Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 20. Juli 2016 - 20 U 43/16
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 29.01.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Bielefeld (5 O 153/15) wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.
Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung.
Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf bis zu 22.000,00 EUR festgesetzt.
1
G r ü n d e
2I.
3Der Kläger als Versicherungsnehmer und die Klägerin als mitversicherte Person nehmen die Beklagte auf Zusage von Deckungsschutz aus einer Rechtsschutzversicherung für eine auf Widerruf von Verbraucherdarlehensverträgen gestützte Leistungsklage auf Erteilung einer Löschungsbewilligung einer Grundschuld über einen Betrag von 290.000,00 EUR Zug um Zug gegen Darlehensrückzahlung unter Aufrechnung der übrigen Rückgewährforderungen in Höhe von 274.191,38 EUR in Anspruch.
4Auf eine erste allgemeine Deckungsschutzanfrage vom 09.12.2014 (Anl. K5, GA 16) sagte die Beklagte unter dem 17.12.2014 Kostenschutz für eine Klage in erster Instanz zu, aber nur für einen Antrag auf Feststellung der Wirksamkeit der Widerruferklärung (Anl. K6, GA 17 f.). Nach weiterer Korrespondenz, insbesondere dem Hinweis der Kläger, dass eine Feststellungsklage unzulässig sein könnte, sowie Vorlage eines Leistungsklageentwurfs, wiederholte die Beklagte ihre beschränkte Zusage unter dem 26.03.2015 (Anl. K11, GA 30 f.). Auch mit Schreiben vom 29.05.2015 hielt die Beklagte daran fest (Anl. K18, GA 45).
5Erstmals im Prozess hat sich die Beklagte auf fehlende Erfolgsaussichten einer Klage berufen, da die Widerrufsbelehrungen ordnungsgemäß seien. Daraufhin haben die Kläger unter dem 17.11.2015 einen Stichentscheid im Sinne des § 3a Abs. 2 lit. b ARB vornehmen lassen (GA 92-125).
6Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 29.01.2016 (GA 166-178r), insbesondere auch wegen der konkret gestellten Anträge, verwiesen.
7Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben und insoweit im Wesentlichen ausgeführt (veröffentlicht bei juris: LG Bielefeld, Urt. v. 29.01.2016, 5 O 153/15):
8Die Beklagte sei mit dem Einwand, der Widerruf entfalte keine Wirkung, so dass es an den Erfolgsaussichten einer Klage fehle, ausgeschlossen, weil sie mit ihren Schreiben vom 17.12.2014 und 26.03.2015 ein bindendes deklaratorischen Schuldanerkenntnis abgegeben habe, auf das die Kläger vertrauen dürften. Im Übrigen müssten sich die Kläger auch nicht auf die Feststellungsklage verweisen lassen, da diese den Streit nicht umfassend befriede. Die Darlehensgeberin habe zu erkennen gegeben, dass sie auf die Feststellungsklage nicht ohne Weiteres leisten werde; die Berechnung des Wertersatzes sei für den konkreten Fall noch nicht höchstrichterlich geklärt.
9Wegen der genauen Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 29.01.2016 (GA 166-178r) verwiesen.
10Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Für die Annahme eines deklaratorischen Anerkenntnisses fehle es an einer Annahmeerklärung der Kläger. Im Übrigen habe das Landgericht die Deckungszusage über den Willen der Beklagten hinaus ausgeweitet. Dies sei nur möglich, wenn auch die Erfolgsaussichten für die Ausweitung geprüft und festgestellt würden. Auf den Stichentscheid könnten sich die Kläger ebenfalls nicht stützen, da sich dieser nicht hinreichend mit den von der Beklagten formulierten Bedenken auseinandersetze. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten wird auf ihre Berufungsbegründungsschrift (GA 223-233) verwiesen.
11Die Beklagte beantragt,
12unter Abänderung des am 29.01.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Bielefeld die Klage abzuweisen.
13Der Senat hat die Beklagte durch Beschluss vom 03.06.2010 (GA 238-244) unter Fristsetzung zur Stellungnahme darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
14Hierzu hat die Beklagte fristgemäß Stellung genommen und sich auf § 17 Abs. 1 lit. d ARB 2014 bzw. § 82 VVG berufen. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten wird auf den Schriftsatz vom 11.07.2016 (GA 252-256) verwiesen.
15II.
16Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung der Beklagten offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und es erfordern auch nicht die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung. Eine mündliche Verhandlung ist schließlich auch sonst nicht geboten.
17Das Berufungsvorbringen der Beklagten führt nicht zum Erfolg. Das Landgericht hat der Klage zu Recht und mit zutreffenden Gründen stattgegeben. Das Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere, dem Kläger günstigere Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.
181. Die Beklagte kann sich nicht mehr auf fehlende Erfolgsaussichten einer auf Widerruf gestützten Klage im Sinne des § 3a Abs. 1 S. 1 lit. a ARB stützen. Denn die Beklagte hat diese erstmals im vorliegenden Rechtsstreit verneint, nachdem sie diese im Gegenteil zuvor in den Schreiben vom 17.12.2014, 26.03.2015 und 29.05.2015 konkludent bejaht hatte. Damit verstieß die Beklagte gegen die vertragliche Pflicht zur unverzüglichen schriftlichen Begründung der Ablehnung im Sinne des § 3a Abs. 1 lit. c ARB. Nach ständiger Rechtsprechung hat der Verstoß gegen die Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der Erfolgsaussicht und Stellungnahme über die Eintrittspflicht für den Versicherer den Verlust der darauf gestützten Ablehnungsrechte zur Folge (vgl. BGH, Urt. v. 30.04.2014, IV ZR 47/13, juris, Rn. 30 m. w. N., VersR 2014, 742; BGH, Urt. v. 19.03.2003, IV ZR 139/01, juris, Rn. 11 ff. m. w. N., VersR 2003, 638).
192. Die Beklagte verwehrte den Deckungsschutz für die geplante Leistungsklage gegenüber der von ihr gewünschten Feststellungsklage zutreffend auch nicht unter Verweis auf fehlende Erfolgsaussichten (§ 3a Abs. 1 S. 1 lit. a ARB) oder Mutwilligkeit (§ 3a Abs. 1 S. 2 lit. b ARB) der Leistungsklage.
203. Soweit sich die Beklagte erstmals auf den Hinweis des Senats vom 03.06.2016 auf § 17 Abs. 1 lit. d ARB 2014 bzw. § 82 VVG beruft und die maßgeblichen ARB 2014 erstmals zur Akte gelangen, führt dies nicht zum Erfolg.
21In § 17 Abs. 1 lit. d ARB 2014 heißt es:
22„§ 17 Verhalten im Versicherungsfall / Erfüllung von Obliegenheiten
23Obliegenheiten bezeichnen sämtliche Verhaltensregeln, die Sie und die versicherten Personen beachten müssen, um den Anspruch auf Versicherungsschutz zu erhalten.
24(1) Was müssen Sie tun, wenn ein Versicherungsfall eintritt und Sie Versicherungsschutz brauchen?
25a) […]
26d) Bei Eintritt des Versicherungsfalls müssen Sie – soweit möglich – dafür sorgen, dass Schaden vermieden bzw. verringert wird. (Entsprechend § 82 Versicherungsvertragsgesetz. § 82 bestimmt zum Beispiel in Absatz 1: „Der Versicherungsnehmer hat bei Eintritt des Versicherungsfalls nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen.“)
27Das heißt, Sie müssen die Kosten für die Rechtsverfolgung (zum Beispiel: Rechtsanwalts-, Gerichtskosten, Kosten der Gegenseite) so gering wie möglich halten. Hierzu sollten Sie uns oder Ihren Rechtsanwalt fragen.
28Sie müssen unsere Weisungen befolgen, soweit das für Sie zumutbar ist. Außerdem müssen Sie Weisungen von uns einholen, wenn die Umstände dies gestatten.
29[Hervorhebungen im Original]“
30Die Beklagte kann sich – entgegen der von ihr angeführten Entscheidung des Landgerichts Bochum, Urt. v. 04.05.2016, 4 O 353/15 (die Berufung ist vor dem Senat unter dem Aktenzeichen 20 U 93/16 anhängig) – nicht auf § 17 Abs. 1 lit. d ARB 2014 bzw. § 82 (Abs. 2 S. 1) VVG berufen, da es für den Kläger jedenfalls nicht zumutbar war und ist, der Weisung der Beklagten, nur eine Feststellungsklage zu erheben, zu folgen.
31Deshalb kann offen bleiben, ob, weil die Beklagte sich nicht bereits erstinstanzlich oder jedenfalls mit der Berufungsbegründung auf die Obliegenheitsverletzung berufen hat, und schon deshalb mit ihrem Einwand ausgeschlossen ist.
32a) Bei der Bewertung der Zumutbarkeit sind die wechselseitigen Interessen des Versicherungsnehmers / des Versicherten und des Versicherers zu berücksichtigen.
