Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 30. Sept. 2015 - VI-Kart 3/15 (V)

ECLI:ECLI:DE:OLGD:2015:0930.VI.KART3.15V.00
bei uns veröffentlicht am30.09.2015

Tenor

  • I. Der Antrag der Betroffenen, ihr wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Beschwerde gegen den Beschluss des Bundeskartellamts vom 26. Februar 2015 - B 1 - 62/13 - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wird zurückgewiesen.
  • II. Die Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss des Bundeskartellamts vom 26. Februar 2015 - B 1 - 62/13 - wird als unzulässig verworfen.
  • III. Die Betroffene trägt die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens. Ihr fallen darüber hinaus die dem Bundeskartellamt zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit entstandenen Auslagen zur Last. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
  • IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
  • V. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 1,5 Mio. €.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 30. Sept. 2015 - VI-Kart 3/15 (V)

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 30. Sept. 2015 - VI-Kart 3/15 (V)

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver
Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 30. Sept. 2015 - VI-Kart 3/15 (V) zitiert 24 §§.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 173


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 113 Anwendung von Vorschriften der Zivilprozessordnung


(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Ziv

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 1 Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen


Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 130 Inhalt der Schriftsätze


Die vorbereitenden Schriftsätze sollen enthalten: 1. die Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung; die Bezeichnung des Gerichts und des Streitgegenstandes; die Zahl der Anlag

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 13


Vor die ordentlichen Gerichte gehören die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsachen) sowie die Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehö

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 78 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann von den am Beschwerdeverfahren Beteiligten durch Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden. (2) Über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof durch Beschluss, der zu begrü

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 74 Frist und Form


(1) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat bei der Kartellbehörde, deren Verfügung angefochten wird, schriftlich einzureichen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Verfügung der Kartellbehörde. Wird in den Fällen des § 36 Absatz 1

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 32 Abstellung und nachträgliche Feststellung von Zuwiderhandlungen


(1) Die Kartellbehörde kann Unternehmen oder Vereinigungen von Unternehmen verpflichten, eine Zuwiderhandlung gegen eine Vorschrift dieses Teils oder gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union abzustellen.

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 63 Beteiligte am Rechtsbehelfsverfahren, Beteiligtenfähigkeit


(1) An dem Rechtsbehelfsverfahren sind beteiligt: 1. der Rechtsbehelfsführer,2. die Kartellbehörde, deren Verfügung angefochten wird,3. Personen und Personenvereinigungen, deren Interessen durch die Entscheidung erheblich berührt werden und die die K

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 73 Zulässigkeit, Zuständigkeit


(1) Gegen Verfügungen der Kartellbehörde ist die Beschwerde zulässig. Sie kann auch auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt werden. (2) Die Beschwerde steht den am Verfahren vor der Kartellbehörde Beteiligten im Sinne des § 54 Absatz 2 und 3

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 65 Mündliche Verhandlung


(1) Das Gericht entscheidet über die Beschwerde und über die Rechtsbeschwerde aufgrund mündlicher Verhandlung; mit Einverständnis der Beteiligten kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. (2) Sind die Beteiligten in dem Verhandlungsterm

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 12


Die ordentliche Gerichtsbarkeit wird durch Amtsgerichte, Landgerichte, Oberlandesgerichte und durch den Bundesgerichtshof (den obersten Gerichtshof des Bundes für das Gebiet der ordentlichen Gerichtsbarkeit) ausgeübt.

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 66 Aufschiebende Wirkung


(1) Rechtsbehelfe haben aufschiebende Wirkung, soweit durch die angefochtene Verfügung 1. eine Verfügung nach § 26 Absatz 4, § 30 Absatz 3, § 31b Absatz 3, § 32 Absatz 2a Satz 1 oder § 34 Absatz 1 getroffen wird oder2. eine Erlaubnis nach § 42 Absatz

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 52 Veröffentlichung allgemeiner Weisungen


Soweit das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie dem Bundeskartellamt allgemeine Weisungen für den Erlass oder die Unterlassung von Verfügungen nach diesem Gesetz erteilt, sind diese Weisungen im Bundesanzeiger zu veröffentlichen.

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 68 Einstweilige Anordnungen im Rechtsbehelfsverfahren


§ 60 gilt für Rechtsbehelfsverfahren entsprechend. Dies gilt nicht für die Fälle des § 67. Für den Erlass einstweiliger Anordnungen im Rechtsbehelfsverfahren ist das Gericht der Hauptsache zuständig.

Referenzen - Urteile

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Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11

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Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Sept. 2010 - XII ZB 82/10

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 82/10 vom 15. September 2010 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG § 78 Abs. 2; ZPO § 127 Abs. 2; RVG VV Nr. 3335, 3502 Der Streitwert im Verfahren der Rechtsbeschwerde

Bundesfinanzhof Urteil, 08. Okt. 2014 - VI R 82/13

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Tatbestand 1 I. Streitig ist, ob ein wirksamer Antrag auf Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorliegt, wenn die Unterschrift des Steue

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. März 2014 - XII ZB 736/12

bei uns veröffentlicht am 05.03.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 736/12 vom 5. März 2014 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 D Zur Pflicht eines Rechtsanwalts, für eine Vertretung bei Erkrankung zu sorgen. BGH, Beschluss vom

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 18. Mai 2010 - 3 C 21/09

bei uns veröffentlicht am 18.05.2010

Tatbestand 1 Die Klägerin zu 1 betreibt in der Rechtsform der Aktiengesellschaft einen Großteil der Eisenbahnschienenwege in Deutschland. Ihre Gesellschaftsanteile werde

Referenzen

(1) Die Kartellbehörde kann Unternehmen oder Vereinigungen von Unternehmen verpflichten, eine Zuwiderhandlung gegen eine Vorschrift dieses Teils oder gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union abzustellen.

(2) Sie kann ihnen hierzu alle erforderlichen Abhilfemaßnahmen verhaltensorientierter oder struktureller Art vorschreiben, die gegenüber der festgestellten Zuwiderhandlung verhältnismäßig und für eine wirksame Abstellung der Zuwiderhandlung erforderlich sind. Abhilfemaßnahmen struktureller Art können nur in Ermangelung einer verhaltensorientierten Abhilfemaßnahme von gleicher Wirksamkeit festgelegt werden, oder wenn letztere im Vergleich zu Abhilfemaßnahmen struktureller Art mit einer größeren Belastung für die beteiligten Unternehmen verbunden wäre.

(2a) In der Abstellungsverfügung kann die Kartellbehörde eine Rückerstattung der aus dem kartellrechtswidrigen Verhalten erwirtschafteten Vorteile anordnen. Die in den erwirtschafteten Vorteilen enthaltenen Zinsvorteile können geschätzt werden. Nach Ablauf der in der Abstellungsverfügung bestimmten Frist für die Rückerstattung sind die bis zu diesem Zeitpunkt erwirtschafteten Vorteile entsprechend § 288 Absatz 1 Satz 2 und § 289 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen.

(3) Soweit ein berechtigtes Interesse besteht, kann die Kartellbehörde auch eine Zuwiderhandlung feststellen, nachdem diese beendet ist.

Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.

(1) Rechtsbehelfe haben aufschiebende Wirkung, soweit durch die angefochtene Verfügung

1.
eine Verfügung nach § 26 Absatz 4, § 30 Absatz 3, § 31b Absatz 3, § 32 Absatz 2a Satz 1 oder § 34 Absatz 1 getroffen wird oder
2.
eine Erlaubnis nach § 42 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit § 40 Absatz 3a widerrufen oder geändert wird,
oder soweit der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts eine solche Verfügung betrifft.

(2) Wird eine Verfügung, durch die eine einstweilige Anordnung nach § 60 getroffen wurde, angefochten, so kann das Gericht im Rechtsbehelfsverfahren anordnen, dass die Vollziehung der angefochtenen Verfügung ganz oder teilweise ausgesetzt wird. Die Anordnung kann jederzeit aufgehoben oder geändert werden.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Rechtsbehelfe haben aufschiebende Wirkung, soweit durch die angefochtene Verfügung

1.
eine Verfügung nach § 26 Absatz 4, § 30 Absatz 3, § 31b Absatz 3, § 32 Absatz 2a Satz 1 oder § 34 Absatz 1 getroffen wird oder
2.
eine Erlaubnis nach § 42 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit § 40 Absatz 3a widerrufen oder geändert wird,
oder soweit der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts eine solche Verfügung betrifft.

(2) Wird eine Verfügung, durch die eine einstweilige Anordnung nach § 60 getroffen wurde, angefochten, so kann das Gericht im Rechtsbehelfsverfahren anordnen, dass die Vollziehung der angefochtenen Verfügung ganz oder teilweise ausgesetzt wird. Die Anordnung kann jederzeit aufgehoben oder geändert werden.

(1) Gegen Verfügungen der Kartellbehörde ist die Beschwerde zulässig. Sie kann auch auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt werden.

(2) Die Beschwerde steht den am Verfahren vor der Kartellbehörde Beteiligten im Sinne des § 54 Absatz 2 und 3 zu. Gegen eine Verfügung, durch die eine Erlaubnis nach § 42 erteilt wird, steht die Beschwerde einem Dritten nur zu, wenn er geltend macht, durch die Verfügung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Die Beschwerde ist auch gegen die Unterlassung einer beantragten Verfügung der Kartellbehörde zulässig, auf deren Vornahme der Antragsteller ein Recht zu haben behauptet. Als Unterlassung gilt es auch, wenn die Kartellbehörde den Antrag auf Vornahme der Verfügung ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht beschieden hat. Die Unterlassung ist dann einer Ablehnung gleichzuachten.

(4) Über die Beschwerde entscheidet das für den Sitz der Kartellbehörde zuständige Oberlandesgericht, in den Fällen der §§ 35 bis 42 das für den Sitz des Bundeskartellamts zuständige Oberlandesgericht, und zwar auch dann, wenn sich die Beschwerde gegen eine Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie richtet. § 36 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 158 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, gilt § 202 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes.

(5) Der Bundesgerichtshof entscheidet als Beschwerdegericht im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten gegen Verfügungen des Bundeskartellamts

1.
nach § 19a, auch in Verbindung mit §§ 19, 20 und Artikel 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union sowie § 32 Absatz 1, 2 und 3,
2.
nach den §§ 32a und 32b, soweit diese Vorschriften auf Sachverhalte im Sinne des § 19a angewendet werden,
jeweils einschließlich aller selbständig anfechtbaren Verfahrenshandlungen.

(1) Rechtsbehelfe haben aufschiebende Wirkung, soweit durch die angefochtene Verfügung

1.
eine Verfügung nach § 26 Absatz 4, § 30 Absatz 3, § 31b Absatz 3, § 32 Absatz 2a Satz 1 oder § 34 Absatz 1 getroffen wird oder
2.
eine Erlaubnis nach § 42 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit § 40 Absatz 3a widerrufen oder geändert wird,
oder soweit der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts eine solche Verfügung betrifft.

(2) Wird eine Verfügung, durch die eine einstweilige Anordnung nach § 60 getroffen wurde, angefochten, so kann das Gericht im Rechtsbehelfsverfahren anordnen, dass die Vollziehung der angefochtenen Verfügung ganz oder teilweise ausgesetzt wird. Die Anordnung kann jederzeit aufgehoben oder geändert werden.

§ 60 gilt für Rechtsbehelfsverfahren entsprechend. Dies gilt nicht für die Fälle des § 67. Für den Erlass einstweiliger Anordnungen im Rechtsbehelfsverfahren ist das Gericht der Hauptsache zuständig.

(1) Rechtsbehelfe haben aufschiebende Wirkung, soweit durch die angefochtene Verfügung

1.
eine Verfügung nach § 26 Absatz 4, § 30 Absatz 3, § 31b Absatz 3, § 32 Absatz 2a Satz 1 oder § 34 Absatz 1 getroffen wird oder
2.
eine Erlaubnis nach § 42 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit § 40 Absatz 3a widerrufen oder geändert wird,
oder soweit der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts eine solche Verfügung betrifft.

(2) Wird eine Verfügung, durch die eine einstweilige Anordnung nach § 60 getroffen wurde, angefochten, so kann das Gericht im Rechtsbehelfsverfahren anordnen, dass die Vollziehung der angefochtenen Verfügung ganz oder teilweise ausgesetzt wird. Die Anordnung kann jederzeit aufgehoben oder geändert werden.

Die vorbereitenden Schriftsätze sollen enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung; die Bezeichnung des Gerichts und des Streitgegenstandes; die Zahl der Anlagen;
1a.
die für eine Übermittlung elektronischer Dokumente erforderlichen Angaben, sofern eine solche möglich ist;
2.
die Anträge, welche die Partei in der Gerichtssitzung zu stellen beabsichtigt;
3.
die Angabe der zur Begründung der Anträge dienenden tatsächlichen Verhältnisse;
4.
die Erklärung über die tatsächlichen Behauptungen des Gegners;
5.
die Bezeichnung der Beweismittel, deren sich die Partei zum Nachweis oder zur Widerlegung tatsächlicher Behauptungen bedienen will, sowie die Erklärung über die von dem Gegner bezeichneten Beweismittel;
6.
die Unterschrift der Person, die den Schriftsatz verantwortet, bei Übermittlung durch einen Telefaxdienst (Telekopie) die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 22/12
vom
25. September 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Unterzeichnet ein Rechtsanwalt eine Berufungsschrift mit dem Vermerk "i.A."
("im Auftrag"), ist dies unschädlich, wenn der Unterzeichnende als Sozietätsmitglied
zum Kreis der beim Berufungsgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten
des Berufungsklägers zählt (im Anschluss an BGH, Beschluss
vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, NJW 1993, 2056; Urteil vom 31. März 2003
- II ZR 192/02, NJW 2003, 2028; Beschlüsse vom 19. Juni 2007 - VI ZB
81/05, FamRZ 2007, 1638; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, juris).

b) Die Identität eines Rechtsanwalts, der eine Berufungsschrift mit dem Vermerk
"i.A." unterzeichnet hat, muss im Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist
nicht bereits in solcher Weise eindeutig geklärt sein, dass schon endgültige
Feststellungen zur Identität und zur Postulationsfähigkeit des Unterzeichners
getroffen werden können; maßgeblich ist insoweit der Erkenntnisstand
zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung (im
Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, juris; vom
26. Juli 2012 - III ZB 70/11, DB 2012, 2042).
BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - VIII ZB 22/12 - OLG Stuttgart
LG Heilbronn
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2012 durch
den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Milger, die Richter Dr. Achilles
und Dr. Schneider sowie die Richterin Dr. Fetzer

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 6. März 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: bis 20.000 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen Lieferung eines angeblich fehlerhaften Bodenbelags in Anspruch; die Beklagte verlangt widerklagend die Begleichung ausstehender Kaufpreisforderungen. Das Landgericht hat mit Schlussurteil vom 28. November 2011 die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage zur Zahlung von 3.849,17 € nebst Zinsen verurteilt. Gegen das am 1. Dezember 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch ihre - bereits in erster Instanz für sie tätig gewordenen - Prozessbevollmächtigten mit am 2. Januar 2012 per Telefax beim Oberlandesgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel vor Ab- lauf der bis zum 1. März 2012 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.
2
Die auf dem Briefbogen der Rechtsanwälte D. H. & Kollegen verfasste Berufungsschrift trägt am Ende die maschinenschriftliche Unterzeichnung : "(T. H. ) Rechtsanwalt"
3
Über diesen maschinenschriftlichen Angaben befindet sich handschriftlich die Abkürzung "i. A.", gefolgt von einer teilweise unleserlichen Unterschrift, die nicht von Rechtsanwalt H. stammt. Mit Verfügung vom 17. Januar 2012 hat das Oberlandesgericht mitgeteilt, es beabsichtige die Berufung als unzulässig zu verwerfen, weil die Berufungsschrift - wie das Kürzel "i.A." belege - nur von einem Erklärungsboten unterzeichnet worden sei. Die Klägerin hat daraufhin durch ihre Prozessbevollmächtigten mit am 30. Januar 2012 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz vortragen lassen, die handschriftliche Unterschrift stamme von der auf dem Briefkopf der Anwaltssozietät aufgeführten und ebenfalls mandatierten Rechtsanwältin E. S. . Sie macht geltend, der Zusatz "i.A." sei gemessen an § 130 Nr. 6 ZPO dann unschädlich , wenn - wie hier - eine mandatierte und postulationsfähige Rechtsanwältin die Berufungsschrift unterzeichnet habe. Zum Beleg dieses Vorbringens trägt der Schriftsatz sowohl die Unterschrift von Rechtsanwalt H. als auch die von Rechtsanwältin S. .
4
Das Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 6. März 2012 die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, mit der Verwendung des Zusatzes "i.A." gebe der Unterzeichnende nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zu erkennen, dass er nicht - wie nach § 130 Nr. 6, § 519 Abs. 4 ZPO gefordert - die Verantwortung für den Inhalt der Berufungsschrift übernehme; vielmehr trete er nur als Erklärungsbote auf. So verhalte es sich auch im Streitfall. Zwar sei die Verwendung des Kürzels "i.A." dann unschädlich, wenn der unterzeichnende Rechtsanwalt zum Kreis der beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwälte zähle und unmittelbar in Ausführung des ihm erteilten Mandats tätig werde. Dies setze jedoch voraus, dass entsprechende Feststellungen vor Ablauf der Rechtsmittelfrist getroffen werden könnten. Daran fehle es hier. Die maschinenschriftlichen Angaben seien auf Rechtsanwalt H. bezogen, der den Schriftsatz nicht unterzeichnet habe. Es fehle eine klarstellende Erläuterung, dass der Schriftzug einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin und nicht einer dritten Person - etwa einer Büroangestellten - zuzuordnen sei. Auch den beigefügten beglaubigten Abschriften des Berufungsschriftsatzes ließen sich keine Hinweise auf die Identität des Unterzeichners entnehmen.
5
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

6
Die frist- und formgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gefordert ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die angefochtene Entscheidung verletzt das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfG, NJW-RR 2002, 1004 mwN; Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775 unter II 1; vom 9. Februar 2010 - VIII ZB 67/09, juris Rn. 7; BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086 unter B II 1 d bb; Beschluss vom 14. Februar 2006 - VI ZB 44/05, NJW 2006, 1521 Rn. 5 mwN). Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die nach § 519 Abs. 4, § 130 Nr. 6 ZPO erforderliche Unterschrift eines Rechtsanwalts in einer mit den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen nicht mehr vereinbaren Weise überspannt und dadurch der Klägerin den Zugang zur Rechtsmittelinstanz unzulässig verwehrt.
8
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Berufungsgericht durfte das Rechtsmittel der Klägerin nicht gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO mit der Begründung als unzulässig verwerfen, die Berufungsschrift sei nicht ordnungsgemäß unterzeichnet worden.
9
a) Nach ständiger Rechtsprechung muss die Berufungsschrift als bestimmender Schriftsatz die Unterschrift des für sie verantwortlich Zeichnenden tragen (BGH, Beschlüsse vom 4. Oktober 1984 - VII ZR 342/83, BGHZ 92, 251, 254 ff.; vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07, NJW 2008, 2508 Rn. 9; vom 9. Dezember 2010 - IX ZB 60/10, juris Rn. 4 mwN). Die Unterschrift soll die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die Verantwortung für den Schriftsatz zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (BGH, Beschlüsse vom 22. November 2005 - VI ZB 75/04, VersR 2006, 387 Rn. 5; vom 9. Dezember 2010 - IX ZB 60/10, aaO; vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, juris Rn. 6; vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, juris Rn. 7; jeweils mwN). Für den Anwaltsprozess bedeutet dies, dass die Berufung von einem dazu bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfasst, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein muss (vgl. [jeweils zur Berufungsbegründung] BGH, Urteile vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, NJW 2003, 2028 unter II 1; vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, aaO unter B II 1 a; Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO; jeweils mwN).
10
b) Gemessen an diesen Vorgaben genügt die mit dem Kürzel "i.A." versehene handschriftliche Unterschrift auf der Berufungsschrift vom 2. Januar 2012 entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts den Anforderungen an eine wirksame Unterzeichnung.
11
aa) Dem Berufungsgericht ist zwar darin beizupflichten, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung in den Fällen, in denen der Unterzeichner einer Rechtsmittelschrift seine Unterschrift mit dem Zusatz "i.A." versieht, grundsätzlich nicht von einer dafür erforderlichen Übernahme der Verantwortung des Unterzeichners für den Inhalt der Rechtsmittelschrift ausgeht, weil der Unterzeichnende damit zu erkennen gibt, dass er dem Gericht gegenüber nur als Erklärungsbote auftritt (BGH, Beschlüsse vom 5. November 1987 - V ZR 139/87, NJW 1988, 210; vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, NJW 1993, 2056 unter II 1; Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, aaO unter II 2; Beschlüsse vom 19. Juni 2007 - VI ZB 81/05, FamRZ 2007, 1638 Rn. 4; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, juris Rn. 8; vgl. ferner BAG, DB 1967, 1904).
12
bb) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist allerdings - wovon auch das Berufungsgericht ausgeht - anerkannt, dass eine mit dem Zusatz "i.A." versehene eigenhändige Unterschrift dann den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Unterzeichnung eines Rechtsmittelschriftsatzes genügt, wenn die auf diese Weise erfolgte Unterschrift von einem Rechtsanwalt stammt, der als Mitglied der mandatierten Anwaltssozietät ebenfalls zum Kreis der Prozessbevollmächtigten zählt (BGH, Beschlüsse vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, aaO unter II 2; vom 19. Juni 2007 - VI ZB 81/05, aaO Rn. 5; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, aaO Rn. 9). In einem solchen Fall muss angenommen werden, dass der mit dem Zusatz "i.A." unterzeichnende Rechtsanwalt nicht lediglich in Wahrnehmung des sozietätsinternen Innenverhältnisses zu dem eigentlichen Sachbearbeiter, sondern zumindest auch in Ausführung des ihm selbst erteilten Mandats tätig geworden ist (BGH, Beschlüsse vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, aaO; vom 19. Juni 2007 - VI ZB 81/05, aaO; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, aaO). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
13
Die Unterschrift stammt - was durch den nach Ablauf der Berufungsfrist eingegangenen Schriftsatz vom 24. Januar 2012 belegt und auch vom Berufungsgericht nicht in Zweifel gezogen wird - von der auf dem Briefkopf der Anwaltssozietät D. · H. & Kollegen aufgeführten Rechtsanwältin E. S. , die allgemein zugelassen und damit auch vor dem Berufungsgericht postulationsfähig ist. Die Klägerin hat unwiderlegt mit Schriftsatz vom 24. Januar 2012 vorgetragen, dass sie alle Sozietätsmitglieder - auch die auf dem Briefkopf der Kanzlei als Sozia ausgewiesene Rechtsanwältin S. - mit der Einlegung der Berufung beauftragt hatte.
14
cc) Anders als das Berufungsgericht meint, steht einer wirksamen Einlegung der Berufung nicht entgegen, dass zum Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist dem Berufungsgericht noch nicht positiv bekannt war, dass die mit dem Zusatz "i.A." versehene eigenhändige Unterschrift von einer Rechtsanwältin stammte, die zum Kreis der Prozessbevollmächtigten der Berufungsführerin zählte. Zwar sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung bei der Prü- fung der Frage, ob ein Rechtsmittelschriftsatz von einem postulationsfähigen Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist, nur solche Umstände zu berücksichtigen , die dem Rechtsmittelgericht bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist bekannt geworden sind (BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, aaO unter B II 1 d cc; Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO Rn. 6). Bei Ablauf der Berufungsfrist war für das Berufungsgericht jedoch hinreichend erkennbar, dass die Berufung von Rechtsanwältin S. als Sozietätsmitglied unterzeichnet worden war. Der Senat kann die Prüfung der für das Vorliegen einer ausreichenden Unterschrift erforderlichen Merkmale selbständig und ohne Bindung an die Ausführungen des Berufungsgerichts vornehmen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775 unter II 2 b mwN; vom 9. Februar 2010 - VIII ZB 67/09, juris Rn. 11). Bei Anlegung des gebotenen großzügigen Maßstabs lässt sich die handschriftliche Unterschrift der auf dem Briefkopf der Kanzlei aufgeführten Rechtsanwältin E. S. zuordnen.
15
(1) Zwar lassen sich dem maschinenschriftlichen Zusatz "(T. H.) Rechtsanwalt" noch keine Hinweise darauf entnehmen, dass ein Rechtsanwalt die Berufungsschrift unterzeichnet hat. Denn durch den handschriftlichen Zusatz "i.A." ist klargestellt, dass die handschriftliche Unterschrift nicht von Rechtsanwalt H. stammt, auf den sich die maschinenschriftlichen Ergänzungen beziehen. Zusätzliche Erläuterungen, die klarstellen, dass auch die Unterzeichnerin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist, fehlen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO Rn. 8).
16
(2) Es lässt sich jedoch aus anderen Umständen hinreichend entnehmen , dass die Unterschrift durch eine Sozietätskollegin des sachbearbeitenden Rechtsanwalts erfolgt ist (zur Bedeutung weiterer Umstände vgl. BGH, Beschluss vom 22. November 2005 - VI ZB 75/04, aaO Rn. 7). Anders als in dem vom IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschiedenen Fall (Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO) trägt der Briefkopf der Berufungsschrift nicht nur den Namen eines Rechtsanwalts. Vielmehr sind auf dem Briefkopf insgesamt 17 aktive Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen aufgeführt, darunter auch Rechtsanwältin E. S. . Dass bei einer solchen Kanzlei alle 17 Rechtsanwälte verhindert sein könnten und daher die Kanzleikraft V. den Schriftsatz unterzeichnet haben könnte, ist mehr als fernliegend. Hinzu kommt, dass es sich bei der Berufungsschrift um einen bestimmenden Schriftsatz handelt , der - was zu dem Grundwissen einer Kanzleikraft gehört - zwingend von einem zugelassenen Rechtsanwalt zu unterschreiben ist und nicht - wie dies bei vorbereitenden Schriftsätzen zulässig ist - im Verhinderungsfall vom Büropersonal unterzeichnet werden darf. Außerdem lässt sich - wie die Beschwerdebegründung zutreffend hervorhebt - die handschriftliche Unterschrift trotz ihrer teilweisen Unleserlichkeit zumindest dahin entziffern, dass in ihr zwei Großbuchstaben enthalten sind, von denen der erste einem "E", einem "T" oder einem "G" ähnelt und der zweite ein "S" oder ein "G" darstellt. Durch die Verwendung von zwei Großbuchstaben steht fest, dass es sich um eine Unterzeichnung mit Vor- und Nachnamen handelt. Da der Nachname mit "S" oder "G" beginnt , ist auszuschließen, dass die unter der Rubrik "Sekretariat" aufgeführte Frau V. den Schriftsatz unterzeichnet hat. Weiter ist der Unterschrift zu entnehmen , dass der mit "S" oder "G" beginnende Nachname mehrere Buchstaben aufweist und mit einem "f" oder "t" ausläuft. Der Schriftzug genügt damit den generellen Anforderungen an eine Unterschrift, weil er individuelle und charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005, aaO, unter II 2 a; vom 9. Februar 2010 - VIII ZB 67/09, aaO Rn. 10; jeweils mwN). Weiter zeigt ein Vergleich mit den auf dem Briefkopf aufgeführten Rechtsanwäl- ten und Rechtsanwältinnen, dass sich der Namenszug bei angemessen großzügiger Betrachtung Frau Rechtsanwältin E. S. zuordnen lässt.
17
(3) Dass die Unterschrift bei Ablauf der Berufungsfrist einer auf dem Briefkopf aufgeführten Rechtsanwältin zugeordnet werden konnte, ist ausreichend. Nicht erforderlich ist dagegen, dass zu diesem Zeitpunkt schon Gewissheit über die Urheberschaft bestand. Denn die Identität eines Rechtsanwalts, der die Rechtsmittelschrift unterzeichnet hat, muss im Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist nicht bereits in solcher Weise eindeutig geklärt sein, dass schon endgültige Feststellungen zur Identität und zur Postulationsfähigkeit des Unterzeichners getroffen werden können (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, aaO Rn. 10 ff. zur Unterzeichnung einer Berufungsbegründung in Vertretung eines anderen Rechtsanwalts; vom 26. Juli 2012 - III ZB 70/11, DB 2012, 2042 Rn. 9 f. zur Unterzeichnung mit dem Vermerk "nach Diktat verreist"; vgl. auch Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO Rn. 10). Maßgeblich ist insoweit der Erkenntnisstand zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung oder - bei einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren - der Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Ver- handlung entspricht (BGH, Beschlüsse vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, aaO Rn. 11; vom 26. Juli 2012 - III ZB 70/11, aaO Rn. 10). Ball Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer
Vorinstanzen:
LG Heilbronn, Entscheidung vom 28.11.2011 - 5 O 52/11 Pe -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 06.03.2012 - 19 U 1/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 70/11
vom
26. Juli 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Rechtsanwalt, der unter Angabe seiner Berufsbezeichnung einen bestimmenden
Schriftsatz für einen anderen Rechtsanwalt unterzeichnet, übernimmt
mit seiner Unterschrift auch dann die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes
, wenn vermerkt ist, dass der andere Anwalt "nach Diktat außer Haus" ist.
BGH, Beschluss vom 26. Juli 2012 - III ZB 70/11 - AG Dortmund
LG Dortmund
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Juli 2012 durch den
Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter Dr. Herrmann, Wöstmann, Hucke
und Dr. Remmert

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 6. Oktober 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 1.372,39 €

Gründe:


I.


1
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten wegen behaupteter entgeltlicher Arbeitnehmerüberlassung Zahlung von 1.372,39 € nebst Zinsen. Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 18. März 2011, das dem als Einzelanwalt tätigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 8. April 2011 zugestellt worden ist, abgewiesen. Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 9. Mai 2011 (einem Montag) Berufung eingelegt. Innerhalb verlängerter Frist ist am 7. Juli 2011 ein das Rechtsmittel begründender Schriftsatz per Fax bei dem Berufungsgericht eingegangen. Er weist ebenso wie das am 11. Juli 2011 eingegangene Original auf der ersten Seite im Kopf (nur) den die Klägerin vertretenden Rechtsanwalt V. aus; am Ende dieses Schriftsatzes finden sich maschinenschriftlich dessen Vor- und Nachname sowie die Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt", seine Unterschrift fehlt; darunter ist "nach Diktat außer Haus" hinzugefügt, es folgt ein handschriftlicher Schriftzug, unter der "Rechtsanwältin" gedruckt ist.
2
Nach Hinweis des Beklagten, dass die Berufungsbegründung nicht ordnungsgemäß unterzeichnet und deshalb die Berufung als unzulässig zu verwerfen sei, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erläutert, dass die Berufungsbegründung von der Rechtsanwältin E. B. unterzeichnet worden sei, wie dies auch ein Vergleich mit der unter ihren - in Kopie beigefügten - Personalausweis geleisteten Unterschrift belege.
3
Im Anschluss an einen darauf erfolgten gerichtlichen Hinweis und einer dazu ergangenen Stellungnahme des Vertreters der Klägerin hat das Berufungsgericht das Rechtsmittel mit Beschluss vom 6. Oktober 2011 als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass weder auf dem Fax noch auf dem Original der Berufungsbegründung eine ordnungsgemäße Unterschrift vorhanden gewesen sei. Es sei nicht ausreichend, dass der Schriftsatz von einem zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und dessen Identität feststellbar sei. Weder aus der Berufungsbegründung noch aus dem sonstigen Akteninhalt habe sich ergeben, wer die Berufungsbegründung unterschrieben habe. Der Briefkopf des Schriftsatzes habe allein Rechtsanwalt V. ausgewiesen , ein Namensstempel der Rechtsanwältin B. sei nicht angebracht ge- wesen und ihre Identität habe sich bei Ablauf der Berufungsbegründungsfrist auch sonst nicht ergeben.
4
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.


5
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Die Verwerfung der Berufung als unzulässig, weil es an einer ordnungsgemäß begründeten Berufung fehle, verletzt die Klägerin in ihren Verfahrensgrundrechten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) sowie auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).
6
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die eigenhändige Unterschrift des Ausstellers nach § 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6 ZPO Wirksamkeitsvoraussetzung für eine rechtzeitige Berufungsbegründung. Damit soll die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglicht und dessen unbedingter Wille zum Ausdruck gebracht werden, den Schriftsatz zu verantworten und bei Gericht einzureichen. Für den Anwaltsprozess bedeutet dies, dass die Berufungsbegründung von einem dazu bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfasst, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein muss (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. Juni 2005 - V ZB 45/04, NJW 2005, 2709; vom 22. November 2005 - VI ZB 75/04, VersR 2006, 387, 388; vom 17. November 2009 - XI ZB 6/09, NJW-RR 2010, 358 Rn. 12 sowie vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, BeckRS 2011, 26453 Rn. 6; jeweils mwN). Entsprechendes gilt, wenn, wie hier, die Berufungsbegründung in zulässiger Weise per Telefax übermittelt wird; in diesem Falle muss es sich bei der Kopiervorlage um den eigenhändig unterschriebenen Originalschriftsatz handeln (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2005, aaO).
7
2. An diesen Grundsätzen gemessen ist vorliegend eine formgerechte Berufungsbegründung eingereicht worden.
8
a) Der entsprechende Schriftsatz ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeerwiderung mit einem individuellen, nicht nur als Handzeichen oder Paraphe anzusehenden, sondern den Anforderungen an eine Unterschrift genügenden handschriftlichen Schriftzug unterzeichnet (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 26. Februar 1997 - XII ZB 17/97, FamRZ 1997, 737; vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775; vom 17. November 2009, aaO; vom 9. Februar 2010 - VIII ZB 67/09, BeckRS 2010, 04929 Rn. 10 sowie vom 16. September 2010 - IX ZB 13/10, NZI 2011, 59, 60).
9
b) Darüber hinaus hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin belegt, dass dieser Schriftzug von Rechtsanwältin B. herrührt, bei der es sich um eine bei dem Berufungsgericht - einem Landgericht - postulationsfähige Rechtsanwältin handelt. Zwar ist dies erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erläutert worden, so dass für das Berufungsgericht bis dahin nicht erkennbar war, welche Rechtsanwältin unterschrieben hat. Darauf kommt es jedoch nicht maßgeblich an.
10
Denn entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist für die Prüfung der Frage, ob die Identität und die Postulationsfähigkeit des Unterzeichners eines derartigen Schriftsatzes feststeht beziehungsweise erkennbar ist, nicht auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist, sondern auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung abzustellen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, MDR 2012, 796 Rn. 11).
11
Die vollständige Namensnennung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin am Ende des Schriftsatzes im Zusammenhang mit dem Zusatz "nach Diktat außer Haus" macht deutlich, dass die Berufungsbegründung von diesem Rechtsanwalt erstellt, aber wegen Ortsabwesenheit nicht selbst unterschrieben werden konnte. Auch wenn ein ausdrücklicher Zusatz, "für" diesen tätig zu werden , fehlt, lässt sich hier der Unterzeichnung durch eine Rechtsanwältin, wovon das Berufungsgericht aufgrund der angegebenen Berufsbezeichnung ausgehen konnte, gleichwohl entnehmen, dass sie an seiner Stelle die Unterschrift leisten und damit als Unterbevollmächtigte in Wahrnehmung des Mandats der Klägerin auftreten wollte. Damit hat sie zu erkennen gegeben, dass sie zugleich die Verantwortung für den Inhalt der Berufungsbegründung übernehmen wollte. Anhaltspunkte , die dem entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. Für einen Rechtsanwalt versteht es sich im Zweifel von selbst, mit seiner Unterschrift auch eine entsprechende Verantwortung für einen bestimmenden Schriftsatz zu übernehmen (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, NJW 2003, 2028) und nicht lediglich als Erklärungsbote tätig zu werden (vgl. für den Zusatz "i.A." Beschluss vom 5. November 1987 - V ZR 139/87, NJW 1988, 210 und Senatsbeschluss vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, NJW 1993, 2056, 2057).
12
3. Ist danach die Unterschrift unter die Berufungsbegründung in diesem Sinne von Rechtsanwältin B. geleistet worden, durfte die Berufung nicht als unzulässig verworfen werden. Die Klägerin hat vielmehr ihre Berufung rechtzeitig und formgerecht begründet, so dass der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen war (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Remmert
Vorinstanzen:
AG Dortmund, Entscheidung vom 14.02.2011 - 426 C 7010/09 -
LG Dortmund, Entscheidung vom 06.10.2011 - 1 S 162/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 9/11
vom
26. Oktober 2011
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Richter
Wendt, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski,
Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 26. Oktober 2011

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. März 2011 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.
Gegenstandswert: 100.000 €

Gründe:


1
I. Das Landgericht hat die auf Rückzahlung eines Darlehens über 100.000 € gerichtete Klage abgewiesen. Dagegen hat die Klägerin fristgerecht Berufung eingelegt. Der Berufungsschriftsatz ist unterzeichnet durch den im Briefkopf allein aufgeführten Rechtsanwalt L. L. . Die innerhalb verlängerter Frist eingegangene Berufungsbegründung enthält auf der letzten Seite über dem maschinenschriftlichen Zusatz "Rechtsanwalt" eine nicht leserliche Unterschrift, die augenscheinlich von den Unterschriften abweicht, mit denen Rechtsanwalt L. seine bisherigen Schriftsätze unterschrieben hat.
2
Auf den Hinweis des Berufungsgerichts, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestünden, hat die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 2. März 2011 erklärt, die Berufungsbegründung sei in Untervollmacht durch Frau Rechtsanwältin Y. G. unterzeichnet worden. Rechtsanwalt L. sei wegen einer plötzlichen Erkrankung an einer Unterschrift verhindert gewesen. Ferner hat die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Mit weiterem Schriftsatz vom 9. März 2011 hat die Klägerin zwei eidesstattliche Versicherungen von Rechtsanwalt L. und Rechtsanwältin G. eingereicht. Aus der eidesstattlichen Versicherung von Rechtsanwältin G. ergibt sich, dass sie seit dem 10. Januar 2011 in der Kanzlei L. als Rechtsanwältin angestellt ist und seit Juli 2010 ihre Zulassung besitzt. Wegen der akuten Erkrankung des Kanzleiinhabers habe sie die Berufungsbegründungsschrift mit ihrem Namen unterzeichnet. Hiergegen habe sie keine Bedenken gehabt, weil sie die Berufungsbegründungsschrift im Wesentlichen selbst erstellt habe.
3
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und zugleich die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde der Klägerin.
4
II. Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach § 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig , da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Insbesondere erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht.
5
1. Das Berufungsgericht hat die Berufung zu Recht als unzulässig verworfen, ohne damit Verfahrensgrundrechte der Klägerinzu verletzen.
6
a) Die hier maßgeblichen Rechtsfragen sind höchstrichterlich bereits geklärt. Gemäß § 130 Nr. 6 ZPO i.V.m. § 520 Abs. 5 ZPO muss die Berufungsbegründung von einem zur Vertretung bei dem Berufungsgericht berechtigten Rechtsanwalt eigenhändig unterschrieben sein. Die Unterschrift soll die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen. Zugleich soll sichergestellt werden, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet wird (BGH, Beschluss vom 22. November 2005 - VI ZB 75/04, VersR 2006, 387 Rn. 5; Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, VersR 2006, 427 unter B II 1 a; Beschlüsse vom 15. Juni 2004 - VI ZB 9/04, VersR 2005, 136 unter 1; vom 28. August 2003 - I ZB 1/03, MDR 2004, 349, 350; Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, VersR 2004, 487 unter II 1). Die Berufungsbegründung muss hierbei von einem dazu bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfasst, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein (BGH, Beschlüsse vom 23. Juni 2005 - V ZB 45/04, NJW 2005, 2709 unter III 2 a bb; vom 31. März 2003 aaO). Nur in Ausnahmefällen kann auf eine Unterschrift verzichtet werden, wenn sich aus den sonstigen Umständen zweifelsfrei ergibt, dass der Prozessbevollmächtigte die Verantwortung für den Inhalt der Rechtsmittelschrift übernommen hat (BGH, Beschlüsse vom 22. November 2005 und 15. Juni 2004, jeweils aaO). Zu berücksichtigen sind hierbei nur dem Berufungsgericht spätestens bis zum Ablauf der Beru- fungsbegründungsfrist bekannt gewordene Umstände (BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 aaO unter B II 1 d cc).
7
b) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Es hat auch im konkreten Fall die Anforderungen an eine wirksame Unterschrift nicht in einer Art und Weise überspannt, die das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 17. November 2009 - XI ZB 6/09, NJW-RR 2010, 358 Rn. 13).
8
aa) Für das Berufungsgericht war schon nicht erkennbar, ob die Berufungsbegründung von einem beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist, weil sich dies weder dem Schriftzug unter der Berufungsbegründung noch anderen Umständen entnehmen ließ (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 22. November 2005 aaO Rn. 7). Unter der handschriftlichen Unterschrift findet sich maschinenschriftlich lediglich der Zusatz "Rechtsanwalt", ohne dass durch weitere Erläuterung klargestellt war, um welche Rechtsanwältin oder welchen Rechtsanwalt es sich handeln soll. Die über der Bezeichnung "Rechtsanwalt" befindliche handschriftliche Unterschrift ist nicht geeignet, einen bestimmten Aussteller zu identifizieren. Aus einem Vergleich mit den bisher durch Rechtsanwalt L. unterzeichneten Schriftsätzen wird im Gegenteil deutlich, dass es sich nicht um seine Unterschrift handelt. Eine konkrete Bezugnahme auf einen anderen Rechtsanwalt ist durch die Berufungsbegründung auch sonst nicht möglich, da diese auf der ersten Seite lediglich Rechtsanwalt L. L. ausweist.
9
Aus den verwendeten Diktatzeichen kann - entgegen der Annahme der Beschwerde - ebenfalls nicht geschlossen werden, dass die Berufungsbegründung durch einen dazu berechtigten Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist. Abgesehen davon, dass die Berufungsbegründung kein reines Diktat-, sondern eher ein Aktenzeichen enthält, konnte das Berufungsgericht aus dem Kürzel "00236/10 YG/rp" nicht erkennen, dass sich hinter dem Kürzel "YG" ein postulationsfähiger Rechtsanwalt befindet. Das Berufungsgericht war ohnehin nicht verpflichtet, das hier verwendete Aktenzeichen mit den in früheren Schriftsätzen enthaltenen Aktenzeichen zu vergleichen, um hieraus irgendwelche Schlüsse auf den unterzeichnenden Rechtsanwalt zu ziehen. Hinzu kommt, dass auch in den früheren durch Rechtsanwalt L. unterschriebenen Schriftsätzen keinesfalls durchgängig ein einheitliches Diktat-/Aktenzeichen verwendet wurde (vgl. Berufungsschrift vom 29. November 2010 sowie Fristverlängerungsanträge vom 20. Dezember 2010 und 31. Januar

2011).


10
Soweit die Klägerin geltend macht, Rechtsanwältin G. habe in Untervollmacht für Rechtsanwalt L. gehandelt, lässt sich das dem Schriftsatz und der Unterschrift nicht entnehmen. Der in derartigen Fällen übliche Zusatz "für Rechtsanwalt …" fehlt hier (vgl. zur Unterschriftsleistung durch einen Unterbevollmächtigten BGH, Urteile vom 11. Oktober 2005 - XI ZR 398/04, NJW 2005, 3773 unter II 2 b; vom 31. März 2003 aaO unter II 2). Es kann gerade nicht ausgeschlossen werden, dass die Unterzeichnung durch einen sonstigen Mitarbeiter erfolgt ist. Im Zeitpunkt des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist war es mithin nicht möglich, die Unterschrift konkret einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt zuzuordnen. Erst wenn überhaupt eine Art von Identifizierung der die Unterschrift leistenden Person möglich ist, kann eine Überprüfung der Postulationsfähigkeit des Unterzeichnenden erfolgen. Durch die nachträgliche Vorlage der Untervollmacht, der eidesstattlichen Versicherungen sowie der Zulassungsurkunde von Rechtsanwältin G. kann dieser Mangel nicht mehr beseitigt werden, da es sich um Umstände handelt, die dem Berufungsgericht erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist zur Kenntnis gebracht wurden.
11
bb) Soweit die Rechtsprechung das Fehlen einer Unterschrift bei Vorliegen besonderer Umstände ausnahmsweise als unschädlich angesehen hat, folgt daraus nicht, dass bei der hier von einer Rechtsanwältin unterschriebenen Berufungsbegründung die erforderliche Form erst recht als gewahrt angesehen werden müsse. Die Unterzeichnung ist nur dann als entbehrlich anzusehen, wenn sich aus den sonstigen Umständen zweifelsfrei ergibt, dass der Rechtsanwalt die Verantwortung für den Inhalt eines fristwahrenden Schriftsatzes übernommen hat. Dies ist etwa anzunehmen, wenn der Mangel der Unterschrift in dem als Urschrift der Berufung gedachten Schriftsatz durch die gleichzeitig eingereichte beglaubigte Abschrift dieses Schriftsatzes behoben wird (BGH, Beschluss vom 3. Mai 1957 - VIII ZB 7/57, BGHZ 24, 179, 180). Ebenso liegt es, wenn die nicht unterschriebene Rechtsmittelbegründungsschrift durch den Rechtsanwalt mit einem von ihm unterzeichneten und mit der Rechtsmittelbegründung fest verbundenen Begleitschreiben eingereicht wird (BGH, Beschlüsse vom 20. März 1986 - VII ZB 21/85, BGHZ 97, 251, 254; ferner vom 28. August 2003 aaO für eine per Computerfax eingelegte Beschwerde). Hier stand es dagegen bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist mangels Vorliegens sonstiger Umstände gerade nicht fest, dass die Berufungsbegründung zweifelsfrei durch einen beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet worden war.

12
2. Auch hinsichtlich der Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages ist die Rechtsbeschwerde nicht zulässig, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Namentlich erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht.
13
a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dient in besonderer Weise dazu, die Rechtsschutzgarantie und das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gebieten es, den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (Senatsbeschluss vom 12. Januar 2011 - IV ZB 14/10, juris Rn. 5; BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 227 f.).
14
b) Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht verstoßen.
15
Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ist einer Partei zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann danach nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen die Möglichkeit offen bleibt, dass die Fristversäumung von der Partei bzw. ihrem Prozessbe- vollmächtigten verschuldet war (BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 aaO unter II 2).
16
aa) Für das eigene Verschulden von Rechtsanwalt L. als Prozessbevollmächtigtem der Klägerin kommt es nicht darauf an, ob er am 7. Februar 2011 wegen einer plötzlichen und schmerzhaften Erkrankung nicht mehr in der Lage war, noch irgendwelche Handlungen vorzunehmen. Vielmehr hat ein Rechtsanwalt allgemeine Vorkehrungen dafür zu treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Er muss seinem Personal die notwendigen allgemeinen Anweisungen für einen solchen Fall geben (BGH, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, VersR 2009, 1684 Rn. 9). Hier fehlt es an jedem Vortrag der Klägerin dazu, welche Vorkehrungen ihr Prozessbevollmächtigter für den Fall getroffen hat, dass er unvorhergesehen ausfällt und an der Unterzeichnung eines fristwahrenden Schriftsatzes gehindert ist. Es ist nicht ersichtlich, welche Maßnahmen er getroffen hat, um sicherzustellen, dass fristwahrende Schriftsätze durch Rechtsanwältin G. in einer Weise unterzeichnet werden, die sie als beim Berufungsgericht zugelassene Rechtsanwältin ausweisen.
17
bb) Schließlich muss die Klägerin sich auch das Verschulden von Rechtsanwältin G. zurechnen lassen. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin und der eidesstattlichen Versicherung von Rechtsanwältin G. ist letztere als Unterbevollmächtigte für den Prozessbevollmächtigten der Klägerin tätig geworden. Bedient sich der Prozessbevollmächtigte einer Partei bei der Bearbeitung eines Rechtsstreits eines angestellten Rechtsanwalts, so muss die Partei sich dessen Verschulden wie eigenes zurechnen lassen, wenn ihm der Rechtsstreit von dem Pro- zessbevollmächtigten zur selbständigen Bearbeitung übergeben worden ist (BGH, Beschlüsse vom 9. Juni 2004 - VIII ZR 86/04, VersR 2005, 810, 811; vom 1. April 1992 - XII ZB 21/92, VersR 1992, 1421 unter 1). Denn in diesem Fall gilt der angestellte Rechtsanwalt als Vertreter des Prozessbevollmächtigten und der Partei selbst. Hier hat Rechtsanwältin G. nicht nur untergeordnete Tätigkeiten vorgenommen, sondern den Inhalt der Berufungsbegründung im Wesentlichen selbst erstellt. Sie hat bei der Unterzeichnung der Berufungsbegründung schuldhaft gehandelt , da sie nicht dafür gesorgt hat, dass aus dem Schriftsatz die Unterzeichnung durch eine dazu bevollmächtigte und beim Berufungsgericht zugelassene Rechtsanwältin ersichtlich wird.
Wendt Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 05.08.2010 - 10 O 17519/08 -
OLG München, Entscheidung vom 18.03.2011- 19 U 5126/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 73/04
vom
25. April 2006
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. April 2006 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, die Richterin
Diederichsen und den Richter Stöhr

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der Zivilkammer 2 des Landgerichts Stendal vom 12. Oktober 2004 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen. Wert des Beschwerdegegenstandes: 400 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin hat mit ihrer Klage ein Schmerzensgeld von 200 € geltend gemacht und weiterhin die Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung beantragt , die Klägerin zu kränken, zu beleidigen, zu bedrohen oder zu belästigen. Vorausgegangen war die Äußerung des Beklagten, ihres Nachbarn, er werde die Klägerin "gleich in den Arsch treten", nachdem diese zuvor den Schwager des Beklagten als jemanden dargestellt hatte, der eine alte Frau und deren Eigentum mit Schmutz, Unkraut und Steinen bewerfe. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Das Landgericht hat mit dem mit der vorliegenden Rechtsbeschwerde angegriffenen Beschluss die Berufung der Klägerin gemäß § 511 Abs. 2 ZPO als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € nicht übersteige und das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil nicht zugelassen habe. Den Gegenstandswert für das Berufungsverfahren hat das Landgericht auf 400 € festgesetzt. Dabei ist es hinsichtlich des Schmerzensgeldantrages entsprechend dem Begehren der Klägerin von einem Wert von 200 € ausgegangen und von einem ebensolchen hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens.

II.

2
Die Rechtsbeschwerde ist zwar statthaft gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO, jedoch unzulässig, da jedenfalls unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles nicht ersichtlich ist, weshalb die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung haben oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordern sollte (vgl. § 574 Abs. 2 ZPO). Selbst wenn in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur bei Ehrverletzungen teilweise von höheren "Ausgangswerten" (vgl. etwa Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 3 Rn. 16 "Ehre") die Rede ist, war das Berufungsgericht unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht daran gehindert, unter Berücksichtigung der Höhe des geltend gemachten Schmerzensgeldes von dem festgesetzten Wert auszugehen. Müller Greiner Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
AG Burg, Entscheidung vom 27.05.2004 - 34 C 173/04 -
LG Stendal, Entscheidung vom 12.10.2004 - 22 S 105/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 128/04 Verkündet am:
10. Mai 2005
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________

a) Die in Computerschrift erfolgte Wiedergabe des Vor- und Nachnamens des
Prozeßbevollmächtigten unter einer als Computerfax übermittelten Berufungsbegründungsschrift
stellt keine den Anforderungen des § 130 Nr. 6 2. Halbs.
ZPO genügende Wiedergabe der Unterschrift dar.

b) Das Fehlen der Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten unter der Berufungsbegründungsschrift
kann ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen
, eine Beweisaufnahme nicht erfordernden Umständen eine der Unterschrift
vergleichbare Gewähr dafür ergibt, daß der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung
für den Inhalt der Rechtsmittelbegründungsschrift übernommen und
diese willentlich in den Rechtsverkehr gebracht hat. Dabei sind nur spätestens
bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist dem Berufungsgericht bekannt
gewordene Umstände berücksichtigungsfähig.
BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04 - OLG Braunschweig
LG Göttingen
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 26. Februar 2004 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Be rufung sowie darüber , ob den Klägern wegen einer Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 10. April 2003 ganz überwiegend abgewiesen. Das Urteil ist den Prozeßbevollmächtigten der Kläger am 14. April 2003 zugestellt worden. Die Berufung der Kläger ist am 7. Mai 2003 eingegangen, die Berufungsbegründungsfrist bis zum 16. August 2003 verlängert worden. Am 18. August 2003, einem Montag, ist beim Berufungsgericht als Computer-Fax eine Berufungsbegründung eingegangen, die eine eingescannte Unterschrift des Prozeß-
bevollmächtigten der Kläger nicht enthält. Der Schriftsatz schließt auf der letzten Seite mit dem in der gleichen Computerschrift geschriebenen Vor- und Nachnamen des Prozeßbevollmächtigten der Kläger sowie der Bezeichnung "Rechtsanwalt". Am 25. August 2003 ist die Berufungsbegründung per Post nochmals beim Berufungsgericht eingegangen, und zwar mit der handschriftlichen Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten der Kläger.
Auf den gerichtlichen Hinweis vom 28. Oktober 2003 , daß die am 18. August 2003 als Fax eingegangene Berufungsbegründungsschrift nicht unterschrieben sei, haben die Kläger am selben Tage vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die Kläger machen geltend, zur Fristwahrung reiche die Berufungsbegründungsschrift auch ohne eine eingescannte Unterschrift aus. Aus der Begründungsschrift lasse sich auch so die Urheberschaft des Prozeßbevollmächtigten und sein Wille, das Schreiben in den Verkehr zu bringen, entnehmen. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages tragen die Kläger vor, daß ihr Prozeßbevollmächtigter die Berufungsbegründungsschrift als Fax um 18.36 Uhr mit allen 26 Seiten versandt habe, und zwar auf der letzten Seite oberhalb der Wiedergabe seines Namens mit seiner eingescannten Unterschrift.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Berufungsgeri cht den Antrag der Kläger auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Revision der Kläger, die das Berufungsgericht nur beschränkt zugelassen hat.

Entscheidungsgründe:


A.


Die Revision ist insgesamt statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Zwar hat das Berufungsgericht im Urteilstenor und in den Entscheidungsgründen die Revision nur zugelassen, "soweit die Berufung als unzulässig verworfen worden ist". Diese Beschränkung der Zulassung der Revision ist aber unzulässig. Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffes beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (BGHZ 101, 276, 278 f.; 111, 158, 166, st.Rspr.). Unzulässig ist es hingegen, die Zulassung der Revision auf eine bestimmte Rechtsfrage oder ein Entscheidungselement des Urteils zu beschränken (BGHZ 90, 318, 320; 101, aaO; BGH, Urteil vom 26. März 1982 - V ZR 149/81, NJW 1982, 1535 m.w.Nachw.). Da auch die Frage der Zulässigkeit der Berufung ein solches nicht selbständig anfechtbares Urteilselement darstellt, ist die Beschränkung der Zulassung der Revision auf diese Frage unzulässig (BGH, Urteile vom 6. Mai 1987 - IVb ZR 52/86, NJW 1987, 3264 f. und vom 3. Mai 2001 - XII ZR 62/99, NJW 2001, 2259).
Fehlt es danach an einer wirksamen Beschränkung de r Zulassung, so ist allein die Beschränkung, nicht aber die Zulassung unwirksam, die Revision daher unbeschränkt zugelassen (Senatsurteile vom 20. Mai
2003 - XI ZR 248/02, WM 2003, 1370, 1371, vom 23. September 2003 - XI ZR 135/02, WM 2003, 2232, 2233, vom 20. April 2004 - XI ZR 171/03, WM 2004, 1230, 1231 und vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 255/03, WM 2005, 127, 128). Die von den Klägern hinsichtlich der Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist damit gegenstandslos.

B.


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht (NJW 2004, 2024) hat im wesent lichen ausgeführt :
Die Berufung sei unzulässig, weil die Kläger sie i nnerhalb der bis zum 18. August 2003 laufenden Berufungsbegründungsfrist nicht wirksam begründet hätten. Wirksamkeitsvoraussetzung hierfür sei eine eingescannte Unterschrift oder zumindest ein Vermerk, daß eine Unterzeichnung wegen der gewählten Übertragungsform nicht erfolgen könne. Die an ein Oberlandesgericht gerichtete Berufungsbegründung bedürfe nach § 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6, § 78 Abs. 1 ZPO grundsätzlich der Unterschrift eines bei einem Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalts. Das Erfordernis der Unterschrift solle gewährleisten, daß der Schriftsatz tatsächlich vom Prozeßbevollmächtigten herrühre, dieser für
seinen Inhalt die Verantwortung übernehme und daß der Wille, das Schriftstück in den Verkehr zu bringen, hinreichend sicher festgestellt werden könne. Darauf, ob ohne die Unterschrift in einem dieser drei Punkte Zweifel bestünden, komme es nach der bisherigen Rechtsprechung in der ordentlichen Gerichtsbarkeit nicht an.
Bei der Einlegung und Begründung von Berufungen du rch Telefax (Telekopie) sei die Übermittlung des unterschriebenen anwaltlichen Schriftsatzes per Kopie erforderlich; dabei reiche die kopierte Unterschrift aus, sei aber auch notwendig. Hier sei die Berufungsbegründung durch ein sogenanntes Computer-Fax erfolgt. Diese Art der Übermittlung bestimmender Schriftsätze sei durch den Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 anerkannt. Danach sei aber erforderlich, daß die Person des Erklärenden dadurch eindeutig bestimmt werde, daß seine Unterschrift in dem Computer -Fax eingescannt oder darin der Hinweis enthalten sei, daß der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne. Auch ein derartiger Hinweis fehle hier. Über diese großzügige Handhabung könne nicht hinausgegangen und deshalb auf die Unterschrift bzw. ein Unterschriftssurrogat nicht völlig verzichtet werden. Insbesondere reiche der in gleicher Schrift wie im Schriftsatz verwendete darunter gesetzte Name des Prozeßbevollmächtigten nicht aus.
Das Berufungsgericht könne aus Gründen der Rechtss icherheit nicht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgen, nach der sich bei Fehlen einer erforderlichen Unterschrift die Erfüllung der Formerfordernisse nach den Umständen des Einzelfalls bestimme. Würde in vorliegendem Fall auf das Erfordernis einer eingescannten Unter-
schrift oder eines Vermerks, daß wegen der Übermittlung in elektronischer Form das Schriftstück nicht unterschrieben werde, verzichtet, so wäre das Unterschriftserfordernis für das Computer-Fax hinfällig, aber auch bei herkömmlich übermittelten Schriftsätzen kaum mehr zu rechtfertigen.
Der Wiedereinsetzungsantrag sei unbegründet. Es se i nicht glaubhaft gemacht, daß ein Bedienungsfehler des Prozeßbevollmächtigten der Kläger als Ursache für das Fehlen der eingescannten Unterschrift ausscheide.

II.


Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Übe rprüfung im Ergebnis stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Berufung der Kläger als unzulässig verworfen, weil die Berufung innerhalb der Berufungsbegründungsfrist nicht wirksam begründet worden ist (1.). Auch die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist rechtlich nicht zu beanstanden (2.).
1. a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgeri chtshofes und vor ihm schon des Reichsgerichts (RGZ 31, 375, 377; 151, 82, 83; BGHZ 37, 156, 157; 92, 251, 255 f.; 97, 283, 284 f.) muß die Berufungsbegründung als bestimmender Schriftsatz die Unterschrift des für sie verantwortlich Zeichnenden tragen. Die Unterschrift ist grundsätzlich Wirksamkeitserfordernis. Sie soll die Identifizierung des Urhebers der schrift-
lichen Prozeßhandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (BGHZ 37, 156, 157; 75, 340, 349; 97, 283, 285). Das letztgenannte Erfordernis soll sicherstellen , daß es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern daß es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist (BGHZ 75, 340, 349; 144, 160, 162). Für den Anwaltsprozeß bedeutet dies, daß die Berufungsbegründung von einem dazu Bevollmächtigten und bei dem Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfaßt, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein muß (BGHZ 97, 251, 253 f.; BGH, Urteile vom 29. Oktober 1997 - VIII ZR 141/97, NJW-RR 1998, 574 und vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, NJW 2003, 2028).

b) Hat die Rechtsprechung bisher grundsätzlich für bestimmende fristwahrende Schriftsätze zur Sicherstellung dieser prozeßrechtlichen Anforderungen die handschriftliche Unterschriftsleistung des Berechtigten verlangt, so sind doch hiervon vor allem im Hinblick auf den technischen Fortschritt in einem erheblichen Umfang Ausnahmen zugelassen worden. So hat die Rechtsprechung bereits früh die Übermittlung einer Rechtsmittelschrift und anderer bestimmender Schriftsätze durch ein Telegramm oder mittels Fernschreiben für zulässig erachtet (vgl. die Nachweise bei BGHZ 144, 160, 162 ff.). Auch die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax ist in allen Gerichtszweigen uneingeschränkt zulässig (vgl. BGHZ 144, 160, 164 m.w.Nachw.). Für eine - wie hier - durch Computer-Fax übermittelte Berufungsbegründung hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes am 5. April 2000 entschieden (BGHZ 144, 160), daß in Prozessen mit Vertretungszwang be-
stimmende Schriftsätze formwirksam durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift auf ein Faxgerät des Gerichts übermittelt werden können. Zur Begründung hat er ausgeführt (aaO S. 165), der Zweck der Schriftform, die Rechtssicherheit und insbesondere die Verläßlichkeit der Eingabe zu gewährleisten, könne auch im Falle einer derartigen elektronischen Übermittlung gewahrt werden. Entspreche ein bestimmender Schriftsatz inhaltlich den prozessualen Anforderungen , so sei die Person des Erklärenden in der Regel dadurch eindeutig bestimmt, daß seine Unterschrift eingescannt oder der Hinweis angebracht sei, daß der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne.

c) Nach § 130 Nr. 6 1. Halbs. ZPO sollen die vorbe reitenden Schriftsätze die Unterschrift der Person enthalten, die den Schriftsatz verantwortet. Halbs. 2 dieser von der Rechtsprechung für bestimmende Schriftsätze stets als zwingend angesehenen Vorschrift fordert bei Übermittlung durch einen Telefax-Dienst (Telekopie) "die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie". Der Wortlaut des § 130 Nr. 6 ZPO beruht auf der Neufassung durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13. Juli 2001 (BGBl. I S. 1542). Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu diesem Gesetz (BTDrucks. 14/4987, S. 23) ist eine Korrektur der Rechtsprechung zum Unterschriftserfordernis nicht beabsichtigt; dies sei im Hinblick auf die Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 nicht geboten. In der Gegenäußerung der Bundesregierung (BT-Drucks. 14/4987, S. 43 f.) zur Stellungnahme des Bundesrates werden Inhalt und Begründung des Beschlusses des Ge-
meinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 ausführlich wiedergegeben. Wenn der Gesetzgeber dann in der Neufassung des § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO in Kenntnis dieser Rechtsprechung und der technischen Entwicklung für den Fall der Übermittlung eines Schriftsatzes durch ein Telefax ausdrücklich "die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie" verlangt, spricht angesichts des eindeutigen Gesetzestextes sehr viel dafür, daß die vom Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes für den Fall eines ComputerFaxes für zulässig gehaltene Ersetzung der Unterschrift durch den Hinweis , daß der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne, nicht mehr als zulässig angesehen werden kann (so Musielak/Stadler, ZPO 4. Aufl. § 129 Rdn. 11; Stein/Jonas/ Leipold, ZPO 22. Aufl. § 130 Rdn. 49; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht 16. Aufl. § 65 Rdn. 14; Hannich/Meyer-Seitz/Schwartze, ZPO-Reform 2002 § 130 Rdn. 5 (S. 336); Krüger/Bütter MDR 2003, S. 181, 182). Dafür spricht auch, daß die Unterschrift beim ComputerFax ohne nennenswerte Schwierigkeiten eingescannt werden kann, so daß kein überzeugender Grund besteht, darauf entgegen dem Gesetzeswortlaut zu verzichten.
Diese Frage bedarf jedoch vorliegend keiner abschl ießenden Entscheidung. Weder enthält das am Abend des 18. August 2003 übermittelte Computer-Fax einen Hinweis, daß eine Unterschrift wegen der gewählten Übertragungsform nicht möglich sei, noch beabsichtigte der Prozeßbevollmächtigte der Kläger, der Berufungsbegründung einen derartigen Hinweis beizufügen. Vielmehr hat er nach eigenen Angaben versucht , das Computer-Fax mit seiner eingescannten Unterschrift zu übermitteln.

Die Wiedergabe des Vor- und Nachnamens des Prozeßb evollmächtigten der Kläger mit der daruntergesetzten Bezeichnung "Rechtsanwalt" am Ende des Computer-Faxes genügt als solche nicht den Anforderungen des § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO. Diese Bestimmung fordert nach ihrem eindeutigen Wortlaut die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie, also des handschriftlichen Namenszuges. Dem entspricht eine maschinen- oder computerschriftliche "Unterzeichnung" nicht (Stein/ Jonas/Leipold, aaO § 130 Rdn. 48). Sofern der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes diesbezüglich eine andere Auffassung zu entnehmen sein sollte, genügt die Wiedergabe des Namens in Druckbuchstaben jedenfalls nach der Neufassung des § 130 Nr. 6 ZPO nicht mehr (Musielak/Stadler, aaO § 129 Rdn. 11; Dästner NJW 2001, 3469, 3470 Fn. 10; Krüger/Bütter, aaO).

d) aa) Stellt somit die eigenhändige Unterschrift eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine unerläßliche Wirksamkeitsvoraussetzung für fristwahrende bestimmende Schriftsätze im Anwaltsprozeß dar, so sind jedoch auch von diesem Grundsatz Ausnahmen möglich. Das Erfordernis der Schriftlichkeit ist nämlich kein Selbstzweck (vgl. BGHZ 97, 283, 285). Es soll, wie der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes in seiner Entscheidung vom 30. April 1979 (BGHZ 75, 340, 348 f.) dargelegt hat, gewährleisten, daß aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht , hinreichend zuverlässig entnommen werden können; außerdem muß feststehen, daß es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern daß es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist. Deshalb kann das Fehlen einer Unter-
schrift bei Vorliegen besonderer Umstände ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen ergibt, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen.
Das ist - was das Berufungsgericht verkannt hat - nicht nur ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 10, 1, 2; 81, 32, 36 f.; BVerwG NJW 1995, 2121, 2122; 2003, 1544), des Bundessozialgerichts (BSG NJW 1997, 1254, 1255; 2001, 2492, 2493), des Bundesfinanzhofs (BFHE 111, 278, 285; 148, 205, 207 f.; BFH, BFH/NV 2000, 1224) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG NJW 1979, 183), sondern - ungeachtet bestehender Unterschiede der verschiedenen Verfahrensordnungen - grundsätzlich auch des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 24, 179, 180; 37, 156, 160; 97, 251, 254; BGH, Beschluß vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 46/03, BGH-Report 2004, 406). So hat der Bundesgerichthof mit Beschluß vom 3. Mai 1957 (BGHZ 24, 179, 180) entschieden, daß der Mangel der Unterschrift in dem als Urschrift der Berufung gedachten Schriftsatz durch die gleichzeitig eingereichte beglaubigte Abschrift dieses Schriftsatzes behoben wird, auf der der Beglaubigungsvermerk von dem Prozeßbevollmächtigten handschriftlich vollzogen worden ist. In einer anderen Entscheidung (BGHZ 97, 251, 254) hat der Bundesgerichtshof das Fehlen einer Unterschrift auf der Berufungsbegründung für unschädlich erachtet, wenn auch ohne die Unterschrift des Rechtsmittelanwalts aus anderen, eine Beweisaufnahme nicht erfordernden Umständen, zweifelsfrei feststeht, daß der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Rechtsmittelbegründungsschrift übernommen hat, und letzteres in einem Fall bejaht, in dem die Berufungsbegründungsschrift fest mit einem von dem Rechtsanwalt unter-
zeichneten Begleitschreiben verbunden war (vgl. auch BGHZ 37, 156, 160). Und mit Beschluß vom 9. Dezember 2003 (VI ZB 46/03, BGHReport 2004, 406) hat der Bundesgerichtshof für den Fall des Fehlens einer Unterschrift unter einer Berufungsbegründungsschrift entschieden, daß sich zumindest aus den Umständen eindeutig ergeben müsse, daß der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Begründungsschrift übernommen habe. Ob entsprechende Anforderungen bei einem Computer-Fax eines Klägers gegeben sind, das mit dem Satz endet "Dieser Brief wurde maschinell erstellt, wird nicht eigenhändig unterschrieben" (so BSG NJW 1997, 1254 f.), bedarf keiner Entscheidung, da es hier an einem solchen Hinweis fehlt. Eine Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ist deshalb im Hinblick auf die angeblich abweichende Entscheidung des Bundessozialgerichts entgegen der Ansicht der Revision nicht veranlaßt, zumal der hier maßgebliche § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO über die Anforderungen an eine Telekopie erst nach der zitierten Entscheidung des Bundessozialgerichts in die Zivilprozeßordnung eingefügt worden ist.
bb) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes zur ausnahmsweisen Wirksamkeit nicht unterzeichneter Rechtsmittelbegründungsschriften trägt dem Anspruch der Prozeßbeteiligten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip) sowie ihren Rechten aus Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG Rechnung, die es verbieten, den Zugang zur jeweiligen nächsten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. BVerfGE 40, 272, 274 f.; 41, 23, 26; 41, 323, 326 f.; 44, 302, 305 f.; 74, 228, 234; 77, 275, 284; 110, 339, 342). An die Beachtung formeller
Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Rechtsschutzbegehrens dürfen aus diesem Grund keine überspannten Anforderungen gestellt werden (BVerfG NJW 2002, 3534).
cc) Entgegen der Auffassung der Revision ergeben h ier die Umstände im Zusammenhang mit der Übermittlung der Berufungsbegründungsschrift nicht eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft des Prozeßbevollmächtigten der Kläger sowie seinen Willen, für ihren Inhalt die Verantwortung zu übernehmen und sie an das Berufungsgericht zu übermitteln. Die Tatsache, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger bereits rechtzeitig Berufung gegen das landgerichtliche Urteil eingelegt hat, reicht hierfür ebensowenig aus wie der gedruckte Briefkopf auf dem Begründungsschriftsatz; beides bietet keine der Unterschrift vergleichbare Gewähr dafür, daß das Schriftstück von einer beim Berufungsgericht postulationsfähigen Person stammt und mit deren Willen in den Verkehr gebracht worden ist (vgl. BVerwG NJW 2003, 1544). Auch der Umstand, daß nach Fristablauf beim Berufungsgericht ein mit dem Computer-Fax seinem Inhalt und seiner Form nach gleicher und von dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger persönlich unterschriebener Begründungsschriftsatz eingegangen ist, reicht insoweit nicht aus (vgl. BVerwG Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 16), da nur spätestens bei Ablauf der Begründungsfrist bekannt gewordene Umstände berücksichtigungsfähig sind (BVerwG NJW 2003, 1544).
Der am Ende des Computer-Faxes mit dem Zusatz "Rec htsanwalt" wiedergegebene Vor- und Nachname des Prozeßbevollmächtigten der Kläger bietet ebenfalls keine ausreichende Gewähr dafür, daß dieser die Verantwortung für die Berufungsbegründung übernommen und diese wil-
lentlich an das Berufungsgericht übermittelt hat. Rechtsmittelbegründungsschriften müssen nicht von einem am Rechtsmittelgericht zugelassenen Rechtsanwalt gefertigt sein. Sie werden in der Praxis vielfach von Korrespondenzanwälten, wissenschaftlichen Mitarbeitern oder nicht am Rechtsmittelgericht zugelassenen Sozien unterschriftsreif vorbereitet. Dem Umstand, daß unter der für die Unterschrift vorgesehenen Stelle der Name eines Rechtsanwalts vermerkt ist, ist daher nicht ausreichend sicher zu entnehmen, daß der Entwurf von diesem Rechtsanwalt verfaßt worden ist, sondern kann auch bedeuten, daß der tatsächliche Verfasser die eigenverantwortliche Prüfung des Inhalts des bestimmenden Schriftsatzes und seine Unterzeichnung durch den namentlich genannten Rechtsanwalt vorgesehen hat. Ob dieser für den Inhalt des Schriftsatzes bereits die Verantwortung übernommen hat, ist danach in Fällen wie hier völlig offen.
Entgegen der Auffassung der Revision kann auch dem Umstand, daß das Computer-Fax dem Berufungsgericht am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist übermittelt worden ist, nicht mit einer für den Anwaltsprozeß erforderlichen Sicherheit entnommen werden, daß es sich dabei nicht um einen bloßen Entwurf handelte. Allein der Zeitpunkt der Übermittlung eines nicht unterzeichneten bestimmenden Schriftsatzes sagt für sich genommen noch nichts darüber aus, ob er von einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt verantwortet wird. Gerade der drohende Ablauf einer Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist kann einem nicht postulationsfähigen Verfasser der Rechtsmittelbegründung vielmehr Veranlassung geben, zur Fristwahrung einen Schriftsatz zu übermitteln, den der namentlich genannte Rechtsanwalt noch nicht eigenverantwortlich geprüft hat. Daß der Inhalt der als Computer-
Fax übermittelten Berufungsbegründung von dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger verantwortet und von ihm bewußt in den Verkehr gebracht worden ist, läßt sich danach hier mit der erforderlichen Sicherheit nicht feststellen.
2. Auch die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist greift die Revision ohne Erfolg an. Das Berufungsgericht hat einen Fehler am Empfangsgerät des Oberlandesgerichts als fernliegend angesehen und ausgeführt , es komme entweder ein technischer Fehler im Sendegerät oder aber ein vom Prozeßbevollmächtigten der Kläger verschuldeter Bedienungsfehler als Ursache für das Fehlen einer eingescannten Unterschrift in dem Computer-Fax in Betracht. Es sei aber nicht glaubhaft gemacht, daß ein Bedienungsfehler des Prozeßbevollmächtigten als Ursache für das Fehlen der eingescannten Unterschrift ausscheide. Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten ist einer Partei zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann danach nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen die Möglichkeit offenbleibt, daß die Fristversäumung von der Partei bzw. ihrem Prozeßbevollmächtigten verschuldet war (BGH, Beschlüsse vom 26. September 1991 - I ZB 12/91, NJW 1992, 574, 575, vom 18. Oktober 1995 - I ZB 15/95, NJW 1996, 319 und vom 26. Juli 2004 - VIII ZR 10/04, NJW-RR 2005, 143, 145).
Zu Recht hat das Berufungsgericht hier einen Bedie nungsfehler des Prozeßbevollmächtigten der Kläger, der dazu geführt hat, daß das Fax ohne eingescannte Unterschrift übermittelt worden ist, nicht als ausgeschlossen angesehen. Der Prozeßbevollmächtigte einer Partei hat mit der Bedienung technischer Geräte, die er selbst zur Übermittlung bestimmender Schriftsätze einsetzt, soweit vertraut zu sein, daß die Übermittlung in der Form sichergestellt ist, die von § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO vorgeschrieben ist. Daß das Berufungsgericht es als glaubhaft gemacht angesehen hat, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger weder bei der Übermittlung noch später einen Bedienungsfehler bemerkt hat, schließt einen verschuldeten Bedienungsfehler nicht aus. Das Berufungsgericht weist insoweit zu Recht darauf hin, daß Bedienungsfehler am Computer unbemerkt bleiben können. Damit hat das Berufungsgericht die an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts zu stellenden Anforderungen nicht in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise überspannt.

III.


Die Revision der Kläger konnte danach keinen Erfol g haben und war deshalb zurückzuweisen.
Nobbe Richter am Bundes- Joeres gerichtsh of Dr. Müller ist wegen Urlaubs gehindert , seine Unterschrift b eizufügen. Nobbe Wassermann Mayen

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob ein wirksamer Antrag auf Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorliegt, wenn die Unterschrift des Steuerpflichtigen als Telefax eingereicht wird.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erzielte im Streitjahr 2007 ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

3

Die Steuerberaterin der Klägerin übermittelte dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) für das Streitjahr über das ELSTER-Portal ohne Zertifizierung eine Einkommensteuererklärung für die Klägerin. Am 30. Dezember 2011 ging beim FA die hierzu gehörende komprimierte Einkommensteuererklärung ein. Die erste Seite (Deckblatt) dieser Erklärung war eine Telekopie (Fax) mit telekopierter Unterschrift der Klägerin.

4

Vor Einreichung der Steuererklärung hatte sich die Klägerin, die urlaubsbedingt ortsabwesend war, in einem Telefonat mit ihrer Steuerberaterin über den Inhalt der Erklärung und die darin angesetzten Beträge ausgetauscht. Ohne die Erklärung in körperlicher Form gesehen zu haben, hatte sie sich im Anschluss an dieses Telefonat mit der Einreichung der Erklärung beim FA einverstanden erklärt und zu diesem Zweck das ihr daraufhin zugefaxte Deckblatt der Erklärung unterschrieben.

5

Am 24. Januar 2012 unterschrieb die Klägerin erneut ein Deckblatt der Erklärung an Amtsstelle. Das FA lehnte den Antrag der Klägerin auf Veranlagung zur Einkommensteuer wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist ab.

6

Mit der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage beantragte die Klägerin, das FA zur Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr zu verpflichten.

7

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 2017 veröffentlichten Gründen statt.

8

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

9

Es beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

10

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision des FA ist unbegründet und war daher zurückzuweisen gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Das FG hat das FA zu Recht verpflichtet, für 2007 eine Einkommensteuerveranlagung durchzuführen.

12

1. Besteht das Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, so wird eine Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2008 vom 20. Dezember 2007 (BGBl I 2007, 3150) nur durchgeführt, wenn die Veranlagung beantragt wird, insbesondere zur Anrechnung von Lohnsteuer auf die Einkommensteuer. Der Antrag ist durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung zu stellen (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG).

13

2. Das Einkommensteuergesetz enthält keine Definition des Begriffs der Einkommensteuererklärung. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) verknüpft § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG aber die Wirksamkeit des Antrags auf Veranlagung mit den Anforderungen an eine formal wirksame Einkommensteuererklärung. Liegt eine ordnungsgemäße Einkommensteuererklärung vor, ist die Finanzbehörde deshalb verpflichtet, die Einkommensteuerveranlagung durchzuführen. Fehlt es daran, so ist der Antrag nicht wirksam gestellt (Senatsbeschluss vom 22. Mai 2006 VI R 49/04, BFHE 213, 508, BStBl II 2006, 808, m.w.N.).

14

Nach § 25 Abs. 3 EStG muss die Einkommensteuererklärung eigenhändig unterschrieben sein. Eigenhändigkeit der Unterschrift bedeutet, dass sie "von der Hand" des Antragstellers bzw. des Steuerpflichtigen stammen muss (Senatsurteil vom 7. November 1997 VI R 45/97, BFHE 184, 381, BStBl II 1998, 54). Eine Blankounterschrift genügt diesen Anforderungen nicht. Denn die im bürgerlichen Recht zu § 126 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entwickelten Grundsätze, nach denen Blankounterschriften zur Wahrung der Schriftform ausreichen, lassen sich weder unmittelbar noch analog auf das Erfordernis der eigenhändigen Unterzeichnung von Steuererklärungen übertragen. Dies folgt aus § 150 Abs. 2 und 3 der Abgabenordnung (AO), wonach abweichend von der bürgerlich-rechtlichen Rechtslage nicht nur eine Unterzeichnung der Einkommensteuererklärung durch den Bevollmächtigten grundsätzlich ausgeschlossen ist, sondern der Steuerpflichtige auch persönlich schriftlich versichern muss, dass er die Angaben in der Einkommensteuererklärung nach bestem Wissen und Gewissen gemacht hat. Dementsprechend soll der Steuerpflichtige grundsätzlich erkennbar, d.h. durch seine eigenhändige Unterschrift, die Verantwortung für die tatsächlichen Angaben in der Steuererklärung übernehmen. Darüber hinaus soll durch die unmittelbar auf dem Erklärungsvordruck geleistete Unterschrift sichergestellt werden, dass sich der Steuerpflichtige über die Lückenlosigkeit und Richtigkeit der ggf. von einer dritten Person, insbesondere seinem steuerlichen Berater, vorgenommenen Eintragungen und den Umfang der im Vordruck vorgesehenen Angaben vergewissern kann (Senatsurteile vom 8. Juli 1983 VI R 80/81, BFHE 139, 158, BStBl II 1984, 13; vom 20. Januar 1984 VI R 16/82, BFHE 140, 149, BStBl II 1984, 436, und VI R 15/82, juris; vom 10. Oktober 1986 VI R 208/83, BFHE 148, 47, BStBl II 1987, 77). Unter Heranziehung dieser Erwägungen hat der Senat bereits entschieden, dass eine eigenhändige Unterschrift dann nicht vorliegt, wenn der Steuerpflichtige auf einem Unterschriftsstreifen unterschreibt, der vom steuerlichen Berater nach Erstellung der Erklärung auf die für die Unterschriftsleistung vorgesehene Stelle des amtlichen Vordrucks für den Lohnsteuer-Jahresausgleich oder die Einkommensteuererklärung geklebt wird (Senatsurteil in BFHE 139, 158, BStBl II 1984, 13). Der erkennende Senat hat des Weiteren klargestellt, dass es an einer eigenhändigen Unterschrift auch dann fehlt, wenn bei Verwendung von unterschriebenen Unterschriftszetteln dem Steuerpflichtigen vor Absendung der Steuererklärung an das FA eine "Vorausberechnung" seines Steuerberaters, aus der die Besteuerungsgrundlagen ersichtlich sind, zugegangen ist, mit der Aufforderung, dem Steuerberater etwaige Änderungen unverzüglich mitzuteilen (Senatsurteil in BFHE 140, 149, BStBl II 1984, 436).

15

3. Die innerhalb der vierjährigen Festsetzungsfrist eingegangene Einkommensteuererklärung der Klägerin ist wirksam. Sie stimmt mit der im ELSTER-Verfahren erzeugten komprimierten Einkommensteuererklärung überein und ist damit, wie § 150 Abs. 1 Satz 1 AO fordert, nach amtlichem Vordruck abgegeben worden. Sie enthält auch --was zwischen den Beteiligten nicht in Streit ist-- die für die Durchführung der Veranlagung erforderlichen Mindestangaben (Auskunft über den Besteuerungstatbestand und seine Bemessungsgrundlagen, vgl. Senatsbeschluss in BFHE 213, 508, BStBl II 2006, 808; Senatsurteile vom 10. Juli 1987 VI R 160/86, BFHE 150, 543, BStBl II 1987, 827; vom 15. März 1974 VI R 108/71, BFHE 112, 345, BStBl II 1974, 590). Die Erklärung ist ferner eigenhändig unterschrieben. Denn es liegt eine Unterschrift "von der Hand" der Klägerin vor. Dem steht nicht entgegen, dass das unterschriebene Deckblatt der Erklärung beim FA als Faxkopie eingereicht wurde. Denn sowohl die Steuererklärung als auch die Unterschrift des Steuerpflichtigen können per Fax an das FA übermittelt oder in Faxkopie beim FA vorgelegt werden. Das Formerfordernis des § 25 Abs. 3 EStG wird hierdurch gewahrt.

16

a) Es ist bereits höchstrichterlich entschieden, dass die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax in allen Gerichtszweigen uneingeschränkt zulässig ist (vgl. Beschluss des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 GmS-OGB 1/98, BGHZ 144, 160, m.w.N.). Dies gilt für Klagen und Rechtsmittel (vgl. BFH-Beschluss vom 26. März 1991 VIII B 83/90, BFHE 163, 510, BStBl II 1991, 463, m.w.N.) sowie im finanzgerichtlichen Verfahren für die Einreichung der Prozessvollmacht, wenn hierfür eine Ausschlussfrist gesetzt wurde (BFH-Urteil vom 19. Januar 1989 IV R 21-23/87, BFHE 156, 350, BStBl II 1989, 567, m.w.N.).

17

Für die Abgabe der Einkommensteuererklärung mit der hierfür erforderlichen Unterschrift kann nichts anderes gelten. Denn zum einen gehört zum Erfordernis der Schriftform auch die eigenhändige Unterschrift unter dem Schriftstück (BFH-Urteil vom 10. März 1982 I R 91/81, BFHE 136, 38, BStBl II 1982, 573). Zum anderen treffen die Gründe für das Erfordernis der Schriftlichkeit fristgebundener Erklärungen auch auf die Einkommensteuererklärung zu. Nach ständiger Rechtsprechung soll das Schriftlichkeitserfordernis, soweit es durch prozessrechtliche Vorschriften zwingend gefordert ist, gewährleisten, dass der Inhalt der Erklärung und die erklärende Person hinreichend zuverlässig festgestellt werden können. Des Weiteren soll das aus dem Schriftformerfordernis abgeleitete Gebot einer Unterschrift des Erklärenden sicherstellen, dass das Schriftstück keinen Entwurf betrifft, sondern mit Wissen und Wollen des Erklärenden an das Gericht gesandt wurde (Beschluss des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 30. April 1979 GmS-OGB 1/78, BGHZ 75, 340, BVerwGE 58, 359; BFH-Urteil vom 22. Juni 2010 VIII R 38/08, BFHE 230, 115, BStBl II 2010, 1017, m.w.N.). Dieselben Zwecke verfolgen die Formerfordernisse der Steuererklärung nach § 25 Abs. 3 EStG. Auch hier soll sichergestellt werden, dass Person und Inhalt der Erklärung eindeutig festgestellt werden können und dass es sich nicht lediglich um einen Entwurf handelt. So soll vermieden werden, dass Einkommensteuererstattungen von Nichtberechtigten beansprucht und falsche Erklärungen ohne Wissen und Wollen des Steuerpflichtigen abgegeben werden können. Ferner soll --wie bereits unter 2. ausgeführt-- durch die eigenhändige Unterschrift sichergestellt werden, dass der Steuerpflichtige die Verantwortung für die Angaben in der Steuererklärung übernimmt und sich über deren Lückenlosigkeit und Richtigkeit vergewissern kann (Senatsurteile in BFHE 139, 158, BStBl II 1984, 13; in BFHE 140, 149, BStBl II 1984, 436; in BFHE 148, 47, BStBl II 1987, 77). Diese Zwecke werden aber auch dann erfüllt, wenn der Steuerpflichtige die Einkommensteuererklärung unterschreibt und sie per Telefax an das FA schickt. So sind hierbei etwa Inhalt und Urheberschaft gleichermaßen anhand der gemachten Angaben eindeutig erkennbar (vgl. FG München, Urteil vom 1. Dezember 1994  10 K 1427/94, juris; FG Brandenburg, Urteil vom 24. Februar 2003  1 K 57/02, EFG 2003, 777; im Ergebnis auch Schmidt/Seeger, EStG, 33. Aufl., § 25 Rz 6; Lambrecht in Kirchhof, EStG, 13. Aufl., § 25 Rz 10; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 150 AO Rz 6; Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 150 AO Rz 34). An die Abgabe einer Einkommensteuererklärung höhere Formanforderungen zu stellen als an bestimmende Schriftsätze, wäre nicht gerechtfertigt.

18

b) Unerheblich ist, ob die Klägerin tatsächlich Kenntnis vom Inhalt der Steuererklärung genommen oder ob ihr die Erklärung auch tatsächlich vorgelegen hat. Denn auch wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, hat sie sich gleichwohl mit ihrer Unterschrift auf der Erklärung deren Inhalt zu eigen gemacht und die Verantwortung dafür übernommen. Diese Ungewissheit über den Umfang der Kenntnis des Steuerpflichtigen ist im Übrigen bei jeder Steuererklärung mit diversen Anlagen, aber einer nur einmal geforderten Unterschrift gegeben und ist auch im ELSTER-Programm angelegt, das bei der komprimierten Einkommensteuererklärung die Unterschrift des Steuerpflichtigen nur auf Seite 1 des Deckblatts vorsieht. Entscheidend ist, dass der die Unterschrift tragende Teil der Steuererklärung der eingereichten Steuererklärung insgesamt eindeutig zugeordnet werden kann. Dies unterliegt vorliegend aufgrund der sich deckenden Angaben in der Faxkopie des Deckblatts sowie der übrigen Erklärung mit der elektronisch übermittelten Steuererklärung keinem Zweifel.

19

c) Mit diesem Auslegungsergebnis setzt sich der erkennende Senat nicht zur BFH-Rechtsprechung betreffend Investitionszulagenanträge (BFH-Urteile vom 17. Dezember 1998 III R 101/96, BFH/NV 1999, 967, und III R 87/96, BFHE 188, 182, BStBl II 1999, 313, und BFH-Beschluss vom 24. Juli 2003 III B 78/02, BFH/NV 2003, 1610) in Widerspruch. Denn diesbezüglich stand --anders als im Streitfall-- die steuerstrafrechtliche Verantwortung des Steuerpflichtigen für den Inhalt des von ihm gestellten Antrags im Vordergrund.

Tatbestand

1

Die Klägerin zu 1 betreibt in der Rechtsform der Aktiengesellschaft einen Großteil der Eisenbahnschienenwege in Deutschland. Ihre Gesellschaftsanteile werden von der Klägerin zu 2 gehalten, an die sie auch durch einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag gebunden ist. Die Klägerin zu 2 ist ebenfalls eine Aktiengesellschaft, deren Aktien die beklagte Bundesrepublik Deutschland hält. Zu ihrem Konzern gehören neben der Klägerin zu 1 auch verschiedene Eisenbahnverkehrsunternehmen. Für ihre Konzerntöchter hält sie verschiedene zentrale Servicefunktionen vor, die von diesen durch eine Konzernumlage finanziert werden. Dazu zählt eine zentrale Rechtsabteilung, in der etwa 160 Juristen - im Folgenden: Konzernjuristen - beschäftigt sind, die überwiegend auch als Rechtsanwälte zugelassen sind. Diese berät und vertritt alle Gesellschaften des Konzerns, so auch die Klägerin zu 1, namentlich in Regulierungssachen gegenüber der Bundesnetzagentur und anderen Stellen.

2

Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit der Inanspruchnahme dieser Dienste durch die Klägerin zu 1 in Angelegenheiten, die die Zuweisung von Zugtrassen und die Wegeentgelte betreffen. Anlass hierzu bot der Erlass von § 9a AEG im Jahre 2005, der in Umsetzung europarechtlicher Richtlinien die Unabhängigkeit der Betreiber von Schienenwegen von Eisenbahnverkehrsunternehmen in netzzugangsrelevanten Entscheidungen sicherzustellen sucht.

3

Die Klägerinnen haben auf die Neuregelung mit verschiedenen organisatorischen Maßnahmen reagiert. Im Mai 2005 haben sie ihren Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag dahin geändert, dass von dem Weisungsrecht der Klägerin zu 2 die Unabhängigkeit der Klägerin zu 1 in netzzugangs- und entgeltrelevanten Fragen unberührt bleibe. Zugleich bestimmte die Klägerin zu 1, dass Vorstandsmitglieder, die auch Funktionen in Eisenbahnverkehrsunternehmen ausübten, von Entscheidungen in Netzzugangs- und Entgeltfragen ausgeschlossen seien. Die Klägerin zu 2 bildete in der konzernzentralen Rechtsabteilung (GR) in der Unterabteilung "Regulierungs-, Wettbewerbs- und Kartellrecht" (GRK) ein eigenständiges Arbeitsgebiet "Regulierung" (GRK R, später GRK 1 bzw. ARK 1), das aus sieben Juristen besteht und mit der umfassenden und ausschließlichen Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Eisenbahninfrastrukturunternehmen des Konzerns, darunter vor allem der Klägerin zu 1, gegenüber der Bundesnetzagentur und anderen staatlichen Stellen in sämtlichen Netzzugangs- und Regulierungsverfahren betraut ist. Die Juristen dieses Arbeitsgebiets unterstehen dem Direktionsrecht des Leiters der Unterabteilung GRK. Nach einer Arbeitsanweisung ist ihnen nicht gestattet, in ihrem Arbeitsgebiet Eisenbahnverkehrsunternehmen zu beraten oder zu vertreten oder deren Interessen wahrzunehmen; Informationen haben sie vertraulich zu behandeln. Innerhalb der Klägerin zu 1 sind die Aufgaben betreffend Netzzugang und Wegeentgelte dem Vorstandsressort "Marketing/Vertrieb (I.NM)" zugewiesen. Operative Entscheidungen werden dezentral von den regionalen Niederlassungen getroffen. Ihnen ist die zentrale Organisationseinheit "Grundsätze Netzzugang/Regulierung" (I.NMN) vorgeordnet, die mit fünf Mitarbeitern besetzt ist, davon zwei Juristen. Zu ihren Aufgaben gehört es, in Abstimmung mit der zuständigen Konzernrechtsabteilung über die Einlegung von Rechtsbehelfen gegen Maßnahmen der Aufsichts- und Regulierungsbehörden zu entscheiden. Die Erarbeitung von Entgeltgrundsätzen obliegt der zentralen Organisationseinheit "Marketing/Preispolitik" (I.NMM), deren Mitarbeiter nach einer internen Konzernrichtlinie keinerlei Einflussnahmen Dritter außerhalb der Klägerin zu 1 zulassen dürfen. Schließlich bestellte die Klägerin zu 1 einen Unabhängigkeitsbeauftragten.

4

Mit Bescheid vom 24. November 2006 untersagte das Eisenbahn-Bundesamt der Klägerin zu 1, bei Entscheidungen über den Netzfahrplan, bei der sonstigen Zuweisung von Zugtrassen und bei Entscheidungen über die Wegeentgelte nebst der Vorbereitung dieser Entscheidungen Juristen der Klägerin zu 2 mit der Rechtsberatung oder Rechtsvertretung zu beauftragen, und verpflichtete sie, die damit angeordnete Umorganisation ihrer rechtlichen Beratung und Vertretung unverzüglich anzuzeigen. Zur Begründung hieß es: Seit 2005 seien öffentliche Betreiber der Schienenwege gesetzlich verpflichtet, rechtlich, organisatorisch und in ihren Entscheidungen von Eisenbahnverkehrsunternehmen unabhängig zu sein, soweit Entscheidungen über die Zuweisung von Zugtrassen und über die Wegeentgelte betroffen seien. Zum einen dürften derartige Entscheidungen nur von dem Personal des Betreibers der Schienenwege getroffen werden, das keine Funktionen in Eisenbahnverkehrsunternehmen oder mit diesen verbundenen Unternehmen ausübe (§ 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG); zum anderen müssten in Infrastrukturunternehmen, die über ein Mutterunternehmen mit einem Eisenbahnverkehrsunternehmen verbunden sind, unternehmensinterne Regelungen bestehen, die die Einflussnahme Dritter auf diese Entscheidungen unterbänden (§ 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG). Gegen beide Gebote verstoße die Klägerin zu 1, wenn sie - ohne eigene Rechtsabteilung - sich von Juristen der zentralen Rechtsabteilung ihrer Konzernmutter bei Fragen der Zuweisung von Zugtrassen und der Wegeentgelte beraten und vertreten lasse. Das personelle Trennungsgebot betreffe nicht nur Entscheidungen im operativen Geschäft, sondern schon jede Grundsatzentscheidung wie die Formulierung der "Schienennetz-Benutzungsbedingungen (SNB)", und nicht nur die Entscheidungen selbst, sondern auch deren Vorbereitung und erfasse deshalb auch die Beratung der Entscheidungsorgane der Klägerin zu 1 und deren Vertretung im Rechtsverkehr. Durch die Beauftragung von Juristen der Konzernmutter werde dieser und mittelbar auch den Konzernschwestern die Möglichkeit der Einflussnahme eröffnet, womit zugleich gegen das Gebot der Unterbindung derartiger Einflussnahmen verstoßen werde. Ob es tatsächlich zu Einflussnahmen der Konzernmutter gekommen sei, sei unerheblich, da im Interesse eines auch in den Augen der Wettbewerber und der Öffentlichkeit neutralen Netzbetreibers bereits die Möglichkeit der Einflussnahme unterbunden werden solle.

5

Die verfügte Untersagung sei auch erforderlich, um die gesetzlichen Anforderungen sicherzustellen, mildere Mittel seien nicht ersichtlich. Namentlich reichten die internen Organisationsregeln der Klägerinnen nicht aus. Der Beherrschungsvertrag zwischen den Klägerinnen sehe zwar vor, dass die Klägerin zu 2 der Klägerin zu 1 keine Weisungen erteile, die deren rechtlicher und organisatorischer Unabhängigkeit in Bezug auf Entscheidungen über die Zuweisung von Zugtrassen und die Wegeentgelte zuwiderliefen; er wiederhole damit aber lediglich den Gesetzeswortlaut. Dasselbe gelte für die Geschäftsordnung des Vorstandes der Klägerin zu 1, wonach Vorstandsmitglieder, die Funktionen in verbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmen ausübten, von der Beschlussfassung über Entscheidungen zu den in Rede stehenden Gegenständen ausgeschlossen seien. Auch die neuen - seinerzeit noch geplanten - Bestimmungen der unternehmensinternen Richtlinie 048.2001 seien unzureichend. Auch wenn die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung hiernach auf den Zeitraum nach Abschluss des Entscheidungsprozesses beschränkt werde, so bleibe die Modifikation der getroffenen Entscheidung doch unbenommen; zugleich würden künftige Entscheidungen vorgeprägt. Zudem betreffe die Beschränkung nur die rechtliche Vertretung und lasse die vorherige Beratung unberührt. Die weitere Bestimmung, Geschäftsgeheimnisse der Klägerin zu 1 und ihrer Kunden geheimzuhalten, und das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen seien intransparent und nicht zu überwachen und schon deshalb ungeeignet, die gesetzlichen Anforderungen zu erreichen. Sie seien ohnehin wenig praxistauglich, zumal sich eine Interessenkollision auch erst einige Zeit nach Auftragserteilung herausstellen könne, eine Auftragskündigung aber wenig wahrscheinlich sei; auch sei die Vertretung gegenläufiger Interessen in nachfolgenden Verfahren ebensowenig ausgeschlossen wie die gleichzeitige Vertretung gegenläufiger Interessen durch enge Kollegen und deren Einflussnahme im Wege kollegialer Kommunikation.

6

Mit ihren Widersprüchen rügten die Klägerinnen einen Eingriff in ihre unternehmerische Organisationsfreiheit, wenn die Einrichtung zentraler Servicefunktionen im Konzern verboten und damit die Erzielung entsprechender Synergieeffekte unmöglich gemacht werde; damit werde die Konzernstruktur insgesamt in Frage gestellt. Ein derartiger Eingriff bedürfe einer eindeutigen gesetzlichen Grundlage und eines überragenden öffentlichen Belangs. An beidem fehle es. Das Gesetz begründe zwar Betreiberpflichten, überlasse es aber der unternehmerischen Freiheit, mit welchen Maßnahmen diese Pflichten umzusetzen seien. In der Sache untersage es nur die bestimmende Einflussnahme auf die Entscheidungen der Organe des Schienenbetreibers, nicht aber den gesamten vorherigen Prozess der Entscheidungsfindung und auch nicht den anschließenden Vollzug der Entscheidung in einzelnen Anwendungsfällen einschließlich der Verteidigung einer Maßnahme gegenüber Behörden und vor Gericht. Sowohl das Europarecht als auch ein Vergleich mit dem Energiewirtschafts- und dem Aktienrecht sprächen für diese enge Auslegung. An den eigentlichen Entscheidungen in diesem Sinne wirkten die Juristen der Konzernmutter aber nicht mit. Sie berieten die Klägerin zu 1 nur zum rechtlichen Rahmen, aber nicht zum Inhalt einer Entscheidung und verträten sie im Folgenden nur in einzelnen Anwendungsfällen. Die Entscheidungen würden von den Organen der Klägerin zu 1 getroffen, nämlich von deren Vorstand und von der Organisationseinheit I.NMN.

7

Den Widerspruch der Klägerin zu 1 wies das Eisenbahn-Bundesamt mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2007, denjenigen der Klägerin zu 2 mit Widerspruchsbescheid vom 17. April 2007 zurück. Der Widerspruch der Klägerin zu 2 sei unzulässig. Sie sei nicht Adressatin des Untersagungsbescheides. Sie könne auch nicht als Dritte in ihrer unternehmerischen Entscheidungsfreiheit betroffen sein; als ein reines Staatsunternehmen sei sie nicht grundrechtsfähig. Der Widerspruch der Klägerin zu 1 sei aus den Gründen der Ausgangsentscheidung unbegründet; was die Klägerin einwende, greife nicht durch. Insbesondere sei der Begriff der "Entscheidung" im Eisenbahngesetz gerade im Gegensatz zu dem Begriff der "Letztentscheidung" im Energiewirtschaftsgesetz weit zu verstehen.

8

Das Verwaltungsgericht hat die Klagen mit Urteilen vom 14. November 2007 abgewiesen. Die Klägerin zu 2 sei nicht in eigenen Rechten betroffen. Ob sie auch als öffentliches Unternehmen wegen Art. 87e GG grundrechtsfähig sei, könne offenbleiben. Keinesfalls könne ihre Berechtigung aus Art. 12, Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG weiter reichen als ihre Rechte nach "einfachem" Recht. Die Klägerin zu 2 habe sich aber durch den Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag in den hier in Rede stehenden Angelegenheiten des Netzzugangs und der Wegeentgelte jedes Weisungsrechts gegenüber der Klägerin zu 1 begeben. Sie habe daher auch keinen rechtlich begründeten Einfluss darauf, von welchen Juristen sich die Klägerin zu 1 bei netzzugangsrelevanten Entscheidungen beraten lasse. Die Klägerin zu 1 sei in eigenen Rechten betroffen, aber nicht verletzt. Die Untersagungsverfügung finde ihre Rechtsgrundlage in § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG. Diese Vorschrift verlange, dass die netzzugangsrelevanten Entscheidungen ausnahmslos vom Personal des Infrastrukturunternehmens zu treffen seien. Das erfasse zwar nicht jede Vorarbeit zu einer Entscheidung - insofern genügten interne Schutzvorkehrungen -, umfasse aber jede maßgebliche inhaltliche Beteiligung an der Entscheidungsfindung. Hinsichtlich der Konzernjuristen liege eine Organisationsstruktur vor, die diesen in bestimmten Fällen eine unzulässige Mitentscheidung eröffne. Mit zunehmender Komplexität der aufgeworfenen Rechtsfragen nehme der Einfluss der Konzernjuristen auf die zu treffende Entscheidung zu; gerade in komplexen Fällen könne die eigene Organisationseinheit I.NMN der Klägerin zu 1 kaum mehr als eine Plausibilitätskontrolle leisten. Die Untersagungsverfügung lasse sich zudem auf § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG stützen; denn die gegebene Organisationsstruktur ermögliche dem Vorstand der Klägerin zu 2 vermöge seines Direktionsrechts gegenüber den Konzernjuristen eine inhaltliche Einflussnahme auf die Entscheidungen der Klägerin zu 1. Das interne Reglement der Klägerin zu 2 reiche nicht aus, diese Einflussnahme völlig auszuschließen, und dürfe es nach § 76 AktG auch gar nicht. Die Untersagungsverfügung sei auch verhältnismäßig; der Klägerin zu 1 entstünden bei Übernahme der fünf bis sieben Konzernjuristen keine nennenswerten Mehrkosten, und die behaupteten Synergieeffekte blieben gewahrt.

9

Auf die Berufungen der Klägerinnen hat das Oberverwaltungsgericht die beiden Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit Urteil vom 20. Mai 2009 hat es den Bescheid des Eisenbahn-Bundesamtes vom 24. November 2006 und die beiden Widerspruchsbescheide aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Untersagungsverfügung sei rechtswidrig; sie finde in § 9a Abs. 1 AEG keine Grundlage. Die beanstandete Beauftragung von Konzernjuristen führe nicht dazu, dass diese entgegen § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG Entscheidungen über den Netzzugang oder die Wegeentgelte träfen. Die Vorschrift habe nur die Entscheidungsträger des Infrastrukturunternehmens selbst im Blick und ordne deren persönliche Unabhängigkeit an. Daher erfasse der Begriff der Entscheidung nur den Abschluss eines Willensbildungsprozesses mit Anspruch auf Verbindlichkeit und Umsetzung, nicht aber Vorarbeiten wie die Erarbeitung des Sachverhalts oder von Handlungsalternativen. Auf die Phase der Entscheidungsvorbereitung ziele vielmehr § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG; hier sollten Einflussnahmen Dritter durch unternehmensinterne Organisationsregeln unterbunden werden. Die Konzernjuristen träfen keine Entscheidungen im vorbeschriebenen Sinne und wirkten an solchen auch nicht mit; es sei sichergestellt, dass ihre Tätigkeit erst einsetze, wenn das eigene Personal der Klägerin zu 1 eine Entscheidung bereits getroffen habe. Dies gelte für die allgemeinen Festlegungen in Rahmenverträgen und den Schienennetz-Nutzungsbedingungen ebenso wie für einzelne Trassenzuweisungen und Wegegeldfestsetzungen. Mit ihrer Tätigkeit gehe aber auch keine Einflussnahme der Klägerin zu 2 auf die Entscheidungen der Klägerin zu 1 einher, die sich nicht durch unternehmensinterne Regelungen ausschließen ließen und hinlänglich ausgeschlossen seien. Der Arbeit der Konzernjuristen wohne nicht schon für sich ein auf die Durchsetzung der Interessen konzernzugehöriger Verkehrsunternehmen ausgerichtetes manipulatives Element inne; die Konzernjuristen seien allein für die Klägerin zu 1 tätig und unterlägen nur deren Weisungen. Ein solches manipulatives Element ergebe sich auch nicht daraus, dass sie Angestellte der Klägerin zu 2 seien. Das allein begründe nicht den Verdacht ihrer Voreingenommenheit; verbleibende Risiken seien durch unternehmensinterne Regeln unterbunden. Das Weisungsrecht der Klägerin zu 2 als Arbeitgeberin schließlich sei ausreichend beschränkt; aktienrechtlichen Bedenken gegen die rechtliche Wirksamkeit dieser Beschränkung bestünden nicht. Insgesamt halte das Gesetz - jenseits der Funktionstrennung auf der Ebene der Entscheidungsträger - unternehmensinterne Regelwerke unter flankierender Kontrolle eines Unabhängigkeitsbeauftragten im Regelfalle für ausreichend. Allein die Bekämpfung eines "bösen Scheins" rechtfertige keine weiterreichenden Maßnahmen. Auch das europäische Gemeinschaftsrecht lasse integrierte Eisenbahnkonzerne weiterhin zu und fordere lediglich eine Ausgestaltung, bei der die Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers von Verkehrsunternehmen in Fragen des Netzzugangs und der Wegeentgelte gesichert sei. Auch gemeinschaftsrechtlich seien für eine Konzernstruktur typische unternehmensübergreifende Dienstleistungen wie die hier in Rede stehenden daher nicht ausgeschlossen. Sei die angefochtene Untersagungsverfügung nach allem rechtswidrig, so verletze sie nicht nur die Klägerin zu 1 als Adressatin, sondern auch die Klägerin zu 2 in eigenen subjektiven Rechten, nämlich in ihrer Organisationshoheit als konzernbeherrschendes Unternehmen, die durch ihre Privatautonomie und durch Art. 87e GG rechtlich geschützt sei. Dagegen lasse sich nicht mit dem Verwaltungsgericht einwenden, die Klägerin zu 2 habe sich ihres Weisungsrechts begeben; der Ausschluss eines inhaltlichen Weisungsrechts lasse ihr organisatorisches Weisungsrecht - die Dienste der zentralen Rechtsabteilung in Anspruch zu nehmen - unberührt, das aber durch die Untersagungsverfügung verkürzt werde.

10

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision zugelassen. Das Berufungsurteil ist der Beklagten am 15. Juni 2009 zugestellt worden. Die Beklagte hat am 12. Juni 2009 Revision eingelegt und am 30. September 2009 - dem letzten Tag der Frist - begründet. Der 46-seitige Begründungsschriftsatz ist nur auf der ersten Seite unterschrieben; dort befinden sich der Revisionsantrag sowie ein Verweis auf die nachstehenden Gründe der Anfechtung. Zur Sache macht die Beklagte geltend: Beiden Klägerinnen fehle die Klagebefugnis. Als öffentliche Unternehmen seien sie nicht grundrechtsfähig; einfachgesetzliche Abwehrrechte gegen Regulierungsverfügungen des Bundes stünden ihnen aber nicht zu. Das Berufungsurteil verletze auch in der Sache Bundesrecht. Ziel des Gesetzes sei die Gewährleistung eines chancengleichen, diskriminierungsfreien und funktionsfähigen Wettbewerbs auf der Schiene und hierzu die prinzipielle Trennung von Netz (Schiene) und Betrieb (Verkehr). Das sei prinzipiell gefährdet, wenn das Infrastrukturunternehmen zwar rechtlich von Verkehrsunternehmen getrennt werde, diesen aber durch eine Konzernstruktur verbunden bleibe und dem Mutterkonzern durch einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag unterworfen sei. Der Gesetzgeber habe Konzernstrukturen gleichwohl erlaubt, suche aber gleichzeitig sicherzustellen, dass das Infrastrukturunternehmen in Fragen des Netzfahrplans, des Netzzugangs und der Wegeentgelte frei von der Beeinflussung durch Eisenbahnverkehrsunternehmen sei. Hierzu ordne § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG in Umsetzung europarechtlicher Vorgaben ausdrücklich nicht nur die rechtliche, sondern auch die organisatorische Unabhängigkeit des Schienenbetreibers an. Unternehmerische Funktionen, die Netzzugangsfragen beträfen, müssten deshalb von Organisationseinheiten des Schienenbetreibers wahrgenommen werden, die von der sonstigen Konzernorganisation getrennt seien. § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG sei kein bloßer Programmsatz, sondern die Grundnorm, die in Satz 2 durch Regelbeispiele in bestimmter Hinsicht konkretisiert werde und zugleich deren Auslegung steuere. Wenn dessen Nr. 3 Entscheidungen über Netzzugang und Wegeentgelte dem eigenen Personal des Infrastrukturunternehmens vorbehalte, so ziele das nicht bloß auf das formal-juristisch zuständige Organ, sondern auf das gesamte Management in einem funktionalen Sinne, weshalb der Begriff der Entscheidung den Prozess der Entscheidungsfindung umfasse, soweit in ihm inhaltliche Vorfestlegungen getroffen würden. Das werde durch Nr. 5 dahin ergänzt, dass auch weitere mögliche Einflussnahmen zu unterbinden seien, ohne dass diese deshalb manipulativ sein müssten. Rechtsberater und Bevollmächtigte aber seien in den Prozess der Entscheidungsfindung eingebunden. Das gelte umso mehr, als die Rechtsposition der Klägerin zu 1 gegenüber den Aufsichts- und Regulierungsbehörden praktisch allein von den Konzernjuristen formuliert und vertreten werde. Es sei wirklichkeitsfern anzunehmen, die Konzernjuristen seien hierbei allein der Klägerin zu 1 verpflichtet und keinem bestimmenden Einfluss ihrer Arbeitgeberin, der Klägerin zu 2, ausgesetzt oder könnten einen solchen gar ignorieren oder zurückweisen. Bloße konzerninterne Richtlinien seien ungeeignet, dieser Gefahr zu begegnen, zumal das Europarecht bloß rechtliche Vorkehrungen nicht genügen lasse, sondern den Nachweis ihrer praktischen Wirksamkeit fordere.

11

Die Klägerinnen halten die Revision für unzulässig, da sie formgerecht nicht fristgemäß begründet worden sei. In der Sache verteidigen sie das Berufungsurteil mit im Wesentlichen übereinstimmenden Argumenten. § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG sei keine Generalermächtigung mit nachfolgenden Regelbeispielen, sondern eine Zielvorgabe mit nachfolgenden Zielerreichungsmitteln. Diese Mittel allerdings seien abschließend, schon weil sie das Ergebnis der gesetzgeberischen Abwägung zwischen der - zulässigen - Konzernstruktur und der gebotenen Unabhängigkeit des Schienenbetreibers seien. Nach § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 5 AEG sei die Unabhängigkeit des Infrastrukturunternehmens gewährleistet, wenn die netzzugangs- und entgeltrelevanten Entscheidungen von seinem Personal getroffen würden (Nr. 3) und interne Regelungen die Einflussnahme während der Entscheidungsfindung verhinderten (Nr. 5). Die juristischen Berater und Bevollmächtigten gehörten nicht zum Entscheidungspersonal. Das Berufungsgericht habe in tatsächlicher Hinsicht bindend festgestellt, dass das interne Regelwerk der Klägerinnen hinreichend und effektiv sei, eine Einflussnahme der Klägerin zu 2 über die Konzernjuristen während der Entscheidungsfindung zu verhindern, insbesondere dass die Konzernjuristen erst nach getroffener Entscheidung eingeschaltet und ihre Empfehlungen von eigenen Juristen des Infrastrukturunternehmens geprüft würden.

