Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 24. Mai 2016 - 3 UF 139/15
Tenor
I.
Die Beschwerde des Kindesvaters und Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Gelsenkirchen-Buer vom 17. Juni 2015 (Az.: 18 F 246/13) wird zurückgewiesen.
II.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
III.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.500,00 EUR festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Der Antragsteller und Kindesvater (derzeit 38 Jahre alt) wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Einräumung des gemeinsamen Sorgerechts mit der Antragsgegnerin und Kindesmutter (derzeit 30 Jahre alt) bzgl. des gemeinsamen Kindes D, geb. am ##.##.2006, und begehrt zudem die Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich selbst.
4Der Kindesvater wuchs als Einzelkind bei seinen Eltern auf, die rund 30 Jahre lang eine Gaststätte betrieben und inzwischen Rentner sind. Nach dem Abitur studierte er ab 1999 Erziehungswissenschaften und schloss das Studium – nach Ds Geburt – mit dem Bachelor ab. Zudem legte der Kindesvater bei der Industrie- und Handelskammer eine Prüfung zum Kaufmann für Dialogmarketing ab. Er arbeitete als selbständiger Versicherungsvertreter bei der B-Versicherung. Ab 2009 vertrat der Kindesvater die rechtspopulistische Partei „Q“ als Stadtverordneter im Rat der Stadt H. Nach einiger Zeit übte er seine Tätigkeit als selbständiger Versicherungsvertreter nicht mehr aus und war als Landesvizevorsitzender und pädagogischer Mitarbeiter im Büro seiner Partei vollzeitangestellt. Etwa im Oktober 2015 trat der Kindesvater aus der Partei „Q“ aus und ist seitdem auch nicht mehr beruflich für diese tätig. Aktuell ist der Kindesvater fraktionsloses Mitglied im Rat der Stadt H und ansonsten arbeitslos; er bewirbt sich um einen Arbeitsplatz und absolviert ein Fernstudium zum Diplom-Fachwirt für Dialogmanagement (Ziel: Leiter/Teamleiter eines Callcenters). Nach einer aktuell bestandenen Prüfung muss der Kindesvater für den Abschluss noch Blockseminare Ende 2016 absolvieren. Der Kindesvater hat als neue Lebenspartnerin eine in K (Österreich) lebende Lehramtsstudentin (Germanistik und Geschichte), die bald für zwei Semester zu ihm nach Deutschland kommen und nach einem zwischenzeitlichen weiteren Semester in Österreich voraussichtlich endgültig zu ihm ziehen wird. Seit Ende 2013 befand sich der Kindesvater zur Verarbeitung der vorliegend verfahrensgegenständlichen Trennungsproblematik in ambulanter psychotherapeutischer Behandlung.
5Die Kindesmutter ist ebenfalls als Einzelkind aufgewachsen, bis zum Alter von etwa zehn bis elf Jahren gemeinsam bei ihren Eltern, nach deren Trennung und Scheidung bei ihrer Mutter. Der Vater der Kindesmutter und der neue Partner der Mutter der Kindesmutter waren jeweils Alkoholiker. Wegen Schulangst und Schulverweigerung befand sich die Kindesmutter im Alter von zwölf Jahren stationär in der Kinder- und Jugendpsychiatrie R. Nach schulischer Zurückstufung und Schulwechsel erreichte die Kindesmutter auf der Gesamtschule die Fachoberschulreife. Den Besuch der Oberstufe brach sie nach einem halben Jahr ab und besuchte zur Überbrückung das Bildungszentrum des Handels. Im Alter von etwa 18 bis 19 Jahren unternahm die Kindesmutter einen Suizidversuch mit Schlaftabletten, einen „Hilferuf“. Die Kindesmutter absolvierte – unterbrochen durch die Schwangerschaft mit D und eine zweijährige Elternzeit – eine Ausbildung zur Arzthelferin. In diesem Beruf arbeitete sie anschließend aber nur kurz. Seit 2009 war die Kindesmutter sodann als Geschäftsführerin der Her Ratsfraktion der Partei „Q“ sowie zwischenzeitlich im Büro des seinerzeit als selbständiger Versicherungsvertreter arbeitenden Kindesvaters tätig. Nach einer weiteren Tätigkeit als Tierrettungssanitäterin absolviert die Kindesmutter derzeit eine Fortbildung zur Tierheilpraktikerin. Über den an sich für den 30.11.2015 avisierten Abschluss hinaus hat die Kindesmutter diese Fortbildung um eine weitere, noch laufende Qualifikation verlängert. Sie beabsichtigt, neben ihrer hauptberuflichen Beschäftigung auf dem Jugendhof in L (Küche, Versorgung der Tiere, Schulbegleitung für ein minderjähriges Kind) nach dem Abschluss der Fortbildung nebenberuflich als Tierheilpraktikerin zu arbeiten. Bereits im August 2013 schied die Kindesmutter aus der Ratsfraktion der Partei „Q“ aus und blieb bis zum Abschluss der Wahlperiode im Mai 2014 fraktionsloses Ratsmitglied. Seitdem engagiert sie sich nicht mehr politisch. Ebenfalls im August 2013 begann die Kindesmutter eine neue Partnerschaft mit Herrn T, einem früheren gemeinsamen Bekannten der Beteiligten, mit dem sie und D erst in H und mittlerweile in L zusammenleben.
6Die Kindeseltern führten ab dem 24.10.2004 eine nichteheliche Lebensgemeinschaft. Sie wohnten zunächst in getrennten Wohnungen desselben Hauses in H, die Kindesmutter noch bei ihren Eltern, der Kindesvater in der Wohnung darunter. Aus ihrer Partnerschaft ist das am ##.##.2006 geborene Kind D hervorgegangen. Während der Schwangerschaft der Kindesmutter zogen die Beteiligten in eine gemeinsame Wohnung. Der Kindesvater erkannte nach der Geburt Ds die Vaterschaft an, Erklärungen zur gemeinsamen Sorgerechtsausübung erfolgten hingegen nicht. Im Februar 2013 trennten sich die Kindeseltern zunächst innerhalb ihrer gemeinsamen Wohnung. Zur endgültigen räumlichen Trennung der Kindeseltern kam es am 28.04.2013 im Zuge einer Auseinandersetzung der Beteiligten mit dem seitens der Kindesmutter erhobenen und vom Kindesvater betrittenen – Vorwurf der von letzterem ausgeübten häuslichen Gewalt. Der Kindesvater wurde von der Polizei für zehn Tage der gemeinsamen Wohnung verwiesen.
7In dem daraufhin eingeleiteten Verfahren mit dem Az. 18 F 150/13 Amtsgericht – Familiengericht – Gelsenkirchen-Buer einigten sich die Kindeseltern dahingehend, dass die Kindesmutter die Immobilie C-Weg in H bis zum 19.06.2013 allein nutzen sollte und sie diese sodann dem Kindesvater zur alleinigen Nutzung überlassen sollte. Am 19.06.2013 zog die Kindesmutter zusammen mit dem Kind D aus der ehemals gemeinsamen Wohnung in die Wohnung J-Straße 27 in H. Zudem regelten die Beteiligten in dem vorgenannten Verfahren, dass dem Kindesvater bzgl. des Kindes D ein Umgangsrecht 14-tägig in der Zeit von freitags (nach der Schule) bis Montagmorgen zustehen sollte.
8Seit dem 16.07.2013 ist das vorliegende Hauptsache-Sorgerechtsverfahren anhängig, das der Kindesvater rund zweieinhalb Monate nach der endgültigen räumlichen Trennung der Kindeseltern eingeleitet hat. In diesem Verfahren hat der Kindesvater erstinstanzlich die Übertragung der elterlichen Sorge für D auf beide Kindeseltern gemeinsam sowie daran anschließend die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für den Sohn auf sich alleine beantragt. Die Kindesmutter hat Zurückweisung dieser Anträge beantragt. Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12.02.2014 hat das Familiengericht mit Beschluss vom 18.02.2014 zur Klärung der am besten dem Kindeswohl dienenden Sorgerechtsregelung ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten der Gutachterin Dipl.-Psych. H in Auftrag gegeben. Die Sachverständige hat ihr familienpsychologisches Gutachten unter dem 02.07.2014 erstattet. Im Ergebnis hat sich die Sachverständige für den Lebensmittelpunkt von D bei der Kindesmutter und erforderlichenfalls die diesbezügliche Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Kindesmutter ausgesprochen. Für eine Übertragung des gemeinsamen Sorgerechts spreche zwar die gute Fähigkeit des Kindesvaters, für das Kind günstige erzieherische Weichenstellungen vorzunehmen und für D Verantwortung zu übernehmen; andererseits seien die Voraussetzungen bzgl. ausreichender Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit für eine kindeswohldienliche Ausübung des gemeinsamen Sorgerechts sehr kritisch zu sehen, da die Eltern wechselseitig noch sehr intensiv in verschiedene Streitigkeiten verstrickt seien, deren Beendigung nicht absehbar sei. Das Familiengericht hat die Beteiligten und die Sachverständige Dipl.-Psych. H am 25.02.2015 sowie das Kind D am 01.04.2015 mündlich angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf die Protokolle vom 25.02.2015 und 01.04.2015 verwiesen.
