beanstanden.
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die Überweisung der Schuldnerin vom 15. November 2000 grundsätzlich nach
§ 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO, die vorausgegangene Überweisung vom 20. Oktober 2000 nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar ist.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine während der "kritischen" Zeit im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Sicherung oder Befriedigung als inkongruent anzusehen. Das die Einzelzwangsvollstreckung beherrschende Prioritätsprinzip wird durch das System der insolvenzrechtlichen Anfechtungsregeln eingeschränkt, wenn für die Gesamtheit der Gläubiger nicht mehr die Aussicht besteht, aus dem Vermögen des Schuldners volle Deckung zu erhalten. Dann tritt die Befugnis des Gläubigers, sich mit Hilfe hoheitlicher Zwangsmittel eine rechtsbeständige Sicherung oder Befriedigung der eigenen fälligen Forderungen zu verschaffen, hinter den Schutz der Gläubigergesamtheit zurück (BGHZ 136, 309, 311 ff; BGH, Urt. v. 11. April 2002 - IX ZR 211/01, WM 2002, 1193, 1194 m.w.N.).
Der Forderungseinziehung kraft hoheitlicher Anordnung (§ 314 Abs. 1 AO) stehen anfechtungsrechtlich Verfügungen des Schuldners über ein gepfändetes Bankguthaben zugunsten des Pfändungsgläubigers gleich (vgl. BGH, Urt. v. 26. September 2002 - IX ZR 66/99, WM 2003, 59, 60).

b) Die angefochtenen Überweisungen der Schuldnerin an die Finanzkasse gingen zu Lasten ihres gepfändeten Bankguthabens; sie benachteiligten deshalb im Grundsatz die Insolvenzgläubiger (§ 129 InsO). Eine Ausnahme hätte nur dann vorgelegen, wenn der Beklagte aufgrund seines Pfändungspfandrechts (§ 804 Abs. 1 und 2 ZPO) zur abgesonderten Befriedigung (§ 50 Abs. 1 InsO) aus dem überwiesenen Guthaben bei der Drittschuldnerin berechtigt gewesen wäre (vgl. BGH, Urt. v. 11. Juli 1991 - IX ZR 230/90, WM 1991, 1570, 1574; v. 21. März 2000 - IX ZR 138/99, WM 2000, 1071, 1072 m.w.N.).
Der Beklagte hat jedoch durch seine Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Schuldnerin kein insolvenzbeständiges Absonderungsrecht erlangt.
2. Die auch gegen die anfechtungsrechtlich selbständige (vgl. BGH, Urt. v. 21. März 2000 - IX ZR 138/99, aaO) Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Beklagten vom 22. August 2000 gerichtete Anfechtung des Klägers greift nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO durch. Die hierdurch erlangte Sicherung ist inkongruent (siehe oben 1. a). Der Beklagte kann sie nach § 143 InsO der Anfechtung der Überweisungen nicht entgegenhalten.

a) Die insolvenzrechtliche Anfechtbarkeit der Pfändung eines künftigen Bankguthabens hängt davon ab, ob sie bereits mit ihrer Bewirkung (§ 309 Abs. 2 Satz 1 AO; § 829 Abs. 3 ZPO) als vorgenommen gilt, wie der Beklagte annimmt, oder ob § 140 Abs. 1 InsO auf die Entstehung des Guthabens abstellt. Der Bundesgerichtshof hat die anfechtungsrechtlich entscheidende Wirkung bei der Vorausabtretung, der Vorausverpfändung und der Pfändung einer künftigen Forderung nicht schon in der Verfügung, sondern erst in der Entstehung der Forderung gesehen (BGH, Urt. v. 24. Oktober 1996 - IX ZR 284/95, ZIP 1996, 2080, 2082 - Vorausverpfändung; v. 30. Januar 1997 - IX ZR 89/96, ZIP 1997, 513, 514 - Vorausabtretung; jeweils zu § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO; BGHZ 135, 140, 148 - Pfändung künftiger Forderung, zu § 30 Nr. 2 KO). Denn die anfechtungsrechtlich entscheidende Gläubigerbenachteiligung kann sich nur und erst dann äußern, wenn die Forderung entstanden ist, über die der Schuldner rechtsgeschäftlich oder im Wege der Zwangsvollstreckung vorausverfügt hat. Daran hat sich unter der Geltung von § 140 Abs. 1 InsO gegenüber der älteren Rechtslage nichts geändert.
Entsteht die im voraus abgetretene, verpfändete oder gepfändete Forderung erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so erwirbt der Gläubiger bzw. Pfandgläubiger zu Lasten der Masse nach § 91 Abs. 1 InsO kein Forderungs - und kein Absonderungsrecht mehr (vgl. BGH, Urt. v. 5. Januar 1955 - IV ZR 154/54, NJW 1955, 544 und BGHZ 135, 140, 145 zu § 15 KO; MünchKomm -InsO/Ganter, vor §§ 49 bis 52 Rn. 23). Entsteht eine Forderung in anfechtbarer Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so ist die gläubigerbenachteiligende Wirkung einer Vorausverfügung nicht anfechtungsfest. Das gilt für Verfügungen im Wege der Zwangsvollstreckung nicht anders als für rechtsgeschäftliche Verfügungen.

b) Zu Recht und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht der Ansicht des Landgerichts widersprochen, daß auf die vorliegende Fallgestaltung § 140 Abs. 3 InsO anzuwenden sei. Schon die vom Landgericht angeführte Entscheidung des Reichsgerichts (RGZ 135, 139, 141) hat zutreffend betont, daß die Pfändung einer künftigen Forderung "bedingungslos" ist. § 140 Abs. 3 InsO betrifft nur Fälle rechtsgeschäftlicher Bedingungen. Die Entstehung der im voraus gepfändeten Forderung ist keine Bedingung im Sinne der §§ 158 ff BGB und insolvenzrechtlich nicht in gleicher Weise wie die in § 140 Abs. 3 InsO geregelten Fälle schutzwürdig.

c) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht ausreichende Feststellungen dazu getroffen, wann die Pfändung des Beklagten in das zunächst debitorisch geführte Konto der Schuldnerin Guthaben ergriffen hat und damit im Sinne des § 140 Abs. 1 InsO vorgenommen worden ist.
Das Berufungsgericht ist dem als unstreitig gewerteten Vortrag des Klägers gefolgt, daß eine Gutschrift auf dem gepfändeten Konto vom 19. Oktober
2000 für ein Guthaben gesorgt habe, welches den am 20. Oktober 2000 überwiesenen Betrag von 45.000 DM überstieg. Zu der Überweisung vom 15. November 2000 hat es festgestellt, daß eine entsprechende Kontogutschrift nach dem 8. November 2000 und damit innerhalb eines Monats vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt sei. Gegen diese Feststellungen sind Verfahrensrügen nicht erhoben worden.
3. Die Anfechtung der Überweisung vom 15. November 2000 und des nach dem 8. November 2000 entstandenen Pfändungspfandrechts des Beklagten hat daher bereits nach § 131 Abs. 1 Nr. 1, § 143 InsO Erfolg.
Das ältere Pfändungspfandrecht und die Überweisung vom 20. Oktober 2000 unterliegen der Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Ohne Erfolg wendet sich die Revision deswegen mit Verfahrensrügen gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, die Schuldnerin sei nach § 17 Abs. 2 InsO zahlungsunfähig gewesen. Diese Rügen hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet; von einer Begründung wird gemäß § 564 ZPO insoweit abgesehen.
Ein Rechtsfehler des Berufungsgerichts in der Auslegung und Anwendung von § 17 Abs. 2 InsO ist nicht ersichtlich. Die Berechtigung von Verbindlichkeiten der Schuldnerin hat der Beklagte nicht bestritten, so daß es im Anfechtungsprozeß keiner näheren Prüfung bedurfte, ob sämtliche Verbindlichkeiten anzuerkennen sind (vgl. BGH, Urt. v. 17. Mai 2001 - IX ZR 188/98,
WM 2001, 1225, 1226). Auf die Kenntnis des Beklagten von der Zahlungsunfä- higkeit der Schuldnerin kommt es bei dem Anfechtungstatbestand des § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht an.
Kreft Richter am Bundesgerichtshof Raebel Kirchhof ist wegen urlaubsbedingter Abwesenheit verhindert, seine Unterschrift beizufügen. Kreft
Kayser Bergmann

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 32/08 Verkündet am:
16. März 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 204 Abs. 2 Satz 2; HGB §§ 130 a Abs. 3, 177 a Satz 1 a.F.

a) Bei einem auf § 130 a Abs. 3 HGB a.F. gestützten Anspruch ist der Kläger darlegungs
- und beweispflichtig dafür, dass die die Masse schmälernde Zahlung (hier:
Abbuchung von einem Gesellschaftskonto) von dem beklagten Geschäftsführer
veranlasst worden ist. An einer haftungsbegründenden Veranlassung kann es
fehlen, wenn die Belastung des Kontos auf einer Kontopfändung beruht.

b) Tritt der Stillstand des Klageverfahrens nach § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB mit Einverständnis
des Klägers ein und betreibt dieser das Verfahren lediglich wegen außergerichtlicher
Vergleichsverhandlungen mit dem Beklagten nicht weiter, liegt
darin kein triftiger Grund, der zur Unanwendbarkeit des § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB
führen kann. Die mit der Klageerhebung eingetretene Hemmung der Verjährung
endet dann sechs Monate nach Eintritt des Stillstands.
BGH, Urteil vom 16. März 2009 - II ZR 32/08 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Kraemer, Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 11. Zivilsenat, vom 12. Dezember 2007 aufgehoben und das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 12. Juli 2006 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, Insolvenzverwalter in dem am 1. September 1999 über das Vermögen der T. Kommanditgesellschaft & Co. (nachfolgend : Schuldnerin) eröffneten Insolvenzverfahren, nimmt den Beklagten als ehemaligen Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Schuldnerin auf Erstattung von "Zahlungen" in Anspruch, die dieser zu einer Zeit geleistet haben soll, als die Schuldnerin insolvenzreif war. Der Kläger stützt seine Gesamtforderung auf insgesamt 49 Einzelabbuchungen vom Konto der Schuldnerin in der Zeit vom 5. März bis 15. Juli 1999. Hierunter befindet sich mit Datum 22. April 1999 eine Belastung des Kontos in Höhe von 10.137,04 € mit dem Vermerk "Zahlungsempfänger: Rechtsanwälte Tr. ".
2
Am 19. Dezember 2000 forderte der Kläger vom Beklagten erstmals die Zahlung von 261.384,31 DM, was dieser ablehnte. Am 1. September 2003 verlangte der Kläger erneut - vergeblich - Zahlung vom Beklagten, diesmal in Höhe von 75.864,55 €. Mit Schreiben vom 2. März 2004 verzichtete der Beklagte zunächst bis zum 1. Juni 2004, mit Schreiben vom 4. Mai 2004 bis zum 1. Juli 2004 auf die Erhebung der Einrede der Verjährung.
3
Mit am 29. Juni 2004 erhobener, dem Beklagten am 9. Juli 2004 zugestellter Klage verlangte der Kläger vom Beklagten die Zahlung von 75.864,55 €. Im Verhandlungstermin vom 3. November 2004 kamen die Parteien überein, außergerichtliche Vergleichsgespräche fortzusetzen und erklärten, sich bei Gericht zu melden, sobald absehbar sei, ob eine außergerichtliche Einigung möglich sei. Mit Schriftsatz vom 1. August 2005 teilte der Kläger dem Gericht mit, dass ein Vergleich nicht zustande gekommen sei und bat um Fortsetzung der mündlichen Verhandlung.
4
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 28.157,31 € betreffend Abbuchungen aus der Zeit vom 5. März bis 14. Juli 1999 stattgegeben. Davon umfasst ist die Belastung des Kontos der Schuldnerin vom 22. April 1999.
5
Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und unter teilweiser Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung zur vollständigen Klageabweisung.
7
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Die Verurteilung wegen der Zahlung an die Rechtsanwälte Tr. sei zu Recht erfolgt, da der für seine Behauptung, der Abbuchung liege keine freiwillige Zahlung, sondern eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme zugrunde, darlegungs- und beweisbelastete Beklagte keinen ordnungsgemäßen Beweis angetreten habe. Die Ansprüche des Klägers seien auch nicht verjährt , da § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht anwendbar sei.
8
II. Das Urteil des Berufungsgerichts hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
9
1. Noch zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Schuldnerin im Zeitpunkt der der Klage zugrunde liegenden Zahlungen insolvenzreif war, so dass der Beklagte für von ihm veranlasste Zahlungen gemäß §§ 130 a Abs. 3, 177 a Satz 1 HGB a.F. (= §§ 130 a Abs. 2, 177 a Satz 1 HGB n.F.) grundsätzlich haftbar ist. Hiergegen wird auch von der Revision nichts erinnert.
10
2. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist jedoch die Ansicht des Berufungsgerichts , das Landgericht habe den Beklagten zu Recht zur Zahlung von 10.137,04 € bezüglich der Abbuchung "Rechtsanwälte Tr. " verurteilt.
11
a) Das Berufungsgericht hat die Darlegungs- und Beweislast zum Nachteil des Beklagten verkannt.
12
Der Geschäftsführer haftet gemäß § 130 a Abs. 3 HGB a.F. für Zahlungen , die er zu einer Zeit leistet, in der die Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet ist. Zwar ist der Zahlungsbegriff in § 130 a Abs. 2 und 3 HGB a.F. ebenso wie bei § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. (§ 64 GmbHG n.F.) weit auszulegen (BGHZ 126, 181, 194; 143, 184, 186 ff.), so dass die Abbuchung von einem Konto der Gesellschaft in der Regel darunter fällt, es sei denn, dass mit der Abbuchung nur ein Gläubigerwechsel verbunden ist (BGHZ 143, 184, 187 f.; Sen.Urt. v. 26. März 2007 - II ZR 310/05, ZIP 2007, 1006 Tz. 8), was hier nicht festgestellt ist.
13
Voraussetzung der Haftung des Geschäftsführers gemäß § 130 a Abs. 3 HGB a.F. ist jedoch stets, dass die Zahlung und die dadurch verursachte Schmälerung des Gesellschaftsvermögens zu Lasten der Gläubigermehrheit durch ihn "veranlasst" worden ist (siehe nur Sen.Urt. v. 16. März 2009 - II ZR 280/07, Umdr. S. 16 z.V.b.; Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 64 Rdn. 38). Da der Geschäftsführer nur für solche Schmälerungen des Gesellschaftsvermögens verantwortlich gemacht werden kann, die mit seinem Wissen und Willen geschehen sind oder die er hätte verhindern können, ist die Veranlassung der Zahlung durch ihn eine anspruchsbegründende Tatsache im Rahmen der Haftung aus § 130 a Abs. 3 HGB a.F..
14
Für anspruchsbegründende Tatsachen ist nach allgemeinen Grundsätzen der Kläger darlegungs- und beweispflichtig. Durch den Vortrag, die Abbuchung sei nicht von ihm veranlasst worden, sondern beruhe auf einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme (Kontopfändung) durch die Rechtsanwälte Tr. , hat der Beklagte das Vorliegen einer ihm anzulastenden, haftungsbegründenden Zahlung substantiiert bestritten. Angesichts dessen oblag es entgegen der verfehlten Ansicht des Berufungsgerichts dem Kläger, das Vorliegen des Haftungstatbestands des § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB a.F. insoweit zu beweisen.
15
b) Von seinem Rechtsstandpunkt aus grob verfahrensfehlerhaft (Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG) war die Ablehnung der von dem Beklagten für die Richtigkeit seiner Darstellung angebotenen Zeugenvernehmung durch das Berufungsgericht.
16
aa) Schon das Landgericht durfte die Vernehmung des Zeugen Rechtsanwalt W. nicht mangels Angabe einer ladungsfähigen Anschrift ablehnen, ohne dem Beklagten zuvor eine Frist gemäß § 356 ZPO gesetzt zu haben (BVerfG, Beschl. v. 26. Oktober 1999 - 2 BvR 1292/96, NJW 2000, 945, 946; BGH, Urt. v. 31. März 1993 - VIII ZR 91/92, NJW 1993, 1926, 1927 f.). Hinzu kommt, dass der Beklagte selbst in erster Instanz keine Veranlassung hatte, von sich aus die Anschrift zu ergänzen, da er nach der vom Landgericht im Termin geäußerten Rechtsansicht davon ausgehen durfte, dass dieses den Kläger für die Gründe der Abbuchung für beweisbelastet hielt und der Kläger bis zu dem letzten Schriftsatz, auf den das Urteil erging, keinen Beweis angetreten hatte. Das Berufungsgericht hätte schon aufgrund dieses vom Beklagten gerügten Verfahrensfehlers seinerseits die Zeugenvernehmung nicht ohne Fristsetzung nach § 356 ZPO und erst Recht nicht unterlassen dürfen, nachdem der Beklagte im Berufungsverfahren die ladungsfähige Anschrift mitgeteilt hatte.
17
bb) Die Ablehnung der Vernehmung des Zeugen Te. stellt einen weiteren Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG dar. Das Berufungsgericht hat insoweit - wie die Revision zu Recht rügt - die Anforderungen an die Substantiierung eines Beweisantritts überspannt.
18
Der Beklagte hat im Zusammenhang mit der Benennung des Zeugen vorgetragen, dass dieser einer der Mandanten von Rechtsanwalt W. war, in deren Interesse die "Rechtsanwälte Tr. ", die Sozietät des Rechtsanwalts W. , die Kontopfändung veranlasst hatten. Mehr als eine solche Erkennt- nisquelle des Zeugen musste der Beklagte angesichts der Tatsache, dass der Zeuge nicht über innere Tatsachen aussagen sollte, unter keinen Umständen vortragen (BGH, Urt. v. 14. Juli 1987 - IX ZR 19/87, NJW-RR 1987, 1403; v. 4. Mai 1983 - VIII ZR 94/82, NJW 1983, 2034, 2035; Zöller/Greger, ZPO 27. Aufl. § 373 Rdn. 8; Musielak/Huber, ZPO 6. Aufl. § 373 Rdn. 11).
19
3. Einer Aufhebung und Zurückverweisung im Hinblick auf die aufgezeigten Rechtsfehler des Berufungsgerichts bedarf es nicht, da die Klage wegen der vom Beklagten zu Recht erhobenen Verjährungseinrede abweisungsreif ist, was der Senat selbst entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO). Anders als das Berufungsgericht meint, war die noch im Streit befindliche Klageforderung in Höhe von 28.157,31 €, wobei zugunsten des Klägers unterstellt wird, dass es sich auch bei der Abbuchung i.H.v. 10.137,04 € um eine Zahlung auf Veranlassung des Beklagten gehandelt hat, bereits im Mai 2005 und damit vor der mit Schriftsatz des Klägers vom 1. August 2005 beantragten Fortsetzung des Verfahrens verjährt. Der Beklagte verhält sich nicht treuwidrig, wenn er sich hierauf beruft.
20
a) Der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch aus § 130 a Abs. 3 HGB verjährt gemäß Abs. 3 Satz 6 HGB a.F. (§ 130 a Abs. 2 Satz 6 HGB n.F.) binnen fünf Jahren nach seiner Entstehung gemäß § 200 Satz 1 BGB, also ab dem Zeitpunkt, in dem die die Masse schmälernde Zahlung geleistet oder die schmälernde Maßnahme ergriffen worden ist (siehe nur Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn/Hillmann, HGB 2. Aufl. § 130 a Rdn. 27; ebenso zu § 64 GmbHG Scholz/K. Schmidt, GmbHG 9. Aufl. § 64 Rdn. 53; Rowedder/SchmidtLeithoff , GmbHG § 64 Rdn. 36). Bei wiederholten verbotswidrigen Zahlungen setzt jede Handlung eine neue Verjährungsfrist in Lauf (vgl. Sen.Urt. v. 29. September 2008 - II ZR 234/07, ZIP 2008, 2217 Tz. 14). Danach wäre die erste Forderung am 5. März 2004 und die letzte am 14. Juli 2004 verjährt.
21
b) Nach Klageerhebung am 29. Juni 2005 konnte der Beklagte sich zunächst nicht mit Erfolg auf Verjährung berufen. Hinsichtlich der bei Klageerhebung bereits verjährten Einzelansprüche beruht dies auf dem von ihm erklärten Verzicht auf die Erhebung der Einrede der Verjährung (aa), hinsichtlich der noch nicht verjährten Forderungen wurde die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB in der hier gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB anwendbaren Fassung gehemmt (bb).
22
aa) Der Beklagte hatte mit Schreiben vom 2. März 2004, d.h. vor Eintritt der Verjährung der hier streitigen Zahlungen, zuletzt bis zum 1. Juli 2004 auf die Erhebung der Einrede der Verjährung verzichtet. Gemäß § 202 BGB kann ein Schuldner auf die Einrede der Verjährung durch einseitige Erklärung und schon vor deren Eintritt verzichten (BGH, Urt. v. 18. September 2007 - XI ZR 447/06, ZIP 2007, 2206 Tz. 15 m.w.Nachw.). Durch den Verjährungsverzicht wurde der Ablauf der Verjährung zwar nicht beeinflusst, d.h. die Verjährungsvollendung wurde nicht hinausgeschoben. Folge des Verzichts war jedoch , dass das Leistungsverweigerungsrecht des Beklagten für den hier ausdrücklich bis zum 1. Juli 2004 vereinbarten Zeitraum ausgeschlossen war (MünchKommBGB/Grothe 5. Aufl. § 214 Rdn. 5; Lakkis, ZGS 2003, 423, 426; KG Berlin ZEV 2008, 481 Tz. 30). Grundsätzlich kann das Leistungsverweigerungsrecht bei einem derart befristeten Verzicht nach Ablauf der Frist wieder geltend gemacht werden. Macht der Gläubiger innerhalb der Frist seinen Anspruch nicht geltend, kann sich der Schuldner direkt nach Ablauf der Verzichtsfrist wieder auf Verjährung berufen und damit die Leistung verweigern (BGH, Urt. v. 20. Juni 1969 - VI ZR 21/68, VersR 1969, 857 ff.; v. 21. Dezember 1989 - IX ZR 234/88, WM 1990, 695, 699 f. m.w.Nachw.; Lakkis aaO). Allerdings findet § 167 ZPO in diesem Zusammenhang entsprechende Anwendung, d.h. wenn ein Antrag auf Rechtsverfolgung (Klage) innerhalb der Verzichtsfrist eingereicht und die Klage "demnächst", wenn auch nach Ablauf der Verzichtsfrist zugestellt wird, kann sich der Schuldner nicht auf sein Leistungsverweigerungsrecht berufen (BGH, Urt. v. 21. Dezember 1989 aaO m.w.Nachw.; MünchKommBGB /Grothe aaO § 214 Rdn. 8 m.w.Nachw.).
23
So liegt der Fall hier hinsichtlich der vom 5. März 1999 bis zum 28. Juni 1999 vom Beklagten geleisteten Zahlungen. Hinsichtlich dieser Zahlungen war die Verjährungsfrist zwar abgelaufen, als die am 29. Juni 2004 erhobene Klage am 9. Juli 2004 und damit "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO zugestellt wurde. Die Klage wurde aber vor Ablauf der Verzichtsfrist eingereicht.
24
bb) Für die Zahlungen in der Zeit vom 29. Juni bis 14. Juli 1999 ist die (restliche) Verjährung durch die Klageerhebung vom 29. Juni 2004 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ab diesem Zeitpunkt wegen der am 9. Juli 2004 und damit demnächst erfolgten Zustellung (§ 167 ZPO) gehemmt worden.
25
c) Wegen Nichtbetreibens des gerichtlichen Verfahrens durch den Kläger endete die Hemmung entgegen der fehlerhaften Ansicht des Berufungsgerichts am 3. Mai 2005 (§ 204 Abs. 2 Satz 2 BGB). Danach begann die restliche Zeit der Verjährungsfrist zu laufen mit der Folge, dass die Verjährung der Gesamtforderung noch im Mai 2005 und damit längst vollendet war, als der Kläger Anfang August 2005 die Fortsetzung des Verfahrens beantragte.
26
aa) Noch zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass durch die Vereinbarung der Parteien im Termin vom 3. November 2004 ein Stillstand des Verfahrens im Sinne des § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB ab diesem Zeitpunkt eingetreten ist. Gemäß § 204 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Satz 1 BGB endet die mit der Klageerhebung eingetretene Hemmung der Verjährung sechs Monate nach Eintritt des Stillstands.
27
Dies ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann anders zu beurteilen mit der Folge der Unanwendbarkeit von § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB, wenn für das Untätigbleiben des Berechtigten (= Klägers) ein triftiger , für den anderen Teil erkennbarer Grund vorliegt (st. Rspr. zu der Vorgängervorschrift § 211 Abs. 2 BGB a.F. BGH, Urt. v. 21. Februar 1983 - VIII ZR 4/82, WM 1983, 533, 534; v. 23. April 1998 - III ZR 7/97, WM 1998, 1493, 1496; v. 27. Januar 1999 - XII ZR 113/97, NJW 1999, 1101, 1102; v. 12. Oktober 1999 - VI ZR 19/99, ZIP 2000, 294, 295; v. 18. Oktober 2000 - XII ZR 85/98, NJW 2001, 218, 219 f.; v. 27. Januar 2005 - VII ZR 238/03, NJW-RR 2005, 606, 607).
28
Betreibt der Kläger lediglich wegen außergerichtlicher Vergleichsverhandlungen das Verfahren nicht weiter, stellt das keinen triftigen Grund in diesem Sinne dar und führt deshalb nicht zur Unanwendbarkeit des § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB (= § 211 Abs. 2 BGB a.F.). Diese ist vielmehr nur dann gerechtfertigt , wenn besondere Umstände vorliegen, die über den in der Praxis häufigen Fall hinausgehen, dass die Parteien außerhalb des Prozesses noch in Verhandlungen stehen, und die es deshalb ausnahmsweise rechtfertigen, die Hemmung der Verjährung noch andauern zu lassen (st.Rspr.; s. nur BGH, Urt. v. 27. Januar 1999 aaO).
29
bb) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft die Anwendbarkeit des § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB verneint.
30
(a) Das Berufungsgericht hat zwar gesehen, dass außergerichtliche Vergleichsverhandlungen der Anwendbarkeit des § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB an sich nicht entgegenstehen, es hat jedoch gemeint, ein fehlendes Weiterbetreiben des Prozesses hier deshalb ablehnen zu können, weil der Beklagte sich im Unterschied zu dem vom XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 27. Januar 1999 aaO) entschiedenen Fall nicht nur mit einem vom Kläger beantragten Nichtweiterbetreiben des Verfahrens im Hinblick auf außergerichtliche Vergleichsverhandlungen einverstanden erklärt habe, sondern hier die Parteien einvernehmlich verabredet hätten, den Prozess zunächst nicht weiter zu betreiben.
31
(b) Die Revision rügt zu Recht, dass eine derartige Differenzierung nach der Art des Zustandekommens eines von den Parteien ausgehenden Stillstandes weder dem Gesetzestext noch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entnommen werden kann. Vielmehr kommt es allein darauf an, dass das Verfahren nicht betrieben wird, d.h. dass keine zur Förderung des Verfahrens notwendigen Handlungen (BGHZ 73, 8, 11; Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. § 204 Rdn. 49 jew. m.w.Nachw.) vorgenommen werden. Dabei geht ab dem Zeitpunkt des Stillstands die Verantwortung für das Betreiben des Prozesses wieder auf den Kläger über, solange nur das Gericht mit dessen Einverständnis von einer Terminsbestimmung auf unbestimmte Zeit absieht (st.Rspr. s. nur BGH, Urt. v. 27. Januar 2005 aaO m.w.Nachw.).
32
Liegt das allein entscheidende Einverständnis des Klägers mit dem Stillstand des Verfahrens vor, ist es unerheblich, ob das Nichtweiterbetreiben des Prozesses auf eine Anregung des Gerichts oder eine Anregung des Klägers zurückgeht (BGH, Urt. v. 21. Februar 1983 aaO), ob das Gericht der Bitte des Beklagten, nicht zu terminieren folgt und der Kläger durch Untätigkeit nur konkludent zustimmt (BGH, Urt. v. 27. Januar 2005 aaO), oder ob - wie hier - beide Parteien diesen Wunsch gemeinsam dem Gericht gegenüber zum Ausdruck bringen. Nicht zu Unrecht weist die Revision darauf hin, dass es regelmäßig von Zufälligkeiten abhängt, ob die Parteien übereinstimmend den Antrag stellen , das Verfahren nicht weiter zu betreiben, oder ob ihre Erklärungen sukzessiv bei Gericht eingehen bzw. in welcher Form das Gericht das Begehren proto- kolliert. Von solchen Zufälligkeiten kann die Bestimmbarkeit der Verjährung angesichts der erforderlichen Klarheit und Sicherheit im Rechtsverkehr (s. hierzu BGHZ 59, 72, 74; BGH, Urt. v. 6. November 2008 - IX ZR 158/07, WM 2009, 282 Tz. 12) nicht abhängig gemacht werden.
33
d) Die Klage ist im Hinblick auf die vom Beklagten zu Recht erhobene Einrede der Verjährung abzuweisen.
34
(aa) Dies gilt auch für die Zahlungen in der Zeit vom 5. März bis 28. Juni 1999, hinsichtlich derer die Verjährung bei Klageerhebung bereits abgelaufen war (siehe oben 3 b, aa). Der Beklagte handelt nicht treuwidrig (§ 242 BGB), wenn er sich nunmehr angesichts des nachlässigen Verhaltens des Klägers nach Klageerhebung auf sein Leistungsverweigerungsrecht beruft.
35
(bb) Dem Berufen auf die Verjährung steht der Einwand der Treuwidrigkeit auch nicht deshalb entgegen, weil (auch) der Beklagte dem Landgericht gegenüber zugesagt hatte, mitzuteilen, ob eine außergerichtliche Einigung möglich sei. Ein Verzicht auf die Einrede der Verjährung war mit dieser Erklärung des Beklagten nicht verbunden (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 18. Oktober 2000 - XII ZR 85/98, WM 2000, 2551, 2552); er hat damit lediglich zum Ausdruck gebracht , zu weiteren Vergleichsverhandlungen bereit bzw. an solchen interessiert zu sein. Zu mehr als zur Mitwirkung an Vergleichsverhandlungen war er in der Folgezeit nicht verpflichtet. Die Verantwortung für das Betreiben des Prozesses lag unabhängig von der Erklärung des Beklagten allein im Verantwortungsbereich des Klägers. Wenn dann zudem - wie hier unstreitig - der Kläger und nicht etwa der Beklagte diese Vergleichsverhandlungen einschlafen lässt, ist für die Annahme eines treuwidrigen Verhaltens des Beklagten erst Recht kein Raum.
Goette Kraemer Strohn Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 12.07.2006 - 307 O 180/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 12.12.2007 - 11 U 223/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I I ZR 2 3 1 / 1 3 Verkündet am:
18. November 2014
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
HGB § 130a Abs. 1, § 177a Satz 1

a) Die Ersatzpflicht des Organs für Zahlungen nach Insolvenzreife entfällt, soweit
die durch die Zahlung verursachte Schmälerung der Masse in einem unmittelbaren
Zusammenhang mit ihr ausgeglichen wird.

b) Der als Ausgleich erhaltene Gegenstand muss nicht noch bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens
vorhanden sein. Maßgeblich für die Bewertung ist der Zeitpunkt
, in dem die Masseverkürzung durch einen Massezufluss ausgeglichen
wird.
BGH, Urteil vom 18. November 2014 - II ZR 231/13 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. November 2014 durch den Vorsitzenden RichterProf. Dr. Bergmann
und die Richterin Caliebe, die Richter Dr. Drescher, Born und Sunder

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 14. Juni 2013 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der S. GmbH & Co. KG (im Folgenden: Schuldnerin ). Der Eröffnungsantrag wurde am 6. April 2010 gestellt. Der Beklagte war Geschäftsführer der Verwaltungsgesellschaft S. mbH, der einzigen Komplementärin der Schuldnerin. Die Schuldnerin war jedenfalls seit dem 16. Juli 2009 zahlungsunfähig.
2
Die Schuldnerin schloss mit der A AG, ihrer Muttergesellschaft, am 28. August 2009 eine "Darlehensvertrag - Rahmenvereinbarung". Deren § 1 lautet: "§ 1 Darlehen Der Darlehensgeber stellt der Darlehensnehmerin auf einem Rechtsanwaltsanderkonto der D. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH einen Betrag in Höhe von maximal € 150.000 darlehensweise zur Verfügung. Das Darlehen in Höhe von maximal € 150.000 steht der Darlehensnehmerin ab dem 06.09.2009 bis längstens 31.12.2009 nach eigenem Ermessen zur Verfügung und kann in voller Höhe oder teilweise und gegebenenfalls mehrfach bei Bedarf abgerufen werden. Sollte die Darlehensnehmerin den vollen Betrag oder Teilbeträge abrufen , so werden die Parteien über den jeweils abgeforderten Betrag eine diese Vereinbarung ergänzende Vereinbarung treffen."
3
Am 29. September 2009 wurden 150.000 € über ein Rechtsanwaltsan- derkonto der D. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH an die Schuldnerin auf ein kreditorisch geführtes Bankkonto der Schuldnerin ausgezahlt. Am 9. Oktober 2009 zahlte die Schuldnerin 150.000 € auf dasselbe Rechtsanwaltsanderkonto. Am 16. Oktober 2009 wurden erneut 150.000 € vom Rechtsanwaltsanderkonto auf das Konto der Schuldnerin überwiesen, als Ver- wendungszweck war angegeben „Darlehen gem. Vertrag vom 14.10.2009“.
4
Der Kläger hat mit der Klage vom Beklagten, soweit für das Revisions- verfahren noch von Bedeutung, Zahlung von 150.000 € verlangt. Das Landge- richt hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage insoweit abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat keinen Erfolg.
6
I. Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, ausgeführt: Die Rückzahlung von 150.000 € am 9. Oktober 2009 auf das Rechtsanwaltsanderkonto auf das Darlehen der A. sei eine er- laubte Zahlung. Sie führe im Ergebnis nicht zu einer Schmälerung der Insolvenzmasse. Die Darlehenssumme sei am 16. Oktober 2009 über 150.000 € erneut in das Vermögen der Schuldnerin gelangt. Diese Zahlung beruhe auf dem Darlehensvertrag vom 28. August 2009. Zwar sei als Verwendungszweck auf dem Kontoauszug angegeben "Darlehen gemäß Vertrag vom 14. Oktober 2009". Die Zahlung vom 16. Oktober 2009 sei aber über dasselbe Rechtsanwaltsanderkonto abgewickelt worden wie die Zahlungen vom 29. September und vom 9. Oktober 2009. Da der Darlehensvertrag vom 28. August 2009 eine Zahlung von einem Rechtsanwaltsanderkonto vorgesehen habe und weder vorgetragen noch ersichtlich sei, dass dieses Anderkonto für andere Zwecke als die Abwicklung des Darlehens vorgesehen gewesen sei, bestehe kein vernünftiger Zweifel, dass die Zahlung dem Darlehensvertrag zuzuordnen sei.
7
Die Rückzahlung des Darlehens am 9. Oktober 2009 einerseits und das Wiederaufleben der Möglichkeit, aus dem Rahmendarlehensvertrag den Betrag erneut abrufen zu dürfen, sowie die später erfolgte erneute Auszahlung des Darlehensbetrags über das Rechtsanwaltsanderkonto seien zwar nicht im Sinne eines Synallagmas verknüpft. Ein erneuter Abruf habe aber nach dem Darlehensrahmenvertrag die Zurückzahlung des Betrages vorausgesetzt, weil das Darlehen mit 150.000 € ausgeschöpft gewesen sei. Angesichts des Schutz- zwecks von § 130a Abs. 1 HGB, dem es letztlich um die Erhaltung der Insolvenzmasse gehe, könne es bei der Beantwortung der Frage nach einer vollwertigen Gegenleistung nicht entscheidend um die Verknüpfung im Sinne eines Synallagmas gehen. Es müsse genügen, wenn ein Anspruch auf einem kompensierenden Massezufluss bestehe, der aus demselben Rechtsverhältnis herrühre. Die rechtstechnische Gestaltung des Darlehensvertrags spreche hier sogar dafür, bereits eine Zahlung zu verneinen. § 1 des Darlehensvertrags verdeutliche , dass es sich um ein einheitliches revolvierendes Darlehen über maximal 150.000 € handele. Jede andere Wertung entspräche nicht dem Zweck des § 130a HGB, der der Auffüllung, nicht aber der Bereicherung der Masse diene. Die Schuldnerin habe durch die Rückzahlung des Darlehens einen Anspruch auf eine erneute Auszahlung der Darlehensvaluta erworben. Jedenfalls habe die Rückführung am 9. Oktober 2009 der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters entsprochen.
8
II. Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision stand. Die Haftung des Beklagten nach § 130a Abs. 1, § 177a Satz 1 HGB für die Zahlung von 150.000 € am 9. Oktober 2009 ist durch die Überweisung des gleichen Betrags am 16. Oktober 2009 auf das Konto der Schuldnerin erloschen.
9
1. Die Ersatzpflicht des Organs für Zahlungen nach Insolvenzreife nach § 130a Abs. 1 HGB i.V.m. § 177a Satz 1 HGB entfällt, soweit die durch die Zahlung verursachte Schmälerung der Masse in einem unmittelbaren Zusammenhang mit ihr ausgeglichen wird. § 130a Abs. 1 HGB soll im Interesse einer Gleichbehandlung der Gläubiger eine Schmälerung der Masse nach Eintritt der Insolvenzreife ausgleichen (st. Rspr., BGH, Urteil vom 3. Juni 2014 - II ZR 100/13, ZIP 2014, 1523 Rn. 14; Urteil vom 26. März 2007 - II ZR 310/05, ZIP 2007, 1006 Rn. 7; Beschluss vom 5. Februar 2007 - II ZR 51/06, ZIP 2007, 1501 Rn. 4; vgl. zur Parallelvorschrift § 64 Satz 1 GmbHG bzw. § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. BGH, Urteil vom 8. Januar 2001 - II ZR 88/99, BGHZ 146, 264, 275; Urteil vom 29. November 1999 - II ZR 273/98, BGHZ 143, 184, 186; Urteil vom 18. Dezember 1995 - II ZR 277/94, BGHZ 131, 325, 328). Der Erstattungsanspruch gegen das Organ muss folgerichtig nicht nur bei Erfüllung durch das Organ entfallen, sondern auch, wenn die Massekürzung anderweitig ausgeglichen und der Zweck der Ersatzpflicht erreicht ist. Aus diesem Grund besteht kein Erstattungsanspruch gegen das Organ mehr, soweit es dem Insolvenzverwalter gelingt, durch die Insolvenzanfechtung eine Rückerstattung der Zahlung zu erreichen und so die Masseschmälerung wettzumachen (BGH, Ur- teil vom 3. Juni 2014 - II ZR 100/13, ZIP 2014, 1523 Rn. 14; Urteil vom 18. Dezember 1995 - II ZR 277/94, BGHZ 131, 325, 327), oder wenn die Massekürzung dadurch ausgeglichen wird, dass für die Zahlung ein Gegenwert in das Gesellschaftsvermögen gelangt ist, und der Sache nach lediglich ein Aktiventausch vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2010 - II ZR 151/09, ZIP 2010, 2400 Rn. 21 - Fleischgroßhandel; Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 150/02, ZIP 2003, 1005, 1006; vgl. auch Beschluss vom 5. November 2007 - II ZR 262/06, ZIP 2008, 72 Rn. 5).
10
Da der "Schaden" bereits in dem Abfluss von Mitteln aus der im Stadium der Insolvenzreife der Gesellschaft zugunsten der Gesamtheit ihrer Gläubiger zu erhaltenden Vermögensmasse liegt (BGH, Urteil vom 26. März 2007 - II ZR 310/05, ZIP 2007, 1006 Rn. 7), ist nicht jeder beliebige weitere Massezufluss als Ausgleich der Masseschmälerung zu berücksichtigen. Vielmehr ist ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Zahlung erforderlich, damit der Massezufluss der Masseschmälerung zugeordnet werden kann. Auf eine Zuordnung nach wirtschaftlicher Betrachtung zur einzelnen masseschmälernden Zahlung kann nicht verzichtet werden, da der Ersatzanspruch nicht auf Erstattung eines Quotenschadens gerichtet ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2007 - II ZR 310/05, ZIP 2007, 1006 Rn. 7; Beschluss vom 5. Februar 2007 - II ZR 51/06, ZIP 2007, 1501 Rn. 4).
11
2. Dagegen ist es nach dem Zweck der Vorschrift nicht erforderlich, dass der Gegenstand des Massezuflusses auch bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch vorhanden ist. Sollten die Entscheidungen, in denen die Berücksichtigung eines "Aktiventausches" für möglich erachtet wurde, wenn die Gegenleistung nicht nur ins Gesellschaftsvermögen gelangt ist, sondern auch darin verbleibt , anders zu verstehen sein (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2010 - II ZR 151/09, ZIP 2010, 2400 Rn. 21 - Fleischgroßhandel; Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 150/02, ZIP 2003, 1005, 1006; Urteil vom 11. September 2000 - II ZR 370/99, ZIP 2000, 1896, 1897; Urteil vom 18. März 1974 - II ZR 2/72, NJW 1974, 1088, 1089), hält der Senat daran nicht fest. Maßgeblich für die Bewertung ist der Zeitpunkt, in dem die Masseverkürzung durch einen Massezufluss ausgeglichen wird, nicht der Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung (MünchKommGmbHG /Müller § 64 Rn. 137; Ulmer/Casper, GmbHG, § 64 Rn. 85; Habersack /Foerster, ZHR 178 [2014], 387, 404; aA Baumbach/Hueck/Haas, GmbHG, 20. Aufl., § 64 Rn. 70b; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 64 Rn. 7; Sandhaus in Gehrlein/ Ekkenga/Simon, GmbHG, § 64 Rn. 27). Die Masseverkürzung ist ausgeglichen und die Haftung des Organs für die masseverkürzende Leistung entfällt, sobald und soweit ein ausgleichender Wert endgültig in das Gesellschaftsvermögen gelangt ist (vgl. RGZ 159, 211, 230). Wenn ein Gegenstand oder eine Geldleistung , die als Ausgleich der Masseschmälerung in das Gesellschaftsvermögen gelangt ist, danach wieder ausgegeben wird, führt dies ggf. zu einem neuen Erstattungsanspruch nach § 130a Abs. 1 HGB. Würde demgegenüber der zuvor erfolgte Ausgleich der ersten Masseverkürzung nicht beachtet, würde es ggf. sogar zu einer Vervielfachung des zu erstattenden Betrags kommen, obwohl wertmäßig die Masse nur einmal verkürzt wurde. Das "Zahlungsverbot" soll aber nur eine Masseverkürzung verhindern, nicht einer Massebereicherung dienen.
12
Eine dem Gesellschaftsorgan nicht zurechenbare, insbesondere zufällige Verschlechterung des Gegenstands des Ausgleichs bei der Gesellschaft bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällt schon nicht unter den Schutzzweck § 130a Abs. 1 HGB. Das Organ ist nach dieser Vorschrift nicht für jede Masseverkürzung verantwortlich. § 130a Abs. 1 HGB schützt nur vor Massekürzungen , die das Organ veranlasst hat (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2009 - II ZR 32/08, ZIP 2009, 956 Rn. 13; zu § 64 Satz 1 GmbHG BGH, Urteil vom 25. Januar 2011 - II ZR 196/09, ZIP 2011, 422 Rn. 28; zu § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG BGH, Urteil vom 16. März 2009 - II ZR 280/07, ZIP 2009, 860 Rn. 42), und erfasst nicht jeden Schaden, der durch die Insolvenzverschleppung entsteht. Für Insolvenzverschleppungsschäden, die nicht in einer Masseschmälerung durch Zahlung bestehen, haftet das Organ nach § 15a Abs. 1 InsO i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB.
13
Auch bei einer durch das Organ veranlassten Verarbeitung oder ähnlichen Fällen eines Verlusts eines als Ausgleich in die Masse gelangten Gegenstands entstehen keine Schutzlücken. Regelmäßig bleibt dadurch der geschaffene Wert im Vermögen der Gesellschaft erhalten oder es wird eine Gegenleistung erwirtschaftet. Ist dies ausnahmsweise nicht der Fall, kommt auch hier eine Haftung nach § 15a Abs. 1 InsO i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB wegen Insolvenzverschleppung in Betracht.
14
3. Mit der Überweisung von 150.000 € am 16. Oktober 2009 auf das Konto der Schuldnerin wurde die Masseschmälerung durch die Rückzahlung des Darlehens am 9. Oktober 2009 ausgeglichen und entfiel die damit ausgelöste Erstattungspflicht des Beklagten.
15
a) Die Rückzahlung des Darlehens am 9. Oktober 2009 auf das Rechtsanwaltsanderkonto führte zu einer Masseschmälerung. Die Schuldnerin konnte darüber nicht frei verfügen, so dass die Zahlung keiner Umbuchung von einem kreditorischen Konto der Schuldnerin auf ein anderes entspricht. Die Schuldnerin erwarb mit der Rückzahlung nur das Recht, einen entsprechenden Betrag erneut abzurufen. Bei jedem Abruf musste aber nach der Rahmenabrede vom 28. August 2009 eine neue Darlehensvereinbarung getroffen werden.
16
Dass das Limit von 150.000 € aus der Vereinbarung vom 28. August 2009 nach der Zahlung vom 9. Oktober 2009 wieder ausgeschöpft werden konnte, steht einer Masseverkürzung nicht entgegen. Dabei kann dahinstehen, ob und ggf. unter welchen Umständen bereits durch die Begründung einer Forderung gegen den Empfänger der masseverkürzenden Zahlung ein ausgleichender Wert endgültig in das Gesellschaftsvermögen gelangt und die Masseverkürzung ausgeglichen ist. Die Schuldnerin erwarb mit der Rückzahlung des Darlehens am 9. Oktober 2009 noch keine Forderung gegen ihre Muttergesellschaft , sondern nur eine Abrufmöglichkeit. Die Abrufmöglichkeit stand einer durchsetzbaren Forderung nicht gleich. Bei einem Abruf musste nach der Rahmenabrede erst eine neue Darlehensvereinbarung getroffen werden.
17
b) Die Masseverkürzung vom 9. Oktober 2009 wurde aber dadurch ausgeglichen , dass der zurückgezahlte Betrag am 16. Oktober 2009 wieder auf das Konto der Schuldnerin gelangte. Die Zahlung beruhte auf der Vereinbarung vom 28. August 2009, die eine wiederkehrende Inanspruchnahme des Darlehens innerhalb des Limits ermöglichte, steht damit in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rückzahlung vom 9. Oktober 2009, die erst den erneuten Abruf ermöglichte, und ist dieser Masseschmälerung wirtschaftlich zuzuordnen. Dass damit erneut eine Verbindlichkeit der Schuldnerin begründet wurde, das Darlehen zurückzuzahlen, lässt den Massezufluss nicht entfallen. Die Begründung von Verbindlichkeiten schmälert die zur Verteilung zur Verfügung stehende Masse nicht. Ob die zurückgeführten Mittel bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch vorhanden waren, ist für die Entscheidung ohne Bedeutung, da der Zeitpunkt des Massezuflusses maßgeblich ist.
Bergmann Caliebe Drescher Born Sunder
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 12.03.2012 - 413 HKO 63/11 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 14.06.2013 - 11 U 33/12 -

(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.

(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 192/13
Verkündet am:
10. Juli 2014
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ist der Arbeitnehmer vorleistungspflichtig, genießen Lohnzahlungen seines insolventen Arbeitgebers
, die binnen 30 Tagen nach Fälligkeit bewirkt werden, das Bargeschäftsprivileg.
Die einen Benachteiligungsvorsatz und seine Kenntnis nahelegenden Beweisanzeichen
können zurücktreten, wenn der Schuldner eine kongruente Leistung Zug um Zug gegen eine
zur Fortführung seines eigenen Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat,
die den Gläubigern im allgemeinen nützt. Zu den für die Unternehmensfortführung unverzichtbaren
Gegenleistungen gehört auch die Tätigkeit der Arbeitnehmer.
Wird eine Gehaltsforderung an einen Gesellschafter nach den Grundsätzen des Bargeschäfts
gedeckt, liegt darin keine Befriedigung einer einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich
entsprechende Forderung.
BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - IX ZR 192/13 - LG Siegen
AG Siegen
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Mai 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter
Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Siegen vom 29. Juli 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 24. März 2011 über das Vermögen der e. GmbH (nachfolgend : Schuldnerin) am 21. April 2011 eröffneten Insolvenzverfahren.
2
Der Beklagte war am Stammkapital der Schuldnerin über 25.000 € mit einem Geschäftsanteil von 8.250 € beteiligt. Außerdem war er bei der Schuldnerin versehen mit einer Kontovollmacht als kaufmännischer Leiter für den Unternehmensbereich zentrale Dienste zu einem nach dem Inhalt des Dienstvertrages spätestens am zehnten Tag des Folgemonats fälligen Gehalt von 5.500 € angestellt. Nachdem das Arbeitsentgelt für die Monate November und Dezember 2010 nicht vollständig entrichtet worden war, überwies die Schuldnerin am 5. Januar 2011 einen Betrag von 2.000 € an den Beklagten.
3
Der Kläger nimmt den Beklagten im Wege der Insolvenzanfechtung auf Erstattung dieser Zahlung in Anspruch. Das Amtsgericht hat der Klage in Anwendung von § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die zulässige Revision ist nicht begründet.
5
Die Berufung des Beklagten gegen das Ersturteil war als Prozessvoraussetzung des Revisionsverfahrens (BGH, Urteil vom 8. April 1991 - II ZR 35/90, NJW-RR 1991, 1186, 1187) zulässig. Den Begründungsanforderungen ist noch genügt. Der Beklagte hat sich mit dem die Erstentscheidung selbständig tragenden Merkmal einer Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO) in noch hinreichender Weise auseinandergesetzt.

I.


6
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die zugunsten des Beklagten bewirkte Zahlung unterliege als Bargeschäft (§ 142 InsO) nicht der Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei ein Bargeschäft gegeben, wenn der Arbeitgeber in der Krise Arbeitsentgelt für von dem Arbeitnehmer in den vorhergehenden drei Monaten erbrachte Arbeitsleistungen zahle. Der Beklagte sei für die Schuldnerin noch im Dezember 2010 tätig gewesen. Die Zahlung für seine Arbeitsleistung im Dezember habe er am 5. Januar 2011 im Wege eines Baraustauschs erhalten. Auch eine Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) greife nicht durch. Dabei könne dahin stehen, ob die Schuldnerin im Zahlungszeitpunkt zahlungsunfähig gewesen sei oder ihr Zahlungsunfähigkeit gedroht habe. Jedenfalls fehle es an einem Benachteiligungsvorsatz. Ein Schuldner handele nicht mit Benachteiligungsvorsatz , wenn er eine kongruente Gegenleistung für die von ihm empfangene Leistung erbringe, welche zur Fortführung seines Unternehmens nötig sei und damit den Gläubigern allgemein nütze. Ebenso verhalte es sich bei kongruenten Gehaltszahlungen, weil die im Gegenzug erbrachte Arbeitsleistung im Interesse der Gläubiger zur Fortführung des Betriebs notwendig sei. Deshalb könne hier aus einer behaupteten Zahlungsunfähigkeit nicht auf einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin geschlossen werden.
7
Diese Ausführungen halten im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand.

II.