Entscheidungsgründe

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Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils.

13

A. Die Revision ist zulässig. Sie wurde insbesondere ordnungsgemäß begründet.

14

1. Gemäß § 139 Abs. 3 VwGO ist die Revision innerhalb einer Frist von einem Monat, die von dem Vorsitzenden auf Antrag verlängert werden kann, zu begründen; die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben. Dabei versteht sich von selbst, dass die Begründung der Revision - ebenso wie nach § 139 Abs. 1 Satz 1 VwGO deren Einlegung - schriftlich erfolgen muss (vgl. auch § 173 VwGO i.V.m. § 551 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Schriftform verlangt grundsätzlich die eigenhändige Unterschrift des dazu Berechtigten (Urteil vom 6. Dezember 1988 - BVerwG 9 C 40.87 - BVerwGE 81, 32 <33>; Beschlüsse vom 27. Januar 2003 - BVerwG 1 B 92.02 - und vom 5. Februar 2003 - BVerwG 1 B 31.03 - Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 17 und 16). Die Unterschrift muss den Inhalt der Erklärung räumlich decken, also hinter oder unter dem Text stehen. Das verlangt § 440 Abs. 2 ZPO für die Beweiskraft von Privaturkunden und folgt auch ganz allgemein aus der Funktion der Unterschrift, nicht nur die Gewähr für das Erklärte zu übernehmen, sondern auch das Erklärte abzuschließen (BGH, Urteil vom 20. November 1990 - XI ZR 107/89 - BGHZ 113, 48). Eine "Oberschrift" erlaubt regelmäßig nicht den sicheren Schluss, dass das Nachfolgende vom Unter- bzw. Überzeichner herrührt und nicht blanko gegeben wurde (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2004 - VI ZB 9/04 - NJW-RR 2004, 1364).

15

Allerdings ist das Schriftformerfordernis kein Selbstzweck. Die Rechtsprechung hat deshalb in Einzelfällen Ausnahmen zugelassen, wenn seinem Sinn und Zweck auf anderem Wege genügt ist. Durch das Schriftformerfordernis soll die verlässliche Zurechenbarkeit des Schriftsatzes sichergestellt werden. Es muss gewährleistet sein, dass nicht nur ein Entwurf, sondern eine gewollte Prozesserklärung vorliegt, ferner, dass die Erklärung von einer bestimmten Person herrührt und diese für den Inhalt die Verantwortung übernimmt. Deshalb werden Ausnahmen von dem Grundsatz handschriftlicher Unterzeichnung zugelassen, wenn sich aus dem bestimmenden Schriftsatz allein oder in Verbindung mit beigefügten Unterlagen die Urheberschaft und der Wille, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen, hinreichend sicher, das heißt ohne die Notwendigkeit einer Klärung durch Rückfrage oder durch Beweiserhebung, ergeben (Urteile vom 26. August 1983 - BVerwG 8 C 28.83 - Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 9 und vom 6. Dezember 1988 - BVerwG 9 C 40.87 - BVerwGE 81, 32 <36>). Aus Gründen der Rechtssicherheit kann dabei freilich nur auf die dem Gericht bei Eingang des Schriftsatzes erkennbaren oder bis zum Ablauf der Frist bekannt gewordenen Umstände abgestellt werden (Beschluss vom 27. Januar 2003 - BVerwG 1 B 92.02 - Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 17 = NJW 2003, 1544).

16

2. Im vorliegenden Fall ist diesen Anforderungen noch genügt.

17

a) Die Beklagte hat am letzten Tag der Revisionsbegründungsfrist einen Schriftsatz eingereicht, der den Revisionsantrag sowie die Revisionsgründe enthielt. Zwar hat der Prozessbevollmächtigte die Revisionsbegründungsschrift nur auf ihrer ersten Seite - nach den Revisionsanträgen - unterschrieben. Gleichwohl konnte kein Zweifel bestehen, dass auch die nachfolgende Darlegung der Revisionsgründe von ihm herrührt und von ihm willentlich in den Rechtsverkehr gebracht worden war. Allerdings bietet eine Unterschrift auf der ersten Seite Anlass zu Zweifeln, ob die Unterschrift bereits vor der Endkorrektur geleistet wurde und deshalb die Endkontrolle durch den Unterzeichner nicht mehr gewährleistet war. Hier kommt aber zum einen hinzu, dass die unterschriebene erste Seite einen inhaltlich abgeschlossenen Text darstellt, der für sich genommen bereits wesentliche Teile der Revisionsbegründung - nämlich die Revisionsanträge - enthält und im Sinne einer wenn auch knapp gehaltenen Übersicht auf die nachstehenden Gründe der Anfechtung verweist. Damit steht fest, dass der gesamte Text keinen bloßen Entwurf mehr darstellt, sondern mit dem Willen des Prozessbevollmächtigten in den Rechtsverkehr gegeben wurde; und es ist hinlänglich dokumentiert, dass der Prozessbevollmächtigte auch für den Inhalt der Gründe der Anfechtung die Verantwortung übernimmt (vgl. auch BFH, Beschluss des Großen Senats vom 5. November 1973 - GrS 2/72 - BFHE 111, 278 = NJW 1974, 1582). Beides wird zum anderen durch die Vorgeschichte bekräftigt: Der Prozessbevollmächtigte hat bereits zwei Wochen zuvor eine frühere Fassung derselben Revisionsbegründung eingereicht, diese dann aber wieder zurückgefordert, weil die nötige Abstimmung mit dem Beklagten noch ausstehe. Wenn nunmehr die überarbeitete Revisionsbegründung mit dem erwähnten Vorblatt vorgelegt wird, besteht kein vernünftiger Zweifel mehr an der Verbindlichkeit und der Authentizität des Schriftsatzes. Dementsprechend hat auch keiner der Beteiligten einen derartigen Zweifel geäußert.

18

b) Nachdem die Klägerinnen die fehlende Unterschrift auf der letzten Seite der Revisionsbegründung gerügt hatten, hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten das Fehlen damit erläutert, er habe nach Erstellen und Unterschreiben des Schriftsatzes noch einige wenige Ergänzungen vorgenommen, die seine Mitarbeiterin aber weisungswidrig nicht als "a-Seiten" in den unterschriebenen Ausdruck eingefügt habe; stattdessen sei die Datei verändert und insgesamt nochmals ausgedruckt worden. Auch dieser Vortrag führt nicht dazu, die Revision für unzulässig zu erachten. Zwar legt der Prozessbevollmächtigte damit selbst dar, dass der Schriftsatz nach Beifügung der Unter- oder hier der Oberschrift noch verändert worden sei, was deren Beglaubigungsfunktion in Zweifel zieht. Er hat aber durch Vorlage des Manuskripts zugleich nachgewiesen, dass die nachträglichen Veränderungen von seiner Hand stammten und seinem Büro als Endkorrektur zur Einarbeitung übermittelt wurden. Dass dieser Nachweis erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist geführt wurde, ist unschädlich, weil auch die Zweifel, die er ausräumt, erst nach diesem Zeitpunkt aufgekommen sind.

19

B. Die Revision hat nicht schon deshalb Erfolg, weil die Klagen unzulässig wären. Die Klägerinnen sind klagebefugt. Das hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt.

20

1. Die Beklagte meint, beiden Klägerinnen fehle die Klagebefugnis schon deshalb, weil sie öffentliche Unternehmen seien, deren Geschäftsanteile - unmittelbar oder mittelbar - sämtlich von der beklagten Bundesrepublik Deutschland gehalten würden. Dem kann nicht gefolgt werden. Nach § 42 Abs. 2 VwGO besteht die Klagebefugnis, wenn der Kläger eine Verletzung seiner subjektiv-öffentlichen Rechte geltend macht und dies immerhin möglich ist. Die Klägerinnen machen geltend, das Eisenbahn-Bundesamt werfe ihnen zu Unrecht eine Verletzung ihrer Pflichten aus § 9a des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) vom 27. Dezember 1993 (BGBl I S. 2378, 2396) in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 27. April 2005 (BGBl I S. 1138) vor und greife deshalb ohne zureichenden Grund in ihre unternehmerische Handlungs- und Organisationsfreiheit ein. Dieser Vortrag ist geeignet, eine Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte als möglich erscheinen zu lassen. Namentlich steht den Klägerinnen die Handlungs- und Organisationsfreiheit eines Eisenbahnunternehmens zu, die vom Allgemeinen Eisenbahngesetz vorausgesetzt wird. Hierfür ist gleichgültig, ob das Eisenbahnunternehmen in privater oder öffentlicher Hand ist. Ebenso ist unerheblich, ob sich die Klägerinnen auf Grundrechte berufen können und ob sie diese obendrein mit der Verfassungsbeschwerde geltend machen könnten (vgl. hierzu Windthorst in Sachs, Grundgesetz-Kommentar, 5. Aufl. 2009, Rn. 49 zu Art. 87e GG; Dreier in ders. , Grundgesetz-Kommentar, Band 1, 2. Aufl. 2004, Rn. 68 ff. zu Art. 19 Abs. 3 GG; Burgi, DVBl 2006, S. 269; Kühne, JZ 2009, 1071; zu Energiewirtschaftsunternehmen BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 16. Mai 1989 - 1 BvR 705/88 - NJW 1990, 1783 und vom 18. Mai 2009 - 1 BvR 1731/05 - NVwZ 2009, 1282; zu Telekommunikationsunternehmen BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03 u.a. - BVerfGE 115, 205 <227 f.>; BVerwG, Urteil vom 25. April 2001 - BVerwG 6 C 6.00 - BVerwGE 114, 160 <189>) .

21

2. Auch der Klägerin zu 2 kann die Klagebefugnis nicht abgesprochen werden. Sie ist zwar nicht Adressatin der angefochtenen Bescheide, wird von diesen aber als Dritte in eigenen Rechten nachteilig betroffen.

22

Die angefochtenen Bescheide beruhen auf dem Vorwurf einer nach Maßgabe des § 9a AEG unzulänglichen Entflechtung zwischen der Klägerin zu 1 und ihrem Mutterkonzern, der Klägerin zu 2. Die genannte Vorschrift dient zwar der Herstellung und Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit des konzernangehörigen Schienenwegebetreibers, begründet aber Pflichten nicht nur für diesen, sondern korrespondierend auch für die konzernverbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmen und für das gemeinsame Mutterunternehmen. Hierbei tariert sie das jeweilige Interesse an der unternehmerischen Organisationsfreiheit des Konzerns und seiner Unternehmen einerseits und das öffentliche Entflechtungsinteresse andererseits aus. Indem sie das öffentliche Entflechtungsinteresse zugleich begründet und begrenzt, dient die Vorschrift auch dem Schutz des privaten Interesses des Konzerns und seiner Unternehmen an der Achtung ihrer unternehmerischen Organisationsfreiheit; insofern ist sie Schutznorm zu deren Gunsten. Ob § 9a AEG darüber hinaus auch Schutznorm zugunsten der mit dem verbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmen konkurrierenden Eisenbahnverkehrsunternehmen ist, ist eine andere Frage (verneinend Kramer in Kunz, Eisenbahnrecht, Rn. 4 zu § 9a AEG).

23

Die angefochtenen Bescheide betreffen die Klägerin zu 2 auch tatsächlich nachteilig. Auch wenn der Ausgangsbescheid nur an die Klägerin zu 1 gerichtet ist, so hat das darin verfügte Verbot, sich der Dienste der Rechtsabteilung der Klägerin zu 2 zu bedienen, für diese doch unmittelbare tatsächliche Folgen. Diese Folgen bestehen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts unabhängig davon, ob die Klägerin zu 2 in dem gemeinsamen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag auf die Ausübung ihres Weisungsrechts in Angelegenheiten des Netzzugangs und der Wegeentgelte verzichtet hat.

24

C. Die Revision ist aber in der Sache begründet. Das Berufungsgericht hätte die Berufungen der Klägerinnen gegen die klageabweisenden Urteile des Verwaltungsgerichts zurückweisen müssen; denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Zwar hält das Berufungsurteil den Einwänden der Beklagten stand, soweit sie § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG (dazu 1.) und § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG betreffen (dazu 2.). Die angefochtenen Bescheide finden ihre Grundlage jedoch in (§ 5a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m.) § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG (dazu 3.). Mit Recht hat das Verwaltungsgericht die Untersagungsverfügung auch für verhältnismäßig erachtet (dazu 4.).

25

1. a) Das Berufungsgericht hat es mit Recht abgelehnt, schon einen Verstoß der Klägerin zu 1 gegen § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG anzunehmen, der die Aufsichtsbehörde zum Einschreiten veranlassen könnte. Diese Vorschrift stellt keine Generalklausel dar, sondern formuliert die Ziele, denen die in § 9a Abs. 1 Satz 2 AEG im Einzelnen vorgesehenen Maßnahmen und Pflichten der Eisenbahnunternehmen dienen. Sie leitet damit deren Auslegung, vermag jedoch allein für sich keine Pflichten zu begründen, die dort nicht vorgesehen sind.

26

Das ergibt sich zweifelsfrei aus dem Wortlaut der Eingangswendung in Satz 2, welche die nachstehende Liste von Maßnahmen und Pflichten der Eisenbahnunternehmen mit den Worten "zur Erreichung der in Satz 1 genannten Ziele" an den Satz 1 anschließt. Es ergibt sich auch aus der Abfolge dieser Liste, welche die in Satz 1 angesprochenen Hinsichten der gebotenen Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers abhandelt (Nr. 1 - rechtliche Unabhängigkeit; Nr. 2 - organisatorische Unabhängigkeit; Nr. 3 bis 5 - Unabhängigkeit in den Entscheidungen) und um eine Bestimmung über die Besetzung der Aufsichtsräte (Nr. 6) ergänzt. Hingegen fehlen typische Wendungen zur Kennzeichnung von bloßen Regelbeispielen ("insbesondere", "etwa"). Es ergibt sich schließlich aus dem Gebot der Bestimmtheit eines Gesetzes, das wie § 9a Abs. 1 AEG privaten Unternehmern Pflichten auferlegt (ebenso Gerstner in Hermes/Sellner, AEG-Kommentar, Rn. 30 zu § 9a AEG).

27

b) In § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG eine Formulierung der Gesetzesziele zu sehen, stimmt mit europäischem Gemeinschaftsrecht überein. § 9 Abs. 1c AEG dient der Umsetzung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (ABl Nr. L 237 S. 25) in der Fassung der Änderungsrichtlinie 2001/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 (ABl Nr. L 75 S. 1) - im Folgenden: Richtlinie 91/440/EWG -, § 9a AEG obendrein der Umsetzung der Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazitäten der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung (ABl Nr. L 75 S. 29). Nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440/EWG treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Funktionen nach Anhang II - das sind hier Entscheidungen über die Trassenzuweisung und über die Wegeentgelte (zweiter und dritter Spiegelstrich) -, die für einen gerechten und nichtdiskriminierenden Zugang zur Infrastruktur ausschlaggebend sind, an Stellen oder Unternehmen übertragen werden, die selbst keine Eisenbahnverkehrsleistungen erbringen. Nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14/EG müssen Entscheidungen über die Wegeentgelte und nach Art. 14 Abs. 2 dieser Richtlinie auch Entscheidungen über die Zuweisung von Fahrwegkapazität von Stellen (des Infrastrukturunternehmens oder von Dritten) getroffen werden, die rechtlich, organisatorisch und in ihren Entscheidungen von Eisenbahnverkehrsunternehmen unabhängig sind. Diese Anforderungen greift § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG in derselben Rechtsqualität wie die Richtlinien - als Zielvorgabe - auf und setzt sie im Katalog des nachfolgenden Satzes 2 um. Die zwischen der Europäischen Kommission und der Bundesrepublik Deutschland kontrovers diskutierte Frage, ob § 9a Abs. 1 AEG - zusammen mit weiteren Maßnahmen - zur Umsetzung der genannten Richtlinien genügt, richtet sich daher allein an den Katalog des § 9a Abs. 1 Satz 2 AEG, vermag aber die Rechtsqualität des § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG nicht zu verändern.

28

c) Die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts müssen nicht nur rechtlich umgesetzt werden; die Umsetzung muss zur Verwirklichung des Entflechtungsziels auch tatsächlich wirksam sein. Das entspricht dem allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz des "effet utile". Es kommt zudem in Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 91/440/EWG zum Ausdruck, wonach die Mitgliedstaaten ungeachtet der Organisationsstrukturen der beteiligten Unternehmen den Nachweis zu erbringen haben, dass das Ziel der Entflechtung erreicht worden ist (vgl. auch Monopolkommission, Sondergutachten 46, 2007, Rn. 67 f.). Zwar gehen Art. 4 Abs. 2, Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14/EG als spezielleres Recht dem Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440/EWG vor (insoweit zutreffend Hermes in Hermes/Sellner, a.a.O., Einführung B Rn. 42 ff.). Das lässt aber den beschriebenen Grundsatz einschließlich seiner Ausprägung in Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 91/440/EWG unberührt.

29

2. § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG verbietet Doppelfunktionen des entscheidenden Personals des Schienenwegebetreibers. Das bezieht - und beschränkt - sich auf die zu im Rechtssinne bindenden Entscheidungen berufenen Organe und Mitarbeiter des Infrastrukturunternehmens. Hiergegen hat die Klägerin zu 1 nicht verstoßen. Das hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt; die Angriffe der Revision gehen insoweit fehl.

30

a) Der in § 9a Abs. 1 AEG mehrfach verwendete Begriff der Entscheidung ist durchgängig in demselben Sinne zu verstehen. Entscheidungen sind Willensentschließungen von hierzu befugten Organen und Mitarbeitern des Infrastrukturunternehmens, die dessen Handeln steuern. Dies gilt gleichermaßen für Entscheidungen, die unmittelbar nach außen wirken, wie für solche, die durch ein anderes Organ oder einen anderen Mitarbeiter des Unternehmens umgesetzt werden müssen, sofern dieser hierzu rechtlich verpflichtet oder nach den Gepflogenheiten des Unternehmens hierzu gehalten ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 31. Oktober 1990 - 2 BvF 3/89 - BVerfGE 83, 60 <73>). Entscheidungscharakter hat auch die Wahrnehmung von Mitentscheidungsbefugnissen.

31

Entscheidungen in diesem Sinne sind nicht nur Entscheidungen des Vorstands oder anderer gesetz- oder satzungsmäßiger Organe der Gesellschaft; sie können auch von nachgeordneten - angestellten - Mitarbeitern getroffen werden, sofern diese nach den unternehmensinternen Regeln hierzu befugt sind. Entscheidungen sind auch nicht nur Grundsatzentscheidungen. Die Versuche der Klägerinnen, Einzelfallentscheidungen, die in Ausführung von Grundsatzentscheidungen ergehen (Entscheidungen im operativen Geschäft), den Charakter einer Entscheidung im Sinne des § 9a Abs. 1 AEG abzusprechen, gehen fehl; sie übersehen, dass § 9a Abs. 1 AEG anders als § 8 Abs. 2 Nr. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) vom 7. Juli 2005 (BGBl I S. 1970, 3621) gerade nicht einengend nur von "Letztentscheidungen" spricht. Umgekehrt lässt sich auch bei Grundsatzentscheidungen der Entscheidungscharakter nicht allein deshalb bestreiten, weil sie rechtlich bindende Außenwirksamkeit erst vermöge nachfolgender Einzelentscheidungen erlangen. Entscheidung in diesem Sinne ist damit auch das Aufstellen der Schienennetz-Benutzungsbedingungen (vgl. § 14d Abs. 1 Nr. 6 AEG sowie § 4 Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung vom 3. Juni 2005, BGBl I S. 1566).

32

b) § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 bis 5 AEG sucht die Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers in seinen Entscheidungen auf verschiedene Weise zu sichern (vgl. BTDrucks 15/3280 S. 12 und 16). Nr. 3 sichert die persönliche Unabhängigkeit des zur Entscheidung berufenen Personals, Nr. 4 die rechtliche Entscheidungsfreiheit gegenüber fremden Weisungen, Nr. 5 schließlich die sachliche Unabhängigkeit der Entscheidung gegenüber fremder Einflussnahme. Allen diesen Sicherungen ist gemein, dass sie den Vorgang der Entscheidungsfindung betreffen. Zwar lässt sich begrifflich zwischen dem Inhalt der Entscheidung als dem Entschiedenen und dem Vorgang der Entscheidungsfindung als dem Entscheiden in derselben Weise unterscheiden, wie dies aus dem Planungsrecht zwischen dem Abwägungsergebnis als dem inhaltlich Abgewogenen und dem Abwägungsvorgang als dem Prozess des Abwägens bekannt ist. Es führt aber in die Irre, hieraus Schlüsse für das systematische Verhältnis ziehen zu wollen, in dem § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Nr. 5 AEG zueinander stehen. § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG betrifft nicht das inhaltliche Ergebnis einer Entscheidung, sondern stellt ebenso wie Nr. 4 und 5 Anforderungen an den Vorgang der Entscheidungsfindung. Der Vorgang der Entscheidungsfindung wird lediglich unter verschiedenen Aspekten erfasst. Dabei greift in rein zeitlicher Betrachtung allerdings Nr. 5 am weitesten aus, weil hier auch Tätigkeiten nicht selbst entscheidungsbefugter Mitarbeiter erfasst werden, die lediglich der Entscheidungsvorbereitung dienen. Insofern - aber auch nur insofern - ist es richtig, § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG der Entscheidungsvorbereitung, § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 AEG hingegen eher der Entscheidung selbst zuzuordnen (vgl. BTDrucks 15/3280 S. 16 f.).

33

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem europäischen Gemeinschaftsrecht. Es ist zwar richtig, dass der Anhang II zur Richtlinie 91/440/EG im ersten Spiegelstrich zwischen "Vorarbeiten" und "Entscheidung" unterscheidet. Damit wird aber der Begriff der "Entscheidung" weder auf die abschließende Phase der Entscheidungsfindung - das Treffen der Entscheidung - noch gar auf die inhaltliche Entscheidung im Sinne des Entschiedenen beschränkt. Das hieße nämlich, dass Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440/EG bei netzzugangsrelevanten Entscheidungen, welche der Anhang II im zweiten und dritten Spiegelstrich anspricht, überhaupt keine Anforderungen zum Vorfeld dieser abschließenden Phase stellt; das kann nicht richtig sein. Im Übrigen dient § 9a AEG, wie gezeigt, nicht nur der Umsetzung des Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440/EG, sondern vor allem der Umsetzung der - insofern spezielleren - Art. 4 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14/EG.

34

c) § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG ordnet nicht an, dass der Schienenwegebetreiber seine Entscheidungen selbst, d.h. durch eigenes Personal trifft; das setzt die Vorschrift - als Ergebnis der rechtlichen (Nr. 1) und organisatorischen (Nr. 2) Selbständigkeit - voraus. Nr. 3 bestimmt vielmehr, dass dieses Personal des Infrastrukturunternehmens nicht zugleich Funktionen in verbundenen Verkehrsunternehmen ausüben darf. "Funktionen" meint vergleichbare Entscheidungskompetenzen in dem verbundenen Verkehrsunternehmen oder dem gemeinsamen Mutterkonzern; dabei ist gleichgültig, ob die dortige Funktion sachlich zu einer Einflussnahme auf die Entscheidungen des Infrastrukturunternehmens führen kann (zu eng insofern Gerstner in Hermes/Sellner, AEG-Kommentar, Rn. 35 zu § 9a AEG). Die Vorschrift verfügt damit ein Mitwirkungsverbot für eigene Funktionsträger des Infrastrukturunternehmens mit Doppelfunktion; es handelt sich um eine Inkompatibilitätsnorm.

35

Aus dem Prozess der Entscheidungsfindung erfasst die Vorschrift nur dessen Abschluss, das "Treffen" der Entscheidung. Damit betrifft die Vorschrift nur dasjenige Personal, das Entscheidungen des Schienenwegebetreibers in dem eingangs beschriebenen Sinne "treffen" kann, das mit anderen Worten den Schienenwegebetreiber binden (festlegen) kann, also die Organe (Organwalter) sowie die nach den unternehmensinternen Regeln hierfür zuständigen Mitarbeiter des Infrastrukturunternehmens. Hingegen ist das zu- und vorarbeitende Personal ohne eigene Entscheidungskompetenz nicht von Nr. 3 erfasst; insofern ist dem Berufungsgericht gegen die Angriffe der Revision zuzustimmen.

36

Rechtliche Berater und Bevollmächtigte zählen jedoch nicht zum entscheidenden Personal des Schienenwegebetreibers. Das gilt auch, soweit sie als dessen Vertreter im Rechtsverkehr über dessen Entscheidungen - etwa bei Vertrags- und Vergleichsverhandlungen - disponieren dürfen. Vertreter sind keine Organe; sie sind vielmehr an ihren Auftrag gebunden und unterliegen der Weisung des auftraggebenden Organs; nur dieses ist dem Unternehmen gegenüber rechtlich verantwortlich. Wollte man dies anders sehen, so dürfte das Infrastrukturunternehmen auch keine selbständigen Rechtsanwälte mehr beauftragen, weil es sich nicht um "Personal des Betreibers der Schienenwege" handelt.

37

3. Indem die Klägerin zu 1 Juristen ihrer Konzernmutter mit ihrer rechtlichen Beratung und Vertretung beauftragt, verstößt sie aber gegen die in § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG normierte Pflicht, die Einflussnahme von Dritten auf ihre netzzugangsrelevanten Entscheidungen zu unterbinden. Das hat das Berufungsgericht verkannt.

38

a) § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG sichert die Unabhängigkeit der netzzugangsrelevanten Entscheidungen des Schienenwegebetreibers gegen fremde Einflussnahme. Im Verfahren der Entscheidungsfindung zielt die Vorschrift damit nicht nur auf deren abschließende Phase - das "Treffen" der Entscheidung - und auch nicht nur auf das die Entscheidung "treffende" Personal, sondern nimmt auch weitere Phasen der Entscheidungsvorbereitung (vgl. BTDrucks 15/3280 S. 16 f.) und die insofern befassten Personen in den Blick. Erfasst werden damit alle Vorbereitungshandlungen, mit denen sachlich auf die zu treffende Entscheidung Einfluss genommen wird oder Einfluss genommen werden kann. Die Vorschrift geht damit deutlich über § 8 Abs. 4 EnWG hinaus. Auch Nachbereitungshandlungen kommen in Betracht, wenn sie auf die Entscheidung noch - etwa verändernd - Einfluss haben können. Nicht erfasst werden lediglich rein technische Handlungen wie Schreibarbeiten, Anmietung von Räumen und dergleichen.

39

Jede Vorarbeit nimmt potentiell Einfluss auf eine Entscheidung; darin liegt gerade ihr Sinn. Das will die Vorschrift nicht ausschließen. Sie will nicht jegliche Einflussnahme bekämpfen, sondern nur die im Interesse eines Eisenbahnverkehrsunternehmens. Das ergibt sich aus ihrem Zweck, den Schienenwegebetreiber in seinen netzzugangsrelevanten Entscheidungen von Eisenbahnverkehrsunternehmen unabhängig zu stellen (vgl. § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG sowie oben C.1.). Dass die Einflussnahme obendrein manipulativ ist, also den Charakter einer nicht offengelegten oder sachwidrigen Fremdbestimmung trägt, ist entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht erforderlich; auch die offene und sachorientierte Einflussnahme soll unterbunden werden. Jedenfalls soll die Einflussnahme im Interesse eines Verkehrsunternehmens ausgeschlossen werden, das mit dem Schienenwegebetreiber in einem Konzern verbunden ist, wie die Eingangswendung des § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG zeigt; "Unternehmen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3" sind gerade derart integrierte Eisenbahnunternehmen. Ob auch Vorkehrungen gegen eine Einflussnahme im Interesse eines anderen, nicht konzernverbundenen Verkehrsunternehmens geboten sind, mag offenbleiben.

40

Mit "Einflussnahme von Dritten außerhalb des Betreibers der Schienenwege" ist in erster Linie diese ideelle - sachlich-inhaltliche - Einflussnahme im Interesse eines (verbundenen) Eisenbahnverkehrsunternehmens gemeint. Eine andere Frage ist, ob die Wendung obendrein den möglichen Träger der Einflussnahme anspricht, ob mit anderen Worten nur die Einflussnahme durch solche Personen unterbunden werden soll, die dem Infrastrukturunternehmen nicht selbst angehören. Hierdurch würde die Reichweite der Vorschrift allerdings eingeschränkt, ihre praktische Wirksamkeit erheblich relativiert. Dann wären nämlich Vorkehrungen gegen Einflussnahmen im Interesse eines (verbundenen) Eisenbahnverkehrsunternehmens durch eigene Bedienstete des Infrastrukturunternehmens nicht geboten - auch nicht durch solche, die zugleich im Dienst des Eisenbahnverkehrsunternehmens stehen, noch durch solche, die zuvor bei ihm beschäftigt waren oder demnächst zu diesem wechseln oder zurückkehren (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 46, Rn. 68). Doch bedarf auch diese Frage keiner Entscheidung.

41

Eine Einflussnahme im Interesse eines (im Konzern verbundenen) Eisenbahnverkehrsunternehmens muss "unterbunden", das heißt tatsächlich wirksam ausgeschlossen werden. Das Gesetz bekämpft damit nicht erst die Einflussnahme selbst, sondern bereits die Gefahr der Einflussnahme; und es gebietet nicht erst wirksame Maßnahmen gegen eine konkret drohende Einflussnahme, sondern wirksame Vorkehrungen gegen jede Möglichkeit der Einflussnahme. Insofern stellt § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG einen abstrakten Gefährdungstatbestand dar; darauf hat das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen. Dies steht im Einklang mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht; hiernach muss die Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich wirksam gesichert sein (vgl. oben C.1.c). Ob das Gesetz darüber hinaus auch dem "bösen Schein" wehren will, wie zwischen den Beteiligten umstritten und von den Vorinstanzen mit unterschiedlichem Ergebnis erörtert worden ist, kann offenbleiben.

42

b) Die Beauftragung der "Konzernjuristen" begründet die Gefahr der Einflussnahme im Interesse eines konzernverbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmens auf die netzzugangsrelevanten Entscheidungen des Schienenwegebetreibers.

43

Juristische Berater und Bevollmächtigte nehmen in dem beschriebenen Sinne Einfluss auf die Entscheidungen ihres Auftraggebers. Das gilt zweifelsfrei für die juristische Beratung; sie zeigt Handlungsalternativen auf und bewertet sie nach ihrer rechtlichen Realisierbarkeit und ihren - auch wirtschaftlichen - Folgen. Es gilt aber auch für die Vertretung des Schienenwegebetreibers im Rechtsverkehr mit Dritten, sei es mit dessen Kunden, sei es mit Behörden und vor Gericht. Schon soweit dabei lediglich bereits getroffene Entscheidungen verteidigt werden, sind Bevollmächtigte regelmäßig auch zu deren Veränderung befugt, etwa im Vergleichswege; die Möglichkeit der Einflussnahme besteht auch dann, wenn der ihrer Vollmacht zugrundeliegende Auftrag eine Disposition über die getroffene Entscheidung nur nach Rücksprache und Zustimmung zulässt. Regelmäßig bereiten rechtliche Vertreter aber auch künftige Entscheidungen vor, sei es, dass sie Verhandlungen für künftige Verträge führen, sei es, dass sie die Entscheidungsfreiheit des Unternehmens gegenüber behördlichen Eingriffen zu wahren suchen. Deshalb lässt sich die Möglichkeit ihrer sachlichen Einflussnahme zeitlich nicht auf die Phase der Entscheidungsvorbereitung beschränken und demzufolge auch nicht dadurch ausschließen, dass eine Mandatierung nur für die Phase der Verteidigung einer getroffenen Entscheidung vorgesehen wird.

44

Wenn solche juristischen Berater und Bevollmächtigten Angestellte eines mit dem Infrastrukturunternehmen verbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmens oder des gemeinsamen Mutterunternehmens sind, begründet dies die Gefahr, dass sie ihre - Einfluss nehmende - Tätigkeit (auch) im Interesse des Eisenbahnverkehrsunternehmens entfalten. Hierfür ist gleichgültig, ob sie innerhalb ihres eigenen Unternehmens von Weisungen ihres Arbeitgebers freigestellt sind, ob mit anderen Worten eine gezielte Einflussnahme des Eisenbahnverkehrsunternehmens oder des Mutterunternehmens vermittels seines Arbeitnehmers auf einzelne Entscheidungen des Infrastrukturunternehmens ausgeschlossen ist; die zwischen den Beteiligten umstrittene und von den Vorinstanzen unterschiedlich beantwortete Frage, ob eine derartige Freistellung von Weisungen gesellschafts- und arbeitsrechtlich überhaupt möglich und ob sie tatsächlich wirksam wäre, bedarf daher keiner Entscheidung. Eine Einflussnahme im Interesse des (verbundenen) Eisenbahnverkehrsunternehmens kann nämlich - auch ohne Weisung - von dem Arbeitnehmer selbst ausgehen, weil die Beförderung der Interessen des Eisenbahnverkehrsunternehmens zugleich in seinem eigenen persönlichen Interesse liegt. Ein "Konzernjurist" ist als Arbeitnehmer persönlich von seinem Arbeitgeber abhängig. Verfolgen der Arbeitgeber und der fremde Auftraggeber unterschiedliche Interessen, wie dies zwischen einem Verkehrsunternehmen und einem Infrastrukturunternehmen vielfach der Fall ist, so gerät der Konzernjurist typischerweise in eine Interessenkollision. Es besteht die naheliegende Gefahr, dass er den Interessen seines Arbeitgebers im Zweifel den Vorzug gibt, schon weil er dort seine bisherige berufliche Laufbahn zurückgelegt hat - beruflich "groß geworden" ist - und seine künftige Laufbahn nicht in Frage stellen will. Auch wenn er also aufgrund unternehmensinterner Regeln sachlichen Weisungen seines Arbeitgebers in den Angelegenheiten des Infrastrukturunternehmens nicht unterliegt, ist doch nicht ausgeschlossen und kann schlechterdings wirksam nicht ausgeschlossen werden, dass der Konzernjurist - bewusst oder nicht - auch in diesen Angelegenheiten die Interessen seines Arbeitgebers zur Geltung bringt.

45

Hiergegen können die Klägerinnen nicht auf das professionelle Selbstverständnis eines juristischen Beraters und seine persönliche Integrität verweisen. Anwaltliches Standesrecht und Berufsethos sind wichtige Grundpfeiler einer Rechtspflege, die allein dem Recht verpflichtet ist. Insofern wirken sie einer interessengeleiteten Rechtsberatung entgegen; sie vermögen sie jedoch nicht sicher auszuschließen und machen deshalb rechtliche Vorkehrungen gegen Interessenkollisionen nicht entbehrlich. Auch die richterliche Unabhängigkeit und das sie tragende richterliche Berufsethos kann Rechtsvorschriften über den Ausschluss und die Ablehnung von Richtern wegen der Besorgnis der Befangenheit nicht erübrigen.

46

c) Die Klägerinnen haben keine unternehmensinternen Regelungen geschaffen, die die beschriebene Gefahr der Einflussnahme seitens der Konzernjuristen auf die netzzugangsrelevanten Entscheidungen der Klägerin zu 1 wirksam unterbinden. Zwar richtet sich § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG an beide miteinander verbundenen Unternehmen und erlaubt und gebietet beiderseitige interne Regelungen, welche die gebotene Unterbindung gegebenenfalls im Zusammenwirken bewerkstelligen. Im vorliegenden Fall aber könnte die Gefahr der Einflussnahme wirksam nur durch eine Regelung der Klägerin zu 1 mit dem Inhalt unterbunden werden, dass die Beauftragung externer - d.h. nicht unternehmensangehöriger - Juristen als ihre rechtlichen Berater oder Vertreter nur in Betracht kommt, wenn diese nicht Arbeitnehmer der Klägerin zu 2 oder eines in deren Konzern verbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmens sind. Eine solche Regelung wäre nicht wegen § 43a, § 46 BRAO überflüssig. Sie fehlt; die Klägerin zu 1 weigert sich, sie zu erlassen.

47

Hiergegen kann nicht eingewendet werden, von dem Schienenwegebetreiber könne eine derartige unternehmensinterne Regelung nach § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG ihrer Art nach nicht verlangt werden. Richtig ist allerdings, dass der Gesetzgeber offenbar vornehmlich an interne Regelungen zur Beschränkung der unternehmensübergreifenden konzerninternen Kommunikation dachte; die Gesetzesbegründung spricht daher von "chinese walls" (BTDrucks 15/3280 S. 16 f.), also von unternehmensinternen Regelungen zur Abschottung des Informationsverkehrs gegenüber anderen konzernverbundenen Unternehmen (vgl. Kühling, Sektorspezifische Regulierung in den Netzwirtschaften, 2004, S. 351 f.; Masing, 66. Deutscher Juristentag, D 116 f.; Gerstner in Hermes/Sellner, AEG-Kommentar, Rn. 37 zu § 9a AEG; Soldner, Liberalisierung des Eisenbahnwesens, 2008, S. 140 ff.). Daraus lässt sich aber nicht schließen, dass der Schienenwegebetreiber eine bestehende Möglichkeit der Einflussnahme nur auf dem Wege von Kommunikationsregeln unterbinden müsste, sie aber, soweit solche untauglich sind, hinnehmen oder gar selbst eröffnen dürfte. Ebensowenig ist der Schienenwegebetreiber auf den Erlass eines diesbezüglichen Verhaltenskodex ("code of conduct") beschränkt, durch den in Ergänzung der Arbeitsverträge die Mitarbeiterpflichten seiner Arbeitnehmer konkretisiert werden, auch wenn arbeitsrechtliche Regelungen selbstverständlich unbenommen sind. Erst recht lässt sich § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG nicht auf das Gebot einer unternehmensinternen Gleichbehandlungsrichtlinie oder eines Gleichbehandlungsprogramms im Sinne des § 8 Abs. 5 EnWG reduzieren. Die Vorschrift verlangt vielmehr den Erlass einer jeglichen unternehmensinternen Regelung, die zur Unterbindung fremder Einflussnahme geeignet ist, auch etwa einer organisatorischen. Es ist deshalb ohne Belang, ob eine unternehmensinterne Regelung, dass Konzernjuristen nicht mit der rechtlichen Beratung oder Vertretung des Schienenwegebetreibers beauftragt werden dürfen, ihrer Art nach eine solche der informationellen oder der organisatorischen Desintegration wäre.

48

4. Findet die angefochtene Untersagungsverfügung damit in § 5a Abs. 1 und 2, § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG eine hinreichende Rechtsgrundlage, so hat das Eisenbahn-Bundesamt auch sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Das hat zwar - von seinem rechtlichen Standpunkt aus folgerichtig - nicht das Berufungsgericht, wohl aber das Verwaltungsgericht geprüft und mit Recht angenommen.

49

a) Die Untersagung ist zur Zweckerreichung geeignet und erforderlich. Wie gezeigt, gebietet § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG dem Infrastrukturunternehmen den Erlass eigener unternehmensinterner Regeln, die seinem Personal die Beauftragung von Juristen, die bei einem konzernverbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmen oder bei dem gemeinsamen Mutterunternehmen beschäftigt sind, als rechtliche Berater und/oder Vertreter untersagen. Weigert sich das Infrastrukturunternehmen, derartige unternehmensinterne Regeln zu erlassen, so kommt für die Eisenbahnaufsichtsbehörde nur in Betracht, die fehlende unternehmensinterne Regel durch eine hoheitliche Regelung zu ersetzen. Dies stellt keine Ersatzvornahme im vollstreckungsrechtlichen Sinne dar, setzt also insbesondere nicht die vorherige Anordnung voraus, die fehlende unternehmensinterne Regelung zu erlassen; die möglichen Aufsichtsmaßnahmen werden durch § 5a Abs. 2 AEG nicht in diesem Sinne beschränkt. Davon unberührt bleibt die Möglichkeit des Eisenbahninfrastrukturunternehmens, durch Erlass der fehlenden unternehmensinternen Regelung - und deren tatsächliche Befolgung - die hoheitliche Aufsichtsmaßnahme zu erübrigen.

50

b) Durch die Untersagung wird die Freiheit der beteiligten Unternehmen, sich als konzernverbundene Aktiengesellschaften zu organisieren, nicht übermäßig eingeschränkt. Auch hier mag offenbleiben, ob das Recht der Klägerinnen zur unternehmerischen Selbstorganisation nicht nur einfach-rechtlich, sondern auch als Grundrecht besteht, obwohl sie unmittelbare oder mittelbare Bundesunternehmen sind. Die Einschränkungen dieses Rechts stehen jedenfalls offensichtlich nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der damit verfolgten öffentlichen Belange.

51

Das Gesetz bezweckt, den Wettbewerb der Eisenbahnverkehrsunternehmen auf dem Eisenbahnnetz herzustellen und zu sichern. Das setzt den freien und gleichen Zugang aller Verkehrsunternehmen zum Netz voraus. Weil der Netzbetreiber ein faktisches Monopol innehat, aber über den Zugang zu seinem Netz entscheidet, muss sichergestellt werden, dass er diese Entscheidungen diskriminierungsfrei trifft. Das wiederum setzt voraus, dass sie von jeglicher Einflussnahme seitens eines der beteiligten Eisenbahnverkehrsunternehmen frei gehalten werden. § 9a AEG dient dazu, die Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers in seinen netzzugangsrelevanten Entscheidungen auch unter den Bedingungen einer Konzernstruktur zu sichern. Das Gesetz verfolgt damit einen Gemeinwohlbelang von erheblichem Gewicht, der zudem durch das europäische Gemeinschaftsrecht vorgegeben ist. Es ist zugleich bemüht, bestehende Konzernstrukturen so weit wie möglich zu schonen; der Gesetzgeber ist nicht so weit gegangen, Konzernverbindungen zwischen dem Netzbetreiber und einzelnen Eisenbahnverkehrsunternehmen gänzlich zu untersagen.

52

Das auf § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG gestützte, an den Schienenwegebetreiber gerichtete Verbot, Konzernjuristen zu beauftragen, führt nicht dazu, dass die Konzernmutter - die Klägerin zu 2 - keine zentrale Rechtsabteilung für alle Konzerntöchter mehr vorhalten könnte. Deren Tätigkeit für die konzernangehörigen Eisenbahnverkehrsunternehmen bleibt unbenommen, ebenso deren Tätigkeit für die konzernangehörigen Infrastrukturunternehmen, soweit es nicht um Angelegenheiten des Netzzugangs und der Wegeentgelte geht. Die Sorge der Klägerinnen, dass damit sämtliche zentralen Dienste ("shared services") der Konzernmutter in Frage gestellt werden, überzeichnet das Gewicht des Eingriffs erheblich; in der Folge der hier untersagten Dienstleistungen der zentralen Rechtsabteilung mögen zwar weitere zentrale Dienste wie etwa zentrale EDV-Abteilungen einer genaueren Überprüfung anhand von § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG zu unterziehen sein, doch kann keine Rede davon sein, dass die Grundentscheidung, Konzernverbindungen weiterhin zu akzeptieren, weitgehend oder gar völlig unterlaufen würde. Im Übrigen muss betont werden, dass diese Grundentscheidung ihre Grenze in der auch gemeinschaftsrechtlich gebotenen Sicherung der Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers in seinen netzzugangsrelevanten Entscheidungen findet.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 9/11
vom
26. Oktober 2011
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Richter
Wendt, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski,
Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 26. Oktober 2011

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. März 2011 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.
Gegenstandswert: 100.000 €

Gründe:


1
I. Das Landgericht hat die auf Rückzahlung eines Darlehens über 100.000 € gerichtete Klage abgewiesen. Dagegen hat die Klägerin fristgerecht Berufung eingelegt. Der Berufungsschriftsatz ist unterzeichnet durch den im Briefkopf allein aufgeführten Rechtsanwalt L. L. . Die innerhalb verlängerter Frist eingegangene Berufungsbegründung enthält auf der letzten Seite über dem maschinenschriftlichen Zusatz "Rechtsanwalt" eine nicht leserliche Unterschrift, die augenscheinlich von den Unterschriften abweicht, mit denen Rechtsanwalt L. seine bisherigen Schriftsätze unterschrieben hat.
2
Auf den Hinweis des Berufungsgerichts, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestünden, hat die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 2. März 2011 erklärt, die Berufungsbegründung sei in Untervollmacht durch Frau Rechtsanwältin Y. G. unterzeichnet worden. Rechtsanwalt L. sei wegen einer plötzlichen Erkrankung an einer Unterschrift verhindert gewesen. Ferner hat die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Mit weiterem Schriftsatz vom 9. März 2011 hat die Klägerin zwei eidesstattliche Versicherungen von Rechtsanwalt L. und Rechtsanwältin G. eingereicht. Aus der eidesstattlichen Versicherung von Rechtsanwältin G. ergibt sich, dass sie seit dem 10. Januar 2011 in der Kanzlei L. als Rechtsanwältin angestellt ist und seit Juli 2010 ihre Zulassung besitzt. Wegen der akuten Erkrankung des Kanzleiinhabers habe sie die Berufungsbegründungsschrift mit ihrem Namen unterzeichnet. Hiergegen habe sie keine Bedenken gehabt, weil sie die Berufungsbegründungsschrift im Wesentlichen selbst erstellt habe.
3
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und zugleich die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde der Klägerin.
4
II. Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach § 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig , da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Insbesondere erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht.
5
1. Das Berufungsgericht hat die Berufung zu Recht als unzulässig verworfen, ohne damit Verfahrensgrundrechte der Klägerinzu verletzen.
6
a) Die hier maßgeblichen Rechtsfragen sind höchstrichterlich bereits geklärt. Gemäß § 130 Nr. 6 ZPO i.V.m. § 520 Abs. 5 ZPO muss die Berufungsbegründung von einem zur Vertretung bei dem Berufungsgericht berechtigten Rechtsanwalt eigenhändig unterschrieben sein. Die Unterschrift soll die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen. Zugleich soll sichergestellt werden, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet wird (BGH, Beschluss vom 22. November 2005 - VI ZB 75/04, VersR 2006, 387 Rn. 5; Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, VersR 2006, 427 unter B II 1 a; Beschlüsse vom 15. Juni 2004 - VI ZB 9/04, VersR 2005, 136 unter 1; vom 28. August 2003 - I ZB 1/03, MDR 2004, 349, 350; Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, VersR 2004, 487 unter II 1). Die Berufungsbegründung muss hierbei von einem dazu bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfasst, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein (BGH, Beschlüsse vom 23. Juni 2005 - V ZB 45/04, NJW 2005, 2709 unter III 2 a bb; vom 31. März 2003 aaO). Nur in Ausnahmefällen kann auf eine Unterschrift verzichtet werden, wenn sich aus den sonstigen Umständen zweifelsfrei ergibt, dass der Prozessbevollmächtigte die Verantwortung für den Inhalt der Rechtsmittelschrift übernommen hat (BGH, Beschlüsse vom 22. November 2005 und 15. Juni 2004, jeweils aaO). Zu berücksichtigen sind hierbei nur dem Berufungsgericht spätestens bis zum Ablauf der Beru- fungsbegründungsfrist bekannt gewordene Umstände (BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 aaO unter B II 1 d cc).
7
b) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Es hat auch im konkreten Fall die Anforderungen an eine wirksame Unterschrift nicht in einer Art und Weise überspannt, die das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 17. November 2009 - XI ZB 6/09, NJW-RR 2010, 358 Rn. 13).
8
aa) Für das Berufungsgericht war schon nicht erkennbar, ob die Berufungsbegründung von einem beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist, weil sich dies weder dem Schriftzug unter der Berufungsbegründung noch anderen Umständen entnehmen ließ (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 22. November 2005 aaO Rn. 7). Unter der handschriftlichen Unterschrift findet sich maschinenschriftlich lediglich der Zusatz "Rechtsanwalt", ohne dass durch weitere Erläuterung klargestellt war, um welche Rechtsanwältin oder welchen Rechtsanwalt es sich handeln soll. Die über der Bezeichnung "Rechtsanwalt" befindliche handschriftliche Unterschrift ist nicht geeignet, einen bestimmten Aussteller zu identifizieren. Aus einem Vergleich mit den bisher durch Rechtsanwalt L. unterzeichneten Schriftsätzen wird im Gegenteil deutlich, dass es sich nicht um seine Unterschrift handelt. Eine konkrete Bezugnahme auf einen anderen Rechtsanwalt ist durch die Berufungsbegründung auch sonst nicht möglich, da diese auf der ersten Seite lediglich Rechtsanwalt L. L. ausweist.
9
Aus den verwendeten Diktatzeichen kann - entgegen der Annahme der Beschwerde - ebenfalls nicht geschlossen werden, dass die Berufungsbegründung durch einen dazu berechtigten Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist. Abgesehen davon, dass die Berufungsbegründung kein reines Diktat-, sondern eher ein Aktenzeichen enthält, konnte das Berufungsgericht aus dem Kürzel "00236/10 YG/rp" nicht erkennen, dass sich hinter dem Kürzel "YG" ein postulationsfähiger Rechtsanwalt befindet. Das Berufungsgericht war ohnehin nicht verpflichtet, das hier verwendete Aktenzeichen mit den in früheren Schriftsätzen enthaltenen Aktenzeichen zu vergleichen, um hieraus irgendwelche Schlüsse auf den unterzeichnenden Rechtsanwalt zu ziehen. Hinzu kommt, dass auch in den früheren durch Rechtsanwalt L. unterschriebenen Schriftsätzen keinesfalls durchgängig ein einheitliches Diktat-/Aktenzeichen verwendet wurde (vgl. Berufungsschrift vom 29. November 2010 sowie Fristverlängerungsanträge vom 20. Dezember 2010 und 31. Januar

2011).


10
Soweit die Klägerin geltend macht, Rechtsanwältin G. habe in Untervollmacht für Rechtsanwalt L. gehandelt, lässt sich das dem Schriftsatz und der Unterschrift nicht entnehmen. Der in derartigen Fällen übliche Zusatz "für Rechtsanwalt …" fehlt hier (vgl. zur Unterschriftsleistung durch einen Unterbevollmächtigten BGH, Urteile vom 11. Oktober 2005 - XI ZR 398/04, NJW 2005, 3773 unter II 2 b; vom 31. März 2003 aaO unter II 2). Es kann gerade nicht ausgeschlossen werden, dass die Unterzeichnung durch einen sonstigen Mitarbeiter erfolgt ist. Im Zeitpunkt des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist war es mithin nicht möglich, die Unterschrift konkret einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt zuzuordnen. Erst wenn überhaupt eine Art von Identifizierung der die Unterschrift leistenden Person möglich ist, kann eine Überprüfung der Postulationsfähigkeit des Unterzeichnenden erfolgen. Durch die nachträgliche Vorlage der Untervollmacht, der eidesstattlichen Versicherungen sowie der Zulassungsurkunde von Rechtsanwältin G. kann dieser Mangel nicht mehr beseitigt werden, da es sich um Umstände handelt, die dem Berufungsgericht erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist zur Kenntnis gebracht wurden.
11
bb) Soweit die Rechtsprechung das Fehlen einer Unterschrift bei Vorliegen besonderer Umstände ausnahmsweise als unschädlich angesehen hat, folgt daraus nicht, dass bei der hier von einer Rechtsanwältin unterschriebenen Berufungsbegründung die erforderliche Form erst recht als gewahrt angesehen werden müsse. Die Unterzeichnung ist nur dann als entbehrlich anzusehen, wenn sich aus den sonstigen Umständen zweifelsfrei ergibt, dass der Rechtsanwalt die Verantwortung für den Inhalt eines fristwahrenden Schriftsatzes übernommen hat. Dies ist etwa anzunehmen, wenn der Mangel der Unterschrift in dem als Urschrift der Berufung gedachten Schriftsatz durch die gleichzeitig eingereichte beglaubigte Abschrift dieses Schriftsatzes behoben wird (BGH, Beschluss vom 3. Mai 1957 - VIII ZB 7/57, BGHZ 24, 179, 180). Ebenso liegt es, wenn die nicht unterschriebene Rechtsmittelbegründungsschrift durch den Rechtsanwalt mit einem von ihm unterzeichneten und mit der Rechtsmittelbegründung fest verbundenen Begleitschreiben eingereicht wird (BGH, Beschlüsse vom 20. März 1986 - VII ZB 21/85, BGHZ 97, 251, 254; ferner vom 28. August 2003 aaO für eine per Computerfax eingelegte Beschwerde). Hier stand es dagegen bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist mangels Vorliegens sonstiger Umstände gerade nicht fest, dass die Berufungsbegründung zweifelsfrei durch einen beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet worden war.

12
2. Auch hinsichtlich der Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages ist die Rechtsbeschwerde nicht zulässig, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Namentlich erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht.
13
a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dient in besonderer Weise dazu, die Rechtsschutzgarantie und das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gebieten es, den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (Senatsbeschluss vom 12. Januar 2011 - IV ZB 14/10, juris Rn. 5; BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 227 f.).
14
b) Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht verstoßen.
15
Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ist einer Partei zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann danach nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen die Möglichkeit offen bleibt, dass die Fristversäumung von der Partei bzw. ihrem Prozessbe- vollmächtigten verschuldet war (BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 aaO unter II 2).
16
aa) Für das eigene Verschulden von Rechtsanwalt L. als Prozessbevollmächtigtem der Klägerin kommt es nicht darauf an, ob er am 7. Februar 2011 wegen einer plötzlichen und schmerzhaften Erkrankung nicht mehr in der Lage war, noch irgendwelche Handlungen vorzunehmen. Vielmehr hat ein Rechtsanwalt allgemeine Vorkehrungen dafür zu treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Er muss seinem Personal die notwendigen allgemeinen Anweisungen für einen solchen Fall geben (BGH, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, VersR 2009, 1684 Rn. 9). Hier fehlt es an jedem Vortrag der Klägerin dazu, welche Vorkehrungen ihr Prozessbevollmächtigter für den Fall getroffen hat, dass er unvorhergesehen ausfällt und an der Unterzeichnung eines fristwahrenden Schriftsatzes gehindert ist. Es ist nicht ersichtlich, welche Maßnahmen er getroffen hat, um sicherzustellen, dass fristwahrende Schriftsätze durch Rechtsanwältin G. in einer Weise unterzeichnet werden, die sie als beim Berufungsgericht zugelassene Rechtsanwältin ausweisen.
17
bb) Schließlich muss die Klägerin sich auch das Verschulden von Rechtsanwältin G. zurechnen lassen. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin und der eidesstattlichen Versicherung von Rechtsanwältin G. ist letztere als Unterbevollmächtigte für den Prozessbevollmächtigten der Klägerin tätig geworden. Bedient sich der Prozessbevollmächtigte einer Partei bei der Bearbeitung eines Rechtsstreits eines angestellten Rechtsanwalts, so muss die Partei sich dessen Verschulden wie eigenes zurechnen lassen, wenn ihm der Rechtsstreit von dem Pro- zessbevollmächtigten zur selbständigen Bearbeitung übergeben worden ist (BGH, Beschlüsse vom 9. Juni 2004 - VIII ZR 86/04, VersR 2005, 810, 811; vom 1. April 1992 - XII ZB 21/92, VersR 1992, 1421 unter 1). Denn in diesem Fall gilt der angestellte Rechtsanwalt als Vertreter des Prozessbevollmächtigten und der Partei selbst. Hier hat Rechtsanwältin G. nicht nur untergeordnete Tätigkeiten vorgenommen, sondern den Inhalt der Berufungsbegründung im Wesentlichen selbst erstellt. Sie hat bei der Unterzeichnung der Berufungsbegründung schuldhaft gehandelt , da sie nicht dafür gesorgt hat, dass aus dem Schriftsatz die Unterzeichnung durch eine dazu bevollmächtigte und beim Berufungsgericht zugelassene Rechtsanwältin ersichtlich wird.
Wendt Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 05.08.2010 - 10 O 17519/08 -
OLG München, Entscheidung vom 18.03.2011- 19 U 5126/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 128/04 Verkündet am:
10. Mai 2005
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________

a) Die in Computerschrift erfolgte Wiedergabe des Vor- und Nachnamens des
Prozeßbevollmächtigten unter einer als Computerfax übermittelten Berufungsbegründungsschrift
stellt keine den Anforderungen des § 130 Nr. 6 2. Halbs.
ZPO genügende Wiedergabe der Unterschrift dar.

b) Das Fehlen der Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten unter der Berufungsbegründungsschrift
kann ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen
, eine Beweisaufnahme nicht erfordernden Umständen eine der Unterschrift
vergleichbare Gewähr dafür ergibt, daß der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung
für den Inhalt der Rechtsmittelbegründungsschrift übernommen und
diese willentlich in den Rechtsverkehr gebracht hat. Dabei sind nur spätestens
bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist dem Berufungsgericht bekannt
gewordene Umstände berücksichtigungsfähig.
BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04 - OLG Braunschweig
LG Göttingen
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 26. Februar 2004 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Be rufung sowie darüber , ob den Klägern wegen einer Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 10. April 2003 ganz überwiegend abgewiesen. Das Urteil ist den Prozeßbevollmächtigten der Kläger am 14. April 2003 zugestellt worden. Die Berufung der Kläger ist am 7. Mai 2003 eingegangen, die Berufungsbegründungsfrist bis zum 16. August 2003 verlängert worden. Am 18. August 2003, einem Montag, ist beim Berufungsgericht als Computer-Fax eine Berufungsbegründung eingegangen, die eine eingescannte Unterschrift des Prozeß-
bevollmächtigten der Kläger nicht enthält. Der Schriftsatz schließt auf der letzten Seite mit dem in der gleichen Computerschrift geschriebenen Vor- und Nachnamen des Prozeßbevollmächtigten der Kläger sowie der Bezeichnung "Rechtsanwalt". Am 25. August 2003 ist die Berufungsbegründung per Post nochmals beim Berufungsgericht eingegangen, und zwar mit der handschriftlichen Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten der Kläger.
Auf den gerichtlichen Hinweis vom 28. Oktober 2003 , daß die am 18. August 2003 als Fax eingegangene Berufungsbegründungsschrift nicht unterschrieben sei, haben die Kläger am selben Tage vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die Kläger machen geltend, zur Fristwahrung reiche die Berufungsbegründungsschrift auch ohne eine eingescannte Unterschrift aus. Aus der Begründungsschrift lasse sich auch so die Urheberschaft des Prozeßbevollmächtigten und sein Wille, das Schreiben in den Verkehr zu bringen, entnehmen. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages tragen die Kläger vor, daß ihr Prozeßbevollmächtigter die Berufungsbegründungsschrift als Fax um 18.36 Uhr mit allen 26 Seiten versandt habe, und zwar auf der letzten Seite oberhalb der Wiedergabe seines Namens mit seiner eingescannten Unterschrift.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Berufungsgeri cht den Antrag der Kläger auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Revision der Kläger, die das Berufungsgericht nur beschränkt zugelassen hat.

Entscheidungsgründe:


A.


Die Revision ist insgesamt statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Zwar hat das Berufungsgericht im Urteilstenor und in den Entscheidungsgründen die Revision nur zugelassen, "soweit die Berufung als unzulässig verworfen worden ist". Diese Beschränkung der Zulassung der Revision ist aber unzulässig. Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffes beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (BGHZ 101, 276, 278 f.; 111, 158, 166, st.Rspr.). Unzulässig ist es hingegen, die Zulassung der Revision auf eine bestimmte Rechtsfrage oder ein Entscheidungselement des Urteils zu beschränken (BGHZ 90, 318, 320; 101, aaO; BGH, Urteil vom 26. März 1982 - V ZR 149/81, NJW 1982, 1535 m.w.Nachw.). Da auch die Frage der Zulässigkeit der Berufung ein solches nicht selbständig anfechtbares Urteilselement darstellt, ist die Beschränkung der Zulassung der Revision auf diese Frage unzulässig (BGH, Urteile vom 6. Mai 1987 - IVb ZR 52/86, NJW 1987, 3264 f. und vom 3. Mai 2001 - XII ZR 62/99, NJW 2001, 2259).
Fehlt es danach an einer wirksamen Beschränkung de r Zulassung, so ist allein die Beschränkung, nicht aber die Zulassung unwirksam, die Revision daher unbeschränkt zugelassen (Senatsurteile vom 20. Mai
2003 - XI ZR 248/02, WM 2003, 1370, 1371, vom 23. September 2003 - XI ZR 135/02, WM 2003, 2232, 2233, vom 20. April 2004 - XI ZR 171/03, WM 2004, 1230, 1231 und vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 255/03, WM 2005, 127, 128). Die von den Klägern hinsichtlich der Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist damit gegenstandslos.

B.


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht (NJW 2004, 2024) hat im wesent lichen ausgeführt :
Die Berufung sei unzulässig, weil die Kläger sie i nnerhalb der bis zum 18. August 2003 laufenden Berufungsbegründungsfrist nicht wirksam begründet hätten. Wirksamkeitsvoraussetzung hierfür sei eine eingescannte Unterschrift oder zumindest ein Vermerk, daß eine Unterzeichnung wegen der gewählten Übertragungsform nicht erfolgen könne. Die an ein Oberlandesgericht gerichtete Berufungsbegründung bedürfe nach § 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6, § 78 Abs. 1 ZPO grundsätzlich der Unterschrift eines bei einem Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalts. Das Erfordernis der Unterschrift solle gewährleisten, daß der Schriftsatz tatsächlich vom Prozeßbevollmächtigten herrühre, dieser für
seinen Inhalt die Verantwortung übernehme und daß der Wille, das Schriftstück in den Verkehr zu bringen, hinreichend sicher festgestellt werden könne. Darauf, ob ohne die Unterschrift in einem dieser drei Punkte Zweifel bestünden, komme es nach der bisherigen Rechtsprechung in der ordentlichen Gerichtsbarkeit nicht an.
Bei der Einlegung und Begründung von Berufungen du rch Telefax (Telekopie) sei die Übermittlung des unterschriebenen anwaltlichen Schriftsatzes per Kopie erforderlich; dabei reiche die kopierte Unterschrift aus, sei aber auch notwendig. Hier sei die Berufungsbegründung durch ein sogenanntes Computer-Fax erfolgt. Diese Art der Übermittlung bestimmender Schriftsätze sei durch den Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 anerkannt. Danach sei aber erforderlich, daß die Person des Erklärenden dadurch eindeutig bestimmt werde, daß seine Unterschrift in dem Computer -Fax eingescannt oder darin der Hinweis enthalten sei, daß der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne. Auch ein derartiger Hinweis fehle hier. Über diese großzügige Handhabung könne nicht hinausgegangen und deshalb auf die Unterschrift bzw. ein Unterschriftssurrogat nicht völlig verzichtet werden. Insbesondere reiche der in gleicher Schrift wie im Schriftsatz verwendete darunter gesetzte Name des Prozeßbevollmächtigten nicht aus.
Das Berufungsgericht könne aus Gründen der Rechtss icherheit nicht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgen, nach der sich bei Fehlen einer erforderlichen Unterschrift die Erfüllung der Formerfordernisse nach den Umständen des Einzelfalls bestimme. Würde in vorliegendem Fall auf das Erfordernis einer eingescannten Unter-
schrift oder eines Vermerks, daß wegen der Übermittlung in elektronischer Form das Schriftstück nicht unterschrieben werde, verzichtet, so wäre das Unterschriftserfordernis für das Computer-Fax hinfällig, aber auch bei herkömmlich übermittelten Schriftsätzen kaum mehr zu rechtfertigen.
Der Wiedereinsetzungsantrag sei unbegründet. Es se i nicht glaubhaft gemacht, daß ein Bedienungsfehler des Prozeßbevollmächtigten der Kläger als Ursache für das Fehlen der eingescannten Unterschrift ausscheide.

II.


Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Übe rprüfung im Ergebnis stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Berufung der Kläger als unzulässig verworfen, weil die Berufung innerhalb der Berufungsbegründungsfrist nicht wirksam begründet worden ist (1.). Auch die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist rechtlich nicht zu beanstanden (2.).
1. a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgeri chtshofes und vor ihm schon des Reichsgerichts (RGZ 31, 375, 377; 151, 82, 83; BGHZ 37, 156, 157; 92, 251, 255 f.; 97, 283, 284 f.) muß die Berufungsbegründung als bestimmender Schriftsatz die Unterschrift des für sie verantwortlich Zeichnenden tragen. Die Unterschrift ist grundsätzlich Wirksamkeitserfordernis. Sie soll die Identifizierung des Urhebers der schrift-
lichen Prozeßhandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (BGHZ 37, 156, 157; 75, 340, 349; 97, 283, 285). Das letztgenannte Erfordernis soll sicherstellen , daß es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern daß es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist (BGHZ 75, 340, 349; 144, 160, 162). Für den Anwaltsprozeß bedeutet dies, daß die Berufungsbegründung von einem dazu Bevollmächtigten und bei dem Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfaßt, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein muß (BGHZ 97, 251, 253 f.; BGH, Urteile vom 29. Oktober 1997 - VIII ZR 141/97, NJW-RR 1998, 574 und vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, NJW 2003, 2028).

b) Hat die Rechtsprechung bisher grundsätzlich für bestimmende fristwahrende Schriftsätze zur Sicherstellung dieser prozeßrechtlichen Anforderungen die handschriftliche Unterschriftsleistung des Berechtigten verlangt, so sind doch hiervon vor allem im Hinblick auf den technischen Fortschritt in einem erheblichen Umfang Ausnahmen zugelassen worden. So hat die Rechtsprechung bereits früh die Übermittlung einer Rechtsmittelschrift und anderer bestimmender Schriftsätze durch ein Telegramm oder mittels Fernschreiben für zulässig erachtet (vgl. die Nachweise bei BGHZ 144, 160, 162 ff.). Auch die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax ist in allen Gerichtszweigen uneingeschränkt zulässig (vgl. BGHZ 144, 160, 164 m.w.Nachw.). Für eine - wie hier - durch Computer-Fax übermittelte Berufungsbegründung hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes am 5. April 2000 entschieden (BGHZ 144, 160), daß in Prozessen mit Vertretungszwang be-
stimmende Schriftsätze formwirksam durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift auf ein Faxgerät des Gerichts übermittelt werden können. Zur Begründung hat er ausgeführt (aaO S. 165), der Zweck der Schriftform, die Rechtssicherheit und insbesondere die Verläßlichkeit der Eingabe zu gewährleisten, könne auch im Falle einer derartigen elektronischen Übermittlung gewahrt werden. Entspreche ein bestimmender Schriftsatz inhaltlich den prozessualen Anforderungen , so sei die Person des Erklärenden in der Regel dadurch eindeutig bestimmt, daß seine Unterschrift eingescannt oder der Hinweis angebracht sei, daß der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne.

c) Nach § 130 Nr. 6 1. Halbs. ZPO sollen die vorbe reitenden Schriftsätze die Unterschrift der Person enthalten, die den Schriftsatz verantwortet. Halbs. 2 dieser von der Rechtsprechung für bestimmende Schriftsätze stets als zwingend angesehenen Vorschrift fordert bei Übermittlung durch einen Telefax-Dienst (Telekopie) "die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie". Der Wortlaut des § 130 Nr. 6 ZPO beruht auf der Neufassung durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13. Juli 2001 (BGBl. I S. 1542). Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu diesem Gesetz (BTDrucks. 14/4987, S. 23) ist eine Korrektur der Rechtsprechung zum Unterschriftserfordernis nicht beabsichtigt; dies sei im Hinblick auf die Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 nicht geboten. In der Gegenäußerung der Bundesregierung (BT-Drucks. 14/4987, S. 43 f.) zur Stellungnahme des Bundesrates werden Inhalt und Begründung des Beschlusses des Ge-
meinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 ausführlich wiedergegeben. Wenn der Gesetzgeber dann in der Neufassung des § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO in Kenntnis dieser Rechtsprechung und der technischen Entwicklung für den Fall der Übermittlung eines Schriftsatzes durch ein Telefax ausdrücklich "die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie" verlangt, spricht angesichts des eindeutigen Gesetzestextes sehr viel dafür, daß die vom Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes für den Fall eines ComputerFaxes für zulässig gehaltene Ersetzung der Unterschrift durch den Hinweis , daß der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne, nicht mehr als zulässig angesehen werden kann (so Musielak/Stadler, ZPO 4. Aufl. § 129 Rdn. 11; Stein/Jonas/ Leipold, ZPO 22. Aufl. § 130 Rdn. 49; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht 16. Aufl. § 65 Rdn. 14; Hannich/Meyer-Seitz/Schwartze, ZPO-Reform 2002 § 130 Rdn. 5 (S. 336); Krüger/Bütter MDR 2003, S. 181, 182). Dafür spricht auch, daß die Unterschrift beim ComputerFax ohne nennenswerte Schwierigkeiten eingescannt werden kann, so daß kein überzeugender Grund besteht, darauf entgegen dem Gesetzeswortlaut zu verzichten.
Diese Frage bedarf jedoch vorliegend keiner abschl ießenden Entscheidung. Weder enthält das am Abend des 18. August 2003 übermittelte Computer-Fax einen Hinweis, daß eine Unterschrift wegen der gewählten Übertragungsform nicht möglich sei, noch beabsichtigte der Prozeßbevollmächtigte der Kläger, der Berufungsbegründung einen derartigen Hinweis beizufügen. Vielmehr hat er nach eigenen Angaben versucht , das Computer-Fax mit seiner eingescannten Unterschrift zu übermitteln.

Die Wiedergabe des Vor- und Nachnamens des Prozeßb evollmächtigten der Kläger mit der daruntergesetzten Bezeichnung "Rechtsanwalt" am Ende des Computer-Faxes genügt als solche nicht den Anforderungen des § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO. Diese Bestimmung fordert nach ihrem eindeutigen Wortlaut die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie, also des handschriftlichen Namenszuges. Dem entspricht eine maschinen- oder computerschriftliche "Unterzeichnung" nicht (Stein/ Jonas/Leipold, aaO § 130 Rdn. 48). Sofern der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes diesbezüglich eine andere Auffassung zu entnehmen sein sollte, genügt die Wiedergabe des Namens in Druckbuchstaben jedenfalls nach der Neufassung des § 130 Nr. 6 ZPO nicht mehr (Musielak/Stadler, aaO § 129 Rdn. 11; Dästner NJW 2001, 3469, 3470 Fn. 10; Krüger/Bütter, aaO).

d) aa) Stellt somit die eigenhändige Unterschrift eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine unerläßliche Wirksamkeitsvoraussetzung für fristwahrende bestimmende Schriftsätze im Anwaltsprozeß dar, so sind jedoch auch von diesem Grundsatz Ausnahmen möglich. Das Erfordernis der Schriftlichkeit ist nämlich kein Selbstzweck (vgl. BGHZ 97, 283, 285). Es soll, wie der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes in seiner Entscheidung vom 30. April 1979 (BGHZ 75, 340, 348 f.) dargelegt hat, gewährleisten, daß aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht , hinreichend zuverlässig entnommen werden können; außerdem muß feststehen, daß es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern daß es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist. Deshalb kann das Fehlen einer Unter-
schrift bei Vorliegen besonderer Umstände ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen ergibt, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen.
Das ist - was das Berufungsgericht verkannt hat - nicht nur ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 10, 1, 2; 81, 32, 36 f.; BVerwG NJW 1995, 2121, 2122; 2003, 1544), des Bundessozialgerichts (BSG NJW 1997, 1254, 1255; 2001, 2492, 2493), des Bundesfinanzhofs (BFHE 111, 278, 285; 148, 205, 207 f.; BFH, BFH/NV 2000, 1224) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG NJW 1979, 183), sondern - ungeachtet bestehender Unterschiede der verschiedenen Verfahrensordnungen - grundsätzlich auch des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 24, 179, 180; 37, 156, 160; 97, 251, 254; BGH, Beschluß vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 46/03, BGH-Report 2004, 406). So hat der Bundesgerichthof mit Beschluß vom 3. Mai 1957 (BGHZ 24, 179, 180) entschieden, daß der Mangel der Unterschrift in dem als Urschrift der Berufung gedachten Schriftsatz durch die gleichzeitig eingereichte beglaubigte Abschrift dieses Schriftsatzes behoben wird, auf der der Beglaubigungsvermerk von dem Prozeßbevollmächtigten handschriftlich vollzogen worden ist. In einer anderen Entscheidung (BGHZ 97, 251, 254) hat der Bundesgerichtshof das Fehlen einer Unterschrift auf der Berufungsbegründung für unschädlich erachtet, wenn auch ohne die Unterschrift des Rechtsmittelanwalts aus anderen, eine Beweisaufnahme nicht erfordernden Umständen, zweifelsfrei feststeht, daß der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Rechtsmittelbegründungsschrift übernommen hat, und letzteres in einem Fall bejaht, in dem die Berufungsbegründungsschrift fest mit einem von dem Rechtsanwalt unter-
zeichneten Begleitschreiben verbunden war (vgl. auch BGHZ 37, 156, 160). Und mit Beschluß vom 9. Dezember 2003 (VI ZB 46/03, BGHReport 2004, 406) hat der Bundesgerichtshof für den Fall des Fehlens einer Unterschrift unter einer Berufungsbegründungsschrift entschieden, daß sich zumindest aus den Umständen eindeutig ergeben müsse, daß der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Begründungsschrift übernommen habe. Ob entsprechende Anforderungen bei einem Computer-Fax eines Klägers gegeben sind, das mit dem Satz endet "Dieser Brief wurde maschinell erstellt, wird nicht eigenhändig unterschrieben" (so BSG NJW 1997, 1254 f.), bedarf keiner Entscheidung, da es hier an einem solchen Hinweis fehlt. Eine Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ist deshalb im Hinblick auf die angeblich abweichende Entscheidung des Bundessozialgerichts entgegen der Ansicht der Revision nicht veranlaßt, zumal der hier maßgebliche § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO über die Anforderungen an eine Telekopie erst nach der zitierten Entscheidung des Bundessozialgerichts in die Zivilprozeßordnung eingefügt worden ist.
bb) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes zur ausnahmsweisen Wirksamkeit nicht unterzeichneter Rechtsmittelbegründungsschriften trägt dem Anspruch der Prozeßbeteiligten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip) sowie ihren Rechten aus Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG Rechnung, die es verbieten, den Zugang zur jeweiligen nächsten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. BVerfGE 40, 272, 274 f.; 41, 23, 26; 41, 323, 326 f.; 44, 302, 305 f.; 74, 228, 234; 77, 275, 284; 110, 339, 342). An die Beachtung formeller
Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Rechtsschutzbegehrens dürfen aus diesem Grund keine überspannten Anforderungen gestellt werden (BVerfG NJW 2002, 3534).
cc) Entgegen der Auffassung der Revision ergeben h ier die Umstände im Zusammenhang mit der Übermittlung der Berufungsbegründungsschrift nicht eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft des Prozeßbevollmächtigten der Kläger sowie seinen Willen, für ihren Inhalt die Verantwortung zu übernehmen und sie an das Berufungsgericht zu übermitteln. Die Tatsache, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger bereits rechtzeitig Berufung gegen das landgerichtliche Urteil eingelegt hat, reicht hierfür ebensowenig aus wie der gedruckte Briefkopf auf dem Begründungsschriftsatz; beides bietet keine der Unterschrift vergleichbare Gewähr dafür, daß das Schriftstück von einer beim Berufungsgericht postulationsfähigen Person stammt und mit deren Willen in den Verkehr gebracht worden ist (vgl. BVerwG NJW 2003, 1544). Auch der Umstand, daß nach Fristablauf beim Berufungsgericht ein mit dem Computer-Fax seinem Inhalt und seiner Form nach gleicher und von dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger persönlich unterschriebener Begründungsschriftsatz eingegangen ist, reicht insoweit nicht aus (vgl. BVerwG Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 16), da nur spätestens bei Ablauf der Begründungsfrist bekannt gewordene Umstände berücksichtigungsfähig sind (BVerwG NJW 2003, 1544).
Der am Ende des Computer-Faxes mit dem Zusatz "Rec htsanwalt" wiedergegebene Vor- und Nachname des Prozeßbevollmächtigten der Kläger bietet ebenfalls keine ausreichende Gewähr dafür, daß dieser die Verantwortung für die Berufungsbegründung übernommen und diese wil-
lentlich an das Berufungsgericht übermittelt hat. Rechtsmittelbegründungsschriften müssen nicht von einem am Rechtsmittelgericht zugelassenen Rechtsanwalt gefertigt sein. Sie werden in der Praxis vielfach von Korrespondenzanwälten, wissenschaftlichen Mitarbeitern oder nicht am Rechtsmittelgericht zugelassenen Sozien unterschriftsreif vorbereitet. Dem Umstand, daß unter der für die Unterschrift vorgesehenen Stelle der Name eines Rechtsanwalts vermerkt ist, ist daher nicht ausreichend sicher zu entnehmen, daß der Entwurf von diesem Rechtsanwalt verfaßt worden ist, sondern kann auch bedeuten, daß der tatsächliche Verfasser die eigenverantwortliche Prüfung des Inhalts des bestimmenden Schriftsatzes und seine Unterzeichnung durch den namentlich genannten Rechtsanwalt vorgesehen hat. Ob dieser für den Inhalt des Schriftsatzes bereits die Verantwortung übernommen hat, ist danach in Fällen wie hier völlig offen.
Entgegen der Auffassung der Revision kann auch dem Umstand, daß das Computer-Fax dem Berufungsgericht am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist übermittelt worden ist, nicht mit einer für den Anwaltsprozeß erforderlichen Sicherheit entnommen werden, daß es sich dabei nicht um einen bloßen Entwurf handelte. Allein der Zeitpunkt der Übermittlung eines nicht unterzeichneten bestimmenden Schriftsatzes sagt für sich genommen noch nichts darüber aus, ob er von einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt verantwortet wird. Gerade der drohende Ablauf einer Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist kann einem nicht postulationsfähigen Verfasser der Rechtsmittelbegründung vielmehr Veranlassung geben, zur Fristwahrung einen Schriftsatz zu übermitteln, den der namentlich genannte Rechtsanwalt noch nicht eigenverantwortlich geprüft hat. Daß der Inhalt der als Computer-
Fax übermittelten Berufungsbegründung von dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger verantwortet und von ihm bewußt in den Verkehr gebracht worden ist, läßt sich danach hier mit der erforderlichen Sicherheit nicht feststellen.
2. Auch die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist greift die Revision ohne Erfolg an. Das Berufungsgericht hat einen Fehler am Empfangsgerät des Oberlandesgerichts als fernliegend angesehen und ausgeführt , es komme entweder ein technischer Fehler im Sendegerät oder aber ein vom Prozeßbevollmächtigten der Kläger verschuldeter Bedienungsfehler als Ursache für das Fehlen einer eingescannten Unterschrift in dem Computer-Fax in Betracht. Es sei aber nicht glaubhaft gemacht, daß ein Bedienungsfehler des Prozeßbevollmächtigten als Ursache für das Fehlen der eingescannten Unterschrift ausscheide. Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten ist einer Partei zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann danach nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen die Möglichkeit offenbleibt, daß die Fristversäumung von der Partei bzw. ihrem Prozeßbevollmächtigten verschuldet war (BGH, Beschlüsse vom 26. September 1991 - I ZB 12/91, NJW 1992, 574, 575, vom 18. Oktober 1995 - I ZB 15/95, NJW 1996, 319 und vom 26. Juli 2004 - VIII ZR 10/04, NJW-RR 2005, 143, 145).
Zu Recht hat das Berufungsgericht hier einen Bedie nungsfehler des Prozeßbevollmächtigten der Kläger, der dazu geführt hat, daß das Fax ohne eingescannte Unterschrift übermittelt worden ist, nicht als ausgeschlossen angesehen. Der Prozeßbevollmächtigte einer Partei hat mit der Bedienung technischer Geräte, die er selbst zur Übermittlung bestimmender Schriftsätze einsetzt, soweit vertraut zu sein, daß die Übermittlung in der Form sichergestellt ist, die von § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO vorgeschrieben ist. Daß das Berufungsgericht es als glaubhaft gemacht angesehen hat, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger weder bei der Übermittlung noch später einen Bedienungsfehler bemerkt hat, schließt einen verschuldeten Bedienungsfehler nicht aus. Das Berufungsgericht weist insoweit zu Recht darauf hin, daß Bedienungsfehler am Computer unbemerkt bleiben können. Damit hat das Berufungsgericht die an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts zu stellenden Anforderungen nicht in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise überspannt.

III.


Die Revision der Kläger konnte danach keinen Erfol g haben und war deshalb zurückzuweisen.
Nobbe Richter am Bundes- Joeres gerichtsh of Dr. Müller ist wegen Urlaubs gehindert , seine Unterschrift b eizufügen. Nobbe Wassermann Mayen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 398/04 Verkündet am:
11. Oktober 2005
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________

a) Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Berufungsklägers in der Berufungsschrift
ist nicht Zulässigkeitsvoraussetzung der Berufung (im Anschluss an
BGHZ 102, 332).

b) Die Postulationsfähigkeit eines Rechtsanwalts bei einem Gericht ist Prozesshandlungsvoraussetzung
und muss im Zeitpunkt der Vornahme der Prozesshandlung
gegeben sein.

c) Anders als im Fall des Fehlens einer Unterschrift des Prozessbevollmächtigten
unter einer Berufungs- oder Berufungsbegründungsschrift und der Prüfung, ob
Umstände im Zusammenhang mit der Übermittlung dieses Schriftsatzes eine
der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft des Prozessbevollmächtigten
sowie seinen Willen ergeben, für den Inhalt die Verantwortung
zu übernehmen und ihn bei Gericht einzureichen, müssen die Rechtsmittelvoraussetzungen
, wenn das Berufungsgericht die Berufung nicht durch Beschluss
gemäß § 522 Abs. 1 Satz 3 ZPO als unzulässig verwirft, sondern aufgrund
mündlicher Verhandlung entscheidet, - erst - nach dem Erkenntnisstand am
Schluss dieser mündlichen Verhandlung gegeben sein.
BGH, Urteil vom 11. Oktober 2005 - XI ZR 398/04 - OLG München
LG München II
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe,
die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 28. Oktober 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Be rufung. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
2
Durch Urteil vom 26. Mai 2004 hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 86.528,46 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Berufungsschrift des Prozessbevollmächtigten der Beklagten, dem das Urteil zugestellt worden ist, enthält keine Anschrift der Beklagten. Am Ende ist links neben der mit der Bezeichnung "Rechtsanwalt" versehenen maschinenschriftlichen Wiedergabe des Vor- und Nachnamens des Prozessbevollmächtigten handschriftlich das Wort "Für" angebracht. Rechts neben diesem Namen ist die Berufungsschrift mit der handschriftlichen Bezeichnung "RA" sowie mit dem Namenszug "S. " versehen. Darunter ist in Klammern handschriftlich "zugelassen am OLG B. " vermerkt. In entsprechender Weise ist auch die Berufungsbegründung unterzeichnet.
3
Nachdem der Vorsitzende des Berufungsgerichts auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung hingewiesen hatte, weil ein "RA S. " im Briefkopf des Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht genannt sei und sich auch nicht anhand des Anwaltsverzeichnisses der RechtsanwaltskammerB. individualisieren lasse, erklärte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten am 25. Oktober 2004, die Berufungsschrift und die weiteren Schriftsätze seien von Rechtsanwalt M. S. unterzeichnet worden. Zugleich teilte er als letzte bekannte Adresse der Beklagten eine Anschrift in der Schweiz mit.
4
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagt en als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich ihre - vom Berufungsgericht zugelassene - Revision.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebun g des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Ent scheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Der Berufung der Beklagten fehle das Rechtsschutzb edürfnis, weil sie durch Nichtangabe ihrer ladungsfähigen Anschrift zu erkennen gegeben habe, an dem Berufungsverfahren kein Interesse zu haben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne auch dann, wenn der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten sei, auf die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift in der Klageschrift nicht verzichtet werden. Sonst fehle es an einer ordnungsgemäßen Klageerhebung. Nichts anderes könne für einen Berufungskläger gelten. Mangels Angabe einer ladungsfähigen Anschrift der Beklagten sei ihr Rechtsschutzbegehren unzulässig.
8
Überdies fehle es, ohne dass es darauf noch ankomm e, an einer formwirksamen Unterzeichnung der Berufungsschrift. Bereits die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung sei nicht hinreichend erkennbar, da zumindest die ernsthafte Möglichkeit bestehe, dass es sich nur um eine - noch zu unterzeichnende - Namensnennung handele. Außerdem sei eine Individualisierung des die Berufungsschrift unterzeichnenden Rechtsanwalts erforderlich. Wenn dieser - wie hier - nicht im Briefkopf genannt sei, habe er seinen vollständigen Namen und seine Kanzleianschrift anzugeben.

II.


9
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zu Unrecht ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Berufung der Beklagten unzulässig sei, weil ihre ladungsfähige Anschrift in der Berufungsschrift nicht angegeben und bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht mitgeteilt worden sei (1.). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann auch keine Rede davon sein, die Berufungsund die Berufungsbegründungsschrift seien nicht ordnungsgemäß unterzeichnet (2.).
10
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 65, 114, 117) und des Bundesarbeitsgerichts (NJW 1987, 1356 f.) ist eine Rechtsmittelschrift auch dann ordnungsgemäß, wenn sie die ladungsfähige Anschrift des Rechtsmittelbeklagten oder seines Prozessbevollmächtigten nicht enthält, obgleich dadurch die alsbaldige Zustellung nach § 521 Abs. 1 ZPO erschwert wird. Entsprechendes gilt nach - soweit ersichtlich - einhelliger Meinung, wenn in der Rechtsmittelschrift die ladungsfähige Anschrift des Berufungsklägers fehlt (BGHZ 102, 332, 333 f.; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO 25. Aufl. § 519 Rdn. 30a; Musielak/ Ball, ZPO 4. Aufl. § 519 Rdn. 6; MünchKommZPO/Rimmelspacher, 2. Aufl. Aktualisierungsband § 519 Rdn. 15; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO 63. Aufl. § 519 Rdn. 25; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 21. Aufl. § 518 Rdn. 18; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht 15. Aufl. S. 821). Der in § 519 Abs. 4 ZPO enthaltene Verweis auf - unter anderem - die Sollvorschrift des § 130 Nr. 1 ZPO ändert nichts.
11
a) Der Hinweis des Berufungsgerichts, ohne Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers liege grundsätzlich keine ordnungsgemäße Klageerhebung im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 i.V. mit § 130 Nr. 1 ZPO vor (BGHZ 102, 332, 336; BGH, Urteil vom 17. März 2004 - VIII ZR 107/02, WM 2004, 2325, 2326), entsprechendes müsse für eine Berufung ohne Angabe der Anschrift des Berufungsklägers gelten, geht fehl. Bei einer Klage gibt der Kläger, wenn er nicht triftige Gründe für die Vorenthaltung seiner Adresse anführen kann, zu erkennen, dass er den Prozess aus dem Verborgenen führen will, um sich einer möglichen Kostenpflicht zu entziehen; dies wäre rechtsmissbräuchlich (BGHZ 102, 332, 336). Diese Grundsätze lassen sich auf den hier vorliegenden Fall nicht übertragen. Die Einlegung der Berufung ohne Angabe einer ladungsfähigen Anschrift der Beklagten als Berufungsklägerin rechtfertigt grundsätzlich nicht die Annahme, sie wolle fortan das Verfahren aus dem Verborgenen führen, um sich einer möglichen Kostenpflicht zu entziehen.
12
Für ein solches rechtsmissbräuchliches Verhalten d er Beklagten bietet der Sachverhalt keine Anhaltspunkte. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat mit Schriftsatz vom 8. September 2004 erklärt, dass mit dieser noch nicht habe Rücksprache gehalten werden können, weil sie umgezogen sei. Am 25. Oktober 2004 hat er die letzte bekannte Anschrift der Beklagten in der Schweiz mitgeteilt und in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass ein Nachforschungsantrag noch nicht abschließend beantwortet worden sei. Daraus ergibt sich lediglich, dass der Prozessbevollmächtigte seit Einlegung der Berufung keinen Kontakt zur Beklagten hatte. Dies rechtfertigt nicht die Annahme, dass die Beklagte das Verfahren fortan aus dem Verborgenen führen wolle, um sich einer etwaigen Kostenpflicht zu entziehen. Insbesondere ergibt sich daraus nicht, dass sich die Beklagte - wie in dem der Entscheidung BGHZ 102, 332 zugrunde liegenden Sachverhalt - bewusst geweigert hätte, ihre ladungsfähige Anschrift anzugeben.
13
b) Auch die Erwägung des Berufungsgerichts, die An gabe der ladungsfähigen Anschrift des Berufungsklägers sei im Hinblick auf eine mögliche Anordnung seines persönlichen Erscheinens erforderlich, rechtfertigt nicht die Verwerfung der Berufung als unzulässig. Das Ausbleiben einer Partei, deren persönliches Erscheinen mangels ladungsfähiger Anschrift nicht angeordnet (§ 141 Abs. 2 ZPO) werden kann, steht einer Fortführung des Verfahrens nicht entgegen. Für den Gegner ergeben sich daraus keine nachteiligen Folgen. Bei einer angeordneten Parteivernehmung nach §§ 445 ff. ZPO bleibt es dem Gericht, auch wenn die Sanktionen der §§ 446, 454 ZPO mangels ordnungsgemäßer Ladung (§ 450 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZPO) nicht eingreifen können, unbenommen, aus der Vorenthaltung einer ladungsfähigen Anschrift unter Heranziehung des allgemeinen Gesichtspunktes einer Beweisvereitelung Schlüsse zum Nachteil der Partei zu ziehen (BGH, Urteil vom 17. März 2004 - VIII ZR 107/02, WM 2004, 2325, 2326). Selbst wenn die Partei erschienen wäre, ließe sich ohnehin weder eine persönliche Erklärung nach § 141 ZPO noch eine Aussage im Rahmen einer vom Gericht angeordneten Parteivernehmung erzwingen.
14
c) Rechtsirrig ist auch die Auffassung des Berufun gsgerichts, der Berufung der Beklagten fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil sie durch Nichtangabe ihrer ladungsfähigen Anschrift zu erkennen gegeben habe, an dem Berufungsverfahren kein Interesse zu haben. Regelmäßig ergibt bereits die Beschwer das Rechtsschutzbedürfnis für die Anrufung der höheren Instanz (BGHZ 50, 261, 263; BGH, Urteil vom 16. Januar 1997 - IX ZR 220/96, NJW 1997, 1445). Nur ausnahmsweise kann es daran fehlen, wenn eine unnötige, zweckwidrige oder missbräuchliche Beschreitung des vom Gesetz vorgesehenen Rechtsmittelweges anzunehmen ist (BGHZ 57, 224, 225). Davon kann, wenn es die Rechtsmittelklägerin - wie hier - lediglich versäumt hat, nach einem Umzug ihrem Prozessbevollmächtigten die neue Anschrift mitzuteilen, keine Rede sein.
15
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts f ehlt es bei der Berufungs- und bei der Berufungsbegründungsschrift auch nicht an dem Erfordernis einer ordnungsgemäßen Unterschrift eines beim Berufungsgericht postulationsfähigen Rechtsanwalts (vgl. dazu Senat, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086, 2087; BGH, Beschluss vom 23. Juni 2005 - V ZB 45/04, NJW 2005, 2709 jeweils m.w.Nachw.).
16
a) Was unter einer "Unterschrift" zu verstehen ist , ergibt sich aus dem Sprachgebrauch und dem Zweck der Formvorschrift. Eine Unterschrift setzt danach einen die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden individuellen Schriftzug voraus, der sich - ohne lesbar sein zu müssen - als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt (vgl. BGH, Urteile vom 22. Oktober 1993 - V ZR 112/92, NJW 1994, 55 und vom 18. Januar 1996 - III ZR 73/95, NJW 1996, 997; Beschluss vom 29. Januar 1997 - XII ZB 11/97, aaO; Urteil vom 10. Juli 1997 - IX ZR 24/97, NJW 1997, 3380, 3381).
17
Diesen Anforderungen genügen die Unterschriften de s Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf der Berufungs- und der Berufungsbegründungsschrift. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, die der uneingeschränkten Überprüfung durch den Bundesgerichtshof unterliegt (BGH, Urteil vom 24. Juli 2001 - VIII ZR 58/01, NJW 2001, 2888), handelt es sich hierbei nicht um eine bloße - noch zu unterschreibende - Namensnennung. Soweit die Wiedergabe des Namens eines Prozessbevollmächtigten unter einem Anwaltsschriftsatz nicht maschinenschriftlich erfolgt, wird sie üblicherweise handschriftlich in Druckbuchstaben oder mit einer gut lesbaren Handschrift vorgenommen. Beides trifft auf den hier in Rede stehenden Namenszug nicht zu. Zwar sind die handschriftlich ausgeführten Buchstaben "Sch" am Anfang und die Buchstaben "dt" am Schluss lesbar. Dazwischen befindet sich jedoch lediglich ein im Wesentlichen waagerecht verlaufender Strich, über dessen Ende ein Punkt angebracht ist. Diese charakteristischen Merkmale verleihen dem Namenszug "S. " den Charakter eines individuellen Schriftzuges und damit einer "Unterschrift" im Sinne des § 130 Nr. 6 ZPO.
18
b) Zu Unrecht ist das Berufungsgericht auch der Au ffassung, wenn der unterzeichnende Rechtsanwalt - wie hier - nicht im Briefkopf der Berufungsschrift genannt sei, habe er seinen vollständigen Namen und seine Kanzleiadresse anzugeben. Ebenso wenig wie die Einlegung einer Berufung nicht deswegen unwirksam ist, weil die Berufungsschrift nicht die ladungsfähige Anschrift des Prozessbevollmächtigten des Berufungsbeklagten enthält (BGHZ 65, 114, 116), hängt die Wirksamkeit der Berufungsschrift von der Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Prozessbevollmächtigten des Berufungsklägers ab (Musielak/Ball, aaO, § 519 Rdn. 6). Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts, nur so sei sichergestellt, dass der Rechtsanwalt für das Gericht auch jederzeit erreichbar sei, ist für einen Fall wie hier nicht nachvollziehbar. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hatte sowohl die Berufungsschrift als auch die Berufungsbegründungsschrift "für" Rechtsanwalt F. , dessen Kanzleiadresse jeweils im Briefkopf angegeben war, unterzeichnet. Damit handelte er erkennbar als dessen Unterbevollmächtigter (vgl. BAG NJW 1990, 2706). Das ist, jedenfalls wenn - wie hier - auch der Unterbevollmächtigte bei einem Oberlandesgericht zugelassen und deshalb vor dem Berufungsgericht postulationsfähig ist (§ 78 Abs. 1 Satz 2 ZPO), unbedenklich.
19
c) Die Auffassung des Berufungsgerichts, da nach d em Anwaltsverzeichnis der Rechtsanwaltskammer B. beim dortigen Oberlandesgericht zwei Rechtsanwälte mit dem Namen "S. " zugelassen seien, sei eine Individualisierung des die Berufungsschrift unterzeichnenden Rechtsanwalts vor Ablauf der Berufungsfrist objektiv nicht möglich gewesen, überspannt die formalen Anforderungen an die Einlegung eines Rechtsmittels. Ein Rechtsanwalt hat die seine Postulationsfähigkeit begründende Zulassung bei einem Gericht weder bei der Einlegung noch bei der Begründung einer Berufung nachzuweisen oder auch nur glaubhaft zu machen. Die Postulationsfähigkeit eines Rechtsanwalts bei einem Gericht ist Prozesshandlungsvoraussetzung (Zöller/Vollkommer , ZPO 25. Aufl. § 78 Rdn. 3) und muss im Zeitpunkt der Vornahme der Prozesshandlung gegeben sein (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Oktober 1989 - IVa ZB 15/89, NJW 1990, 1305 und vom 30. Juni 1992 - VI ZB 15/92, NJW 1992, 2706). Wenn sich bei Prüfung der Zulässigkeit der Berufung nach § 522 Abs. 1 ZPO Zweifel an der Postulationsfähigkeit des Rechtsanwalts ergeben, hat das Berufungsgericht von Amts wegen entsprechende Feststellungen zu treffen (BGH, Beschluss vom 30. Juni 1992 - VI ZB 15/92, NJW 1992, 2706). Anders als im Fall des Fehlens einer Unterschrift des Prozessbevollmächtigten unter einer Berufungs - oder Berufungsbegründungsschrift und der Prüfung, ob Umstände im Zusammenhang mit der Übermittlung dieses Schriftsatzes eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft des Prozessbevollmächtigten sowie seinen Willen ergeben, für den Inhalt die Verantwortung zu übernehmen und ihn bei Gericht einzureichen (vgl. Senatsurteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086, 2088), müssen die Rechtsmittelvoraussetzungen, wenn das Berufungsgericht - wie hier - die Berufung nicht durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 1 Satz 3 ZPO als unzulässig verwirft, sondern aufgrund mündlicher Verhandlung entscheidet, - erst - nach dem Erkenntnisstand am Schluss dieser mündlichen Verhandlung gegeben sein (BGHZ 91, 105, 115; MünchKommZPO/Rimmelspacher, aaO § 522 Rdn. 4; Stein/Jonas/ Grunsky, aaO Allgemeine Einleitung vor § 511 Rdn. 16).
20
Hier waren Zweifel an der Postulationsfähigkeit de s Prozessbevollmächtigten der Beklagten jedenfalls im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 28. Oktober 2004 nicht mehr begründet. Der Unterbevollmächtigte der Beklagten hatte bereits am 25. Oktober 2004 seinen vollständigen Namen mit "M. S. " mitgeteilt. Aus dem vom Berufungsgericht herangezogenen Anwaltsverzeichnis ergibt sich, dass ein Rechtsanwalt dieses Namens beim Ober- landesgericht B. zugelassen ist. Damit war er auch beim Berufungsgericht postulationsfähig (§ 78 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

III.


21
Nach alledem waren das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Nobbe Müller Joeres Wassermann Mayen

Vorinstanzen:
LG München II, Entscheidung vom 26.05.2004 - 4 O 5117/01 -
OLG München, Entscheidung vom 28.10.2004 - 19 U 3717/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 18/11
vom
20. Juni 2012
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 20. Juni 2012

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 9. September 2011 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 15.019,11 €

Gründe:


1
I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Rückzahlung geleisteter Versicherungsprämien für zwei fondsgebundene Lebensversicherungsverträge nach Widerspruchserklärung gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
2
Gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts hat die Klägerin rechtzeitig Berufung eingelegt. Innerhalb der bis zum 12. Mai 2011 verlängerten Berufungsbegründungsfrist ging beim Oberlandesgericht am 26. April 2011 per Telefax und am 27. April 2011 per Post ein als Berufungsbegründung bezeichneter Schriftsatz ein, der handschriftlich mit "i.A. J. U. " unterzeichnet ist. Die Unterschrift stammt von der in der Rechtsanwaltskanzlei der Prozessbevollmächtigten der Klägerin damals angestellten Rechtsanwältin J. U. . Darunter ist maschinenschriftlich vermerkt: "C. S. Rechtsanwalt".
3
Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen, weil die Berufungsbegründung nicht von den beauftragten Prozessbevollmächtigten der Klägerin unterschrieben sei. Zwar sei die Unterzeichnung einer Rechtsmittelschrift durch einen Vertreter zulässig. Dieser müsse jedoch die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernehmen. Dafür reiche eine Unterschrift "i.A." ("im Auftrag") nicht aus, weil der Unterzeichnende zu erkennen gebe, dass er dem Gericht gegenüber nur als Erklärungsbote auftrete. Etwas anderes gelte, wenn aus weiteren Umständen ersichtlich sei, dass der Unterzeichner in Wahrnehmung eines auch ihm erteilten Mandats tätig geworden sei. Dies könne angenommen werden, wenn der Unterzeichner im Briefkopf des Schriftsatzes als Sozietätsmitglied aufgeführt sei. Das sei hier nicht der Fall, weil Rechtsanwältin U. in der Sozietät der Prozessbevollmächtigten der Klägerin angestellt und kein Sozietätsmitglied gewesen sei.
4
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.
5
II. Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach den §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft, jedoch nicht im Übrigen zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Insbesondere erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht. Das Berufungsgericht hat nicht die Verfahrensgrundrechte der Klägerin auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt , indem es ihre Berufung mit der Begründung, die Berufungsbegründungsschrift sei nicht ordnungsgemäß unterschrieben, verworfen hat.
6
1. Die Unterzeichnung der Berufungsbegründung mit "i.A. J. U. " hat das Berufungsgericht zutreffendals unzureichend gewertet.
7
a) Die Berufungsbegründungsschrift muss als bestimmender Schriftsatz im Anwaltsprozess grundsätzlich von einem beim Berufungsgericht postulationsfähigen Rechtsanwalt eigenhändig unterschrieben sein (§§ 130 Nr. 6, 519 Abs. 4 ZPO). Mit diesem Erfordernis soll sichergestellt werden, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist. Insbesondere soll die Unterschrift die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen (Senatsbeschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, juris Rn. 6; BGH, Beschlüsse vom 26. April 2012 - VII ZB 36/10, juris Rn. 7; vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, juris Rn. 7; vom 22. November 2005 - VI ZB 75/04, VersR 2006, 387 Rn. 5; Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, VersR 2006, 427 unter B II 1 a; jeweils m.w.N.).
8
b) Die Unterschriftsleistung ist unter bestimmten Voraussetzungen auch durch einen Vertreter zulässig. Dieser muss jedoch die volle Verantwortung für den Inhalt der Rechtsmittelschrift übernehmen, was er etwa mit einer Unterzeichnung "i.V." oder "für Rechtsanwalt …" zum Ausdruck bringen kann. Die Verwendung des Zusatzes "i.A." ("im Auf- trag") reicht für die Übernahme der Verantwortung in diesem Sinne grundsätzlich nicht aus, weil der Unterzeichnende damit zu erkennen gibt, dass er dem Gericht gegenüber nur als Erklärungsbote auftritt (BGH, Beschluss vom 19. Juni 2007 - VI ZB 81/05, FamRZ 2007, 1638 unter II; Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, VersR 2004, 487 unter II 2; Beschlüsse vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, VersR 1994, 368 unter 1; vom 5. November 1987 - V ZR 139/87, VersR 1988, 497).
9
Die Unterzeichnung einer Rechtsmittelschrift mit dem Zusatz "i.A." ist nur dann unschädlich, wenn der unterzeichnende Rechtsanwalt als Sozietätsmitglied zum Kreis der beim Berufungsgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten des Berufungsklägers zählt und damit unmittelbar in Ausführung des auch ihm selbst erteilten Mandats tätig geworden ist (BGH, Beschlüsse vom 19. Juni 2007 aaO; vom 27. Mai 1993 aaO unter

2).


10
Darauf kann sich die Klägerin - wie das Berufungsgericht richtig ausgeführt hat - nicht stützen. Rechtsanwältin U. war, wie die Klägerin vorträgt und aus dem Briefkopf der Berufungsbegründungsschrift ersichtlich ist, zur Zeit der Unterzeichnung der Berufungsbegründung in der Sozietät der Prozessbevollmächtigten der Klägerin angestellt und kein Sozietätsmitglied. Dieses Anstellungsverhältnis wollte Rechtsanwältin U. , wie sie in ihrer eidesstattlichen Versicherung angegeben hat, durch den Zusatz "i.A." (= "in Anstellung") auch zum Ausdruck bringen.
11
Aus dieser eidesstattlichen Versicherung kann die Klägerin auch im Übrigen nichts zu ihren Gunsten herleiten. Dies folgt schon daraus, dass die Berufungsbegründungsfrist bei Eingang der eidesstattlichen Versicherung am 6. September 2011 längst abgelaufen und eine Heilung des die wirksame Begründung eines Rechtsmittels betreffenden Mangels nach Ablauf der Begründungsfrist nicht mehr möglich war (vgl. BGH, Beschluss vom 5. November 1987 aaO m.w.N.).
12
2. Das Berufungsgericht hat das Recht der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht dadurch verletzt, dass es ihren Vortrag in ihrem Schriftsatz vom 31. August 2011 und die beigefügte eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwältin U. nicht berücksichtigt hat. Es musste nicht, wie die Beschwerde meint, in der Zeit zwischen dem Eingang der Berufungsbegründung und dem Ablauf der bis zum 12. Mai 2011 verlängerten Berufungsbegründungsfrist die Klägerin auf die Bedenken hinsichtlich der Unterschrift hinweisen.
13
Im Interesse der Funktionsfähigkeit der Justiz sind der gerichtlichen Fürsorgepflicht enge Grenzen gesetzt. Nur unter besonderen Umständen kann ein Gericht gehalten sein, einer drohenden Fristversäumnis seitens der Partei entgegenzuwirken. So darf es nicht sehenden Auges zuwarten, bis die Partei Rechtsnachteile erleidet (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2004 - VI ZB 9/04, VersR 2005, 136 unter 2 a m.w.N.). So liegt der Fall hier nicht. Das Berufungsgericht hatte vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist nicht bemerkt, dass die Berufungsbegründung nicht ordnungsgemäß unterzeichnet war, und somit nicht sehenden Auges die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist in Kauf genommen. Indem das Berufungsgericht am 28. April 2011 der Beklagten eine Frist zur Erwiderung auf die Berufungsbegründung gesetzt und die Prozessbevollmächtigten der Parteien darüber informiert hatte, dass am 24. Juni 2011 über die Sache beraten werde, hat es der Klägerin nicht das Vertrauen vermittelt, zumindest die Prozessvoraussetzungen seien in Ordnung.