9Mit Beschluss vom 17.06.2015 hat sodann das Familiengericht den Antrag des Antragstellers und Kindesvaters auf Einräumung des gemeinsamen Sorgerechts bzgl. des Kindes D, geb. am ##.##.2006, zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Familiengericht im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Abänderung der elterlichen Sorge nicht gerechtfertigt sei, da die Übertragung der elterlichen Sorge auf beide Eltern gemeinsam gem. § 1626a Abs. 2 S. 1 BGB dem Kindeswohl widerspreche. Die Kindeseltern hätten Kommunikationsprobleme. Die nur per SMS ausgetauschten Nachrichten zeigten, dass von einer angemessenen Kommunikation zwischen ihnen nicht gesprochen werden könne. Die fehlende Kommunikation und die Art und Weise, wie die Kindeseltern ohne Rücksicht auf das Kindeswohl miteinander umgingen, seien tragender Grund dafür, dass ihr Verhalten negative Auswirkungen auf das Kind habe, das nach dem Gutachten der Sachverständigen im Spannungsfeld der Eltern stehe, durch deren Konflikte belastet werde und nicht zur Ruhe kommen könne. Das zeitweise auftretende Einnässen und psychosomatisch bedingte Bauchschmerzen erschienen als Belastungsreaktionen. Die Umstellungsschwierigkeiten beim Übergang des Kindes in den Haushalt des jeweils anderen Elternteils seien tragender Grund, warum entsprechend der Empfehlung der Sachverständigen eine Klarstellung des Lebensmittelpunktes erforderlich sei und das vom Vater gewollte Wechselmodell den Kontinuitätsgrundsatz verletzen würde. Zwar habe sich das Kind nach einem Aufenthalt bei dem Vater für die letztgenannte Lösung ausgesprochen. Nach den Angaben der Sachverständigen befinde sich das Kind aber in einem erheblichen Loyalitätskonflikt, könne die Fragestellung selbst nicht ausreichend beantworten, sei wechselhaft und mit der Beantwortung überfordert. Einen eindeutigen und klaren Kindeswillen hätten weder die Sachverständige noch das Familiengericht bei seiner Anhörung des zurückhaltenden Kindes feststellen können. Insgesamt würden zentrale Fragen der persönlichen Entwicklung des Kindes von den Eltern grundlegend unterschiedlich beantwortet (Testung des Kindes, Elternsprechtag, Musikunterricht). Es sei daher die Entscheidung eines Elternteils notwendig, um sowohl den Lebensmittelpunkt für D zu klären als auch die Kontinuität in der Behandlung des Kindes und in der Behandlung der übrigen Streitfragen zu erreichen und nicht jedes dieser Themen in Form von Einzelentscheidungen durch das Gericht klären lassen zu müssen.
10Mit seiner am 15.07.2015 beim Familiengericht eingelegten und am 20.08.2015 vor dem Senat begründeten Beschwerde gegen den seinen Verfahrensbevollmächtigten am 22.06.2015 zugestellten Beschluss strebt der Antragsteller in Abänderung des angefochtenen Beschlusses eine Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge für D auf die beiden Kindeseltern und des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich an. Er macht im Wesentlichen Folgendes geltend:
11- 12
Nach dem Leitbild des Gesetzgebers zu dem neuen § 1626a BGB entspreche die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl. Ein Antrag nach § 1626a Abs. 1 Nr. 3 BGB könne nur zurückgewiesen werden, wenn mit erheblicher Gewissheit festgestellt werden könne, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl widerspreche. Kommunikationsprobleme – sollten sie tatsächlich vorliegen – und selbst eine tiefe Zerstrittenheit der Eltern genügten so lange nicht als Grund gegen die gemeinsame elterliche Sorge, als sich diese nicht negativ auf das Kindeswohl auswirkten. Diesbezügliche konkrete Feststellungen habe das Familiengericht in dem angefochtenen Beschluss nicht getroffen.
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Negative Auswirkungen auf das Kind hätten zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Zwar habe es bei ihnen - den Kindeseltern - zu Beginn der Trennung eine erhebliche Störung der Kommunikation gegeben. Sie – die Kindeseltern – hätten allerdings im Verlaufe des vor dem Familiengericht geführten Verfahrens gezeigt, dass im Rahmen von gesprächsbegleitenden Sitzungen beim Jugendamt Lösungsfindungen möglich seien. Die Kindesmutter habe diese Gespräche einseitig mit dem Ziel abgebrochen, die Kommunikation in dem vorliegenden Verfahren als gestört darzustellen. Tatsächlich seien sie - die Kindeseltern - aber in der Lage, zum Wohle des Kindes Gespräche zu führen und Entscheidungen zu treffen. Dies belegten auch vielfache Absprachen per SMS und E-Mails.
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Reichte es aus, dass Kommunikationsprobleme gegen eine gemeinsame elterliche Sorge sprächen, hätte es eine Kindesmutter grundsätzlich in der Hand, solche Kommunikationsprobleme zu schaffen, um eine gemeinsame elterliche Sorge zu verhindern. Die Gesetzesänderung Weg von dem früheren Zustimmungserfordernis der Kindesmutter würde ins Leere laufen.
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Soweit die Sachverständige in dem aus der ersten Hälfte des Jahres 2014 stammenden Gutachten und ihr folgend das Familiengericht festgestellt hätten, dass D stark verunsichert sei, habe das Gericht in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt, dass Frau N als Verfahrensbeistand des Kindes in der mündlichen Verhandlung vom 25.02.2015 angegeben habe, dass das Kind bei einer noch einmal erfolgten Anhörung jetzt deutlich entspannter gewirkt habe und eine Erweiterung der Umgangskontakte gewollt habe. Die Situation des Kindes habe sich also im Laufe des Verfahrens verbessert, es sei nicht mehr „zerrissen“ zwischen den Kindeseltern.
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Die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf ihn – den Kindesvater – oder alternativ ein Wechselmodell entsprächen dem Wohl und dem gegenüber dem Verfahrensbeistand und bei der richterlichen Anhörung vom 01.04.2015 geäußerten Willen des Kindes. Es sei nicht nachzuvollziehen, wieso das Familiengericht meine, D sei nicht in der Lage, die Tragweite seines diesbezüglichen Wunsches zu übersehen.
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Soweit das Familiengericht zugunsten der Kindesmutter die Umgebungskontinuität in dem Umfeld der Wohnung der Kindesmutter – u. a. die Freunde des Kindes – berücksichtigt habe, da D nicht aus diesem Lebensmittelpunkt habe herausgerissen werden solle, habe die Kindesmutter – unstreitig - die mit Schreiben vom 03.07.2015 angekündigte Absicht umgesetzt, mit dem Kind nach L (Landkreis P, Niedersachsen) zu ziehen, wo das Kind mit ihr auf dem Jugendhof ihres Partners T lebe und seit September 2015 dort die Grundschule besuche. Dadurch sei D aus seinem Lebensumfeld gerissen worden und Umgangskontakte seien nur noch sehr eingeschränkt möglich. Der Umzug der Kindesmutter mit dem Kind widerspreche dessen Wunsch nach mehr Umgang mit ihm – dem Kindesvater – und dessen Wohl.