8
Die Klageforderung kann nicht auf § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO gestützt werden. Dabei bedarf es keiner Prüfung, ob die Schuldnerin zahlungsunfähig war und der Beklagte dies erkannt hat, weil das Bargeschäftsprivileg des § 142 InsO durchgreift.
9
1. Unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts (§ 142 InsO) werden Leistungen der Anfechtung entzogen, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Dieser Ausnahmeregelung liegt der wirtschaftliche Gesichtspunkt zugrunde, dass ein Schuldner, der sich in der Krise befindet, praktisch vom Geschäftsverkehr ausgeschlossen würde, wenn selbst die von ihm abgeschlossenen wertäquivalenten Bargeschäfte der Anfechtung unterlägen. In diesem Fall findet wegen des ausgleichenden Vermögenswertes keine Vermögensverschiebung zu Lasten des Schuldners, sondern eine bloße Vermögensumschichtung statt (BGH, Urteil vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 24).
10
2. Eine Bardeckung ist gemäß § 142 InsO eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt. Durch die Worte "für die" wird ausgedrückt, dass eine Bardeckung nur vorliegt, wenn Leistung und Gegenleistung durch Parteivereinbarung miteinander verknüpft sind. Nur eine der Parteivereinbarung entsprechende Leistung ist kongruent und geeignet, den Bargeschäftseinwand auszufüllen (BGH, Urteil vom 23. September 2010, aaO Rn. 26).
11
Im Streitfall entspricht die Zahlung der Schuldnerin der Parteiabrede. Nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages stand dem Beklagten ein monatlicher Vergütungsanspruch von 5.500 € gegen die Schuldnerin zu. Tatsächlich hat die Schuldnerin auf die Lohnforderung für den Monat Dezember 2010 am 5. Januar 2011 einen Teilbetrag von 2.000 € gezahlt. Diese Teilzahlung steht mit der Par- teivereinbarung in Einklang.
12
3. Die für ein Bargeschäft erforderliche Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung ist ebenfalls gegeben. Voraussetzung eines Bargeschäfts ist, dass der Leistung des Schuldners eine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht. Nur dann ist das Geschäft für die (spätere) Masse wirtschaftlich neutral (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 - IX ZR 195/04, WM 2008, 222 Rn. 9).

13
Die von der Schuldnerin geleistete Zahlung glich die von dem Beklagten während des abgelaufenen Monats erbrachte Arbeitstätigkeit aus. Diese hatte für die Schuldnerin, die ihren Geschäftsbetrieb im fraglichen Zeitraum fortsetzte, praktischen Nutzen. Dabei ist davon auszugehen, dass der Beklagte als kaufmännischer Leiter des Unternehmens mit 5.500 € monatlich angemessen vergütet wurde. Anzeichen dafür, dass die geschuldete Vergütung in einem Missverhältnis zu dem übertragenen Verantwortungsbereich stand, sind nicht ersichtlich (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2006 - IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125 Rn. 48). Überdies hat die Schuldnerin auf das dem Beklagten monatlich geschuldete Entgelt in Höhe von 5.500 € lediglich einen Teilbetrag über 2.000 € erbracht. Mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck des § 142 InsO ist es unschädlich , falls der Schuldnerin infolge der über den gesamten Monat erbrachten Arbeitstätigkeit des Beklagten im Vergleich zu der von ihr erbrachten Teilzahlung ein höherer Wert zugeflossen sein sollte (MünchKomm-InsO/Kirchhof, 3. Aufl., § 142 Rn. 9; HK-InsO/Kreft, 7. Aufl., § 142 Rn. 7; Ehricke in Kübler /Prütting/Bork, InsO, 2008, § 142 Rn. 4; HmbKomm-InsO/Rogge/Leptien, 4. Aufl., § 142 Rn. 10; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 142 Rn. 18; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2038). Der Behauptung des Beklagten, während der Monate November und Dezember 2010 durchgängig gearbeitet zu haben, ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.
14
4. Der für ein Bargeschäft notwendige enge zeitliche Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung ist im Streitfall gegeben.
15
a) Unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts werden gemäß § 142 InsO Leistungen privilegiert, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Leistung und Gegenleistung müs- sen beim Bargeschäft zwar nicht Zug um Zug erbracht werden. Allerdings setzt das in der Vorschrift enthaltene Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" voraus, dass Leistung und Gegenleistung in einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgetauscht werden (BT-Drucks. 12/2443 S. 167). Der Gesichtspunkt der bloßen Vermögensumschichtung greift nur, wenn der Leistungsaustausch in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang vorgenommen wird (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - IX ZR 377/99, WM 2003, 524, 528). Der hierfür unschädliche Zeitraum lässt sich nicht allgemein festlegen. Er hängt wesentlich von der Art der ausgetauschten Leistungen und davon ab, in welcher Zeitspanne sich der Austausch nach den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs vollzieht (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 31; vom 21. Juni 2007 - IX ZR 231/04, WM 2007, 1616 Rn. 51; vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Rn. 31). Eine sich in "verspäteten Entgeltzahlungen" (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10, BAGE 139, 235 Rn. 15) ausdrückende Kreditgewährung schließt, weil es notwendigerweise an einem engen zeitlichen Zusammenhang des Leistungsaustausches mangelt, ein Bargeschäft aus (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002, aaO; vom 16. November 2006 - IX ZR 239/04, WM 2007, 170 Rn. 15). Danach fehlt es jedenfalls an einem unmittelbaren Leistungsaustausch, wenn monatlich fällige Lohnzahlungen zwei Monate nach Beendigung der damit korrespondierenden Arbeitstätigkeit erbracht werden (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 480/00, WM 2002, 1808, 1809).
16
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt hingegen bereits ein Bargeschäft vor, wenn der Arbeitgeber in der Krise Arbeitsentgelt für Arbeitsleistungen zahlt, die der Arbeitnehmer in den vorhergehenden drei Monaten erbracht hat (Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 15 ff). Dieser im insolvenzrechtlichen Schrifttum - soweit ersichtlich - einhellig kritisierten Auslegung des § 142 InsO (vgl. Huber, EWiR 2011, 817; ders., ZInsO 2013, 1049 ff; Ganter, ZIP 2012, 2037 ff; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581 ff; Jacobs/ Doebert, ZInsO 2012, 618 ff; Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 208 f; Smid, DZWIR 2013, 89, 110 f) vermag der Senat nicht zuzustimmen.
17
aa) Soweit sich das Bundesarbeitsgericht darauf beruft, „dass in nicht wenigen Branchen eine verzögerte Zahlung der Vergütung schon fast die Regel ist“ (Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 17), wird diese Würdigung schon im Ansatz dem Gesetzeszweck des § 142 InsO nicht gerecht, weil selbst ein verbreiteter Verstoß gegen Fälligkeitszeitpunkte nicht geeignet sein kann, die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zu beseitigen. Die bei der Beurteilung eines Bargeschäfts zugrunde zu legenden allgemeinen geschäftlichen Gepflogenheiten beurteilen sich nach den Gebräuchen solventer Partner und werden nicht durch verspätete Zahlungen insolvenzgefährdeter Unternehmen beeinflusst, die unter Liquiditätsengpässen leiden (Jacobs/Doebert, aaO S. 622; Ganter, aaO S. 2038, 2043). Andernfalls wäre jeder Leistungsaustausch in der Krise als Bargeschäft zu bewerten, weil liquiditätsschwache Unternehmen typischerweise verzögert zahlen (Brinkmann, aaO S. 208 f).
18
bb) Davon abgesehen wird der Befund branchenübergreifender Zahlungsverzögerungen nicht durch verifizierbare Tatsachen - anhand von empirischem Material oder auch nur anhand von Medienberichten - untermauert (vgl. Brinkmann, aaO; Plathner/Sajogo, aaO S. 584). Es fehlt nicht nur jede Konkretisierung , um welche Branchen es sich handelt (Jacobs/Doebert, aaO S. 623); überdies wird der festgestellte Zeitraum der Zahlungsverzögerungen nicht näher präzisiert. Schließlich ist der von dem Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 17) angeführte Beleg (Bandte in FS Beuthien, 2009, S. 401, 405) inhaltlich unergiebig. Ein allgemein verbreiteter Missstand verspäteter Lohnzahlung wäre von den über die Verhältnisse am Arbeitsmarkt wohl unterrichteten Gewerkschaften sicherlich längst öffentlichkeitswirksam angeprangert worden. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden , dass sich innerhalb des Arbeitslebens die allgemeine Gepflogenheit einer um drei Monate verspäteten Lohnzahlung herausgebildet hätte. Im Gegenteil begleichen die den Geschäftsverkehr prägenden wirtschaftlich gesunden Unternehmen , deren Zahl die in einer Krise befindlichen Betriebe im Gemeinwohlinteresse erfreulicherweise weit übersteigt, die Arbeitslöhne in aller Regel bei Fälligkeit.
19
cc) Die weitere Erwägung des Bundesarbeitsgerichts, durch die Zahlung rückständigen Lohns werde "erkauft", dass Arbeitnehmer zwecks Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs "bei der Stange bleiben" (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 18), vermag die Annahme eines Bargeschäfts ebenfalls nicht zu tragen. In der Fortsetzung ihrer Arbeitstätigkeit liegt keine berücksichtigungsfähige Gegenleistung der Arbeitnehmer, weil die künftigen Leistungen ihrerseits wieder in Rechnung gestellt werden (BGH, Urteil vom 30. Januar 1986 - IX ZR 79/85, BGHZ 97, 87, 94; vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 33; Ganter, aaO S. 2043 f).
20
c) Die Arbeitnehmer einseitig begünstigende Auslegung des § 142 InsO durch das Bundesarbeitsgericht ist zudem mit der Bindung der Gerichte an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht vereinbar (vgl. Huber, ZInsO 2013, 1049, 1054 f; Kreft, ZIP 2013, 241, 250 f).
21
aa) Der Gesetzgeber hat mit der Schaffung der Insolvenzordnung - wie bereits das Vorblatt der Gesetzesbegründung betont - die allgemeinen Kon- kursvorrechte einschließlich derjenigen der Arbeitnehmer ausdrücklich beseitigt (BT-Drucks. 12/2443 Vorblatt B. 6.).
22
(1) Aufgrund dieser Gesetzesänderung waren nach Auffassung des Gesetzgebers für Arbeitnehmer keine sozialen Härten zu erwarten, weil für die Lohnausfälle der letzten drei Monate vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Ausfallgeld gezahlt wird (BT-Drucks., aaO, sowie S. 90). Lohnrückstände der Arbeitnehmer sollten durch das für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gewährte Ausfallgeld gesichert werden (BT-Drucks., aaO S. 96). Bei der Streichung der Konkursvorrechte ließ sich der Gesetzgeber von der allgemeinen Erwägung leiten, dass sich die Entscheidung über den Vor- oder Nachrang einer Gläubigerklasse nicht auf hinreichend überzeugende soziale Gesichtspunkte stützen lässt (BT-Drucks. 12/2443, S. 90). Wörtlich hat er insoweit ausgeführt (BT-Drucks., aaO): "Eine dem sozialen Schutzbedürfnis im Einzelfall gemäße Einordnung von Gläubigerklassen in einen Privilegienkatalog erscheint unmöglich. Jeder Vorrechtskatalog ist letztlich willkürlich. Schon das geltende Konkursrecht räumt keineswegs allen anerkanntermaßen sozial schutzwürdigen Gruppen ein Vorrecht ein. Anders als im Recht der Einzelvollstreckung in das Arbeitseinkommen (§§ 850 d, 850 f Abs. 2 ZPO) sind beispielsweise Unterhalts- und Deliktsgläubiger im Konkursverfahren nicht privilegiert. Das Bundesverfassungsgericht hat die Fragwürdigkeit jedes Privilegienkatalogs in seinem Beschluss zum Vorrecht für Sozialplanforderungen (BVerfGE 65, 182) nachdrücklich herausgearbeitet."
23
(2) In der angeführten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht die Einordnung von Sozialplanabfindungen als Konkursforderungen im Range vor § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO kraft Richterrechts als mit der Verfassung (Art. 20 Abs. 3 GG) unvereinbar beanstandet (BVerfGE 65, 182, 190 ff.). Dabei hat es betont, dass jedes Konkursvorrecht eine Ausnahme vom Gebot der Gleichbehandlung aller Konkursgläubiger bildet. Soweit ein Vorrecht nicht gesetzlich begründet ist, muss es deshalb nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts bei der Regelung bleiben, dass Forderungen gegen den Gemeinschuldner einfache Konkursforderungen im Range des § 61 Abs. 1 Nr. 6 KO sind (BVerfGE 65, aaO S. 191). Da die Regelung nach Wortlaut, Systematik und Sinn abschließend ist, besteht keine verfassungsrechtlich anzuerkennende Regelungslücke , die es dem Richter erlaubt, für bestimmte Forderungen eine Privilegierung außerhalb dieses geschlossenen Systems zu begründen (BVerfGE 65, aaO S. 191 f).
24
bb) Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzt sich aus sozialpolitischen Gründen (vgl. bereits BVerfGE 65, aaO S. 194) - wie nicht zuletzt die Gesetzesinitiativen, sie durch eine Änderung des Insolvenzanfechtungsrechts zu legalisieren, belegen (Huber, ZInsO 2013, 1049, 1054 f) - über die Schranken richterlicher Rechtsfortbildung hinweg, indem sie Arbeitnehmern unter Verzicht auf das Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" mit Hilfe einer vom Wortlaut des § 142 InsO nicht mehr getragenen Auslegung im Gewand des Bargeschäftsprivilegs das vom Gesetzgeber ausdrücklich beseitigte Konkursvorrecht gewährt. Eine eindeutige gesetzgeberische Entscheidung darf der Richter nicht nach eigenen rechtspolitischen Vorstellungen durch eine abweichende judikative Lösung ersetzen (vgl. Kreft, ZIP 2013, 241, 250). Da § 142 InsO eine Ausnahmeregelung darstellt, ist aus rechtsmethodischen Gründen für eine erweiternde Auslegung von vornherein kein Raum (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 35; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2038).

25
(1) Infolge der Beseitigung jeglicher Vorrechte einzelner Gläubiger durch die Insolvenzordnung sind Arbeitnehmer und sonstige Gläubiger uneingeschränkt gleich zu behandeln (Huber, aaO S. 1051, 1054; Lütcke, NZI 2014, 350, 351). Das Gebot der Gleichbehandlung als "Magna carta des Insolvenzrechts" (Huber, aaO) hat allgemeine Geltung und ist darum ebenfalls im Rahmen der Insolvenzanfechtung zu beachten (vgl. Huber, aaO S. 1054; Jacobs/ Doebert, ZInsO 2012, 618, 627; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581, 584; Lütcke, aaO). Die aus wohl erwogenen Gründen entfallenen Vorrechte können nicht in der Weise wiederbegründet werden, dass einzelnen Gläubigern wie Arbeitnehmern ein vom Gesetz nicht vorgesehener Schutz gegen Ansprüche aus Insolvenzanfechtung eröffnet wird, um contra legem durch Ausbildung eines "Sonderinsolvenzrechts für Arbeitnehmer" (Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 201) den Rechtszustand der früheren Konkursordnung wiederherzustellen (Brinkmann, aaO S. 212). Ein bevorrechtigter Zugriff auf das Schuldnervermögen kann einzelnen Gläubigern nur von Gesetzes wegen eingeräumt werden (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 90), wie dies etwa durch die Umsetzung einer EURichtlinie geschieht, welche die bevorrechtigte Behandlung von Versicherungsforderungen bei Insolvenz eines Versicherungsunternehmens vorsieht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2011 - IX ZR 210/10, WM 2011, 1483 Rn. 7). Würde den Gerichten gestattet, die Anfechtungsvoraussetzungen im Blick auf unterschiedliche Gläubigergruppen jeweils zu differenzieren, liefe dies letztlich auf eine Zuteilung der Masse aufgrund richterlicher Billigkeitsentscheidung hinaus.
26
(2) Jede Ausweitung der Rangordnung und jedes Mehr an Forderungen in vorgehenden Rangstellen bewirkt - wie das Bundesverfassungsgericht zu § 61 Abs. 1 KO überzeugend ausgeführt hat - eine Minderung der den nach- rangigen, insbesondere letztrangigen Gläubigern verbleibenden Haftungsmasse , die regelmäßig schon durch ausgedehnte Sicherungsrechte der Geld- und Warenkreditgeber geschmälert ist. Deshalb ist zu betonen, dass jede Bevorzugung einzelner Forderungen zwangsläufig zu Lasten anderer Gläubiger geht und regelmäßig auch zu neuen Unstimmigkeiten bei der Verfahrensabwicklung führt (BVerfGE 65, 182, 192). Die Insolvenzanfechtung beruht auf dem Gerechtigkeitsgebot , das Ausfallrisiko solidarisch und gleichmäßig auf sämtliche Gläubiger einschließlich der Arbeitnehmer zu verteilen (Ries, ZInsO 2007, 1037). Folgerichtig kann es auch im Verhältnis zu Arbeitnehmern nicht Aufgabe des Insolvenzverfahrens sein, werthaltige Rechte einzelner Beteiligter zu Gunsten von Arbeitnehmern in Frage zu stellen (BT-Drucks. 12/2443 S. 96).
27
(3) Viele Kleinunternehmer, etwa handwerkliche Familienbetriebe, befinden sich in einer Arbeitnehmern vergleichbaren wirtschaftlichen Lage, ohne - bei zutreffendem Verständnis - der auf § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO gestützten Anfechtung von verspätet erlangten Werklohnzahlungen mit dem Hinweis auf einen Baraustausch (§ 142 InsO) begegnen zu können. In ihrer Branche gesuchte Arbeitnehmer werden einen vorübergehenden Lohnausfall vielfach leichter verkraften können als etwa ein (Klein-)Unternehmen Umsatzausfälle, die auf der Insolvenz eines langjährigen Hauptabnehmers beruhen. Dies gilt umso mehr für unterhalb des Vorstands als Arbeitnehmer angesiedelte Führungskräfte , die durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - will man nicht innerhalb der Gruppe der Arbeitnehmer rechtsschöpferisch differenzieren - ebenfalls geschützt werden. Sachgerechte Gründe für die unterschiedliche Behandlung dieser Gläubigergruppen sind nicht ersichtlich (vgl. BVerfGE 65, aaO S. 194). Mit der einseitigen Bevorzugung der Arbeitnehmer ist außerdem zwingend eine Verminderung der auf die sonstigen Gläubiger entfallenden Insolvenzquote verknüpft. Wie die Erfahrung lehrt, können insolvenzbedingte Forde- rungsausfälle Folgeinsolvenzen auslösen, die als Kettenreaktion für die Arbeitnehmer der nun betroffenen Unternehmen zu Lohnausfällen führen. Diese Konsequenz ist stets zu bedenken, wenn eine Beschränkung des Insolvenzanfechtungsrechts ins Auge gefasst wird.
28
cc) Aus den vorstehenden Erwägungen kann entgegen der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 15 ff) auch ein etwaiges Existenzminimum des Arbeitnehmers nicht mittels einer beschränkenden Auslegung der §§ 129 ff InsO anfechtungsfrei gestellt werden.
29
(1) Es ist nicht Aufgabe der Gläubigergemeinschaft, sondern des Staates , etwaige durch eine Insolvenz zu Lasten bestimmter Gläubiger hervorgerufene unzumutbare Härten auszugleichen (vgl. Vollrath, ZInsO 2011, 1665, 1675; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2044; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581, 584; Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 627; Huber, ZInsO 2013, 1049, 1053; Lütcke, NZI 2014, 350, 351). Zum Nachteil der Arbeitnehmer bestehende sozialrechtliche Schutzlücken sind innerhalb dieses Regelungswerks durch ergänzende Vorschriften etwa zum Bezug von Insolvenzgeld zu schließen (Brinkmann , ZZP 125 (2012), 197, 215 f). Hingegen können nicht der Gläubigergesamtheit sich in einer Quotenminderung manifestierende Sonderopfer, wovon der Gesetzgeber selbst Gesellschafter verschont (BT-Drucks. 16/9737 S. 59), zugunsten von Mitgläubigern ohne gesetzliche Grundlage im Wege richterlicher Rechtsfortbildung aufgebürdet werden (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 96; Huber, aaO S. 1054). Das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes enthält infolge seiner Weite und Unbestimmtheit keine unmittelbaren Handlungsanweisungen, die durch die Gerichte ohne gesetzliche Grundlage in einfaches Recht umgesetzt werden könnten (BVerfGE 65, 182, 193). Darum ist es den Gläubigern nicht zumutbar (Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 209; Lütcke, aaO), durch einen Quotenverzicht Lücken der Insolvenzgeldzahlung zugunsten von Arbeitnehmern als Mitgläubigern aufzufüllen (in diesem Sinne BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10, BAGE 139, 235 Rn. 15 ff) oder deren Existenzminimum zu sichern (in diesem Sinne BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 15 ff). Scheidet ein Schutz der Arbeitsplatzinteressen gegen den Markt aus (BT-Drucks. 12/2443, aaO), kann ihnen auch im Verhältnis zu anderen Gläubigern nicht einfach kraft Richterrechts der Vorrang eingeräumt werden (Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 623).
30
(2) Die Argumentation des Bundesarbeitsgerichts läuft bei lebensnaher Betrachtung auf das Ergebnis hinaus, die Anfechtung generell zu versagen, wenn das damit verbundene Ergebnis für den Arbeitnehmer wirtschaftlich untragbar ist. Das Sozialstaatsprinzip kann bereits im Ansatz nicht zur Korrektur jeglicher hart oder unbillig erscheinenden Einzelregelungen dienen (BVerfGE 66, 234, 248; 67, 231, 239; 69, 272, 315). Davon abgesehen lässt die Würdigung die Interessen der vor Verfahrenseröffnung nicht befriedigten, regelmäßig die Mehrheit bildenden Gläubiger des Schuldners außer Betracht, die durch einen vollständigen Forderungsausfall ebenfalls untragbare Härten erleiden können (vgl. Ries, ZInsO 2007, 1037, 1038; Lütcke, aaO S. 352). Hier schafft die Insolvenzanfechtung den gebotenen Ausgleich, indem Zahlungen zur Masse gezogen und zur anteiligen Befriedigung sämtlicher - unzumutbar belasteter - Gläubiger einschließlich des Anfechtungsgegners verwendet werden (Ries, aaO S. 1037; Lütcke, aaO S. 351). Zahlt ein Arbeitgeber etwa nur an bestimmte , für die Produktion besonders wichtige Arbeitnehmer Lohn, erscheint es sachgerecht, die weggegebenen Mittel durch eine Anfechtung für sämtliche Arbeitnehmer gleichmäßig verfügbar zu machen. Muss sich ein Arbeitnehmer mangels eines Vorrechts nach Verfahrenseröffnung ohne Rücksicht auf die Be- friedigung seines Existenzminimums mit der Quote abfinden, so leuchtet nicht ein, dass er eine anfechtbar erworbene Zahlung unter dem Gesichtspunkt des Existenzminimums behalten darf (vgl. BVerfGE 65, 182, 194).
31
d) Im Streitfall sind die Voraussetzungen eines Bargeschäfts (§ 142 InsO) gegeben, weil die monatlich geschuldete Lohnzahlung innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit erfolgte.
32
aa) Unter welchen zeitlichen Voraussetzungen verspätete Entgeltzahlungen des Arbeitgebers das Bargeschäftsprivileg genießen, wird im Schrifttum unterschiedlich beantwortet. Vereinzelt wird ein Bargeschäft bereits dann ausgeschlossen , wenn die Vergütung nicht nur einige Tage verspätet (Zwanziger, BB 2007, 42, 43) oder nicht einigermaßen pünktlich (Klinck, AP InsO § 130 Nr. 1 unter III.) gezahlt wird. Als zeitliche Grenze des Bargeschäftscharakters einer verspäteten Lohnzahlung wird ferner eine Frist von drei Wochen genannt (Huber, NJW 2009, 1928, 1929; Vollrath, ZInsO 2011, 1665, 1666; Wegener, NZI 2009, 225).
33
Bei länger währenden Vertragsbeziehungen ist nach der Rechtsprechung des Senats für die Annahme eines Bargeschäfts zu verlangen, dass die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen zeitlich oder gegenständlich teilbar sind und zeitnah - entweder in Teilen oder abschnittsweise - ausgetauscht werden. Wenn zwischen dem Beginn einer anwaltlichen Tätigkeit und der Erbringung einer Gegenleistung mehr als 30 Tage liegen, ist ein Bargeschäft zu verneinen. Bei Anforderung eines Vorschusses ist eine anfechtungsrechtliche Bargeschäftsausnahme anzunehmen, wenn in regelmäßigen Abständen Vorschüsse eingefordert werden, die in etwa dem Wert einer zwischenzeitlich entfalteten oder in den nächsten 30 Tagen noch zu erbringenden Tätigkeit entsprechen.
Ferner kann vereinbart werden, Teilleistungen gegen entsprechende Vergütungen zu erbringen (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 34 ff.; vom 6. Dezember 2007 - IX ZR 113/06, WM 2008, 229 Rn. 20; Beschluss vom 18. September 2008 - IX ZR 134/05, NZG 2008, 902 Rn. 2; Urteil vom 15. Dezember 2011 - IX ZR 118/11, WM 2012, 276 Rn. 25).
34
bb) Diese aus § 286 Abs. 3 BGB für die Annahme eines Bargeschäfts bei der Zahlung der Anwaltsvergütung hergeleiteten Grundsätze können mit der Modifizierung, dass die Frist von 30 Tagen nicht ab Beginn der Tätigkeit, sondern ab Fälligkeit der Vergütung zu berechnen ist, auf die Gewährung von Arbeitsentgelten bei monatlicher Lohnzahlung übertragen werden.
35
(1) Die Vergütung der Arbeitnehmer ist gemäß § 614 Satz 1 BGB nach Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen , muss sie gemäß § 614 Satz 2 BGB nach dem Ablauf jedes einzelnen Zeitabschnitts beglichen werden. Bei monatlicher Vergütung ist dies grundsätzlich der erste Tag des Folgemonats (MünchKomm-BGB/Müller-Glöge, 6. Aufl., § 614 Rn. 11). Allerdings kann der Fälligkeitszeitpunkt durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung kollektivvertraglich abweichend - etwa auf den fünfzehnten Tag des Folgemonats (Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 622) - bestimmt werden (MünchKomm-BGB/Müller-Glöge, aaO § 614 Rn. 2). Dem allgemeinen Rechtsverkehr entsprechen - wie auch im Streitfall - monatliche Lohnzahlungen, die ebenfalls monatlich abzurechnen und auszuführen sind (Jacobs/Doebert, aaO S. 623 mwN; Wagner in Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung, 2. Aufl., Rn. O 83).

36
(2) Die Rechtsprechung zum Unmittelbarkeitserfordernis bei der Vergütung anwaltlicher Dienstleistungen kann nicht unbesehen auf Arbeitnehmer übertragen werden. Arbeitnehmer unterliegen gemäß § 614 Satz 1 BGB regelmäßig einer Vorleistungspflicht (Jacobs/Doebert, aaO S. 622; Lütcke, NZI 2014, 350, 352) und haben nach § 614 Satz 2 BGB bei entsprechender Bemessung Anspruch auf eine Vergütung nach Zeitabschnitten (Ganter, ZIP 2014, 2037, 2040, 2044). Im Falle einer Vorleistungspflicht kann im Blick auf den engen zeitlichen Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung nicht auf den Beginn der Tätigkeit des Arbeitnehmers abgestellt werden, weil ihm zu diesem Zeitpunkt noch kein Vergütungsanspruch zusteht (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 480/00, WM 2002, 1808, 1809). Für diese Bewertung spricht die weitere Erwägung, dass eine Vergütung nach Zeitabschnitten von einer Woche oder einem Monat ihrer Natur nach einen Baraustausch nahelegt (Ganter, aaO).
37
(3) Da der Vorleistung des Arbeitnehmers keine Kreditfunktion zukommt (Staudinger/Richardi, BGB, 2005, § 614 Rn. 11), beurteilt sich die Unmittelbarkeit der Lohnzahlung nach dem Zeitraum zwischen der Fälligkeit des Vergütungsanspruchs und seiner tatsächlichen Erfüllung (Wagner in Kummer /Schäfer/Wagner, aaO; Jacobs/Doebert, aaO; Lütcke, NZI 2014, 350, 352). Mit dieser Maßgabe kann die Rechtsprechung zum Baraustausch bei anwaltlichen Beratungsleistungen auf Arbeitnehmer übertragen werden. Danach ist der für ein Bargeschäft erforderliche Unmittelbarkeitszusammenhang noch gegeben , wenn im Falle einer monatlichen Vorleistungspflicht die Entgeltzahlung innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit vorgenommen wird (Bork, ZIP 2007, 2337, 2338 f; Ries, ZInsO 2007, 1037, 1038; Pieper, ZInsO 2009, 1425, 1431; Laws, ZInsO 2009, 1465, 1470; Ganter, aaO S. 2040, 2044; Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 208; Jacobs/Doebert, aaO S. 624; Wagner in Kummer/Schäfer /Wagner, aaO; ErfK/Müller-Glöge, 11. Aufl., InsO, Einführung Rn. 24; anders im Sinne des BAG nunmehr ders., aaO 14. Aufl., Rn. 24 b). Für die Beurteilung als Bargeschäft ist es unschädlich, wenn der Fälligkeitszeitpunkt entsprechend den tarifvertraglichen Übungen anstelle des ersten Tages nicht länger als bis zum fünfzehnten Tag des Folgemonats hinausgeschoben wird (Jacobs /Doebert, aaO S. 622). Ist die Vergütung nach kürzeren Zeitabschnitten zu leisten, scheidet ein Bargeschäft aus, wenn zum Zeitpunkt der Zahlung bereits der Lohn für den nächsten Zeitabschnitt fällig war (Ries, aaO; Bork aaO; Jacobs /Doebert, aaO S. 623; Pieper, aaO; Ganter, aaO S. 2044; Lütcke, NZI 2014, 350, 352).
38
cc) Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall eine Bardeckung (§ 142 InsO) vor.
39
Die monatliche Vergütung des Beklagten war von der Schuldnerin vertragsgemäß bis zum zehnten Tag des Folgemonats zu begleichen. Im Zeitpunkt der durch die Schuldnerin am 5. Januar 2011 bewirkten Zahlung standen die Gehälter des Beklagten für die Monate November und Dezember 2010 teilweise offen. Im Falle einer Zahlung auf das Gehalt für den Monat Dezember 2010, die noch vor dem spätesten Fälligkeitszeitpunkt des 10. Januar 2011 erfolgt wäre, läge ohne weiteres ein Bargeschäft vor. Nicht anders verhielte es sich, wenn mit der Zahlung das Gehalt für den Monat November 2010 getilgt werden sollte. Infolge der für dieses Gehalt zum 10. Dezember 2010 begründeten Fälligkeit wäre auch bei einer am 5. Januar 2011 erfolgten Begleichung der für ein Bargeschäft unschädliche Zeitraum von 30 Tagen noch nicht verstrichen. Vor diesem Hintergrund bedarf es nicht der Prüfung, ob die bei der Zahlung vom 5. Januar 2011 auf den Monat Dezember 2010 gerichtete Tilgungsbestimmung (§ 366 Abs. 1 BGB) selbständig anfechtbar ist.

III.


40
Sonstige Anfechtungstatbestände greifen ebenfalls nicht durch.
41
1. Soweit das Berufungsgericht eine Vorsatzanfechtung aus § 133 Abs. 1 InsO abgelehnt hat, ist seine Würdigung revisionsrechtlich jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden.
42
a) Es konnte davon ausgehen, dass die Zahlung der Schuldnerin, ohne nähere Feststellungen zu einer tatsächlich bestehenden Zahlungsunfähigkeit treffen zu müssen, nicht von einem Benachteiligungsvorsatz getragen war.
43
aa) Dem Beweisanzeichen der erkannten Zahlungsunfähigkeit ist - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - im Streitfall keine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen. Die Indizwirkung der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit wie auch der Inkongruenz kann im Einzelfall ausgeschlossen sein, wenn die Umstände ergeben, dass der Schuldner von einer anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willensrichtung geleitet war und das Bewusstsein der Benachteiligung anderer Gläubiger infolgedessen in den Hintergrund getreten ist. Dies kann einmal gelten, wenn die Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber gescheiterten Sanierungsversuchs war (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09, WM 2012, 146 Rn. 11, 18; vom 21. Februar 2013 - IX ZR 52/10, WM 2013, 763 Rn. 11; vom 3. April 2014 - IX ZR 201/13, WM 2014, 1009 Rn. 40).

44
bb) Zum anderen kann dem Schuldner im Falle einer bargeschäftsähnlichen Lage infolge des gleichwertigen Leistungsaustauschs die dadurch eintretende mittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht bewusst geworden sein (Kayser, WM 2013, 293, 298; NJW 2014, 422, 427). Darum handelt ein Schuldner in der Regel nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn er eine kongruente Leistung Zug um Zug gegen eine zur Fortführung seines eigenen Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat, die den Gläubigern im allgemeinen nützt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1997 - IX ZR 234/96, ZIP 1997, 1551, 1553; Beschluss vom 16. Juli 2009 - IX ZR 28/07, NZI 2009, 723 Rn. 2; vom 6. Februar 2014 - IX ZR 221/11, ZInsO 2014, 496 Rn. 3). Zu den für die Betriebsfortführung unverzichtbaren Gegenleistungen gehört auch die Tätigkeit der Arbeitnehmer, deren Mitwirkung für jede betriebliche Wertschöpfung unabdingbar ist. Deswegen scheidet regelmäßig ein Benachteiligungsvorsatz aus, wenn durch Gehaltszahlungen im Zuge eines Baraustauschs die für die Betriebsfortführung unerlässliche Gegenleistung der Arbeitstätigkeit entgolten wird (BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 84 ff, 89). Nach den hier getroffenen Feststellungen fehlt es an einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin, weil diese dem Beklagten Gehaltszahlungen im Rahmen eines bargeschäftlichen Leistungsaustauschs gewährt hat.
45
b) Überdies hat der Kläger nicht den Nachweis geführt, dass der Beklagte eine auch nur drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und damit deren Benachteiligungsvorsatz erkannt hat (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO). Nach den tatrichterlichen Feststellungen war der Beklagte nicht mit der Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben betraut, die ihm nähere Einblicke in die Vermögenslage der Schuldnerin verschafft hätte (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 205/11, WM 2012, 2343 Rn. 7). Ferner hat er zugunsten der Schuldnerin eine selbstschuldnerische Bürgschaft über 55.000 € übernommen und durch Klage vom 16. Februar 2010 gegenüber der Schuldnerin seine offenen Lohnrückstände vor dem Arbeitsgericht verfolgt. Die ein erhebliches Risiko bergende Bereitschaft, eine selbstschuldnerische Bürgschaft einzugehen, spricht nachdrücklich gegen eine Kenntnis des Beklagten von einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin, sondern deutet vielmehr darauf hin, dass er nicht von ihrer existenziellen Gefährdung ausging. Ebenso liegt fern, dass der Schuldner eine Klage gegen das als insolvent erkannte Unternehmen gerichtet hätte, die von vornherein keinen wirtschaftlichen Erfolg versprochen, sondern durch das Ingangsetzen eines aussichtslosen Verfahrens lediglich eine zusätzliche Kostenbelastung hervorgerufen hätte.
46
2. Ein Anfechtungsanspruch folgt auch nicht aus § 133 Abs. 2 Satz 1 InsO. Nach dieser Vorschrift ist ein von dem Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138 InsO) geschlossener entgeltlicher Vertrag anfechtbar, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden.
47
a) Da es sich bei der Schuldnerin um eine GmbH handelt, ist der zu mehr als ein Viertel an ihrem Kapital beteiligte Beklagte gemäß § 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO als nahestehende Person anzusehen. Der Vertragsbegriff des § 133 Abs. 2 InsO ist weit auszulegen (BGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - IX ZR 58/09, NZI 2010, 738 Rn. 9). Auch reine Erfüllungsgeschäfte werden zu den entgeltlichen Verträgen gerechnet. Bei ihnen besteht das Entgelt in der Befreiung von der Schuld (BGH, Urteil vom 12. Juli 1990 - IX ZR 245/89, BGHZ 112, 136, 138; Urteil vom 15. Februar 1990 - IX ZR 149/88, ZIP 1990, 459, 460).
48
b) Jedoch fehlt es an der weiteren Voraussetzung einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung des Schuldners die Zugriffsmöglichkeiten der Gläubigergesamtheit unmittelbar verschlechtert, ohne dass weitere Umstände hinzutreten müssen (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - IX ZR 130/10, WM 2013, 333 Rn. 27). Durch einen Vertrag, auf Grund dessen der Schuldner für das, was er aufgibt, eine vollwertige Gegenleistung erhält, werden die Gläubiger auch dann nicht unmittelbar benachteiligt, wenn diese Gegenleistung infolge eines weiteren , nicht zu dem Gesamttatbestand des Rechtsgeschäfts gehörenden Umstandes in dem Zeitpunkt nicht mehr in dem Vermögen des Schuldners vorhanden ist, in dem die von ihm zu erbringende Leistung endgültig aus seinem Vermögen herausgeht (BGH, Urteil vom 9. Februar 1955 - IV ZR 173/54, WM 1955, 404, 406; RGZ 116, 134, 137 f). Mithin scheidet bei einem Baraustausch, wie er hier gegeben ist, schon mit Rücksicht auf die zuvor erbrachte Arbeitsleistung eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung aus (vgl. MünchKomm-InsO/ Kayser, 3. Aufl., § 133 Rn. 41; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 133 Rn. 42).
49
3. Schließlich ist eine Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht begründet. Mit der Lohnzahlung wurde keine einem Darlehen wirtschaftlich entsprechende Forderung befriedigt.
50
a) Die Anfechtbarkeit nach dieser Vorschrift erfasst sowohl die Befriedigung von Gesellschafterdarlehen als auch ihnen wirtschaftlich entsprechender Forderungen. Ungeachtet des Entstehungsgrundes sind einem Darlehen alle aus Austauschgeschäften herrührende Forderungen gleich zu achten, die der Gesellschaft rechtlich oder rein faktisch gestundet wurden, weil jede Stundung bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Darlehensgewährung bewirkt (MünchKomm -InsO/Ehricke, aaO § 39 Rn. 43; MünchKomm-InsO/Gehrlein, aaO § 135 Rn. 18; Preuß in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2013, § 39 Rn. 81). Stehen gelas- sene Gehaltsansprüche eines Gesellschafters können darum wirtschaftlich einem Darlehen entsprechen (BGH, Urteil vom 16. Februar 2009 - II ZR 120/07, BGHZ 180, 38 Rn. 24; BAG, Urteil vom 27. März 2014 - 6 AZR 204/12, ZIP 2014, 927 Rn. 30 ff).
51
b) Im Streitfall ist weder eine Stundung noch ein Stehenlassen einer Lohnforderung gegeben. Vielmehr wurde die Lohnzahlung an den Beklagten bargeschäftlich (§ 142 InsO) abgewickelt. In diesem Fall kommt eine Stundungswirkung nicht in Betracht (vgl. Preuß in Kübler/Prütting/Bork, aaO, § 39 Rn. 81; Ahrens in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 39 Rn. 36).
Kayser Gehrlein Vill
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
AG Siegen, Entscheidung vom 05.04.2012 - 14 C 2967/11 -
LG Siegen, Entscheidung vom 29.07.2013 - 3 S 35/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 158/05
Verkündetam:
13. April 2006
Preuß
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BRAGO §§ 16, 17, 18

a) Ist eine Angelegenheit beendigt, sind die dafür verdienten Anwaltsgebühren fällig,
selbst wenn der Auftrag - der auch noch andere Angelegenheiten umfasst - insgesamt
noch nicht erledigt ist. Ein Vorschussanspruch besteht insoweit nicht mehr.

b) Soweit an einen Rechtsanwalt Vorschusszahlungen in einer abgeschlossenen Angelegenheit
erfolgen, für die bereits der Vergütungsanspruch fällig geworden, jedoch
nicht geltend gemacht ist, sind die Leistungen inkongruent.

c) Erbringt ein Rechtsanwalt Vorleistungen, die der inzwischen in der Krise befindliche
Mandant mehr als 30 Tage später vergütet, handelt es sich nicht mehr um ein
anfechtungsrechtlich privilegiertes Bargeschäft.

d) Hat der insolvente Mandant durch die Gewährung von Vorschüssen vorgeleistet,
gilt für das Vorliegen eines Bargeschäfts derselbe Maßstab wie bei einer Vorleistung
des Rechtsanwalts.

e) Wird ein Insolvenzeröffnungsantrag mit der Bitte eingereicht, das Insolvenzgericht
möge dessen Bearbeitung noch kurzfristig zurückstellen, ist er dennoch bereits mit
der Einreichung wirksam gestellt.
BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05 - OLG Braunschweig
LG Göttingen
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. April 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter
Dr. Ganter, Raebel, Kayser und die Richterin Lohmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 4. August 2005 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen vom 21. September 2004 wird zurückgewiesen , soweit der Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 18.286,16 € zuzüglich Zinsen zu zahlen.
Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte war seit Anfang/Mitte Oktober 2001 für die in finanziellen Schwierigkeiten befindliche A. GmbH (fortan: Schuldnerin) anwaltlich tätig. Als Honorar erhielt er von der Schuldnerin zunächst - jeweils in bar - am 1. November 2001 DM 5.000 (= € 2.556,46) und am 8. November 2001 DM 10.000 (= € 5.112,92).
2
Am 9. November 2001 stellte der Geschäftsführer der Schuldnerin im Beisein des Beklagten beim Amtsgericht - Insolvenzgericht - einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit. Nach dem Vortrag des Beklagten geschah dies mit dem Ersuchen, den Antrag erst zu bearbeiten , wenn bis zum 12. November 2001 eine erwartete Kapitaleinlage der französischen Muttergesellschaft ausbleiben sollte.
3
Am 12. November 2001 erhielt der Beklagte - wiederum in bar - von der Schuldnerin eine weitere Zahlung in Höhe von DM 35.764,62 (= € 18.286,16). Über den Gesamtbetrag von DM 50.764,62 (= € 25.955,54) existiert eine auf den 12. November 2001 datierte Rechnung des Beklagten.
4
Zu der Kapitaleinlage kam es nicht. Das Insolvenzverfahren wurde am 1. Februar 2002 eröffnet. Der zum Insolvenzverwalter bestellte Kläger nimmt den Beklagten im Wege der Insolvenzanfechtung auf Rückzahlung des erhaltenen Honorars in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und teilweise zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, im Übrigen zur Zurückverweisung.

I.


6
Berufungsgericht Das hat ausgeführt, eine Anfechtung wegen inkongruenter Deckung scheide aus. Sämtliche drei Zahlungen seien kongruent gewesen. Es habe sich um Vorschusszahlungen gehandelt, auf die der Beklagte einen fälligen Anspruch gehabt habe. Der Beklagte habe einen umfassenden Auftrag zur Abwendung der Insolvenz und anwaltlichen Begleitung im Insolvenzantragsverfahren gehabt. Jedenfalls bis zum 20. Dezember 2001 sei dieser Auftrag noch nicht erledigt gewesen. Eine Anfechtung wegen kongruenter Deckung komme gleichfalls nicht in Betracht, weil alle drei Vorschusszahlungen als Bargeschäfte anzusehen seien. Eine vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung scheitere daran, dass die Schuldnerin nicht mit dem entsprechenden Vorsatz gehandelt habe.

II.


7
Die Revision ist unbeschränkt zugelassen. Der Urteilsausspruch enthält insoweit keine Einschränkungen. Solche können sich zwar auch aus den Entscheidungsgründen ergeben (BGHZ 153, 358, 360; BGH, Urt. v. 23. September 2004 - IX ZR 137/03, NJW-RR 2005, 494, 495; v. 15. Dezember 2005 - IX ZR 227/04, ZIP 2006, 138, 139). Dafür ist jedoch erforderlich, dass sich diesen mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen lässt, das Berufungsgericht habe die revisionsrechtliche Nachprüfung nur wegen eines abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollen (BGH, Urt. v. 12. Juni 2000 - XII ZR 159/98, WM 2000, 1967, 1968; v. 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02, NJW 2003, 2529; v. 15. Dezember 2005 aaO). Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden. Das Berufungsgericht hat die Revision wegen der Frage zugelassen, "ob zugunsten des anfechtenden Insolvenzverwalters bei ... der Vorsatzanfechtung Beweiserleichterungen Platz greifen, und zwar insbesondere dann, wenn das Bargeschäft nach einer beiden Seiten ... bekannten Stellung eines Insolvenzeröffnungsantrages vorgenommen worden ist". Dies könnte darauf hindeuten, dass lediglich im Hinblick auf die Zahlung vom 12. November 2001 die Revision zugelassen werden sollte. Indes hat das Berufungsgericht außerdem darauf hingewiesen, es müssten höchstrichterliche Leitlinien zu der Frage entwickelt werden, unter welchen Umständen Zahlungen an einen Berater insolvenzfest seien, der gerade wegen einer Krise des Auftraggebers mandatiert werde und somit zwangsläufig diese Krise kenne. Diese Frage betrifft sämtliche streitgegenständlichen Zahlungen.

III.


8
Soweit der Kläger die Rückzahlung des am 12. November 2001 entrichteten Betrages verlangt, führt die Revision zur Wiederherstellung des der Klage stattgebenden erstinstanzlichen Urteils. Insofern ist die Klage ohne weiteres aus § 133 Abs. 1 InsO begründet.
9
1. Anfechtbar ist danach eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder danach mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen , wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
10
2. Diese Voraussetzungen sind für die Zahlung vom 12. November 2001 erfüllt.
11
a) Die Zahlung erfolgte nach Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
12
Der Antrag wurde am 9. November 2001 gestellt. Ob zwischen dem antragstellenden Geschäftsführer der Schuldnerin und dem Insolvenzrichter abgesprochen wurde, die Bearbeitung des Antrags bis zum 12. November 2001 zurückzustellen , ist unerheblich. Das Insolvenzgericht kann einem Wunsch des Antragstellers entsprechen, die Behandlung des Antrags kurzfristig zurückzustellen (Jaeger/Gerhardt, InsO § 13 Rn. 33; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 13 Rn. 4; HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl. § 13 Rn. 4; FK-InsO/Schmerbach, 4. Aufl. § 14 Rn. 21; kritisch MünchKomm-InsO/Schmahl, § 13 Rn. 61). Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Antrag erst mit dem Zeitpunkt als gestellt gilt, zu dem das Insolvenzgericht mit seiner Bearbeitung beginnt. Bittet der Antragsteller um kurzfristige Zurückstellung der Behandlung, ist dies regelmäßig nur eine unverbindliche Anregung, welche die Wirksamkeit des Antrags nicht berührt. Ein Insolvenzantrag , der nur mit der Maßgabe gestellt würde, dass er zunächst nicht bearbeitet wird, wäre unzulässig. Der Insolvenzantrag kann weder bedingt noch befristet gestellt werden (AG Köln NZI 2000, 284; Jaeger/Gerhardt, aaO; MünchKommInsO /Schmahl, §13 Rn.60; Uhlenbruck, aaO; Kübler/ Prütting/Pape, InsO § 13 Rn. 71; HK-InsO/Kirchhof, aaO). Dafür, dass der - von einem Rechtskundigen, nämlich dem Beklagten, begleitete - Geschäftsführer der Schuldnerin hier einen unzulässigen Antrag hat stellen wollen, gibt es keinen Anhalt.
13
b) Die Schuldnerin zahlte an den Beklagten mit dem Vorsatz, ihre Gläubiger zu benachteiligen.
14
aa) Der Benachteiligungsvorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge - sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils - erkannt und gebilligt hat (BGHZ 155, 75, 84; 162, 143, 153; zur früheren Rechtsprechung vgl. BGHZ 124, 76, 81 f; 131, 189, 195). Ein Schuldner , der seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz (BGHZ 155, 75, 83 f; 162, 143, 153). Dessen Vorliegen ist jedoch schon dann zu vermuten, wenn der Schuldner seine drohende Zahlungsunfähigkeit kennt. Dies ergibt sich mittelbar aus § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO. Da für den anderen Teil die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners vermutet wird, wenn er wusste, dass dessen Zahlungsunfähigkeit drohte, können für den Schuldner selbst keine strengeren Anforderungen gelten (HK-InsO/Kreft, aaO § 133 Rn. 10; vgl. auch MünchKomm-InsO/ Kirchhof, § 133 Rn. 26; Bork ZIP 2004, 1684, 1691 f).
15
bb) Bei der Zahlung am 12. November 2001 kannte die Schuldnerin ihre Zahlungsunfähigkeit. Zumindest wusste sie, dass die Zahlungsunfähigkeit droh- te. Der Geschäftsführer der Schuldnerin hat ausweislich des vom Insolvenzgericht aufgenommenen Protokolls bei der Stellung des Insolvenzantrags am 9. November 2001 erklärt: "Die Firma ist m.E. zahlungsunfähig. Die fälligen Verbindlichkeiten belaufen sich auf ca. 2,9 Mio. DM, die nicht beglichen werden können." Überdies lag der Schuldnerin das Gutachten eines Wirtschaftsprüfers vor, der bereits für den 22. Oktober 2001 festgestellt hatte, dass die Schuldnerin überschuldet sei und Zahlungsunfähigkeit drohe.
16
Zu Unrecht hält das Berufungsgericht die eigene, bei der Stellung des Insolvenzantrags offenbarte Einschätzung der Schuldnerin nicht für entscheidend , weil die seinerzeit noch ausstehende Einlage der französischen Muttergesellschaft und die von dieser übernommenen Bürgschaften ausgereicht hätten , die Verbindlichkeiten der Schuldnerin zu decken. Die alsbaldige Zurverfügungstellung dieser Sicherheiten war - wie die weitere Entwicklung ergeben hat - nicht gewährleistet. Im Übrigen waren sie zur Deckung der Verbindlichkeiten der Schuldnerin nicht ausreichend, und davon ist diese selbst ausgegangen , weil sie ansonsten nicht bereits zum damaligen Zeitpunkt den Insolvenzantrag gestellt hätte.
17
Umstände, cc) welche die Vermutung des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes hätten entkräften können, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Solche sind auch nicht ersichtlich.
18
c) Da der Beklagte denselben Kenntnisstand wie die Schuldnerin hatte, ist schließlich auch davon auszugehen, dass er deren Gläubigerbenachteiligungsabsicht gekannt hat.

IV.