14
Im Hinblick auf den übrigen Geschäftsanfall ist es nicht zu beanstanden , wenn der Richter erst bei Bearbeitung des Falles und damit nach Ablauf der Fristen die Zulässigkeit der Berufung und dabei auch die Einhaltung der Form überprüft (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2004 aaO). Allerdings gebietet es die gerichtliche Fürsorgepflicht, die Partei auf einen leicht erkennbaren Formmangel - wie das vollständige Fehlen einer zur Fristwahrung erforderlichen Unterschrift - hinzuweisen und ihr gegebenenfalls Gelegenheit zu geben, den Fehler fristgerecht zu beheben (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - VI ZB 37/08, VersR 2009, 699 Rn. 10; BVerfG VersR 2004, 1585). Ein offensichtlicher formaler Mangel war die hier in Rede stehende Unterzeichnung "i.A." nicht, weil sie anders als eine gänzlich fehlende Unterschrift nicht sogleich auffallen musste und zudem weitere Gesichtspunkte - wie die Zugehörigkeit des Unterzeichners zur Sozietät - zu prüfen waren.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Aachen, Entscheidung vom 11.02.2011- 9 O 247/10 -
OLG Köln, Entscheidung vom 09.09.2011 - 20 U 52/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 22/12
vom
25. September 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Unterzeichnet ein Rechtsanwalt eine Berufungsschrift mit dem Vermerk "i.A."
("im Auftrag"), ist dies unschädlich, wenn der Unterzeichnende als Sozietätsmitglied
zum Kreis der beim Berufungsgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten
des Berufungsklägers zählt (im Anschluss an BGH, Beschluss
vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, NJW 1993, 2056; Urteil vom 31. März 2003
- II ZR 192/02, NJW 2003, 2028; Beschlüsse vom 19. Juni 2007 - VI ZB
81/05, FamRZ 2007, 1638; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, juris).

b) Die Identität eines Rechtsanwalts, der eine Berufungsschrift mit dem Vermerk
"i.A." unterzeichnet hat, muss im Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist
nicht bereits in solcher Weise eindeutig geklärt sein, dass schon endgültige
Feststellungen zur Identität und zur Postulationsfähigkeit des Unterzeichners
getroffen werden können; maßgeblich ist insoweit der Erkenntnisstand
zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung (im
Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, juris; vom
26. Juli 2012 - III ZB 70/11, DB 2012, 2042).
BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - VIII ZB 22/12 - OLG Stuttgart
LG Heilbronn
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2012 durch
den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Milger, die Richter Dr. Achilles
und Dr. Schneider sowie die Richterin Dr. Fetzer

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 6. März 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: bis 20.000 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen Lieferung eines angeblich fehlerhaften Bodenbelags in Anspruch; die Beklagte verlangt widerklagend die Begleichung ausstehender Kaufpreisforderungen. Das Landgericht hat mit Schlussurteil vom 28. November 2011 die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage zur Zahlung von 3.849,17 € nebst Zinsen verurteilt. Gegen das am 1. Dezember 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch ihre - bereits in erster Instanz für sie tätig gewordenen - Prozessbevollmächtigten mit am 2. Januar 2012 per Telefax beim Oberlandesgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel vor Ab- lauf der bis zum 1. März 2012 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.
2
Die auf dem Briefbogen der Rechtsanwälte D. H. & Kollegen verfasste Berufungsschrift trägt am Ende die maschinenschriftliche Unterzeichnung : "(T. H. ) Rechtsanwalt"
3
Über diesen maschinenschriftlichen Angaben befindet sich handschriftlich die Abkürzung "i. A.", gefolgt von einer teilweise unleserlichen Unterschrift, die nicht von Rechtsanwalt H. stammt. Mit Verfügung vom 17. Januar 2012 hat das Oberlandesgericht mitgeteilt, es beabsichtige die Berufung als unzulässig zu verwerfen, weil die Berufungsschrift - wie das Kürzel "i.A." belege - nur von einem Erklärungsboten unterzeichnet worden sei. Die Klägerin hat daraufhin durch ihre Prozessbevollmächtigten mit am 30. Januar 2012 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz vortragen lassen, die handschriftliche Unterschrift stamme von der auf dem Briefkopf der Anwaltssozietät aufgeführten und ebenfalls mandatierten Rechtsanwältin E. S. . Sie macht geltend, der Zusatz "i.A." sei gemessen an § 130 Nr. 6 ZPO dann unschädlich , wenn - wie hier - eine mandatierte und postulationsfähige Rechtsanwältin die Berufungsschrift unterzeichnet habe. Zum Beleg dieses Vorbringens trägt der Schriftsatz sowohl die Unterschrift von Rechtsanwalt H. als auch die von Rechtsanwältin S. .
4
Das Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 6. März 2012 die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, mit der Verwendung des Zusatzes "i.A." gebe der Unterzeichnende nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zu erkennen, dass er nicht - wie nach § 130 Nr. 6, § 519 Abs. 4 ZPO gefordert - die Verantwortung für den Inhalt der Berufungsschrift übernehme; vielmehr trete er nur als Erklärungsbote auf. So verhalte es sich auch im Streitfall. Zwar sei die Verwendung des Kürzels "i.A." dann unschädlich, wenn der unterzeichnende Rechtsanwalt zum Kreis der beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwälte zähle und unmittelbar in Ausführung des ihm erteilten Mandats tätig werde. Dies setze jedoch voraus, dass entsprechende Feststellungen vor Ablauf der Rechtsmittelfrist getroffen werden könnten. Daran fehle es hier. Die maschinenschriftlichen Angaben seien auf Rechtsanwalt H. bezogen, der den Schriftsatz nicht unterzeichnet habe. Es fehle eine klarstellende Erläuterung, dass der Schriftzug einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin und nicht einer dritten Person - etwa einer Büroangestellten - zuzuordnen sei. Auch den beigefügten beglaubigten Abschriften des Berufungsschriftsatzes ließen sich keine Hinweise auf die Identität des Unterzeichners entnehmen.
5
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

6
Die frist- und formgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gefordert ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die angefochtene Entscheidung verletzt das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfG, NJW-RR 2002, 1004 mwN; Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775 unter II 1; vom 9. Februar 2010 - VIII ZB 67/09, juris Rn. 7; BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086 unter B II 1 d bb; Beschluss vom 14. Februar 2006 - VI ZB 44/05, NJW 2006, 1521 Rn. 5 mwN). Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die nach § 519 Abs. 4, § 130 Nr. 6 ZPO erforderliche Unterschrift eines Rechtsanwalts in einer mit den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen nicht mehr vereinbaren Weise überspannt und dadurch der Klägerin den Zugang zur Rechtsmittelinstanz unzulässig verwehrt.
8
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Berufungsgericht durfte das Rechtsmittel der Klägerin nicht gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO mit der Begründung als unzulässig verwerfen, die Berufungsschrift sei nicht ordnungsgemäß unterzeichnet worden.
9
a) Nach ständiger Rechtsprechung muss die Berufungsschrift als bestimmender Schriftsatz die Unterschrift des für sie verantwortlich Zeichnenden tragen (BGH, Beschlüsse vom 4. Oktober 1984 - VII ZR 342/83, BGHZ 92, 251, 254 ff.; vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07, NJW 2008, 2508 Rn. 9; vom 9. Dezember 2010 - IX ZB 60/10, juris Rn. 4 mwN). Die Unterschrift soll die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die Verantwortung für den Schriftsatz zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (BGH, Beschlüsse vom 22. November 2005 - VI ZB 75/04, VersR 2006, 387 Rn. 5; vom 9. Dezember 2010 - IX ZB 60/10, aaO; vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, juris Rn. 6; vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, juris Rn. 7; jeweils mwN). Für den Anwaltsprozess bedeutet dies, dass die Berufung von einem dazu bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfasst, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein muss (vgl. [jeweils zur Berufungsbegründung] BGH, Urteile vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, NJW 2003, 2028 unter II 1; vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, aaO unter B II 1 a; Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO; jeweils mwN).
10
b) Gemessen an diesen Vorgaben genügt die mit dem Kürzel "i.A." versehene handschriftliche Unterschrift auf der Berufungsschrift vom 2. Januar 2012 entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts den Anforderungen an eine wirksame Unterzeichnung.
11
aa) Dem Berufungsgericht ist zwar darin beizupflichten, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung in den Fällen, in denen der Unterzeichner einer Rechtsmittelschrift seine Unterschrift mit dem Zusatz "i.A." versieht, grundsätzlich nicht von einer dafür erforderlichen Übernahme der Verantwortung des Unterzeichners für den Inhalt der Rechtsmittelschrift ausgeht, weil der Unterzeichnende damit zu erkennen gibt, dass er dem Gericht gegenüber nur als Erklärungsbote auftritt (BGH, Beschlüsse vom 5. November 1987 - V ZR 139/87, NJW 1988, 210; vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, NJW 1993, 2056 unter II 1; Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, aaO unter II 2; Beschlüsse vom 19. Juni 2007 - VI ZB 81/05, FamRZ 2007, 1638 Rn. 4; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, juris Rn. 8; vgl. ferner BAG, DB 1967, 1904).
12
bb) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist allerdings - wovon auch das Berufungsgericht ausgeht - anerkannt, dass eine mit dem Zusatz "i.A." versehene eigenhändige Unterschrift dann den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Unterzeichnung eines Rechtsmittelschriftsatzes genügt, wenn die auf diese Weise erfolgte Unterschrift von einem Rechtsanwalt stammt, der als Mitglied der mandatierten Anwaltssozietät ebenfalls zum Kreis der Prozessbevollmächtigten zählt (BGH, Beschlüsse vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, aaO unter II 2; vom 19. Juni 2007 - VI ZB 81/05, aaO Rn. 5; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, aaO Rn. 9). In einem solchen Fall muss angenommen werden, dass der mit dem Zusatz "i.A." unterzeichnende Rechtsanwalt nicht lediglich in Wahrnehmung des sozietätsinternen Innenverhältnisses zu dem eigentlichen Sachbearbeiter, sondern zumindest auch in Ausführung des ihm selbst erteilten Mandats tätig geworden ist (BGH, Beschlüsse vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, aaO; vom 19. Juni 2007 - VI ZB 81/05, aaO; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, aaO). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
13
Die Unterschrift stammt - was durch den nach Ablauf der Berufungsfrist eingegangenen Schriftsatz vom 24. Januar 2012 belegt und auch vom Berufungsgericht nicht in Zweifel gezogen wird - von der auf dem Briefkopf der Anwaltssozietät D. · H. & Kollegen aufgeführten Rechtsanwältin E. S. , die allgemein zugelassen und damit auch vor dem Berufungsgericht postulationsfähig ist. Die Klägerin hat unwiderlegt mit Schriftsatz vom 24. Januar 2012 vorgetragen, dass sie alle Sozietätsmitglieder - auch die auf dem Briefkopf der Kanzlei als Sozia ausgewiesene Rechtsanwältin S. - mit der Einlegung der Berufung beauftragt hatte.
14
cc) Anders als das Berufungsgericht meint, steht einer wirksamen Einlegung der Berufung nicht entgegen, dass zum Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist dem Berufungsgericht noch nicht positiv bekannt war, dass die mit dem Zusatz "i.A." versehene eigenhändige Unterschrift von einer Rechtsanwältin stammte, die zum Kreis der Prozessbevollmächtigten der Berufungsführerin zählte. Zwar sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung bei der Prü- fung der Frage, ob ein Rechtsmittelschriftsatz von einem postulationsfähigen Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist, nur solche Umstände zu berücksichtigen , die dem Rechtsmittelgericht bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist bekannt geworden sind (BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, aaO unter B II 1 d cc; Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO Rn. 6). Bei Ablauf der Berufungsfrist war für das Berufungsgericht jedoch hinreichend erkennbar, dass die Berufung von Rechtsanwältin S. als Sozietätsmitglied unterzeichnet worden war. Der Senat kann die Prüfung der für das Vorliegen einer ausreichenden Unterschrift erforderlichen Merkmale selbständig und ohne Bindung an die Ausführungen des Berufungsgerichts vornehmen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775 unter II 2 b mwN; vom 9. Februar 2010 - VIII ZB 67/09, juris Rn. 11). Bei Anlegung des gebotenen großzügigen Maßstabs lässt sich die handschriftliche Unterschrift der auf dem Briefkopf der Kanzlei aufgeführten Rechtsanwältin E. S. zuordnen.
15
(1) Zwar lassen sich dem maschinenschriftlichen Zusatz "(T. H.) Rechtsanwalt" noch keine Hinweise darauf entnehmen, dass ein Rechtsanwalt die Berufungsschrift unterzeichnet hat. Denn durch den handschriftlichen Zusatz "i.A." ist klargestellt, dass die handschriftliche Unterschrift nicht von Rechtsanwalt H. stammt, auf den sich die maschinenschriftlichen Ergänzungen beziehen. Zusätzliche Erläuterungen, die klarstellen, dass auch die Unterzeichnerin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist, fehlen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO Rn. 8).
16
(2) Es lässt sich jedoch aus anderen Umständen hinreichend entnehmen , dass die Unterschrift durch eine Sozietätskollegin des sachbearbeitenden Rechtsanwalts erfolgt ist (zur Bedeutung weiterer Umstände vgl. BGH, Beschluss vom 22. November 2005 - VI ZB 75/04, aaO Rn. 7). Anders als in dem vom IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschiedenen Fall (Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO) trägt der Briefkopf der Berufungsschrift nicht nur den Namen eines Rechtsanwalts. Vielmehr sind auf dem Briefkopf insgesamt 17 aktive Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen aufgeführt, darunter auch Rechtsanwältin E. S. . Dass bei einer solchen Kanzlei alle 17 Rechtsanwälte verhindert sein könnten und daher die Kanzleikraft V. den Schriftsatz unterzeichnet haben könnte, ist mehr als fernliegend. Hinzu kommt, dass es sich bei der Berufungsschrift um einen bestimmenden Schriftsatz handelt , der - was zu dem Grundwissen einer Kanzleikraft gehört - zwingend von einem zugelassenen Rechtsanwalt zu unterschreiben ist und nicht - wie dies bei vorbereitenden Schriftsätzen zulässig ist - im Verhinderungsfall vom Büropersonal unterzeichnet werden darf. Außerdem lässt sich - wie die Beschwerdebegründung zutreffend hervorhebt - die handschriftliche Unterschrift trotz ihrer teilweisen Unleserlichkeit zumindest dahin entziffern, dass in ihr zwei Großbuchstaben enthalten sind, von denen der erste einem "E", einem "T" oder einem "G" ähnelt und der zweite ein "S" oder ein "G" darstellt. Durch die Verwendung von zwei Großbuchstaben steht fest, dass es sich um eine Unterzeichnung mit Vor- und Nachnamen handelt. Da der Nachname mit "S" oder "G" beginnt , ist auszuschließen, dass die unter der Rubrik "Sekretariat" aufgeführte Frau V. den Schriftsatz unterzeichnet hat. Weiter ist der Unterschrift zu entnehmen , dass der mit "S" oder "G" beginnende Nachname mehrere Buchstaben aufweist und mit einem "f" oder "t" ausläuft. Der Schriftzug genügt damit den generellen Anforderungen an eine Unterschrift, weil er individuelle und charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005, aaO, unter II 2 a; vom 9. Februar 2010 - VIII ZB 67/09, aaO Rn. 10; jeweils mwN). Weiter zeigt ein Vergleich mit den auf dem Briefkopf aufgeführten Rechtsanwäl- ten und Rechtsanwältinnen, dass sich der Namenszug bei angemessen großzügiger Betrachtung Frau Rechtsanwältin E. S. zuordnen lässt.
17
(3) Dass die Unterschrift bei Ablauf der Berufungsfrist einer auf dem Briefkopf aufgeführten Rechtsanwältin zugeordnet werden konnte, ist ausreichend. Nicht erforderlich ist dagegen, dass zu diesem Zeitpunkt schon Gewissheit über die Urheberschaft bestand. Denn die Identität eines Rechtsanwalts, der die Rechtsmittelschrift unterzeichnet hat, muss im Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist nicht bereits in solcher Weise eindeutig geklärt sein, dass schon endgültige Feststellungen zur Identität und zur Postulationsfähigkeit des Unterzeichners getroffen werden können (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, aaO Rn. 10 ff. zur Unterzeichnung einer Berufungsbegründung in Vertretung eines anderen Rechtsanwalts; vom 26. Juli 2012 - III ZB 70/11, DB 2012, 2042 Rn. 9 f. zur Unterzeichnung mit dem Vermerk "nach Diktat verreist"; vgl. auch Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO Rn. 10). Maßgeblich ist insoweit der Erkenntnisstand zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung oder - bei einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren - der Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Ver- handlung entspricht (BGH, Beschlüsse vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, aaO Rn. 11; vom 26. Juli 2012 - III ZB 70/11, aaO Rn. 10). Ball Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer
Vorinstanzen:
LG Heilbronn, Entscheidung vom 28.11.2011 - 5 O 52/11 Pe -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 06.03.2012 - 19 U 1/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 398/04 Verkündet am:
11. Oktober 2005
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________

a) Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Berufungsklägers in der Berufungsschrift
ist nicht Zulässigkeitsvoraussetzung der Berufung (im Anschluss an
BGHZ 102, 332).

b) Die Postulationsfähigkeit eines Rechtsanwalts bei einem Gericht ist Prozesshandlungsvoraussetzung
und muss im Zeitpunkt der Vornahme der Prozesshandlung
gegeben sein.

c) Anders als im Fall des Fehlens einer Unterschrift des Prozessbevollmächtigten
unter einer Berufungs- oder Berufungsbegründungsschrift und der Prüfung, ob
Umstände im Zusammenhang mit der Übermittlung dieses Schriftsatzes eine
der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft des Prozessbevollmächtigten
sowie seinen Willen ergeben, für den Inhalt die Verantwortung
zu übernehmen und ihn bei Gericht einzureichen, müssen die Rechtsmittelvoraussetzungen
, wenn das Berufungsgericht die Berufung nicht durch Beschluss
gemäß § 522 Abs. 1 Satz 3 ZPO als unzulässig verwirft, sondern aufgrund
mündlicher Verhandlung entscheidet, - erst - nach dem Erkenntnisstand am
Schluss dieser mündlichen Verhandlung gegeben sein.
BGH, Urteil vom 11. Oktober 2005 - XI ZR 398/04 - OLG München
LG München II
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe,
die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 28. Oktober 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Be rufung. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
2
Durch Urteil vom 26. Mai 2004 hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 86.528,46 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Berufungsschrift des Prozessbevollmächtigten der Beklagten, dem das Urteil zugestellt worden ist, enthält keine Anschrift der Beklagten. Am Ende ist links neben der mit der Bezeichnung "Rechtsanwalt" versehenen maschinenschriftlichen Wiedergabe des Vor- und Nachnamens des Prozessbevollmächtigten handschriftlich das Wort "Für" angebracht. Rechts neben diesem Namen ist die Berufungsschrift mit der handschriftlichen Bezeichnung "RA" sowie mit dem Namenszug "S. " versehen. Darunter ist in Klammern handschriftlich "zugelassen am OLG B. " vermerkt. In entsprechender Weise ist auch die Berufungsbegründung unterzeichnet.
3
Nachdem der Vorsitzende des Berufungsgerichts auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung hingewiesen hatte, weil ein "RA S. " im Briefkopf des Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht genannt sei und sich auch nicht anhand des Anwaltsverzeichnisses der RechtsanwaltskammerB. individualisieren lasse, erklärte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten am 25. Oktober 2004, die Berufungsschrift und die weiteren Schriftsätze seien von Rechtsanwalt M. S. unterzeichnet worden. Zugleich teilte er als letzte bekannte Adresse der Beklagten eine Anschrift in der Schweiz mit.
4
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagt en als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich ihre - vom Berufungsgericht zugelassene - Revision.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebun g des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Ent scheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Der Berufung der Beklagten fehle das Rechtsschutzb edürfnis, weil sie durch Nichtangabe ihrer ladungsfähigen Anschrift zu erkennen gegeben habe, an dem Berufungsverfahren kein Interesse zu haben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne auch dann, wenn der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten sei, auf die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift in der Klageschrift nicht verzichtet werden. Sonst fehle es an einer ordnungsgemäßen Klageerhebung. Nichts anderes könne für einen Berufungskläger gelten. Mangels Angabe einer ladungsfähigen Anschrift der Beklagten sei ihr Rechtsschutzbegehren unzulässig.
8
Überdies fehle es, ohne dass es darauf noch ankomm e, an einer formwirksamen Unterzeichnung der Berufungsschrift. Bereits die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung sei nicht hinreichend erkennbar, da zumindest die ernsthafte Möglichkeit bestehe, dass es sich nur um eine - noch zu unterzeichnende - Namensnennung handele. Außerdem sei eine Individualisierung des die Berufungsschrift unterzeichnenden Rechtsanwalts erforderlich. Wenn dieser - wie hier - nicht im Briefkopf genannt sei, habe er seinen vollständigen Namen und seine Kanzleianschrift anzugeben.

II.


9
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zu Unrecht ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Berufung der Beklagten unzulässig sei, weil ihre ladungsfähige Anschrift in der Berufungsschrift nicht angegeben und bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht mitgeteilt worden sei (1.). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann auch keine Rede davon sein, die Berufungsund die Berufungsbegründungsschrift seien nicht ordnungsgemäß unterzeichnet (2.).
10
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 65, 114, 117) und des Bundesarbeitsgerichts (NJW 1987, 1356 f.) ist eine Rechtsmittelschrift auch dann ordnungsgemäß, wenn sie die ladungsfähige Anschrift des Rechtsmittelbeklagten oder seines Prozessbevollmächtigten nicht enthält, obgleich dadurch die alsbaldige Zustellung nach § 521 Abs. 1 ZPO erschwert wird. Entsprechendes gilt nach - soweit ersichtlich - einhelliger Meinung, wenn in der Rechtsmittelschrift die ladungsfähige Anschrift des Berufungsklägers fehlt (BGHZ 102, 332, 333 f.; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO 25. Aufl. § 519 Rdn. 30a; Musielak/ Ball, ZPO 4. Aufl. § 519 Rdn. 6; MünchKommZPO/Rimmelspacher, 2. Aufl. Aktualisierungsband § 519 Rdn. 15; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO 63. Aufl. § 519 Rdn. 25; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 21. Aufl. § 518 Rdn. 18; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht 15. Aufl. S. 821). Der in § 519 Abs. 4 ZPO enthaltene Verweis auf - unter anderem - die Sollvorschrift des § 130 Nr. 1 ZPO ändert nichts.
11
a) Der Hinweis des Berufungsgerichts, ohne Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers liege grundsätzlich keine ordnungsgemäße Klageerhebung im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 i.V. mit § 130 Nr. 1 ZPO vor (BGHZ 102, 332, 336; BGH, Urteil vom 17. März 2004 - VIII ZR 107/02, WM 2004, 2325, 2326), entsprechendes müsse für eine Berufung ohne Angabe der Anschrift des Berufungsklägers gelten, geht fehl. Bei einer Klage gibt der Kläger, wenn er nicht triftige Gründe für die Vorenthaltung seiner Adresse anführen kann, zu erkennen, dass er den Prozess aus dem Verborgenen führen will, um sich einer möglichen Kostenpflicht zu entziehen; dies wäre rechtsmissbräuchlich (BGHZ 102, 332, 336). Diese Grundsätze lassen sich auf den hier vorliegenden Fall nicht übertragen. Die Einlegung der Berufung ohne Angabe einer ladungsfähigen Anschrift der Beklagten als Berufungsklägerin rechtfertigt grundsätzlich nicht die Annahme, sie wolle fortan das Verfahren aus dem Verborgenen führen, um sich einer möglichen Kostenpflicht zu entziehen.
12
Für ein solches rechtsmissbräuchliches Verhalten d er Beklagten bietet der Sachverhalt keine Anhaltspunkte. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat mit Schriftsatz vom 8. September 2004 erklärt, dass mit dieser noch nicht habe Rücksprache gehalten werden können, weil sie umgezogen sei. Am 25. Oktober 2004 hat er die letzte bekannte Anschrift der Beklagten in der Schweiz mitgeteilt und in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass ein Nachforschungsantrag noch nicht abschließend beantwortet worden sei. Daraus ergibt sich lediglich, dass der Prozessbevollmächtigte seit Einlegung der Berufung keinen Kontakt zur Beklagten hatte. Dies rechtfertigt nicht die Annahme, dass die Beklagte das Verfahren fortan aus dem Verborgenen führen wolle, um sich einer etwaigen Kostenpflicht zu entziehen. Insbesondere ergibt sich daraus nicht, dass sich die Beklagte - wie in dem der Entscheidung BGHZ 102, 332 zugrunde liegenden Sachverhalt - bewusst geweigert hätte, ihre ladungsfähige Anschrift anzugeben.
13
b) Auch die Erwägung des Berufungsgerichts, die An gabe der ladungsfähigen Anschrift des Berufungsklägers sei im Hinblick auf eine mögliche Anordnung seines persönlichen Erscheinens erforderlich, rechtfertigt nicht die Verwerfung der Berufung als unzulässig. Das Ausbleiben einer Partei, deren persönliches Erscheinen mangels ladungsfähiger Anschrift nicht angeordnet (§ 141 Abs. 2 ZPO) werden kann, steht einer Fortführung des Verfahrens nicht entgegen. Für den Gegner ergeben sich daraus keine nachteiligen Folgen. Bei einer angeordneten Parteivernehmung nach §§ 445 ff. ZPO bleibt es dem Gericht, auch wenn die Sanktionen der §§ 446, 454 ZPO mangels ordnungsgemäßer Ladung (§ 450 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZPO) nicht eingreifen können, unbenommen, aus der Vorenthaltung einer ladungsfähigen Anschrift unter Heranziehung des allgemeinen Gesichtspunktes einer Beweisvereitelung Schlüsse zum Nachteil der Partei zu ziehen (BGH, Urteil vom 17. März 2004 - VIII ZR 107/02, WM 2004, 2325, 2326). Selbst wenn die Partei erschienen wäre, ließe sich ohnehin weder eine persönliche Erklärung nach § 141 ZPO noch eine Aussage im Rahmen einer vom Gericht angeordneten Parteivernehmung erzwingen.
14
c) Rechtsirrig ist auch die Auffassung des Berufun gsgerichts, der Berufung der Beklagten fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil sie durch Nichtangabe ihrer ladungsfähigen Anschrift zu erkennen gegeben habe, an dem Berufungsverfahren kein Interesse zu haben. Regelmäßig ergibt bereits die Beschwer das Rechtsschutzbedürfnis für die Anrufung der höheren Instanz (BGHZ 50, 261, 263; BGH, Urteil vom 16. Januar 1997 - IX ZR 220/96, NJW 1997, 1445). Nur ausnahmsweise kann es daran fehlen, wenn eine unnötige, zweckwidrige oder missbräuchliche Beschreitung des vom Gesetz vorgesehenen Rechtsmittelweges anzunehmen ist (BGHZ 57, 224, 225). Davon kann, wenn es die Rechtsmittelklägerin - wie hier - lediglich versäumt hat, nach einem Umzug ihrem Prozessbevollmächtigten die neue Anschrift mitzuteilen, keine Rede sein.
15
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts f ehlt es bei der Berufungs- und bei der Berufungsbegründungsschrift auch nicht an dem Erfordernis einer ordnungsgemäßen Unterschrift eines beim Berufungsgericht postulationsfähigen Rechtsanwalts (vgl. dazu Senat, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086, 2087; BGH, Beschluss vom 23. Juni 2005 - V ZB 45/04, NJW 2005, 2709 jeweils m.w.Nachw.).
16
a) Was unter einer "Unterschrift" zu verstehen ist , ergibt sich aus dem Sprachgebrauch und dem Zweck der Formvorschrift. Eine Unterschrift setzt danach einen die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden individuellen Schriftzug voraus, der sich - ohne lesbar sein zu müssen - als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt (vgl. BGH, Urteile vom 22. Oktober 1993 - V ZR 112/92, NJW 1994, 55 und vom 18. Januar 1996 - III ZR 73/95, NJW 1996, 997; Beschluss vom 29. Januar 1997 - XII ZB 11/97, aaO; Urteil vom 10. Juli 1997 - IX ZR 24/97, NJW 1997, 3380, 3381).
17
Diesen Anforderungen genügen die Unterschriften de s Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf der Berufungs- und der Berufungsbegründungsschrift. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, die der uneingeschränkten Überprüfung durch den Bundesgerichtshof unterliegt (BGH, Urteil vom 24. Juli 2001 - VIII ZR 58/01, NJW 2001, 2888), handelt es sich hierbei nicht um eine bloße - noch zu unterschreibende - Namensnennung. Soweit die Wiedergabe des Namens eines Prozessbevollmächtigten unter einem Anwaltsschriftsatz nicht maschinenschriftlich erfolgt, wird sie üblicherweise handschriftlich in Druckbuchstaben oder mit einer gut lesbaren Handschrift vorgenommen. Beides trifft auf den hier in Rede stehenden Namenszug nicht zu. Zwar sind die handschriftlich ausgeführten Buchstaben "Sch" am Anfang und die Buchstaben "dt" am Schluss lesbar. Dazwischen befindet sich jedoch lediglich ein im Wesentlichen waagerecht verlaufender Strich, über dessen Ende ein Punkt angebracht ist. Diese charakteristischen Merkmale verleihen dem Namenszug "S. " den Charakter eines individuellen Schriftzuges und damit einer "Unterschrift" im Sinne des § 130 Nr. 6 ZPO.
18
b) Zu Unrecht ist das Berufungsgericht auch der Au ffassung, wenn der unterzeichnende Rechtsanwalt - wie hier - nicht im Briefkopf der Berufungsschrift genannt sei, habe er seinen vollständigen Namen und seine Kanzleiadresse anzugeben. Ebenso wenig wie die Einlegung einer Berufung nicht deswegen unwirksam ist, weil die Berufungsschrift nicht die ladungsfähige Anschrift des Prozessbevollmächtigten des Berufungsbeklagten enthält (BGHZ 65, 114, 116), hängt die Wirksamkeit der Berufungsschrift von der Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Prozessbevollmächtigten des Berufungsklägers ab (Musielak/Ball, aaO, § 519 Rdn. 6). Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts, nur so sei sichergestellt, dass der Rechtsanwalt für das Gericht auch jederzeit erreichbar sei, ist für einen Fall wie hier nicht nachvollziehbar. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hatte sowohl die Berufungsschrift als auch die Berufungsbegründungsschrift "für" Rechtsanwalt F. , dessen Kanzleiadresse jeweils im Briefkopf angegeben war, unterzeichnet. Damit handelte er erkennbar als dessen Unterbevollmächtigter (vgl. BAG NJW 1990, 2706). Das ist, jedenfalls wenn - wie hier - auch der Unterbevollmächtigte bei einem Oberlandesgericht zugelassen und deshalb vor dem Berufungsgericht postulationsfähig ist (§ 78 Abs. 1 Satz 2 ZPO), unbedenklich.
19
c) Die Auffassung des Berufungsgerichts, da nach d em Anwaltsverzeichnis der Rechtsanwaltskammer B. beim dortigen Oberlandesgericht zwei Rechtsanwälte mit dem Namen "S. " zugelassen seien, sei eine Individualisierung des die Berufungsschrift unterzeichnenden Rechtsanwalts vor Ablauf der Berufungsfrist objektiv nicht möglich gewesen, überspannt die formalen Anforderungen an die Einlegung eines Rechtsmittels. Ein Rechtsanwalt hat die seine Postulationsfähigkeit begründende Zulassung bei einem Gericht weder bei der Einlegung noch bei der Begründung einer Berufung nachzuweisen oder auch nur glaubhaft zu machen. Die Postulationsfähigkeit eines Rechtsanwalts bei einem Gericht ist Prozesshandlungsvoraussetzung (Zöller/Vollkommer , ZPO 25. Aufl. § 78 Rdn. 3) und muss im Zeitpunkt der Vornahme der Prozesshandlung gegeben sein (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Oktober 1989 - IVa ZB 15/89, NJW 1990, 1305 und vom 30. Juni 1992 - VI ZB 15/92, NJW 1992, 2706). Wenn sich bei Prüfung der Zulässigkeit der Berufung nach § 522 Abs. 1 ZPO Zweifel an der Postulationsfähigkeit des Rechtsanwalts ergeben, hat das Berufungsgericht von Amts wegen entsprechende Feststellungen zu treffen (BGH, Beschluss vom 30. Juni 1992 - VI ZB 15/92, NJW 1992, 2706). Anders als im Fall des Fehlens einer Unterschrift des Prozessbevollmächtigten unter einer Berufungs - oder Berufungsbegründungsschrift und der Prüfung, ob Umstände im Zusammenhang mit der Übermittlung dieses Schriftsatzes eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft des Prozessbevollmächtigten sowie seinen Willen ergeben, für den Inhalt die Verantwortung zu übernehmen und ihn bei Gericht einzureichen (vgl. Senatsurteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086, 2088), müssen die Rechtsmittelvoraussetzungen, wenn das Berufungsgericht - wie hier - die Berufung nicht durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 1 Satz 3 ZPO als unzulässig verwirft, sondern aufgrund mündlicher Verhandlung entscheidet, - erst - nach dem Erkenntnisstand am Schluss dieser mündlichen Verhandlung gegeben sein (BGHZ 91, 105, 115; MünchKommZPO/Rimmelspacher, aaO § 522 Rdn. 4; Stein/Jonas/ Grunsky, aaO Allgemeine Einleitung vor § 511 Rdn. 16).
20
Hier waren Zweifel an der Postulationsfähigkeit de s Prozessbevollmächtigten der Beklagten jedenfalls im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 28. Oktober 2004 nicht mehr begründet. Der Unterbevollmächtigte der Beklagten hatte bereits am 25. Oktober 2004 seinen vollständigen Namen mit "M. S. " mitgeteilt. Aus dem vom Berufungsgericht herangezogenen Anwaltsverzeichnis ergibt sich, dass ein Rechtsanwalt dieses Namens beim Ober- landesgericht B. zugelassen ist. Damit war er auch beim Berufungsgericht postulationsfähig (§ 78 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

III.


21
Nach alledem waren das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Nobbe Müller Joeres Wassermann Mayen

Vorinstanzen:
LG München II, Entscheidung vom 26.05.2004 - 4 O 5117/01 -
OLG München, Entscheidung vom 28.10.2004 - 19 U 3717/04 -

Tatbestand

1

Die Klägerin zu 1 betreibt in der Rechtsform der Aktiengesellschaft einen Großteil der Eisenbahnschienenwege in Deutschland. Ihre Gesellschaftsanteile werden von der Klägerin zu 2 gehalten, an die sie auch durch einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag gebunden ist. Die Klägerin zu 2 ist ebenfalls eine Aktiengesellschaft, deren Aktien die beklagte Bundesrepublik Deutschland hält. Zu ihrem Konzern gehören neben der Klägerin zu 1 auch verschiedene Eisenbahnverkehrsunternehmen. Für ihre Konzerntöchter hält sie verschiedene zentrale Servicefunktionen vor, die von diesen durch eine Konzernumlage finanziert werden. Dazu zählt eine zentrale Rechtsabteilung, in der etwa 160 Juristen - im Folgenden: Konzernjuristen - beschäftigt sind, die überwiegend auch als Rechtsanwälte zugelassen sind. Diese berät und vertritt alle Gesellschaften des Konzerns, so auch die Klägerin zu 1, namentlich in Regulierungssachen gegenüber der Bundesnetzagentur und anderen Stellen.

2

Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit der Inanspruchnahme dieser Dienste durch die Klägerin zu 1 in Angelegenheiten, die die Zuweisung von Zugtrassen und die Wegeentgelte betreffen. Anlass hierzu bot der Erlass von § 9a AEG im Jahre 2005, der in Umsetzung europarechtlicher Richtlinien die Unabhängigkeit der Betreiber von Schienenwegen von Eisenbahnverkehrsunternehmen in netzzugangsrelevanten Entscheidungen sicherzustellen sucht.

3

Die Klägerinnen haben auf die Neuregelung mit verschiedenen organisatorischen Maßnahmen reagiert. Im Mai 2005 haben sie ihren Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag dahin geändert, dass von dem Weisungsrecht der Klägerin zu 2 die Unabhängigkeit der Klägerin zu 1 in netzzugangs- und entgeltrelevanten Fragen unberührt bleibe. Zugleich bestimmte die Klägerin zu 1, dass Vorstandsmitglieder, die auch Funktionen in Eisenbahnverkehrsunternehmen ausübten, von Entscheidungen in Netzzugangs- und Entgeltfragen ausgeschlossen seien. Die Klägerin zu 2 bildete in der konzernzentralen Rechtsabteilung (GR) in der Unterabteilung "Regulierungs-, Wettbewerbs- und Kartellrecht" (GRK) ein eigenständiges Arbeitsgebiet "Regulierung" (GRK R, später GRK 1 bzw. ARK 1), das aus sieben Juristen besteht und mit der umfassenden und ausschließlichen Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Eisenbahninfrastrukturunternehmen des Konzerns, darunter vor allem der Klägerin zu 1, gegenüber der Bundesnetzagentur und anderen staatlichen Stellen in sämtlichen Netzzugangs- und Regulierungsverfahren betraut ist. Die Juristen dieses Arbeitsgebiets unterstehen dem Direktionsrecht des Leiters der Unterabteilung GRK. Nach einer Arbeitsanweisung ist ihnen nicht gestattet, in ihrem Arbeitsgebiet Eisenbahnverkehrsunternehmen zu beraten oder zu vertreten oder deren Interessen wahrzunehmen; Informationen haben sie vertraulich zu behandeln. Innerhalb der Klägerin zu 1 sind die Aufgaben betreffend Netzzugang und Wegeentgelte dem Vorstandsressort "Marketing/Vertrieb (I.NM)" zugewiesen. Operative Entscheidungen werden dezentral von den regionalen Niederlassungen getroffen. Ihnen ist die zentrale Organisationseinheit "Grundsätze Netzzugang/Regulierung" (I.NMN) vorgeordnet, die mit fünf Mitarbeitern besetzt ist, davon zwei Juristen. Zu ihren Aufgaben gehört es, in Abstimmung mit der zuständigen Konzernrechtsabteilung über die Einlegung von Rechtsbehelfen gegen Maßnahmen der Aufsichts- und Regulierungsbehörden zu entscheiden. Die Erarbeitung von Entgeltgrundsätzen obliegt der zentralen Organisationseinheit "Marketing/Preispolitik" (I.NMM), deren Mitarbeiter nach einer internen Konzernrichtlinie keinerlei Einflussnahmen Dritter außerhalb der Klägerin zu 1 zulassen dürfen. Schließlich bestellte die Klägerin zu 1 einen Unabhängigkeitsbeauftragten.

4

Mit Bescheid vom 24. November 2006 untersagte das Eisenbahn-Bundesamt der Klägerin zu 1, bei Entscheidungen über den Netzfahrplan, bei der sonstigen Zuweisung von Zugtrassen und bei Entscheidungen über die Wegeentgelte nebst der Vorbereitung dieser Entscheidungen Juristen der Klägerin zu 2 mit der Rechtsberatung oder Rechtsvertretung zu beauftragen, und verpflichtete sie, die damit angeordnete Umorganisation ihrer rechtlichen Beratung und Vertretung unverzüglich anzuzeigen. Zur Begründung hieß es: Seit 2005 seien öffentliche Betreiber der Schienenwege gesetzlich verpflichtet, rechtlich, organisatorisch und in ihren Entscheidungen von Eisenbahnverkehrsunternehmen unabhängig zu sein, soweit Entscheidungen über die Zuweisung von Zugtrassen und über die Wegeentgelte betroffen seien. Zum einen dürften derartige Entscheidungen nur von dem Personal des Betreibers der Schienenwege getroffen werden, das keine Funktionen in Eisenbahnverkehrsunternehmen oder mit diesen verbundenen Unternehmen ausübe (§ 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG); zum anderen müssten in Infrastrukturunternehmen, die über ein Mutterunternehmen mit einem Eisenbahnverkehrsunternehmen verbunden sind, unternehmensinterne Regelungen bestehen, die die Einflussnahme Dritter auf diese Entscheidungen unterbänden (§ 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG). Gegen beide Gebote verstoße die Klägerin zu 1, wenn sie - ohne eigene Rechtsabteilung - sich von Juristen der zentralen Rechtsabteilung ihrer Konzernmutter bei Fragen der Zuweisung von Zugtrassen und der Wegeentgelte beraten und vertreten lasse. Das personelle Trennungsgebot betreffe nicht nur Entscheidungen im operativen Geschäft, sondern schon jede Grundsatzentscheidung wie die Formulierung der "Schienennetz-Benutzungsbedingungen (SNB)", und nicht nur die Entscheidungen selbst, sondern auch deren Vorbereitung und erfasse deshalb auch die Beratung der Entscheidungsorgane der Klägerin zu 1 und deren Vertretung im Rechtsverkehr. Durch die Beauftragung von Juristen der Konzernmutter werde dieser und mittelbar auch den Konzernschwestern die Möglichkeit der Einflussnahme eröffnet, womit zugleich gegen das Gebot der Unterbindung derartiger Einflussnahmen verstoßen werde. Ob es tatsächlich zu Einflussnahmen der Konzernmutter gekommen sei, sei unerheblich, da im Interesse eines auch in den Augen der Wettbewerber und der Öffentlichkeit neutralen Netzbetreibers bereits die Möglichkeit der Einflussnahme unterbunden werden solle.

5

Die verfügte Untersagung sei auch erforderlich, um die gesetzlichen Anforderungen sicherzustellen, mildere Mittel seien nicht ersichtlich. Namentlich reichten die internen Organisationsregeln der Klägerinnen nicht aus. Der Beherrschungsvertrag zwischen den Klägerinnen sehe zwar vor, dass die Klägerin zu 2 der Klägerin zu 1 keine Weisungen erteile, die deren rechtlicher und organisatorischer Unabhängigkeit in Bezug auf Entscheidungen über die Zuweisung von Zugtrassen und die Wegeentgelte zuwiderliefen; er wiederhole damit aber lediglich den Gesetzeswortlaut. Dasselbe gelte für die Geschäftsordnung des Vorstandes der Klägerin zu 1, wonach Vorstandsmitglieder, die Funktionen in verbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmen ausübten, von der Beschlussfassung über Entscheidungen zu den in Rede stehenden Gegenständen ausgeschlossen seien. Auch die neuen - seinerzeit noch geplanten - Bestimmungen der unternehmensinternen Richtlinie 048.2001 seien unzureichend. Auch wenn die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung hiernach auf den Zeitraum nach Abschluss des Entscheidungsprozesses beschränkt werde, so bleibe die Modifikation der getroffenen Entscheidung doch unbenommen; zugleich würden künftige Entscheidungen vorgeprägt. Zudem betreffe die Beschränkung nur die rechtliche Vertretung und lasse die vorherige Beratung unberührt. Die weitere Bestimmung, Geschäftsgeheimnisse der Klägerin zu 1 und ihrer Kunden geheimzuhalten, und das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen seien intransparent und nicht zu überwachen und schon deshalb ungeeignet, die gesetzlichen Anforderungen zu erreichen. Sie seien ohnehin wenig praxistauglich, zumal sich eine Interessenkollision auch erst einige Zeit nach Auftragserteilung herausstellen könne, eine Auftragskündigung aber wenig wahrscheinlich sei; auch sei die Vertretung gegenläufiger Interessen in nachfolgenden Verfahren ebensowenig ausgeschlossen wie die gleichzeitige Vertretung gegenläufiger Interessen durch enge Kollegen und deren Einflussnahme im Wege kollegialer Kommunikation.

6

Mit ihren Widersprüchen rügten die Klägerinnen einen Eingriff in ihre unternehmerische Organisationsfreiheit, wenn die Einrichtung zentraler Servicefunktionen im Konzern verboten und damit die Erzielung entsprechender Synergieeffekte unmöglich gemacht werde; damit werde die Konzernstruktur insgesamt in Frage gestellt. Ein derartiger Eingriff bedürfe einer eindeutigen gesetzlichen Grundlage und eines überragenden öffentlichen Belangs. An beidem fehle es. Das Gesetz begründe zwar Betreiberpflichten, überlasse es aber der unternehmerischen Freiheit, mit welchen Maßnahmen diese Pflichten umzusetzen seien. In der Sache untersage es nur die bestimmende Einflussnahme auf die Entscheidungen der Organe des Schienenbetreibers, nicht aber den gesamten vorherigen Prozess der Entscheidungsfindung und auch nicht den anschließenden Vollzug der Entscheidung in einzelnen Anwendungsfällen einschließlich der Verteidigung einer Maßnahme gegenüber Behörden und vor Gericht. Sowohl das Europarecht als auch ein Vergleich mit dem Energiewirtschafts- und dem Aktienrecht sprächen für diese enge Auslegung. An den eigentlichen Entscheidungen in diesem Sinne wirkten die Juristen der Konzernmutter aber nicht mit. Sie berieten die Klägerin zu 1 nur zum rechtlichen Rahmen, aber nicht zum Inhalt einer Entscheidung und verträten sie im Folgenden nur in einzelnen Anwendungsfällen. Die Entscheidungen würden von den Organen der Klägerin zu 1 getroffen, nämlich von deren Vorstand und von der Organisationseinheit I.NMN.

7

Den Widerspruch der Klägerin zu 1 wies das Eisenbahn-Bundesamt mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2007, denjenigen der Klägerin zu 2 mit Widerspruchsbescheid vom 17. April 2007 zurück. Der Widerspruch der Klägerin zu 2 sei unzulässig. Sie sei nicht Adressatin des Untersagungsbescheides. Sie könne auch nicht als Dritte in ihrer unternehmerischen Entscheidungsfreiheit betroffen sein; als ein reines Staatsunternehmen sei sie nicht grundrechtsfähig. Der Widerspruch der Klägerin zu 1 sei aus den Gründen der Ausgangsentscheidung unbegründet; was die Klägerin einwende, greife nicht durch. Insbesondere sei der Begriff der "Entscheidung" im Eisenbahngesetz gerade im Gegensatz zu dem Begriff der "Letztentscheidung" im Energiewirtschaftsgesetz weit zu verstehen.

8

Das Verwaltungsgericht hat die Klagen mit Urteilen vom 14. November 2007 abgewiesen. Die Klägerin zu 2 sei nicht in eigenen Rechten betroffen. Ob sie auch als öffentliches Unternehmen wegen Art. 87e GG grundrechtsfähig sei, könne offenbleiben. Keinesfalls könne ihre Berechtigung aus Art. 12, Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG weiter reichen als ihre Rechte nach "einfachem" Recht. Die Klägerin zu 2 habe sich aber durch den Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag in den hier in Rede stehenden Angelegenheiten des Netzzugangs und der Wegeentgelte jedes Weisungsrechts gegenüber der Klägerin zu 1 begeben. Sie habe daher auch keinen rechtlich begründeten Einfluss darauf, von welchen Juristen sich die Klägerin zu 1 bei netzzugangsrelevanten Entscheidungen beraten lasse. Die Klägerin zu 1 sei in eigenen Rechten betroffen, aber nicht verletzt. Die Untersagungsverfügung finde ihre Rechtsgrundlage in § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG. Diese Vorschrift verlange, dass die netzzugangsrelevanten Entscheidungen ausnahmslos vom Personal des Infrastrukturunternehmens zu treffen seien. Das erfasse zwar nicht jede Vorarbeit zu einer Entscheidung - insofern genügten interne Schutzvorkehrungen -, umfasse aber jede maßgebliche inhaltliche Beteiligung an der Entscheidungsfindung. Hinsichtlich der Konzernjuristen liege eine Organisationsstruktur vor, die diesen in bestimmten Fällen eine unzulässige Mitentscheidung eröffne. Mit zunehmender Komplexität der aufgeworfenen Rechtsfragen nehme der Einfluss der Konzernjuristen auf die zu treffende Entscheidung zu; gerade in komplexen Fällen könne die eigene Organisationseinheit I.NMN der Klägerin zu 1 kaum mehr als eine Plausibilitätskontrolle leisten. Die Untersagungsverfügung lasse sich zudem auf § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG stützen; denn die gegebene Organisationsstruktur ermögliche dem Vorstand der Klägerin zu 2 vermöge seines Direktionsrechts gegenüber den Konzernjuristen eine inhaltliche Einflussnahme auf die Entscheidungen der Klägerin zu 1. Das interne Reglement der Klägerin zu 2 reiche nicht aus, diese Einflussnahme völlig auszuschließen, und dürfe es nach § 76 AktG auch gar nicht. Die Untersagungsverfügung sei auch verhältnismäßig; der Klägerin zu 1 entstünden bei Übernahme der fünf bis sieben Konzernjuristen keine nennenswerten Mehrkosten, und die behaupteten Synergieeffekte blieben gewahrt.

9

Auf die Berufungen der Klägerinnen hat das Oberverwaltungsgericht die beiden Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit Urteil vom 20. Mai 2009 hat es den Bescheid des Eisenbahn-Bundesamtes vom 24. November 2006 und die beiden Widerspruchsbescheide aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Untersagungsverfügung sei rechtswidrig; sie finde in § 9a Abs. 1 AEG keine Grundlage. Die beanstandete Beauftragung von Konzernjuristen führe nicht dazu, dass diese entgegen § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG Entscheidungen über den Netzzugang oder die Wegeentgelte träfen. Die Vorschrift habe nur die Entscheidungsträger des Infrastrukturunternehmens selbst im Blick und ordne deren persönliche Unabhängigkeit an. Daher erfasse der Begriff der Entscheidung nur den Abschluss eines Willensbildungsprozesses mit Anspruch auf Verbindlichkeit und Umsetzung, nicht aber Vorarbeiten wie die Erarbeitung des Sachverhalts oder von Handlungsalternativen. Auf die Phase der Entscheidungsvorbereitung ziele vielmehr § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG; hier sollten Einflussnahmen Dritter durch unternehmensinterne Organisationsregeln unterbunden werden. Die Konzernjuristen träfen keine Entscheidungen im vorbeschriebenen Sinne und wirkten an solchen auch nicht mit; es sei sichergestellt, dass ihre Tätigkeit erst einsetze, wenn das eigene Personal der Klägerin zu 1 eine Entscheidung bereits getroffen habe. Dies gelte für die allgemeinen Festlegungen in Rahmenverträgen und den Schienennetz-Nutzungsbedingungen ebenso wie für einzelne Trassenzuweisungen und Wegegeldfestsetzungen. Mit ihrer Tätigkeit gehe aber auch keine Einflussnahme der Klägerin zu 2 auf die Entscheidungen der Klägerin zu 1 einher, die sich nicht durch unternehmensinterne Regelungen ausschließen ließen und hinlänglich ausgeschlossen seien. Der Arbeit der Konzernjuristen wohne nicht schon für sich ein auf die Durchsetzung der Interessen konzernzugehöriger Verkehrsunternehmen ausgerichtetes manipulatives Element inne; die Konzernjuristen seien allein für die Klägerin zu 1 tätig und unterlägen nur deren Weisungen. Ein solches manipulatives Element ergebe sich auch nicht daraus, dass sie Angestellte der Klägerin zu 2 seien. Das allein begründe nicht den Verdacht ihrer Voreingenommenheit; verbleibende Risiken seien durch unternehmensinterne Regeln unterbunden. Das Weisungsrecht der Klägerin zu 2 als Arbeitgeberin schließlich sei ausreichend beschränkt; aktienrechtlichen Bedenken gegen die rechtliche Wirksamkeit dieser Beschränkung bestünden nicht. Insgesamt halte das Gesetz - jenseits der Funktionstrennung auf der Ebene der Entscheidungsträger - unternehmensinterne Regelwerke unter flankierender Kontrolle eines Unabhängigkeitsbeauftragten im Regelfalle für ausreichend. Allein die Bekämpfung eines "bösen Scheins" rechtfertige keine weiterreichenden Maßnahmen. Auch das europäische Gemeinschaftsrecht lasse integrierte Eisenbahnkonzerne weiterhin zu und fordere lediglich eine Ausgestaltung, bei der die Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers von Verkehrsunternehmen in Fragen des Netzzugangs und der Wegeentgelte gesichert sei. Auch gemeinschaftsrechtlich seien für eine Konzernstruktur typische unternehmensübergreifende Dienstleistungen wie die hier in Rede stehenden daher nicht ausgeschlossen. Sei die angefochtene Untersagungsverfügung nach allem rechtswidrig, so verletze sie nicht nur die Klägerin zu 1 als Adressatin, sondern auch die Klägerin zu 2 in eigenen subjektiven Rechten, nämlich in ihrer Organisationshoheit als konzernbeherrschendes Unternehmen, die durch ihre Privatautonomie und durch Art. 87e GG rechtlich geschützt sei. Dagegen lasse sich nicht mit dem Verwaltungsgericht einwenden, die Klägerin zu 2 habe sich ihres Weisungsrechts begeben; der Ausschluss eines inhaltlichen Weisungsrechts lasse ihr organisatorisches Weisungsrecht - die Dienste der zentralen Rechtsabteilung in Anspruch zu nehmen - unberührt, das aber durch die Untersagungsverfügung verkürzt werde.

10

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision zugelassen. Das Berufungsurteil ist der Beklagten am 15. Juni 2009 zugestellt worden. Die Beklagte hat am 12. Juni 2009 Revision eingelegt und am 30. September 2009 - dem letzten Tag der Frist - begründet. Der 46-seitige Begründungsschriftsatz ist nur auf der ersten Seite unterschrieben; dort befinden sich der Revisionsantrag sowie ein Verweis auf die nachstehenden Gründe der Anfechtung. Zur Sache macht die Beklagte geltend: Beiden Klägerinnen fehle die Klagebefugnis. Als öffentliche Unternehmen seien sie nicht grundrechtsfähig; einfachgesetzliche Abwehrrechte gegen Regulierungsverfügungen des Bundes stünden ihnen aber nicht zu. Das Berufungsurteil verletze auch in der Sache Bundesrecht. Ziel des Gesetzes sei die Gewährleistung eines chancengleichen, diskriminierungsfreien und funktionsfähigen Wettbewerbs auf der Schiene und hierzu die prinzipielle Trennung von Netz (Schiene) und Betrieb (Verkehr). Das sei prinzipiell gefährdet, wenn das Infrastrukturunternehmen zwar rechtlich von Verkehrsunternehmen getrennt werde, diesen aber durch eine Konzernstruktur verbunden bleibe und dem Mutterkonzern durch einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag unterworfen sei. Der Gesetzgeber habe Konzernstrukturen gleichwohl erlaubt, suche aber gleichzeitig sicherzustellen, dass das Infrastrukturunternehmen in Fragen des Netzfahrplans, des Netzzugangs und der Wegeentgelte frei von der Beeinflussung durch Eisenbahnverkehrsunternehmen sei. Hierzu ordne § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG in Umsetzung europarechtlicher Vorgaben ausdrücklich nicht nur die rechtliche, sondern auch die organisatorische Unabhängigkeit des Schienenbetreibers an. Unternehmerische Funktionen, die Netzzugangsfragen beträfen, müssten deshalb von Organisationseinheiten des Schienenbetreibers wahrgenommen werden, die von der sonstigen Konzernorganisation getrennt seien. § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG sei kein bloßer Programmsatz, sondern die Grundnorm, die in Satz 2 durch Regelbeispiele in bestimmter Hinsicht konkretisiert werde und zugleich deren Auslegung steuere. Wenn dessen Nr. 3 Entscheidungen über Netzzugang und Wegeentgelte dem eigenen Personal des Infrastrukturunternehmens vorbehalte, so ziele das nicht bloß auf das formal-juristisch zuständige Organ, sondern auf das gesamte Management in einem funktionalen Sinne, weshalb der Begriff der Entscheidung den Prozess der Entscheidungsfindung umfasse, soweit in ihm inhaltliche Vorfestlegungen getroffen würden. Das werde durch Nr. 5 dahin ergänzt, dass auch weitere mögliche Einflussnahmen zu unterbinden seien, ohne dass diese deshalb manipulativ sein müssten. Rechtsberater und Bevollmächtigte aber seien in den Prozess der Entscheidungsfindung eingebunden. Das gelte umso mehr, als die Rechtsposition der Klägerin zu 1 gegenüber den Aufsichts- und Regulierungsbehörden praktisch allein von den Konzernjuristen formuliert und vertreten werde. Es sei wirklichkeitsfern anzunehmen, die Konzernjuristen seien hierbei allein der Klägerin zu 1 verpflichtet und keinem bestimmenden Einfluss ihrer Arbeitgeberin, der Klägerin zu 2, ausgesetzt oder könnten einen solchen gar ignorieren oder zurückweisen. Bloße konzerninterne Richtlinien seien ungeeignet, dieser Gefahr zu begegnen, zumal das Europarecht bloß rechtliche Vorkehrungen nicht genügen lasse, sondern den Nachweis ihrer praktischen Wirksamkeit fordere.

11

Die Klägerinnen halten die Revision für unzulässig, da sie formgerecht nicht fristgemäß begründet worden sei. In der Sache verteidigen sie das Berufungsurteil mit im Wesentlichen übereinstimmenden Argumenten. § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG sei keine Generalermächtigung mit nachfolgenden Regelbeispielen, sondern eine Zielvorgabe mit nachfolgenden Zielerreichungsmitteln. Diese Mittel allerdings seien abschließend, schon weil sie das Ergebnis der gesetzgeberischen Abwägung zwischen der - zulässigen - Konzernstruktur und der gebotenen Unabhängigkeit des Schienenbetreibers seien. Nach § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 5 AEG sei die Unabhängigkeit des Infrastrukturunternehmens gewährleistet, wenn die netzzugangs- und entgeltrelevanten Entscheidungen von seinem Personal getroffen würden (Nr. 3) und interne Regelungen die Einflussnahme während der Entscheidungsfindung verhinderten (Nr. 5). Die juristischen Berater und Bevollmächtigten gehörten nicht zum Entscheidungspersonal. Das Berufungsgericht habe in tatsächlicher Hinsicht bindend festgestellt, dass das interne Regelwerk der Klägerinnen hinreichend und effektiv sei, eine Einflussnahme der Klägerin zu 2 über die Konzernjuristen während der Entscheidungsfindung zu verhindern, insbesondere dass die Konzernjuristen erst nach getroffener Entscheidung eingeschaltet und ihre Empfehlungen von eigenen Juristen des Infrastrukturunternehmens geprüft würden.

Entscheidungsgründe

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Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils.

13

A. Die Revision ist zulässig. Sie wurde insbesondere ordnungsgemäß begründet.

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1. Gemäß § 139 Abs. 3 VwGO ist die Revision innerhalb einer Frist von einem Monat, die von dem Vorsitzenden auf Antrag verlängert werden kann, zu begründen; die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben. Dabei versteht sich von selbst, dass die Begründung der Revision - ebenso wie nach § 139 Abs. 1 Satz 1 VwGO deren Einlegung - schriftlich erfolgen muss (vgl. auch § 173 VwGO i.V.m. § 551 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Schriftform verlangt grundsätzlich die eigenhändige Unterschrift des dazu Berechtigten (Urteil vom 6. Dezember 1988 - BVerwG 9 C 40.87 - BVerwGE 81, 32 <33>; Beschlüsse vom 27. Januar 2003 - BVerwG 1 B 92.02 - und vom 5. Februar 2003 - BVerwG 1 B 31.03 - Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 17 und 16). Die Unterschrift muss den Inhalt der Erklärung räumlich decken, also hinter oder unter dem Text stehen. Das verlangt § 440 Abs. 2 ZPO für die Beweiskraft von Privaturkunden und folgt auch ganz allgemein aus der Funktion der Unterschrift, nicht nur die Gewähr für das Erklärte zu übernehmen, sondern auch das Erklärte abzuschließen (BGH, Urteil vom 20. November 1990 - XI ZR 107/89 - BGHZ 113, 48). Eine "Oberschrift" erlaubt regelmäßig nicht den sicheren Schluss, dass das Nachfolgende vom Unter- bzw. Überzeichner herrührt und nicht blanko gegeben wurde (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2004 - VI ZB 9/04 - NJW-RR 2004, 1364).

15

Allerdings ist das Schriftformerfordernis kein Selbstzweck. Die Rechtsprechung hat deshalb in Einzelfällen Ausnahmen zugelassen, wenn seinem Sinn und Zweck auf anderem Wege genügt ist. Durch das Schriftformerfordernis soll die verlässliche Zurechenbarkeit des Schriftsatzes sichergestellt werden. Es muss gewährleistet sein, dass nicht nur ein Entwurf, sondern eine gewollte Prozesserklärung vorliegt, ferner, dass die Erklärung von einer bestimmten Person herrührt und diese für den Inhalt die Verantwortung übernimmt. Deshalb werden Ausnahmen von dem Grundsatz handschriftlicher Unterzeichnung zugelassen, wenn sich aus dem bestimmenden Schriftsatz allein oder in Verbindung mit beigefügten Unterlagen die Urheberschaft und der Wille, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen, hinreichend sicher, das heißt ohne die Notwendigkeit einer Klärung durch Rückfrage oder durch Beweiserhebung, ergeben (Urteile vom 26. August 1983 - BVerwG 8 C 28.83 - Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 9 und vom 6. Dezember 1988 - BVerwG 9 C 40.87 - BVerwGE 81, 32 <36>). Aus Gründen der Rechtssicherheit kann dabei freilich nur auf die dem Gericht bei Eingang des Schriftsatzes erkennbaren oder bis zum Ablauf der Frist bekannt gewordenen Umstände abgestellt werden (Beschluss vom 27. Januar 2003 - BVerwG 1 B 92.02 - Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 17 = NJW 2003, 1544).

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2. Im vorliegenden Fall ist diesen Anforderungen noch genügt.

17

a) Die Beklagte hat am letzten Tag der Revisionsbegründungsfrist einen Schriftsatz eingereicht, der den Revisionsantrag sowie die Revisionsgründe enthielt. Zwar hat der Prozessbevollmächtigte die Revisionsbegründungsschrift nur auf ihrer ersten Seite - nach den Revisionsanträgen - unterschrieben. Gleichwohl konnte kein Zweifel bestehen, dass auch die nachfolgende Darlegung der Revisionsgründe von ihm herrührt und von ihm willentlich in den Rechtsverkehr gebracht worden war. Allerdings bietet eine Unterschrift auf der ersten Seite Anlass zu Zweifeln, ob die Unterschrift bereits vor der Endkorrektur geleistet wurde und deshalb die Endkontrolle durch den Unterzeichner nicht mehr gewährleistet war. Hier kommt aber zum einen hinzu, dass die unterschriebene erste Seite einen inhaltlich abgeschlossenen Text darstellt, der für sich genommen bereits wesentliche Teile der Revisionsbegründung - nämlich die Revisionsanträge - enthält und im Sinne einer wenn auch knapp gehaltenen Übersicht auf die nachstehenden Gründe der Anfechtung verweist. Damit steht fest, dass der gesamte Text keinen bloßen Entwurf mehr darstellt, sondern mit dem Willen des Prozessbevollmächtigten in den Rechtsverkehr gegeben wurde; und es ist hinlänglich dokumentiert, dass der Prozessbevollmächtigte auch für den Inhalt der Gründe der Anfechtung die Verantwortung übernimmt (vgl. auch BFH, Beschluss des Großen Senats vom 5. November 1973 - GrS 2/72 - BFHE 111, 278 = NJW 1974, 1582). Beides wird zum anderen durch die Vorgeschichte bekräftigt: Der Prozessbevollmächtigte hat bereits zwei Wochen zuvor eine frühere Fassung derselben Revisionsbegründung eingereicht, diese dann aber wieder zurückgefordert, weil die nötige Abstimmung mit dem Beklagten noch ausstehe. Wenn nunmehr die überarbeitete Revisionsbegründung mit dem erwähnten Vorblatt vorgelegt wird, besteht kein vernünftiger Zweifel mehr an der Verbindlichkeit und der Authentizität des Schriftsatzes. Dementsprechend hat auch keiner der Beteiligten einen derartigen Zweifel geäußert.

18

b) Nachdem die Klägerinnen die fehlende Unterschrift auf der letzten Seite der Revisionsbegründung gerügt hatten, hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten das Fehlen damit erläutert, er habe nach Erstellen und Unterschreiben des Schriftsatzes noch einige wenige Ergänzungen vorgenommen, die seine Mitarbeiterin aber weisungswidrig nicht als "a-Seiten" in den unterschriebenen Ausdruck eingefügt habe; stattdessen sei die Datei verändert und insgesamt nochmals ausgedruckt worden. Auch dieser Vortrag führt nicht dazu, die Revision für unzulässig zu erachten. Zwar legt der Prozessbevollmächtigte damit selbst dar, dass der Schriftsatz nach Beifügung der Unter- oder hier der Oberschrift noch verändert worden sei, was deren Beglaubigungsfunktion in Zweifel zieht. Er hat aber durch Vorlage des Manuskripts zugleich nachgewiesen, dass die nachträglichen Veränderungen von seiner Hand stammten und seinem Büro als Endkorrektur zur Einarbeitung übermittelt wurden. Dass dieser Nachweis erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist geführt wurde, ist unschädlich, weil auch die Zweifel, die er ausräumt, erst nach diesem Zeitpunkt aufgekommen sind.

19

B. Die Revision hat nicht schon deshalb Erfolg, weil die Klagen unzulässig wären. Die Klägerinnen sind klagebefugt. Das hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt.

20

1. Die Beklagte meint, beiden Klägerinnen fehle die Klagebefugnis schon deshalb, weil sie öffentliche Unternehmen seien, deren Geschäftsanteile - unmittelbar oder mittelbar - sämtlich von der beklagten Bundesrepublik Deutschland gehalten würden. Dem kann nicht gefolgt werden. Nach § 42 Abs. 2 VwGO besteht die Klagebefugnis, wenn der Kläger eine Verletzung seiner subjektiv-öffentlichen Rechte geltend macht und dies immerhin möglich ist. Die Klägerinnen machen geltend, das Eisenbahn-Bundesamt werfe ihnen zu Unrecht eine Verletzung ihrer Pflichten aus § 9a des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) vom 27. Dezember 1993 (BGBl I S. 2378, 2396) in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 27. April 2005 (BGBl I S. 1138) vor und greife deshalb ohne zureichenden Grund in ihre unternehmerische Handlungs- und Organisationsfreiheit ein. Dieser Vortrag ist geeignet, eine Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte als möglich erscheinen zu lassen. Namentlich steht den Klägerinnen die Handlungs- und Organisationsfreiheit eines Eisenbahnunternehmens zu, die vom Allgemeinen Eisenbahngesetz vorausgesetzt wird. Hierfür ist gleichgültig, ob das Eisenbahnunternehmen in privater oder öffentlicher Hand ist. Ebenso ist unerheblich, ob sich die Klägerinnen auf Grundrechte berufen können und ob sie diese obendrein mit der Verfassungsbeschwerde geltend machen könnten (vgl. hierzu Windthorst in Sachs, Grundgesetz-Kommentar, 5. Aufl. 2009, Rn. 49 zu Art. 87e GG; Dreier in ders. , Grundgesetz-Kommentar, Band 1, 2. Aufl. 2004, Rn. 68 ff. zu Art. 19 Abs. 3 GG; Burgi, DVBl 2006, S. 269; Kühne, JZ 2009, 1071; zu Energiewirtschaftsunternehmen BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 16. Mai 1989 - 1 BvR 705/88 - NJW 1990, 1783 und vom 18. Mai 2009 - 1 BvR 1731/05 - NVwZ 2009, 1282; zu Telekommunikationsunternehmen BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03 u.a. - BVerfGE 115, 205 <227 f.>; BVerwG, Urteil vom 25. April 2001 - BVerwG 6 C 6.00 - BVerwGE 114, 160 <189>) .

21

2. Auch der Klägerin zu 2 kann die Klagebefugnis nicht abgesprochen werden. Sie ist zwar nicht Adressatin der angefochtenen Bescheide, wird von diesen aber als Dritte in eigenen Rechten nachteilig betroffen.

22

Die angefochtenen Bescheide beruhen auf dem Vorwurf einer nach Maßgabe des § 9a AEG unzulänglichen Entflechtung zwischen der Klägerin zu 1 und ihrem Mutterkonzern, der Klägerin zu 2. Die genannte Vorschrift dient zwar der Herstellung und Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit des konzernangehörigen Schienenwegebetreibers, begründet aber Pflichten nicht nur für diesen, sondern korrespondierend auch für die konzernverbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmen und für das gemeinsame Mutterunternehmen. Hierbei tariert sie das jeweilige Interesse an der unternehmerischen Organisationsfreiheit des Konzerns und seiner Unternehmen einerseits und das öffentliche Entflechtungsinteresse andererseits aus. Indem sie das öffentliche Entflechtungsinteresse zugleich begründet und begrenzt, dient die Vorschrift auch dem Schutz des privaten Interesses des Konzerns und seiner Unternehmen an der Achtung ihrer unternehmerischen Organisationsfreiheit; insofern ist sie Schutznorm zu deren Gunsten. Ob § 9a AEG darüber hinaus auch Schutznorm zugunsten der mit dem verbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmen konkurrierenden Eisenbahnverkehrsunternehmen ist, ist eine andere Frage (verneinend Kramer in Kunz, Eisenbahnrecht, Rn. 4 zu § 9a AEG).

23

Die angefochtenen Bescheide betreffen die Klägerin zu 2 auch tatsächlich nachteilig. Auch wenn der Ausgangsbescheid nur an die Klägerin zu 1 gerichtet ist, so hat das darin verfügte Verbot, sich der Dienste der Rechtsabteilung der Klägerin zu 2 zu bedienen, für diese doch unmittelbare tatsächliche Folgen. Diese Folgen bestehen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts unabhängig davon, ob die Klägerin zu 2 in dem gemeinsamen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag auf die Ausübung ihres Weisungsrechts in Angelegenheiten des Netzzugangs und der Wegeentgelte verzichtet hat.

24

C. Die Revision ist aber in der Sache begründet. Das Berufungsgericht hätte die Berufungen der Klägerinnen gegen die klageabweisenden Urteile des Verwaltungsgerichts zurückweisen müssen; denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Zwar hält das Berufungsurteil den Einwänden der Beklagten stand, soweit sie § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG (dazu 1.) und § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG betreffen (dazu 2.). Die angefochtenen Bescheide finden ihre Grundlage jedoch in (§ 5a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m.) § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG (dazu 3.). Mit Recht hat das Verwaltungsgericht die Untersagungsverfügung auch für verhältnismäßig erachtet (dazu 4.).

25

1. a) Das Berufungsgericht hat es mit Recht abgelehnt, schon einen Verstoß der Klägerin zu 1 gegen § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG anzunehmen, der die Aufsichtsbehörde zum Einschreiten veranlassen könnte. Diese Vorschrift stellt keine Generalklausel dar, sondern formuliert die Ziele, denen die in § 9a Abs. 1 Satz 2 AEG im Einzelnen vorgesehenen Maßnahmen und Pflichten der Eisenbahnunternehmen dienen. Sie leitet damit deren Auslegung, vermag jedoch allein für sich keine Pflichten zu begründen, die dort nicht vorgesehen sind.

26

Das ergibt sich zweifelsfrei aus dem Wortlaut der Eingangswendung in Satz 2, welche die nachstehende Liste von Maßnahmen und Pflichten der Eisenbahnunternehmen mit den Worten "zur Erreichung der in Satz 1 genannten Ziele" an den Satz 1 anschließt. Es ergibt sich auch aus der Abfolge dieser Liste, welche die in Satz 1 angesprochenen Hinsichten der gebotenen Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers abhandelt (Nr. 1 - rechtliche Unabhängigkeit; Nr. 2 - organisatorische Unabhängigkeit; Nr. 3 bis 5 - Unabhängigkeit in den Entscheidungen) und um eine Bestimmung über die Besetzung der Aufsichtsräte (Nr. 6) ergänzt. Hingegen fehlen typische Wendungen zur Kennzeichnung von bloßen Regelbeispielen ("insbesondere", "etwa"). Es ergibt sich schließlich aus dem Gebot der Bestimmtheit eines Gesetzes, das wie § 9a Abs. 1 AEG privaten Unternehmern Pflichten auferlegt (ebenso Gerstner in Hermes/Sellner, AEG-Kommentar, Rn. 30 zu § 9a AEG).

27

b) In § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG eine Formulierung der Gesetzesziele zu sehen, stimmt mit europäischem Gemeinschaftsrecht überein. § 9 Abs. 1c AEG dient der Umsetzung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (ABl Nr. L 237 S. 25) in der Fassung der Änderungsrichtlinie 2001/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 (ABl Nr. L 75 S. 1) - im Folgenden: Richtlinie 91/440/EWG -, § 9a AEG obendrein der Umsetzung der Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazitäten der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung (ABl Nr. L 75 S. 29). Nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440/EWG treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Funktionen nach Anhang II - das sind hier Entscheidungen über die Trassenzuweisung und über die Wegeentgelte (zweiter und dritter Spiegelstrich) -, die für einen gerechten und nichtdiskriminierenden Zugang zur Infrastruktur ausschlaggebend sind, an Stellen oder Unternehmen übertragen werden, die selbst keine Eisenbahnverkehrsleistungen erbringen. Nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14/EG müssen Entscheidungen über die Wegeentgelte und nach Art. 14 Abs. 2 dieser Richtlinie auch Entscheidungen über die Zuweisung von Fahrwegkapazität von Stellen (des Infrastrukturunternehmens oder von Dritten) getroffen werden, die rechtlich, organisatorisch und in ihren Entscheidungen von Eisenbahnverkehrsunternehmen unabhängig sind. Diese Anforderungen greift § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG in derselben Rechtsqualität wie die Richtlinien - als Zielvorgabe - auf und setzt sie im Katalog des nachfolgenden Satzes 2 um. Die zwischen der Europäischen Kommission und der Bundesrepublik Deutschland kontrovers diskutierte Frage, ob § 9a Abs. 1 AEG - zusammen mit weiteren Maßnahmen - zur Umsetzung der genannten Richtlinien genügt, richtet sich daher allein an den Katalog des § 9a Abs. 1 Satz 2 AEG, vermag aber die Rechtsqualität des § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG nicht zu verändern.

28

c) Die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts müssen nicht nur rechtlich umgesetzt werden; die Umsetzung muss zur Verwirklichung des Entflechtungsziels auch tatsächlich wirksam sein. Das entspricht dem allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz des "effet utile". Es kommt zudem in Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 91/440/EWG zum Ausdruck, wonach die Mitgliedstaaten ungeachtet der Organisationsstrukturen der beteiligten Unternehmen den Nachweis zu erbringen haben, dass das Ziel der Entflechtung erreicht worden ist (vgl. auch Monopolkommission, Sondergutachten 46, 2007, Rn. 67 f.). Zwar gehen Art. 4 Abs. 2, Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14/EG als spezielleres Recht dem Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440/EWG vor (insoweit zutreffend Hermes in Hermes/Sellner, a.a.O., Einführung B Rn. 42 ff.). Das lässt aber den beschriebenen Grundsatz einschließlich seiner Ausprägung in Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 91/440/EWG unberührt.

29

2. § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG verbietet Doppelfunktionen des entscheidenden Personals des Schienenwegebetreibers. Das bezieht - und beschränkt - sich auf die zu im Rechtssinne bindenden Entscheidungen berufenen Organe und Mitarbeiter des Infrastrukturunternehmens. Hiergegen hat die Klägerin zu 1 nicht verstoßen. Das hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt; die Angriffe der Revision gehen insoweit fehl.

30

a) Der in § 9a Abs. 1 AEG mehrfach verwendete Begriff der Entscheidung ist durchgängig in demselben Sinne zu verstehen. Entscheidungen sind Willensentschließungen von hierzu befugten Organen und Mitarbeitern des Infrastrukturunternehmens, die dessen Handeln steuern. Dies gilt gleichermaßen für Entscheidungen, die unmittelbar nach außen wirken, wie für solche, die durch ein anderes Organ oder einen anderen Mitarbeiter des Unternehmens umgesetzt werden müssen, sofern dieser hierzu rechtlich verpflichtet oder nach den Gepflogenheiten des Unternehmens hierzu gehalten ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 31. Oktober 1990 - 2 BvF 3/89 - BVerfGE 83, 60 <73>). Entscheidungscharakter hat auch die Wahrnehmung von Mitentscheidungsbefugnissen.

31

Entscheidungen in diesem Sinne sind nicht nur Entscheidungen des Vorstands oder anderer gesetz- oder satzungsmäßiger Organe der Gesellschaft; sie können auch von nachgeordneten - angestellten - Mitarbeitern getroffen werden, sofern diese nach den unternehmensinternen Regeln hierzu befugt sind. Entscheidungen sind auch nicht nur Grundsatzentscheidungen. Die Versuche der Klägerinnen, Einzelfallentscheidungen, die in Ausführung von Grundsatzentscheidungen ergehen (Entscheidungen im operativen Geschäft), den Charakter einer Entscheidung im Sinne des § 9a Abs. 1 AEG abzusprechen, gehen fehl; sie übersehen, dass § 9a Abs. 1 AEG anders als § 8 Abs. 2 Nr. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) vom 7. Juli 2005 (BGBl I S. 1970, 3621) gerade nicht einengend nur von "Letztentscheidungen" spricht. Umgekehrt lässt sich auch bei Grundsatzentscheidungen der Entscheidungscharakter nicht allein deshalb bestreiten, weil sie rechtlich bindende Außenwirksamkeit erst vermöge nachfolgender Einzelentscheidungen erlangen. Entscheidung in diesem Sinne ist damit auch das Aufstellen der Schienennetz-Benutzungsbedingungen (vgl. § 14d Abs. 1 Nr. 6 AEG sowie § 4 Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung vom 3. Juni 2005, BGBl I S. 1566).

32

b) § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 bis 5 AEG sucht die Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers in seinen Entscheidungen auf verschiedene Weise zu sichern (vgl. BTDrucks 15/3280 S. 12 und 16). Nr. 3 sichert die persönliche Unabhängigkeit des zur Entscheidung berufenen Personals, Nr. 4 die rechtliche Entscheidungsfreiheit gegenüber fremden Weisungen, Nr. 5 schließlich die sachliche Unabhängigkeit der Entscheidung gegenüber fremder Einflussnahme. Allen diesen Sicherungen ist gemein, dass sie den Vorgang der Entscheidungsfindung betreffen. Zwar lässt sich begrifflich zwischen dem Inhalt der Entscheidung als dem Entschiedenen und dem Vorgang der Entscheidungsfindung als dem Entscheiden in derselben Weise unterscheiden, wie dies aus dem Planungsrecht zwischen dem Abwägungsergebnis als dem inhaltlich Abgewogenen und dem Abwägungsvorgang als dem Prozess des Abwägens bekannt ist. Es führt aber in die Irre, hieraus Schlüsse für das systematische Verhältnis ziehen zu wollen, in dem § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Nr. 5 AEG zueinander stehen. § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG betrifft nicht das inhaltliche Ergebnis einer Entscheidung, sondern stellt ebenso wie Nr. 4 und 5 Anforderungen an den Vorgang der Entscheidungsfindung. Der Vorgang der Entscheidungsfindung wird lediglich unter verschiedenen Aspekten erfasst. Dabei greift in rein zeitlicher Betrachtung allerdings Nr. 5 am weitesten aus, weil hier auch Tätigkeiten nicht selbst entscheidungsbefugter Mitarbeiter erfasst werden, die lediglich der Entscheidungsvorbereitung dienen. Insofern - aber auch nur insofern - ist es richtig, § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG der Entscheidungsvorbereitung, § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 AEG hingegen eher der Entscheidung selbst zuzuordnen (vgl. BTDrucks 15/3280 S. 16 f.).

33

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem europäischen Gemeinschaftsrecht. Es ist zwar richtig, dass der Anhang II zur Richtlinie 91/440/EG im ersten Spiegelstrich zwischen "Vorarbeiten" und "Entscheidung" unterscheidet. Damit wird aber der Begriff der "Entscheidung" weder auf die abschließende Phase der Entscheidungsfindung - das Treffen der Entscheidung - noch gar auf die inhaltliche Entscheidung im Sinne des Entschiedenen beschränkt. Das hieße nämlich, dass Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440/EG bei netzzugangsrelevanten Entscheidungen, welche der Anhang II im zweiten und dritten Spiegelstrich anspricht, überhaupt keine Anforderungen zum Vorfeld dieser abschließenden Phase stellt; das kann nicht richtig sein. Im Übrigen dient § 9a AEG, wie gezeigt, nicht nur der Umsetzung des Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440/EG, sondern vor allem der Umsetzung der - insofern spezielleren - Art. 4 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14/EG.

34

c) § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG ordnet nicht an, dass der Schienenwegebetreiber seine Entscheidungen selbst, d.h. durch eigenes Personal trifft; das setzt die Vorschrift - als Ergebnis der rechtlichen (Nr. 1) und organisatorischen (Nr. 2) Selbständigkeit - voraus. Nr. 3 bestimmt vielmehr, dass dieses Personal des Infrastrukturunternehmens nicht zugleich Funktionen in verbundenen Verkehrsunternehmen ausüben darf. "Funktionen" meint vergleichbare Entscheidungskompetenzen in dem verbundenen Verkehrsunternehmen oder dem gemeinsamen Mutterkonzern; dabei ist gleichgültig, ob die dortige Funktion sachlich zu einer Einflussnahme auf die Entscheidungen des Infrastrukturunternehmens führen kann (zu eng insofern Gerstner in Hermes/Sellner, AEG-Kommentar, Rn. 35 zu § 9a AEG). Die Vorschrift verfügt damit ein Mitwirkungsverbot für eigene Funktionsträger des Infrastrukturunternehmens mit Doppelfunktion; es handelt sich um eine Inkompatibilitätsnorm.

35

Aus dem Prozess der Entscheidungsfindung erfasst die Vorschrift nur dessen Abschluss, das "Treffen" der Entscheidung. Damit betrifft die Vorschrift nur dasjenige Personal, das Entscheidungen des Schienenwegebetreibers in dem eingangs beschriebenen Sinne "treffen" kann, das mit anderen Worten den Schienenwegebetreiber binden (festlegen) kann, also die Organe (Organwalter) sowie die nach den unternehmensinternen Regeln hierfür zuständigen Mitarbeiter des Infrastrukturunternehmens. Hingegen ist das zu- und vorarbeitende Personal ohne eigene Entscheidungskompetenz nicht von Nr. 3 erfasst; insofern ist dem Berufungsgericht gegen die Angriffe der Revision zuzustimmen.

36

Rechtliche Berater und Bevollmächtigte zählen jedoch nicht zum entscheidenden Personal des Schienenwegebetreibers. Das gilt auch, soweit sie als dessen Vertreter im Rechtsverkehr über dessen Entscheidungen - etwa bei Vertrags- und Vergleichsverhandlungen - disponieren dürfen. Vertreter sind keine Organe; sie sind vielmehr an ihren Auftrag gebunden und unterliegen der Weisung des auftraggebenden Organs; nur dieses ist dem Unternehmen gegenüber rechtlich verantwortlich. Wollte man dies anders sehen, so dürfte das Infrastrukturunternehmen auch keine selbständigen Rechtsanwälte mehr beauftragen, weil es sich nicht um "Personal des Betreibers der Schienenwege" handelt.

37

3. Indem die Klägerin zu 1 Juristen ihrer Konzernmutter mit ihrer rechtlichen Beratung und Vertretung beauftragt, verstößt sie aber gegen die in § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG normierte Pflicht, die Einflussnahme von Dritten auf ihre netzzugangsrelevanten Entscheidungen zu unterbinden. Das hat das Berufungsgericht verkannt.

38

a) § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG sichert die Unabhängigkeit der netzzugangsrelevanten Entscheidungen des Schienenwegebetreibers gegen fremde Einflussnahme. Im Verfahren der Entscheidungsfindung zielt die Vorschrift damit nicht nur auf deren abschließende Phase - das "Treffen" der Entscheidung - und auch nicht nur auf das die Entscheidung "treffende" Personal, sondern nimmt auch weitere Phasen der Entscheidungsvorbereitung (vgl. BTDrucks 15/3280 S. 16 f.) und die insofern befassten Personen in den Blick. Erfasst werden damit alle Vorbereitungshandlungen, mit denen sachlich auf die zu treffende Entscheidung Einfluss genommen wird oder Einfluss genommen werden kann. Die Vorschrift geht damit deutlich über § 8 Abs. 4 EnWG hinaus. Auch Nachbereitungshandlungen kommen in Betracht, wenn sie auf die Entscheidung noch - etwa verändernd - Einfluss haben können. Nicht erfasst werden lediglich rein technische Handlungen wie Schreibarbeiten, Anmietung von Räumen und dergleichen.

39

Jede Vorarbeit nimmt potentiell Einfluss auf eine Entscheidung; darin liegt gerade ihr Sinn. Das will die Vorschrift nicht ausschließen. Sie will nicht jegliche Einflussnahme bekämpfen, sondern nur die im Interesse eines Eisenbahnverkehrsunternehmens. Das ergibt sich aus ihrem Zweck, den Schienenwegebetreiber in seinen netzzugangsrelevanten Entscheidungen von Eisenbahnverkehrsunternehmen unabhängig zu stellen (vgl. § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG sowie oben C.1.). Dass die Einflussnahme obendrein manipulativ ist, also den Charakter einer nicht offengelegten oder sachwidrigen Fremdbestimmung trägt, ist entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht erforderlich; auch die offene und sachorientierte Einflussnahme soll unterbunden werden. Jedenfalls soll die Einflussnahme im Interesse eines Verkehrsunternehmens ausgeschlossen werden, das mit dem Schienenwegebetreiber in einem Konzern verbunden ist, wie die Eingangswendung des § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG zeigt; "Unternehmen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3" sind gerade derart integrierte Eisenbahnunternehmen. Ob auch Vorkehrungen gegen eine Einflussnahme im Interesse eines anderen, nicht konzernverbundenen Verkehrsunternehmens geboten sind, mag offenbleiben.

40

Mit "Einflussnahme von Dritten außerhalb des Betreibers der Schienenwege" ist in erster Linie diese ideelle - sachlich-inhaltliche - Einflussnahme im Interesse eines (verbundenen) Eisenbahnverkehrsunternehmens gemeint. Eine andere Frage ist, ob die Wendung obendrein den möglichen Träger der Einflussnahme anspricht, ob mit anderen Worten nur die Einflussnahme durch solche Personen unterbunden werden soll, die dem Infrastrukturunternehmen nicht selbst angehören. Hierdurch würde die Reichweite der Vorschrift allerdings eingeschränkt, ihre praktische Wirksamkeit erheblich relativiert. Dann wären nämlich Vorkehrungen gegen Einflussnahmen im Interesse eines (verbundenen) Eisenbahnverkehrsunternehmens durch eigene Bedienstete des Infrastrukturunternehmens nicht geboten - auch nicht durch solche, die zugleich im Dienst des Eisenbahnverkehrsunternehmens stehen, noch durch solche, die zuvor bei ihm beschäftigt waren oder demnächst zu diesem wechseln oder zurückkehren (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 46, Rn. 68). Doch bedarf auch diese Frage keiner Entscheidung.

41

Eine Einflussnahme im Interesse eines (im Konzern verbundenen) Eisenbahnverkehrsunternehmens muss "unterbunden", das heißt tatsächlich wirksam ausgeschlossen werden. Das Gesetz bekämpft damit nicht erst die Einflussnahme selbst, sondern bereits die Gefahr der Einflussnahme; und es gebietet nicht erst wirksame Maßnahmen gegen eine konkret drohende Einflussnahme, sondern wirksame Vorkehrungen gegen jede Möglichkeit der Einflussnahme. Insofern stellt § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG einen abstrakten Gefährdungstatbestand dar; darauf hat das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen. Dies steht im Einklang mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht; hiernach muss die Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich wirksam gesichert sein (vgl. oben C.1.c). Ob das Gesetz darüber hinaus auch dem "bösen Schein" wehren will, wie zwischen den Beteiligten umstritten und von den Vorinstanzen mit unterschiedlichem Ergebnis erörtert worden ist, kann offenbleiben.

42

b) Die Beauftragung der "Konzernjuristen" begründet die Gefahr der Einflussnahme im Interesse eines konzernverbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmens auf die netzzugangsrelevanten Entscheidungen des Schienenwegebetreibers.

43

Juristische Berater und Bevollmächtigte nehmen in dem beschriebenen Sinne Einfluss auf die Entscheidungen ihres Auftraggebers. Das gilt zweifelsfrei für die juristische Beratung; sie zeigt Handlungsalternativen auf und bewertet sie nach ihrer rechtlichen Realisierbarkeit und ihren - auch wirtschaftlichen - Folgen. Es gilt aber auch für die Vertretung des Schienenwegebetreibers im Rechtsverkehr mit Dritten, sei es mit dessen Kunden, sei es mit Behörden und vor Gericht. Schon soweit dabei lediglich bereits getroffene Entscheidungen verteidigt werden, sind Bevollmächtigte regelmäßig auch zu deren Veränderung befugt, etwa im Vergleichswege; die Möglichkeit der Einflussnahme besteht auch dann, wenn der ihrer Vollmacht zugrundeliegende Auftrag eine Disposition über die getroffene Entscheidung nur nach Rücksprache und Zustimmung zulässt. Regelmäßig bereiten rechtliche Vertreter aber auch künftige Entscheidungen vor, sei es, dass sie Verhandlungen für künftige Verträge führen, sei es, dass sie die Entscheidungsfreiheit des Unternehmens gegenüber behördlichen Eingriffen zu wahren suchen. Deshalb lässt sich die Möglichkeit ihrer sachlichen Einflussnahme zeitlich nicht auf die Phase der Entscheidungsvorbereitung beschränken und demzufolge auch nicht dadurch ausschließen, dass eine Mandatierung nur für die Phase der Verteidigung einer getroffenen Entscheidung vorgesehen wird.

44

Wenn solche juristischen Berater und Bevollmächtigten Angestellte eines mit dem Infrastrukturunternehmen verbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmens oder des gemeinsamen Mutterunternehmens sind, begründet dies die Gefahr, dass sie ihre - Einfluss nehmende - Tätigkeit (auch) im Interesse des Eisenbahnverkehrsunternehmens entfalten. Hierfür ist gleichgültig, ob sie innerhalb ihres eigenen Unternehmens von Weisungen ihres Arbeitgebers freigestellt sind, ob mit anderen Worten eine gezielte Einflussnahme des Eisenbahnverkehrsunternehmens oder des Mutterunternehmens vermittels seines Arbeitnehmers auf einzelne Entscheidungen des Infrastrukturunternehmens ausgeschlossen ist; die zwischen den Beteiligten umstrittene und von den Vorinstanzen unterschiedlich beantwortete Frage, ob eine derartige Freistellung von Weisungen gesellschafts- und arbeitsrechtlich überhaupt möglich und ob sie tatsächlich wirksam wäre, bedarf daher keiner Entscheidung. Eine Einflussnahme im Interesse des (verbundenen) Eisenbahnverkehrsunternehmens kann nämlich - auch ohne Weisung - von dem Arbeitnehmer selbst ausgehen, weil die Beförderung der Interessen des Eisenbahnverkehrsunternehmens zugleich in seinem eigenen persönlichen Interesse liegt. Ein "Konzernjurist" ist als Arbeitnehmer persönlich von seinem Arbeitgeber abhängig. Verfolgen der Arbeitgeber und der fremde Auftraggeber unterschiedliche Interessen, wie dies zwischen einem Verkehrsunternehmen und einem Infrastrukturunternehmen vielfach der Fall ist, so gerät der Konzernjurist typischerweise in eine Interessenkollision. Es besteht die naheliegende Gefahr, dass er den Interessen seines Arbeitgebers im Zweifel den Vorzug gibt, schon weil er dort seine bisherige berufliche Laufbahn zurückgelegt hat - beruflich "groß geworden" ist - und seine künftige Laufbahn nicht in Frage stellen will. Auch wenn er also aufgrund unternehmensinterner Regeln sachlichen Weisungen seines Arbeitgebers in den Angelegenheiten des Infrastrukturunternehmens nicht unterliegt, ist doch nicht ausgeschlossen und kann schlechterdings wirksam nicht ausgeschlossen werden, dass der Konzernjurist - bewusst oder nicht - auch in diesen Angelegenheiten die Interessen seines Arbeitgebers zur Geltung bringt.

45

Hiergegen können die Klägerinnen nicht auf das professionelle Selbstverständnis eines juristischen Beraters und seine persönliche Integrität verweisen. Anwaltliches Standesrecht und Berufsethos sind wichtige Grundpfeiler einer Rechtspflege, die allein dem Recht verpflichtet ist. Insofern wirken sie einer interessengeleiteten Rechtsberatung entgegen; sie vermögen sie jedoch nicht sicher auszuschließen und machen deshalb rechtliche Vorkehrungen gegen Interessenkollisionen nicht entbehrlich. Auch die richterliche Unabhängigkeit und das sie tragende richterliche Berufsethos kann Rechtsvorschriften über den Ausschluss und die Ablehnung von Richtern wegen der Besorgnis der Befangenheit nicht erübrigen.

46

c) Die Klägerinnen haben keine unternehmensinternen Regelungen geschaffen, die die beschriebene Gefahr der Einflussnahme seitens der Konzernjuristen auf die netzzugangsrelevanten Entscheidungen der Klägerin zu 1 wirksam unterbinden. Zwar richtet sich § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG an beide miteinander verbundenen Unternehmen und erlaubt und gebietet beiderseitige interne Regelungen, welche die gebotene Unterbindung gegebenenfalls im Zusammenwirken bewerkstelligen. Im vorliegenden Fall aber könnte die Gefahr der Einflussnahme wirksam nur durch eine Regelung der Klägerin zu 1 mit dem Inhalt unterbunden werden, dass die Beauftragung externer - d.h. nicht unternehmensangehöriger - Juristen als ihre rechtlichen Berater oder Vertreter nur in Betracht kommt, wenn diese nicht Arbeitnehmer der Klägerin zu 2 oder eines in deren Konzern verbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmens sind. Eine solche Regelung wäre nicht wegen § 43a, § 46 BRAO überflüssig. Sie fehlt; die Klägerin zu 1 weigert sich, sie zu erlassen.

47

Hiergegen kann nicht eingewendet werden, von dem Schienenwegebetreiber könne eine derartige unternehmensinterne Regelung nach § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG ihrer Art nach nicht verlangt werden. Richtig ist allerdings, dass der Gesetzgeber offenbar vornehmlich an interne Regelungen zur Beschränkung der unternehmensübergreifenden konzerninternen Kommunikation dachte; die Gesetzesbegründung spricht daher von "chinese walls" (BTDrucks 15/3280 S. 16 f.), also von unternehmensinternen Regelungen zur Abschottung des Informationsverkehrs gegenüber anderen konzernverbundenen Unternehmen (vgl. Kühling, Sektorspezifische Regulierung in den Netzwirtschaften, 2004, S. 351 f.; Masing, 66. Deutscher Juristentag, D 116 f.; Gerstner in Hermes/Sellner, AEG-Kommentar, Rn. 37 zu § 9a AEG; Soldner, Liberalisierung des Eisenbahnwesens, 2008, S. 140 ff.). Daraus lässt sich aber nicht schließen, dass der Schienenwegebetreiber eine bestehende Möglichkeit der Einflussnahme nur auf dem Wege von Kommunikationsregeln unterbinden müsste, sie aber, soweit solche untauglich sind, hinnehmen oder gar selbst eröffnen dürfte. Ebensowenig ist der Schienenwegebetreiber auf den Erlass eines diesbezüglichen Verhaltenskodex ("code of conduct") beschränkt, durch den in Ergänzung der Arbeitsverträge die Mitarbeiterpflichten seiner Arbeitnehmer konkretisiert werden, auch wenn arbeitsrechtliche Regelungen selbstverständlich unbenommen sind. Erst recht lässt sich § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG nicht auf das Gebot einer unternehmensinternen Gleichbehandlungsrichtlinie oder eines Gleichbehandlungsprogramms im Sinne des § 8 Abs. 5 EnWG reduzieren. Die Vorschrift verlangt vielmehr den Erlass einer jeglichen unternehmensinternen Regelung, die zur Unterbindung fremder Einflussnahme geeignet ist, auch etwa einer organisatorischen. Es ist deshalb ohne Belang, ob eine unternehmensinterne Regelung, dass Konzernjuristen nicht mit der rechtlichen Beratung oder Vertretung des Schienenwegebetreibers beauftragt werden dürfen, ihrer Art nach eine solche der informationellen oder der organisatorischen Desintegration wäre.

48

4. Findet die angefochtene Untersagungsverfügung damit in § 5a Abs. 1 und 2, § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG eine hinreichende Rechtsgrundlage, so hat das Eisenbahn-Bundesamt auch sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Das hat zwar - von seinem rechtlichen Standpunkt aus folgerichtig - nicht das Berufungsgericht, wohl aber das Verwaltungsgericht geprüft und mit Recht angenommen.

49

a) Die Untersagung ist zur Zweckerreichung geeignet und erforderlich. Wie gezeigt, gebietet § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG dem Infrastrukturunternehmen den Erlass eigener unternehmensinterner Regeln, die seinem Personal die Beauftragung von Juristen, die bei einem konzernverbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmen oder bei dem gemeinsamen Mutterunternehmen beschäftigt sind, als rechtliche Berater und/oder Vertreter untersagen. Weigert sich das Infrastrukturunternehmen, derartige unternehmensinterne Regeln zu erlassen, so kommt für die Eisenbahnaufsichtsbehörde nur in Betracht, die fehlende unternehmensinterne Regel durch eine hoheitliche Regelung zu ersetzen. Dies stellt keine Ersatzvornahme im vollstreckungsrechtlichen Sinne dar, setzt also insbesondere nicht die vorherige Anordnung voraus, die fehlende unternehmensinterne Regelung zu erlassen; die möglichen Aufsichtsmaßnahmen werden durch § 5a Abs. 2 AEG nicht in diesem Sinne beschränkt. Davon unberührt bleibt die Möglichkeit des Eisenbahninfrastrukturunternehmens, durch Erlass der fehlenden unternehmensinternen Regelung - und deren tatsächliche Befolgung - die hoheitliche Aufsichtsmaßnahme zu erübrigen.

50

b) Durch die Untersagung wird die Freiheit der beteiligten Unternehmen, sich als konzernverbundene Aktiengesellschaften zu organisieren, nicht übermäßig eingeschränkt. Auch hier mag offenbleiben, ob das Recht der Klägerinnen zur unternehmerischen Selbstorganisation nicht nur einfach-rechtlich, sondern auch als Grundrecht besteht, obwohl sie unmittelbare oder mittelbare Bundesunternehmen sind. Die Einschränkungen dieses Rechts stehen jedenfalls offensichtlich nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der damit verfolgten öffentlichen Belange.

51

Das Gesetz bezweckt, den Wettbewerb der Eisenbahnverkehrsunternehmen auf dem Eisenbahnnetz herzustellen und zu sichern. Das setzt den freien und gleichen Zugang aller Verkehrsunternehmen zum Netz voraus. Weil der Netzbetreiber ein faktisches Monopol innehat, aber über den Zugang zu seinem Netz entscheidet, muss sichergestellt werden, dass er diese Entscheidungen diskriminierungsfrei trifft. Das wiederum setzt voraus, dass sie von jeglicher Einflussnahme seitens eines der beteiligten Eisenbahnverkehrsunternehmen frei gehalten werden. § 9a AEG dient dazu, die Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers in seinen netzzugangsrelevanten Entscheidungen auch unter den Bedingungen einer Konzernstruktur zu sichern. Das Gesetz verfolgt damit einen Gemeinwohlbelang von erheblichem Gewicht, der zudem durch das europäische Gemeinschaftsrecht vorgegeben ist. Es ist zugleich bemüht, bestehende Konzernstrukturen so weit wie möglich zu schonen; der Gesetzgeber ist nicht so weit gegangen, Konzernverbindungen zwischen dem Netzbetreiber und einzelnen Eisenbahnverkehrsunternehmen gänzlich zu untersagen.

52

Das auf § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG gestützte, an den Schienenwegebetreiber gerichtete Verbot, Konzernjuristen zu beauftragen, führt nicht dazu, dass die Konzernmutter - die Klägerin zu 2 - keine zentrale Rechtsabteilung für alle Konzerntöchter mehr vorhalten könnte. Deren Tätigkeit für die konzernangehörigen Eisenbahnverkehrsunternehmen bleibt unbenommen, ebenso deren Tätigkeit für die konzernangehörigen Infrastrukturunternehmen, soweit es nicht um Angelegenheiten des Netzzugangs und der Wegeentgelte geht. Die Sorge der Klägerinnen, dass damit sämtliche zentralen Dienste ("shared services") der Konzernmutter in Frage gestellt werden, überzeichnet das Gewicht des Eingriffs erheblich; in der Folge der hier untersagten Dienstleistungen der zentralen Rechtsabteilung mögen zwar weitere zentrale Dienste wie etwa zentrale EDV-Abteilungen einer genaueren Überprüfung anhand von § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG zu unterziehen sein, doch kann keine Rede davon sein, dass die Grundentscheidung, Konzernverbindungen weiterhin zu akzeptieren, weitgehend oder gar völlig unterlaufen würde. Im Übrigen muss betont werden, dass diese Grundentscheidung ihre Grenze in der auch gemeinschaftsrechtlich gebotenen Sicherung der Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers in seinen netzzugangsrelevanten Entscheidungen findet.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 22/12
vom
25. September 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Unterzeichnet ein Rechtsanwalt eine Berufungsschrift mit dem Vermerk "i.A."
("im Auftrag"), ist dies unschädlich, wenn der Unterzeichnende als Sozietätsmitglied
zum Kreis der beim Berufungsgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten
des Berufungsklägers zählt (im Anschluss an BGH, Beschluss
vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, NJW 1993, 2056; Urteil vom 31. März 2003
- II ZR 192/02, NJW 2003, 2028; Beschlüsse vom 19. Juni 2007 - VI ZB
81/05, FamRZ 2007, 1638; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, juris).

b) Die Identität eines Rechtsanwalts, der eine Berufungsschrift mit dem Vermerk
"i.A." unterzeichnet hat, muss im Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist
nicht bereits in solcher Weise eindeutig geklärt sein, dass schon endgültige
Feststellungen zur Identität und zur Postulationsfähigkeit des Unterzeichners
getroffen werden können; maßgeblich ist insoweit der Erkenntnisstand
zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung (im
Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, juris; vom
26. Juli 2012 - III ZB 70/11, DB 2012, 2042).
BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - VIII ZB 22/12 - OLG Stuttgart
LG Heilbronn
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2012 durch
den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Milger, die Richter Dr. Achilles
und Dr. Schneider sowie die Richterin Dr. Fetzer

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 6. März 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: bis 20.000 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen Lieferung eines angeblich fehlerhaften Bodenbelags in Anspruch; die Beklagte verlangt widerklagend die Begleichung ausstehender Kaufpreisforderungen. Das Landgericht hat mit Schlussurteil vom 28. November 2011 die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage zur Zahlung von 3.849,17 € nebst Zinsen verurteilt. Gegen das am 1. Dezember 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch ihre - bereits in erster Instanz für sie tätig gewordenen - Prozessbevollmächtigten mit am 2. Januar 2012 per Telefax beim Oberlandesgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel vor Ab- lauf der bis zum 1. März 2012 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.
2
Die auf dem Briefbogen der Rechtsanwälte D. H. & Kollegen verfasste Berufungsschrift trägt am Ende die maschinenschriftliche Unterzeichnung : "(T. H. ) Rechtsanwalt"
3
Über diesen maschinenschriftlichen Angaben befindet sich handschriftlich die Abkürzung "i. A.", gefolgt von einer teilweise unleserlichen Unterschrift, die nicht von Rechtsanwalt H. stammt. Mit Verfügung vom 17. Januar 2012 hat das Oberlandesgericht mitgeteilt, es beabsichtige die Berufung als unzulässig zu verwerfen, weil die Berufungsschrift - wie das Kürzel "i.A." belege - nur von einem Erklärungsboten unterzeichnet worden sei. Die Klägerin hat daraufhin durch ihre Prozessbevollmächtigten mit am 30. Januar 2012 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz vortragen lassen, die handschriftliche Unterschrift stamme von der auf dem Briefkopf der Anwaltssozietät aufgeführten und ebenfalls mandatierten Rechtsanwältin E. S. . Sie macht geltend, der Zusatz "i.A." sei gemessen an § 130 Nr. 6 ZPO dann unschädlich , wenn - wie hier - eine mandatierte und postulationsfähige Rechtsanwältin die Berufungsschrift unterzeichnet habe. Zum Beleg dieses Vorbringens trägt der Schriftsatz sowohl die Unterschrift von Rechtsanwalt H. als auch die von Rechtsanwältin S. .
4
Das Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 6. März 2012 die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, mit der Verwendung des Zusatzes "i.A." gebe der Unterzeichnende nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zu erkennen, dass er nicht - wie nach § 130 Nr. 6, § 519 Abs. 4 ZPO gefordert - die Verantwortung für den Inhalt der Berufungsschrift übernehme; vielmehr trete er nur als Erklärungsbote auf. So verhalte es sich auch im Streitfall. Zwar sei die Verwendung des Kürzels "i.A." dann unschädlich, wenn der unterzeichnende Rechtsanwalt zum Kreis der beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwälte zähle und unmittelbar in Ausführung des ihm erteilten Mandats tätig werde. Dies setze jedoch voraus, dass entsprechende Feststellungen vor Ablauf der Rechtsmittelfrist getroffen werden könnten. Daran fehle es hier. Die maschinenschriftlichen Angaben seien auf Rechtsanwalt H. bezogen, der den Schriftsatz nicht unterzeichnet habe. Es fehle eine klarstellende Erläuterung, dass der Schriftzug einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin und nicht einer dritten Person - etwa einer Büroangestellten - zuzuordnen sei. Auch den beigefügten beglaubigten Abschriften des Berufungsschriftsatzes ließen sich keine Hinweise auf die Identität des Unterzeichners entnehmen.
5
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

6
Die frist- und formgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gefordert ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die angefochtene Entscheidung verletzt das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfG, NJW-RR 2002, 1004 mwN; Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775 unter II 1; vom 9. Februar 2010 - VIII ZB 67/09, juris Rn. 7; BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086 unter B II 1 d bb; Beschluss vom 14. Februar 2006 - VI ZB 44/05, NJW 2006, 1521 Rn. 5 mwN). Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die nach § 519 Abs. 4, § 130 Nr. 6 ZPO erforderliche Unterschrift eines Rechtsanwalts in einer mit den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen nicht mehr vereinbaren Weise überspannt und dadurch der Klägerin den Zugang zur Rechtsmittelinstanz unzulässig verwehrt.
8
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Berufungsgericht durfte das Rechtsmittel der Klägerin nicht gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO mit der Begründung als unzulässig verwerfen, die Berufungsschrift sei nicht ordnungsgemäß unterzeichnet worden.
9
a) Nach ständiger Rechtsprechung muss die Berufungsschrift als bestimmender Schriftsatz die Unterschrift des für sie verantwortlich Zeichnenden tragen (BGH, Beschlüsse vom 4. Oktober 1984 - VII ZR 342/83, BGHZ 92, 251, 254 ff.; vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07, NJW 2008, 2508 Rn. 9; vom 9. Dezember 2010 - IX ZB 60/10, juris Rn. 4 mwN). Die Unterschrift soll die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die Verantwortung für den Schriftsatz zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (BGH, Beschlüsse vom 22. November 2005 - VI ZB 75/04, VersR 2006, 387 Rn. 5; vom 9. Dezember 2010 - IX ZB 60/10, aaO; vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, juris Rn. 6; vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, juris Rn. 7; jeweils mwN). Für den Anwaltsprozess bedeutet dies, dass die Berufung von einem dazu bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfasst, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein muss (vgl. [jeweils zur Berufungsbegründung] BGH, Urteile vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, NJW 2003, 2028 unter II 1; vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, aaO unter B II 1 a; Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO; jeweils mwN).
10
b) Gemessen an diesen Vorgaben genügt die mit dem Kürzel "i.A." versehene handschriftliche Unterschrift auf der Berufungsschrift vom 2. Januar 2012 entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts den Anforderungen an eine wirksame Unterzeichnung.
11
aa) Dem Berufungsgericht ist zwar darin beizupflichten, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung in den Fällen, in denen der Unterzeichner einer Rechtsmittelschrift seine Unterschrift mit dem Zusatz "i.A." versieht, grundsätzlich nicht von einer dafür erforderlichen Übernahme der Verantwortung des Unterzeichners für den Inhalt der Rechtsmittelschrift ausgeht, weil der Unterzeichnende damit zu erkennen gibt, dass er dem Gericht gegenüber nur als Erklärungsbote auftritt (BGH, Beschlüsse vom 5. November 1987 - V ZR 139/87, NJW 1988, 210; vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, NJW 1993, 2056 unter II 1; Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, aaO unter II 2; Beschlüsse vom 19. Juni 2007 - VI ZB 81/05, FamRZ 2007, 1638 Rn. 4; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, juris Rn. 8; vgl. ferner BAG, DB 1967, 1904).
12
bb) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist allerdings - wovon auch das Berufungsgericht ausgeht - anerkannt, dass eine mit dem Zusatz "i.A." versehene eigenhändige Unterschrift dann den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Unterzeichnung eines Rechtsmittelschriftsatzes genügt, wenn die auf diese Weise erfolgte Unterschrift von einem Rechtsanwalt stammt, der als Mitglied der mandatierten Anwaltssozietät ebenfalls zum Kreis der Prozessbevollmächtigten zählt (BGH, Beschlüsse vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, aaO unter II 2; vom 19. Juni 2007 - VI ZB 81/05, aaO Rn. 5; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, aaO Rn. 9). In einem solchen Fall muss angenommen werden, dass der mit dem Zusatz "i.A." unterzeichnende Rechtsanwalt nicht lediglich in Wahrnehmung des sozietätsinternen Innenverhältnisses zu dem eigentlichen Sachbearbeiter, sondern zumindest auch in Ausführung des ihm selbst erteilten Mandats tätig geworden ist (BGH, Beschlüsse vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, aaO; vom 19. Juni 2007 - VI ZB 81/05, aaO; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, aaO). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
13
Die Unterschrift stammt - was durch den nach Ablauf der Berufungsfrist eingegangenen Schriftsatz vom 24. Januar 2012 belegt und auch vom Berufungsgericht nicht in Zweifel gezogen wird - von der auf dem Briefkopf der Anwaltssozietät D. · H. & Kollegen aufgeführten Rechtsanwältin E. S. , die allgemein zugelassen und damit auch vor dem Berufungsgericht postulationsfähig ist. Die Klägerin hat unwiderlegt mit Schriftsatz vom 24. Januar 2012 vorgetragen, dass sie alle Sozietätsmitglieder - auch die auf dem Briefkopf der Kanzlei als Sozia ausgewiesene Rechtsanwältin S. - mit der Einlegung der Berufung beauftragt hatte.
14
cc) Anders als das Berufungsgericht meint, steht einer wirksamen Einlegung der Berufung nicht entgegen, dass zum Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist dem Berufungsgericht noch nicht positiv bekannt war, dass die mit dem Zusatz "i.A." versehene eigenhändige Unterschrift von einer Rechtsanwältin stammte, die zum Kreis der Prozessbevollmächtigten der Berufungsführerin zählte. Zwar sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung bei der Prü- fung der Frage, ob ein Rechtsmittelschriftsatz von einem postulationsfähigen Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist, nur solche Umstände zu berücksichtigen , die dem Rechtsmittelgericht bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist bekannt geworden sind (BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, aaO unter B II 1 d cc; Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO Rn. 6). Bei Ablauf der Berufungsfrist war für das Berufungsgericht jedoch hinreichend erkennbar, dass die Berufung von Rechtsanwältin S. als Sozietätsmitglied unterzeichnet worden war. Der Senat kann die Prüfung der für das Vorliegen einer ausreichenden Unterschrift erforderlichen Merkmale selbständig und ohne Bindung an die Ausführungen des Berufungsgerichts vornehmen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775 unter II 2 b mwN; vom 9. Februar 2010 - VIII ZB 67/09, juris Rn. 11). Bei Anlegung des gebotenen großzügigen Maßstabs lässt sich die handschriftliche Unterschrift der auf dem Briefkopf der Kanzlei aufgeführten Rechtsanwältin E. S. zuordnen.
15
(1) Zwar lassen sich dem maschinenschriftlichen Zusatz "(T. H.) Rechtsanwalt" noch keine Hinweise darauf entnehmen, dass ein Rechtsanwalt die Berufungsschrift unterzeichnet hat. Denn durch den handschriftlichen Zusatz "i.A." ist klargestellt, dass die handschriftliche Unterschrift nicht von Rechtsanwalt H. stammt, auf den sich die maschinenschriftlichen Ergänzungen beziehen. Zusätzliche Erläuterungen, die klarstellen, dass auch die Unterzeichnerin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist, fehlen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO Rn. 8).
16
(2) Es lässt sich jedoch aus anderen Umständen hinreichend entnehmen , dass die Unterschrift durch eine Sozietätskollegin des sachbearbeitenden Rechtsanwalts erfolgt ist (zur Bedeutung weiterer Umstände vgl. BGH, Beschluss vom 22. November 2005 - VI ZB 75/04, aaO Rn. 7). Anders als in dem vom IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschiedenen Fall (Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO) trägt der Briefkopf der Berufungsschrift nicht nur den Namen eines Rechtsanwalts. Vielmehr sind auf dem Briefkopf insgesamt 17 aktive Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen aufgeführt, darunter auch Rechtsanwältin E. S. . Dass bei einer solchen Kanzlei alle 17 Rechtsanwälte verhindert sein könnten und daher die Kanzleikraft V. den Schriftsatz unterzeichnet haben könnte, ist mehr als fernliegend. Hinzu kommt, dass es sich bei der Berufungsschrift um einen bestimmenden Schriftsatz handelt , der - was zu dem Grundwissen einer Kanzleikraft gehört - zwingend von einem zugelassenen Rechtsanwalt zu unterschreiben ist und nicht - wie dies bei vorbereitenden Schriftsätzen zulässig ist - im Verhinderungsfall vom Büropersonal unterzeichnet werden darf. Außerdem lässt sich - wie die Beschwerdebegründung zutreffend hervorhebt - die handschriftliche Unterschrift trotz ihrer teilweisen Unleserlichkeit zumindest dahin entziffern, dass in ihr zwei Großbuchstaben enthalten sind, von denen der erste einem "E", einem "T" oder einem "G" ähnelt und der zweite ein "S" oder ein "G" darstellt. Durch die Verwendung von zwei Großbuchstaben steht fest, dass es sich um eine Unterzeichnung mit Vor- und Nachnamen handelt. Da der Nachname mit "S" oder "G" beginnt , ist auszuschließen, dass die unter der Rubrik "Sekretariat" aufgeführte Frau V. den Schriftsatz unterzeichnet hat. Weiter ist der Unterschrift zu entnehmen , dass der mit "S" oder "G" beginnende Nachname mehrere Buchstaben aufweist und mit einem "f" oder "t" ausläuft. Der Schriftzug genügt damit den generellen Anforderungen an eine Unterschrift, weil er individuelle und charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005, aaO, unter II 2 a; vom 9. Februar 2010 - VIII ZB 67/09, aaO Rn. 10; jeweils mwN). Weiter zeigt ein Vergleich mit den auf dem Briefkopf aufgeführten Rechtsanwäl- ten und Rechtsanwältinnen, dass sich der Namenszug bei angemessen großzügiger Betrachtung Frau Rechtsanwältin E. S. zuordnen lässt.
17
(3) Dass die Unterschrift bei Ablauf der Berufungsfrist einer auf dem Briefkopf aufgeführten Rechtsanwältin zugeordnet werden konnte, ist ausreichend. Nicht erforderlich ist dagegen, dass zu diesem Zeitpunkt schon Gewissheit über die Urheberschaft bestand. Denn die Identität eines Rechtsanwalts, der die Rechtsmittelschrift unterzeichnet hat, muss im Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist nicht bereits in solcher Weise eindeutig geklärt sein, dass schon endgültige Feststellungen zur Identität und zur Postulationsfähigkeit des Unterzeichners getroffen werden können (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, aaO Rn. 10 ff. zur Unterzeichnung einer Berufungsbegründung in Vertretung eines anderen Rechtsanwalts; vom 26. Juli 2012 - III ZB 70/11, DB 2012, 2042 Rn. 9 f. zur Unterzeichnung mit dem Vermerk "nach Diktat verreist"; vgl. auch Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO Rn. 10). Maßgeblich ist insoweit der Erkenntnisstand zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung oder - bei einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren - der Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Ver- handlung entspricht (BGH, Beschlüsse vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, aaO Rn. 11; vom 26. Juli 2012 - III ZB 70/11, aaO Rn. 10). Ball Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer
Vorinstanzen:
LG Heilbronn, Entscheidung vom 28.11.2011 - 5 O 52/11 Pe -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 06.03.2012 - 19 U 1/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 9/11
vom
26. Oktober 2011
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Richter
Wendt, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski,
Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 26. Oktober 2011

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. März 2011 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.
Gegenstandswert: 100.000 €

Gründe:


1
I. Das Landgericht hat die auf Rückzahlung eines Darlehens über 100.000 € gerichtete Klage abgewiesen. Dagegen hat die Klägerin fristgerecht Berufung eingelegt. Der Berufungsschriftsatz ist unterzeichnet durch den im Briefkopf allein aufgeführten Rechtsanwalt L. L. . Die innerhalb verlängerter Frist eingegangene Berufungsbegründung enthält auf der letzten Seite über dem maschinenschriftlichen Zusatz "Rechtsanwalt" eine nicht leserliche Unterschrift, die augenscheinlich von den Unterschriften abweicht, mit denen Rechtsanwalt L. seine bisherigen Schriftsätze unterschrieben hat.
2
Auf den Hinweis des Berufungsgerichts, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestünden, hat die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 2. März 2011 erklärt, die Berufungsbegründung sei in Untervollmacht durch Frau Rechtsanwältin Y. G. unterzeichnet worden. Rechtsanwalt L. sei wegen einer plötzlichen Erkrankung an einer Unterschrift verhindert gewesen. Ferner hat die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Mit weiterem Schriftsatz vom 9. März 2011 hat die Klägerin zwei eidesstattliche Versicherungen von Rechtsanwalt L. und Rechtsanwältin G. eingereicht. Aus der eidesstattlichen Versicherung von Rechtsanwältin G. ergibt sich, dass sie seit dem 10. Januar 2011 in der Kanzlei L. als Rechtsanwältin angestellt ist und seit Juli 2010 ihre Zulassung besitzt. Wegen der akuten Erkrankung des Kanzleiinhabers habe sie die Berufungsbegründungsschrift mit ihrem Namen unterzeichnet. Hiergegen habe sie keine Bedenken gehabt, weil sie die Berufungsbegründungsschrift im Wesentlichen selbst erstellt habe.
3
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und zugleich die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde der Klägerin.
4
II. Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach § 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig , da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Insbesondere erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht.
5
1. Das Berufungsgericht hat die Berufung zu Recht als unzulässig verworfen, ohne damit Verfahrensgrundrechte der Klägerinzu verletzen.
6
a) Die hier maßgeblichen Rechtsfragen sind höchstrichterlich bereits geklärt. Gemäß § 130 Nr. 6 ZPO i.V.m. § 520 Abs. 5 ZPO muss die Berufungsbegründung von einem zur Vertretung bei dem Berufungsgericht berechtigten Rechtsanwalt eigenhändig unterschrieben sein. Die Unterschrift soll die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen. Zugleich soll sichergestellt werden, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet wird (BGH, Beschluss vom 22. November 2005 - VI ZB 75/04, VersR 2006, 387 Rn. 5; Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, VersR 2006, 427 unter B II 1 a; Beschlüsse vom 15. Juni 2004 - VI ZB 9/04, VersR 2005, 136 unter 1; vom 28. August 2003 - I ZB 1/03, MDR 2004, 349, 350; Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, VersR 2004, 487 unter II 1). Die Berufungsbegründung muss hierbei von einem dazu bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfasst, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein (BGH, Beschlüsse vom 23. Juni 2005 - V ZB 45/04, NJW 2005, 2709 unter III 2 a bb; vom 31. März 2003 aaO). Nur in Ausnahmefällen kann auf eine Unterschrift verzichtet werden, wenn sich aus den sonstigen Umständen zweifelsfrei ergibt, dass der Prozessbevollmächtigte die Verantwortung für den Inhalt der Rechtsmittelschrift übernommen hat (BGH, Beschlüsse vom 22. November 2005 und 15. Juni 2004, jeweils aaO). Zu berücksichtigen sind hierbei nur dem Berufungsgericht spätestens bis zum Ablauf der Beru- fungsbegründungsfrist bekannt gewordene Umstände (BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 aaO unter B II 1 d cc).
7
b) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Es hat auch im konkreten Fall die Anforderungen an eine wirksame Unterschrift nicht in einer Art und Weise überspannt, die das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 17. November 2009 - XI ZB 6/09, NJW-RR 2010, 358 Rn. 13).
8
aa) Für das Berufungsgericht war schon nicht erkennbar, ob die Berufungsbegründung von einem beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist, weil sich dies weder dem Schriftzug unter der Berufungsbegründung noch anderen Umständen entnehmen ließ (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 22. November 2005 aaO Rn. 7). Unter der handschriftlichen Unterschrift findet sich maschinenschriftlich lediglich der Zusatz "Rechtsanwalt", ohne dass durch weitere Erläuterung klargestellt war, um welche Rechtsanwältin oder welchen Rechtsanwalt es sich handeln soll. Die über der Bezeichnung "Rechtsanwalt" befindliche handschriftliche Unterschrift ist nicht geeignet, einen bestimmten Aussteller zu identifizieren. Aus einem Vergleich mit den bisher durch Rechtsanwalt L. unterzeichneten Schriftsätzen wird im Gegenteil deutlich, dass es sich nicht um seine Unterschrift handelt. Eine konkrete Bezugnahme auf einen anderen Rechtsanwalt ist durch die Berufungsbegründung auch sonst nicht möglich, da diese auf der ersten Seite lediglich Rechtsanwalt L. L. ausweist.
9
Aus den verwendeten Diktatzeichen kann - entgegen der Annahme der Beschwerde - ebenfalls nicht geschlossen werden, dass die Berufungsbegründung durch einen dazu berechtigten Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist. Abgesehen davon, dass die Berufungsbegründung kein reines Diktat-, sondern eher ein Aktenzeichen enthält, konnte das Berufungsgericht aus dem Kürzel "00236/10 YG/rp" nicht erkennen, dass sich hinter dem Kürzel "YG" ein postulationsfähiger Rechtsanwalt befindet. Das Berufungsgericht war ohnehin nicht verpflichtet, das hier verwendete Aktenzeichen mit den in früheren Schriftsätzen enthaltenen Aktenzeichen zu vergleichen, um hieraus irgendwelche Schlüsse auf den unterzeichnenden Rechtsanwalt zu ziehen. Hinzu kommt, dass auch in den früheren durch Rechtsanwalt L. unterschriebenen Schriftsätzen keinesfalls durchgängig ein einheitliches Diktat-/Aktenzeichen verwendet wurde (vgl. Berufungsschrift vom 29. November 2010 sowie Fristverlängerungsanträge vom 20. Dezember 2010 und 31. Januar

2011).