33b) Gemessen daran ist die Erhebung einer Feststellungsklage auch unter Berücksichtigung des aus Sicht eines Versicherers und der übrigen Versichertengemeinschaft nachvollziehbaren Kostensenkungsinteresses unzumutbar.
34aa) Denn es ist gerichtsbekannt, dass kreditgebende Banken die Zulässigkeit der Feststellungsklage teilweise rügen. Auch in der Rechtsprechung wird die Zulässigkeit der Feststellungsklage, insbesondere auch in der von der Beklagten vorgegebenen Art („Es wird festgestellt, dass der Darlehensvertrag / die Darlehensverträge zwischen dem Kläger und der Beklagten mit der Nummer … durch die Erklärung des Klägers vom … widerrufen wurde“) und insbesondere auch bei Streit über die Höhe der wechselseitig zu erbringenden Zahlungen, in Zweifel gezogen. Es ist den Klägern daher nicht zumutbar, das Risiko einer – gegebenenfalls nur erstinstanzlichen – Prozessniederlage aus rein prozessualen Gründen allein aus Kostengründen in Kauf zu nehmen.
35bb) Darüber hinaus haben die Kläger unangegriffen vorgetragen, dass die Darlehensgeberin allein aufgrund eines Feststellungsurteils nicht unumwunden zur Leistung übergehen würde, da der Streit um die Höhe der Rückzahlung durch eine Feststellungsklage nicht gelöst werde und ein Folgerechtsstreit in Form einer Leistungsklage unausweichlich sei.
36Die Beklagte hat diesen unstreitigen Vortrag zudem dadurch bestätigt, dass sie selbst in der Klageerwiderung (Seite 8, GA 75) vorgetragen hat, dass den Klägern der von ihnen behauptete und zur Aufrechnung gestellte Anspruch auf Nutzungsersatz nicht in der behaupteten Höhe zustehe.
37Auf entsprechenden Hinweis des Senats vom 03.06.2016 hat die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte weiterhin nichts Gegenteiliges behauptet, sondern nur pauschal ausgeführt, dass man selbstverständlich auch hier von der kreditgebenden Bank erwarten müsse, dass diese nach entsprechender rechtskräftiger Feststellung des Bestehens des Rückabwicklungsverhältnisses die Rückabwicklung auch tatsächlich vornimmt. In dem von ihr angeführten Verfahren vor dem Landgericht Bochum hat sie ähnlich lediglich vorgetragen, dass die Bank „wohl kaum auf die Fortsetzung des Darlehensvertrages pochen“ werde.
38Daran, dass sich die kreditgebende Bank an ein rechtskräftiges Feststellungsurteil halten wird, hat auch der Senat keine Zweifel. Sie wird anerkennen, dass der Darlehensvertrag unwirksam ist. Daraus ergibt sich aber nicht, dass sie, da es um Zug um Zug zu erfüllende Leistungen geht, die Vorstellungen der Kläger zur Höhe der wechselseitig zu erbringenden Zahlungen anerkennt, und damit ein weiterer Prozess vermieden würde (vgl. jeweils zur Teilklage Senat, Beschl. v. 17.07.1992, 20 W 7/92, juris, Rn. 10, VersR 1993, 310; OLG Karlsruhe, Urt. v. 04.07.2002, 12 U 69/02, juris, Rn. 13, VersR 2003, 58). Eine Vollstreckung der Kläger aus dem Feststellungsurteil wäre nicht möglich. Die kreditgebende Bank würde vielmehr erst aufgrund eines rechtskräftigen Leistungsurteils ohne Notwendigkeit von Vollstreckungsmaßnahmen leisten.
39Die Kläger werden so – gegebenenfalls nach Durchlaufen von drei Instanzen – zu einem zweiten Prozess über gegebenenfalls erneut drei Instanzen gezwungen. Das ist für Versicherungsnehmer und Versicherte einer Rechtsschutzversicherung unzumutbar (und bewirkt beim Versicherer langfristig auch nicht zwingend eine Kostensenkung).
404. Soweit das Landgericht dem Antrag der Kläger auf Feststellung des Streitwerts der Leistungsklage auf 290.000,00 EUR stattgegeben hat, ist dies im Lichte der Entscheidungsgründe dahin zu verstehen, dass dies nur vorbehaltlich einer späteren Festsetzung in der Hauptsache gilt. Der Wertfestsetzung selbst ist die Beklagte nicht mit der Berufung entgegen getreten. Sie hat auch nicht erstinstanzlich konkret dargelegt, in welcher Höhe das Darlehen noch valutierte, wollte man entgegen dem Landgericht nicht auf den eingetragenen Nennwert der Grundschuld, sondern auf die Höhe der Valutierung und das Löschungsinteresse der Kläger abstellen (vgl. m. w. N. Herget, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 3 Rn. 16 „Löschung“).
41III.
42Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
43Die Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung dieses Beschlusses ergibt sich aus § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Im Übrigen beruht der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den § 708 Nr. 10 S. 2, § 711 S. 1, S. 2, § 709 S. 2 ZPO.
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Tenor
Es wird festgestellt, dass die Beklagte aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrages mit der Versicherungspolice Nr. RS-V-11-0038-1278-4884, für den ihr am 27.11.2014 gemeldeten Schadensfall - bei der Beklagten unter der Schadennummer 31-0041-1226-1785 erfasst - aus dem Bereich des Vertragsrechtsschutz, Deckungsschutz unter Berücksichtigung eines Eigenanteils der Kläger in Höhe von 150,- € zu gewähren hat und zwar für eine erstinstanzliche Leistungsklage gegen die E. Bank in I. auf Löschung der Grundschuld über einen Betrag in Höhe von 290.000,- € Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages von 274.191,38 €.
Es wird festgestellt, dass sich der Streitwert für die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche der Kläger wegen des der gegen die E. Bank in I. geltend gemachten Anspruchs auf Löschung der Grundschuld auf 290.000,- € beläuft.
Die Beklagte wird verurteilt, die Kläger von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.436,57 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.05.2015 gegenüber den Rechtsanwälten H. & Partner aus C. freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar
1
Tatbestand
2Die Kläger verlangen von der Beklagten Deckungszusage für eine Leistungsklage gegen die E. Bank in Bezug auf Zahlungsansprüche aus einem Rückgewährschuldverhältnis nach Widerruf von Verbraucherdarlehensverträgen.
3Zwischen den Parteien besteht ein Rechtsschutzversicherungsvertrag mit der Versicherungsnummer RS-V-11-0038-1278-4884. Der Versicherungsschein der Beklagten vom 10.07.2014 weist den Kläger zu 2) als Versicherungsnehmer aus (Bl. 9 d.GA). Nach der zweiten Seite des Versicherungsscheines ist der Ehepartner mitversichert.
4Die Kläger hatten mit der E. Bank insgesamt drei Darlehensverträge zur Gesamthöhe von 290.000,- € im Dezember 2009 / Januar 2010 abgeschlossen. Auf den Inhalt der Darlehensverträge nebst Widerrufsbelehrungen wird Bezug genommen (Bl. 97 - 125 d.GA). Nach dem streitigen Vorbringen der Kläger waren alle Verträge über Fernkommunikationsmittel zustande gekommen. Die Darlehen wurden mit einer Grundschuld abgesichert.
5Mit Schreiben vom 25.11.2014 widerriefen die Kläger die Darlehensverträge. In dem Schreiben findet sich u.a. folgende Textpassage:
6„ […] eine Überprüfung der Widerrufsbelehrungen […] hat ergeben, daß die von Ihnen verwandten Widerrufsbelehrungen fehlerhaft / mangelhaft sind. Die zweiwöchige Widerrufsfrist hat somit nicht begonnen.“
7Die Kläger beabsichtigen eine Umschuldung der Darlehen.
8Mit Schreiben vom 02.12.2014 berief sich die E. Bank darauf, dass die Wirksamkeit der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen bereits gerichtlich bestätigt sei und lehnte eine Entlassung aus den Darlehensverträgen ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung ab.
9Mit Schreiben vom 27.11.2014 und 09.12.2014 verlangten die Kläger von der Beklagten Deckungsschutz für eine Klage gegen die E. Bank.
10Unter dem 17.12.2014 teilte die Beklagte u.a. folgendes mit:
11„[…] Gerne bestätigen wir Ihnen Kostenschutz im Rahmen der vereinbarten Rechtsschutzbedingungen. Unsere Kostenzusage gilt für die I. Instanz […] Kostenschutz besteht nur für folgenden Antrag: Es wird festgestellt, dass der Darlehensvertrag/die Darlehensverträge zwischen dem Kläger und der Beklagten mit der Nummer … durch die Erklärung des Klägers vom … wirksam widerrufen wurden.“
12Mit Schreiben vom 03.02.2015 vertraten die Kläger die Auffassung, dass ein Feststellungsantrag unzulässig sei. Unter dem 11.03.2015 übersandten die Kläger den Entwurf einer Klage gegen die E. Bank an die Beklagte und verlangten für diese beabsichtigte Leistungsklage erneut Deckungsschutz (Bl. 22 d.GA.).