19
Hinsichtlich der beiden vorausgegangenen Zahlungen vom 1. und 8. November 2001 ist das Berufungsurteil ebenso wenig haltbar; insoweit ist der Rechtsstreit jedoch noch nicht zur Endentscheidung reif.
20
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, eine Anfechtung nach § 131 InsO scheide aus, weil die Zahlungen als Vorschüsse auf Grund eines umfassenden Auftrags zur anwaltlichen Beratung und Begleitung und somit als kongruent anzusehen seien, hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Nach derzeitiger Sach- und Rechtslage kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um Vorschüsse gehandelt und der Beklagte einen dahingehenden Anspruch gehabt hat.
21
a) Unzutreffend ist allerdings die Meinung der Revision, die Annahme eines umfassenden (Dauer-) Mandats stehe im Widerspruch zu der von dem Beklagten vorgelegten, mit dem Datum des 12. November 2001 versehenen Rechnung. Falls diese die Abrechnung verschiedener Angelegenheiten enthält (dazu sogleich Näheres unter b), steht dies dem Vorliegen eines einheitlichen Auftrags nicht entgegen; ein Auftrag kann sich auf mehrere Angelegenheiten beziehen (Fraunholz in Riedel/Sußbauer, BRAGO 8. Aufl. § 13 Rn. 5; Hartmann , Kostengesetze 33. Aufl. § 13 BRAGO Rn. 15).
22
b) Indes kommt es nicht auf den Auftrag an, weil sowohl die Gebührenals auch die Vorschussforderung des Rechtsanwalts auf die jeweilige Angelegenheit - und nicht auf den Auftrag - bezogen ist. Die Gebühren entgelten die Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit (§ 13 Abs. 1 BRAGO); in derselben Angelegenheit kann der Rechtsanwalt die Gebühren nur einmal fordern (§ 13 Abs. 2 BRAGO). Das Recht auf Vorschüsse (§ 17 BRAGO) dient der Sicherung des späteren Vergütungsanspruchs des vorleistungspflichtigen Rechtsanwalts (BGH, Urt. v. 29. September 1988 - 1 StR 332/88, AnwBl. 1989, 227, 228; v. 11. Dezember 2003 - IX ZR 109/00, BGHR BRAGO § 17 - Rahmengebühren 1).
23
Der Beklagte ist in vier verschiedenen Angelegenheiten tätig geworden. Die von ihm vorgelegte, mit dem Datum vom 12. November 2001 versehene Honorarrechnung enthält die jeweils getrennten, lediglich in einer Schlussrechnungssumme zusammengefassten Abrechnungen verschiedener, konkret bezeichneter Angelegenheiten. Im einzelnen sind in der Rechnung vier Angelegenheiten aufgeführt: "(1) Besprechung und Verhandlung mit Insolvenzverwalter B. betreffend Kaufpreisreduzierung ... , (2) Überprüfung und Beratung Mietverträge ..., (3) Beratung in arbeitsvertraglichen Angelegenheiten (nicht übernommene Mitarbeiter pp.) ..., (4) beratende Tätigkeit im Übrigen bis zur Antragstellung, Antragstellung im Insolvenzverfahren und Besprechung mit dem Insolvenzverwalter ...". Dies hat der Beklagte dahin erläutert, die Tätigkeit laut Nr. (1) habe den Erwerb des Unternehmens der Schuldnerin von dem früheren , ebenfalls insolvent gewordenen Unternehmensträger betroffen. Unter der Nr. (2) seien Verhandlungen mit der Grundstückseigentümerin abgerechnet worden, die den Zweck gehabt hätten, durch Herabsetzung des Mietzinses für die von der Schuldnerin angemieteten Räume "Luft" für die Fortführung des Unternehmens zu schaffen. Gegenstand der Abrechnung unter der Nr. (4) seien Verhandlungen mit der französischen Muttergesellschaft gewesen, um diese zur Erfüllung der von ihr übernommenen Patronatsverpflichtungen anzuhalten.
24
Inkongruent c) waren die Zahlungen an den Beklagten, wenn er - bezogen auf eine konkrete Angelegenheit - keinen fälligen Anspruch darauf gehabt hat.
25
aa) Gemäß § 16 Satz 1 BRAGO wird die Vergütung des Rechtsanwalts fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendigt ist. Ist eine Angelegenheit beendigt, sind die dafür verdienten Gebühren fällig, selbst wenn der Auftrag - der auch noch andere Angelegenheiten umfasst - insgesamt noch nicht erledigt ist (Fraunholz aaO § 16 Rn. 8). Den Vorschussanspruch erwirbt der Rechtsanwalt zwar bereits mit Abschluss des Anwaltsvertrages (BGHSt 35, 357 = NJW 1988, 1167). Er erlischt jedoch, sobald der Vergütungsanspruch fällig geworden ist (vgl. auch Hartmann, aaO § 17 Rn. 8: Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses ). Dies ist mit der Beendigung der Angelegenheit der Fall (§ 16 Satz 1 Alt. 2 BRAGO).
26
Soweit Vorschusszahlungen in bereits abgeschlossenen Angelegenheiten erfolgt sind, sind die Leistungen somit ohne weiteres inkongruent. Sofern an Stelle des Vorschussanspruchs ein Vergütungsanspruch bestand und möglicherweise auch bereits fällig war, ändert dies nichts an der Inkongruenz, wenn der Vergütungsanspruch mangels einer dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung noch nicht eingefordert werden konnte (§ 18 Abs. 1 Satz 1 BRAGO). Inkongruent sind ferner Zahlungen, die auf einen Vergütungsanspruch geleistet worden sind, der noch nicht fällig war, weil die Erledigung der Angelegenheit noch ausstand.
27
bb) Da die Rechnung vom 12. November 2001 mehrere Angelegenheiten betraf, durfte das Berufungsgericht sich nicht mit der Feststellung begnügen, der Beklagte sei jedenfalls bis zum 20. Dezember 2001 für die Schuldnerin tätig gewesen, und dabei offen lassen, in welcher Angelegenheit er nach dem 12. November 2001 noch gearbeitet hat. Es bedarf der Feststellung, auf welche der in der Rechnung vom 12. November 2001 abgerechneten Angelegenheiten die jeweiligen Zahlungen erfolgt sind. Weiter muss festgestellt werden, ob die Angelegenheit, in der gezahlt worden ist, im Zeitpunkt der Zahlung noch nicht abgeschlossen, der aus der fraglichen Angelegenheit erwachsene Vergütungsanspruch somit noch nicht fällig war, so dass (nur) ein Vorschuss verlangt werden konnte. Solche Feststellungen fehlen, desgleichen ausreichender Vortrag.
28
d) Sollte die erneute tatrichterliche Prüfung ergeben, dass die Zahlungen inkongruent sind, so liegen auch die weiteren Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO vor. Die Zahlungen sind im letzten Monat vor der Stellung des Insolvenzantrags erfolgt und haben dem Beklagten, der im Insolvenzverfahren bloßer Insolvenzgläubiger gewesen wäre, volle Befriedigung verschafft. Falls die Zahlungen unter die Bargeschäftsausnahme (§ 142 InsO) fallen sollten (dazu unten 2a), wird die Anfechtung nach § 131 InsO dadurch nicht ausgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des Senats werden Rechtsgeschäfte nur dann als Bargeschäfte anerkannt, wenn die Leistung des Schuldners kongruent ist (BGHZ 150, 122, 130; BGH, Urt. v. 17. Juni 2004 - IX ZR 124/03, WM 2004, 1576, 1577; vgl. auch zur Konkursordnung BGHZ 123, 320, 328 f; zur Gesamtvollstreckungsordnung BGH, Urt. v. 3. Dezember 1998 - IX ZR 313/97, NJW 1999, 645, 646).
29
2. Werden die Zahlungen nicht von § 131 InsO erfasst, kann eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 InsO eingreifen; § 142 InsO steht möglicherweise nicht entgegen.
30
a) Unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts (§ 142 InsO) werden Leistungen privilegiert, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Dieser Ausnahmeregelung liegt der wirtschaftliche Gesichtspunkt zugrunde, dass ein Schuldner, der sich in der Krise befindet, praktisch vom Geschäftsverkehr ausgeschlossen würde, wenn selbst die von ihm abgeschlossenen wertäquivalenten Bargeschäfte der Anfechtung unterlägen (Amtliche Begründung zu § 161 RegE-InsO, BT-Drucks. 12/2443 S. 167).
31
Leistung und Gegenleistung müssen beim Bargeschäft nicht Zug um Zug erbracht werden (so noch RGZ 100, 62, 64). Dem Erfordernis der Unmittelbarkeit entsprechen auch solche Geschäfte, bei denen Leistung und Gegenleistung in einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgetauscht werden (Amtliche Begründung zu § 161 RegE-InsO, aaO; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 142 Rn. 15; HK-InsO/Kreft, aaO § 142 Rn. 5; Uhlenbruck/Hirte, aaO § 142 Rn. 13). Der für ein Bargeschäft unschädliche Zeitraum lässt sich kaum allgemein festlegen. Er hängt wesentlich von der Art der ausgetauschten Leistungen und davon ab, in welcher Zeitspanne sich der Austausch nach den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs vollzieht (HK-InsO/Kreft, aaO § 142 Rn. 5; Lwowski/ Wunderlich, Festschrift für Kirchhof 2003 S. 301, 308).
32
Es ist anerkannt, dass die Erfüllung beliebiger gegenseitiger Verträge unter die Bargeschäftsausnahme fallen kann (MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 142 Rn. 4; HK-InsO/Kreft, aaO § 142 Rn. 3). Auch länger dauernde Vertragsbeziehungen scheiden nicht von vornherein als Bargeschäft aus. Insbesondere können Dienstleistungen eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts Bargeschäfte sein (vgl. BGHZ 28, 344, 347 f; 77, 250, 252 f; BGH, Urt. v. 28. Januar 1988 - IX ZR 102/87, WM 1988, 472, 474; v. 18. Juli 2002 - IX ZR 480/00, NJW 2002, 3252 f; vgl. auch Kirchhof ZInsO 2005, 340, 343 f). Anwaltliche Dienstleistungen können sich über einen längeren Zeitraum hinziehen. Selbst wenn es sich nicht um Dauermandate handelt, sind Zeitspannen von Monaten oder gar Jahren nicht selten.
33
Dies wäre unter dem Gesichtspunkt des engen zeitlichen Zusammenhangs unproblematisch, wenn auf den Zeitraum zwischen der Beendigung der Dienstleistung und der Zahlung des Honorars abzustellen wäre (so Lwowski/Wunderlich, aaO S. 312; ähnlich Kirchhof ZInsO 2005, 340, 344). Dies ist jedoch unzutreffend. Zwar hat der Rechtsanwalt, der von dem Mandanten alsbald nach Fälligkeit der Vergütung bezahlt wird, dem Mandanten keinen Kredit durch Stundung gewährt. Dass im Falle einer Kreditgewährung ein Bargeschäft nicht in Betracht kommt, rechtfertigt jedoch nicht den Umkehrschluss, ein Bargeschäft liege immer dann vor, wenn kein Kredit gewährt werde. Der Dienstleistende erbringt eine Vorleistung, wenn seine Vergütung erst nach Beendigung seiner Dienste fällig wird. Im Allgemeinen hat, wer an den Schuldner Vorleistungen erbracht hat, wegen seines Anspruchs auf die Gegenleistung nur eine Insolvenzforderung (BGHZ 135, 25, 27). Die dem § 142 InsO zugrundeliegende gesetzgeberische Erwägung, dass dem in der Krise befindlichen Schuldner eine weitere Teilnahme am Geschäftsverkehr ermöglicht werden soll, falls dies die Gläubigergesamtheit nicht beeinträchtigt, betrifft nicht Fälle, in denen über längere Zeit vorgeleistet wird. Wer beispielsweise für den Schuldner ein Gebäude errichtet und sich darauf einlässt, dass der Werklohn insgesamt erst nach Abschluss der Bauarbeiten zu entrichten ist, kann sich, wenn der Schuldner ihn in der Krise bezahlt, nicht darauf berufen, der Bauvertrag sei ein Bargeschäft gewesen. Mit Dienstverträgen verhält es sich nicht anders. Der Bundesgerichtshof hat deshalb bei der Prüfung, ob der Vertrag über die Dienstleistung eines anwaltlichen oder steuerlichen Beraters ein privilegiertes Bargeschäft darstellt, grundsätzlich auf den Zeitraum zwischen der Annahme des Auftrags oder dem Beginn der Tätigkeit und der Gegenleistung abgestellt (BGHZ 28, 334, 348; BGH, Urt. v. 18. Juli 2002 aaO S. 3253 - in dem zuletzt genannten Fall konnte er offen lassen, ob dieser Zeitraum zu lang war, weil der Gläubiger dem Schuldner auch zu dem späteren Zeitpunkt der Fälligkeit die Gegenleistung gestundet hatte).
34
Bei länger währenden Vertragsbeziehungen ist für die Annahme eines Bargeschäfts zu verlangen, dass die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen zeitlich oder gegenständlich teilbar sind und zeitnah - entweder in Teilen oder abschnittsweise - ausgetauscht werden. So können Zahlungen, mit denen ein Bauunternehmer nach Baufortschritt entlohnt wird, Bargeschäfte sein, falls der Abstand zwischen den einzelnen Raten nicht zu groß wird. Entsprechendes gilt für die Saldierung von Soll- und Habenbuchungen im Rahmen eines debitorisch geführten Kontos; hier ist der erforderliche unmittelbare Leistungsaustausch gegeben, wenn zwischen den Buchungen weniger als zwei Wochen vergehen; die Abrechnungsperiode des Kontokorrents wäre zu lang (BGHZ 150, 122, 131; BGH, Urt. v. 25. Februar 1999 - IX ZR 353/98, NJW 1999, 3264, 3265 f; v. 25. Januar 2001 - IX ZR 6/00, NJW 2001, 1650, 1651 f).
35
Wenn zwischen dem Beginn der anwaltlichen Tätigkeit und der Erbringung einer Gegenleistung mehr als 30 Tage liegen, liegt kein Bargeschäft mehr vor. Dies entspricht der Verzugsfrist (§ 286 Abs. 3 BGB), die hier in Ermangelung anderer Anhaltspunkte als Maßstab für einen unmittelbaren Leistungsaustausch dienen kann. Rechtsanwälte werden dadurch nicht unangemessen benachteiligt. Denn sie können jederzeit Vorschüsse verlangen.
36
Allerdings sind die Voraussetzungen eines Bargeschäfts wiederum nicht erfüllt, wenn der Rechtsanwalt einen Vorschuss in einer Höhe geltend macht, der die wertäquivalente Vergütung für die nächsten 30 Tage überschreitet. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass die Gebührentatbestände möglicherweise bereits verwirklicht sind. Es ist einem Rechtsanwalt, der in den Genuss der Bargeschäftsausnahme kommen will, möglich und zumutbar, in regelmäßigen Abständen Vorschüsse einzufordern, die in etwa dem Wert seiner inzwischen entfalteten oder der in den nächsten 30 Tagen noch zu erbringenden Tätigkeit entsprechen. Ferner kann vereinbart werden, Teilleistungen gegen entsprechende Vergütung zu erbringen.
37
b) Stellt man nur darauf ab, wann der Beklagte seine Tätigkeit begonnen hat, wäre der Rahmen des engen zeitlichen Zusammenhangs wohl noch gewahrt. Der erste Vorschuss wurde dem Beklagten höchstens drei bis vier Wochen nach der Aufnahme seiner Tätigkeit bezahlt, der zweite Vorschuss eine Woche später.
38
Indessen lässt sich dies derzeit nicht abschließend beurteilen, weil nicht feststeht, auf welche Angelegenheit gezahlt worden ist, wann der Beklagte mit der Bearbeitung dieser Angelegenheit begonnen und wann er sie beendet hat. Zugunsten der Revision muss deshalb unterstellt werden, dass alle Zahlungen in einer Angelegenheit erbracht worden sind, die ihn bis zuletzt beschäftigt hat. Das Ende der Tätigkeit hat nach dem Vortrag des Beklagten "nicht vor dem 20. Dezember 2001" gelegen. Die erste Zahlung ist dann zumindest fast sieben Wochen, die zweite zumindest fast sechs Wochen und die Dritte immerhin noch mehr als fünf Wochen zuvor erfolgt. Dies wäre zu lang, wobei wiederum nicht unberücksichtigt bleiben kann, dass die Arbeiten "Anfang/Mitte Oktober 2001" aufgenommen worden sind. Sie erstreckten sich insgesamt also über einen Zeitraum von mehr als zwei Monaten.
39
In diesem Zusammenhang wird im Schrifttum diskutiert, ob der Maßstab des engen zeitlichen Zusammenhangs weniger streng ist, wenn der Schuldner (hier durch die Gewährung von Vorschüssen) vorgeleistet hat, als bei einer Vorleistung des Gegners, der somit dem Schuldner Kredit gewährt hat. Teilweise wird dies bejaht (MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 142 Rn. 16). Andere lehnen dies ab (HK-InsO/Kreft, 4. Aufl. § 142 Rn. 6; Uhlenbruck//Hirte, InsO 12. Aufl. § 142 Rn. 15; Kübler/Prütting/Paulus, InsO § 142 Rn. 7). Zutreffend ist die zuletzt genannte Ansicht. Dass wegen des Normzwecks der Zeitraum zwischen Leistung und Gegenleistung größer sein könne, wenn der Schuldner selbst vorleiste (so MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO), trifft nicht zu. Für eine Privilegierung des Gegners besteht kein Anlass, wenn der Schuldner seinerseits vorgeleistet hat. Denn dies ist für die künftige Masse sogar nachteiliger als der umgekehrte Fall. Außerdem könnte die anfechtungsrechtliche Privilegierung der Kreditgewährung durch den Schuldner für einen Geschäftspartner, der einen Anspruch auf Vorschuss hat (andernfalls kommt ein Bargeschäft ohnehin nicht in Betracht), Anreiz bieten, möglichst frühzeitig auf einem solchen zu bestehen. Im Interesse der Gläubigergesamtheit liegt dies nicht.
40
3. Sofern danach die Voraussetzungen eines Bargeschäfts nicht erfüllt sind, kommt es für die Anfechtbarkeit der beiden ersten Zahlungen darauf an, ob die Schuldnerin zur Zeit der jeweiligen Zahlung zahlungsunfähig war und der Beklagte zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit gekannt hat (§ 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Dazu hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen.

V.


41
Die Sache ist somit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dies gibt den Parteien Gelegenheit, unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen ihr Vorbringen zu ergänzen. Das Berufungsgericht wird sodann zu prüfen haben, ob die beiden ersten Zahlungen als Vorschuss angefordert und vereinnahmt worden sind und ob zu den fraglichen Zeitpunkten ein entsprechender Vorschussanspruch bestanden hat und fällig gewesen ist. Soweit die Schuldnerin auf fällige Forderungen geleistet hat, wird sich das Berufungsgericht erneut dem Problem des Bargeschäfts zuwenden und klären müssen , ob zwischen der Aufnahme der Bearbeitung der Angelegenheit, in der gezahlt worden ist, und der Zahlung oder zwischen dieser und der Erledigung der jeweiligen Angelegenheit ein enger zeitlicher Zusammen- hang bestanden hat. Falls es danach noch auf eine Anfechtung nach § 133 InsO ankommt, wird sich das Berufungsgericht auch nochmals mit deren Voraussetzungen befassen müssen.
Fischer Ganter Raebel
Kayser Lohmann
Vorinstanzen:
LG Göttingen, Entscheidung vom 21.09.2004 - 8 O 16/04 -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 04.08.2005 - 8 U 177/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 192/13
Verkündet am:
10. Juli 2014
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ist der Arbeitnehmer vorleistungspflichtig, genießen Lohnzahlungen seines insolventen Arbeitgebers
, die binnen 30 Tagen nach Fälligkeit bewirkt werden, das Bargeschäftsprivileg.
Die einen Benachteiligungsvorsatz und seine Kenntnis nahelegenden Beweisanzeichen
können zurücktreten, wenn der Schuldner eine kongruente Leistung Zug um Zug gegen eine
zur Fortführung seines eigenen Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat,
die den Gläubigern im allgemeinen nützt. Zu den für die Unternehmensfortführung unverzichtbaren
Gegenleistungen gehört auch die Tätigkeit der Arbeitnehmer.
Wird eine Gehaltsforderung an einen Gesellschafter nach den Grundsätzen des Bargeschäfts
gedeckt, liegt darin keine Befriedigung einer einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich
entsprechende Forderung.
BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - IX ZR 192/13 - LG Siegen
AG Siegen
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Mai 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter
Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Siegen vom 29. Juli 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 24. März 2011 über das Vermögen der e. GmbH (nachfolgend : Schuldnerin) am 21. April 2011 eröffneten Insolvenzverfahren.
2
Der Beklagte war am Stammkapital der Schuldnerin über 25.000 € mit einem Geschäftsanteil von 8.250 € beteiligt. Außerdem war er bei der Schuldnerin versehen mit einer Kontovollmacht als kaufmännischer Leiter für den Unternehmensbereich zentrale Dienste zu einem nach dem Inhalt des Dienstvertrages spätestens am zehnten Tag des Folgemonats fälligen Gehalt von 5.500 € angestellt. Nachdem das Arbeitsentgelt für die Monate November und Dezember 2010 nicht vollständig entrichtet worden war, überwies die Schuldnerin am 5. Januar 2011 einen Betrag von 2.000 € an den Beklagten.
3
Der Kläger nimmt den Beklagten im Wege der Insolvenzanfechtung auf Erstattung dieser Zahlung in Anspruch. Das Amtsgericht hat der Klage in Anwendung von § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die zulässige Revision ist nicht begründet.
5
Die Berufung des Beklagten gegen das Ersturteil war als Prozessvoraussetzung des Revisionsverfahrens (BGH, Urteil vom 8. April 1991 - II ZR 35/90, NJW-RR 1991, 1186, 1187) zulässig. Den Begründungsanforderungen ist noch genügt. Der Beklagte hat sich mit dem die Erstentscheidung selbständig tragenden Merkmal einer Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO) in noch hinreichender Weise auseinandergesetzt.

I.


6
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die zugunsten des Beklagten bewirkte Zahlung unterliege als Bargeschäft (§ 142 InsO) nicht der Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei ein Bargeschäft gegeben, wenn der Arbeitgeber in der Krise Arbeitsentgelt für von dem Arbeitnehmer in den vorhergehenden drei Monaten erbrachte Arbeitsleistungen zahle. Der Beklagte sei für die Schuldnerin noch im Dezember 2010 tätig gewesen. Die Zahlung für seine Arbeitsleistung im Dezember habe er am 5. Januar 2011 im Wege eines Baraustauschs erhalten. Auch eine Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) greife nicht durch. Dabei könne dahin stehen, ob die Schuldnerin im Zahlungszeitpunkt zahlungsunfähig gewesen sei oder ihr Zahlungsunfähigkeit gedroht habe. Jedenfalls fehle es an einem Benachteiligungsvorsatz. Ein Schuldner handele nicht mit Benachteiligungsvorsatz , wenn er eine kongruente Gegenleistung für die von ihm empfangene Leistung erbringe, welche zur Fortführung seines Unternehmens nötig sei und damit den Gläubigern allgemein nütze. Ebenso verhalte es sich bei kongruenten Gehaltszahlungen, weil die im Gegenzug erbrachte Arbeitsleistung im Interesse der Gläubiger zur Fortführung des Betriebs notwendig sei. Deshalb könne hier aus einer behaupteten Zahlungsunfähigkeit nicht auf einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin geschlossen werden.
7
Diese Ausführungen halten im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand.

II.


8
Die Klageforderung kann nicht auf § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO gestützt werden. Dabei bedarf es keiner Prüfung, ob die Schuldnerin zahlungsunfähig war und der Beklagte dies erkannt hat, weil das Bargeschäftsprivileg des § 142 InsO durchgreift.
9
1. Unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts (§ 142 InsO) werden Leistungen der Anfechtung entzogen, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Dieser Ausnahmeregelung liegt der wirtschaftliche Gesichtspunkt zugrunde, dass ein Schuldner, der sich in der Krise befindet, praktisch vom Geschäftsverkehr ausgeschlossen würde, wenn selbst die von ihm abgeschlossenen wertäquivalenten Bargeschäfte der Anfechtung unterlägen. In diesem Fall findet wegen des ausgleichenden Vermögenswertes keine Vermögensverschiebung zu Lasten des Schuldners, sondern eine bloße Vermögensumschichtung statt (BGH, Urteil vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 24).
10
2. Eine Bardeckung ist gemäß § 142 InsO eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt. Durch die Worte "für die" wird ausgedrückt, dass eine Bardeckung nur vorliegt, wenn Leistung und Gegenleistung durch Parteivereinbarung miteinander verknüpft sind. Nur eine der Parteivereinbarung entsprechende Leistung ist kongruent und geeignet, den Bargeschäftseinwand auszufüllen (BGH, Urteil vom 23. September 2010, aaO Rn. 26).
11
Im Streitfall entspricht die Zahlung der Schuldnerin der Parteiabrede. Nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages stand dem Beklagten ein monatlicher Vergütungsanspruch von 5.500 € gegen die Schuldnerin zu. Tatsächlich hat die Schuldnerin auf die Lohnforderung für den Monat Dezember 2010 am 5. Januar 2011 einen Teilbetrag von 2.000 € gezahlt. Diese Teilzahlung steht mit der Par- teivereinbarung in Einklang.
12
3. Die für ein Bargeschäft erforderliche Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung ist ebenfalls gegeben. Voraussetzung eines Bargeschäfts ist, dass der Leistung des Schuldners eine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht. Nur dann ist das Geschäft für die (spätere) Masse wirtschaftlich neutral (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 - IX ZR 195/04, WM 2008, 222 Rn. 9).

13
Die von der Schuldnerin geleistete Zahlung glich die von dem Beklagten während des abgelaufenen Monats erbrachte Arbeitstätigkeit aus. Diese hatte für die Schuldnerin, die ihren Geschäftsbetrieb im fraglichen Zeitraum fortsetzte, praktischen Nutzen. Dabei ist davon auszugehen, dass der Beklagte als kaufmännischer Leiter des Unternehmens mit 5.500 € monatlich angemessen vergütet wurde. Anzeichen dafür, dass die geschuldete Vergütung in einem Missverhältnis zu dem übertragenen Verantwortungsbereich stand, sind nicht ersichtlich (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2006 - IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125 Rn. 48). Überdies hat die Schuldnerin auf das dem Beklagten monatlich geschuldete Entgelt in Höhe von 5.500 € lediglich einen Teilbetrag über 2.000 € erbracht. Mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck des § 142 InsO ist es unschädlich , falls der Schuldnerin infolge der über den gesamten Monat erbrachten Arbeitstätigkeit des Beklagten im Vergleich zu der von ihr erbrachten Teilzahlung ein höherer Wert zugeflossen sein sollte (MünchKomm-InsO/Kirchhof, 3. Aufl., § 142 Rn. 9; HK-InsO/Kreft, 7. Aufl., § 142 Rn. 7; Ehricke in Kübler /Prütting/Bork, InsO, 2008, § 142 Rn. 4; HmbKomm-InsO/Rogge/Leptien, 4. Aufl., § 142 Rn. 10; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 142 Rn. 18; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2038). Der Behauptung des Beklagten, während der Monate November und Dezember 2010 durchgängig gearbeitet zu haben, ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.
14
4. Der für ein Bargeschäft notwendige enge zeitliche Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung ist im Streitfall gegeben.
15
a) Unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts werden gemäß § 142 InsO Leistungen privilegiert, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Leistung und Gegenleistung müs- sen beim Bargeschäft zwar nicht Zug um Zug erbracht werden. Allerdings setzt das in der Vorschrift enthaltene Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" voraus, dass Leistung und Gegenleistung in einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgetauscht werden (BT-Drucks. 12/2443 S. 167). Der Gesichtspunkt der bloßen Vermögensumschichtung greift nur, wenn der Leistungsaustausch in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang vorgenommen wird (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - IX ZR 377/99, WM 2003, 524, 528). Der hierfür unschädliche Zeitraum lässt sich nicht allgemein festlegen. Er hängt wesentlich von der Art der ausgetauschten Leistungen und davon ab, in welcher Zeitspanne sich der Austausch nach den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs vollzieht (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 31; vom 21. Juni 2007 - IX ZR 231/04, WM 2007, 1616 Rn. 51; vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Rn. 31). Eine sich in "verspäteten Entgeltzahlungen" (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10, BAGE 139, 235 Rn. 15) ausdrückende Kreditgewährung schließt, weil es notwendigerweise an einem engen zeitlichen Zusammenhang des Leistungsaustausches mangelt, ein Bargeschäft aus (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002, aaO; vom 16. November 2006 - IX ZR 239/04, WM 2007, 170 Rn. 15). Danach fehlt es jedenfalls an einem unmittelbaren Leistungsaustausch, wenn monatlich fällige Lohnzahlungen zwei Monate nach Beendigung der damit korrespondierenden Arbeitstätigkeit erbracht werden (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 480/00, WM 2002, 1808, 1809).
16
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt hingegen bereits ein Bargeschäft vor, wenn der Arbeitgeber in der Krise Arbeitsentgelt für Arbeitsleistungen zahlt, die der Arbeitnehmer in den vorhergehenden drei Monaten erbracht hat (Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 15 ff). Dieser im insolvenzrechtlichen Schrifttum - soweit ersichtlich - einhellig kritisierten Auslegung des § 142 InsO (vgl. Huber, EWiR 2011, 817; ders., ZInsO 2013, 1049 ff; Ganter, ZIP 2012, 2037 ff; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581 ff; Jacobs/ Doebert, ZInsO 2012, 618 ff; Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 208 f; Smid, DZWIR 2013, 89, 110 f) vermag der Senat nicht zuzustimmen.
17
aa) Soweit sich das Bundesarbeitsgericht darauf beruft, „dass in nicht wenigen Branchen eine verzögerte Zahlung der Vergütung schon fast die Regel ist“ (Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 17), wird diese Würdigung schon im Ansatz dem Gesetzeszweck des § 142 InsO nicht gerecht, weil selbst ein verbreiteter Verstoß gegen Fälligkeitszeitpunkte nicht geeignet sein kann, die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zu beseitigen. Die bei der Beurteilung eines Bargeschäfts zugrunde zu legenden allgemeinen geschäftlichen Gepflogenheiten beurteilen sich nach den Gebräuchen solventer Partner und werden nicht durch verspätete Zahlungen insolvenzgefährdeter Unternehmen beeinflusst, die unter Liquiditätsengpässen leiden (Jacobs/Doebert, aaO S. 622; Ganter, aaO S. 2038, 2043). Andernfalls wäre jeder Leistungsaustausch in der Krise als Bargeschäft zu bewerten, weil liquiditätsschwache Unternehmen typischerweise verzögert zahlen (Brinkmann, aaO S. 208 f).
18
bb) Davon abgesehen wird der Befund branchenübergreifender Zahlungsverzögerungen nicht durch verifizierbare Tatsachen - anhand von empirischem Material oder auch nur anhand von Medienberichten - untermauert (vgl. Brinkmann, aaO; Plathner/Sajogo, aaO S. 584). Es fehlt nicht nur jede Konkretisierung , um welche Branchen es sich handelt (Jacobs/Doebert, aaO S. 623); überdies wird der festgestellte Zeitraum der Zahlungsverzögerungen nicht näher präzisiert. Schließlich ist der von dem Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 17) angeführte Beleg (Bandte in FS Beuthien, 2009, S. 401, 405) inhaltlich unergiebig. Ein allgemein verbreiteter Missstand verspäteter Lohnzahlung wäre von den über die Verhältnisse am Arbeitsmarkt wohl unterrichteten Gewerkschaften sicherlich längst öffentlichkeitswirksam angeprangert worden. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden , dass sich innerhalb des Arbeitslebens die allgemeine Gepflogenheit einer um drei Monate verspäteten Lohnzahlung herausgebildet hätte. Im Gegenteil begleichen die den Geschäftsverkehr prägenden wirtschaftlich gesunden Unternehmen , deren Zahl die in einer Krise befindlichen Betriebe im Gemeinwohlinteresse erfreulicherweise weit übersteigt, die Arbeitslöhne in aller Regel bei Fälligkeit.
19
cc) Die weitere Erwägung des Bundesarbeitsgerichts, durch die Zahlung rückständigen Lohns werde "erkauft", dass Arbeitnehmer zwecks Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs "bei der Stange bleiben" (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 18), vermag die Annahme eines Bargeschäfts ebenfalls nicht zu tragen. In der Fortsetzung ihrer Arbeitstätigkeit liegt keine berücksichtigungsfähige Gegenleistung der Arbeitnehmer, weil die künftigen Leistungen ihrerseits wieder in Rechnung gestellt werden (BGH, Urteil vom 30. Januar 1986 - IX ZR 79/85, BGHZ 97, 87, 94; vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 33; Ganter, aaO S. 2043 f).
20
c) Die Arbeitnehmer einseitig begünstigende Auslegung des § 142 InsO durch das Bundesarbeitsgericht ist zudem mit der Bindung der Gerichte an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht vereinbar (vgl. Huber, ZInsO 2013, 1049, 1054 f; Kreft, ZIP 2013, 241, 250 f).
21
aa) Der Gesetzgeber hat mit der Schaffung der Insolvenzordnung - wie bereits das Vorblatt der Gesetzesbegründung betont - die allgemeinen Kon- kursvorrechte einschließlich derjenigen der Arbeitnehmer ausdrücklich beseitigt (BT-Drucks. 12/2443 Vorblatt B. 6.).
22
(1) Aufgrund dieser Gesetzesänderung waren nach Auffassung des Gesetzgebers für Arbeitnehmer keine sozialen Härten zu erwarten, weil für die Lohnausfälle der letzten drei Monate vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Ausfallgeld gezahlt wird (BT-Drucks., aaO, sowie S. 90). Lohnrückstände der Arbeitnehmer sollten durch das für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gewährte Ausfallgeld gesichert werden (BT-Drucks., aaO S. 96). Bei der Streichung der Konkursvorrechte ließ sich der Gesetzgeber von der allgemeinen Erwägung leiten, dass sich die Entscheidung über den Vor- oder Nachrang einer Gläubigerklasse nicht auf hinreichend überzeugende soziale Gesichtspunkte stützen lässt (BT-Drucks. 12/2443, S. 90). Wörtlich hat er insoweit ausgeführt (BT-Drucks., aaO): "Eine dem sozialen Schutzbedürfnis im Einzelfall gemäße Einordnung von Gläubigerklassen in einen Privilegienkatalog erscheint unmöglich. Jeder Vorrechtskatalog ist letztlich willkürlich. Schon das geltende Konkursrecht räumt keineswegs allen anerkanntermaßen sozial schutzwürdigen Gruppen ein Vorrecht ein. Anders als im Recht der Einzelvollstreckung in das Arbeitseinkommen (§§ 850 d, 850 f Abs. 2 ZPO) sind beispielsweise Unterhalts- und Deliktsgläubiger im Konkursverfahren nicht privilegiert. Das Bundesverfassungsgericht hat die Fragwürdigkeit jedes Privilegienkatalogs in seinem Beschluss zum Vorrecht für Sozialplanforderungen (BVerfGE 65, 182) nachdrücklich herausgearbeitet."
23
(2) In der angeführten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht die Einordnung von Sozialplanabfindungen als Konkursforderungen im Range vor § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO kraft Richterrechts als mit der Verfassung (Art. 20 Abs. 3 GG) unvereinbar beanstandet (BVerfGE 65, 182, 190 ff.). Dabei hat es betont, dass jedes Konkursvorrecht eine Ausnahme vom Gebot der Gleichbehandlung aller Konkursgläubiger bildet. Soweit ein Vorrecht nicht gesetzlich begründet ist, muss es deshalb nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts bei der Regelung bleiben, dass Forderungen gegen den Gemeinschuldner einfache Konkursforderungen im Range des § 61 Abs. 1 Nr. 6 KO sind (BVerfGE 65, aaO S. 191). Da die Regelung nach Wortlaut, Systematik und Sinn abschließend ist, besteht keine verfassungsrechtlich anzuerkennende Regelungslücke , die es dem Richter erlaubt, für bestimmte Forderungen eine Privilegierung außerhalb dieses geschlossenen Systems zu begründen (BVerfGE 65, aaO S. 191 f).
24
bb) Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzt sich aus sozialpolitischen Gründen (vgl. bereits BVerfGE 65, aaO S. 194) - wie nicht zuletzt die Gesetzesinitiativen, sie durch eine Änderung des Insolvenzanfechtungsrechts zu legalisieren, belegen (Huber, ZInsO 2013, 1049, 1054 f) - über die Schranken richterlicher Rechtsfortbildung hinweg, indem sie Arbeitnehmern unter Verzicht auf das Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" mit Hilfe einer vom Wortlaut des § 142 InsO nicht mehr getragenen Auslegung im Gewand des Bargeschäftsprivilegs das vom Gesetzgeber ausdrücklich beseitigte Konkursvorrecht gewährt. Eine eindeutige gesetzgeberische Entscheidung darf der Richter nicht nach eigenen rechtspolitischen Vorstellungen durch eine abweichende judikative Lösung ersetzen (vgl. Kreft, ZIP 2013, 241, 250). Da § 142 InsO eine Ausnahmeregelung darstellt, ist aus rechtsmethodischen Gründen für eine erweiternde Auslegung von vornherein kein Raum (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 35; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2038).

25
(1) Infolge der Beseitigung jeglicher Vorrechte einzelner Gläubiger durch die Insolvenzordnung sind Arbeitnehmer und sonstige Gläubiger uneingeschränkt gleich zu behandeln (Huber, aaO S. 1051, 1054; Lütcke, NZI 2014, 350, 351). Das Gebot der Gleichbehandlung als "Magna carta des Insolvenzrechts" (Huber, aaO) hat allgemeine Geltung und ist darum ebenfalls im Rahmen der Insolvenzanfechtung zu beachten (vgl. Huber, aaO S. 1054; Jacobs/ Doebert, ZInsO 2012, 618, 627; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581, 584; Lütcke, aaO). Die aus wohl erwogenen Gründen entfallenen Vorrechte können nicht in der Weise wiederbegründet werden, dass einzelnen Gläubigern wie Arbeitnehmern ein vom Gesetz nicht vorgesehener Schutz gegen Ansprüche aus Insolvenzanfechtung eröffnet wird, um contra legem durch Ausbildung eines "Sonderinsolvenzrechts für Arbeitnehmer" (Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 201) den Rechtszustand der früheren Konkursordnung wiederherzustellen (Brinkmann, aaO S. 212). Ein bevorrechtigter Zugriff auf das Schuldnervermögen kann einzelnen Gläubigern nur von Gesetzes wegen eingeräumt werden (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 90), wie dies etwa durch die Umsetzung einer EURichtlinie geschieht, welche die bevorrechtigte Behandlung von Versicherungsforderungen bei Insolvenz eines Versicherungsunternehmens vorsieht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2011 - IX ZR 210/10, WM 2011, 1483 Rn. 7). Würde den Gerichten gestattet, die Anfechtungsvoraussetzungen im Blick auf unterschiedliche Gläubigergruppen jeweils zu differenzieren, liefe dies letztlich auf eine Zuteilung der Masse aufgrund richterlicher Billigkeitsentscheidung hinaus.
26
(2) Jede Ausweitung der Rangordnung und jedes Mehr an Forderungen in vorgehenden Rangstellen bewirkt - wie das Bundesverfassungsgericht zu § 61 Abs. 1 KO überzeugend ausgeführt hat - eine Minderung der den nach- rangigen, insbesondere letztrangigen Gläubigern verbleibenden Haftungsmasse , die regelmäßig schon durch ausgedehnte Sicherungsrechte der Geld- und Warenkreditgeber geschmälert ist. Deshalb ist zu betonen, dass jede Bevorzugung einzelner Forderungen zwangsläufig zu Lasten anderer Gläubiger geht und regelmäßig auch zu neuen Unstimmigkeiten bei der Verfahrensabwicklung führt (BVerfGE 65, 182, 192). Die Insolvenzanfechtung beruht auf dem Gerechtigkeitsgebot , das Ausfallrisiko solidarisch und gleichmäßig auf sämtliche Gläubiger einschließlich der Arbeitnehmer zu verteilen (Ries, ZInsO 2007, 1037). Folgerichtig kann es auch im Verhältnis zu Arbeitnehmern nicht Aufgabe des Insolvenzverfahrens sein, werthaltige Rechte einzelner Beteiligter zu Gunsten von Arbeitnehmern in Frage zu stellen (BT-Drucks. 12/2443 S. 96).
27
(3) Viele Kleinunternehmer, etwa handwerkliche Familienbetriebe, befinden sich in einer Arbeitnehmern vergleichbaren wirtschaftlichen Lage, ohne - bei zutreffendem Verständnis - der auf § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO gestützten Anfechtung von verspätet erlangten Werklohnzahlungen mit dem Hinweis auf einen Baraustausch (§ 142 InsO) begegnen zu können. In ihrer Branche gesuchte Arbeitnehmer werden einen vorübergehenden Lohnausfall vielfach leichter verkraften können als etwa ein (Klein-)Unternehmen Umsatzausfälle, die auf der Insolvenz eines langjährigen Hauptabnehmers beruhen. Dies gilt umso mehr für unterhalb des Vorstands als Arbeitnehmer angesiedelte Führungskräfte , die durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - will man nicht innerhalb der Gruppe der Arbeitnehmer rechtsschöpferisch differenzieren - ebenfalls geschützt werden. Sachgerechte Gründe für die unterschiedliche Behandlung dieser Gläubigergruppen sind nicht ersichtlich (vgl. BVerfGE 65, aaO S. 194). Mit der einseitigen Bevorzugung der Arbeitnehmer ist außerdem zwingend eine Verminderung der auf die sonstigen Gläubiger entfallenden Insolvenzquote verknüpft. Wie die Erfahrung lehrt, können insolvenzbedingte Forde- rungsausfälle Folgeinsolvenzen auslösen, die als Kettenreaktion für die Arbeitnehmer der nun betroffenen Unternehmen zu Lohnausfällen führen. Diese Konsequenz ist stets zu bedenken, wenn eine Beschränkung des Insolvenzanfechtungsrechts ins Auge gefasst wird.
28
cc) Aus den vorstehenden Erwägungen kann entgegen der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 15 ff) auch ein etwaiges Existenzminimum des Arbeitnehmers nicht mittels einer beschränkenden Auslegung der §§ 129 ff InsO anfechtungsfrei gestellt werden.
29
(1) Es ist nicht Aufgabe der Gläubigergemeinschaft, sondern des Staates , etwaige durch eine Insolvenz zu Lasten bestimmter Gläubiger hervorgerufene unzumutbare Härten auszugleichen (vgl. Vollrath, ZInsO 2011, 1665, 1675; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2044; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581, 584; Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 627; Huber, ZInsO 2013, 1049, 1053; Lütcke, NZI 2014, 350, 351). Zum Nachteil der Arbeitnehmer bestehende sozialrechtliche Schutzlücken sind innerhalb dieses Regelungswerks durch ergänzende Vorschriften etwa zum Bezug von Insolvenzgeld zu schließen (Brinkmann , ZZP 125 (2012), 197, 215 f). Hingegen können nicht der Gläubigergesamtheit sich in einer Quotenminderung manifestierende Sonderopfer, wovon der Gesetzgeber selbst Gesellschafter verschont (BT-Drucks. 16/9737 S. 59), zugunsten von Mitgläubigern ohne gesetzliche Grundlage im Wege richterlicher Rechtsfortbildung aufgebürdet werden (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 96; Huber, aaO S. 1054). Das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes enthält infolge seiner Weite und Unbestimmtheit keine unmittelbaren Handlungsanweisungen, die durch die Gerichte ohne gesetzliche Grundlage in einfaches Recht umgesetzt werden könnten (BVerfGE 65, 182, 193). Darum ist es den Gläubigern nicht zumutbar (Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 209; Lütcke, aaO), durch einen Quotenverzicht Lücken der Insolvenzgeldzahlung zugunsten von Arbeitnehmern als Mitgläubigern aufzufüllen (in diesem Sinne BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10, BAGE 139, 235 Rn. 15 ff) oder deren Existenzminimum zu sichern (in diesem Sinne BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 15 ff). Scheidet ein Schutz der Arbeitsplatzinteressen gegen den Markt aus (BT-Drucks. 12/2443, aaO), kann ihnen auch im Verhältnis zu anderen Gläubigern nicht einfach kraft Richterrechts der Vorrang eingeräumt werden (Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 623).
30
(2) Die Argumentation des Bundesarbeitsgerichts läuft bei lebensnaher Betrachtung auf das Ergebnis hinaus, die Anfechtung generell zu versagen, wenn das damit verbundene Ergebnis für den Arbeitnehmer wirtschaftlich untragbar ist. Das Sozialstaatsprinzip kann bereits im Ansatz nicht zur Korrektur jeglicher hart oder unbillig erscheinenden Einzelregelungen dienen (BVerfGE 66, 234, 248; 67, 231, 239; 69, 272, 315). Davon abgesehen lässt die Würdigung die Interessen der vor Verfahrenseröffnung nicht befriedigten, regelmäßig die Mehrheit bildenden Gläubiger des Schuldners außer Betracht, die durch einen vollständigen Forderungsausfall ebenfalls untragbare Härten erleiden können (vgl. Ries, ZInsO 2007, 1037, 1038; Lütcke, aaO S. 352). Hier schafft die Insolvenzanfechtung den gebotenen Ausgleich, indem Zahlungen zur Masse gezogen und zur anteiligen Befriedigung sämtlicher - unzumutbar belasteter - Gläubiger einschließlich des Anfechtungsgegners verwendet werden (Ries, aaO S. 1037; Lütcke, aaO S. 351). Zahlt ein Arbeitgeber etwa nur an bestimmte , für die Produktion besonders wichtige Arbeitnehmer Lohn, erscheint es sachgerecht, die weggegebenen Mittel durch eine Anfechtung für sämtliche Arbeitnehmer gleichmäßig verfügbar zu machen. Muss sich ein Arbeitnehmer mangels eines Vorrechts nach Verfahrenseröffnung ohne Rücksicht auf die Be- friedigung seines Existenzminimums mit der Quote abfinden, so leuchtet nicht ein, dass er eine anfechtbar erworbene Zahlung unter dem Gesichtspunkt des Existenzminimums behalten darf (vgl. BVerfGE 65, 182, 194).
31
d) Im Streitfall sind die Voraussetzungen eines Bargeschäfts (§ 142 InsO) gegeben, weil die monatlich geschuldete Lohnzahlung innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit erfolgte.
32
aa) Unter welchen zeitlichen Voraussetzungen verspätete Entgeltzahlungen des Arbeitgebers das Bargeschäftsprivileg genießen, wird im Schrifttum unterschiedlich beantwortet. Vereinzelt wird ein Bargeschäft bereits dann ausgeschlossen , wenn die Vergütung nicht nur einige Tage verspätet (Zwanziger, BB 2007, 42, 43) oder nicht einigermaßen pünktlich (Klinck, AP InsO § 130 Nr. 1 unter III.) gezahlt wird. Als zeitliche Grenze des Bargeschäftscharakters einer verspäteten Lohnzahlung wird ferner eine Frist von drei Wochen genannt (Huber, NJW 2009, 1928, 1929; Vollrath, ZInsO 2011, 1665, 1666; Wegener, NZI 2009, 225).
33
Bei länger währenden Vertragsbeziehungen ist nach der Rechtsprechung des Senats für die Annahme eines Bargeschäfts zu verlangen, dass die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen zeitlich oder gegenständlich teilbar sind und zeitnah - entweder in Teilen oder abschnittsweise - ausgetauscht werden. Wenn zwischen dem Beginn einer anwaltlichen Tätigkeit und der Erbringung einer Gegenleistung mehr als 30 Tage liegen, ist ein Bargeschäft zu verneinen. Bei Anforderung eines Vorschusses ist eine anfechtungsrechtliche Bargeschäftsausnahme anzunehmen, wenn in regelmäßigen Abständen Vorschüsse eingefordert werden, die in etwa dem Wert einer zwischenzeitlich entfalteten oder in den nächsten 30 Tagen noch zu erbringenden Tätigkeit entsprechen.
Ferner kann vereinbart werden, Teilleistungen gegen entsprechende Vergütungen zu erbringen (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 34 ff.; vom 6. Dezember 2007 - IX ZR 113/06, WM 2008, 229 Rn. 20; Beschluss vom 18. September 2008 - IX ZR 134/05, NZG 2008, 902 Rn. 2; Urteil vom 15. Dezember 2011 - IX ZR 118/11, WM 2012, 276 Rn. 25).
34
bb) Diese aus § 286 Abs. 3 BGB für die Annahme eines Bargeschäfts bei der Zahlung der Anwaltsvergütung hergeleiteten Grundsätze können mit der Modifizierung, dass die Frist von 30 Tagen nicht ab Beginn der Tätigkeit, sondern ab Fälligkeit der Vergütung zu berechnen ist, auf die Gewährung von Arbeitsentgelten bei monatlicher Lohnzahlung übertragen werden.
35
(1) Die Vergütung der Arbeitnehmer ist gemäß § 614 Satz 1 BGB nach Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen , muss sie gemäß § 614 Satz 2 BGB nach dem Ablauf jedes einzelnen Zeitabschnitts beglichen werden. Bei monatlicher Vergütung ist dies grundsätzlich der erste Tag des Folgemonats (MünchKomm-BGB/Müller-Glöge, 6. Aufl., § 614 Rn. 11). Allerdings kann der Fälligkeitszeitpunkt durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung kollektivvertraglich abweichend - etwa auf den fünfzehnten Tag des Folgemonats (Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 622) - bestimmt werden (MünchKomm-BGB/Müller-Glöge, aaO § 614 Rn. 2). Dem allgemeinen Rechtsverkehr entsprechen - wie auch im Streitfall - monatliche Lohnzahlungen, die ebenfalls monatlich abzurechnen und auszuführen sind (Jacobs/Doebert, aaO S. 623 mwN; Wagner in Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung, 2. Aufl., Rn. O 83).

36
(2) Die Rechtsprechung zum Unmittelbarkeitserfordernis bei der Vergütung anwaltlicher Dienstleistungen kann nicht unbesehen auf Arbeitnehmer übertragen werden. Arbeitnehmer unterliegen gemäß § 614 Satz 1 BGB regelmäßig einer Vorleistungspflicht (Jacobs/Doebert, aaO S. 622; Lütcke, NZI 2014, 350, 352) und haben nach § 614 Satz 2 BGB bei entsprechender Bemessung Anspruch auf eine Vergütung nach Zeitabschnitten (Ganter, ZIP 2014, 2037, 2040, 2044). Im Falle einer Vorleistungspflicht kann im Blick auf den engen zeitlichen Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung nicht auf den Beginn der Tätigkeit des Arbeitnehmers abgestellt werden, weil ihm zu diesem Zeitpunkt noch kein Vergütungsanspruch zusteht (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 480/00, WM 2002, 1808, 1809). Für diese Bewertung spricht die weitere Erwägung, dass eine Vergütung nach Zeitabschnitten von einer Woche oder einem Monat ihrer Natur nach einen Baraustausch nahelegt (Ganter, aaO).
37
(3) Da der Vorleistung des Arbeitnehmers keine Kreditfunktion zukommt (Staudinger/Richardi, BGB, 2005, § 614 Rn. 11), beurteilt sich die Unmittelbarkeit der Lohnzahlung nach dem Zeitraum zwischen der Fälligkeit des Vergütungsanspruchs und seiner tatsächlichen Erfüllung (Wagner in Kummer /Schäfer/Wagner, aaO; Jacobs/Doebert, aaO; Lütcke, NZI 2014, 350, 352). Mit dieser Maßgabe kann die Rechtsprechung zum Baraustausch bei anwaltlichen Beratungsleistungen auf Arbeitnehmer übertragen werden. Danach ist der für ein Bargeschäft erforderliche Unmittelbarkeitszusammenhang noch gegeben , wenn im Falle einer monatlichen Vorleistungspflicht die Entgeltzahlung innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit vorgenommen wird (Bork, ZIP 2007, 2337, 2338 f; Ries, ZInsO 2007, 1037, 1038; Pieper, ZInsO 2009, 1425, 1431; Laws, ZInsO 2009, 1465, 1470; Ganter, aaO S. 2040, 2044; Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 208; Jacobs/Doebert, aaO S. 624; Wagner in Kummer/Schäfer /Wagner, aaO; ErfK/Müller-Glöge, 11. Aufl., InsO, Einführung Rn. 24; anders im Sinne des BAG nunmehr ders., aaO 14. Aufl., Rn. 24 b). Für die Beurteilung als Bargeschäft ist es unschädlich, wenn der Fälligkeitszeitpunkt entsprechend den tarifvertraglichen Übungen anstelle des ersten Tages nicht länger als bis zum fünfzehnten Tag des Folgemonats hinausgeschoben wird (Jacobs /Doebert, aaO S. 622). Ist die Vergütung nach kürzeren Zeitabschnitten zu leisten, scheidet ein Bargeschäft aus, wenn zum Zeitpunkt der Zahlung bereits der Lohn für den nächsten Zeitabschnitt fällig war (Ries, aaO; Bork aaO; Jacobs /Doebert, aaO S. 623; Pieper, aaO; Ganter, aaO S. 2044; Lütcke, NZI 2014, 350, 352).
38
cc) Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall eine Bardeckung (§ 142 InsO) vor.
39
Die monatliche Vergütung des Beklagten war von der Schuldnerin vertragsgemäß bis zum zehnten Tag des Folgemonats zu begleichen. Im Zeitpunkt der durch die Schuldnerin am 5. Januar 2011 bewirkten Zahlung standen die Gehälter des Beklagten für die Monate November und Dezember 2010 teilweise offen. Im Falle einer Zahlung auf das Gehalt für den Monat Dezember 2010, die noch vor dem spätesten Fälligkeitszeitpunkt des 10. Januar 2011 erfolgt wäre, läge ohne weiteres ein Bargeschäft vor. Nicht anders verhielte es sich, wenn mit der Zahlung das Gehalt für den Monat November 2010 getilgt werden sollte. Infolge der für dieses Gehalt zum 10. Dezember 2010 begründeten Fälligkeit wäre auch bei einer am 5. Januar 2011 erfolgten Begleichung der für ein Bargeschäft unschädliche Zeitraum von 30 Tagen noch nicht verstrichen. Vor diesem Hintergrund bedarf es nicht der Prüfung, ob die bei der Zahlung vom 5. Januar 2011 auf den Monat Dezember 2010 gerichtete Tilgungsbestimmung (§ 366 Abs. 1 BGB) selbständig anfechtbar ist.