10
Soweit die Klägerin geltend macht, Rechtsanwältin G. habe in Untervollmacht für Rechtsanwalt L. gehandelt, lässt sich das dem Schriftsatz und der Unterschrift nicht entnehmen. Der in derartigen Fällen übliche Zusatz "für Rechtsanwalt …" fehlt hier (vgl. zur Unterschriftsleistung durch einen Unterbevollmächtigten BGH, Urteile vom 11. Oktober 2005 - XI ZR 398/04, NJW 2005, 3773 unter II 2 b; vom 31. März 2003 aaO unter II 2). Es kann gerade nicht ausgeschlossen werden, dass die Unterzeichnung durch einen sonstigen Mitarbeiter erfolgt ist. Im Zeitpunkt des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist war es mithin nicht möglich, die Unterschrift konkret einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt zuzuordnen. Erst wenn überhaupt eine Art von Identifizierung der die Unterschrift leistenden Person möglich ist, kann eine Überprüfung der Postulationsfähigkeit des Unterzeichnenden erfolgen. Durch die nachträgliche Vorlage der Untervollmacht, der eidesstattlichen Versicherungen sowie der Zulassungsurkunde von Rechtsanwältin G. kann dieser Mangel nicht mehr beseitigt werden, da es sich um Umstände handelt, die dem Berufungsgericht erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist zur Kenntnis gebracht wurden.
11
bb) Soweit die Rechtsprechung das Fehlen einer Unterschrift bei Vorliegen besonderer Umstände ausnahmsweise als unschädlich angesehen hat, folgt daraus nicht, dass bei der hier von einer Rechtsanwältin unterschriebenen Berufungsbegründung die erforderliche Form erst recht als gewahrt angesehen werden müsse. Die Unterzeichnung ist nur dann als entbehrlich anzusehen, wenn sich aus den sonstigen Umständen zweifelsfrei ergibt, dass der Rechtsanwalt die Verantwortung für den Inhalt eines fristwahrenden Schriftsatzes übernommen hat. Dies ist etwa anzunehmen, wenn der Mangel der Unterschrift in dem als Urschrift der Berufung gedachten Schriftsatz durch die gleichzeitig eingereichte beglaubigte Abschrift dieses Schriftsatzes behoben wird (BGH, Beschluss vom 3. Mai 1957 - VIII ZB 7/57, BGHZ 24, 179, 180). Ebenso liegt es, wenn die nicht unterschriebene Rechtsmittelbegründungsschrift durch den Rechtsanwalt mit einem von ihm unterzeichneten und mit der Rechtsmittelbegründung fest verbundenen Begleitschreiben eingereicht wird (BGH, Beschlüsse vom 20. März 1986 - VII ZB 21/85, BGHZ 97, 251, 254; ferner vom 28. August 2003 aaO für eine per Computerfax eingelegte Beschwerde). Hier stand es dagegen bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist mangels Vorliegens sonstiger Umstände gerade nicht fest, dass die Berufungsbegründung zweifelsfrei durch einen beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet worden war.

12
2. Auch hinsichtlich der Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages ist die Rechtsbeschwerde nicht zulässig, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Namentlich erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht.
13
a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dient in besonderer Weise dazu, die Rechtsschutzgarantie und das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gebieten es, den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (Senatsbeschluss vom 12. Januar 2011 - IV ZB 14/10, juris Rn. 5; BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 227 f.).
14
b) Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht verstoßen.
15
Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ist einer Partei zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann danach nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen die Möglichkeit offen bleibt, dass die Fristversäumung von der Partei bzw. ihrem Prozessbe- vollmächtigten verschuldet war (BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 aaO unter II 2).
16
aa) Für das eigene Verschulden von Rechtsanwalt L. als Prozessbevollmächtigtem der Klägerin kommt es nicht darauf an, ob er am 7. Februar 2011 wegen einer plötzlichen und schmerzhaften Erkrankung nicht mehr in der Lage war, noch irgendwelche Handlungen vorzunehmen. Vielmehr hat ein Rechtsanwalt allgemeine Vorkehrungen dafür zu treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Er muss seinem Personal die notwendigen allgemeinen Anweisungen für einen solchen Fall geben (BGH, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, VersR 2009, 1684 Rn. 9). Hier fehlt es an jedem Vortrag der Klägerin dazu, welche Vorkehrungen ihr Prozessbevollmächtigter für den Fall getroffen hat, dass er unvorhergesehen ausfällt und an der Unterzeichnung eines fristwahrenden Schriftsatzes gehindert ist. Es ist nicht ersichtlich, welche Maßnahmen er getroffen hat, um sicherzustellen, dass fristwahrende Schriftsätze durch Rechtsanwältin G. in einer Weise unterzeichnet werden, die sie als beim Berufungsgericht zugelassene Rechtsanwältin ausweisen.
17
bb) Schließlich muss die Klägerin sich auch das Verschulden von Rechtsanwältin G. zurechnen lassen. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin und der eidesstattlichen Versicherung von Rechtsanwältin G. ist letztere als Unterbevollmächtigte für den Prozessbevollmächtigten der Klägerin tätig geworden. Bedient sich der Prozessbevollmächtigte einer Partei bei der Bearbeitung eines Rechtsstreits eines angestellten Rechtsanwalts, so muss die Partei sich dessen Verschulden wie eigenes zurechnen lassen, wenn ihm der Rechtsstreit von dem Pro- zessbevollmächtigten zur selbständigen Bearbeitung übergeben worden ist (BGH, Beschlüsse vom 9. Juni 2004 - VIII ZR 86/04, VersR 2005, 810, 811; vom 1. April 1992 - XII ZB 21/92, VersR 1992, 1421 unter 1). Denn in diesem Fall gilt der angestellte Rechtsanwalt als Vertreter des Prozessbevollmächtigten und der Partei selbst. Hier hat Rechtsanwältin G. nicht nur untergeordnete Tätigkeiten vorgenommen, sondern den Inhalt der Berufungsbegründung im Wesentlichen selbst erstellt. Sie hat bei der Unterzeichnung der Berufungsbegründung schuldhaft gehandelt , da sie nicht dafür gesorgt hat, dass aus dem Schriftsatz die Unterzeichnung durch eine dazu bevollmächtigte und beim Berufungsgericht zugelassene Rechtsanwältin ersichtlich wird.
Wendt Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 05.08.2010 - 10 O 17519/08 -
OLG München, Entscheidung vom 18.03.2011- 19 U 5126/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 128/04 Verkündet am:
10. Mai 2005
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________

a) Die in Computerschrift erfolgte Wiedergabe des Vor- und Nachnamens des
Prozeßbevollmächtigten unter einer als Computerfax übermittelten Berufungsbegründungsschrift
stellt keine den Anforderungen des § 130 Nr. 6 2. Halbs.
ZPO genügende Wiedergabe der Unterschrift dar.

b) Das Fehlen der Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten unter der Berufungsbegründungsschrift
kann ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen
, eine Beweisaufnahme nicht erfordernden Umständen eine der Unterschrift
vergleichbare Gewähr dafür ergibt, daß der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung
für den Inhalt der Rechtsmittelbegründungsschrift übernommen und
diese willentlich in den Rechtsverkehr gebracht hat. Dabei sind nur spätestens
bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist dem Berufungsgericht bekannt
gewordene Umstände berücksichtigungsfähig.
BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04 - OLG Braunschweig
LG Göttingen
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 26. Februar 2004 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Be rufung sowie darüber , ob den Klägern wegen einer Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 10. April 2003 ganz überwiegend abgewiesen. Das Urteil ist den Prozeßbevollmächtigten der Kläger am 14. April 2003 zugestellt worden. Die Berufung der Kläger ist am 7. Mai 2003 eingegangen, die Berufungsbegründungsfrist bis zum 16. August 2003 verlängert worden. Am 18. August 2003, einem Montag, ist beim Berufungsgericht als Computer-Fax eine Berufungsbegründung eingegangen, die eine eingescannte Unterschrift des Prozeß-
bevollmächtigten der Kläger nicht enthält. Der Schriftsatz schließt auf der letzten Seite mit dem in der gleichen Computerschrift geschriebenen Vor- und Nachnamen des Prozeßbevollmächtigten der Kläger sowie der Bezeichnung "Rechtsanwalt". Am 25. August 2003 ist die Berufungsbegründung per Post nochmals beim Berufungsgericht eingegangen, und zwar mit der handschriftlichen Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten der Kläger.
Auf den gerichtlichen Hinweis vom 28. Oktober 2003 , daß die am 18. August 2003 als Fax eingegangene Berufungsbegründungsschrift nicht unterschrieben sei, haben die Kläger am selben Tage vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die Kläger machen geltend, zur Fristwahrung reiche die Berufungsbegründungsschrift auch ohne eine eingescannte Unterschrift aus. Aus der Begründungsschrift lasse sich auch so die Urheberschaft des Prozeßbevollmächtigten und sein Wille, das Schreiben in den Verkehr zu bringen, entnehmen. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages tragen die Kläger vor, daß ihr Prozeßbevollmächtigter die Berufungsbegründungsschrift als Fax um 18.36 Uhr mit allen 26 Seiten versandt habe, und zwar auf der letzten Seite oberhalb der Wiedergabe seines Namens mit seiner eingescannten Unterschrift.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Berufungsgeri cht den Antrag der Kläger auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Revision der Kläger, die das Berufungsgericht nur beschränkt zugelassen hat.

Entscheidungsgründe:


A.


Die Revision ist insgesamt statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Zwar hat das Berufungsgericht im Urteilstenor und in den Entscheidungsgründen die Revision nur zugelassen, "soweit die Berufung als unzulässig verworfen worden ist". Diese Beschränkung der Zulassung der Revision ist aber unzulässig. Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffes beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (BGHZ 101, 276, 278 f.; 111, 158, 166, st.Rspr.). Unzulässig ist es hingegen, die Zulassung der Revision auf eine bestimmte Rechtsfrage oder ein Entscheidungselement des Urteils zu beschränken (BGHZ 90, 318, 320; 101, aaO; BGH, Urteil vom 26. März 1982 - V ZR 149/81, NJW 1982, 1535 m.w.Nachw.). Da auch die Frage der Zulässigkeit der Berufung ein solches nicht selbständig anfechtbares Urteilselement darstellt, ist die Beschränkung der Zulassung der Revision auf diese Frage unzulässig (BGH, Urteile vom 6. Mai 1987 - IVb ZR 52/86, NJW 1987, 3264 f. und vom 3. Mai 2001 - XII ZR 62/99, NJW 2001, 2259).
Fehlt es danach an einer wirksamen Beschränkung de r Zulassung, so ist allein die Beschränkung, nicht aber die Zulassung unwirksam, die Revision daher unbeschränkt zugelassen (Senatsurteile vom 20. Mai
2003 - XI ZR 248/02, WM 2003, 1370, 1371, vom 23. September 2003 - XI ZR 135/02, WM 2003, 2232, 2233, vom 20. April 2004 - XI ZR 171/03, WM 2004, 1230, 1231 und vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 255/03, WM 2005, 127, 128). Die von den Klägern hinsichtlich der Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist damit gegenstandslos.

B.


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht (NJW 2004, 2024) hat im wesent lichen ausgeführt :
Die Berufung sei unzulässig, weil die Kläger sie i nnerhalb der bis zum 18. August 2003 laufenden Berufungsbegründungsfrist nicht wirksam begründet hätten. Wirksamkeitsvoraussetzung hierfür sei eine eingescannte Unterschrift oder zumindest ein Vermerk, daß eine Unterzeichnung wegen der gewählten Übertragungsform nicht erfolgen könne. Die an ein Oberlandesgericht gerichtete Berufungsbegründung bedürfe nach § 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6, § 78 Abs. 1 ZPO grundsätzlich der Unterschrift eines bei einem Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalts. Das Erfordernis der Unterschrift solle gewährleisten, daß der Schriftsatz tatsächlich vom Prozeßbevollmächtigten herrühre, dieser für
seinen Inhalt die Verantwortung übernehme und daß der Wille, das Schriftstück in den Verkehr zu bringen, hinreichend sicher festgestellt werden könne. Darauf, ob ohne die Unterschrift in einem dieser drei Punkte Zweifel bestünden, komme es nach der bisherigen Rechtsprechung in der ordentlichen Gerichtsbarkeit nicht an.
Bei der Einlegung und Begründung von Berufungen du rch Telefax (Telekopie) sei die Übermittlung des unterschriebenen anwaltlichen Schriftsatzes per Kopie erforderlich; dabei reiche die kopierte Unterschrift aus, sei aber auch notwendig. Hier sei die Berufungsbegründung durch ein sogenanntes Computer-Fax erfolgt. Diese Art der Übermittlung bestimmender Schriftsätze sei durch den Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 anerkannt. Danach sei aber erforderlich, daß die Person des Erklärenden dadurch eindeutig bestimmt werde, daß seine Unterschrift in dem Computer -Fax eingescannt oder darin der Hinweis enthalten sei, daß der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne. Auch ein derartiger Hinweis fehle hier. Über diese großzügige Handhabung könne nicht hinausgegangen und deshalb auf die Unterschrift bzw. ein Unterschriftssurrogat nicht völlig verzichtet werden. Insbesondere reiche der in gleicher Schrift wie im Schriftsatz verwendete darunter gesetzte Name des Prozeßbevollmächtigten nicht aus.
Das Berufungsgericht könne aus Gründen der Rechtss icherheit nicht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgen, nach der sich bei Fehlen einer erforderlichen Unterschrift die Erfüllung der Formerfordernisse nach den Umständen des Einzelfalls bestimme. Würde in vorliegendem Fall auf das Erfordernis einer eingescannten Unter-
schrift oder eines Vermerks, daß wegen der Übermittlung in elektronischer Form das Schriftstück nicht unterschrieben werde, verzichtet, so wäre das Unterschriftserfordernis für das Computer-Fax hinfällig, aber auch bei herkömmlich übermittelten Schriftsätzen kaum mehr zu rechtfertigen.
Der Wiedereinsetzungsantrag sei unbegründet. Es se i nicht glaubhaft gemacht, daß ein Bedienungsfehler des Prozeßbevollmächtigten der Kläger als Ursache für das Fehlen der eingescannten Unterschrift ausscheide.

II.


Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Übe rprüfung im Ergebnis stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Berufung der Kläger als unzulässig verworfen, weil die Berufung innerhalb der Berufungsbegründungsfrist nicht wirksam begründet worden ist (1.). Auch die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist rechtlich nicht zu beanstanden (2.).
1. a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgeri chtshofes und vor ihm schon des Reichsgerichts (RGZ 31, 375, 377; 151, 82, 83; BGHZ 37, 156, 157; 92, 251, 255 f.; 97, 283, 284 f.) muß die Berufungsbegründung als bestimmender Schriftsatz die Unterschrift des für sie verantwortlich Zeichnenden tragen. Die Unterschrift ist grundsätzlich Wirksamkeitserfordernis. Sie soll die Identifizierung des Urhebers der schrift-
lichen Prozeßhandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (BGHZ 37, 156, 157; 75, 340, 349; 97, 283, 285). Das letztgenannte Erfordernis soll sicherstellen , daß es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern daß es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist (BGHZ 75, 340, 349; 144, 160, 162). Für den Anwaltsprozeß bedeutet dies, daß die Berufungsbegründung von einem dazu Bevollmächtigten und bei dem Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfaßt, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein muß (BGHZ 97, 251, 253 f.; BGH, Urteile vom 29. Oktober 1997 - VIII ZR 141/97, NJW-RR 1998, 574 und vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, NJW 2003, 2028).

b) Hat die Rechtsprechung bisher grundsätzlich für bestimmende fristwahrende Schriftsätze zur Sicherstellung dieser prozeßrechtlichen Anforderungen die handschriftliche Unterschriftsleistung des Berechtigten verlangt, so sind doch hiervon vor allem im Hinblick auf den technischen Fortschritt in einem erheblichen Umfang Ausnahmen zugelassen worden. So hat die Rechtsprechung bereits früh die Übermittlung einer Rechtsmittelschrift und anderer bestimmender Schriftsätze durch ein Telegramm oder mittels Fernschreiben für zulässig erachtet (vgl. die Nachweise bei BGHZ 144, 160, 162 ff.). Auch die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax ist in allen Gerichtszweigen uneingeschränkt zulässig (vgl. BGHZ 144, 160, 164 m.w.Nachw.). Für eine - wie hier - durch Computer-Fax übermittelte Berufungsbegründung hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes am 5. April 2000 entschieden (BGHZ 144, 160), daß in Prozessen mit Vertretungszwang be-
stimmende Schriftsätze formwirksam durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift auf ein Faxgerät des Gerichts übermittelt werden können. Zur Begründung hat er ausgeführt (aaO S. 165), der Zweck der Schriftform, die Rechtssicherheit und insbesondere die Verläßlichkeit der Eingabe zu gewährleisten, könne auch im Falle einer derartigen elektronischen Übermittlung gewahrt werden. Entspreche ein bestimmender Schriftsatz inhaltlich den prozessualen Anforderungen , so sei die Person des Erklärenden in der Regel dadurch eindeutig bestimmt, daß seine Unterschrift eingescannt oder der Hinweis angebracht sei, daß der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne.

c) Nach § 130 Nr. 6 1. Halbs. ZPO sollen die vorbe reitenden Schriftsätze die Unterschrift der Person enthalten, die den Schriftsatz verantwortet. Halbs. 2 dieser von der Rechtsprechung für bestimmende Schriftsätze stets als zwingend angesehenen Vorschrift fordert bei Übermittlung durch einen Telefax-Dienst (Telekopie) "die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie". Der Wortlaut des § 130 Nr. 6 ZPO beruht auf der Neufassung durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13. Juli 2001 (BGBl. I S. 1542). Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu diesem Gesetz (BTDrucks. 14/4987, S. 23) ist eine Korrektur der Rechtsprechung zum Unterschriftserfordernis nicht beabsichtigt; dies sei im Hinblick auf die Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 nicht geboten. In der Gegenäußerung der Bundesregierung (BT-Drucks. 14/4987, S. 43 f.) zur Stellungnahme des Bundesrates werden Inhalt und Begründung des Beschlusses des Ge-
meinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 ausführlich wiedergegeben. Wenn der Gesetzgeber dann in der Neufassung des § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO in Kenntnis dieser Rechtsprechung und der technischen Entwicklung für den Fall der Übermittlung eines Schriftsatzes durch ein Telefax ausdrücklich "die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie" verlangt, spricht angesichts des eindeutigen Gesetzestextes sehr viel dafür, daß die vom Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes für den Fall eines ComputerFaxes für zulässig gehaltene Ersetzung der Unterschrift durch den Hinweis , daß der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne, nicht mehr als zulässig angesehen werden kann (so Musielak/Stadler, ZPO 4. Aufl. § 129 Rdn. 11; Stein/Jonas/ Leipold, ZPO 22. Aufl. § 130 Rdn. 49; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht 16. Aufl. § 65 Rdn. 14; Hannich/Meyer-Seitz/Schwartze, ZPO-Reform 2002 § 130 Rdn. 5 (S. 336); Krüger/Bütter MDR 2003, S. 181, 182). Dafür spricht auch, daß die Unterschrift beim ComputerFax ohne nennenswerte Schwierigkeiten eingescannt werden kann, so daß kein überzeugender Grund besteht, darauf entgegen dem Gesetzeswortlaut zu verzichten.
Diese Frage bedarf jedoch vorliegend keiner abschl ießenden Entscheidung. Weder enthält das am Abend des 18. August 2003 übermittelte Computer-Fax einen Hinweis, daß eine Unterschrift wegen der gewählten Übertragungsform nicht möglich sei, noch beabsichtigte der Prozeßbevollmächtigte der Kläger, der Berufungsbegründung einen derartigen Hinweis beizufügen. Vielmehr hat er nach eigenen Angaben versucht , das Computer-Fax mit seiner eingescannten Unterschrift zu übermitteln.

Die Wiedergabe des Vor- und Nachnamens des Prozeßb evollmächtigten der Kläger mit der daruntergesetzten Bezeichnung "Rechtsanwalt" am Ende des Computer-Faxes genügt als solche nicht den Anforderungen des § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO. Diese Bestimmung fordert nach ihrem eindeutigen Wortlaut die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie, also des handschriftlichen Namenszuges. Dem entspricht eine maschinen- oder computerschriftliche "Unterzeichnung" nicht (Stein/ Jonas/Leipold, aaO § 130 Rdn. 48). Sofern der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes diesbezüglich eine andere Auffassung zu entnehmen sein sollte, genügt die Wiedergabe des Namens in Druckbuchstaben jedenfalls nach der Neufassung des § 130 Nr. 6 ZPO nicht mehr (Musielak/Stadler, aaO § 129 Rdn. 11; Dästner NJW 2001, 3469, 3470 Fn. 10; Krüger/Bütter, aaO).

d) aa) Stellt somit die eigenhändige Unterschrift eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine unerläßliche Wirksamkeitsvoraussetzung für fristwahrende bestimmende Schriftsätze im Anwaltsprozeß dar, so sind jedoch auch von diesem Grundsatz Ausnahmen möglich. Das Erfordernis der Schriftlichkeit ist nämlich kein Selbstzweck (vgl. BGHZ 97, 283, 285). Es soll, wie der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes in seiner Entscheidung vom 30. April 1979 (BGHZ 75, 340, 348 f.) dargelegt hat, gewährleisten, daß aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht , hinreichend zuverlässig entnommen werden können; außerdem muß feststehen, daß es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern daß es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist. Deshalb kann das Fehlen einer Unter-
schrift bei Vorliegen besonderer Umstände ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen ergibt, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen.
Das ist - was das Berufungsgericht verkannt hat - nicht nur ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 10, 1, 2; 81, 32, 36 f.; BVerwG NJW 1995, 2121, 2122; 2003, 1544), des Bundessozialgerichts (BSG NJW 1997, 1254, 1255; 2001, 2492, 2493), des Bundesfinanzhofs (BFHE 111, 278, 285; 148, 205, 207 f.; BFH, BFH/NV 2000, 1224) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG NJW 1979, 183), sondern - ungeachtet bestehender Unterschiede der verschiedenen Verfahrensordnungen - grundsätzlich auch des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 24, 179, 180; 37, 156, 160; 97, 251, 254; BGH, Beschluß vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 46/03, BGH-Report 2004, 406). So hat der Bundesgerichthof mit Beschluß vom 3. Mai 1957 (BGHZ 24, 179, 180) entschieden, daß der Mangel der Unterschrift in dem als Urschrift der Berufung gedachten Schriftsatz durch die gleichzeitig eingereichte beglaubigte Abschrift dieses Schriftsatzes behoben wird, auf der der Beglaubigungsvermerk von dem Prozeßbevollmächtigten handschriftlich vollzogen worden ist. In einer anderen Entscheidung (BGHZ 97, 251, 254) hat der Bundesgerichtshof das Fehlen einer Unterschrift auf der Berufungsbegründung für unschädlich erachtet, wenn auch ohne die Unterschrift des Rechtsmittelanwalts aus anderen, eine Beweisaufnahme nicht erfordernden Umständen, zweifelsfrei feststeht, daß der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Rechtsmittelbegründungsschrift übernommen hat, und letzteres in einem Fall bejaht, in dem die Berufungsbegründungsschrift fest mit einem von dem Rechtsanwalt unter-
zeichneten Begleitschreiben verbunden war (vgl. auch BGHZ 37, 156, 160). Und mit Beschluß vom 9. Dezember 2003 (VI ZB 46/03, BGHReport 2004, 406) hat der Bundesgerichtshof für den Fall des Fehlens einer Unterschrift unter einer Berufungsbegründungsschrift entschieden, daß sich zumindest aus den Umständen eindeutig ergeben müsse, daß der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Begründungsschrift übernommen habe. Ob entsprechende Anforderungen bei einem Computer-Fax eines Klägers gegeben sind, das mit dem Satz endet "Dieser Brief wurde maschinell erstellt, wird nicht eigenhändig unterschrieben" (so BSG NJW 1997, 1254 f.), bedarf keiner Entscheidung, da es hier an einem solchen Hinweis fehlt. Eine Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ist deshalb im Hinblick auf die angeblich abweichende Entscheidung des Bundessozialgerichts entgegen der Ansicht der Revision nicht veranlaßt, zumal der hier maßgebliche § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO über die Anforderungen an eine Telekopie erst nach der zitierten Entscheidung des Bundessozialgerichts in die Zivilprozeßordnung eingefügt worden ist.
bb) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes zur ausnahmsweisen Wirksamkeit nicht unterzeichneter Rechtsmittelbegründungsschriften trägt dem Anspruch der Prozeßbeteiligten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip) sowie ihren Rechten aus Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG Rechnung, die es verbieten, den Zugang zur jeweiligen nächsten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. BVerfGE 40, 272, 274 f.; 41, 23, 26; 41, 323, 326 f.; 44, 302, 305 f.; 74, 228, 234; 77, 275, 284; 110, 339, 342). An die Beachtung formeller
Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Rechtsschutzbegehrens dürfen aus diesem Grund keine überspannten Anforderungen gestellt werden (BVerfG NJW 2002, 3534).
cc) Entgegen der Auffassung der Revision ergeben h ier die Umstände im Zusammenhang mit der Übermittlung der Berufungsbegründungsschrift nicht eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft des Prozeßbevollmächtigten der Kläger sowie seinen Willen, für ihren Inhalt die Verantwortung zu übernehmen und sie an das Berufungsgericht zu übermitteln. Die Tatsache, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger bereits rechtzeitig Berufung gegen das landgerichtliche Urteil eingelegt hat, reicht hierfür ebensowenig aus wie der gedruckte Briefkopf auf dem Begründungsschriftsatz; beides bietet keine der Unterschrift vergleichbare Gewähr dafür, daß das Schriftstück von einer beim Berufungsgericht postulationsfähigen Person stammt und mit deren Willen in den Verkehr gebracht worden ist (vgl. BVerwG NJW 2003, 1544). Auch der Umstand, daß nach Fristablauf beim Berufungsgericht ein mit dem Computer-Fax seinem Inhalt und seiner Form nach gleicher und von dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger persönlich unterschriebener Begründungsschriftsatz eingegangen ist, reicht insoweit nicht aus (vgl. BVerwG Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 16), da nur spätestens bei Ablauf der Begründungsfrist bekannt gewordene Umstände berücksichtigungsfähig sind (BVerwG NJW 2003, 1544).
Der am Ende des Computer-Faxes mit dem Zusatz "Rec htsanwalt" wiedergegebene Vor- und Nachname des Prozeßbevollmächtigten der Kläger bietet ebenfalls keine ausreichende Gewähr dafür, daß dieser die Verantwortung für die Berufungsbegründung übernommen und diese wil-
lentlich an das Berufungsgericht übermittelt hat. Rechtsmittelbegründungsschriften müssen nicht von einem am Rechtsmittelgericht zugelassenen Rechtsanwalt gefertigt sein. Sie werden in der Praxis vielfach von Korrespondenzanwälten, wissenschaftlichen Mitarbeitern oder nicht am Rechtsmittelgericht zugelassenen Sozien unterschriftsreif vorbereitet. Dem Umstand, daß unter der für die Unterschrift vorgesehenen Stelle der Name eines Rechtsanwalts vermerkt ist, ist daher nicht ausreichend sicher zu entnehmen, daß der Entwurf von diesem Rechtsanwalt verfaßt worden ist, sondern kann auch bedeuten, daß der tatsächliche Verfasser die eigenverantwortliche Prüfung des Inhalts des bestimmenden Schriftsatzes und seine Unterzeichnung durch den namentlich genannten Rechtsanwalt vorgesehen hat. Ob dieser für den Inhalt des Schriftsatzes bereits die Verantwortung übernommen hat, ist danach in Fällen wie hier völlig offen.
Entgegen der Auffassung der Revision kann auch dem Umstand, daß das Computer-Fax dem Berufungsgericht am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist übermittelt worden ist, nicht mit einer für den Anwaltsprozeß erforderlichen Sicherheit entnommen werden, daß es sich dabei nicht um einen bloßen Entwurf handelte. Allein der Zeitpunkt der Übermittlung eines nicht unterzeichneten bestimmenden Schriftsatzes sagt für sich genommen noch nichts darüber aus, ob er von einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt verantwortet wird. Gerade der drohende Ablauf einer Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist kann einem nicht postulationsfähigen Verfasser der Rechtsmittelbegründung vielmehr Veranlassung geben, zur Fristwahrung einen Schriftsatz zu übermitteln, den der namentlich genannte Rechtsanwalt noch nicht eigenverantwortlich geprüft hat. Daß der Inhalt der als Computer-
Fax übermittelten Berufungsbegründung von dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger verantwortet und von ihm bewußt in den Verkehr gebracht worden ist, läßt sich danach hier mit der erforderlichen Sicherheit nicht feststellen.
2. Auch die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist greift die Revision ohne Erfolg an. Das Berufungsgericht hat einen Fehler am Empfangsgerät des Oberlandesgerichts als fernliegend angesehen und ausgeführt , es komme entweder ein technischer Fehler im Sendegerät oder aber ein vom Prozeßbevollmächtigten der Kläger verschuldeter Bedienungsfehler als Ursache für das Fehlen einer eingescannten Unterschrift in dem Computer-Fax in Betracht. Es sei aber nicht glaubhaft gemacht, daß ein Bedienungsfehler des Prozeßbevollmächtigten als Ursache für das Fehlen der eingescannten Unterschrift ausscheide. Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten ist einer Partei zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann danach nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen die Möglichkeit offenbleibt, daß die Fristversäumung von der Partei bzw. ihrem Prozeßbevollmächtigten verschuldet war (BGH, Beschlüsse vom 26. September 1991 - I ZB 12/91, NJW 1992, 574, 575, vom 18. Oktober 1995 - I ZB 15/95, NJW 1996, 319 und vom 26. Juli 2004 - VIII ZR 10/04, NJW-RR 2005, 143, 145).
Zu Recht hat das Berufungsgericht hier einen Bedie nungsfehler des Prozeßbevollmächtigten der Kläger, der dazu geführt hat, daß das Fax ohne eingescannte Unterschrift übermittelt worden ist, nicht als ausgeschlossen angesehen. Der Prozeßbevollmächtigte einer Partei hat mit der Bedienung technischer Geräte, die er selbst zur Übermittlung bestimmender Schriftsätze einsetzt, soweit vertraut zu sein, daß die Übermittlung in der Form sichergestellt ist, die von § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO vorgeschrieben ist. Daß das Berufungsgericht es als glaubhaft gemacht angesehen hat, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger weder bei der Übermittlung noch später einen Bedienungsfehler bemerkt hat, schließt einen verschuldeten Bedienungsfehler nicht aus. Das Berufungsgericht weist insoweit zu Recht darauf hin, daß Bedienungsfehler am Computer unbemerkt bleiben können. Damit hat das Berufungsgericht die an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts zu stellenden Anforderungen nicht in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise überspannt.

III.


Die Revision der Kläger konnte danach keinen Erfol g haben und war deshalb zurückzuweisen.
Nobbe Richter am Bundes- Joeres gerichtsh of Dr. Müller ist wegen Urlaubs gehindert , seine Unterschrift b eizufügen. Nobbe Wassermann Mayen

Tatbestand

1

Die Klägerin zu 1 betreibt in der Rechtsform der Aktiengesellschaft einen Großteil der Eisenbahnschienenwege in Deutschland. Ihre Gesellschaftsanteile werden von der Klägerin zu 2 gehalten, an die sie auch durch einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag gebunden ist. Die Klägerin zu 2 ist ebenfalls eine Aktiengesellschaft, deren Aktien die beklagte Bundesrepublik Deutschland hält. Zu ihrem Konzern gehören neben der Klägerin zu 1 auch verschiedene Eisenbahnverkehrsunternehmen. Für ihre Konzerntöchter hält sie verschiedene zentrale Servicefunktionen vor, die von diesen durch eine Konzernumlage finanziert werden. Dazu zählt eine zentrale Rechtsabteilung, in der etwa 160 Juristen - im Folgenden: Konzernjuristen - beschäftigt sind, die überwiegend auch als Rechtsanwälte zugelassen sind. Diese berät und vertritt alle Gesellschaften des Konzerns, so auch die Klägerin zu 1, namentlich in Regulierungssachen gegenüber der Bundesnetzagentur und anderen Stellen.

2

Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit der Inanspruchnahme dieser Dienste durch die Klägerin zu 1 in Angelegenheiten, die die Zuweisung von Zugtrassen und die Wegeentgelte betreffen. Anlass hierzu bot der Erlass von § 9a AEG im Jahre 2005, der in Umsetzung europarechtlicher Richtlinien die Unabhängigkeit der Betreiber von Schienenwegen von Eisenbahnverkehrsunternehmen in netzzugangsrelevanten Entscheidungen sicherzustellen sucht.

3

Die Klägerinnen haben auf die Neuregelung mit verschiedenen organisatorischen Maßnahmen reagiert. Im Mai 2005 haben sie ihren Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag dahin geändert, dass von dem Weisungsrecht der Klägerin zu 2 die Unabhängigkeit der Klägerin zu 1 in netzzugangs- und entgeltrelevanten Fragen unberührt bleibe. Zugleich bestimmte die Klägerin zu 1, dass Vorstandsmitglieder, die auch Funktionen in Eisenbahnverkehrsunternehmen ausübten, von Entscheidungen in Netzzugangs- und Entgeltfragen ausgeschlossen seien. Die Klägerin zu 2 bildete in der konzernzentralen Rechtsabteilung (GR) in der Unterabteilung "Regulierungs-, Wettbewerbs- und Kartellrecht" (GRK) ein eigenständiges Arbeitsgebiet "Regulierung" (GRK R, später GRK 1 bzw. ARK 1), das aus sieben Juristen besteht und mit der umfassenden und ausschließlichen Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Eisenbahninfrastrukturunternehmen des Konzerns, darunter vor allem der Klägerin zu 1, gegenüber der Bundesnetzagentur und anderen staatlichen Stellen in sämtlichen Netzzugangs- und Regulierungsverfahren betraut ist. Die Juristen dieses Arbeitsgebiets unterstehen dem Direktionsrecht des Leiters der Unterabteilung GRK. Nach einer Arbeitsanweisung ist ihnen nicht gestattet, in ihrem Arbeitsgebiet Eisenbahnverkehrsunternehmen zu beraten oder zu vertreten oder deren Interessen wahrzunehmen; Informationen haben sie vertraulich zu behandeln. Innerhalb der Klägerin zu 1 sind die Aufgaben betreffend Netzzugang und Wegeentgelte dem Vorstandsressort "Marketing/Vertrieb (I.NM)" zugewiesen. Operative Entscheidungen werden dezentral von den regionalen Niederlassungen getroffen. Ihnen ist die zentrale Organisationseinheit "Grundsätze Netzzugang/Regulierung" (I.NMN) vorgeordnet, die mit fünf Mitarbeitern besetzt ist, davon zwei Juristen. Zu ihren Aufgaben gehört es, in Abstimmung mit der zuständigen Konzernrechtsabteilung über die Einlegung von Rechtsbehelfen gegen Maßnahmen der Aufsichts- und Regulierungsbehörden zu entscheiden. Die Erarbeitung von Entgeltgrundsätzen obliegt der zentralen Organisationseinheit "Marketing/Preispolitik" (I.NMM), deren Mitarbeiter nach einer internen Konzernrichtlinie keinerlei Einflussnahmen Dritter außerhalb der Klägerin zu 1 zulassen dürfen. Schließlich bestellte die Klägerin zu 1 einen Unabhängigkeitsbeauftragten.

4

Mit Bescheid vom 24. November 2006 untersagte das Eisenbahn-Bundesamt der Klägerin zu 1, bei Entscheidungen über den Netzfahrplan, bei der sonstigen Zuweisung von Zugtrassen und bei Entscheidungen über die Wegeentgelte nebst der Vorbereitung dieser Entscheidungen Juristen der Klägerin zu 2 mit der Rechtsberatung oder Rechtsvertretung zu beauftragen, und verpflichtete sie, die damit angeordnete Umorganisation ihrer rechtlichen Beratung und Vertretung unverzüglich anzuzeigen. Zur Begründung hieß es: Seit 2005 seien öffentliche Betreiber der Schienenwege gesetzlich verpflichtet, rechtlich, organisatorisch und in ihren Entscheidungen von Eisenbahnverkehrsunternehmen unabhängig zu sein, soweit Entscheidungen über die Zuweisung von Zugtrassen und über die Wegeentgelte betroffen seien. Zum einen dürften derartige Entscheidungen nur von dem Personal des Betreibers der Schienenwege getroffen werden, das keine Funktionen in Eisenbahnverkehrsunternehmen oder mit diesen verbundenen Unternehmen ausübe (§ 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG); zum anderen müssten in Infrastrukturunternehmen, die über ein Mutterunternehmen mit einem Eisenbahnverkehrsunternehmen verbunden sind, unternehmensinterne Regelungen bestehen, die die Einflussnahme Dritter auf diese Entscheidungen unterbänden (§ 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG). Gegen beide Gebote verstoße die Klägerin zu 1, wenn sie - ohne eigene Rechtsabteilung - sich von Juristen der zentralen Rechtsabteilung ihrer Konzernmutter bei Fragen der Zuweisung von Zugtrassen und der Wegeentgelte beraten und vertreten lasse. Das personelle Trennungsgebot betreffe nicht nur Entscheidungen im operativen Geschäft, sondern schon jede Grundsatzentscheidung wie die Formulierung der "Schienennetz-Benutzungsbedingungen (SNB)", und nicht nur die Entscheidungen selbst, sondern auch deren Vorbereitung und erfasse deshalb auch die Beratung der Entscheidungsorgane der Klägerin zu 1 und deren Vertretung im Rechtsverkehr. Durch die Beauftragung von Juristen der Konzernmutter werde dieser und mittelbar auch den Konzernschwestern die Möglichkeit der Einflussnahme eröffnet, womit zugleich gegen das Gebot der Unterbindung derartiger Einflussnahmen verstoßen werde. Ob es tatsächlich zu Einflussnahmen der Konzernmutter gekommen sei, sei unerheblich, da im Interesse eines auch in den Augen der Wettbewerber und der Öffentlichkeit neutralen Netzbetreibers bereits die Möglichkeit der Einflussnahme unterbunden werden solle.

5

Die verfügte Untersagung sei auch erforderlich, um die gesetzlichen Anforderungen sicherzustellen, mildere Mittel seien nicht ersichtlich. Namentlich reichten die internen Organisationsregeln der Klägerinnen nicht aus. Der Beherrschungsvertrag zwischen den Klägerinnen sehe zwar vor, dass die Klägerin zu 2 der Klägerin zu 1 keine Weisungen erteile, die deren rechtlicher und organisatorischer Unabhängigkeit in Bezug auf Entscheidungen über die Zuweisung von Zugtrassen und die Wegeentgelte zuwiderliefen; er wiederhole damit aber lediglich den Gesetzeswortlaut. Dasselbe gelte für die Geschäftsordnung des Vorstandes der Klägerin zu 1, wonach Vorstandsmitglieder, die Funktionen in verbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmen ausübten, von der Beschlussfassung über Entscheidungen zu den in Rede stehenden Gegenständen ausgeschlossen seien. Auch die neuen - seinerzeit noch geplanten - Bestimmungen der unternehmensinternen Richtlinie 048.2001 seien unzureichend. Auch wenn die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung hiernach auf den Zeitraum nach Abschluss des Entscheidungsprozesses beschränkt werde, so bleibe die Modifikation der getroffenen Entscheidung doch unbenommen; zugleich würden künftige Entscheidungen vorgeprägt. Zudem betreffe die Beschränkung nur die rechtliche Vertretung und lasse die vorherige Beratung unberührt. Die weitere Bestimmung, Geschäftsgeheimnisse der Klägerin zu 1 und ihrer Kunden geheimzuhalten, und das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen seien intransparent und nicht zu überwachen und schon deshalb ungeeignet, die gesetzlichen Anforderungen zu erreichen. Sie seien ohnehin wenig praxistauglich, zumal sich eine Interessenkollision auch erst einige Zeit nach Auftragserteilung herausstellen könne, eine Auftragskündigung aber wenig wahrscheinlich sei; auch sei die Vertretung gegenläufiger Interessen in nachfolgenden Verfahren ebensowenig ausgeschlossen wie die gleichzeitige Vertretung gegenläufiger Interessen durch enge Kollegen und deren Einflussnahme im Wege kollegialer Kommunikation.

6

Mit ihren Widersprüchen rügten die Klägerinnen einen Eingriff in ihre unternehmerische Organisationsfreiheit, wenn die Einrichtung zentraler Servicefunktionen im Konzern verboten und damit die Erzielung entsprechender Synergieeffekte unmöglich gemacht werde; damit werde die Konzernstruktur insgesamt in Frage gestellt. Ein derartiger Eingriff bedürfe einer eindeutigen gesetzlichen Grundlage und eines überragenden öffentlichen Belangs. An beidem fehle es. Das Gesetz begründe zwar Betreiberpflichten, überlasse es aber der unternehmerischen Freiheit, mit welchen Maßnahmen diese Pflichten umzusetzen seien. In der Sache untersage es nur die bestimmende Einflussnahme auf die Entscheidungen der Organe des Schienenbetreibers, nicht aber den gesamten vorherigen Prozess der Entscheidungsfindung und auch nicht den anschließenden Vollzug der Entscheidung in einzelnen Anwendungsfällen einschließlich der Verteidigung einer Maßnahme gegenüber Behörden und vor Gericht. Sowohl das Europarecht als auch ein Vergleich mit dem Energiewirtschafts- und dem Aktienrecht sprächen für diese enge Auslegung. An den eigentlichen Entscheidungen in diesem Sinne wirkten die Juristen der Konzernmutter aber nicht mit. Sie berieten die Klägerin zu 1 nur zum rechtlichen Rahmen, aber nicht zum Inhalt einer Entscheidung und verträten sie im Folgenden nur in einzelnen Anwendungsfällen. Die Entscheidungen würden von den Organen der Klägerin zu 1 getroffen, nämlich von deren Vorstand und von der Organisationseinheit I.NMN.

7

Den Widerspruch der Klägerin zu 1 wies das Eisenbahn-Bundesamt mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2007, denjenigen der Klägerin zu 2 mit Widerspruchsbescheid vom 17. April 2007 zurück. Der Widerspruch der Klägerin zu 2 sei unzulässig. Sie sei nicht Adressatin des Untersagungsbescheides. Sie könne auch nicht als Dritte in ihrer unternehmerischen Entscheidungsfreiheit betroffen sein; als ein reines Staatsunternehmen sei sie nicht grundrechtsfähig. Der Widerspruch der Klägerin zu 1 sei aus den Gründen der Ausgangsentscheidung unbegründet; was die Klägerin einwende, greife nicht durch. Insbesondere sei der Begriff der "Entscheidung" im Eisenbahngesetz gerade im Gegensatz zu dem Begriff der "Letztentscheidung" im Energiewirtschaftsgesetz weit zu verstehen.

8

Das Verwaltungsgericht hat die Klagen mit Urteilen vom 14. November 2007 abgewiesen. Die Klägerin zu 2 sei nicht in eigenen Rechten betroffen. Ob sie auch als öffentliches Unternehmen wegen Art. 87e GG grundrechtsfähig sei, könne offenbleiben. Keinesfalls könne ihre Berechtigung aus Art. 12, Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG weiter reichen als ihre Rechte nach "einfachem" Recht. Die Klägerin zu 2 habe sich aber durch den Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag in den hier in Rede stehenden Angelegenheiten des Netzzugangs und der Wegeentgelte jedes Weisungsrechts gegenüber der Klägerin zu 1 begeben. Sie habe daher auch keinen rechtlich begründeten Einfluss darauf, von welchen Juristen sich die Klägerin zu 1 bei netzzugangsrelevanten Entscheidungen beraten lasse. Die Klägerin zu 1 sei in eigenen Rechten betroffen, aber nicht verletzt. Die Untersagungsverfügung finde ihre Rechtsgrundlage in § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG. Diese Vorschrift verlange, dass die netzzugangsrelevanten Entscheidungen ausnahmslos vom Personal des Infrastrukturunternehmens zu treffen seien. Das erfasse zwar nicht jede Vorarbeit zu einer Entscheidung - insofern genügten interne Schutzvorkehrungen -, umfasse aber jede maßgebliche inhaltliche Beteiligung an der Entscheidungsfindung. Hinsichtlich der Konzernjuristen liege eine Organisationsstruktur vor, die diesen in bestimmten Fällen eine unzulässige Mitentscheidung eröffne. Mit zunehmender Komplexität der aufgeworfenen Rechtsfragen nehme der Einfluss der Konzernjuristen auf die zu treffende Entscheidung zu; gerade in komplexen Fällen könne die eigene Organisationseinheit I.NMN der Klägerin zu 1 kaum mehr als eine Plausibilitätskontrolle leisten. Die Untersagungsverfügung lasse sich zudem auf § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG stützen; denn die gegebene Organisationsstruktur ermögliche dem Vorstand der Klägerin zu 2 vermöge seines Direktionsrechts gegenüber den Konzernjuristen eine inhaltliche Einflussnahme auf die Entscheidungen der Klägerin zu 1. Das interne Reglement der Klägerin zu 2 reiche nicht aus, diese Einflussnahme völlig auszuschließen, und dürfe es nach § 76 AktG auch gar nicht. Die Untersagungsverfügung sei auch verhältnismäßig; der Klägerin zu 1 entstünden bei Übernahme der fünf bis sieben Konzernjuristen keine nennenswerten Mehrkosten, und die behaupteten Synergieeffekte blieben gewahrt.

9

Auf die Berufungen der Klägerinnen hat das Oberverwaltungsgericht die beiden Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit Urteil vom 20. Mai 2009 hat es den Bescheid des Eisenbahn-Bundesamtes vom 24. November 2006 und die beiden Widerspruchsbescheide aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Untersagungsverfügung sei rechtswidrig; sie finde in § 9a Abs. 1 AEG keine Grundlage. Die beanstandete Beauftragung von Konzernjuristen führe nicht dazu, dass diese entgegen § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG Entscheidungen über den Netzzugang oder die Wegeentgelte träfen. Die Vorschrift habe nur die Entscheidungsträger des Infrastrukturunternehmens selbst im Blick und ordne deren persönliche Unabhängigkeit an. Daher erfasse der Begriff der Entscheidung nur den Abschluss eines Willensbildungsprozesses mit Anspruch auf Verbindlichkeit und Umsetzung, nicht aber Vorarbeiten wie die Erarbeitung des Sachverhalts oder von Handlungsalternativen. Auf die Phase der Entscheidungsvorbereitung ziele vielmehr § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG; hier sollten Einflussnahmen Dritter durch unternehmensinterne Organisationsregeln unterbunden werden. Die Konzernjuristen träfen keine Entscheidungen im vorbeschriebenen Sinne und wirkten an solchen auch nicht mit; es sei sichergestellt, dass ihre Tätigkeit erst einsetze, wenn das eigene Personal der Klägerin zu 1 eine Entscheidung bereits getroffen habe. Dies gelte für die allgemeinen Festlegungen in Rahmenverträgen und den Schienennetz-Nutzungsbedingungen ebenso wie für einzelne Trassenzuweisungen und Wegegeldfestsetzungen. Mit ihrer Tätigkeit gehe aber auch keine Einflussnahme der Klägerin zu 2 auf die Entscheidungen der Klägerin zu 1 einher, die sich nicht durch unternehmensinterne Regelungen ausschließen ließen und hinlänglich ausgeschlossen seien. Der Arbeit der Konzernjuristen wohne nicht schon für sich ein auf die Durchsetzung der Interessen konzernzugehöriger Verkehrsunternehmen ausgerichtetes manipulatives Element inne; die Konzernjuristen seien allein für die Klägerin zu 1 tätig und unterlägen nur deren Weisungen. Ein solches manipulatives Element ergebe sich auch nicht daraus, dass sie Angestellte der Klägerin zu 2 seien. Das allein begründe nicht den Verdacht ihrer Voreingenommenheit; verbleibende Risiken seien durch unternehmensinterne Regeln unterbunden. Das Weisungsrecht der Klägerin zu 2 als Arbeitgeberin schließlich sei ausreichend beschränkt; aktienrechtlichen Bedenken gegen die rechtliche Wirksamkeit dieser Beschränkung bestünden nicht. Insgesamt halte das Gesetz - jenseits der Funktionstrennung auf der Ebene der Entscheidungsträger - unternehmensinterne Regelwerke unter flankierender Kontrolle eines Unabhängigkeitsbeauftragten im Regelfalle für ausreichend. Allein die Bekämpfung eines "bösen Scheins" rechtfertige keine weiterreichenden Maßnahmen. Auch das europäische Gemeinschaftsrecht lasse integrierte Eisenbahnkonzerne weiterhin zu und fordere lediglich eine Ausgestaltung, bei der die Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers von Verkehrsunternehmen in Fragen des Netzzugangs und der Wegeentgelte gesichert sei. Auch gemeinschaftsrechtlich seien für eine Konzernstruktur typische unternehmensübergreifende Dienstleistungen wie die hier in Rede stehenden daher nicht ausgeschlossen. Sei die angefochtene Untersagungsverfügung nach allem rechtswidrig, so verletze sie nicht nur die Klägerin zu 1 als Adressatin, sondern auch die Klägerin zu 2 in eigenen subjektiven Rechten, nämlich in ihrer Organisationshoheit als konzernbeherrschendes Unternehmen, die durch ihre Privatautonomie und durch Art. 87e GG rechtlich geschützt sei. Dagegen lasse sich nicht mit dem Verwaltungsgericht einwenden, die Klägerin zu 2 habe sich ihres Weisungsrechts begeben; der Ausschluss eines inhaltlichen Weisungsrechts lasse ihr organisatorisches Weisungsrecht - die Dienste der zentralen Rechtsabteilung in Anspruch zu nehmen - unberührt, das aber durch die Untersagungsverfügung verkürzt werde.

10

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision zugelassen. Das Berufungsurteil ist der Beklagten am 15. Juni 2009 zugestellt worden. Die Beklagte hat am 12. Juni 2009 Revision eingelegt und am 30. September 2009 - dem letzten Tag der Frist - begründet. Der 46-seitige Begründungsschriftsatz ist nur auf der ersten Seite unterschrieben; dort befinden sich der Revisionsantrag sowie ein Verweis auf die nachstehenden Gründe der Anfechtung. Zur Sache macht die Beklagte geltend: Beiden Klägerinnen fehle die Klagebefugnis. Als öffentliche Unternehmen seien sie nicht grundrechtsfähig; einfachgesetzliche Abwehrrechte gegen Regulierungsverfügungen des Bundes stünden ihnen aber nicht zu. Das Berufungsurteil verletze auch in der Sache Bundesrecht. Ziel des Gesetzes sei die Gewährleistung eines chancengleichen, diskriminierungsfreien und funktionsfähigen Wettbewerbs auf der Schiene und hierzu die prinzipielle Trennung von Netz (Schiene) und Betrieb (Verkehr). Das sei prinzipiell gefährdet, wenn das Infrastrukturunternehmen zwar rechtlich von Verkehrsunternehmen getrennt werde, diesen aber durch eine Konzernstruktur verbunden bleibe und dem Mutterkonzern durch einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag unterworfen sei. Der Gesetzgeber habe Konzernstrukturen gleichwohl erlaubt, suche aber gleichzeitig sicherzustellen, dass das Infrastrukturunternehmen in Fragen des Netzfahrplans, des Netzzugangs und der Wegeentgelte frei von der Beeinflussung durch Eisenbahnverkehrsunternehmen sei. Hierzu ordne § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG in Umsetzung europarechtlicher Vorgaben ausdrücklich nicht nur die rechtliche, sondern auch die organisatorische Unabhängigkeit des Schienenbetreibers an. Unternehmerische Funktionen, die Netzzugangsfragen beträfen, müssten deshalb von Organisationseinheiten des Schienenbetreibers wahrgenommen werden, die von der sonstigen Konzernorganisation getrennt seien. § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG sei kein bloßer Programmsatz, sondern die Grundnorm, die in Satz 2 durch Regelbeispiele in bestimmter Hinsicht konkretisiert werde und zugleich deren Auslegung steuere. Wenn dessen Nr. 3 Entscheidungen über Netzzugang und Wegeentgelte dem eigenen Personal des Infrastrukturunternehmens vorbehalte, so ziele das nicht bloß auf das formal-juristisch zuständige Organ, sondern auf das gesamte Management in einem funktionalen Sinne, weshalb der Begriff der Entscheidung den Prozess der Entscheidungsfindung umfasse, soweit in ihm inhaltliche Vorfestlegungen getroffen würden. Das werde durch Nr. 5 dahin ergänzt, dass auch weitere mögliche Einflussnahmen zu unterbinden seien, ohne dass diese deshalb manipulativ sein müssten. Rechtsberater und Bevollmächtigte aber seien in den Prozess der Entscheidungsfindung eingebunden. Das gelte umso mehr, als die Rechtsposition der Klägerin zu 1 gegenüber den Aufsichts- und Regulierungsbehörden praktisch allein von den Konzernjuristen formuliert und vertreten werde. Es sei wirklichkeitsfern anzunehmen, die Konzernjuristen seien hierbei allein der Klägerin zu 1 verpflichtet und keinem bestimmenden Einfluss ihrer Arbeitgeberin, der Klägerin zu 2, ausgesetzt oder könnten einen solchen gar ignorieren oder zurückweisen. Bloße konzerninterne Richtlinien seien ungeeignet, dieser Gefahr zu begegnen, zumal das Europarecht bloß rechtliche Vorkehrungen nicht genügen lasse, sondern den Nachweis ihrer praktischen Wirksamkeit fordere.

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Die Klägerinnen halten die Revision für unzulässig, da sie formgerecht nicht fristgemäß begründet worden sei. In der Sache verteidigen sie das Berufungsurteil mit im Wesentlichen übereinstimmenden Argumenten. § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG sei keine Generalermächtigung mit nachfolgenden Regelbeispielen, sondern eine Zielvorgabe mit nachfolgenden Zielerreichungsmitteln. Diese Mittel allerdings seien abschließend, schon weil sie das Ergebnis der gesetzgeberischen Abwägung zwischen der - zulässigen - Konzernstruktur und der gebotenen Unabhängigkeit des Schienenbetreibers seien. Nach § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 5 AEG sei die Unabhängigkeit des Infrastrukturunternehmens gewährleistet, wenn die netzzugangs- und entgeltrelevanten Entscheidungen von seinem Personal getroffen würden (Nr. 3) und interne Regelungen die Einflussnahme während der Entscheidungsfindung verhinderten (Nr. 5). Die juristischen Berater und Bevollmächtigten gehörten nicht zum Entscheidungspersonal. Das Berufungsgericht habe in tatsächlicher Hinsicht bindend festgestellt, dass das interne Regelwerk der Klägerinnen hinreichend und effektiv sei, eine Einflussnahme der Klägerin zu 2 über die Konzernjuristen während der Entscheidungsfindung zu verhindern, insbesondere dass die Konzernjuristen erst nach getroffener Entscheidung eingeschaltet und ihre Empfehlungen von eigenen Juristen des Infrastrukturunternehmens geprüft würden.

Entscheidungsgründe

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Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils.

13

A. Die Revision ist zulässig. Sie wurde insbesondere ordnungsgemäß begründet.

14

1. Gemäß § 139 Abs. 3 VwGO ist die Revision innerhalb einer Frist von einem Monat, die von dem Vorsitzenden auf Antrag verlängert werden kann, zu begründen; die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben. Dabei versteht sich von selbst, dass die Begründung der Revision - ebenso wie nach § 139 Abs. 1 Satz 1 VwGO deren Einlegung - schriftlich erfolgen muss (vgl. auch § 173 VwGO i.V.m. § 551 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Schriftform verlangt grundsätzlich die eigenhändige Unterschrift des dazu Berechtigten (Urteil vom 6. Dezember 1988 - BVerwG 9 C 40.87 - BVerwGE 81, 32 <33>; Beschlüsse vom 27. Januar 2003 - BVerwG 1 B 92.02 - und vom 5. Februar 2003 - BVerwG 1 B 31.03 - Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 17 und 16). Die Unterschrift muss den Inhalt der Erklärung räumlich decken, also hinter oder unter dem Text stehen. Das verlangt § 440 Abs. 2 ZPO für die Beweiskraft von Privaturkunden und folgt auch ganz allgemein aus der Funktion der Unterschrift, nicht nur die Gewähr für das Erklärte zu übernehmen, sondern auch das Erklärte abzuschließen (BGH, Urteil vom 20. November 1990 - XI ZR 107/89 - BGHZ 113, 48). Eine "Oberschrift" erlaubt regelmäßig nicht den sicheren Schluss, dass das Nachfolgende vom Unter- bzw. Überzeichner herrührt und nicht blanko gegeben wurde (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2004 - VI ZB 9/04 - NJW-RR 2004, 1364).

15

Allerdings ist das Schriftformerfordernis kein Selbstzweck. Die Rechtsprechung hat deshalb in Einzelfällen Ausnahmen zugelassen, wenn seinem Sinn und Zweck auf anderem Wege genügt ist. Durch das Schriftformerfordernis soll die verlässliche Zurechenbarkeit des Schriftsatzes sichergestellt werden. Es muss gewährleistet sein, dass nicht nur ein Entwurf, sondern eine gewollte Prozesserklärung vorliegt, ferner, dass die Erklärung von einer bestimmten Person herrührt und diese für den Inhalt die Verantwortung übernimmt. Deshalb werden Ausnahmen von dem Grundsatz handschriftlicher Unterzeichnung zugelassen, wenn sich aus dem bestimmenden Schriftsatz allein oder in Verbindung mit beigefügten Unterlagen die Urheberschaft und der Wille, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen, hinreichend sicher, das heißt ohne die Notwendigkeit einer Klärung durch Rückfrage oder durch Beweiserhebung, ergeben (Urteile vom 26. August 1983 - BVerwG 8 C 28.83 - Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 9 und vom 6. Dezember 1988 - BVerwG 9 C 40.87 - BVerwGE 81, 32 <36>). Aus Gründen der Rechtssicherheit kann dabei freilich nur auf die dem Gericht bei Eingang des Schriftsatzes erkennbaren oder bis zum Ablauf der Frist bekannt gewordenen Umstände abgestellt werden (Beschluss vom 27. Januar 2003 - BVerwG 1 B 92.02 - Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 17 = NJW 2003, 1544).

16

2. Im vorliegenden Fall ist diesen Anforderungen noch genügt.

17

a) Die Beklagte hat am letzten Tag der Revisionsbegründungsfrist einen Schriftsatz eingereicht, der den Revisionsantrag sowie die Revisionsgründe enthielt. Zwar hat der Prozessbevollmächtigte die Revisionsbegründungsschrift nur auf ihrer ersten Seite - nach den Revisionsanträgen - unterschrieben. Gleichwohl konnte kein Zweifel bestehen, dass auch die nachfolgende Darlegung der Revisionsgründe von ihm herrührt und von ihm willentlich in den Rechtsverkehr gebracht worden war. Allerdings bietet eine Unterschrift auf der ersten Seite Anlass zu Zweifeln, ob die Unterschrift bereits vor der Endkorrektur geleistet wurde und deshalb die Endkontrolle durch den Unterzeichner nicht mehr gewährleistet war. Hier kommt aber zum einen hinzu, dass die unterschriebene erste Seite einen inhaltlich abgeschlossenen Text darstellt, der für sich genommen bereits wesentliche Teile der Revisionsbegründung - nämlich die Revisionsanträge - enthält und im Sinne einer wenn auch knapp gehaltenen Übersicht auf die nachstehenden Gründe der Anfechtung verweist. Damit steht fest, dass der gesamte Text keinen bloßen Entwurf mehr darstellt, sondern mit dem Willen des Prozessbevollmächtigten in den Rechtsverkehr gegeben wurde; und es ist hinlänglich dokumentiert, dass der Prozessbevollmächtigte auch für den Inhalt der Gründe der Anfechtung die Verantwortung übernimmt (vgl. auch BFH, Beschluss des Großen Senats vom 5. November 1973 - GrS 2/72 - BFHE 111, 278 = NJW 1974, 1582). Beides wird zum anderen durch die Vorgeschichte bekräftigt: Der Prozessbevollmächtigte hat bereits zwei Wochen zuvor eine frühere Fassung derselben Revisionsbegründung eingereicht, diese dann aber wieder zurückgefordert, weil die nötige Abstimmung mit dem Beklagten noch ausstehe. Wenn nunmehr die überarbeitete Revisionsbegründung mit dem erwähnten Vorblatt vorgelegt wird, besteht kein vernünftiger Zweifel mehr an der Verbindlichkeit und der Authentizität des Schriftsatzes. Dementsprechend hat auch keiner der Beteiligten einen derartigen Zweifel geäußert.

18

b) Nachdem die Klägerinnen die fehlende Unterschrift auf der letzten Seite der Revisionsbegründung gerügt hatten, hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten das Fehlen damit erläutert, er habe nach Erstellen und Unterschreiben des Schriftsatzes noch einige wenige Ergänzungen vorgenommen, die seine Mitarbeiterin aber weisungswidrig nicht als "a-Seiten" in den unterschriebenen Ausdruck eingefügt habe; stattdessen sei die Datei verändert und insgesamt nochmals ausgedruckt worden. Auch dieser Vortrag führt nicht dazu, die Revision für unzulässig zu erachten. Zwar legt der Prozessbevollmächtigte damit selbst dar, dass der Schriftsatz nach Beifügung der Unter- oder hier der Oberschrift noch verändert worden sei, was deren Beglaubigungsfunktion in Zweifel zieht. Er hat aber durch Vorlage des Manuskripts zugleich nachgewiesen, dass die nachträglichen Veränderungen von seiner Hand stammten und seinem Büro als Endkorrektur zur Einarbeitung übermittelt wurden. Dass dieser Nachweis erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist geführt wurde, ist unschädlich, weil auch die Zweifel, die er ausräumt, erst nach diesem Zeitpunkt aufgekommen sind.

19

B. Die Revision hat nicht schon deshalb Erfolg, weil die Klagen unzulässig wären. Die Klägerinnen sind klagebefugt. Das hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt.

20

1. Die Beklagte meint, beiden Klägerinnen fehle die Klagebefugnis schon deshalb, weil sie öffentliche Unternehmen seien, deren Geschäftsanteile - unmittelbar oder mittelbar - sämtlich von der beklagten Bundesrepublik Deutschland gehalten würden. Dem kann nicht gefolgt werden. Nach § 42 Abs. 2 VwGO besteht die Klagebefugnis, wenn der Kläger eine Verletzung seiner subjektiv-öffentlichen Rechte geltend macht und dies immerhin möglich ist. Die Klägerinnen machen geltend, das Eisenbahn-Bundesamt werfe ihnen zu Unrecht eine Verletzung ihrer Pflichten aus § 9a des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) vom 27. Dezember 1993 (BGBl I S. 2378, 2396) in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 27. April 2005 (BGBl I S. 1138) vor und greife deshalb ohne zureichenden Grund in ihre unternehmerische Handlungs- und Organisationsfreiheit ein. Dieser Vortrag ist geeignet, eine Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte als möglich erscheinen zu lassen. Namentlich steht den Klägerinnen die Handlungs- und Organisationsfreiheit eines Eisenbahnunternehmens zu, die vom Allgemeinen Eisenbahngesetz vorausgesetzt wird. Hierfür ist gleichgültig, ob das Eisenbahnunternehmen in privater oder öffentlicher Hand ist. Ebenso ist unerheblich, ob sich die Klägerinnen auf Grundrechte berufen können und ob sie diese obendrein mit der Verfassungsbeschwerde geltend machen könnten (vgl. hierzu Windthorst in Sachs, Grundgesetz-Kommentar, 5. Aufl. 2009, Rn. 49 zu Art. 87e GG; Dreier in ders. , Grundgesetz-Kommentar, Band 1, 2. Aufl. 2004, Rn. 68 ff. zu Art. 19 Abs. 3 GG; Burgi, DVBl 2006, S. 269; Kühne, JZ 2009, 1071; zu Energiewirtschaftsunternehmen BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 16. Mai 1989 - 1 BvR 705/88 - NJW 1990, 1783 und vom 18. Mai 2009 - 1 BvR 1731/05 - NVwZ 2009, 1282; zu Telekommunikationsunternehmen BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03 u.a. - BVerfGE 115, 205 <227 f.>; BVerwG, Urteil vom 25. April 2001 - BVerwG 6 C 6.00 - BVerwGE 114, 160 <189>) .

21

2. Auch der Klägerin zu 2 kann die Klagebefugnis nicht abgesprochen werden. Sie ist zwar nicht Adressatin der angefochtenen Bescheide, wird von diesen aber als Dritte in eigenen Rechten nachteilig betroffen.

22

Die angefochtenen Bescheide beruhen auf dem Vorwurf einer nach Maßgabe des § 9a AEG unzulänglichen Entflechtung zwischen der Klägerin zu 1 und ihrem Mutterkonzern, der Klägerin zu 2. Die genannte Vorschrift dient zwar der Herstellung und Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit des konzernangehörigen Schienenwegebetreibers, begründet aber Pflichten nicht nur für diesen, sondern korrespondierend auch für die konzernverbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmen und für das gemeinsame Mutterunternehmen. Hierbei tariert sie das jeweilige Interesse an der unternehmerischen Organisationsfreiheit des Konzerns und seiner Unternehmen einerseits und das öffentliche Entflechtungsinteresse andererseits aus. Indem sie das öffentliche Entflechtungsinteresse zugleich begründet und begrenzt, dient die Vorschrift auch dem Schutz des privaten Interesses des Konzerns und seiner Unternehmen an der Achtung ihrer unternehmerischen Organisationsfreiheit; insofern ist sie Schutznorm zu deren Gunsten. Ob § 9a AEG darüber hinaus auch Schutznorm zugunsten der mit dem verbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmen konkurrierenden Eisenbahnverkehrsunternehmen ist, ist eine andere Frage (verneinend Kramer in Kunz, Eisenbahnrecht, Rn. 4 zu § 9a AEG).

23

Die angefochtenen Bescheide betreffen die Klägerin zu 2 auch tatsächlich nachteilig. Auch wenn der Ausgangsbescheid nur an die Klägerin zu 1 gerichtet ist, so hat das darin verfügte Verbot, sich der Dienste der Rechtsabteilung der Klägerin zu 2 zu bedienen, für diese doch unmittelbare tatsächliche Folgen. Diese Folgen bestehen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts unabhängig davon, ob die Klägerin zu 2 in dem gemeinsamen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag auf die Ausübung ihres Weisungsrechts in Angelegenheiten des Netzzugangs und der Wegeentgelte verzichtet hat.

24

C. Die Revision ist aber in der Sache begründet. Das Berufungsgericht hätte die Berufungen der Klägerinnen gegen die klageabweisenden Urteile des Verwaltungsgerichts zurückweisen müssen; denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Zwar hält das Berufungsurteil den Einwänden der Beklagten stand, soweit sie § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG (dazu 1.) und § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG betreffen (dazu 2.). Die angefochtenen Bescheide finden ihre Grundlage jedoch in (§ 5a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m.) § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG (dazu 3.). Mit Recht hat das Verwaltungsgericht die Untersagungsverfügung auch für verhältnismäßig erachtet (dazu 4.).

25

1. a) Das Berufungsgericht hat es mit Recht abgelehnt, schon einen Verstoß der Klägerin zu 1 gegen § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG anzunehmen, der die Aufsichtsbehörde zum Einschreiten veranlassen könnte. Diese Vorschrift stellt keine Generalklausel dar, sondern formuliert die Ziele, denen die in § 9a Abs. 1 Satz 2 AEG im Einzelnen vorgesehenen Maßnahmen und Pflichten der Eisenbahnunternehmen dienen. Sie leitet damit deren Auslegung, vermag jedoch allein für sich keine Pflichten zu begründen, die dort nicht vorgesehen sind.

26

Das ergibt sich zweifelsfrei aus dem Wortlaut der Eingangswendung in Satz 2, welche die nachstehende Liste von Maßnahmen und Pflichten der Eisenbahnunternehmen mit den Worten "zur Erreichung der in Satz 1 genannten Ziele" an den Satz 1 anschließt. Es ergibt sich auch aus der Abfolge dieser Liste, welche die in Satz 1 angesprochenen Hinsichten der gebotenen Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers abhandelt (Nr. 1 - rechtliche Unabhängigkeit; Nr. 2 - organisatorische Unabhängigkeit; Nr. 3 bis 5 - Unabhängigkeit in den Entscheidungen) und um eine Bestimmung über die Besetzung der Aufsichtsräte (Nr. 6) ergänzt. Hingegen fehlen typische Wendungen zur Kennzeichnung von bloßen Regelbeispielen ("insbesondere", "etwa"). Es ergibt sich schließlich aus dem Gebot der Bestimmtheit eines Gesetzes, das wie § 9a Abs. 1 AEG privaten Unternehmern Pflichten auferlegt (ebenso Gerstner in Hermes/Sellner, AEG-Kommentar, Rn. 30 zu § 9a AEG).

27

b) In § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG eine Formulierung der Gesetzesziele zu sehen, stimmt mit europäischem Gemeinschaftsrecht überein. § 9 Abs. 1c AEG dient der Umsetzung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (ABl Nr. L 237 S. 25) in der Fassung der Änderungsrichtlinie 2001/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 (ABl Nr. L 75 S. 1) - im Folgenden: Richtlinie 91/440/EWG -, § 9a AEG obendrein der Umsetzung der Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazitäten der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung (ABl Nr. L 75 S. 29). Nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440/EWG treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Funktionen nach Anhang II - das sind hier Entscheidungen über die Trassenzuweisung und über die Wegeentgelte (zweiter und dritter Spiegelstrich) -, die für einen gerechten und nichtdiskriminierenden Zugang zur Infrastruktur ausschlaggebend sind, an Stellen oder Unternehmen übertragen werden, die selbst keine Eisenbahnverkehrsleistungen erbringen. Nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14/EG müssen Entscheidungen über die Wegeentgelte und nach Art. 14 Abs. 2 dieser Richtlinie auch Entscheidungen über die Zuweisung von Fahrwegkapazität von Stellen (des Infrastrukturunternehmens oder von Dritten) getroffen werden, die rechtlich, organisatorisch und in ihren Entscheidungen von Eisenbahnverkehrsunternehmen unabhängig sind. Diese Anforderungen greift § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG in derselben Rechtsqualität wie die Richtlinien - als Zielvorgabe - auf und setzt sie im Katalog des nachfolgenden Satzes 2 um. Die zwischen der Europäischen Kommission und der Bundesrepublik Deutschland kontrovers diskutierte Frage, ob § 9a Abs. 1 AEG - zusammen mit weiteren Maßnahmen - zur Umsetzung der genannten Richtlinien genügt, richtet sich daher allein an den Katalog des § 9a Abs. 1 Satz 2 AEG, vermag aber die Rechtsqualität des § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG nicht zu verändern.

28

c) Die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts müssen nicht nur rechtlich umgesetzt werden; die Umsetzung muss zur Verwirklichung des Entflechtungsziels auch tatsächlich wirksam sein. Das entspricht dem allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz des "effet utile". Es kommt zudem in Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 91/440/EWG zum Ausdruck, wonach die Mitgliedstaaten ungeachtet der Organisationsstrukturen der beteiligten Unternehmen den Nachweis zu erbringen haben, dass das Ziel der Entflechtung erreicht worden ist (vgl. auch Monopolkommission, Sondergutachten 46, 2007, Rn. 67 f.). Zwar gehen Art. 4 Abs. 2, Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14/EG als spezielleres Recht dem Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440/EWG vor (insoweit zutreffend Hermes in Hermes/Sellner, a.a.O., Einführung B Rn. 42 ff.). Das lässt aber den beschriebenen Grundsatz einschließlich seiner Ausprägung in Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 91/440/EWG unberührt.

29

2. § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG verbietet Doppelfunktionen des entscheidenden Personals des Schienenwegebetreibers. Das bezieht - und beschränkt - sich auf die zu im Rechtssinne bindenden Entscheidungen berufenen Organe und Mitarbeiter des Infrastrukturunternehmens. Hiergegen hat die Klägerin zu 1 nicht verstoßen. Das hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt; die Angriffe der Revision gehen insoweit fehl.

30

a) Der in § 9a Abs. 1 AEG mehrfach verwendete Begriff der Entscheidung ist durchgängig in demselben Sinne zu verstehen. Entscheidungen sind Willensentschließungen von hierzu befugten Organen und Mitarbeitern des Infrastrukturunternehmens, die dessen Handeln steuern. Dies gilt gleichermaßen für Entscheidungen, die unmittelbar nach außen wirken, wie für solche, die durch ein anderes Organ oder einen anderen Mitarbeiter des Unternehmens umgesetzt werden müssen, sofern dieser hierzu rechtlich verpflichtet oder nach den Gepflogenheiten des Unternehmens hierzu gehalten ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 31. Oktober 1990 - 2 BvF 3/89 - BVerfGE 83, 60 <73>). Entscheidungscharakter hat auch die Wahrnehmung von Mitentscheidungsbefugnissen.

31

Entscheidungen in diesem Sinne sind nicht nur Entscheidungen des Vorstands oder anderer gesetz- oder satzungsmäßiger Organe der Gesellschaft; sie können auch von nachgeordneten - angestellten - Mitarbeitern getroffen werden, sofern diese nach den unternehmensinternen Regeln hierzu befugt sind. Entscheidungen sind auch nicht nur Grundsatzentscheidungen. Die Versuche der Klägerinnen, Einzelfallentscheidungen, die in Ausführung von Grundsatzentscheidungen ergehen (Entscheidungen im operativen Geschäft), den Charakter einer Entscheidung im Sinne des § 9a Abs. 1 AEG abzusprechen, gehen fehl; sie übersehen, dass § 9a Abs. 1 AEG anders als § 8 Abs. 2 Nr. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) vom 7. Juli 2005 (BGBl I S. 1970, 3621) gerade nicht einengend nur von "Letztentscheidungen" spricht. Umgekehrt lässt sich auch bei Grundsatzentscheidungen der Entscheidungscharakter nicht allein deshalb bestreiten, weil sie rechtlich bindende Außenwirksamkeit erst vermöge nachfolgender Einzelentscheidungen erlangen. Entscheidung in diesem Sinne ist damit auch das Aufstellen der Schienennetz-Benutzungsbedingungen (vgl. § 14d Abs. 1 Nr. 6 AEG sowie § 4 Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung vom 3. Juni 2005, BGBl I S. 1566).

32

b) § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 bis 5 AEG sucht die Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers in seinen Entscheidungen auf verschiedene Weise zu sichern (vgl. BTDrucks 15/3280 S. 12 und 16). Nr. 3 sichert die persönliche Unabhängigkeit des zur Entscheidung berufenen Personals, Nr. 4 die rechtliche Entscheidungsfreiheit gegenüber fremden Weisungen, Nr. 5 schließlich die sachliche Unabhängigkeit der Entscheidung gegenüber fremder Einflussnahme. Allen diesen Sicherungen ist gemein, dass sie den Vorgang der Entscheidungsfindung betreffen. Zwar lässt sich begrifflich zwischen dem Inhalt der Entscheidung als dem Entschiedenen und dem Vorgang der Entscheidungsfindung als dem Entscheiden in derselben Weise unterscheiden, wie dies aus dem Planungsrecht zwischen dem Abwägungsergebnis als dem inhaltlich Abgewogenen und dem Abwägungsvorgang als dem Prozess des Abwägens bekannt ist. Es führt aber in die Irre, hieraus Schlüsse für das systematische Verhältnis ziehen zu wollen, in dem § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Nr. 5 AEG zueinander stehen. § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG betrifft nicht das inhaltliche Ergebnis einer Entscheidung, sondern stellt ebenso wie Nr. 4 und 5 Anforderungen an den Vorgang der Entscheidungsfindung. Der Vorgang der Entscheidungsfindung wird lediglich unter verschiedenen Aspekten erfasst. Dabei greift in rein zeitlicher Betrachtung allerdings Nr. 5 am weitesten aus, weil hier auch Tätigkeiten nicht selbst entscheidungsbefugter Mitarbeiter erfasst werden, die lediglich der Entscheidungsvorbereitung dienen. Insofern - aber auch nur insofern - ist es richtig, § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG der Entscheidungsvorbereitung, § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 AEG hingegen eher der Entscheidung selbst zuzuordnen (vgl. BTDrucks 15/3280 S. 16 f.).

33

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem europäischen Gemeinschaftsrecht. Es ist zwar richtig, dass der Anhang II zur Richtlinie 91/440/EG im ersten Spiegelstrich zwischen "Vorarbeiten" und "Entscheidung" unterscheidet. Damit wird aber der Begriff der "Entscheidung" weder auf die abschließende Phase der Entscheidungsfindung - das Treffen der Entscheidung - noch gar auf die inhaltliche Entscheidung im Sinne des Entschiedenen beschränkt. Das hieße nämlich, dass Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440/EG bei netzzugangsrelevanten Entscheidungen, welche der Anhang II im zweiten und dritten Spiegelstrich anspricht, überhaupt keine Anforderungen zum Vorfeld dieser abschließenden Phase stellt; das kann nicht richtig sein. Im Übrigen dient § 9a AEG, wie gezeigt, nicht nur der Umsetzung des Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440/EG, sondern vor allem der Umsetzung der - insofern spezielleren - Art. 4 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14/EG.

34

c) § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG ordnet nicht an, dass der Schienenwegebetreiber seine Entscheidungen selbst, d.h. durch eigenes Personal trifft; das setzt die Vorschrift - als Ergebnis der rechtlichen (Nr. 1) und organisatorischen (Nr. 2) Selbständigkeit - voraus. Nr. 3 bestimmt vielmehr, dass dieses Personal des Infrastrukturunternehmens nicht zugleich Funktionen in verbundenen Verkehrsunternehmen ausüben darf. "Funktionen" meint vergleichbare Entscheidungskompetenzen in dem verbundenen Verkehrsunternehmen oder dem gemeinsamen Mutterkonzern; dabei ist gleichgültig, ob die dortige Funktion sachlich zu einer Einflussnahme auf die Entscheidungen des Infrastrukturunternehmens führen kann (zu eng insofern Gerstner in Hermes/Sellner, AEG-Kommentar, Rn. 35 zu § 9a AEG). Die Vorschrift verfügt damit ein Mitwirkungsverbot für eigene Funktionsträger des Infrastrukturunternehmens mit Doppelfunktion; es handelt sich um eine Inkompatibilitätsnorm.

35

Aus dem Prozess der Entscheidungsfindung erfasst die Vorschrift nur dessen Abschluss, das "Treffen" der Entscheidung. Damit betrifft die Vorschrift nur dasjenige Personal, das Entscheidungen des Schienenwegebetreibers in dem eingangs beschriebenen Sinne "treffen" kann, das mit anderen Worten den Schienenwegebetreiber binden (festlegen) kann, also die Organe (Organwalter) sowie die nach den unternehmensinternen Regeln hierfür zuständigen Mitarbeiter des Infrastrukturunternehmens. Hingegen ist das zu- und vorarbeitende Personal ohne eigene Entscheidungskompetenz nicht von Nr. 3 erfasst; insofern ist dem Berufungsgericht gegen die Angriffe der Revision zuzustimmen.

36

Rechtliche Berater und Bevollmächtigte zählen jedoch nicht zum entscheidenden Personal des Schienenwegebetreibers. Das gilt auch, soweit sie als dessen Vertreter im Rechtsverkehr über dessen Entscheidungen - etwa bei Vertrags- und Vergleichsverhandlungen - disponieren dürfen. Vertreter sind keine Organe; sie sind vielmehr an ihren Auftrag gebunden und unterliegen der Weisung des auftraggebenden Organs; nur dieses ist dem Unternehmen gegenüber rechtlich verantwortlich. Wollte man dies anders sehen, so dürfte das Infrastrukturunternehmen auch keine selbständigen Rechtsanwälte mehr beauftragen, weil es sich nicht um "Personal des Betreibers der Schienenwege" handelt.

37

3. Indem die Klägerin zu 1 Juristen ihrer Konzernmutter mit ihrer rechtlichen Beratung und Vertretung beauftragt, verstößt sie aber gegen die in § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG normierte Pflicht, die Einflussnahme von Dritten auf ihre netzzugangsrelevanten Entscheidungen zu unterbinden. Das hat das Berufungsgericht verkannt.

38

a) § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG sichert die Unabhängigkeit der netzzugangsrelevanten Entscheidungen des Schienenwegebetreibers gegen fremde Einflussnahme. Im Verfahren der Entscheidungsfindung zielt die Vorschrift damit nicht nur auf deren abschließende Phase - das "Treffen" der Entscheidung - und auch nicht nur auf das die Entscheidung "treffende" Personal, sondern nimmt auch weitere Phasen der Entscheidungsvorbereitung (vgl. BTDrucks 15/3280 S. 16 f.) und die insofern befassten Personen in den Blick. Erfasst werden damit alle Vorbereitungshandlungen, mit denen sachlich auf die zu treffende Entscheidung Einfluss genommen wird oder Einfluss genommen werden kann. Die Vorschrift geht damit deutlich über § 8 Abs. 4 EnWG hinaus. Auch Nachbereitungshandlungen kommen in Betracht, wenn sie auf die Entscheidung noch - etwa verändernd - Einfluss haben können. Nicht erfasst werden lediglich rein technische Handlungen wie Schreibarbeiten, Anmietung von Räumen und dergleichen.

39

Jede Vorarbeit nimmt potentiell Einfluss auf eine Entscheidung; darin liegt gerade ihr Sinn. Das will die Vorschrift nicht ausschließen. Sie will nicht jegliche Einflussnahme bekämpfen, sondern nur die im Interesse eines Eisenbahnverkehrsunternehmens. Das ergibt sich aus ihrem Zweck, den Schienenwegebetreiber in seinen netzzugangsrelevanten Entscheidungen von Eisenbahnverkehrsunternehmen unabhängig zu stellen (vgl. § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG sowie oben C.1.). Dass die Einflussnahme obendrein manipulativ ist, also den Charakter einer nicht offengelegten oder sachwidrigen Fremdbestimmung trägt, ist entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht erforderlich; auch die offene und sachorientierte Einflussnahme soll unterbunden werden. Jedenfalls soll die Einflussnahme im Interesse eines Verkehrsunternehmens ausgeschlossen werden, das mit dem Schienenwegebetreiber in einem Konzern verbunden ist, wie die Eingangswendung des § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG zeigt; "Unternehmen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3" sind gerade derart integrierte Eisenbahnunternehmen. Ob auch Vorkehrungen gegen eine Einflussnahme im Interesse eines anderen, nicht konzernverbundenen Verkehrsunternehmens geboten sind, mag offenbleiben.

40

Mit "Einflussnahme von Dritten außerhalb des Betreibers der Schienenwege" ist in erster Linie diese ideelle - sachlich-inhaltliche - Einflussnahme im Interesse eines (verbundenen) Eisenbahnverkehrsunternehmens gemeint. Eine andere Frage ist, ob die Wendung obendrein den möglichen Träger der Einflussnahme anspricht, ob mit anderen Worten nur die Einflussnahme durch solche Personen unterbunden werden soll, die dem Infrastrukturunternehmen nicht selbst angehören. Hierdurch würde die Reichweite der Vorschrift allerdings eingeschränkt, ihre praktische Wirksamkeit erheblich relativiert. Dann wären nämlich Vorkehrungen gegen Einflussnahmen im Interesse eines (verbundenen) Eisenbahnverkehrsunternehmens durch eigene Bedienstete des Infrastrukturunternehmens nicht geboten - auch nicht durch solche, die zugleich im Dienst des Eisenbahnverkehrsunternehmens stehen, noch durch solche, die zuvor bei ihm beschäftigt waren oder demnächst zu diesem wechseln oder zurückkehren (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 46, Rn. 68). Doch bedarf auch diese Frage keiner Entscheidung.

41

Eine Einflussnahme im Interesse eines (im Konzern verbundenen) Eisenbahnverkehrsunternehmens muss "unterbunden", das heißt tatsächlich wirksam ausgeschlossen werden. Das Gesetz bekämpft damit nicht erst die Einflussnahme selbst, sondern bereits die Gefahr der Einflussnahme; und es gebietet nicht erst wirksame Maßnahmen gegen eine konkret drohende Einflussnahme, sondern wirksame Vorkehrungen gegen jede Möglichkeit der Einflussnahme. Insofern stellt § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG einen abstrakten Gefährdungstatbestand dar; darauf hat das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen. Dies steht im Einklang mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht; hiernach muss die Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich wirksam gesichert sein (vgl. oben C.1.c). Ob das Gesetz darüber hinaus auch dem "bösen Schein" wehren will, wie zwischen den Beteiligten umstritten und von den Vorinstanzen mit unterschiedlichem Ergebnis erörtert worden ist, kann offenbleiben.

42

b) Die Beauftragung der "Konzernjuristen" begründet die Gefahr der Einflussnahme im Interesse eines konzernverbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmens auf die netzzugangsrelevanten Entscheidungen des Schienenwegebetreibers.

43

Juristische Berater und Bevollmächtigte nehmen in dem beschriebenen Sinne Einfluss auf die Entscheidungen ihres Auftraggebers. Das gilt zweifelsfrei für die juristische Beratung; sie zeigt Handlungsalternativen auf und bewertet sie nach ihrer rechtlichen Realisierbarkeit und ihren - auch wirtschaftlichen - Folgen. Es gilt aber auch für die Vertretung des Schienenwegebetreibers im Rechtsverkehr mit Dritten, sei es mit dessen Kunden, sei es mit Behörden und vor Gericht. Schon soweit dabei lediglich bereits getroffene Entscheidungen verteidigt werden, sind Bevollmächtigte regelmäßig auch zu deren Veränderung befugt, etwa im Vergleichswege; die Möglichkeit der Einflussnahme besteht auch dann, wenn der ihrer Vollmacht zugrundeliegende Auftrag eine Disposition über die getroffene Entscheidung nur nach Rücksprache und Zustimmung zulässt. Regelmäßig bereiten rechtliche Vertreter aber auch künftige Entscheidungen vor, sei es, dass sie Verhandlungen für künftige Verträge führen, sei es, dass sie die Entscheidungsfreiheit des Unternehmens gegenüber behördlichen Eingriffen zu wahren suchen. Deshalb lässt sich die Möglichkeit ihrer sachlichen Einflussnahme zeitlich nicht auf die Phase der Entscheidungsvorbereitung beschränken und demzufolge auch nicht dadurch ausschließen, dass eine Mandatierung nur für die Phase der Verteidigung einer getroffenen Entscheidung vorgesehen wird.

44

Wenn solche juristischen Berater und Bevollmächtigten Angestellte eines mit dem Infrastrukturunternehmen verbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmens oder des gemeinsamen Mutterunternehmens sind, begründet dies die Gefahr, dass sie ihre - Einfluss nehmende - Tätigkeit (auch) im Interesse des Eisenbahnverkehrsunternehmens entfalten. Hierfür ist gleichgültig, ob sie innerhalb ihres eigenen Unternehmens von Weisungen ihres Arbeitgebers freigestellt sind, ob mit anderen Worten eine gezielte Einflussnahme des Eisenbahnverkehrsunternehmens oder des Mutterunternehmens vermittels seines Arbeitnehmers auf einzelne Entscheidungen des Infrastrukturunternehmens ausgeschlossen ist; die zwischen den Beteiligten umstrittene und von den Vorinstanzen unterschiedlich beantwortete Frage, ob eine derartige Freistellung von Weisungen gesellschafts- und arbeitsrechtlich überhaupt möglich und ob sie tatsächlich wirksam wäre, bedarf daher keiner Entscheidung. Eine Einflussnahme im Interesse des (verbundenen) Eisenbahnverkehrsunternehmens kann nämlich - auch ohne Weisung - von dem Arbeitnehmer selbst ausgehen, weil die Beförderung der Interessen des Eisenbahnverkehrsunternehmens zugleich in seinem eigenen persönlichen Interesse liegt. Ein "Konzernjurist" ist als Arbeitnehmer persönlich von seinem Arbeitgeber abhängig. Verfolgen der Arbeitgeber und der fremde Auftraggeber unterschiedliche Interessen, wie dies zwischen einem Verkehrsunternehmen und einem Infrastrukturunternehmen vielfach der Fall ist, so gerät der Konzernjurist typischerweise in eine Interessenkollision. Es besteht die naheliegende Gefahr, dass er den Interessen seines Arbeitgebers im Zweifel den Vorzug gibt, schon weil er dort seine bisherige berufliche Laufbahn zurückgelegt hat - beruflich "groß geworden" ist - und seine künftige Laufbahn nicht in Frage stellen will. Auch wenn er also aufgrund unternehmensinterner Regeln sachlichen Weisungen seines Arbeitgebers in den Angelegenheiten des Infrastrukturunternehmens nicht unterliegt, ist doch nicht ausgeschlossen und kann schlechterdings wirksam nicht ausgeschlossen werden, dass der Konzernjurist - bewusst oder nicht - auch in diesen Angelegenheiten die Interessen seines Arbeitgebers zur Geltung bringt.

45

Hiergegen können die Klägerinnen nicht auf das professionelle Selbstverständnis eines juristischen Beraters und seine persönliche Integrität verweisen. Anwaltliches Standesrecht und Berufsethos sind wichtige Grundpfeiler einer Rechtspflege, die allein dem Recht verpflichtet ist. Insofern wirken sie einer interessengeleiteten Rechtsberatung entgegen; sie vermögen sie jedoch nicht sicher auszuschließen und machen deshalb rechtliche Vorkehrungen gegen Interessenkollisionen nicht entbehrlich. Auch die richterliche Unabhängigkeit und das sie tragende richterliche Berufsethos kann Rechtsvorschriften über den Ausschluss und die Ablehnung von Richtern wegen der Besorgnis der Befangenheit nicht erübrigen.

46

c) Die Klägerinnen haben keine unternehmensinternen Regelungen geschaffen, die die beschriebene Gefahr der Einflussnahme seitens der Konzernjuristen auf die netzzugangsrelevanten Entscheidungen der Klägerin zu 1 wirksam unterbinden. Zwar richtet sich § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG an beide miteinander verbundenen Unternehmen und erlaubt und gebietet beiderseitige interne Regelungen, welche die gebotene Unterbindung gegebenenfalls im Zusammenwirken bewerkstelligen. Im vorliegenden Fall aber könnte die Gefahr der Einflussnahme wirksam nur durch eine Regelung der Klägerin zu 1 mit dem Inhalt unterbunden werden, dass die Beauftragung externer - d.h. nicht unternehmensangehöriger - Juristen als ihre rechtlichen Berater oder Vertreter nur in Betracht kommt, wenn diese nicht Arbeitnehmer der Klägerin zu 2 oder eines in deren Konzern verbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmens sind. Eine solche Regelung wäre nicht wegen § 43a, § 46 BRAO überflüssig. Sie fehlt; die Klägerin zu 1 weigert sich, sie zu erlassen.

47

Hiergegen kann nicht eingewendet werden, von dem Schienenwegebetreiber könne eine derartige unternehmensinterne Regelung nach § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG ihrer Art nach nicht verlangt werden. Richtig ist allerdings, dass der Gesetzgeber offenbar vornehmlich an interne Regelungen zur Beschränkung der unternehmensübergreifenden konzerninternen Kommunikation dachte; die Gesetzesbegründung spricht daher von "chinese walls" (BTDrucks 15/3280 S. 16 f.), also von unternehmensinternen Regelungen zur Abschottung des Informationsverkehrs gegenüber anderen konzernverbundenen Unternehmen (vgl. Kühling, Sektorspezifische Regulierung in den Netzwirtschaften, 2004, S. 351 f.; Masing, 66. Deutscher Juristentag, D 116 f.; Gerstner in Hermes/Sellner, AEG-Kommentar, Rn. 37 zu § 9a AEG; Soldner, Liberalisierung des Eisenbahnwesens, 2008, S. 140 ff.). Daraus lässt sich aber nicht schließen, dass der Schienenwegebetreiber eine bestehende Möglichkeit der Einflussnahme nur auf dem Wege von Kommunikationsregeln unterbinden müsste, sie aber, soweit solche untauglich sind, hinnehmen oder gar selbst eröffnen dürfte. Ebensowenig ist der Schienenwegebetreiber auf den Erlass eines diesbezüglichen Verhaltenskodex ("code of conduct") beschränkt, durch den in Ergänzung der Arbeitsverträge die Mitarbeiterpflichten seiner Arbeitnehmer konkretisiert werden, auch wenn arbeitsrechtliche Regelungen selbstverständlich unbenommen sind. Erst recht lässt sich § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG nicht auf das Gebot einer unternehmensinternen Gleichbehandlungsrichtlinie oder eines Gleichbehandlungsprogramms im Sinne des § 8 Abs. 5 EnWG reduzieren. Die Vorschrift verlangt vielmehr den Erlass einer jeglichen unternehmensinternen Regelung, die zur Unterbindung fremder Einflussnahme geeignet ist, auch etwa einer organisatorischen. Es ist deshalb ohne Belang, ob eine unternehmensinterne Regelung, dass Konzernjuristen nicht mit der rechtlichen Beratung oder Vertretung des Schienenwegebetreibers beauftragt werden dürfen, ihrer Art nach eine solche der informationellen oder der organisatorischen Desintegration wäre.

48

4. Findet die angefochtene Untersagungsverfügung damit in § 5a Abs. 1 und 2, § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG eine hinreichende Rechtsgrundlage, so hat das Eisenbahn-Bundesamt auch sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Das hat zwar - von seinem rechtlichen Standpunkt aus folgerichtig - nicht das Berufungsgericht, wohl aber das Verwaltungsgericht geprüft und mit Recht angenommen.

49

a) Die Untersagung ist zur Zweckerreichung geeignet und erforderlich. Wie gezeigt, gebietet § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG dem Infrastrukturunternehmen den Erlass eigener unternehmensinterner Regeln, die seinem Personal die Beauftragung von Juristen, die bei einem konzernverbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmen oder bei dem gemeinsamen Mutterunternehmen beschäftigt sind, als rechtliche Berater und/oder Vertreter untersagen. Weigert sich das Infrastrukturunternehmen, derartige unternehmensinterne Regeln zu erlassen, so kommt für die Eisenbahnaufsichtsbehörde nur in Betracht, die fehlende unternehmensinterne Regel durch eine hoheitliche Regelung zu ersetzen. Dies stellt keine Ersatzvornahme im vollstreckungsrechtlichen Sinne dar, setzt also insbesondere nicht die vorherige Anordnung voraus, die fehlende unternehmensinterne Regelung zu erlassen; die möglichen Aufsichtsmaßnahmen werden durch § 5a Abs. 2 AEG nicht in diesem Sinne beschränkt. Davon unberührt bleibt die Möglichkeit des Eisenbahninfrastrukturunternehmens, durch Erlass der fehlenden unternehmensinternen Regelung - und deren tatsächliche Befolgung - die hoheitliche Aufsichtsmaßnahme zu erübrigen.

50

b) Durch die Untersagung wird die Freiheit der beteiligten Unternehmen, sich als konzernverbundene Aktiengesellschaften zu organisieren, nicht übermäßig eingeschränkt. Auch hier mag offenbleiben, ob das Recht der Klägerinnen zur unternehmerischen Selbstorganisation nicht nur einfach-rechtlich, sondern auch als Grundrecht besteht, obwohl sie unmittelbare oder mittelbare Bundesunternehmen sind. Die Einschränkungen dieses Rechts stehen jedenfalls offensichtlich nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der damit verfolgten öffentlichen Belange.

51

Das Gesetz bezweckt, den Wettbewerb der Eisenbahnverkehrsunternehmen auf dem Eisenbahnnetz herzustellen und zu sichern. Das setzt den freien und gleichen Zugang aller Verkehrsunternehmen zum Netz voraus. Weil der Netzbetreiber ein faktisches Monopol innehat, aber über den Zugang zu seinem Netz entscheidet, muss sichergestellt werden, dass er diese Entscheidungen diskriminierungsfrei trifft. Das wiederum setzt voraus, dass sie von jeglicher Einflussnahme seitens eines der beteiligten Eisenbahnverkehrsunternehmen frei gehalten werden. § 9a AEG dient dazu, die Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers in seinen netzzugangsrelevanten Entscheidungen auch unter den Bedingungen einer Konzernstruktur zu sichern. Das Gesetz verfolgt damit einen Gemeinwohlbelang von erheblichem Gewicht, der zudem durch das europäische Gemeinschaftsrecht vorgegeben ist. Es ist zugleich bemüht, bestehende Konzernstrukturen so weit wie möglich zu schonen; der Gesetzgeber ist nicht so weit gegangen, Konzernverbindungen zwischen dem Netzbetreiber und einzelnen Eisenbahnverkehrsunternehmen gänzlich zu untersagen.

52

Das auf § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG gestützte, an den Schienenwegebetreiber gerichtete Verbot, Konzernjuristen zu beauftragen, führt nicht dazu, dass die Konzernmutter - die Klägerin zu 2 - keine zentrale Rechtsabteilung für alle Konzerntöchter mehr vorhalten könnte. Deren Tätigkeit für die konzernangehörigen Eisenbahnverkehrsunternehmen bleibt unbenommen, ebenso deren Tätigkeit für die konzernangehörigen Infrastrukturunternehmen, soweit es nicht um Angelegenheiten des Netzzugangs und der Wegeentgelte geht. Die Sorge der Klägerinnen, dass damit sämtliche zentralen Dienste ("shared services") der Konzernmutter in Frage gestellt werden, überzeichnet das Gewicht des Eingriffs erheblich; in der Folge der hier untersagten Dienstleistungen der zentralen Rechtsabteilung mögen zwar weitere zentrale Dienste wie etwa zentrale EDV-Abteilungen einer genaueren Überprüfung anhand von § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG zu unterziehen sein, doch kann keine Rede davon sein, dass die Grundentscheidung, Konzernverbindungen weiterhin zu akzeptieren, weitgehend oder gar völlig unterlaufen würde. Im Übrigen muss betont werden, dass diese Grundentscheidung ihre Grenze in der auch gemeinschaftsrechtlich gebotenen Sicherung der Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers in seinen netzzugangsrelevanten Entscheidungen findet.

(1) Rechtsbehelfe haben aufschiebende Wirkung, soweit durch die angefochtene Verfügung

1.
eine Verfügung nach § 26 Absatz 4, § 30 Absatz 3, § 31b Absatz 3, § 32 Absatz 2a Satz 1 oder § 34 Absatz 1 getroffen wird oder
2.
eine Erlaubnis nach § 42 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit § 40 Absatz 3a widerrufen oder geändert wird,
oder soweit der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts eine solche Verfügung betrifft.