13Unter dem 26.03.2015 wiederholte die Beklagte im Wesentlichen die bereits mit Schreiben vom 17.12.2014 erteilte Deckungszusage (Bl. 30 d.GA.).
14Unter dem 11.05.2015 baten die Kläger die E. Bank um ein Saldenanerkenntnis in Höhe von 274.191,38 € für den Fall, dass der Widerruf berechtigt sein sollte (Bl. 41 d.GA). Die E. Bank erteilte das Saldenanerkenntnis nicht (Bl. 42 d.GA). Hierüber setzten die Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 18.05.2015 in Kenntnis, verlangten erneut Deckungsschutz für eine Leistungsklage und stellten anderenfalls eine Klage im Deckungsverhältnis in Aussicht (Bl. 44 d.GA).
15Mit Schreiben vom 29.05.2015 hielt die Beklagte an ihrer bereits erteilten Deckungszusage ohne Veränderungen fest (Bl. 45 d.GA).
16Der Prozessbevollmächtigte der Kläger gab mit Schriftsatz vom 17.11.2015 (Bl. 92 ff. d.GA.) eine Stellungnahme gemäß § 3a Abs. (2)b) der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung 2014 ab. Auf den Inhalt der Stellungnahme wird Bezug genommen.
17Die Kläger verlangen nunmehr klageweise die Erteilung einer Deckungszusage für eine Leistungsklage gegen die E. Bank im Umfang des vorgelegten Klageentwurfes (Bl. 23 ff. d.GA).
18Die Kläger sind der Auffassung, dass eine Feststellungsklage unzulässig sei, da diese gegenüber der Leistungsklage subsidiär sei. Selbst nach Feststellung der Wirksamkeit des Widerrufes hätten sie mit der E. Bank über die Höhe der Rückzahlung zu streiten, da es unterschiedliche Berechnungsmethoden für die Rückrechnung der Darlehenssalden gebe.
19Da die Kläger eine Umschuldung der Darlehen beabsichtigen, seien sie auf die Freigabe der Grundschuld angewiesen.
20Die seitens der E. Bank erteilten Widerrufsbelehrungen würden nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.
21Die Kläger beantragen,
221. Es wird festgestellt, dass die Beklagte aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrages mit der Versicherungspolice Nr. RS-V-11-0038-1278-4884, für den ihr am 27.11.2014 gemeldeten Schadensfall - bei der Beklagten unter der Schadennummer 31-0041-1226-1785 erfasst - aus dem Bereich des Vertragsrechtsschutz, Deckungsschutz zu gewähren hat und zwar für eine Leistungsklage gegen die E. Bank in I. auf Löschung der Grundschuld über einen Betrag in Höhe von 290.000,- € Zug um Zug gegen die Zahlung eines Betrages von 274.191,38 €.
232. Es wird festgestellt, dass sich der Streitwert für die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche der Kläger wegen des der gegen die E. Bank in I. geltend gemachten Anspruchs auf Löschung der Grundschuld auf 290.000,- € beläuft.
243. Die Beklagte wird verurteilt, die Kläger gegenüber den Rechtsanwälten H. & Partner aus C. 1.436,57 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.05.2015 freizustellen.
25Die Beklagte beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Sie ist der Auffassung, dass die beabsichtigte Klage keine Aussicht auf Erfolg habe, weil die Kläger nach dem Sinn und Zweck des gesetzlichen Widerrufsrechts zum einen nicht schutzbedürftig und zum anderen die Widerrufsbelehrungen der E. Bank wirksam seien und den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB entsprechen würden (Bl. 68 ff., 118 d.GA).
28Zudem sei nicht ersichtlich, dass die Darlehensvertragsschlüsse im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt seien (Bl. 74 d.GA).
29Die für die Ablösung der Grundschuld zu leistende Summe (274.191,38 €) sei fehlerhaft berechnet worden (Bl. 75 d.GA).
30Ein Anerkenntnisvertrag sei nicht zustande gekommen.
31Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
32Entscheidungsgründe
33Die zulässige Klage ist mit den aus dem Tenor ersichtlichen Einschränkungen (Selbstbehalt / erstinstanzliches Klageverfahren) begründet.
34(1.)
35Den Klägern steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Feststellung der Verpflichtung zum Deckungsschutz für eine Leistungsklage gegen die E. Bank in I. zu. Der Anspruch ergibt sich aus dem zwischen dem Kläger zu 2) und der Beklagten - unter Mitberechtigung der Klägerin zu 1) als Ehegattin des Klägers zu 1) - geschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrag.
36Die Durchführung des Stichentscheidverfahrens gemäß § 3a Abs. (2) b) der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 17.11.2015 führte zu einer Änderung des Streitgegenstandes im Sinne von § 263 ZPO, da dieser zu einer Änderung / Erweiterung des bisherigen Lebenssachverhaltes dergestalt führte, dass nunmehr Prüfungsmaßstab ist, ob die Stichentscheidung „offenbar von der tatsächlichen Sach- oder Rechtslage erheblich abweicht“ (vgl. § 3a Abs. (2) b) der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung). Eine solche Klageänderung ist nach Auffassung der Kammer jedenfalls aus prozessökonomischen Gründen sachdienlich.
37Das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Beklagte sowohl vorgerichtlich als auch im Prozess eine Einstandspflicht zum Deckungsschutz für eine Leistungsklage abgelehnt hat.
38Der Feststellungsanspruch ist auch begründet. Den Klägern steht in der Sache ein Anspruch auf Deckungsschutz für eine Leistungsklage gegen die E. Bank zu. Die Stichentscheidung ist für die Beklagte bindend. Diese weicht nicht erheblich von der tatsächlichen Rechts- oder Sachlage ab.
39Soweit die Beklagte einwendet, der Widerruf der geschlossenen Darlehensverträge entfalte keine Rechtswirkungen, da die Widerrufsbelehrungen nicht fehlerhaft bzw. die Kläger nicht schutzbedürftig seien, ist sie mit derartigen Einwendungen ausgeschlossen. Bereits mit Beschluss vom 18.11.2015 hatte die Kammer gemäß § 139 ZPO darauf hingewiesen, dass die Beklagte unter dem 17.12.2014 und - wiederholend - am 26.03.2015 ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis abgegeben hatte, welches Bindungswirkung zukommt. Es kann daher offen bleiben, ob der Widerruf der Kläger wirksam gewesen ist. Spätestens im Zeitpunkt der wiederholten Zusage am 26.03.2015 lag der Beklagten die beabsichtigte Klage vor, so dass die Kläger davon ausgehen durften, dass die Beklagte die Sach- und Rechtslage - offenbar durch einen Volljuristen (Assessor I.) - sorgfältig geprüft hatte und aufgrund dieser Prüfung zu der Einschätzung gekommen war, dass eine auf einen Feststellungsantrag eingeschränkte Deckungszusage zu erteilen ist. Auch im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussichten für einen Feststellungsantrag ist zwingend eine Inzidentprüfung der Wirksamkeit des Widerrufs (Bl. 11 f. d.GA) erforderlich.