III.


40
Sonstige Anfechtungstatbestände greifen ebenfalls nicht durch.
41
1. Soweit das Berufungsgericht eine Vorsatzanfechtung aus § 133 Abs. 1 InsO abgelehnt hat, ist seine Würdigung revisionsrechtlich jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden.
42
a) Es konnte davon ausgehen, dass die Zahlung der Schuldnerin, ohne nähere Feststellungen zu einer tatsächlich bestehenden Zahlungsunfähigkeit treffen zu müssen, nicht von einem Benachteiligungsvorsatz getragen war.
43
aa) Dem Beweisanzeichen der erkannten Zahlungsunfähigkeit ist - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - im Streitfall keine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen. Die Indizwirkung der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit wie auch der Inkongruenz kann im Einzelfall ausgeschlossen sein, wenn die Umstände ergeben, dass der Schuldner von einer anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willensrichtung geleitet war und das Bewusstsein der Benachteiligung anderer Gläubiger infolgedessen in den Hintergrund getreten ist. Dies kann einmal gelten, wenn die Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber gescheiterten Sanierungsversuchs war (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09, WM 2012, 146 Rn. 11, 18; vom 21. Februar 2013 - IX ZR 52/10, WM 2013, 763 Rn. 11; vom 3. April 2014 - IX ZR 201/13, WM 2014, 1009 Rn. 40).

44
bb) Zum anderen kann dem Schuldner im Falle einer bargeschäftsähnlichen Lage infolge des gleichwertigen Leistungsaustauschs die dadurch eintretende mittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht bewusst geworden sein (Kayser, WM 2013, 293, 298; NJW 2014, 422, 427). Darum handelt ein Schuldner in der Regel nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn er eine kongruente Leistung Zug um Zug gegen eine zur Fortführung seines eigenen Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat, die den Gläubigern im allgemeinen nützt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1997 - IX ZR 234/96, ZIP 1997, 1551, 1553; Beschluss vom 16. Juli 2009 - IX ZR 28/07, NZI 2009, 723 Rn. 2; vom 6. Februar 2014 - IX ZR 221/11, ZInsO 2014, 496 Rn. 3). Zu den für die Betriebsfortführung unverzichtbaren Gegenleistungen gehört auch die Tätigkeit der Arbeitnehmer, deren Mitwirkung für jede betriebliche Wertschöpfung unabdingbar ist. Deswegen scheidet regelmäßig ein Benachteiligungsvorsatz aus, wenn durch Gehaltszahlungen im Zuge eines Baraustauschs die für die Betriebsfortführung unerlässliche Gegenleistung der Arbeitstätigkeit entgolten wird (BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 84 ff, 89). Nach den hier getroffenen Feststellungen fehlt es an einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin, weil diese dem Beklagten Gehaltszahlungen im Rahmen eines bargeschäftlichen Leistungsaustauschs gewährt hat.
45
b) Überdies hat der Kläger nicht den Nachweis geführt, dass der Beklagte eine auch nur drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und damit deren Benachteiligungsvorsatz erkannt hat (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO). Nach den tatrichterlichen Feststellungen war der Beklagte nicht mit der Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben betraut, die ihm nähere Einblicke in die Vermögenslage der Schuldnerin verschafft hätte (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 205/11, WM 2012, 2343 Rn. 7). Ferner hat er zugunsten der Schuldnerin eine selbstschuldnerische Bürgschaft über 55.000 € übernommen und durch Klage vom 16. Februar 2010 gegenüber der Schuldnerin seine offenen Lohnrückstände vor dem Arbeitsgericht verfolgt. Die ein erhebliches Risiko bergende Bereitschaft, eine selbstschuldnerische Bürgschaft einzugehen, spricht nachdrücklich gegen eine Kenntnis des Beklagten von einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin, sondern deutet vielmehr darauf hin, dass er nicht von ihrer existenziellen Gefährdung ausging. Ebenso liegt fern, dass der Schuldner eine Klage gegen das als insolvent erkannte Unternehmen gerichtet hätte, die von vornherein keinen wirtschaftlichen Erfolg versprochen, sondern durch das Ingangsetzen eines aussichtslosen Verfahrens lediglich eine zusätzliche Kostenbelastung hervorgerufen hätte.
46
2. Ein Anfechtungsanspruch folgt auch nicht aus § 133 Abs. 2 Satz 1 InsO. Nach dieser Vorschrift ist ein von dem Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138 InsO) geschlossener entgeltlicher Vertrag anfechtbar, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden.
47
a) Da es sich bei der Schuldnerin um eine GmbH handelt, ist der zu mehr als ein Viertel an ihrem Kapital beteiligte Beklagte gemäß § 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO als nahestehende Person anzusehen. Der Vertragsbegriff des § 133 Abs. 2 InsO ist weit auszulegen (BGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - IX ZR 58/09, NZI 2010, 738 Rn. 9). Auch reine Erfüllungsgeschäfte werden zu den entgeltlichen Verträgen gerechnet. Bei ihnen besteht das Entgelt in der Befreiung von der Schuld (BGH, Urteil vom 12. Juli 1990 - IX ZR 245/89, BGHZ 112, 136, 138; Urteil vom 15. Februar 1990 - IX ZR 149/88, ZIP 1990, 459, 460).
48
b) Jedoch fehlt es an der weiteren Voraussetzung einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung des Schuldners die Zugriffsmöglichkeiten der Gläubigergesamtheit unmittelbar verschlechtert, ohne dass weitere Umstände hinzutreten müssen (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - IX ZR 130/10, WM 2013, 333 Rn. 27). Durch einen Vertrag, auf Grund dessen der Schuldner für das, was er aufgibt, eine vollwertige Gegenleistung erhält, werden die Gläubiger auch dann nicht unmittelbar benachteiligt, wenn diese Gegenleistung infolge eines weiteren , nicht zu dem Gesamttatbestand des Rechtsgeschäfts gehörenden Umstandes in dem Zeitpunkt nicht mehr in dem Vermögen des Schuldners vorhanden ist, in dem die von ihm zu erbringende Leistung endgültig aus seinem Vermögen herausgeht (BGH, Urteil vom 9. Februar 1955 - IV ZR 173/54, WM 1955, 404, 406; RGZ 116, 134, 137 f). Mithin scheidet bei einem Baraustausch, wie er hier gegeben ist, schon mit Rücksicht auf die zuvor erbrachte Arbeitsleistung eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung aus (vgl. MünchKomm-InsO/ Kayser, 3. Aufl., § 133 Rn. 41; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 133 Rn. 42).
49
3. Schließlich ist eine Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht begründet. Mit der Lohnzahlung wurde keine einem Darlehen wirtschaftlich entsprechende Forderung befriedigt.
50
a) Die Anfechtbarkeit nach dieser Vorschrift erfasst sowohl die Befriedigung von Gesellschafterdarlehen als auch ihnen wirtschaftlich entsprechender Forderungen. Ungeachtet des Entstehungsgrundes sind einem Darlehen alle aus Austauschgeschäften herrührende Forderungen gleich zu achten, die der Gesellschaft rechtlich oder rein faktisch gestundet wurden, weil jede Stundung bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Darlehensgewährung bewirkt (MünchKomm -InsO/Ehricke, aaO § 39 Rn. 43; MünchKomm-InsO/Gehrlein, aaO § 135 Rn. 18; Preuß in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2013, § 39 Rn. 81). Stehen gelas- sene Gehaltsansprüche eines Gesellschafters können darum wirtschaftlich einem Darlehen entsprechen (BGH, Urteil vom 16. Februar 2009 - II ZR 120/07, BGHZ 180, 38 Rn. 24; BAG, Urteil vom 27. März 2014 - 6 AZR 204/12, ZIP 2014, 927 Rn. 30 ff).
51
b) Im Streitfall ist weder eine Stundung noch ein Stehenlassen einer Lohnforderung gegeben. Vielmehr wurde die Lohnzahlung an den Beklagten bargeschäftlich (§ 142 InsO) abgewickelt. In diesem Fall kommt eine Stundungswirkung nicht in Betracht (vgl. Preuß in Kübler/Prütting/Bork, aaO, § 39 Rn. 81; Ahrens in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 39 Rn. 36).
Kayser Gehrlein Vill
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
AG Siegen, Entscheidung vom 05.04.2012 - 14 C 2967/11 -
LG Siegen, Entscheidung vom 29.07.2013 - 3 S 35/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 212/09
Verkündet am:
23. September 2010
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Begegnet ein Vollstreckungszugriff dritter Gläubiger auf den entäußerten Vermögenswert
faktischen Hindernissen, steht das einer Gläubigerbenachteiligung nicht
entgegen.
Veräußert ein Tankstellenbetreiber im Namen und für Rechnung eines Mineralölunternehmens
in dessen Eigentum stehende Kraftstoffe an Endkunden und überweist
er die zunächst für fremde Rechnung vereinnahmten Barerlöse nach Einzahlung auf
seinem allgemeinen Geschäftskonto an das Mineralölunternehmen, so scheidet ein
Bargeschäft aus.
BGH, Urteil vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. September 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter
Raebel, Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein und Grupp

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 20. Oktober 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als über die Berufung der Beklagten zu seinem Nachteil erkannt worden ist.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 2, vom 4. Januar 2008 wird insgesamt zurückgewiesen.
Die Kosten der Revision trägt die Beklagte; von den Kosten des Berufungsrechtszuges tragen der Kläger 53 v. H. und die Beklagte 47 v. H..
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 1. Juli 2002 über das Vermögen der E. -Station Z. OHG (fortan: Schuldnerin) am 1. Oktober 2002 eröffneten Insolvenzverfahren.
2
Gesellschafter Der der Schuldnerin schloss im Jahre 1992 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der E. AG (fortan für beide: Beklagte), einen Tankstellenvertrag über eine Laufzeit von 20 Jahren. In diesen Vertrag ist die Schuldnerin in der Folgezeit anstelle ihres Gesellschafters eingetreten. Danach hatte die Schuldnerin als durch Provisionen vergütete Handelsvertreterin der Beklagten in deren Namen und für deren Rechnung Kraftstoffe und Motoröle zu verkaufen. Die Erlöse für die verkauften E. -Produkte sollten - von sonstigen Kassenbeständen gesondert verwahrt - unmittelbar in das Eigentum der Beklagten übergehen. Daneben verkaufte die Schuldnerin sogenannte Shop-Waren, die sie teils von einer Tochtergesellschaft der Beklagten, teils von Handelsketten bezog, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Tatsächlich wurden die Bargelderlöse aus dem Verkauf von Kraftstoffen und der ShopWaren bei der Schuldnerin in einer Kasse gesammelt.
3
Die Schuldnerin geriet ab Oktober 1999 in wirtschaftliche Schwierigkeiten , welche die Beklagte veranlassten, gegen die Schuldnerin eine "Kreditsperre" zu verhängen, derzufolge die Weiterbelieferung der Schuldnerin jeweils von der Zahlung der vorangegangenen Lieferung abhängig war. Ein Gesellschafter der Schuldnerin stellte gegen die Beklagte einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung, um die Belieferung der Schuldnerin mit Agenturwaren sicherzustellen. Im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs einigten sich der Verfügungskläger und die Beklagte dahin, dass die Beklagte der Schuldnerin einen Agenturbestand im Wert von 60.000 € zur Verfügung stellt und der Verfügungs- kläger im Gegenzug täglich über die Agenturerlöse abrechnet, die am Vortag eingenommenen Erlöse nach Abzug der Provision auf ein Konto der Beklagten abführt sowie die jeweilige Zahlung mittels einer Bankbestätigung nachweist. Diese bis zum 30. April 2002 gültige Vereinbarung wurde von den Beteiligten mangels einer Einigung über eine Folgeregelung auch im Zeitraum bis 1. Juli 2002 praktiziert.
4
Die Schuldnerin war ab dem 1. April 2002 zahlungsunfähig. In dem Zeitraum vom 1. April bis 1. Juli 2002 entrichtete die Schuldnerin über ihr Geschäftskonto durch fast tägliche Zahlungen in wechselnder Höhe Agenturerlöse von insgesamt 313.605 € an die Beklagte. Nach Anfechtung durch den Kläger hat das Landgericht die Beklagte - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - zur Erstattung dieser Beträge verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des Ersturteils.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision hat Erfolg.

I.


6
Berufungsgericht Das hat die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO verneint. Es hat gemeint, zwar habe die Beklagte Kenntnis von Umständen gehabt, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hingedeutet hätten (§ 130 Abs. 2 InsO). Jedoch sei eine Gläubigerbenachteiligung nicht gegeben. Die Agenturerlöse hätten zu keinem Zeitpunkt „realiter“ einem Zugriff der Insolvenzgläubiger zur Verfügung gestanden. Mit der Einzahlung der jeweiligen Tageseinnahmen auf dem Konto der Schuldnerin sei zwar ein etwaiges Eigentum oder Miteigentum der Beklagten untergegangen. Die unmittelbare Weiterleitung an die Beklagte hindere aber bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Annahme, dass es sich um Vermögen gehandelt habe, das dem Zugriff der Insolvenzgläubiger zugänglich gewesen sei.
7
Die Anfechtung sei auch aufgrund der hier entsprechend heranzuziehenden Regelung des Bargeschäfts in § 142 InsO ausgeschlossen. Wenn auch der zu beurteilende Sachverhalt nicht unter § 142 InsO subsumiert werden könne, folge aus einer Parallelwertung, dass die Anfechtung nicht durchgreife. Zur Fortsetzung ihres Geschäftsbetriebs sei es für die Schuldnerin unabdingbar gewesen, von der Beklagten weiter beliefert zu werden. Die Beklagte habe jedoch die Fortsetzung der Belieferung davon abhängig machen können, dass die Schuldnerin täglich die vereinnahmten Erlöse abführe. Selbst wenn hier ein Zeitraum von mehr als einer Woche zwischen der angefochtenen Handlung und der Gegenleistung liege, sei eine äquivalente Gegenleistung in der Einräumung der Verfügungsbefugnis zu erkennen, welche die Schuldnerin in unmittelbarem Zusammenhang mit den Verkaufsvorgängen in Anspruch genommen habe.

II.



8
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Klage ist gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO begründet. Die Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erfüllt. Die Zahlungen wurden innerhalb des kritischen Zeitraums bewirkt. Die Anfechtung scheitert auch nicht aus sonstigen Gründen.
9
1. Eine Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) als Voraussetzung jeder Insolvenzanfechtung ist im Streitfall gegeben.
10
a) Zu Unrecht meint die Revisionserwiderung, eine von der Beklagten an den Erlösen erlangte dingliche Rechtsposition stehe der Annahme einer Gläubigerbenachteiligung entgegen.
11
aa) Die Voraussetzungen eines Aussonderungsrechts (§ 47 InsO) sind nicht gegeben.
12
(1) Die Beklagte hat an den im Zuge des Verkaufs von Kraftstoffen als Gegenleistung eingenommenen Banknoten und Bankmünzen auf der Grundlage des mit der Schuldnerin im Rahmen des Tankstellenvertrages bestehenden Handelsvertreterverhältnisses zwar zunächst Eigentum erlangt. Die Einigung über den Eigentumsübergang kam zwischen den Tankstellenkunden und der durch die Schuldnerin vertretenen (§ 164 Abs. 1 BGB) Beklagten zustande. Die neben der Einigung notwendige Übergabe (§ 929 BGB) kann auch in der Form stattfinden, dass das zu übereignende Gut einem Besitzmittler des Erwerbers - im Streitfall der Schuldnerin - ausgehändigt wird (BGH, Urt. v. 21. April 1959 - VIII ZR 148/58, NJW 1959, 1536, 1537; v. 10. Dezember 1975 - VIII ZR 179/74, WM 1976, 153, 154).

13
(2) Die dem Eigentum der Beklagten zuzuordnenden Bargelder wurden sodann aber durch die Verwahrung in einer einheitlichen Kasse mit im Eigentum der Schuldnerin stehenden Bargeldern gemäß § 948 Abs. 1, § 947 Abs. 1 BGB zu Miteigentum vermischt. Der Kasseninhaber erwirbt nicht nach § 948 Abs. 1, § 947 Abs. 2 BGB Alleineigentum an dem Gesamtbestand (in diesem Sinne Erman/Ebbing, BGB 12. Aufl. § 948 Rn. 9), weil andernfalls der Regelfall einer Geldvermischung entgegen dem Grundgedanken des Gesetzes (Motive zum Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches, 1888 Band III. S. 360) gerade in der Insolvenz des Kasseninhabers mit einem dinglichen Rechtsverlust verbunden wäre (MünchKomm-BGB/Füller, 5. Aufl. § 948 Rn. 7; Bamberger /Roth/Kindl, BGB 2. Aufl. § 948 Rn. 7). Das Recht eines Miteigentümers wird bezüglich seines Miteigentumsanteils in der Insolvenz eines Mitberechtigten wie der Aussonderungsanspruch eines Alleineigentümers behandelt (BGH, Urt. v. 21. Dezember 1961 - III ZR 162/60, NJW 1962, 587, 588, insoweit in BGHZ 36, 229 nicht abgedruckt). Infolge des Besitzes der Masse an den Gegenständen (§ 1006 BGB) obliegt es jedoch dem Miteigentümer, den auf ihn entfallenden Anteil der Höhe nach zu beweisen (BGH, Urt. v. 3. Juni 1958 - VIII ZR 326/56, WM 1958, 899, S. 901 f; MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl. § 47 Rn. 45; Jaeger /Henckel, InsO § 47 Rn. 92; FK-InsO/Imberger, 5. Aufl. § 47 Rn. 14). Diesen insbesondere bei einer Geldvermengung schwer führbaren Beweis (MünchKomm -InsO/Ganter, aaO) hat die Beklagte nicht erbracht. Bereits deshalb ist für eine Aussonderung kein Raum.
14
(3) Überdies entfällt ein Aussonderungsanspruch, wenn der Schuldner - wie im Streitfall - die der Aussonderung unterliegenden Gelder auf sein eigenes Konto einzahlt, weil dann die Bank das Eigentum an den Banknoten zumindest gutgläubig (§§ 929, 932 BGB) erwirbt (BGHZ 58, 257, 258; BGH, Urt. v.
21. Dezember 1961, aaO S. 588; MünchKomm-InsO/Ganter, aaO § 47 Rn. 19; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO 13. Aufl. § 47 Rn. 6). Im Streitfall bedurfte es nicht einmal eines gutgläubigen Erwerbs der Bank, weil die Beklagte nach dem Inhalt des Vergleichs mit der Einzahlung auf das Konto der Schuldnerin einverstanden war und diese aufgrund der Ermächtigung (§ 185 Abs. 1 BGB) als Berechtigte verfügt hat (vgl. BGHZ 106, 1, 4; 107, 340, 341). Mit der Einzahlung fremder Gelder auf ein allgemeines Konto geht ein an dem Geld bestehendes Aussonderungsrecht unter (BGHZ 174, 228, 235 Rn. 21; BGH, Urt. v. 24. Juni 2003 - IX ZR 120/02, WM 2003, 1641 f; Urt. v. 6. April 2006 - IX ZR 185/04, NJW-RR 2006, 1134, 1136 Rn. 26; HK-InsO/Lohmann, 5. Aufl. § 47 Rn. 6). Folglich standen der Beklagten nach Einzahlung der Veräußerungserlöse auf das Bankkonto nur noch schuldrechtliche Ansprüche gegen die Schuldnerin zu, deren Befriedigung grundsätzlich der Anfechtung unterliegt (vgl. RGZ 94, 305, 307 f).
15
(4) Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte schließlich auf die Regelung des § 392 Abs. 2 HGB. Diese Bestimmung ist hier schon deshalb unanwendbar, weil die Schuldnerin nicht als Kommissionärin im eigenen Namen für Rechnung der Beklagten (§ 383 Abs. 1 HGB), sondern als Handelsvertreterin im Namen der Beklagten tätig geworden ist (Staub/Emde, HGB 5. Aufl. Rn. 378 vor § 84). Überdies erstreckt sich § 392 Abs. 2 HGB nach bisheriger Rechtsprechung nicht über die Forderung hinaus auf den Kaufpreis, den der Kommissionär bereits erlangt hat (BGHZ 79, 89, 94; BGH, Urt. v. 26. November 1973 - II ZR 117/72, NJW 1974, 456, 457; Jaeger/Henckel, InsO § 47 Rn. 149; aA MünchKomm -InsO/Ganter, aaO § 47 Rn. 289 m.w.N. zum Streitstand). Die von der Gegenauffassung gebilligte Aussonderung des bereits eingenommenen Kaufpreises würde im Streitfall nicht durchgreifen, weil der Erlös nach der Vermischung mit den Barbeständen der Schuldnerin und der anschließenden Einzahlung des Gesamtbetrages auf ihr allgemeines Geschäftskonto nicht mehr unter- scheidbar in ihrem Vermögen vorhanden ist (OLG Köln ZInsO 2005, 151, 153; MünchKomm-InsO/Ganter, aaO; HmbKomm-InsO/Büchler, 3. Aufl. § 47 Rn. 24).
16
bb) Ebenso scheidet eine Ersatzaussonderung (§ 48 InsO) aus.
17
Nach Einzahlung aussonderungsfähiger Zahlungsmittel auf ein Bankkonto kommt eine Ersatzaussonderung (§ 48 InsO) in Betracht, wenn der Schuldner mit der Veräußerung den Vermögenswert des aussonderungsfähigen Gutes an sich gebracht hat. Die Ersatzaussonderung erfordert jedoch nach dem Wortlaut des § 48 InsO, dass die Veräußerung unberechtigt erfolgt ist. Ein auf diese Vorschrift gegründeter Anspruch scheidet daher nach allgemeiner Ansicht aus, wenn der Schuldner mit Einwilligung oder Genehmigung des Gläubigers verfügt hat (BGH, Urt. v. 24. Juni 2003, aaO S. 1642; Urt. v. 6. April 2006, aaO S. 1135 Rn. 18; MünchKomm-InsO/Ganter, aaO § 48 Rn. 27; Jaeger/ Henckel, aaO § 48 Rn. 44; HK-InsO/Lohmann, aaO § 48 Rn. 8; Uhlenbruck/ Brinkmann, aaO § 48 Rn. 15; HmbKomm-InsO/Büchler, aaO § 48 Rn. 12; ebenso zu § 46 KO BGHZ 68, 199, 201; 144, 192, 197 f). So verhält es sich im Streitfall. Die Schuldnerin, die das Handeln ihres Gesellschafters gegen sich gelten lässt, hatte sich mit der Beklagten im Rahmen des vor dem Oberlandesgericht Hamburg geschlossenen Vergleichs dahin verständigt, die eingenommenen Gelder über ihr bei der S. P. geführtes Geschäftskonto auf ein Konto der Beklagten bei der Bank /F. zu überweisen (ähnlich der Sachverhalt bei BGH, Urt. v. 24. Juni 2003, aaO). Danach ist für eine Ersatzaussonderung von vornherein kein Raum.
18
b) Dass Drittgläubiger vor den zugunsten der Beklagten bewirkten Überweisungen auf das Bankkonto der Schuldnerin faktisch kaum zugreifen konnten , steht der Annahme einer Gläubigerbenachteiligung nicht entgegen.
19
aa) Eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger liegt vor, wenn die Insolvenzmasse durch die anfechtbare Rechtshandlung verkürzt wird, so dass sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Gläubiger ohne die fragliche Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGHZ 124, 76, 78 f; 155, 75, 80 f; BGH, Urt. v. 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08, WM 2009, 1750, 1751 f Rn. 25). Dies ist bei einer Verkürzung der Aktivmasse oder einer Vermehrung der Schuldenmasse anzunehmen, die den Gläubigerzugriff auf das Schuldnervermögen vereitelt, erschwert oder verzögert (BGHZ 174, 228, 233 Rn. 18; BGH, Urt. v. 19. April 2007 - IX ZR 59/06, WM 2007, 1218, 1219 Rn. 15; BGH, Urt. v. 16. Oktober 2008 - IX ZR 2/05, WM 2008, 2377, 2378 Rn. 9).
20
bb) Nach diesen Maßstäben ist hier eine Gläubigerbenachteiligung eingetreten.
21
Die (1) Schuldnerin hat die von den Endabnehmern an die Beklagte übereigneten Zahlungsmittel für die Beklagte in Empfang genommen und verwahrt. Die Einzahlung dieser Fremdmittel auf das Konto der Schuldnerin diente der Weiterleitung an die Beklagte. Mit den Überweisungen hat die Schuldnerin ihre - § 667 Alt. 2 BGB entsprechende - vertragliche Pflicht erfüllt, das in Ausführung des Auftrags Erlangte an die Beklagte abzuführen (vgl. BGH, Beschl. v. 15. September 2005 - III ZR 28/05, WM 2005, 2194, 2195). Da die Zahlungen im Streitfall nicht - wie in dem der vorstehenden Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt - über ein Anderkonto, sondern vereinbarungsgemäß über das allgemeine Geschäftskonto der Schuldnerin abgewickelt wurden, sind die Mittel zunächst in das Vermögen der Schuldnerin gelangt. Hat die Schuldnerin die Mittel auch nur vorübergehend ihrem Vermögen einverleibt, liegt in der Auskehr eine ihre Gläubiger benachteiligende Deckungshandlung (BGHZ 174, 228, 234 Rn. 19; BGH, Urt. v. 17. Dezember 2009 - IX ZR 16/09, ZInsO 2010, 521, 522 Rn. 12).
22
(2) Aufgrund der von der Schuldnerin im Überweisungsweg an die Beklagte erbrachten Zahlungen wurde die Insolvenzmasse verkürzt. Das Kontoguthaben , aus dem die Zahlungen erbracht wurde, gehörte - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - zum haftenden Vermögen der Schuldnerin und stand daher der Vollstreckung durch ihre Gläubiger offen (vgl. BGH, Beschl. v. 8. November 2007 - IX ZB 221/03, WM 2008, 87 Rn. 5). Für die Annahme einer Gläubigerbenachteiligung ist es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ohne Bedeutung, ob ein vollstreckungsrechtlicher Zugriff auf das Kontoguthaben der Schuldnerin für die Gläubiger wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs der Einzahlung und anschließenden Überweisung mit besonderen Schwierigkeiten verbunden war. Eine Gläubigerbenachteiligung kann gerade in dem mit der angefochtenen Rechtshandlung verbundenen erschwerten Zugriff auf einen Vermögenswert des Schuldners liegen (BGHZ 128, 184, 189; 165, 343, 350; BGH, Urt. v. 11. Juli 1996 - IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147, 3148; MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 129 Rn. 101; HK-InsO/Kreft, aaO § 129 Rn. 44; Ehricke in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 129 Rn. 81). Darum kann dahin stehen, ob die Befürchtung, nicht mit Erfolg vollstrecken zu können, hier überhaupt gerechtfertigt war, weil eine Pfändung des Tagesguthabens auch nach Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses eingehende Beträge erfasst hätte (vgl. BGHZ 84, 325, 328 ff; 84, 371, 378).
23
2. Der Anfechtung steht schließlich nicht § 142 InsO entgegen.
24
a) Unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts (§ 142 InsO) werden Leistungen privilegiert, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Dieser Ausnahmeregelung liegt der wirtschaftliche Gesichtspunkt zugrunde, dass ein Schuldner, der sich in der Krise befindet, praktisch vom Geschäftsverkehr ausgeschlossen würde, wenn selbst die von ihm abgeschlossenen wertäquivalenten Bargeschäfte der Anfechtung unterlägen (BGHZ 167, 190, 199 Rn. 30). Ein Bargeschäft ist nur anzunehmen, wenn der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Anfechtungsgegner in engem zeitlichen Zusammenhang mit seiner Leistung eine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat (BGHZ 174, 297, 311 Rn. 41). In diesem Fall findet wegen des ausgleichenden Vermögenswertes keine Vermögensverschiebung zulasten des Schuldners, sondern eine bloße Vermögensumschichtung statt (BGH, Urt. v. 9. Juni 2005 - IX ZR 152/03, WM 2005, 1474, 1476).
25
b) Ein Bargeschäft scheitert bereits an der von § 142 InsO vorausgesetzten Anbindung des unmittelbaren Leistungsaustauschs an eine zwischen der Schuldnerin und der Beklagten getroffenen Parteivereinbarung.
26
aa) Eine Bardeckung ist gemäß § 142 InsO eine Leistung des Schuldners , für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt. Durch die Worte "für die" wird ausgedrückt, dass eine Bardeckung nur vorliegt, wenn Leistung und Gegenleistung durch Parteivereinbarung miteinander verknüpft sind (BGHZ 123, 320, 328 m.w.N.; BGH, Urt. v. 6. April 2006, aaO S. 1136 Rn. 29; MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 142 Rn. 5; HK-InsO/Kreft, aaO § 142 Rn. 4; Uhlenbruck/Hirte, aaO § 142 Rn. 6). Nur eine der Parteivereinbarung entsprechende Leistung ist kongruent und geeignet, den Barge- schäftseinwand auszufüllen (BGHZ 150, 122, 130; 167, 190, 199 Rn. 28; BGH, Urt. v. 15. November 2007 - IX ZR 212/06, ZIP 2008, 235, 236 Rn. 15).
27
bb) Die Abrede genügt nicht den inhaltlichen Anforderungen des § 142 InsO. Sie war nicht auf einen unmittelbaren Leistungsaustausch zwischen der Schuldnerin und der Beklagten gerichtet (vgl. Bräuer, Ausschluss der Insolvenzanfechtung bei Bargeschäften nach Maßgabe des § 142 InsO 2006 S. 49).
28
Aufgrund der hier gewählten vertraglichen Gestaltung eines Vertretungsverhältnisses wurden die Kraftstoffe ohne Zwischenerwerb der Schuldnerin unmittelbar von der Beklagten an die Endkunden übereignet. Umgekehrt ging das Eigentum an den aus dem Verkauf der Kraftstoffe erzielten Erlösen ebenfalls ohne Beteiligung der Schuldnerin unmittelbar von den Endkunden auf die Beklagte über. Die Schuldnerin selbst war in die zwischen der Beklagten und den Tankkunden vereinbarten Veräußerungsgeschäfte weder schuldrechtlich noch dinglich einbezogen (BGH, Urt. v. 25. April 2006 - X ZR 198/04, NJW 2006, 2321, 2322 Rn. 12; Baumbach/Hopt, HGB 34. Aufl. § 84 Rn. 48; Löwisch in Ebenroth /Boujong/Joost/Strohn, HGB 2. Aufl. § 84 Rn. 81). Die Funktion der Schuldnerin erschöpfte sich in der Abwicklung der von ihr im Namen der Beklagten mit den Tankkunden geschlossenen Verträge, indem sie die Kraftstoffe namens der Beklagten an die Tankkunden übereignete und die bei Beachtung der vertraglichen Vorgaben bereits mit dem Empfang in das Eigentum der Beklagten übergegangenen Barmittel an diese weiterleitete. Allein mit der faktischen Lieferung der Kraftstoffe an die Schuldnerin konnte die Beklagte keine Erlöse erwirtschaften; vielmehr musste der Verkauf an und die Bezahlung durch die Tankkunden hinzutreten. Deshalb scheidet eine Willensübereinstimmung der Parteien aus, dass bereits durch die Lieferung der Kraftstoffe an die Schuldnerin die Erlöse dem Vermögen der Beklagten zugeführt werden. Eine solche Willensübereinstimmung bestand vielmehr nur im Verhältnis der Beklagten zu den Tankkunden, die für die ihnen übereigneten Kraftstoffe mit der Bezahlung einen vereinbarungsgemäßen Ausgleich leisteten.
29
c) Überdies fehlt es jedenfalls an einer die Zahlungen der Schuldnerin ausgleichenden Gegenleistung der Beklagten. Den von der Schuldnerin zu Lasten ihres Vermögens an die Beklagte bewirkten Zahlungen stehen keine gleichwertigen Leistungen der Beklagten an die Schuldnerin gegenüber.
30
aa) Die von der Beklagten gelieferten Kraftstoffe und Motoröle gingen nicht in die Vermögenssphäre der Schuldnerin über, sondern sind von dieser namens und für Rechnung der Beklagten unmittelbar an Endabnehmer veräußert worden. Um ein Bargeschäft annehmen zu können, muss die Gegenleistung jedoch Bestandteil des schuldnerischen Aktivvermögens werden (BGH, Urt. v. 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, WM 2010, 711, 715 Rn. 36; Uhlenbruck/Hirte, aaO § 142 Rn. 12). Eine von dem Anfechtungsgegner an einen Dritten erbrachte Zuwendung kann nicht als eine ein Bargeschäft rechtfertigende Gegenleistung anerkannt werden (Bräuer, aaO S. 92). Dies gilt insbesondere , wenn es sich bei dem Dritten um einen Gläubiger des Schuldners handelt, dessen Forderung durch die Zahlung - zum Nachteil der Gläubigergesamtheit - erfüllt werden soll (vgl. RGZ 53, 234, 235 f; RG JW 1894, 546 Nr. 14, MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 142 Rn. 4a). Erst recht bleibt eine Gegenleistung unberücksichtigt, die - wie hier bei den Tankkunden - an dem Schuldner rechtlich nicht verbundene Dritte erbracht wird und dem Schuldner nicht einmal mittelbar zugute kommt (Raschke, Funktion und Abgrenzung des Bargeschäftstatbestandes in § 142 InsO 1999 S. 119). Da die von der Beklagten gelieferten Kraftstoffe in deren Namen unmittelbar an Abnehmer übereignet wurden, ist eine dem Zugriff der übrigen Gläubiger offenstehende gleichwertige Gegenleistung der Beklagten nicht in das Vermögen der Schuldnerin gelangt (vgl. BGH, Urt. v. 9. Juni 2005, aaO; Ehricke in Kübler/Prütting/Bork, aaO § 142 Rn. 4 ff; Jaeger/Henckel, aaO § 142 Rn. 19). Eine wirtschaftlich neutrale (BGH, Urt. v. 11. Oktober 2007 - IX ZR 195/04, WM 2008, 222, 223 Rn. 9), von einer "Vermögensverschiebung" zu unterscheidende bloße "Vermögensumschichtung" (BGHZ 123, 320, 323) hat bei der Schuldnerin nicht stattgefunden, weil es mangels einer Übereignung der Kraftstoffe an einem die Überweisungen ausgleichenden Vermögenswert fehlt.
31
bb) Die Schuldnerin hat von der Beklagten auch keine anderen durch die Überweisungen vergüteten Leistungen empfangen (zu deren Beachtlichkeit vgl. MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 142 Rn. 4; Ehricke, aaO § 142 Rn. 3; HmbKomm-InsO/Rogge, aaO § 142 Rn. 2).
32
Zwar hatte die Beklagte an die Schuldnerin als ihre Handelsvertreterin Provisionen zu zahlen (§ 87 Abs. 1 HGB), und die Schuldnerin hat denn auch die fraglichen Beträge - unbeanstandet von der Beklagten - vor der Abführung der vereinbarten Verkaufserlöse von diesen abgezogen. Die Provisionen sind jedoch die Gegenleistung für die Mitwirkung des Handelsvertreters beim Abschluss von Geschäften (§ 86 Abs. 1 HGB) und nicht für die abgeführten Verkaufserlöse.
33
Da die Schuldnerin die Kraftstoffe als von der Beklagten vergütete Handelsvertreterin in deren Namen an die Endkunden veräußert hat, lagen den Überweisungen ausschließlich die von der Klägerin bei dem Verkauf der Kraftstoffe eingenommenen, rechtlich der Beklagten zustehenden Entgelte zugrunde. Ihnen stehen als Gegenleistung allein die von der Beklagten an die Endkunden und nicht an die Schuldnerin übereigneten Kraftstofflieferungen gegen- über. Allein die - dem Vertrag des Jahres 1992 widersprechende - vorübergehende Einverleibung der Erlöse in das Vermögen der Schuldnerin zwecks Überweisung an die Beklagte führt nicht zu einem Bargeschäft zwischen der Schuldnerin und der Beklagten. Soweit die Schuldnerin mit den Überweisungen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses einschließlich der Weiterbelieferung durch die Beklagte sicherzustellen suchte, liegt darin keine berücksichtigungsfähige Gegenleistung, weil die künftigen Leistungen ihrerseits wieder in Rechnung gestellt werden (vgl. BGHZ 97, 87, 94; MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 142 Rn. 5). Folglich ist ebenso wie bei der gesetzlichen Pflicht zur Zahlung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen (BGHZ 157, 350, 360; BGH, Urt. v. 9. Juni 2005, aaO) auch bei der hier gegebenen Abführung der im Rahmen eines Handelsvertreterverhältnisses erlangten Zahlungen (§ 667 BGB) kein diesen Zahlungen entsprechender Wert auf Veranlassung der Beklagten "in das Vermögen" (§ 142 InsO) der Schuldnerin gelangt.
34
d) Der von dem Berufungsgericht befürworteten erweiternden Auslegung des § 142 InsO kann nicht beigetreten werden.
35
aa) Die Bestimmung stellt eine Ausnahmeregelung dar, weil sie an sich anfechtbare Vorgänge unter den Voraussetzungen eines Bargeschäfts der Anfechtung entzieht (Kayser ZIP 2007, 49, 50). Für eine erweiternde Auslegung einer Ausnahmevorschrift ist jedoch kein Raum (BGHZ 174, 297, 313 Rn. 43; Kayser, aaO). Dessen unbeschadet kann die Beklagte nicht verlangen, rechtlich so gestellt zu werden, wie wenn sie die Kraftstoffe und Motoröle an die Schuldnerin verkauft, diese sie in eigenem Namen und auf eigene Rechnung weiter veräußert und vor oder nach der Veräußerung, jedenfalls noch in einem unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Lieferung (vgl. BGH, Urt. v. 11. Februar 2010, aaO S. 714 Rn. 31), den Kaufpreis im Rahmen eines Barge- schäfts (§ 142 InsO) an die Beklagte entrichtet hätte. Für eine derartige hypothetische , nur gedachte Betrachtungsweise ist im Anfechtungsrecht ohnehin kein Raum (BGHZ 123, 320, 325 f; 159, 397, 401; BGH, Urt. v. 12. Juli 2007 - IX ZR 235/03, WM 2007, 2071, 2072 Rn. 15; Urt. v. 16. Oktober 2008 - IX ZR 2/05, WM 2008, 2377, 2378 Rn. 11).
36
bb) Überdies hat die Beklagte hier ausdrücklich eine abweichende rechtliche Gestaltung gewählt, die ihr infolge der Stellung der Schuldnerin als (Handels -)Vertreterin unmittelbar das Eigentum an den Erlösen verschaffte. Dies ermöglichte der Beklagten, ohne rechtliche Einbindung der Schuldnerin in die Geschäftsabwicklung unmittelbar auf die Erlöse zuzugreifen. Sollte aber gerade der Übergang von Werten "in das Vermögen" der Schuldnerin verhindert werden , liegt nach dem eindeutigen Tatbestand des § 142 InsO ein Bargeschäft nicht vor. Vielmehr hätte die Beklagte in ihrem Eigeninteresse dafür Sorge tragen müssen, dass ihr Aussonderungsrecht nicht durch eine Weiterleitung der in ihrem Eigentum stehenden Gelder über das allgemeine Geschäftskonto der Schuldnerin untergeht.

III.


37
Da es keiner weiteren Feststellungen bedarf, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der von dem Kläger verfolgte anfechtungsrechtliche Zahlungsanspruch ist begründet (§ 130 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 InsO). Die Beklagte beruft sich ohne Erfolg darauf, die von dem Landgericht aus § 130 Abs. 2 InsO hergeleitete Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin im Berufungsrechtszug wirksam bestritten zu haben. Diese Rüge vermag die revisionsrechtlich nur beschränkt überprüfbaren tatsächlichen Fest- stellungen des Berufungsgerichts, dass die Beklagte entsprechende Kenntnisse in dem vorangegangenen Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gewonnen hat, nicht in Frage zu stellen. Folglich ist auf die Revision des Klägers unter Zurückweisung der Berufung das Ersturteil wiederherzustellen.
Ganter Raebel Kayser
Gehrlein Grupp
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 04.01.2008 - 302 O 374/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 20.10.2009 - 9 U 40/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 51/06
vom
5. Februar 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die §§ 130 a Abs. 2 HGB, 64 Abs. 2 GmbHG verbieten dem Geschäftsführer
grundsätzlich jegliche Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen nach Eintritt
der Insolvenzreife. Für den Ausnahmefall einer im Interesse der Masseerhaltung
notwendigen Aufwendung ist der Geschäftsführer darlegungs- und
beweispflichtig.

b) Der Geschäftsführer muss sich über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft
Klarheit verschaffen, bevor er einen Dritten mit aufwändigen Sanierungsbemühungen
zu Lasten des Gesellschaftsvermögens beauftragt.

c) Die Schadensersatzverpflichtung gemäß § 130 a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 HGB
zielt - ebenso wie die Ersatzpflicht aus § 64 Abs. 2 GmbHG - nicht auf Ersatz
eines Quotenschadens, sondern auf Erstattung der verbotswidrig geleisteten
Zahlungen ohne Abzug der fiktiven Insolvenzquote des befriedigten Gesellschaftsgläubigers
(vgl. Sen.Urt. v. 8. Januar 2001 - II ZR 88/99, BGHZ 146,
264, 278 f. zu § 64 Abs. 2 GmbHG; v. 26. März 2007 - II ZR 310/05, ZIP
2007, 1006 zu § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB).
BGH, Hinweisbeschluss vom 5. Februar 2007 - II ZR 51/06 - OLG Koblenz
LG Koblenz
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 5. Februar 2007 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Prof. Dr. Gehrlein und Caliebe einstimmig

beschlossen:
Die Parteien und der Streithelfer werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision des Streithelfers durch Beschluss gemäß § 552 a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

1
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor; das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
2
I. Die Revision ist zwar unbeschränkt zulässig. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist den Ausführungen des Berufungsgerichts eine (zulässige ) Beschränkung der Revision auf einen abtrennbaren Teil des Streitstoffs nicht zu entnehmen. Es heißt dort: "Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen." Soweit dies damit begründet wird, dass eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs "zu den Rechtsfolgen des § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB bislang nicht ergangen" sei, ist dies nicht gleichbedeutend mit einer (zulässigen) Beschränkung auf den Betrag des Anspruchs (vgl. dazu BGH, Urt. v. 8. Dezember 1998 - VI ZR 66/98, NJW 1999, 500). Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung könnte nämlich das Bestehen des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung der von der Beklagten geleisteten Zahlung gemäß § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB nicht dem Grunde nach festgestellt werden (§ 304 ZPO), ohne die von dem Berufungsgericht für klärungsbedürftig erachtete Frage zu beantworten, ob nach § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB die geleisteten Zahlungen als solche zu erstatten sind oder nur ein Quotenschaden zu ersetzen ist, weil ein Quotenschaden von dem Kläger weder dargelegt noch geltend gemacht ist. Auf einzelne Rechtsfragen (hier innerhalb des Anspruchsgrundes) kann die Zulassung der Revision nicht wirksam beschränkt werden (vgl. BGHZ 101, 276, 278).
3
II. 1. Ohne Erfolg greift die Revision die im Wesentlichen tatrichterlichen Feststellungen zum Vorliegen einer gemäß § 130 a Abs. 2 HGB verbotenen "Zahlung" der Beklagten an den Streithelfer an.
4
a) Die Vorschrift verbietet - ebenso wie § 64 Abs. 2 GmbHG und §§ 92 Abs. 3, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG - grundsätzlich jegliche Zahlung nach Eintritt der - hier unstreitigen - Insolvenzreife der Gesellschaft, um deren verteilungsfähige Vermögensmasse im Interesse der Gesamtheit ihrer Gläubiger zu erhalten (vgl. BGHZ 143, 184; 146, 264, 274 f.). Für das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes gemäß § 130 a Abs. 2 Satz 2 HGB ist der Geschäftsführer ebenso beweispflichtig wie für das Vorliegen sonstiger Ausnahmetatbestände. Das gilt - entgegen der Ansicht der Revision - auch für die Frage, ob die Beauftragung des Streithelfers durch die Beklagte in der konkreten Situation zur Abwendung von Nachteilen für die Masse sachdienlich und erforderlich war (vgl. BGHZ 146 aaO) und dem an ihn gezahlten Pauschalhonorar eine angemessene, den Interessen der Gläubigergesamtheit entsprechende Gegenleistung gegenüberstand. Nicht etwa muss der Kläger eine unzulässige Masseschmälerung infolge der unstreitig geleisteten Zahlung beweisen, sondern die Beklagte das Gegenteil (so auch K. Schmidt in MünchKommHGB 2. Aufl. § 130 a Rdn. 33 a.E.). Das entspricht auch der Beweislastregelung für den Ausnahmetatbestand eines "Bargeschäfts" i.S. von § 142 InsO (vgl. dazu Kayser, ZIP 2007, 49, 50 m.w.Nachw.), dessen Voraussetzungen aber im Übrigen mit denjenigen des § 130 a Abs. 2 Satz 2 HGB nicht völlig übereinstimmen.
5
b) Die tatrichterliche Würdigung, dass die genannten Voraussetzungen für eine ausnahmsweise erlaubte Zahlung nicht dargetan seien, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Zutreffend weist das Berufungsgericht insbesondere darauf hin, dass die erhoffte Sanierung der Schuldnerin mit Kreditmitteln ungeeignet war, deren Überschuldung und damit deren Insolvenzreife gemäß § 19 Abs. 2 InsO zu beseitigen. Die Frage einer positiven Fortführungsprognose stellte sich unter diesen Umständen nicht mehr, weil diese nach § 19 Abs. 2, 3 InsO nur für die Bewertung des Schuldnervermögens von Bedeutung ist, eine danach gegebene Insolvenzreife wegen Überschuldung aber nicht ausräumen kann. Wie der vom Kläger vorgelegte Insolvenzstatus zeigt, waren die Aktiva erheblich überbewertet. Verbindlichkeiten von ca. 5,5 Mio. € standen Fortführungswerte von nur 3,4 Mio. € und Zerschlagungswerte von 2,7 Mio. € gegenüber. Auch der im Insolvenzverfahren für die Veräußerung des Unternehmens der Schuldnerin erzielte Kaufpreis von 2,3 Mio. € deckte die Verbindlichkeiten bei weitem nicht. Die Beklagte war auch Geschäftsführerin der Muttergesellschaft der Schuldnerin und wusste bei ihrer Bestellung zur Geschäftsführerin im Dezember 2002, dass die Schuldnerin in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten war. Dass es zu einem - gemäß § 130 a Abs. 1 Satz 3 HGB unverzüglich zu stellenden - Insolvenzantrag keine Alternative gab, hätte die Beklagte bei pflichtgemäßem Vorgehen bereits durch Aufstellung eines Vermögensstatus erkennen können und müssen, bevor sie den Streithelfer mit aufwändigen Sanierungsbemühungen beauftragte. Soweit die Revision eine zumindest teilweise Erforderlichkeit der mit dem Pauschalhonorar abgegoltenen Leistungen des Streithelfers geltend macht, fehlt es an konkretem Sachvortrag nach Grund und Höhe der darauf entfallenden Aufwendungen.
6
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht dem Kläger einen Anspruch auf Erstattung der von der Beklagten geleisteten Zahlung ohne Abzug der fiktiven Insolvenzquote des Streithelfers nach den Grundsätzen in dem Senatsurteil vom 8. Januar 2001 (BGHZ 146, 264, 278 f. zu § 64 Abs. 2 GmbHG) zugesprochen.
7
Dass in § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB - im Gegensatz zu § 64 Abs. 2 GmbHG - von einem u.a. durch die Zahlung entstehenden "Schaden" die Rede ist, begründet keinen rechtserheblichen Unterschied, wie sich schon aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 7/3441 S. 47) ergibt. Dort heißt es: "Die in Absatz 3 Satz 1 und 2 vorgesehene Schadensersatzpflicht entspricht § 93 Abs. 2, 3 Nr. 6 AktG, 64 Abs. 2 GmbHG". Um den üblichen Schadensbegriff im Sinne der Differenzhypothese handelt es sich hier ohnehin nicht, weil der Zahlung regelmäßig das Erlöschen einer dadurch getilgten Gesellschaftsverbindlichkeit gegenübersteht und dies einen "Schaden" in dem hier gemeinten Sinn nicht ausschließen kann. Andernfalls würde die Vorschrift leer laufen. Vielmehr handelt es sich - wenn überhaupt - um einen speziellen Schadensbegriff, wie er auch § 93 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 6 AktG zugrunde liegt. Danach liegt der "Schaden" schon in dem Abfluss der Mittel (vgl. Hüffer, AktG 7. Aufl. § 93 Rdn. 22). Gleichgültig ist dabei, ob man hier einen "Ersatzanspruch eigener Art" (so BGHZ 146 aaO zu § 64 Abs. 2 GmbHG) oder einen "Schadensersatzanspruch eigener Art" annimmt. Soweit es um einen durch "Zahlungen" entstehenden Schaden geht, ist damit auch ein Quotenschaden nicht gemeint; dieser wird vielmehr durch die Alternative des durch Versäumung der Insolvenzantragspflicht entstandenen Schadens in § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB erfasst (vgl. v. Gerkan in Röhricht/Graf v. Westphalen, HGB § 130 a Rdn. 13). Das Gesetz unterscheidet davon den durch verbotene Zahlungen entstehenden "Schaden". Der gegenteiligen u.a. von K. Schmidt vertretenen Auffassung (vgl. zuletzt ZIP 2005, 2177), die sich auch gegen die gefestigte Rechtsprechung des Senats zu § 64 Abs. 2 GmbHG richtet, vermag der Senat nicht zu folgen. Die ungekürzte Ersatzpflicht für geleistete Zahlungen ohne Abzug der fiktiven Insolvenzquote rechtfertigt sich im Falle des § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB ebenso wie im Fall des § 64 Abs. 2 GmbHG aus den Erwägungen im Senatsurteil vom 8. Januar 2001 aaO. Eine die Zulassung der Revision gebietende Grundsatzfrage stellt sich hier nicht.
Goette Kurzwelly Kraemer Gehrlein Caliebe
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss erledigt worden.
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 30.03.2005 - 8 O 198/04 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 09.02.2006 - 6 U 607/05 -

(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.

(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.

Tenor

1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 31. März 2010 - 3 Sa 379/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Klägers zur Rückzahlung von Arbeitsvergütung aufgrund einer Insolvenzanfechtung.

2

Der Beklagte ist Insolvenzverwalter in dem mit Beschluss des Amtsgerichts Hof - Insolvenzgericht - am 10. September 2007 (- IN 382/07 -) über das Vermögen der N e. K. (Schuldnerin) eröffneten Insolvenzverfahren. Dem Eröffnungsbeschluss liegt ein am 10. Juli 2007 von der A gestellter Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zugrunde. Der Kläger war vom 3. November 2003 bis zum 15. Juni 2007 bei der Schuldnerin gegen eine monatliche Gesamtbruttovergütung iHv. zuletzt 4.361,08 Euro beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 3. November 2003 ist vereinbart, dass dem Kläger die handwerklich-technische Leitung des Betriebs in R obliegt und der Kläger als handwerklicher Betriebsleiter insbesondere den handwerklich-technischen Arbeitsablauf zu steuern, zu betreuen und zu überwachen hat und für das Installateur- und Heizungsbauerhandwerk verantwortlich ist.