(2) Wird eine Verfügung, durch die eine einstweilige Anordnung nach § 60 getroffen wurde, angefochten, so kann das Gericht im Rechtsbehelfsverfahren anordnen, dass die Vollziehung der angefochtenen Verfügung ganz oder teilweise ausgesetzt wird. Die Anordnung kann jederzeit aufgehoben oder geändert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 22/12
vom
25. September 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Unterzeichnet ein Rechtsanwalt eine Berufungsschrift mit dem Vermerk "i.A."
("im Auftrag"), ist dies unschädlich, wenn der Unterzeichnende als Sozietätsmitglied
zum Kreis der beim Berufungsgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten
des Berufungsklägers zählt (im Anschluss an BGH, Beschluss
vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, NJW 1993, 2056; Urteil vom 31. März 2003
- II ZR 192/02, NJW 2003, 2028; Beschlüsse vom 19. Juni 2007 - VI ZB
81/05, FamRZ 2007, 1638; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, juris).

b) Die Identität eines Rechtsanwalts, der eine Berufungsschrift mit dem Vermerk
"i.A." unterzeichnet hat, muss im Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist
nicht bereits in solcher Weise eindeutig geklärt sein, dass schon endgültige
Feststellungen zur Identität und zur Postulationsfähigkeit des Unterzeichners
getroffen werden können; maßgeblich ist insoweit der Erkenntnisstand
zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung (im
Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, juris; vom
26. Juli 2012 - III ZB 70/11, DB 2012, 2042).
BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - VIII ZB 22/12 - OLG Stuttgart
LG Heilbronn
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2012 durch
den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Milger, die Richter Dr. Achilles
und Dr. Schneider sowie die Richterin Dr. Fetzer

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 6. März 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: bis 20.000 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen Lieferung eines angeblich fehlerhaften Bodenbelags in Anspruch; die Beklagte verlangt widerklagend die Begleichung ausstehender Kaufpreisforderungen. Das Landgericht hat mit Schlussurteil vom 28. November 2011 die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage zur Zahlung von 3.849,17 € nebst Zinsen verurteilt. Gegen das am 1. Dezember 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch ihre - bereits in erster Instanz für sie tätig gewordenen - Prozessbevollmächtigten mit am 2. Januar 2012 per Telefax beim Oberlandesgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel vor Ab- lauf der bis zum 1. März 2012 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.
2
Die auf dem Briefbogen der Rechtsanwälte D. H. & Kollegen verfasste Berufungsschrift trägt am Ende die maschinenschriftliche Unterzeichnung : "(T. H. ) Rechtsanwalt"
3
Über diesen maschinenschriftlichen Angaben befindet sich handschriftlich die Abkürzung "i. A.", gefolgt von einer teilweise unleserlichen Unterschrift, die nicht von Rechtsanwalt H. stammt. Mit Verfügung vom 17. Januar 2012 hat das Oberlandesgericht mitgeteilt, es beabsichtige die Berufung als unzulässig zu verwerfen, weil die Berufungsschrift - wie das Kürzel "i.A." belege - nur von einem Erklärungsboten unterzeichnet worden sei. Die Klägerin hat daraufhin durch ihre Prozessbevollmächtigten mit am 30. Januar 2012 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz vortragen lassen, die handschriftliche Unterschrift stamme von der auf dem Briefkopf der Anwaltssozietät aufgeführten und ebenfalls mandatierten Rechtsanwältin E. S. . Sie macht geltend, der Zusatz "i.A." sei gemessen an § 130 Nr. 6 ZPO dann unschädlich , wenn - wie hier - eine mandatierte und postulationsfähige Rechtsanwältin die Berufungsschrift unterzeichnet habe. Zum Beleg dieses Vorbringens trägt der Schriftsatz sowohl die Unterschrift von Rechtsanwalt H. als auch die von Rechtsanwältin S. .
4
Das Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 6. März 2012 die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, mit der Verwendung des Zusatzes "i.A." gebe der Unterzeichnende nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zu erkennen, dass er nicht - wie nach § 130 Nr. 6, § 519 Abs. 4 ZPO gefordert - die Verantwortung für den Inhalt der Berufungsschrift übernehme; vielmehr trete er nur als Erklärungsbote auf. So verhalte es sich auch im Streitfall. Zwar sei die Verwendung des Kürzels "i.A." dann unschädlich, wenn der unterzeichnende Rechtsanwalt zum Kreis der beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwälte zähle und unmittelbar in Ausführung des ihm erteilten Mandats tätig werde. Dies setze jedoch voraus, dass entsprechende Feststellungen vor Ablauf der Rechtsmittelfrist getroffen werden könnten. Daran fehle es hier. Die maschinenschriftlichen Angaben seien auf Rechtsanwalt H. bezogen, der den Schriftsatz nicht unterzeichnet habe. Es fehle eine klarstellende Erläuterung, dass der Schriftzug einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin und nicht einer dritten Person - etwa einer Büroangestellten - zuzuordnen sei. Auch den beigefügten beglaubigten Abschriften des Berufungsschriftsatzes ließen sich keine Hinweise auf die Identität des Unterzeichners entnehmen.
5
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

6
Die frist- und formgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gefordert ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die angefochtene Entscheidung verletzt das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfG, NJW-RR 2002, 1004 mwN; Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775 unter II 1; vom 9. Februar 2010 - VIII ZB 67/09, juris Rn. 7; BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086 unter B II 1 d bb; Beschluss vom 14. Februar 2006 - VI ZB 44/05, NJW 2006, 1521 Rn. 5 mwN). Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die nach § 519 Abs. 4, § 130 Nr. 6 ZPO erforderliche Unterschrift eines Rechtsanwalts in einer mit den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen nicht mehr vereinbaren Weise überspannt und dadurch der Klägerin den Zugang zur Rechtsmittelinstanz unzulässig verwehrt.
8
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Berufungsgericht durfte das Rechtsmittel der Klägerin nicht gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO mit der Begründung als unzulässig verwerfen, die Berufungsschrift sei nicht ordnungsgemäß unterzeichnet worden.
9
a) Nach ständiger Rechtsprechung muss die Berufungsschrift als bestimmender Schriftsatz die Unterschrift des für sie verantwortlich Zeichnenden tragen (BGH, Beschlüsse vom 4. Oktober 1984 - VII ZR 342/83, BGHZ 92, 251, 254 ff.; vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07, NJW 2008, 2508 Rn. 9; vom 9. Dezember 2010 - IX ZB 60/10, juris Rn. 4 mwN). Die Unterschrift soll die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die Verantwortung für den Schriftsatz zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (BGH, Beschlüsse vom 22. November 2005 - VI ZB 75/04, VersR 2006, 387 Rn. 5; vom 9. Dezember 2010 - IX ZB 60/10, aaO; vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, juris Rn. 6; vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, juris Rn. 7; jeweils mwN). Für den Anwaltsprozess bedeutet dies, dass die Berufung von einem dazu bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfasst, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein muss (vgl. [jeweils zur Berufungsbegründung] BGH, Urteile vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, NJW 2003, 2028 unter II 1; vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, aaO unter B II 1 a; Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO; jeweils mwN).
10
b) Gemessen an diesen Vorgaben genügt die mit dem Kürzel "i.A." versehene handschriftliche Unterschrift auf der Berufungsschrift vom 2. Januar 2012 entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts den Anforderungen an eine wirksame Unterzeichnung.
11
aa) Dem Berufungsgericht ist zwar darin beizupflichten, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung in den Fällen, in denen der Unterzeichner einer Rechtsmittelschrift seine Unterschrift mit dem Zusatz "i.A." versieht, grundsätzlich nicht von einer dafür erforderlichen Übernahme der Verantwortung des Unterzeichners für den Inhalt der Rechtsmittelschrift ausgeht, weil der Unterzeichnende damit zu erkennen gibt, dass er dem Gericht gegenüber nur als Erklärungsbote auftritt (BGH, Beschlüsse vom 5. November 1987 - V ZR 139/87, NJW 1988, 210; vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, NJW 1993, 2056 unter II 1; Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, aaO unter II 2; Beschlüsse vom 19. Juni 2007 - VI ZB 81/05, FamRZ 2007, 1638 Rn. 4; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, juris Rn. 8; vgl. ferner BAG, DB 1967, 1904).
12
bb) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist allerdings - wovon auch das Berufungsgericht ausgeht - anerkannt, dass eine mit dem Zusatz "i.A." versehene eigenhändige Unterschrift dann den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Unterzeichnung eines Rechtsmittelschriftsatzes genügt, wenn die auf diese Weise erfolgte Unterschrift von einem Rechtsanwalt stammt, der als Mitglied der mandatierten Anwaltssozietät ebenfalls zum Kreis der Prozessbevollmächtigten zählt (BGH, Beschlüsse vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, aaO unter II 2; vom 19. Juni 2007 - VI ZB 81/05, aaO Rn. 5; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, aaO Rn. 9). In einem solchen Fall muss angenommen werden, dass der mit dem Zusatz "i.A." unterzeichnende Rechtsanwalt nicht lediglich in Wahrnehmung des sozietätsinternen Innenverhältnisses zu dem eigentlichen Sachbearbeiter, sondern zumindest auch in Ausführung des ihm selbst erteilten Mandats tätig geworden ist (BGH, Beschlüsse vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, aaO; vom 19. Juni 2007 - VI ZB 81/05, aaO; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, aaO). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
13
Die Unterschrift stammt - was durch den nach Ablauf der Berufungsfrist eingegangenen Schriftsatz vom 24. Januar 2012 belegt und auch vom Berufungsgericht nicht in Zweifel gezogen wird - von der auf dem Briefkopf der Anwaltssozietät D. · H. & Kollegen aufgeführten Rechtsanwältin E. S. , die allgemein zugelassen und damit auch vor dem Berufungsgericht postulationsfähig ist. Die Klägerin hat unwiderlegt mit Schriftsatz vom 24. Januar 2012 vorgetragen, dass sie alle Sozietätsmitglieder - auch die auf dem Briefkopf der Kanzlei als Sozia ausgewiesene Rechtsanwältin S. - mit der Einlegung der Berufung beauftragt hatte.
14
cc) Anders als das Berufungsgericht meint, steht einer wirksamen Einlegung der Berufung nicht entgegen, dass zum Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist dem Berufungsgericht noch nicht positiv bekannt war, dass die mit dem Zusatz "i.A." versehene eigenhändige Unterschrift von einer Rechtsanwältin stammte, die zum Kreis der Prozessbevollmächtigten der Berufungsführerin zählte. Zwar sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung bei der Prü- fung der Frage, ob ein Rechtsmittelschriftsatz von einem postulationsfähigen Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist, nur solche Umstände zu berücksichtigen , die dem Rechtsmittelgericht bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist bekannt geworden sind (BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, aaO unter B II 1 d cc; Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO Rn. 6). Bei Ablauf der Berufungsfrist war für das Berufungsgericht jedoch hinreichend erkennbar, dass die Berufung von Rechtsanwältin S. als Sozietätsmitglied unterzeichnet worden war. Der Senat kann die Prüfung der für das Vorliegen einer ausreichenden Unterschrift erforderlichen Merkmale selbständig und ohne Bindung an die Ausführungen des Berufungsgerichts vornehmen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775 unter II 2 b mwN; vom 9. Februar 2010 - VIII ZB 67/09, juris Rn. 11). Bei Anlegung des gebotenen großzügigen Maßstabs lässt sich die handschriftliche Unterschrift der auf dem Briefkopf der Kanzlei aufgeführten Rechtsanwältin E. S. zuordnen.
15
(1) Zwar lassen sich dem maschinenschriftlichen Zusatz "(T. H.) Rechtsanwalt" noch keine Hinweise darauf entnehmen, dass ein Rechtsanwalt die Berufungsschrift unterzeichnet hat. Denn durch den handschriftlichen Zusatz "i.A." ist klargestellt, dass die handschriftliche Unterschrift nicht von Rechtsanwalt H. stammt, auf den sich die maschinenschriftlichen Ergänzungen beziehen. Zusätzliche Erläuterungen, die klarstellen, dass auch die Unterzeichnerin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist, fehlen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO Rn. 8).
16
(2) Es lässt sich jedoch aus anderen Umständen hinreichend entnehmen , dass die Unterschrift durch eine Sozietätskollegin des sachbearbeitenden Rechtsanwalts erfolgt ist (zur Bedeutung weiterer Umstände vgl. BGH, Beschluss vom 22. November 2005 - VI ZB 75/04, aaO Rn. 7). Anders als in dem vom IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschiedenen Fall (Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO) trägt der Briefkopf der Berufungsschrift nicht nur den Namen eines Rechtsanwalts. Vielmehr sind auf dem Briefkopf insgesamt 17 aktive Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen aufgeführt, darunter auch Rechtsanwältin E. S. . Dass bei einer solchen Kanzlei alle 17 Rechtsanwälte verhindert sein könnten und daher die Kanzleikraft V. den Schriftsatz unterzeichnet haben könnte, ist mehr als fernliegend. Hinzu kommt, dass es sich bei der Berufungsschrift um einen bestimmenden Schriftsatz handelt , der - was zu dem Grundwissen einer Kanzleikraft gehört - zwingend von einem zugelassenen Rechtsanwalt zu unterschreiben ist und nicht - wie dies bei vorbereitenden Schriftsätzen zulässig ist - im Verhinderungsfall vom Büropersonal unterzeichnet werden darf. Außerdem lässt sich - wie die Beschwerdebegründung zutreffend hervorhebt - die handschriftliche Unterschrift trotz ihrer teilweisen Unleserlichkeit zumindest dahin entziffern, dass in ihr zwei Großbuchstaben enthalten sind, von denen der erste einem "E", einem "T" oder einem "G" ähnelt und der zweite ein "S" oder ein "G" darstellt. Durch die Verwendung von zwei Großbuchstaben steht fest, dass es sich um eine Unterzeichnung mit Vor- und Nachnamen handelt. Da der Nachname mit "S" oder "G" beginnt , ist auszuschließen, dass die unter der Rubrik "Sekretariat" aufgeführte Frau V. den Schriftsatz unterzeichnet hat. Weiter ist der Unterschrift zu entnehmen , dass der mit "S" oder "G" beginnende Nachname mehrere Buchstaben aufweist und mit einem "f" oder "t" ausläuft. Der Schriftzug genügt damit den generellen Anforderungen an eine Unterschrift, weil er individuelle und charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005, aaO, unter II 2 a; vom 9. Februar 2010 - VIII ZB 67/09, aaO Rn. 10; jeweils mwN). Weiter zeigt ein Vergleich mit den auf dem Briefkopf aufgeführten Rechtsanwäl- ten und Rechtsanwältinnen, dass sich der Namenszug bei angemessen großzügiger Betrachtung Frau Rechtsanwältin E. S. zuordnen lässt.
17
(3) Dass die Unterschrift bei Ablauf der Berufungsfrist einer auf dem Briefkopf aufgeführten Rechtsanwältin zugeordnet werden konnte, ist ausreichend. Nicht erforderlich ist dagegen, dass zu diesem Zeitpunkt schon Gewissheit über die Urheberschaft bestand. Denn die Identität eines Rechtsanwalts, der die Rechtsmittelschrift unterzeichnet hat, muss im Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist nicht bereits in solcher Weise eindeutig geklärt sein, dass schon endgültige Feststellungen zur Identität und zur Postulationsfähigkeit des Unterzeichners getroffen werden können (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, aaO Rn. 10 ff. zur Unterzeichnung einer Berufungsbegründung in Vertretung eines anderen Rechtsanwalts; vom 26. Juli 2012 - III ZB 70/11, DB 2012, 2042 Rn. 9 f. zur Unterzeichnung mit dem Vermerk "nach Diktat verreist"; vgl. auch Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO Rn. 10). Maßgeblich ist insoweit der Erkenntnisstand zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung oder - bei einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren - der Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Ver- handlung entspricht (BGH, Beschlüsse vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, aaO Rn. 11; vom 26. Juli 2012 - III ZB 70/11, aaO Rn. 10). Ball Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer
Vorinstanzen:
LG Heilbronn, Entscheidung vom 28.11.2011 - 5 O 52/11 Pe -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 06.03.2012 - 19 U 1/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 128/04 Verkündet am:
10. Mai 2005
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________

a) Die in Computerschrift erfolgte Wiedergabe des Vor- und Nachnamens des
Prozeßbevollmächtigten unter einer als Computerfax übermittelten Berufungsbegründungsschrift
stellt keine den Anforderungen des § 130 Nr. 6 2. Halbs.
ZPO genügende Wiedergabe der Unterschrift dar.

b) Das Fehlen der Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten unter der Berufungsbegründungsschrift
kann ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen
, eine Beweisaufnahme nicht erfordernden Umständen eine der Unterschrift
vergleichbare Gewähr dafür ergibt, daß der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung
für den Inhalt der Rechtsmittelbegründungsschrift übernommen und
diese willentlich in den Rechtsverkehr gebracht hat. Dabei sind nur spätestens
bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist dem Berufungsgericht bekannt
gewordene Umstände berücksichtigungsfähig.
BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04 - OLG Braunschweig
LG Göttingen
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 26. Februar 2004 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Be rufung sowie darüber , ob den Klägern wegen einer Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 10. April 2003 ganz überwiegend abgewiesen. Das Urteil ist den Prozeßbevollmächtigten der Kläger am 14. April 2003 zugestellt worden. Die Berufung der Kläger ist am 7. Mai 2003 eingegangen, die Berufungsbegründungsfrist bis zum 16. August 2003 verlängert worden. Am 18. August 2003, einem Montag, ist beim Berufungsgericht als Computer-Fax eine Berufungsbegründung eingegangen, die eine eingescannte Unterschrift des Prozeß-
bevollmächtigten der Kläger nicht enthält. Der Schriftsatz schließt auf der letzten Seite mit dem in der gleichen Computerschrift geschriebenen Vor- und Nachnamen des Prozeßbevollmächtigten der Kläger sowie der Bezeichnung "Rechtsanwalt". Am 25. August 2003 ist die Berufungsbegründung per Post nochmals beim Berufungsgericht eingegangen, und zwar mit der handschriftlichen Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten der Kläger.
Auf den gerichtlichen Hinweis vom 28. Oktober 2003 , daß die am 18. August 2003 als Fax eingegangene Berufungsbegründungsschrift nicht unterschrieben sei, haben die Kläger am selben Tage vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die Kläger machen geltend, zur Fristwahrung reiche die Berufungsbegründungsschrift auch ohne eine eingescannte Unterschrift aus. Aus der Begründungsschrift lasse sich auch so die Urheberschaft des Prozeßbevollmächtigten und sein Wille, das Schreiben in den Verkehr zu bringen, entnehmen. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages tragen die Kläger vor, daß ihr Prozeßbevollmächtigter die Berufungsbegründungsschrift als Fax um 18.36 Uhr mit allen 26 Seiten versandt habe, und zwar auf der letzten Seite oberhalb der Wiedergabe seines Namens mit seiner eingescannten Unterschrift.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Berufungsgeri cht den Antrag der Kläger auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Revision der Kläger, die das Berufungsgericht nur beschränkt zugelassen hat.

Entscheidungsgründe:


A.


Die Revision ist insgesamt statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Zwar hat das Berufungsgericht im Urteilstenor und in den Entscheidungsgründen die Revision nur zugelassen, "soweit die Berufung als unzulässig verworfen worden ist". Diese Beschränkung der Zulassung der Revision ist aber unzulässig. Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffes beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (BGHZ 101, 276, 278 f.; 111, 158, 166, st.Rspr.). Unzulässig ist es hingegen, die Zulassung der Revision auf eine bestimmte Rechtsfrage oder ein Entscheidungselement des Urteils zu beschränken (BGHZ 90, 318, 320; 101, aaO; BGH, Urteil vom 26. März 1982 - V ZR 149/81, NJW 1982, 1535 m.w.Nachw.). Da auch die Frage der Zulässigkeit der Berufung ein solches nicht selbständig anfechtbares Urteilselement darstellt, ist die Beschränkung der Zulassung der Revision auf diese Frage unzulässig (BGH, Urteile vom 6. Mai 1987 - IVb ZR 52/86, NJW 1987, 3264 f. und vom 3. Mai 2001 - XII ZR 62/99, NJW 2001, 2259).
Fehlt es danach an einer wirksamen Beschränkung de r Zulassung, so ist allein die Beschränkung, nicht aber die Zulassung unwirksam, die Revision daher unbeschränkt zugelassen (Senatsurteile vom 20. Mai
2003 - XI ZR 248/02, WM 2003, 1370, 1371, vom 23. September 2003 - XI ZR 135/02, WM 2003, 2232, 2233, vom 20. April 2004 - XI ZR 171/03, WM 2004, 1230, 1231 und vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 255/03, WM 2005, 127, 128). Die von den Klägern hinsichtlich der Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist damit gegenstandslos.

B.


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht (NJW 2004, 2024) hat im wesent lichen ausgeführt :
Die Berufung sei unzulässig, weil die Kläger sie i nnerhalb der bis zum 18. August 2003 laufenden Berufungsbegründungsfrist nicht wirksam begründet hätten. Wirksamkeitsvoraussetzung hierfür sei eine eingescannte Unterschrift oder zumindest ein Vermerk, daß eine Unterzeichnung wegen der gewählten Übertragungsform nicht erfolgen könne. Die an ein Oberlandesgericht gerichtete Berufungsbegründung bedürfe nach § 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6, § 78 Abs. 1 ZPO grundsätzlich der Unterschrift eines bei einem Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalts. Das Erfordernis der Unterschrift solle gewährleisten, daß der Schriftsatz tatsächlich vom Prozeßbevollmächtigten herrühre, dieser für
seinen Inhalt die Verantwortung übernehme und daß der Wille, das Schriftstück in den Verkehr zu bringen, hinreichend sicher festgestellt werden könne. Darauf, ob ohne die Unterschrift in einem dieser drei Punkte Zweifel bestünden, komme es nach der bisherigen Rechtsprechung in der ordentlichen Gerichtsbarkeit nicht an.
Bei der Einlegung und Begründung von Berufungen du rch Telefax (Telekopie) sei die Übermittlung des unterschriebenen anwaltlichen Schriftsatzes per Kopie erforderlich; dabei reiche die kopierte Unterschrift aus, sei aber auch notwendig. Hier sei die Berufungsbegründung durch ein sogenanntes Computer-Fax erfolgt. Diese Art der Übermittlung bestimmender Schriftsätze sei durch den Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 anerkannt. Danach sei aber erforderlich, daß die Person des Erklärenden dadurch eindeutig bestimmt werde, daß seine Unterschrift in dem Computer -Fax eingescannt oder darin der Hinweis enthalten sei, daß der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne. Auch ein derartiger Hinweis fehle hier. Über diese großzügige Handhabung könne nicht hinausgegangen und deshalb auf die Unterschrift bzw. ein Unterschriftssurrogat nicht völlig verzichtet werden. Insbesondere reiche der in gleicher Schrift wie im Schriftsatz verwendete darunter gesetzte Name des Prozeßbevollmächtigten nicht aus.
Das Berufungsgericht könne aus Gründen der Rechtss icherheit nicht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgen, nach der sich bei Fehlen einer erforderlichen Unterschrift die Erfüllung der Formerfordernisse nach den Umständen des Einzelfalls bestimme. Würde in vorliegendem Fall auf das Erfordernis einer eingescannten Unter-
schrift oder eines Vermerks, daß wegen der Übermittlung in elektronischer Form das Schriftstück nicht unterschrieben werde, verzichtet, so wäre das Unterschriftserfordernis für das Computer-Fax hinfällig, aber auch bei herkömmlich übermittelten Schriftsätzen kaum mehr zu rechtfertigen.
Der Wiedereinsetzungsantrag sei unbegründet. Es se i nicht glaubhaft gemacht, daß ein Bedienungsfehler des Prozeßbevollmächtigten der Kläger als Ursache für das Fehlen der eingescannten Unterschrift ausscheide.

II.


Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Übe rprüfung im Ergebnis stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Berufung der Kläger als unzulässig verworfen, weil die Berufung innerhalb der Berufungsbegründungsfrist nicht wirksam begründet worden ist (1.). Auch die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist rechtlich nicht zu beanstanden (2.).
1. a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgeri chtshofes und vor ihm schon des Reichsgerichts (RGZ 31, 375, 377; 151, 82, 83; BGHZ 37, 156, 157; 92, 251, 255 f.; 97, 283, 284 f.) muß die Berufungsbegründung als bestimmender Schriftsatz die Unterschrift des für sie verantwortlich Zeichnenden tragen. Die Unterschrift ist grundsätzlich Wirksamkeitserfordernis. Sie soll die Identifizierung des Urhebers der schrift-
lichen Prozeßhandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (BGHZ 37, 156, 157; 75, 340, 349; 97, 283, 285). Das letztgenannte Erfordernis soll sicherstellen , daß es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern daß es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist (BGHZ 75, 340, 349; 144, 160, 162). Für den Anwaltsprozeß bedeutet dies, daß die Berufungsbegründung von einem dazu Bevollmächtigten und bei dem Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfaßt, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein muß (BGHZ 97, 251, 253 f.; BGH, Urteile vom 29. Oktober 1997 - VIII ZR 141/97, NJW-RR 1998, 574 und vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, NJW 2003, 2028).

b) Hat die Rechtsprechung bisher grundsätzlich für bestimmende fristwahrende Schriftsätze zur Sicherstellung dieser prozeßrechtlichen Anforderungen die handschriftliche Unterschriftsleistung des Berechtigten verlangt, so sind doch hiervon vor allem im Hinblick auf den technischen Fortschritt in einem erheblichen Umfang Ausnahmen zugelassen worden. So hat die Rechtsprechung bereits früh die Übermittlung einer Rechtsmittelschrift und anderer bestimmender Schriftsätze durch ein Telegramm oder mittels Fernschreiben für zulässig erachtet (vgl. die Nachweise bei BGHZ 144, 160, 162 ff.). Auch die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax ist in allen Gerichtszweigen uneingeschränkt zulässig (vgl. BGHZ 144, 160, 164 m.w.Nachw.). Für eine - wie hier - durch Computer-Fax übermittelte Berufungsbegründung hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes am 5. April 2000 entschieden (BGHZ 144, 160), daß in Prozessen mit Vertretungszwang be-
stimmende Schriftsätze formwirksam durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift auf ein Faxgerät des Gerichts übermittelt werden können. Zur Begründung hat er ausgeführt (aaO S. 165), der Zweck der Schriftform, die Rechtssicherheit und insbesondere die Verläßlichkeit der Eingabe zu gewährleisten, könne auch im Falle einer derartigen elektronischen Übermittlung gewahrt werden. Entspreche ein bestimmender Schriftsatz inhaltlich den prozessualen Anforderungen , so sei die Person des Erklärenden in der Regel dadurch eindeutig bestimmt, daß seine Unterschrift eingescannt oder der Hinweis angebracht sei, daß der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne.

c) Nach § 130 Nr. 6 1. Halbs. ZPO sollen die vorbe reitenden Schriftsätze die Unterschrift der Person enthalten, die den Schriftsatz verantwortet. Halbs. 2 dieser von der Rechtsprechung für bestimmende Schriftsätze stets als zwingend angesehenen Vorschrift fordert bei Übermittlung durch einen Telefax-Dienst (Telekopie) "die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie". Der Wortlaut des § 130 Nr. 6 ZPO beruht auf der Neufassung durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13. Juli 2001 (BGBl. I S. 1542). Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu diesem Gesetz (BTDrucks. 14/4987, S. 23) ist eine Korrektur der Rechtsprechung zum Unterschriftserfordernis nicht beabsichtigt; dies sei im Hinblick auf die Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 nicht geboten. In der Gegenäußerung der Bundesregierung (BT-Drucks. 14/4987, S. 43 f.) zur Stellungnahme des Bundesrates werden Inhalt und Begründung des Beschlusses des Ge-
meinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 ausführlich wiedergegeben. Wenn der Gesetzgeber dann in der Neufassung des § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO in Kenntnis dieser Rechtsprechung und der technischen Entwicklung für den Fall der Übermittlung eines Schriftsatzes durch ein Telefax ausdrücklich "die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie" verlangt, spricht angesichts des eindeutigen Gesetzestextes sehr viel dafür, daß die vom Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes für den Fall eines ComputerFaxes für zulässig gehaltene Ersetzung der Unterschrift durch den Hinweis , daß der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne, nicht mehr als zulässig angesehen werden kann (so Musielak/Stadler, ZPO 4. Aufl. § 129 Rdn. 11; Stein/Jonas/ Leipold, ZPO 22. Aufl. § 130 Rdn. 49; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht 16. Aufl. § 65 Rdn. 14; Hannich/Meyer-Seitz/Schwartze, ZPO-Reform 2002 § 130 Rdn. 5 (S. 336); Krüger/Bütter MDR 2003, S. 181, 182). Dafür spricht auch, daß die Unterschrift beim ComputerFax ohne nennenswerte Schwierigkeiten eingescannt werden kann, so daß kein überzeugender Grund besteht, darauf entgegen dem Gesetzeswortlaut zu verzichten.
Diese Frage bedarf jedoch vorliegend keiner abschl ießenden Entscheidung. Weder enthält das am Abend des 18. August 2003 übermittelte Computer-Fax einen Hinweis, daß eine Unterschrift wegen der gewählten Übertragungsform nicht möglich sei, noch beabsichtigte der Prozeßbevollmächtigte der Kläger, der Berufungsbegründung einen derartigen Hinweis beizufügen. Vielmehr hat er nach eigenen Angaben versucht , das Computer-Fax mit seiner eingescannten Unterschrift zu übermitteln.

Die Wiedergabe des Vor- und Nachnamens des Prozeßb evollmächtigten der Kläger mit der daruntergesetzten Bezeichnung "Rechtsanwalt" am Ende des Computer-Faxes genügt als solche nicht den Anforderungen des § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO. Diese Bestimmung fordert nach ihrem eindeutigen Wortlaut die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie, also des handschriftlichen Namenszuges. Dem entspricht eine maschinen- oder computerschriftliche "Unterzeichnung" nicht (Stein/ Jonas/Leipold, aaO § 130 Rdn. 48). Sofern der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes diesbezüglich eine andere Auffassung zu entnehmen sein sollte, genügt die Wiedergabe des Namens in Druckbuchstaben jedenfalls nach der Neufassung des § 130 Nr. 6 ZPO nicht mehr (Musielak/Stadler, aaO § 129 Rdn. 11; Dästner NJW 2001, 3469, 3470 Fn. 10; Krüger/Bütter, aaO).

d) aa) Stellt somit die eigenhändige Unterschrift eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine unerläßliche Wirksamkeitsvoraussetzung für fristwahrende bestimmende Schriftsätze im Anwaltsprozeß dar, so sind jedoch auch von diesem Grundsatz Ausnahmen möglich. Das Erfordernis der Schriftlichkeit ist nämlich kein Selbstzweck (vgl. BGHZ 97, 283, 285). Es soll, wie der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes in seiner Entscheidung vom 30. April 1979 (BGHZ 75, 340, 348 f.) dargelegt hat, gewährleisten, daß aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht , hinreichend zuverlässig entnommen werden können; außerdem muß feststehen, daß es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern daß es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist. Deshalb kann das Fehlen einer Unter-
schrift bei Vorliegen besonderer Umstände ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen ergibt, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen.
Das ist - was das Berufungsgericht verkannt hat - nicht nur ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 10, 1, 2; 81, 32, 36 f.; BVerwG NJW 1995, 2121, 2122; 2003, 1544), des Bundessozialgerichts (BSG NJW 1997, 1254, 1255; 2001, 2492, 2493), des Bundesfinanzhofs (BFHE 111, 278, 285; 148, 205, 207 f.; BFH, BFH/NV 2000, 1224) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG NJW 1979, 183), sondern - ungeachtet bestehender Unterschiede der verschiedenen Verfahrensordnungen - grundsätzlich auch des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 24, 179, 180; 37, 156, 160; 97, 251, 254; BGH, Beschluß vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 46/03, BGH-Report 2004, 406). So hat der Bundesgerichthof mit Beschluß vom 3. Mai 1957 (BGHZ 24, 179, 180) entschieden, daß der Mangel der Unterschrift in dem als Urschrift der Berufung gedachten Schriftsatz durch die gleichzeitig eingereichte beglaubigte Abschrift dieses Schriftsatzes behoben wird, auf der der Beglaubigungsvermerk von dem Prozeßbevollmächtigten handschriftlich vollzogen worden ist. In einer anderen Entscheidung (BGHZ 97, 251, 254) hat der Bundesgerichtshof das Fehlen einer Unterschrift auf der Berufungsbegründung für unschädlich erachtet, wenn auch ohne die Unterschrift des Rechtsmittelanwalts aus anderen, eine Beweisaufnahme nicht erfordernden Umständen, zweifelsfrei feststeht, daß der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Rechtsmittelbegründungsschrift übernommen hat, und letzteres in einem Fall bejaht, in dem die Berufungsbegründungsschrift fest mit einem von dem Rechtsanwalt unter-
zeichneten Begleitschreiben verbunden war (vgl. auch BGHZ 37, 156, 160). Und mit Beschluß vom 9. Dezember 2003 (VI ZB 46/03, BGHReport 2004, 406) hat der Bundesgerichtshof für den Fall des Fehlens einer Unterschrift unter einer Berufungsbegründungsschrift entschieden, daß sich zumindest aus den Umständen eindeutig ergeben müsse, daß der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Begründungsschrift übernommen habe. Ob entsprechende Anforderungen bei einem Computer-Fax eines Klägers gegeben sind, das mit dem Satz endet "Dieser Brief wurde maschinell erstellt, wird nicht eigenhändig unterschrieben" (so BSG NJW 1997, 1254 f.), bedarf keiner Entscheidung, da es hier an einem solchen Hinweis fehlt. Eine Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ist deshalb im Hinblick auf die angeblich abweichende Entscheidung des Bundessozialgerichts entgegen der Ansicht der Revision nicht veranlaßt, zumal der hier maßgebliche § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO über die Anforderungen an eine Telekopie erst nach der zitierten Entscheidung des Bundessozialgerichts in die Zivilprozeßordnung eingefügt worden ist.
bb) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes zur ausnahmsweisen Wirksamkeit nicht unterzeichneter Rechtsmittelbegründungsschriften trägt dem Anspruch der Prozeßbeteiligten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip) sowie ihren Rechten aus Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG Rechnung, die es verbieten, den Zugang zur jeweiligen nächsten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. BVerfGE 40, 272, 274 f.; 41, 23, 26; 41, 323, 326 f.; 44, 302, 305 f.; 74, 228, 234; 77, 275, 284; 110, 339, 342). An die Beachtung formeller
Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Rechtsschutzbegehrens dürfen aus diesem Grund keine überspannten Anforderungen gestellt werden (BVerfG NJW 2002, 3534).
cc) Entgegen der Auffassung der Revision ergeben h ier die Umstände im Zusammenhang mit der Übermittlung der Berufungsbegründungsschrift nicht eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft des Prozeßbevollmächtigten der Kläger sowie seinen Willen, für ihren Inhalt die Verantwortung zu übernehmen und sie an das Berufungsgericht zu übermitteln. Die Tatsache, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger bereits rechtzeitig Berufung gegen das landgerichtliche Urteil eingelegt hat, reicht hierfür ebensowenig aus wie der gedruckte Briefkopf auf dem Begründungsschriftsatz; beides bietet keine der Unterschrift vergleichbare Gewähr dafür, daß das Schriftstück von einer beim Berufungsgericht postulationsfähigen Person stammt und mit deren Willen in den Verkehr gebracht worden ist (vgl. BVerwG NJW 2003, 1544). Auch der Umstand, daß nach Fristablauf beim Berufungsgericht ein mit dem Computer-Fax seinem Inhalt und seiner Form nach gleicher und von dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger persönlich unterschriebener Begründungsschriftsatz eingegangen ist, reicht insoweit nicht aus (vgl. BVerwG Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 16), da nur spätestens bei Ablauf der Begründungsfrist bekannt gewordene Umstände berücksichtigungsfähig sind (BVerwG NJW 2003, 1544).
Der am Ende des Computer-Faxes mit dem Zusatz "Rec htsanwalt" wiedergegebene Vor- und Nachname des Prozeßbevollmächtigten der Kläger bietet ebenfalls keine ausreichende Gewähr dafür, daß dieser die Verantwortung für die Berufungsbegründung übernommen und diese wil-
lentlich an das Berufungsgericht übermittelt hat. Rechtsmittelbegründungsschriften müssen nicht von einem am Rechtsmittelgericht zugelassenen Rechtsanwalt gefertigt sein. Sie werden in der Praxis vielfach von Korrespondenzanwälten, wissenschaftlichen Mitarbeitern oder nicht am Rechtsmittelgericht zugelassenen Sozien unterschriftsreif vorbereitet. Dem Umstand, daß unter der für die Unterschrift vorgesehenen Stelle der Name eines Rechtsanwalts vermerkt ist, ist daher nicht ausreichend sicher zu entnehmen, daß der Entwurf von diesem Rechtsanwalt verfaßt worden ist, sondern kann auch bedeuten, daß der tatsächliche Verfasser die eigenverantwortliche Prüfung des Inhalts des bestimmenden Schriftsatzes und seine Unterzeichnung durch den namentlich genannten Rechtsanwalt vorgesehen hat. Ob dieser für den Inhalt des Schriftsatzes bereits die Verantwortung übernommen hat, ist danach in Fällen wie hier völlig offen.
Entgegen der Auffassung der Revision kann auch dem Umstand, daß das Computer-Fax dem Berufungsgericht am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist übermittelt worden ist, nicht mit einer für den Anwaltsprozeß erforderlichen Sicherheit entnommen werden, daß es sich dabei nicht um einen bloßen Entwurf handelte. Allein der Zeitpunkt der Übermittlung eines nicht unterzeichneten bestimmenden Schriftsatzes sagt für sich genommen noch nichts darüber aus, ob er von einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt verantwortet wird. Gerade der drohende Ablauf einer Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist kann einem nicht postulationsfähigen Verfasser der Rechtsmittelbegründung vielmehr Veranlassung geben, zur Fristwahrung einen Schriftsatz zu übermitteln, den der namentlich genannte Rechtsanwalt noch nicht eigenverantwortlich geprüft hat. Daß der Inhalt der als Computer-
Fax übermittelten Berufungsbegründung von dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger verantwortet und von ihm bewußt in den Verkehr gebracht worden ist, läßt sich danach hier mit der erforderlichen Sicherheit nicht feststellen.
2. Auch die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist greift die Revision ohne Erfolg an. Das Berufungsgericht hat einen Fehler am Empfangsgerät des Oberlandesgerichts als fernliegend angesehen und ausgeführt , es komme entweder ein technischer Fehler im Sendegerät oder aber ein vom Prozeßbevollmächtigten der Kläger verschuldeter Bedienungsfehler als Ursache für das Fehlen einer eingescannten Unterschrift in dem Computer-Fax in Betracht. Es sei aber nicht glaubhaft gemacht, daß ein Bedienungsfehler des Prozeßbevollmächtigten als Ursache für das Fehlen der eingescannten Unterschrift ausscheide. Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten ist einer Partei zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann danach nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen die Möglichkeit offenbleibt, daß die Fristversäumung von der Partei bzw. ihrem Prozeßbevollmächtigten verschuldet war (BGH, Beschlüsse vom 26. September 1991 - I ZB 12/91, NJW 1992, 574, 575, vom 18. Oktober 1995 - I ZB 15/95, NJW 1996, 319 und vom 26. Juli 2004 - VIII ZR 10/04, NJW-RR 2005, 143, 145).
Zu Recht hat das Berufungsgericht hier einen Bedie nungsfehler des Prozeßbevollmächtigten der Kläger, der dazu geführt hat, daß das Fax ohne eingescannte Unterschrift übermittelt worden ist, nicht als ausgeschlossen angesehen. Der Prozeßbevollmächtigte einer Partei hat mit der Bedienung technischer Geräte, die er selbst zur Übermittlung bestimmender Schriftsätze einsetzt, soweit vertraut zu sein, daß die Übermittlung in der Form sichergestellt ist, die von § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO vorgeschrieben ist. Daß das Berufungsgericht es als glaubhaft gemacht angesehen hat, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger weder bei der Übermittlung noch später einen Bedienungsfehler bemerkt hat, schließt einen verschuldeten Bedienungsfehler nicht aus. Das Berufungsgericht weist insoweit zu Recht darauf hin, daß Bedienungsfehler am Computer unbemerkt bleiben können. Damit hat das Berufungsgericht die an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts zu stellenden Anforderungen nicht in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise überspannt.

III.


Die Revision der Kläger konnte danach keinen Erfol g haben und war deshalb zurückzuweisen.
Nobbe Richter am Bundes- Joeres gerichtsh of Dr. Müller ist wegen Urlaubs gehindert , seine Unterschrift b eizufügen. Nobbe Wassermann Mayen

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 9/11
vom
26. Oktober 2011
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Richter
Wendt, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski,
Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 26. Oktober 2011

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. März 2011 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.
Gegenstandswert: 100.000 €

Gründe:


1
I. Das Landgericht hat die auf Rückzahlung eines Darlehens über 100.000 € gerichtete Klage abgewiesen. Dagegen hat die Klägerin fristgerecht Berufung eingelegt. Der Berufungsschriftsatz ist unterzeichnet durch den im Briefkopf allein aufgeführten Rechtsanwalt L. L. . Die innerhalb verlängerter Frist eingegangene Berufungsbegründung enthält auf der letzten Seite über dem maschinenschriftlichen Zusatz "Rechtsanwalt" eine nicht leserliche Unterschrift, die augenscheinlich von den Unterschriften abweicht, mit denen Rechtsanwalt L. seine bisherigen Schriftsätze unterschrieben hat.
2
Auf den Hinweis des Berufungsgerichts, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestünden, hat die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 2. März 2011 erklärt, die Berufungsbegründung sei in Untervollmacht durch Frau Rechtsanwältin Y. G. unterzeichnet worden. Rechtsanwalt L. sei wegen einer plötzlichen Erkrankung an einer Unterschrift verhindert gewesen. Ferner hat die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Mit weiterem Schriftsatz vom 9. März 2011 hat die Klägerin zwei eidesstattliche Versicherungen von Rechtsanwalt L. und Rechtsanwältin G. eingereicht. Aus der eidesstattlichen Versicherung von Rechtsanwältin G. ergibt sich, dass sie seit dem 10. Januar 2011 in der Kanzlei L. als Rechtsanwältin angestellt ist und seit Juli 2010 ihre Zulassung besitzt. Wegen der akuten Erkrankung des Kanzleiinhabers habe sie die Berufungsbegründungsschrift mit ihrem Namen unterzeichnet. Hiergegen habe sie keine Bedenken gehabt, weil sie die Berufungsbegründungsschrift im Wesentlichen selbst erstellt habe.
3
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und zugleich die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde der Klägerin.
4
II. Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach § 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig , da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Insbesondere erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht.
5
1. Das Berufungsgericht hat die Berufung zu Recht als unzulässig verworfen, ohne damit Verfahrensgrundrechte der Klägerinzu verletzen.
6
a) Die hier maßgeblichen Rechtsfragen sind höchstrichterlich bereits geklärt. Gemäß § 130 Nr. 6 ZPO i.V.m. § 520 Abs. 5 ZPO muss die Berufungsbegründung von einem zur Vertretung bei dem Berufungsgericht berechtigten Rechtsanwalt eigenhändig unterschrieben sein. Die Unterschrift soll die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen. Zugleich soll sichergestellt werden, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet wird (BGH, Beschluss vom 22. November 2005 - VI ZB 75/04, VersR 2006, 387 Rn. 5; Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, VersR 2006, 427 unter B II 1 a; Beschlüsse vom 15. Juni 2004 - VI ZB 9/04, VersR 2005, 136 unter 1; vom 28. August 2003 - I ZB 1/03, MDR 2004, 349, 350; Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, VersR 2004, 487 unter II 1). Die Berufungsbegründung muss hierbei von einem dazu bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfasst, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein (BGH, Beschlüsse vom 23. Juni 2005 - V ZB 45/04, NJW 2005, 2709 unter III 2 a bb; vom 31. März 2003 aaO). Nur in Ausnahmefällen kann auf eine Unterschrift verzichtet werden, wenn sich aus den sonstigen Umständen zweifelsfrei ergibt, dass der Prozessbevollmächtigte die Verantwortung für den Inhalt der Rechtsmittelschrift übernommen hat (BGH, Beschlüsse vom 22. November 2005 und 15. Juni 2004, jeweils aaO). Zu berücksichtigen sind hierbei nur dem Berufungsgericht spätestens bis zum Ablauf der Beru- fungsbegründungsfrist bekannt gewordene Umstände (BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 aaO unter B II 1 d cc).
7
b) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Es hat auch im konkreten Fall die Anforderungen an eine wirksame Unterschrift nicht in einer Art und Weise überspannt, die das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 17. November 2009 - XI ZB 6/09, NJW-RR 2010, 358 Rn. 13).
8
aa) Für das Berufungsgericht war schon nicht erkennbar, ob die Berufungsbegründung von einem beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist, weil sich dies weder dem Schriftzug unter der Berufungsbegründung noch anderen Umständen entnehmen ließ (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 22. November 2005 aaO Rn. 7). Unter der handschriftlichen Unterschrift findet sich maschinenschriftlich lediglich der Zusatz "Rechtsanwalt", ohne dass durch weitere Erläuterung klargestellt war, um welche Rechtsanwältin oder welchen Rechtsanwalt es sich handeln soll. Die über der Bezeichnung "Rechtsanwalt" befindliche handschriftliche Unterschrift ist nicht geeignet, einen bestimmten Aussteller zu identifizieren. Aus einem Vergleich mit den bisher durch Rechtsanwalt L. unterzeichneten Schriftsätzen wird im Gegenteil deutlich, dass es sich nicht um seine Unterschrift handelt. Eine konkrete Bezugnahme auf einen anderen Rechtsanwalt ist durch die Berufungsbegründung auch sonst nicht möglich, da diese auf der ersten Seite lediglich Rechtsanwalt L. L. ausweist.
9
Aus den verwendeten Diktatzeichen kann - entgegen der Annahme der Beschwerde - ebenfalls nicht geschlossen werden, dass die Berufungsbegründung durch einen dazu berechtigten Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist. Abgesehen davon, dass die Berufungsbegründung kein reines Diktat-, sondern eher ein Aktenzeichen enthält, konnte das Berufungsgericht aus dem Kürzel "00236/10 YG/rp" nicht erkennen, dass sich hinter dem Kürzel "YG" ein postulationsfähiger Rechtsanwalt befindet. Das Berufungsgericht war ohnehin nicht verpflichtet, das hier verwendete Aktenzeichen mit den in früheren Schriftsätzen enthaltenen Aktenzeichen zu vergleichen, um hieraus irgendwelche Schlüsse auf den unterzeichnenden Rechtsanwalt zu ziehen. Hinzu kommt, dass auch in den früheren durch Rechtsanwalt L. unterschriebenen Schriftsätzen keinesfalls durchgängig ein einheitliches Diktat-/Aktenzeichen verwendet wurde (vgl. Berufungsschrift vom 29. November 2010 sowie Fristverlängerungsanträge vom 20. Dezember 2010 und 31. Januar

2011).


10
Soweit die Klägerin geltend macht, Rechtsanwältin G. habe in Untervollmacht für Rechtsanwalt L. gehandelt, lässt sich das dem Schriftsatz und der Unterschrift nicht entnehmen. Der in derartigen Fällen übliche Zusatz "für Rechtsanwalt …" fehlt hier (vgl. zur Unterschriftsleistung durch einen Unterbevollmächtigten BGH, Urteile vom 11. Oktober 2005 - XI ZR 398/04, NJW 2005, 3773 unter II 2 b; vom 31. März 2003 aaO unter II 2). Es kann gerade nicht ausgeschlossen werden, dass die Unterzeichnung durch einen sonstigen Mitarbeiter erfolgt ist. Im Zeitpunkt des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist war es mithin nicht möglich, die Unterschrift konkret einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt zuzuordnen. Erst wenn überhaupt eine Art von Identifizierung der die Unterschrift leistenden Person möglich ist, kann eine Überprüfung der Postulationsfähigkeit des Unterzeichnenden erfolgen. Durch die nachträgliche Vorlage der Untervollmacht, der eidesstattlichen Versicherungen sowie der Zulassungsurkunde von Rechtsanwältin G. kann dieser Mangel nicht mehr beseitigt werden, da es sich um Umstände handelt, die dem Berufungsgericht erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist zur Kenntnis gebracht wurden.
11
bb) Soweit die Rechtsprechung das Fehlen einer Unterschrift bei Vorliegen besonderer Umstände ausnahmsweise als unschädlich angesehen hat, folgt daraus nicht, dass bei der hier von einer Rechtsanwältin unterschriebenen Berufungsbegründung die erforderliche Form erst recht als gewahrt angesehen werden müsse. Die Unterzeichnung ist nur dann als entbehrlich anzusehen, wenn sich aus den sonstigen Umständen zweifelsfrei ergibt, dass der Rechtsanwalt die Verantwortung für den Inhalt eines fristwahrenden Schriftsatzes übernommen hat. Dies ist etwa anzunehmen, wenn der Mangel der Unterschrift in dem als Urschrift der Berufung gedachten Schriftsatz durch die gleichzeitig eingereichte beglaubigte Abschrift dieses Schriftsatzes behoben wird (BGH, Beschluss vom 3. Mai 1957 - VIII ZB 7/57, BGHZ 24, 179, 180). Ebenso liegt es, wenn die nicht unterschriebene Rechtsmittelbegründungsschrift durch den Rechtsanwalt mit einem von ihm unterzeichneten und mit der Rechtsmittelbegründung fest verbundenen Begleitschreiben eingereicht wird (BGH, Beschlüsse vom 20. März 1986 - VII ZB 21/85, BGHZ 97, 251, 254; ferner vom 28. August 2003 aaO für eine per Computerfax eingelegte Beschwerde). Hier stand es dagegen bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist mangels Vorliegens sonstiger Umstände gerade nicht fest, dass die Berufungsbegründung zweifelsfrei durch einen beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet worden war.

12
2. Auch hinsichtlich der Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages ist die Rechtsbeschwerde nicht zulässig, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Namentlich erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht.
13
a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dient in besonderer Weise dazu, die Rechtsschutzgarantie und das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gebieten es, den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (Senatsbeschluss vom 12. Januar 2011 - IV ZB 14/10, juris Rn. 5; BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 227 f.).
14
b) Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht verstoßen.
15
Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ist einer Partei zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann danach nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen die Möglichkeit offen bleibt, dass die Fristversäumung von der Partei bzw. ihrem Prozessbe- vollmächtigten verschuldet war (BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 aaO unter II 2).
16
aa) Für das eigene Verschulden von Rechtsanwalt L. als Prozessbevollmächtigtem der Klägerin kommt es nicht darauf an, ob er am 7. Februar 2011 wegen einer plötzlichen und schmerzhaften Erkrankung nicht mehr in der Lage war, noch irgendwelche Handlungen vorzunehmen. Vielmehr hat ein Rechtsanwalt allgemeine Vorkehrungen dafür zu treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Er muss seinem Personal die notwendigen allgemeinen Anweisungen für einen solchen Fall geben (BGH, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, VersR 2009, 1684 Rn. 9). Hier fehlt es an jedem Vortrag der Klägerin dazu, welche Vorkehrungen ihr Prozessbevollmächtigter für den Fall getroffen hat, dass er unvorhergesehen ausfällt und an der Unterzeichnung eines fristwahrenden Schriftsatzes gehindert ist. Es ist nicht ersichtlich, welche Maßnahmen er getroffen hat, um sicherzustellen, dass fristwahrende Schriftsätze durch Rechtsanwältin G. in einer Weise unterzeichnet werden, die sie als beim Berufungsgericht zugelassene Rechtsanwältin ausweisen.
17
bb) Schließlich muss die Klägerin sich auch das Verschulden von Rechtsanwältin G. zurechnen lassen. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin und der eidesstattlichen Versicherung von Rechtsanwältin G. ist letztere als Unterbevollmächtigte für den Prozessbevollmächtigten der Klägerin tätig geworden. Bedient sich der Prozessbevollmächtigte einer Partei bei der Bearbeitung eines Rechtsstreits eines angestellten Rechtsanwalts, so muss die Partei sich dessen Verschulden wie eigenes zurechnen lassen, wenn ihm der Rechtsstreit von dem Pro- zessbevollmächtigten zur selbständigen Bearbeitung übergeben worden ist (BGH, Beschlüsse vom 9. Juni 2004 - VIII ZR 86/04, VersR 2005, 810, 811; vom 1. April 1992 - XII ZB 21/92, VersR 1992, 1421 unter 1). Denn in diesem Fall gilt der angestellte Rechtsanwalt als Vertreter des Prozessbevollmächtigten und der Partei selbst. Hier hat Rechtsanwältin G. nicht nur untergeordnete Tätigkeiten vorgenommen, sondern den Inhalt der Berufungsbegründung im Wesentlichen selbst erstellt. Sie hat bei der Unterzeichnung der Berufungsbegründung schuldhaft gehandelt , da sie nicht dafür gesorgt hat, dass aus dem Schriftsatz die Unterzeichnung durch eine dazu bevollmächtigte und beim Berufungsgericht zugelassene Rechtsanwältin ersichtlich wird.
Wendt Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 05.08.2010 - 10 O 17519/08 -
OLG München, Entscheidung vom 18.03.2011- 19 U 5126/10 -

Tatbestand

1

Die Klägerin zu 1 betreibt in der Rechtsform der Aktiengesellschaft einen Großteil der Eisenbahnschienenwege in Deutschland. Ihre Gesellschaftsanteile werden von der Klägerin zu 2 gehalten, an die sie auch durch einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag gebunden ist. Die Klägerin zu 2 ist ebenfalls eine Aktiengesellschaft, deren Aktien die beklagte Bundesrepublik Deutschland hält. Zu ihrem Konzern gehören neben der Klägerin zu 1 auch verschiedene Eisenbahnverkehrsunternehmen. Für ihre Konzerntöchter hält sie verschiedene zentrale Servicefunktionen vor, die von diesen durch eine Konzernumlage finanziert werden. Dazu zählt eine zentrale Rechtsabteilung, in der etwa 160 Juristen - im Folgenden: Konzernjuristen - beschäftigt sind, die überwiegend auch als Rechtsanwälte zugelassen sind. Diese berät und vertritt alle Gesellschaften des Konzerns, so auch die Klägerin zu 1, namentlich in Regulierungssachen gegenüber der Bundesnetzagentur und anderen Stellen.

2

Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit der Inanspruchnahme dieser Dienste durch die Klägerin zu 1 in Angelegenheiten, die die Zuweisung von Zugtrassen und die Wegeentgelte betreffen. Anlass hierzu bot der Erlass von § 9a AEG im Jahre 2005, der in Umsetzung europarechtlicher Richtlinien die Unabhängigkeit der Betreiber von Schienenwegen von Eisenbahnverkehrsunternehmen in netzzugangsrelevanten Entscheidungen sicherzustellen sucht.

3

Die Klägerinnen haben auf die Neuregelung mit verschiedenen organisatorischen Maßnahmen reagiert. Im Mai 2005 haben sie ihren Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag dahin geändert, dass von dem Weisungsrecht der Klägerin zu 2 die Unabhängigkeit der Klägerin zu 1 in netzzugangs- und entgeltrelevanten Fragen unberührt bleibe. Zugleich bestimmte die Klägerin zu 1, dass Vorstandsmitglieder, die auch Funktionen in Eisenbahnverkehrsunternehmen ausübten, von Entscheidungen in Netzzugangs- und Entgeltfragen ausgeschlossen seien. Die Klägerin zu 2 bildete in der konzernzentralen Rechtsabteilung (GR) in der Unterabteilung "Regulierungs-, Wettbewerbs- und Kartellrecht" (GRK) ein eigenständiges Arbeitsgebiet "Regulierung" (GRK R, später GRK 1 bzw. ARK 1), das aus sieben Juristen besteht und mit der umfassenden und ausschließlichen Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Eisenbahninfrastrukturunternehmen des Konzerns, darunter vor allem der Klägerin zu 1, gegenüber der Bundesnetzagentur und anderen staatlichen Stellen in sämtlichen Netzzugangs- und Regulierungsverfahren betraut ist. Die Juristen dieses Arbeitsgebiets unterstehen dem Direktionsrecht des Leiters der Unterabteilung GRK. Nach einer Arbeitsanweisung ist ihnen nicht gestattet, in ihrem Arbeitsgebiet Eisenbahnverkehrsunternehmen zu beraten oder zu vertreten oder deren Interessen wahrzunehmen; Informationen haben sie vertraulich zu behandeln. Innerhalb der Klägerin zu 1 sind die Aufgaben betreffend Netzzugang und Wegeentgelte dem Vorstandsressort "Marketing/Vertrieb (I.NM)" zugewiesen. Operative Entscheidungen werden dezentral von den regionalen Niederlassungen getroffen. Ihnen ist die zentrale Organisationseinheit "Grundsätze Netzzugang/Regulierung" (I.NMN) vorgeordnet, die mit fünf Mitarbeitern besetzt ist, davon zwei Juristen. Zu ihren Aufgaben gehört es, in Abstimmung mit der zuständigen Konzernrechtsabteilung über die Einlegung von Rechtsbehelfen gegen Maßnahmen der Aufsichts- und Regulierungsbehörden zu entscheiden. Die Erarbeitung von Entgeltgrundsätzen obliegt der zentralen Organisationseinheit "Marketing/Preispolitik" (I.NMM), deren Mitarbeiter nach einer internen Konzernrichtlinie keinerlei Einflussnahmen Dritter außerhalb der Klägerin zu 1 zulassen dürfen. Schließlich bestellte die Klägerin zu 1 einen Unabhängigkeitsbeauftragten.

4

Mit Bescheid vom 24. November 2006 untersagte das Eisenbahn-Bundesamt der Klägerin zu 1, bei Entscheidungen über den Netzfahrplan, bei der sonstigen Zuweisung von Zugtrassen und bei Entscheidungen über die Wegeentgelte nebst der Vorbereitung dieser Entscheidungen Juristen der Klägerin zu 2 mit der Rechtsberatung oder Rechtsvertretung zu beauftragen, und verpflichtete sie, die damit angeordnete Umorganisation ihrer rechtlichen Beratung und Vertretung unverzüglich anzuzeigen. Zur Begründung hieß es: Seit 2005 seien öffentliche Betreiber der Schienenwege gesetzlich verpflichtet, rechtlich, organisatorisch und in ihren Entscheidungen von Eisenbahnverkehrsunternehmen unabhängig zu sein, soweit Entscheidungen über die Zuweisung von Zugtrassen und über die Wegeentgelte betroffen seien. Zum einen dürften derartige Entscheidungen nur von dem Personal des Betreibers der Schienenwege getroffen werden, das keine Funktionen in Eisenbahnverkehrsunternehmen oder mit diesen verbundenen Unternehmen ausübe (§ 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG); zum anderen müssten in Infrastrukturunternehmen, die über ein Mutterunternehmen mit einem Eisenbahnverkehrsunternehmen verbunden sind, unternehmensinterne Regelungen bestehen, die die Einflussnahme Dritter auf diese Entscheidungen unterbänden (§ 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG). Gegen beide Gebote verstoße die Klägerin zu 1, wenn sie - ohne eigene Rechtsabteilung - sich von Juristen der zentralen Rechtsabteilung ihrer Konzernmutter bei Fragen der Zuweisung von Zugtrassen und der Wegeentgelte beraten und vertreten lasse. Das personelle Trennungsgebot betreffe nicht nur Entscheidungen im operativen Geschäft, sondern schon jede Grundsatzentscheidung wie die Formulierung der "Schienennetz-Benutzungsbedingungen (SNB)", und nicht nur die Entscheidungen selbst, sondern auch deren Vorbereitung und erfasse deshalb auch die Beratung der Entscheidungsorgane der Klägerin zu 1 und deren Vertretung im Rechtsverkehr. Durch die Beauftragung von Juristen der Konzernmutter werde dieser und mittelbar auch den Konzernschwestern die Möglichkeit der Einflussnahme eröffnet, womit zugleich gegen das Gebot der Unterbindung derartiger Einflussnahmen verstoßen werde. Ob es tatsächlich zu Einflussnahmen der Konzernmutter gekommen sei, sei unerheblich, da im Interesse eines auch in den Augen der Wettbewerber und der Öffentlichkeit neutralen Netzbetreibers bereits die Möglichkeit der Einflussnahme unterbunden werden solle.

5

Die verfügte Untersagung sei auch erforderlich, um die gesetzlichen Anforderungen sicherzustellen, mildere Mittel seien nicht ersichtlich. Namentlich reichten die internen Organisationsregeln der Klägerinnen nicht aus. Der Beherrschungsvertrag zwischen den Klägerinnen sehe zwar vor, dass die Klägerin zu 2 der Klägerin zu 1 keine Weisungen erteile, die deren rechtlicher und organisatorischer Unabhängigkeit in Bezug auf Entscheidungen über die Zuweisung von Zugtrassen und die Wegeentgelte zuwiderliefen; er wiederhole damit aber lediglich den Gesetzeswortlaut. Dasselbe gelte für die Geschäftsordnung des Vorstandes der Klägerin zu 1, wonach Vorstandsmitglieder, die Funktionen in verbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmen ausübten, von der Beschlussfassung über Entscheidungen zu den in Rede stehenden Gegenständen ausgeschlossen seien. Auch die neuen - seinerzeit noch geplanten - Bestimmungen der unternehmensinternen Richtlinie 048.2001 seien unzureichend. Auch wenn die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung hiernach auf den Zeitraum nach Abschluss des Entscheidungsprozesses beschränkt werde, so bleibe die Modifikation der getroffenen Entscheidung doch unbenommen; zugleich würden künftige Entscheidungen vorgeprägt. Zudem betreffe die Beschränkung nur die rechtliche Vertretung und lasse die vorherige Beratung unberührt. Die weitere Bestimmung, Geschäftsgeheimnisse der Klägerin zu 1 und ihrer Kunden geheimzuhalten, und das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen seien intransparent und nicht zu überwachen und schon deshalb ungeeignet, die gesetzlichen Anforderungen zu erreichen. Sie seien ohnehin wenig praxistauglich, zumal sich eine Interessenkollision auch erst einige Zeit nach Auftragserteilung herausstellen könne, eine Auftragskündigung aber wenig wahrscheinlich sei; auch sei die Vertretung gegenläufiger Interessen in nachfolgenden Verfahren ebensowenig ausgeschlossen wie die gleichzeitige Vertretung gegenläufiger Interessen durch enge Kollegen und deren Einflussnahme im Wege kollegialer Kommunikation.

6

Mit ihren Widersprüchen rügten die Klägerinnen einen Eingriff in ihre unternehmerische Organisationsfreiheit, wenn die Einrichtung zentraler Servicefunktionen im Konzern verboten und damit die Erzielung entsprechender Synergieeffekte unmöglich gemacht werde; damit werde die Konzernstruktur insgesamt in Frage gestellt. Ein derartiger Eingriff bedürfe einer eindeutigen gesetzlichen Grundlage und eines überragenden öffentlichen Belangs. An beidem fehle es. Das Gesetz begründe zwar Betreiberpflichten, überlasse es aber der unternehmerischen Freiheit, mit welchen Maßnahmen diese Pflichten umzusetzen seien. In der Sache untersage es nur die bestimmende Einflussnahme auf die Entscheidungen der Organe des Schienenbetreibers, nicht aber den gesamten vorherigen Prozess der Entscheidungsfindung und auch nicht den anschließenden Vollzug der Entscheidung in einzelnen Anwendungsfällen einschließlich der Verteidigung einer Maßnahme gegenüber Behörden und vor Gericht. Sowohl das Europarecht als auch ein Vergleich mit dem Energiewirtschafts- und dem Aktienrecht sprächen für diese enge Auslegung. An den eigentlichen Entscheidungen in diesem Sinne wirkten die Juristen der Konzernmutter aber nicht mit. Sie berieten die Klägerin zu 1 nur zum rechtlichen Rahmen, aber nicht zum Inhalt einer Entscheidung und verträten sie im Folgenden nur in einzelnen Anwendungsfällen. Die Entscheidungen würden von den Organen der Klägerin zu 1 getroffen, nämlich von deren Vorstand und von der Organisationseinheit I.NMN.

7

Den Widerspruch der Klägerin zu 1 wies das Eisenbahn-Bundesamt mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2007, denjenigen der Klägerin zu 2 mit Widerspruchsbescheid vom 17. April 2007 zurück. Der Widerspruch der Klägerin zu 2 sei unzulässig. Sie sei nicht Adressatin des Untersagungsbescheides. Sie könne auch nicht als Dritte in ihrer unternehmerischen Entscheidungsfreiheit betroffen sein; als ein reines Staatsunternehmen sei sie nicht grundrechtsfähig. Der Widerspruch der Klägerin zu 1 sei aus den Gründen der Ausgangsentscheidung unbegründet; was die Klägerin einwende, greife nicht durch. Insbesondere sei der Begriff der "Entscheidung" im Eisenbahngesetz gerade im Gegensatz zu dem Begriff der "Letztentscheidung" im Energiewirtschaftsgesetz weit zu verstehen.

8

Das Verwaltungsgericht hat die Klagen mit Urteilen vom 14. November 2007 abgewiesen. Die Klägerin zu 2 sei nicht in eigenen Rechten betroffen. Ob sie auch als öffentliches Unternehmen wegen Art. 87e GG grundrechtsfähig sei, könne offenbleiben. Keinesfalls könne ihre Berechtigung aus Art. 12, Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG weiter reichen als ihre Rechte nach "einfachem" Recht. Die Klägerin zu 2 habe sich aber durch den Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag in den hier in Rede stehenden Angelegenheiten des Netzzugangs und der Wegeentgelte jedes Weisungsrechts gegenüber der Klägerin zu 1 begeben. Sie habe daher auch keinen rechtlich begründeten Einfluss darauf, von welchen Juristen sich die Klägerin zu 1 bei netzzugangsrelevanten Entscheidungen beraten lasse. Die Klägerin zu 1 sei in eigenen Rechten betroffen, aber nicht verletzt. Die Untersagungsverfügung finde ihre Rechtsgrundlage in § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG. Diese Vorschrift verlange, dass die netzzugangsrelevanten Entscheidungen ausnahmslos vom Personal des Infrastrukturunternehmens zu treffen seien. Das erfasse zwar nicht jede Vorarbeit zu einer Entscheidung - insofern genügten interne Schutzvorkehrungen -, umfasse aber jede maßgebliche inhaltliche Beteiligung an der Entscheidungsfindung. Hinsichtlich der Konzernjuristen liege eine Organisationsstruktur vor, die diesen in bestimmten Fällen eine unzulässige Mitentscheidung eröffne. Mit zunehmender Komplexität der aufgeworfenen Rechtsfragen nehme der Einfluss der Konzernjuristen auf die zu treffende Entscheidung zu; gerade in komplexen Fällen könne die eigene Organisationseinheit I.NMN der Klägerin zu 1 kaum mehr als eine Plausibilitätskontrolle leisten. Die Untersagungsverfügung lasse sich zudem auf § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG stützen; denn die gegebene Organisationsstruktur ermögliche dem Vorstand der Klägerin zu 2 vermöge seines Direktionsrechts gegenüber den Konzernjuristen eine inhaltliche Einflussnahme auf die Entscheidungen der Klägerin zu 1. Das interne Reglement der Klägerin zu 2 reiche nicht aus, diese Einflussnahme völlig auszuschließen, und dürfe es nach § 76 AktG auch gar nicht. Die Untersagungsverfügung sei auch verhältnismäßig; der Klägerin zu 1 entstünden bei Übernahme der fünf bis sieben Konzernjuristen keine nennenswerten Mehrkosten, und die behaupteten Synergieeffekte blieben gewahrt.

9

Auf die Berufungen der Klägerinnen hat das Oberverwaltungsgericht die beiden Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit Urteil vom 20. Mai 2009 hat es den Bescheid des Eisenbahn-Bundesamtes vom 24. November 2006 und die beiden Widerspruchsbescheide aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Untersagungsverfügung sei rechtswidrig; sie finde in § 9a Abs. 1 AEG keine Grundlage. Die beanstandete Beauftragung von Konzernjuristen führe nicht dazu, dass diese entgegen § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG Entscheidungen über den Netzzugang oder die Wegeentgelte träfen. Die Vorschrift habe nur die Entscheidungsträger des Infrastrukturunternehmens selbst im Blick und ordne deren persönliche Unabhängigkeit an. Daher erfasse der Begriff der Entscheidung nur den Abschluss eines Willensbildungsprozesses mit Anspruch auf Verbindlichkeit und Umsetzung, nicht aber Vorarbeiten wie die Erarbeitung des Sachverhalts oder von Handlungsalternativen. Auf die Phase der Entscheidungsvorbereitung ziele vielmehr § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG; hier sollten Einflussnahmen Dritter durch unternehmensinterne Organisationsregeln unterbunden werden. Die Konzernjuristen träfen keine Entscheidungen im vorbeschriebenen Sinne und wirkten an solchen auch nicht mit; es sei sichergestellt, dass ihre Tätigkeit erst einsetze, wenn das eigene Personal der Klägerin zu 1 eine Entscheidung bereits getroffen habe. Dies gelte für die allgemeinen Festlegungen in Rahmenverträgen und den Schienennetz-Nutzungsbedingungen ebenso wie für einzelne Trassenzuweisungen und Wegegeldfestsetzungen. Mit ihrer Tätigkeit gehe aber auch keine Einflussnahme der Klägerin zu 2 auf die Entscheidungen der Klägerin zu 1 einher, die sich nicht durch unternehmensinterne Regelungen ausschließen ließen und hinlänglich ausgeschlossen seien. Der Arbeit der Konzernjuristen wohne nicht schon für sich ein auf die Durchsetzung der Interessen konzernzugehöriger Verkehrsunternehmen ausgerichtetes manipulatives Element inne; die Konzernjuristen seien allein für die Klägerin zu 1 tätig und unterlägen nur deren Weisungen. Ein solches manipulatives Element ergebe sich auch nicht daraus, dass sie Angestellte der Klägerin zu 2 seien. Das allein begründe nicht den Verdacht ihrer Voreingenommenheit; verbleibende Risiken seien durch unternehmensinterne Regeln unterbunden. Das Weisungsrecht der Klägerin zu 2 als Arbeitgeberin schließlich sei ausreichend beschränkt; aktienrechtlichen Bedenken gegen die rechtliche Wirksamkeit dieser Beschränkung bestünden nicht. Insgesamt halte das Gesetz - jenseits der Funktionstrennung auf der Ebene der Entscheidungsträger - unternehmensinterne Regelwerke unter flankierender Kontrolle eines Unabhängigkeitsbeauftragten im Regelfalle für ausreichend. Allein die Bekämpfung eines "bösen Scheins" rechtfertige keine weiterreichenden Maßnahmen. Auch das europäische Gemeinschaftsrecht lasse integrierte Eisenbahnkonzerne weiterhin zu und fordere lediglich eine Ausgestaltung, bei der die Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers von Verkehrsunternehmen in Fragen des Netzzugangs und der Wegeentgelte gesichert sei. Auch gemeinschaftsrechtlich seien für eine Konzernstruktur typische unternehmensübergreifende Dienstleistungen wie die hier in Rede stehenden daher nicht ausgeschlossen. Sei die angefochtene Untersagungsverfügung nach allem rechtswidrig, so verletze sie nicht nur die Klägerin zu 1 als Adressatin, sondern auch die Klägerin zu 2 in eigenen subjektiven Rechten, nämlich in ihrer Organisationshoheit als konzernbeherrschendes Unternehmen, die durch ihre Privatautonomie und durch Art. 87e GG rechtlich geschützt sei. Dagegen lasse sich nicht mit dem Verwaltungsgericht einwenden, die Klägerin zu 2 habe sich ihres Weisungsrechts begeben; der Ausschluss eines inhaltlichen Weisungsrechts lasse ihr organisatorisches Weisungsrecht - die Dienste der zentralen Rechtsabteilung in Anspruch zu nehmen - unberührt, das aber durch die Untersagungsverfügung verkürzt werde.

10

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision zugelassen. Das Berufungsurteil ist der Beklagten am 15. Juni 2009 zugestellt worden. Die Beklagte hat am 12. Juni 2009 Revision eingelegt und am 30. September 2009 - dem letzten Tag der Frist - begründet. Der 46-seitige Begründungsschriftsatz ist nur auf der ersten Seite unterschrieben; dort befinden sich der Revisionsantrag sowie ein Verweis auf die nachstehenden Gründe der Anfechtung. Zur Sache macht die Beklagte geltend: Beiden Klägerinnen fehle die Klagebefugnis. Als öffentliche Unternehmen seien sie nicht grundrechtsfähig; einfachgesetzliche Abwehrrechte gegen Regulierungsverfügungen des Bundes stünden ihnen aber nicht zu. Das Berufungsurteil verletze auch in der Sache Bundesrecht. Ziel des Gesetzes sei die Gewährleistung eines chancengleichen, diskriminierungsfreien und funktionsfähigen Wettbewerbs auf der Schiene und hierzu die prinzipielle Trennung von Netz (Schiene) und Betrieb (Verkehr). Das sei prinzipiell gefährdet, wenn das Infrastrukturunternehmen zwar rechtlich von Verkehrsunternehmen getrennt werde, diesen aber durch eine Konzernstruktur verbunden bleibe und dem Mutterkonzern durch einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag unterworfen sei. Der Gesetzgeber habe Konzernstrukturen gleichwohl erlaubt, suche aber gleichzeitig sicherzustellen, dass das Infrastrukturunternehmen in Fragen des Netzfahrplans, des Netzzugangs und der Wegeentgelte frei von der Beeinflussung durch Eisenbahnverkehrsunternehmen sei. Hierzu ordne § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG in Umsetzung europarechtlicher Vorgaben ausdrücklich nicht nur die rechtliche, sondern auch die organisatorische Unabhängigkeit des Schienenbetreibers an. Unternehmerische Funktionen, die Netzzugangsfragen beträfen, müssten deshalb von Organisationseinheiten des Schienenbetreibers wahrgenommen werden, die von der sonstigen Konzernorganisation getrennt seien. § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG sei kein bloßer Programmsatz, sondern die Grundnorm, die in Satz 2 durch Regelbeispiele in bestimmter Hinsicht konkretisiert werde und zugleich deren Auslegung steuere. Wenn dessen Nr. 3 Entscheidungen über Netzzugang und Wegeentgelte dem eigenen Personal des Infrastrukturunternehmens vorbehalte, so ziele das nicht bloß auf das formal-juristisch zuständige Organ, sondern auf das gesamte Management in einem funktionalen Sinne, weshalb der Begriff der Entscheidung den Prozess der Entscheidungsfindung umfasse, soweit in ihm inhaltliche Vorfestlegungen getroffen würden. Das werde durch Nr. 5 dahin ergänzt, dass auch weitere mögliche Einflussnahmen zu unterbinden seien, ohne dass diese deshalb manipulativ sein müssten. Rechtsberater und Bevollmächtigte aber seien in den Prozess der Entscheidungsfindung eingebunden. Das gelte umso mehr, als die Rechtsposition der Klägerin zu 1 gegenüber den Aufsichts- und Regulierungsbehörden praktisch allein von den Konzernjuristen formuliert und vertreten werde. Es sei wirklichkeitsfern anzunehmen, die Konzernjuristen seien hierbei allein der Klägerin zu 1 verpflichtet und keinem bestimmenden Einfluss ihrer Arbeitgeberin, der Klägerin zu 2, ausgesetzt oder könnten einen solchen gar ignorieren oder zurückweisen. Bloße konzerninterne Richtlinien seien ungeeignet, dieser Gefahr zu begegnen, zumal das Europarecht bloß rechtliche Vorkehrungen nicht genügen lasse, sondern den Nachweis ihrer praktischen Wirksamkeit fordere.

11

Die Klägerinnen halten die Revision für unzulässig, da sie formgerecht nicht fristgemäß begründet worden sei. In der Sache verteidigen sie das Berufungsurteil mit im Wesentlichen übereinstimmenden Argumenten. § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG sei keine Generalermächtigung mit nachfolgenden Regelbeispielen, sondern eine Zielvorgabe mit nachfolgenden Zielerreichungsmitteln. Diese Mittel allerdings seien abschließend, schon weil sie das Ergebnis der gesetzgeberischen Abwägung zwischen der - zulässigen - Konzernstruktur und der gebotenen Unabhängigkeit des Schienenbetreibers seien. Nach § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 5 AEG sei die Unabhängigkeit des Infrastrukturunternehmens gewährleistet, wenn die netzzugangs- und entgeltrelevanten Entscheidungen von seinem Personal getroffen würden (Nr. 3) und interne Regelungen die Einflussnahme während der Entscheidungsfindung verhinderten (Nr. 5). Die juristischen Berater und Bevollmächtigten gehörten nicht zum Entscheidungspersonal. Das Berufungsgericht habe in tatsächlicher Hinsicht bindend festgestellt, dass das interne Regelwerk der Klägerinnen hinreichend und effektiv sei, eine Einflussnahme der Klägerin zu 2 über die Konzernjuristen während der Entscheidungsfindung zu verhindern, insbesondere dass die Konzernjuristen erst nach getroffener Entscheidung eingeschaltet und ihre Empfehlungen von eigenen Juristen des Infrastrukturunternehmens geprüft würden.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils.

13

A. Die Revision ist zulässig. Sie wurde insbesondere ordnungsgemäß begründet.

14

1. Gemäß § 139 Abs. 3 VwGO ist die Revision innerhalb einer Frist von einem Monat, die von dem Vorsitzenden auf Antrag verlängert werden kann, zu begründen; die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben. Dabei versteht sich von selbst, dass die Begründung der Revision - ebenso wie nach § 139 Abs. 1 Satz 1 VwGO deren Einlegung - schriftlich erfolgen muss (vgl. auch § 173 VwGO i.V.m. § 551 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Schriftform verlangt grundsätzlich die eigenhändige Unterschrift des dazu Berechtigten (Urteil vom 6. Dezember 1988 - BVerwG 9 C 40.87 - BVerwGE 81, 32 <33>; Beschlüsse vom 27. Januar 2003 - BVerwG 1 B 92.02 - und vom 5. Februar 2003 - BVerwG 1 B 31.03 - Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 17 und 16). Die Unterschrift muss den Inhalt der Erklärung räumlich decken, also hinter oder unter dem Text stehen. Das verlangt § 440 Abs. 2 ZPO für die Beweiskraft von Privaturkunden und folgt auch ganz allgemein aus der Funktion der Unterschrift, nicht nur die Gewähr für das Erklärte zu übernehmen, sondern auch das Erklärte abzuschließen (BGH, Urteil vom 20. November 1990 - XI ZR 107/89 - BGHZ 113, 48). Eine "Oberschrift" erlaubt regelmäßig nicht den sicheren Schluss, dass das Nachfolgende vom Unter- bzw. Überzeichner herrührt und nicht blanko gegeben wurde (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2004 - VI ZB 9/04 - NJW-RR 2004, 1364).

15

Allerdings ist das Schriftformerfordernis kein Selbstzweck. Die Rechtsprechung hat deshalb in Einzelfällen Ausnahmen zugelassen, wenn seinem Sinn und Zweck auf anderem Wege genügt ist. Durch das Schriftformerfordernis soll die verlässliche Zurechenbarkeit des Schriftsatzes sichergestellt werden. Es muss gewährleistet sein, dass nicht nur ein Entwurf, sondern eine gewollte Prozesserklärung vorliegt, ferner, dass die Erklärung von einer bestimmten Person herrührt und diese für den Inhalt die Verantwortung übernimmt. Deshalb werden Ausnahmen von dem Grundsatz handschriftlicher Unterzeichnung zugelassen, wenn sich aus dem bestimmenden Schriftsatz allein oder in Verbindung mit beigefügten Unterlagen die Urheberschaft und der Wille, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen, hinreichend sicher, das heißt ohne die Notwendigkeit einer Klärung durch Rückfrage oder durch Beweiserhebung, ergeben (Urteile vom 26. August 1983 - BVerwG 8 C 28.83 - Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 9 und vom 6. Dezember 1988 - BVerwG 9 C 40.87 - BVerwGE 81, 32 <36>). Aus Gründen der Rechtssicherheit kann dabei freilich nur auf die dem Gericht bei Eingang des Schriftsatzes erkennbaren oder bis zum Ablauf der Frist bekannt gewordenen Umstände abgestellt werden (Beschluss vom 27. Januar 2003 - BVerwG 1 B 92.02 - Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 17 = NJW 2003, 1544).

16

2. Im vorliegenden Fall ist diesen Anforderungen noch genügt.

17

a) Die Beklagte hat am letzten Tag der Revisionsbegründungsfrist einen Schriftsatz eingereicht, der den Revisionsantrag sowie die Revisionsgründe enthielt. Zwar hat der Prozessbevollmächtigte die Revisionsbegründungsschrift nur auf ihrer ersten Seite - nach den Revisionsanträgen - unterschrieben. Gleichwohl konnte kein Zweifel bestehen, dass auch die nachfolgende Darlegung der Revisionsgründe von ihm herrührt und von ihm willentlich in den Rechtsverkehr gebracht worden war. Allerdings bietet eine Unterschrift auf der ersten Seite Anlass zu Zweifeln, ob die Unterschrift bereits vor der Endkorrektur geleistet wurde und deshalb die Endkontrolle durch den Unterzeichner nicht mehr gewährleistet war. Hier kommt aber zum einen hinzu, dass die unterschriebene erste Seite einen inhaltlich abgeschlossenen Text darstellt, der für sich genommen bereits wesentliche Teile der Revisionsbegründung - nämlich die Revisionsanträge - enthält und im Sinne einer wenn auch knapp gehaltenen Übersicht auf die nachstehenden Gründe der Anfechtung verweist. Damit steht fest, dass der gesamte Text keinen bloßen Entwurf mehr darstellt, sondern mit dem Willen des Prozessbevollmächtigten in den Rechtsverkehr gegeben wurde; und es ist hinlänglich dokumentiert, dass der Prozessbevollmächtigte auch für den Inhalt der Gründe der Anfechtung die Verantwortung übernimmt (vgl. auch BFH, Beschluss des Großen Senats vom 5. November 1973 - GrS 2/72 - BFHE 111, 278 = NJW 1974, 1582). Beides wird zum anderen durch die Vorgeschichte bekräftigt: Der Prozessbevollmächtigte hat bereits zwei Wochen zuvor eine frühere Fassung derselben Revisionsbegründung eingereicht, diese dann aber wieder zurückgefordert, weil die nötige Abstimmung mit dem Beklagten noch ausstehe. Wenn nunmehr die überarbeitete Revisionsbegründung mit dem erwähnten Vorblatt vorgelegt wird, besteht kein vernünftiger Zweifel mehr an der Verbindlichkeit und der Authentizität des Schriftsatzes. Dementsprechend hat auch keiner der Beteiligten einen derartigen Zweifel geäußert.

18

b) Nachdem die Klägerinnen die fehlende Unterschrift auf der letzten Seite der Revisionsbegründung gerügt hatten, hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten das Fehlen damit erläutert, er habe nach Erstellen und Unterschreiben des Schriftsatzes noch einige wenige Ergänzungen vorgenommen, die seine Mitarbeiterin aber weisungswidrig nicht als "a-Seiten" in den unterschriebenen Ausdruck eingefügt habe; stattdessen sei die Datei verändert und insgesamt nochmals ausgedruckt worden. Auch dieser Vortrag führt nicht dazu, die Revision für unzulässig zu erachten. Zwar legt der Prozessbevollmächtigte damit selbst dar, dass der Schriftsatz nach Beifügung der Unter- oder hier der Oberschrift noch verändert worden sei, was deren Beglaubigungsfunktion in Zweifel zieht. Er hat aber durch Vorlage des Manuskripts zugleich nachgewiesen, dass die nachträglichen Veränderungen von seiner Hand stammten und seinem Büro als Endkorrektur zur Einarbeitung übermittelt wurden. Dass dieser Nachweis erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist geführt wurde, ist unschädlich, weil auch die Zweifel, die er ausräumt, erst nach diesem Zeitpunkt aufgekommen sind.

19

B. Die Revision hat nicht schon deshalb Erfolg, weil die Klagen unzulässig wären. Die Klägerinnen sind klagebefugt. Das hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt.

20

1. Die Beklagte meint, beiden Klägerinnen fehle die Klagebefugnis schon deshalb, weil sie öffentliche Unternehmen seien, deren Geschäftsanteile - unmittelbar oder mittelbar - sämtlich von der beklagten Bundesrepublik Deutschland gehalten würden. Dem kann nicht gefolgt werden. Nach § 42 Abs. 2 VwGO besteht die Klagebefugnis, wenn der Kläger eine Verletzung seiner subjektiv-öffentlichen Rechte geltend macht und dies immerhin möglich ist. Die Klägerinnen machen geltend, das Eisenbahn-Bundesamt werfe ihnen zu Unrecht eine Verletzung ihrer Pflichten aus § 9a des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) vom 27. Dezember 1993 (BGBl I S. 2378, 2396) in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 27. April 2005 (BGBl I S. 1138) vor und greife deshalb ohne zureichenden Grund in ihre unternehmerische Handlungs- und Organisationsfreiheit ein. Dieser Vortrag ist geeignet, eine Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte als möglich erscheinen zu lassen. Namentlich steht den Klägerinnen die Handlungs- und Organisationsfreiheit eines Eisenbahnunternehmens zu, die vom Allgemeinen Eisenbahngesetz vorausgesetzt wird. Hierfür ist gleichgültig, ob das Eisenbahnunternehmen in privater oder öffentlicher Hand ist. Ebenso ist unerheblich, ob sich die Klägerinnen auf Grundrechte berufen können und ob sie diese obendrein mit der Verfassungsbeschwerde geltend machen könnten (vgl. hierzu Windthorst in Sachs, Grundgesetz-Kommentar, 5. Aufl. 2009, Rn. 49 zu Art. 87e GG; Dreier in ders. , Grundgesetz-Kommentar, Band 1, 2. Aufl. 2004, Rn. 68 ff. zu Art. 19 Abs. 3 GG; Burgi, DVBl 2006, S. 269; Kühne, JZ 2009, 1071; zu Energiewirtschaftsunternehmen BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 16. Mai 1989 - 1 BvR 705/88 - NJW 1990, 1783 und vom 18. Mai 2009 - 1 BvR 1731/05 - NVwZ 2009, 1282; zu Telekommunikationsunternehmen BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03 u.a. - BVerfGE 115, 205 <227 f.>; BVerwG, Urteil vom 25. April 2001 - BVerwG 6 C 6.00 - BVerwGE 114, 160 <189>) .

21

2. Auch der Klägerin zu 2 kann die Klagebefugnis nicht abgesprochen werden. Sie ist zwar nicht Adressatin der angefochtenen Bescheide, wird von diesen aber als Dritte in eigenen Rechten nachteilig betroffen.

22

Die angefochtenen Bescheide beruhen auf dem Vorwurf einer nach Maßgabe des § 9a AEG unzulänglichen Entflechtung zwischen der Klägerin zu 1 und ihrem Mutterkonzern, der Klägerin zu 2. Die genannte Vorschrift dient zwar der Herstellung und Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit des konzernangehörigen Schienenwegebetreibers, begründet aber Pflichten nicht nur für diesen, sondern korrespondierend auch für die konzernverbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmen und für das gemeinsame Mutterunternehmen. Hierbei tariert sie das jeweilige Interesse an der unternehmerischen Organisationsfreiheit des Konzerns und seiner Unternehmen einerseits und das öffentliche Entflechtungsinteresse andererseits aus. Indem sie das öffentliche Entflechtungsinteresse zugleich begründet und begrenzt, dient die Vorschrift auch dem Schutz des privaten Interesses des Konzerns und seiner Unternehmen an der Achtung ihrer unternehmerischen Organisationsfreiheit; insofern ist sie Schutznorm zu deren Gunsten. Ob § 9a AEG darüber hinaus auch Schutznorm zugunsten der mit dem verbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmen konkurrierenden Eisenbahnverkehrsunternehmen ist, ist eine andere Frage (verneinend Kramer in Kunz, Eisenbahnrecht, Rn. 4 zu § 9a AEG).

23

Die angefochtenen Bescheide betreffen die Klägerin zu 2 auch tatsächlich nachteilig. Auch wenn der Ausgangsbescheid nur an die Klägerin zu 1 gerichtet ist, so hat das darin verfügte Verbot, sich der Dienste der Rechtsabteilung der Klägerin zu 2 zu bedienen, für diese doch unmittelbare tatsächliche Folgen. Diese Folgen bestehen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts unabhängig davon, ob die Klägerin zu 2 in dem gemeinsamen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag auf die Ausübung ihres Weisungsrechts in Angelegenheiten des Netzzugangs und der Wegeentgelte verzichtet hat.

24

C. Die Revision ist aber in der Sache begründet. Das Berufungsgericht hätte die Berufungen der Klägerinnen gegen die klageabweisenden Urteile des Verwaltungsgerichts zurückweisen müssen; denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Zwar hält das Berufungsurteil den Einwänden der Beklagten stand, soweit sie § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG (dazu 1.) und § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG betreffen (dazu 2.). Die angefochtenen Bescheide finden ihre Grundlage jedoch in (§ 5a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m.) § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG (dazu 3.). Mit Recht hat das Verwaltungsgericht die Untersagungsverfügung auch für verhältnismäßig erachtet (dazu 4.).

25

1. a) Das Berufungsgericht hat es mit Recht abgelehnt, schon einen Verstoß der Klägerin zu 1 gegen § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG anzunehmen, der die Aufsichtsbehörde zum Einschreiten veranlassen könnte. Diese Vorschrift stellt keine Generalklausel dar, sondern formuliert die Ziele, denen die in § 9a Abs. 1 Satz 2 AEG im Einzelnen vorgesehenen Maßnahmen und Pflichten der Eisenbahnunternehmen dienen. Sie leitet damit deren Auslegung, vermag jedoch allein für sich keine Pflichten zu begründen, die dort nicht vorgesehen sind.

26

Das ergibt sich zweifelsfrei aus dem Wortlaut der Eingangswendung in Satz 2, welche die nachstehende Liste von Maßnahmen und Pflichten der Eisenbahnunternehmen mit den Worten "zur Erreichung der in Satz 1 genannten Ziele" an den Satz 1 anschließt. Es ergibt sich auch aus der Abfolge dieser Liste, welche die in Satz 1 angesprochenen Hinsichten der gebotenen Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers abhandelt (Nr. 1 - rechtliche Unabhängigkeit; Nr. 2 - organisatorische Unabhängigkeit; Nr. 3 bis 5 - Unabhängigkeit in den Entscheidungen) und um eine Bestimmung über die Besetzung der Aufsichtsräte (Nr. 6) ergänzt. Hingegen fehlen typische Wendungen zur Kennzeichnung von bloßen Regelbeispielen ("insbesondere", "etwa"). Es ergibt sich schließlich aus dem Gebot der Bestimmtheit eines Gesetzes, das wie § 9a Abs. 1 AEG privaten Unternehmern Pflichten auferlegt (ebenso Gerstner in Hermes/Sellner, AEG-Kommentar, Rn. 30 zu § 9a AEG).

27

b) In § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG eine Formulierung der Gesetzesziele zu sehen, stimmt mit europäischem Gemeinschaftsrecht überein. § 9 Abs. 1c AEG dient der Umsetzung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (ABl Nr. L 237 S. 25) in der Fassung der Änderungsrichtlinie 2001/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 (ABl Nr. L 75 S. 1) - im Folgenden: Richtlinie 91/440/EWG -, § 9a AEG obendrein der Umsetzung der Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazitäten der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung (ABl Nr. L 75 S. 29). Nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440/EWG treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Funktionen nach Anhang II - das sind hier Entscheidungen über die Trassenzuweisung und über die Wegeentgelte (zweiter und dritter Spiegelstrich) -, die für einen gerechten und nichtdiskriminierenden Zugang zur Infrastruktur ausschlaggebend sind, an Stellen oder Unternehmen übertragen werden, die selbst keine Eisenbahnverkehrsleistungen erbringen. Nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14/EG müssen Entscheidungen über die Wegeentgelte und nach Art. 14 Abs. 2 dieser Richtlinie auch Entscheidungen über die Zuweisung von Fahrwegkapazität von Stellen (des Infrastrukturunternehmens oder von Dritten) getroffen werden, die rechtlich, organisatorisch und in ihren Entscheidungen von Eisenbahnverkehrsunternehmen unabhängig sind. Diese Anforderungen greift § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG in derselben Rechtsqualität wie die Richtlinien - als Zielvorgabe - auf und setzt sie im Katalog des nachfolgenden Satzes 2 um. Die zwischen der Europäischen Kommission und der Bundesrepublik Deutschland kontrovers diskutierte Frage, ob § 9a Abs. 1 AEG - zusammen mit weiteren Maßnahmen - zur Umsetzung der genannten Richtlinien genügt, richtet sich daher allein an den Katalog des § 9a Abs. 1 Satz 2 AEG, vermag aber die Rechtsqualität des § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG nicht zu verändern.

28

c) Die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts müssen nicht nur rechtlich umgesetzt werden; die Umsetzung muss zur Verwirklichung des Entflechtungsziels auch tatsächlich wirksam sein. Das entspricht dem allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz des "effet utile". Es kommt zudem in Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 91/440/EWG zum Ausdruck, wonach die Mitgliedstaaten ungeachtet der Organisationsstrukturen der beteiligten Unternehmen den Nachweis zu erbringen haben, dass das Ziel der Entflechtung erreicht worden ist (vgl. auch Monopolkommission, Sondergutachten 46, 2007, Rn. 67 f.). Zwar gehen Art. 4 Abs. 2, Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14/EG als spezielleres Recht dem Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440/EWG vor (insoweit zutreffend Hermes in Hermes/Sellner, a.a.O., Einführung B Rn. 42 ff.). Das lässt aber den beschriebenen Grundsatz einschließlich seiner Ausprägung in Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 91/440/EWG unberührt.

29

2. § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG verbietet Doppelfunktionen des entscheidenden Personals des Schienenwegebetreibers. Das bezieht - und beschränkt - sich auf die zu im Rechtssinne bindenden Entscheidungen berufenen Organe und Mitarbeiter des Infrastrukturunternehmens. Hiergegen hat die Klägerin zu 1 nicht verstoßen. Das hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt; die Angriffe der Revision gehen insoweit fehl.

30

a) Der in § 9a Abs. 1 AEG mehrfach verwendete Begriff der Entscheidung ist durchgängig in demselben Sinne zu verstehen. Entscheidungen sind Willensentschließungen von hierzu befugten Organen und Mitarbeitern des Infrastrukturunternehmens, die dessen Handeln steuern. Dies gilt gleichermaßen für Entscheidungen, die unmittelbar nach außen wirken, wie für solche, die durch ein anderes Organ oder einen anderen Mitarbeiter des Unternehmens umgesetzt werden müssen, sofern dieser hierzu rechtlich verpflichtet oder nach den Gepflogenheiten des Unternehmens hierzu gehalten ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 31. Oktober 1990 - 2 BvF 3/89 - BVerfGE 83, 60 <73>). Entscheidungscharakter hat auch die Wahrnehmung von Mitentscheidungsbefugnissen.

31

Entscheidungen in diesem Sinne sind nicht nur Entscheidungen des Vorstands oder anderer gesetz- oder satzungsmäßiger Organe der Gesellschaft; sie können auch von nachgeordneten - angestellten - Mitarbeitern getroffen werden, sofern diese nach den unternehmensinternen Regeln hierzu befugt sind. Entscheidungen sind auch nicht nur Grundsatzentscheidungen. Die Versuche der Klägerinnen, Einzelfallentscheidungen, die in Ausführung von Grundsatzentscheidungen ergehen (Entscheidungen im operativen Geschäft), den Charakter einer Entscheidung im Sinne des § 9a Abs. 1 AEG abzusprechen, gehen fehl; sie übersehen, dass § 9a Abs. 1 AEG anders als § 8 Abs. 2 Nr. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) vom 7. Juli 2005 (BGBl I S. 1970, 3621) gerade nicht einengend nur von "Letztentscheidungen" spricht. Umgekehrt lässt sich auch bei Grundsatzentscheidungen der Entscheidungscharakter nicht allein deshalb bestreiten, weil sie rechtlich bindende Außenwirksamkeit erst vermöge nachfolgender Einzelentscheidungen erlangen. Entscheidung in diesem Sinne ist damit auch das Aufstellen der Schienennetz-Benutzungsbedingungen (vgl. § 14d Abs. 1 Nr. 6 AEG sowie § 4 Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung vom 3. Juni 2005, BGBl I S. 1566).

32

b) § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 bis 5 AEG sucht die Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers in seinen Entscheidungen auf verschiedene Weise zu sichern (vgl. BTDrucks 15/3280 S. 12 und 16). Nr. 3 sichert die persönliche Unabhängigkeit des zur Entscheidung berufenen Personals, Nr. 4 die rechtliche Entscheidungsfreiheit gegenüber fremden Weisungen, Nr. 5 schließlich die sachliche Unabhängigkeit der Entscheidung gegenüber fremder Einflussnahme. Allen diesen Sicherungen ist gemein, dass sie den Vorgang der Entscheidungsfindung betreffen. Zwar lässt sich begrifflich zwischen dem Inhalt der Entscheidung als dem Entschiedenen und dem Vorgang der Entscheidungsfindung als dem Entscheiden in derselben Weise unterscheiden, wie dies aus dem Planungsrecht zwischen dem Abwägungsergebnis als dem inhaltlich Abgewogenen und dem Abwägungsvorgang als dem Prozess des Abwägens bekannt ist. Es führt aber in die Irre, hieraus Schlüsse für das systematische Verhältnis ziehen zu wollen, in dem § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Nr. 5 AEG zueinander stehen. § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG betrifft nicht das inhaltliche Ergebnis einer Entscheidung, sondern stellt ebenso wie Nr. 4 und 5 Anforderungen an den Vorgang der Entscheidungsfindung. Der Vorgang der Entscheidungsfindung wird lediglich unter verschiedenen Aspekten erfasst. Dabei greift in rein zeitlicher Betrachtung allerdings Nr. 5 am weitesten aus, weil hier auch Tätigkeiten nicht selbst entscheidungsbefugter Mitarbeiter erfasst werden, die lediglich der Entscheidungsvorbereitung dienen. Insofern - aber auch nur insofern - ist es richtig, § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG der Entscheidungsvorbereitung, § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 AEG hingegen eher der Entscheidung selbst zuzuordnen (vgl. BTDrucks 15/3280 S. 16 f.).

33

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem europäischen Gemeinschaftsrecht. Es ist zwar richtig, dass der Anhang II zur Richtlinie 91/440/EG im ersten Spiegelstrich zwischen "Vorarbeiten" und "Entscheidung" unterscheidet. Damit wird aber der Begriff der "Entscheidung" weder auf die abschließende Phase der Entscheidungsfindung - das Treffen der Entscheidung - noch gar auf die inhaltliche Entscheidung im Sinne des Entschiedenen beschränkt. Das hieße nämlich, dass Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440/EG bei netzzugangsrelevanten Entscheidungen, welche der Anhang II im zweiten und dritten Spiegelstrich anspricht, überhaupt keine Anforderungen zum Vorfeld dieser abschließenden Phase stellt; das kann nicht richtig sein. Im Übrigen dient § 9a AEG, wie gezeigt, nicht nur der Umsetzung des Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440/EG, sondern vor allem der Umsetzung der - insofern spezielleren - Art. 4 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14/EG.

34

c) § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG ordnet nicht an, dass der Schienenwegebetreiber seine Entscheidungen selbst, d.h. durch eigenes Personal trifft; das setzt die Vorschrift - als Ergebnis der rechtlichen (Nr. 1) und organisatorischen (Nr. 2) Selbständigkeit - voraus. Nr. 3 bestimmt vielmehr, dass dieses Personal des Infrastrukturunternehmens nicht zugleich Funktionen in verbundenen Verkehrsunternehmen ausüben darf. "Funktionen" meint vergleichbare Entscheidungskompetenzen in dem verbundenen Verkehrsunternehmen oder dem gemeinsamen Mutterkonzern; dabei ist gleichgültig, ob die dortige Funktion sachlich zu einer Einflussnahme auf die Entscheidungen des Infrastrukturunternehmens führen kann (zu eng insofern Gerstner in Hermes/Sellner, AEG-Kommentar, Rn. 35 zu § 9a AEG). Die Vorschrift verfügt damit ein Mitwirkungsverbot für eigene Funktionsträger des Infrastrukturunternehmens mit Doppelfunktion; es handelt sich um eine Inkompatibilitätsnorm.

35

Aus dem Prozess der Entscheidungsfindung erfasst die Vorschrift nur dessen Abschluss, das "Treffen" der Entscheidung. Damit betrifft die Vorschrift nur dasjenige Personal, das Entscheidungen des Schienenwegebetreibers in dem eingangs beschriebenen Sinne "treffen" kann, das mit anderen Worten den Schienenwegebetreiber binden (festlegen) kann, also die Organe (Organwalter) sowie die nach den unternehmensinternen Regeln hierfür zuständigen Mitarbeiter des Infrastrukturunternehmens. Hingegen ist das zu- und vorarbeitende Personal ohne eigene Entscheidungskompetenz nicht von Nr. 3 erfasst; insofern ist dem Berufungsgericht gegen die Angriffe der Revision zuzustimmen.

36

Rechtliche Berater und Bevollmächtigte zählen jedoch nicht zum entscheidenden Personal des Schienenwegebetreibers. Das gilt auch, soweit sie als dessen Vertreter im Rechtsverkehr über dessen Entscheidungen - etwa bei Vertrags- und Vergleichsverhandlungen - disponieren dürfen. Vertreter sind keine Organe; sie sind vielmehr an ihren Auftrag gebunden und unterliegen der Weisung des auftraggebenden Organs; nur dieses ist dem Unternehmen gegenüber rechtlich verantwortlich. Wollte man dies anders sehen, so dürfte das Infrastrukturunternehmen auch keine selbständigen Rechtsanwälte mehr beauftragen, weil es sich nicht um "Personal des Betreibers der Schienenwege" handelt.

37

3. Indem die Klägerin zu 1 Juristen ihrer Konzernmutter mit ihrer rechtlichen Beratung und Vertretung beauftragt, verstößt sie aber gegen die in § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG normierte Pflicht, die Einflussnahme von Dritten auf ihre netzzugangsrelevanten Entscheidungen zu unterbinden. Das hat das Berufungsgericht verkannt.

38

a) § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG sichert die Unabhängigkeit der netzzugangsrelevanten Entscheidungen des Schienenwegebetreibers gegen fremde Einflussnahme. Im Verfahren der Entscheidungsfindung zielt die Vorschrift damit nicht nur auf deren abschließende Phase - das "Treffen" der Entscheidung - und auch nicht nur auf das die Entscheidung "treffende" Personal, sondern nimmt auch weitere Phasen der Entscheidungsvorbereitung (vgl. BTDrucks 15/3280 S. 16 f.) und die insofern befassten Personen in den Blick. Erfasst werden damit alle Vorbereitungshandlungen, mit denen sachlich auf die zu treffende Entscheidung Einfluss genommen wird oder Einfluss genommen werden kann. Die Vorschrift geht damit deutlich über § 8 Abs. 4 EnWG hinaus. Auch Nachbereitungshandlungen kommen in Betracht, wenn sie auf die Entscheidung noch - etwa verändernd - Einfluss haben können. Nicht erfasst werden lediglich rein technische Handlungen wie Schreibarbeiten, Anmietung von Räumen und dergleichen.

39

Jede Vorarbeit nimmt potentiell Einfluss auf eine Entscheidung; darin liegt gerade ihr Sinn. Das will die Vorschrift nicht ausschließen. Sie will nicht jegliche Einflussnahme bekämpfen, sondern nur die im Interesse eines Eisenbahnverkehrsunternehmens. Das ergibt sich aus ihrem Zweck, den Schienenwegebetreiber in seinen netzzugangsrelevanten Entscheidungen von Eisenbahnverkehrsunternehmen unabhängig zu stellen (vgl. § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG sowie oben C.1.). Dass die Einflussnahme obendrein manipulativ ist, also den Charakter einer nicht offengelegten oder sachwidrigen Fremdbestimmung trägt, ist entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht erforderlich; auch die offene und sachorientierte Einflussnahme soll unterbunden werden. Jedenfalls soll die Einflussnahme im Interesse eines Verkehrsunternehmens ausgeschlossen werden, das mit dem Schienenwegebetreiber in einem Konzern verbunden ist, wie die Eingangswendung des § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG zeigt; "Unternehmen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3" sind gerade derart integrierte Eisenbahnunternehmen. Ob auch Vorkehrungen gegen eine Einflussnahme im Interesse eines anderen, nicht konzernverbundenen Verkehrsunternehmens geboten sind, mag offenbleiben.

40

Mit "Einflussnahme von Dritten außerhalb des Betreibers der Schienenwege" ist in erster Linie diese ideelle - sachlich-inhaltliche - Einflussnahme im Interesse eines (verbundenen) Eisenbahnverkehrsunternehmens gemeint. Eine andere Frage ist, ob die Wendung obendrein den möglichen Träger der Einflussnahme anspricht, ob mit anderen Worten nur die Einflussnahme durch solche Personen unterbunden werden soll, die dem Infrastrukturunternehmen nicht selbst angehören. Hierdurch würde die Reichweite der Vorschrift allerdings eingeschränkt, ihre praktische Wirksamkeit erheblich relativiert. Dann wären nämlich Vorkehrungen gegen Einflussnahmen im Interesse eines (verbundenen) Eisenbahnverkehrsunternehmens durch eigene Bedienstete des Infrastrukturunternehmens nicht geboten - auch nicht durch solche, die zugleich im Dienst des Eisenbahnverkehrsunternehmens stehen, noch durch solche, die zuvor bei ihm beschäftigt waren oder demnächst zu diesem wechseln oder zurückkehren (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 46, Rn. 68). Doch bedarf auch diese Frage keiner Entscheidung.

41

Eine Einflussnahme im Interesse eines (im Konzern verbundenen) Eisenbahnverkehrsunternehmens muss "unterbunden", das heißt tatsächlich wirksam ausgeschlossen werden. Das Gesetz bekämpft damit nicht erst die Einflussnahme selbst, sondern bereits die Gefahr der Einflussnahme; und es gebietet nicht erst wirksame Maßnahmen gegen eine konkret drohende Einflussnahme, sondern wirksame Vorkehrungen gegen jede Möglichkeit der Einflussnahme. Insofern stellt § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG einen abstrakten Gefährdungstatbestand dar; darauf hat das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen. Dies steht im Einklang mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht; hiernach muss die Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich wirksam gesichert sein (vgl. oben C.1.c). Ob das Gesetz darüber hinaus auch dem "bösen Schein" wehren will, wie zwischen den Beteiligten umstritten und von den Vorinstanzen mit unterschiedlichem Ergebnis erörtert worden ist, kann offenbleiben.

42

b) Die Beauftragung der "Konzernjuristen" begründet die Gefahr der Einflussnahme im Interesse eines konzernverbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmens auf die netzzugangsrelevanten Entscheidungen des Schienenwegebetreibers.

43

Juristische Berater und Bevollmächtigte nehmen in dem beschriebenen Sinne Einfluss auf die Entscheidungen ihres Auftraggebers. Das gilt zweifelsfrei für die juristische Beratung; sie zeigt Handlungsalternativen auf und bewertet sie nach ihrer rechtlichen Realisierbarkeit und ihren - auch wirtschaftlichen - Folgen. Es gilt aber auch für die Vertretung des Schienenwegebetreibers im Rechtsverkehr mit Dritten, sei es mit dessen Kunden, sei es mit Behörden und vor Gericht. Schon soweit dabei lediglich bereits getroffene Entscheidungen verteidigt werden, sind Bevollmächtigte regelmäßig auch zu deren Veränderung befugt, etwa im Vergleichswege; die Möglichkeit der Einflussnahme besteht auch dann, wenn der ihrer Vollmacht zugrundeliegende Auftrag eine Disposition über die getroffene Entscheidung nur nach Rücksprache und Zustimmung zulässt. Regelmäßig bereiten rechtliche Vertreter aber auch künftige Entscheidungen vor, sei es, dass sie Verhandlungen für künftige Verträge führen, sei es, dass sie die Entscheidungsfreiheit des Unternehmens gegenüber behördlichen Eingriffen zu wahren suchen. Deshalb lässt sich die Möglichkeit ihrer sachlichen Einflussnahme zeitlich nicht auf die Phase der Entscheidungsvorbereitung beschränken und demzufolge auch nicht dadurch ausschließen, dass eine Mandatierung nur für die Phase der Verteidigung einer getroffenen Entscheidung vorgesehen wird.

44

Wenn solche juristischen Berater und Bevollmächtigten Angestellte eines mit dem Infrastrukturunternehmen verbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmens oder des gemeinsamen Mutterunternehmens sind, begründet dies die Gefahr, dass sie ihre - Einfluss nehmende - Tätigkeit (auch) im Interesse des Eisenbahnverkehrsunternehmens entfalten. Hierfür ist gleichgültig, ob sie innerhalb ihres eigenen Unternehmens von Weisungen ihres Arbeitgebers freigestellt sind, ob mit anderen Worten eine gezielte Einflussnahme des Eisenbahnverkehrsunternehmens oder des Mutterunternehmens vermittels seines Arbeitnehmers auf einzelne Entscheidungen des Infrastrukturunternehmens ausgeschlossen ist; die zwischen den Beteiligten umstrittene und von den Vorinstanzen unterschiedlich beantwortete Frage, ob eine derartige Freistellung von Weisungen gesellschafts- und arbeitsrechtlich überhaupt möglich und ob sie tatsächlich wirksam wäre, bedarf daher keiner Entscheidung. Eine Einflussnahme im Interesse des (verbundenen) Eisenbahnverkehrsunternehmens kann nämlich - auch ohne Weisung - von dem Arbeitnehmer selbst ausgehen, weil die Beförderung der Interessen des Eisenbahnverkehrsunternehmens zugleich in seinem eigenen persönlichen Interesse liegt. Ein "Konzernjurist" ist als Arbeitnehmer persönlich von seinem Arbeitgeber abhängig. Verfolgen der Arbeitgeber und der fremde Auftraggeber unterschiedliche Interessen, wie dies zwischen einem Verkehrsunternehmen und einem Infrastrukturunternehmen vielfach der Fall ist, so gerät der Konzernjurist typischerweise in eine Interessenkollision. Es besteht die naheliegende Gefahr, dass er den Interessen seines Arbeitgebers im Zweifel den Vorzug gibt, schon weil er dort seine bisherige berufliche Laufbahn zurückgelegt hat - beruflich "groß geworden" ist - und seine künftige Laufbahn nicht in Frage stellen will. Auch wenn er also aufgrund unternehmensinterner Regeln sachlichen Weisungen seines Arbeitgebers in den Angelegenheiten des Infrastrukturunternehmens nicht unterliegt, ist doch nicht ausgeschlossen und kann schlechterdings wirksam nicht ausgeschlossen werden, dass der Konzernjurist - bewusst oder nicht - auch in diesen Angelegenheiten die Interessen seines Arbeitgebers zur Geltung bringt.

45

Hiergegen können die Klägerinnen nicht auf das professionelle Selbstverständnis eines juristischen Beraters und seine persönliche Integrität verweisen. Anwaltliches Standesrecht und Berufsethos sind wichtige Grundpfeiler einer Rechtspflege, die allein dem Recht verpflichtet ist. Insofern wirken sie einer interessengeleiteten Rechtsberatung entgegen; sie vermögen sie jedoch nicht sicher auszuschließen und machen deshalb rechtliche Vorkehrungen gegen Interessenkollisionen nicht entbehrlich. Auch die richterliche Unabhängigkeit und das sie tragende richterliche Berufsethos kann Rechtsvorschriften über den Ausschluss und die Ablehnung von Richtern wegen der Besorgnis der Befangenheit nicht erübrigen.

46

c) Die Klägerinnen haben keine unternehmensinternen Regelungen geschaffen, die die beschriebene Gefahr der Einflussnahme seitens der Konzernjuristen auf die netzzugangsrelevanten Entscheidungen der Klägerin zu 1 wirksam unterbinden. Zwar richtet sich § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG an beide miteinander verbundenen Unternehmen und erlaubt und gebietet beiderseitige interne Regelungen, welche die gebotene Unterbindung gegebenenfalls im Zusammenwirken bewerkstelligen. Im vorliegenden Fall aber könnte die Gefahr der Einflussnahme wirksam nur durch eine Regelung der Klägerin zu 1 mit dem Inhalt unterbunden werden, dass die Beauftragung externer - d.h. nicht unternehmensangehöriger - Juristen als ihre rechtlichen Berater oder Vertreter nur in Betracht kommt, wenn diese nicht Arbeitnehmer der Klägerin zu 2 oder eines in deren Konzern verbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmens sind. Eine solche Regelung wäre nicht wegen § 43a, § 46 BRAO überflüssig. Sie fehlt; die Klägerin zu 1 weigert sich, sie zu erlassen.

47

Hiergegen kann nicht eingewendet werden, von dem Schienenwegebetreiber könne eine derartige unternehmensinterne Regelung nach § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG ihrer Art nach nicht verlangt werden. Richtig ist allerdings, dass der Gesetzgeber offenbar vornehmlich an interne Regelungen zur Beschränkung der unternehmensübergreifenden konzerninternen Kommunikation dachte; die Gesetzesbegründung spricht daher von "chinese walls" (BTDrucks 15/3280 S. 16 f.), also von unternehmensinternen Regelungen zur Abschottung des Informationsverkehrs gegenüber anderen konzernverbundenen Unternehmen (vgl. Kühling, Sektorspezifische Regulierung in den Netzwirtschaften, 2004, S. 351 f.; Masing, 66. Deutscher Juristentag, D 116 f.; Gerstner in Hermes/Sellner, AEG-Kommentar, Rn. 37 zu § 9a AEG; Soldner, Liberalisierung des Eisenbahnwesens, 2008, S. 140 ff.). Daraus lässt sich aber nicht schließen, dass der Schienenwegebetreiber eine bestehende Möglichkeit der Einflussnahme nur auf dem Wege von Kommunikationsregeln unterbinden müsste, sie aber, soweit solche untauglich sind, hinnehmen oder gar selbst eröffnen dürfte. Ebensowenig ist der Schienenwegebetreiber auf den Erlass eines diesbezüglichen Verhaltenskodex ("code of conduct") beschränkt, durch den in Ergänzung der Arbeitsverträge die Mitarbeiterpflichten seiner Arbeitnehmer konkretisiert werden, auch wenn arbeitsrechtliche Regelungen selbstverständlich unbenommen sind. Erst recht lässt sich § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG nicht auf das Gebot einer unternehmensinternen Gleichbehandlungsrichtlinie oder eines Gleichbehandlungsprogramms im Sinne des § 8 Abs. 5 EnWG reduzieren. Die Vorschrift verlangt vielmehr den Erlass einer jeglichen unternehmensinternen Regelung, die zur Unterbindung fremder Einflussnahme geeignet ist, auch etwa einer organisatorischen. Es ist deshalb ohne Belang, ob eine unternehmensinterne Regelung, dass Konzernjuristen nicht mit der rechtlichen Beratung oder Vertretung des Schienenwegebetreibers beauftragt werden dürfen, ihrer Art nach eine solche der informationellen oder der organisatorischen Desintegration wäre.

48

4. Findet die angefochtene Untersagungsverfügung damit in § 5a Abs. 1 und 2, § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG eine hinreichende Rechtsgrundlage, so hat das Eisenbahn-Bundesamt auch sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Das hat zwar - von seinem rechtlichen Standpunkt aus folgerichtig - nicht das Berufungsgericht, wohl aber das Verwaltungsgericht geprüft und mit Recht angenommen.

49

a) Die Untersagung ist zur Zweckerreichung geeignet und erforderlich. Wie gezeigt, gebietet § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG dem Infrastrukturunternehmen den Erlass eigener unternehmensinterner Regeln, die seinem Personal die Beauftragung von Juristen, die bei einem konzernverbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmen oder bei dem gemeinsamen Mutterunternehmen beschäftigt sind, als rechtliche Berater und/oder Vertreter untersagen. Weigert sich das Infrastrukturunternehmen, derartige unternehmensinterne Regeln zu erlassen, so kommt für die Eisenbahnaufsichtsbehörde nur in Betracht, die fehlende unternehmensinterne Regel durch eine hoheitliche Regelung zu ersetzen. Dies stellt keine Ersatzvornahme im vollstreckungsrechtlichen Sinne dar, setzt also insbesondere nicht die vorherige Anordnung voraus, die fehlende unternehmensinterne Regelung zu erlassen; die möglichen Aufsichtsmaßnahmen werden durch § 5a Abs. 2 AEG nicht in diesem Sinne beschränkt. Davon unberührt bleibt die Möglichkeit des Eisenbahninfrastrukturunternehmens, durch Erlass der fehlenden unternehmensinternen Regelung - und deren tatsächliche Befolgung - die hoheitliche Aufsichtsmaßnahme zu erübrigen.

50

b) Durch die Untersagung wird die Freiheit der beteiligten Unternehmen, sich als konzernverbundene Aktiengesellschaften zu organisieren, nicht übermäßig eingeschränkt. Auch hier mag offenbleiben, ob das Recht der Klägerinnen zur unternehmerischen Selbstorganisation nicht nur einfach-rechtlich, sondern auch als Grundrecht besteht, obwohl sie unmittelbare oder mittelbare Bundesunternehmen sind. Die Einschränkungen dieses Rechts stehen jedenfalls offensichtlich nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der damit verfolgten öffentlichen Belange.

51

Das Gesetz bezweckt, den Wettbewerb der Eisenbahnverkehrsunternehmen auf dem Eisenbahnnetz herzustellen und zu sichern. Das setzt den freien und gleichen Zugang aller Verkehrsunternehmen zum Netz voraus. Weil der Netzbetreiber ein faktisches Monopol innehat, aber über den Zugang zu seinem Netz entscheidet, muss sichergestellt werden, dass er diese Entscheidungen diskriminierungsfrei trifft. Das wiederum setzt voraus, dass sie von jeglicher Einflussnahme seitens eines der beteiligten Eisenbahnverkehrsunternehmen frei gehalten werden. § 9a AEG dient dazu, die Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers in seinen netzzugangsrelevanten Entscheidungen auch unter den Bedingungen einer Konzernstruktur zu sichern. Das Gesetz verfolgt damit einen Gemeinwohlbelang von erheblichem Gewicht, der zudem durch das europäische Gemeinschaftsrecht vorgegeben ist. Es ist zugleich bemüht, bestehende Konzernstrukturen so weit wie möglich zu schonen; der Gesetzgeber ist nicht so weit gegangen, Konzernverbindungen zwischen dem Netzbetreiber und einzelnen Eisenbahnverkehrsunternehmen gänzlich zu untersagen.

52

Das auf § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG gestützte, an den Schienenwegebetreiber gerichtete Verbot, Konzernjuristen zu beauftragen, führt nicht dazu, dass die Konzernmutter - die Klägerin zu 2 - keine zentrale Rechtsabteilung für alle Konzerntöchter mehr vorhalten könnte. Deren Tätigkeit für die konzernangehörigen Eisenbahnverkehrsunternehmen bleibt unbenommen, ebenso deren Tätigkeit für die konzernangehörigen Infrastrukturunternehmen, soweit es nicht um Angelegenheiten des Netzzugangs und der Wegeentgelte geht. Die Sorge der Klägerinnen, dass damit sämtliche zentralen Dienste ("shared services") der Konzernmutter in Frage gestellt werden, überzeichnet das Gewicht des Eingriffs erheblich; in der Folge der hier untersagten Dienstleistungen der zentralen Rechtsabteilung mögen zwar weitere zentrale Dienste wie etwa zentrale EDV-Abteilungen einer genaueren Überprüfung anhand von § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG zu unterziehen sein, doch kann keine Rede davon sein, dass die Grundentscheidung, Konzernverbindungen weiterhin zu akzeptieren, weitgehend oder gar völlig unterlaufen würde. Im Übrigen muss betont werden, dass diese Grundentscheidung ihre Grenze in der auch gemeinschaftsrechtlich gebotenen Sicherung der Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers in seinen netzzugangsrelevanten Entscheidungen findet.

(1) Rechtsbehelfe haben aufschiebende Wirkung, soweit durch die angefochtene Verfügung

1.
eine Verfügung nach § 26 Absatz 4, § 30 Absatz 3, § 31b Absatz 3, § 32 Absatz 2a Satz 1 oder § 34 Absatz 1 getroffen wird oder
2.
eine Erlaubnis nach § 42 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit § 40 Absatz 3a widerrufen oder geändert wird,
oder soweit der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts eine solche Verfügung betrifft.