Während des laufenden vorliegenden Hauptsache-Sorgerechtsbeschwerdeverfahrens hat der Kindesvater vor dem Hintergrund der vorstehend dargestellten Ankündigung eines Umzuges der Kindesmutter mit Antragsschrift vom 17.08.2015 beim Familiengericht das einstweiligen Anordnungsverfahren mit dem Az. 518 F 322/15 Amtsgericht – Familiengericht – Gelsenkirchen-Buer anhängig gemacht. Das Familiengericht hat das Verfahren an den gem. § 50 Abs. 1 S. 2 FamFG für das einstweilige Anordnungsverfahren zuständigen Senat abgegeben. Dieser hat den Antrag des Kindesvaters vom 17.08.2015 auf vorläufige Untersagung eines Wohnsitz- bzw. Aufenthaltswechsels der Kindesmutter mit dem Kind D, geb. am ##.##.2006, in dem Verfahren II-3 UFH 3/15 mit Beschluss vom 08.09.2015 zurückgewiesen. Wegen der Begründung wird auf den Inhalt des Senatsbeschlusses in dem beigezogenen Verfahren II-3 UFH 3/15 verwiesen. Die Kindesmutter ist mit D am 03.09.2015 in den Jugendhof in L gezogen, wo sie bis heute mit ihm und ihrem Lebensgefährten wohnhaft ist.
19Der Antragsteller und Kindesvater beantragt in der Hauptsache,
201. abändernd die elterliche Sorge hinsichtlich des gemeinsamen Kindes
21der Beteiligten D, geb. am ##.##.2006, auf die Beteiligten
22gemeinsam zu übertragen;
232. das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das gemeinsame Kind der Beteiligten D, geb. am ##.##.2006, auf ihn - den Antragsteller - zur alleinigen Ausübung zu übertragen.
24Die Antragsgegnerin und Kindesmutter beantragt,
25die Beschwerde zurückzuweisen.
26Die Antragsgegnerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens gegen die Beschwerde des Antragstellers und macht hierzu im Wesentlichen Folgendes geltend:
27- 28
Das Familiengericht habe die Anträge des Antragstellers zu Recht zurückgewiesen. Es sei zwar unbestritten und Ergebnis des Protokolls vom 25.02.2015, des Gutachtens sowie der Stellungnahmen des Jugendamtes und des Verfahrensbeistandes, dass das gemeinsame Kind der Beteiligten sowohl bei ihr - der Kindesmutter - als auch bei dem Kindesvater bestens aufgehoben sei und es eine intensive Bindung des Kindes zum Antragsteller gebe, die aus ihrer – der Antragsgegnerin – Sicht auch völlig in Ordnung sei.
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Problematisch sei jedoch das Verhältnis der Beteiligten untereinander. Bei der ausführlichen Nachfrage des Familiengerichts sei der Umgang der Beteiligten mit der Lese- und Rechtschreibschwäche des Kindes und der diesbezüglich notwendigen teuren therapeutischen Maßnahme ein Beispiel für fehlende Kommunikation der Kindeseltern gewesen. Bei dem diesbezüglichen gemeinsamen Gespräch mit der Klassenlehrerin habe der Kindesvater sie – die Kindesmutter – keines Blickes gewürdigt und nicht mit ihr geredet.
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Der Inhalt der zwischen ihnen – den Kindeseltern – ausgetauschten SMS- und E-Mail-Nachrichten habe von Seiten des Kindesvaters teilweise beleidigenden Inhalt („Du bist ein dreckiges Stück Scheiße....“) und mache das Verhältnis der Beteiligten noch einmal deutlich. Bei dem Austausch von Nachrichten über die Gestaltung des Sommerferienurlaubs des Kindesvaters mit D habe es erhebliche Kommunikationsprobleme gegeben (u. a. E-Mail des Kindesvaters vom 07. Mai 2015 mit Beleidigungen gegen sie und ihren Partner, z. B. „undankbares Stück“, „Bollerkopp“, sowie Ultimaten in Bezug auf den Sommerferienumgang und finanzielle Regelungen). Aufgrund solcher Verhaltensweisen des Kindesvaters sei sie – die Kindesmutter – nicht mehr zu weiteren Gesprächen mit dem Kindesvater beim Jugendamt bereit gewesen und habe dies – insoweit unstreitig - der Jugendamtsmitarbeiterin Frau K mit E-Mail vom 19.10.2014 mitgeteilt.
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Es sei ausschließlich der Kindesvater, der keine Fähigkeit zu einem Minimum an Dialog zeige, während D jede Gelegenheit habe, den Antragsteller zu sehen und Umgang mit diesem zu haben, ohne dass sie – die Antragsgegnerin – hierauf Einfluss nehme.
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Der Jugendhof in L, auf den sie mit D gezogen sei, sei eine Jugendeinrichtung, die von Familienangehörigen ihres – der Kindesmutter – Lebenspartners, des Zeugen T, betrieben werde. Dort habe D zu-vor wiederholt Urlaubszeiten verbracht, habe die Familie des Zeugen T kennengelernt und fühle sich dort wohl.
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Die Maßnahmen bzgl. der Lese- und Rechtschreibschwäche des Sohnes könnten in Zusammenarbeit mit der dortigen Grundschule fortgeführt werden. Die Schwäche von D habe sich durch die bisherigen therapeutischen Maßnahmen schon deutlich gebessert und es sei zu erwarten, dass er diese Schwäche völlig überwinden könne.
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Sie – die Antragsgegnerin – und der Zeuge T seien seit der Trennung der Beteiligten fest liiert und hätten sich entschlossen, eine dauerhafte Lebensgemeinschaft zu bilden. Zu diesem Zweck wohnten sie mit D zu dritt in einem Gebäude des Jugendhofes.
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Die Entfernung zwischen L und H sei mit einer Fahrtzeit für die einfache Fahrtstrecke von rund zwei bis zweieinhalb Stunden nicht so bemessen, dass sie nicht auch bei vermehrtem Verkehrsaufkommen für Umgangskontakte in einem normalen Rahmen zu überbrücken sei. Dies erscheine als zumutbar.
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Sie – die Antragsgegnerin – habe den Umzug auch aufgrund ihrer beruflichen Planungen vorgenommen. Im Anschluss an ihre Fortbildung zur Tierheilprak-tikerin könne sie auf dem Jugendhof als solche arbeiten.
Das Jugendamt der Stadt H hat im Beschwerdeverfahren unter dem 12.01.2016 schriftlich berichtet und auf seine Stellungnahme vom 31.08.2015 in dem einstweiligen Anordnungsverfahren II-3 UFH 3/15 OLG Hamm verwiesen. Die Sachlage sei auch im Hauptsacheverfahren unverändert. Wegen der Einzelheiten wird auf die Stellungnahmen vom 31.08.2015 und 12.01.2016 verwiesen.
38Auf Anregung des Jugendamtes der Stadt H hat der Senat eine schriftliche Stellungnahme des für L zuständigen Jugendamtes des Landkreises P vom 23.03.2016 eingeholt, das über die Entwicklung seit dem Umzug der Kindesmutter mit D nach L berichtet hat und zu der Einschätzung gelangt ist, dass die Kommunikation zwischen den Kindeseltern so massiv gestört sei, dass keine Grundlage für eine gemeinsame Ausübung des Sorgerechts vorhanden sei. Der mütterliche Haushalt sei geeignet, D dort aufwachsen zu lassen, wobei zugunsten des Kindesvaters im Rahmen der Anhörung vor dem Senat eine umfangreiche Vereinbarung der Umgangskontakte getroffen werden solle. Wegen der Einzelheiten wird auf die schriftliche Stellungnahme verwiesen.
39Die Verfahrensbeiständin hat unter dem 04.09.2015 schriftlich Stellung genommen und mitgeteilt, die Ausübung des gemeinsamen Sorgerechts durch seine Eltern entspreche dem Willen des Kindes D, der jedoch derzeit mit dem Kindeswohl nicht vereinbar sei. In der hochstreitigen Trennung und dem streitigen Sorgerechtsverfahren hätten die Eltern gezeigt, dass es keine gegenseitige Akzeptanz elterlichen Handelns gebe und der empfindsame sowie in Loyalitätskonflikte verstrickte D in die Auseinandersetzungen seiner Eltern einbezogen und dadurch belastet werde. Fehlende Kooperation der Eltern verzögere Entscheidungsfindungen. Die zwischenzeitliche emotionale Beruhigung des Kindes nach der aktiven Trennungsphase sei auf die eindeutige Erziehungsverantwortung der Kindesmutter zurückzuführen. Die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den Vater und damit die Änderung des Lebensmittelpunktes entsprächen nicht dem geäußerten Kindeswillen. Für eine gemeinsame Elternverantwortung seien Mediation und Elternberatung unerlässlich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Stellungnahme Bezug genommen.