3

Im Jahr 2006 geriet die Schuldnerin mit den Lohn- und Gehaltszahlungen in Rückstand. Sie zahlte die Vergütung für Januar 2006 am 27. März 2006, die Vergütung für Februar 2006 am 10. April 2006, die Vergütung für März 2006 am 25. April 2006, die Vergütung für April 2006 am 31. Mai 2006, die Vergütung für Mai 2006 am 30. Juni 2006, die Vergütung für Juni 2006 am 26. Juli 2006, die Vergütung für Juli 2006 am 4. September 2006, die Vergütung für August 2006 am 4. Oktober 2006, die Vergütung für September 2006 am 18. Oktober 2006, die Vergütung für Oktober 2006 am 24. November 2006, die Vergütung für November 2006 am 19. Dezember 2006 und die Vergütung für Dezember 2006 am 8. März 2007. Als im April 2007 ein Großteil der Arbeitnehmer der Schuldnerin die Vergütung für die Monate Januar bis März 2007 noch nicht erhalten hatte, kam es wegen der ausstehenden Lohn- und Gehaltszahlungen zu einer Betriebsversammlung. In dieser erklärte die Schuldnerin, dass Fördermittel beantragt worden seien, die Auszahlung der Fördermittel bevorstehe und dass im Falle der Bewilligung der Fördermittel alle Lohn- und Gehaltsrückstände auf einmal beglichen würden. Die Schuldnerin zahlte dem Kläger am 4. Mai 2007 Vergütung für Januar 2007 iHv. 900,00 Euro netto und am 7. Mai 2007 iHv. 310,12 Euro netto. Seine Vergütung für Februar 2007 iHv. 2.342,19 Euro netto erhielt der Kläger von der Schuldnerin ebenfalls am 7. Mai 2007. Am 10. Mai 2007 zahlte die Schuldnerin dem Kläger Vergütung für März 2007 iHv. 2.310,89 Euro netto. Der Beklagte focht mit Schreiben vom 1. Oktober 2007 die dem Kläger von der Schuldnerin am 4., 7. und 10. Mai 2007 geleisteten Gehaltszahlungen iHv. insgesamt 5.863,20 Euro netto an und forderte den Kläger zugleich ohne Erfolg auf, die erhaltenen Beträge zur Insolvenzmasse zurückzuerstatten.

4

Der Kläger ist der Ansicht, er habe der Insolvenzmasse die ihm im Mai 2007 von der Schuldnerin gezahlte Vergütung nicht zurückzugewähren. Die Schuldnerin sei zum Zeitpunkt der Zahlungen nicht zahlungsunfähig gewesen, jedenfalls habe er keine Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin oder von Umständen gehabt, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hätten schließen lassen. An der Betriebsversammlung im April 2007 habe er wegen Urlaubs nicht teilgenommen. Im Übrigen würde seine Kenntnis von Lohn- und Gehaltsrückständen gegenüber einem Großteil der Arbeitnehmer der Schuldnerin eine Insolvenzanfechtung nicht rechtfertigen. Er habe weder Einblick in die Finanzbuchhaltung der Schuldnerin gehabt noch Leitungsaufgaben im kaufmännischen Bereich wahrgenommen. Der tägliche Arbeitsablauf im Mai 2007 habe keine Rückschlüsse auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zugelassen. Lieferanten der Schuldnerin, zB die Firmen B, Niederlassung Z, oder H, hätten bis Anfang/Mitte Juni 2007 Waren gegen Rechnung geliefert. Schließlich sei es auch in der Vergangenheit schon zu Verzögerungen bei der Lohn- und Gehaltszahlung gekommen, die rückständigen Löhne und Gehälter seien jedoch jeweils ordnungsgemäß nachbezahlt worden.

5

Der Kläger hat beantragt:

        

Es wird festgestellt, dass der Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung von Arbeitsentgelt der Monate Januar 2007, Februar 2007 und März 2007 in Höhe von 5.863,20 Euro gegen den Kläger hat.

6

Der Beklagte hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, die Gehaltszahlungen der Schuldnerin an den Kläger im Mai 2007 seien anfechtbare Rechtshandlungen im Sinne der § 130 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO. Die Schuldnerin sei im Mai 2007 zahlungsunfähig gewesen. Die Kreditlinie der Schuldnerin bei der Sparkasse F sei nahezu ausgeschöpft gewesen. Auf der anderen Seite hätten Verbindlichkeiten der Schuldnerin aus Lieferung und Leistung sowie aufgrund rückständiger Lohn- und Gehaltszahlungen und nicht abgeführter Sozialversicherungsbeiträge iHv. mehr als drei Millionen Euro bestanden. Der Kläger habe bei der Entgegennahme der Gehaltszahlungen im Mai 2007 gewusst, dass sich die Schuldnerin mit der Zahlung der Vergütung auch gegenüber einem Großteil der anderen Arbeitnehmer mehrere Monate im Rückstand befunden habe. Aufgrund der Informationen der Schuldnerin in der Betriebsversammlung im April 2007 habe der Kläger auch davon Kenntnis gehabt, dass mit Lohn- und Gehaltszahlungen der Schuldnerin nur im Falle der Gewährung von Fördermitteln habe gerechnet werden können. Über die Mitteilungen der Schuldnerin in der Betriebsversammlung im April 2007 sei der Kläger trotz seines Urlaubs informiert gewesen. Der Kläger habe deshalb gewusst, dass die Schuldnerin ihre Arbeitnehmer frühestens Ende Mai 2007 wieder vergüten werde können, so dass es sich nicht um eine vorübergehende Zahlungsstockung von bis zu drei Wochen gehandelt habe. Auch die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO seien erfüllt. Der Kläger habe bei den Gehaltszahlungen im Mai 2007 Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin gehabt, weil er zumindest gewusst habe, dass die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gedroht und die Gehaltszahlung der Schuldnerin an ihn andere Gläubiger benachteiligt habe.

7

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der negativen Feststellungsklage des Klägers weiter. Der Kläger beantragt, die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Die Annahme der Vorinstanzen, der Kläger sei nicht gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO iVm. § 130 Abs. 1 InsO bzw. iVm. § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO verpflichtet, 5.863,20 Euro zur Insolvenzmasse zurückzugewähren, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

9

I. Die Klage ist zulässig. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse für die negative Feststellungsklage liegt vor. Zwischen den Parteien besteht Streit, ob der Kläger die im Mai 2007 von der Schuldnerin erhaltenen Gehaltszahlungen iHv. insgesamt 5.863,20 Euro netto zur Insolvenzmasse zurückzugewähren hat, wie dies der Beklagte in seinem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 1. Oktober 2007 verlangt hat. Die Entscheidung über die negative Feststellungsklage des Klägers ist geeignet, den Streit der Parteien über die Anfechtbarkeit der Gehaltszahlungen der Schuldnerin an den Kläger im Mai 2007 zu beenden.

10

II. Der Beklagte hat keinen Anspruch gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO iVm. § 130 Abs. 1 InsO auf Rückzahlung von 5.863,20 Euro zur Insolvenzmasse.

11

1. Die Regelungen in § 130 InsO gelten allerdings uneingeschränkt auch für Anfechtungsklagen eines Insolvenzverwalters bei Lohnzahlungen eines Arbeitgebers in der Krise. Zwar waren im Geltungsbereich der Konkursordnung rückständige Lohnansprüche aus den letzten sechs Monaten vor Verfahrenseröffnung gemäß § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KO als Masseschulden vom Insolvenzverwalter voll zu befriedigen, so dass sich die Frage einer Anfechtung von Lohnzahlungen während dieses Zeitraums mangels einer Gläubigerbenachteiligung grundsätzlich nicht stellte (Huber NJW 2009, 1928, 1929). Dieses Arbeitnehmerprivileg hat der Gesetzgeber der Insolvenzordnung mit Wirkung zum 1. Januar 1999 jedoch abgeschafft und Arbeitnehmer mit Ansprüchen wegen rückständiger Arbeitsvergütung bezüglich der Deckungsanfechtung ungesicherten Insolvenzgläubigern gleichgestellt. Die Deckungsanfechtung dient der Anreicherung der Insolvenzmasse (zu diesem Hauptziel der Insolvenzrechtsreform vgl. Windel Anm. AP ArbGG 1979 § 2 Zuständigkeitsprüfung Nr. 14) und fußt auf dem das Insolvenzrecht beherrschenden Grundsatz, dass im Insolvenzverfahren alle Gläubiger gleichmäßig befriedigt werden sollen (par conditio creditorum, vgl. zum insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz BAG 19. Mai 2011 - 6 AZR 736/09 - ZIP 2011, 1628). Die gleiche Zugriffslage der Gläubiger soll dadurch sichergestellt werden, dass während der wirtschaftlichen Krise vorgenommene Vermögensverschiebungen rückgängig gemacht werden können. Allerdings soll auch der redliche Verkehr in seinem Vertrauen geschützt werden, dass vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte Verfügungen des Schuldners Bestand haben (KPB/Schoppmeyer InsO Stand Mai 2011 § 130 Rn. 104; Klinck Anm. AP InsO § 130 Nr. 1). Ein komplexer Rechts- und damit Wirtschaftsverkehr ist nicht zu gewährleisten, wenn die Teilnehmer letztlich auf gar nichts mehr vertrauen können und damit faktisch gezwungen werden, sogar jeden bereits erhaltenen Vermögensvorteil nochmals durch ein Sicherungsrecht oder durch ein - wie auch immer eingekleidetes - Vorrecht zu befestigen (Windel Anm. AP ArbGG 1979 § 2 Zuständigkeitsprüfung Nr. 14).

12

2. Der Kläger hat am 4., 7. und 10. Mai 2007 den Betrag iHv. insgesamt 5.863,20 Euro nicht durch anfechtbare Rechtshandlung im Sinne von § 130 Abs. 1 InsO erlangt.

13

a) Bei der Zahlung des Gehalts für Januar 2007 iHv. 900,00 Euro netto am 4. Mai 2007 und iHv. 310,12 Euro netto am 7. Mai 2007 handelt es sich allerdings nicht um ein Bargeschäft iSv. § 142 InsO, das nach dieser Bestimmung nur anfechtbar ist, wenn die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO gegeben sind. Auch soweit die Schuldnerin mit der Gehaltszahlung iHv. 2.342,19 Euro netto am 7. Mai 2007 Arbeitsleistungen des Klägers in der Zeit vom 1. bis zum 6. Februar 2007 vergütet hat, liegt kein Bargeschäft iSv. § 142 InsO vor. Die Zahlung der Schuldnerin iHv. 2.342,19 Euro netto ist dagegen nicht nach § 130 Abs. 1 InsO anfechtbar, soweit diese Zahlung der Vergütung vom Kläger in der Zeit vom 7. bis zum 28. Februar 2007 erbrachter Arbeitsleistungen diente. Auch die Zahlung des Gehalts für März 2007 iHv. 2.310,89 Euro netto am 10. Mai 2007 unterliegt als Bargeschäft iSv. § 142 InsO nicht der Anfechtung nach § 130 Abs. 1 InsO.

14

aa) Gemäß § 142 InsO ist eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO gegeben sind. Dem Erfordernis der Unmittelbarkeit entsprechen auch solche Geschäfte, bei denen der Schuldner in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit seiner Leistung aufgrund einer Vereinbarung mit dem Anfechtungsgegner eine gleichwertige Gegenleistung erhält (BGH 13. April 2006 - IX ZR 158/05 - BGHZ 167, 190; 8. Dezember 2005 - IX ZR 182/01 - WM 2006, 190; ErfK/Müller-Glöge 11. Aufl. InsO Einführung Rn. 24). Einigkeit besteht, dass Leistung und Gegenleistung beim Bargeschäft nicht Zug um Zug erbracht werden müssen (BGH 13. April 2006 - IX ZR 158/05 - aaO; Leithaus in Andres/Leithaus InsO 2. Aufl. § 142 Rn. 4). Anerkannt ist auch, dass länger andauernde Vertragsbeziehungen nicht von vornherein als Bargeschäft ausscheiden, sondern auch Dienstleistungen Bargeschäfte sein können. Allerdings ist bei länger währenden Vertragsbeziehungen für die Annahme eines Bargeschäfts zu verlangen, dass die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen zeitlich oder gegenständlich teilbar sind und zeitnah ausgetauscht werden (BGH 13. April 2006 - IX ZR 158/05 - aaO). Wie lange der Charakter eines Bargeschäfts erhalten bleibt, lässt sich nicht allgemeingültig bestimmen, sondern ist nach der Verkehrsauffassung zu entscheiden (Huber in Graf-Schlicker InsO 2. Aufl. § 142 Rn. 3). Ob eine Leistung von der Privilegierung des § 142 InsO erfasst wird, hängt wesentlich von der Art der ausgetauschten Leistungen und davon ab, in welcher Zeitspanne sich der Austausch nach den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs vollzieht(BGH 13. April 2006 - IX ZR 158/05 - aaO; ErfK/Müller-Glöge 11. Aufl. InsO Einführung Rn. 24).

15

bb) Unter welchen zeitlichen Voraussetzungen verspätete Entgeltzahlungen des Arbeitgebers noch Bargeschäfte im Sinne von § 142 InsO sind und damit der Privilegierung dieser Vorschrift unterliegen, ist im Schrifttum umstritten(vgl. Windel Anm. AP ArbGG 1979 § 2 Zuständigkeitsprüfung Nr. 14). So soll ein Bargeschäft bereits dann ausgeschlossen sein, wenn die Vergütung nicht nur einige Tage verspätet (Zwanziger BB 2007, 42, 43) oder nicht einigermaßen pünktlich (Klinck Anm. AP InsO § 130 Nr. 1)gezahlt wird. Als zeitliche Grenze des Bargeschäftscharakters einer verspäteten Lohnzahlung werden auch Fristen von drei Wochen (Huber NJW 2009, 1928, 1929; Vollrath ZInsO 2011, 1665, 1666; Wegener NZI 2009, 225), von ca. vier Wochen (Abele FA 2009, 133), von nicht mehr als 30 Tagen (Bichlmeier/Wroblewski Das Insolvenzhandbuch für die Praxis 3. Aufl. Teil 1 Rn. 52; Bork ZIP 2007, 2337, 2338 f.) und von nicht mehr als einem Kalendermonat (ErfK/Müller-Glöge 11. Aufl. InsO Einführung Rn. 24) genannt.

16

cc) Die genannten Zeitspannen sind zu kurz bemessen. Die für die abschnittsweise Vergütung abschnittsweise erbrachter Leistungen entwickelten Grundsätze passen nicht für Arbeitsverhältnisse (Windel Anm. AP ArbGG 1979 § 2 Zuständigkeitsprüfung Nr. 14). Bei verspäteten Entgeltzahlungen des Arbeitgebers überzeugt für die Frage eines Bargeschäfts auch die Heranziehung der in § 286 Abs. 3 Satz 1 BGB geregelten Verzugsfrist von 30 Tagen nicht(vgl. zur Anlehnung an diese Frist bei Zahlung der Anwaltsgebühr BGH 13. April 2006 - IX ZR 158/05 - BGHZ 167, 190 sowie Henckel in Jaeger InsO § 142 Rn. 30 und 34).

17

(1) Wenn die Frage, ob eine Leistung von der Privilegierung des § 142 InsO erfasst wird, wesentlich von der Art der ausgetauschten Leistungen und davon abhängt, in welcher Zeitspanne sich der Austausch nach den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs vollzieht, spricht als rechtstatsächliches Argument für eine längere Frist bereits, dass in nicht wenigen Branchen eine verzögerte Zahlung der Vergütung schon fast die Regel ist und die nicht selten schlechte Zahlungsmoral der Auftraggeber und Schuldner von Arbeitgebern bewirkt, dass die verspäteten Eingänge von Forderungen auch zu verzögerten Lohn- und Gehaltszahlungen führen(vgl. Bandte FS Beuthien S. 401, 405). Dass im Falle einer Kreditgewährung ein Bargeschäft nicht in Betracht kommt, rechtfertigt zwar noch nicht den Umkehrschluss, ein Bargeschäft liege immer dann vor, wenn kein Kredit gewährt werde (BGH 13. April 2006 - IX ZR 158/05 - BGHZ 167, 190). Jedoch sind nach der Verkehrsanschauung Entgeltzahlungen von Arbeitgebern für Arbeitsleistungen in den letzten drei Monaten, die Arbeitnehmer im Hinblick auf den in § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III festgesetzten Insolvenzgeldzeitraum zumeist als abgesichert anzusehen pflegen, nicht nur nicht Tilgung eines Kredits, sondern noch Leistungen im engen zeitlichen Zusammenhang mit der von den Arbeitnehmern erbrachten Gegenleistung.

18

(2) Hinzu kommt, dass im Arbeitsverhältnis Arbeit dauernd und nicht abschnittsweise geleistet wird und die Masse nicht nur von den erbrachten Arbeitsleistungen, sondern vor allem auch vom Fortbestand des Betriebs als funktionaler Einheit profitiert. Dazu ist erforderlich, dass die einzelnen Arbeitnehmer überhaupt „bei der Stange bleiben“ - und auch dies wird mit der Berichtigung von Lohnrückständen „erkauft“ (so zutreffend Windel Anm. AP ArbGG 1979 § 2 Zuständigkeitsprüfung Nr. 14; aA Wegener NZI 2009, 225, 226). Zwar trifft es zu, dass der Arbeitgeber nach § 614 Satz 2 BGB eine nach Zeitabschnitten bemessene Vergütung nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten hat, der Arbeitnehmer damit Vorleistungen zu erbringen hat und im Allgemeinen derjenige, der an den Schuldner Vorleistungen erbracht hat, wegen seines Anspruchs auf die Gegenleistung nur eine Insolvenzforderung hat(BGH 13. April 2006 - IX ZR 158/05 - BGHZ 167, 190). Allerdings bezweckt die Regelung in § 142 InsO, dem in der Krise befindlichen Schuldner eine weitere Teilnahme am Geschäftsverkehr zu ermöglichen, wenn dies die Gläubigergesamtheit nicht beeinträchtigt. Wenn aber § 142 InsO den Zweck erfüllen soll, dass der Schuldner auch in der Krise vorsichtig weiterwirtschaften kann, ist es in aller Regel erforderlich, dass der Betrieb des Arbeitgebers als funktionale Einheit fortbesteht und die Arbeitnehmer bereit sind, die ihnen obliegenden Arbeitsleistungen trotz des Zahlungsverzugs zu erbringen. Ein Unternehmen in der Krise, das die Unterstützung seiner Arbeitnehmer verliert, weil es sie in die Kündigung oder in die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts treibt, wird umso schneller am Ende sein, so dass die Perspektive einer sanierenden Insolvenz schon im Vorfeld der Antragstellung verloren ginge (Abele FA 2009, 133, 135). In der Regel ist die Mehrzahl der Arbeitnehmer trotz des Zahlungsverzugs des Arbeitgebers zur Weiterarbeit bereit, sofern sie ihre Entgeltansprüche als durch das Insolvenzgeld gesichert ansehen, das nach § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III für die dem Insolvenzereignis vorausgehenden drei Monate gezahlt wird. Hätten Arbeitnehmer Entgeltzahlungen des Arbeitgebers für Arbeitsleistungen, die sie in den letzten drei Monaten erbracht haben, an die Insolvenzmasse zurückzugewähren, würde das der Regelung in § 142 InsO zugrunde liegende Ziel, dass der Schuldner in der Krise nicht praktisch vom Geschäftsverkehr ausgeschlossen ist und seine Geschäfte fortführen kann(FK-InsO/Dauernheim 6. Aufl. § 142 Rn. 1), in aller Regel verfehlt.

19

b) Die Gehaltszahlungen der Schuldnerin am 4. und 7. Mai 2007 für die Zeit vom 1. Januar bis zum 6. Februar 2007 stellen kongruente Deckungen im Sinne von § 130 Abs. 1 InsO dar. Dem Kläger standen die gezahlten Beträge zu. Dieser erlangte die Zahlungen auch innerhalb der Krise. Die Zahlungen am 4. und 7. Mai 2007 erfolgten innerhalb der letzten drei Monate vor dem am 10. Juli 2007 von der A gestellten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO).

20

c) Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Schuldnerin bei den Gehaltszahlungen an den Kläger im Mai 2007 zahlungsunfähig war. Es hat sich jedoch in vollem Umfang die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts zu eigen gemacht. Dieses hat zu Gunsten des Beklagten unterstellt, dass die Schuldnerin zum Zeitpunkt der an den Kläger im Mai 2007 geleisteten Zahlungen zahlungsunfähig im Sinne von § 17 Abs. 2 InsO gewesen ist. Davon ist deshalb auch im Revisionsverfahren auszugehen, zumal der Kläger die vom Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht unterstellte Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht mit Gegenrügen angegriffen hat und Umstände, die die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin bereits im Mai 2007 in Frage stellen könnten, nicht ersichtlich sind.

21

d) Allerdings setzt die Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung nach § 130 Abs. 1 InsO nicht nur voraus, dass der objektive Tatbestand dieser Bestimmung vorliegt und der Schuldner bei Vornahme der Deckungshandlung zahlungsunfähig war. Anfechtbar ist eine Rechtshandlung nach § 130 Abs. 1 InsO nur dann, wenn auch der subjektive Tatbestand dieser Bestimmung erfüllt ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO) oder bei einer nach dem Eröffnungsantrag vorgenommenen Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO) kannte.

22

aa) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe am 4. und 7. Mai 2007 keine positive Kenntnis im Sinne von § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gehabt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

23

(1) Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO ist der Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist nach § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn ein Verhalten des Schuldners nach außen hervorgetreten ist, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen (BGH 8. Oktober 2009 - IX ZR 173/07 - Rn. 11, ZInsO 2009, 2148). Die Vermutung des § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO gilt auch im Rahmen des § 130 Abs. 1 InsO(BGH 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08 - Rn. 13, BGHZ 180, 63; 20. November 2001 - IX ZR 48/01 - zu II 3 der Gründe, BGHZ 149, 178; FK-InsO/Dauernheim 6. Aufl. § 130 Rn. 38). Auf die Merkmale der „Dauer“ und der „Wesentlichkeit“ hat der Gesetzgeber der Insolvenzordnung bei der Umschreibung der Zahlungsunfähigkeit verzichtet (vgl. Gottwald/Uhlenbruck/Gundlach Insolvenzrechts-Handbuch 4. Aufl. § 6 Rn. 8). Nach der Gesetzesbegründung (Begr. zu § 20 Eröffnungsgrund und § 21 Zahlungsunfähigkeit RegE, BT-Drucks. 12/2443 S. 114) versteht es sich von selbst - und braucht deshalb nicht besonders zum Ausdruck gebracht zu werden -, dass eine vorübergehende Zahlungsstockung keine Zahlungsunfähigkeit begründet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt eine Zahlungsunfähigkeit, die sich voraussichtlich innerhalb kurzer Zeit beheben lässt, lediglich als Zahlungsstockung (24. Mai 2005 - IX ZR 123/04 - BGHZ 163, 134). Der Zeitraum, innerhalb dessen die Zahlungsstockung beseitigt sein musste, andernfalls sie als Zahlungsunfähigkeit behandelt wurde, war unter der Geltung der Konkursordnung und der Gesamtvollstreckungsordnung auf etwa einen Monat begrenzt worden (BGH 20. November 2001 - IX ZR 48/01 - BGHZ 149, 178). Da der Gesetzgeber der Insolvenzordnung diesen Zeitraum verkürzen wollte, kann eine Illiquidität nur noch dann als Zahlungsstockung angesehen werden, wenn sie den Zeitraum nicht überschreitet, den eine kreditwürdige Person zur Kreditbeschaffung benötigt (FK-InsO/Schmerbach 6. Aufl. § 17 Rn. 20 f.). Die Grenze liegt bei drei Wochen (BGH 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04 - aaO). Dies bedeutet freilich noch nicht, dass ein Schuldner generell bereits dann zahlungsunfähig ist, wenn er seine fälligen Verbindlichkeiten nicht binnen einer dreiwöchigen Frist zu 100 % erfüllen kann. Kann er innerhalb dieser Frist seine Verbindlichkeiten bis auf einen geringfügigen Rest bedienen, ist er nicht als zahlungsunfähig anzusehen (BGH 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04 - aaO). Eine nur geringfügige Liquiditätslücke liegt in der Regel dann nicht mehr vor, wenn innerhalb von drei Wochen 10 % oder mehr der fälligen Gesamtverbindlichkeiten nicht erfüllt werden können (BGH 8. Oktober 2009 - IX ZR 173/07 - ZInsO 2009, 2148). Allerdings erlaubt diese Quote für sich allein genommen noch keine abschließende Bewertung des wirtschaftlich komplexen Sachverhalts der Zahlungsunfähigkeit. Der prozentuale Schwellenwert hat die Bedeutung, dass sein Erreichen eine widerlegbare Vermutung für die Zahlungsunfähigkeit begründet. Liegt eine Unterdeckung von weniger als 10 % vor, genügt sie allein nicht zum Beleg der Zahlungsunfähigkeit. Wenn diese gleichwohl angenommen werden soll, müssen besondere Umstände vorliegen, die diesen Standpunkt stützen (BGH 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04 - aaO). Eine Zahlungseinstellung kann aber auch dann schon vorliegen, wenn der Schuldner noch einzelne beträchtliche Zahlungen erbringt, sofern daneben wesentliche fällige und eingeforderte Schulden unerfüllt bleiben (vgl. zur Zahlungseinstellung im Sinne von § 102 Abs. 2 KO BGH 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02 - ZInsO 2003, 755).

24

(2) Kenntnis bedeutet für sicher gehaltenes, positives Wissen (BGH 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08 - BGHZ 180, 63; MünchKommInsO/Kirchhof 2. Aufl. § 130 Rn. 33; Kreft in HK-InsO 6. Aufl. § 130 Rn. 24; zur positiven Kenntnis von der Zahlungseinstellung im Sinne von § 30 KO vgl. BGH 15. November 1990 - IX ZR 92/90 - WM 1991, 150). Der Gläubiger kennt die Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungseinstellung als komplexen Rechtsbegriff nur, wenn er selbst die Liquidität oder das Zahlungsverhalten des Schuldners wenigstens laienhaft so bewertet (BGH 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08 - aaO). Dieses positive Wissen muss bei der Vornahme der Rechtshandlung und damit grundsätzlich in dem Zeitpunkt vorhanden sein, in dem die rechtlichen Wirkungen der Rechtshandlung eintreten (§ 140 Abs. 1 InsO). Dazu ist regelmäßig erforderlich, dass dem Gläubiger zum einen Informationen über den Gesamtbestand der gegen den Schuldner gerichteten, in den nächsten drei Wochen fällig werdenden Verbindlichkeiten und über die in dieser Zeit vorhandenen Geldmittel vorliegen. Zum anderen muss der Gläubiger aus diesen Informationen den Schluss ziehen, dass der Schuldner wesentliche Teile seiner in den nächsten drei Wochen fällig werdenden Verbindlichkeiten nicht wird tilgen können (KPB/Schoppmeyer InsO Stand Mai 2011 § 130 Rn. 110; Klinck Anm. AP InsO § 130 Nr. 1). Die Kenntnis allein der einzelnen Tatsachen, die eine Zahlungsunfähigkeit begründen, genügt damit für sich nicht (MünchKommInsO/Kirchhof 2. Aufl. § 130 Rn. 33). Nicht ausreichend ist es auch im Einzelfall, wenn der Gläubiger nur die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens fürchtet oder Zweifel an der Kreditwürdigkeit des Schuldners hat (FK-InsO/Dauernheim 6. Aufl. § 130 Rn. 44). Bei der Beurteilung, ob der Gläubiger über ausreichende Informationen über den Gesamtbestand der Verbindlichkeiten und über das vorhandene Vermögen verfügt, kann auch die Rechtsform des Unternehmens von Bedeutung sein, wobei die Unternehmensform des eingetragenen Kaufmanns den Überblick über die Liquiditäts- und Zahlungslage nicht erleichtern muss, sondern auch erschweren kann.

25

(3) Regelmäßig muss der Insolvenzverwalter nicht nur alle objektiven, sondern auch alle subjektiven Voraussetzungen der Deckungsanfechtung beweisen (BGH 12. Juli 2007 - IX ZR 210/04 - ZInsO 2007, 1046; MünchKommInsO/Kirchhof 2. Aufl. § 130 Rn. 61). Dazu hat er substantiiert die im konkreten Einzelfall einschlägigen Tatsachen vorzutragen, aus denen sich die Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Zahlungsunfähigkeit oder dem Eröffnungsantrag ergibt (FK-InsO/Dauernheim 6. Aufl. § 130 Rn. 57; eingehend zum Beweisrecht bei Kongruenzanfechtung rückständiger Lohnzahlungen an Arbeitnehmer Huber FS Ganter S. 203, 204 ff.). Nur gegenüber einer dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestehenden Person im Sinne von § 138 InsO wird gemäß § 130 Abs. 2 InsO vermutet, dass sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

26

bb) Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler angenommen, der Beklagte habe keine Tatsachen vorgetragen, aus denen eine positive Kenntnis des Klägers von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin bei den Gehaltszahlungen am 4. und 7. Mai 2007 abgeleitet werden könnte. Der Beklagte rügt zwar, das Landesarbeitsgericht habe rechtsfehlerhaft eine Kenntnis des Klägers von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin verneint. Er hat jedoch auch im Revisionsverfahren nicht dargetan, aufgrund welcher Umstände oder Indizien sicheres Wissen des Klägers zur Liquiditätslage der Schuldnerin im Zeitpunkt der Gehaltszahlungen am 4. und 7. Mai 2007 anzunehmen ist. Der Hinweis des Beklagten auf die Kenntnis des Klägers von den Lohn- und Gehaltsrückständen und die Mitteilungen der Schuldnerin in der Betriebsversammlung im April 2007 ist dazu unzureichend. Aufgrund der Auskünfte der Schuldnerin mussten ihre Arbeitnehmer zwar damit rechnen, dass ihre Lohn- und Gehaltsansprüche frühestens Ende Mai 2007 und damit nicht innerhalb von drei Wochen erfüllt werden. Jedoch ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht daraus noch keinen Gesamtüberblick der Arbeitnehmer der Schuldnerin über die Liquiditäts- oder Zahlungslage des Unternehmens abgeleitet hat.

27

e) Allerdings steht nach § 130 Abs. 2 InsO der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen(Vermutungstatsachen). Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe keine Kenntnis von solchen Tatsachen gehabt, ist jedoch entgegen der Ansicht des Beklagten nicht rechtsfehlerhaft.

28

aa) § 130 Abs. 2 InsO bezweckt eine Beweiserleichterung für den Insolvenzverwalter(Klinck Anm. AP InsO § 130 Nr. 1). Der Rechtsanwendungsvorteil des Insolvenzverwalters besteht darin, dass die Vermutung des § 130 Abs. 2 InsO unwiderleglich ist(Huber in Graf-Schlicker InsO 2. Aufl. § 130 Rn. 23). Die Vorschrift lässt jedoch die grob fahrlässige Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit nicht genügen (BGH 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08 - BGHZ 180, 63). Der Gesetzgeber hat den Begriff der grob fahrlässigen Unkenntnis bewusst vermieden, um Rechtssicherheit zu erzeugen (Bandte FS Beuthien S. 401, 404). Der Begriff der grob fahrlässigen Unkenntnis in § 145 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Regierungsentwurfs einer Insolvenzordnung wurde gestrichen und durch die neue Formulierung in § 145 Abs. 2 der Beschlussempfehlung ersetzt(Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages zum Entwurf einer Insolvenzordnung, BT-Drucks. 12/7302 S. 173 zu § 145 Abs. 1 und 2). Vorausgesetzt wird demgemäß, dass der Insolvenzgläubiger die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt. Erforderlich ist auch hier positive Kenntnis. Der Tatbestand des § 130 Abs. 2 InsO ist nur dann erfüllt, wenn der Anfechtungsgegner - gleichgültig aus welchen Quellen - die tatsächlichen Umstände positiv kennt, aus denen die Zahlungsunfähigkeit objektiv folgt(MünchKommInsO/Kirchhof 2. Aufl. § 130 Rn. 34). Ob aufgrund dieser Kenntnis von Umständen der Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit bzw. den Eröffnungsantrag zwingend war, ist eine Rechtsfrage. Der Einwand, er habe den Schluss nicht gezogen, hilft dem Anfechtungsgegner deshalb nicht weiter, wenn ein redlich und vernünftig Denkender, der vom Gedanken auf den eigenen Vorteil nicht beeinflusst ist, angesichts der festgestellten Umstände sich der Einsicht nicht hätte verschließen können, dass der Schuldner tatsächlich zahlungsunfähig oder ein Eröffnungsantrag gestellt war (vgl. BGH 15. Oktober 2009 - IX ZR 201/08 - ZInsO 2009, 2244; 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08 - BGHZ 180, 63; Kreft in HK-InsO 6. Aufl. § 130 Rn. 29; Huber FS Ganter S. 203, 208). Maßgebend ist nicht der individuelle Schuldvorwurf, sondern der individuelle Wissensstand (Vollrath ZInsO 2011, 1665, 1670).

29

bb) § 130 Abs. 2 InsO spricht von der Kenntnis von Umständen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen, ohne die Tatsachen, deren Kenntnis die Vermutung auslösen kann, näher zu beschreiben oder Beispiele für Indizien zu nennen, aus denen regelmäßig auf die Zahlungsunfähigkeit bzw. den Eröffnungsantrag geschlossen werden kann. Wann derartige Umstände gegeben sind, lässt sich generell auch nur schwer umschreiben (Kreft in HK-InsO 6. Aufl. § 130 Rn. 34).

30

(1) Im Schrifttum (MünchKommInsO/Kirchhof 2. Aufl. § 130 Rn. 37 ff.; Huber in Graf-Schlicker InsO 2. Aufl. § 130 Rn. 20 und 23; FK-InsO/Dauernheim 6. Aufl. § 130 Rn. 41; Ries/Doebert ZInsO 2009, 2367, 2370) werden als Anhaltspunkte und Beweisanzeichen für die Kenntnis des Anfechtungsgegners von Vermutungstatsachen ua. genannt: Die Kenntnis des Anwachsens von Rückständen, die Kenntnis der Nichteinhaltung von Zahlungszusagen, insbesondere vom Schuldner selbst vorgeschlagener Ratenzahlungen, die Kenntnis des Rückstands mit fälligen Sozialversicherungsbeiträgen, die Kenntnis des erneuten Entstehens von Rückständen nach vorheriger (teilweiser) Befriedigung des Gläubigers, die Kenntnis der Nichtzahlung oder der schleppenden Zahlung von Löhnen und Gehältern, die Kenntnis der Häufung von Klagen und Zwangsvollstreckungen, die Kenntnis der verstärkten Inanspruchnahme von Bürgen des Schuldners, Informationen durch den Schuldner, zB bei Betriebsversammlungen, sowie Presseberichte über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens des Schuldners. Eine mit kurzfristigen Engpässen begründete bloße Stundungsbitte des Schuldners reicht dagegen allein regelmäßig nicht als Zurechnungsgrundlage aus (MünchKommInsO/Kirchhof 2. Aufl. § 130 Rn. 39).

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(2) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. September 2010 (- GmS-OGB 1/09 - BGHZ 187, 105), wonach für die Klage des Insolvenzverwalters gegen einen Arbeitnehmer des Schuldners auf Rückgewähr vom Schuldner geleisteter Vergütung nach § 143 Abs. 1 InsO der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben ist, hat der Bundesgerichtshof(19. Februar 2009 - IX ZR 62/08 - BGHZ 180, 63) angenommen, dass die Kenntnis des Arbeitnehmers, dem der Arbeitgeber in der Krise noch Zahlungen auf rückständige Lohnforderungen erbringt, dass der Arbeitgeber außerdem noch anderen Arbeitnehmern Lohn schuldig ist, allein nicht den Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungseinstellung des Arbeitgebers rechtfertigt. Sei der Gläubiger ein Arbeitnehmer des Schuldners ohne Einblick in die Liquiditäts- oder Zahlungslage des Unternehmens, also ein Arbeitnehmer ohne „Insiderkenntnisse“, treffe ihn keine Erkundigungspflicht. An diesen Grundsätzen hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 15. Oktober 2009 (- IX ZR 201/08 - Rn. 1, ZInsO 2009, 2244), die die Anfechtung von Entgeltzahlungen desselben Schuldners an einen anderen Arbeitnehmer betraf, festgehalten. Allerdings hat der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung hervorgehoben, dass jener Arbeitnehmer in seiner Funktion als Bauleiter in der Informationshierarchie nicht auf unterster Ebene gestanden sei, und hat die Würdigung der Vorinstanz nicht beanstandet, die bezüglich der positiven Kenntnis des Beklagten von Vermutungstatsachen maßgeblich auf die zeitliche Dauer und Höhe der eigenen Lohnrückstände, die erheblichen Lohnrückstände bei anderen Arbeitnehmern sowie die Kenntnis des Beklagten von den ökonomischen und wirtschaftlichen Hintergründen des Unternehmens aufgrund seiner langjährigen Stellung als Bauleiter abgestellt hatte.

32

(3) Die Stellung oder Funktion des Arbeitnehmers im Unternehmen des Schuldners ist bei der Beurteilung, ob der Arbeitnehmer positive Kenntnis von Vermutungstatsachen hatte, allerdings nicht per se maßgebend (vgl. Abele FA 2009, 133, 135; Schulz Anm. DZWIR 2009, 256, 257; kritisch wohl auch Vollrath ZInsO 2011, 1665, 1674; aA Dahl NJW-Spezial 2010, 661, 662). Es trifft zwar zu, dass Arbeitnehmer in herausgehobenen Funktionen in aller Regel eher in der Lage sind, sich über die Liquiditätsgesamtlage des Schuldners zu informieren, als Arbeitnehmer auf unteren Ebenen oder dass sie aufgrund ihrer leitenden Stellung eher um die Situation des Unternehmens wissen (vgl. Bork ZIP 2007, 2337, 2338). Auch mögen Arbeitnehmer, die in der Finanzbuchhaltung tätig sind oder Leitungsaufgaben im kaufmännischen Bereich wahrnehmen, häufig über „Insiderkenntnisse“ verfügen (Huber NJW 2009, 1928, 1931). Wenn § 130 Abs. 2 InsO anordnet, dass die Kenntnis von Umständen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen, der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags gleichsteht, schließt dies jedoch nicht die Vermutung ein, dass Arbeitnehmer in herausgehobenen Funktionen oder Arbeitnehmer, die im kaufmännischen Bereich oder in der Finanzbuchhaltung tätig sind, positive Kenntnis von Umständen haben, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen. Der Unterschied zwischen der nach § 130 Abs. 1 InsO und der nach § 130 Abs. 2 InsO erforderlichen positiven Kenntnis liegt nur im Bezugspunkt. Bei letztgenannter Vorschrift geht es um die Feststellung der positiven Kenntnis der (tatbestandsfremden) Vermutungstatsachen, von denen dann der Schluss auf die Haupttatsache gesetzlich vermutet wird (Huber FS Ganter S. 203, 208). Auch bei Arbeitnehmern ohne herausgehobene Funktion kommt eine positive Kenntnis von Vermutungstatsachen in Betracht, wenn sie zB als Sekretärin oder Chauffeur des Schuldners Umstände erfahren, die zwingend auf dessen Zahlungsunfähigkeit schließen lassen (Abele FA 2009, 133, 135; vgl. dazu auch Ries/Doebert ZInsO 2009, 2367, 2369). Da § 130 Abs. 2 InsO seinem eindeutigen Wortlaut nach auf die Kenntnis von Umständen und gerade nicht auf die (grob) fahrlässige Unkenntnis von Umständen abstellt, trifft Arbeitnehmer unabhängig davon, ob sie Einblick in die Liquiditäts- oder Zahlungslage des Unternehmens haben, keine Erkundigungspflicht. Ein Verstoß gegen eine Erkundigungspflicht könnte zudem keine positive Kenntnis, sondern nur eine schuldhafte Unkenntnis von Vermutungstatsachen begründen (vgl. Klinck Anm. AP InsO § 130 Nr. 1; Vollrath ZInsO 2011, 1665, 1669). § 130 Abs. 2 InsO ändert nichts daran, dass der Insolvenzverwalter dem Anfechtungsgegner eingehende Kenntnis über die seinerzeitige Vermögenslage des Schuldners nachweisen muss und damit beweisen muss, dass dem Anfechtungsgegner alle für die Erstellung einer Liquiditätsprognose erforderlichen Informationen über Bestand und Entwicklung der Verbindlichkeiten und kurzfristig verwertbaren Aktiva vorlagen(Klinck Anm. AP InsO § 130 Nr. 1).

33

cc) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass dem Beklagten dieser Nachweis nicht gelungen ist.

34

(1) Es hat zunächst in Übereinstimmung mit den vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 19. Februar 2009 (- IX ZR 62/08 - BGHZ 180, 63) aufgestellten Grundsätzen angenommen, dass der Kläger am 4. und 7. Mai 2007 die zeitliche Dauer und Höhe der eigenen Gehaltsrückstände gekannt und gewusst hat, dass die Schuldnerin auch gegenüber einem Großteil der anderen Arbeitnehmer seit mehreren Monaten mit den Lohn- und Gehaltszahlungen in Rückstand geraten ist, habe noch kein eindeutiges Urteil über die Liquiditäts- und Zahlungslage der Schuldnerin zugelassen, weil für den Kläger nicht erkennbar gewesen sei, welchen Anteil die Lohn- und Gehaltsrückstände an den insgesamt fälligen und eingeforderten Geldschulden hatten. Diese Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal das Landesarbeitsgericht berücksichtigen durfte, dass der Kläger keinen Einblick in die Finanzbuchhaltung der Schuldnerin hatte und keine Leitungsaufgaben im kaufmännischen Bereich wahrgenommen hat. Deshalb hilft dem Beklagten auch seine Rüge nicht weiter, das Landesarbeitsgericht habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) dadurch verletzt, dass es über seine Behauptung, der Kläger sei über die Lohn- und Gehaltsrückstände informiert gewesen, nicht den von ihm angebotenen Zeugenbeweis erhoben habe.

35

(2) Gegen die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, dass der Schuldnerin bis Anfang/Mitte Juni 2007 Material noch auf Rechnung geliefert worden ist, richtet sich kein Angriff der Revision. Wenn das Landesarbeitsgericht aus der Materialversorgung der Schuldnerin gegen Rechnung während der Krise abgeleitet hat, dass der Kläger nicht annehmen musste, die Schuldnerin sei zahlungsunfähig, ist diese tatrichterliche Würdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt auch, soweit das Landesarbeitsgericht durch Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts angenommen hat, die Informationen der Schuldnerin in der Betriebsversammlung im April 2007, insbesondere ihr Hinweis auf Fördermittel, hätten nicht zwingend auf eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin schließen lassen.

36

III. Entgegen der Ansicht des Beklagten überschreitet auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Anfechtungsvoraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO seien nicht erfüllt, nicht die Grenzen der tatrichterlichen Beweiswürdigung gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO und ist deshalb revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

37

1. Nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, anfechtbar, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO wird diese Kenntnis vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen (§ 18 Abs. 2 InsO). Der Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hinweisen(BGH 8. Oktober 2009 - IX ZR 173/07 - ZInsO 2009, 2148). Dass der Anfechtungsgegner wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit drohte und dass die Handlung die Insolvenzgläubiger benachteiligte, also ihre Befriedigung beeinträchtigte, hat der Insolvenzverwalter zu beweisen (Kreft in HK-InsO 6. Aufl. § 133 Rn. 4 und 22). Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Würdigung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen(vgl. zur tatrichterlichen Verantwortung bei der Beantwortung der Frage nach der Kenntnis des Anfechtungsgegners von der gläubigerbenachteiligenden Wirkung der angefochtenen Rechtshandlung Ganter WM 2009, 1441, 1445 f.). Insoweit können die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung, bei denen es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt, regelmäßig nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden (vgl. Vollrath ZInsO 2011, 1665, 1667). Zu beachten ist, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen (BGH 8. Oktober 2009 - IX ZR 173/07 - Rn. 8, ZInsO 2009, 2148). Die Beurteilung, ob die Kenntnis des Anfechtungsgegners von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit nachgewiesen ist, unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung des Tatrichters (so zutreffend Windel Anm. AP ArbGG 1979 § 2 Zuständigkeitsprüfung Nr. 14). Die allgemeinen zivilprozessualen Grundsätze bezüglich der Beweislast und der freien Beweiswürdigung gelten auch im insolvenzrechtlichen Anfechtungsprozess (eingehend zum Beweisrecht bei Kongruenzanfechtung rückständiger Lohnzahlungen an Arbeitnehmer Huber FS Ganter S. 203, 204 ff.).

38

2. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, wonach der Kläger bei den Gehaltszahlungen am 4., 7. und 10. Mai 2007 keine Kenntnis von einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin hatte und auch nicht wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin drohte und die Gehaltszahlungen die anderen Gläubiger benachteiligten, lässt Rechtsfehler bei der Überzeugungsbildung des Landesarbeitsgerichts nicht erkennen. Die Bewertung, dass die Kenntnis des Klägers von der zeitlichen Dauer und Höhe der eigenen Gehaltsrückstände und seine Kenntnis von Gehalts- und Lohnrückständen gegenüber einem Großteil der anderen Arbeitnehmer kein ausreichendes Indiz dafür ist, dass der Kläger die drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin oder Umstände kannte, die zwingend auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hingewiesen haben, ist nicht zu beanstanden, zumal der Kläger keinen Einblick in die Finanzbuchhaltung der Schuldnerin hatte und bis Anfang/Mitte Juni 2007 der Schuldnerin Material noch auf Rechnung geliefert worden ist.

39

IV. Der Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Klapproth    

        

    Lorenz    

                 

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 192/13
Verkündet am:
10. Juli 2014
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ist der Arbeitnehmer vorleistungspflichtig, genießen Lohnzahlungen seines insolventen Arbeitgebers
, die binnen 30 Tagen nach Fälligkeit bewirkt werden, das Bargeschäftsprivileg.
Die einen Benachteiligungsvorsatz und seine Kenntnis nahelegenden Beweisanzeichen
können zurücktreten, wenn der Schuldner eine kongruente Leistung Zug um Zug gegen eine
zur Fortführung seines eigenen Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat,
die den Gläubigern im allgemeinen nützt. Zu den für die Unternehmensfortführung unverzichtbaren
Gegenleistungen gehört auch die Tätigkeit der Arbeitnehmer.
Wird eine Gehaltsforderung an einen Gesellschafter nach den Grundsätzen des Bargeschäfts
gedeckt, liegt darin keine Befriedigung einer einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich
entsprechende Forderung.
BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - IX ZR 192/13 - LG Siegen
AG Siegen
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Mai 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter
Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Siegen vom 29. Juli 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 24. März 2011 über das Vermögen der e. GmbH (nachfolgend : Schuldnerin) am 21. April 2011 eröffneten Insolvenzverfahren.
2
Der Beklagte war am Stammkapital der Schuldnerin über 25.000 € mit einem Geschäftsanteil von 8.250 € beteiligt. Außerdem war er bei der Schuldnerin versehen mit einer Kontovollmacht als kaufmännischer Leiter für den Unternehmensbereich zentrale Dienste zu einem nach dem Inhalt des Dienstvertrages spätestens am zehnten Tag des Folgemonats fälligen Gehalt von 5.500 € angestellt. Nachdem das Arbeitsentgelt für die Monate November und Dezember 2010 nicht vollständig entrichtet worden war, überwies die Schuldnerin am 5. Januar 2011 einen Betrag von 2.000 € an den Beklagten.
3
Der Kläger nimmt den Beklagten im Wege der Insolvenzanfechtung auf Erstattung dieser Zahlung in Anspruch. Das Amtsgericht hat der Klage in Anwendung von § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die zulässige Revision ist nicht begründet.
5
Die Berufung des Beklagten gegen das Ersturteil war als Prozessvoraussetzung des Revisionsverfahrens (BGH, Urteil vom 8. April 1991 - II ZR 35/90, NJW-RR 1991, 1186, 1187) zulässig. Den Begründungsanforderungen ist noch genügt. Der Beklagte hat sich mit dem die Erstentscheidung selbständig tragenden Merkmal einer Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO) in noch hinreichender Weise auseinandergesetzt.

I.


6
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die zugunsten des Beklagten bewirkte Zahlung unterliege als Bargeschäft (§ 142 InsO) nicht der Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei ein Bargeschäft gegeben, wenn der Arbeitgeber in der Krise Arbeitsentgelt für von dem Arbeitnehmer in den vorhergehenden drei Monaten erbrachte Arbeitsleistungen zahle. Der Beklagte sei für die Schuldnerin noch im Dezember 2010 tätig gewesen. Die Zahlung für seine Arbeitsleistung im Dezember habe er am 5. Januar 2011 im Wege eines Baraustauschs erhalten. Auch eine Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) greife nicht durch. Dabei könne dahin stehen, ob die Schuldnerin im Zahlungszeitpunkt zahlungsunfähig gewesen sei oder ihr Zahlungsunfähigkeit gedroht habe. Jedenfalls fehle es an einem Benachteiligungsvorsatz. Ein Schuldner handele nicht mit Benachteiligungsvorsatz , wenn er eine kongruente Gegenleistung für die von ihm empfangene Leistung erbringe, welche zur Fortführung seines Unternehmens nötig sei und damit den Gläubigern allgemein nütze. Ebenso verhalte es sich bei kongruenten Gehaltszahlungen, weil die im Gegenzug erbrachte Arbeitsleistung im Interesse der Gläubiger zur Fortführung des Betriebs notwendig sei. Deshalb könne hier aus einer behaupteten Zahlungsunfähigkeit nicht auf einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin geschlossen werden.
7
Diese Ausführungen halten im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand.

II.


8
Die Klageforderung kann nicht auf § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO gestützt werden. Dabei bedarf es keiner Prüfung, ob die Schuldnerin zahlungsunfähig war und der Beklagte dies erkannt hat, weil das Bargeschäftsprivileg des § 142 InsO durchgreift.
9
1. Unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts (§ 142 InsO) werden Leistungen der Anfechtung entzogen, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Dieser Ausnahmeregelung liegt der wirtschaftliche Gesichtspunkt zugrunde, dass ein Schuldner, der sich in der Krise befindet, praktisch vom Geschäftsverkehr ausgeschlossen würde, wenn selbst die von ihm abgeschlossenen wertäquivalenten Bargeschäfte der Anfechtung unterlägen. In diesem Fall findet wegen des ausgleichenden Vermögenswertes keine Vermögensverschiebung zu Lasten des Schuldners, sondern eine bloße Vermögensumschichtung statt (BGH, Urteil vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 24).
10
2. Eine Bardeckung ist gemäß § 142 InsO eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt. Durch die Worte "für die" wird ausgedrückt, dass eine Bardeckung nur vorliegt, wenn Leistung und Gegenleistung durch Parteivereinbarung miteinander verknüpft sind. Nur eine der Parteivereinbarung entsprechende Leistung ist kongruent und geeignet, den Bargeschäftseinwand auszufüllen (BGH, Urteil vom 23. September 2010, aaO Rn. 26).
11
Im Streitfall entspricht die Zahlung der Schuldnerin der Parteiabrede. Nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages stand dem Beklagten ein monatlicher Vergütungsanspruch von 5.500 € gegen die Schuldnerin zu. Tatsächlich hat die Schuldnerin auf die Lohnforderung für den Monat Dezember 2010 am 5. Januar 2011 einen Teilbetrag von 2.000 € gezahlt. Diese Teilzahlung steht mit der Par- teivereinbarung in Einklang.
12
3. Die für ein Bargeschäft erforderliche Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung ist ebenfalls gegeben. Voraussetzung eines Bargeschäfts ist, dass der Leistung des Schuldners eine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht. Nur dann ist das Geschäft für die (spätere) Masse wirtschaftlich neutral (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 - IX ZR 195/04, WM 2008, 222 Rn. 9).