(2) Wird eine Verfügung, durch die eine einstweilige Anordnung nach § 60 getroffen wurde, angefochten, so kann das Gericht im Rechtsbehelfsverfahren anordnen, dass die Vollziehung der angefochtenen Verfügung ganz oder teilweise ausgesetzt wird. Die Anordnung kann jederzeit aufgehoben oder geändert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 22/12
vom
25. September 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Unterzeichnet ein Rechtsanwalt eine Berufungsschrift mit dem Vermerk "i.A."
("im Auftrag"), ist dies unschädlich, wenn der Unterzeichnende als Sozietätsmitglied
zum Kreis der beim Berufungsgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten
des Berufungsklägers zählt (im Anschluss an BGH, Beschluss
vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, NJW 1993, 2056; Urteil vom 31. März 2003
- II ZR 192/02, NJW 2003, 2028; Beschlüsse vom 19. Juni 2007 - VI ZB
81/05, FamRZ 2007, 1638; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, juris).

b) Die Identität eines Rechtsanwalts, der eine Berufungsschrift mit dem Vermerk
"i.A." unterzeichnet hat, muss im Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist
nicht bereits in solcher Weise eindeutig geklärt sein, dass schon endgültige
Feststellungen zur Identität und zur Postulationsfähigkeit des Unterzeichners
getroffen werden können; maßgeblich ist insoweit der Erkenntnisstand
zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung (im
Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, juris; vom
26. Juli 2012 - III ZB 70/11, DB 2012, 2042).
BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - VIII ZB 22/12 - OLG Stuttgart
LG Heilbronn
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2012 durch
den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Milger, die Richter Dr. Achilles
und Dr. Schneider sowie die Richterin Dr. Fetzer

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 6. März 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: bis 20.000 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen Lieferung eines angeblich fehlerhaften Bodenbelags in Anspruch; die Beklagte verlangt widerklagend die Begleichung ausstehender Kaufpreisforderungen. Das Landgericht hat mit Schlussurteil vom 28. November 2011 die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage zur Zahlung von 3.849,17 € nebst Zinsen verurteilt. Gegen das am 1. Dezember 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch ihre - bereits in erster Instanz für sie tätig gewordenen - Prozessbevollmächtigten mit am 2. Januar 2012 per Telefax beim Oberlandesgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel vor Ab- lauf der bis zum 1. März 2012 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.
2
Die auf dem Briefbogen der Rechtsanwälte D. H. & Kollegen verfasste Berufungsschrift trägt am Ende die maschinenschriftliche Unterzeichnung : "(T. H. ) Rechtsanwalt"
3
Über diesen maschinenschriftlichen Angaben befindet sich handschriftlich die Abkürzung "i. A.", gefolgt von einer teilweise unleserlichen Unterschrift, die nicht von Rechtsanwalt H. stammt. Mit Verfügung vom 17. Januar 2012 hat das Oberlandesgericht mitgeteilt, es beabsichtige die Berufung als unzulässig zu verwerfen, weil die Berufungsschrift - wie das Kürzel "i.A." belege - nur von einem Erklärungsboten unterzeichnet worden sei. Die Klägerin hat daraufhin durch ihre Prozessbevollmächtigten mit am 30. Januar 2012 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz vortragen lassen, die handschriftliche Unterschrift stamme von der auf dem Briefkopf der Anwaltssozietät aufgeführten und ebenfalls mandatierten Rechtsanwältin E. S. . Sie macht geltend, der Zusatz "i.A." sei gemessen an § 130 Nr. 6 ZPO dann unschädlich , wenn - wie hier - eine mandatierte und postulationsfähige Rechtsanwältin die Berufungsschrift unterzeichnet habe. Zum Beleg dieses Vorbringens trägt der Schriftsatz sowohl die Unterschrift von Rechtsanwalt H. als auch die von Rechtsanwältin S. .
4
Das Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 6. März 2012 die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, mit der Verwendung des Zusatzes "i.A." gebe der Unterzeichnende nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zu erkennen, dass er nicht - wie nach § 130 Nr. 6, § 519 Abs. 4 ZPO gefordert - die Verantwortung für den Inhalt der Berufungsschrift übernehme; vielmehr trete er nur als Erklärungsbote auf. So verhalte es sich auch im Streitfall. Zwar sei die Verwendung des Kürzels "i.A." dann unschädlich, wenn der unterzeichnende Rechtsanwalt zum Kreis der beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwälte zähle und unmittelbar in Ausführung des ihm erteilten Mandats tätig werde. Dies setze jedoch voraus, dass entsprechende Feststellungen vor Ablauf der Rechtsmittelfrist getroffen werden könnten. Daran fehle es hier. Die maschinenschriftlichen Angaben seien auf Rechtsanwalt H. bezogen, der den Schriftsatz nicht unterzeichnet habe. Es fehle eine klarstellende Erläuterung, dass der Schriftzug einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin und nicht einer dritten Person - etwa einer Büroangestellten - zuzuordnen sei. Auch den beigefügten beglaubigten Abschriften des Berufungsschriftsatzes ließen sich keine Hinweise auf die Identität des Unterzeichners entnehmen.
5
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

6
Die frist- und formgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gefordert ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die angefochtene Entscheidung verletzt das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfG, NJW-RR 2002, 1004 mwN; Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775 unter II 1; vom 9. Februar 2010 - VIII ZB 67/09, juris Rn. 7; BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086 unter B II 1 d bb; Beschluss vom 14. Februar 2006 - VI ZB 44/05, NJW 2006, 1521 Rn. 5 mwN). Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die nach § 519 Abs. 4, § 130 Nr. 6 ZPO erforderliche Unterschrift eines Rechtsanwalts in einer mit den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen nicht mehr vereinbaren Weise überspannt und dadurch der Klägerin den Zugang zur Rechtsmittelinstanz unzulässig verwehrt.
8
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Berufungsgericht durfte das Rechtsmittel der Klägerin nicht gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO mit der Begründung als unzulässig verwerfen, die Berufungsschrift sei nicht ordnungsgemäß unterzeichnet worden.
9
a) Nach ständiger Rechtsprechung muss die Berufungsschrift als bestimmender Schriftsatz die Unterschrift des für sie verantwortlich Zeichnenden tragen (BGH, Beschlüsse vom 4. Oktober 1984 - VII ZR 342/83, BGHZ 92, 251, 254 ff.; vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07, NJW 2008, 2508 Rn. 9; vom 9. Dezember 2010 - IX ZB 60/10, juris Rn. 4 mwN). Die Unterschrift soll die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die Verantwortung für den Schriftsatz zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (BGH, Beschlüsse vom 22. November 2005 - VI ZB 75/04, VersR 2006, 387 Rn. 5; vom 9. Dezember 2010 - IX ZB 60/10, aaO; vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, juris Rn. 6; vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, juris Rn. 7; jeweils mwN). Für den Anwaltsprozess bedeutet dies, dass die Berufung von einem dazu bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfasst, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein muss (vgl. [jeweils zur Berufungsbegründung] BGH, Urteile vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, NJW 2003, 2028 unter II 1; vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, aaO unter B II 1 a; Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO; jeweils mwN).
10
b) Gemessen an diesen Vorgaben genügt die mit dem Kürzel "i.A." versehene handschriftliche Unterschrift auf der Berufungsschrift vom 2. Januar 2012 entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts den Anforderungen an eine wirksame Unterzeichnung.
11
aa) Dem Berufungsgericht ist zwar darin beizupflichten, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung in den Fällen, in denen der Unterzeichner einer Rechtsmittelschrift seine Unterschrift mit dem Zusatz "i.A." versieht, grundsätzlich nicht von einer dafür erforderlichen Übernahme der Verantwortung des Unterzeichners für den Inhalt der Rechtsmittelschrift ausgeht, weil der Unterzeichnende damit zu erkennen gibt, dass er dem Gericht gegenüber nur als Erklärungsbote auftritt (BGH, Beschlüsse vom 5. November 1987 - V ZR 139/87, NJW 1988, 210; vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, NJW 1993, 2056 unter II 1; Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, aaO unter II 2; Beschlüsse vom 19. Juni 2007 - VI ZB 81/05, FamRZ 2007, 1638 Rn. 4; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, juris Rn. 8; vgl. ferner BAG, DB 1967, 1904).
12
bb) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist allerdings - wovon auch das Berufungsgericht ausgeht - anerkannt, dass eine mit dem Zusatz "i.A." versehene eigenhändige Unterschrift dann den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Unterzeichnung eines Rechtsmittelschriftsatzes genügt, wenn die auf diese Weise erfolgte Unterschrift von einem Rechtsanwalt stammt, der als Mitglied der mandatierten Anwaltssozietät ebenfalls zum Kreis der Prozessbevollmächtigten zählt (BGH, Beschlüsse vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, aaO unter II 2; vom 19. Juni 2007 - VI ZB 81/05, aaO Rn. 5; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, aaO Rn. 9). In einem solchen Fall muss angenommen werden, dass der mit dem Zusatz "i.A." unterzeichnende Rechtsanwalt nicht lediglich in Wahrnehmung des sozietätsinternen Innenverhältnisses zu dem eigentlichen Sachbearbeiter, sondern zumindest auch in Ausführung des ihm selbst erteilten Mandats tätig geworden ist (BGH, Beschlüsse vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, aaO; vom 19. Juni 2007 - VI ZB 81/05, aaO; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, aaO). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
13
Die Unterschrift stammt - was durch den nach Ablauf der Berufungsfrist eingegangenen Schriftsatz vom 24. Januar 2012 belegt und auch vom Berufungsgericht nicht in Zweifel gezogen wird - von der auf dem Briefkopf der Anwaltssozietät D. · H. & Kollegen aufgeführten Rechtsanwältin E. S. , die allgemein zugelassen und damit auch vor dem Berufungsgericht postulationsfähig ist. Die Klägerin hat unwiderlegt mit Schriftsatz vom 24. Januar 2012 vorgetragen, dass sie alle Sozietätsmitglieder - auch die auf dem Briefkopf der Kanzlei als Sozia ausgewiesene Rechtsanwältin S. - mit der Einlegung der Berufung beauftragt hatte.
14
cc) Anders als das Berufungsgericht meint, steht einer wirksamen Einlegung der Berufung nicht entgegen, dass zum Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist dem Berufungsgericht noch nicht positiv bekannt war, dass die mit dem Zusatz "i.A." versehene eigenhändige Unterschrift von einer Rechtsanwältin stammte, die zum Kreis der Prozessbevollmächtigten der Berufungsführerin zählte. Zwar sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung bei der Prü- fung der Frage, ob ein Rechtsmittelschriftsatz von einem postulationsfähigen Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist, nur solche Umstände zu berücksichtigen , die dem Rechtsmittelgericht bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist bekannt geworden sind (BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, aaO unter B II 1 d cc; Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO Rn. 6). Bei Ablauf der Berufungsfrist war für das Berufungsgericht jedoch hinreichend erkennbar, dass die Berufung von Rechtsanwältin S. als Sozietätsmitglied unterzeichnet worden war. Der Senat kann die Prüfung der für das Vorliegen einer ausreichenden Unterschrift erforderlichen Merkmale selbständig und ohne Bindung an die Ausführungen des Berufungsgerichts vornehmen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775 unter II 2 b mwN; vom 9. Februar 2010 - VIII ZB 67/09, juris Rn. 11). Bei Anlegung des gebotenen großzügigen Maßstabs lässt sich die handschriftliche Unterschrift der auf dem Briefkopf der Kanzlei aufgeführten Rechtsanwältin E. S. zuordnen.
15
(1) Zwar lassen sich dem maschinenschriftlichen Zusatz "(T. H.) Rechtsanwalt" noch keine Hinweise darauf entnehmen, dass ein Rechtsanwalt die Berufungsschrift unterzeichnet hat. Denn durch den handschriftlichen Zusatz "i.A." ist klargestellt, dass die handschriftliche Unterschrift nicht von Rechtsanwalt H. stammt, auf den sich die maschinenschriftlichen Ergänzungen beziehen. Zusätzliche Erläuterungen, die klarstellen, dass auch die Unterzeichnerin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist, fehlen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO Rn. 8).
16
(2) Es lässt sich jedoch aus anderen Umständen hinreichend entnehmen , dass die Unterschrift durch eine Sozietätskollegin des sachbearbeitenden Rechtsanwalts erfolgt ist (zur Bedeutung weiterer Umstände vgl. BGH, Beschluss vom 22. November 2005 - VI ZB 75/04, aaO Rn. 7). Anders als in dem vom IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschiedenen Fall (Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO) trägt der Briefkopf der Berufungsschrift nicht nur den Namen eines Rechtsanwalts. Vielmehr sind auf dem Briefkopf insgesamt 17 aktive Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen aufgeführt, darunter auch Rechtsanwältin E. S. . Dass bei einer solchen Kanzlei alle 17 Rechtsanwälte verhindert sein könnten und daher die Kanzleikraft V. den Schriftsatz unterzeichnet haben könnte, ist mehr als fernliegend. Hinzu kommt, dass es sich bei der Berufungsschrift um einen bestimmenden Schriftsatz handelt , der - was zu dem Grundwissen einer Kanzleikraft gehört - zwingend von einem zugelassenen Rechtsanwalt zu unterschreiben ist und nicht - wie dies bei vorbereitenden Schriftsätzen zulässig ist - im Verhinderungsfall vom Büropersonal unterzeichnet werden darf. Außerdem lässt sich - wie die Beschwerdebegründung zutreffend hervorhebt - die handschriftliche Unterschrift trotz ihrer teilweisen Unleserlichkeit zumindest dahin entziffern, dass in ihr zwei Großbuchstaben enthalten sind, von denen der erste einem "E", einem "T" oder einem "G" ähnelt und der zweite ein "S" oder ein "G" darstellt. Durch die Verwendung von zwei Großbuchstaben steht fest, dass es sich um eine Unterzeichnung mit Vor- und Nachnamen handelt. Da der Nachname mit "S" oder "G" beginnt , ist auszuschließen, dass die unter der Rubrik "Sekretariat" aufgeführte Frau V. den Schriftsatz unterzeichnet hat. Weiter ist der Unterschrift zu entnehmen , dass der mit "S" oder "G" beginnende Nachname mehrere Buchstaben aufweist und mit einem "f" oder "t" ausläuft. Der Schriftzug genügt damit den generellen Anforderungen an eine Unterschrift, weil er individuelle und charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005, aaO, unter II 2 a; vom 9. Februar 2010 - VIII ZB 67/09, aaO Rn. 10; jeweils mwN). Weiter zeigt ein Vergleich mit den auf dem Briefkopf aufgeführten Rechtsanwäl- ten und Rechtsanwältinnen, dass sich der Namenszug bei angemessen großzügiger Betrachtung Frau Rechtsanwältin E. S. zuordnen lässt.
17
(3) Dass die Unterschrift bei Ablauf der Berufungsfrist einer auf dem Briefkopf aufgeführten Rechtsanwältin zugeordnet werden konnte, ist ausreichend. Nicht erforderlich ist dagegen, dass zu diesem Zeitpunkt schon Gewissheit über die Urheberschaft bestand. Denn die Identität eines Rechtsanwalts, der die Rechtsmittelschrift unterzeichnet hat, muss im Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist nicht bereits in solcher Weise eindeutig geklärt sein, dass schon endgültige Feststellungen zur Identität und zur Postulationsfähigkeit des Unterzeichners getroffen werden können (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, aaO Rn. 10 ff. zur Unterzeichnung einer Berufungsbegründung in Vertretung eines anderen Rechtsanwalts; vom 26. Juli 2012 - III ZB 70/11, DB 2012, 2042 Rn. 9 f. zur Unterzeichnung mit dem Vermerk "nach Diktat verreist"; vgl. auch Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO Rn. 10). Maßgeblich ist insoweit der Erkenntnisstand zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung oder - bei einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren - der Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Ver- handlung entspricht (BGH, Beschlüsse vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, aaO Rn. 11; vom 26. Juli 2012 - III ZB 70/11, aaO Rn. 10). Ball Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer
Vorinstanzen:
LG Heilbronn, Entscheidung vom 28.11.2011 - 5 O 52/11 Pe -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 06.03.2012 - 19 U 1/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 70/11
vom
26. Juli 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Rechtsanwalt, der unter Angabe seiner Berufsbezeichnung einen bestimmenden
Schriftsatz für einen anderen Rechtsanwalt unterzeichnet, übernimmt
mit seiner Unterschrift auch dann die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes
, wenn vermerkt ist, dass der andere Anwalt "nach Diktat außer Haus" ist.
BGH, Beschluss vom 26. Juli 2012 - III ZB 70/11 - AG Dortmund
LG Dortmund
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Juli 2012 durch den
Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter Dr. Herrmann, Wöstmann, Hucke
und Dr. Remmert

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 6. Oktober 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 1.372,39 €

Gründe:


I.


1
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten wegen behaupteter entgeltlicher Arbeitnehmerüberlassung Zahlung von 1.372,39 € nebst Zinsen. Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 18. März 2011, das dem als Einzelanwalt tätigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 8. April 2011 zugestellt worden ist, abgewiesen. Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 9. Mai 2011 (einem Montag) Berufung eingelegt. Innerhalb verlängerter Frist ist am 7. Juli 2011 ein das Rechtsmittel begründender Schriftsatz per Fax bei dem Berufungsgericht eingegangen. Er weist ebenso wie das am 11. Juli 2011 eingegangene Original auf der ersten Seite im Kopf (nur) den die Klägerin vertretenden Rechtsanwalt V. aus; am Ende dieses Schriftsatzes finden sich maschinenschriftlich dessen Vor- und Nachname sowie die Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt", seine Unterschrift fehlt; darunter ist "nach Diktat außer Haus" hinzugefügt, es folgt ein handschriftlicher Schriftzug, unter der "Rechtsanwältin" gedruckt ist.
2
Nach Hinweis des Beklagten, dass die Berufungsbegründung nicht ordnungsgemäß unterzeichnet und deshalb die Berufung als unzulässig zu verwerfen sei, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erläutert, dass die Berufungsbegründung von der Rechtsanwältin E. B. unterzeichnet worden sei, wie dies auch ein Vergleich mit der unter ihren - in Kopie beigefügten - Personalausweis geleisteten Unterschrift belege.
3
Im Anschluss an einen darauf erfolgten gerichtlichen Hinweis und einer dazu ergangenen Stellungnahme des Vertreters der Klägerin hat das Berufungsgericht das Rechtsmittel mit Beschluss vom 6. Oktober 2011 als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass weder auf dem Fax noch auf dem Original der Berufungsbegründung eine ordnungsgemäße Unterschrift vorhanden gewesen sei. Es sei nicht ausreichend, dass der Schriftsatz von einem zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und dessen Identität feststellbar sei. Weder aus der Berufungsbegründung noch aus dem sonstigen Akteninhalt habe sich ergeben, wer die Berufungsbegründung unterschrieben habe. Der Briefkopf des Schriftsatzes habe allein Rechtsanwalt V. ausgewiesen , ein Namensstempel der Rechtsanwältin B. sei nicht angebracht ge- wesen und ihre Identität habe sich bei Ablauf der Berufungsbegründungsfrist auch sonst nicht ergeben.
4
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.


5
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Die Verwerfung der Berufung als unzulässig, weil es an einer ordnungsgemäß begründeten Berufung fehle, verletzt die Klägerin in ihren Verfahrensgrundrechten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) sowie auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).
6
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die eigenhändige Unterschrift des Ausstellers nach § 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6 ZPO Wirksamkeitsvoraussetzung für eine rechtzeitige Berufungsbegründung. Damit soll die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglicht und dessen unbedingter Wille zum Ausdruck gebracht werden, den Schriftsatz zu verantworten und bei Gericht einzureichen. Für den Anwaltsprozess bedeutet dies, dass die Berufungsbegründung von einem dazu bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfasst, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein muss (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. Juni 2005 - V ZB 45/04, NJW 2005, 2709; vom 22. November 2005 - VI ZB 75/04, VersR 2006, 387, 388; vom 17. November 2009 - XI ZB 6/09, NJW-RR 2010, 358 Rn. 12 sowie vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, BeckRS 2011, 26453 Rn. 6; jeweils mwN). Entsprechendes gilt, wenn, wie hier, die Berufungsbegründung in zulässiger Weise per Telefax übermittelt wird; in diesem Falle muss es sich bei der Kopiervorlage um den eigenhändig unterschriebenen Originalschriftsatz handeln (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2005, aaO).
7
2. An diesen Grundsätzen gemessen ist vorliegend eine formgerechte Berufungsbegründung eingereicht worden.
8
a) Der entsprechende Schriftsatz ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeerwiderung mit einem individuellen, nicht nur als Handzeichen oder Paraphe anzusehenden, sondern den Anforderungen an eine Unterschrift genügenden handschriftlichen Schriftzug unterzeichnet (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 26. Februar 1997 - XII ZB 17/97, FamRZ 1997, 737; vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775; vom 17. November 2009, aaO; vom 9. Februar 2010 - VIII ZB 67/09, BeckRS 2010, 04929 Rn. 10 sowie vom 16. September 2010 - IX ZB 13/10, NZI 2011, 59, 60).
9
b) Darüber hinaus hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin belegt, dass dieser Schriftzug von Rechtsanwältin B. herrührt, bei der es sich um eine bei dem Berufungsgericht - einem Landgericht - postulationsfähige Rechtsanwältin handelt. Zwar ist dies erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erläutert worden, so dass für das Berufungsgericht bis dahin nicht erkennbar war, welche Rechtsanwältin unterschrieben hat. Darauf kommt es jedoch nicht maßgeblich an.
10
Denn entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist für die Prüfung der Frage, ob die Identität und die Postulationsfähigkeit des Unterzeichners eines derartigen Schriftsatzes feststeht beziehungsweise erkennbar ist, nicht auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist, sondern auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung abzustellen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, MDR 2012, 796 Rn. 11).
11
Die vollständige Namensnennung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin am Ende des Schriftsatzes im Zusammenhang mit dem Zusatz "nach Diktat außer Haus" macht deutlich, dass die Berufungsbegründung von diesem Rechtsanwalt erstellt, aber wegen Ortsabwesenheit nicht selbst unterschrieben werden konnte. Auch wenn ein ausdrücklicher Zusatz, "für" diesen tätig zu werden , fehlt, lässt sich hier der Unterzeichnung durch eine Rechtsanwältin, wovon das Berufungsgericht aufgrund der angegebenen Berufsbezeichnung ausgehen konnte, gleichwohl entnehmen, dass sie an seiner Stelle die Unterschrift leisten und damit als Unterbevollmächtigte in Wahrnehmung des Mandats der Klägerin auftreten wollte. Damit hat sie zu erkennen gegeben, dass sie zugleich die Verantwortung für den Inhalt der Berufungsbegründung übernehmen wollte. Anhaltspunkte , die dem entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. Für einen Rechtsanwalt versteht es sich im Zweifel von selbst, mit seiner Unterschrift auch eine entsprechende Verantwortung für einen bestimmenden Schriftsatz zu übernehmen (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, NJW 2003, 2028) und nicht lediglich als Erklärungsbote tätig zu werden (vgl. für den Zusatz "i.A." Beschluss vom 5. November 1987 - V ZR 139/87, NJW 1988, 210 und Senatsbeschluss vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, NJW 1993, 2056, 2057).
12
3. Ist danach die Unterschrift unter die Berufungsbegründung in diesem Sinne von Rechtsanwältin B. geleistet worden, durfte die Berufung nicht als unzulässig verworfen werden. Die Klägerin hat vielmehr ihre Berufung rechtzeitig und formgerecht begründet, so dass der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen war (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Remmert
Vorinstanzen:
AG Dortmund, Entscheidung vom 14.02.2011 - 426 C 7010/09 -
LG Dortmund, Entscheidung vom 06.10.2011 - 1 S 162/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 9/11
vom
26. Oktober 2011
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Richter
Wendt, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski,
Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 26. Oktober 2011

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. März 2011 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.
Gegenstandswert: 100.000 €

Gründe:


1
I. Das Landgericht hat die auf Rückzahlung eines Darlehens über 100.000 € gerichtete Klage abgewiesen. Dagegen hat die Klägerin fristgerecht Berufung eingelegt. Der Berufungsschriftsatz ist unterzeichnet durch den im Briefkopf allein aufgeführten Rechtsanwalt L. L. . Die innerhalb verlängerter Frist eingegangene Berufungsbegründung enthält auf der letzten Seite über dem maschinenschriftlichen Zusatz "Rechtsanwalt" eine nicht leserliche Unterschrift, die augenscheinlich von den Unterschriften abweicht, mit denen Rechtsanwalt L. seine bisherigen Schriftsätze unterschrieben hat.
2
Auf den Hinweis des Berufungsgerichts, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestünden, hat die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 2. März 2011 erklärt, die Berufungsbegründung sei in Untervollmacht durch Frau Rechtsanwältin Y. G. unterzeichnet worden. Rechtsanwalt L. sei wegen einer plötzlichen Erkrankung an einer Unterschrift verhindert gewesen. Ferner hat die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Mit weiterem Schriftsatz vom 9. März 2011 hat die Klägerin zwei eidesstattliche Versicherungen von Rechtsanwalt L. und Rechtsanwältin G. eingereicht. Aus der eidesstattlichen Versicherung von Rechtsanwältin G. ergibt sich, dass sie seit dem 10. Januar 2011 in der Kanzlei L. als Rechtsanwältin angestellt ist und seit Juli 2010 ihre Zulassung besitzt. Wegen der akuten Erkrankung des Kanzleiinhabers habe sie die Berufungsbegründungsschrift mit ihrem Namen unterzeichnet. Hiergegen habe sie keine Bedenken gehabt, weil sie die Berufungsbegründungsschrift im Wesentlichen selbst erstellt habe.
3
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und zugleich die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde der Klägerin.
4
II. Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach § 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig , da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Insbesondere erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht.
5
1. Das Berufungsgericht hat die Berufung zu Recht als unzulässig verworfen, ohne damit Verfahrensgrundrechte der Klägerinzu verletzen.
6
a) Die hier maßgeblichen Rechtsfragen sind höchstrichterlich bereits geklärt. Gemäß § 130 Nr. 6 ZPO i.V.m. § 520 Abs. 5 ZPO muss die Berufungsbegründung von einem zur Vertretung bei dem Berufungsgericht berechtigten Rechtsanwalt eigenhändig unterschrieben sein. Die Unterschrift soll die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen. Zugleich soll sichergestellt werden, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet wird (BGH, Beschluss vom 22. November 2005 - VI ZB 75/04, VersR 2006, 387 Rn. 5; Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, VersR 2006, 427 unter B II 1 a; Beschlüsse vom 15. Juni 2004 - VI ZB 9/04, VersR 2005, 136 unter 1; vom 28. August 2003 - I ZB 1/03, MDR 2004, 349, 350; Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, VersR 2004, 487 unter II 1). Die Berufungsbegründung muss hierbei von einem dazu bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfasst, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein (BGH, Beschlüsse vom 23. Juni 2005 - V ZB 45/04, NJW 2005, 2709 unter III 2 a bb; vom 31. März 2003 aaO). Nur in Ausnahmefällen kann auf eine Unterschrift verzichtet werden, wenn sich aus den sonstigen Umständen zweifelsfrei ergibt, dass der Prozessbevollmächtigte die Verantwortung für den Inhalt der Rechtsmittelschrift übernommen hat (BGH, Beschlüsse vom 22. November 2005 und 15. Juni 2004, jeweils aaO). Zu berücksichtigen sind hierbei nur dem Berufungsgericht spätestens bis zum Ablauf der Beru- fungsbegründungsfrist bekannt gewordene Umstände (BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 aaO unter B II 1 d cc).
7
b) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Es hat auch im konkreten Fall die Anforderungen an eine wirksame Unterschrift nicht in einer Art und Weise überspannt, die das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 17. November 2009 - XI ZB 6/09, NJW-RR 2010, 358 Rn. 13).
8
aa) Für das Berufungsgericht war schon nicht erkennbar, ob die Berufungsbegründung von einem beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist, weil sich dies weder dem Schriftzug unter der Berufungsbegründung noch anderen Umständen entnehmen ließ (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 22. November 2005 aaO Rn. 7). Unter der handschriftlichen Unterschrift findet sich maschinenschriftlich lediglich der Zusatz "Rechtsanwalt", ohne dass durch weitere Erläuterung klargestellt war, um welche Rechtsanwältin oder welchen Rechtsanwalt es sich handeln soll. Die über der Bezeichnung "Rechtsanwalt" befindliche handschriftliche Unterschrift ist nicht geeignet, einen bestimmten Aussteller zu identifizieren. Aus einem Vergleich mit den bisher durch Rechtsanwalt L. unterzeichneten Schriftsätzen wird im Gegenteil deutlich, dass es sich nicht um seine Unterschrift handelt. Eine konkrete Bezugnahme auf einen anderen Rechtsanwalt ist durch die Berufungsbegründung auch sonst nicht möglich, da diese auf der ersten Seite lediglich Rechtsanwalt L. L. ausweist.
9
Aus den verwendeten Diktatzeichen kann - entgegen der Annahme der Beschwerde - ebenfalls nicht geschlossen werden, dass die Berufungsbegründung durch einen dazu berechtigten Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist. Abgesehen davon, dass die Berufungsbegründung kein reines Diktat-, sondern eher ein Aktenzeichen enthält, konnte das Berufungsgericht aus dem Kürzel "00236/10 YG/rp" nicht erkennen, dass sich hinter dem Kürzel "YG" ein postulationsfähiger Rechtsanwalt befindet. Das Berufungsgericht war ohnehin nicht verpflichtet, das hier verwendete Aktenzeichen mit den in früheren Schriftsätzen enthaltenen Aktenzeichen zu vergleichen, um hieraus irgendwelche Schlüsse auf den unterzeichnenden Rechtsanwalt zu ziehen. Hinzu kommt, dass auch in den früheren durch Rechtsanwalt L. unterschriebenen Schriftsätzen keinesfalls durchgängig ein einheitliches Diktat-/Aktenzeichen verwendet wurde (vgl. Berufungsschrift vom 29. November 2010 sowie Fristverlängerungsanträge vom 20. Dezember 2010 und 31. Januar

2011).


10
Soweit die Klägerin geltend macht, Rechtsanwältin G. habe in Untervollmacht für Rechtsanwalt L. gehandelt, lässt sich das dem Schriftsatz und der Unterschrift nicht entnehmen. Der in derartigen Fällen übliche Zusatz "für Rechtsanwalt …" fehlt hier (vgl. zur Unterschriftsleistung durch einen Unterbevollmächtigten BGH, Urteile vom 11. Oktober 2005 - XI ZR 398/04, NJW 2005, 3773 unter II 2 b; vom 31. März 2003 aaO unter II 2). Es kann gerade nicht ausgeschlossen werden, dass die Unterzeichnung durch einen sonstigen Mitarbeiter erfolgt ist. Im Zeitpunkt des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist war es mithin nicht möglich, die Unterschrift konkret einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt zuzuordnen. Erst wenn überhaupt eine Art von Identifizierung der die Unterschrift leistenden Person möglich ist, kann eine Überprüfung der Postulationsfähigkeit des Unterzeichnenden erfolgen. Durch die nachträgliche Vorlage der Untervollmacht, der eidesstattlichen Versicherungen sowie der Zulassungsurkunde von Rechtsanwältin G. kann dieser Mangel nicht mehr beseitigt werden, da es sich um Umstände handelt, die dem Berufungsgericht erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist zur Kenntnis gebracht wurden.
11
bb) Soweit die Rechtsprechung das Fehlen einer Unterschrift bei Vorliegen besonderer Umstände ausnahmsweise als unschädlich angesehen hat, folgt daraus nicht, dass bei der hier von einer Rechtsanwältin unterschriebenen Berufungsbegründung die erforderliche Form erst recht als gewahrt angesehen werden müsse. Die Unterzeichnung ist nur dann als entbehrlich anzusehen, wenn sich aus den sonstigen Umständen zweifelsfrei ergibt, dass der Rechtsanwalt die Verantwortung für den Inhalt eines fristwahrenden Schriftsatzes übernommen hat. Dies ist etwa anzunehmen, wenn der Mangel der Unterschrift in dem als Urschrift der Berufung gedachten Schriftsatz durch die gleichzeitig eingereichte beglaubigte Abschrift dieses Schriftsatzes behoben wird (BGH, Beschluss vom 3. Mai 1957 - VIII ZB 7/57, BGHZ 24, 179, 180). Ebenso liegt es, wenn die nicht unterschriebene Rechtsmittelbegründungsschrift durch den Rechtsanwalt mit einem von ihm unterzeichneten und mit der Rechtsmittelbegründung fest verbundenen Begleitschreiben eingereicht wird (BGH, Beschlüsse vom 20. März 1986 - VII ZB 21/85, BGHZ 97, 251, 254; ferner vom 28. August 2003 aaO für eine per Computerfax eingelegte Beschwerde). Hier stand es dagegen bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist mangels Vorliegens sonstiger Umstände gerade nicht fest, dass die Berufungsbegründung zweifelsfrei durch einen beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet worden war.

12
2. Auch hinsichtlich der Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages ist die Rechtsbeschwerde nicht zulässig, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Namentlich erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht.
13
a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dient in besonderer Weise dazu, die Rechtsschutzgarantie und das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gebieten es, den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (Senatsbeschluss vom 12. Januar 2011 - IV ZB 14/10, juris Rn. 5; BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 227 f.).
14
b) Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht verstoßen.
15
Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ist einer Partei zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann danach nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen die Möglichkeit offen bleibt, dass die Fristversäumung von der Partei bzw. ihrem Prozessbe- vollmächtigten verschuldet war (BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 aaO unter II 2).
16
aa) Für das eigene Verschulden von Rechtsanwalt L. als Prozessbevollmächtigtem der Klägerin kommt es nicht darauf an, ob er am 7. Februar 2011 wegen einer plötzlichen und schmerzhaften Erkrankung nicht mehr in der Lage war, noch irgendwelche Handlungen vorzunehmen. Vielmehr hat ein Rechtsanwalt allgemeine Vorkehrungen dafür zu treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Er muss seinem Personal die notwendigen allgemeinen Anweisungen für einen solchen Fall geben (BGH, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, VersR 2009, 1684 Rn. 9). Hier fehlt es an jedem Vortrag der Klägerin dazu, welche Vorkehrungen ihr Prozessbevollmächtigter für den Fall getroffen hat, dass er unvorhergesehen ausfällt und an der Unterzeichnung eines fristwahrenden Schriftsatzes gehindert ist. Es ist nicht ersichtlich, welche Maßnahmen er getroffen hat, um sicherzustellen, dass fristwahrende Schriftsätze durch Rechtsanwältin G. in einer Weise unterzeichnet werden, die sie als beim Berufungsgericht zugelassene Rechtsanwältin ausweisen.
17
bb) Schließlich muss die Klägerin sich auch das Verschulden von Rechtsanwältin G. zurechnen lassen. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin und der eidesstattlichen Versicherung von Rechtsanwältin G. ist letztere als Unterbevollmächtigte für den Prozessbevollmächtigten der Klägerin tätig geworden. Bedient sich der Prozessbevollmächtigte einer Partei bei der Bearbeitung eines Rechtsstreits eines angestellten Rechtsanwalts, so muss die Partei sich dessen Verschulden wie eigenes zurechnen lassen, wenn ihm der Rechtsstreit von dem Pro- zessbevollmächtigten zur selbständigen Bearbeitung übergeben worden ist (BGH, Beschlüsse vom 9. Juni 2004 - VIII ZR 86/04, VersR 2005, 810, 811; vom 1. April 1992 - XII ZB 21/92, VersR 1992, 1421 unter 1). Denn in diesem Fall gilt der angestellte Rechtsanwalt als Vertreter des Prozessbevollmächtigten und der Partei selbst. Hier hat Rechtsanwältin G. nicht nur untergeordnete Tätigkeiten vorgenommen, sondern den Inhalt der Berufungsbegründung im Wesentlichen selbst erstellt. Sie hat bei der Unterzeichnung der Berufungsbegründung schuldhaft gehandelt , da sie nicht dafür gesorgt hat, dass aus dem Schriftsatz die Unterzeichnung durch eine dazu bevollmächtigte und beim Berufungsgericht zugelassene Rechtsanwältin ersichtlich wird.
Wendt Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 05.08.2010 - 10 O 17519/08 -
OLG München, Entscheidung vom 18.03.2011- 19 U 5126/10 -

Die vorbereitenden Schriftsätze sollen enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung; die Bezeichnung des Gerichts und des Streitgegenstandes; die Zahl der Anlagen;
1a.
die für eine Übermittlung elektronischer Dokumente erforderlichen Angaben, sofern eine solche möglich ist;
2.
die Anträge, welche die Partei in der Gerichtssitzung zu stellen beabsichtigt;
3.
die Angabe der zur Begründung der Anträge dienenden tatsächlichen Verhältnisse;
4.
die Erklärung über die tatsächlichen Behauptungen des Gegners;
5.
die Bezeichnung der Beweismittel, deren sich die Partei zum Nachweis oder zur Widerlegung tatsächlicher Behauptungen bedienen will, sowie die Erklärung über die von dem Gegner bezeichneten Beweismittel;
6.
die Unterschrift der Person, die den Schriftsatz verantwortet, bei Übermittlung durch einen Telefaxdienst (Telekopie) die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie.

(1) Rechtsbehelfe haben aufschiebende Wirkung, soweit durch die angefochtene Verfügung

1.
eine Verfügung nach § 26 Absatz 4, § 30 Absatz 3, § 31b Absatz 3, § 32 Absatz 2a Satz 1 oder § 34 Absatz 1 getroffen wird oder
2.
eine Erlaubnis nach § 42 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit § 40 Absatz 3a widerrufen oder geändert wird,
oder soweit der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts eine solche Verfügung betrifft.

(2) Wird eine Verfügung, durch die eine einstweilige Anordnung nach § 60 getroffen wurde, angefochten, so kann das Gericht im Rechtsbehelfsverfahren anordnen, dass die Vollziehung der angefochtenen Verfügung ganz oder teilweise ausgesetzt wird. Die Anordnung kann jederzeit aufgehoben oder geändert werden.

Soweit das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie dem Bundeskartellamt allgemeine Weisungen für den Erlass oder die Unterlassung von Verfügungen nach diesem Gesetz erteilt, sind diese Weisungen im Bundesanzeiger zu veröffentlichen.

Die vorbereitenden Schriftsätze sollen enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung; die Bezeichnung des Gerichts und des Streitgegenstandes; die Zahl der Anlagen;
1a.
die für eine Übermittlung elektronischer Dokumente erforderlichen Angaben, sofern eine solche möglich ist;
2.
die Anträge, welche die Partei in der Gerichtssitzung zu stellen beabsichtigt;
3.
die Angabe der zur Begründung der Anträge dienenden tatsächlichen Verhältnisse;
4.
die Erklärung über die tatsächlichen Behauptungen des Gegners;
5.
die Bezeichnung der Beweismittel, deren sich die Partei zum Nachweis oder zur Widerlegung tatsächlicher Behauptungen bedienen will, sowie die Erklärung über die von dem Gegner bezeichneten Beweismittel;
6.
die Unterschrift der Person, die den Schriftsatz verantwortet, bei Übermittlung durch einen Telefaxdienst (Telekopie) die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie.

Die ordentliche Gerichtsbarkeit wird durch Amtsgerichte, Landgerichte, Oberlandesgerichte und durch den Bundesgerichtshof (den obersten Gerichtshof des Bundes für das Gebiet der ordentlichen Gerichtsbarkeit) ausgeübt.

Vor die ordentlichen Gerichte gehören die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsachen) sowie die Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder auf Grund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind.

Die vorbereitenden Schriftsätze sollen enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung; die Bezeichnung des Gerichts und des Streitgegenstandes; die Zahl der Anlagen;
1a.
die für eine Übermittlung elektronischer Dokumente erforderlichen Angaben, sofern eine solche möglich ist;
2.
die Anträge, welche die Partei in der Gerichtssitzung zu stellen beabsichtigt;
3.
die Angabe der zur Begründung der Anträge dienenden tatsächlichen Verhältnisse;
4.
die Erklärung über die tatsächlichen Behauptungen des Gegners;
5.
die Bezeichnung der Beweismittel, deren sich die Partei zum Nachweis oder zur Widerlegung tatsächlicher Behauptungen bedienen will, sowie die Erklärung über die von dem Gegner bezeichneten Beweismittel;
6.
die Unterschrift der Person, die den Schriftsatz verantwortet, bei Übermittlung durch einen Telefaxdienst (Telekopie) die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Tatbestand

1

Die Klägerin zu 1 betreibt in der Rechtsform der Aktiengesellschaft einen Großteil der Eisenbahnschienenwege in Deutschland. Ihre Gesellschaftsanteile werden von der Klägerin zu 2 gehalten, an die sie auch durch einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag gebunden ist. Die Klägerin zu 2 ist ebenfalls eine Aktiengesellschaft, deren Aktien die beklagte Bundesrepublik Deutschland hält. Zu ihrem Konzern gehören neben der Klägerin zu 1 auch verschiedene Eisenbahnverkehrsunternehmen. Für ihre Konzerntöchter hält sie verschiedene zentrale Servicefunktionen vor, die von diesen durch eine Konzernumlage finanziert werden. Dazu zählt eine zentrale Rechtsabteilung, in der etwa 160 Juristen - im Folgenden: Konzernjuristen - beschäftigt sind, die überwiegend auch als Rechtsanwälte zugelassen sind. Diese berät und vertritt alle Gesellschaften des Konzerns, so auch die Klägerin zu 1, namentlich in Regulierungssachen gegenüber der Bundesnetzagentur und anderen Stellen.

2

Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit der Inanspruchnahme dieser Dienste durch die Klägerin zu 1 in Angelegenheiten, die die Zuweisung von Zugtrassen und die Wegeentgelte betreffen. Anlass hierzu bot der Erlass von § 9a AEG im Jahre 2005, der in Umsetzung europarechtlicher Richtlinien die Unabhängigkeit der Betreiber von Schienenwegen von Eisenbahnverkehrsunternehmen in netzzugangsrelevanten Entscheidungen sicherzustellen sucht.

3

Die Klägerinnen haben auf die Neuregelung mit verschiedenen organisatorischen Maßnahmen reagiert. Im Mai 2005 haben sie ihren Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag dahin geändert, dass von dem Weisungsrecht der Klägerin zu 2 die Unabhängigkeit der Klägerin zu 1 in netzzugangs- und entgeltrelevanten Fragen unberührt bleibe. Zugleich bestimmte die Klägerin zu 1, dass Vorstandsmitglieder, die auch Funktionen in Eisenbahnverkehrsunternehmen ausübten, von Entscheidungen in Netzzugangs- und Entgeltfragen ausgeschlossen seien. Die Klägerin zu 2 bildete in der konzernzentralen Rechtsabteilung (GR) in der Unterabteilung "Regulierungs-, Wettbewerbs- und Kartellrecht" (GRK) ein eigenständiges Arbeitsgebiet "Regulierung" (GRK R, später GRK 1 bzw. ARK 1), das aus sieben Juristen besteht und mit der umfassenden und ausschließlichen Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Eisenbahninfrastrukturunternehmen des Konzerns, darunter vor allem der Klägerin zu 1, gegenüber der Bundesnetzagentur und anderen staatlichen Stellen in sämtlichen Netzzugangs- und Regulierungsverfahren betraut ist. Die Juristen dieses Arbeitsgebiets unterstehen dem Direktionsrecht des Leiters der Unterabteilung GRK. Nach einer Arbeitsanweisung ist ihnen nicht gestattet, in ihrem Arbeitsgebiet Eisenbahnverkehrsunternehmen zu beraten oder zu vertreten oder deren Interessen wahrzunehmen; Informationen haben sie vertraulich zu behandeln. Innerhalb der Klägerin zu 1 sind die Aufgaben betreffend Netzzugang und Wegeentgelte dem Vorstandsressort "Marketing/Vertrieb (I.NM)" zugewiesen. Operative Entscheidungen werden dezentral von den regionalen Niederlassungen getroffen. Ihnen ist die zentrale Organisationseinheit "Grundsätze Netzzugang/Regulierung" (I.NMN) vorgeordnet, die mit fünf Mitarbeitern besetzt ist, davon zwei Juristen. Zu ihren Aufgaben gehört es, in Abstimmung mit der zuständigen Konzernrechtsabteilung über die Einlegung von Rechtsbehelfen gegen Maßnahmen der Aufsichts- und Regulierungsbehörden zu entscheiden. Die Erarbeitung von Entgeltgrundsätzen obliegt der zentralen Organisationseinheit "Marketing/Preispolitik" (I.NMM), deren Mitarbeiter nach einer internen Konzernrichtlinie keinerlei Einflussnahmen Dritter außerhalb der Klägerin zu 1 zulassen dürfen. Schließlich bestellte die Klägerin zu 1 einen Unabhängigkeitsbeauftragten.

4

Mit Bescheid vom 24. November 2006 untersagte das Eisenbahn-Bundesamt der Klägerin zu 1, bei Entscheidungen über den Netzfahrplan, bei der sonstigen Zuweisung von Zugtrassen und bei Entscheidungen über die Wegeentgelte nebst der Vorbereitung dieser Entscheidungen Juristen der Klägerin zu 2 mit der Rechtsberatung oder Rechtsvertretung zu beauftragen, und verpflichtete sie, die damit angeordnete Umorganisation ihrer rechtlichen Beratung und Vertretung unverzüglich anzuzeigen. Zur Begründung hieß es: Seit 2005 seien öffentliche Betreiber der Schienenwege gesetzlich verpflichtet, rechtlich, organisatorisch und in ihren Entscheidungen von Eisenbahnverkehrsunternehmen unabhängig zu sein, soweit Entscheidungen über die Zuweisung von Zugtrassen und über die Wegeentgelte betroffen seien. Zum einen dürften derartige Entscheidungen nur von dem Personal des Betreibers der Schienenwege getroffen werden, das keine Funktionen in Eisenbahnverkehrsunternehmen oder mit diesen verbundenen Unternehmen ausübe (§ 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG); zum anderen müssten in Infrastrukturunternehmen, die über ein Mutterunternehmen mit einem Eisenbahnverkehrsunternehmen verbunden sind, unternehmensinterne Regelungen bestehen, die die Einflussnahme Dritter auf diese Entscheidungen unterbänden (§ 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG). Gegen beide Gebote verstoße die Klägerin zu 1, wenn sie - ohne eigene Rechtsabteilung - sich von Juristen der zentralen Rechtsabteilung ihrer Konzernmutter bei Fragen der Zuweisung von Zugtrassen und der Wegeentgelte beraten und vertreten lasse. Das personelle Trennungsgebot betreffe nicht nur Entscheidungen im operativen Geschäft, sondern schon jede Grundsatzentscheidung wie die Formulierung der "Schienennetz-Benutzungsbedingungen (SNB)", und nicht nur die Entscheidungen selbst, sondern auch deren Vorbereitung und erfasse deshalb auch die Beratung der Entscheidungsorgane der Klägerin zu 1 und deren Vertretung im Rechtsverkehr. Durch die Beauftragung von Juristen der Konzernmutter werde dieser und mittelbar auch den Konzernschwestern die Möglichkeit der Einflussnahme eröffnet, womit zugleich gegen das Gebot der Unterbindung derartiger Einflussnahmen verstoßen werde. Ob es tatsächlich zu Einflussnahmen der Konzernmutter gekommen sei, sei unerheblich, da im Interesse eines auch in den Augen der Wettbewerber und der Öffentlichkeit neutralen Netzbetreibers bereits die Möglichkeit der Einflussnahme unterbunden werden solle.

5

Die verfügte Untersagung sei auch erforderlich, um die gesetzlichen Anforderungen sicherzustellen, mildere Mittel seien nicht ersichtlich. Namentlich reichten die internen Organisationsregeln der Klägerinnen nicht aus. Der Beherrschungsvertrag zwischen den Klägerinnen sehe zwar vor, dass die Klägerin zu 2 der Klägerin zu 1 keine Weisungen erteile, die deren rechtlicher und organisatorischer Unabhängigkeit in Bezug auf Entscheidungen über die Zuweisung von Zugtrassen und die Wegeentgelte zuwiderliefen; er wiederhole damit aber lediglich den Gesetzeswortlaut. Dasselbe gelte für die Geschäftsordnung des Vorstandes der Klägerin zu 1, wonach Vorstandsmitglieder, die Funktionen in verbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmen ausübten, von der Beschlussfassung über Entscheidungen zu den in Rede stehenden Gegenständen ausgeschlossen seien. Auch die neuen - seinerzeit noch geplanten - Bestimmungen der unternehmensinternen Richtlinie 048.2001 seien unzureichend. Auch wenn die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung hiernach auf den Zeitraum nach Abschluss des Entscheidungsprozesses beschränkt werde, so bleibe die Modifikation der getroffenen Entscheidung doch unbenommen; zugleich würden künftige Entscheidungen vorgeprägt. Zudem betreffe die Beschränkung nur die rechtliche Vertretung und lasse die vorherige Beratung unberührt. Die weitere Bestimmung, Geschäftsgeheimnisse der Klägerin zu 1 und ihrer Kunden geheimzuhalten, und das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen seien intransparent und nicht zu überwachen und schon deshalb ungeeignet, die gesetzlichen Anforderungen zu erreichen. Sie seien ohnehin wenig praxistauglich, zumal sich eine Interessenkollision auch erst einige Zeit nach Auftragserteilung herausstellen könne, eine Auftragskündigung aber wenig wahrscheinlich sei; auch sei die Vertretung gegenläufiger Interessen in nachfolgenden Verfahren ebensowenig ausgeschlossen wie die gleichzeitige Vertretung gegenläufiger Interessen durch enge Kollegen und deren Einflussnahme im Wege kollegialer Kommunikation.

6

Mit ihren Widersprüchen rügten die Klägerinnen einen Eingriff in ihre unternehmerische Organisationsfreiheit, wenn die Einrichtung zentraler Servicefunktionen im Konzern verboten und damit die Erzielung entsprechender Synergieeffekte unmöglich gemacht werde; damit werde die Konzernstruktur insgesamt in Frage gestellt. Ein derartiger Eingriff bedürfe einer eindeutigen gesetzlichen Grundlage und eines überragenden öffentlichen Belangs. An beidem fehle es. Das Gesetz begründe zwar Betreiberpflichten, überlasse es aber der unternehmerischen Freiheit, mit welchen Maßnahmen diese Pflichten umzusetzen seien. In der Sache untersage es nur die bestimmende Einflussnahme auf die Entscheidungen der Organe des Schienenbetreibers, nicht aber den gesamten vorherigen Prozess der Entscheidungsfindung und auch nicht den anschließenden Vollzug der Entscheidung in einzelnen Anwendungsfällen einschließlich der Verteidigung einer Maßnahme gegenüber Behörden und vor Gericht. Sowohl das Europarecht als auch ein Vergleich mit dem Energiewirtschafts- und dem Aktienrecht sprächen für diese enge Auslegung. An den eigentlichen Entscheidungen in diesem Sinne wirkten die Juristen der Konzernmutter aber nicht mit. Sie berieten die Klägerin zu 1 nur zum rechtlichen Rahmen, aber nicht zum Inhalt einer Entscheidung und verträten sie im Folgenden nur in einzelnen Anwendungsfällen. Die Entscheidungen würden von den Organen der Klägerin zu 1 getroffen, nämlich von deren Vorstand und von der Organisationseinheit I.NMN.

7

Den Widerspruch der Klägerin zu 1 wies das Eisenbahn-Bundesamt mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2007, denjenigen der Klägerin zu 2 mit Widerspruchsbescheid vom 17. April 2007 zurück. Der Widerspruch der Klägerin zu 2 sei unzulässig. Sie sei nicht Adressatin des Untersagungsbescheides. Sie könne auch nicht als Dritte in ihrer unternehmerischen Entscheidungsfreiheit betroffen sein; als ein reines Staatsunternehmen sei sie nicht grundrechtsfähig. Der Widerspruch der Klägerin zu 1 sei aus den Gründen der Ausgangsentscheidung unbegründet; was die Klägerin einwende, greife nicht durch. Insbesondere sei der Begriff der "Entscheidung" im Eisenbahngesetz gerade im Gegensatz zu dem Begriff der "Letztentscheidung" im Energiewirtschaftsgesetz weit zu verstehen.

8

Das Verwaltungsgericht hat die Klagen mit Urteilen vom 14. November 2007 abgewiesen. Die Klägerin zu 2 sei nicht in eigenen Rechten betroffen. Ob sie auch als öffentliches Unternehmen wegen Art. 87e GG grundrechtsfähig sei, könne offenbleiben. Keinesfalls könne ihre Berechtigung aus Art. 12, Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG weiter reichen als ihre Rechte nach "einfachem" Recht. Die Klägerin zu 2 habe sich aber durch den Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag in den hier in Rede stehenden Angelegenheiten des Netzzugangs und der Wegeentgelte jedes Weisungsrechts gegenüber der Klägerin zu 1 begeben. Sie habe daher auch keinen rechtlich begründeten Einfluss darauf, von welchen Juristen sich die Klägerin zu 1 bei netzzugangsrelevanten Entscheidungen beraten lasse. Die Klägerin zu 1 sei in eigenen Rechten betroffen, aber nicht verletzt. Die Untersagungsverfügung finde ihre Rechtsgrundlage in § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG. Diese Vorschrift verlange, dass die netzzugangsrelevanten Entscheidungen ausnahmslos vom Personal des Infrastrukturunternehmens zu treffen seien. Das erfasse zwar nicht jede Vorarbeit zu einer Entscheidung - insofern genügten interne Schutzvorkehrungen -, umfasse aber jede maßgebliche inhaltliche Beteiligung an der Entscheidungsfindung. Hinsichtlich der Konzernjuristen liege eine Organisationsstruktur vor, die diesen in bestimmten Fällen eine unzulässige Mitentscheidung eröffne. Mit zunehmender Komplexität der aufgeworfenen Rechtsfragen nehme der Einfluss der Konzernjuristen auf die zu treffende Entscheidung zu; gerade in komplexen Fällen könne die eigene Organisationseinheit I.NMN der Klägerin zu 1 kaum mehr als eine Plausibilitätskontrolle leisten. Die Untersagungsverfügung lasse sich zudem auf § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG stützen; denn die gegebene Organisationsstruktur ermögliche dem Vorstand der Klägerin zu 2 vermöge seines Direktionsrechts gegenüber den Konzernjuristen eine inhaltliche Einflussnahme auf die Entscheidungen der Klägerin zu 1. Das interne Reglement der Klägerin zu 2 reiche nicht aus, diese Einflussnahme völlig auszuschließen, und dürfe es nach § 76 AktG auch gar nicht. Die Untersagungsverfügung sei auch verhältnismäßig; der Klägerin zu 1 entstünden bei Übernahme der fünf bis sieben Konzernjuristen keine nennenswerten Mehrkosten, und die behaupteten Synergieeffekte blieben gewahrt.

9

Auf die Berufungen der Klägerinnen hat das Oberverwaltungsgericht die beiden Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit Urteil vom 20. Mai 2009 hat es den Bescheid des Eisenbahn-Bundesamtes vom 24. November 2006 und die beiden Widerspruchsbescheide aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Untersagungsverfügung sei rechtswidrig; sie finde in § 9a Abs. 1 AEG keine Grundlage. Die beanstandete Beauftragung von Konzernjuristen führe nicht dazu, dass diese entgegen § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG Entscheidungen über den Netzzugang oder die Wegeentgelte träfen. Die Vorschrift habe nur die Entscheidungsträger des Infrastrukturunternehmens selbst im Blick und ordne deren persönliche Unabhängigkeit an. Daher erfasse der Begriff der Entscheidung nur den Abschluss eines Willensbildungsprozesses mit Anspruch auf Verbindlichkeit und Umsetzung, nicht aber Vorarbeiten wie die Erarbeitung des Sachverhalts oder von Handlungsalternativen. Auf die Phase der Entscheidungsvorbereitung ziele vielmehr § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG; hier sollten Einflussnahmen Dritter durch unternehmensinterne Organisationsregeln unterbunden werden. Die Konzernjuristen träfen keine Entscheidungen im vorbeschriebenen Sinne und wirkten an solchen auch nicht mit; es sei sichergestellt, dass ihre Tätigkeit erst einsetze, wenn das eigene Personal der Klägerin zu 1 eine Entscheidung bereits getroffen habe. Dies gelte für die allgemeinen Festlegungen in Rahmenverträgen und den Schienennetz-Nutzungsbedingungen ebenso wie für einzelne Trassenzuweisungen und Wegegeldfestsetzungen. Mit ihrer Tätigkeit gehe aber auch keine Einflussnahme der Klägerin zu 2 auf die Entscheidungen der Klägerin zu 1 einher, die sich nicht durch unternehmensinterne Regelungen ausschließen ließen und hinlänglich ausgeschlossen seien. Der Arbeit der Konzernjuristen wohne nicht schon für sich ein auf die Durchsetzung der Interessen konzernzugehöriger Verkehrsunternehmen ausgerichtetes manipulatives Element inne; die Konzernjuristen seien allein für die Klägerin zu 1 tätig und unterlägen nur deren Weisungen. Ein solches manipulatives Element ergebe sich auch nicht daraus, dass sie Angestellte der Klägerin zu 2 seien. Das allein begründe nicht den Verdacht ihrer Voreingenommenheit; verbleibende Risiken seien durch unternehmensinterne Regeln unterbunden. Das Weisungsrecht der Klägerin zu 2 als Arbeitgeberin schließlich sei ausreichend beschränkt; aktienrechtlichen Bedenken gegen die rechtliche Wirksamkeit dieser Beschränkung bestünden nicht. Insgesamt halte das Gesetz - jenseits der Funktionstrennung auf der Ebene der Entscheidungsträger - unternehmensinterne Regelwerke unter flankierender Kontrolle eines Unabhängigkeitsbeauftragten im Regelfalle für ausreichend. Allein die Bekämpfung eines "bösen Scheins" rechtfertige keine weiterreichenden Maßnahmen. Auch das europäische Gemeinschaftsrecht lasse integrierte Eisenbahnkonzerne weiterhin zu und fordere lediglich eine Ausgestaltung, bei der die Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers von Verkehrsunternehmen in Fragen des Netzzugangs und der Wegeentgelte gesichert sei. Auch gemeinschaftsrechtlich seien für eine Konzernstruktur typische unternehmensübergreifende Dienstleistungen wie die hier in Rede stehenden daher nicht ausgeschlossen. Sei die angefochtene Untersagungsverfügung nach allem rechtswidrig, so verletze sie nicht nur die Klägerin zu 1 als Adressatin, sondern auch die Klägerin zu 2 in eigenen subjektiven Rechten, nämlich in ihrer Organisationshoheit als konzernbeherrschendes Unternehmen, die durch ihre Privatautonomie und durch Art. 87e GG rechtlich geschützt sei. Dagegen lasse sich nicht mit dem Verwaltungsgericht einwenden, die Klägerin zu 2 habe sich ihres Weisungsrechts begeben; der Ausschluss eines inhaltlichen Weisungsrechts lasse ihr organisatorisches Weisungsrecht - die Dienste der zentralen Rechtsabteilung in Anspruch zu nehmen - unberührt, das aber durch die Untersagungsverfügung verkürzt werde.

10

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision zugelassen. Das Berufungsurteil ist der Beklagten am 15. Juni 2009 zugestellt worden. Die Beklagte hat am 12. Juni 2009 Revision eingelegt und am 30. September 2009 - dem letzten Tag der Frist - begründet. Der 46-seitige Begründungsschriftsatz ist nur auf der ersten Seite unterschrieben; dort befinden sich der Revisionsantrag sowie ein Verweis auf die nachstehenden Gründe der Anfechtung. Zur Sache macht die Beklagte geltend: Beiden Klägerinnen fehle die Klagebefugnis. Als öffentliche Unternehmen seien sie nicht grundrechtsfähig; einfachgesetzliche Abwehrrechte gegen Regulierungsverfügungen des Bundes stünden ihnen aber nicht zu. Das Berufungsurteil verletze auch in der Sache Bundesrecht. Ziel des Gesetzes sei die Gewährleistung eines chancengleichen, diskriminierungsfreien und funktionsfähigen Wettbewerbs auf der Schiene und hierzu die prinzipielle Trennung von Netz (Schiene) und Betrieb (Verkehr). Das sei prinzipiell gefährdet, wenn das Infrastrukturunternehmen zwar rechtlich von Verkehrsunternehmen getrennt werde, diesen aber durch eine Konzernstruktur verbunden bleibe und dem Mutterkonzern durch einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag unterworfen sei. Der Gesetzgeber habe Konzernstrukturen gleichwohl erlaubt, suche aber gleichzeitig sicherzustellen, dass das Infrastrukturunternehmen in Fragen des Netzfahrplans, des Netzzugangs und der Wegeentgelte frei von der Beeinflussung durch Eisenbahnverkehrsunternehmen sei. Hierzu ordne § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG in Umsetzung europarechtlicher Vorgaben ausdrücklich nicht nur die rechtliche, sondern auch die organisatorische Unabhängigkeit des Schienenbetreibers an. Unternehmerische Funktionen, die Netzzugangsfragen beträfen, müssten deshalb von Organisationseinheiten des Schienenbetreibers wahrgenommen werden, die von der sonstigen Konzernorganisation getrennt seien. § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG sei kein bloßer Programmsatz, sondern die Grundnorm, die in Satz 2 durch Regelbeispiele in bestimmter Hinsicht konkretisiert werde und zugleich deren Auslegung steuere. Wenn dessen Nr. 3 Entscheidungen über Netzzugang und Wegeentgelte dem eigenen Personal des Infrastrukturunternehmens vorbehalte, so ziele das nicht bloß auf das formal-juristisch zuständige Organ, sondern auf das gesamte Management in einem funktionalen Sinne, weshalb der Begriff der Entscheidung den Prozess der Entscheidungsfindung umfasse, soweit in ihm inhaltliche Vorfestlegungen getroffen würden. Das werde durch Nr. 5 dahin ergänzt, dass auch weitere mögliche Einflussnahmen zu unterbinden seien, ohne dass diese deshalb manipulativ sein müssten. Rechtsberater und Bevollmächtigte aber seien in den Prozess der Entscheidungsfindung eingebunden. Das gelte umso mehr, als die Rechtsposition der Klägerin zu 1 gegenüber den Aufsichts- und Regulierungsbehörden praktisch allein von den Konzernjuristen formuliert und vertreten werde. Es sei wirklichkeitsfern anzunehmen, die Konzernjuristen seien hierbei allein der Klägerin zu 1 verpflichtet und keinem bestimmenden Einfluss ihrer Arbeitgeberin, der Klägerin zu 2, ausgesetzt oder könnten einen solchen gar ignorieren oder zurückweisen. Bloße konzerninterne Richtlinien seien ungeeignet, dieser Gefahr zu begegnen, zumal das Europarecht bloß rechtliche Vorkehrungen nicht genügen lasse, sondern den Nachweis ihrer praktischen Wirksamkeit fordere.

11

Die Klägerinnen halten die Revision für unzulässig, da sie formgerecht nicht fristgemäß begründet worden sei. In der Sache verteidigen sie das Berufungsurteil mit im Wesentlichen übereinstimmenden Argumenten. § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG sei keine Generalermächtigung mit nachfolgenden Regelbeispielen, sondern eine Zielvorgabe mit nachfolgenden Zielerreichungsmitteln. Diese Mittel allerdings seien abschließend, schon weil sie das Ergebnis der gesetzgeberischen Abwägung zwischen der - zulässigen - Konzernstruktur und der gebotenen Unabhängigkeit des Schienenbetreibers seien. Nach § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 5 AEG sei die Unabhängigkeit des Infrastrukturunternehmens gewährleistet, wenn die netzzugangs- und entgeltrelevanten Entscheidungen von seinem Personal getroffen würden (Nr. 3) und interne Regelungen die Einflussnahme während der Entscheidungsfindung verhinderten (Nr. 5). Die juristischen Berater und Bevollmächtigten gehörten nicht zum Entscheidungspersonal. Das Berufungsgericht habe in tatsächlicher Hinsicht bindend festgestellt, dass das interne Regelwerk der Klägerinnen hinreichend und effektiv sei, eine Einflussnahme der Klägerin zu 2 über die Konzernjuristen während der Entscheidungsfindung zu verhindern, insbesondere dass die Konzernjuristen erst nach getroffener Entscheidung eingeschaltet und ihre Empfehlungen von eigenen Juristen des Infrastrukturunternehmens geprüft würden.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils.

13

A. Die Revision ist zulässig. Sie wurde insbesondere ordnungsgemäß begründet.

14

1. Gemäß § 139 Abs. 3 VwGO ist die Revision innerhalb einer Frist von einem Monat, die von dem Vorsitzenden auf Antrag verlängert werden kann, zu begründen; die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben. Dabei versteht sich von selbst, dass die Begründung der Revision - ebenso wie nach § 139 Abs. 1 Satz 1 VwGO deren Einlegung - schriftlich erfolgen muss (vgl. auch § 173 VwGO i.V.m. § 551 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Schriftform verlangt grundsätzlich die eigenhändige Unterschrift des dazu Berechtigten (Urteil vom 6. Dezember 1988 - BVerwG 9 C 40.87 - BVerwGE 81, 32 <33>; Beschlüsse vom 27. Januar 2003 - BVerwG 1 B 92.02 - und vom 5. Februar 2003 - BVerwG 1 B 31.03 - Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 17 und 16). Die Unterschrift muss den Inhalt der Erklärung räumlich decken, also hinter oder unter dem Text stehen. Das verlangt § 440 Abs. 2 ZPO für die Beweiskraft von Privaturkunden und folgt auch ganz allgemein aus der Funktion der Unterschrift, nicht nur die Gewähr für das Erklärte zu übernehmen, sondern auch das Erklärte abzuschließen (BGH, Urteil vom 20. November 1990 - XI ZR 107/89 - BGHZ 113, 48). Eine "Oberschrift" erlaubt regelmäßig nicht den sicheren Schluss, dass das Nachfolgende vom Unter- bzw. Überzeichner herrührt und nicht blanko gegeben wurde (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2004 - VI ZB 9/04 - NJW-RR 2004, 1364).

15

Allerdings ist das Schriftformerfordernis kein Selbstzweck. Die Rechtsprechung hat deshalb in Einzelfällen Ausnahmen zugelassen, wenn seinem Sinn und Zweck auf anderem Wege genügt ist. Durch das Schriftformerfordernis soll die verlässliche Zurechenbarkeit des Schriftsatzes sichergestellt werden. Es muss gewährleistet sein, dass nicht nur ein Entwurf, sondern eine gewollte Prozesserklärung vorliegt, ferner, dass die Erklärung von einer bestimmten Person herrührt und diese für den Inhalt die Verantwortung übernimmt. Deshalb werden Ausnahmen von dem Grundsatz handschriftlicher Unterzeichnung zugelassen, wenn sich aus dem bestimmenden Schriftsatz allein oder in Verbindung mit beigefügten Unterlagen die Urheberschaft und der Wille, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen, hinreichend sicher, das heißt ohne die Notwendigkeit einer Klärung durch Rückfrage oder durch Beweiserhebung, ergeben (Urteile vom 26. August 1983 - BVerwG 8 C 28.83 - Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 9 und vom 6. Dezember 1988 - BVerwG 9 C 40.87 - BVerwGE 81, 32 <36>). Aus Gründen der Rechtssicherheit kann dabei freilich nur auf die dem Gericht bei Eingang des Schriftsatzes erkennbaren oder bis zum Ablauf der Frist bekannt gewordenen Umstände abgestellt werden (Beschluss vom 27. Januar 2003 - BVerwG 1 B 92.02 - Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 17 = NJW 2003, 1544).

16

2. Im vorliegenden Fall ist diesen Anforderungen noch genügt.

17

a) Die Beklagte hat am letzten Tag der Revisionsbegründungsfrist einen Schriftsatz eingereicht, der den Revisionsantrag sowie die Revisionsgründe enthielt. Zwar hat der Prozessbevollmächtigte die Revisionsbegründungsschrift nur auf ihrer ersten Seite - nach den Revisionsanträgen - unterschrieben. Gleichwohl konnte kein Zweifel bestehen, dass auch die nachfolgende Darlegung der Revisionsgründe von ihm herrührt und von ihm willentlich in den Rechtsverkehr gebracht worden war. Allerdings bietet eine Unterschrift auf der ersten Seite Anlass zu Zweifeln, ob die Unterschrift bereits vor der Endkorrektur geleistet wurde und deshalb die Endkontrolle durch den Unterzeichner nicht mehr gewährleistet war. Hier kommt aber zum einen hinzu, dass die unterschriebene erste Seite einen inhaltlich abgeschlossenen Text darstellt, der für sich genommen bereits wesentliche Teile der Revisionsbegründung - nämlich die Revisionsanträge - enthält und im Sinne einer wenn auch knapp gehaltenen Übersicht auf die nachstehenden Gründe der Anfechtung verweist. Damit steht fest, dass der gesamte Text keinen bloßen Entwurf mehr darstellt, sondern mit dem Willen des Prozessbevollmächtigten in den Rechtsverkehr gegeben wurde; und es ist hinlänglich dokumentiert, dass der Prozessbevollmächtigte auch für den Inhalt der Gründe der Anfechtung die Verantwortung übernimmt (vgl. auch BFH, Beschluss des Großen Senats vom 5. November 1973 - GrS 2/72 - BFHE 111, 278 = NJW 1974, 1582). Beides wird zum anderen durch die Vorgeschichte bekräftigt: Der Prozessbevollmächtigte hat bereits zwei Wochen zuvor eine frühere Fassung derselben Revisionsbegründung eingereicht, diese dann aber wieder zurückgefordert, weil die nötige Abstimmung mit dem Beklagten noch ausstehe. Wenn nunmehr die überarbeitete Revisionsbegründung mit dem erwähnten Vorblatt vorgelegt wird, besteht kein vernünftiger Zweifel mehr an der Verbindlichkeit und der Authentizität des Schriftsatzes. Dementsprechend hat auch keiner der Beteiligten einen derartigen Zweifel geäußert.

18

b) Nachdem die Klägerinnen die fehlende Unterschrift auf der letzten Seite der Revisionsbegründung gerügt hatten, hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten das Fehlen damit erläutert, er habe nach Erstellen und Unterschreiben des Schriftsatzes noch einige wenige Ergänzungen vorgenommen, die seine Mitarbeiterin aber weisungswidrig nicht als "a-Seiten" in den unterschriebenen Ausdruck eingefügt habe; stattdessen sei die Datei verändert und insgesamt nochmals ausgedruckt worden. Auch dieser Vortrag führt nicht dazu, die Revision für unzulässig zu erachten. Zwar legt der Prozessbevollmächtigte damit selbst dar, dass der Schriftsatz nach Beifügung der Unter- oder hier der Oberschrift noch verändert worden sei, was deren Beglaubigungsfunktion in Zweifel zieht. Er hat aber durch Vorlage des Manuskripts zugleich nachgewiesen, dass die nachträglichen Veränderungen von seiner Hand stammten und seinem Büro als Endkorrektur zur Einarbeitung übermittelt wurden. Dass dieser Nachweis erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist geführt wurde, ist unschädlich, weil auch die Zweifel, die er ausräumt, erst nach diesem Zeitpunkt aufgekommen sind.

19

B. Die Revision hat nicht schon deshalb Erfolg, weil die Klagen unzulässig wären. Die Klägerinnen sind klagebefugt. Das hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt.

20

1. Die Beklagte meint, beiden Klägerinnen fehle die Klagebefugnis schon deshalb, weil sie öffentliche Unternehmen seien, deren Geschäftsanteile - unmittelbar oder mittelbar - sämtlich von der beklagten Bundesrepublik Deutschland gehalten würden. Dem kann nicht gefolgt werden. Nach § 42 Abs. 2 VwGO besteht die Klagebefugnis, wenn der Kläger eine Verletzung seiner subjektiv-öffentlichen Rechte geltend macht und dies immerhin möglich ist. Die Klägerinnen machen geltend, das Eisenbahn-Bundesamt werfe ihnen zu Unrecht eine Verletzung ihrer Pflichten aus § 9a des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) vom 27. Dezember 1993 (BGBl I S. 2378, 2396) in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 27. April 2005 (BGBl I S. 1138) vor und greife deshalb ohne zureichenden Grund in ihre unternehmerische Handlungs- und Organisationsfreiheit ein. Dieser Vortrag ist geeignet, eine Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte als möglich erscheinen zu lassen. Namentlich steht den Klägerinnen die Handlungs- und Organisationsfreiheit eines Eisenbahnunternehmens zu, die vom Allgemeinen Eisenbahngesetz vorausgesetzt wird. Hierfür ist gleichgültig, ob das Eisenbahnunternehmen in privater oder öffentlicher Hand ist. Ebenso ist unerheblich, ob sich die Klägerinnen auf Grundrechte berufen können und ob sie diese obendrein mit der Verfassungsbeschwerde geltend machen könnten (vgl. hierzu Windthorst in Sachs, Grundgesetz-Kommentar, 5. Aufl. 2009, Rn. 49 zu Art. 87e GG; Dreier in ders. , Grundgesetz-Kommentar, Band 1, 2. Aufl. 2004, Rn. 68 ff. zu Art. 19 Abs. 3 GG; Burgi, DVBl 2006, S. 269; Kühne, JZ 2009, 1071; zu Energiewirtschaftsunternehmen BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 16. Mai 1989 - 1 BvR 705/88 - NJW 1990, 1783 und vom 18. Mai 2009 - 1 BvR 1731/05 - NVwZ 2009, 1282; zu Telekommunikationsunternehmen BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03 u.a. - BVerfGE 115, 205 <227 f.>; BVerwG, Urteil vom 25. April 2001 - BVerwG 6 C 6.00 - BVerwGE 114, 160 <189>) .

21

2. Auch der Klägerin zu 2 kann die Klagebefugnis nicht abgesprochen werden. Sie ist zwar nicht Adressatin der angefochtenen Bescheide, wird von diesen aber als Dritte in eigenen Rechten nachteilig betroffen.

22

Die angefochtenen Bescheide beruhen auf dem Vorwurf einer nach Maßgabe des § 9a AEG unzulänglichen Entflechtung zwischen der Klägerin zu 1 und ihrem Mutterkonzern, der Klägerin zu 2. Die genannte Vorschrift dient zwar der Herstellung und Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit des konzernangehörigen Schienenwegebetreibers, begründet aber Pflichten nicht nur für diesen, sondern korrespondierend auch für die konzernverbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmen und für das gemeinsame Mutterunternehmen. Hierbei tariert sie das jeweilige Interesse an der unternehmerischen Organisationsfreiheit des Konzerns und seiner Unternehmen einerseits und das öffentliche Entflechtungsinteresse andererseits aus. Indem sie das öffentliche Entflechtungsinteresse zugleich begründet und begrenzt, dient die Vorschrift auch dem Schutz des privaten Interesses des Konzerns und seiner Unternehmen an der Achtung ihrer unternehmerischen Organisationsfreiheit; insofern ist sie Schutznorm zu deren Gunsten. Ob § 9a AEG darüber hinaus auch Schutznorm zugunsten der mit dem verbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmen konkurrierenden Eisenbahnverkehrsunternehmen ist, ist eine andere Frage (verneinend Kramer in Kunz, Eisenbahnrecht, Rn. 4 zu § 9a AEG).

23

Die angefochtenen Bescheide betreffen die Klägerin zu 2 auch tatsächlich nachteilig. Auch wenn der Ausgangsbescheid nur an die Klägerin zu 1 gerichtet ist, so hat das darin verfügte Verbot, sich der Dienste der Rechtsabteilung der Klägerin zu 2 zu bedienen, für diese doch unmittelbare tatsächliche Folgen. Diese Folgen bestehen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts unabhängig davon, ob die Klägerin zu 2 in dem gemeinsamen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag auf die Ausübung ihres Weisungsrechts in Angelegenheiten des Netzzugangs und der Wegeentgelte verzichtet hat.

24

C. Die Revision ist aber in der Sache begründet. Das Berufungsgericht hätte die Berufungen der Klägerinnen gegen die klageabweisenden Urteile des Verwaltungsgerichts zurückweisen müssen; denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Zwar hält das Berufungsurteil den Einwänden der Beklagten stand, soweit sie § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG (dazu 1.) und § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG betreffen (dazu 2.). Die angefochtenen Bescheide finden ihre Grundlage jedoch in (§ 5a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m.) § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG (dazu 3.). Mit Recht hat das Verwaltungsgericht die Untersagungsverfügung auch für verhältnismäßig erachtet (dazu 4.).

25

1. a) Das Berufungsgericht hat es mit Recht abgelehnt, schon einen Verstoß der Klägerin zu 1 gegen § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG anzunehmen, der die Aufsichtsbehörde zum Einschreiten veranlassen könnte. Diese Vorschrift stellt keine Generalklausel dar, sondern formuliert die Ziele, denen die in § 9a Abs. 1 Satz 2 AEG im Einzelnen vorgesehenen Maßnahmen und Pflichten der Eisenbahnunternehmen dienen. Sie leitet damit deren Auslegung, vermag jedoch allein für sich keine Pflichten zu begründen, die dort nicht vorgesehen sind.

26

Das ergibt sich zweifelsfrei aus dem Wortlaut der Eingangswendung in Satz 2, welche die nachstehende Liste von Maßnahmen und Pflichten der Eisenbahnunternehmen mit den Worten "zur Erreichung der in Satz 1 genannten Ziele" an den Satz 1 anschließt. Es ergibt sich auch aus der Abfolge dieser Liste, welche die in Satz 1 angesprochenen Hinsichten der gebotenen Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers abhandelt (Nr. 1 - rechtliche Unabhängigkeit; Nr. 2 - organisatorische Unabhängigkeit; Nr. 3 bis 5 - Unabhängigkeit in den Entscheidungen) und um eine Bestimmung über die Besetzung der Aufsichtsräte (Nr. 6) ergänzt. Hingegen fehlen typische Wendungen zur Kennzeichnung von bloßen Regelbeispielen ("insbesondere", "etwa"). Es ergibt sich schließlich aus dem Gebot der Bestimmtheit eines Gesetzes, das wie § 9a Abs. 1 AEG privaten Unternehmern Pflichten auferlegt (ebenso Gerstner in Hermes/Sellner, AEG-Kommentar, Rn. 30 zu § 9a AEG).

27

b) In § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG eine Formulierung der Gesetzesziele zu sehen, stimmt mit europäischem Gemeinschaftsrecht überein. § 9 Abs. 1c AEG dient der Umsetzung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (ABl Nr. L 237 S. 25) in der Fassung der Änderungsrichtlinie 2001/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 (ABl Nr. L 75 S. 1) - im Folgenden: Richtlinie 91/440/EWG -, § 9a AEG obendrein der Umsetzung der Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazitäten der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung (ABl Nr. L 75 S. 29). Nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440/EWG treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Funktionen nach Anhang II - das sind hier Entscheidungen über die Trassenzuweisung und über die Wegeentgelte (zweiter und dritter Spiegelstrich) -, die für einen gerechten und nichtdiskriminierenden Zugang zur Infrastruktur ausschlaggebend sind, an Stellen oder Unternehmen übertragen werden, die selbst keine Eisenbahnverkehrsleistungen erbringen. Nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14/EG müssen Entscheidungen über die Wegeentgelte und nach Art. 14 Abs. 2 dieser Richtlinie auch Entscheidungen über die Zuweisung von Fahrwegkapazität von Stellen (des Infrastrukturunternehmens oder von Dritten) getroffen werden, die rechtlich, organisatorisch und in ihren Entscheidungen von Eisenbahnverkehrsunternehmen unabhängig sind. Diese Anforderungen greift § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG in derselben Rechtsqualität wie die Richtlinien - als Zielvorgabe - auf und setzt sie im Katalog des nachfolgenden Satzes 2 um. Die zwischen der Europäischen Kommission und der Bundesrepublik Deutschland kontrovers diskutierte Frage, ob § 9a Abs. 1 AEG - zusammen mit weiteren Maßnahmen - zur Umsetzung der genannten Richtlinien genügt, richtet sich daher allein an den Katalog des § 9a Abs. 1 Satz 2 AEG, vermag aber die Rechtsqualität des § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG nicht zu verändern.

28

c) Die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts müssen nicht nur rechtlich umgesetzt werden; die Umsetzung muss zur Verwirklichung des Entflechtungsziels auch tatsächlich wirksam sein. Das entspricht dem allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz des "effet utile". Es kommt zudem in Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 91/440/EWG zum Ausdruck, wonach die Mitgliedstaaten ungeachtet der Organisationsstrukturen der beteiligten Unternehmen den Nachweis zu erbringen haben, dass das Ziel der Entflechtung erreicht worden ist (vgl. auch Monopolkommission, Sondergutachten 46, 2007, Rn. 67 f.). Zwar gehen Art. 4 Abs. 2, Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14/EG als spezielleres Recht dem Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440/EWG vor (insoweit zutreffend Hermes in Hermes/Sellner, a.a.O., Einführung B Rn. 42 ff.). Das lässt aber den beschriebenen Grundsatz einschließlich seiner Ausprägung in Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 91/440/EWG unberührt.

29

2. § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG verbietet Doppelfunktionen des entscheidenden Personals des Schienenwegebetreibers. Das bezieht - und beschränkt - sich auf die zu im Rechtssinne bindenden Entscheidungen berufenen Organe und Mitarbeiter des Infrastrukturunternehmens. Hiergegen hat die Klägerin zu 1 nicht verstoßen. Das hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt; die Angriffe der Revision gehen insoweit fehl.

30

a) Der in § 9a Abs. 1 AEG mehrfach verwendete Begriff der Entscheidung ist durchgängig in demselben Sinne zu verstehen. Entscheidungen sind Willensentschließungen von hierzu befugten Organen und Mitarbeitern des Infrastrukturunternehmens, die dessen Handeln steuern. Dies gilt gleichermaßen für Entscheidungen, die unmittelbar nach außen wirken, wie für solche, die durch ein anderes Organ oder einen anderen Mitarbeiter des Unternehmens umgesetzt werden müssen, sofern dieser hierzu rechtlich verpflichtet oder nach den Gepflogenheiten des Unternehmens hierzu gehalten ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 31. Oktober 1990 - 2 BvF 3/89 - BVerfGE 83, 60 <73>). Entscheidungscharakter hat auch die Wahrnehmung von Mitentscheidungsbefugnissen.

31

Entscheidungen in diesem Sinne sind nicht nur Entscheidungen des Vorstands oder anderer gesetz- oder satzungsmäßiger Organe der Gesellschaft; sie können auch von nachgeordneten - angestellten - Mitarbeitern getroffen werden, sofern diese nach den unternehmensinternen Regeln hierzu befugt sind. Entscheidungen sind auch nicht nur Grundsatzentscheidungen. Die Versuche der Klägerinnen, Einzelfallentscheidungen, die in Ausführung von Grundsatzentscheidungen ergehen (Entscheidungen im operativen Geschäft), den Charakter einer Entscheidung im Sinne des § 9a Abs. 1 AEG abzusprechen, gehen fehl; sie übersehen, dass § 9a Abs. 1 AEG anders als § 8 Abs. 2 Nr. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) vom 7. Juli 2005 (BGBl I S. 1970, 3621) gerade nicht einengend nur von "Letztentscheidungen" spricht. Umgekehrt lässt sich auch bei Grundsatzentscheidungen der Entscheidungscharakter nicht allein deshalb bestreiten, weil sie rechtlich bindende Außenwirksamkeit erst vermöge nachfolgender Einzelentscheidungen erlangen. Entscheidung in diesem Sinne ist damit auch das Aufstellen der Schienennetz-Benutzungsbedingungen (vgl. § 14d Abs. 1 Nr. 6 AEG sowie § 4 Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung vom 3. Juni 2005, BGBl I S. 1566).

32

b) § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 bis 5 AEG sucht die Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers in seinen Entscheidungen auf verschiedene Weise zu sichern (vgl. BTDrucks 15/3280 S. 12 und 16). Nr. 3 sichert die persönliche Unabhängigkeit des zur Entscheidung berufenen Personals, Nr. 4 die rechtliche Entscheidungsfreiheit gegenüber fremden Weisungen, Nr. 5 schließlich die sachliche Unabhängigkeit der Entscheidung gegenüber fremder Einflussnahme. Allen diesen Sicherungen ist gemein, dass sie den Vorgang der Entscheidungsfindung betreffen. Zwar lässt sich begrifflich zwischen dem Inhalt der Entscheidung als dem Entschiedenen und dem Vorgang der Entscheidungsfindung als dem Entscheiden in derselben Weise unterscheiden, wie dies aus dem Planungsrecht zwischen dem Abwägungsergebnis als dem inhaltlich Abgewogenen und dem Abwägungsvorgang als dem Prozess des Abwägens bekannt ist. Es führt aber in die Irre, hieraus Schlüsse für das systematische Verhältnis ziehen zu wollen, in dem § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Nr. 5 AEG zueinander stehen. § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG betrifft nicht das inhaltliche Ergebnis einer Entscheidung, sondern stellt ebenso wie Nr. 4 und 5 Anforderungen an den Vorgang der Entscheidungsfindung. Der Vorgang der Entscheidungsfindung wird lediglich unter verschiedenen Aspekten erfasst. Dabei greift in rein zeitlicher Betrachtung allerdings Nr. 5 am weitesten aus, weil hier auch Tätigkeiten nicht selbst entscheidungsbefugter Mitarbeiter erfasst werden, die lediglich der Entscheidungsvorbereitung dienen. Insofern - aber auch nur insofern - ist es richtig, § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG der Entscheidungsvorbereitung, § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 AEG hingegen eher der Entscheidung selbst zuzuordnen (vgl. BTDrucks 15/3280 S. 16 f.).

33

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem europäischen Gemeinschaftsrecht. Es ist zwar richtig, dass der Anhang II zur Richtlinie 91/440/EG im ersten Spiegelstrich zwischen "Vorarbeiten" und "Entscheidung" unterscheidet. Damit wird aber der Begriff der "Entscheidung" weder auf die abschließende Phase der Entscheidungsfindung - das Treffen der Entscheidung - noch gar auf die inhaltliche Entscheidung im Sinne des Entschiedenen beschränkt. Das hieße nämlich, dass Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440/EG bei netzzugangsrelevanten Entscheidungen, welche der Anhang II im zweiten und dritten Spiegelstrich anspricht, überhaupt keine Anforderungen zum Vorfeld dieser abschließenden Phase stellt; das kann nicht richtig sein. Im Übrigen dient § 9a AEG, wie gezeigt, nicht nur der Umsetzung des Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440/EG, sondern vor allem der Umsetzung der - insofern spezielleren - Art. 4 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14/EG.

34

c) § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AEG ordnet nicht an, dass der Schienenwegebetreiber seine Entscheidungen selbst, d.h. durch eigenes Personal trifft; das setzt die Vorschrift - als Ergebnis der rechtlichen (Nr. 1) und organisatorischen (Nr. 2) Selbständigkeit - voraus. Nr. 3 bestimmt vielmehr, dass dieses Personal des Infrastrukturunternehmens nicht zugleich Funktionen in verbundenen Verkehrsunternehmen ausüben darf. "Funktionen" meint vergleichbare Entscheidungskompetenzen in dem verbundenen Verkehrsunternehmen oder dem gemeinsamen Mutterkonzern; dabei ist gleichgültig, ob die dortige Funktion sachlich zu einer Einflussnahme auf die Entscheidungen des Infrastrukturunternehmens führen kann (zu eng insofern Gerstner in Hermes/Sellner, AEG-Kommentar, Rn. 35 zu § 9a AEG). Die Vorschrift verfügt damit ein Mitwirkungsverbot für eigene Funktionsträger des Infrastrukturunternehmens mit Doppelfunktion; es handelt sich um eine Inkompatibilitätsnorm.

35

Aus dem Prozess der Entscheidungsfindung erfasst die Vorschrift nur dessen Abschluss, das "Treffen" der Entscheidung. Damit betrifft die Vorschrift nur dasjenige Personal, das Entscheidungen des Schienenwegebetreibers in dem eingangs beschriebenen Sinne "treffen" kann, das mit anderen Worten den Schienenwegebetreiber binden (festlegen) kann, also die Organe (Organwalter) sowie die nach den unternehmensinternen Regeln hierfür zuständigen Mitarbeiter des Infrastrukturunternehmens. Hingegen ist das zu- und vorarbeitende Personal ohne eigene Entscheidungskompetenz nicht von Nr. 3 erfasst; insofern ist dem Berufungsgericht gegen die Angriffe der Revision zuzustimmen.

36

Rechtliche Berater und Bevollmächtigte zählen jedoch nicht zum entscheidenden Personal des Schienenwegebetreibers. Das gilt auch, soweit sie als dessen Vertreter im Rechtsverkehr über dessen Entscheidungen - etwa bei Vertrags- und Vergleichsverhandlungen - disponieren dürfen. Vertreter sind keine Organe; sie sind vielmehr an ihren Auftrag gebunden und unterliegen der Weisung des auftraggebenden Organs; nur dieses ist dem Unternehmen gegenüber rechtlich verantwortlich. Wollte man dies anders sehen, so dürfte das Infrastrukturunternehmen auch keine selbständigen Rechtsanwälte mehr beauftragen, weil es sich nicht um "Personal des Betreibers der Schienenwege" handelt.

37

3. Indem die Klägerin zu 1 Juristen ihrer Konzernmutter mit ihrer rechtlichen Beratung und Vertretung beauftragt, verstößt sie aber gegen die in § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG normierte Pflicht, die Einflussnahme von Dritten auf ihre netzzugangsrelevanten Entscheidungen zu unterbinden. Das hat das Berufungsgericht verkannt.

38

a) § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG sichert die Unabhängigkeit der netzzugangsrelevanten Entscheidungen des Schienenwegebetreibers gegen fremde Einflussnahme. Im Verfahren der Entscheidungsfindung zielt die Vorschrift damit nicht nur auf deren abschließende Phase - das "Treffen" der Entscheidung - und auch nicht nur auf das die Entscheidung "treffende" Personal, sondern nimmt auch weitere Phasen der Entscheidungsvorbereitung (vgl. BTDrucks 15/3280 S. 16 f.) und die insofern befassten Personen in den Blick. Erfasst werden damit alle Vorbereitungshandlungen, mit denen sachlich auf die zu treffende Entscheidung Einfluss genommen wird oder Einfluss genommen werden kann. Die Vorschrift geht damit deutlich über § 8 Abs. 4 EnWG hinaus. Auch Nachbereitungshandlungen kommen in Betracht, wenn sie auf die Entscheidung noch - etwa verändernd - Einfluss haben können. Nicht erfasst werden lediglich rein technische Handlungen wie Schreibarbeiten, Anmietung von Räumen und dergleichen.

39

Jede Vorarbeit nimmt potentiell Einfluss auf eine Entscheidung; darin liegt gerade ihr Sinn. Das will die Vorschrift nicht ausschließen. Sie will nicht jegliche Einflussnahme bekämpfen, sondern nur die im Interesse eines Eisenbahnverkehrsunternehmens. Das ergibt sich aus ihrem Zweck, den Schienenwegebetreiber in seinen netzzugangsrelevanten Entscheidungen von Eisenbahnverkehrsunternehmen unabhängig zu stellen (vgl. § 9a Abs. 1 Satz 1 AEG sowie oben C.1.). Dass die Einflussnahme obendrein manipulativ ist, also den Charakter einer nicht offengelegten oder sachwidrigen Fremdbestimmung trägt, ist entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht erforderlich; auch die offene und sachorientierte Einflussnahme soll unterbunden werden. Jedenfalls soll die Einflussnahme im Interesse eines Verkehrsunternehmens ausgeschlossen werden, das mit dem Schienenwegebetreiber in einem Konzern verbunden ist, wie die Eingangswendung des § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG zeigt; "Unternehmen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3" sind gerade derart integrierte Eisenbahnunternehmen. Ob auch Vorkehrungen gegen eine Einflussnahme im Interesse eines anderen, nicht konzernverbundenen Verkehrsunternehmens geboten sind, mag offenbleiben.

40

Mit "Einflussnahme von Dritten außerhalb des Betreibers der Schienenwege" ist in erster Linie diese ideelle - sachlich-inhaltliche - Einflussnahme im Interesse eines (verbundenen) Eisenbahnverkehrsunternehmens gemeint. Eine andere Frage ist, ob die Wendung obendrein den möglichen Träger der Einflussnahme anspricht, ob mit anderen Worten nur die Einflussnahme durch solche Personen unterbunden werden soll, die dem Infrastrukturunternehmen nicht selbst angehören. Hierdurch würde die Reichweite der Vorschrift allerdings eingeschränkt, ihre praktische Wirksamkeit erheblich relativiert. Dann wären nämlich Vorkehrungen gegen Einflussnahmen im Interesse eines (verbundenen) Eisenbahnverkehrsunternehmens durch eigene Bedienstete des Infrastrukturunternehmens nicht geboten - auch nicht durch solche, die zugleich im Dienst des Eisenbahnverkehrsunternehmens stehen, noch durch solche, die zuvor bei ihm beschäftigt waren oder demnächst zu diesem wechseln oder zurückkehren (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 46, Rn. 68). Doch bedarf auch diese Frage keiner Entscheidung.

41

Eine Einflussnahme im Interesse eines (im Konzern verbundenen) Eisenbahnverkehrsunternehmens muss "unterbunden", das heißt tatsächlich wirksam ausgeschlossen werden. Das Gesetz bekämpft damit nicht erst die Einflussnahme selbst, sondern bereits die Gefahr der Einflussnahme; und es gebietet nicht erst wirksame Maßnahmen gegen eine konkret drohende Einflussnahme, sondern wirksame Vorkehrungen gegen jede Möglichkeit der Einflussnahme. Insofern stellt § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG einen abstrakten Gefährdungstatbestand dar; darauf hat das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen. Dies steht im Einklang mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht; hiernach muss die Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich wirksam gesichert sein (vgl. oben C.1.c). Ob das Gesetz darüber hinaus auch dem "bösen Schein" wehren will, wie zwischen den Beteiligten umstritten und von den Vorinstanzen mit unterschiedlichem Ergebnis erörtert worden ist, kann offenbleiben.

42

b) Die Beauftragung der "Konzernjuristen" begründet die Gefahr der Einflussnahme im Interesse eines konzernverbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmens auf die netzzugangsrelevanten Entscheidungen des Schienenwegebetreibers.

43

Juristische Berater und Bevollmächtigte nehmen in dem beschriebenen Sinne Einfluss auf die Entscheidungen ihres Auftraggebers. Das gilt zweifelsfrei für die juristische Beratung; sie zeigt Handlungsalternativen auf und bewertet sie nach ihrer rechtlichen Realisierbarkeit und ihren - auch wirtschaftlichen - Folgen. Es gilt aber auch für die Vertretung des Schienenwegebetreibers im Rechtsverkehr mit Dritten, sei es mit dessen Kunden, sei es mit Behörden und vor Gericht. Schon soweit dabei lediglich bereits getroffene Entscheidungen verteidigt werden, sind Bevollmächtigte regelmäßig auch zu deren Veränderung befugt, etwa im Vergleichswege; die Möglichkeit der Einflussnahme besteht auch dann, wenn der ihrer Vollmacht zugrundeliegende Auftrag eine Disposition über die getroffene Entscheidung nur nach Rücksprache und Zustimmung zulässt. Regelmäßig bereiten rechtliche Vertreter aber auch künftige Entscheidungen vor, sei es, dass sie Verhandlungen für künftige Verträge führen, sei es, dass sie die Entscheidungsfreiheit des Unternehmens gegenüber behördlichen Eingriffen zu wahren suchen. Deshalb lässt sich die Möglichkeit ihrer sachlichen Einflussnahme zeitlich nicht auf die Phase der Entscheidungsvorbereitung beschränken und demzufolge auch nicht dadurch ausschließen, dass eine Mandatierung nur für die Phase der Verteidigung einer getroffenen Entscheidung vorgesehen wird.

44

Wenn solche juristischen Berater und Bevollmächtigten Angestellte eines mit dem Infrastrukturunternehmen verbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmens oder des gemeinsamen Mutterunternehmens sind, begründet dies die Gefahr, dass sie ihre - Einfluss nehmende - Tätigkeit (auch) im Interesse des Eisenbahnverkehrsunternehmens entfalten. Hierfür ist gleichgültig, ob sie innerhalb ihres eigenen Unternehmens von Weisungen ihres Arbeitgebers freigestellt sind, ob mit anderen Worten eine gezielte Einflussnahme des Eisenbahnverkehrsunternehmens oder des Mutterunternehmens vermittels seines Arbeitnehmers auf einzelne Entscheidungen des Infrastrukturunternehmens ausgeschlossen ist; die zwischen den Beteiligten umstrittene und von den Vorinstanzen unterschiedlich beantwortete Frage, ob eine derartige Freistellung von Weisungen gesellschafts- und arbeitsrechtlich überhaupt möglich und ob sie tatsächlich wirksam wäre, bedarf daher keiner Entscheidung. Eine Einflussnahme im Interesse des (verbundenen) Eisenbahnverkehrsunternehmens kann nämlich - auch ohne Weisung - von dem Arbeitnehmer selbst ausgehen, weil die Beförderung der Interessen des Eisenbahnverkehrsunternehmens zugleich in seinem eigenen persönlichen Interesse liegt. Ein "Konzernjurist" ist als Arbeitnehmer persönlich von seinem Arbeitgeber abhängig. Verfolgen der Arbeitgeber und der fremde Auftraggeber unterschiedliche Interessen, wie dies zwischen einem Verkehrsunternehmen und einem Infrastrukturunternehmen vielfach der Fall ist, so gerät der Konzernjurist typischerweise in eine Interessenkollision. Es besteht die naheliegende Gefahr, dass er den Interessen seines Arbeitgebers im Zweifel den Vorzug gibt, schon weil er dort seine bisherige berufliche Laufbahn zurückgelegt hat - beruflich "groß geworden" ist - und seine künftige Laufbahn nicht in Frage stellen will. Auch wenn er also aufgrund unternehmensinterner Regeln sachlichen Weisungen seines Arbeitgebers in den Angelegenheiten des Infrastrukturunternehmens nicht unterliegt, ist doch nicht ausgeschlossen und kann schlechterdings wirksam nicht ausgeschlossen werden, dass der Konzernjurist - bewusst oder nicht - auch in diesen Angelegenheiten die Interessen seines Arbeitgebers zur Geltung bringt.

45

Hiergegen können die Klägerinnen nicht auf das professionelle Selbstverständnis eines juristischen Beraters und seine persönliche Integrität verweisen. Anwaltliches Standesrecht und Berufsethos sind wichtige Grundpfeiler einer Rechtspflege, die allein dem Recht verpflichtet ist. Insofern wirken sie einer interessengeleiteten Rechtsberatung entgegen; sie vermögen sie jedoch nicht sicher auszuschließen und machen deshalb rechtliche Vorkehrungen gegen Interessenkollisionen nicht entbehrlich. Auch die richterliche Unabhängigkeit und das sie tragende richterliche Berufsethos kann Rechtsvorschriften über den Ausschluss und die Ablehnung von Richtern wegen der Besorgnis der Befangenheit nicht erübrigen.

46

c) Die Klägerinnen haben keine unternehmensinternen Regelungen geschaffen, die die beschriebene Gefahr der Einflussnahme seitens der Konzernjuristen auf die netzzugangsrelevanten Entscheidungen der Klägerin zu 1 wirksam unterbinden. Zwar richtet sich § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG an beide miteinander verbundenen Unternehmen und erlaubt und gebietet beiderseitige interne Regelungen, welche die gebotene Unterbindung gegebenenfalls im Zusammenwirken bewerkstelligen. Im vorliegenden Fall aber könnte die Gefahr der Einflussnahme wirksam nur durch eine Regelung der Klägerin zu 1 mit dem Inhalt unterbunden werden, dass die Beauftragung externer - d.h. nicht unternehmensangehöriger - Juristen als ihre rechtlichen Berater oder Vertreter nur in Betracht kommt, wenn diese nicht Arbeitnehmer der Klägerin zu 2 oder eines in deren Konzern verbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmens sind. Eine solche Regelung wäre nicht wegen § 43a, § 46 BRAO überflüssig. Sie fehlt; die Klägerin zu 1 weigert sich, sie zu erlassen.

47

Hiergegen kann nicht eingewendet werden, von dem Schienenwegebetreiber könne eine derartige unternehmensinterne Regelung nach § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG ihrer Art nach nicht verlangt werden. Richtig ist allerdings, dass der Gesetzgeber offenbar vornehmlich an interne Regelungen zur Beschränkung der unternehmensübergreifenden konzerninternen Kommunikation dachte; die Gesetzesbegründung spricht daher von "chinese walls" (BTDrucks 15/3280 S. 16 f.), also von unternehmensinternen Regelungen zur Abschottung des Informationsverkehrs gegenüber anderen konzernverbundenen Unternehmen (vgl. Kühling, Sektorspezifische Regulierung in den Netzwirtschaften, 2004, S. 351 f.; Masing, 66. Deutscher Juristentag, D 116 f.; Gerstner in Hermes/Sellner, AEG-Kommentar, Rn. 37 zu § 9a AEG; Soldner, Liberalisierung des Eisenbahnwesens, 2008, S. 140 ff.). Daraus lässt sich aber nicht schließen, dass der Schienenwegebetreiber eine bestehende Möglichkeit der Einflussnahme nur auf dem Wege von Kommunikationsregeln unterbinden müsste, sie aber, soweit solche untauglich sind, hinnehmen oder gar selbst eröffnen dürfte. Ebensowenig ist der Schienenwegebetreiber auf den Erlass eines diesbezüglichen Verhaltenskodex ("code of conduct") beschränkt, durch den in Ergänzung der Arbeitsverträge die Mitarbeiterpflichten seiner Arbeitnehmer konkretisiert werden, auch wenn arbeitsrechtliche Regelungen selbstverständlich unbenommen sind. Erst recht lässt sich § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG nicht auf das Gebot einer unternehmensinternen Gleichbehandlungsrichtlinie oder eines Gleichbehandlungsprogramms im Sinne des § 8 Abs. 5 EnWG reduzieren. Die Vorschrift verlangt vielmehr den Erlass einer jeglichen unternehmensinternen Regelung, die zur Unterbindung fremder Einflussnahme geeignet ist, auch etwa einer organisatorischen. Es ist deshalb ohne Belang, ob eine unternehmensinterne Regelung, dass Konzernjuristen nicht mit der rechtlichen Beratung oder Vertretung des Schienenwegebetreibers beauftragt werden dürfen, ihrer Art nach eine solche der informationellen oder der organisatorischen Desintegration wäre.

48

4. Findet die angefochtene Untersagungsverfügung damit in § 5a Abs. 1 und 2, § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG eine hinreichende Rechtsgrundlage, so hat das Eisenbahn-Bundesamt auch sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Das hat zwar - von seinem rechtlichen Standpunkt aus folgerichtig - nicht das Berufungsgericht, wohl aber das Verwaltungsgericht geprüft und mit Recht angenommen.

49

a) Die Untersagung ist zur Zweckerreichung geeignet und erforderlich. Wie gezeigt, gebietet § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG dem Infrastrukturunternehmen den Erlass eigener unternehmensinterner Regeln, die seinem Personal die Beauftragung von Juristen, die bei einem konzernverbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmen oder bei dem gemeinsamen Mutterunternehmen beschäftigt sind, als rechtliche Berater und/oder Vertreter untersagen. Weigert sich das Infrastrukturunternehmen, derartige unternehmensinterne Regeln zu erlassen, so kommt für die Eisenbahnaufsichtsbehörde nur in Betracht, die fehlende unternehmensinterne Regel durch eine hoheitliche Regelung zu ersetzen. Dies stellt keine Ersatzvornahme im vollstreckungsrechtlichen Sinne dar, setzt also insbesondere nicht die vorherige Anordnung voraus, die fehlende unternehmensinterne Regelung zu erlassen; die möglichen Aufsichtsmaßnahmen werden durch § 5a Abs. 2 AEG nicht in diesem Sinne beschränkt. Davon unberührt bleibt die Möglichkeit des Eisenbahninfrastrukturunternehmens, durch Erlass der fehlenden unternehmensinternen Regelung - und deren tatsächliche Befolgung - die hoheitliche Aufsichtsmaßnahme zu erübrigen.

50

b) Durch die Untersagung wird die Freiheit der beteiligten Unternehmen, sich als konzernverbundene Aktiengesellschaften zu organisieren, nicht übermäßig eingeschränkt. Auch hier mag offenbleiben, ob das Recht der Klägerinnen zur unternehmerischen Selbstorganisation nicht nur einfach-rechtlich, sondern auch als Grundrecht besteht, obwohl sie unmittelbare oder mittelbare Bundesunternehmen sind. Die Einschränkungen dieses Rechts stehen jedenfalls offensichtlich nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der damit verfolgten öffentlichen Belange.

51

Das Gesetz bezweckt, den Wettbewerb der Eisenbahnverkehrsunternehmen auf dem Eisenbahnnetz herzustellen und zu sichern. Das setzt den freien und gleichen Zugang aller Verkehrsunternehmen zum Netz voraus. Weil der Netzbetreiber ein faktisches Monopol innehat, aber über den Zugang zu seinem Netz entscheidet, muss sichergestellt werden, dass er diese Entscheidungen diskriminierungsfrei trifft. Das wiederum setzt voraus, dass sie von jeglicher Einflussnahme seitens eines der beteiligten Eisenbahnverkehrsunternehmen frei gehalten werden. § 9a AEG dient dazu, die Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers in seinen netzzugangsrelevanten Entscheidungen auch unter den Bedingungen einer Konzernstruktur zu sichern. Das Gesetz verfolgt damit einen Gemeinwohlbelang von erheblichem Gewicht, der zudem durch das europäische Gemeinschaftsrecht vorgegeben ist. Es ist zugleich bemüht, bestehende Konzernstrukturen so weit wie möglich zu schonen; der Gesetzgeber ist nicht so weit gegangen, Konzernverbindungen zwischen dem Netzbetreiber und einzelnen Eisenbahnverkehrsunternehmen gänzlich zu untersagen.

52

Das auf § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG gestützte, an den Schienenwegebetreiber gerichtete Verbot, Konzernjuristen zu beauftragen, führt nicht dazu, dass die Konzernmutter - die Klägerin zu 2 - keine zentrale Rechtsabteilung für alle Konzerntöchter mehr vorhalten könnte. Deren Tätigkeit für die konzernangehörigen Eisenbahnverkehrsunternehmen bleibt unbenommen, ebenso deren Tätigkeit für die konzernangehörigen Infrastrukturunternehmen, soweit es nicht um Angelegenheiten des Netzzugangs und der Wegeentgelte geht. Die Sorge der Klägerinnen, dass damit sämtliche zentralen Dienste ("shared services") der Konzernmutter in Frage gestellt werden, überzeichnet das Gewicht des Eingriffs erheblich; in der Folge der hier untersagten Dienstleistungen der zentralen Rechtsabteilung mögen zwar weitere zentrale Dienste wie etwa zentrale EDV-Abteilungen einer genaueren Überprüfung anhand von § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AEG zu unterziehen sein, doch kann keine Rede davon sein, dass die Grundentscheidung, Konzernverbindungen weiterhin zu akzeptieren, weitgehend oder gar völlig unterlaufen würde. Im Übrigen muss betont werden, dass diese Grundentscheidung ihre Grenze in der auch gemeinschaftsrechtlich gebotenen Sicherung der Unabhängigkeit des Schienenwegebetreibers in seinen netzzugangsrelevanten Entscheidungen findet.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Die vorbereitenden Schriftsätze sollen enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung; die Bezeichnung des Gerichts und des Streitgegenstandes; die Zahl der Anlagen;
1a.
die für eine Übermittlung elektronischer Dokumente erforderlichen Angaben, sofern eine solche möglich ist;
2.
die Anträge, welche die Partei in der Gerichtssitzung zu stellen beabsichtigt;
3.
die Angabe der zur Begründung der Anträge dienenden tatsächlichen Verhältnisse;
4.
die Erklärung über die tatsächlichen Behauptungen des Gegners;
5.
die Bezeichnung der Beweismittel, deren sich die Partei zum Nachweis oder zur Widerlegung tatsächlicher Behauptungen bedienen will, sowie die Erklärung über die von dem Gegner bezeichneten Beweismittel;
6.
die Unterschrift der Person, die den Schriftsatz verantwortet, bei Übermittlung durch einen Telefaxdienst (Telekopie) die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie.

(1) Rechtsbehelfe haben aufschiebende Wirkung, soweit durch die angefochtene Verfügung

1.
eine Verfügung nach § 26 Absatz 4, § 30 Absatz 3, § 31b Absatz 3, § 32 Absatz 2a Satz 1 oder § 34 Absatz 1 getroffen wird oder
2.
eine Erlaubnis nach § 42 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit § 40 Absatz 3a widerrufen oder geändert wird,
oder soweit der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts eine solche Verfügung betrifft.