40Die Sachverständige Dipl.-Psych. H hat auf entsprechende Anforderung des Senats unter dem 04.04.2016 ein ergänzendes familienpsychologisches Gutachten vorgelegt, in dem sie sich aufgrund umfangreicher ergänzender Explorationen im Ergebnis gegen die Ausübung des gemeinsamen Sorgerechts ausspricht, da sich das Verhältnis zwischen den Kindeseltern nicht grundlegend verändert habe und das Kind D aufgrund der erheblichen Spannungen und unterschiedlichen Auffassungen der Eltern in verschiedenen Bereichen der Erziehung in seinem Verhalten und Empfinden nach wie vor ein unverändert hohes Konflikterleben signalisiere. Aus familienpsychologischer Sicht sprächen zudem trotz der mit dem Umzug nach L auch verbundenen Nachteile (Abgelegenheit des Wohnorts mit erschwertem selbstständigem Aufbau sozialer Kontakte des Kindes) überwiegende Gesichtspunkte für einen Verbleib Ds im mütterlichen Haushalt. Neben dem Aspekt der Kontinuität entspreche dies auch dem aktuell geäußerten Willen des Kindes. Im Falle des Umzugs von D zum Kindesvater bestünden demgegenüber prognostisch weniger günstige Bedingungen für eine ungehinderte und entspannte Kontaktpflege zur Kindesmutter als im derzeitigen umgekehrten Fall. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gutachtens verwiesen.
41Der Senat hat im Senatstermin vom 19.04.2016 die Kindeseltern, das Kind D und den Verfahrensbeistand ausführlich angehört sowie die Sachverständige zur ergänzenden mündlichen Erläuterung ihres schriftlichen Gutachtens vernommen. Wegen des Ergebnisses wird auf den Vermerk des Berichterstatters vom 19.04.2016 verwiesen. Abschließend hat der Senat dem im Senatstermin krankheitsbedingt nicht vertretenen Jugendamt der Stadt H Gelegenheit gegeben, zu dem vorgesehenen – mittlerweile von der Kindesmutter mit Schriftsatz vom 25.04.2016 widerrufenen – Vergleich und zu dem Inhalt der mündlichen Verhandlung Stellung zu nehmen.
42II.
43Die zulässige Beschwerde des Antragstellers und Kindesvaters ist unbegründet.
44A.
45Es findet gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG das neue Verfahrensrecht Anwendung, weil das zu Grunde liegende Verfahren nach dem 31.08.2009 erst am 16.07.2013 von dem Antragsteller eingeleitet worden ist.
46B.
47Die Beschwerde des Kindesvaters ist nach den §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 FamFG statthaft und fristgerecht innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist des § 63 Abs. 1 FamFG gemäß § 64 Abs. 1 FamFG beim Amtsgericht - Familiengericht - Gelsenkirchen-Buer eingelegt sowie rechtzeitig vor dem Senat begründet worden.
48C.
49In der Sache selbst hat die Beschwerde des Kindesvaters jedoch keinen Erfolg, da das Familiengericht den Maßstab des § 1626a BGB im Ergebnis richtig angewandt hat, indem es das elterliche Sorgerecht für das Kind D nicht auf die Kindeseltern zur gemeinsamen Ausübung und das Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht auf den Kindesvater allein übertragen hat.
50I.
51Sind die Eltern bei der Geburt eines Kindes nicht miteinander verheiratet, steht die elterliche Sorge für das Kind zunächst der Mutter allein zu, § 1626a Abs. 3 BGB. Allerdings überträgt das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht, § 1626a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 S. 1 BGB (in der seit dem 19.05.2013 geltenden Fassung). Dafür, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht, gilt eine gesetzliche Vermutung, § 1626a Abs. 2 S. 2 BGB, soweit der andere Elternteil keine entgegenstehenden Gründe vorträgt.
521. Die Begründung des Gesetzentwurfes (vgl. BT-Drucksache 17/11048, S. 17 ff.) enthält zu den bei der Entscheidung zu berücksichtigenden Kriterien u. a. folgende Ausführungen:
53„... Anders als nach der Übergangsregelung des BVerfG im Beschluss vom 21. Juli 2010 (BVerfGE 127, 132-165) ist keine positive Feststellung erforderlich, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl entspricht. Liegen keine Gründe vor, die gegen die gemeinsame elterliche Sorge sprechen, sollen grundsätzlich beide Eltern gemeinsam sie tragen. Dies ist das Leitbild des Entwurfs. Die danach vorgesehene negative Kindeswohlprüfung bringt die Überzeugung des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass die gemeinsame elterliche Sorge grundsätzlich den Bedürfnissen des Kindes nach Beziehungen zu beiden Elternteilen entspricht und ihm verdeutlicht, dass beide Eltern gleichermaßen bereit sind, für das Kind Verantwortung zu tragen (BVerfGE 107, 150 ff., 155).“
542. Über die Bedeutung dieser Gesetzesbegründung ist sich die obergerichtliche Rechtsprechung in wesentlichen Punkten noch nicht einig. Während das OLG Nürnberg davon ausgeht, aus der Neuregelung des § 1626a Abs. 2 BGB ergebe sich ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zu Gunsten der gemeinsamen elterlichen Sorge (vgl. OLG Nürnberg, FamRZ 2014, S. 571), will das OLG Stuttgart dem nicht folgen. Ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten der gemeinsamen elterlichen Sorge lasse sich aus der Gesetzesbegründung nicht herleiten und widerspreche zudem der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs in sorgerechtlichen Verfahren (vgl. BVerfG, FamRZ 2007, S. 1876; BGH, FamRZ 2008, S. 592). Ebenso wenig enthalte § 1626a BGB eine gesetzliche Vermutung oder ein Leitbild dafür, dass die gemeinsame elterliche Sorge gegenüber der Alleinsorge vorzugswürdig sei; die Vorschrift beinhalte lediglich die Vermutung, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl nicht widerspreche, wenn keine Gründe ersichtlich seien, die dem entgegenstünden (vgl. OLG Stuttgart, NJW 2015, S. 642-643 und OLG Frankfurt, NJW 2014, S. 2201 - entgegen OLG Nürnberg, a.a.O., OLG Celle, FamRZ 2014, S. 857).
55a) Unabhängig von der Frage eines neuen Leitbildes oder eines neuen Regel-Ausnahme-Verhältnisses legt dabei allerdings die bereits im Gesetz formulierte negative Kindeswohlprüfung, wonach die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl nicht widersprechen darf, für die erstmalige Einrichtung der gemeinsamen elterlichen Sorge einen eigenständigen Maßstab fest. Soweit das OLG Stuttgart ausführt, dass die gemeinsame Sorge dann zu verweigern sei, wenn bei bestehender gemeinsamer Sorge nicht verheirateter Eltern nach § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB ein Antrag auf Alleinsorge Erfolg haben würde (vgl. OLG Stuttgart, NJW 2015, S. 642-643), greift dies nach Auffassung des Senats zu kurz, da Entscheidungen nach § 1671 BGB voraussetzen, dass eine Alleinsorge dem Kindeswohl am besten entspricht. Die anderen vom OLG Stuttgart zitierten obergerichtlichen Entscheidungen (OLG München, FamRZ 2013, S. 1747; OLG Koblenz, FamRZ 2014, S. 319; OLG Karlsruhe FamRZ 2014, S. 490; OLG Brandenburg NJW 2014, S. 233; OLG Frankfurt, FamRZ 2014, S. 1120; KG, FamRZ 2014, S. 1375) unterstützen diese Auffassung.