40Die im Schriftsatz vom 27.01.2016 von der Beklagten geäußerte Rechtsauffassung, die Voraussetzungen eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses lägen in der hier zu entscheidenden Fallkonstellation nicht vor, geht offensichtlich fehl. Mit der Deckungszusage bestätigt der Versicherer zunächst seine prinzipielle Einstandspflicht für den Versicherungsfall. Sie erzeugt zugunsten des Versicherungsnehmers einen Vertrauenstatbestand. Mit den vorgenannten Deckungszusagen hat die Beklagte unmissverständlich erklärt, dass Erfolgsaussichten in der Sache selbst (Wirksamkeit des Widerrufes) bestehen. Die Einschränkung bezieht sich allein auf eine zivilprozessuale Erwägung (Feststellungsklage statt Leistungsklage), die ihren Hintergrund in einem Kostengesichtspunkt hat. Mit Schreiben vom 03.02.2015 (Bl. 19 d.GA) bedankten sich die Kläger für die Bestätigung des Versicherungsschutzes, was nach dem Dafürhalten der Kammer eine grundsätzliche Annahmeerklärung darstellt. Dem Versicherungsnehmer kann es bei dieser Sachlage aber auch nicht verwehrt sein, seinen Anspruch auf vollumfänglichen Deckungsschutz für eine Leistungsklage weiter streitig zu verfolgen. Aus welchen Gründen deshalb der von der Beklagten geschaffene Vertrauenstatbestand zum wesentlichen Kern der Einstandspflicht und damit die Bindungswirkung im Zusammenhang mit dem deklaratorischen Schuldanerkenntnis entfallen sollte, erschließt sich schon deshalb nicht, weil die Kläger - wie diese Entscheidung zeigt - ein berechtigtes Anliegen verfolgen. Die Beklagte würde sich vielmehr treuwidrig verhalten, wenn sie den Versicherungsschutz entgegen der vorangegangenen Bestätigungen der grundsätzlichen Einstandspflicht nunmehr gänzlich versagen wollen würde. Andere Gründe, die einen Widerruf der Deckungszusage begründen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
41Da der Vertragsumfang der hier streitgegenständlichen Rechtsschutzversicherung auch die Geltendmachung gesetzlicher Ansprüche auf Rückabwicklung eines Vertrages umfasst (versicherter Bereich: Rechtsschutz im privaten Bereich; vgl. BGH, VersR 1978, 816; OLG Hamm, VersR 1997, 1978; OLG Karlsruhe, VersR 1998, 710) haben die Kläger auch einen Anspruch auf Erteilung einer Deckungszusage für eine Leistungsklage. Entgegen der Auffassung müssen sich die Kläger nicht - aus Kostengründen - auf eine Feststellungsklage gegen die E. Bank verweisen lassen. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass auch eine Feststellungsklage in zulässiger Weise erhoben werden könnte (vgl. hierzu: OLG Dresden, Urteil vom 11.06.2015 - 8 U 1760/14 -, juris), indes ist insbesondere nach Vorlage des Schreibens der E. Bank vom 12.05.2015 (Bl. 42 d.GA) davon auszugehen, dass diese nach rechtskräftigem Abschluss einer - etwaig - erfolgreichen Feststellungsklage den Anspruch der Kläger der Höhe nach weiter streitig stellt. Denn die E. Bank hat es abgelehnt, auf Aufforderung der Kläger ein Saldenanerkenntnis, was einen solchen Streit erledigt hätte, abzugeben. Die Berechnung des Wertersatzes (§ 346 BGB) ist - soweit ersichtlich - in der hier vorliegenden Fallkonstellation noch nicht höchstrichterlich entschieden, so dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sich die E. Bank auf eine ihr günstige Berechnungsmethode berufen wird mit der Folge, dass die Kläger einen Folgeprozess mit dem Gegenstand des Wertersatzes zur Klärung der streitigen Rechtsfrage zur Berechnung (monatliche Anpassung des marktüblichen Zinses oder marktüblicher Zinssatz bei Vertragsschluss - vgl. hierzu: Servais, NJW 2014, 3748; LG Bonn, WM 2015, 1988) zu führen hätten. Bezogen darauf weichen nach Auffassung der Kammer die Ausführungen der Kläger in der beabsichtigten Klage nicht offenbar erheblich von der tatsächlichen Sach- oder Rechtslage ab. Diese erscheinen vielmehr zumindest vertretbar, so dass auch insoweit eine Bindung durch den Stichentscheid vom 17.11.2015 eingetreten ist.
42Inhaltlich war der Klageantrag zu Ziff. 1 abzuändern in Bezug auf die unstreitige Selbstbeteiligung (150,- €) und die Verpflichtung der Beklagten einzuschränken auf ein Klageverfahren erster Instanz.
43(2.)
44Die Kläger haben auch einen Anspruch dahingehend, dass festgestellt wird, dass der Streitwert für die Leistungsklage gegen die E. Bank auf 290.000,- € zu beziffern ist. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die Streitwertfestsetzung dem Gericht obliegt, welches für das Klageverfahren gegen die E. Bank zuständig ist. Gleichwohl sind Konstellationen denkbar, in denen eine Streitwertfestsetzung unterbleibt z.B. wenn die Kläger mit der E. Bank vor Einleitung des Klageverfahrens doch noch eine gütliche Einigung erreichen sollten. Darüber hinaus steht den Prozessbevollmächtigten der Kläger bereits jetzt ein Vorschussanspruch zu. Nach Auffassung der Kammer ist der Streitwert auf 290.000,- € festzusetzen, da dieser Betrag dem im Grundbuch eingetragenen Nennbetrag nach dem unwidersprochenem Vorbringen der Kläger entspricht (Zöller / Herget, ZPO, § 3 Rdnr. 16, Stichwort: Löschung).
45(3.)
46Die Begründetheit des als Freistellungsanspruch auszulegende Klageantrag zu Ziff. 3 ergibt sich aus § 280 BGB in Verbindung mit dem Rechtsschutzversicherungsvertrag und besteht unter Berücksichtigung eines Streitwertes von bis zu 22.000,- € in Höhe von 1.436,57 €. Die Hinzuziehung anwaltlicher Beratung zur Durchsetzung des Anspruches auf Deckungsschutz war aufgrund der rechtlichen Komplexität aus dem Sachgebiet des Rechtsschutzversicherungsrechtes zweckmäßig und erforderlich.
47Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
48Der Streitwert wird auf 21.863,12 EUR festgesetzt.
49Rechtsbehelfsbelehrung:
50Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
511. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
522. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
53Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Hamm, Heßlerstr. 53, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
54Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Hamm zu begründen.
55Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Hamm durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
56Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Der Versicherungsnehmer hat bei Eintritt des Versicherungsfalles nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen.
(2) Der Versicherungsnehmer hat Weisungen des Versicherers, soweit für ihn zumutbar, zu befolgen sowie Weisungen einzuholen, wenn die Umstände dies gestatten. Erteilen mehrere an dem Versicherungsvertrag beteiligte Versicherer unterschiedliche Weisungen, hat der Versicherungsnehmer nach pflichtgemäßem Ermessen zu handeln.
(3) Bei Verletzung einer Obliegenheit nach den Absätzen 1 und 2 ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.
(4) Abweichend von Absatz 3 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.
Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin verlangt Versicherungsschutz aus einem am 1. Februar 1999 abgeschlossenen und von der Beklagten zum 1. Februar 2011 gekündigten Rechtsschutzversicherungsvertrag mit den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung 94 (ARB 94 - vgl. VerBAV 1994, 97).
- 2
- Im März 1999 beteiligten sich die Klägerin und ihr mitversicherter Ehemann im Umfang von 258.300 DM als atypische stille Gesellschafter an der S. Immobilienanlagen und Vermögensmanagement AG (S. AG), die sich als Teil des Unternehmensverbundes "… " unter anderem mit Erwerb und Verwaltung von Immobilien , Wertpapieren und Unternehmensbeteiligungen befasste. Das Anlagekonzept nach dem so genannten Steigermodell (vgl. dazu BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 149/03, WM 2005, 838) sah für die Ge- sellschafter Gewinn- und Verlustbeteiligungen, Nachschusspflichten, steuerliche Verlustzuweisungen und bei Ablauf der steuerlichen Verlustphase weitere Beteiligungen an neuen Unternehmenssegmenten vor mit erneuten steuerlichen Verlusten. 2007 wurde über das Vermögen der S. AG das Insolvenzverfahren eröffnet.
- 3
- Die Klägerin und ihr Ehemann warfen Konzeptanten, Initiatoren und ehemaligen Vorständen der S. AG Betrug, Kapitalanlagebetrug und vorsätzliche sittenwidrige Schädigung vor; das Steigermodell sei von Anfang an nicht tragfähig gewesen. Für die außergerichtliche und gerichtliche Interessenwahrnehmung bei der Verfolgung der darauf gestützten Schadensersatzansprüche erteilte die Beklagte Deckungsschutz.
- 4
- 2010 erhielten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin Hinweise auf eine deliktische Verantwortlichkeit der für die Beteiligungsunternehmen und ihre Verantwortlichen tätigen Wirtschaftsprüfer und Berater, die als deren Gehilfen seit Anfang 1993 unter anderem durch unzutreffende unbeschränkte Testierungen der Verschmelzungsverträge und sämtlicher Abschlüsse der Gruppengesellschaften sowie weitere Unterstützungshandlungen ebenfalls den Anlegern schadensersatzpflichtig seien. Auf ihre entsprechenden Deckungsschutzanfragen teilte die Beklagte im nachfolgenden Schriftverkehr jeweils mit, dass noch Zweifel an der hinreichenden Erfolgsaussicht dieser Interessenwahrnehmung bestünden und weitere Informationen und Unterlagen erforderlich seien.
- 5
- Die Klägerin begehrt Feststellung, dass ihr die Beklagte Kostenschutz für die außergerichtliche und gerichtliche Interessenwahrnehmung in erster Instanz sowie für ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren zur Durchsetzung von Ansprüchen gegen Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung und der ihres Ehemannes an der S. AG zu gewähren hat.
- 6
- Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte den Einwand fehlender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Interessenwahrnehmung und Mutwilligkeit bei der Durchführung eines Schlichtungsverfahrens gemäß § 18 (1) ARB 94 noch erheben kann, ob die Prozessbevollmächtigten der Klägerin durch eine Gebührenverzichtszusage vor Mandatserteilung das Abtretungsverbot des § 17 (7) ARB 94 umgangen haben und ob der Rechtsschutzfall in versicherter Zeit eingetreten ist gemäß § 4 (1) Satz 1
a) ARB 94, der lautet: "§ 4 Voraussetzungen für den Anspruch auf Rechtsschutz
- (1)
- Anspruch auf Rechtsschutz besteht nach Eintritt eines Rechtsschutzfalles
a) im Schadenersatz-Rechtsschutz gemäß § 2 a) von dem ersten Ereignis an, durch das der Schaden verursacht wurde oder verursacht worden sein soll; …
c) in allen anderen Fällen von dem Zeitpunkt an, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll. Die Voraussetzungen nach a) bis c) müssen nach Beginn des Versicherungsschutzes gemäß § 7 und vor dessen Beendigung eingetreten sein. …"
- 7
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision bleibt ohne Erfolg.