(2) Wird eine Verfügung, durch die eine einstweilige Anordnung nach § 60 getroffen wurde, angefochten, so kann das Gericht im Rechtsbehelfsverfahren anordnen, dass die Vollziehung der angefochtenen Verfügung ganz oder teilweise ausgesetzt wird. Die Anordnung kann jederzeit aufgehoben oder geändert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 22/12
vom
25. September 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Unterzeichnet ein Rechtsanwalt eine Berufungsschrift mit dem Vermerk "i.A."
("im Auftrag"), ist dies unschädlich, wenn der Unterzeichnende als Sozietätsmitglied
zum Kreis der beim Berufungsgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten
des Berufungsklägers zählt (im Anschluss an BGH, Beschluss
vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, NJW 1993, 2056; Urteil vom 31. März 2003
- II ZR 192/02, NJW 2003, 2028; Beschlüsse vom 19. Juni 2007 - VI ZB
81/05, FamRZ 2007, 1638; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, juris).

b) Die Identität eines Rechtsanwalts, der eine Berufungsschrift mit dem Vermerk
"i.A." unterzeichnet hat, muss im Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist
nicht bereits in solcher Weise eindeutig geklärt sein, dass schon endgültige
Feststellungen zur Identität und zur Postulationsfähigkeit des Unterzeichners
getroffen werden können; maßgeblich ist insoweit der Erkenntnisstand
zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung (im
Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, juris; vom
26. Juli 2012 - III ZB 70/11, DB 2012, 2042).
BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - VIII ZB 22/12 - OLG Stuttgart
LG Heilbronn
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2012 durch
den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Milger, die Richter Dr. Achilles
und Dr. Schneider sowie die Richterin Dr. Fetzer

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 6. März 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: bis 20.000 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen Lieferung eines angeblich fehlerhaften Bodenbelags in Anspruch; die Beklagte verlangt widerklagend die Begleichung ausstehender Kaufpreisforderungen. Das Landgericht hat mit Schlussurteil vom 28. November 2011 die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage zur Zahlung von 3.849,17 € nebst Zinsen verurteilt. Gegen das am 1. Dezember 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch ihre - bereits in erster Instanz für sie tätig gewordenen - Prozessbevollmächtigten mit am 2. Januar 2012 per Telefax beim Oberlandesgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel vor Ab- lauf der bis zum 1. März 2012 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.
2
Die auf dem Briefbogen der Rechtsanwälte D. H. & Kollegen verfasste Berufungsschrift trägt am Ende die maschinenschriftliche Unterzeichnung : "(T. H. ) Rechtsanwalt"
3
Über diesen maschinenschriftlichen Angaben befindet sich handschriftlich die Abkürzung "i. A.", gefolgt von einer teilweise unleserlichen Unterschrift, die nicht von Rechtsanwalt H. stammt. Mit Verfügung vom 17. Januar 2012 hat das Oberlandesgericht mitgeteilt, es beabsichtige die Berufung als unzulässig zu verwerfen, weil die Berufungsschrift - wie das Kürzel "i.A." belege - nur von einem Erklärungsboten unterzeichnet worden sei. Die Klägerin hat daraufhin durch ihre Prozessbevollmächtigten mit am 30. Januar 2012 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz vortragen lassen, die handschriftliche Unterschrift stamme von der auf dem Briefkopf der Anwaltssozietät aufgeführten und ebenfalls mandatierten Rechtsanwältin E. S. . Sie macht geltend, der Zusatz "i.A." sei gemessen an § 130 Nr. 6 ZPO dann unschädlich , wenn - wie hier - eine mandatierte und postulationsfähige Rechtsanwältin die Berufungsschrift unterzeichnet habe. Zum Beleg dieses Vorbringens trägt der Schriftsatz sowohl die Unterschrift von Rechtsanwalt H. als auch die von Rechtsanwältin S. .
4
Das Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 6. März 2012 die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, mit der Verwendung des Zusatzes "i.A." gebe der Unterzeichnende nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zu erkennen, dass er nicht - wie nach § 130 Nr. 6, § 519 Abs. 4 ZPO gefordert - die Verantwortung für den Inhalt der Berufungsschrift übernehme; vielmehr trete er nur als Erklärungsbote auf. So verhalte es sich auch im Streitfall. Zwar sei die Verwendung des Kürzels "i.A." dann unschädlich, wenn der unterzeichnende Rechtsanwalt zum Kreis der beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwälte zähle und unmittelbar in Ausführung des ihm erteilten Mandats tätig werde. Dies setze jedoch voraus, dass entsprechende Feststellungen vor Ablauf der Rechtsmittelfrist getroffen werden könnten. Daran fehle es hier. Die maschinenschriftlichen Angaben seien auf Rechtsanwalt H. bezogen, der den Schriftsatz nicht unterzeichnet habe. Es fehle eine klarstellende Erläuterung, dass der Schriftzug einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin und nicht einer dritten Person - etwa einer Büroangestellten - zuzuordnen sei. Auch den beigefügten beglaubigten Abschriften des Berufungsschriftsatzes ließen sich keine Hinweise auf die Identität des Unterzeichners entnehmen.
5
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

6
Die frist- und formgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gefordert ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die angefochtene Entscheidung verletzt das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfG, NJW-RR 2002, 1004 mwN; Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775 unter II 1; vom 9. Februar 2010 - VIII ZB 67/09, juris Rn. 7; BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086 unter B II 1 d bb; Beschluss vom 14. Februar 2006 - VI ZB 44/05, NJW 2006, 1521 Rn. 5 mwN). Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die nach § 519 Abs. 4, § 130 Nr. 6 ZPO erforderliche Unterschrift eines Rechtsanwalts in einer mit den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen nicht mehr vereinbaren Weise überspannt und dadurch der Klägerin den Zugang zur Rechtsmittelinstanz unzulässig verwehrt.
8
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Berufungsgericht durfte das Rechtsmittel der Klägerin nicht gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO mit der Begründung als unzulässig verwerfen, die Berufungsschrift sei nicht ordnungsgemäß unterzeichnet worden.
9
a) Nach ständiger Rechtsprechung muss die Berufungsschrift als bestimmender Schriftsatz die Unterschrift des für sie verantwortlich Zeichnenden tragen (BGH, Beschlüsse vom 4. Oktober 1984 - VII ZR 342/83, BGHZ 92, 251, 254 ff.; vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07, NJW 2008, 2508 Rn. 9; vom 9. Dezember 2010 - IX ZB 60/10, juris Rn. 4 mwN). Die Unterschrift soll die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die Verantwortung für den Schriftsatz zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (BGH, Beschlüsse vom 22. November 2005 - VI ZB 75/04, VersR 2006, 387 Rn. 5; vom 9. Dezember 2010 - IX ZB 60/10, aaO; vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, juris Rn. 6; vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, juris Rn. 7; jeweils mwN). Für den Anwaltsprozess bedeutet dies, dass die Berufung von einem dazu bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfasst, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein muss (vgl. [jeweils zur Berufungsbegründung] BGH, Urteile vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, NJW 2003, 2028 unter II 1; vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, aaO unter B II 1 a; Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO; jeweils mwN).
10
b) Gemessen an diesen Vorgaben genügt die mit dem Kürzel "i.A." versehene handschriftliche Unterschrift auf der Berufungsschrift vom 2. Januar 2012 entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts den Anforderungen an eine wirksame Unterzeichnung.
11
aa) Dem Berufungsgericht ist zwar darin beizupflichten, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung in den Fällen, in denen der Unterzeichner einer Rechtsmittelschrift seine Unterschrift mit dem Zusatz "i.A." versieht, grundsätzlich nicht von einer dafür erforderlichen Übernahme der Verantwortung des Unterzeichners für den Inhalt der Rechtsmittelschrift ausgeht, weil der Unterzeichnende damit zu erkennen gibt, dass er dem Gericht gegenüber nur als Erklärungsbote auftritt (BGH, Beschlüsse vom 5. November 1987 - V ZR 139/87, NJW 1988, 210; vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, NJW 1993, 2056 unter II 1; Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, aaO unter II 2; Beschlüsse vom 19. Juni 2007 - VI ZB 81/05, FamRZ 2007, 1638 Rn. 4; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, juris Rn. 8; vgl. ferner BAG, DB 1967, 1904).
12
bb) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist allerdings - wovon auch das Berufungsgericht ausgeht - anerkannt, dass eine mit dem Zusatz "i.A." versehene eigenhändige Unterschrift dann den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Unterzeichnung eines Rechtsmittelschriftsatzes genügt, wenn die auf diese Weise erfolgte Unterschrift von einem Rechtsanwalt stammt, der als Mitglied der mandatierten Anwaltssozietät ebenfalls zum Kreis der Prozessbevollmächtigten zählt (BGH, Beschlüsse vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, aaO unter II 2; vom 19. Juni 2007 - VI ZB 81/05, aaO Rn. 5; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, aaO Rn. 9). In einem solchen Fall muss angenommen werden, dass der mit dem Zusatz "i.A." unterzeichnende Rechtsanwalt nicht lediglich in Wahrnehmung des sozietätsinternen Innenverhältnisses zu dem eigentlichen Sachbearbeiter, sondern zumindest auch in Ausführung des ihm selbst erteilten Mandats tätig geworden ist (BGH, Beschlüsse vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, aaO; vom 19. Juni 2007 - VI ZB 81/05, aaO; vom 20. Juni 2012 - IV ZB 18/11, aaO). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
13
Die Unterschrift stammt - was durch den nach Ablauf der Berufungsfrist eingegangenen Schriftsatz vom 24. Januar 2012 belegt und auch vom Berufungsgericht nicht in Zweifel gezogen wird - von der auf dem Briefkopf der Anwaltssozietät D. · H. & Kollegen aufgeführten Rechtsanwältin E. S. , die allgemein zugelassen und damit auch vor dem Berufungsgericht postulationsfähig ist. Die Klägerin hat unwiderlegt mit Schriftsatz vom 24. Januar 2012 vorgetragen, dass sie alle Sozietätsmitglieder - auch die auf dem Briefkopf der Kanzlei als Sozia ausgewiesene Rechtsanwältin S. - mit der Einlegung der Berufung beauftragt hatte.
14
cc) Anders als das Berufungsgericht meint, steht einer wirksamen Einlegung der Berufung nicht entgegen, dass zum Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist dem Berufungsgericht noch nicht positiv bekannt war, dass die mit dem Zusatz "i.A." versehene eigenhändige Unterschrift von einer Rechtsanwältin stammte, die zum Kreis der Prozessbevollmächtigten der Berufungsführerin zählte. Zwar sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung bei der Prü- fung der Frage, ob ein Rechtsmittelschriftsatz von einem postulationsfähigen Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist, nur solche Umstände zu berücksichtigen , die dem Rechtsmittelgericht bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist bekannt geworden sind (BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, aaO unter B II 1 d cc; Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO Rn. 6). Bei Ablauf der Berufungsfrist war für das Berufungsgericht jedoch hinreichend erkennbar, dass die Berufung von Rechtsanwältin S. als Sozietätsmitglied unterzeichnet worden war. Der Senat kann die Prüfung der für das Vorliegen einer ausreichenden Unterschrift erforderlichen Merkmale selbständig und ohne Bindung an die Ausführungen des Berufungsgerichts vornehmen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775 unter II 2 b mwN; vom 9. Februar 2010 - VIII ZB 67/09, juris Rn. 11). Bei Anlegung des gebotenen großzügigen Maßstabs lässt sich die handschriftliche Unterschrift der auf dem Briefkopf der Kanzlei aufgeführten Rechtsanwältin E. S. zuordnen.
15
(1) Zwar lassen sich dem maschinenschriftlichen Zusatz "(T. H.) Rechtsanwalt" noch keine Hinweise darauf entnehmen, dass ein Rechtsanwalt die Berufungsschrift unterzeichnet hat. Denn durch den handschriftlichen Zusatz "i.A." ist klargestellt, dass die handschriftliche Unterschrift nicht von Rechtsanwalt H. stammt, auf den sich die maschinenschriftlichen Ergänzungen beziehen. Zusätzliche Erläuterungen, die klarstellen, dass auch die Unterzeichnerin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist, fehlen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO Rn. 8).
16
(2) Es lässt sich jedoch aus anderen Umständen hinreichend entnehmen , dass die Unterschrift durch eine Sozietätskollegin des sachbearbeitenden Rechtsanwalts erfolgt ist (zur Bedeutung weiterer Umstände vgl. BGH, Beschluss vom 22. November 2005 - VI ZB 75/04, aaO Rn. 7). Anders als in dem vom IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschiedenen Fall (Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO) trägt der Briefkopf der Berufungsschrift nicht nur den Namen eines Rechtsanwalts. Vielmehr sind auf dem Briefkopf insgesamt 17 aktive Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen aufgeführt, darunter auch Rechtsanwältin E. S. . Dass bei einer solchen Kanzlei alle 17 Rechtsanwälte verhindert sein könnten und daher die Kanzleikraft V. den Schriftsatz unterzeichnet haben könnte, ist mehr als fernliegend. Hinzu kommt, dass es sich bei der Berufungsschrift um einen bestimmenden Schriftsatz handelt , der - was zu dem Grundwissen einer Kanzleikraft gehört - zwingend von einem zugelassenen Rechtsanwalt zu unterschreiben ist und nicht - wie dies bei vorbereitenden Schriftsätzen zulässig ist - im Verhinderungsfall vom Büropersonal unterzeichnet werden darf. Außerdem lässt sich - wie die Beschwerdebegründung zutreffend hervorhebt - die handschriftliche Unterschrift trotz ihrer teilweisen Unleserlichkeit zumindest dahin entziffern, dass in ihr zwei Großbuchstaben enthalten sind, von denen der erste einem "E", einem "T" oder einem "G" ähnelt und der zweite ein "S" oder ein "G" darstellt. Durch die Verwendung von zwei Großbuchstaben steht fest, dass es sich um eine Unterzeichnung mit Vor- und Nachnamen handelt. Da der Nachname mit "S" oder "G" beginnt , ist auszuschließen, dass die unter der Rubrik "Sekretariat" aufgeführte Frau V. den Schriftsatz unterzeichnet hat. Weiter ist der Unterschrift zu entnehmen , dass der mit "S" oder "G" beginnende Nachname mehrere Buchstaben aufweist und mit einem "f" oder "t" ausläuft. Der Schriftzug genügt damit den generellen Anforderungen an eine Unterschrift, weil er individuelle und charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005, aaO, unter II 2 a; vom 9. Februar 2010 - VIII ZB 67/09, aaO Rn. 10; jeweils mwN). Weiter zeigt ein Vergleich mit den auf dem Briefkopf aufgeführten Rechtsanwäl- ten und Rechtsanwältinnen, dass sich der Namenszug bei angemessen großzügiger Betrachtung Frau Rechtsanwältin E. S. zuordnen lässt.
17
(3) Dass die Unterschrift bei Ablauf der Berufungsfrist einer auf dem Briefkopf aufgeführten Rechtsanwältin zugeordnet werden konnte, ist ausreichend. Nicht erforderlich ist dagegen, dass zu diesem Zeitpunkt schon Gewissheit über die Urheberschaft bestand. Denn die Identität eines Rechtsanwalts, der die Rechtsmittelschrift unterzeichnet hat, muss im Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist nicht bereits in solcher Weise eindeutig geklärt sein, dass schon endgültige Feststellungen zur Identität und zur Postulationsfähigkeit des Unterzeichners getroffen werden können (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, aaO Rn. 10 ff. zur Unterzeichnung einer Berufungsbegründung in Vertretung eines anderen Rechtsanwalts; vom 26. Juli 2012 - III ZB 70/11, DB 2012, 2042 Rn. 9 f. zur Unterzeichnung mit dem Vermerk "nach Diktat verreist"; vgl. auch Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, aaO Rn. 10). Maßgeblich ist insoweit der Erkenntnisstand zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung oder - bei einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren - der Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Ver- handlung entspricht (BGH, Beschlüsse vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, aaO Rn. 11; vom 26. Juli 2012 - III ZB 70/11, aaO Rn. 10). Ball Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer
Vorinstanzen:
LG Heilbronn, Entscheidung vom 28.11.2011 - 5 O 52/11 Pe -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 06.03.2012 - 19 U 1/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 9/11
vom
26. Oktober 2011
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Richter
Wendt, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski,
Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 26. Oktober 2011

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. März 2011 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.
Gegenstandswert: 100.000 €

Gründe:


1
I. Das Landgericht hat die auf Rückzahlung eines Darlehens über 100.000 € gerichtete Klage abgewiesen. Dagegen hat die Klägerin fristgerecht Berufung eingelegt. Der Berufungsschriftsatz ist unterzeichnet durch den im Briefkopf allein aufgeführten Rechtsanwalt L. L. . Die innerhalb verlängerter Frist eingegangene Berufungsbegründung enthält auf der letzten Seite über dem maschinenschriftlichen Zusatz "Rechtsanwalt" eine nicht leserliche Unterschrift, die augenscheinlich von den Unterschriften abweicht, mit denen Rechtsanwalt L. seine bisherigen Schriftsätze unterschrieben hat.
2
Auf den Hinweis des Berufungsgerichts, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestünden, hat die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 2. März 2011 erklärt, die Berufungsbegründung sei in Untervollmacht durch Frau Rechtsanwältin Y. G. unterzeichnet worden. Rechtsanwalt L. sei wegen einer plötzlichen Erkrankung an einer Unterschrift verhindert gewesen. Ferner hat die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Mit weiterem Schriftsatz vom 9. März 2011 hat die Klägerin zwei eidesstattliche Versicherungen von Rechtsanwalt L. und Rechtsanwältin G. eingereicht. Aus der eidesstattlichen Versicherung von Rechtsanwältin G. ergibt sich, dass sie seit dem 10. Januar 2011 in der Kanzlei L. als Rechtsanwältin angestellt ist und seit Juli 2010 ihre Zulassung besitzt. Wegen der akuten Erkrankung des Kanzleiinhabers habe sie die Berufungsbegründungsschrift mit ihrem Namen unterzeichnet. Hiergegen habe sie keine Bedenken gehabt, weil sie die Berufungsbegründungsschrift im Wesentlichen selbst erstellt habe.
3
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und zugleich die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde der Klägerin.
4
II. Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach § 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig , da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Insbesondere erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht.
5
1. Das Berufungsgericht hat die Berufung zu Recht als unzulässig verworfen, ohne damit Verfahrensgrundrechte der Klägerinzu verletzen.
6
a) Die hier maßgeblichen Rechtsfragen sind höchstrichterlich bereits geklärt. Gemäß § 130 Nr. 6 ZPO i.V.m. § 520 Abs. 5 ZPO muss die Berufungsbegründung von einem zur Vertretung bei dem Berufungsgericht berechtigten Rechtsanwalt eigenhändig unterschrieben sein. Die Unterschrift soll die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen. Zugleich soll sichergestellt werden, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet wird (BGH, Beschluss vom 22. November 2005 - VI ZB 75/04, VersR 2006, 387 Rn. 5; Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, VersR 2006, 427 unter B II 1 a; Beschlüsse vom 15. Juni 2004 - VI ZB 9/04, VersR 2005, 136 unter 1; vom 28. August 2003 - I ZB 1/03, MDR 2004, 349, 350; Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, VersR 2004, 487 unter II 1). Die Berufungsbegründung muss hierbei von einem dazu bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfasst, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein (BGH, Beschlüsse vom 23. Juni 2005 - V ZB 45/04, NJW 2005, 2709 unter III 2 a bb; vom 31. März 2003 aaO). Nur in Ausnahmefällen kann auf eine Unterschrift verzichtet werden, wenn sich aus den sonstigen Umständen zweifelsfrei ergibt, dass der Prozessbevollmächtigte die Verantwortung für den Inhalt der Rechtsmittelschrift übernommen hat (BGH, Beschlüsse vom 22. November 2005 und 15. Juni 2004, jeweils aaO). Zu berücksichtigen sind hierbei nur dem Berufungsgericht spätestens bis zum Ablauf der Beru- fungsbegründungsfrist bekannt gewordene Umstände (BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 aaO unter B II 1 d cc).
7
b) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Es hat auch im konkreten Fall die Anforderungen an eine wirksame Unterschrift nicht in einer Art und Weise überspannt, die das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 17. November 2009 - XI ZB 6/09, NJW-RR 2010, 358 Rn. 13).
8
aa) Für das Berufungsgericht war schon nicht erkennbar, ob die Berufungsbegründung von einem beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist, weil sich dies weder dem Schriftzug unter der Berufungsbegründung noch anderen Umständen entnehmen ließ (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 22. November 2005 aaO Rn. 7). Unter der handschriftlichen Unterschrift findet sich maschinenschriftlich lediglich der Zusatz "Rechtsanwalt", ohne dass durch weitere Erläuterung klargestellt war, um welche Rechtsanwältin oder welchen Rechtsanwalt es sich handeln soll. Die über der Bezeichnung "Rechtsanwalt" befindliche handschriftliche Unterschrift ist nicht geeignet, einen bestimmten Aussteller zu identifizieren. Aus einem Vergleich mit den bisher durch Rechtsanwalt L. unterzeichneten Schriftsätzen wird im Gegenteil deutlich, dass es sich nicht um seine Unterschrift handelt. Eine konkrete Bezugnahme auf einen anderen Rechtsanwalt ist durch die Berufungsbegründung auch sonst nicht möglich, da diese auf der ersten Seite lediglich Rechtsanwalt L. L. ausweist.
9
Aus den verwendeten Diktatzeichen kann - entgegen der Annahme der Beschwerde - ebenfalls nicht geschlossen werden, dass die Berufungsbegründung durch einen dazu berechtigten Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist. Abgesehen davon, dass die Berufungsbegründung kein reines Diktat-, sondern eher ein Aktenzeichen enthält, konnte das Berufungsgericht aus dem Kürzel "00236/10 YG/rp" nicht erkennen, dass sich hinter dem Kürzel "YG" ein postulationsfähiger Rechtsanwalt befindet. Das Berufungsgericht war ohnehin nicht verpflichtet, das hier verwendete Aktenzeichen mit den in früheren Schriftsätzen enthaltenen Aktenzeichen zu vergleichen, um hieraus irgendwelche Schlüsse auf den unterzeichnenden Rechtsanwalt zu ziehen. Hinzu kommt, dass auch in den früheren durch Rechtsanwalt L. unterschriebenen Schriftsätzen keinesfalls durchgängig ein einheitliches Diktat-/Aktenzeichen verwendet wurde (vgl. Berufungsschrift vom 29. November 2010 sowie Fristverlängerungsanträge vom 20. Dezember 2010 und 31. Januar

2011).


10
Soweit die Klägerin geltend macht, Rechtsanwältin G. habe in Untervollmacht für Rechtsanwalt L. gehandelt, lässt sich das dem Schriftsatz und der Unterschrift nicht entnehmen. Der in derartigen Fällen übliche Zusatz "für Rechtsanwalt …" fehlt hier (vgl. zur Unterschriftsleistung durch einen Unterbevollmächtigten BGH, Urteile vom 11. Oktober 2005 - XI ZR 398/04, NJW 2005, 3773 unter II 2 b; vom 31. März 2003 aaO unter II 2). Es kann gerade nicht ausgeschlossen werden, dass die Unterzeichnung durch einen sonstigen Mitarbeiter erfolgt ist. Im Zeitpunkt des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist war es mithin nicht möglich, die Unterschrift konkret einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt zuzuordnen. Erst wenn überhaupt eine Art von Identifizierung der die Unterschrift leistenden Person möglich ist, kann eine Überprüfung der Postulationsfähigkeit des Unterzeichnenden erfolgen. Durch die nachträgliche Vorlage der Untervollmacht, der eidesstattlichen Versicherungen sowie der Zulassungsurkunde von Rechtsanwältin G. kann dieser Mangel nicht mehr beseitigt werden, da es sich um Umstände handelt, die dem Berufungsgericht erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist zur Kenntnis gebracht wurden.
11
bb) Soweit die Rechtsprechung das Fehlen einer Unterschrift bei Vorliegen besonderer Umstände ausnahmsweise als unschädlich angesehen hat, folgt daraus nicht, dass bei der hier von einer Rechtsanwältin unterschriebenen Berufungsbegründung die erforderliche Form erst recht als gewahrt angesehen werden müsse. Die Unterzeichnung ist nur dann als entbehrlich anzusehen, wenn sich aus den sonstigen Umständen zweifelsfrei ergibt, dass der Rechtsanwalt die Verantwortung für den Inhalt eines fristwahrenden Schriftsatzes übernommen hat. Dies ist etwa anzunehmen, wenn der Mangel der Unterschrift in dem als Urschrift der Berufung gedachten Schriftsatz durch die gleichzeitig eingereichte beglaubigte Abschrift dieses Schriftsatzes behoben wird (BGH, Beschluss vom 3. Mai 1957 - VIII ZB 7/57, BGHZ 24, 179, 180). Ebenso liegt es, wenn die nicht unterschriebene Rechtsmittelbegründungsschrift durch den Rechtsanwalt mit einem von ihm unterzeichneten und mit der Rechtsmittelbegründung fest verbundenen Begleitschreiben eingereicht wird (BGH, Beschlüsse vom 20. März 1986 - VII ZB 21/85, BGHZ 97, 251, 254; ferner vom 28. August 2003 aaO für eine per Computerfax eingelegte Beschwerde). Hier stand es dagegen bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist mangels Vorliegens sonstiger Umstände gerade nicht fest, dass die Berufungsbegründung zweifelsfrei durch einen beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet worden war.

12
2. Auch hinsichtlich der Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages ist die Rechtsbeschwerde nicht zulässig, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Namentlich erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht.
13
a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dient in besonderer Weise dazu, die Rechtsschutzgarantie und das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gebieten es, den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (Senatsbeschluss vom 12. Januar 2011 - IV ZB 14/10, juris Rn. 5; BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 227 f.).
14
b) Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht verstoßen.
15
Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ist einer Partei zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann danach nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen die Möglichkeit offen bleibt, dass die Fristversäumung von der Partei bzw. ihrem Prozessbe- vollmächtigten verschuldet war (BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 aaO unter II 2).
16
aa) Für das eigene Verschulden von Rechtsanwalt L. als Prozessbevollmächtigtem der Klägerin kommt es nicht darauf an, ob er am 7. Februar 2011 wegen einer plötzlichen und schmerzhaften Erkrankung nicht mehr in der Lage war, noch irgendwelche Handlungen vorzunehmen. Vielmehr hat ein Rechtsanwalt allgemeine Vorkehrungen dafür zu treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Er muss seinem Personal die notwendigen allgemeinen Anweisungen für einen solchen Fall geben (BGH, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, VersR 2009, 1684 Rn. 9). Hier fehlt es an jedem Vortrag der Klägerin dazu, welche Vorkehrungen ihr Prozessbevollmächtigter für den Fall getroffen hat, dass er unvorhergesehen ausfällt und an der Unterzeichnung eines fristwahrenden Schriftsatzes gehindert ist. Es ist nicht ersichtlich, welche Maßnahmen er getroffen hat, um sicherzustellen, dass fristwahrende Schriftsätze durch Rechtsanwältin G. in einer Weise unterzeichnet werden, die sie als beim Berufungsgericht zugelassene Rechtsanwältin ausweisen.
17
bb) Schließlich muss die Klägerin sich auch das Verschulden von Rechtsanwältin G. zurechnen lassen. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin und der eidesstattlichen Versicherung von Rechtsanwältin G. ist letztere als Unterbevollmächtigte für den Prozessbevollmächtigten der Klägerin tätig geworden. Bedient sich der Prozessbevollmächtigte einer Partei bei der Bearbeitung eines Rechtsstreits eines angestellten Rechtsanwalts, so muss die Partei sich dessen Verschulden wie eigenes zurechnen lassen, wenn ihm der Rechtsstreit von dem Pro- zessbevollmächtigten zur selbständigen Bearbeitung übergeben worden ist (BGH, Beschlüsse vom 9. Juni 2004 - VIII ZR 86/04, VersR 2005, 810, 811; vom 1. April 1992 - XII ZB 21/92, VersR 1992, 1421 unter 1). Denn in diesem Fall gilt der angestellte Rechtsanwalt als Vertreter des Prozessbevollmächtigten und der Partei selbst. Hier hat Rechtsanwältin G. nicht nur untergeordnete Tätigkeiten vorgenommen, sondern den Inhalt der Berufungsbegründung im Wesentlichen selbst erstellt. Sie hat bei der Unterzeichnung der Berufungsbegründung schuldhaft gehandelt , da sie nicht dafür gesorgt hat, dass aus dem Schriftsatz die Unterzeichnung durch eine dazu bevollmächtigte und beim Berufungsgericht zugelassene Rechtsanwältin ersichtlich wird.
Wendt Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 05.08.2010 - 10 O 17519/08 -
OLG München, Entscheidung vom 18.03.2011- 19 U 5126/10 -

(1) An dem Rechtsbehelfsverfahren sind beteiligt:

1.
der Rechtsbehelfsführer,
2.
die Kartellbehörde, deren Verfügung angefochten wird,
3.
Personen und Personenvereinigungen, deren Interessen durch die Entscheidung erheblich berührt werden und die die Kartellbehörde auf ihren Antrag zu dem Verfahren beigeladen hat.

(2) Richtet sich der Rechtsbehelf gegen eine Verfügung einer obersten Landesbehörde oder einen Beschluss des Beschwerdegerichts, der eine solche Verfügung betrifft, ist auch das Bundeskartellamt an dem Verfahren beteiligt.

(3) Fähig, am Rechtsbehelfsverfahren beteiligt zu sein, sind außer natürlichen und juristischen Personen auch nichtrechtsfähige Personenvereinigungen.

§ 60 gilt für Rechtsbehelfsverfahren entsprechend. Dies gilt nicht für die Fälle des § 67. Für den Erlass einstweiliger Anordnungen im Rechtsbehelfsverfahren ist das Gericht der Hauptsache zuständig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 128/04 Verkündet am:
10. Mai 2005
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________

a) Die in Computerschrift erfolgte Wiedergabe des Vor- und Nachnamens des
Prozeßbevollmächtigten unter einer als Computerfax übermittelten Berufungsbegründungsschrift
stellt keine den Anforderungen des § 130 Nr. 6 2. Halbs.
ZPO genügende Wiedergabe der Unterschrift dar.

b) Das Fehlen der Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten unter der Berufungsbegründungsschrift
kann ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen
, eine Beweisaufnahme nicht erfordernden Umständen eine der Unterschrift
vergleichbare Gewähr dafür ergibt, daß der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung
für den Inhalt der Rechtsmittelbegründungsschrift übernommen und
diese willentlich in den Rechtsverkehr gebracht hat. Dabei sind nur spätestens
bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist dem Berufungsgericht bekannt
gewordene Umstände berücksichtigungsfähig.
BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04 - OLG Braunschweig
LG Göttingen
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 26. Februar 2004 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Be rufung sowie darüber , ob den Klägern wegen einer Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 10. April 2003 ganz überwiegend abgewiesen. Das Urteil ist den Prozeßbevollmächtigten der Kläger am 14. April 2003 zugestellt worden. Die Berufung der Kläger ist am 7. Mai 2003 eingegangen, die Berufungsbegründungsfrist bis zum 16. August 2003 verlängert worden. Am 18. August 2003, einem Montag, ist beim Berufungsgericht als Computer-Fax eine Berufungsbegründung eingegangen, die eine eingescannte Unterschrift des Prozeß-
bevollmächtigten der Kläger nicht enthält. Der Schriftsatz schließt auf der letzten Seite mit dem in der gleichen Computerschrift geschriebenen Vor- und Nachnamen des Prozeßbevollmächtigten der Kläger sowie der Bezeichnung "Rechtsanwalt". Am 25. August 2003 ist die Berufungsbegründung per Post nochmals beim Berufungsgericht eingegangen, und zwar mit der handschriftlichen Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten der Kläger.
Auf den gerichtlichen Hinweis vom 28. Oktober 2003 , daß die am 18. August 2003 als Fax eingegangene Berufungsbegründungsschrift nicht unterschrieben sei, haben die Kläger am selben Tage vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die Kläger machen geltend, zur Fristwahrung reiche die Berufungsbegründungsschrift auch ohne eine eingescannte Unterschrift aus. Aus der Begründungsschrift lasse sich auch so die Urheberschaft des Prozeßbevollmächtigten und sein Wille, das Schreiben in den Verkehr zu bringen, entnehmen. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages tragen die Kläger vor, daß ihr Prozeßbevollmächtigter die Berufungsbegründungsschrift als Fax um 18.36 Uhr mit allen 26 Seiten versandt habe, und zwar auf der letzten Seite oberhalb der Wiedergabe seines Namens mit seiner eingescannten Unterschrift.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Berufungsgeri cht den Antrag der Kläger auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Revision der Kläger, die das Berufungsgericht nur beschränkt zugelassen hat.

Entscheidungsgründe:


A.


Die Revision ist insgesamt statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Zwar hat das Berufungsgericht im Urteilstenor und in den Entscheidungsgründen die Revision nur zugelassen, "soweit die Berufung als unzulässig verworfen worden ist". Diese Beschränkung der Zulassung der Revision ist aber unzulässig. Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffes beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (BGHZ 101, 276, 278 f.; 111, 158, 166, st.Rspr.). Unzulässig ist es hingegen, die Zulassung der Revision auf eine bestimmte Rechtsfrage oder ein Entscheidungselement des Urteils zu beschränken (BGHZ 90, 318, 320; 101, aaO; BGH, Urteil vom 26. März 1982 - V ZR 149/81, NJW 1982, 1535 m.w.Nachw.). Da auch die Frage der Zulässigkeit der Berufung ein solches nicht selbständig anfechtbares Urteilselement darstellt, ist die Beschränkung der Zulassung der Revision auf diese Frage unzulässig (BGH, Urteile vom 6. Mai 1987 - IVb ZR 52/86, NJW 1987, 3264 f. und vom 3. Mai 2001 - XII ZR 62/99, NJW 2001, 2259).
Fehlt es danach an einer wirksamen Beschränkung de r Zulassung, so ist allein die Beschränkung, nicht aber die Zulassung unwirksam, die Revision daher unbeschränkt zugelassen (Senatsurteile vom 20. Mai
2003 - XI ZR 248/02, WM 2003, 1370, 1371, vom 23. September 2003 - XI ZR 135/02, WM 2003, 2232, 2233, vom 20. April 2004 - XI ZR 171/03, WM 2004, 1230, 1231 und vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 255/03, WM 2005, 127, 128). Die von den Klägern hinsichtlich der Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist damit gegenstandslos.

B.


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht (NJW 2004, 2024) hat im wesent lichen ausgeführt :
Die Berufung sei unzulässig, weil die Kläger sie i nnerhalb der bis zum 18. August 2003 laufenden Berufungsbegründungsfrist nicht wirksam begründet hätten. Wirksamkeitsvoraussetzung hierfür sei eine eingescannte Unterschrift oder zumindest ein Vermerk, daß eine Unterzeichnung wegen der gewählten Übertragungsform nicht erfolgen könne. Die an ein Oberlandesgericht gerichtete Berufungsbegründung bedürfe nach § 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6, § 78 Abs. 1 ZPO grundsätzlich der Unterschrift eines bei einem Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalts. Das Erfordernis der Unterschrift solle gewährleisten, daß der Schriftsatz tatsächlich vom Prozeßbevollmächtigten herrühre, dieser für
seinen Inhalt die Verantwortung übernehme und daß der Wille, das Schriftstück in den Verkehr zu bringen, hinreichend sicher festgestellt werden könne. Darauf, ob ohne die Unterschrift in einem dieser drei Punkte Zweifel bestünden, komme es nach der bisherigen Rechtsprechung in der ordentlichen Gerichtsbarkeit nicht an.
Bei der Einlegung und Begründung von Berufungen du rch Telefax (Telekopie) sei die Übermittlung des unterschriebenen anwaltlichen Schriftsatzes per Kopie erforderlich; dabei reiche die kopierte Unterschrift aus, sei aber auch notwendig. Hier sei die Berufungsbegründung durch ein sogenanntes Computer-Fax erfolgt. Diese Art der Übermittlung bestimmender Schriftsätze sei durch den Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 anerkannt. Danach sei aber erforderlich, daß die Person des Erklärenden dadurch eindeutig bestimmt werde, daß seine Unterschrift in dem Computer -Fax eingescannt oder darin der Hinweis enthalten sei, daß der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne. Auch ein derartiger Hinweis fehle hier. Über diese großzügige Handhabung könne nicht hinausgegangen und deshalb auf die Unterschrift bzw. ein Unterschriftssurrogat nicht völlig verzichtet werden. Insbesondere reiche der in gleicher Schrift wie im Schriftsatz verwendete darunter gesetzte Name des Prozeßbevollmächtigten nicht aus.
Das Berufungsgericht könne aus Gründen der Rechtss icherheit nicht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgen, nach der sich bei Fehlen einer erforderlichen Unterschrift die Erfüllung der Formerfordernisse nach den Umständen des Einzelfalls bestimme. Würde in vorliegendem Fall auf das Erfordernis einer eingescannten Unter-
schrift oder eines Vermerks, daß wegen der Übermittlung in elektronischer Form das Schriftstück nicht unterschrieben werde, verzichtet, so wäre das Unterschriftserfordernis für das Computer-Fax hinfällig, aber auch bei herkömmlich übermittelten Schriftsätzen kaum mehr zu rechtfertigen.
Der Wiedereinsetzungsantrag sei unbegründet. Es se i nicht glaubhaft gemacht, daß ein Bedienungsfehler des Prozeßbevollmächtigten der Kläger als Ursache für das Fehlen der eingescannten Unterschrift ausscheide.

II.


Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Übe rprüfung im Ergebnis stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Berufung der Kläger als unzulässig verworfen, weil die Berufung innerhalb der Berufungsbegründungsfrist nicht wirksam begründet worden ist (1.). Auch die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist rechtlich nicht zu beanstanden (2.).
1. a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgeri chtshofes und vor ihm schon des Reichsgerichts (RGZ 31, 375, 377; 151, 82, 83; BGHZ 37, 156, 157; 92, 251, 255 f.; 97, 283, 284 f.) muß die Berufungsbegründung als bestimmender Schriftsatz die Unterschrift des für sie verantwortlich Zeichnenden tragen. Die Unterschrift ist grundsätzlich Wirksamkeitserfordernis. Sie soll die Identifizierung des Urhebers der schrift-
lichen Prozeßhandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (BGHZ 37, 156, 157; 75, 340, 349; 97, 283, 285). Das letztgenannte Erfordernis soll sicherstellen , daß es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern daß es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist (BGHZ 75, 340, 349; 144, 160, 162). Für den Anwaltsprozeß bedeutet dies, daß die Berufungsbegründung von einem dazu Bevollmächtigten und bei dem Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfaßt, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein muß (BGHZ 97, 251, 253 f.; BGH, Urteile vom 29. Oktober 1997 - VIII ZR 141/97, NJW-RR 1998, 574 und vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, NJW 2003, 2028).

b) Hat die Rechtsprechung bisher grundsätzlich für bestimmende fristwahrende Schriftsätze zur Sicherstellung dieser prozeßrechtlichen Anforderungen die handschriftliche Unterschriftsleistung des Berechtigten verlangt, so sind doch hiervon vor allem im Hinblick auf den technischen Fortschritt in einem erheblichen Umfang Ausnahmen zugelassen worden. So hat die Rechtsprechung bereits früh die Übermittlung einer Rechtsmittelschrift und anderer bestimmender Schriftsätze durch ein Telegramm oder mittels Fernschreiben für zulässig erachtet (vgl. die Nachweise bei BGHZ 144, 160, 162 ff.). Auch die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax ist in allen Gerichtszweigen uneingeschränkt zulässig (vgl. BGHZ 144, 160, 164 m.w.Nachw.). Für eine - wie hier - durch Computer-Fax übermittelte Berufungsbegründung hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes am 5. April 2000 entschieden (BGHZ 144, 160), daß in Prozessen mit Vertretungszwang be-
stimmende Schriftsätze formwirksam durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift auf ein Faxgerät des Gerichts übermittelt werden können. Zur Begründung hat er ausgeführt (aaO S. 165), der Zweck der Schriftform, die Rechtssicherheit und insbesondere die Verläßlichkeit der Eingabe zu gewährleisten, könne auch im Falle einer derartigen elektronischen Übermittlung gewahrt werden. Entspreche ein bestimmender Schriftsatz inhaltlich den prozessualen Anforderungen , so sei die Person des Erklärenden in der Regel dadurch eindeutig bestimmt, daß seine Unterschrift eingescannt oder der Hinweis angebracht sei, daß der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne.

c) Nach § 130 Nr. 6 1. Halbs. ZPO sollen die vorbe reitenden Schriftsätze die Unterschrift der Person enthalten, die den Schriftsatz verantwortet. Halbs. 2 dieser von der Rechtsprechung für bestimmende Schriftsätze stets als zwingend angesehenen Vorschrift fordert bei Übermittlung durch einen Telefax-Dienst (Telekopie) "die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie". Der Wortlaut des § 130 Nr. 6 ZPO beruht auf der Neufassung durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13. Juli 2001 (BGBl. I S. 1542). Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu diesem Gesetz (BTDrucks. 14/4987, S. 23) ist eine Korrektur der Rechtsprechung zum Unterschriftserfordernis nicht beabsichtigt; dies sei im Hinblick auf die Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 nicht geboten. In der Gegenäußerung der Bundesregierung (BT-Drucks. 14/4987, S. 43 f.) zur Stellungnahme des Bundesrates werden Inhalt und Begründung des Beschlusses des Ge-
meinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 ausführlich wiedergegeben. Wenn der Gesetzgeber dann in der Neufassung des § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO in Kenntnis dieser Rechtsprechung und der technischen Entwicklung für den Fall der Übermittlung eines Schriftsatzes durch ein Telefax ausdrücklich "die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie" verlangt, spricht angesichts des eindeutigen Gesetzestextes sehr viel dafür, daß die vom Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes für den Fall eines ComputerFaxes für zulässig gehaltene Ersetzung der Unterschrift durch den Hinweis , daß der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne, nicht mehr als zulässig angesehen werden kann (so Musielak/Stadler, ZPO 4. Aufl. § 129 Rdn. 11; Stein/Jonas/ Leipold, ZPO 22. Aufl. § 130 Rdn. 49; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht 16. Aufl. § 65 Rdn. 14; Hannich/Meyer-Seitz/Schwartze, ZPO-Reform 2002 § 130 Rdn. 5 (S. 336); Krüger/Bütter MDR 2003, S. 181, 182). Dafür spricht auch, daß die Unterschrift beim ComputerFax ohne nennenswerte Schwierigkeiten eingescannt werden kann, so daß kein überzeugender Grund besteht, darauf entgegen dem Gesetzeswortlaut zu verzichten.
Diese Frage bedarf jedoch vorliegend keiner abschl ießenden Entscheidung. Weder enthält das am Abend des 18. August 2003 übermittelte Computer-Fax einen Hinweis, daß eine Unterschrift wegen der gewählten Übertragungsform nicht möglich sei, noch beabsichtigte der Prozeßbevollmächtigte der Kläger, der Berufungsbegründung einen derartigen Hinweis beizufügen. Vielmehr hat er nach eigenen Angaben versucht , das Computer-Fax mit seiner eingescannten Unterschrift zu übermitteln.

Die Wiedergabe des Vor- und Nachnamens des Prozeßb evollmächtigten der Kläger mit der daruntergesetzten Bezeichnung "Rechtsanwalt" am Ende des Computer-Faxes genügt als solche nicht den Anforderungen des § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO. Diese Bestimmung fordert nach ihrem eindeutigen Wortlaut die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie, also des handschriftlichen Namenszuges. Dem entspricht eine maschinen- oder computerschriftliche "Unterzeichnung" nicht (Stein/ Jonas/Leipold, aaO § 130 Rdn. 48). Sofern der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes diesbezüglich eine andere Auffassung zu entnehmen sein sollte, genügt die Wiedergabe des Namens in Druckbuchstaben jedenfalls nach der Neufassung des § 130 Nr. 6 ZPO nicht mehr (Musielak/Stadler, aaO § 129 Rdn. 11; Dästner NJW 2001, 3469, 3470 Fn. 10; Krüger/Bütter, aaO).

d) aa) Stellt somit die eigenhändige Unterschrift eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine unerläßliche Wirksamkeitsvoraussetzung für fristwahrende bestimmende Schriftsätze im Anwaltsprozeß dar, so sind jedoch auch von diesem Grundsatz Ausnahmen möglich. Das Erfordernis der Schriftlichkeit ist nämlich kein Selbstzweck (vgl. BGHZ 97, 283, 285). Es soll, wie der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes in seiner Entscheidung vom 30. April 1979 (BGHZ 75, 340, 348 f.) dargelegt hat, gewährleisten, daß aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht , hinreichend zuverlässig entnommen werden können; außerdem muß feststehen, daß es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern daß es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist. Deshalb kann das Fehlen einer Unter-
schrift bei Vorliegen besonderer Umstände ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen ergibt, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen.
Das ist - was das Berufungsgericht verkannt hat - nicht nur ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 10, 1, 2; 81, 32, 36 f.; BVerwG NJW 1995, 2121, 2122; 2003, 1544), des Bundessozialgerichts (BSG NJW 1997, 1254, 1255; 2001, 2492, 2493), des Bundesfinanzhofs (BFHE 111, 278, 285; 148, 205, 207 f.; BFH, BFH/NV 2000, 1224) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG NJW 1979, 183), sondern - ungeachtet bestehender Unterschiede der verschiedenen Verfahrensordnungen - grundsätzlich auch des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 24, 179, 180; 37, 156, 160; 97, 251, 254; BGH, Beschluß vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 46/03, BGH-Report 2004, 406). So hat der Bundesgerichthof mit Beschluß vom 3. Mai 1957 (BGHZ 24, 179, 180) entschieden, daß der Mangel der Unterschrift in dem als Urschrift der Berufung gedachten Schriftsatz durch die gleichzeitig eingereichte beglaubigte Abschrift dieses Schriftsatzes behoben wird, auf der der Beglaubigungsvermerk von dem Prozeßbevollmächtigten handschriftlich vollzogen worden ist. In einer anderen Entscheidung (BGHZ 97, 251, 254) hat der Bundesgerichtshof das Fehlen einer Unterschrift auf der Berufungsbegründung für unschädlich erachtet, wenn auch ohne die Unterschrift des Rechtsmittelanwalts aus anderen, eine Beweisaufnahme nicht erfordernden Umständen, zweifelsfrei feststeht, daß der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Rechtsmittelbegründungsschrift übernommen hat, und letzteres in einem Fall bejaht, in dem die Berufungsbegründungsschrift fest mit einem von dem Rechtsanwalt unter-
zeichneten Begleitschreiben verbunden war (vgl. auch BGHZ 37, 156, 160). Und mit Beschluß vom 9. Dezember 2003 (VI ZB 46/03, BGHReport 2004, 406) hat der Bundesgerichtshof für den Fall des Fehlens einer Unterschrift unter einer Berufungsbegründungsschrift entschieden, daß sich zumindest aus den Umständen eindeutig ergeben müsse, daß der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Begründungsschrift übernommen habe. Ob entsprechende Anforderungen bei einem Computer-Fax eines Klägers gegeben sind, das mit dem Satz endet "Dieser Brief wurde maschinell erstellt, wird nicht eigenhändig unterschrieben" (so BSG NJW 1997, 1254 f.), bedarf keiner Entscheidung, da es hier an einem solchen Hinweis fehlt. Eine Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ist deshalb im Hinblick auf die angeblich abweichende Entscheidung des Bundessozialgerichts entgegen der Ansicht der Revision nicht veranlaßt, zumal der hier maßgebliche § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO über die Anforderungen an eine Telekopie erst nach der zitierten Entscheidung des Bundessozialgerichts in die Zivilprozeßordnung eingefügt worden ist.
bb) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes zur ausnahmsweisen Wirksamkeit nicht unterzeichneter Rechtsmittelbegründungsschriften trägt dem Anspruch der Prozeßbeteiligten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip) sowie ihren Rechten aus Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG Rechnung, die es verbieten, den Zugang zur jeweiligen nächsten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. BVerfGE 40, 272, 274 f.; 41, 23, 26; 41, 323, 326 f.; 44, 302, 305 f.; 74, 228, 234; 77, 275, 284; 110, 339, 342). An die Beachtung formeller
Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Rechtsschutzbegehrens dürfen aus diesem Grund keine überspannten Anforderungen gestellt werden (BVerfG NJW 2002, 3534).
cc) Entgegen der Auffassung der Revision ergeben h ier die Umstände im Zusammenhang mit der Übermittlung der Berufungsbegründungsschrift nicht eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft des Prozeßbevollmächtigten der Kläger sowie seinen Willen, für ihren Inhalt die Verantwortung zu übernehmen und sie an das Berufungsgericht zu übermitteln. Die Tatsache, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger bereits rechtzeitig Berufung gegen das landgerichtliche Urteil eingelegt hat, reicht hierfür ebensowenig aus wie der gedruckte Briefkopf auf dem Begründungsschriftsatz; beides bietet keine der Unterschrift vergleichbare Gewähr dafür, daß das Schriftstück von einer beim Berufungsgericht postulationsfähigen Person stammt und mit deren Willen in den Verkehr gebracht worden ist (vgl. BVerwG NJW 2003, 1544). Auch der Umstand, daß nach Fristablauf beim Berufungsgericht ein mit dem Computer-Fax seinem Inhalt und seiner Form nach gleicher und von dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger persönlich unterschriebener Begründungsschriftsatz eingegangen ist, reicht insoweit nicht aus (vgl. BVerwG Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 16), da nur spätestens bei Ablauf der Begründungsfrist bekannt gewordene Umstände berücksichtigungsfähig sind (BVerwG NJW 2003, 1544).
Der am Ende des Computer-Faxes mit dem Zusatz "Rec htsanwalt" wiedergegebene Vor- und Nachname des Prozeßbevollmächtigten der Kläger bietet ebenfalls keine ausreichende Gewähr dafür, daß dieser die Verantwortung für die Berufungsbegründung übernommen und diese wil-
lentlich an das Berufungsgericht übermittelt hat. Rechtsmittelbegründungsschriften müssen nicht von einem am Rechtsmittelgericht zugelassenen Rechtsanwalt gefertigt sein. Sie werden in der Praxis vielfach von Korrespondenzanwälten, wissenschaftlichen Mitarbeitern oder nicht am Rechtsmittelgericht zugelassenen Sozien unterschriftsreif vorbereitet. Dem Umstand, daß unter der für die Unterschrift vorgesehenen Stelle der Name eines Rechtsanwalts vermerkt ist, ist daher nicht ausreichend sicher zu entnehmen, daß der Entwurf von diesem Rechtsanwalt verfaßt worden ist, sondern kann auch bedeuten, daß der tatsächliche Verfasser die eigenverantwortliche Prüfung des Inhalts des bestimmenden Schriftsatzes und seine Unterzeichnung durch den namentlich genannten Rechtsanwalt vorgesehen hat. Ob dieser für den Inhalt des Schriftsatzes bereits die Verantwortung übernommen hat, ist danach in Fällen wie hier völlig offen.
Entgegen der Auffassung der Revision kann auch dem Umstand, daß das Computer-Fax dem Berufungsgericht am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist übermittelt worden ist, nicht mit einer für den Anwaltsprozeß erforderlichen Sicherheit entnommen werden, daß es sich dabei nicht um einen bloßen Entwurf handelte. Allein der Zeitpunkt der Übermittlung eines nicht unterzeichneten bestimmenden Schriftsatzes sagt für sich genommen noch nichts darüber aus, ob er von einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt verantwortet wird. Gerade der drohende Ablauf einer Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist kann einem nicht postulationsfähigen Verfasser der Rechtsmittelbegründung vielmehr Veranlassung geben, zur Fristwahrung einen Schriftsatz zu übermitteln, den der namentlich genannte Rechtsanwalt noch nicht eigenverantwortlich geprüft hat. Daß der Inhalt der als Computer-
Fax übermittelten Berufungsbegründung von dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger verantwortet und von ihm bewußt in den Verkehr gebracht worden ist, läßt sich danach hier mit der erforderlichen Sicherheit nicht feststellen.
2. Auch die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist greift die Revision ohne Erfolg an. Das Berufungsgericht hat einen Fehler am Empfangsgerät des Oberlandesgerichts als fernliegend angesehen und ausgeführt , es komme entweder ein technischer Fehler im Sendegerät oder aber ein vom Prozeßbevollmächtigten der Kläger verschuldeter Bedienungsfehler als Ursache für das Fehlen einer eingescannten Unterschrift in dem Computer-Fax in Betracht. Es sei aber nicht glaubhaft gemacht, daß ein Bedienungsfehler des Prozeßbevollmächtigten als Ursache für das Fehlen der eingescannten Unterschrift ausscheide. Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten ist einer Partei zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann danach nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen die Möglichkeit offenbleibt, daß die Fristversäumung von der Partei bzw. ihrem Prozeßbevollmächtigten verschuldet war (BGH, Beschlüsse vom 26. September 1991 - I ZB 12/91, NJW 1992, 574, 575, vom 18. Oktober 1995 - I ZB 15/95, NJW 1996, 319 und vom 26. Juli 2004 - VIII ZR 10/04, NJW-RR 2005, 143, 145).
Zu Recht hat das Berufungsgericht hier einen Bedie nungsfehler des Prozeßbevollmächtigten der Kläger, der dazu geführt hat, daß das Fax ohne eingescannte Unterschrift übermittelt worden ist, nicht als ausgeschlossen angesehen. Der Prozeßbevollmächtigte einer Partei hat mit der Bedienung technischer Geräte, die er selbst zur Übermittlung bestimmender Schriftsätze einsetzt, soweit vertraut zu sein, daß die Übermittlung in der Form sichergestellt ist, die von § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO vorgeschrieben ist. Daß das Berufungsgericht es als glaubhaft gemacht angesehen hat, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger weder bei der Übermittlung noch später einen Bedienungsfehler bemerkt hat, schließt einen verschuldeten Bedienungsfehler nicht aus. Das Berufungsgericht weist insoweit zu Recht darauf hin, daß Bedienungsfehler am Computer unbemerkt bleiben können. Damit hat das Berufungsgericht die an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts zu stellenden Anforderungen nicht in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise überspannt.

III.


Die Revision der Kläger konnte danach keinen Erfol g haben und war deshalb zurückzuweisen.
Nobbe Richter am Bundes- Joeres gerichtsh of Dr. Müller ist wegen Urlaubs gehindert , seine Unterschrift b eizufügen. Nobbe Wassermann Mayen

(1) Das Gericht entscheidet über die Beschwerde und über die Rechtsbeschwerde aufgrund mündlicher Verhandlung; mit Einverständnis der Beteiligten kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.

(2) Sind die Beteiligten in dem Verhandlungstermin trotz rechtzeitiger Ladung nicht erschienen oder ordnungsgemäß vertreten, so kann gleichwohl in der Sache verhandelt und entschieden werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 642/11
vom
12. September 2012
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Erfährt das Rechtsmittelgericht aus der Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsantrags
, dass die nachgeholte Rechtsmittelschrift mit einer Blankounterschrift
versehen wurde, kann es ohne Hinweis an den Beteiligten regelmäßig nicht davon
ausgehen, der Rechtsanwalt habe den Schriftsatz nicht vollständig geprüft und die
Rechtsmittelschrift sei daher nicht formwirksam.
BGH, Beschluss vom 12. September 2012 - XII ZB 642/11 - OLG Oldenburg
AG Wildeshausen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. September 2012 durch
den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling,
Dr. Günter und Dr. Botur

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des 14. Zivilsenats - 5. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 17. November 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Der Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem am 27. Juni 2011 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts Wildeshausen wird zurückgewiesen. Wert: 6.792 €

Gründe:

I.

1
Der Antragsgegner ist durch Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - verpflichtet worden, an die Antragstellerin Trennungsunterhalt in wechselnder Höhe, ab Mai 2011 in Höhe von monatlich 350 € zu zahlen.
2
Für die Rechtsmittelinstanz hat der Antragsgegner Verfahrenskostenhilfe beantragt, die ihm das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 13. September 2011 bewilligt hat. Der Beschluss ist beim Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners am 22. September 2011 eingegangen, das Empfangsbekenntnis wie auch der Eingangsstempel lauten auf den 24. September 2011. Der Antragsgegner hat sodann durch einen an das Oberlandesgericht gerichteten Schriftsatz vom 22. September 2011 Beschwerde eingelegt und diese sogleich begründet. Bei Eingang des VKH-Beschlusses wie auch bei Abfassung des Schriftsatzes, der beim Oberlandesgericht (erst) am 18. Oktober 2011 eingegangen ist, befand sich der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners auf einer Urlaubsreise. Der Schriftsatz wurde von dessen Bürovorsteherin mit einer für diesen Zweck vorgehaltenen Blankounterschrift des Rechtsanwalts verbunden.
3
Auf Hinweis des Oberlandesgerichts ist die Beschwerdeschrift, wiederum datierend vom 22. September 2011, verbunden mit einem Wiedereinsetzungsantrag an das Amtsgericht versandt worden und dort am 19. Oktober 2011 eingegangen.
4
Der Antragsgegner beruft sich für die begehrte Wiedereinsetzung (in die Beschwerdefrist und die Wiedereinsetzungsfrist) darauf, dass seine zuverlässige Bürovorsteherin die Beschwerdeschrift wohl aus im alten Verfahrensrecht gewonnener Gewohnheit an das Oberlandesgericht statt an das Amtsgericht gesandt habe. Wäre die noch am 22. September 2011 bei der Post aufgegebene Beschwerdeschrift postalisch ordnungsgemäß befördert worden, habe das Oberlandesgericht diese fristwahrend an das Amtsgericht schicken können, so dass etwaige Sorgfaltsverstöße seines Verfahrensbevollmächtigten für die Fristversäumung nicht ursächlich sein könnten.
5
Das Oberlandesgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch sonst zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). In der Sache führt sie zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Oberlandesgericht.
7
1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist die Frist des gemäß § 113 FamFG anwendbaren § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht gewahrt, weil bis zum Fristablauf "am" 6. Oktober 2011 (berechnet aufgrund des Eingangs des Verfahrenskostenhilfe bewilligenden Beschlusses am 22. September 2011) kein Wiedereinsetzungsantrag und keine Beschwerdeschrift beim Amtsgericht eingegangen seien.
8
Wiedereinsetzung in die Wiedereinsetzungsfrist sei nicht zu bewilligen, da insoweit ein mangelndes Verschulden nicht dargelegt und glaubhaft gemacht worden sei. Denn der beim Oberlandesgericht eingegangene Schriftsatz sei nicht ordnungsgemäß unterzeichnet worden. Die Blankounterschrift genüge nicht den gesetzlichen Formvorschriften. Ein mittels einer solchen Unterschrift weisungsgemäß erstellter bestimmender Schriftsatz könne die gesetzlichen Formerfordernisse allenfalls dann erfüllen, wenn der Rechtsanwalt den Inhalt des Schriftsatzes so genau festgelegt habe, dass er dessen eigenverantwortliche Prüfung bestätigen könne. Daran fehle es im vorliegenden Fall, da es sich um einen aufgrund fernmündlicher Anweisungen eigenständig im Büro gefertigten Schriftsatz handele, der in keiner Weise einer eigenen verantwortlichen Prüfung unterzogen worden sei. Dass die erste Seite des Schriftsatzes auch inhaltlich eigenständig von der Bürovorsteherin ausgestaltet worden sei, ergebe sich bereits aus dem eigenen Vortrag des Antragsgegners, nach dem dieser die eigenverantwortliche Einfügung des zuständigen Empfangsgerichts überlassen worden sei. Der Mangel der Unterschrift ergreife den gesamten Schriftsatz, möge dieser auch weitgehend mit der Begründung des Verfahrenskostenhilfeantrags übereinstimmen, und folglich auch die Einlegung der Beschwerde. Die Fristversäumung sei auch nicht unverschuldet, denn der Verfahrensbevollmächtigte , dessen Verschulden dem Antragsgegner zuzurechnen sei, habe für die Zeit seiner Urlaubsabwesenheit einen Vertreter bestellen müssen und die anwaltliche Tätigkeit schon wegen der hohen Fehleranfälligkeit bei Rechtsmitteln in Familiensachen nach vorgeschalteten Verfahrenskostenhilfeverfahren nicht an eine Bürokraft delegieren dürfen.
9
Das Verschulden sei auch ursächlich. Auch bei einer - im Fall der üblichen Postlaufzeit - vom Oberlandesgericht veranlassten Weiterleitung des Schriftsatzes an das Amtsgericht habe der Formmangel bestanden. Für einen Hinweis habe keine Veranlassung bestanden, weil der Formmangel erst aufgrund des Wiedereinsetzungsgesuchs erkennbar gewesen sei. Vor diesem Hintergrund sei auch nicht erkennbar, wie der Verfahrensbevollmächtigte den Mangel innerhalb der am 6. Oktober 2011 abgelaufenen Rechtsmittelfrist geheilt hätte, nachdem er sich erst am 7. Oktober 2011 wieder in seinen Kanzleiräumen eingefunden habe. Vielmehr sei davon auszugehen, dass auch beim Amtsgericht eine mit dem gleichen Formmangel behaftete Beschwerdeschrift eingereicht worden sei.
10
2. Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
11
Das Oberlandesgericht durfte nicht ohne weiteres von einer Formnichtigkeit der eingereichten Beschwerde ausgehen.
12
a) Ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerde allerdings darauf, dass der Verfahrenskostenhilfebeschluss nicht, wie vom Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners durch das Empfangsbekenntnis bescheinigt, bereits am 24. September 2011 (oder sogar früher), sondern erst eine Zeitlang nach dessen Rückkehr, nämlich am 18. Oktober 2011 zugestellt worden sei, als dieser das Empfangsbekenntnis dem Oberlandesgericht per Fax übermittelt habe.
13
Das Empfangsbekenntnis eines Anwalts erbringt, obgleich es lediglich eine Privaturkunde (§ 416 ZPO) darstellt, wie eine Zustellungsurkunde gemäß § 418 ZPO Beweis für die Entgegennahme des bezeichneten Schriftstücks als zugestellt und für den Zeitpunkt dieser Entgegennahme (§ 174 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 ZPO; vgl. BVerfG NJW 2001, 1563, 1564; BGH Beschluss vom 13. Juni 1996 - VII ZB 12/96 - VersR 1997, 86). Zwar ist der Gegenbeweis der Unrichtigkeit eines Empfangsbekenntnisses zulässig. Dafür genügt die bloße Möglichkeit der Unrichtigkeit nicht, vielmehr muss jede Möglichkeit der Richtigkeit der Empfangsbestätigung ausgeschlossen werden (vgl. BGH Beschluss vom 14. Oktober 2008 - VI ZB23/08 NJW 2009, 855 Rn. 8 sowie BGH Urteile vom 24. April 2001 - VI ZR 258/00 - VersR 2001, 1262, 1263 und vom 18. Januar 2006 - VIII ZR 114/05 - NJW 2006, 1206, 1207).
14
Dass das Empfangsbekenntnis ein zu frühes Datum ausweise, hat der Antragsgegner überdies vor dem Oberlandesgericht nicht geltend gemacht. Sein Vortrag, dass er bis Anfang Oktober ortsabwesend gewesen und ihmder Verfahrenskostenhilfe bewilligende Beschluss des Oberlandesgerichts erst einige Zeit nach seiner Rückkehr vorgelegt worden sei, steht einem früheren Empfang nicht entgegen. Der Rechtsanwalt kann vielmehr den Empfang bereits für einen früheren Zeitpunkt bescheinigen, zu dem ihm das Schriftstück etwa telefonisch bekannt gegeben wurde.
15
b) Zu Unrecht hat das Oberlandesgericht indessen auf die Formunwirksamkeit des die Berufungseinlegung und die Berufungsbegründung enthaltenden Schriftsatzes abgestellt. Hierzu hätte es zumindest eines vorherigen Hinweises an den Antragsgegner bedurft, um ihm nach Art. 103 Abs. 1 GG ausreichend rechtliches Gehör zu gewähren.
16
aa) Die Beschwerdeschrift war mit der Unterschrift des Rechtsanwalts versehen und entsprach demnach jedenfalls äußerlich der von § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, § 130 Nr. 6 ZPO vorgeschriebenen Form. Mit dem äußeren Merkmal der Unterschrift ist aus Gründen der Rechtssicherheit auch ohne einen darüber hinausgehenden Nachweis davon auszugehen, dass der Anwalt den Prozessstoff eigenverantwortlich durchgearbeitet hat und die Verantwortung für dessen Inhalt tragen will. Für ein Rechtsmittelgericht besteht deshalb in aller Regel kein Anlass, den Inhalt einer anwaltlich unterschriebenen Berufungsbegründung darauf zu überprüfen, in welchem Umfang und wie gründlich der Anwalt den Prozessstoff tatsächlich selbst durchgearbeitet hat (BGH Beschluss vom 23. Juni 2005 - V ZB 45/04 - NJW 2005, 2709 mwN).
17
Dementsprechend ist auch eine Blankounterschrift grundsätzlich geeignet , die Form zu wahren. Der Bundesgerichtshof hat hierfür allerdings vorausgesetzt , dass der Rechtsanwalt den Inhalt des noch zu erstellenden Schriftsatzes so genau festgelegt hat, dass er dessen eigenverantwortliche Prüfung bestätigen konnte (BGH Beschluss vom 23. Juni 2005 - V ZB 45/04 - NJW 2005, 2709, 2710 sowie Beschluss vom 21. Dezember 2010 - VI ZB 28/10 - FamRZ 2011, 558 Rn. 9). Diese Voraussetzung hat der Bundesgerichtshof verneint, wenn der Rechtsanwalt eine Berufungsbegründung unterschrieben hatte, die von einem Referendar noch zu ändern war, auch wenn die Änderungen vom Rechtsanwalt mit dem Referendar besprochen und stichwortartig fixiert worden waren (BGH Beschluss vom 23. Juni 2005 - V ZB 45/04 - NJW 2005, 2709,

2710).

18
bb) Auch bei einer Blankounterschrift ist aber nicht von vornherein ausgeschlossen , dass der gesamte Inhalt des Schriftsatzes vom unterzeichnenden Rechtsanwalt so genau festgelegt ist, dass dieser den Inhalt des Schriftsatzes eigenverantwortlich geprüft hat. Denn allein die Blankounterschrift spricht noch nicht dafür, dass dem Rechtsanwalt der Inhalt des Schriftsatzes nicht bekannt ist. So kann ein Schriftsatz vom ortsabwesenden Rechtsanwalt telefonisch diktiert und anschließend - etwa anhand der Textdatei oder durch Übersendung per Telefax - überprüft worden sein. Auch kann durch eine telefonisch angeordnete Übernahme des Textes aus einem vorausgegangenen Schriftsatz - wie im vorliegenden Fall der Begründung des Verfahrenskostenhilfeantrags - sichergestellt sein, dass der gesamte Text vom unterzeichneten Rechtsanwalt verantwortet wird.
19
Deshalb kann im Fall einer Blankounterschrift nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Unterschrift des Rechtsanwalts nicht den gesamten Inhalt als dessen eigene Ausarbeitung abdeckt. Vielmehr ist dem Antragsteller zunächst Gelegenheit zum ergänzenden Vortrag zu geben, bevor beurteilt werden kann, ob der Rechtsanwalt den gesamten Inhalt des bestimmenden Schriftsatzes kannte.
20
cc) Im vorliegenden Fall bestand für das Oberlandesgericht ohne weitere Nachfrage kein hinreichender Anlass davon auszugehen, dass der Inhalt der Beschwerdeschrift nicht von der Unterschrift des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners gedeckt war. Vielmehr hat es selbst erwähnt, dass der Schriftsatz (jedenfalls) weitgehend mit der Begründung des Verfahrenskostenhilfeantrags übereinstimmte. Die Rechtsbeschwerde rügt des Weiteren zu Recht, dass das Oberlandesgericht, selbst wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, dem Antragsgegner zumindest Gelegenheit hätte geben müssen, zu der Sachlage ergänzend Stellung zu nehmen. Denn für den Rechtsanwalt war die Formwirksamkeit der Beschwerdeschrift ersichtlich nicht zweifelhaft, zumal die beiden ihm vom Oberlandesgericht erteilten Hinweise andere Fragen betrafen. Ein entsprechender Hinweis war entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts schon deshalb nicht entbehrlich, weil der Antragsgegner nicht lediglich Gelegenheit erhalten sollte, eine versäumte Unterschrift nachzuholen, sondern zuvor auch das Zustandekommen der Beschwerdeschrift und deren inhaltliche Prüfung durch den Rechtsanwalt darzulegen und glaubhaft zu machen.
21
Dass der Verfahrensbevollmächtigte seiner Bürovorsteherin die Adressierung der Beschwerdeschrift überließ und diese den Schriftsatz unzutreffend an das Oberlandesgericht statt an das Amtsgericht adressierte, steht dem nicht entgegen. Denn es kann bereits nicht ausgeschlossen werden, dass der Rechtsanwalt den Schriftsatz vollständig kannte und den Fehler der Adressierung des vorgefertigten Schriftsatzes lediglich nicht bemerkte (vgl. Senatsbeschluss vom 1. Februar 2012 - XII ZB 298/11 - FamRZ 2012, 621 Rn. 11 mwN). Dann würde es sich zwar um ein Anwaltsverschulden handeln, das aber durch die gebotene Weiterleitung des Schriftsatzes an das Amtsgericht für die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist nicht ursächlich geworden wäre.
22
c) Ob auch das (erstmalige) Wiedereinsetzungsgesuch formgerecht ist, ist schließlich nicht entscheidungserheblich. Denn die Wiedereinsetzung kann im Fall der rechtzeitigen Nachholung der versäumten Beschwerdeeinlegung nach § 236 Abs. 2 Halbsatz 2 ZPO auch ohne Antrag gewährt werden. Das gilt für die Wiedereinsetzung sowohl in die Beschwerdefrist wie auch in die Wieder- einsetzungsfrist. Gründe für eine Ablehnung ergeben sich aus dem angefochtenen Beschluss nicht.
23
d) Die angefochtene Entscheidung hat nicht aus anderen Gründen Bestand. Der verspätete Eingang des Schriftsatzes beim Amtsgericht führt noch nicht dazu, dass der Wiedereinsetzungsantrag bereits aus anderen Gründen zurückzuweisen ist. Denn das Oberlandesgericht hat insoweit die vom Antragsgegner dargelegte alsbaldige Absendung und daraus folgende verzögerte Postbeförderung unterstellt, so dass davon auszugehen ist, dass das Oberlandesgericht die Beschwerdeschrift bei regulärer Postbeförderung dem Amtsgericht noch rechtzeitig hätte übermitteln können. Auf die vom Oberlandesgericht vom Empfangsbekenntnis abweichend berechnete Wiedereinsetzungsfrist kommt es schließlich nicht entscheidend an.
24
3. Die vom Antragsgegner beantragte Einstellung der Zwangsvollstreckung ist nicht auszusprechen, weil das Verfahren in der Hauptsache nicht in die Rechtsbeschwerdeinstanz gelangt ist. Eine entsprechende Anwendung der §§ 719, 707 ZPO ist nicht möglich. Insoweit verbleibt es bei der Zuständigkeit des Oberlandesgerichts, bei dem das Beschwerdeverfahren anhängig ist und dessen Entscheidung im Übrigen nicht anfechtbar ist. Dose Klinkhammer Schilling Günter Botur
Vorinstanzen:
AG Wildeshausen, Entscheidung vom 27.06.2011 - 2 F 287/10 UE -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 17.11.2011 - 14 UF 106/11 -

(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.

(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.

(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.

(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über

1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen,
2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung,
3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung,
4.
die Güteverhandlung,
5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses,
6.
das Anerkenntnis,
7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden,
8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
nicht anzuwenden.

(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung

1.
Prozess oder Rechtsstreit die Bezeichnung Verfahren,
2.
Klage die Bezeichnung Antrag,
3.
Kläger die Bezeichnung Antragsteller,
4.
Beklagter die Bezeichnung Antragsgegner,
5.
Partei die Bezeichnung Beteiligter.

Die vorbereitenden Schriftsätze sollen enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung; die Bezeichnung des Gerichts und des Streitgegenstandes; die Zahl der Anlagen;
1a.
die für eine Übermittlung elektronischer Dokumente erforderlichen Angaben, sofern eine solche möglich ist;
2.
die Anträge, welche die Partei in der Gerichtssitzung zu stellen beabsichtigt;
3.
die Angabe der zur Begründung der Anträge dienenden tatsächlichen Verhältnisse;
4.
die Erklärung über die tatsächlichen Behauptungen des Gegners;
5.
die Bezeichnung der Beweismittel, deren sich die Partei zum Nachweis oder zur Widerlegung tatsächlicher Behauptungen bedienen will, sowie die Erklärung über die von dem Gegner bezeichneten Beweismittel;
6.
die Unterschrift der Person, die den Schriftsatz verantwortet, bei Übermittlung durch einen Telefaxdienst (Telekopie) die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 18/11
vom
20. Juni 2012
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 20. Juni 2012

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 9. September 2011 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 15.019,11 €

Gründe:


1
I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Rückzahlung geleisteter Versicherungsprämien für zwei fondsgebundene Lebensversicherungsverträge nach Widerspruchserklärung gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
2
Gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts hat die Klägerin rechtzeitig Berufung eingelegt. Innerhalb der bis zum 12. Mai 2011 verlängerten Berufungsbegründungsfrist ging beim Oberlandesgericht am 26. April 2011 per Telefax und am 27. April 2011 per Post ein als Berufungsbegründung bezeichneter Schriftsatz ein, der handschriftlich mit "i.A. J. U. " unterzeichnet ist. Die Unterschrift stammt von der in der Rechtsanwaltskanzlei der Prozessbevollmächtigten der Klägerin damals angestellten Rechtsanwältin J. U. . Darunter ist maschinenschriftlich vermerkt: "C. S. Rechtsanwalt".
3
Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen, weil die Berufungsbegründung nicht von den beauftragten Prozessbevollmächtigten der Klägerin unterschrieben sei. Zwar sei die Unterzeichnung einer Rechtsmittelschrift durch einen Vertreter zulässig. Dieser müsse jedoch die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernehmen. Dafür reiche eine Unterschrift "i.A." ("im Auftrag") nicht aus, weil der Unterzeichnende zu erkennen gebe, dass er dem Gericht gegenüber nur als Erklärungsbote auftrete. Etwas anderes gelte, wenn aus weiteren Umständen ersichtlich sei, dass der Unterzeichner in Wahrnehmung eines auch ihm erteilten Mandats tätig geworden sei. Dies könne angenommen werden, wenn der Unterzeichner im Briefkopf des Schriftsatzes als Sozietätsmitglied aufgeführt sei. Das sei hier nicht der Fall, weil Rechtsanwältin U. in der Sozietät der Prozessbevollmächtigten der Klägerin angestellt und kein Sozietätsmitglied gewesen sei.
4
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.
5
II. Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach den §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft, jedoch nicht im Übrigen zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Insbesondere erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht. Das Berufungsgericht hat nicht die Verfahrensgrundrechte der Klägerin auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt , indem es ihre Berufung mit der Begründung, die Berufungsbegründungsschrift sei nicht ordnungsgemäß unterschrieben, verworfen hat.
6
1. Die Unterzeichnung der Berufungsbegründung mit "i.A. J. U. " hat das Berufungsgericht zutreffendals unzureichend gewertet.
7
a) Die Berufungsbegründungsschrift muss als bestimmender Schriftsatz im Anwaltsprozess grundsätzlich von einem beim Berufungsgericht postulationsfähigen Rechtsanwalt eigenhändig unterschrieben sein (§§ 130 Nr. 6, 519 Abs. 4 ZPO). Mit diesem Erfordernis soll sichergestellt werden, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist. Insbesondere soll die Unterschrift die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen (Senatsbeschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, juris Rn. 6; BGH, Beschlüsse vom 26. April 2012 - VII ZB 36/10, juris Rn. 7; vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, juris Rn. 7; vom 22. November 2005 - VI ZB 75/04, VersR 2006, 387 Rn. 5; Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, VersR 2006, 427 unter B II 1 a; jeweils m.w.N.).
8
b) Die Unterschriftsleistung ist unter bestimmten Voraussetzungen auch durch einen Vertreter zulässig. Dieser muss jedoch die volle Verantwortung für den Inhalt der Rechtsmittelschrift übernehmen, was er etwa mit einer Unterzeichnung "i.V." oder "für Rechtsanwalt …" zum Ausdruck bringen kann. Die Verwendung des Zusatzes "i.A." ("im Auf- trag") reicht für die Übernahme der Verantwortung in diesem Sinne grundsätzlich nicht aus, weil der Unterzeichnende damit zu erkennen gibt, dass er dem Gericht gegenüber nur als Erklärungsbote auftritt (BGH, Beschluss vom 19. Juni 2007 - VI ZB 81/05, FamRZ 2007, 1638 unter II; Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, VersR 2004, 487 unter II 2; Beschlüsse vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, VersR 1994, 368 unter 1; vom 5. November 1987 - V ZR 139/87, VersR 1988, 497).
9
Die Unterzeichnung einer Rechtsmittelschrift mit dem Zusatz "i.A." ist nur dann unschädlich, wenn der unterzeichnende Rechtsanwalt als Sozietätsmitglied zum Kreis der beim Berufungsgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten des Berufungsklägers zählt und damit unmittelbar in Ausführung des auch ihm selbst erteilten Mandats tätig geworden ist (BGH, Beschlüsse vom 19. Juni 2007 aaO; vom 27. Mai 1993 aaO unter

2).


10
Darauf kann sich die Klägerin - wie das Berufungsgericht richtig ausgeführt hat - nicht stützen. Rechtsanwältin U. war, wie die Klägerin vorträgt und aus dem Briefkopf der Berufungsbegründungsschrift ersichtlich ist, zur Zeit der Unterzeichnung der Berufungsbegründung in der Sozietät der Prozessbevollmächtigten der Klägerin angestellt und kein Sozietätsmitglied. Dieses Anstellungsverhältnis wollte Rechtsanwältin U. , wie sie in ihrer eidesstattlichen Versicherung angegeben hat, durch den Zusatz "i.A." (= "in Anstellung") auch zum Ausdruck bringen.
11
Aus dieser eidesstattlichen Versicherung kann die Klägerin auch im Übrigen nichts zu ihren Gunsten herleiten. Dies folgt schon daraus, dass die Berufungsbegründungsfrist bei Eingang der eidesstattlichen Versicherung am 6. September 2011 längst abgelaufen und eine Heilung des die wirksame Begründung eines Rechtsmittels betreffenden Mangels nach Ablauf der Begründungsfrist nicht mehr möglich war (vgl. BGH, Beschluss vom 5. November 1987 aaO m.w.N.).
12
2. Das Berufungsgericht hat das Recht der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht dadurch verletzt, dass es ihren Vortrag in ihrem Schriftsatz vom 31. August 2011 und die beigefügte eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwältin U. nicht berücksichtigt hat. Es musste nicht, wie die Beschwerde meint, in der Zeit zwischen dem Eingang der Berufungsbegründung und dem Ablauf der bis zum 12. Mai 2011 verlängerten Berufungsbegründungsfrist die Klägerin auf die Bedenken hinsichtlich der Unterschrift hinweisen.
13
Im Interesse der Funktionsfähigkeit der Justiz sind der gerichtlichen Fürsorgepflicht enge Grenzen gesetzt. Nur unter besonderen Umständen kann ein Gericht gehalten sein, einer drohenden Fristversäumnis seitens der Partei entgegenzuwirken. So darf es nicht sehenden Auges zuwarten, bis die Partei Rechtsnachteile erleidet (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2004 - VI ZB 9/04, VersR 2005, 136 unter 2 a m.w.N.). So liegt der Fall hier nicht. Das Berufungsgericht hatte vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist nicht bemerkt, dass die Berufungsbegründung nicht ordnungsgemäß unterzeichnet war, und somit nicht sehenden Auges die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist in Kauf genommen. Indem das Berufungsgericht am 28. April 2011 der Beklagten eine Frist zur Erwiderung auf die Berufungsbegründung gesetzt und die Prozessbevollmächtigten der Parteien darüber informiert hatte, dass am 24. Juni 2011 über die Sache beraten werde, hat es der Klägerin nicht das Vertrauen vermittelt, zumindest die Prozessvoraussetzungen seien in Ordnung.

14
Im Hinblick auf den übrigen Geschäftsanfall ist es nicht zu beanstanden , wenn der Richter erst bei Bearbeitung des Falles und damit nach Ablauf der Fristen die Zulässigkeit der Berufung und dabei auch die Einhaltung der Form überprüft (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2004 aaO). Allerdings gebietet es die gerichtliche Fürsorgepflicht, die Partei auf einen leicht erkennbaren Formmangel - wie das vollständige Fehlen einer zur Fristwahrung erforderlichen Unterschrift - hinzuweisen und ihr gegebenenfalls Gelegenheit zu geben, den Fehler fristgerecht zu beheben (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - VI ZB 37/08, VersR 2009, 699 Rn. 10; BVerfG VersR 2004, 1585). Ein offensichtlicher formaler Mangel war die hier in Rede stehende Unterzeichnung "i.A." nicht, weil sie anders als eine gänzlich fehlende Unterschrift nicht sogleich auffallen musste und zudem weitere Gesichtspunkte - wie die Zugehörigkeit des Unterzeichners zur Sozietät - zu prüfen waren.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Aachen, Entscheidung vom 11.02.2011- 9 O 247/10 -
OLG Köln, Entscheidung vom 09.09.2011 - 20 U 52/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 128/04 Verkündet am:
10. Mai 2005
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________

a) Die in Computerschrift erfolgte Wiedergabe des Vor- und Nachnamens des
Prozeßbevollmächtigten unter einer als Computerfax übermittelten Berufungsbegründungsschrift
stellt keine den Anforderungen des § 130 Nr. 6 2. Halbs.
ZPO genügende Wiedergabe der Unterschrift dar.

b) Das Fehlen der Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten unter der Berufungsbegründungsschrift
kann ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen
, eine Beweisaufnahme nicht erfordernden Umständen eine der Unterschrift
vergleichbare Gewähr dafür ergibt, daß der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung
für den Inhalt der Rechtsmittelbegründungsschrift übernommen und
diese willentlich in den Rechtsverkehr gebracht hat. Dabei sind nur spätestens
bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist dem Berufungsgericht bekannt
gewordene Umstände berücksichtigungsfähig.
BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04 - OLG Braunschweig
LG Göttingen
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 26. Februar 2004 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Be rufung sowie darüber , ob den Klägern wegen einer Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 10. April 2003 ganz überwiegend abgewiesen. Das Urteil ist den Prozeßbevollmächtigten der Kläger am 14. April 2003 zugestellt worden. Die Berufung der Kläger ist am 7. Mai 2003 eingegangen, die Berufungsbegründungsfrist bis zum 16. August 2003 verlängert worden. Am 18. August 2003, einem Montag, ist beim Berufungsgericht als Computer-Fax eine Berufungsbegründung eingegangen, die eine eingescannte Unterschrift des Prozeß-
bevollmächtigten der Kläger nicht enthält. Der Schriftsatz schließt auf der letzten Seite mit dem in der gleichen Computerschrift geschriebenen Vor- und Nachnamen des Prozeßbevollmächtigten der Kläger sowie der Bezeichnung "Rechtsanwalt". Am 25. August 2003 ist die Berufungsbegründung per Post nochmals beim Berufungsgericht eingegangen, und zwar mit der handschriftlichen Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten der Kläger.
Auf den gerichtlichen Hinweis vom 28. Oktober 2003 , daß die am 18. August 2003 als Fax eingegangene Berufungsbegründungsschrift nicht unterschrieben sei, haben die Kläger am selben Tage vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die Kläger machen geltend, zur Fristwahrung reiche die Berufungsbegründungsschrift auch ohne eine eingescannte Unterschrift aus. Aus der Begründungsschrift lasse sich auch so die Urheberschaft des Prozeßbevollmächtigten und sein Wille, das Schreiben in den Verkehr zu bringen, entnehmen. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages tragen die Kläger vor, daß ihr Prozeßbevollmächtigter die Berufungsbegründungsschrift als Fax um 18.36 Uhr mit allen 26 Seiten versandt habe, und zwar auf der letzten Seite oberhalb der Wiedergabe seines Namens mit seiner eingescannten Unterschrift.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Berufungsgeri cht den Antrag der Kläger auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Revision der Kläger, die das Berufungsgericht nur beschränkt zugelassen hat.

Entscheidungsgründe:


A.


Die Revision ist insgesamt statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Zwar hat das Berufungsgericht im Urteilstenor und in den Entscheidungsgründen die Revision nur zugelassen, "soweit die Berufung als unzulässig verworfen worden ist". Diese Beschränkung der Zulassung der Revision ist aber unzulässig. Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffes beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (BGHZ 101, 276, 278 f.; 111, 158, 166, st.Rspr.). Unzulässig ist es hingegen, die Zulassung der Revision auf eine bestimmte Rechtsfrage oder ein Entscheidungselement des Urteils zu beschränken (BGHZ 90, 318, 320; 101, aaO; BGH, Urteil vom 26. März 1982 - V ZR 149/81, NJW 1982, 1535 m.w.Nachw.). Da auch die Frage der Zulässigkeit der Berufung ein solches nicht selbständig anfechtbares Urteilselement darstellt, ist die Beschränkung der Zulassung der Revision auf diese Frage unzulässig (BGH, Urteile vom 6. Mai 1987 - IVb ZR 52/86, NJW 1987, 3264 f. und vom 3. Mai 2001 - XII ZR 62/99, NJW 2001, 2259).
Fehlt es danach an einer wirksamen Beschränkung de r Zulassung, so ist allein die Beschränkung, nicht aber die Zulassung unwirksam, die Revision daher unbeschränkt zugelassen (Senatsurteile vom 20. Mai
2003 - XI ZR 248/02, WM 2003, 1370, 1371, vom 23. September 2003 - XI ZR 135/02, WM 2003, 2232, 2233, vom 20. April 2004 - XI ZR 171/03, WM 2004, 1230, 1231 und vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 255/03, WM 2005, 127, 128). Die von den Klägern hinsichtlich der Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist damit gegenstandslos.

B.


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht (NJW 2004, 2024) hat im wesent lichen ausgeführt :
Die Berufung sei unzulässig, weil die Kläger sie i nnerhalb der bis zum 18. August 2003 laufenden Berufungsbegründungsfrist nicht wirksam begründet hätten. Wirksamkeitsvoraussetzung hierfür sei eine eingescannte Unterschrift oder zumindest ein Vermerk, daß eine Unterzeichnung wegen der gewählten Übertragungsform nicht erfolgen könne. Die an ein Oberlandesgericht gerichtete Berufungsbegründung bedürfe nach § 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6, § 78 Abs. 1 ZPO grundsätzlich der Unterschrift eines bei einem Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalts. Das Erfordernis der Unterschrift solle gewährleisten, daß der Schriftsatz tatsächlich vom Prozeßbevollmächtigten herrühre, dieser für
seinen Inhalt die Verantwortung übernehme und daß der Wille, das Schriftstück in den Verkehr zu bringen, hinreichend sicher festgestellt werden könne. Darauf, ob ohne die Unterschrift in einem dieser drei Punkte Zweifel bestünden, komme es nach der bisherigen Rechtsprechung in der ordentlichen Gerichtsbarkeit nicht an.
Bei der Einlegung und Begründung von Berufungen du rch Telefax (Telekopie) sei die Übermittlung des unterschriebenen anwaltlichen Schriftsatzes per Kopie erforderlich; dabei reiche die kopierte Unterschrift aus, sei aber auch notwendig. Hier sei die Berufungsbegründung durch ein sogenanntes Computer-Fax erfolgt. Diese Art der Übermittlung bestimmender Schriftsätze sei durch den Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 anerkannt. Danach sei aber erforderlich, daß die Person des Erklärenden dadurch eindeutig bestimmt werde, daß seine Unterschrift in dem Computer -Fax eingescannt oder darin der Hinweis enthalten sei, daß der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne. Auch ein derartiger Hinweis fehle hier. Über diese großzügige Handhabung könne nicht hinausgegangen und deshalb auf die Unterschrift bzw. ein Unterschriftssurrogat nicht völlig verzichtet werden. Insbesondere reiche der in gleicher Schrift wie im Schriftsatz verwendete darunter gesetzte Name des Prozeßbevollmächtigten nicht aus.
Das Berufungsgericht könne aus Gründen der Rechtss icherheit nicht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgen, nach der sich bei Fehlen einer erforderlichen Unterschrift die Erfüllung der Formerfordernisse nach den Umständen des Einzelfalls bestimme. Würde in vorliegendem Fall auf das Erfordernis einer eingescannten Unter-
schrift oder eines Vermerks, daß wegen der Übermittlung in elektronischer Form das Schriftstück nicht unterschrieben werde, verzichtet, so wäre das Unterschriftserfordernis für das Computer-Fax hinfällig, aber auch bei herkömmlich übermittelten Schriftsätzen kaum mehr zu rechtfertigen.
Der Wiedereinsetzungsantrag sei unbegründet. Es se i nicht glaubhaft gemacht, daß ein Bedienungsfehler des Prozeßbevollmächtigten der Kläger als Ursache für das Fehlen der eingescannten Unterschrift ausscheide.

II.


Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Übe rprüfung im Ergebnis stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Berufung der Kläger als unzulässig verworfen, weil die Berufung innerhalb der Berufungsbegründungsfrist nicht wirksam begründet worden ist (1.). Auch die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist rechtlich nicht zu beanstanden (2.).
1. a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgeri chtshofes und vor ihm schon des Reichsgerichts (RGZ 31, 375, 377; 151, 82, 83; BGHZ 37, 156, 157; 92, 251, 255 f.; 97, 283, 284 f.) muß die Berufungsbegründung als bestimmender Schriftsatz die Unterschrift des für sie verantwortlich Zeichnenden tragen. Die Unterschrift ist grundsätzlich Wirksamkeitserfordernis. Sie soll die Identifizierung des Urhebers der schrift-
lichen Prozeßhandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (BGHZ 37, 156, 157; 75, 340, 349; 97, 283, 285). Das letztgenannte Erfordernis soll sicherstellen , daß es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern daß es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist (BGHZ 75, 340, 349; 144, 160, 162). Für den Anwaltsprozeß bedeutet dies, daß die Berufungsbegründung von einem dazu Bevollmächtigten und bei dem Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfaßt, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein muß (BGHZ 97, 251, 253 f.; BGH, Urteile vom 29. Oktober 1997 - VIII ZR 141/97, NJW-RR 1998, 574 und vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, NJW 2003, 2028).

b) Hat die Rechtsprechung bisher grundsätzlich für bestimmende fristwahrende Schriftsätze zur Sicherstellung dieser prozeßrechtlichen Anforderungen die handschriftliche Unterschriftsleistung des Berechtigten verlangt, so sind doch hiervon vor allem im Hinblick auf den technischen Fortschritt in einem erheblichen Umfang Ausnahmen zugelassen worden. So hat die Rechtsprechung bereits früh die Übermittlung einer Rechtsmittelschrift und anderer bestimmender Schriftsätze durch ein Telegramm oder mittels Fernschreiben für zulässig erachtet (vgl. die Nachweise bei BGHZ 144, 160, 162 ff.). Auch die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax ist in allen Gerichtszweigen uneingeschränkt zulässig (vgl. BGHZ 144, 160, 164 m.w.Nachw.). Für eine - wie hier - durch Computer-Fax übermittelte Berufungsbegründung hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes am 5. April 2000 entschieden (BGHZ 144, 160), daß in Prozessen mit Vertretungszwang be-
stimmende Schriftsätze formwirksam durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift auf ein Faxgerät des Gerichts übermittelt werden können. Zur Begründung hat er ausgeführt (aaO S. 165), der Zweck der Schriftform, die Rechtssicherheit und insbesondere die Verläßlichkeit der Eingabe zu gewährleisten, könne auch im Falle einer derartigen elektronischen Übermittlung gewahrt werden. Entspreche ein bestimmender Schriftsatz inhaltlich den prozessualen Anforderungen , so sei die Person des Erklärenden in der Regel dadurch eindeutig bestimmt, daß seine Unterschrift eingescannt oder der Hinweis angebracht sei, daß der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne.

c) Nach § 130 Nr. 6 1. Halbs. ZPO sollen die vorbe reitenden Schriftsätze die Unterschrift der Person enthalten, die den Schriftsatz verantwortet. Halbs. 2 dieser von der Rechtsprechung für bestimmende Schriftsätze stets als zwingend angesehenen Vorschrift fordert bei Übermittlung durch einen Telefax-Dienst (Telekopie) "die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie". Der Wortlaut des § 130 Nr. 6 ZPO beruht auf der Neufassung durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13. Juli 2001 (BGBl. I S. 1542). Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu diesem Gesetz (BTDrucks. 14/4987, S. 23) ist eine Korrektur der Rechtsprechung zum Unterschriftserfordernis nicht beabsichtigt; dies sei im Hinblick auf die Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 nicht geboten. In der Gegenäußerung der Bundesregierung (BT-Drucks. 14/4987, S. 43 f.) zur Stellungnahme des Bundesrates werden Inhalt und Begründung des Beschlusses des Ge-
meinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 ausführlich wiedergegeben. Wenn der Gesetzgeber dann in der Neufassung des § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO in Kenntnis dieser Rechtsprechung und der technischen Entwicklung für den Fall der Übermittlung eines Schriftsatzes durch ein Telefax ausdrücklich "die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie" verlangt, spricht angesichts des eindeutigen Gesetzestextes sehr viel dafür, daß die vom Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes für den Fall eines ComputerFaxes für zulässig gehaltene Ersetzung der Unterschrift durch den Hinweis , daß der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne, nicht mehr als zulässig angesehen werden kann (so Musielak/Stadler, ZPO 4. Aufl. § 129 Rdn. 11; Stein/Jonas/ Leipold, ZPO 22. Aufl. § 130 Rdn. 49; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht 16. Aufl. § 65 Rdn. 14; Hannich/Meyer-Seitz/Schwartze, ZPO-Reform 2002 § 130 Rdn. 5 (S. 336); Krüger/Bütter MDR 2003, S. 181, 182). Dafür spricht auch, daß die Unterschrift beim ComputerFax ohne nennenswerte Schwierigkeiten eingescannt werden kann, so daß kein überzeugender Grund besteht, darauf entgegen dem Gesetzeswortlaut zu verzichten.
Diese Frage bedarf jedoch vorliegend keiner abschl ießenden Entscheidung. Weder enthält das am Abend des 18. August 2003 übermittelte Computer-Fax einen Hinweis, daß eine Unterschrift wegen der gewählten Übertragungsform nicht möglich sei, noch beabsichtigte der Prozeßbevollmächtigte der Kläger, der Berufungsbegründung einen derartigen Hinweis beizufügen. Vielmehr hat er nach eigenen Angaben versucht , das Computer-Fax mit seiner eingescannten Unterschrift zu übermitteln.

Die Wiedergabe des Vor- und Nachnamens des Prozeßb evollmächtigten der Kläger mit der daruntergesetzten Bezeichnung "Rechtsanwalt" am Ende des Computer-Faxes genügt als solche nicht den Anforderungen des § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO. Diese Bestimmung fordert nach ihrem eindeutigen Wortlaut die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie, also des handschriftlichen Namenszuges. Dem entspricht eine maschinen- oder computerschriftliche "Unterzeichnung" nicht (Stein/ Jonas/Leipold, aaO § 130 Rdn. 48). Sofern der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes diesbezüglich eine andere Auffassung zu entnehmen sein sollte, genügt die Wiedergabe des Namens in Druckbuchstaben jedenfalls nach der Neufassung des § 130 Nr. 6 ZPO nicht mehr (Musielak/Stadler, aaO § 129 Rdn. 11; Dästner NJW 2001, 3469, 3470 Fn. 10; Krüger/Bütter, aaO).

d) aa) Stellt somit die eigenhändige Unterschrift eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine unerläßliche Wirksamkeitsvoraussetzung für fristwahrende bestimmende Schriftsätze im Anwaltsprozeß dar, so sind jedoch auch von diesem Grundsatz Ausnahmen möglich. Das Erfordernis der Schriftlichkeit ist nämlich kein Selbstzweck (vgl. BGHZ 97, 283, 285). Es soll, wie der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes in seiner Entscheidung vom 30. April 1979 (BGHZ 75, 340, 348 f.) dargelegt hat, gewährleisten, daß aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht , hinreichend zuverlässig entnommen werden können; außerdem muß feststehen, daß es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern daß es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist. Deshalb kann das Fehlen einer Unter-
schrift bei Vorliegen besonderer Umstände ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen ergibt, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen.
Das ist - was das Berufungsgericht verkannt hat - nicht nur ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 10, 1, 2; 81, 32, 36 f.; BVerwG NJW 1995, 2121, 2122; 2003, 1544), des Bundessozialgerichts (BSG NJW 1997, 1254, 1255; 2001, 2492, 2493), des Bundesfinanzhofs (BFHE 111, 278, 285; 148, 205, 207 f.; BFH, BFH/NV 2000, 1224) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG NJW 1979, 183), sondern - ungeachtet bestehender Unterschiede der verschiedenen Verfahrensordnungen - grundsätzlich auch des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 24, 179, 180; 37, 156, 160; 97, 251, 254; BGH, Beschluß vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 46/03, BGH-Report 2004, 406). So hat der Bundesgerichthof mit Beschluß vom 3. Mai 1957 (BGHZ 24, 179, 180) entschieden, daß der Mangel der Unterschrift in dem als Urschrift der Berufung gedachten Schriftsatz durch die gleichzeitig eingereichte beglaubigte Abschrift dieses Schriftsatzes behoben wird, auf der der Beglaubigungsvermerk von dem Prozeßbevollmächtigten handschriftlich vollzogen worden ist. In einer anderen Entscheidung (BGHZ 97, 251, 254) hat der Bundesgerichtshof das Fehlen einer Unterschrift auf der Berufungsbegründung für unschädlich erachtet, wenn auch ohne die Unterschrift des Rechtsmittelanwalts aus anderen, eine Beweisaufnahme nicht erfordernden Umständen, zweifelsfrei feststeht, daß der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Rechtsmittelbegründungsschrift übernommen hat, und letzteres in einem Fall bejaht, in dem die Berufungsbegründungsschrift fest mit einem von dem Rechtsanwalt unter-
zeichneten Begleitschreiben verbunden war (vgl. auch BGHZ 37, 156, 160). Und mit Beschluß vom 9. Dezember 2003 (VI ZB 46/03, BGHReport 2004, 406) hat der Bundesgerichtshof für den Fall des Fehlens einer Unterschrift unter einer Berufungsbegründungsschrift entschieden, daß sich zumindest aus den Umständen eindeutig ergeben müsse, daß der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Begründungsschrift übernommen habe. Ob entsprechende Anforderungen bei einem Computer-Fax eines Klägers gegeben sind, das mit dem Satz endet "Dieser Brief wurde maschinell erstellt, wird nicht eigenhändig unterschrieben" (so BSG NJW 1997, 1254 f.), bedarf keiner Entscheidung, da es hier an einem solchen Hinweis fehlt. Eine Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ist deshalb im Hinblick auf die angeblich abweichende Entscheidung des Bundessozialgerichts entgegen der Ansicht der Revision nicht veranlaßt, zumal der hier maßgebliche § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO über die Anforderungen an eine Telekopie erst nach der zitierten Entscheidung des Bundessozialgerichts in die Zivilprozeßordnung eingefügt worden ist.
bb) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes zur ausnahmsweisen Wirksamkeit nicht unterzeichneter Rechtsmittelbegründungsschriften trägt dem Anspruch der Prozeßbeteiligten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip) sowie ihren Rechten aus Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG Rechnung, die es verbieten, den Zugang zur jeweiligen nächsten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. BVerfGE 40, 272, 274 f.; 41, 23, 26; 41, 323, 326 f.; 44, 302, 305 f.; 74, 228, 234; 77, 275, 284; 110, 339, 342). An die Beachtung formeller
Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Rechtsschutzbegehrens dürfen aus diesem Grund keine überspannten Anforderungen gestellt werden (BVerfG NJW 2002, 3534).
cc) Entgegen der Auffassung der Revision ergeben h ier die Umstände im Zusammenhang mit der Übermittlung der Berufungsbegründungsschrift nicht eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft des Prozeßbevollmächtigten der Kläger sowie seinen Willen, für ihren Inhalt die Verantwortung zu übernehmen und sie an das Berufungsgericht zu übermitteln. Die Tatsache, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger bereits rechtzeitig Berufung gegen das landgerichtliche Urteil eingelegt hat, reicht hierfür ebensowenig aus wie der gedruckte Briefkopf auf dem Begründungsschriftsatz; beides bietet keine der Unterschrift vergleichbare Gewähr dafür, daß das Schriftstück von einer beim Berufungsgericht postulationsfähigen Person stammt und mit deren Willen in den Verkehr gebracht worden ist (vgl. BVerwG NJW 2003, 1544). Auch der Umstand, daß nach Fristablauf beim Berufungsgericht ein mit dem Computer-Fax seinem Inhalt und seiner Form nach gleicher und von dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger persönlich unterschriebener Begründungsschriftsatz eingegangen ist, reicht insoweit nicht aus (vgl. BVerwG Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 16), da nur spätestens bei Ablauf der Begründungsfrist bekannt gewordene Umstände berücksichtigungsfähig sind (BVerwG NJW 2003, 1544).
Der am Ende des Computer-Faxes mit dem Zusatz "Rec htsanwalt" wiedergegebene Vor- und Nachname des Prozeßbevollmächtigten der Kläger bietet ebenfalls keine ausreichende Gewähr dafür, daß dieser die Verantwortung für die Berufungsbegründung übernommen und diese wil-
lentlich an das Berufungsgericht übermittelt hat. Rechtsmittelbegründungsschriften müssen nicht von einem am Rechtsmittelgericht zugelassenen Rechtsanwalt gefertigt sein. Sie werden in der Praxis vielfach von Korrespondenzanwälten, wissenschaftlichen Mitarbeitern oder nicht am Rechtsmittelgericht zugelassenen Sozien unterschriftsreif vorbereitet. Dem Umstand, daß unter der für die Unterschrift vorgesehenen Stelle der Name eines Rechtsanwalts vermerkt ist, ist daher nicht ausreichend sicher zu entnehmen, daß der Entwurf von diesem Rechtsanwalt verfaßt worden ist, sondern kann auch bedeuten, daß der tatsächliche Verfasser die eigenverantwortliche Prüfung des Inhalts des bestimmenden Schriftsatzes und seine Unterzeichnung durch den namentlich genannten Rechtsanwalt vorgesehen hat. Ob dieser für den Inhalt des Schriftsatzes bereits die Verantwortung übernommen hat, ist danach in Fällen wie hier völlig offen.
Entgegen der Auffassung der Revision kann auch dem Umstand, daß das Computer-Fax dem Berufungsgericht am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist übermittelt worden ist, nicht mit einer für den Anwaltsprozeß erforderlichen Sicherheit entnommen werden, daß es sich dabei nicht um einen bloßen Entwurf handelte. Allein der Zeitpunkt der Übermittlung eines nicht unterzeichneten bestimmenden Schriftsatzes sagt für sich genommen noch nichts darüber aus, ob er von einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt verantwortet wird. Gerade der drohende Ablauf einer Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist kann einem nicht postulationsfähigen Verfasser der Rechtsmittelbegründung vielmehr Veranlassung geben, zur Fristwahrung einen Schriftsatz zu übermitteln, den der namentlich genannte Rechtsanwalt noch nicht eigenverantwortlich geprüft hat. Daß der Inhalt der als Computer-
Fax übermittelten Berufungsbegründung von dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger verantwortet und von ihm bewußt in den Verkehr gebracht worden ist, läßt sich danach hier mit der erforderlichen Sicherheit nicht feststellen.
2. Auch die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist greift die Revision ohne Erfolg an. Das Berufungsgericht hat einen Fehler am Empfangsgerät des Oberlandesgerichts als fernliegend angesehen und ausgeführt , es komme entweder ein technischer Fehler im Sendegerät oder aber ein vom Prozeßbevollmächtigten der Kläger verschuldeter Bedienungsfehler als Ursache für das Fehlen einer eingescannten Unterschrift in dem Computer-Fax in Betracht. Es sei aber nicht glaubhaft gemacht, daß ein Bedienungsfehler des Prozeßbevollmächtigten als Ursache für das Fehlen der eingescannten Unterschrift ausscheide. Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten ist einer Partei zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann danach nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen die Möglichkeit offenbleibt, daß die Fristversäumung von der Partei bzw. ihrem Prozeßbevollmächtigten verschuldet war (BGH, Beschlüsse vom 26. September 1991 - I ZB 12/91, NJW 1992, 574, 575, vom 18. Oktober 1995 - I ZB 15/95, NJW 1996, 319 und vom 26. Juli 2004 - VIII ZR 10/04, NJW-RR 2005, 143, 145).
Zu Recht hat das Berufungsgericht hier einen Bedie nungsfehler des Prozeßbevollmächtigten der Kläger, der dazu geführt hat, daß das Fax ohne eingescannte Unterschrift übermittelt worden ist, nicht als ausgeschlossen angesehen. Der Prozeßbevollmächtigte einer Partei hat mit der Bedienung technischer Geräte, die er selbst zur Übermittlung bestimmender Schriftsätze einsetzt, soweit vertraut zu sein, daß die Übermittlung in der Form sichergestellt ist, die von § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO vorgeschrieben ist. Daß das Berufungsgericht es als glaubhaft gemacht angesehen hat, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger weder bei der Übermittlung noch später einen Bedienungsfehler bemerkt hat, schließt einen verschuldeten Bedienungsfehler nicht aus. Das Berufungsgericht weist insoweit zu Recht darauf hin, daß Bedienungsfehler am Computer unbemerkt bleiben können. Damit hat das Berufungsgericht die an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts zu stellenden Anforderungen nicht in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise überspannt.

III.


Die Revision der Kläger konnte danach keinen Erfol g haben und war deshalb zurückzuweisen.
Nobbe Richter am Bundes- Joeres gerichtsh of Dr. Müller ist wegen Urlaubs gehindert , seine Unterschrift b eizufügen. Nobbe Wassermann Mayen

(1) Gegen Verfügungen der Kartellbehörde ist die Beschwerde zulässig. Sie kann auch auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt werden.

(2) Die Beschwerde steht den am Verfahren vor der Kartellbehörde Beteiligten im Sinne des § 54 Absatz 2 und 3 zu. Gegen eine Verfügung, durch die eine Erlaubnis nach § 42 erteilt wird, steht die Beschwerde einem Dritten nur zu, wenn er geltend macht, durch die Verfügung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Die Beschwerde ist auch gegen die Unterlassung einer beantragten Verfügung der Kartellbehörde zulässig, auf deren Vornahme der Antragsteller ein Recht zu haben behauptet. Als Unterlassung gilt es auch, wenn die Kartellbehörde den Antrag auf Vornahme der Verfügung ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht beschieden hat. Die Unterlassung ist dann einer Ablehnung gleichzuachten.

(4) Über die Beschwerde entscheidet das für den Sitz der Kartellbehörde zuständige Oberlandesgericht, in den Fällen der §§ 35 bis 42 das für den Sitz des Bundeskartellamts zuständige Oberlandesgericht, und zwar auch dann, wenn sich die Beschwerde gegen eine Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie richtet. § 36 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 158 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, gilt § 202 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes.

(5) Der Bundesgerichtshof entscheidet als Beschwerdegericht im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten gegen Verfügungen des Bundeskartellamts

1.
nach § 19a, auch in Verbindung mit §§ 19, 20 und Artikel 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union sowie § 32 Absatz 1, 2 und 3,
2.
nach den §§ 32a und 32b, soweit diese Vorschriften auf Sachverhalte im Sinne des § 19a angewendet werden,
jeweils einschließlich aller selbständig anfechtbaren Verfahrenshandlungen.

(1) Rechtsbehelfe haben aufschiebende Wirkung, soweit durch die angefochtene Verfügung

1.
eine Verfügung nach § 26 Absatz 4, § 30 Absatz 3, § 31b Absatz 3, § 32 Absatz 2a Satz 1 oder § 34 Absatz 1 getroffen wird oder
2.
eine Erlaubnis nach § 42 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit § 40 Absatz 3a widerrufen oder geändert wird,
oder soweit der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts eine solche Verfügung betrifft.

(2) Wird eine Verfügung, durch die eine einstweilige Anordnung nach § 60 getroffen wurde, angefochten, so kann das Gericht im Rechtsbehelfsverfahren anordnen, dass die Vollziehung der angefochtenen Verfügung ganz oder teilweise ausgesetzt wird. Die Anordnung kann jederzeit aufgehoben oder geändert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 75/06
vom
16. Januar 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 233 A, 522 Abs. 1
Über einen Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung einer Frist zur Begründung
eines Rechtsmittels ist erst und nur dann zu entscheiden, wenn nicht festgestellt
werden kann, dass die Frist gewahrt ist.
BGH, Beschluss vom 16. Januar 2007 - VIII ZB 75/06 - LG München I
AG München
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Januar 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterin Dr. Milger,
den Richter Dr. Koch und die Richterin Dr. Hessel

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts München I, 14. Zivilkammer, vom 16. Juni 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 1.047,96 €

Gründe:

I.

1
Das Urteil des Amtsgerichts, mit dem die Beklagte verurteilt worden ist, einer Mieterhöhung zuzustimmen, ist dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 31. Januar 2006 zugestellt worden. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am 27. Februar 2006 Berufung eingelegt. Auf den Antrag ihres Prozessbevollmächtigten vom 31. März 2006 hat das Berufungsgericht die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 2. Mai 2006 verlängert. http://www.juris.de/jportal/portal/t/4m5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE061502301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/4m5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE061502301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/4m5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE067803301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/4m5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE067803301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 3 -
2
Mit Schriftsatz vom 7. Juni 2006, der bei dem Berufungsgericht am 8. Juni 2006 eingegangen ist, hat die Beklagte gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Berufungsbegründung - die dem Schriftsatz vom 7. Juni 2006 nochmals angeheftet war - von ihrem Prozessbevollmächtigten am 2. Mai 2006 in den Nachtbriefkasten der Justizbehörden geworfen worden sei. Zur Glaubhaftmachung hat sie eine anwaltliche Versicherung ihres Prozessbevollmächtigten vorgelegt, in der dieser an Eides statt versichert , am 2. Mai 2006 die Berufungsbegründungsschrift angefertigt und dann persönlich gegen 18.00 Uhr in den Nachtbriefkasten der Justizbehörden eingeworfen zu haben.
3
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag und die Berufung der Beklagten durch Beschluss als unzulässig verworfen. Dagegen wendet die Beklagte sich mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.
5
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO auch zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Die Beklagte hat vorgetragen , die Berufungsbegründung sei von ihrem Prozessbevollmächtigten am 2. Mai 2006 - und damit noch rechtzeitig am Tag des Fristablaufs - in den Nachtbriefkasten der Justizbehörden geworfen worden. Nach ihrem Vorbringen hat das Berufungsgericht den fristgerecht eingegangenen Schriftsatz nicht berücksichtigt und sie damit in ihrem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Zur Beseitigung dieser Ge- http://www.juris.de/jportal/portal/t/4m5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE061502301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 4 - hörsverletzung erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (vgl. Senatsbeschluss vom 19. September 2006 - VIII ZB 42/05, juris, unter II 1).
6
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
7
a) Das Berufungsgericht durfte die Berufung der Beklagten nicht ohne weitere Sachaufklärung mit der Begründung nach § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig verwerfen, eine Berufungsbegründung sei erst am 8. Juni 2006 - und damit verspätet - eingereicht worden. Das Berufungsgericht hätte von Amts wegen klären müssen, ob die Behauptung der Beklagten zutrifft, ihr Prozessbevollmächtigter habe die Berufungsbegründungsschrift bereits am 2. Mai 2006 - und somit fristgerecht - in den Nachtbriefkasten der Justizbehörden eingeworfen.
8
Das Berufungsgericht hat nach § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Bei der Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsmittels gilt, auch soweit es um die Rechtzeitigkeit der Begründung des Rechtsmittels geht, der so genannte Freibeweis (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1999 - VI ZB 30/99, NJW 2000, 814, unter II 2 m.w.Nachw.). Danach ist das Gericht weder von einem Beweisantritt der Parteien abhängig noch auf die gesetzlichen Beweismittel beschränkt (Senatsbeschluss vom 30. Januar 1991 - VIII ZB 44/90, VersR 1991, 896, unter II 2 b m.w.Nachw.). Im Rahmen des Freibeweises können deshalb auch eidesstattliche Versicherungen berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 27. Mai 2003 - VI ZB 77/02, NJW 2003, 2460, unter II 2; BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1999, aaO, jeweils m.w.Nachw.).
9
Das Berufungsgericht hätte daher prüfen müssen, ob die von der Beklagten vorgelegte anwaltliche Versicherung ihres Prozessbevollmächtigten, in der dieser an Eides statt versichert, am 2. Mai 2006 die Berufungsbegründungsschrift angefertigt und dann persönlich gegen 18.00 Uhr in den Nachtbriefkasten der Justizbehörden eingeworfen zu haben, hinreichenden Beweis für die entsprechende Behauptung der Beklagten erbringt.
10
Eine eidesstattliche Versicherung reicht allerdings für sich genommen regelmäßig nicht zum Nachweis der Fristwahrung aus (BGH, Beschluss vom 27. Mai 2003, aaO; BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1999, aaO, m.w.Nachw.). Denn die eidesstattliche Versicherung ist lediglich auf Glaubhaftmachung angelegt, für die schon eine überwiegende Wahrscheinlichkeit des behaupteten Geschehensablaufs genügt (Senatsbeschluss vom 30. Januar 1991, aaO, unter II 2 a m.w.Nachw.). Die Rechtzeitigkeit des Eingangs der Berufungsbegründung muss indessen - wie auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsmittels - zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen werden; an die Überzeugungsbildung werden insoweit keine geringeren oder höheren Anforderungen gestellt als sonst (BGH, Beschluss vom 5. Juli 2000 - XII ZB 110/00, NJW-RR 2001, 280; Senatsbeschluss vom 30. Januar 1991, aaO, m.w.Nachw.).
11
Falls das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass die vorgelegte eidesstattliche Versicherung keinen vollen Beweis für die fristgerechte Einreichung der Berufungsbegründung erbringt, hätte es die Parteien hierauf hinweisen (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Januar 1991, aaO, unter II 2 c m.w.Nachw.) und ihnen Gelegenheit geben müssen, Zeugenbeweis anzutreten oder auf andere Beweismittel zurückzugreifen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2003, aaO; BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1999, aaO). Sodann hätte es - auf Antrag der Beklagten oder von Amts wegen - über die behaupte- ten Umstände Beweis erheben müssen (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Januar 1991, aaO). Dabei wäre nach Lage der Dinge vor allem eine Vernehmung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten in Betracht zu ziehen gewesen.
12
b) Den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten durfte das Berufungsgericht gleichfalls nicht verwerfen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Verfahrensstand vor Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist bei verständiger Würdigung nur für den Fall der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gestellt. Über den Wiedereinsetzungsantrag ist daher erst und nur dann zu entscheiden , wenn nicht festgestellt werden kann, dass die Beklagte die Frist zur Begründung der Berufung gewahrt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2003, aaO). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, da noch ungeklärt ist, ob der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Berufungsbegründung noch am 2. Mai 2006 in den Nachtbriefkasten der Justizbehörden eingeworfen hat.
13
c) Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann nach alledem keinen Bestand haben. Da es noch weiterer tatsächlicher Aufklärung bedarf, ist die Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
14
Bei der Prüfung, ob die Beklagte die Berufungsbegründungsfrist gewahrt hat, wird das Berufungsgericht auch das Vorbringen der Rechtsbeschwerde zu würdigen haben, die Geschäftsstelle des Berufungsgerichts habe die dem Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten vom 7. Juni 2006 angeheftete Berufungsbegründung vom 2. Mai 2006, die als Original bei den Akten hätte verbleiben müssen, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt; dies sei als Indiz zu werten, dass die Geschäftsstelle auch die am 2. Mai 2006 in den Nachtbriefkasten eingeworfene Berufungsbegründung nicht ordnungsgemäß zu den Akten genommen habe.
15
Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, die Berufungsbegründungsfrist sei versäumt, wird es hinsichtlich des hilfsweise gestellten Wiedereinsetzungsantrags zu berücksichtigen haben, dass die Wiedereinsetzungsfrist nicht - wie das Berufungsgericht angenommen hat - zwei Wochen, sondern einen Monat beträgt, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten (§ 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Diese Frist war bei Eingang des Wiedereinsetzungsantrags beim Berufungsgericht am 8. Juni 2006 nicht abgelaufen, gleich ob für den Fristbeginn (§ 234 Abs. 2 ZPO) auf den Tag abgestellt wird, an dem das Sekretariat des Beklagtenvertreters (16. Mai 2006) oder an dem der Beklagtenvertreter selbst (23. Mai 2006) Kenntnis von der Fristversäumung erlangte. Ball Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Koch Dr. Hessel
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 19.01.2006 - 413 C 3340/05 -
LG München I, Entscheidung vom 16.06.2006 - 14 S 3895/06 -

(1) Gegen Verfügungen der Kartellbehörde ist die Beschwerde zulässig. Sie kann auch auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt werden.