56b) Einigkeit herrscht allerdings darüber, dass auch die gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung im Rahmen des § 1626a BGB am Maßstab der Rechtsprechung des BVerfG gemessen (vgl. BVerfGE 107, S. 150 ff., 169) eine hinreichend tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraussetzt und ein Mindestmaß an Übereinstimmung sowie eine grundsätzliche Konsensfähigkeit zwischen ihnen erfordert; hinsichtlich dieses Erfordernisses kann auf die zu § 1671 BGB von der Rechtsprechung entwickelten Sorgekriterien abgestellt werden (insoweit übereinstimmend sämtliche vorgenannten obergerichtlichen Entscheidungen und zuletzt: OLG Hamm, 9.3.2016, II-2 WF 38/16, Rn 17). Daher erfordert das Bestehenbleiben der Alleinsorge der Kindesmutter nach § 1626a BGB – über eine schwerwiegende und nachhaltige Störung der elterlichen Kommunikation hinausgehend – die Feststellung, dass den Kindeseltern eine gemeinsame Entscheidungsfindung nicht möglich sein wird und das Kind erheblich belastet würde, wenn seine Eltern gezwungen würden, die elterliche Sorge gemeinsam zu tragen (vgl. OLG Celle, FamRZ 2014, S. 857). Tragen die Eltern ihren Konflikt auf dem Rücken des Kindes aus, kann das Kind in seiner Beziehungsfähigkeit beeinträchtigt und in seiner Entwicklung gefährdet sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2010 – 1 BVR 420/09).
57c) Bei einer prognostischen und wertenden Abwägung, ob die Begründung der gemeinsamen Sorge nicht verheirateter Eltern an diesem Maßstab gemessen dem Kindeswohl nicht widerspricht, kann das Gericht auf anerkannte Sorgekriterien zurückgreifen, wie gewachsene Bindungen oder die Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft der Eltern (vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 2007 – XII ZB 136/04 –, juris). Maßgebliche Kriterien im Rahmen der Kindeswohlentscheidung sind die Erziehungseignung der Eltern, die Bindungen des Kindes, die Prinzipien der Förderung und der Kontinuität sowie die Beachtung des Kindeswillens (vgl. BGH, FamRZ 2010, S. 1060 ff.; OLG Hamm, Beschluss vom 18. November 2013 – 8 UF 169/12 –, juris; Palandt-Götz, BGB, 75. Aufl., § 1671 Rn. 26 ff.). Auch das Bedürfnis des Kindes nach einem intensiven Umgang mit beiden Elternteilen ist als Element des Kindeswohls im Rahmen der Entscheidung (nach § 1671 BGB und entsprechend übertragen auch auf § 1626a BGB anwendbar) zu berücksichtigen und in die vom Familiengericht vorzunehmende umfassende Abwägung einzubeziehen (vgl. BGH, FamRZ 2010, S. 1060 ff.). Bei einer Entscheidung nach § 1671 BGB wird davon ausgegangen, dass keine gesetzliche Vermutung dafür bestehe, dass die gemeinsame elterliche Sorge nach der Trennung der Eltern im Zweifel die für das Kind beste Form der Wahrnehmung elterlicher Verantwortung sei, da für die allgemein gehaltene Aussage, dass eine gemeinsame elterliche Sorge nach der Trennung der Eltern dem Kindeswohl prinzipiell förderlicher sei als die Alleinsorge eines Elternteils, in der kinderpsychologischen und familiensoziologischen Forschung auch weiterhin keine empirisch gesicherte Grundlage bestehe (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 23. Juli 2013, 2 UF 39/13 –, juris, m. w. N.).
58d) Soweit demgegenüber § 1626a Abs. 2 S. 2 BGB eine gesetzliche Vermutung dafür enthält, dass die gemeinsame Sorge nicht verheirateter Eltern dem Kindeswohl nicht widerspricht, wenn der andere Elternteil keine entgegenstehenden Gründe vorträgt, und das vereinfachte Verfahren vor dem Familiengericht gem. § 155a Abs. 3 FamFG den Prüfungsumfang zur Hauptsache erleichtert, liegt hierin nach Auffassung des Senats ein gewisser Wertungswiderspruch zu § 1671 BGB: Während bei – mitunter langjährig – miteinander verheirateten und mit dem Kind bis zur Trennung zusammenlebenden Eltern nach § 1671 BGB nicht vermutet werden soll, dass die Beibehaltung der gemeinsamen Sorge dem Kindeswohl am besten dient, wird die Kindeswohldienlichkeit der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern gem. § 1626a Abs. 2 S. 2 BGB selbst dann vermutet, wenn die Kindeseltern überhaupt keine persönliche Beziehung geführt haben.
59e) Letztlich handelt es sich bei der Frage nach einem Leitbild oder Regel-Ausnahme-Verhältnis durch § 1626a BGB allerdings um einen ganz weitgehend akademischen Streit, da jede zugrundeliegende Fallgestaltung unterschiedlich ist und § 1626a Abs. 1 Nr. 3 BGB eine Prognoseentscheidung und nicht wie § 1671 BGB die (nachträgliche) Feststellung eines Scheiterns der gemeinsamen Elternverantwortung in der Vergangenheit erfordert. Eine gemeinsame elterliche Sorge wurde im Fall des § 1626a BGB bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch nicht ausgeübt; ohne entsprechende Erfahrungswerte einer gemeinsam ausgeübten elterlichen Sorge kann möglicherweise nicht immer sicher prognostiziert werden, dass zwischen den Eltern jegliche tragfähige soziale Beziehung fehlt und ein Mindestmaß an Übereinstimmung nicht erzielbar ist. Dem kann – unabhängig von der genauen rechtstheoretischen Einordnung des § 1626a BGB - jedenfalls dadurch Rechnung getragen werden, dass aufgrund der lediglich erforderlichen negativen Kindeswohlprüfung die Zugangsvoraussetzungen zu einer gemeinsamen elterlichen Sorge nicht zu hoch angesetzt werden dürfen, wie auch bereits vor Neufassung des § 1626a BGB von der Rechtsprechung postuliert worden ist (vgl. BVerfG, FamRZ 2010, S. 1403 ff., Rn 75; OLG Hamm, FamRZ 2012, S. 560-562).
60f) Dabei liegt es auf der Hand, dass hier im Einzelfall gravierende Unterschiede vorliegen können: Während viele nicht miteinander verheiratete Kindeseltern während ihres Zusammenlebens mit dem Kind bis zu ihrer Trennung auch ohne gemeinsame Sorgeerklärung eine faktische gemeinsame Elternverantwortung gelebt haben, die eine vergleichsweise sichere Prognose für deren Funktionieren nach der Trennung im Falle der gerichtlichen Anordnung des gemeinsamen Sorgerechts ermöglicht, müssen nicht verheiratete und bisher nicht mit dem Kind in einem gemeinsamen Haushalt lebende Eltern die Wahrnehmung der gemeinsamen Verantwortung für ihr Kind erst noch erlernen, wobei es ggf. hinzunehmen sein kann, dass möglicherweise nach einer Zeit der Erprobung festzustellen ist, dass die gemeinsame elterliche Sorge tatsächlich nicht funktioniert (vgl. OLG Hamm, a.a.O.). Für die Anwendung eines nicht zu strengen Maßstabes für die Anordnung der gemeinsamen elterlichen Sorge spricht bei systematischer Betrachtung zudem, dass eine Abänderung der Entscheidung nach § 1626a Abs. 2 BGB gemäß § 1696 Abs. 1 S. 2 BGB unter den Voraussetzungen des § 1671 BGB möglich ist und nicht am strengeren Maßstab des § 1696 Abs. 1 S. 1 BGB gemessen wird.