- 9
- Die Klägerin hat aus ihrer Rechtsschutzversicherung Anspruch auf Deckungsschutz für die Interessenwahrnehmung gegenüber den Wirtschaftsprüfungs - und Beratungsgesellschaften. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in VersR 2013, 579 abgedruckt ist, hat im Ergebnis zutreffend den vorvertraglichen Eintritt des Versicherungsfalles verneint (nachfolgend zu I.) und die Einwände der Beklagten aus § 18 (1) ARB 94 (fehlende Erfolgsaussicht und Mutwilligkeit der Interessenwahrnehmung - nachfolgend zu II.) und § 17 (7) ARB 94 (Umgehung des Abtretungsverbots - nachfolgend zu III.) nicht durchgreifen lassen.
- 10
- I. Zum Eintritt des Versicherungsfalles
- 11
- 1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
- 12
- Dem Anspruch auf Versicherungsschutz stehe nicht die Vorvertraglichkeit des Rechtsschutzfalles gemäß § 4 (1) Satz 1 a) ARB 94 entgegen. Der verständige, auch den Sinnzusammenhang und Zweck der Klausel in den Blick nehmende Versicherungsnehmer werde erkennen, dass sie dem reinen Wortlaut nach offensichtlich zu weit gefasst sei und den Versicherungsschutz faktisch leerlaufen lasse. Er werde sie daher so verstehen, dass das den Rechtsschutzfall bestimmende Erstereignis nur ein solches sein könne, das sich auf seine Rechtsgüter auszuwirken vermöge und deshalb den Eintritt eines Schadens gerade für ihn hinrei- chend wahrscheinlich mache, mithin einen fassbaren Bezug zu seiner Person habe. Danach sei für das Erstereignis auf den Beteiligungsvertrag und die dabei vom Versicherungsnehmer behauptete, seine Interessen erstmals berührende Pflichtverletzung des Haftpflichtigen abzustellen. Dem stehe die von der Beklagten herangezogene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 4 (1) Satz 1 c) ARB 94 (Urteil vom 28. September 2005 - IV ZR 106/04, VersR 2005, 1684) nicht entgegen, die zur Auslegung der streitgegenständlichen Klausel nichts beitragen könne.
- 13
- 2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
- 14
- Die Beklagte ist nach §§ 1, 2 a), 4 (1) Satz 1 a) ARB 94 vertraglich verpflichtet, der Klägerin den begehrten Deckungsschutz zu gewähren. Der mit der Revision weiterhin geltend gemachte Vorvertragseinwand greift nicht durch; der Rechtsschutzfall ist erst nach Abschluss des Versicherungsvertrages und damit nach dem Beginn des Versicherungsschutzes mit der Beteiligung an der S. AG eingetreten und nicht bei Testierungen und weiteren Unterstützungshandlungen Jahre zuvor.
- 15
- a) Die von § 4 (1) Satz 1 a) ARB 94 festgeschriebene Anknüpfung an die erste Ursache des Schadens kann zu einer die Wirksamkeit in Frage stellenden sehr weiten Vorverlagerung des Versicherungsfalles führen.
- 16
- aa) Bei wortlautkonformer Anwendung birgt dies die Gefahr einer uferlosen Rückverlagerung in sich, die den berechtigten Interessen des Versicherungsnehmers widerspricht (statt aller Looschelders/Paffenholz, ARB [2014] § 4 ARB 2010 Rn. 14). Dieser wird daher nach gefestigter Rechtsprechung des Senats nur solche Ursachen als für den Beginn des Versicherungsschutzes maßgebende Ereignisse verstehen, die der Schadensersatzpflichtige, gegen den er Ansprüche erhebt, zurechenbar gesetzt hat und die den Eintritt irgendeines Schadens, den er von diesem ersetzt bekommen will, nach der Lebenserfahrung hinreichend wahrscheinlich machen (grundlegend Senatsurteil vom 25. September 2002 - IV ZR 248/01, VersR 2002, 1503 unter 2 b bb = juris Rn. 15, 16). Für den Eintritt des Versicherungsfalles ist danach auf den Tatsachenvortrag abzustellen, mit dem der Versicherungsnehmer seinen Schadensersatzanspruch begründet. Frühester Zeitpunkt ist das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten ihm gegenüber, auf das er sein Ersatzverlangen stützt (Senatsurteil vom 19. März 2003 - IV ZR 139/01, VersR 2003, 638 unter 1 a = juris Rn. 8). Nicht die objektiven Gegebenheiten bilden mithin das den Rechtsschutzfall auslösende Kausalereignis , sondern die vom Versicherungsnehmer behaupteten Vorgänge , für die der Anspruchsgegner ihm gegenüber haftungsrechtlich verantwortlich sein und durch die er ihn geschädigt haben soll; auf Schlüssigkeit und Beweisbarkeit dieses Vortrages kommt es dabei nicht an (Senatsurteil aaO Rn. 9; Looschelders/Paffenholz aaO Rn. 18 m.w.N.).
- 17
- Nur in dieser einschränkenden Auslegung nach dem maßgeblichen Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse, der bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des Sinnzusammenhangs auch seine Interessen beachtet (Senatsurteil vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85 und ständig), hält diese Klausel einer Inhaltskontrolle (§ 307 BGB) stand.
- 18
- bb) Insoweit unterscheidet sie sich nicht von der für Rechtsschutzfälle nach § 4 (1) Satz 1 c) ARB 94 mit ihrer Anknüpfung an den Verstoß gegen Rechtspflichten und Rechtsvorschriften. Auch dabei kommt es für die Festlegung des Rechtsschutzfalles nach ständiger Rechtsprechung des Senats unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die vorgenannten von ihm zum Schadensersatzrechtsschutz entwickelten Grundsätze auf die dem Vertragspartner vorgeworfene Pflichtverletzung und den dazu gehaltenen Tatsachenvortrag an, mit dem der Versicherungsnehmer den Verstoß begründet, unabhängig von Schlüssigkeit, Substantiiertheit und Entscheidungserheblichkeit der Behauptung (grundlegend: Senatsurteil vom 28. September 2005 - IV ZR 106/04, VersR 2005, 1684 unter I 2 a = juris Rn. 20; ferner Senatsurteile vom 24. April 2013 - IV ZR 23/12, VersR 2013, 899 Rn. 12 und vom 19. November 2008 - IV ZR 305/07, VersR 2009, 109 Rn. 19; Senatsbeschluss vom 17. Oktober 2007 - IV ZR 37/07, VersR 2008, 113 Rn. 3; Looschelders/Paffenholz aaO Rn. 45, 46 m.w.N.).
- 19
- cc) Das erfüllt zugleich den "fassbaren Bezug des Erstereignisses zur Person des Geschädigten", der von der Rechtsprechung und Literatur insbesondere bei auf Verletzungen von Verkehrssicherungspflichten und Unterlassen beruhenden Haftungen oder Gefährdungshaftungen für die Festlegung des schädigenden Ereignisses herangezogen wird (Looschelders /Paffenholz aaO Rn. 17; Harbauer/Maier, ARB 8. Aufl. § 4 ARB 2000 Rn. 19, 20; OLG Koblenz VersR 2013, 99, 100; OLG Karlsruhe VersR 2013, 579, 581 - Berufungsurteil). Die schadensersatzbegründende Pflichtverletzung muss - nach der Darstellung des Versicherungsnehmers - ihm gegenüber begangen sein. Nur darauf kann er einen eigenen Anspruch gegen den Schädiger stützen, den er im Prozesswege mit dem Deckungsschutz seines Rechtsschutzversicherers durchsetzen möchte. Das gilt nach der vorgenannten Rechtsprechung des Senats für die Versicherungsfälle nach § 4 (1) Satz 1 a) und c) ARB 94 unterschiedslos. Beide Rechtsschutzfälle sind - für den Versicherungsnehmer erkennbar - nach Wortlaut, Systematik und Zweck gleichermaßen über die Verletzung von Pflichten eines zwischen den Parteien bestehenden Schuldverhältnisses festgelegt (vgl. Harbauer/Maier aaO Rn. 19; Prölss/ Martin/Armbrüster, VVG 28. Aufl. § 4 ARB 2008/II Rn. 7). Ob sich die Pflichtverletzungen gegenüber dem geschädigten Versicherungsnehmer auf gesetzliche oder vertragliche Schuldverhältnisse beziehen sollen, ist insoweit ohne Belang. Das den Eintritt des Rechtsschutzfalles bestimmende schädigende Verhalten muss mithin gegenüber dem Versicherungsnehmer begangen sein. Ohne diesen Bezug fehlte seinem Tatsachenvortrag die anspruchsbegründende Eignung und damit zugleich die Eignung, einen Versicherungsfall auszulösen. In diesem Punkt stimmt bei der Verschuldenshaftung das einen Rechtsschutzfall nach § 4 (1) Satz 1 a) ARB 94 begründende erste schadenverursachende Ereignis mit dem nach § 4 (1) Satz 1 c) ARB 94 überein (vgl. Harbauer/Maier aaO Rn. 13).