(2) Die Beschwerde steht den am Verfahren vor der Kartellbehörde Beteiligten im Sinne des § 54 Absatz 2 und 3 zu. Gegen eine Verfügung, durch die eine Erlaubnis nach § 42 erteilt wird, steht die Beschwerde einem Dritten nur zu, wenn er geltend macht, durch die Verfügung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Die Beschwerde ist auch gegen die Unterlassung einer beantragten Verfügung der Kartellbehörde zulässig, auf deren Vornahme der Antragsteller ein Recht zu haben behauptet. Als Unterlassung gilt es auch, wenn die Kartellbehörde den Antrag auf Vornahme der Verfügung ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht beschieden hat. Die Unterlassung ist dann einer Ablehnung gleichzuachten.

(4) Über die Beschwerde entscheidet das für den Sitz der Kartellbehörde zuständige Oberlandesgericht, in den Fällen der §§ 35 bis 42 das für den Sitz des Bundeskartellamts zuständige Oberlandesgericht, und zwar auch dann, wenn sich die Beschwerde gegen eine Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie richtet. § 36 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 158 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, gilt § 202 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes.

(5) Der Bundesgerichtshof entscheidet als Beschwerdegericht im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten gegen Verfügungen des Bundeskartellamts

1.
nach § 19a, auch in Verbindung mit §§ 19, 20 und Artikel 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union sowie § 32 Absatz 1, 2 und 3,
2.
nach den §§ 32a und 32b, soweit diese Vorschriften auf Sachverhalte im Sinne des § 19a angewendet werden,
jeweils einschließlich aller selbständig anfechtbaren Verfahrenshandlungen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 128/04 Verkündet am:
10. Mai 2005
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________

a) Die in Computerschrift erfolgte Wiedergabe des Vor- und Nachnamens des
Prozeßbevollmächtigten unter einer als Computerfax übermittelten Berufungsbegründungsschrift
stellt keine den Anforderungen des § 130 Nr. 6 2. Halbs.
ZPO genügende Wiedergabe der Unterschrift dar.

b) Das Fehlen der Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten unter der Berufungsbegründungsschrift
kann ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen
, eine Beweisaufnahme nicht erfordernden Umständen eine der Unterschrift
vergleichbare Gewähr dafür ergibt, daß der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung
für den Inhalt der Rechtsmittelbegründungsschrift übernommen und
diese willentlich in den Rechtsverkehr gebracht hat. Dabei sind nur spätestens
bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist dem Berufungsgericht bekannt
gewordene Umstände berücksichtigungsfähig.
BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04 - OLG Braunschweig
LG Göttingen
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 26. Februar 2004 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Be rufung sowie darüber , ob den Klägern wegen einer Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 10. April 2003 ganz überwiegend abgewiesen. Das Urteil ist den Prozeßbevollmächtigten der Kläger am 14. April 2003 zugestellt worden. Die Berufung der Kläger ist am 7. Mai 2003 eingegangen, die Berufungsbegründungsfrist bis zum 16. August 2003 verlängert worden. Am 18. August 2003, einem Montag, ist beim Berufungsgericht als Computer-Fax eine Berufungsbegründung eingegangen, die eine eingescannte Unterschrift des Prozeß-
bevollmächtigten der Kläger nicht enthält. Der Schriftsatz schließt auf der letzten Seite mit dem in der gleichen Computerschrift geschriebenen Vor- und Nachnamen des Prozeßbevollmächtigten der Kläger sowie der Bezeichnung "Rechtsanwalt". Am 25. August 2003 ist die Berufungsbegründung per Post nochmals beim Berufungsgericht eingegangen, und zwar mit der handschriftlichen Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten der Kläger.
Auf den gerichtlichen Hinweis vom 28. Oktober 2003 , daß die am 18. August 2003 als Fax eingegangene Berufungsbegründungsschrift nicht unterschrieben sei, haben die Kläger am selben Tage vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die Kläger machen geltend, zur Fristwahrung reiche die Berufungsbegründungsschrift auch ohne eine eingescannte Unterschrift aus. Aus der Begründungsschrift lasse sich auch so die Urheberschaft des Prozeßbevollmächtigten und sein Wille, das Schreiben in den Verkehr zu bringen, entnehmen. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages tragen die Kläger vor, daß ihr Prozeßbevollmächtigter die Berufungsbegründungsschrift als Fax um 18.36 Uhr mit allen 26 Seiten versandt habe, und zwar auf der letzten Seite oberhalb der Wiedergabe seines Namens mit seiner eingescannten Unterschrift.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Berufungsgeri cht den Antrag der Kläger auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Revision der Kläger, die das Berufungsgericht nur beschränkt zugelassen hat.

Entscheidungsgründe:


A.


Die Revision ist insgesamt statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Zwar hat das Berufungsgericht im Urteilstenor und in den Entscheidungsgründen die Revision nur zugelassen, "soweit die Berufung als unzulässig verworfen worden ist". Diese Beschränkung der Zulassung der Revision ist aber unzulässig. Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffes beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (BGHZ 101, 276, 278 f.; 111, 158, 166, st.Rspr.). Unzulässig ist es hingegen, die Zulassung der Revision auf eine bestimmte Rechtsfrage oder ein Entscheidungselement des Urteils zu beschränken (BGHZ 90, 318, 320; 101, aaO; BGH, Urteil vom 26. März 1982 - V ZR 149/81, NJW 1982, 1535 m.w.Nachw.). Da auch die Frage der Zulässigkeit der Berufung ein solches nicht selbständig anfechtbares Urteilselement darstellt, ist die Beschränkung der Zulassung der Revision auf diese Frage unzulässig (BGH, Urteile vom 6. Mai 1987 - IVb ZR 52/86, NJW 1987, 3264 f. und vom 3. Mai 2001 - XII ZR 62/99, NJW 2001, 2259).
Fehlt es danach an einer wirksamen Beschränkung de r Zulassung, so ist allein die Beschränkung, nicht aber die Zulassung unwirksam, die Revision daher unbeschränkt zugelassen (Senatsurteile vom 20. Mai
2003 - XI ZR 248/02, WM 2003, 1370, 1371, vom 23. September 2003 - XI ZR 135/02, WM 2003, 2232, 2233, vom 20. April 2004 - XI ZR 171/03, WM 2004, 1230, 1231 und vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 255/03, WM 2005, 127, 128). Die von den Klägern hinsichtlich der Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist damit gegenstandslos.

B.


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht (NJW 2004, 2024) hat im wesent lichen ausgeführt :
Die Berufung sei unzulässig, weil die Kläger sie i nnerhalb der bis zum 18. August 2003 laufenden Berufungsbegründungsfrist nicht wirksam begründet hätten. Wirksamkeitsvoraussetzung hierfür sei eine eingescannte Unterschrift oder zumindest ein Vermerk, daß eine Unterzeichnung wegen der gewählten Übertragungsform nicht erfolgen könne. Die an ein Oberlandesgericht gerichtete Berufungsbegründung bedürfe nach § 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6, § 78 Abs. 1 ZPO grundsätzlich der Unterschrift eines bei einem Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalts. Das Erfordernis der Unterschrift solle gewährleisten, daß der Schriftsatz tatsächlich vom Prozeßbevollmächtigten herrühre, dieser für
seinen Inhalt die Verantwortung übernehme und daß der Wille, das Schriftstück in den Verkehr zu bringen, hinreichend sicher festgestellt werden könne. Darauf, ob ohne die Unterschrift in einem dieser drei Punkte Zweifel bestünden, komme es nach der bisherigen Rechtsprechung in der ordentlichen Gerichtsbarkeit nicht an.
Bei der Einlegung und Begründung von Berufungen du rch Telefax (Telekopie) sei die Übermittlung des unterschriebenen anwaltlichen Schriftsatzes per Kopie erforderlich; dabei reiche die kopierte Unterschrift aus, sei aber auch notwendig. Hier sei die Berufungsbegründung durch ein sogenanntes Computer-Fax erfolgt. Diese Art der Übermittlung bestimmender Schriftsätze sei durch den Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 anerkannt. Danach sei aber erforderlich, daß die Person des Erklärenden dadurch eindeutig bestimmt werde, daß seine Unterschrift in dem Computer -Fax eingescannt oder darin der Hinweis enthalten sei, daß der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne. Auch ein derartiger Hinweis fehle hier. Über diese großzügige Handhabung könne nicht hinausgegangen und deshalb auf die Unterschrift bzw. ein Unterschriftssurrogat nicht völlig verzichtet werden. Insbesondere reiche der in gleicher Schrift wie im Schriftsatz verwendete darunter gesetzte Name des Prozeßbevollmächtigten nicht aus.
Das Berufungsgericht könne aus Gründen der Rechtss icherheit nicht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgen, nach der sich bei Fehlen einer erforderlichen Unterschrift die Erfüllung der Formerfordernisse nach den Umständen des Einzelfalls bestimme. Würde in vorliegendem Fall auf das Erfordernis einer eingescannten Unter-
schrift oder eines Vermerks, daß wegen der Übermittlung in elektronischer Form das Schriftstück nicht unterschrieben werde, verzichtet, so wäre das Unterschriftserfordernis für das Computer-Fax hinfällig, aber auch bei herkömmlich übermittelten Schriftsätzen kaum mehr zu rechtfertigen.
Der Wiedereinsetzungsantrag sei unbegründet. Es se i nicht glaubhaft gemacht, daß ein Bedienungsfehler des Prozeßbevollmächtigten der Kläger als Ursache für das Fehlen der eingescannten Unterschrift ausscheide.

II.


Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Übe rprüfung im Ergebnis stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Berufung der Kläger als unzulässig verworfen, weil die Berufung innerhalb der Berufungsbegründungsfrist nicht wirksam begründet worden ist (1.). Auch die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist rechtlich nicht zu beanstanden (2.).
1. a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgeri chtshofes und vor ihm schon des Reichsgerichts (RGZ 31, 375, 377; 151, 82, 83; BGHZ 37, 156, 157; 92, 251, 255 f.; 97, 283, 284 f.) muß die Berufungsbegründung als bestimmender Schriftsatz die Unterschrift des für sie verantwortlich Zeichnenden tragen. Die Unterschrift ist grundsätzlich Wirksamkeitserfordernis. Sie soll die Identifizierung des Urhebers der schrift-
lichen Prozeßhandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (BGHZ 37, 156, 157; 75, 340, 349; 97, 283, 285). Das letztgenannte Erfordernis soll sicherstellen , daß es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern daß es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist (BGHZ 75, 340, 349; 144, 160, 162). Für den Anwaltsprozeß bedeutet dies, daß die Berufungsbegründung von einem dazu Bevollmächtigten und bei dem Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfaßt, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein muß (BGHZ 97, 251, 253 f.; BGH, Urteile vom 29. Oktober 1997 - VIII ZR 141/97, NJW-RR 1998, 574 und vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, NJW 2003, 2028).

b) Hat die Rechtsprechung bisher grundsätzlich für bestimmende fristwahrende Schriftsätze zur Sicherstellung dieser prozeßrechtlichen Anforderungen die handschriftliche Unterschriftsleistung des Berechtigten verlangt, so sind doch hiervon vor allem im Hinblick auf den technischen Fortschritt in einem erheblichen Umfang Ausnahmen zugelassen worden. So hat die Rechtsprechung bereits früh die Übermittlung einer Rechtsmittelschrift und anderer bestimmender Schriftsätze durch ein Telegramm oder mittels Fernschreiben für zulässig erachtet (vgl. die Nachweise bei BGHZ 144, 160, 162 ff.). Auch die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax ist in allen Gerichtszweigen uneingeschränkt zulässig (vgl. BGHZ 144, 160, 164 m.w.Nachw.). Für eine - wie hier - durch Computer-Fax übermittelte Berufungsbegründung hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes am 5. April 2000 entschieden (BGHZ 144, 160), daß in Prozessen mit Vertretungszwang be-
stimmende Schriftsätze formwirksam durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift auf ein Faxgerät des Gerichts übermittelt werden können. Zur Begründung hat er ausgeführt (aaO S. 165), der Zweck der Schriftform, die Rechtssicherheit und insbesondere die Verläßlichkeit der Eingabe zu gewährleisten, könne auch im Falle einer derartigen elektronischen Übermittlung gewahrt werden. Entspreche ein bestimmender Schriftsatz inhaltlich den prozessualen Anforderungen , so sei die Person des Erklärenden in der Regel dadurch eindeutig bestimmt, daß seine Unterschrift eingescannt oder der Hinweis angebracht sei, daß der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne.

c) Nach § 130 Nr. 6 1. Halbs. ZPO sollen die vorbe reitenden Schriftsätze die Unterschrift der Person enthalten, die den Schriftsatz verantwortet. Halbs. 2 dieser von der Rechtsprechung für bestimmende Schriftsätze stets als zwingend angesehenen Vorschrift fordert bei Übermittlung durch einen Telefax-Dienst (Telekopie) "die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie". Der Wortlaut des § 130 Nr. 6 ZPO beruht auf der Neufassung durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13. Juli 2001 (BGBl. I S. 1542). Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu diesem Gesetz (BTDrucks. 14/4987, S. 23) ist eine Korrektur der Rechtsprechung zum Unterschriftserfordernis nicht beabsichtigt; dies sei im Hinblick auf die Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 nicht geboten. In der Gegenäußerung der Bundesregierung (BT-Drucks. 14/4987, S. 43 f.) zur Stellungnahme des Bundesrates werden Inhalt und Begründung des Beschlusses des Ge-
meinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 ausführlich wiedergegeben. Wenn der Gesetzgeber dann in der Neufassung des § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO in Kenntnis dieser Rechtsprechung und der technischen Entwicklung für den Fall der Übermittlung eines Schriftsatzes durch ein Telefax ausdrücklich "die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie" verlangt, spricht angesichts des eindeutigen Gesetzestextes sehr viel dafür, daß die vom Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes für den Fall eines ComputerFaxes für zulässig gehaltene Ersetzung der Unterschrift durch den Hinweis , daß der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne, nicht mehr als zulässig angesehen werden kann (so Musielak/Stadler, ZPO 4. Aufl. § 129 Rdn. 11; Stein/Jonas/ Leipold, ZPO 22. Aufl. § 130 Rdn. 49; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht 16. Aufl. § 65 Rdn. 14; Hannich/Meyer-Seitz/Schwartze, ZPO-Reform 2002 § 130 Rdn. 5 (S. 336); Krüger/Bütter MDR 2003, S. 181, 182). Dafür spricht auch, daß die Unterschrift beim ComputerFax ohne nennenswerte Schwierigkeiten eingescannt werden kann, so daß kein überzeugender Grund besteht, darauf entgegen dem Gesetzeswortlaut zu verzichten.
Diese Frage bedarf jedoch vorliegend keiner abschl ießenden Entscheidung. Weder enthält das am Abend des 18. August 2003 übermittelte Computer-Fax einen Hinweis, daß eine Unterschrift wegen der gewählten Übertragungsform nicht möglich sei, noch beabsichtigte der Prozeßbevollmächtigte der Kläger, der Berufungsbegründung einen derartigen Hinweis beizufügen. Vielmehr hat er nach eigenen Angaben versucht , das Computer-Fax mit seiner eingescannten Unterschrift zu übermitteln.

Die Wiedergabe des Vor- und Nachnamens des Prozeßb evollmächtigten der Kläger mit der daruntergesetzten Bezeichnung "Rechtsanwalt" am Ende des Computer-Faxes genügt als solche nicht den Anforderungen des § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO. Diese Bestimmung fordert nach ihrem eindeutigen Wortlaut die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie, also des handschriftlichen Namenszuges. Dem entspricht eine maschinen- oder computerschriftliche "Unterzeichnung" nicht (Stein/ Jonas/Leipold, aaO § 130 Rdn. 48). Sofern der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes diesbezüglich eine andere Auffassung zu entnehmen sein sollte, genügt die Wiedergabe des Namens in Druckbuchstaben jedenfalls nach der Neufassung des § 130 Nr. 6 ZPO nicht mehr (Musielak/Stadler, aaO § 129 Rdn. 11; Dästner NJW 2001, 3469, 3470 Fn. 10; Krüger/Bütter, aaO).

d) aa) Stellt somit die eigenhändige Unterschrift eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine unerläßliche Wirksamkeitsvoraussetzung für fristwahrende bestimmende Schriftsätze im Anwaltsprozeß dar, so sind jedoch auch von diesem Grundsatz Ausnahmen möglich. Das Erfordernis der Schriftlichkeit ist nämlich kein Selbstzweck (vgl. BGHZ 97, 283, 285). Es soll, wie der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes in seiner Entscheidung vom 30. April 1979 (BGHZ 75, 340, 348 f.) dargelegt hat, gewährleisten, daß aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht , hinreichend zuverlässig entnommen werden können; außerdem muß feststehen, daß es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern daß es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist. Deshalb kann das Fehlen einer Unter-
schrift bei Vorliegen besonderer Umstände ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen ergibt, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen.
Das ist - was das Berufungsgericht verkannt hat - nicht nur ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 10, 1, 2; 81, 32, 36 f.; BVerwG NJW 1995, 2121, 2122; 2003, 1544), des Bundessozialgerichts (BSG NJW 1997, 1254, 1255; 2001, 2492, 2493), des Bundesfinanzhofs (BFHE 111, 278, 285; 148, 205, 207 f.; BFH, BFH/NV 2000, 1224) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG NJW 1979, 183), sondern - ungeachtet bestehender Unterschiede der verschiedenen Verfahrensordnungen - grundsätzlich auch des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 24, 179, 180; 37, 156, 160; 97, 251, 254; BGH, Beschluß vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 46/03, BGH-Report 2004, 406). So hat der Bundesgerichthof mit Beschluß vom 3. Mai 1957 (BGHZ 24, 179, 180) entschieden, daß der Mangel der Unterschrift in dem als Urschrift der Berufung gedachten Schriftsatz durch die gleichzeitig eingereichte beglaubigte Abschrift dieses Schriftsatzes behoben wird, auf der der Beglaubigungsvermerk von dem Prozeßbevollmächtigten handschriftlich vollzogen worden ist. In einer anderen Entscheidung (BGHZ 97, 251, 254) hat der Bundesgerichtshof das Fehlen einer Unterschrift auf der Berufungsbegründung für unschädlich erachtet, wenn auch ohne die Unterschrift des Rechtsmittelanwalts aus anderen, eine Beweisaufnahme nicht erfordernden Umständen, zweifelsfrei feststeht, daß der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Rechtsmittelbegründungsschrift übernommen hat, und letzteres in einem Fall bejaht, in dem die Berufungsbegründungsschrift fest mit einem von dem Rechtsanwalt unter-
zeichneten Begleitschreiben verbunden war (vgl. auch BGHZ 37, 156, 160). Und mit Beschluß vom 9. Dezember 2003 (VI ZB 46/03, BGHReport 2004, 406) hat der Bundesgerichtshof für den Fall des Fehlens einer Unterschrift unter einer Berufungsbegründungsschrift entschieden, daß sich zumindest aus den Umständen eindeutig ergeben müsse, daß der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Begründungsschrift übernommen habe. Ob entsprechende Anforderungen bei einem Computer-Fax eines Klägers gegeben sind, das mit dem Satz endet "Dieser Brief wurde maschinell erstellt, wird nicht eigenhändig unterschrieben" (so BSG NJW 1997, 1254 f.), bedarf keiner Entscheidung, da es hier an einem solchen Hinweis fehlt. Eine Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ist deshalb im Hinblick auf die angeblich abweichende Entscheidung des Bundessozialgerichts entgegen der Ansicht der Revision nicht veranlaßt, zumal der hier maßgebliche § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO über die Anforderungen an eine Telekopie erst nach der zitierten Entscheidung des Bundessozialgerichts in die Zivilprozeßordnung eingefügt worden ist.
bb) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes zur ausnahmsweisen Wirksamkeit nicht unterzeichneter Rechtsmittelbegründungsschriften trägt dem Anspruch der Prozeßbeteiligten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip) sowie ihren Rechten aus Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG Rechnung, die es verbieten, den Zugang zur jeweiligen nächsten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. BVerfGE 40, 272, 274 f.; 41, 23, 26; 41, 323, 326 f.; 44, 302, 305 f.; 74, 228, 234; 77, 275, 284; 110, 339, 342). An die Beachtung formeller
Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Rechtsschutzbegehrens dürfen aus diesem Grund keine überspannten Anforderungen gestellt werden (BVerfG NJW 2002, 3534).
cc) Entgegen der Auffassung der Revision ergeben h ier die Umstände im Zusammenhang mit der Übermittlung der Berufungsbegründungsschrift nicht eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft des Prozeßbevollmächtigten der Kläger sowie seinen Willen, für ihren Inhalt die Verantwortung zu übernehmen und sie an das Berufungsgericht zu übermitteln. Die Tatsache, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger bereits rechtzeitig Berufung gegen das landgerichtliche Urteil eingelegt hat, reicht hierfür ebensowenig aus wie der gedruckte Briefkopf auf dem Begründungsschriftsatz; beides bietet keine der Unterschrift vergleichbare Gewähr dafür, daß das Schriftstück von einer beim Berufungsgericht postulationsfähigen Person stammt und mit deren Willen in den Verkehr gebracht worden ist (vgl. BVerwG NJW 2003, 1544). Auch der Umstand, daß nach Fristablauf beim Berufungsgericht ein mit dem Computer-Fax seinem Inhalt und seiner Form nach gleicher und von dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger persönlich unterschriebener Begründungsschriftsatz eingegangen ist, reicht insoweit nicht aus (vgl. BVerwG Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 16), da nur spätestens bei Ablauf der Begründungsfrist bekannt gewordene Umstände berücksichtigungsfähig sind (BVerwG NJW 2003, 1544).
Der am Ende des Computer-Faxes mit dem Zusatz "Rec htsanwalt" wiedergegebene Vor- und Nachname des Prozeßbevollmächtigten der Kläger bietet ebenfalls keine ausreichende Gewähr dafür, daß dieser die Verantwortung für die Berufungsbegründung übernommen und diese wil-
lentlich an das Berufungsgericht übermittelt hat. Rechtsmittelbegründungsschriften müssen nicht von einem am Rechtsmittelgericht zugelassenen Rechtsanwalt gefertigt sein. Sie werden in der Praxis vielfach von Korrespondenzanwälten, wissenschaftlichen Mitarbeitern oder nicht am Rechtsmittelgericht zugelassenen Sozien unterschriftsreif vorbereitet. Dem Umstand, daß unter der für die Unterschrift vorgesehenen Stelle der Name eines Rechtsanwalts vermerkt ist, ist daher nicht ausreichend sicher zu entnehmen, daß der Entwurf von diesem Rechtsanwalt verfaßt worden ist, sondern kann auch bedeuten, daß der tatsächliche Verfasser die eigenverantwortliche Prüfung des Inhalts des bestimmenden Schriftsatzes und seine Unterzeichnung durch den namentlich genannten Rechtsanwalt vorgesehen hat. Ob dieser für den Inhalt des Schriftsatzes bereits die Verantwortung übernommen hat, ist danach in Fällen wie hier völlig offen.
Entgegen der Auffassung der Revision kann auch dem Umstand, daß das Computer-Fax dem Berufungsgericht am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist übermittelt worden ist, nicht mit einer für den Anwaltsprozeß erforderlichen Sicherheit entnommen werden, daß es sich dabei nicht um einen bloßen Entwurf handelte. Allein der Zeitpunkt der Übermittlung eines nicht unterzeichneten bestimmenden Schriftsatzes sagt für sich genommen noch nichts darüber aus, ob er von einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt verantwortet wird. Gerade der drohende Ablauf einer Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist kann einem nicht postulationsfähigen Verfasser der Rechtsmittelbegründung vielmehr Veranlassung geben, zur Fristwahrung einen Schriftsatz zu übermitteln, den der namentlich genannte Rechtsanwalt noch nicht eigenverantwortlich geprüft hat. Daß der Inhalt der als Computer-
Fax übermittelten Berufungsbegründung von dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger verantwortet und von ihm bewußt in den Verkehr gebracht worden ist, läßt sich danach hier mit der erforderlichen Sicherheit nicht feststellen.
2. Auch die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist greift die Revision ohne Erfolg an. Das Berufungsgericht hat einen Fehler am Empfangsgerät des Oberlandesgerichts als fernliegend angesehen und ausgeführt , es komme entweder ein technischer Fehler im Sendegerät oder aber ein vom Prozeßbevollmächtigten der Kläger verschuldeter Bedienungsfehler als Ursache für das Fehlen einer eingescannten Unterschrift in dem Computer-Fax in Betracht. Es sei aber nicht glaubhaft gemacht, daß ein Bedienungsfehler des Prozeßbevollmächtigten als Ursache für das Fehlen der eingescannten Unterschrift ausscheide. Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten ist einer Partei zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann danach nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen die Möglichkeit offenbleibt, daß die Fristversäumung von der Partei bzw. ihrem Prozeßbevollmächtigten verschuldet war (BGH, Beschlüsse vom 26. September 1991 - I ZB 12/91, NJW 1992, 574, 575, vom 18. Oktober 1995 - I ZB 15/95, NJW 1996, 319 und vom 26. Juli 2004 - VIII ZR 10/04, NJW-RR 2005, 143, 145).
Zu Recht hat das Berufungsgericht hier einen Bedie nungsfehler des Prozeßbevollmächtigten der Kläger, der dazu geführt hat, daß das Fax ohne eingescannte Unterschrift übermittelt worden ist, nicht als ausgeschlossen angesehen. Der Prozeßbevollmächtigte einer Partei hat mit der Bedienung technischer Geräte, die er selbst zur Übermittlung bestimmender Schriftsätze einsetzt, soweit vertraut zu sein, daß die Übermittlung in der Form sichergestellt ist, die von § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO vorgeschrieben ist. Daß das Berufungsgericht es als glaubhaft gemacht angesehen hat, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger weder bei der Übermittlung noch später einen Bedienungsfehler bemerkt hat, schließt einen verschuldeten Bedienungsfehler nicht aus. Das Berufungsgericht weist insoweit zu Recht darauf hin, daß Bedienungsfehler am Computer unbemerkt bleiben können. Damit hat das Berufungsgericht die an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts zu stellenden Anforderungen nicht in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise überspannt.

III.


Die Revision der Kläger konnte danach keinen Erfol g haben und war deshalb zurückzuweisen.
Nobbe Richter am Bundes- Joeres gerichtsh of Dr. Müller ist wegen Urlaubs gehindert , seine Unterschrift b eizufügen. Nobbe Wassermann Mayen

§ 60 gilt für Rechtsbehelfsverfahren entsprechend. Dies gilt nicht für die Fälle des § 67. Für den Erlass einstweiliger Anordnungen im Rechtsbehelfsverfahren ist das Gericht der Hauptsache zuständig.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 82/10
vom
15. September 2010
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Streitwert im Verfahren der Rechtsbeschwerde gegen die Ablehnung der
Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe
richtet sich - wie der Wert einer Beschwerde gegen die Versagung
der beantragten Verfahrenskostenhilfe - nach dem Wert der Hauptsache.
BGH, Beschluss vom 15. September 2010 - XII ZB 82/10 - OLG Düsseldorf
AG Oberhausen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. September 2010 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Dose, Dr. Klinkhammer,
Schilling und Dr. Günter

beschlossen:
Die Gegenvorstellung gegen die Festsetzung des Streitwerts in dem Senatsbeschluss vom 23. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Der Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Vater) und die Beteiligte zu 2 (im Folgenden : Mutter) sind getrennt lebende Eheleute. Sie stritten um das Umgangsrecht des Vaters mit ihrem gemeinsamen Sohn. Mit Beschlüssen vom 22. Dezember 2009 hatte das Amtsgericht dem Vater und der Mutter Verfahrenskostenhilfe bewilligt; die weiteren Anträge auf Beiordnung eines Rechtsanwalts hatte es abgewiesen. Das Oberlandesgericht hatte die Beschwerde des Vaters gegen die Abweisung seines Antrags auf Beiordnung eines Rechtsanwalts zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Der Senat hat den Antrag des Vaters auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen und seine Rechtsbeschwerde verworfen.
2
Den Streitwert für das Verfahren der Rechtsbeschwerde hat der Senat auf 3.000 € festgesetzt. Dagegen richtet sich die Gegenvorstellung des Vaters, mit der er eine Herabsetzung des Streitwerts auf 586,08 € erstrebt.

II.

3
Die Gegenvorstellung hat keinen Erfolg, weil die Festsetzung des Streitwerts nicht zu beanstanden ist.
4
Nach § 45 Abs. 1 FamFG beträgt der Streitwert in einer Kindschaftssache , die das Sorgerecht, das Umgangsrecht oder die Kindesherausgabe betrifft, 3.000 €. Von diesem Wert war auch hier auszugehen.
5
1. Streiten die Parteien im Beschwerdeverfahren oder im Verfahren der Rechtsbeschwerde um die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe, richtet sich der Streitwert nach dem Interesse des Beschwerdeführers an der begehrten Verfahrenskostenhilfe.
6
Für das erstinstanzliche Verfahren über die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe oder die Aufhebung der Bewilligung nach § 124 Nr. 1 ZPO bestimmt § 2 Abs. 2 RVG i.V. mit der amtlichen Anmerkung zu Nr. 3335 des Vergütungsverzeichnisses ausdrücklich den Wert der Hauptsache als maßgeblich. Auf die Kosten, die eine Partei bei Bewilligung der begehrten Verfahrenskostenhilfe sparen würde, kommt es hingegen nur dann an, wenn das Interesse des Beschwerdeführers diesem Kosteninteresse entspricht. Dies ist etwa bei einer Beschwerde allein gegen die Höhe der Raten oder im nachträglichen Aufhebungsverfahren nach § 124 Nr. 2 bis 4 ZPO der Fall (vgl. Hartmann Kostengesetze 40. Aufl. VV 3335 Rdn. 18).
7
Das Interesse des Antragstellers an der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe entspricht aber auch im Beschwerdeverfahren regelmäßig dem Wert der Hauptsache (VGH München NJW 2007, 861; zum früheren Recht vgl. OLG Koblenz JurBüro 1993, 423; LG Hannover MDR 1993, 391; OLG Frankfurt MDR 1992, 524; BayObLG JurBüro 1990, 1640). Der Grund dafür liegt darin, dass die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe aus Sicht des Antragstellers notwendig ist, um das Verfahren überhaupt führen zu können. Ist die beantragte Verfahrenskostenhilfe in erster Instanz versagt worden, ist auch kein Grund dafür ersichtlich, dass das Interesse des Antragstellers im Beschwerdeverfahren geringer sein sollte (a.A. VGH Baden-Württemberg NJW 2009, 1692 und VGH München RVGreport 2009, 397).
8
2. Nichts anderes gilt dann, wenn dem Antragsteller die begehrte Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde und sich die Beschwerde oder Rechtsbeschwerde allein gegen die abgelehnte Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten richtet.
9
Die Beiordnung in einem Verfahren, das keinen Anwaltszwang vorsieht, kommt nach § 78 Abs. 2 FamFG nur in Betracht, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint, der Beteiligte das Verfahren also nicht selbst führen kann (Senatsbeschluss vom 23. Juni 2010 - XII ZB 232/09 - FamRZ 2010, 1427 Rn. 12 ff.). Auch dann entspricht sein Interesse an der Beiordnung sowohl in erster Instanz als auch im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung der Beiordnung dem Interesse der Hauptsache.
Hahne Dose Klinkhammer Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Oberhausen, Entscheidung vom 21.12.2009 - 55 F 1415/09 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.01.2010 - II-8 WF 11/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 15/11
vom
23. November 2011
in der Nachlasssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
1. Gegen den Beschluss über die Feststellung des Erbrechts des Fiskus nach
§ 1964 Abs. 1 BGB ist die befristete Beschwerde nach § 58 Abs. 1, § 63 Abs. 1
FamFG eröffnet.
2. Enthält der Beschluss des Nachlassgerichts nicht die erforderliche Rechtsbehelfsbelehrung
nach § 39 FamFG, so kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand nach § 17 Abs. 1 und 2 FamFG nur bei Kausalität zwischen der fehlenden
oder unzureichenden Rechtsbehelfsbelehrung und der Fristversäumnis in Betracht
(Anschluss an BGH vom 23. Juni 2010 - XII ZB 82/10, FamRZ 2010, 1425). Daran
mangelt es nicht nur bei einer anwaltlich vertretenen Partei, sondern auch bei einer
sach- und rechtskundigen Behörde (hier: Bezirksregierung), in deren Zuständigkeitsbereich
die Abwicklung von in den Nachlass des Landes fallenden Erbschaften
fällt.
BGH, Beschluss vom 23. November 2011 - IV ZB 15/11 - OLG Köln
AG Siegburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 23. November 2011

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 3. August 2011 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 65.000 €

Gründe:


1
I. Der zwischen dem 28. und 29. März 2010 verstorbene Erblasser hinterließ keine letztwillige Verfügung. Seine Ehefrau und seine Mutter schlugen die Erbschaft durch Erklärungen gegenüber dem Nachlassgericht vom 29. April 2010 und 6. Mai 2010 aus. Der Beschwerdegegner, der Bruder des Erblassers, der im Zeitpunkt des Erbfalles seinen Wohnsitz auf Mallorca (Spanien) hatte, schlug durch notariell beglaubigte Erklärung vom 17. September 2010, beim Nachlassgericht eingegangen am 21. September 2010, die Erbschaft ebenfalls aus. Mit Beschluss vom 22. September 2010 stellte das Nachlassgericht das Erbrecht des Fiskus gemäß § 1964 BGB fest. Dieser nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Beschluss wurde der Beschwerdeführerin, der für die Abwick- lung von in den Nachlass des Landes fallenden Erbschaften zuständige Behörde am 24. September 2010 zugestellt. Diese legte mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2010, beim Nachlassgericht eingegangen am 21. Dezember 2010, Beschwerde ein und berief sich darauf, sie sei nicht Erbin geworden, da der Beschwerdegegner die Erbschaft nicht rechtzeitig ausgeschlagen und schon vor der Ausschlagungserklärung angenommen habe.
2
Das Nachlassgericht half der Beschwerde nicht ab. Auf einen Hinweis des Beschwerdegerichts bezüglich einer Verfristung des Rechtsmittels vertrat die Beschwerdeführerin die Ansicht, ihr stehe gegen den Feststellungsbeschluss nach § 1964 BGB die unbefristete Beschwerde zu. Hilfsweise hat sie Wiederaufnahme des Verfahrens und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen, den Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen sowie ihren weiteren Antrag auf Abänderung des Beschlusses des Nachlassgerichts nach § 48 Abs. 1 FamFG als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde, mit der die Beschwerdeführerin beantragt , ihr unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
3
II. Die gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthafte und auch nach § 71 FamFG im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
4
1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Nachlassgerichts vom 22. September 2010 ist nicht fristgerecht eingelegt worden.
5
a) Gegen den Beschluss nach § 1964 BGB, durch den festgestellt wird, dass ein anderer Erbe als der Fiskus nicht vorhanden ist, ist die befristete Beschwerde gemäß § 58 Abs. 1, § 63 Abs. 1, 3 FamFG eröffnet, die innerhalb eines Monats nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses einzulegen ist (MünchKomm-BGB/Leipold, 5. Aufl. § 1964 Rn. 12; Erman/Schlüter, BGB 13. Aufl. § 1964 Rn. 3; Palandt/Weidlich, BGB 70. Aufl. § 1964 Rn. 2). Diese durch das Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586), gültig seit dem 1. September 2009, eingeführte befristete Beschwerde hat für die dort geregelten Verfahren die bisherige unbefristete einfache Beschwerde abgelöst (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 205). Lediglich im Grundbuch- und Schiffsregisterwesen besteht noch die Möglichkeit einer unbefristeten Beschwerde. Für den Bereich des Nachlassverfahrens hat der Gesetzgeber demgegenüber keine Ausnahme von der befristeten Beschwerde vorgesehen. Sie dient der Verfahrensbeschleunigung sowie der möglichst frühzeitigen Rechtsklarheit für alle Beteiligten über den dauerhaften Bestand der Entscheidung und bezweckt eine Verfahrensvereinfachung (BT-Drucks. aaO). Auch der Fiskus muss mithin innerhalb eines Monats nach Zustellung des Feststellungsbeschlusses gemäß § 1964 BGB die befristete Beschwerde einlegen. Der Lauf dieser Beschwerdefrist ist unabhängig davon, ob der angefochtene Beschluss mit der nach § 39 FamFG vorgesehenen Rechtsmittelbelehrung versehen ist. Fehlt diese - wie hier - so kommt lediglich eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 17 FamFG in Betracht (vgl. auch BT-Drucks. aaO S. 183).
6
b) Ohne Erfolg macht die Beschwerdeführerin demgegenüber geltend , die Einhaltung der Monatsfrist führe bei ihr zu erheblichen Proble- men und unbilligen Ergebnissen, weil sie als Außenstehende in einem Erbfall häufig noch zusätzliche Informationen im familiären Umfeld einholen und mit den betroffenen Personen Kontakt aufnehmen müsse. Diese Ermittlungen seien oft innerhalb der Monatsfrist nicht abzuschließen. Die Schwierigkeiten des Fiskus bei der Aufarbeitung des Sachverhalts sowie der Klärung, ob nicht doch andere Erben in Betracht kommen, rechtfertigen aber keine Abweichung von der eindeutigen gesetzlichen Regelung. Hierdurch kommt es auch nicht zu unbilligen und der materiellen Rechtslage nicht entsprechenden Ergebnissen. Hat der Fiskus Zweifel, ob er gesetzlicher Erbe nach § 1936 BGB ist und der Feststellungsbeschluss gemäß § 1964 BGB daher zu Recht ergangen ist, so bleibt es ihm unbenommen , zunächst fristwahrend Beschwerde einzulegen und um die Einräumung einer gesonderten Frist zur Begründung der Beschwerde nach § 65 Abs. 2 FamFG zu ersuchen. Bestehen für den Fiskus innerhalb der Beschwerdefrist keine Zweifel daran, dass er Erbe ist, und haben sich - wie hier behauptet - diese Erkenntnisse erst nach Fristablauf ergeben, so kommt nach § 48 Abs. 1 FamFG eine Abänderung des ursprünglichen Feststellungsbeschlusses in Betracht. Für dieses neue Verfahren ist das Nachlassgericht erstinstanzlich zuständig.
7
c) Soweit die Beschwerdeführerin weiter darauf verweist, der Fiskus müsse häufig Steuermittel aufwenden, etwa zur Erfüllung von Verkehrssicherungspflichten bei in den Nachlass fallenden Grundstücken, so ist es gerade Sinn und Zweck des gesetzlichen Erbrechts des Staates nach § 1936 BGB, herrenlose Nachlässe zu vermeiden und eine ordnungsgemäße Nachlassabwicklung zu sichern (MünchKomm-BGB/Leipold , § 1936 Rn. 2). Wird später ein anderer Erbe festgestellt, so steht dem Fiskus diesem gegenüber ein Anspruch auf Ersatz seiner Verwendungen und Aufwendungen gemäß § 2022 BGB zu. Das Risiko, einen derartigen Anspruch wegen Vermögenslosigkeit des wahren Erben nicht realisieren zu können, ist keine Besonderheit des gesetzlichen Erbrechts des Fiskus und rechtfertigt keine Abweichung von dem Grundsatz der befristeten Beschwerde.
8
d) Schließlich begründet der Feststellungsbeschluss nach § 1964 Abs. 2 BGB ohnehin lediglich die Vermutung dafür, dass der Fiskus gesetzlicher Erbe ist. Durch diesen Beschluss werden weder das Erbrecht des Staates begründet noch Erbrechte bislang unermittelt gebliebener vorrangiger Erben ausgeschlossen (OLG München NJW-RR 2011, 1379, 1381; MünchKomm-BGB/Leipold, § 1964 Rn. 9; Staudinger/Marotzke, BGB [2008] § 1964 Rn. 13; Erman/Schlüter aaO Rn. 1;Palandt/Weidlich aaO Rn. 2). Der Feststellungsbeschluss hat also keine rechtsbegründende Wirkung und schließt weder eine anderweitige Feststellung des tatsächlichen Erben im Wege des Zivilprozessverfahrens noch die Erteilung eines Erbscheins mit abweichender Erbfolge aus (MünchKomm-BGB/Leipold aaO; Palandt/Weidlich aaO Rn. 3). Der Beschluss nach § 1964 BGB kann bei Vorliegen neuer Tatsachen von Amts wegen aufgehoben werden. Für eine zeitlich unbefristete Beschwerde des Fiskus besteht daher auch aus diesem Grund keine Veranlassung.
9
2. Auch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 17 Abs. 1 FamFG wegen Versäumung der Beschwerdefrist kommt nicht in Betracht.
10
a) Zwar enthielt der Beschluss des Nachlassgerichts vom 22. September 2010 entgegen § 39 FamFG keine Rechtsmittelbelehrung. Nach § 17 Abs. 2 FamFG wird ein Fehlen des Verschuldens bei Einhaltung einer gesetzlichen Frist vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung un- terblieben oder fehlerhaft ist. Diese Regelung dient in erster Linie dem Schutz des rechtsunkundigen Beteiligten an der Versäumung der Frist (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2010 - XII ZB 82/10, FamRZ 2010, 1425 unter II 2 a). Demgegenüber ist ein Rechtsirrtum etwa durch eine anwaltlich vertretene Partei in der Regel verschuldet und steht einer Wiedereinsetzung entgegen (BGH aaO; Ahn-Roth in Prütting/Helms, FamFG 2. Aufl. § 17 Rn. 25, 25a). Hierbei kann die Frage, ob die Vermutungswirkung des § 17 Abs. 2 FamFG bei fehlender oder fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrung widerlegbar ist oder nicht, offen bleiben (für eine unwiderlegbare Vermutung Ahn-Roth aaO Rn. 29; Keidel, FamFG 17. Aufl. § 17 Rn. 36; a.A. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 70. Aufl. § 17 FamFG Rn. 5). Der Gesetzgeber hat mit der Neuregelung der §§ 17, 39 FamFG ausdrücklich die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Verfassungsgebot einer Rechtsmittelbelehrung in Wohnungseigentumssachen aufgegriffen (BGH, Beschluss vom 2. Mai 2002 - V ZB 36/01, BGHZ 150, 390, 396; BT-Drucks. 16/6308 S. 183). Hierbei hat er insbesondere auf die vom Bundesgerichtshof herangezogene Rechtsprechung zu § 44 Satz 2 StPO hingewiesen, die einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Belehrungsmangel und Fristversäumnis erfordert (BGH aaO 399; BT-Drucks. aaO). Hieraus folgt, dass eine Wiedereinsetzung in denjenigen Fällen ausgeschlossen ist, in denen der Beteiligte wegen vorhandener Kenntnis über seine Rechtsmittel keiner Unterstützung durch eine Rechtsmittelbelehrung bedarf. Auf diese Weise wird vor allem der geringeren Schutzbedürftigkeit anwaltlich vertretener Beteiligter Rechnung getragen (BT-Drucks. aaO).
11
Dementsprechend geht die ganz überwiegende Auffassung davon aus, dass es an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen der unterbliebenen Rechtsmittelbelehrung und der Versäumung der Rechtsmittel- frist fehlt, wenn der Rechtsmittelführer anwaltlich vertreten war (BGH, Beschluss vom 23. Juni 2010 aaO; OLG Rostock FamRZ 2011, 986; OLG Naumburg MDR 2011, 387; OLG Karlsruhe FamRZ 2010, 2011; OLG Stuttgart FamRZ 2010, 1691; Keidel aaO Rn. 37; Musielak/Borth, FamFG 2. Aufl. § 17 Rn. 3; Bahrenfuss, FamFG, § 17 Rn. 11; Prütting aaO Rn. 31 f.; Maurer, FamRZ 2009, 465, 467, 473; a.A. Baumbach /Lauterbach/Albers/Hartmann aaO). Von einem Rechtsanwalt kann und muss erwartet werden, dass er selbst die Voraussetzungen für die Einlegung eines Rechtsmittels, insbesondere die zu wahrenden Fristen kennt. Auch in Übergangsfällen bei Änderung der Gesetzeslage hat der Rechtsanwalt die einzuhaltenden Fristen gegebenenfalls mit erhöhter Aufmerksamkeit zu überprüfen.
12
b) Zu Recht hat das Beschwerdegericht diese Grundsätze auf die Beschwerdeführerin als Landes-Mittelbehörde übertragen, in deren Aufgabenkreis die Abwicklung von Erbschaften des Landes fällt. Sie wird daher regelmäßig aufgrund der ihr zugewiesenen Aufgaben mit der Frage befasst, ob ein Erbrecht des Fiskus nach § 1936 BGB in Betracht kommt und ein Feststellungsbeschluss nach § 1964 BGB zu ergehen hat. In diesem Zusammenhang ist die Beschwerdeführerin dazu verpflichtet, sich selbst darüber Kenntnis zu verschaffen, ob und gegebenenfalls innerhalb welcher Fristen sie einen Beschluss, durch den das Erbrecht des Fiskus festgestellt wird, angreifen kann. Es handelt sich um im Aufgabenkreis der Beschwerdeführerin wiederkehrend anfallende Vorgänge. Sie muss sich daher die für ihre tägliche Arbeit benötigte Rechtskenntnis selbst beschaffen. Insbesondere durfte sie sich nicht darauf verlassen, dass entsprechend der früheren Rechtslage gegen den Feststellungsbeschluss nach § 1964 BGB die unbefristete Beschwerde fort galt. Die befristete Beschwerde nach §§ 58, 63 FamFG war durch die Gesetzesre- form bereits mit Wirkung zum 1. September 2009 und damit mehr als ein Jahr vor der Zustellung des Beschlusses des Nachlassgerichts eingeführt worden.
13
Es kommt auch nicht darauf an, ob diese neue gesetzliche Regelung dem konkreten Sachbearbeiter tatsächlich bekannt war. Vielmehr fällt es in die Organisationszuständigkeit der Beschwerdeführerin als für die zur Abwicklung in den Nachlass des Landes fallender Erbschaften zuständige Behörde, geeignete Vorkehrungen dafür zu treffen, dass die entsprechende Rechtskenntnis bei den Mitarbeitern vorhanden ist. Hierfür bestand umso mehr Veranlassung, als die Beschwerdeführerin sowohl das Verfahren vor dem Nachlassgericht als auch vor dem Beschwerdegericht selbst und ohne anwaltliche Vertretung betreiben konnte (§ 10 Abs. 1 FamFG). Sogar im Verfahren der Rechtsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof muss die Beschwerdeführerin sich nicht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vielmehr ist hier eine Vertretung durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt möglich (§ 10 Abs. 4 Satz 2 FamFG). Gerade wegen dieser nicht bestehenden Pflicht zur anwaltlichen Vertretung hatte die Beschwerdeführerin umso mehr Anlass, dafür zu sorgen, dass ihre Mitarbeiter über die erforderliche Rechtskenntnis hinsichtlich der einzuhaltenden Fristen verfügen. Einem rechtsunkundigen Beteiligten, für den die Regelung des § 17 Abs. 2 FamFG in erster Linie vorgesehen ist, kann die Beschwerdeführerin nicht gleichgestellt werden.
14
c) Kommt mithin bereits aus diesem Grund eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht, so kann die weitere Frage, ob es an der Ursächlichkeit der fehlenden Rechtsmittelbelehrung für die verspätete Rechtsmitteleinlegung bereits deshalb fehlt, weil die Beschwer- deführerin innerhalb der Beschwerdefrist zunächst keinen Anlass dazu hatte, an der Richtigkeit des Feststellungsbeschlusses zu zweifeln, oder ob sie bei erfolgter Belehrung zumindest vorsorglich Beschwerde eingelegt hätte, offen bleiben.
15
3. Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde schließlich einen Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs, weil das Nachlassgericht die Beschwerdeführerin nicht gemäß § 37 Abs. 2 FamFG vor Erlass des Feststellungsbeschlusses beteiligt und angehört habe. Der gerügte Verfahrensverstoß betrifft nur das erstinstanzliche Verfahren und nicht die im Verfahren der Rechtsbeschwerde allein zu beurteilende Entscheidung des Beschwerdegerichts. Ein eigenständiger Verstoß des Beschwerdegerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt nicht vor und kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beschwerdeführerin bereits die Frist für die Beschwerde versäumt hat.
16
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
Dr. Kessal-Wulf Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
AG Siegburg, Entscheidung vom 15.10.2010- 48 VI 160/10 -
OLG Köln, Entscheidung vom 03.08.2011 - 2 Wx 114/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 6/13
vom
27. Februar 2013
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Enthält die Beschwerdeentscheidung eines Oberlandesgerichts in einer Familienstreitsache
, mit der die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen
worden ist, nicht die gemäß § 39 FamFG erforderliche Rechtsbehelfsbelehrung
, kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur
bei Kausalität zwischen der fehlenden Rechtsbehelfsbelehrung und der Fristversäumung
in Betracht (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom 13. Juni
2012 - XII ZB 592/11 - FamRZ 2012, 1287 und vom 23. Juni 2010
- XII ZB 82/10 - FamRZ 2010, 1425 Rn. 11).

b) An dieser Kausalität fehlt es nicht nur bei einem anwaltlich vertretenen Beteiligten
, sondern auch bei einer Behörde, die sich im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof
von einem Beschäftigten mit der Befähigung zum Richteramt
vertreten lässt (im Anschluss an BGH Beschluss vom 23. November 2011
- IV ZB 15/11 - FamRZ 2012, 367).
BGH, Beschluss vom 27. Februar 2013 - XII ZB 6/13 - OLG Oldenburg
AG Nordhorn
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Februar 2013 durch
den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Dr. Vézina und die Richter
Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Dr. Botur

beschlossen:
Der Antrag des Antragsgegners auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 13. Zivilsenats - 4. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 29. November 2012 wird zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde gegen den vorgenannten Beschluss wird auf Kosten des Antragsgegners als unzulässig verworfen. Beschwerdewert: 10.416 €

Gründe:

I.

1
Durch Beschluss vom 29. November 2012 hat das Oberlandesgericht als Beschwerdegericht die Zwangsvollstreckung aus einem Unterhaltstitel, aus dem der antragsgegnerische Landkreis aus übergegangenem Recht die Zwangsvollstreckung gegen den Antragsteller betrieb, teilweise für unzulässig erklärt. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss, der keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält, hat das Oberlandesgericht zugelassen.
2
Die Entscheidung ist dem Antragsgegner am 30. November 2012 zugestellt worden. Am Mittag des 21. Dezember 2012 (Freitag) hat der Antragsgegner vorab per Telefax bei dem Oberlandesgericht eine von einem Beschäftigten mit Befähigung zum Richteramt unterzeichnete Rechtsbeschwerdeschrift nebst Begründung eingereicht; das Original dieses Schriftsatzes ist am 28. Dezember 2012 (Freitag) bei dem Oberlandesgericht eingegangen. Am 3. Januar 2013 hat der Vorsitzende des Beschwerdesenats die Übersendung der Akten an den Bundesgerichtshof verfügt und dem Antragsgegner mitgeteilt, dass die Rechtsbeschwerdeschrift bei dem Bundesgerichtshof einzureichen gewesen wäre und eine vorherige Weiterleitung der Rechtsbeschwerdeschrift an das Rechtsbeschwerdegericht aufgrund der Weihnachtsfeiertage im geordneten Geschäftsgang nicht mehr möglich gewesen sei.
3
Die Rechtsmittelschrift ist mit den Verfahrensakten am 7. Januar 2013 bei dem Bundesgerichtshof eingegangen; mit Schriftsatz vom 10. Januar 2013 beantragt der Antragsgegner Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rechtsbeschwerdefrist.

II.

4
1. Die nach § 70 Abs. 1 FamFG statthafte Rechtsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht binnen der Notfrist von einem Monat nach der am 30. November 2012 erfolgten Zustellung des Beschlusses des Oberlandesgerichts , mithin spätestens am 31. Dezember 2012 (Montag), bei dem Bundesgerichtshof eingelegt worden ist.
5
2. Der Wiedereinsetzungsantrag vom 10. Januar 2013 ist zurückzuweisen , weil der Antragsgegner nicht ohne sein Verschulden verhindert war, die Notfrist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde einzuhalten (§ 117 Abs. 5 FamFG i.V.m. § 233 ZPO). Diese Beurteilung wird weder durch die fehlende Rechtsbehelfsbelehrung noch durch die Behandlung des Rechtsbeschwerdeschriftsatzes im Geschäftsbetrieb des Oberlandesgerichts in Frage gestellt.
6
a) Richtig ist im Ausgangspunkt, dass nach der Rechtsprechung des Senats die Verpflichtung des Gerichts zur Erteilung einer Rechtsbehelfsbelehrung unterschiedslos für alle nach dem FamFG geführten Verfahren besteht und in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 2 FamFG auch in Ehesachen und Familienstreitsachen ein Fehlen des Verschuldens vermutet wird, wenn die erforderliche Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Juni 2012 - XII ZB 592/11 - FamRZ 2012, 1287 Rn. 7).
7
aa) Allerdings kommt auch unter der Geltung des § 17 Abs. 2 FamFG eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann in Betracht, wenn die fehlende oder unvollständige Rechtsbehelfsbelehrung für die Fristversäumnis ursächlich geworden ist. An einer solchen Ursächlichkeit fehlt es in denjenigen Fällen, in denen der Beteiligte wegen vorhandener Kenntnis über seine Rechtsmittel keiner Unterstützung durch eine Rechtsmittelbelehrung bedarf; dies ist bei einem anwaltlich vertretenen Beteiligten regelmäßig der Fall (Senatsbeschlüsse vom 13. Juni 2012 - XII ZB 592/11 - FamRZ 2012, 1287 Rn. 8 und vom 23. Juni 2010 - XII ZB 82/10 - FamRZ 2010, 1425 Rn. 11).
8
bb) Die Grundsätze dieser Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof auch auf Behörden angewendet, die ein gerichtliches Verfahren in einem ihnen zugewiesenen Aufgabenkreis führen. Es obliegt grundsätzlich der Behörde, durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass ihre mit der Sachbearbeitung betrauten Mitarbeiter die für die Erfüllung ihrer täglichen Aufgaben benötigten Rechtskenntnisse erwerben (BGH Beschluss vom 23. November 2011 - IV ZB 15/11 - FamRZ 2012, 367 Rn. 12 f.) oder die Vorgänge in Zweifelsfällen einem Beschäftigten vorgelegt werden, der über die erforderlichen Rechtskenntnisse verfügt.
9
Familiengerichtliche Verfahren im Zusammenhang mit der Geltendmachung und Beitreibung übergegangener Unterhaltsansprüche gehören zweifellos zu den wiederkehrend anfallenden Vorgängen im Geschäftsbereich eines Landkreises als Träger öffentlicher Sozialleistungen. Auch der Hinweis darauf, dass von dem Antragsgegner in den letzten zehn Jahren noch kein Rechtsbeschwerdeverfahren in einer Familiensache vor dem Bundesgerichtshof eingeleitet worden sei, rechtfertigt hier keine andere Beurteilung. In Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit können sich Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 FamFG bzw. § 114 Abs. 3 Satz 2 FamFG vor dem Bundesgerichtshof (nur) durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen. Mit der Einführung einer besonderen juristischen Qualifikation des Behördenvertreters in den Verfahren vor dem Bundesgerichtshof sollten gerade die zur Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens erforderlichen "hohen Rechtskenntnisse" sichergestellt werden (vgl. Senatsbeschluss vom 7. Juli 2010 - XII ZB 149/10 - FamRZ 2010, 1544 Rn. 9 mit Hinweis auf die Begründung zum Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechtes; BT-Drucks. 16/3655 S. 85, dort zu § 78 Abs. 2 ZPO nF). Damit stünde es nicht im Einklang, wenn an die Rechtskenntnisse eines juristisch qualifizierten Behördenvertreters mit Befähigung zum Richteramt grundlegend andere Maßstäbe angelegt werden würden als an die Rechtskenntnisse eines anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten. Wie von einem Rechtsanwalt kann und muss daher auch von ihm erwartet werden, dass er die sich aus dem Gesetz ergebenden Voraussetzungen für die Einlegung eines Rechtsmittels kennt oder sich diese Kenntnis unschwer zu verschaffen vermag. Im Übrigen weist das familiengerichtliche Ver- fahren im Hinblick auf die Empfangszuständigkeit des Bundesgerichtshofs für einen Rechtsmittelschriftsatz in der Rechtsbeschwerdeinstanz (§ 71 Abs. 1 Satz 1 FamFG) keine Besonderheiten gegenüber den Vorschriften der Zivilprozessordnung über Revision und Rechtsbeschwerde (§§ 549 Abs. 1 Satz 1, 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO) auf.
10
b) Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt auch auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Fürsorgepflicht des unzuständigen Gerichts bei der Behandlung von fehlgeleiteten Schriftsätzen nicht in Betracht.
11
aa) Geht ein fristgebundener Rechtsmittelschriftsatz statt beim Rechtsmittelgericht bei dem in der Vorinstanz befasst gewesenen Gericht ein, ist dieses verpflichtet, den Schriftsatz im ordentlichen Geschäftsgang an das Rechtsmittelgericht weiterzuleiten. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch des Rechtssuchenden auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Geht der Schriftsatz so zeitig bei dem mit der Sache befasst gewesenen Gericht ein, dass die fristgerechte Weiterleitung an das Rechtsmittelgericht im ordentlichen Geschäftsgang ohne weiteres erwartet werden kann, darf der Beteiligte darauf vertrauen, dass der Schriftsatz noch rechtzeitig beim Rechtsmittelgericht eingeht. Geschieht dies tatsächlich nicht, wirkt sich das Verschulden des Beteiligten oder seines Verfahrensbevollmächtigten nicht mehr aus, so dass ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist (BVerfGE 93, 99, 115 f. = FamRZ 1995, 1559, 1561; BVerfG FamRZ 2001, 827).
12
Eine weitergehende Verpflichtung, etwa eine beschleunigte Weiterleitung an das zuständige Gericht oder eine Verpflichtung, den Beteiligten oder dessen Verfahrensbevollmächtigten durch Telefonat oder Telefax von der Einreichung des Rechtsmittels bei einem unzuständigen Gericht zu unterrichten, ergibt sich von Verfassungs wegen jedoch nicht. Denn sonst würde dem Beteiligten die Verantwortung für die Ermittlung des richtigen Adressaten fristgebundener Schriftsätze vollständig abgenommen und dem nicht empfangszuständigen Gericht übertragen (BVerfG FamRZ 2001, 827; ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschlüsse vom 15. Juli 2011 - XII ZB 468/10 - FamRZ 2011, 1389, 1390 und vom 17. August 2011 - XII ZB 50/11 - FamRZ 2011, 1649, 1650).
13
bb) Die Erwartung, dass der Rechtsmittelschriftsatz bei einer Weiterleitung im ordentlichen Geschäftsgang noch rechtzeitig den Bundesgerichtshof erreichen würde, war unter den hier obwaltenden Umständen nicht gerechtfertigt.
14
Zwischen dem Eingang der Rechtsmittelschrift bei dem Oberlandesgericht am Mittag des 21. Dezember 2012 (Freitag) und dem Ablauf der Rechtsbeschwerdefrist am 31. Dezember 2012 (Montag) lagen mit dem 27. Dezember 2012 (Donnerstag) und dem 28. Dezember 2012 (Freitag) lediglich zwei Arbeitstage. Selbst wenn der Vorsitzende des Beschwerdesenats oder dessen Vertreter schon am nächsten Arbeitstag nach dem Eingang des Schriftsatzes dessen Weiterleitung an den Bundesgerichtshof angeordnet hätte - was im Rahmen eines gewöhnlichen Geschäftsganges noch nicht einmal geboten gewesen wäre (vgl. Senatsbeschlüsse vom 19. Dezember 2012 - XII ZB 61/12 - juris Rn. 8 und vom 15. Juni 2011 - XII ZB 468/10 - FamRZ 2011, 1389 Rn. 13) - und diese Weiterleitung am nächsten Tag von der Geschäftsstelle veranlasst worden wäre, hätte (weil es inzwischen Freitag war) wegen des bevorstehenden Wochenendes nicht erwartet werden können, dass das Schreiben noch am selben Tag an das Postbeförderungsunternehmen zur Übermittlung an den Bundesgerichtshof gelangte (vgl. auch BGH Beschluss vom 6. November 2008 - IX ZB 208/06 - FamRZ 2009, 320, 321). Es konnte daher auch nicht damit gerechnet werden, dass der Schriftsatz im gewöhnlichen Ge- schäftsgang noch rechtzeitig vor dem Fristablauf am Montag bei dem Bundesgerichtshof eingehen würde, ohne dass es für diese Beurteilung noch darauf ankäme, dass in der Urlaubszeit zwischen Weihnachten und Neujahr ohnehin einer erheblichen personellen Unterbesetzung sowohl des richterlichen als auch des nichtrichterlichen Dienstes bei dem Oberlandesgericht hätte Rechnung getragen werden müssen. Dose Vézina Klinkhammer Günter Botur
Vorinstanzen:
AG Nordhorn, Entscheidung vom 23.05.2012 - 11 F 799/11 UK -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 29.11.2012 - 13 UF 77/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 18/11
vom
20. Juni 2012
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 20. Juni 2012

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 9. September 2011 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 15.019,11 €

Gründe:


1
I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Rückzahlung geleisteter Versicherungsprämien für zwei fondsgebundene Lebensversicherungsverträge nach Widerspruchserklärung gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
2
Gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts hat die Klägerin rechtzeitig Berufung eingelegt. Innerhalb der bis zum 12. Mai 2011 verlängerten Berufungsbegründungsfrist ging beim Oberlandesgericht am 26. April 2011 per Telefax und am 27. April 2011 per Post ein als Berufungsbegründung bezeichneter Schriftsatz ein, der handschriftlich mit "i.A. J. U. " unterzeichnet ist. Die Unterschrift stammt von der in der Rechtsanwaltskanzlei der Prozessbevollmächtigten der Klägerin damals angestellten Rechtsanwältin J. U. . Darunter ist maschinenschriftlich vermerkt: "C. S. Rechtsanwalt".
3
Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen, weil die Berufungsbegründung nicht von den beauftragten Prozessbevollmächtigten der Klägerin unterschrieben sei. Zwar sei die Unterzeichnung einer Rechtsmittelschrift durch einen Vertreter zulässig. Dieser müsse jedoch die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernehmen. Dafür reiche eine Unterschrift "i.A." ("im Auftrag") nicht aus, weil der Unterzeichnende zu erkennen gebe, dass er dem Gericht gegenüber nur als Erklärungsbote auftrete. Etwas anderes gelte, wenn aus weiteren Umständen ersichtlich sei, dass der Unterzeichner in Wahrnehmung eines auch ihm erteilten Mandats tätig geworden sei. Dies könne angenommen werden, wenn der Unterzeichner im Briefkopf des Schriftsatzes als Sozietätsmitglied aufgeführt sei. Das sei hier nicht der Fall, weil Rechtsanwältin U. in der Sozietät der Prozessbevollmächtigten der Klägerin angestellt und kein Sozietätsmitglied gewesen sei.
4
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.
5
II. Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach den §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft, jedoch nicht im Übrigen zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Insbesondere erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht. Das Berufungsgericht hat nicht die Verfahrensgrundrechte der Klägerin auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt , indem es ihre Berufung mit der Begründung, die Berufungsbegründungsschrift sei nicht ordnungsgemäß unterschrieben, verworfen hat.
6
1. Die Unterzeichnung der Berufungsbegründung mit "i.A. J. U. " hat das Berufungsgericht zutreffendals unzureichend gewertet.
7
a) Die Berufungsbegründungsschrift muss als bestimmender Schriftsatz im Anwaltsprozess grundsätzlich von einem beim Berufungsgericht postulationsfähigen Rechtsanwalt eigenhändig unterschrieben sein (§§ 130 Nr. 6, 519 Abs. 4 ZPO). Mit diesem Erfordernis soll sichergestellt werden, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist. Insbesondere soll die Unterschrift die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen (Senatsbeschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, juris Rn. 6; BGH, Beschlüsse vom 26. April 2012 - VII ZB 36/10, juris Rn. 7; vom 26. April 2012 - VII ZB 83/10, juris Rn. 7; vom 22. November 2005 - VI ZB 75/04, VersR 2006, 387 Rn. 5; Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, VersR 2006, 427 unter B II 1 a; jeweils m.w.N.).
8
b) Die Unterschriftsleistung ist unter bestimmten Voraussetzungen auch durch einen Vertreter zulässig. Dieser muss jedoch die volle Verantwortung für den Inhalt der Rechtsmittelschrift übernehmen, was er etwa mit einer Unterzeichnung "i.V." oder "für Rechtsanwalt …" zum Ausdruck bringen kann. Die Verwendung des Zusatzes "i.A." ("im Auf- trag") reicht für die Übernahme der Verantwortung in diesem Sinne grundsätzlich nicht aus, weil der Unterzeichnende damit zu erkennen gibt, dass er dem Gericht gegenüber nur als Erklärungsbote auftritt (BGH, Beschluss vom 19. Juni 2007 - VI ZB 81/05, FamRZ 2007, 1638 unter II; Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 192/02, VersR 2004, 487 unter II 2; Beschlüsse vom 27. Mai 1993 - III ZB 9/93, VersR 1994, 368 unter 1; vom 5. November 1987 - V ZR 139/87, VersR 1988, 497).
9
Die Unterzeichnung einer Rechtsmittelschrift mit dem Zusatz "i.A." ist nur dann unschädlich, wenn der unterzeichnende Rechtsanwalt als Sozietätsmitglied zum Kreis der beim Berufungsgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten des Berufungsklägers zählt und damit unmittelbar in Ausführung des auch ihm selbst erteilten Mandats tätig geworden ist (BGH, Beschlüsse vom 19. Juni 2007 aaO; vom 27. Mai 1993 aaO unter

2).


10
Darauf kann sich die Klägerin - wie das Berufungsgericht richtig ausgeführt hat - nicht stützen. Rechtsanwältin U. war, wie die Klägerin vorträgt und aus dem Briefkopf der Berufungsbegründungsschrift ersichtlich ist, zur Zeit der Unterzeichnung der Berufungsbegründung in der Sozietät der Prozessbevollmächtigten der Klägerin angestellt und kein Sozietätsmitglied. Dieses Anstellungsverhältnis wollte Rechtsanwältin U. , wie sie in ihrer eidesstattlichen Versicherung angegeben hat, durch den Zusatz "i.A." (= "in Anstellung") auch zum Ausdruck bringen.
11
Aus dieser eidesstattlichen Versicherung kann die Klägerin auch im Übrigen nichts zu ihren Gunsten herleiten. Dies folgt schon daraus, dass die Berufungsbegründungsfrist bei Eingang der eidesstattlichen Versicherung am 6. September 2011 längst abgelaufen und eine Heilung des die wirksame Begründung eines Rechtsmittels betreffenden Mangels nach Ablauf der Begründungsfrist nicht mehr möglich war (vgl. BGH, Beschluss vom 5. November 1987 aaO m.w.N.).
12
2. Das Berufungsgericht hat das Recht der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht dadurch verletzt, dass es ihren Vortrag in ihrem Schriftsatz vom 31. August 2011 und die beigefügte eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwältin U. nicht berücksichtigt hat. Es musste nicht, wie die Beschwerde meint, in der Zeit zwischen dem Eingang der Berufungsbegründung und dem Ablauf der bis zum 12. Mai 2011 verlängerten Berufungsbegründungsfrist die Klägerin auf die Bedenken hinsichtlich der Unterschrift hinweisen.
13
Im Interesse der Funktionsfähigkeit der Justiz sind der gerichtlichen Fürsorgepflicht enge Grenzen gesetzt. Nur unter besonderen Umständen kann ein Gericht gehalten sein, einer drohenden Fristversäumnis seitens der Partei entgegenzuwirken. So darf es nicht sehenden Auges zuwarten, bis die Partei Rechtsnachteile erleidet (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2004 - VI ZB 9/04, VersR 2005, 136 unter 2 a m.w.N.). So liegt der Fall hier nicht. Das Berufungsgericht hatte vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist nicht bemerkt, dass die Berufungsbegründung nicht ordnungsgemäß unterzeichnet war, und somit nicht sehenden Auges die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist in Kauf genommen. Indem das Berufungsgericht am 28. April 2011 der Beklagten eine Frist zur Erwiderung auf die Berufungsbegründung gesetzt und die Prozessbevollmächtigten der Parteien darüber informiert hatte, dass am 24. Juni 2011 über die Sache beraten werde, hat es der Klägerin nicht das Vertrauen vermittelt, zumindest die Prozessvoraussetzungen seien in Ordnung.

14
Im Hinblick auf den übrigen Geschäftsanfall ist es nicht zu beanstanden , wenn der Richter erst bei Bearbeitung des Falles und damit nach Ablauf der Fristen die Zulässigkeit der Berufung und dabei auch die Einhaltung der Form überprüft (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2004 aaO). Allerdings gebietet es die gerichtliche Fürsorgepflicht, die Partei auf einen leicht erkennbaren Formmangel - wie das vollständige Fehlen einer zur Fristwahrung erforderlichen Unterschrift - hinzuweisen und ihr gegebenenfalls Gelegenheit zu geben, den Fehler fristgerecht zu beheben (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - VI ZB 37/08, VersR 2009, 699 Rn. 10; BVerfG VersR 2004, 1585). Ein offensichtlicher formaler Mangel war die hier in Rede stehende Unterzeichnung "i.A." nicht, weil sie anders als eine gänzlich fehlende Unterschrift nicht sogleich auffallen musste und zudem weitere Gesichtspunkte - wie die Zugehörigkeit des Unterzeichners zur Sozietät - zu prüfen waren.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Aachen, Entscheidung vom 11.02.2011- 9 O 247/10 -
OLG Köln, Entscheidung vom 09.09.2011 - 20 U 52/11 -

(1) Rechtsbehelfe haben aufschiebende Wirkung, soweit durch die angefochtene Verfügung

1.
eine Verfügung nach § 26 Absatz 4, § 30 Absatz 3, § 31b Absatz 3, § 32 Absatz 2a Satz 1 oder § 34 Absatz 1 getroffen wird oder
2.
eine Erlaubnis nach § 42 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit § 40 Absatz 3a widerrufen oder geändert wird,
oder soweit der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts eine solche Verfügung betrifft.

(2) Wird eine Verfügung, durch die eine einstweilige Anordnung nach § 60 getroffen wurde, angefochten, so kann das Gericht im Rechtsbehelfsverfahren anordnen, dass die Vollziehung der angefochtenen Verfügung ganz oder teilweise ausgesetzt wird. Die Anordnung kann jederzeit aufgehoben oder geändert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 94/13
vom
26. September 2013
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. September 2013 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Lemke,
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, Dr. Czub und Dr. Kazele

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 17. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 10. Mai 2013 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.

Gründe:

I.

1
Durch dem Kläger am 14. Dezember 2012 zugestelltes Urteil ist die auf Ableitung von Niederschlagswasser gerichtete Klage abgewiesen worden. Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 2. Januar 2013 Berufung eingelegt. Durch gerichtliches Schreiben vom 20. Februar 2013 ist der Kläger auf das Ausbleiben der Berufungsbegründung hingewiesen worden. Mit am 26. Februar 2013 eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der anwaltlich versicherten Begründung beantragt, sein Prozessbevollmächtigter sei am 14. Februar 2013 unvorhersehbar erkrankt und dadurch bedingt nicht in der Lage gewesen, seine Kanzlei aufzusuchen.
2
Das Landgericht hat das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde, mit welcher er die Durchführung des Berufungsverfahrens erreichen will.

II.

3
Das Berufungsgericht meint, dem Kläger sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu versagen , weil er diese schuldhaft nicht eingehalten habe. Die Versäumung der Frist könne der Kläger nicht mit einer unvorhergesehenen Erkrankung des Prozessbevollmächtigten entschuldigen. Sein Prozessbevollmächtigter habe Vorsorge für den Fall treffen müssen, dass er unvorhergesehen an der Wahrnehmung seiner Aufgaben gehindert werde. Das gelte gerade dann, wenn er seine Kanzlei allein und ohne eigenes Personal betreibe. Eine Ausnahmesituation, der mit solchen Vorsorgemaßnahmen nicht zu begegnen sei, liege nicht vor.

III.

4
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
5
1. Sie ist zwar gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO ohne Zulassung statthaft. Zulässig ist sie aber gemäß § 574 Abs. 2 ZPO nur, wenn auch die dort bestimmten weiteren Voraussetzungen gegeben sind. Das ist nicht der Fall. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) noch ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Insbesondere hat das Berufungsgericht keine überzogenen Anforderungen gestellt, die dem Kläger den Zugang zu der an sich gegebenen Berufung unzumutbar erschweren (vgl. dazu nur Senat, Beschluss vom 12. April 2010 - V ZB 224/09, NJW-RR 2010, 1096 Rn. 4 mwN).
6
2. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht dem Kläger die formund fristgerecht beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist versagt hat, entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die weder fortzubilden noch zu ergänzen ist.
7
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Rechtsanwalt allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Er muss seinem Personal die notwendigen allgemeinen Anweisungen für einen solchen Fall geben. Ist er als Einzelanwalt ohne eigenes Personal tätig, muss er ihm zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall, z.B. durch Absprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen treffen (BGH, Beschlüsse vom 6. März 1990 - VI ZB 4/90, VersR 1990, 1026 und vom 18. Mai 1994 - XII ZB 62/94, FamRZ 1994, 1520). Durch konkrete Maßnahmen im Einzelfall muss sich der Rechtsanwalt allerdings nur dann vorbereiten, wenn er einen solchen konkreten Ausfall vorhersehen kann (BGH, Beschlüsse vom 18. Oktober 1984 - III ZB 13/84, VersR 1985, 139, 140 und Senat, Beschlüsse vom 23. November 1995 - V ZB 20/95, NJW 1996, 997, 998 und vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571, 3572 Rn. 9).
8
b) Diesen Anforderungen hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers, wie das Berufungsgericht zu Recht entschieden hat, nicht entsprochen. Nach seiner anwaltlichen Versicherung vom 26. Februar 2013 hat er nur für die Annahme von Telefonaten sowie den Empfang und den Versand von Post durch Beauftragung eines Dienstleisters Sorge getragen. Dass er auch Vorkehrungen für eine Vertretung getroffen hat, die etwa Anträge zur Verlängerung von Fristen für ihn bei Gericht einreichen könnte, lässt sich dieser Versicherung dagegen nicht entnehmen.
9
c) Dieses Versäumnis hat sich hier auch ausgewirkt.
10
aa) Ein Rechtsanwalt muss zwar, wenn er - wie hier - unvorhergesehen erkrankt, nur das, aber auch alles zur Fristwahrung unternehmen, was ihm dann möglich und zumutbar ist (BGH, Beschlüsse vom 11. März 1987 - VIII ZB 2/87, VersR 1987, 785, 786, vom 6. März 1990 - VI ZB 4/90, VersR 1990, 1026 und vom 8. Februar 2000 - XI ZB 20/99, juris Rn. 12; Senat, Beschlüsse vom 18. September 2003 - V ZB 23/03, FamRZ 2004, 182 und vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571, 3572 Rn. 9). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat hier das ihm Zumutbare nicht unternommen.
11
bb) Die unvorhergesehene Erkrankung kann den Rechtsanwalt zwar außerstande setzen, noch irgendwelche fristwahrenden Maßnahmen zu ergreifen (Senat, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571, 3572 Rn. 12). So lag es hier jedoch nach der anwaltlichen Versicherung des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht. Danach litt er an einer Enteritis mit Diarrhoe, Übelkeit und Erbrechen und konnte das Haus nicht verlassen. Daraus ergibt sich indes nicht, dass er auf Grund dieser Erkrankung nicht in der Lage gewesen wäre, einen Vertreter zu benachrichtigen und diesen zu bitten, in der Sache um Verlängerung der Frist zu bitten, die, da es sich um die erste Fristverlängerung gehandelt hätte, auch nicht aufwendig hätte begründet werden müssen (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Juni 2010 - V ZB 42/10, NJW-RR 2011, 285 Rn. 8, 10). Seiner anwaltlichen Versicherung ist, wie gesagt, auch nicht zu entnehmen, dass er Absprachen mit einer Vertretung, die er hätte bitten können , getroffen hätte. Dieses schuldhafte Versäumnis wirkte sich in dem jetzt eingetretenen Verhinderungsfall aus.
12
d) In dieser Hinsicht unterscheidet sich der Fall des Klägers von dem Fall, der dem Beschluss des Senats vom 18. September 2008 (V ZB 32/08, NJW 2008, 3571) zugrunde lag. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in jenem Fall hatte für eine Vertretung Vorsorge getroffen (Senat, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 3/08, NJW 2008, 3571, 3572 Rn. 11). Außerdem war er bettlägerig und so schwer erkrankt, dass er selbst den bereit stehenden Vertreter nicht mehr hatte verständigen können (Senat, aaO Rn. 12). Dergleichen lässt sich der hier maßgeblichen anwaltlichen Versicherung des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 26. Februar 2013 nicht entnehmen. Dass dieser in einer nach Erlass der angefochtenen Entscheidung vorgelegten weiteren anwaltlichen Versicherung vom 31. Mai 2013 entsprechende Angaben gemacht hat, ist unerheblich. Auf solche neue Tatsachen kann die Wiedereinsetzung nach § 234 Abs. 1, § 236 Abs. 2 ZPO nicht gestützt werden (BGH, Beschluss vom 27. Februar 1997 - I ZB 50/96, NJW 1997, 1708, 1709).

IV.

13
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch Czub Kazele
Vorinstanzen:
AG Lünen, Entscheidung vom 23.11.2012 - 8 C 430/11 -
LG Dortmund, Entscheidung vom 10.05.2013 - 17 S 1/13 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 67/12
vom
7. März 2013
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Berufungsbegründungsfrist ist nicht ohne Verschulden im Sinne des § 233
ZPO versäumt, wenn ein Rechtsanwalt nicht alle ihm möglichen und zumutbaren
Maßnahmen zur Wahrung der Frist ergriffen hat und nicht festgestellt werden
kann, dass die Frist auch bei Durchführung dieser Maßnahmen versäumt
worden wäre.
BGH, Beschluss vom 7. März 2013 - I ZB 67/12 - LG Bonn
AG Siegburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. März 2013 durch die Richter
Prof. Dr. Büscher, Pokrant, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 21. August 2012 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Beschwerdewert: 2.959,90 €.

Gründe:

1
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte in einer Transportrechtssache auf Freistellung von einer Schadensersatzforderung in Anspruch. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin fristgerecht Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat die Frist zur Begründung der Berufung antragsgemäß um einen Monat bis zum 12. Juli 2012 verlängert.
2
Die Klägerin hat ihre Berufung mit einem am 26. Juli 2012 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet und zugleich wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, ihr Prozessbevollmächtigter habe die Berufungsbegründung nicht rechtzeitig fertigstellen können, weil er aufgrund einer akuten Erkrankung arbeitsunfähig gewesen sei.
3
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses erstrebt und den Wiedereinsetzungsantrag weiterverfolgt.
4
II. Das Berufungsgericht hat die begehrte Wiedereinsetzung mit der Begründung abgelehnt, der Prozessbevollmächtigte der Klägerin - dessen Verschulden diese sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen müsse - habe die Berufungsbegründungsfrist schuldhaft versäumt. Aus dem eingereichten ärztlichen Attest gehe hervor, dass er am 12. Juli 2012 und damit am Tag des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist erkrankt sei. Da er die Berufungsbegründungsfrist bis zum letzten Tag ausgeschöpft habe, hätte er auch für den Fall einer unvorhergesehenen Erkrankung für eine Vertretung sorgen müssen.
5
III. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Rechtsbeschwerde ist zulässig (dazu 1), hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Begründung der angefochtenen Entscheidung ergibt zwar eine Rechtsverletzung (dazu 2); die Entscheidung stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (dazu 3).
6
1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Der angefochtene Beschluss verletzt die Klägerin in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz und rechtliches Gehör. Dieser gebietet es, einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten zu versagen , die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und mit denen sie auch unter Berücksichtigung der Entscheidungspraxis des angerufenen Gerichts nicht rechnen musste (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 4. Februar 2010 - I ZB 3/09, MDR 2010, 779, 780; Beschluss vom 5. Juni 2012 - VI ZB 16/12, NJW 2012, 2522 Rn. 6, jeweils mwN).
7
2. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der Klägerin die beantragte Wiedereinsetzung nicht versagt und ihre Berufung daher nicht verworfen werden. Ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Klägerin kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht darin gesehen werden, dass dieser für den Fall seiner unvorhergesehenen Erkrankung keinen Vertreter bestellt hat. Ein Rechtsanwalt, der die Frist zur Einlegung oder Begründung eines Rechtsmittels bis zum letzten Tag ausschöpft, hat zwar wegen des damit erfahrungsgemäß verbundenen Risikos erhöhte Sorgfalt aufzuwenden , um die Einhaltung der Frist sicherzustellen. Auf einen krankheitsbedingten Ausfall muss er sich aber nur dann durch konkrete Maßnahmen vorbereiten, wenn er einen solchen Ausfall vorhersehen kann (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571 Rn. 7 und 9; Beschluss vom 5. April 2011 - VIII ZB 81/10, NJW 2011, 1601, jeweils mwN). Er ist daher auch dann, wenn er eine Frist bis zum letzten Tag ausschöpfen will, nicht gehalten, für den Fall einer unvorhergesehenen Erkrankung vorsorglich einen Vertreter zu bestellen.
8
3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat die Berufungsbegründungsfrist schuldhaft versäumt, weil er nach seiner unvorhergesehenen Erkrankung nicht versucht hat, eine Verlängerung dieser Frist zu erreichen. Ein Rechtsanwalt muss auch bei einer unvorhergesehenen Erkrankung alle ihm dann noch möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung einer Frist ergreifen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, NJW 2008, 3571 Rn. 9 mwN). Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat zwar im Rechtsbeschwerdeverfahren anwaltlich versichert, er sei aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr imstande gewesen , selbst einfachste anwaltliche Tätigkeiten zu verrichten und habe seinen Versuch, die Berufungsbegründungsschrift abzufassen, deshalb bereits nach wenigen Minuten abbrechen müssen. Damit hat er aber nicht glaubhaft ge- macht, dass es ihm nicht möglich und zumutbar war, beim Berufungsgericht eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zu beantragen und - im Blick darauf, dass das Berufungsgericht diese Frist bereits antragsgemäß um einen Monat verlängert hatte und eine weitere Verlängerung nur mit Einwilligung des Gegners möglich war (§ 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO) - den Prozessbevollmächtigten der Beklagten um Zustimmung zur Fristverlängerung zu bitten. Es kann zwar nicht festgestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten sich mit einer weiteren Fristverlängerung einverstanden erklärt hätte. Darauf kann sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin jedoch nicht mit Erfolg berufen. Hat ein Rechtsanwalt nicht alle ihm möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung einer Berufungsbegründungsfrist ergriffen, geht es zu seinen Lasten, wenn nicht festgestellt werden kann, dass die Frist auch bei Durchführung dieser Maßnahmen versäumt worden wäre.
9
IV. Danach ist die Rechtsbeschwerde gegen den angegriffenen Beschluss zurückzuweisen (§ 577 Abs. 3 ZPO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Büscher Pokrant Schaffert Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
AG Siegburg, Entscheidung vom 14.03.2012 - 118 C 408/11 -
LG Bonn, Entscheidung vom 21.08.2012 - 8 S 118/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 94/13
vom
26. September 2013
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. September 2013 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Lemke,
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, Dr. Czub und Dr. Kazele

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 17. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 10. Mai 2013 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.

Gründe:

I.

1
Durch dem Kläger am 14. Dezember 2012 zugestelltes Urteil ist die auf Ableitung von Niederschlagswasser gerichtete Klage abgewiesen worden. Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 2. Januar 2013 Berufung eingelegt. Durch gerichtliches Schreiben vom 20. Februar 2013 ist der Kläger auf das Ausbleiben der Berufungsbegründung hingewiesen worden. Mit am 26. Februar 2013 eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der anwaltlich versicherten Begründung beantragt, sein Prozessbevollmächtigter sei am 14. Februar 2013 unvorhersehbar erkrankt und dadurch bedingt nicht in der Lage gewesen, seine Kanzlei aufzusuchen.
2
Das Landgericht hat das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde, mit welcher er die Durchführung des Berufungsverfahrens erreichen will.

II.

3
Das Berufungsgericht meint, dem Kläger sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu versagen , weil er diese schuldhaft nicht eingehalten habe. Die Versäumung der Frist könne der Kläger nicht mit einer unvorhergesehenen Erkrankung des Prozessbevollmächtigten entschuldigen. Sein Prozessbevollmächtigter habe Vorsorge für den Fall treffen müssen, dass er unvorhergesehen an der Wahrnehmung seiner Aufgaben gehindert werde. Das gelte gerade dann, wenn er seine Kanzlei allein und ohne eigenes Personal betreibe. Eine Ausnahmesituation, der mit solchen Vorsorgemaßnahmen nicht zu begegnen sei, liege nicht vor.

III.

4
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
5
1. Sie ist zwar gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO ohne Zulassung statthaft. Zulässig ist sie aber gemäß § 574 Abs. 2 ZPO nur, wenn auch die dort bestimmten weiteren Voraussetzungen gegeben sind. Das ist nicht der Fall. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) noch ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Insbesondere hat das Berufungsgericht keine überzogenen Anforderungen gestellt, die dem Kläger den Zugang zu der an sich gegebenen Berufung unzumutbar erschweren (vgl. dazu nur Senat, Beschluss vom 12. April 2010 - V ZB 224/09, NJW-RR 2010, 1096 Rn. 4 mwN).
6
2. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht dem Kläger die formund fristgerecht beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist versagt hat, entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die weder fortzubilden noch zu ergänzen ist.
7
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Rechtsanwalt allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Er muss seinem Personal die notwendigen allgemeinen Anweisungen für einen solchen Fall geben. Ist er als Einzelanwalt ohne eigenes Personal tätig, muss er ihm zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall, z.B. durch Absprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen treffen (BGH, Beschlüsse vom 6. März 1990 - VI ZB 4/90, VersR 1990, 1026 und vom 18. Mai 1994 - XII ZB 62/94, FamRZ 1994, 1520). Durch konkrete Maßnahmen im Einzelfall muss sich der Rechtsanwalt allerdings nur dann vorbereiten, wenn er einen solchen konkreten Ausfall vorhersehen kann (BGH, Beschlüsse vom 18. Oktober 1984 - III ZB 13/84, VersR 1985, 139, 140 und Senat, Beschlüsse vom 23. November 1995 - V ZB 20/95, NJW 1996, 997, 998 und vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571, 3572 Rn. 9).
8
b) Diesen Anforderungen hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers, wie das Berufungsgericht zu Recht entschieden hat, nicht entsprochen. Nach seiner anwaltlichen Versicherung vom 26. Februar 2013 hat er nur für die Annahme von Telefonaten sowie den Empfang und den Versand von Post durch Beauftragung eines Dienstleisters Sorge getragen. Dass er auch Vorkehrungen für eine Vertretung getroffen hat, die etwa Anträge zur Verlängerung von Fristen für ihn bei Gericht einreichen könnte, lässt sich dieser Versicherung dagegen nicht entnehmen.
9
c) Dieses Versäumnis hat sich hier auch ausgewirkt.
10
aa) Ein Rechtsanwalt muss zwar, wenn er - wie hier - unvorhergesehen erkrankt, nur das, aber auch alles zur Fristwahrung unternehmen, was ihm dann möglich und zumutbar ist (BGH, Beschlüsse vom 11. März 1987 - VIII ZB 2/87, VersR 1987, 785, 786, vom 6. März 1990 - VI ZB 4/90, VersR 1990, 1026 und vom 8. Februar 2000 - XI ZB 20/99, juris Rn. 12; Senat, Beschlüsse vom 18. September 2003 - V ZB 23/03, FamRZ 2004, 182 und vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571, 3572 Rn. 9). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat hier das ihm Zumutbare nicht unternommen.
11
bb) Die unvorhergesehene Erkrankung kann den Rechtsanwalt zwar außerstande setzen, noch irgendwelche fristwahrenden Maßnahmen zu ergreifen (Senat, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571, 3572 Rn. 12). So lag es hier jedoch nach der anwaltlichen Versicherung des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht. Danach litt er an einer Enteritis mit Diarrhoe, Übelkeit und Erbrechen und konnte das Haus nicht verlassen. Daraus ergibt sich indes nicht, dass er auf Grund dieser Erkrankung nicht in der Lage gewesen wäre, einen Vertreter zu benachrichtigen und diesen zu bitten, in der Sache um Verlängerung der Frist zu bitten, die, da es sich um die erste Fristverlängerung gehandelt hätte, auch nicht aufwendig hätte begründet werden müssen (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Juni 2010 - V ZB 42/10, NJW-RR 2011, 285 Rn. 8, 10). Seiner anwaltlichen Versicherung ist, wie gesagt, auch nicht zu entnehmen, dass er Absprachen mit einer Vertretung, die er hätte bitten können , getroffen hätte. Dieses schuldhafte Versäumnis wirkte sich in dem jetzt eingetretenen Verhinderungsfall aus.
12
d) In dieser Hinsicht unterscheidet sich der Fall des Klägers von dem Fall, der dem Beschluss des Senats vom 18. September 2008 (V ZB 32/08, NJW 2008, 3571) zugrunde lag. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in jenem Fall hatte für eine Vertretung Vorsorge getroffen (Senat, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 3/08, NJW 2008, 3571, 3572 Rn. 11). Außerdem war er bettlägerig und so schwer erkrankt, dass er selbst den bereit stehenden Vertreter nicht mehr hatte verständigen können (Senat, aaO Rn. 12). Dergleichen lässt sich der hier maßgeblichen anwaltlichen Versicherung des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 26. Februar 2013 nicht entnehmen. Dass dieser in einer nach Erlass der angefochtenen Entscheidung vorgelegten weiteren anwaltlichen Versicherung vom 31. Mai 2013 entsprechende Angaben gemacht hat, ist unerheblich. Auf solche neue Tatsachen kann die Wiedereinsetzung nach § 234 Abs. 1, § 236 Abs. 2 ZPO nicht gestützt werden (BGH, Beschluss vom 27. Februar 1997 - I ZB 50/96, NJW 1997, 1708, 1709).

IV.

13
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch Czub Kazele
Vorinstanzen:
AG Lünen, Entscheidung vom 23.11.2012 - 8 C 430/11 -
LG Dortmund, Entscheidung vom 10.05.2013 - 17 S 1/13 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 736/12
vom
5. März 2014
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Pflicht eines Rechtsanwalts, für eine Vertretung bei Erkrankung zu sorgen.
BGH, Beschluss vom 5. März 2014 - XII ZB 736/12 - OLG Köln
LG Bonn
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. März 2014 durch den Vorsitzenden
Richter Dose und die Richter Schilling, Dr. Günter, Dr. NeddenBoeger
und Dr. Botur

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 14. November 2012 wird auf Kosten der Klägerin verworfen. Wert: 89.685 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin begehrt Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist , die sie wegen einer Erkrankung ihres Prozessbevollmächtigten versäumt habe.
2
Das überwiegend klageabweisende Urteil des Landgerichts ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 12. Juli 2012 zugestellt worden. Hiergegen hat die Klägerin rechtzeitig Berufung eingelegt. Einen ersten Antrag zur Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist hat ihr Prozessbevollmächtigter am 12. September 2012 mit der Begründung der Arbeitsüberlastung gestellt. Das Oberlandesgericht hat die Frist antragsgemäß bis zum 12. Oktober 2012 verlängert. Am 12. Oktober 2012 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die weitere Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17. Oktober 2012 beantragt, weil er akut erkrankt sei. Auch diesem Antrag hat das Oberlan- desgericht stattgegeben. Einen Tag vor Ablauf der verlängerten Frist, am 16. Oktober 2012, hat der gegnerische Prozessbevollmächtigte dem Gericht sein Einverständnis mit einer weiteren Fristverlängerung für den Klägervertreter bis zum 22. Oktober 2012 erklärt, da dessen Büro mitgeteilt habe, dass dieser noch erkrankt sei. Einen Fristverlängerungsantrag hat der Klägervertreter bis zum Ablauf des 17. Oktober 2012 nicht gestellt. Das Oberlandesgericht hat am 19. Oktober 2012 darauf hingewiesen, dass zwar der Gegner einer Fristverlängerung zugestimmt habe, jedoch kein rechtzeitiger Fristverlängerungsantrag vorliege, so dass die Frist verstrichen und die Berufung als unzulässig zu verwerfen sei. Die Berufungsbegründung ist schließlich am 22. Oktober 2012 beim Oberlandesgericht eingegangen. Dort hat der Klägervertreter "formell ergänzend gebeten, den Fristverlängerungsantrag bis heute anzunehmen", zumal die Gegenseite der Verlängerung zugestimmt habe. Weiter hat der Klägervertreter "äußerst vorsorglich" Wiedereinsetzung "aus Gründen akuter unvorhergesehener Krankheit" beantragt.
3
Mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2012 hat der Klägervertreter nochmals Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist beantragt und vorgetragen, seine Krankheit habe sich gerade im Lauf des letzten Tages der Frist, dem 17. Oktober 2012, massiv verschlimmert. Eine Vertretung durch einen anderen Anwalt sei nicht möglich gewesen. Er sei als Einzelanwalt tätig. Rechtsanwalt D., von dem er Büroräume am Ort seiner Zweigstelle angemietet habe, sei in der ganzen Woche ortsabwesend gewesen, auch bestehe keine allgemeine Vertretungsregelung mit ihm.
4
Das Oberlandesgericht hat das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewiesen und zugleich die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
6
Sie ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthaft, aber nicht zulässig, weil die Klägerin nicht aufzuzeigen vermag, dass eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts erforderlich wäre, § 574 Abs. 2 ZPO. Der angefochtene Beschluss verletzt die Klägerin weder in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Danach darf einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (ständige Rechtsprechung, Senatsbeschluss vom 11. Juni 2008 - XII ZB 184/07 - FamRZ 2008, 1605 Rn. 6 mwN).
7
1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , die Versäumung der Frist beruhe auf einem Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, welches ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen sei. Ein Rechtsanwalt müsse durch geeignete organisatorische Maßnahmen vorausschauend Vorsorge für den Fall seiner vorhersehbaren oder unvorhersehbaren Abwesenheit treffen, insbesondere durch Bestellung eines Vertreters. Ein Verschulden sei nur dann zu verneinen, wenn der krankheitsbedingte Ausfall für den Prozessbevollmächtigten nicht vorhersehbar gewesen sei und infolge der Erkrankung weder ein Verlängerungsantrag gestellt noch ein Vertreter habe bestellt werden können. Es sei nicht ersichtlich, dass der Prozessbe- vollmächtigte der Klägerin seine krankheitsbedingte Verhinderung nicht habe vorhersehen können. Schon seinen Fristverlängerungsantrag vom 12. Oktober 2012 habe er mit Erkrankung begründet. Ferner habe er am 16. Oktober 2012 über sein Büro die Zustimmung der Gegenseite zu einer weiteren Fristverlängerung wegen Erkrankung eingeholt. Wenn aber der schon seit einigen Tagen erkrankte Anwalt bereits am 16. Oktober 2012 habe absehen können, dass er krankheitsbedingt nicht in der Lage sein werde, bis zum Fristablauf am nächsten Tag die Berufungsbegründung einzureichen, hätte er Vorkehrungen treffen müssen, dass jedenfalls ein Fristverlängerungsantrag rechtzeitig bei Gericht gestellt werde. Dass er keine Vertretungsregelung mit Rechtsanwalt D. getroffen habe, vermöge ihn nicht zu entlasten, da er grundsätzlich verpflichtet sei, eine Vertretung für Fälle seiner Abwesenheit zu organisieren. Es sei nicht ersichtlich , dass es nicht möglich gewesen wäre, einen anderen Rechtsanwalt kurzfristig mit der Vertretung in dieser Einzelsache zu betrauen.
8
2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung und den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
9
a) Zutreffend ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass ein Rechtsanwalt im Rahmen seiner Organisationspflichten grundsätzlich auch dafür Vorkehrungen zu treffen hat, dass im Falle einer Erkrankung ein Vertreter die notwendigen Prozesshandlungen wahrnimmt (BGH Beschluss vom 5. April 2011 - VIII ZB 81/10 - NJW 2011, 1601 Rn. 18). Auf einen krankheitsbedingten Ausfall muss sich der Rechtsanwalt durch konkrete Maßnahmen vorbereiten, wenn er eine solche Situation vorhersehen kann. Wird er dagegen unvorhergesehen krank, gereicht ihm eine unterbleibende Einschaltung eines Vertreters nicht zum Verschulden, wenn ihm diese weder möglich noch zumutbar war (BGH Beschlüsse vom 5. April 2011 - VIII ZB 81/10 - NJW 2011, 1601 Rn. 18; vom 6. Juli 2009 - II ZB 1/09 - NJW 2009, 3037 Rn. 10 und vom 18. September 2008 - V ZB 32/08 - FamRZ 2008, 2271 Rn. 9).
10
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin war bereits seit mehreren Tagen erkrankt, wie sein Fristverlängerungsantrag vom 12. Oktober 2012 und die Mitteilung des gegnerischen Prozessbevollmächtigten vom 16. Oktober 2012 belegen. Er wusste also mindestens seit dem 16. Oktober 2012, dass er durch seine Erkrankung gehindert sein würde, die am nächsten Tag ablaufende Frist zur Berufungsbegründung einzuhalten. Warum es ihm in dieser Zeit nicht möglich gewesen sein soll, zumindest eine Fristverlängerung zu beantragen, mit der der Gegner bereits einverstanden war, oder einen Kollegen damit zu beauftragen , trägt die Klägerin nicht vor. Insofern hilft dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin der Vortrag, die Erkrankung habe sich im Lauf des 17. Oktober 2012 massiv verschlimmert, nicht weiter, da er nicht erklärt, wieso er sich nicht um eine Vertretung für einen solchen Verlängerungsantrag bemüht hat. Die Rechtsbeschwerde führt erfolglos an, die Frist wäre auch dann versäumt worden , wenn mit Rechtsanwalt D. eine allgemeine Vertretungsregelung bestanden hätte, da dieser in der Woche vom 12. bis 18. Oktober 2012 ortsabwesend gewesen sei. Die Klägerin trägt nämlich nicht vor, dass diese Ortsabwesenheit unvorhersehbar gewesen sei oder dass es ihrem Prozessbevollmächtigten nicht möglich und zumutbar gewesen sei, einen anderen Vertreter zu beauftragen; dies insbesondere angesichts der Tatsache, dass die Erkrankung nicht plötzlich und unvorhergesehen eintrat, sondern bereits seit einigen Tagen bestand.
11
b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde musste das Berufungsgericht den Schriftsatz des gegnerischen Rechtsanwalts vom 16. Oktober 2012, mit dem dieser sein Einverständnis mit einer nochmaligen Fristverlängerung erklärte, nicht dahin auslegen, dass er für den Klägervertreter, seinen Gegner, Fristverlängerung beantragt. Die Frage, ob der Prozessgegner antragsberechtigt für eine Fristverlängerung zu Gunsten der Gegenpartei ist (vgl. Zöller/Stöber ZPO 30. Aufl. § 224 Rn. 6; Hk-ZPO/Wöstmann 4. Aufl. § 224 Rn. 5; a.A. MünchKommZPO/Gehrlein 4. Aufl. § 225 Rn. 1), kann dahinstehen.
Denn jedenfalls hat der Gegner keinen Antrag auf Fristverlängerung für die Klägerin gestellt. Die Erklärung, mit der Verlängerung der Frist für den Gegner einverstanden zu sein, kann nicht als Antrag auf Fristverlängerung ausgelegt werden. Auch wenn Prozesshandlungen grundsätzlich auslegungsfähig sind, müssen Anträge eindeutig als solche formuliert sein. Die Einverständniserklärung mit einer Fristverlängerung für den Gegner gleichzeitig als Fristverlängerungsantrag auszulegen, wäre eine unzulässige Auslegung über den eindeutigen Wortlaut der Erklärung hinaus.
12
c) Die Rechtsbeschwerde rügt ohne Erfolg, dass das Oberlandesgericht seinen Rechtsausführungen keinen Sachverhalt vorangestellt hat. Denn das Fehlen einer gesonderten Darstellung des Sachverhalts im Beschluss des Oberlandesgerichts kann hier hingenommen werden, weil sich die prozessualen Vorgänge, auf die es ankommt, nämlich der für die Wiedereinsetzung und die Verwerfung der Berufung maßgebliche Sachverhalt und das Rechtsschutzziel, mit ausreichender Deutlichkeit aus den Beschlussgründen ergeben (vgl. BGH Beschlüsse vom 16. April 2013 - VI ZB 50/12 - NJW-RR 2013, 1077 Rn. 5 mwN und vom 12. Juli 2004 - II ZB 3/03 - NJW-RR 2005, 78).
13
d) Die Rechtsbeschwerde irrt ebenfalls, wenn sie meint, das Oberlandesgericht hätte gemäß § 139 ZPO vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin weiteren Vortrag verlangen müssen, welcher Art dessen Krankheit war, da eine Bettlägerigkeit die Fristversäumung entschuldigen würde. Alle Tatsachen, die für die Wiedereinsetzung von Bedeutung sein können, sind innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist (§§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 ZPO) vorzutragen. Lediglich erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, dürfen nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Mai 1994 - XII ZB 21/94 - NJW 1994, 2097, 2098). Hat das Wiedereinsetzungsgesuch - wie im vorliegenden Fall - bereits eine in sich geschlossene, an sich nicht ergänzungsbedürftig erscheinende Sachdarstellung enthalten, besteht kein Anlass für eine weitere Aufklärung durch das Gericht nach § 139 ZPO. Es liegt vielmehr in der Verantwortung des Rechtsanwalts, alle für die Erfüllung seiner Sorgfaltspflicht sprechenden Tatsachen vorzutragen. Dem ist der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht nachgekommen. Dessen Verschulden hat das Oberlandesgericht der Klägerin zutreffend nach § 85 Abs. 2 ZPO zugerechnet.
Dose Schilling Günter Nedden-Boeger Botur
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 04.07.2012 - 1 O 330/10 -
OLG Köln, Entscheidung vom 14.11.2012 - 1 U 73/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 94/13
vom
26. September 2013
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. September 2013 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Lemke,
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, Dr. Czub und Dr. Kazele

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 17. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 10. Mai 2013 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.

Gründe:

I.

1
Durch dem Kläger am 14. Dezember 2012 zugestelltes Urteil ist die auf Ableitung von Niederschlagswasser gerichtete Klage abgewiesen worden. Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 2. Januar 2013 Berufung eingelegt. Durch gerichtliches Schreiben vom 20. Februar 2013 ist der Kläger auf das Ausbleiben der Berufungsbegründung hingewiesen worden. Mit am 26. Februar 2013 eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der anwaltlich versicherten Begründung beantragt, sein Prozessbevollmächtigter sei am 14. Februar 2013 unvorhersehbar erkrankt und dadurch bedingt nicht in der Lage gewesen, seine Kanzlei aufzusuchen.
2
Das Landgericht hat das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde, mit welcher er die Durchführung des Berufungsverfahrens erreichen will.

II.

3
Das Berufungsgericht meint, dem Kläger sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu versagen , weil er diese schuldhaft nicht eingehalten habe. Die Versäumung der Frist könne der Kläger nicht mit einer unvorhergesehenen Erkrankung des Prozessbevollmächtigten entschuldigen. Sein Prozessbevollmächtigter habe Vorsorge für den Fall treffen müssen, dass er unvorhergesehen an der Wahrnehmung seiner Aufgaben gehindert werde. Das gelte gerade dann, wenn er seine Kanzlei allein und ohne eigenes Personal betreibe. Eine Ausnahmesituation, der mit solchen Vorsorgemaßnahmen nicht zu begegnen sei, liege nicht vor.

III.

4
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
5
1. Sie ist zwar gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO ohne Zulassung statthaft. Zulässig ist sie aber gemäß § 574 Abs. 2 ZPO nur, wenn auch die dort bestimmten weiteren Voraussetzungen gegeben sind. Das ist nicht der Fall. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) noch ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Insbesondere hat das Berufungsgericht keine überzogenen Anforderungen gestellt, die dem Kläger den Zugang zu der an sich gegebenen Berufung unzumutbar erschweren (vgl. dazu nur Senat, Beschluss vom 12. April 2010 - V ZB 224/09, NJW-RR 2010, 1096 Rn. 4 mwN).
6
2. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht dem Kläger die formund fristgerecht beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist versagt hat, entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die weder fortzubilden noch zu ergänzen ist.
7
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Rechtsanwalt allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Er muss seinem Personal die notwendigen allgemeinen Anweisungen für einen solchen Fall geben. Ist er als Einzelanwalt ohne eigenes Personal tätig, muss er ihm zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall, z.B. durch Absprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen treffen (BGH, Beschlüsse vom 6. März 1990 - VI ZB 4/90, VersR 1990, 1026 und vom 18. Mai 1994 - XII ZB 62/94, FamRZ 1994, 1520). Durch konkrete Maßnahmen im Einzelfall muss sich der Rechtsanwalt allerdings nur dann vorbereiten, wenn er einen solchen konkreten Ausfall vorhersehen kann (BGH, Beschlüsse vom 18. Oktober 1984 - III ZB 13/84, VersR 1985, 139, 140 und Senat, Beschlüsse vom 23. November 1995 - V ZB 20/95, NJW 1996, 997, 998 und vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571, 3572 Rn. 9).
8
b) Diesen Anforderungen hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers, wie das Berufungsgericht zu Recht entschieden hat, nicht entsprochen. Nach seiner anwaltlichen Versicherung vom 26. Februar 2013 hat er nur für die Annahme von Telefonaten sowie den Empfang und den Versand von Post durch Beauftragung eines Dienstleisters Sorge getragen. Dass er auch Vorkehrungen für eine Vertretung getroffen hat, die etwa Anträge zur Verlängerung von Fristen für ihn bei Gericht einreichen könnte, lässt sich dieser Versicherung dagegen nicht entnehmen.
9
c) Dieses Versäumnis hat sich hier auch ausgewirkt.
10
aa) Ein Rechtsanwalt muss zwar, wenn er - wie hier - unvorhergesehen erkrankt, nur das, aber auch alles zur Fristwahrung unternehmen, was ihm dann möglich und zumutbar ist (BGH, Beschlüsse vom 11. März 1987 - VIII ZB 2/87, VersR 1987, 785, 786, vom 6. März 1990 - VI ZB 4/90, VersR 1990, 1026 und vom 8. Februar 2000 - XI ZB 20/99, juris Rn. 12; Senat, Beschlüsse vom 18. September 2003 - V ZB 23/03, FamRZ 2004, 182 und vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571, 3572 Rn. 9). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat hier das ihm Zumutbare nicht unternommen.
11
bb) Die unvorhergesehene Erkrankung kann den Rechtsanwalt zwar außerstande setzen, noch irgendwelche fristwahrenden Maßnahmen zu ergreifen (Senat, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571, 3572 Rn. 12). So lag es hier jedoch nach der anwaltlichen Versicherung des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht. Danach litt er an einer Enteritis mit Diarrhoe, Übelkeit und Erbrechen und konnte das Haus nicht verlassen. Daraus ergibt sich indes nicht, dass er auf Grund dieser Erkrankung nicht in der Lage gewesen wäre, einen Vertreter zu benachrichtigen und diesen zu bitten, in der Sache um Verlängerung der Frist zu bitten, die, da es sich um die erste Fristverlängerung gehandelt hätte, auch nicht aufwendig hätte begründet werden müssen (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Juni 2010 - V ZB 42/10, NJW-RR 2011, 285 Rn. 8, 10). Seiner anwaltlichen Versicherung ist, wie gesagt, auch nicht zu entnehmen, dass er Absprachen mit einer Vertretung, die er hätte bitten können , getroffen hätte. Dieses schuldhafte Versäumnis wirkte sich in dem jetzt eingetretenen Verhinderungsfall aus.
12
d) In dieser Hinsicht unterscheidet sich der Fall des Klägers von dem Fall, der dem Beschluss des Senats vom 18. September 2008 (V ZB 32/08, NJW 2008, 3571) zugrunde lag. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in jenem Fall hatte für eine Vertretung Vorsorge getroffen (Senat, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 3/08, NJW 2008, 3571, 3572 Rn. 11). Außerdem war er bettlägerig und so schwer erkrankt, dass er selbst den bereit stehenden Vertreter nicht mehr hatte verständigen können (Senat, aaO Rn. 12). Dergleichen lässt sich der hier maßgeblichen anwaltlichen Versicherung des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 26. Februar 2013 nicht entnehmen. Dass dieser in einer nach Erlass der angefochtenen Entscheidung vorgelegten weiteren anwaltlichen Versicherung vom 31. Mai 2013 entsprechende Angaben gemacht hat, ist unerheblich. Auf solche neue Tatsachen kann die Wiedereinsetzung nach § 234 Abs. 1, § 236 Abs. 2 ZPO nicht gestützt werden (BGH, Beschluss vom 27. Februar 1997 - I ZB 50/96, NJW 1997, 1708, 1709).

IV.

13
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch Czub Kazele
Vorinstanzen:
AG Lünen, Entscheidung vom 23.11.2012 - 8 C 430/11 -
LG Dortmund, Entscheidung vom 10.05.2013 - 17 S 1/13 -

(1) Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann von den am Beschwerdeverfahren Beteiligten durch Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.

(2) Über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof durch Beschluss, der zu begründen ist. Der Beschluss kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.

(4) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts zu begründen. Die Frist kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden verlängert werden. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde müssen die Zulassungsgründe des § 77 Absatz 2 dargelegt werden.

(5) Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Nichtzulassungsbeschwerden der Kartellbehörden.

(6) Wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, so wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts mit der Zustellung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs rechtskräftig. Wird die Rechtsbeschwerde zugelassen, so wird das Verfahren als Rechtsbeschwerdeverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Rechtsbeschwerde. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde.

(1) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat bei der Kartellbehörde, deren Verfügung angefochten wird, schriftlich einzureichen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Verfügung der Kartellbehörde. Wird in den Fällen des § 36 Absatz 1 Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 42 gestellt, so beginnt die Frist für die Beschwerde gegen die Verfügung des Bundeskartellamts mit der Zustellung der Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Es genügt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.

(2) Ergeht entsprechend § 73 Absatz 3 Satz 2 auf einen Antrag keine Verfügung, so ist die Beschwerde an keine Frist gebunden.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der angefochtenen Verfügung zu begründen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 3 beginnt die Frist mit der Zustellung der Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Wird diese Verfügung angefochten, beginnt die Frist zu dem Zeitpunkt, zu dem die Untersagung unanfechtbar wird. Im Fall des Absatzes 2 beträgt die Frist einen Monat; sie beginnt mit der Einlegung der Beschwerde. Die Frist kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden des Beschwerdegerichts verlängert werden.

(4) Die Beschwerdebegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Verfügung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird,
2.
die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt.

(5) Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Beschwerden der Kartellbehörden.