13
Die von der Schuldnerin geleistete Zahlung glich die von dem Beklagten während des abgelaufenen Monats erbrachte Arbeitstätigkeit aus. Diese hatte für die Schuldnerin, die ihren Geschäftsbetrieb im fraglichen Zeitraum fortsetzte, praktischen Nutzen. Dabei ist davon auszugehen, dass der Beklagte als kaufmännischer Leiter des Unternehmens mit 5.500 € monatlich angemessen vergütet wurde. Anzeichen dafür, dass die geschuldete Vergütung in einem Missverhältnis zu dem übertragenen Verantwortungsbereich stand, sind nicht ersichtlich (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2006 - IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125 Rn. 48). Überdies hat die Schuldnerin auf das dem Beklagten monatlich geschuldete Entgelt in Höhe von 5.500 € lediglich einen Teilbetrag über 2.000 € erbracht. Mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck des § 142 InsO ist es unschädlich , falls der Schuldnerin infolge der über den gesamten Monat erbrachten Arbeitstätigkeit des Beklagten im Vergleich zu der von ihr erbrachten Teilzahlung ein höherer Wert zugeflossen sein sollte (MünchKomm-InsO/Kirchhof, 3. Aufl., § 142 Rn. 9; HK-InsO/Kreft, 7. Aufl., § 142 Rn. 7; Ehricke in Kübler /Prütting/Bork, InsO, 2008, § 142 Rn. 4; HmbKomm-InsO/Rogge/Leptien, 4. Aufl., § 142 Rn. 10; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 142 Rn. 18; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2038). Der Behauptung des Beklagten, während der Monate November und Dezember 2010 durchgängig gearbeitet zu haben, ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.
14
4. Der für ein Bargeschäft notwendige enge zeitliche Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung ist im Streitfall gegeben.
15
a) Unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts werden gemäß § 142 InsO Leistungen privilegiert, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Leistung und Gegenleistung müs- sen beim Bargeschäft zwar nicht Zug um Zug erbracht werden. Allerdings setzt das in der Vorschrift enthaltene Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" voraus, dass Leistung und Gegenleistung in einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgetauscht werden (BT-Drucks. 12/2443 S. 167). Der Gesichtspunkt der bloßen Vermögensumschichtung greift nur, wenn der Leistungsaustausch in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang vorgenommen wird (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - IX ZR 377/99, WM 2003, 524, 528). Der hierfür unschädliche Zeitraum lässt sich nicht allgemein festlegen. Er hängt wesentlich von der Art der ausgetauschten Leistungen und davon ab, in welcher Zeitspanne sich der Austausch nach den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs vollzieht (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 31; vom 21. Juni 2007 - IX ZR 231/04, WM 2007, 1616 Rn. 51; vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Rn. 31). Eine sich in "verspäteten Entgeltzahlungen" (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10, BAGE 139, 235 Rn. 15) ausdrückende Kreditgewährung schließt, weil es notwendigerweise an einem engen zeitlichen Zusammenhang des Leistungsaustausches mangelt, ein Bargeschäft aus (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002, aaO; vom 16. November 2006 - IX ZR 239/04, WM 2007, 170 Rn. 15). Danach fehlt es jedenfalls an einem unmittelbaren Leistungsaustausch, wenn monatlich fällige Lohnzahlungen zwei Monate nach Beendigung der damit korrespondierenden Arbeitstätigkeit erbracht werden (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 480/00, WM 2002, 1808, 1809).
16
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt hingegen bereits ein Bargeschäft vor, wenn der Arbeitgeber in der Krise Arbeitsentgelt für Arbeitsleistungen zahlt, die der Arbeitnehmer in den vorhergehenden drei Monaten erbracht hat (Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 15 ff). Dieser im insolvenzrechtlichen Schrifttum - soweit ersichtlich - einhellig kritisierten Auslegung des § 142 InsO (vgl. Huber, EWiR 2011, 817; ders., ZInsO 2013, 1049 ff; Ganter, ZIP 2012, 2037 ff; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581 ff; Jacobs/ Doebert, ZInsO 2012, 618 ff; Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 208 f; Smid, DZWIR 2013, 89, 110 f) vermag der Senat nicht zuzustimmen.
17
aa) Soweit sich das Bundesarbeitsgericht darauf beruft, „dass in nicht wenigen Branchen eine verzögerte Zahlung der Vergütung schon fast die Regel ist“ (Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 17), wird diese Würdigung schon im Ansatz dem Gesetzeszweck des § 142 InsO nicht gerecht, weil selbst ein verbreiteter Verstoß gegen Fälligkeitszeitpunkte nicht geeignet sein kann, die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zu beseitigen. Die bei der Beurteilung eines Bargeschäfts zugrunde zu legenden allgemeinen geschäftlichen Gepflogenheiten beurteilen sich nach den Gebräuchen solventer Partner und werden nicht durch verspätete Zahlungen insolvenzgefährdeter Unternehmen beeinflusst, die unter Liquiditätsengpässen leiden (Jacobs/Doebert, aaO S. 622; Ganter, aaO S. 2038, 2043). Andernfalls wäre jeder Leistungsaustausch in der Krise als Bargeschäft zu bewerten, weil liquiditätsschwache Unternehmen typischerweise verzögert zahlen (Brinkmann, aaO S. 208 f).
18
bb) Davon abgesehen wird der Befund branchenübergreifender Zahlungsverzögerungen nicht durch verifizierbare Tatsachen - anhand von empirischem Material oder auch nur anhand von Medienberichten - untermauert (vgl. Brinkmann, aaO; Plathner/Sajogo, aaO S. 584). Es fehlt nicht nur jede Konkretisierung , um welche Branchen es sich handelt (Jacobs/Doebert, aaO S. 623); überdies wird der festgestellte Zeitraum der Zahlungsverzögerungen nicht näher präzisiert. Schließlich ist der von dem Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 17) angeführte Beleg (Bandte in FS Beuthien, 2009, S. 401, 405) inhaltlich unergiebig. Ein allgemein verbreiteter Missstand verspäteter Lohnzahlung wäre von den über die Verhältnisse am Arbeitsmarkt wohl unterrichteten Gewerkschaften sicherlich längst öffentlichkeitswirksam angeprangert worden. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden , dass sich innerhalb des Arbeitslebens die allgemeine Gepflogenheit einer um drei Monate verspäteten Lohnzahlung herausgebildet hätte. Im Gegenteil begleichen die den Geschäftsverkehr prägenden wirtschaftlich gesunden Unternehmen , deren Zahl die in einer Krise befindlichen Betriebe im Gemeinwohlinteresse erfreulicherweise weit übersteigt, die Arbeitslöhne in aller Regel bei Fälligkeit.
19
cc) Die weitere Erwägung des Bundesarbeitsgerichts, durch die Zahlung rückständigen Lohns werde "erkauft", dass Arbeitnehmer zwecks Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs "bei der Stange bleiben" (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 18), vermag die Annahme eines Bargeschäfts ebenfalls nicht zu tragen. In der Fortsetzung ihrer Arbeitstätigkeit liegt keine berücksichtigungsfähige Gegenleistung der Arbeitnehmer, weil die künftigen Leistungen ihrerseits wieder in Rechnung gestellt werden (BGH, Urteil vom 30. Januar 1986 - IX ZR 79/85, BGHZ 97, 87, 94; vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 33; Ganter, aaO S. 2043 f).
20
c) Die Arbeitnehmer einseitig begünstigende Auslegung des § 142 InsO durch das Bundesarbeitsgericht ist zudem mit der Bindung der Gerichte an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht vereinbar (vgl. Huber, ZInsO 2013, 1049, 1054 f; Kreft, ZIP 2013, 241, 250 f).
21
aa) Der Gesetzgeber hat mit der Schaffung der Insolvenzordnung - wie bereits das Vorblatt der Gesetzesbegründung betont - die allgemeinen Kon- kursvorrechte einschließlich derjenigen der Arbeitnehmer ausdrücklich beseitigt (BT-Drucks. 12/2443 Vorblatt B. 6.).
22
(1) Aufgrund dieser Gesetzesänderung waren nach Auffassung des Gesetzgebers für Arbeitnehmer keine sozialen Härten zu erwarten, weil für die Lohnausfälle der letzten drei Monate vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Ausfallgeld gezahlt wird (BT-Drucks., aaO, sowie S. 90). Lohnrückstände der Arbeitnehmer sollten durch das für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gewährte Ausfallgeld gesichert werden (BT-Drucks., aaO S. 96). Bei der Streichung der Konkursvorrechte ließ sich der Gesetzgeber von der allgemeinen Erwägung leiten, dass sich die Entscheidung über den Vor- oder Nachrang einer Gläubigerklasse nicht auf hinreichend überzeugende soziale Gesichtspunkte stützen lässt (BT-Drucks. 12/2443, S. 90). Wörtlich hat er insoweit ausgeführt (BT-Drucks., aaO): "Eine dem sozialen Schutzbedürfnis im Einzelfall gemäße Einordnung von Gläubigerklassen in einen Privilegienkatalog erscheint unmöglich. Jeder Vorrechtskatalog ist letztlich willkürlich. Schon das geltende Konkursrecht räumt keineswegs allen anerkanntermaßen sozial schutzwürdigen Gruppen ein Vorrecht ein. Anders als im Recht der Einzelvollstreckung in das Arbeitseinkommen (§§ 850 d, 850 f Abs. 2 ZPO) sind beispielsweise Unterhalts- und Deliktsgläubiger im Konkursverfahren nicht privilegiert. Das Bundesverfassungsgericht hat die Fragwürdigkeit jedes Privilegienkatalogs in seinem Beschluss zum Vorrecht für Sozialplanforderungen (BVerfGE 65, 182) nachdrücklich herausgearbeitet."
23
(2) In der angeführten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht die Einordnung von Sozialplanabfindungen als Konkursforderungen im Range vor § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO kraft Richterrechts als mit der Verfassung (Art. 20 Abs. 3 GG) unvereinbar beanstandet (BVerfGE 65, 182, 190 ff.). Dabei hat es betont, dass jedes Konkursvorrecht eine Ausnahme vom Gebot der Gleichbehandlung aller Konkursgläubiger bildet. Soweit ein Vorrecht nicht gesetzlich begründet ist, muss es deshalb nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts bei der Regelung bleiben, dass Forderungen gegen den Gemeinschuldner einfache Konkursforderungen im Range des § 61 Abs. 1 Nr. 6 KO sind (BVerfGE 65, aaO S. 191). Da die Regelung nach Wortlaut, Systematik und Sinn abschließend ist, besteht keine verfassungsrechtlich anzuerkennende Regelungslücke , die es dem Richter erlaubt, für bestimmte Forderungen eine Privilegierung außerhalb dieses geschlossenen Systems zu begründen (BVerfGE 65, aaO S. 191 f).
24
bb) Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzt sich aus sozialpolitischen Gründen (vgl. bereits BVerfGE 65, aaO S. 194) - wie nicht zuletzt die Gesetzesinitiativen, sie durch eine Änderung des Insolvenzanfechtungsrechts zu legalisieren, belegen (Huber, ZInsO 2013, 1049, 1054 f) - über die Schranken richterlicher Rechtsfortbildung hinweg, indem sie Arbeitnehmern unter Verzicht auf das Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" mit Hilfe einer vom Wortlaut des § 142 InsO nicht mehr getragenen Auslegung im Gewand des Bargeschäftsprivilegs das vom Gesetzgeber ausdrücklich beseitigte Konkursvorrecht gewährt. Eine eindeutige gesetzgeberische Entscheidung darf der Richter nicht nach eigenen rechtspolitischen Vorstellungen durch eine abweichende judikative Lösung ersetzen (vgl. Kreft, ZIP 2013, 241, 250). Da § 142 InsO eine Ausnahmeregelung darstellt, ist aus rechtsmethodischen Gründen für eine erweiternde Auslegung von vornherein kein Raum (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 35; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2038).

25
(1) Infolge der Beseitigung jeglicher Vorrechte einzelner Gläubiger durch die Insolvenzordnung sind Arbeitnehmer und sonstige Gläubiger uneingeschränkt gleich zu behandeln (Huber, aaO S. 1051, 1054; Lütcke, NZI 2014, 350, 351). Das Gebot der Gleichbehandlung als "Magna carta des Insolvenzrechts" (Huber, aaO) hat allgemeine Geltung und ist darum ebenfalls im Rahmen der Insolvenzanfechtung zu beachten (vgl. Huber, aaO S. 1054; Jacobs/ Doebert, ZInsO 2012, 618, 627; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581, 584; Lütcke, aaO). Die aus wohl erwogenen Gründen entfallenen Vorrechte können nicht in der Weise wiederbegründet werden, dass einzelnen Gläubigern wie Arbeitnehmern ein vom Gesetz nicht vorgesehener Schutz gegen Ansprüche aus Insolvenzanfechtung eröffnet wird, um contra legem durch Ausbildung eines "Sonderinsolvenzrechts für Arbeitnehmer" (Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 201) den Rechtszustand der früheren Konkursordnung wiederherzustellen (Brinkmann, aaO S. 212). Ein bevorrechtigter Zugriff auf das Schuldnervermögen kann einzelnen Gläubigern nur von Gesetzes wegen eingeräumt werden (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 90), wie dies etwa durch die Umsetzung einer EURichtlinie geschieht, welche die bevorrechtigte Behandlung von Versicherungsforderungen bei Insolvenz eines Versicherungsunternehmens vorsieht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2011 - IX ZR 210/10, WM 2011, 1483 Rn. 7). Würde den Gerichten gestattet, die Anfechtungsvoraussetzungen im Blick auf unterschiedliche Gläubigergruppen jeweils zu differenzieren, liefe dies letztlich auf eine Zuteilung der Masse aufgrund richterlicher Billigkeitsentscheidung hinaus.
26
(2) Jede Ausweitung der Rangordnung und jedes Mehr an Forderungen in vorgehenden Rangstellen bewirkt - wie das Bundesverfassungsgericht zu § 61 Abs. 1 KO überzeugend ausgeführt hat - eine Minderung der den nach- rangigen, insbesondere letztrangigen Gläubigern verbleibenden Haftungsmasse , die regelmäßig schon durch ausgedehnte Sicherungsrechte der Geld- und Warenkreditgeber geschmälert ist. Deshalb ist zu betonen, dass jede Bevorzugung einzelner Forderungen zwangsläufig zu Lasten anderer Gläubiger geht und regelmäßig auch zu neuen Unstimmigkeiten bei der Verfahrensabwicklung führt (BVerfGE 65, 182, 192). Die Insolvenzanfechtung beruht auf dem Gerechtigkeitsgebot , das Ausfallrisiko solidarisch und gleichmäßig auf sämtliche Gläubiger einschließlich der Arbeitnehmer zu verteilen (Ries, ZInsO 2007, 1037). Folgerichtig kann es auch im Verhältnis zu Arbeitnehmern nicht Aufgabe des Insolvenzverfahrens sein, werthaltige Rechte einzelner Beteiligter zu Gunsten von Arbeitnehmern in Frage zu stellen (BT-Drucks. 12/2443 S. 96).
27
(3) Viele Kleinunternehmer, etwa handwerkliche Familienbetriebe, befinden sich in einer Arbeitnehmern vergleichbaren wirtschaftlichen Lage, ohne - bei zutreffendem Verständnis - der auf § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO gestützten Anfechtung von verspätet erlangten Werklohnzahlungen mit dem Hinweis auf einen Baraustausch (§ 142 InsO) begegnen zu können. In ihrer Branche gesuchte Arbeitnehmer werden einen vorübergehenden Lohnausfall vielfach leichter verkraften können als etwa ein (Klein-)Unternehmen Umsatzausfälle, die auf der Insolvenz eines langjährigen Hauptabnehmers beruhen. Dies gilt umso mehr für unterhalb des Vorstands als Arbeitnehmer angesiedelte Führungskräfte , die durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - will man nicht innerhalb der Gruppe der Arbeitnehmer rechtsschöpferisch differenzieren - ebenfalls geschützt werden. Sachgerechte Gründe für die unterschiedliche Behandlung dieser Gläubigergruppen sind nicht ersichtlich (vgl. BVerfGE 65, aaO S. 194). Mit der einseitigen Bevorzugung der Arbeitnehmer ist außerdem zwingend eine Verminderung der auf die sonstigen Gläubiger entfallenden Insolvenzquote verknüpft. Wie die Erfahrung lehrt, können insolvenzbedingte Forde- rungsausfälle Folgeinsolvenzen auslösen, die als Kettenreaktion für die Arbeitnehmer der nun betroffenen Unternehmen zu Lohnausfällen führen. Diese Konsequenz ist stets zu bedenken, wenn eine Beschränkung des Insolvenzanfechtungsrechts ins Auge gefasst wird.
28
cc) Aus den vorstehenden Erwägungen kann entgegen der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 15 ff) auch ein etwaiges Existenzminimum des Arbeitnehmers nicht mittels einer beschränkenden Auslegung der §§ 129 ff InsO anfechtungsfrei gestellt werden.
29
(1) Es ist nicht Aufgabe der Gläubigergemeinschaft, sondern des Staates , etwaige durch eine Insolvenz zu Lasten bestimmter Gläubiger hervorgerufene unzumutbare Härten auszugleichen (vgl. Vollrath, ZInsO 2011, 1665, 1675; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2044; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581, 584; Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 627; Huber, ZInsO 2013, 1049, 1053; Lütcke, NZI 2014, 350, 351). Zum Nachteil der Arbeitnehmer bestehende sozialrechtliche Schutzlücken sind innerhalb dieses Regelungswerks durch ergänzende Vorschriften etwa zum Bezug von Insolvenzgeld zu schließen (Brinkmann , ZZP 125 (2012), 197, 215 f). Hingegen können nicht der Gläubigergesamtheit sich in einer Quotenminderung manifestierende Sonderopfer, wovon der Gesetzgeber selbst Gesellschafter verschont (BT-Drucks. 16/9737 S. 59), zugunsten von Mitgläubigern ohne gesetzliche Grundlage im Wege richterlicher Rechtsfortbildung aufgebürdet werden (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 96; Huber, aaO S. 1054). Das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes enthält infolge seiner Weite und Unbestimmtheit keine unmittelbaren Handlungsanweisungen, die durch die Gerichte ohne gesetzliche Grundlage in einfaches Recht umgesetzt werden könnten (BVerfGE 65, 182, 193). Darum ist es den Gläubigern nicht zumutbar (Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 209; Lütcke, aaO), durch einen Quotenverzicht Lücken der Insolvenzgeldzahlung zugunsten von Arbeitnehmern als Mitgläubigern aufzufüllen (in diesem Sinne BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10, BAGE 139, 235 Rn. 15 ff) oder deren Existenzminimum zu sichern (in diesem Sinne BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 15 ff). Scheidet ein Schutz der Arbeitsplatzinteressen gegen den Markt aus (BT-Drucks. 12/2443, aaO), kann ihnen auch im Verhältnis zu anderen Gläubigern nicht einfach kraft Richterrechts der Vorrang eingeräumt werden (Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 623).
30
(2) Die Argumentation des Bundesarbeitsgerichts läuft bei lebensnaher Betrachtung auf das Ergebnis hinaus, die Anfechtung generell zu versagen, wenn das damit verbundene Ergebnis für den Arbeitnehmer wirtschaftlich untragbar ist. Das Sozialstaatsprinzip kann bereits im Ansatz nicht zur Korrektur jeglicher hart oder unbillig erscheinenden Einzelregelungen dienen (BVerfGE 66, 234, 248; 67, 231, 239; 69, 272, 315). Davon abgesehen lässt die Würdigung die Interessen der vor Verfahrenseröffnung nicht befriedigten, regelmäßig die Mehrheit bildenden Gläubiger des Schuldners außer Betracht, die durch einen vollständigen Forderungsausfall ebenfalls untragbare Härten erleiden können (vgl. Ries, ZInsO 2007, 1037, 1038; Lütcke, aaO S. 352). Hier schafft die Insolvenzanfechtung den gebotenen Ausgleich, indem Zahlungen zur Masse gezogen und zur anteiligen Befriedigung sämtlicher - unzumutbar belasteter - Gläubiger einschließlich des Anfechtungsgegners verwendet werden (Ries, aaO S. 1037; Lütcke, aaO S. 351). Zahlt ein Arbeitgeber etwa nur an bestimmte , für die Produktion besonders wichtige Arbeitnehmer Lohn, erscheint es sachgerecht, die weggegebenen Mittel durch eine Anfechtung für sämtliche Arbeitnehmer gleichmäßig verfügbar zu machen. Muss sich ein Arbeitnehmer mangels eines Vorrechts nach Verfahrenseröffnung ohne Rücksicht auf die Be- friedigung seines Existenzminimums mit der Quote abfinden, so leuchtet nicht ein, dass er eine anfechtbar erworbene Zahlung unter dem Gesichtspunkt des Existenzminimums behalten darf (vgl. BVerfGE 65, 182, 194).
31
d) Im Streitfall sind die Voraussetzungen eines Bargeschäfts (§ 142 InsO) gegeben, weil die monatlich geschuldete Lohnzahlung innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit erfolgte.
32
aa) Unter welchen zeitlichen Voraussetzungen verspätete Entgeltzahlungen des Arbeitgebers das Bargeschäftsprivileg genießen, wird im Schrifttum unterschiedlich beantwortet. Vereinzelt wird ein Bargeschäft bereits dann ausgeschlossen , wenn die Vergütung nicht nur einige Tage verspätet (Zwanziger, BB 2007, 42, 43) oder nicht einigermaßen pünktlich (Klinck, AP InsO § 130 Nr. 1 unter III.) gezahlt wird. Als zeitliche Grenze des Bargeschäftscharakters einer verspäteten Lohnzahlung wird ferner eine Frist von drei Wochen genannt (Huber, NJW 2009, 1928, 1929; Vollrath, ZInsO 2011, 1665, 1666; Wegener, NZI 2009, 225).
33
Bei länger währenden Vertragsbeziehungen ist nach der Rechtsprechung des Senats für die Annahme eines Bargeschäfts zu verlangen, dass die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen zeitlich oder gegenständlich teilbar sind und zeitnah - entweder in Teilen oder abschnittsweise - ausgetauscht werden. Wenn zwischen dem Beginn einer anwaltlichen Tätigkeit und der Erbringung einer Gegenleistung mehr als 30 Tage liegen, ist ein Bargeschäft zu verneinen. Bei Anforderung eines Vorschusses ist eine anfechtungsrechtliche Bargeschäftsausnahme anzunehmen, wenn in regelmäßigen Abständen Vorschüsse eingefordert werden, die in etwa dem Wert einer zwischenzeitlich entfalteten oder in den nächsten 30 Tagen noch zu erbringenden Tätigkeit entsprechen.
Ferner kann vereinbart werden, Teilleistungen gegen entsprechende Vergütungen zu erbringen (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 34 ff.; vom 6. Dezember 2007 - IX ZR 113/06, WM 2008, 229 Rn. 20; Beschluss vom 18. September 2008 - IX ZR 134/05, NZG 2008, 902 Rn. 2; Urteil vom 15. Dezember 2011 - IX ZR 118/11, WM 2012, 276 Rn. 25).
34
bb) Diese aus § 286 Abs. 3 BGB für die Annahme eines Bargeschäfts bei der Zahlung der Anwaltsvergütung hergeleiteten Grundsätze können mit der Modifizierung, dass die Frist von 30 Tagen nicht ab Beginn der Tätigkeit, sondern ab Fälligkeit der Vergütung zu berechnen ist, auf die Gewährung von Arbeitsentgelten bei monatlicher Lohnzahlung übertragen werden.
35
(1) Die Vergütung der Arbeitnehmer ist gemäß § 614 Satz 1 BGB nach Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen , muss sie gemäß § 614 Satz 2 BGB nach dem Ablauf jedes einzelnen Zeitabschnitts beglichen werden. Bei monatlicher Vergütung ist dies grundsätzlich der erste Tag des Folgemonats (MünchKomm-BGB/Müller-Glöge, 6. Aufl., § 614 Rn. 11). Allerdings kann der Fälligkeitszeitpunkt durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung kollektivvertraglich abweichend - etwa auf den fünfzehnten Tag des Folgemonats (Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 622) - bestimmt werden (MünchKomm-BGB/Müller-Glöge, aaO § 614 Rn. 2). Dem allgemeinen Rechtsverkehr entsprechen - wie auch im Streitfall - monatliche Lohnzahlungen, die ebenfalls monatlich abzurechnen und auszuführen sind (Jacobs/Doebert, aaO S. 623 mwN; Wagner in Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung, 2. Aufl., Rn. O 83).

36
(2) Die Rechtsprechung zum Unmittelbarkeitserfordernis bei der Vergütung anwaltlicher Dienstleistungen kann nicht unbesehen auf Arbeitnehmer übertragen werden. Arbeitnehmer unterliegen gemäß § 614 Satz 1 BGB regelmäßig einer Vorleistungspflicht (Jacobs/Doebert, aaO S. 622; Lütcke, NZI 2014, 350, 352) und haben nach § 614 Satz 2 BGB bei entsprechender Bemessung Anspruch auf eine Vergütung nach Zeitabschnitten (Ganter, ZIP 2014, 2037, 2040, 2044). Im Falle einer Vorleistungspflicht kann im Blick auf den engen zeitlichen Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung nicht auf den Beginn der Tätigkeit des Arbeitnehmers abgestellt werden, weil ihm zu diesem Zeitpunkt noch kein Vergütungsanspruch zusteht (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 480/00, WM 2002, 1808, 1809). Für diese Bewertung spricht die weitere Erwägung, dass eine Vergütung nach Zeitabschnitten von einer Woche oder einem Monat ihrer Natur nach einen Baraustausch nahelegt (Ganter, aaO).
37
(3) Da der Vorleistung des Arbeitnehmers keine Kreditfunktion zukommt (Staudinger/Richardi, BGB, 2005, § 614 Rn. 11), beurteilt sich die Unmittelbarkeit der Lohnzahlung nach dem Zeitraum zwischen der Fälligkeit des Vergütungsanspruchs und seiner tatsächlichen Erfüllung (Wagner in Kummer /Schäfer/Wagner, aaO; Jacobs/Doebert, aaO; Lütcke, NZI 2014, 350, 352). Mit dieser Maßgabe kann die Rechtsprechung zum Baraustausch bei anwaltlichen Beratungsleistungen auf Arbeitnehmer übertragen werden. Danach ist der für ein Bargeschäft erforderliche Unmittelbarkeitszusammenhang noch gegeben , wenn im Falle einer monatlichen Vorleistungspflicht die Entgeltzahlung innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit vorgenommen wird (Bork, ZIP 2007, 2337, 2338 f; Ries, ZInsO 2007, 1037, 1038; Pieper, ZInsO 2009, 1425, 1431; Laws, ZInsO 2009, 1465, 1470; Ganter, aaO S. 2040, 2044; Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 208; Jacobs/Doebert, aaO S. 624; Wagner in Kummer/Schäfer /Wagner, aaO; ErfK/Müller-Glöge, 11. Aufl., InsO, Einführung Rn. 24; anders im Sinne des BAG nunmehr ders., aaO 14. Aufl., Rn. 24 b). Für die Beurteilung als Bargeschäft ist es unschädlich, wenn der Fälligkeitszeitpunkt entsprechend den tarifvertraglichen Übungen anstelle des ersten Tages nicht länger als bis zum fünfzehnten Tag des Folgemonats hinausgeschoben wird (Jacobs /Doebert, aaO S. 622). Ist die Vergütung nach kürzeren Zeitabschnitten zu leisten, scheidet ein Bargeschäft aus, wenn zum Zeitpunkt der Zahlung bereits der Lohn für den nächsten Zeitabschnitt fällig war (Ries, aaO; Bork aaO; Jacobs /Doebert, aaO S. 623; Pieper, aaO; Ganter, aaO S. 2044; Lütcke, NZI 2014, 350, 352).
38
cc) Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall eine Bardeckung (§ 142 InsO) vor.
39
Die monatliche Vergütung des Beklagten war von der Schuldnerin vertragsgemäß bis zum zehnten Tag des Folgemonats zu begleichen. Im Zeitpunkt der durch die Schuldnerin am 5. Januar 2011 bewirkten Zahlung standen die Gehälter des Beklagten für die Monate November und Dezember 2010 teilweise offen. Im Falle einer Zahlung auf das Gehalt für den Monat Dezember 2010, die noch vor dem spätesten Fälligkeitszeitpunkt des 10. Januar 2011 erfolgt wäre, läge ohne weiteres ein Bargeschäft vor. Nicht anders verhielte es sich, wenn mit der Zahlung das Gehalt für den Monat November 2010 getilgt werden sollte. Infolge der für dieses Gehalt zum 10. Dezember 2010 begründeten Fälligkeit wäre auch bei einer am 5. Januar 2011 erfolgten Begleichung der für ein Bargeschäft unschädliche Zeitraum von 30 Tagen noch nicht verstrichen. Vor diesem Hintergrund bedarf es nicht der Prüfung, ob die bei der Zahlung vom 5. Januar 2011 auf den Monat Dezember 2010 gerichtete Tilgungsbestimmung (§ 366 Abs. 1 BGB) selbständig anfechtbar ist.

III.


40
Sonstige Anfechtungstatbestände greifen ebenfalls nicht durch.
41
1. Soweit das Berufungsgericht eine Vorsatzanfechtung aus § 133 Abs. 1 InsO abgelehnt hat, ist seine Würdigung revisionsrechtlich jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden.
42
a) Es konnte davon ausgehen, dass die Zahlung der Schuldnerin, ohne nähere Feststellungen zu einer tatsächlich bestehenden Zahlungsunfähigkeit treffen zu müssen, nicht von einem Benachteiligungsvorsatz getragen war.
43
aa) Dem Beweisanzeichen der erkannten Zahlungsunfähigkeit ist - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - im Streitfall keine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen. Die Indizwirkung der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit wie auch der Inkongruenz kann im Einzelfall ausgeschlossen sein, wenn die Umstände ergeben, dass der Schuldner von einer anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willensrichtung geleitet war und das Bewusstsein der Benachteiligung anderer Gläubiger infolgedessen in den Hintergrund getreten ist. Dies kann einmal gelten, wenn die Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber gescheiterten Sanierungsversuchs war (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09, WM 2012, 146 Rn. 11, 18; vom 21. Februar 2013 - IX ZR 52/10, WM 2013, 763 Rn. 11; vom 3. April 2014 - IX ZR 201/13, WM 2014, 1009 Rn. 40).

44
bb) Zum anderen kann dem Schuldner im Falle einer bargeschäftsähnlichen Lage infolge des gleichwertigen Leistungsaustauschs die dadurch eintretende mittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht bewusst geworden sein (Kayser, WM 2013, 293, 298; NJW 2014, 422, 427). Darum handelt ein Schuldner in der Regel nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn er eine kongruente Leistung Zug um Zug gegen eine zur Fortführung seines eigenen Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat, die den Gläubigern im allgemeinen nützt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1997 - IX ZR 234/96, ZIP 1997, 1551, 1553; Beschluss vom 16. Juli 2009 - IX ZR 28/07, NZI 2009, 723 Rn. 2; vom 6. Februar 2014 - IX ZR 221/11, ZInsO 2014, 496 Rn. 3). Zu den für die Betriebsfortführung unverzichtbaren Gegenleistungen gehört auch die Tätigkeit der Arbeitnehmer, deren Mitwirkung für jede betriebliche Wertschöpfung unabdingbar ist. Deswegen scheidet regelmäßig ein Benachteiligungsvorsatz aus, wenn durch Gehaltszahlungen im Zuge eines Baraustauschs die für die Betriebsfortführung unerlässliche Gegenleistung der Arbeitstätigkeit entgolten wird (BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 84 ff, 89). Nach den hier getroffenen Feststellungen fehlt es an einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin, weil diese dem Beklagten Gehaltszahlungen im Rahmen eines bargeschäftlichen Leistungsaustauschs gewährt hat.
45
b) Überdies hat der Kläger nicht den Nachweis geführt, dass der Beklagte eine auch nur drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und damit deren Benachteiligungsvorsatz erkannt hat (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO). Nach den tatrichterlichen Feststellungen war der Beklagte nicht mit der Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben betraut, die ihm nähere Einblicke in die Vermögenslage der Schuldnerin verschafft hätte (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 205/11, WM 2012, 2343 Rn. 7). Ferner hat er zugunsten der Schuldnerin eine selbstschuldnerische Bürgschaft über 55.000 € übernommen und durch Klage vom 16. Februar 2010 gegenüber der Schuldnerin seine offenen Lohnrückstände vor dem Arbeitsgericht verfolgt. Die ein erhebliches Risiko bergende Bereitschaft, eine selbstschuldnerische Bürgschaft einzugehen, spricht nachdrücklich gegen eine Kenntnis des Beklagten von einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin, sondern deutet vielmehr darauf hin, dass er nicht von ihrer existenziellen Gefährdung ausging. Ebenso liegt fern, dass der Schuldner eine Klage gegen das als insolvent erkannte Unternehmen gerichtet hätte, die von vornherein keinen wirtschaftlichen Erfolg versprochen, sondern durch das Ingangsetzen eines aussichtslosen Verfahrens lediglich eine zusätzliche Kostenbelastung hervorgerufen hätte.
46
2. Ein Anfechtungsanspruch folgt auch nicht aus § 133 Abs. 2 Satz 1 InsO. Nach dieser Vorschrift ist ein von dem Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138 InsO) geschlossener entgeltlicher Vertrag anfechtbar, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden.
47
a) Da es sich bei der Schuldnerin um eine GmbH handelt, ist der zu mehr als ein Viertel an ihrem Kapital beteiligte Beklagte gemäß § 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO als nahestehende Person anzusehen. Der Vertragsbegriff des § 133 Abs. 2 InsO ist weit auszulegen (BGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - IX ZR 58/09, NZI 2010, 738 Rn. 9). Auch reine Erfüllungsgeschäfte werden zu den entgeltlichen Verträgen gerechnet. Bei ihnen besteht das Entgelt in der Befreiung von der Schuld (BGH, Urteil vom 12. Juli 1990 - IX ZR 245/89, BGHZ 112, 136, 138; Urteil vom 15. Februar 1990 - IX ZR 149/88, ZIP 1990, 459, 460).
48
b) Jedoch fehlt es an der weiteren Voraussetzung einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung des Schuldners die Zugriffsmöglichkeiten der Gläubigergesamtheit unmittelbar verschlechtert, ohne dass weitere Umstände hinzutreten müssen (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - IX ZR 130/10, WM 2013, 333 Rn. 27). Durch einen Vertrag, auf Grund dessen der Schuldner für das, was er aufgibt, eine vollwertige Gegenleistung erhält, werden die Gläubiger auch dann nicht unmittelbar benachteiligt, wenn diese Gegenleistung infolge eines weiteren , nicht zu dem Gesamttatbestand des Rechtsgeschäfts gehörenden Umstandes in dem Zeitpunkt nicht mehr in dem Vermögen des Schuldners vorhanden ist, in dem die von ihm zu erbringende Leistung endgültig aus seinem Vermögen herausgeht (BGH, Urteil vom 9. Februar 1955 - IV ZR 173/54, WM 1955, 404, 406; RGZ 116, 134, 137 f). Mithin scheidet bei einem Baraustausch, wie er hier gegeben ist, schon mit Rücksicht auf die zuvor erbrachte Arbeitsleistung eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung aus (vgl. MünchKomm-InsO/ Kayser, 3. Aufl., § 133 Rn. 41; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 133 Rn. 42).
49
3. Schließlich ist eine Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht begründet. Mit der Lohnzahlung wurde keine einem Darlehen wirtschaftlich entsprechende Forderung befriedigt.
50
a) Die Anfechtbarkeit nach dieser Vorschrift erfasst sowohl die Befriedigung von Gesellschafterdarlehen als auch ihnen wirtschaftlich entsprechender Forderungen. Ungeachtet des Entstehungsgrundes sind einem Darlehen alle aus Austauschgeschäften herrührende Forderungen gleich zu achten, die der Gesellschaft rechtlich oder rein faktisch gestundet wurden, weil jede Stundung bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Darlehensgewährung bewirkt (MünchKomm -InsO/Ehricke, aaO § 39 Rn. 43; MünchKomm-InsO/Gehrlein, aaO § 135 Rn. 18; Preuß in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2013, § 39 Rn. 81). Stehen gelas- sene Gehaltsansprüche eines Gesellschafters können darum wirtschaftlich einem Darlehen entsprechen (BGH, Urteil vom 16. Februar 2009 - II ZR 120/07, BGHZ 180, 38 Rn. 24; BAG, Urteil vom 27. März 2014 - 6 AZR 204/12, ZIP 2014, 927 Rn. 30 ff).
51
b) Im Streitfall ist weder eine Stundung noch ein Stehenlassen einer Lohnforderung gegeben. Vielmehr wurde die Lohnzahlung an den Beklagten bargeschäftlich (§ 142 InsO) abgewickelt. In diesem Fall kommt eine Stundungswirkung nicht in Betracht (vgl. Preuß in Kübler/Prütting/Bork, aaO, § 39 Rn. 81; Ahrens in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 39 Rn. 36).
Kayser Gehrlein Vill
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
AG Siegen, Entscheidung vom 05.04.2012 - 14 C 2967/11 -
LG Siegen, Entscheidung vom 29.07.2013 - 3 S 35/12 -

(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.

(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.

(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.

(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.

(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 10. November 2011 - 5 Sa 227/11 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Arbeitsentgelt zur Insolvenzmasse aufgrund einer Vorsatzanfechtung.

2

Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem am 10. August 2007 beantragten und am 13. September 2007 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der S AG (künftig: Schuldnerin). Die 1954 geborene Beklagte war seit 2000 bei der Schuldnerin als teilzeitbeschäftigte Buchhalterin tätig. Sie erzielte zuletzt einen Nettoverdienst von monatlich 1.431,90 Euro. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund betriebsbedingter Kündigung des Klägers zum 31. Dezember 2007.

3

Ausweislich des am 27. September 2007 erteilten Zeugnisses war die Beklagte bei der Schuldnerin als Alleinbuchhalterin tätig. Sie war eigenverantwortlich ua. zuständig für alle anfallenden Buchhaltungsarbeiten im Debitoren-, Kreditoren- und Sachkontenbereich, für die Überprüfung der Zahlungseingänge, für die Überwachung der Zahlungstermine, Lohn- und Gehaltszahlungen sowie die vorbereitenden Arbeiten zum Jahresabschluss und zur Erstellung der Bilanz. Von Mai 2006 bis einschließlich Dezember 2006 war die Beklagte arbeitsunfähig erkrankt. Nach ihrer Genesung erarbeitete sie eine als „Arbeits-Bilanz“ bezeichnete interne Bilanz zum 30. April 2007. Diese wies ein gezeichnetes Kapital von rund 256.000,00 Euro, einen Verlustvortrag von rund 478.000,00 Euro sowie einen Verlust von rund 149.000,00 Euro aus. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Schuldnerin seit Anfang 2007 zahlungsunfähig war und dies erkannt hatte. Die Löhne und Gehälter der etwa 15 Mitarbeiter bezahlte die Schuldnerin jeweils termingerecht zu Beginn des Folgemonats.

4

Der Kläger begehrt mit der am 30. Dezember 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage Rückzahlung des von der Schuldnerin für Januar bis Juli 2007 gezahlten Nettoentgelts von insgesamt 10.023,30 Euro zur Masse.

5

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Voraussetzungen des § 133 InsO lägen vor. Die Schuldnerin sei zahlungsunfähig gewesen und habe daher mit Benachteiligungsabsicht gehandelt. Die Beklagte habe als Buchhalterin und damit als „Insider“ gewusst, dass sich die Schuldnerin ihre Mitarbeiter nicht mehr habe leisten können und die Lohnzahlungen zulasten der übrigen Gläubiger erfolgt seien. Auch bei Gehaltszahlungen an Arbeitnehmer im Rahmen eines Bargeschäfts sei im Regelfall aus der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners zu schließen.

6

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.023,30 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. hierauf seit dem 13. September 2007 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass sie keinen Gesamtüberblick über die Liquiditätslage der Schuldnerin gehabt habe. Wenn es in den vergangenen Jahren zu finanziellen Engpässen gekommen sei, hätten die Inhaber der Schuldnerin diese Beträge stets aus ihrem Privatvermögen ausgeglichen. Es hätten weitere Mittel zufließen sollen. Jedenfalls seien die Regelungen der Insolvenzordnung verfassungswidrig, wenn sie auf Arbeitnehmer angewandt würden.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Senat durch Beschluss vom 21. März 2012 (- 6 AZN 1881/11 -) zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

9

Die Beklagte hat in der Revisionserwiderung unter Vortrag neuer Tatsachen ausgeführt, die Schuldnerin sei nicht überschuldet gewesen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Schuldnerin bei der Zahlung des Nettoentgelts für Januar bis Juli 2007 ohne den nach § 133 InsO erforderlichen Benachteiligungsvorsatz handelte, jedenfalls aber die Beklagte von einem solchen Vorsatz keine Kenntnis hatte und diese Kenntnis auch nicht nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO zu vermuten war.

11

A. Die Beklagte ist Anfechtungsgegnerin. Das gilt auch, soweit der Kläger Entgelt zurückfordert, das für den Insolvenzgeldzeitraum (13. Juni bis 31. Juli 2007) gezahlt worden ist. Die Anfechtung richtet sich grundsätzlich gegen denjenigen, dem gegenüber die anfechtbare Handlung vorgenommen worden ist, dh. gegen den Empfänger des anfechtbar übertragenen oder begründeten Rechts (Kreft in HK-InsO 6. Aufl. § 129 Rn. 93). Auch für Entgeltzahlungen, die für den Insolvenzgeldzeitraum gezahlt worden sind, ist Anfechtungsgegner deshalb grundsätzlich der Arbeitnehmer. Erst dann, wenn ein Insolvenzgeldantrag gestellt worden ist, kann die Anfechtung gegen die Bundesagentur für Arbeit zu richten sein.

12

I. § 169 Satz 1 SGB III ordnet allerdings an, dass mit dem Antrag auf Insolvenzgeld die Entgeltansprüche, die einen Anspruch auf Insolvenzgeld begründen, auf die Bundesagentur für Arbeit übergehen. Gemäß § 169 Satz 3 SGB III findet die gegen Arbeitnehmer begründete Anfechtung nach der Insolvenzordnung gegen die Bundesagentur statt. Soweit daraus gefolgert wird, unabhängig davon, ob ein Antrag auf Insolvenzgeld gestellt sei, sei die Bundesagentur für Arbeit Anfechtungsgegnerin, weil sie entsprechend dem Zweck des Insolvenzgeldanspruchs während des Insolvenzgeldzeitraums wirtschaftlich das Insolvenzrisiko trage (Zwanziger Kommentar zum Arbeitsrecht der Insolvenzordnung 4. Aufl. Einführung Rn. 391 zur wortgleichen Vorgängerbestimmung in § 187 Satz 2 SGB III), folgt dem der Senat nicht.

13

§ 145 InsO regelt die Anfechtung bei Rechtsnachfolge. § 169 Satz 3 SGB III gleicht die Rechtsposition der Bundesagentur für Arbeit hinsichtlich der Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen der Stellung der in § 145 Abs. 1 InsO aufgeführten Gesamtrechtsnachfolger an und verwehrt es ihr, sich nach § 145 Abs. 2 InsO auf Vertrauensschutz zu berufen(Voelzke in Hauck/Noftz SGB III 2. Aufl. Stand Mai 2012 K § 169 Rn. 35). Die Bundesagentur für Arbeit ist also nur und insoweit Anfechtungsgegnerin, als der Anspruch des Arbeitnehmers auf sie übergegangen ist. Der Anspruchsübergang setzt aber nach § 169 Satz 1 SGB III einen Antrag des Arbeitnehmers voraus. Außerdem müssen hinreichende Anhaltspunkte bestehen, dass eine Leistungspflicht der Bundesagentur für Arbeit in Betracht kommt (BSG 17. Juli 1979 - 12 RAr 15/78 - BSGE 48, 269). Nach dieser gesetzlichen Systematik ist die Bundesagentur für Arbeit nur Anfechtungsgegnerin, wenn die Anfechtung erfolgt, nachdem der Insolvenzgeldantrag gestellt worden ist und eine zumindest entfernte Möglichkeit besteht, dass die Zahlung in Betracht kommt (Berscheid jurisPR-InsR 20/2008 Anm. 3 unter D; vgl. Gottwald/Huber Insolvenzrechts-Handbuch 4. Aufl. § 51 Rn. 71; Henckel in Jaeger InsO § 145 Rn. 36; Uhlenbruck/Hirte 13. Aufl. § 129 InsO Rn. 112).

14

II. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass sie einen Insolvenzgeldantrag gestellt hat. Sie ist darum Anfechtungsgegnerin hinsichtlich des gesamten angefochtenen Betrags.

15

B. Der Senat hat erwogen, in Fällen kongruenter Deckung durch eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 129 ff. InsO das im Entgelt enthaltene Existenzminimum anfechtungsfrei zu stellen.

16

I. Das Insolvenzverfahren dient der gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger. Durch die Vorschriften der Insolvenzanfechtung sollen im Interesse der Wiederherstellung des Schuldnervermögens bestimmte, als ungerechtfertigt angesehene Vermögensverschiebungen rückgängig gemacht und der Insolvenzmasse zurückgewährt werden (BAG 21. November 2013 - 6 AZR 159/12 - Rn. 11; Bork in Bork Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts Kap. 1 Rn. 1). Darüber hinaus bewegen die Bestimmungen über die Insolvenzanfechtung Gläubiger tendenziell dazu, sich im Vorfeld von Insolvenzen bzw. im Geschäftsleben normzweckentsprechend zu verhalten, und helfen so dem Insolvenzrecht, seine Ordnungsfunktion zu erfüllen (Bork ZIP 2008, 1041). Um diese Ziele zu erreichen, beseitigt die Insolvenzordnung Insolvenzvorrechte soweit als möglich. Das Arbeitnehmerprivileg des § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KO, wonach Lohnforderungen aus den letzten sechs Monaten vor Verfahrenseröffnung Masseschulden waren, wurde nicht in die Insolvenzordnung übernommen. Dieses Privileg schloss eine Anfechtung weitgehend aus. Wurden Lohnforderungen für die letzten sechs Monate vor Konkurseröffnung vom Schuldner erfüllt, erhielten die Arbeitnehmer nur das, was ihnen auch vom Konkursverwalter aus der Masse zu zahlen gewesen wäre. Es fehlte daher regelmäßig an der nach § 30 KO erforderlichen Gläubigerbenachteiligung. Konkursanfechtungen von Lohnzahlungen spielten darum in der Praxis keine Rolle (Brinkmann ZZP 2012, 197).

17

II. Der Gesetzgeber hat bei der Abschaffung des Arbeitnehmerprivilegs möglicherweise das aus Art. 1 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 1 GG folgende Grundrecht auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht hinreichend berücksichtigt. Das könnte es iVm. Art. 12 Abs. 1 GG bei kongruenten Deckungen, zumal bei Zahlungen im Rahmen eines Bargeschäfts oder in bargeschäftsähnlicher Lage, gebieten, das Existenzminimum vom Zugriff des Insolvenzverwalters freizustellen, so dass dieser Entgeltbestandteil nicht im Wege der Insolvenzanfechtung im Interesse aller Gläubiger zur Masse gezogen werden könnte.

18

1. Die Rechtsnatur des Rückgewähranspruchs steht diesen Bedenken des Senats nicht entgegen. Dabei handelt es sich zwar um einen originären gesetzlichen Anspruch des Insolvenzverwalters, der ihm eine Rückforderungsmöglichkeit eröffnet, die dem Schuldner verwehrt ist und die der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger dient. Für dieses gesetzliche Schuldverhältnis gilt allein das in sich geschlossene Regelungssystem der §§ 129 ff. InsO (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 466/12 - Rn. 20 f.; BGH 24. März 2011 - IX ZB 36/09 - Rn. 6, 12). Auch dieses gesetzliche Schuldverhältnis steht aber nicht über der Verfassung, sondern muss sich an deren Vorgaben messen lassen.

19

2. Das Grundrecht auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ist dem Grunde nach unverfügbar. Es bedarf zwar der Konkretisierung und Aktualisierung durch den Gesetzgeber, muss aber vom Staat eingelöst werden (BVerfG 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09 ua. - Rn. 133, BVerfGE 125, 175). Dieses Grundrecht beinhaltet nicht nur einen Anspruch gegen den Staat auf materielle Leistungen an Hilfsbedürftige zur Sicherung des Existenzminimums. In Wechselwirkung mit dem durch Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Recht auf persönliche Entfaltung im vermögensrechtlichen und beruflichen Bereich verbietet es dem Staat auch, auf den Kernbestand des selbst erzielten Einkommens des Grundrechtsträgers zuzugreifen. Deshalb ist das Einkommen des Steuerpflichtigen insoweit steuerfrei zu belassen, als es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein benötigt wird. Der Staat darf dem Bürger das selbst erzielte Einkommen bis zur Höhe des Existenzminimums nicht entziehen. Der existenznotwendige Bedarf bildet von Verfassungs wegen die Untergrenze für den Zugriff durch die Einkommensteuer (BVerfG 20. August 1997 - 1 BvR 1300/89 -; 25. September 1992 - 2 BvL 5/91 ua. - zu C I der Gründe, BVerfGE 87, 153; 29. Mai 1990 - 1 BvL 20/84 ua. - zu C III 2 der Gründe, BVerfGE 82, 60).

20

3. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass das Grundrecht auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nach vorstehenden, vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätzen dem hoheitlich tätig werdenden Staat nicht nur Grenzen bei der Festsetzung der Einkommensteuer setzt. Auch im Gläubiger-Schuldner-Verhältnis darf der Staat seinen Zwangsapparat grundsätzlich nicht zur Verfügung stellen, um einem Einzelnen den Teil des Einkommens zu entziehen, der zur Sicherung des Existenzminimums erforderlich ist (vgl. BT-Drucks. 14/6812 S. 8).

21

a) Im Bereich der zivilrechtlichen Zwangsvollstreckung hat der Gesetzgeber darum durch Pfändungsfreigrenzen die Sicherung des Existenzminimums (vgl. BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 553/11 - Rn. 38) vorgesehen.

22

aa) In den von § 850c ZPO erfassten Fällen hat der Gesetzgeber einen angemessenen Selbstbehalt für den erwerbstätigen Schuldner berücksichtigt. Er hat dabei im Interesse der Praktikabilität die Pfändungsfreigrenzen pauschaliert und bundeseinheitlich geregelt und davon abgesehen, wie im Sozialhilferecht den Bedarf einzelfallbezogen zu ermitteln (BT-Drucks. 14/6812 S. 8 f.; zum Zweck der §§ 850 ff. ZPO ausführlich MüKoZPO/Smid 4. Aufl. § 850 Rn. 1; vgl. auch Arnold BB 1978, 1314, 1315 f.).

23

bb) Hat der Arbeitgeber vor Wirksamwerden der Lohnpfändung noch einen Vorschuss geleistet, besteht unabhängig von dem Meinungsstreit, wie in einem solchen Fall das pfändbare Einkommen zu berechnen ist (Nachweise bei Stöber Forderungspfändung 15. Aufl. Rn. 1266; MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 614 Rn. 19), Einigkeit darüber, dass dem Arbeitnehmer in jedem Fall das Existenzminimum verbleiben muss (Stöber aaO mwN; ders. Anm. AP ZPO § 850 Nr. 11).

24

b) Auch im Insolvenzrecht hat der Gesetzgeber grundsätzlich erkannt, dass das Existenzminimum nicht dem Zugriff der Gläubiger unterliegt. Gemäß § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO(in der Privatinsolvenz mit beantragter Restschuldbefreiung iVm. § 292 Abs. 1 Satz 3 InsO) gehören unpfändbare Forderungen nicht zur Insolvenzmasse, sie sind dem Insolvenzverwalter nicht nach § 148 Abs. 1, § 80 Abs. 1 InsO zur Verwaltung übertragen(BAG 28. August 2013 - 10 AZR 323/12 - Rn. 11). Nur der pfändbare Teil des Arbeitsentgelts fällt in die Insolvenzmasse und kommt daher in der Privatinsolvenz des Arbeitnehmers dessen Gläubigern zugute. So wird dem Schuldner der unantastbare Bereich persönlicher und lebensnotwendiger Güter bewahrt. Gleiches gilt für den selbständig tätigen Schuldner nach Freigabe der selbständigen Tätigkeit. Dieser muss gemäß § 35 Abs. 2 Satz 2 iVm. § 295 Abs. 2 InsO nur das fiktive pfändbare Einkommen an die Masse abführen, das er entsprechend seiner beruflichen Qualifikation in einem angemessenen Dienst- oder Arbeitsverhältnis erzielen würde(BGH 13. Juni 2013 - IX ZB 38/10 - Rn. 11 ff.). Schließlich ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofs auch die Bestimmung des § 850b ZPO über bedingt pfändbare Bezüge im Insolvenzverfahren insgesamt anwendbar. Dies führt dazu, dass von den beschränkt pfändbaren Bezügen dem Schuldner so viel zu belassen ist, wie er zur Absicherung seines Existenzminimums benötigt (BGH 3. Dezember 2009 - IX ZR 189/08 -). Damit kommen die verfassungsrechtlichen Erwägungen, durch die die Pfändungsschutzbestimmungen der Zivilprozessordnung motiviert sind, grundsätzlich auch im Insolvenzverfahren zur Geltung (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 6 AZR 789/11 - Rn. 18 f.; vgl. für § 850b ZPO BGH 3. Dezember 2009 - IX ZR 189/08 - Rn. 13).