- 20
- Der Rechtsschutzfall wird demgemäß beim verstoßabhängigen Rechtsschutz wie beim Schadensersatzrechtsschutz in gleicher Weise über den Eintritt des dem Anspruchsgegner angelasteten pflichtwidrigen Verhaltens ihm gegenüber als frühest möglicher Zeitpunkt festgelegt (Senatsurteil vom 24. April 2013 - IV ZR 23/12, VersR 2013, 899 Rn. 12).
- 21
- b) Das ist hier der Vorwurf, Wirtschaftsprüfer und Beratungsunternehmen hätten Beihilfe zu vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, Betrug und Kapitalanlagebetrug der für das Anlagekonzept Verantwortlichen geleistet. Die Klägerin stützt ihre behaupteten Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 264a StGB, §§ 826, 830 BGB auf die Unterstützung des diesen Verantwortlichen auf Seiten der S. AG als Haupttäter bei ihrer Kapitalanlage angelasteten deliktischen Verhaltens, gegenüber dem sich die Beklagte trotz der Jahre zurückliegenden Produktentwicklung folgerichtig nicht auf den Vorvertragseinwand berufen hat (zu den objektiven und subjektiven Haftungsvoraussetzungen wegen Beihilfe zur Schädigung von Anlegern durch Fondsinitiatoren vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2013 - XI ZR 295/12, WM 2014, 71 Rn. 28-36). Damit scheiden die Erstellung falscher Testate und weitere Unterstützungshandlungen seit 1993 als Eintrittszeitpunkt für den Rechtsschutzfall aus.
- 22
- Die vorgehaltene Beihilfe kann ihre anspruchsbegründende Wirkung erst bei Begehung der Haupttat im Zeitpunkt der Anlageentscheidung entfaltet haben, nicht bei den - vorbereitenden - Förderungshandlungen , die in betrügerischer Weise bei Entwicklung und Vertrieb ihres Anlageprodukts mit eingesetzt worden sein sollen. Gegenüber potentiellen Anlegern wie der Klägerin und ihrem Ehemann bestanden damals noch keine gesetzlichen oder schuldrechtlichen Pflichtenbeziehungen, aus deren Verletzung sie Ansprüche hätten herleiten können. Solche kommen frühestens bei der Anbahnung des Anlagegeschäfts in Betracht, wenn sich der Gehilfenbeitrag für Anlageinteressenten manifestiert. Erst dann wird auch ein Schaden von Anlagezeichnern im Sinne der vorgenannten Senatsrechtsprechung hinreichend wahrscheinlich. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin aber schon rechtsschutzversichert.
- 23
- c) Das steht nicht im Widerspruch zu den von der Beklagten für ihren gegenteiligen Standpunkt herangezogenen Beschlüssen des Oberlandesgerichts München vom 31. Januar und 10. März 2011 (25 U 4100/10, juris). Diesen Entscheidungen lag ein § 4 (1) Satz 1 c) ARB 94 entsprechender verstoßabhängiger Rechtsschutzfall zugrunde, ausgelöst durch eine fehlerhafte jährliche Abrechnungspraxis eines Verwalters, mit der er begonnen haben soll, als der um Deckungsschutz nachsuchende Wohnungseigentümer noch nicht rechtsschutzversichert war. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Abrechnung gegenüber den Wohnungseigentümern bestand indes schon zu diesem Zeitpunkt, und damit auch ihre behauptete Verletzung. Der danach erfolgte Abschluss einer Rechtsschutzversicherung vermag dem für diese Pflichtverletzung, die in den Folgejahren lediglich beibehalten wurde, begründeten Vorvertragseinwand nicht die Grundlage zu entziehen. Die dem Verwalter angelasteten, Jahr für Jahr wiederholten pflichtwidrigen Abrechnungen bilden zwar mehrere Verstöße, die aber wegen ihrer Gleichartigkeit und ihres natürlichen Handlungszusammenhangs als Dauerverstoß anzusehen sind (vgl. Prölss/Martin/Armbrüster, VVG 28. Aufl. § 4 ARB 2008/II Rn. 59), bei der die erste Pflichtverletzung den Rechtsschutzfall auslöst.
- 24
- Die von der Revision erneut in Bezug genommenen Beschlüsse des Oberlandesgerichts München vom 15. Februar 2012 (25 U 61/12) und 12. März 2012 (25 U 455/12) betreffen zwar einen vergleichbaren Sachverhalt, vermögen aber den Rechtsstandpunkt der Beklagten nicht zu stützen; sie verkennen den - wie ausgeführt - erforderlichen Zusammenhang der behaupteten Pflichtverletzung gegenüber dem Versicherungsnehmer.
- 25
- d) Entgegen der Revision werden durch die gebotene zeitliche Anknüpfung an die Anlageentscheidung im Streitfall keine Manipulationsmöglichkeiten eröffnet über sogenannte Zweckabschlüsse, die durch die Rechtsschutzfallklauseln unterbunden werden sollen (vgl. Prölss/Martin/ Armbrüster aaO Rn. 39; Harbauer/Maier, ARB 8. Aufl. § 4 ARB 2000 Rn. 3).
- 26
- Mit dem maßgeblichen Pflichtverletzungsvorwurf erhält der Versicherungsnehmer Anlass, für die Durchsetzung seiner Rechte kostenauslösende Maßnahmen zu ergreifen (Senatsurteil vom 28. September 2005 - IV ZR 106/04, VersR 2005, 1684 unter I 3 c). Von diesem Zeitpunkt an kommt der Abschluss einer kostenüberwälzenden Rechtsschutzversicherung nicht mehr in Betracht. Ein solcher Zweckabschluss scheidet aber aus, wenn - wie hier - bei der Entwicklung eines Anlageprodukts noch keinerlei Grund und Möglichkeit für kostenauslösende Maßnahmen besteht. Ebenso wenig wie bei etwa anlässlich eines einzugehenden Mietverhältnisses oder beabsichtigten Erwerbs eines Kraftfahrzeugs zur Teilnahme am Straßenverkehr genommenen Rechtsschutzversicherungen handelt es sich beim Abschluss einer Rechtsschutzversicherung um einen derartigen Zweckabschluss, wenn sich der Versicherungsnehmer schon mit Geldanlagegedanken trägt.
- 27
- II. Zum Einwand aus § 18 (1) ARB 94
- 28
- 1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte könne sich nicht mehr darauf berufen, die beabsichtigte Interessenwahrnehmung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg und die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens sei mutwillig, § 18 ARB 94. Sie hätte der Klägerin auf ihre Deckungsschutzanträge unverzüglich eine etwaige Leistungsablehnung mitteilen müssen und sich nicht darauf zurückziehen dürfen, die Erfolgsaussicht mangels fehlender Informationen noch nicht prüfen zu können. Der Verstoß gegen die Prüfungspflicht habe den Verlust ihres Ablehnungsrechts wegen fehlender Erfolgsaussicht zur Folge.
- 29
- 2. Diese Beurteilung trifft zu.
- 30
- Nach ständiger, vom Berufungsgericht zutreffend zugrunde gelegter Rechtsprechung hat der Verstoß gegen die Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der Erfolgsaussicht und Stellungnahme über die Eintrittspflicht für den Versicherer den Verlust der darauf gestützten Ablehnungsrechte aus § 18 ARB 94 zur Folge (vgl. Senatsurteil vom 19. März 2003 - IV ZR 139/01, VersR 2003, 638 unter 2; OLG Celle r+s 2007, 57, 59; OLG Karlsruhe r+s 2004, 107, 109; OLG Köln, Beschluss vom 15. September 2008 - 9 W 59/08, juris Rn. 8 f.).
- 31
- Ohne Erfolg hält die Revision dagegen dem Berufungsgericht vor, verkannt zu haben, dass der von ihm nicht behandelte Einwand der Mutwilligkeit der Durchführung des nachgeschobenen Schlichtungsverfahrens von dieser Vorschrift nicht erfasst werde. Das Berufungsgericht hat sich mit dem Parteivortrag zum Kostenschutz für das Güteverfahren befasst und seine rechtliche Prüfung ausdrücklich auf den Einwand der Mutwilligkeit eines Schlichtungsverfahrens erstreckt, § 18 (1) a) ARB 94. Dabei hat es - was auch die Revision einräumt - zu Recht die Begründung der Beklagten herangezogen, das nachgeschobene Schlichtungsverfahren sei mutwillig, weil für alle Beteiligten erkennbar aussichtslos. Auf fehlende Erfolgsaussicht kann sich die Beklagte nach der von der Revision unangegriffenen Verletzung ihrer Pflicht zur entsprechenden Prüfung und Stellungnahme gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin - wie vorstehend ausgeführt - nicht mehr berufen. Damit ist ihr im Streit- fall - worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist - auch der allein darauf gestützte Mutwilligkeitseinwand entzogen.