613. Die (fortbestehende) Alleinsorge der Kindesmutter (zumindest in Teilbereichen des Sorgerechts) ist nach alldem trotz der Vermutung des § 1626a Abs. 2 S. 2 BGB zum Kindeswohl vorzuziehen in Fällen, in denen die gemeinsame elterliche Sorge prognostisch praktisch nicht funktionieren würde, weil trotz der entsprechenden Verpflichtung tatsächlich keine Konsensmöglichkeit besteht, insbesondere bei gravierenden Kommunikationsdefiziten, bzw. wenn mit erheblicher Gewissheit zu erwarten ist, dass zwischen den Eltern auch zukünftig in den Kindesangelegenheiten keine Kooperation stattfindet, und sich dieser Umstand erheblich belastend auf das Kind auswirken würde (vgl. Palandt-Brudermüller, a.a.O., § 1671 Rdnr. 15 ff.; BGH, NJW 2000, S. 203, NJW 2008, S. 994; OLG Naumburg, FamRZ 2009, S. 792; OLG Frankfurt am Main, FamRZ 2009, S. 433; OLG Celle, FamRZ 2014, S. 857). Darauf, ob einen oder welchen Elternteil die alleinige oder Hauptverantwortung für die fehlende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit trifft, kommt es nicht entscheidungserheblich an. Allerdings sind getrenntlebende Eltern grundsätzlich zur Konsensfindung verpflichtet, solange ihnen dies zum Wohle des Kindes zumutbar ist, wobei diese Verpflichtung allerdings nicht überspannt werden darf (vgl. Palandt-Götz a.a.O., Rdnr. 16, 17 m. w. N.). Verweigert nur ein Elternteil die Kooperation, reicht dies für die Verdrängung des anderen Elternteils aus der gemeinsamen elterlichen Sorge – bzw. im Rahmen des § 1626a BGB für ein Vorenthalten des Kindesvaters von der gemeinsamen elterlichen Sorge - nicht ohne weiteres aus, es sei denn, die Kooperation ist auch unter Berücksichtigung der Kindesbelange unzumutbar, weil der Elternteil für das Versagen seiner Kooperationsbereitschaft nachvollziehbare Gründe hat (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 23. Juli 2013, 2 UF 39/13, juris).
624. Der Senat geht insoweit entsprechend seiner Handhabung in früheren anderweitigen – jeweils im Ergebnis einvernehmlich beendeten - Verfahren nach § 1626a BGB davon aus, dass auch in Ansehung der großzügig zu beurteilenden Prognoseentscheidung, die § 1626a Abs. 2 BGB verlangt, die Grenze da zu ziehen ist, wo es bisher gänzlich an einer Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit und/oder der entsprechenden Bereitschaft der Kindeseltern gefehlt hat und voraussichtlich auch mit professioneller Hilfe eine Aussicht auf Besserung nicht besteht. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass auch schon eine Phase des „Erprobens“ der gemeinsamen Elternverantwortung dem Kindeswohl schadet.
63II.
64Gemessen an den vorstehenden Kriterien kommt vorliegend zur Überzeugung des Senats im Ergebnis die streitige Anordnung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 S. 1 BGB nicht in Betracht. Angesichts des Beginns der gerichtlichen Inanspruchnahme bereits kurz nach der Trennung der Beteiligten im Juli 2013 und der einschließlich des vorliegenden mindestens drei gerichtlichen Sorgerechts- bzw. Gewaltschutz- und Umgangsregelungsverfahren bis heute – drei Jahre nach der endgültigen räumlichen Trennung der Kindeseltern – geht der Senat von anhaltender Hochstrittigkeit beider Kindeseltern und auf beiden Seiten dauerhaft fehlender Fähigkeit zur Selbstreflexion und zu einem Aufeinanderzugehen aus, bei der eine dem Kindeswohl Ds nicht zuwiderlaufende zukünftige Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge nur unter den Rahmenbedingungen der – von der Kindesmutter widerrufenen – Elternvereinbarung als vertretbar anzusehen gewesen wäre. Diese Überzeugung ergibt sich im Einzelnen aus Folgendem:
651. Der Senat geht nach dem Ergebnis der umfangreichen schriftlichen und mündlichen Beweisaufnahme in beiden Instanzen sicher davon aus, dass die Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit sowie -bereitschaft der Kindeseltern auf beiden Seiten derart erheblich und nachhaltig eingeschränkt ist, dass eine streitige Anordnung der gemeinsamen elterlichen Sorge sich durch das konkret zu befürchtende weitere Hineinziehen des ohnehin bereits massiv durch das hochkonflikthafte Verhalten der Eltern belasteten Kindes D in den Elternstreit und den dadurch ausgelösten erheblichen Loyalitätskonflikt erheblich negativ auf das Kindeswohl auswirken würde.
66a) Dabei geht der Senat entgegen dem Beschwerdevorbringen des Kindesvaters nicht davon aus, dass dieser kooperationsbereit und -fähig sei, während die Kindesmutter die zwischenzeitlichen Kommunikationsversuche durch gemeinsame Gespräche der Kindeseltern beim Jugendamt H deshalb einseitig abgebrochen habe, weil sie sich hiervon taktische Vorteile durch die Darlegung fehlender Kommunikation im vorliegenden Verfahren verspreche. Vielmehr muss - unabhängig von der streitigen Frage, ob die ehemalige Beziehung der Beteiligten und ihre Trennung am 28.04.2013 von häuslicher Gewalt des Kindesvaters geprägt waren – von einem von hoher Respektlosigkeit geprägten Verhalten des Kindesvaters gegenüber der Kindesmutter ausgegangen werden. Hierfür sprechen nicht nur die aus dem unmittelbaren SMS- und E-Mail-Verkehr zwischen den Kindeseltern stammenden, von dem Kindesvater ausgesprochenen Beleidigungen und Bedrohungen der Kindesmutter („dreckiges Stück Scheiße“, „undankbares Stück“, „Trip mit dem Bollerkopp“, „bekommst du von mir die volle Kante“), sondern insbesondere auch die eigene Einschätzung der Kommunikation und der diesbezüglichen Fähigkeiten der Kindeseltern durch den Kindesvater. Die Äußerung in dessen E-Mail an die Kindesmutter vom 07.05.2015: „Vor allem will ich mit Dir nix mehr zu tun haben – lediglich wegen D muss ich mich noch mit Dir unterhalten.“ spricht deutlich für die Richtigkeit der Einschätzung der Sachverständigen im Ergänzungsgutachten vom 04.04.2016, dass eine hinreichend tragfähige soziale Beziehung zwischen den Kindeseltern nicht ersichtlich sei. Für eine fehlende hinreichende Kommunikationsbasis auch aufgrund des väterlichen Verhaltens sprechen zudem die unbestritten gebliebenen Schilderungen der Kindesmutter, dass der Kindesvater weder bei gemeinsamen Gesprächen im Jugendamt H noch bei einem Gespräch mit der damaligen Klassenlehrerin Ds direkt mit der Kindesmutter kommuniziert habe, sondern seine eigentlich ihr geltenden Äußerungen jeweils an die Jugendamtsmitarbeiterin bzw. die Lehrerin gerichtet habe. Insoweit hat die Kindesmutter in ihrer E-Mail an die Jugendamtsmitarbeiterin Frau K vom 19.10.2014 mit eingehender und nachvollziehbarer Begründung dargelegt, warum sie derzeit keinen Sinn in weiteren gemeinsamen Elterngesprächen beim Jugendamt sehe. Aus den vorstehenden Feststellungen ergibt sich, dass der Vorwurf des Kindesvaters, die Kindesmutter habe die gemeinsamen Gespräche beim Jugendamt ohne seine – des Kindesvaters - Veranlassung allein aus dem taktischen Grund abgebrochen, im vorliegenden Verfahren auf die Kommunikationslosigkeit der Kindeseltern verweisen zu können, nicht haltbar ist.
67b) Auch vermag der Senat auf Grundlage des Ergebnisses der umfassenden mündlichen Verhandlung und Anhörung vom 19.04.2016 nicht festzustellen, dass sich die Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit sowie -bereitschaft der Kindeseltern im Verlaufe des weiteren Verfahrens bis heute nennenswert verbessert hätte.
68aa) Zu Beginn ihrer Anhörung haben die Kindeseltern jeweils ausführlich zu den teilweise bestehenden Kommunikationsproblemen bei der konkreten Umsetzung der an sich zufriedenstellend geregelten vierzehntägigen Wochenend- und zusammenhängenden Ferienumgangskontakten seit dem Umzug der Kindesmutter mit D nach L Stellung genommen. Dabei hat sich gezeigt, dass die Kindeseltern zwar – auch ausweislich der von dem Kindesvater zu den Akten gereichten SMS-Kontakte – grundsätzlich die Umgangskontakte eigenständig und ohne familiengerichtliche Hilfe regeln können. Sobald es jedoch zu nicht vorhersehbaren kurzfristigen Entwicklungen auf der einen oder anderen Elternseite kommt, die nicht frühzeitig genug kommuniziert werden können, werfen sich die Kindeseltern wechselseitig die alleinige Schuld für das durch die jeweilige Unnachgiebigkeit verursachte Nichtabholen des Kindes am Freitag von der Schule bzw. für das zu späte Zurückbringen Ds am Sonntagabend oder in den Herbstferien zu. Ein über die vereinbarten regelmäßigen Umgangsabläufe hinausgehendes wechselseitiges Aufeinanderzugehen bei dringenden Erfordernissen im Einzelfall scheint beiden Kindeseltern bis heute nicht möglich zu sein. Im Übrigen hat der Kindesvater im Senatstermin vom 19.04.2016 bei seiner Anhörung dargelegt, dass ein für ihn wichtiger Punkt der Umgangsregelung sei (in der Sache sei er „beharrlich“), dass die Kindesmutter sich zukünftig an den durch die von ihr veranlasste große Entfernung entstehenden Umgangskosten beteilige. Auch hier ist eine Einigung der Kindeseltern nicht in Sicht.