25

4. Die Anfechtungsbestimmungen in §§ 129 ff. InsO lassen jedoch den rückwirkenden Zugriff des Insolvenzverwalters auf das Existenzminimum für den von der Anfechtung erfassten Zeitraum uneingeschränkt zu. Dem Arbeitnehmer wird dadurch nachträglich der zur Absicherung des Existenzminimums erforderliche, durch eigene Arbeitsleistung verdiente Betrag wieder entzogen. Zur Erfüllung des auf das Existenzminimum entfallenden Teils der Rückzahlungspflicht muss er auf Rücklagen zurückgreifen, neue Schulden machen oder sein aktuelles Gehalt einsetzen, ohne dies rückwirkend durch Leistungen des Staates, die das Existenzminimum sichern sollen, ausreichend kompensieren zu können. Unter Umständen ist er gezwungen, Privatinsolvenz zu beantragen. Es erscheint zweifelhaft, ob diese Bestimmungen den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz des Existenzminimums bei kongruenten Deckungen hinreichend gewährleisten.

26

a) Muss der Arbeitnehmer Entgelt zurückzahlen, das vor Insolvenzeröffnung noch vom Schuldner gezahlt worden ist - wobei diese Verpflichtung bei der Vorsatzanfechtung bis zu zehn Jahre zurückreichen kann - wird er dieses Entgelt bei typisierender Betrachtung für seinen Lebensunterhalt verbraucht haben. Auf Entreicherung kann er sich jedoch nur bei unentgeltlichen Leistungen iSv. § 134 InsO berufen(§ 143 Abs. 2 InsO; vgl. die Konstellation in BGH 17. Oktober 2013 - IX ZR 10/13 -).

27

b) Dem Arbeitnehmer kann allerdings das gezahlte Entgelt, mit dem er seinen Lebensunterhalt zunächst bestritten hat, als solches nicht rückwirkend entzogen werden. Der zur Masse zu ziehende Geldbetrag kann nur aus Rücklagen des Arbeitnehmers, an denen es bei typisierender Betrachtung jedenfalls dann regelmäßig fehlen wird, wenn die Insolvenz wie bei der Beklagten zum Arbeitsplatzverlust geführt hat, geleistet oder durch eine Mobiliarpfändung bzw. - was der Regelfall sein dürfte - durch eine Gehalts- oder Rentenpfändung beigetrieben werden. Bei Pfändungen ist durch das geltende Zwangsvollstreckungsrecht, insbesondere die §§ 850 ff. ZPO, gewährleistet, dass der Anfechtungsgegner das aktuelle Existenzminimum behält. Der Insolvenzverwalter kann nur auf den pfändbaren Betrag zugreifen. Reicht das Einkommen nicht aus, um den der Masse geschuldeten Betrag abzudecken, bleibt dem Anfechtungsgegner nur der Eigenantrag nach §§ 305 ff. InsO, um einer lebenslangen Schuldverpflichtung zu entgehen.

28

c) Es erscheint fraglich, ob für die verfassungsrechtliche Beurteilung danach zu differenzieren ist, ob der Zugriff des Staates bzw. der vom Staat durch seine Rechtsvorschriften vermittelte und von den staatlichen Gerichten sowie dem staatlichen Zwangsapparat durchzusetzende Zugriff der Gläubiger auf das Existenzminimum sofort oder nachgelagert erfolgt. Nach Auffassung des Senats könnte maßgeblich darauf abzustellen sein, dass der Arbeitnehmer für die Abrechnungszeiträume, die vom Rückgewähranspruch erfasst sind, in der Regel keine staatliche oder über eine Umlage der Arbeitgeber finanzierte Leistung erhält, die den Teil des zurückzuzahlenden Betrags ausgleicht, der das Existenzminimum abdeckte.

29

aa) Der Insolvenzgeldanspruch (§§ 165 ff. SGB III) soll zwar die vorleistungspflichtigen Arbeitnehmer vor dem Risiko des Lohnausfalls bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers schützen (Küttner/Voelzke Personalbuch 2013 Insolvenz des Arbeitgebers Rn. 42). Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, wegen dieses Anspruchs seien trotz Abschaffung des Arbeitnehmerprivilegs keine sozialen Härten zu erwarten. Ältere Rückstände seien selten von Bedeutung (BR-Drucks. 1/92 S. 90). Dieser Anspruch stellt aber nur sicher, dass der Nettoentgeltanspruch für die letzten drei Monate der Beschäftigung abgesichert ist. Der Gesetzgeber hat dabei die in mehrfacher Hinsicht bestehende Schutzlücke bei der Ausgestaltung des Insolvenzgeldanspruchs nicht erkannt (vgl. dazu Brinkmann ZZP 2012, 197, 215).

30

(1) Bereits die Annahme des Gesetzgebers, ältere, nicht vom Insolvenzgeld abgesicherte Rückstände seien die Ausnahme, trifft nicht uneingeschränkt zu. Das zeigen die Entscheidungen des Senats vom 6. Oktober 2011 (- 6 AZR 585/10 -, - 6 AZR 731/10 -, - 6 AZR 732/10 -), bei denen Zahlungen auf Rückstände von bis zu sechs Monaten angefochten waren, die Zeiträume von bis zu einem Jahr vor der Insolvenzeröffnung betrafen.

31

(2) Der Gesetzgeber hat zudem nicht berücksichtigt, dass die Anspruchsdauer (§ 170 Abs. 4 SGB III) oft bereits vollständig durch das Insolvenzeröffnungsverfahren ausgeschöpft wird, wenn eine Insolvenzgeldvorfinanzierung erfolgt (vgl. Brinkmann ZZP 2012, 197, 215).

32

(3) Zahlt der Schuldner das Entgelt - wie im vorliegenden Fall - pünktlich, versagt der Schutz des Insolvenzgeldanspruchs vielfach selbst dann, wenn er nicht durch das Insolvenzeröffnungsverfahren verbraucht worden ist.

33

(a) Der Arbeitnehmer kann in diesen Fällen zwar nachträglich Insolvenzgeld beantragen, wenn die Entgeltzahlung erfolgreich angefochten wird und er das Erlangte zurückgewährt. In diesem Fall lebt gemäß § 144 Abs. 1 InsO die (Netto-)Entgeltforderung rückwirkend auf den Zeitpunkt des Erlöschens als Insolvenzforderung wieder auf, so dass der Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld hat. Es wird der Zustand hergestellt, der ohne die angefochtene Rechtshandlung bestanden hätte (Cranshaw ZInsO 2009, 257, 262 f.; Kreft in HK-InsO 6. Aufl. § 144 Rn. 3). § 166 Abs. 1 Nr. 2 SGB III, der den Insolvenzgeldanspruch ausschließt, wenn der Anspruch auf das Arbeitsentgelt durch eine angefochtene Rechtshandlung erworben worden ist, steht dem nicht entgegen, wenn - wie in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle und auch vorliegend - der Entgeltanspruch anfechtungsfrei erworben und nur anfechtbar erfüllt worden ist. Anfechtungsrechtlich ist zwischen Grund- und Erfüllungsgeschäft zu unterschieden. § 166 Abs. 1 Nr. 2 SGB III betrifft nur das Grundgeschäft und hat deshalb vor allem Bedeutung, wenn der Arbeitsvertrag kurz vor der Insolvenz noch geändert worden ist und dadurch höhere Entgeltansprüche entstanden sind(Voelzke in Hauck/Noftz SGB III 2. Aufl. Stand Mai 2012 K § 166 Rn. 25; vgl. zur Vorgängervorschrift § 184 SGB III Cranshaw ZInsO 2009, 257, 261 f.; Kreft aaO § 129 Rn. 13; aA wohl - ohne auf den Unterschied zwischen Grund- und Erfüllungsgeschäft einzugehen - Berscheid jurisPR-InsR 20/2008 Anm. 3 unter D).

34

(b) Stellt der Arbeitnehmer nachträglich Antrag auf Insolvenzgeld, ist jedoch die zweimonatige Ausschlussfrist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III, die unionsrechtskonform an das Insolvenzereignis anknüpft(vgl. BSG 17. Oktober 2007 - B 11a AL 75/07 B - unter Bezug auf EuGH 18. September 2003 - C-125/01 - [Pflücke] Slg. 2003, I-9375), versäumt. Ob die zweimonatige Nachfrist des § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III dem Arbeitnehmer hilft, hängt vom Einzelfall ab(vgl. BSG 17. Oktober 2007 - B 11a AL 75/07 B - Rn. 9). Zwar wird im Regelfall die Ausschlussfrist unverschuldet versäumt sein (vgl. Cranshaw ZInsO 2009, 257, 264). Die Nachfrist beginnt aber mit dem Wegfall des Hindernisses für die Beantragung des Insolvenzgeldes zu laufen, dh. sobald der Arbeitnehmer bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt von dem Anspruch Kenntnis hätte haben können (vgl. Radüge in Hauck/Noftz SGB III 2. Aufl. Stand Mai 2012 K § 324 Rn. 31). Für den Anlauf dieser Frist ist eine Vielzahl von Zeitpunkten denkbar, zB die Anfechtungserklärung durch den Insolvenzverwalter, eine die Anfechtung bejahende Entscheidung der Tatsacheninstanzen oder der Eintritt der Rechtskraft einer solchen Entscheidung. Deshalb wird die Bundesagentur für Arbeit dem Arbeitnehmer oft erfolgreich entgegenhalten können, die Nachfrist sei versäumt. Zudem besteht rechtstatsächlich ein erhebliches Risiko, dass auch die Nachfrist mangels deren Kenntnis versäumt wird.

35

bb) Arbeitslosengeld kann der Arbeitnehmer für Zeiträume, in denen er gearbeitet hat, nicht rückwirkend beantragen. Es wird erst ab dem Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung gezahlt (BAG 15. November 2012 - 6 AZR 321/11 - Rn. 72).

36

cc) Auch Sozialhilfe ist erst ab dem Zeitpunkt zu zahlen, in dem der Sozialhilfeträger Kenntnis erlangt, dass die Voraussetzungen der Leistung vorliegen (§ 18 SGB XII). Ausreichend (aber auch erforderlich) für den Anspruch auf Sozialhilfe ist damit, dass für den Träger überhaupt die Notwendigkeit der Hilfe erkennbar ist (BSG 2. Februar 2012 - B 8 SO 5/10 R - Rn. 18). Zahlt der spätere Schuldner das Arbeitsentgelt pünktlich, scheidet damit eine rückwirkende Bewilligung von Sozialhilfe aus.

37

dd) Anders als der Arbeitnehmer, der einen Vorschuss erhält, den er anschließend nicht verdient und in voller Höhe zurückzahlen muss, kann sich der Arbeitnehmer, dessen pünktlich gezahltes Entgelt - unter Umständen wie im vorliegenden Fall erst nach Jahren - vom Insolvenzverwalter zurückgefordert wird, auf die etwaige Rückforderung nicht einstellen. Zudem unterscheiden sich zurückzuzahlende Vorschüsse und Entgeltüberzahlungen von Insolvenzanfechtungen dadurch, dass das zurückzuzahlende Entgelt in den ersten beiden Fällen zwar gezahlt, tatsächlich aber nicht verdient worden und damit die Entgeltforderung nicht entstanden ist.

38

d) Der Arbeitnehmer hat jedenfalls dann, wenn der spätere Schuldner das Entgelt (weitgehend) pünktlich zahlt, keine adäquaten arbeits- oder sozialrechtlichen Handlungsmöglichkeiten, dem Risiko einer Insolvenzanfechtung vorzubeugen. Er kann letztlich nur weiterarbeiten und hoffen, dass es nicht zur Insolvenz kommt (Bork ZIP 2007, 2337, 2340; Pieper ZInsO 2009, 1425, 1437).

39

aa) Im Unterschied zu einer Vielzahl von Lieferanten und Geschäftspartnern kann der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht im Vorhinein absichern.

40

bb) Dem Arbeitnehmer steht bei pünktlichen Entgeltzahlungen weder ein Zurückbehaltungsrecht noch das Recht zur außerordentlichen Kündigung zu. Kündigt er dennoch fristlos, ist dies rechtswidrig, so dass er mit einer Sperrfrist rechnen muss (vgl. Pieper ZInsO 2009, 1425, 1428, 1437). Zudem nimmt er in Kauf, vom Arbeitgeber wegen Vertragsbruchs mit Schadenersatzansprüchen überzogen zu werden und ggf. eine Vertragsstrafe zahlen zu müssen. Er ist deshalb nicht nur vertraglich verpflichtet, sondern auch praktisch gezwungen, seine Arbeitsleistung weiterhin zu erbringen. Er kann damit dem Anfechtungsrisiko letztlich nicht ausweichen (vgl. Lütcke ZInsO 2013, 1984, 1989).

41

cc) Bei pünktlichen Gehaltszahlungen kann der Arbeitnehmer auch keinen Insolvenzantrag stellen. Selbst bei Gehaltsrückständen ist ihm ein solcher Antrag in der Regel nicht zumutbar (Bork ZIP 2007, 2337, 2340 spricht vom „schwächsten Glied in der Gläubigerkette“; vgl. auch Brinkmann ZZP 2012, 197, 212; Pieper ZInsO 2009, 1425, 1437).

42

dd) Sind die Arbeitsvertragsparteien tarifgebunden, ist dem Arbeitnehmer rechtlich nicht einmal der Verzicht auf das ihm vom Arbeitgeber gezahlte Entgelt möglich (§ 4 Abs. 4 Satz 1 TVG).

43

e) Demgegenüber kann der Arbeitnehmer, dem das verdiente Entgelt vor Insolvenzeröffnung nicht mehr gezahlt wird, sein Existenzminimum durch staatliche Sozialleistungen bzw. das Insolvenzgeld decken, ohne dass dieses ihm rückwirkend wieder entzogen werden kann. Liegen erhebliche Entgeltrückstände vor, kann er außerordentlich kündigen und ohne Sperrfrist Arbeitslosengeld beziehen. Zudem ist das rückständige Entgelt für die letzten drei Monate vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses über das Insolvenzgeld, das er im Regelfall unproblematisch fristgerecht beantragen kann, gesichert. Ist das Arbeitsverhältnis vor dem Insolvenzereignis bereits beendet, ist für die Berechnung des Drei-Monats-Zeitraums allein die Beendigung des Arbeitsverhältnisses maßgeblich (Küttner/Voelzke Personalbuch 2013 Insolvenz des Arbeitgebers Rn. 52). Will der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis (noch) nicht beenden, kann er bei Bedürftigkeit Sozialhilfe in Anspruch nehmen.

44

f) Diese Rechtslage könnte in ihrer Gesamtschau eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 129 ff. InsO erfordern, um dem Anspruch an den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz des Existenzminimums effektiv zu genügen. Um eine für die Praxis handhabbare Verfahrensweise zu ermöglichen, läge es nahe, auf die Tabelle nach § 850c ZPO zurückzugreifen, um das anfechtungsfreie Existenzminimum zu ermitteln. Der Gesetzgeber hat allerdings bei dieser Tabelle den pauschalierten monatlichen Bedarf von 1.705,00 DM für einen erwerbstätigen Hilfeempfänger im Hinblick auf das von ihm für erforderlich gehaltene Abstandsgebot um rund 250,00 DM erhöht (BT-Drucks. 14/6812 S. 9). Dieser im gleichen Umfang wie der zur Abdeckung des Existenzminimums vorgesehene Bedarf dynamisierte Erhöhungsbetrag (BT-Drucks. 14/6812 S. 11 f.) wäre dann jeweils dem Tabellenbetrag zuzuschlagen. Das hätte im Fall der Beklagten zur Folge, dass ein monatlicher Betrag von 395,40 Euro der Anfechtung unterläge, wenn die Beklagte keine Unterhaltspflichten getroffen hätten, bei einem Unterhaltsberechtigten noch monatlich 97,05 Euro von der Anfechtung erfasst wären und ab zwei Unterhaltsberechtigten das monatliche Nettoeinkommen insgesamt anfechtungsfrei zu belassen wäre.

45

C. Der Senat kann die Frage, ob und in welcher Weise das Existenzminimum bei der Ermittlung des der Anfechtung unterliegenden Betrags zu berücksichtigen ist, im vorliegenden Fall jedoch offenlassen. Der Kläger geht mit dem Landesarbeitsgericht zu Recht davon aus, dass die streitbefangenen Entgeltzahlungen, auch soweit sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt sind, nur unter den Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO angefochten werden können, weil es sich dabei um Bargeschäfte iSv. § 142 InsO gehandelt hat. Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht jedoch rechtsfehlerfrei die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung verneint.

46

I. Bei den Nettogehaltszahlungen der Schuldnerin an die Beklagte für Januar bis Juli 2007 handelte es sich um Bargeschäfte iSd. § 142 InsO.

47

1. Die als Ausnahmevorschrift konzipierte Bestimmung des § 142 InsO(zu diesem Rechtscharakter BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 466/12 - Rn. 38) beruht auf der Erkenntnis, dass es bei zeitnahem Austausch gleichwertiger Leistungen an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung fehlt (Kayser FS Fischer S. 267, 269). § 142 InsO soll es dem Schuldner ermöglichen, auch in der Zeit seiner wirtschaftlichen Krise noch wertäquivalente Bargeschäfte, dh. Rechtsgeschäfte, die die Insolvenzgläubiger nicht unmittelbar benachteiligen, anfechtungsfrei abzuwickeln (BGH 7. März 2002 - IX ZR 223/01 - zu III 3 c der Gründe, BGHZ 150, 122; vgl. auch BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10 - Rn. 18, BAGE 139, 235). § 142 InsO greift dabei auch dann ein, wenn das verpflichtende Rechtsgeschäft, das vom Schuldner zeitnah erfüllt worden ist, nicht in dem Zeitraum des § 132 InsO geschlossen worden ist(vgl. BGH 27. September 1984 - IX ZR 3/84 -; Henckel in Jaeger InsO § 142 Rn. 3; MünchKomm-InsO/Kirchhof 3. Aufl. § 142 Rn. 1). Nach dem Zweck der Vorschrift muss es dem Schuldner, der sich vor Beginn der Krise eine Leistung hat versprechen lassen, auch möglich sein, die ihm obliegende Gegenleistung anfechtungsfrei zu erbringen. Unanfechtbar abgeschlossene Rechtsgeschäfte müssen erfüllbar bleiben (vgl. BGH 30. September 1993 - IX ZR 227/92 - zu II 2 der Gründe, BGHZ 123, 320). Auf den Zeitpunkt, in dem der dieser Gegenleistung zugrunde liegende schuldrechtliche Vertrag geschlossen worden ist, kommt es nicht an. Nur so lassen sich die Folgen der Erfüllung von Dauerschuldverhältnissen, die vor der Krise begründet worden sind, insolvenzrechtlich angemessen lösen (vgl. Henckel aaO Rn. 4).

48

2. Ein Bargeschäft iSd. § 142 InsO liegt vor, wenn der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Anfechtungsgegner im engen zeitlichen Zusammenhang mit seiner Leistung eine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat(BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 466/12 - Rn. 38). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kommt es zu keiner Vermögensverschiebung zulasten des Schuldners (und damit bei späterer Insolvenz letztlich zulasten der Gläubiger), sondern zu einer bloßen Vermögensumschichtung.

49

a) Der Senat hat angenommen, dass nach diesen Grundsätzen ein Bargeschäft vorliegt, wenn der Arbeitgeber in der Krise Arbeitsentgelt für Arbeitsleistungen zahlt, die der Arbeitnehmer in den vorhergehenden drei Monaten erbracht hat (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10 - Rn. 17, BAGE 139, 235).

50

b) Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass, auf die gegen dieses Verständnis des Bargeschäfts im Schrifttum erhobene Kritik (vgl. zB Huber ZInsO 2013, 1049; ders. EWiR 2011, 817; Ganter ZIP 2012, 2037; Jacobs/Doebert ZInsO 2012, 618; Brinkmann ZZP 2012, 197; Klinck Anm. AP InsO § 130 Nr. 2) einzugehen. Bereits nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen sind vorliegend die Voraussetzungen eines Bargeschäfts erfüllt.

51

aa) Die Schuldnerin hat mit den streitbefangenen Zahlungen das arbeitsvertraglich geschuldete Entgelt aus einem vor der Krise geschlossenen Vertrag erfüllt.

52

bb) Die Beklagte hat für das gezahlte Entgelt eine gleichwertige Gegenleistung erbracht. Ob Leistung und Gegenleistung gleichwertig sind, ist nach objektiven Maßstäben zu beurteilen (BGH 7. März 2002 - IX ZR 223/01 - zu III 3 c der Gründe, BGHZ 150, 122). Das Arbeitsverhältnis ist wie jedes gegenseitige Vertragsverhältnis dadurch gekennzeichnet, dass ein Vertragspartner dem anderen die Leistung um der anderen willen verspricht. Erfolgt die Entgeltzahlung in der vertraglich geschuldeten Höhe, handelt es sich im Allgemeinen um einen gleichwertigen Leistungsaustausch, wie er für das Bargeschäft typisch ist (Bork ZIP 2007, 2337, 2338; Pieper ZInsO 2009, 1425, 1430; ein Bargeschäft ohne ausdrückliche Problematisierung der Gleichwertigkeit bejahend BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10 - Rn. 13, BAGE 139, 235).

53

cc) Die Entgeltzahlungen sind nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts „termingerecht“, dh. zum jeweiligen vertraglichen Fälligkeitszeitpunkt, zu Beginn des Folgemonats erfolgt. Damit war der erforderliche unmittelbare zeitliche Zusammenhang noch gegeben. Ist der Anfechtungsgegner - wie die Beklagte als Arbeitnehmerin - vorleistungspflichtig und werden die wechselseitigen Leistungen abschnittsweise ausgetauscht, liegt noch keine Kreditgewährung, sondern ein Bargeschäft vor, wenn die Zahlung zum festgelegten Zeitpunkt erfolgt (vgl. BGH 13. April 2006 - IX ZR 158/05 - Rn. 33 f., BGHZ 167, 190; 18. Juli 2002 - IX ZR 480/00 -; Bork ZIP 2007, 2337, 2339; MünchKomm-InsO/Kirchhof 3. Aufl. § 142 Rn. 19; Pieper ZInsO 2009, 1425, 1431).

54

II. Bargeschäfte sind gemäß § 142 InsO nur unter den Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar. Die objektiven Tatbestandsmerkmale dieses Anfechtungstatbestands liegen vor.

55

1. Die Erfüllung der Entgeltforderungen ist eine anfechtbare Rechtshandlung (vgl. MünchKommInsO/Kayser 3. Aufl. § 129 Rn. 57).

56

2. Die Gläubiger der Schuldnerin sind mittelbar benachteiligt worden.

57

a) Liegt ein Bargeschäft vor, fehlt es an einer unmittelbaren Benachteiligung der Gläubiger, weil der Insolvenzmasse eine gleichwertige Gegenleistung zugeflossen ist (MünchKommInsO/Kirchhof 3. Aufl. § 142 Rn. 9).

58

b) Für die Vorsatzanfechtung genügt jedoch eine mittelbare Benachteiligung (vgl. BAG 21. Februar 2008 - 6 AZR 273/07 - Rn. 51, BAGE 126, 89; MünchKommInsO/Kirchhof 3. Aufl. § 142 Rn. 24; für § 31 Nr. 1 KO BGH 30. September 1993 - IX ZR 227/92 - zu II 2 der Gründe, BGHZ 123, 320). Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die angefochtene Rechtshandlung allein noch keinen (unmittelbaren) Nachteil für die Gläubiger bewirkt hat, aber die Grundlage für einen weiteren Ablauf geschaffen hat, der zu einer Gläubigerschädigung geführt hat (MünchKommInsO/Kayser § 129 Rn. 121). Das ist zB anzunehmen, wenn wie vorliegend der Schuldner die Forderung eines Gläubigers befriedigt, der ohne diese Zahlung Insolvenzgläubiger gewesen wäre. In diesem Fall ist die Masse durch den für die Erfüllung aufgewandten Betrag verkürzt (BGH 18. Juli 2002 - IX ZR 480/00 -), so dass sich die Quote der anderen Insolvenzgläubiger verringert (Henckel in Jaeger InsO § 129 Rn. 118; MünchKommInsO/Kayser § 129 Rn. 104, 123, 163b).

59

c) Die Entgeltzahlung im Wege des Bargeschäfts genügt allein noch nicht, um eine mittelbare Benachteiligung der Gläubiger auszuschließen. Zwar erreicht der spätere Schuldner durch die (pünktlichen) Entgeltzahlungen, dass die Arbeitnehmer „bei der Stange bleiben“ und so der Betrieb als funktionale Einheit weiterbestehen kann. Erst das eröffnet die Chance für einen Fortbestand des Betriebs (vgl. BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10 - Rn. 18, BAGE 139, 235). Die erbrachte Arbeitsleistung gewährt den Insolvenzgläubigern aber nicht dieselbe Zugriffsmöglichkeit, wie sie die abgeflossenen Zahlungsmittel geboten hätten. Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung kann allenfalls dann ausscheiden, wenn sich wegen eines ernsthaften und aussichtsreichen Sanierungsversuchs das Interesse der Gläubiger darauf richtet, dass die Tätigkeit unverändert fortgesetzt wird (vgl. BGH 12. Januar 2012 - IX ZR 95/11 - Rn. 6 f. für Prämienzahlungen, die den Rückkaufswert einer Direktversicherung für ihren Geschäftsführer erhöhen). Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, dass ein schlüssiges Sanierungskonzept (zu den diesbezüglichen Anforderungen BAG 12. September 2013 - 6 AZR 980/11 - Rn. 58, 76 bis 78) vorlag. Die Anfechtbarkeit wird darum vorliegend allein durch die subjektiven Umstände der Rechtshandlung begrenzt (vgl. BGH 4. Dezember 1997 - IX ZR 47/97 - zu III 3 d bb der Gründe; Bork ZIP 2007, 2337, 2339).

60

III. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung verneint.

61

1. § 133 Abs. 1 InsO verlangt, dass der Schuldner die Rechtshandlung mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, und der Anfechtungsgegner dies wusste. Das Vorliegen dieser subjektiven Tatbestandsmerkmale als innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen kann regelmäßig nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Der Bundesgerichtshof hat für den Nachweis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes verschiedene Indizien entwickelt und auch bei kongruenten Deckungen insbesondere auf die Kenntnis des Schuldners und des Anfechtungsgegners von der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners abgestellt. Auch für ein Eingreifen der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO genügt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs scheinbar allein, dass der Anfechtungsgegner die drohende Zahlungsunfähigkeit bzw. die Umstände, aus denen diese zwingend folgt, kennt (vgl. die Nachweise in BAG 12. September 2013 - 6 AZR 980/11 - Rn. 51 ff.). Bei oberflächlicher Betrachtung kommt es nach dieser Rechtsprechung für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung praktisch nur auf den ersten Teil der Vermutungsvoraussetzung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO, die Kenntnis von der(drohenden) Zahlungsunfähigkeit, an. Der zweite Teil der Vermutungsgrundlage, die Kenntnis von der Gläubigerbenachteiligung, soll dann aus dem ersten Teil des Vermutungstatbestands folgen. Dreh- und Angelpunkt der Vorsatzanfechtung ist nach diesem Verständnis der Nachweis, dass Schuldner und Anfechtungsgegner von der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit oder den auf eine solche hindeutenden Tatsachen Kenntnis hatten (vgl. BGH 20. November 2008 - IX ZR 188/07 - Rn. 10; Kayser WM 2013, 293, 294, 298). Von diesem Verständnis geht auch die Revision aus.

62

2. Die Schuldnerin war seit Anfang 2007 zahlungsunfähig. Davon hatte die Beklagte Kenntnis, ohne dass allerdings vom Landesarbeitsgericht festgestellt worden ist, ab wann diese Kenntnis bestand.

63

a) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Schuldnerin seit Anfang 2007 zahlungsunfähig war und dies erkannt hatte. Diese Tatsachenfeststellungen, die auch in den Entscheidungsgründen getroffen werden können (BAG 24. Februar 2011 - 6 AZR 626/09 - Rn. 59), hat die Beklagte nicht mit durchgreifenden Gegenrügen angegriffen, so dass sie den Senat binden. Die Beklagte behauptet in der Revisionserwiderung, die Schuldnerin sei nicht überschuldet gewesen. Sie hat sich dabei auf zwei bereits in den Tatsacheninstanzen vorgelegte Unterlagen sowie auf neues Tatsachenvorbringen gestützt. Von den neu vorgetragenen Tatsachen habe sie erst durch Übermittlung eines Schriftsatzes im Rechtsstreit - 413 HKO 40/12 - vor dem LG Hamburg erfahren.

64

aa) Soweit die Beklagte geltend machen will, die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin beruhe auf der unterlassenen Würdigung vorgelegter Unterlagen, kann sie dies nicht mit einer Gegenrüge erreichen. Tatbestandliche Feststellungen des Berufungsgerichts können nicht mit Verfahrensrügen oder mit einer entsprechenden verfahrensrechtlichen Gegenrüge des Revisionsbeklagten angegriffen, sondern allein mit einem Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 320 ZPO beseitigt werden(BGH st. Rspr. zuletzt 2. Oktober 2013 - XII ZB 249/12 - Rn. 28). Einen solchen Antrag hat die Beklagte nicht gestellt.

65

bb) Die von der Beklagten mit der Revisionserwiderung eingeführten neuen Tatsachen können vom Senat nicht berücksichtigt werden.

66

(1) Neues Tatsachenvorbringen ist in der Revisionsinstanz grundsätzlich auch dann ausgeschlossen, wenn die Partei von den neu eingeführten Tatsachen erst nach Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung Kenntnis erlangt hat. Neues tatsächliches Vorbringen kann in der Revision nur dann berücksichtigt werden, wenn es unstreitig oder seine Richtigkeit offenkundig ist, wenn es einen Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens abgeben würde oder wenn die Parteien nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts keinen Anlass hatten, bestimmte Tatsachen vorzutragen, auf die es nach Auffassung des Revisionsgerichts ankommt. In einem solchen Fall ist den Parteien durch Zurückverweisung des Rechtsstreits Gelegenheit zu geben, ihr Vorbringen zu ergänzen (vgl. BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 289/11 - Rn. 34).

67

(2) Keine dieser Voraussetzungen ist erfüllt. Die Beklagte hat insbesondere die Voraussetzungen eines Wiederaufnahmegrundes iSv. § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO nicht dargelegt. Sie hat sich zwar auf einen letter of intent vom 9. Juli 2007 berufen. „Aufgefunden“ sind Urkunden nach § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO aber nur dann, wenn ihre Existenz der Partei bis zum Abschluss der letzten Tatsachenverhandlung unverschuldet unbekannt oder sie ihr nicht zugänglich war. Bloße Unkenntnis vom Inhalt der Urkunde genügt nicht (vgl. BGH 24. April 2013 - XII ZB 242/09 - Rn. 19 f.). Zum Zeitpunkt, in dem sie vom letter of intent Kenntnis erhalten hat, hat die Beklagte nichts vorgetragen.

68

b) Die Beklagte hatte Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin. Das ergibt sich aus ihrem eigenen Vortrag. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt, ab wann diese Kenntnis bestand.

69

aa) Die Beklagte hat vorgetragen, die Inhaber der Schuldnerin hätten in der Vergangenheit aus ihrem Privatvermögen wiederholt finanzielle Engpässe ausgeglichen. Ihr sei erklärt worden, zum Jahreswechsel 2006/2007 werde ein neuer Gesellschafter aufgenommen. Wenn dieser seine Einlage geleistet habe, gebe es ausgeglichene Zahlen. Es sei eine Zahlung von 100.000,00 Euro erfolgt. Die zweite Zahlung, deren Höhe der Beklagten nicht bekannt sei, habe noch erfolgen sollen. Es sei ihr dargestellt worden, dass ein Herr H eintreten werde. Ob und zu welchen Konditionen und zu welchem Zeitpunkt dies habe erfolgen sollen, sei ihr nicht bekannt gewesen. Mit dem Eingang von 100.000,00 Euro sei für sie das, was ihr von der Geschäftsleitung geschildert worden sei, bestätigt gewesen. Aus der von der Beklagten erstellten „Arbeits-Bilanz“ ergibt sich ein Darlehen des Herrn H von 100.000,00 Euro.

70

bb) Aus dem von der Beklagten selbst zusammengestellten Zahlenwerk der „Arbeits-Bilanz“ folgt, dass trotz des Zuflusses des Darlehens von Herrn H die Schuldnerin dauerhaft nicht in der Lage war, die anfallenden Verbindlichkeiten zu mehr als 90 % zu erfüllen. Das konnte der Beklagten nicht entgehen und ist ihr nach ihrem Vortrag auch nicht entgangen. Zudem stand nach ihrem Vortrag noch eine „zweite Zahlung“ aus. Sie hat auf weitere Zuflüsse, sei es aus dem Vermögen des Herrn H, sei es aus dem der Gesellschafter, vertraut. Dies ändert an ihrer Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nichts.

71

cc) Aus dem Vortrag der Beklagten ergibt sich allerdings nicht, ob sie bereits vor Erstellen der „Arbeits-Bilanz“ Kenntnis vom fehlenden Zufluss ausreichender Mittel hatte. Das Landesarbeitsgericht hat auch nicht festgestellt, ob die Beklagte aufgrund der von ihr laufend durchgeführten Buchhaltung spätestens ab Ende Januar 2007 fortlaufend Kenntnis von der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hatte.

72

3. Auf den konkreten Zeitpunkt, in dem die Beklagte Kenntnis von der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin erlangt hat, kommt es jedoch nicht an. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, trotz Kenntnis ihrer Zahlungsunfähigkeit habe die Schuldnerin das streitbefangene Entgelt ohne den erforderlichen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gezahlt. Jedenfalls habe die Beklagte einen solchen zugunsten des Klägers zu unterstellenden Vorsatz unabhängig davon, ob ihr die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin bekannt gewesen sei, nicht gekannt. Gegen diese Feststellungen erhebt die Revision keine durchgreifenden Rügen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung sind entgegen der Auffassung der Revision nicht stets schon dann zu bejahen, wenn der Arbeitgeber zahlungsunfähig war und der Arbeitnehmer dies wusste. Vielmehr muss auch das Indiz der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit einzelfallbezogen auf seine Beweiskraft hin geprüft werden. Das gilt sowohl für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz auf Seiten des Schuldners als auch für die Kenntnis des Anfechtungsgegners davon.

73

a) Die vermeintlich einseitige und schematische Orientierung der Rechtsprechung an der Indizwirkung der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit wird gerade in jüngster Zeit im insolvenzrechtlichen Schrifttum - zum Teil heftig - kritisiert. Vorsatz und Motiv würden verwechselt (Jensen NZI 2013, 471, 474). Das Stufenverhältnis zu § 130 InsO werde verwischt(Jensen NZI 2013, 471 mwN zu Fn. 1). Der Tatbestand des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO sowie die Zulassung von Bargeschäften würden ausgehöhlt(Foerste ZInsO 2013, 897, 900). Letztlich führe die Rechtsprechung zu einer Umkehrung von Regel- und Ausnahmeverhältnis der Anfechtungstatbestände. §§ 130 und 131 InsO seien nur noch untergeordnete Sonderfälle des § 133 Abs. 1 InsO(Priebe ZInsO 2013, 2479, 2481). Die Vorsatzanfechtung entwickele sich zu einem „Superanfechtungstatbestand“ (Lütcke ZInsO 2013, 1984, 1990). Faktisch werde durch die Rechtsprechung eine zehn Jahre zurückgreifende Deckungsanfechtung ermöglicht. Das weise auf eine verdeckte Rechtsfortbildung hin, die der Rechtsprechung untersagt sei (Foerste ZInsO 2013, 897, 902). Die Rechtsprechung hat Anlass zu einem Positionspapier des BDI und des ZDH vom 14. Oktober 2013 gegeben, in dem befürchtet wird, dass die „ausufernde Anwendungspraxis“ des § 133 Abs. 1 InsO die Unternehmenspraxis lähme(ZInsO 2013, 2312). Vereinzelt wird im Schrifttum sogar offen dazu aufgerufen, gegen Urteile, die bei Schuldtilgungen vor der Drei-Monats-Frist Anfechtungen zulassen, Verfassungsbeschwerde einzulegen (Foerste aaO).

74

b) Der Senat hatte in seiner bisherigen Rechtsprechung keinen Anlass, sich mit der massiven Kritik im Schrifttum an der vom Bundesgerichtshof angenommenen Indizwirkung der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit bei kongruenten Deckungen auseinanderzusetzen. In den seinen Entscheidungen vom 6. Oktober 2011 zugrunde liegenden Fällen hatten die Vorinstanzen entweder das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des § 133 InsO rechtsfehlerfrei verneint(- 6 AZR 262/10 - Rn. 36 ff., BAGE 139, 235; - 6 AZR 731/10 - Rn. 42 ff.; - 6 AZR 732/10 - Rn. 40 ff.) oder zu den Anfechtungsvoraussetzungen keine ausreichenden Feststellungen getroffen (- 6 AZR 585/10 - Rn. 42 ff.). Die am 12. September 2013 entschiedenen Fälle (- 6 AZR 913/11 -; - 6 AZR 980/11 -; - 6 AZR 981/11 -) betrafen die atypische und zudem inkongruente Vereinbarung und Zahlung von Halteprämien.

75

c) Ein pauschales und stereotypes Anknüpfen der subjektiven Anforderungen der Vorsatzanfechtung an das Beweisanzeichen der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit wird bei richtigem Verständnis der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat insoweit angeschlossen hat (BAG 12. September 2013 - 6 AZR 980/11 - Rn. 66 f.), weder dem Wesen des Rückschlusses auf die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung aus Indizien noch dem Normzweck des § 133 InsO gerecht, wenn der spätere Schuldner unanfechtbar begründete Entgeltansprüche von Arbeitnehmern im Wege des Bargeschäfts erfüllt. Das übersieht die Revision, wenn sie annimmt, auch bei Gehaltszahlungen an Arbeitnehmer im Rahmen eines Bargeschäfts sei aus der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit nur dann nicht auf den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners zu schließen, wenn dieser subjektiv überzeugt gewesen sei, er werde kurzfristig ausreichende Mittel erlangen, um alle Verbindlichkeiten erfüllen zu können, und dabei auf die Rechtsprechung zu Sanierungsversuchen zurückgreifen will. Eine solche schematische Anwendung des Indizes der Zahlungsunfähigkeit verbietet sich. Vielmehr hat das Tatsachengericht eine einzelfallbezogene Gewichtung der Beweisanzeichen im Wege der Gesamtbetrachtung vorzunehmen (kritisch Smid ZInsO 2014, 275, 280, der eine solche Gesamtbetrachtung für unkonturiert und die Feinabstimmung ausgearbeiteter Tatbestände verwischend hält).

76

aa) Die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit begründet keine gesetzliche Vermutung iSd. § 292 ZPO für das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO, sondern ist nur ein Beweisanzeichen für das Vorliegen des Benachteiligungsvorsatzes(BAG 12. September 2013 - 6 AZR 980/11 - Rn. 66 f.), das allerdings besondere Bedeutung hat (BGH 24. Oktober 2013 - IX ZR 104/13 - Rn. 10). Es kann - wie jedes andere Beweisanzeichen auch - entkräftet werden (Kayser WM 2013, 293, 298; vgl. zur Entkräftung des Beweisanzeichens der Inkongruenz BGH 5. März 2009 - IX ZR 85/07 - Rn. 17, BGHZ 180, 98) bzw. im Einzelfall eine so geringe Beweiskraft entfalten, dass es den Schluss auf den Benachteiligungsvorsatz als Haupttatsache nicht mehr zulässt (vgl. Huber EWiR 2013, 781, 782; ders. FS Ganter S. 203, 217).

77

(1) Aus den von der Revision herangezogenen Entscheidungen (vgl. nur BGH 10. Januar 2013IX ZR 13/12 - Rn. 14; 5. März 2009 - IX ZR 85/07 - Rn. 10, BGHZ 180, 98) ergibt sich nichts anderes. Der Bundesgerichtshof hat insoweit stets nur angenommen, dass aus der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit auf den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners geschlossen werden „kann“. Erst dann, wenn dies nach den Feststellungen der Tatsachengerichte der Fall ist, kommt es auf das Vorliegen eines Sanierungsversuchs als gegenläufiges Indiz an, durch das im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung das Indiz der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit wieder seine Bedeutung verlieren kann (BGH 10. Januar 2013IX ZR 13/12 - Rn. 17; 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09 - Rn. 18; Kayser WM 2013, 293, 298). Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof auch in der vom Kläger genannten Entscheidung vom 10. Januar 2013 (- IX ZR 13/12 - Rn. 25) betont, das Beweisanzeichen der Zahlungsunfähigkeit dürfe nicht schematisch im Sinne einer vom Anfechtungsgegner zu widerlegenden Vermutung angewandt werden. In der von der Revision angeführten Entscheidung vom 13. April 2006 (- IX ZR 158/05 - Rn. 17, BGHZ 167, 190) hat der Bundesgerichtshof lediglich angenommen, Umstände, die das Indiz der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit hätten entkräften können, seien weder festgestellt noch ersichtlich (vgl. Kayser FS Fischer S. 267, 281 f.).

78

(2) Entgegen der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung folgt auch aus den gesetzlichen Bestimmungen in der Insolvenzordnung und im Aktiengesetz über die Pflichten des Vorstands bei Zahlungsunfähigkeit nicht, dass bei Zahlungen in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit stets ein Benachteiligungsvorsatz gegeben ist. Zwar sind die Mitglieder des Vertretungsorgans einer juristischen Person nach § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO verpflichtet, spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung Insolvenzantrag zu stellen. Vorstandsmitglieder, die Zahlungen leisten, obwohl Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist, haften der Gesellschaft gemäß § 92 Abs. 2 iVm. § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG auf Ersatz des durch die Masseschmälerung entstandenen Schadens. Verletzungen dieser Vorschriften sind allein straf- und gesellschaftsrechtlich sanktioniert und haben Schadenersatzpflichten bzw. Ersatzpflichten eigener Art zur Folge. Anfechtungsrechtlich sind diese Vorschriften dagegen ohne Bedeutung. Antrag und Eröffnung sind Anfechtungsvoraussetzungen. Ihr Unterlassen ist keine selbst anfechtbare Rechtshandlung. Anfechtungsrechtlich soll nicht die Rechtswidrigkeit eines Tuns oder Unterlassens sanktioniert werden, sondern der durch eine Rechtshandlung herbeigeführte gläubigerbenachteiligende Erfolg (BGH 16. Januar 2014 - IX ZR 31/12 - Rn. 16; KPB/Bork InsO Bd. II Stand September 2012 § 133 Rn. 18). Die Verzögerung des Insolvenzantrags wirkt sich allein auf die nach §§ 130 bis 136 InsO maßgeblichen Fristen aus. Schiebt der Schuldner in bewusstem Zusammenwirken mit einem oder mehreren Gläubigern den Eröffnungsantrag hinaus, um eine Rechtshandlung unanfechtbar zu machen, macht er sich unter Umständen strafbar. Die Masse ist in diesen Fällen durch § 826 BGB geschützt(BGH 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02 - zu II 3 c und d der Gründe, BGHZ 162, 143). Zahlungen, durch die größere Nachteile von der Insolvenzmasse abgewendet werden, können dagegen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns iSd. § 64 Satz 2 GmbHG bzw. § 92 Abs. 2 Satz 2 AktG vereinbar sein, so dass bereits eine Haftung des Vertretungsorgans ausscheidet. Das ist etwa der Fall bei Zahlungen, durch die eine sofortige Einstellung des Betriebs vermieden und damit die Chance auf Sanierung oder Fortführung im Insolvenzverfahren erhalten bleibt (BGH 5. November 2007 - II ZR 262/06 - Rn. 6 unter Bezug auf BGH 8. Januar 2001 - II ZR 88/99 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 146, 264).

79

bb) Bei der Prüfung, welchen Beweiswert das Beweisanzeichen der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit bei Zahlungen im Rahmen eines Bargeschäfts oder in bargeschäftsähnlicher Lage für die Vorsatzanfechtung hat, ist darauf zu achten, dass die Vorsatzanfechtung nicht über ihren Normzweck hinaus ausgedehnt wird (vgl. Kayser WM 2013, 293, 298; ders. FS Fischer S. 267, 279). So wird auch dem vom Gesetzgeber beabsichtigten Stufenverhältnis von § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 133 InsO Rechnung getragen.

80

(1) Der Schutzzweck des § 133 Abs. 1 InsO unterscheidet sich grundlegend von dem der §§ 130 bis 132 InsO.

81

(a) §§ 130 bis 132 InsO erlegen den Gläubigern zum Schutz der Gläubigergesamtheit die Pflicht zur wechselseitigen Rücksichtnahme auf und geben deshalb dem Gleichbehandlungsgrundsatz Vorrang vor dem Prioritätsprinzip. Außerhalb des von diesen Normen besonders geschützten Zeitraums (höchstens drei Monate vor dem Eröffnungsantrag) muss der Gläubiger bei der Verfolgung seiner Rechte gegenüber dem Schuldner grundsätzlich die Belange der Gläubigergesamtheit nicht beachten. Das Prioritätsprinzip gilt insoweit uneingeschränkt (BGH 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02 - zu II 2 b aa der Gründe, BGHZ 162, 143).

82

(b) Demgegenüber steht § 133 InsO nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der materiellen Insolvenz, sondern missbilligt bestimmte Verhaltensweisen des Schuldners. Rechtshandlungen, die unter den von § 133 InsO missbilligten Umständen erfolgt sind, sollen rückabgewickelt werden. Die Vorschrift ist Ausdruck des Gedankens, dass ein Schuldner nicht berechtigt ist, vorsätzlich einzelne Gläubiger gegenüber anderen zu bevorzugen, soweit die ihnen gegenüber bestehenden Verpflichtungen gleichrangig sind. Sie schützt das Interesse der Gläubiger daran, dass der Schuldner ihre prinzipiell gleichen Befriedigungschancen nicht beeinträchtigt. Zentraler Anknüpfungspunkt der gesetzlichen Regelung ist der in einer Rechtshandlung zum Ausdruck gekommene Wille des Schuldners, den Anfechtungsgegner zum Nachteil anderer Gläubiger zu bevorzugen. Nur der Leistungsempfänger, der diesen Vorsatz des Schuldners kennt, ist rückgewährpflichtig (BGH 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02 - zu II 2 b bb der Gründe, BGHZ 162, 143; 10. Dezember 2009 - IX ZR 128/08 - Rn. 9). § 133 InsO soll deshalb nicht dem Gedanken der Gläubigergleichbehandlung auch für die Zeit vor Beginn des Drei-Monats-Zeitraums Geltung verschaffen, sondern ein die gleichen Zugriffschancen der Gläubiger beeinträchtigendes Verhalten des Schuldners sanktionieren(Bork in Bork Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts Kap. 5 Rn. 2; MünchKommInsO/Kayser 3. Aufl. § 133 Rn. 1a; Lütcke ZInsO 2013, 1984, 1986).

83

(2) Der Rückgriff auf die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Beweisanzeichen im Rahmen der Prüfung des § 133 InsO darf nicht dazu führen, dass die Vorsatzanfechtung an den Tatbeständen der Deckungsanfechtung „vorbeizieht“, das gesetzlich bestimmte Stufenverhältnis zwischen der Anfechtung kongruenter Deckungen nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO und § 133 InsO verloren geht und § 142 InsO leer läuft(Kayser FS Fischer S. 267, 280). Eine Auslegung, die dazu führte, dass die Vorsatzanfechtung schon unter den Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 InsO durchgreifen würde und damit der letztgenannte Tatbestand im praktischen Ergebnis nicht auf den Drei-Monats-Zeitraum beschränkt, sondern auf zehn Jahre ausgedehnt würde, stünde im unvereinbaren Widerspruch zu dem eindeutig zeitlich begrenzten Anwendungsbereich des § 130 InsO(BGH 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02 - zu II 2 d der Gründe, BGHZ 162, 143).

84

cc) Bei Zahlungen im Rahmen eines Bargeschäfts oder in bargeschäftsähnlichen Lagen ist deshalb stets zu prüfen, ob die Zahlung im Einzelfall tatsächlich den Rückschluss auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und die Kenntnis des Anfechtungsgegners zulässt. Dabei kann nach den Umständen des Einzelfalls die Beweisstärke des Indizes der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit so schwach sein, dass es den Rückschluss auf den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und die Kenntnis des Anfechtungsgegners davon nicht zulässt (vgl. zur Beweisstärke BGH 18. November 2004 - IX ZR 299/00 - zu III 1 a der Gründe [kein „starkes“ Beweisanzeichen]; Huber EWiR 2013, 781, 782; Kayser FS Fischer S. 267, 282 spricht von der fehlenden „Typizität“ des Indizes). Die Revision berücksichtigt diese Besonderheit des Indizienbeweises nicht hinreichend, wenn sie pauschal annimmt, bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit liege zwangsläufig ein (bedingter) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vor.

85

dd) Dieses Erfordernis einer einzelfallbezogenen Prüfung des Beweiswerts der Beweisanzeichen, insbesondere auch des Beweisanzeichens der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit, für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung bei Bargeschäften oder in bargeschäftsähnlichen Lagen, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH 16. Juli 2009 - IX ZR 28/07 -; vgl. auch 24. September 2009 - IX ZR 178/07 -). Die Entscheidung vom 16. Juli 2009 betraf Zahlungen, die in bargeschäftsähnlicher Lage erfolgt waren und bei deren Vornahme sowohl die Schuldnerin als auch die Anfechtungsgegnerin Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit hatten. Die Vorinstanz (OLG Saarbrücken 23. Januar 2007 - 4 U 311/06-95 ua. -) hatte den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin bejaht, allerdings die Kenntnis der Anfechtungsgegnerin, die zu den Hauptlieferanten der Schuldnerin gehörte, von diesem Vorsatz verneint. Der Bundesgerichtshof hat die Zulassung der gegen diese Entscheidung eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde mangels grundsätzlicher Bedeutung abgelehnt. Ein Schuldner handele in der Regel nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn er eine kongruente Gegenleistung für die von ihm empfangene Leistung erbringe, welche zur Fortführung seines eigenen Unternehmens nötig sei und damit den Gläubigern im Allgemeinen nütze. Der Bundesgerichtshof hat damit an seine ältere Rechtsprechung angeknüpft, wonach unter diesen Voraussetzungen die Annahme fernliege, dass es dem Schuldner weniger auf die Erfüllung seiner Verbindlichkeit als auf die Zurücksetzung anderer Gläubiger ankomme (BGH 10. Juli 1997 - IX ZR 234/96 - zu 3 der Gründe).

86

d) Das Landesarbeitsgericht hat aufgrund der Umstände des Einzelfalls rechtsfehlerfrei bereits den hinreichenden Beweiswert der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin verneint und dabei zu Recht die Grundsätze der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 16. Juli 2009 (- IX ZR 28/07 -) und 10. Juli 1997 (- IX ZR 234/96 -) herangezogen.

87

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe nicht dargelegt, dass die Schuldnerin die streitbefangenen Zahlungen mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz erbracht habe. Auch durch die Arbeitsleistung der Beklagten sei es der Schuldnerin möglich gewesen, den Betrieb aufrechtzuerhalten, was im Interesse aller Gläubiger gewesen sei. Dafür seien die angefochtenen Gehaltszahlungen erforderlich gewesen, die ersichtlich erfolgt seien, um den Betrieb aufrechtzuerhalten und nach Möglichkeit zu retten.