- 32
- III. Zum Einwand aus § 17 (7) ARB 94
- 33
- 1. Nach Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es für den Einwand einer Umgehung des Abtretungsverbots nach § 17 (7) ARB 94 bereits an substantiiertem Vortrag, der geeignet wäre, die Annahme eines entsprechenden Verstoßes zu begründen. Selbst der von der Beklagten vorgetragene Verzicht auf Gebührenansprüche begründe keinen Verstoß gegen das Abtretungsverbot. Zudem stehe dies im Widerspruch zu der Rahmenvereinbarung mit den Prozessbevollmächtigten der Klägerin über die Gebührenhöhe bei ihrer Inanspruchnahme aus der Rechtsschutzversicherung wegen der streitgegenständlichen Ansprüche. Es handele sich insgesamt um unzulässige Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein". Der Antrag auf Parteivernehmung der Klägerin sei ein unbeachtlicher Beweisermittlungsantrag, der lediglich der Ausforschung des Sachverhalts diene.
- 34
- 2. Auch das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
- 35
- Zutreffend hat das Berufungsgericht die von der Beklagten herangezogene Korrespondenz der Klägerin mit ihren Prozessbevollmächtigten über ihre Kostenbelastung nicht als substantiierten Vortrag für den erhobenen Verzichtseinwand bewertet. Der mit diesem Schriftwechsel erkennbar verfolgten Klärung des persönlichen Kostenrisikos vorab ist ein darüber hinausgehender Gebührenverzicht nach revisionsrechtlich beanstandungsfreier tatrichterlicher Würdigung nicht zu entnehmen; der darauf gestützte Verzichtseinwand ist ohne Substanz. Eine Parteivernehmung der Klägerin dazu kam nicht in Betracht.
- 36
- Auf die Frage der Erheblichkeit dieses Einwandes - insbesondere ob dem eine zulässige Abtretung von Versicherungsansprüchen an die eigenen Prozessbevollmächtigten zugrunde liegt, wie die Revisionserwiderung meint - kommt es danach nicht mehr an.
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 21.08.2012- 1 O 13/12 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 15.01.2013- 12 U 155/12 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger unterhält bei der Beklagten seit dem 1. Dezember 1983 eine Rechtsschutzversicherung, die Familien- und Verkehrs-Rechtsschutz umfaßt. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 75) zugrunde.Der Kläger begehrt Rechtsschutz für eine Klage auf Schadensersatz gegen den Zigarettenhersteller R. . Seit 1964 raucht der Kläger, und zwar ausschließlich Zigaretten der von der Firma R. hergestellten Marke "E. ". Im Jahr 1993 erlitt er einen Herzinfarkt. Danach mußte er mehrere operative Eingriffe vornehmen lassen, unter anderem eine Bypass-Operation im März 1999.
Mit der beabsichtigten Klage gegen die Firma R. sollen An- sprüche aus § 823 BGB und nach dem Produkthaftungsgesetz geltend gemacht werden. Der Kläger lastet der Firma R. an, keine Warnhinweise auf ihren Produkten angebracht zu haben, obwohl ihr aufgrund von Forschungsergebnissen eines amerikanischen Tabakkonzerns aus dem Jahr 1983 seit 1984 bekannt gewesen sei, daß beim Rauchen der suchterregende Wirkstoff Acetaldehyd freigesetzt werde. Außerdem seien dem Zigarettentabak seit 1984 Ammoniak und andere Zusatzstoffe beigemischt worden, um dadurch die Suchterzeugung zu verstärken und eine Suchtverhaftung auszulösen. Ohne diese Beimischung und bei rechtzeitigem Hinweis auf die suchterregende Wirkung von Acetaldehyd wäre es ihm - dem Kläger - gelungen, sich das Rauchen rechtzeitig abzugewöhnen. Dann wäre es nicht zu der erst 1989/1990 aufgetretenen kardiovaskulären Erkrankung und dem späteren Herzinfarkt gekommen.
Die Beklagte hat die erbetene Kostenzusage für die erste Instanz im beabsichtigten Schadensersatzprozeß gegen die Firma R. abgelehnt , weil das den Versicherungsfall im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 ARB 75 darstellende Schadenereignis schon vor Beginn des Rechtsschutzversicherungsvertrages eingetreten sei. Die Beklagte sieht als Schadenereignis die Nikotinsucht des Klägers an, die bereits seit 1975 bestanden habe. Zu den Erfolgsaussichten der Klage gegen die Firma R. hat sie in den vorgerichtlichen Ablehnungsschreiben vom 2. August und 10. September 1999 Bedenken und Zweifel geäußert, die abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten jedoch im zuletzt genannten Schreiben ausdrücklich offengelassen. Im Deckungsprozeß hat sie ihre Ablehnung in der Berufungsinstanz auch auf fehlende Erfolgsaussicht gestützt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht (VersR 2002, 91) hat ihr stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg. Die Beklagte hat dem Kläger im beantragten Umfang Rechtsschutz zu gewähren.
1. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, daß der Versicherungsfall erst während der Dauer des Versicherungsschutzes eingetreten ist, der gemäß § 5 ARB 75 hier am 1. Dezember 1983 begonnen hat.
a) Der Familien- und Verkehrs-Rechtsschutz umfaßt nach § 26 Abs. 3 a ARB 75 die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen im Rahmen des § 14 Abs. 1 ARB 75. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 ARB 75 gilt bei Schadensersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen als Versicherungsfall der Eintritt des dem Anspruch zugrunde liegenden Schadenereignisses. Als ein dem Anspruch zugrunde liegendes Schadenereignis kann bei der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach dem Wortlaut und dem Sinn der Bestimmung von vornherein nur ein Ereignis in Betracht kommen, das geeignet ist, den Anspruch rechtlich zu begründen. Auf eigenes Verhalten des Versicherungsnehmers und in seiner Person liegende Umstände, die für den Schaden mitur-
sächlich waren, kann der Anspruch gegen den Schädiger nicht gestützt werden. Sie sind kein dem geltend gemachten Anspruch zugrunde liegendes Schadenereignis und damit kein Versicherungsfall im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 ARB 75. Der verständige Versicherungsnehmer wird deshalb unter dem Schadenereignis nur ein solches verstehen, für das der Schadensersatzpflichtige, gegen den er Ansprüche erhebt, in haftungsrechtlich zurechenbarer Weise verantwortlich ist (vgl. zu § 4 (1) a ARB 94 Senatsurteil vom 25. September 2002 - IV ZR 248/01 - VersR 2002, 1503 unter 2 b bb).
Demgemäß kommt es für den Eintritt des Versicherungsfalls darauf an, mit welchem Tatsachenvortrag der Versicherungsnehmer den Schadensersatzanspruch begründet. Als frühest möglicher Zeitpunkt kommt das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten in Betracht , aus dem der Anspruch hergeleitet wird. Ob der Tatsachenvortrag des Versicherungsnehmers schlüssig und beweisbar ist, ist für den Eintritt des Versicherungsfalls nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ARB 75 unerheblich. Diese Frage ist nur für die Erfolgsaussicht im Sinne von §§ 1 Abs. 1 Satz 2, 17 Abs. 1 Satz 1 ARB 75 von Bedeutung.
b) Der Versicherungsfall ist hier nicht vor dem 1. Dezember 1983 und damit in versicherter Zeit eingetreten. Der Kläger lastet der Firma R. als schadenursächliches Verhalten an, sie habe ab 1984 Warnhinweise auf die ihr bekannte suchterregende Wirkung von Acetaldehyd pflichtwidrig unterlassen und dem Zigarettentabak bewußt suchtsteigernde Stoffe beigemischt. Mit einem früheren pflichtwidrigen Verhalten der Firma R. begründet er die beabsichtigte Klage nicht. Deshalb kommt es entgegen der Ansicht der Beklagten nicht darauf an, ob der Kläger
schon seit 1975 nikotinsüchtig war. Dies ist gegebenenfalls im Schadensersatzprozeß gegen die Firma R. zu klären und rechtlich zu würdigen. Ebenso bedarf es keiner Stellungnahme dazu, ob bei § 14 Abs. 1 Satz 1 ARB 75 das Kausalereignis oder das Folgeereignis maßgebend und welcher sinnfällige objektive Vorgang hier als Folgeereignis anzusehen ist. Es wäre jedenfalls nach Vertragsbeginn eingetreten.