69bb) Bzgl. der notwendigen Entscheidungen in einzelnen Sorgerechtsteilbereichen ergibt sich aus dem schriftlichen und mündlichen Vorbringen der Beteiligten im Beschwerdeverfahren, dass insoweit – trotz der gegenteiligen verbalen Bekundungen des Kindesvaters im Senatstermin – keine hinreichende Grundlage für einvernehmliche Regelungen zum Wohle Ds bestehen. Im Einzelnen gilt für die Teilbereiche des Sorgerechts Folgendes:
70(1) Eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für D auf beide Eltern gemeinsam kommt zur Überzeugung des Senats nicht in Betracht. Insoweit ist eine Konsensmöglichkeit der Kindeseltern derzeit nicht ersichtlich. Angesichts des lange andauernden Streits der Kindeseltern über den Lebensmittelpunkt des Kindes sowie der Entfernung der Wohnorte der Kindeseltern in H einerseits und im nach dem straßengenauen Routenplaner 217 km entfernten Jugendhof in L (Kreis P, Niedersachsen) andererseits (Fahrtdauer nach dem Routenplaner zwischen 2 ¼ und 2 ½ Stunden) erscheint eine gemeinsame übereinstimmende Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts als praktisch ausgeschlossen. Hierfür spricht nicht nur, dass der Kindesvater in dem einstweiligen Anordnungsverfahren II-3 UFH 3/15 vor dem Senat vergeblich versucht hat, den Umzug der Kindesmutter mit D nach L zu verhindern. Soweit der Kindesvaters im Senatstermin vom 19.04.0216 signalisiert hat, den Alltagsaufenthalt Ds bei der Kindesmutter in L im Falle einer einvernehmlichen Lösung akzeptieren zu wollen, hat er diese Zustimmung von der Bedingung der ebenfalls einvernehmlichen Einräumung der gemeinsamen elterlichen Sorge abhängig gemacht, auf die sich die Kindesmutter ausweislich ihres Widerrufs der Elternvereinbarung vom 19.04.2016 nicht einlassen konnte. Für das von dem Kindesvater erstinstanzlich noch angestrebte – soweit ersichtlich im Beschwerdeverfahren nicht mehr ernsthaft weiterverfolgte – Wechselmodell fehlt es - abgesehen von dem Widerstand der Kindesmutter – schon an den hinreichenden tatsächlichen Grundlagen: Bei einer Entfernung der Wohnorte der Kindeseltern von 217 km in zwei Bundesländern mit teils unterschiedlichen Schulsystemen und abweichenden Schulferien ist ein Wechselmodell zur Überzeugung des Senats faktisch undurchführbar. Im Interesse Ds bedarf es stattdessen angesichts des Fehlens eines verbindlichen Einvernehmens zum Alltagsaufenthalt des Kindes einer klaren Aufenthaltsregelung durch die Beibehaltung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts der Kindesmutter.
71(2) In den Bereichen der Gesundheitsfürsorge und der schulischen Angelegenheiten haben die vergangenen drei Jahre seit der Trennung der Beteiligten gezeigt, dass die Bereitschaft und Fähigkeit der Kindeseltern zur Kooperation und Kommunikation in diesen Belangen der elterlichen Sorge für D nachhaltig und tiefgreifend gestört ist. Die Einschätzung der Sachverständigen und der Verfahrensbeiständin, dass eine auch nur hinreichend tragfähige Kommunikation der Kindeseltern in diesen Bereichen prognostisch auch zukünftig nicht stattfinden wird, teilt der Senat uneingeschränkt.
72(a) Soweit beide Kindeseltern die Verantwortung für die nicht gelingende Kommunikation z. B. über die Lese- und Rechtschreibschwäche Ds und die erforderliche Therapie allein oder ganz überwiegend dem jeweils anderen Elternteil zuweisen, zeigen doch die detaillierten, sich widersprechenden Darlegungen und Beweisantritte zu dem Ablauf der diesbezüglichen Kommunikation nebst den betreffenden SMS und E-Mails (Darstellung der Kindesmutter: S. 2 f. des Schriftsatzes vom 31.08.2015; Darstellung des Kindesvaters: S. 1 ff. des Schriftsatzes vom 13.10.2015) sehr deutlich, wie tiefgreifend gestört allein schon die Fähigkeit beider Eltern ist, einander sachlich zu schreiben und - selbst im Beisein eines Dritten, hier der Klassenlehrerin – miteinander zu reden. Im Rahmen der Anhörung der Kindeseltern vor dem Senat hat sich bestätigt, dass beide die Frage, welche konkreten Hilfen D in Bezug auf seine Lese-Rechtschreibschwäche benötigt (und wer die diesbezüglichen Kosten zu tragen hat), bis heute grundlegend unterschiedlich sehen.
73(b) Gleiches gilt für die Frage, ob das Kind D einer ambulanten psychotherapeutischen Behandlung bedarf. Der Kindesvater hat im Senatstermin vom 19.04.2016 betont, dass dies eine der Fragen sei, bei denen er „beharrlich“ sei; seit 2014 versuche er, dass D eine psychologische Behandlung bekomme, weil er sich Sorgen um ihn mache. Die Kindesmutter teilt demgegenüber die Einschätzung von Fachleuten – insbesondere der von ihr konsultierten Kinder- und Jugendtherapeutin sowie der Sachverständigen des vorliegenden Verfahrens –, dass regelmäßige psychotherapeutische Sitzungen für das Kind D erst sinnvoll seien, wenn dieses nicht mehr in dem bisherigen Maße der ihn psychisch belastenden hochstrittigen Auseinandersetzung der Kindeseltern ausgesetzt sei.
74(c) Auch bzgl. einer etwaigen FSME-Zeckenschutz-Impfung Ds haben die Kindeseltern in der Vergangenheit nicht miteinander zu vereinbarende Standpunkte vertreten (siehe S. 70 des Ergänzungsgutachtens). Dabei ist es rechtlich unerheblich, ob der Kindesvater seine Position – wie er in der Verhandlung vor dem Senat bekundet hat – bereits vor der Begutachtung nicht mehr weiterverfolgt hat und diese Problematik erst von der Sachverständigen wieder aufgeworfen worden ist. Die nach der Trennung jedenfalls von den Kindeseltern ausgetragene Uneinigkeit über das Erfordernis der Impfung Ds bleibt eines unter mehreren Beispielen, dass die Kindeseltern in maßgeblichen Fragen der Gesundheit Ds kein Einvernehmen herstellen können.
75(d) Bzgl. der Schulsorge wäre die Umschulung des Kindes nach L im September 2015 bei etwaigem gemeinsamen elterlichen Sorgerecht nicht ohne familiengerichtliche Entscheidung möglich gewesen, wie sich schon an dem vom Kindesvater zur Verhinderung des Umzugs angestrengten einstweiligen Anordnungsverfahren II-3 UFH 3/15 zeigt. Zwar hat sich im Senatstermin ergeben, dass die Kindesmutter dem Kindesvater inzwischen eine Vollmacht erteilt hat, damit dieser sich bei der Grundschule Ds eigenständig – z. B. bzgl. der Empfehlung der weiterführenden Schule – hat erkundigen können. Der Kindesvater hat dadurch zwar den von der Kindesmutter in die Wege geleiteten Wechsel des Kindes zum Schuljahreswechsel 2016/2017 in die Oberschule in L statt in ein Gymnasium akzeptieren können, eine von vornherein einvernehmliche Regelung derartiger Angelegenheiten erscheint dem Senat indes nicht zuletzt vor dem Hintergrund der unstreitig fehlenden direkten Kommunikation der Kindeseltern selbst in Gegenwart der Lehrerin als kaum möglich.