88

bb) Die Revision greift diese Würdigung und die Feststellungen, auf denen sie beruht, nur mit rechtlichen Ausführungen an. Auch dann, wenn die Zahlung zur Fortführung des eigenen Unternehmens erfolge und damit den Gläubigern im Allgemeinen nütze, sei der Benachteiligungsvorsatz nur zu verneinen, wenn die Zahlung im Rahmen eines aussichtsreichen Sanierungsversuchs erfolgt sei. Dies trifft, wie ausgeführt, so nicht zu.

89

cc) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist es der Schuldnerin gerade nicht auf die Schädigung der anderen Gläubiger durch Beseitigung von Zugriffsobjekten, sondern allein auf die Erfüllung ihrer Vertragspflichten angekommen, um so den Betrieb zu retten und auch ihre übrigen Zahlungsverpflichtungen erfüllen zu können. Die gleichwohl eingetretene mittelbare Gläubigerbenachteiligung ist ihr nach diesen Feststellungen nicht bewusst geworden. Ihr stand bei der Zahlung im Rahmen eines Bargeschäfts allein die Gleichwertigkeit der ausgetauschten Leistungen vor Augen. Der daraus vom Landesarbeitsgericht gezogene Schluss, das Beweisanzeichen der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit lasse nicht den Schluss auf den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin zu, ist rechtsfehlerfrei. Erfolgt die Entgeltzahlung im Wege des Bargeschäfts, kann sich auch bei Kenntnis der eigenen Zahlungsunfähigkeit der Wille des Arbeitgebers darin erschöpfen, eine gleichwertige Gegenleistung für die Arbeitsleistung zu erbringen, die zur Fortführung des Unternehmens nötig ist und damit den Gläubigern auch nützen kann, so dass ihm eine mit der Zahlung verbundene mittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht bewusst geworden ist (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 980/11 - Rn. 69; BGH 16. Juli 2009 - IX ZR 28/07 -; MünchKommInsO/Kayser 3. Aufl. § 133 Rn. 33a; Kayser WM 2013, 293, 298; ders. FS Fischer S. 267, 283; Ganter WM 2009, 1441, 1444; Fischer NZI 2008, 588, 593 f.; Gottwald/Huber Insolvenzrechts-Handbuch 4. Aufl. § 48 Rn. 16; Uhlenbruck/Hirte 13. Aufl. § 133 InsO Rn. 6; kritisch Foerste ZInsO 2013, 897, 900, der diese Wertung für systemwidrig hält).

90

e) Jedenfalls fehlte es an der Kenntnis der Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin. Diese Kenntnis war auch nicht nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO zu vermuten. Auch das hat das Landesarbeitsgericht mit zutreffender Begründung festgestellt.

91

aa) Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Beklagte habe jedenfalls nicht gewusst, dass die Schuldnerin mit einem insoweit zugunsten des Klägers zu unterstellenden Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt habe. Aus Sicht der Beklagten seien die Zahlungen allein in Erfüllung ihres arbeitsvertraglichen Entgeltanspruchs und in der Absicht erfolgt, die Beklagte dazu anzuhalten, auch künftig im Interesse der Fortführung des Betriebs und damit letztlich zum Wohle aller anderen Gläubiger ihre Arbeitsleistung zu erbringen.

92

bb) Die gegen diese Feststellungen erhobenen Verfahrensrügen der Revision greifen nicht durch.

93

(1) Die Revision macht geltend, das Landesarbeitsgericht habe den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt. Es habe seinen Vortrag, die Beklagte habe die buchhalterischen Grundlagen für die „Arbeits-Bilanz“ zum 30. April 2007 erarbeitet, zwar als unstreitig im Tatbestand festgestellt, diesen nach dem Standpunkt des Berufungsgerichts für die Tätigkeiten und Kenntnisse der Beklagten relevanten Vortrag aber in den Entscheidungsgründen nicht gewürdigt. Darüber hinaus habe das Landesarbeitsgericht seinen unter Beweisantritt erfolgten Vortrag, die Beklagte habe positive Kenntnis von der Liquiditätslage und dem Zahlungsverhalten der Schuldnerin gehabt, ebenso übergangen wie den Umstand, dass er den Vortrag der Beklagten, es sei ein neuer Gesellschafter eingetreten, bestritten habe.

94

(2) Diese Rügen genügen den formellen, an eine Rüge nach § 286 ZPO zu stellenden Anforderungen(dazu ausführlich BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 32). Sie sind jedoch unbegründet.

95

(a) Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt keine Pflicht der Gerichte, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte Parteivorbringen zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist daher erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall aus besonderen Umständen klar ergibt, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies zwar grundsätzlich auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen. Das gilt aber nur dann, wenn dieser Vortrag nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (BVerfG 14. März 2013 - 1 BvR 1457/12 - Rn. 10).

96

(b) Das Landesarbeitsgericht hat - worauf die Revision hinweist - den Vortrag, die Beklagte habe die „Arbeits-Bilanz“ erstellt, im Tatbestand erwähnt und damit zur Kenntnis genommen. Auf diesen nach Auffassung der Revision bei der Entscheidungsfindung übergangenen Vortrag kam es nach dem Rechtsstandpunkt des Landesarbeitsgerichts aber ebenso wenig an wie auf die Behauptung, die Beklagte habe positive Kenntnis von Liquiditätslage und Zahlungsverhalten der Schuldnerin gehabt, und auf das Bestreiten des Vortrags der Beklagten, es sei ein neuer Gesellschafter eingetreten. Das Landesarbeitsgericht hat allein auf die subjektive Sicht der Beklagten bei Empfang der angefochtenen Zahlungen abgestellt. Es hat im Ergebnis angenommen, die Beklagte habe trotz Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin deren etwaige Gläubigerbenachteiligungsabsicht nicht erkannt, sondern die Zahlung als bloße Vertragserfüllung gewertet. Es hatte daher keinen Anlass, auf den aus Sicht der Revision übergangenen Vortrag ausdrücklich einzugehen.

97

cc) Die einzelfallbezogene Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe angesichts der bei den streitbefangenen Zahlungen vorliegenden bargeschäftsähnlichen Lage keine Kenntnis von einem etwaigen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin gehabt, lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen. Im Gegenteil ist unter solchen Umständen die Erschütterung des Beweisanzeichens der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und der daraus folgenden Kenntnis der Gläubigerbenachteiligung auf Seiten des Anfechtungsgegners naheliegend. Wird eine Entgeltleistung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses im engen zeitlichen Zusammenhang mit einer gleichwertigen Gegenleistung erbracht, spricht viel dafür, dass der Arbeitnehmer davon ausgeht und ausgehen darf, dass er nur bekommen hat, was ihm zustand, die Unternehmensfortführung erfolgversprechend ist und er die Erfüllung des Entgeltanspruchs deshalb als nicht gläubigerbenachteiligend ansieht (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 980/11 - Rn. 70). Besondere Umstände des Einzelfalls, die dem Landesarbeitsgericht dennoch die Überzeugung von der nach § 133 Abs. 1 InsO erforderlichen Kenntnis der Beklagten von einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin hätten verschaffen können(vgl. RG 11. März 1902 - VII 13/02 - RGZ 51, 76, 79 f.; MünchKommInsO/Kayser 3. Aufl. § 133 Rn. 38b), lagen nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht vor. Solche Umstände zeigt auch die Revision nicht auf.

98

f) Die abschließende Kontrollüberlegung anhand des Zwecks des § 133 InsO zeigt, dass das vom Landesarbeitsgericht gewonnene Ergebnis richtig ist. Weder die Schuldnerin noch die Beklagte haben ein von § 133 InsO missbilligtes Verhalten gezeigt. Die Beklagte sollte nicht zum Nachteil anderer Gläubiger bevorzugt werden. Es liegt ein Fall vor, der die Anwendung des § 133 InsO grundsätzlich nicht rechtfertigt(vgl. Bork ZIP 2008, 1041, 1046). Bejahte man gleichwohl bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit stets die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung, würde nicht ein durch missbilligtes Verhalten erlangter Sondervorteil der Beklagten rückgängig gemacht, sondern im Regelfall vom Arbeitnehmer, der ohne adäquate Handlungsalternative verpflichtet war, seine Arbeitsleistung weiter zu erbringen, ein Sonderopfer verlangt (vgl. Lütcke ZInsO 2013, 1984, 1989). Das würde dem Normzweck des § 133 InsO nicht gerecht. Zugleich wäre das erforderliche Stufenverhältnis zwischen der Anfechtung kongruenter Deckungen nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO und der Vorsatzanfechtung nicht gewahrt.

99

D. Eine Anfechtung nach § 133 Abs. 2 InsO scheidet bereits nach dem Wortlaut dieser Bestimmung, jedenfalls aber wegen Fehlens einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung aus(MünchKommInsO/Kayser 3. Aufl. § 133 Rn. 39; Henckel in Jaeger InsO § 142 Rn. 7). Es kann daher dahinstehen, ob ein Näheverhältnis iSd. § 133 Abs. 2 InsO vorlag.

100

E. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Matiaske    

        

    Koch    

                 

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 192/13
Verkündet am:
10. Juli 2014
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ist der Arbeitnehmer vorleistungspflichtig, genießen Lohnzahlungen seines insolventen Arbeitgebers
, die binnen 30 Tagen nach Fälligkeit bewirkt werden, das Bargeschäftsprivileg.
Die einen Benachteiligungsvorsatz und seine Kenntnis nahelegenden Beweisanzeichen
können zurücktreten, wenn der Schuldner eine kongruente Leistung Zug um Zug gegen eine
zur Fortführung seines eigenen Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat,
die den Gläubigern im allgemeinen nützt. Zu den für die Unternehmensfortführung unverzichtbaren
Gegenleistungen gehört auch die Tätigkeit der Arbeitnehmer.
Wird eine Gehaltsforderung an einen Gesellschafter nach den Grundsätzen des Bargeschäfts
gedeckt, liegt darin keine Befriedigung einer einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich
entsprechende Forderung.
BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - IX ZR 192/13 - LG Siegen
AG Siegen
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Mai 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter
Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Siegen vom 29. Juli 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 24. März 2011 über das Vermögen der e. GmbH (nachfolgend : Schuldnerin) am 21. April 2011 eröffneten Insolvenzverfahren.
2
Der Beklagte war am Stammkapital der Schuldnerin über 25.000 € mit einem Geschäftsanteil von 8.250 € beteiligt. Außerdem war er bei der Schuldnerin versehen mit einer Kontovollmacht als kaufmännischer Leiter für den Unternehmensbereich zentrale Dienste zu einem nach dem Inhalt des Dienstvertrages spätestens am zehnten Tag des Folgemonats fälligen Gehalt von 5.500 € angestellt. Nachdem das Arbeitsentgelt für die Monate November und Dezember 2010 nicht vollständig entrichtet worden war, überwies die Schuldnerin am 5. Januar 2011 einen Betrag von 2.000 € an den Beklagten.
3
Der Kläger nimmt den Beklagten im Wege der Insolvenzanfechtung auf Erstattung dieser Zahlung in Anspruch. Das Amtsgericht hat der Klage in Anwendung von § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die zulässige Revision ist nicht begründet.
5
Die Berufung des Beklagten gegen das Ersturteil war als Prozessvoraussetzung des Revisionsverfahrens (BGH, Urteil vom 8. April 1991 - II ZR 35/90, NJW-RR 1991, 1186, 1187) zulässig. Den Begründungsanforderungen ist noch genügt. Der Beklagte hat sich mit dem die Erstentscheidung selbständig tragenden Merkmal einer Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO) in noch hinreichender Weise auseinandergesetzt.

I.


6
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die zugunsten des Beklagten bewirkte Zahlung unterliege als Bargeschäft (§ 142 InsO) nicht der Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei ein Bargeschäft gegeben, wenn der Arbeitgeber in der Krise Arbeitsentgelt für von dem Arbeitnehmer in den vorhergehenden drei Monaten erbrachte Arbeitsleistungen zahle. Der Beklagte sei für die Schuldnerin noch im Dezember 2010 tätig gewesen. Die Zahlung für seine Arbeitsleistung im Dezember habe er am 5. Januar 2011 im Wege eines Baraustauschs erhalten. Auch eine Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) greife nicht durch. Dabei könne dahin stehen, ob die Schuldnerin im Zahlungszeitpunkt zahlungsunfähig gewesen sei oder ihr Zahlungsunfähigkeit gedroht habe. Jedenfalls fehle es an einem Benachteiligungsvorsatz. Ein Schuldner handele nicht mit Benachteiligungsvorsatz , wenn er eine kongruente Gegenleistung für die von ihm empfangene Leistung erbringe, welche zur Fortführung seines Unternehmens nötig sei und damit den Gläubigern allgemein nütze. Ebenso verhalte es sich bei kongruenten Gehaltszahlungen, weil die im Gegenzug erbrachte Arbeitsleistung im Interesse der Gläubiger zur Fortführung des Betriebs notwendig sei. Deshalb könne hier aus einer behaupteten Zahlungsunfähigkeit nicht auf einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin geschlossen werden.
7
Diese Ausführungen halten im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand.

II.


8
Die Klageforderung kann nicht auf § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO gestützt werden. Dabei bedarf es keiner Prüfung, ob die Schuldnerin zahlungsunfähig war und der Beklagte dies erkannt hat, weil das Bargeschäftsprivileg des § 142 InsO durchgreift.
9
1. Unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts (§ 142 InsO) werden Leistungen der Anfechtung entzogen, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Dieser Ausnahmeregelung liegt der wirtschaftliche Gesichtspunkt zugrunde, dass ein Schuldner, der sich in der Krise befindet, praktisch vom Geschäftsverkehr ausgeschlossen würde, wenn selbst die von ihm abgeschlossenen wertäquivalenten Bargeschäfte der Anfechtung unterlägen. In diesem Fall findet wegen des ausgleichenden Vermögenswertes keine Vermögensverschiebung zu Lasten des Schuldners, sondern eine bloße Vermögensumschichtung statt (BGH, Urteil vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 24).
10
2. Eine Bardeckung ist gemäß § 142 InsO eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt. Durch die Worte "für die" wird ausgedrückt, dass eine Bardeckung nur vorliegt, wenn Leistung und Gegenleistung durch Parteivereinbarung miteinander verknüpft sind. Nur eine der Parteivereinbarung entsprechende Leistung ist kongruent und geeignet, den Bargeschäftseinwand auszufüllen (BGH, Urteil vom 23. September 2010, aaO Rn. 26).
11
Im Streitfall entspricht die Zahlung der Schuldnerin der Parteiabrede. Nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages stand dem Beklagten ein monatlicher Vergütungsanspruch von 5.500 € gegen die Schuldnerin zu. Tatsächlich hat die Schuldnerin auf die Lohnforderung für den Monat Dezember 2010 am 5. Januar 2011 einen Teilbetrag von 2.000 € gezahlt. Diese Teilzahlung steht mit der Par- teivereinbarung in Einklang.
12
3. Die für ein Bargeschäft erforderliche Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung ist ebenfalls gegeben. Voraussetzung eines Bargeschäfts ist, dass der Leistung des Schuldners eine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht. Nur dann ist das Geschäft für die (spätere) Masse wirtschaftlich neutral (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 - IX ZR 195/04, WM 2008, 222 Rn. 9).

13
Die von der Schuldnerin geleistete Zahlung glich die von dem Beklagten während des abgelaufenen Monats erbrachte Arbeitstätigkeit aus. Diese hatte für die Schuldnerin, die ihren Geschäftsbetrieb im fraglichen Zeitraum fortsetzte, praktischen Nutzen. Dabei ist davon auszugehen, dass der Beklagte als kaufmännischer Leiter des Unternehmens mit 5.500 € monatlich angemessen vergütet wurde. Anzeichen dafür, dass die geschuldete Vergütung in einem Missverhältnis zu dem übertragenen Verantwortungsbereich stand, sind nicht ersichtlich (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2006 - IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125 Rn. 48). Überdies hat die Schuldnerin auf das dem Beklagten monatlich geschuldete Entgelt in Höhe von 5.500 € lediglich einen Teilbetrag über 2.000 € erbracht. Mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck des § 142 InsO ist es unschädlich , falls der Schuldnerin infolge der über den gesamten Monat erbrachten Arbeitstätigkeit des Beklagten im Vergleich zu der von ihr erbrachten Teilzahlung ein höherer Wert zugeflossen sein sollte (MünchKomm-InsO/Kirchhof, 3. Aufl., § 142 Rn. 9; HK-InsO/Kreft, 7. Aufl., § 142 Rn. 7; Ehricke in Kübler /Prütting/Bork, InsO, 2008, § 142 Rn. 4; HmbKomm-InsO/Rogge/Leptien, 4. Aufl., § 142 Rn. 10; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 142 Rn. 18; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2038). Der Behauptung des Beklagten, während der Monate November und Dezember 2010 durchgängig gearbeitet zu haben, ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.
14
4. Der für ein Bargeschäft notwendige enge zeitliche Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung ist im Streitfall gegeben.
15
a) Unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts werden gemäß § 142 InsO Leistungen privilegiert, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Leistung und Gegenleistung müs- sen beim Bargeschäft zwar nicht Zug um Zug erbracht werden. Allerdings setzt das in der Vorschrift enthaltene Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" voraus, dass Leistung und Gegenleistung in einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgetauscht werden (BT-Drucks. 12/2443 S. 167). Der Gesichtspunkt der bloßen Vermögensumschichtung greift nur, wenn der Leistungsaustausch in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang vorgenommen wird (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - IX ZR 377/99, WM 2003, 524, 528). Der hierfür unschädliche Zeitraum lässt sich nicht allgemein festlegen. Er hängt wesentlich von der Art der ausgetauschten Leistungen und davon ab, in welcher Zeitspanne sich der Austausch nach den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs vollzieht (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 31; vom 21. Juni 2007 - IX ZR 231/04, WM 2007, 1616 Rn. 51; vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Rn. 31). Eine sich in "verspäteten Entgeltzahlungen" (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10, BAGE 139, 235 Rn. 15) ausdrückende Kreditgewährung schließt, weil es notwendigerweise an einem engen zeitlichen Zusammenhang des Leistungsaustausches mangelt, ein Bargeschäft aus (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002, aaO; vom 16. November 2006 - IX ZR 239/04, WM 2007, 170 Rn. 15). Danach fehlt es jedenfalls an einem unmittelbaren Leistungsaustausch, wenn monatlich fällige Lohnzahlungen zwei Monate nach Beendigung der damit korrespondierenden Arbeitstätigkeit erbracht werden (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 480/00, WM 2002, 1808, 1809).
16
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt hingegen bereits ein Bargeschäft vor, wenn der Arbeitgeber in der Krise Arbeitsentgelt für Arbeitsleistungen zahlt, die der Arbeitnehmer in den vorhergehenden drei Monaten erbracht hat (Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 15 ff). Dieser im insolvenzrechtlichen Schrifttum - soweit ersichtlich - einhellig kritisierten Auslegung des § 142 InsO (vgl. Huber, EWiR 2011, 817; ders., ZInsO 2013, 1049 ff; Ganter, ZIP 2012, 2037 ff; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581 ff; Jacobs/ Doebert, ZInsO 2012, 618 ff; Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 208 f; Smid, DZWIR 2013, 89, 110 f) vermag der Senat nicht zuzustimmen.
17
aa) Soweit sich das Bundesarbeitsgericht darauf beruft, „dass in nicht wenigen Branchen eine verzögerte Zahlung der Vergütung schon fast die Regel ist“ (Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 17), wird diese Würdigung schon im Ansatz dem Gesetzeszweck des § 142 InsO nicht gerecht, weil selbst ein verbreiteter Verstoß gegen Fälligkeitszeitpunkte nicht geeignet sein kann, die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zu beseitigen. Die bei der Beurteilung eines Bargeschäfts zugrunde zu legenden allgemeinen geschäftlichen Gepflogenheiten beurteilen sich nach den Gebräuchen solventer Partner und werden nicht durch verspätete Zahlungen insolvenzgefährdeter Unternehmen beeinflusst, die unter Liquiditätsengpässen leiden (Jacobs/Doebert, aaO S. 622; Ganter, aaO S. 2038, 2043). Andernfalls wäre jeder Leistungsaustausch in der Krise als Bargeschäft zu bewerten, weil liquiditätsschwache Unternehmen typischerweise verzögert zahlen (Brinkmann, aaO S. 208 f).
18
bb) Davon abgesehen wird der Befund branchenübergreifender Zahlungsverzögerungen nicht durch verifizierbare Tatsachen - anhand von empirischem Material oder auch nur anhand von Medienberichten - untermauert (vgl. Brinkmann, aaO; Plathner/Sajogo, aaO S. 584). Es fehlt nicht nur jede Konkretisierung , um welche Branchen es sich handelt (Jacobs/Doebert, aaO S. 623); überdies wird der festgestellte Zeitraum der Zahlungsverzögerungen nicht näher präzisiert. Schließlich ist der von dem Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 17) angeführte Beleg (Bandte in FS Beuthien, 2009, S. 401, 405) inhaltlich unergiebig. Ein allgemein verbreiteter Missstand verspäteter Lohnzahlung wäre von den über die Verhältnisse am Arbeitsmarkt wohl unterrichteten Gewerkschaften sicherlich längst öffentlichkeitswirksam angeprangert worden. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden , dass sich innerhalb des Arbeitslebens die allgemeine Gepflogenheit einer um drei Monate verspäteten Lohnzahlung herausgebildet hätte. Im Gegenteil begleichen die den Geschäftsverkehr prägenden wirtschaftlich gesunden Unternehmen , deren Zahl die in einer Krise befindlichen Betriebe im Gemeinwohlinteresse erfreulicherweise weit übersteigt, die Arbeitslöhne in aller Regel bei Fälligkeit.
19
cc) Die weitere Erwägung des Bundesarbeitsgerichts, durch die Zahlung rückständigen Lohns werde "erkauft", dass Arbeitnehmer zwecks Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs "bei der Stange bleiben" (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 18), vermag die Annahme eines Bargeschäfts ebenfalls nicht zu tragen. In der Fortsetzung ihrer Arbeitstätigkeit liegt keine berücksichtigungsfähige Gegenleistung der Arbeitnehmer, weil die künftigen Leistungen ihrerseits wieder in Rechnung gestellt werden (BGH, Urteil vom 30. Januar 1986 - IX ZR 79/85, BGHZ 97, 87, 94; vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 33; Ganter, aaO S. 2043 f).
20
c) Die Arbeitnehmer einseitig begünstigende Auslegung des § 142 InsO durch das Bundesarbeitsgericht ist zudem mit der Bindung der Gerichte an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht vereinbar (vgl. Huber, ZInsO 2013, 1049, 1054 f; Kreft, ZIP 2013, 241, 250 f).
21
aa) Der Gesetzgeber hat mit der Schaffung der Insolvenzordnung - wie bereits das Vorblatt der Gesetzesbegründung betont - die allgemeinen Kon- kursvorrechte einschließlich derjenigen der Arbeitnehmer ausdrücklich beseitigt (BT-Drucks. 12/2443 Vorblatt B. 6.).
22
(1) Aufgrund dieser Gesetzesänderung waren nach Auffassung des Gesetzgebers für Arbeitnehmer keine sozialen Härten zu erwarten, weil für die Lohnausfälle der letzten drei Monate vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Ausfallgeld gezahlt wird (BT-Drucks., aaO, sowie S. 90). Lohnrückstände der Arbeitnehmer sollten durch das für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gewährte Ausfallgeld gesichert werden (BT-Drucks., aaO S. 96). Bei der Streichung der Konkursvorrechte ließ sich der Gesetzgeber von der allgemeinen Erwägung leiten, dass sich die Entscheidung über den Vor- oder Nachrang einer Gläubigerklasse nicht auf hinreichend überzeugende soziale Gesichtspunkte stützen lässt (BT-Drucks. 12/2443, S. 90). Wörtlich hat er insoweit ausgeführt (BT-Drucks., aaO): "Eine dem sozialen Schutzbedürfnis im Einzelfall gemäße Einordnung von Gläubigerklassen in einen Privilegienkatalog erscheint unmöglich. Jeder Vorrechtskatalog ist letztlich willkürlich. Schon das geltende Konkursrecht räumt keineswegs allen anerkanntermaßen sozial schutzwürdigen Gruppen ein Vorrecht ein. Anders als im Recht der Einzelvollstreckung in das Arbeitseinkommen (§§ 850 d, 850 f Abs. 2 ZPO) sind beispielsweise Unterhalts- und Deliktsgläubiger im Konkursverfahren nicht privilegiert. Das Bundesverfassungsgericht hat die Fragwürdigkeit jedes Privilegienkatalogs in seinem Beschluss zum Vorrecht für Sozialplanforderungen (BVerfGE 65, 182) nachdrücklich herausgearbeitet."
23
(2) In der angeführten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht die Einordnung von Sozialplanabfindungen als Konkursforderungen im Range vor § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO kraft Richterrechts als mit der Verfassung (Art. 20 Abs. 3 GG) unvereinbar beanstandet (BVerfGE 65, 182, 190 ff.). Dabei hat es betont, dass jedes Konkursvorrecht eine Ausnahme vom Gebot der Gleichbehandlung aller Konkursgläubiger bildet. Soweit ein Vorrecht nicht gesetzlich begründet ist, muss es deshalb nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts bei der Regelung bleiben, dass Forderungen gegen den Gemeinschuldner einfache Konkursforderungen im Range des § 61 Abs. 1 Nr. 6 KO sind (BVerfGE 65, aaO S. 191). Da die Regelung nach Wortlaut, Systematik und Sinn abschließend ist, besteht keine verfassungsrechtlich anzuerkennende Regelungslücke , die es dem Richter erlaubt, für bestimmte Forderungen eine Privilegierung außerhalb dieses geschlossenen Systems zu begründen (BVerfGE 65, aaO S. 191 f).
24
bb) Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzt sich aus sozialpolitischen Gründen (vgl. bereits BVerfGE 65, aaO S. 194) - wie nicht zuletzt die Gesetzesinitiativen, sie durch eine Änderung des Insolvenzanfechtungsrechts zu legalisieren, belegen (Huber, ZInsO 2013, 1049, 1054 f) - über die Schranken richterlicher Rechtsfortbildung hinweg, indem sie Arbeitnehmern unter Verzicht auf das Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" mit Hilfe einer vom Wortlaut des § 142 InsO nicht mehr getragenen Auslegung im Gewand des Bargeschäftsprivilegs das vom Gesetzgeber ausdrücklich beseitigte Konkursvorrecht gewährt. Eine eindeutige gesetzgeberische Entscheidung darf der Richter nicht nach eigenen rechtspolitischen Vorstellungen durch eine abweichende judikative Lösung ersetzen (vgl. Kreft, ZIP 2013, 241, 250). Da § 142 InsO eine Ausnahmeregelung darstellt, ist aus rechtsmethodischen Gründen für eine erweiternde Auslegung von vornherein kein Raum (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 35; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2038).

25
(1) Infolge der Beseitigung jeglicher Vorrechte einzelner Gläubiger durch die Insolvenzordnung sind Arbeitnehmer und sonstige Gläubiger uneingeschränkt gleich zu behandeln (Huber, aaO S. 1051, 1054; Lütcke, NZI 2014, 350, 351). Das Gebot der Gleichbehandlung als "Magna carta des Insolvenzrechts" (Huber, aaO) hat allgemeine Geltung und ist darum ebenfalls im Rahmen der Insolvenzanfechtung zu beachten (vgl. Huber, aaO S. 1054; Jacobs/ Doebert, ZInsO 2012, 618, 627; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581, 584; Lütcke, aaO). Die aus wohl erwogenen Gründen entfallenen Vorrechte können nicht in der Weise wiederbegründet werden, dass einzelnen Gläubigern wie Arbeitnehmern ein vom Gesetz nicht vorgesehener Schutz gegen Ansprüche aus Insolvenzanfechtung eröffnet wird, um contra legem durch Ausbildung eines "Sonderinsolvenzrechts für Arbeitnehmer" (Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 201) den Rechtszustand der früheren Konkursordnung wiederherzustellen (Brinkmann, aaO S. 212). Ein bevorrechtigter Zugriff auf das Schuldnervermögen kann einzelnen Gläubigern nur von Gesetzes wegen eingeräumt werden (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 90), wie dies etwa durch die Umsetzung einer EURichtlinie geschieht, welche die bevorrechtigte Behandlung von Versicherungsforderungen bei Insolvenz eines Versicherungsunternehmens vorsieht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2011 - IX ZR 210/10, WM 2011, 1483 Rn. 7). Würde den Gerichten gestattet, die Anfechtungsvoraussetzungen im Blick auf unterschiedliche Gläubigergruppen jeweils zu differenzieren, liefe dies letztlich auf eine Zuteilung der Masse aufgrund richterlicher Billigkeitsentscheidung hinaus.
26
(2) Jede Ausweitung der Rangordnung und jedes Mehr an Forderungen in vorgehenden Rangstellen bewirkt - wie das Bundesverfassungsgericht zu § 61 Abs. 1 KO überzeugend ausgeführt hat - eine Minderung der den nach- rangigen, insbesondere letztrangigen Gläubigern verbleibenden Haftungsmasse , die regelmäßig schon durch ausgedehnte Sicherungsrechte der Geld- und Warenkreditgeber geschmälert ist. Deshalb ist zu betonen, dass jede Bevorzugung einzelner Forderungen zwangsläufig zu Lasten anderer Gläubiger geht und regelmäßig auch zu neuen Unstimmigkeiten bei der Verfahrensabwicklung führt (BVerfGE 65, 182, 192). Die Insolvenzanfechtung beruht auf dem Gerechtigkeitsgebot , das Ausfallrisiko solidarisch und gleichmäßig auf sämtliche Gläubiger einschließlich der Arbeitnehmer zu verteilen (Ries, ZInsO 2007, 1037). Folgerichtig kann es auch im Verhältnis zu Arbeitnehmern nicht Aufgabe des Insolvenzverfahrens sein, werthaltige Rechte einzelner Beteiligter zu Gunsten von Arbeitnehmern in Frage zu stellen (BT-Drucks. 12/2443 S. 96).
27
(3) Viele Kleinunternehmer, etwa handwerkliche Familienbetriebe, befinden sich in einer Arbeitnehmern vergleichbaren wirtschaftlichen Lage, ohne - bei zutreffendem Verständnis - der auf § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO gestützten Anfechtung von verspätet erlangten Werklohnzahlungen mit dem Hinweis auf einen Baraustausch (§ 142 InsO) begegnen zu können. In ihrer Branche gesuchte Arbeitnehmer werden einen vorübergehenden Lohnausfall vielfach leichter verkraften können als etwa ein (Klein-)Unternehmen Umsatzausfälle, die auf der Insolvenz eines langjährigen Hauptabnehmers beruhen. Dies gilt umso mehr für unterhalb des Vorstands als Arbeitnehmer angesiedelte Führungskräfte , die durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - will man nicht innerhalb der Gruppe der Arbeitnehmer rechtsschöpferisch differenzieren - ebenfalls geschützt werden. Sachgerechte Gründe für die unterschiedliche Behandlung dieser Gläubigergruppen sind nicht ersichtlich (vgl. BVerfGE 65, aaO S. 194). Mit der einseitigen Bevorzugung der Arbeitnehmer ist außerdem zwingend eine Verminderung der auf die sonstigen Gläubiger entfallenden Insolvenzquote verknüpft. Wie die Erfahrung lehrt, können insolvenzbedingte Forde- rungsausfälle Folgeinsolvenzen auslösen, die als Kettenreaktion für die Arbeitnehmer der nun betroffenen Unternehmen zu Lohnausfällen führen. Diese Konsequenz ist stets zu bedenken, wenn eine Beschränkung des Insolvenzanfechtungsrechts ins Auge gefasst wird.
28
cc) Aus den vorstehenden Erwägungen kann entgegen der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 15 ff) auch ein etwaiges Existenzminimum des Arbeitnehmers nicht mittels einer beschränkenden Auslegung der §§ 129 ff InsO anfechtungsfrei gestellt werden.
29
(1) Es ist nicht Aufgabe der Gläubigergemeinschaft, sondern des Staates , etwaige durch eine Insolvenz zu Lasten bestimmter Gläubiger hervorgerufene unzumutbare Härten auszugleichen (vgl. Vollrath, ZInsO 2011, 1665, 1675; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2044; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581, 584; Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 627; Huber, ZInsO 2013, 1049, 1053; Lütcke, NZI 2014, 350, 351). Zum Nachteil der Arbeitnehmer bestehende sozialrechtliche Schutzlücken sind innerhalb dieses Regelungswerks durch ergänzende Vorschriften etwa zum Bezug von Insolvenzgeld zu schließen (Brinkmann , ZZP 125 (2012), 197, 215 f). Hingegen können nicht der Gläubigergesamtheit sich in einer Quotenminderung manifestierende Sonderopfer, wovon der Gesetzgeber selbst Gesellschafter verschont (BT-Drucks. 16/9737 S. 59), zugunsten von Mitgläubigern ohne gesetzliche Grundlage im Wege richterlicher Rechtsfortbildung aufgebürdet werden (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 96; Huber, aaO S. 1054). Das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes enthält infolge seiner Weite und Unbestimmtheit keine unmittelbaren Handlungsanweisungen, die durch die Gerichte ohne gesetzliche Grundlage in einfaches Recht umgesetzt werden könnten (BVerfGE 65, 182, 193). Darum ist es den Gläubigern nicht zumutbar (Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 209; Lütcke, aaO), durch einen Quotenverzicht Lücken der Insolvenzgeldzahlung zugunsten von Arbeitnehmern als Mitgläubigern aufzufüllen (in diesem Sinne BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10, BAGE 139, 235 Rn. 15 ff) oder deren Existenzminimum zu sichern (in diesem Sinne BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 15 ff). Scheidet ein Schutz der Arbeitsplatzinteressen gegen den Markt aus (BT-Drucks. 12/2443, aaO), kann ihnen auch im Verhältnis zu anderen Gläubigern nicht einfach kraft Richterrechts der Vorrang eingeräumt werden (Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 623).
30
(2) Die Argumentation des Bundesarbeitsgerichts läuft bei lebensnaher Betrachtung auf das Ergebnis hinaus, die Anfechtung generell zu versagen, wenn das damit verbundene Ergebnis für den Arbeitnehmer wirtschaftlich untragbar ist. Das Sozialstaatsprinzip kann bereits im Ansatz nicht zur Korrektur jeglicher hart oder unbillig erscheinenden Einzelregelungen dienen (BVerfGE 66, 234, 248; 67, 231, 239; 69, 272, 315). Davon abgesehen lässt die Würdigung die Interessen der vor Verfahrenseröffnung nicht befriedigten, regelmäßig die Mehrheit bildenden Gläubiger des Schuldners außer Betracht, die durch einen vollständigen Forderungsausfall ebenfalls untragbare Härten erleiden können (vgl. Ries, ZInsO 2007, 1037, 1038; Lütcke, aaO S. 352). Hier schafft die Insolvenzanfechtung den gebotenen Ausgleich, indem Zahlungen zur Masse gezogen und zur anteiligen Befriedigung sämtlicher - unzumutbar belasteter - Gläubiger einschließlich des Anfechtungsgegners verwendet werden (Ries, aaO S. 1037; Lütcke, aaO S. 351). Zahlt ein Arbeitgeber etwa nur an bestimmte , für die Produktion besonders wichtige Arbeitnehmer Lohn, erscheint es sachgerecht, die weggegebenen Mittel durch eine Anfechtung für sämtliche Arbeitnehmer gleichmäßig verfügbar zu machen. Muss sich ein Arbeitnehmer mangels eines Vorrechts nach Verfahrenseröffnung ohne Rücksicht auf die Be- friedigung seines Existenzminimums mit der Quote abfinden, so leuchtet nicht ein, dass er eine anfechtbar erworbene Zahlung unter dem Gesichtspunkt des Existenzminimums behalten darf (vgl. BVerfGE 65, 182, 194).
31
d) Im Streitfall sind die Voraussetzungen eines Bargeschäfts (§ 142 InsO) gegeben, weil die monatlich geschuldete Lohnzahlung innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit erfolgte.
32
aa) Unter welchen zeitlichen Voraussetzungen verspätete Entgeltzahlungen des Arbeitgebers das Bargeschäftsprivileg genießen, wird im Schrifttum unterschiedlich beantwortet. Vereinzelt wird ein Bargeschäft bereits dann ausgeschlossen , wenn die Vergütung nicht nur einige Tage verspätet (Zwanziger, BB 2007, 42, 43) oder nicht einigermaßen pünktlich (Klinck, AP InsO § 130 Nr. 1 unter III.) gezahlt wird. Als zeitliche Grenze des Bargeschäftscharakters einer verspäteten Lohnzahlung wird ferner eine Frist von drei Wochen genannt (Huber, NJW 2009, 1928, 1929; Vollrath, ZInsO 2011, 1665, 1666; Wegener, NZI 2009, 225).
33
Bei länger währenden Vertragsbeziehungen ist nach der Rechtsprechung des Senats für die Annahme eines Bargeschäfts zu verlangen, dass die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen zeitlich oder gegenständlich teilbar sind und zeitnah - entweder in Teilen oder abschnittsweise - ausgetauscht werden. Wenn zwischen dem Beginn einer anwaltlichen Tätigkeit und der Erbringung einer Gegenleistung mehr als 30 Tage liegen, ist ein Bargeschäft zu verneinen. Bei Anforderung eines Vorschusses ist eine anfechtungsrechtliche Bargeschäftsausnahme anzunehmen, wenn in regelmäßigen Abständen Vorschüsse eingefordert werden, die in etwa dem Wert einer zwischenzeitlich entfalteten oder in den nächsten 30 Tagen noch zu erbringenden Tätigkeit entsprechen.
Ferner kann vereinbart werden, Teilleistungen gegen entsprechende Vergütungen zu erbringen (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 34 ff.; vom 6. Dezember 2007 - IX ZR 113/06, WM 2008, 229 Rn. 20; Beschluss vom 18. September 2008 - IX ZR 134/05, NZG 2008, 902 Rn. 2; Urteil vom 15. Dezember 2011 - IX ZR 118/11, WM 2012, 276 Rn. 25).
34
bb) Diese aus § 286 Abs. 3 BGB für die Annahme eines Bargeschäfts bei der Zahlung der Anwaltsvergütung hergeleiteten Grundsätze können mit der Modifizierung, dass die Frist von 30 Tagen nicht ab Beginn der Tätigkeit, sondern ab Fälligkeit der Vergütung zu berechnen ist, auf die Gewährung von Arbeitsentgelten bei monatlicher Lohnzahlung übertragen werden.
35
(1) Die Vergütung der Arbeitnehmer ist gemäß § 614 Satz 1 BGB nach Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen , muss sie gemäß § 614 Satz 2 BGB nach dem Ablauf jedes einzelnen Zeitabschnitts beglichen werden. Bei monatlicher Vergütung ist dies grundsätzlich der erste Tag des Folgemonats (MünchKomm-BGB/Müller-Glöge, 6. Aufl., § 614 Rn. 11). Allerdings kann der Fälligkeitszeitpunkt durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung kollektivvertraglich abweichend - etwa auf den fünfzehnten Tag des Folgemonats (Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 622) - bestimmt werden (MünchKomm-BGB/Müller-Glöge, aaO § 614 Rn. 2). Dem allgemeinen Rechtsverkehr entsprechen - wie auch im Streitfall - monatliche Lohnzahlungen, die ebenfalls monatlich abzurechnen und auszuführen sind (Jacobs/Doebert, aaO S. 623 mwN; Wagner in Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung, 2. Aufl., Rn. O 83).

36
(2) Die Rechtsprechung zum Unmittelbarkeitserfordernis bei der Vergütung anwaltlicher Dienstleistungen kann nicht unbesehen auf Arbeitnehmer übertragen werden. Arbeitnehmer unterliegen gemäß § 614 Satz 1 BGB regelmäßig einer Vorleistungspflicht (Jacobs/Doebert, aaO S. 622; Lütcke, NZI 2014, 350, 352) und haben nach § 614 Satz 2 BGB bei entsprechender Bemessung Anspruch auf eine Vergütung nach Zeitabschnitten (Ganter, ZIP 2014, 2037, 2040, 2044). Im Falle einer Vorleistungspflicht kann im Blick auf den engen zeitlichen Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung nicht auf den Beginn der Tätigkeit des Arbeitnehmers abgestellt werden, weil ihm zu diesem Zeitpunkt noch kein Vergütungsanspruch zusteht (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 480/00, WM 2002, 1808, 1809). Für diese Bewertung spricht die weitere Erwägung, dass eine Vergütung nach Zeitabschnitten von einer Woche oder einem Monat ihrer Natur nach einen Baraustausch nahelegt (Ganter, aaO).
37
(3) Da der Vorleistung des Arbeitnehmers keine Kreditfunktion zukommt (Staudinger/Richardi, BGB, 2005, § 614 Rn. 11), beurteilt sich die Unmittelbarkeit der Lohnzahlung nach dem Zeitraum zwischen der Fälligkeit des Vergütungsanspruchs und seiner tatsächlichen Erfüllung (Wagner in Kummer /Schäfer/Wagner, aaO; Jacobs/Doebert, aaO; Lütcke, NZI 2014, 350, 352). Mit dieser Maßgabe kann die Rechtsprechung zum Baraustausch bei anwaltlichen Beratungsleistungen auf Arbeitnehmer übertragen werden. Danach ist der für ein Bargeschäft erforderliche Unmittelbarkeitszusammenhang noch gegeben , wenn im Falle einer monatlichen Vorleistungspflicht die Entgeltzahlung innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit vorgenommen wird (Bork, ZIP 2007, 2337, 2338 f; Ries, ZInsO 2007, 1037, 1038; Pieper, ZInsO 2009, 1425, 1431; Laws, ZInsO 2009, 1465, 1470; Ganter, aaO S. 2040, 2044; Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 208; Jacobs/Doebert, aaO S. 624; Wagner in Kummer/Schäfer /Wagner, aaO; ErfK/Müller-Glöge, 11. Aufl., InsO, Einführung Rn. 24; anders im Sinne des BAG nunmehr ders., aaO 14. Aufl., Rn. 24 b). Für die Beurteilung als Bargeschäft ist es unschädlich, wenn der Fälligkeitszeitpunkt entsprechend den tarifvertraglichen Übungen anstelle des ersten Tages nicht länger als bis zum fünfzehnten Tag des Folgemonats hinausgeschoben wird (Jacobs /Doebert, aaO S. 622). Ist die Vergütung nach kürzeren Zeitabschnitten zu leisten, scheidet ein Bargeschäft aus, wenn zum Zeitpunkt der Zahlung bereits der Lohn für den nächsten Zeitabschnitt fällig war (Ries, aaO; Bork aaO; Jacobs /Doebert, aaO S. 623; Pieper, aaO; Ganter, aaO S. 2044; Lütcke, NZI 2014, 350, 352).
38
cc) Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall eine Bardeckung (§ 142 InsO) vor.
39
Die monatliche Vergütung des Beklagten war von der Schuldnerin vertragsgemäß bis zum zehnten Tag des Folgemonats zu begleichen. Im Zeitpunkt der durch die Schuldnerin am 5. Januar 2011 bewirkten Zahlung standen die Gehälter des Beklagten für die Monate November und Dezember 2010 teilweise offen. Im Falle einer Zahlung auf das Gehalt für den Monat Dezember 2010, die noch vor dem spätesten Fälligkeitszeitpunkt des 10. Januar 2011 erfolgt wäre, läge ohne weiteres ein Bargeschäft vor. Nicht anders verhielte es sich, wenn mit der Zahlung das Gehalt für den Monat November 2010 getilgt werden sollte. Infolge der für dieses Gehalt zum 10. Dezember 2010 begründeten Fälligkeit wäre auch bei einer am 5. Januar 2011 erfolgten Begleichung der für ein Bargeschäft unschädliche Zeitraum von 30 Tagen noch nicht verstrichen. Vor diesem Hintergrund bedarf es nicht der Prüfung, ob die bei der Zahlung vom 5. Januar 2011 auf den Monat Dezember 2010 gerichtete Tilgungsbestimmung (§ 366 Abs. 1 BGB) selbständig anfechtbar ist.

III.


40
Sonstige Anfechtungstatbestände greifen ebenfalls nicht durch.
41
1. Soweit das Berufungsgericht eine Vorsatzanfechtung aus § 133 Abs. 1 InsO abgelehnt hat, ist seine Würdigung revisionsrechtlich jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden.
42
a) Es konnte davon ausgehen, dass die Zahlung der Schuldnerin, ohne nähere Feststellungen zu einer tatsächlich bestehenden Zahlungsunfähigkeit treffen zu müssen, nicht von einem Benachteiligungsvorsatz getragen war.
43
aa) Dem Beweisanzeichen der erkannten Zahlungsunfähigkeit ist - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - im Streitfall keine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen. Die Indizwirkung der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit wie auch der Inkongruenz kann im Einzelfall ausgeschlossen sein, wenn die Umstände ergeben, dass der Schuldner von einer anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willensrichtung geleitet war und das Bewusstsein der Benachteiligung anderer Gläubiger infolgedessen in den Hintergrund getreten ist. Dies kann einmal gelten, wenn die Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber gescheiterten Sanierungsversuchs war (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09, WM 2012, 146 Rn. 11, 18; vom 21. Februar 2013 - IX ZR 52/10, WM 2013, 763 Rn. 11; vom 3. April 2014 - IX ZR 201/13, WM 2014, 1009 Rn. 40).

44
bb) Zum anderen kann dem Schuldner im Falle einer bargeschäftsähnlichen Lage infolge des gleichwertigen Leistungsaustauschs die dadurch eintretende mittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht bewusst geworden sein (Kayser, WM 2013, 293, 298; NJW 2014, 422, 427). Darum handelt ein Schuldner in der Regel nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn er eine kongruente Leistung Zug um Zug gegen eine zur Fortführung seines eigenen Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat, die den Gläubigern im allgemeinen nützt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1997 - IX ZR 234/96, ZIP 1997, 1551, 1553; Beschluss vom 16. Juli 2009 - IX ZR 28/07, NZI 2009, 723 Rn. 2; vom 6. Februar 2014 - IX ZR 221/11, ZInsO 2014, 496 Rn. 3). Zu den für die Betriebsfortführung unverzichtbaren Gegenleistungen gehört auch die Tätigkeit der Arbeitnehmer, deren Mitwirkung für jede betriebliche Wertschöpfung unabdingbar ist. Deswegen scheidet regelmäßig ein Benachteiligungsvorsatz aus, wenn durch Gehaltszahlungen im Zuge eines Baraustauschs die für die Betriebsfortführung unerlässliche Gegenleistung der Arbeitstätigkeit entgolten wird (BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 84 ff, 89). Nach den hier getroffenen Feststellungen fehlt es an einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin, weil diese dem Beklagten Gehaltszahlungen im Rahmen eines bargeschäftlichen Leistungsaustauschs gewährt hat.
45
b) Überdies hat der Kläger nicht den Nachweis geführt, dass der Beklagte eine auch nur drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und damit deren Benachteiligungsvorsatz erkannt hat (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO). Nach den tatrichterlichen Feststellungen war der Beklagte nicht mit der Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben betraut, die ihm nähere Einblicke in die Vermögenslage der Schuldnerin verschafft hätte (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 205/11, WM 2012, 2343 Rn. 7). Ferner hat er zugunsten der Schuldnerin eine selbstschuldnerische Bürgschaft über 55.000 € übernommen und durch Klage vom 16. Februar 2010 gegenüber der Schuldnerin seine offenen Lohnrückstände vor dem Arbeitsgericht verfolgt. Die ein erhebliches Risiko bergende Bereitschaft, eine selbstschuldnerische Bürgschaft einzugehen, spricht nachdrücklich gegen eine Kenntnis des Beklagten von einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin, sondern deutet vielmehr darauf hin, dass er nicht von ihrer existenziellen Gefährdung ausging. Ebenso liegt fern, dass der Schuldner eine Klage gegen das als insolvent erkannte Unternehmen gerichtet hätte, die von vornherein keinen wirtschaftlichen Erfolg versprochen, sondern durch das Ingangsetzen eines aussichtslosen Verfahrens lediglich eine zusätzliche Kostenbelastung hervorgerufen hätte.
46
2. Ein Anfechtungsanspruch folgt auch nicht aus § 133 Abs. 2 Satz 1 InsO. Nach dieser Vorschrift ist ein von dem Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138 InsO) geschlossener entgeltlicher Vertrag anfechtbar, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden.
47
a) Da es sich bei der Schuldnerin um eine GmbH handelt, ist der zu mehr als ein Viertel an ihrem Kapital beteiligte Beklagte gemäß § 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO als nahestehende Person anzusehen. Der Vertragsbegriff des § 133 Abs. 2 InsO ist weit auszulegen (BGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - IX ZR 58/09, NZI 2010, 738 Rn. 9). Auch reine Erfüllungsgeschäfte werden zu den entgeltlichen Verträgen gerechnet. Bei ihnen besteht das Entgelt in der Befreiung von der Schuld (BGH, Urteil vom 12. Juli 1990 - IX ZR 245/89, BGHZ 112, 136, 138; Urteil vom 15. Februar 1990 - IX ZR 149/88, ZIP 1990, 459, 460).
48
b) Jedoch fehlt es an der weiteren Voraussetzung einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung des Schuldners die Zugriffsmöglichkeiten der Gläubigergesamtheit unmittelbar verschlechtert, ohne dass weitere Umstände hinzutreten müssen (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - IX ZR 130/10, WM 2013, 333 Rn. 27). Durch einen Vertrag, auf Grund dessen der Schuldner für das, was er aufgibt, eine vollwertige Gegenleistung erhält, werden die Gläubiger auch dann nicht unmittelbar benachteiligt, wenn diese Gegenleistung infolge eines weiteren , nicht zu dem Gesamttatbestand des Rechtsgeschäfts gehörenden Umstandes in dem Zeitpunkt nicht mehr in dem Vermögen des Schuldners vorhanden ist, in dem die von ihm zu erbringende Leistung endgültig aus seinem Vermögen herausgeht (BGH, Urteil vom 9. Februar 1955 - IV ZR 173/54, WM 1955, 404, 406; RGZ 116, 134, 137 f). Mithin scheidet bei einem Baraustausch, wie er hier gegeben ist, schon mit Rücksicht auf die zuvor erbrachte Arbeitsleistung eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung aus (vgl. MünchKomm-InsO/ Kayser, 3. Aufl., § 133 Rn. 41; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 133 Rn. 42).
49
3. Schließlich ist eine Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht begründet. Mit der Lohnzahlung wurde keine einem Darlehen wirtschaftlich entsprechende Forderung befriedigt.
50
a) Die Anfechtbarkeit nach dieser Vorschrift erfasst sowohl die Befriedigung von Gesellschafterdarlehen als auch ihnen wirtschaftlich entsprechender Forderungen. Ungeachtet des Entstehungsgrundes sind einem Darlehen alle aus Austauschgeschäften herrührende Forderungen gleich zu achten, die der Gesellschaft rechtlich oder rein faktisch gestundet wurden, weil jede Stundung bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Darlehensgewährung bewirkt (MünchKomm -InsO/Ehricke, aaO § 39 Rn. 43; MünchKomm-InsO/Gehrlein, aaO § 135 Rn. 18; Preuß in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2013, § 39 Rn. 81). Stehen gelas- sene Gehaltsansprüche eines Gesellschafters können darum wirtschaftlich einem Darlehen entsprechen (BGH, Urteil vom 16. Februar 2009 - II ZR 120/07, BGHZ 180, 38 Rn. 24; BAG, Urteil vom 27. März 2014 - 6 AZR 204/12, ZIP 2014, 927 Rn. 30 ff).
51
b) Im Streitfall ist weder eine Stundung noch ein Stehenlassen einer Lohnforderung gegeben. Vielmehr wurde die Lohnzahlung an den Beklagten bargeschäftlich (§ 142 InsO) abgewickelt. In diesem Fall kommt eine Stundungswirkung nicht in Betracht (vgl. Preuß in Kübler/Prütting/Bork, aaO, § 39 Rn. 81; Ahrens in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 39 Rn. 36).
Kayser Gehrlein Vill
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
AG Siegen, Entscheidung vom 05.04.2012 - 14 C 2967/11 -
LG Siegen, Entscheidung vom 29.07.2013 - 3 S 35/12 -

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

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(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.

(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.