2. Dem Berufungsgericht ist auch darin zuzustimmen, daß die Beklagte sich nicht mehr darauf berufen kann, die beabsichtigte Klage biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das ist ihr verwehrt, weil sie dem Kläger diesen Ablehnungsgrund entgegen § 17 Abs. 1 Satz 2 ARB 75 nicht unverzüglich schriftlich mitgeteilt hat.
a) Die Auslegung dieser Bestimmung ergibt nach den Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Versicherungsnehmers (vgl. dazu BGHZ 123, 83, 85), daß sich der Versicherer bei Verletzung der Mitteilungspflicht im Deckungsprozeß nicht mehr auf die fehlende Erfolgsaussicht berufen kann. Dies entspricht auch der ganz überwiegenden Meinung in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte (OLG Düsseldorf VersR 2001, 233 unter II 2, OLG Hamm VersR 1999, 1362 unter II 2, OLG Köln r+s 1991, 419, 420 f., jeweils mit Hinweisen auf frühere Rechtsprechung; OLG Frankfurt VersR 1984, 857 unter II; a.A. OLG Karlsruhe VersR 1999, 613 unter I 1 b).
aa) Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 ARB 75 kann der Versicherer seine Leistungspflicht verneinen, wenn er der Auffassung ist, die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg oder erscheine mutwillig. Macht er von
seinem Ablehnungsrecht Gebrauch, hat der dies nach Satz 2 der Be- stimmung dem Versicherungsnehmer unter Angabe der Gründe unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Schon dieser Zusammenhang zwischen Satz 1 und Satz 2 legt es nahe, daß die Ablehnung innerhalb des Zeitraums erfolgen muß und auch nur erfolgen kann, den der Versicherer bei sachgerechter, nicht schuldhaft verzögerter Prüfung für seine Entschließung benötigt. Die Prüfungspflicht des Versicherers beginnt, sobald der Versicherungsnehmer seine Obliegenheit nach § 15 Abs. 1 a ARB 75 erfüllt hat, den Versicherer unverzüglich vollständig und wahrheitsgemäß über sämtliche Umstände des Versicherungsfalles zu unterrichten sowie Beweismittel und Unterlagen anzugeben und auf Verlangen zur Verfügung zu stellen (Prölss in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. § 17 ARB 75 Rdn. 5). Bei Verletzung dieser Obliegenheit hat sich der Versicherer Leistungsfreiheit nach Maßgabe von § 15 Abs. 2 ARB 75 ausbedungen (vgl. dazu Harbauer, Rechtsschutzversicherung 6. Aufl. § 15 ARB 75 Rdn. 79 ). Beim Blick auf den Anspruchsverlust bei Verletzung der Obliegenheit zur unverzüglichen vollständigen und wahrheitsgemäßen Unterrichtung des Versicherers drängt es sich auf, daß der Versicherer seinerseits nicht nur gehalten ist, die Leistungsablehnung wegen fehlender Erfolgsaussicht oder Mutwilligkeit dem Versicherungsnehmer unverzüglich mitzuteilen, sondern auch die Prüfung der Erfolgsaussicht unverzüglich vorzunehmen, und daß ein Verstoß dagegen auf seiten des Versicherers den Verlust dieses Ablehnungsrechts zur Folge hat. Denn der verständige Versicherungsnehmer kann nicht davon ausgehen, daß ihm selbst mit der Sanktion des Leistungsverlustes verknüpfte unverzüglich zu erfüllende Aufklärungsobliegenheiten aufgegeben werden, der Versicherer aber seine Entschließung über das Vorliegen von Ablehnungsgründen beliebig - und ohne gleichzeitigen Verlust des Ablehnungsrechts - hinausschie-
ben kann. Was insoweit für den Versicherungsnehmer gilt, muß in entsprechender Weise für den Versicherer gelten.
bb) Die Regelungen in § 17 Abs. 2 und 3 ARB 75 bestätigen dieses Auslegungsergebnis.
Gegen diese Ablehnung kann der Versicherungsnehmer, anders als bei sonstigen Ablehnungsgründen, nicht nur mit der Deckungsklage vorgehen. Er hat vielmehr nach § 17 Abs. 2 ARB 75 - allerdings erst nach einer Leistungsablehnung gemäß Abs. 1 - das Recht, auf Kosten des Versicherers einen sogenannten Stichentscheid des für ihn tätigen oder noch zu beauftragenden Rechtsanwalts herbeizuführen. Dessen Entscheidung ist für beide Teile bindend, sofern sie nicht offenbar von der wirklichen Sach- oder Rechtslage erheblich abweicht. Damit wird dem Versicherungsnehmer ein schnelles, einfaches und für ihn nicht mit Kosten verbundenes Verfahren an die Hand gegeben, die Notwendigkeit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen (vgl. § 1 Abs. 1 ARB 75) verbindlich klären zu lassen. Eine solche rasche Klärung ist insbesondere dann geboten, wenn bei einer Verzögerung der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung Nachteile drohen. Diesem Zweck des Verfahrens nach § 17 Abs. 1 ARB 75 widerspräche es, wenn der Versicherer sich trotz schuldhaft verzögerter Prüfung der Erfolgsaussicht und der Mitteilung der Leistungsablehnung noch auf diesen Ablehnungsgrund berufen könnte.
Mit § 17 Abs. 3 ARB 75 hat sich der Versicherer schließlich ausbedungen , dem Versicherungsnehmer zur Beschleunigung des Verfahrens nach Absatz 2 eine Frist dafür zu setzen, den mit dem Stichent-
scheid beauftragten Rechtsanwalt vollständig zu unterrichten. Die Versäumung der Frist führt nach Absatz 3 Satz 2 zum Entfallen des Versicherungsschutzes. Wiederum wird also mit der Androhung des Leistungsverlustes darauf hingewirkt, eine schnelle abschließende Entscheidung herbeizuführen. Das muß nach dem Gesamtzusammenhang dann aber auch für die vom Versicherer zu treffende Entscheidung nach Absatz 1 gelten. Trifft sie der Versicherer nicht ohne schuldhaftes Zögern , verliert er das Ablehnungsrecht.
cc) Der bei nicht unverzüglicher Prüfung und schriftlicher Ablehnung eintretende Verlust des Ablehnungsrechts wegen fehlender Erfolgsaussicht oder Mutwilligkeit hat zur Folge, daß der Versicherer sich die spätere Berufung auf diese Ablehnungsgründe auch dann nicht wirksam vorbehalten kann, wenn er die Leistung aus anderen Gründen ablehnt. An der im Senatsurteil vom 16. Oktober 1985 (IVa ZR 49/84 - VersR 1986, 132 unter 1) vertretenen gegenteiligen Ansicht wird nicht festgehalten.
b) Die Beklagte hat die Leistung wegen fehlender Erfolgsaussicht erst im hier zu entscheidenden Deckungsprozeß und damit nicht unverzüglich abgelehnt. Die Auslegung des Berufungsgerichts, die Schreiben der Beklagten vom 2. August und 10. September 1999 enthielten keine Ablehnung wegen fehlender Erfolgsaussicht, ist richtig. Die Prüfungspflicht der Beklagten begann mit Zugang des Schreibens des für den Kläger tätigen Rechtsanwalts Dr. O. vom 19. Juli 1999. Dem Schreiben waren der Entwurf der Klageschrift und Kopien sämtlicher darin erwähnter Unterlagen beigefügt. Die Beklagte hat mit Recht nicht geltend
gemacht, der Kläger habe damit seine Obliegenheit nach § 15 Abs. 1 a ARB 75 nicht erfüllt gehabt.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch
(1) Der Versicherungsnehmer hat bei Eintritt des Versicherungsfalles nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen.
(2) Der Versicherungsnehmer hat Weisungen des Versicherers, soweit für ihn zumutbar, zu befolgen sowie Weisungen einzuholen, wenn die Umstände dies gestatten. Erteilen mehrere an dem Versicherungsvertrag beteiligte Versicherer unterschiedliche Weisungen, hat der Versicherungsnehmer nach pflichtgemäßem Ermessen zu handeln.
(3) Bei Verletzung einer Obliegenheit nach den Absätzen 1 und 2 ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.
(4) Abweichend von Absatz 3 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:
- 1.
aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vor einem deutschen Gericht oder vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle abgeschlossen sind, sowie aus Vergleichen, die gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 oder § 492 Abs. 3 zu richterlichem Protokoll genommen sind; - 2.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen; - 2a.
(weggefallen) - 2b.
(weggefallen) - 3.
aus Entscheidungen, gegen die das Rechtsmittel der Beschwerde stattfindet; - 3a.
(weggefallen) - 4.
aus Vollstreckungsbescheiden; - 4a.
aus Entscheidungen, die Schiedssprüche für vollstreckbar erklären, sofern die Entscheidungen rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind; - 4b.
aus Beschlüssen nach § 796b oder § 796c; - 5.
aus Urkunden, die von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind, sofern die Urkunde über einen Anspruch errichtet ist, der einer vergleichsweisen Regelung zugänglich, nicht auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist und nicht den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betrifft, und der Schuldner sich in der Urkunde wegen des zu bezeichnenden Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat; - 6.
aus für vollstreckbar erklärten Europäischen Zahlungsbefehlen nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006; - 7.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt worden sind; - 8.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 1; L 141 vom 5.6.2015, S. 118), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/2421 (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist, ergangen sind; - 9.
aus Titeln eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union, die nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zu vollstrecken sind.
(2) Soweit nach den Vorschriften der §§ 737, 743, des § 745 Abs. 2 und des § 748 Abs. 2 die Verurteilung eines Beteiligten zur Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich ist, wird sie dadurch ersetzt, dass der Beteiligte in einer nach Absatz 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde die sofortige Zwangsvollstreckung in die seinem Recht unterworfenen Gegenstände bewilligt.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.