76(3) Auch eine einvernehmliche Ausübung der Vermögenssorge für D durch beide Kindeseltern erscheint dem Senat zum gegenwärtigen Zeitpunkt als ausgeschlossen. Die Kindeseltern streiten nämlich nicht nur über finanzielle Trennungsfolgenansprüche wie etwa die Auseinandersetzung der gemeinsamen Immobilie, deren einvernehmliche Regelung ausgehend von den Angaben der Kindeseltern im Senatstermin vom 19.04.2016 nicht zeitnah zu erwarten ist. Darüber hinaus zeigen die im Beschwerdeverfahren vorgelegten SMS und E-Mails der Kindeseltern, dass diese sich auch über die wechselseitigen Befugnisse und Eingriffe bzgl. des dem Kind D zustehenden Vermögens auseinandersetzen. Konkret hat es in jüngerer Vergangenheit Auseinandersetzungen über die Finanzierung einer Klassenfahrt von D gegeben (siehe E-Mail des Kindesvaters vom 11.06.2015), und die Kindeseltern werfen sich wechselseitig vor, dem Kind D zustehendes Geld für eigene Zwecke veruntreut zu haben (E-Mail der Kindesmutter vom 19.10.2014 und des Kindesvaters vom 07.05.2015). Schon vor dem Hintergrund dieser exemplarischen Auseinandersetzungen ist nicht ersichtlich, wie die Kindeseltern die Vermögenssorge für D einvernehmlich regeln können sollten.
77(4) Im Bereich der allgemeinen und religiösen Erziehungssorge sind zwar derzeit keine konkreten Streitigkeiten der Kindeseltern zu erkennen, insbesondere ist ein etwaiger Streit über die Ausrichtung der religiösen Erziehung des Kindes bisher nicht ersichtlich. Am strengen Maßstab des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG gemessen hat der Senat insoweit geprüft, ob die vollständige Vorenthaltung der Teilhabe des Kindesvaters an der elterlichen Sorge unverhältnismäßig sein könnte und dem Kindesvater die allgemeine und religiöse Erziehungssorge zur gemeinsamen Ausübung übertragen werden könnte. Allerdings lässt die dargelegte Hochstrittigkeit der Kindeseltern und nachhaltig gestörte Kommunikation in den vorstehend genannten einzelnen Teilbereichen der elterlichen Sorge konkret befürchten, dass es den Kindeseltern zukünftig auch in denjenigen Angelegenheiten der elterlichen Sorge für D, die nicht den o. g. Teilbereichen unterfallen, nicht gelingen würde, auf einer tragfähigen gemeinsamen Basis einvernehmliche Lösungen zu finden.
782. Über die vorstehend dargelegte schwerwiegende und nachhaltige Störung der elterlichen Kommunikation der Beteiligten in allen maßgeblichen Teilbereichen der elterlichen Sorge hinaus gelangt der Senat entgegen dem Beschwerdevorbringen des Kindesvaters auch zu der Feststellung, dass das Kind D erheblich zusätzlich belastet würde, wenn seine Eltern – ohne die von der Kindesmutter abgelehnte begleitende Elternvereinbarung - gezwungen würden, die elterliche Sorge gemeinsam zu tragen. Zur Überzeugung des Senats wären konkrete negative Auswirkungen auf das Wohl des Kindes D zu befürchten.
79a) Entgegen der Darstellung in der Beschwerdebegründung des Kindesvaters deutet die von der Verfahrensbeiständin in der letzten erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung vom 25.02.2015 beschriebene zwischenzeitliche Entspannung des Kindes D nicht auf eine nachhaltige Entspannung der familiären Gesamtsituation hin, sondern nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Senat wirkt sich die Unfähigkeit der Kindeseltern zum reibungslosen Treffen einvernehmlicher Entscheidungen für das Kind noch deutlicher als in dem angefochtenen Beschluss ausgeführt weiterhin erheblich negativ auf das Wohl des Kindes aus. Die Verfahrensbeiständin hat die zwischenzeitlich bei D zu beobachtende Entspannung in ihrem Bericht an den Senat vom 04.09.2015 gut nachvollziehbar nicht mit einer etwaigen Verbesserung der Kommunikation zwischen den Kindeseltern, sondern auf die von der Kindesmutter nach der aktiven Trennungsphase eindeutig ausgeübte Elternverantwortung zurückgeführt. Zudem hat die Sachverständige in ihrem Ergänzungsgutachten die aktuelle Situation der Beteiligten umfassend exploriert und dabei gut begründet herausgearbeitet, dass sich das Verhältnis zwischen den Kindeseltern nicht grundlegend verändert habe und das Kind D aufgrund der erheblichen Spannungen und unterschiedlichen Auffassungen der Eltern in verschiedenen Bereichen der Erziehung in seinem Verhalten und Empfinden nach wie vor ein unverändert hohes Konflikterleben signalisiere. Die Sachverständige hat in ihrem Ergänzungsgutachten überzeugend analysiert, dass sich D wegen des Erlebens der erheblichen elterlichen Konflikte nach wie vor in einem massiven Loyalitätskonflikt befinde und dass zur Bewältigung dieser stressreichen Umstände eine psychotherapeutische Anbindung Ds – nach der mündlichen Ergänzung im Senatstermin allerdings begleitet durch Beratung der Eltern zur Veränderung ihres den Loyalitätskonflikt verursachenden Verhaltens - empfehlenswert sei. Symptome wie das zwischenzeitliche Einnässen, einmalige Einkoten und die psychosomatischen Bauchschmerzen des Kindes zeigen, dass der seit drei Jahren eskalierende Elternstreit das psychische Wohlbefinden Ds erheblich negativ beeinträchtigt. Ein deutliches aktuelles Indiz für die nach wie vor bestehende „Zerrissenheit“ des Kindes ist dessen Verhalten, als er seinen 10. Geburtstag am ##.##.2016 anlässlich eines Umgangskontaktes bei dem Kindesvater verbracht hat und die Kindesmutter ihn zum Gratulieren angerufen hat: Aus Sorge, dass seine etwaige freudige Reaktion auf den Anruf der Kindesmutter den Kindesvater verärgern könnte, hat D fluchtartig den Raum verlassen.
80b) Für die entgegen der Darstellung des Kindesvaters nach wie vor bestehende Zerrissenheit des Kindes spricht nicht zuletzt dessen Belastung durch das Erfordernis, gegenüber der Sachverständigen, der Verfahrensbeiständin und dem Gericht immer wieder seinen Willen äußern zu sollen, wobei das Kind sich, wenn es sich gerade in väterlicher Obhut befindet oder gerade daraus zurückgekehrt ist, tendenziell zugunsten des väterlichen Wunsches nach einem Wechselmodell geäußert hat, während es bei einer Anhörung im mütterlichen Umfeld den Wunsch geäußert hat, seinen Lebensmittelpunkt bei der Mutter zu behalten und den Kindesvater – ggf. mehr als bisher – zu besuchen. Von der inneren Zerrissenheit des schüchternen, in sich gekehrten und erheblich psychisch belastet wirkenden Kindes konnte sich der Senat bei seiner Anhörung Ds im Senatstermin vom 19.04.2016 persönlich überzeugen. Während D offen auf Fragen nach seiner allgemeinen Lebenssituation - etwa nach seinem Leben auf dem Jugendhof in L – antwortete, ließ er sich auf die für seine Zukunft mit beiden Eltern entscheidenden Fragen nicht ein, sondern blockte diese ganz weitgehend mit gleichbleibenden Floskeln („Weiß ich nicht.“) ab. Eine Anordnung des gemeinsamen Sorgerechts würde diese Konfliktsituation für D - angesichts der dann absehbaren regelmäßigen Konfrontationen der Eltern mit für D trotz der erheblichen Kommunikationsstörung einvernehmlich zu regelnden Sorgerechtsfragen - mit hoher Gewissheit perpetuieren, während die vorliegende Entscheidung, dass es beim alleinigen Sorgerecht der Kindesmutter verbleibt, voraussichtlich für eine dem Kind kindgerecht vermittelbare klare Aufgabenverantwortlichkeit sorgen wird.
81Zusammenfassend hält der Senat aus den vorstehenden Gründen die Anordnung der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht nur in Teilbereichen des Sorgerechts, sondern insgesamt als dem Wohl des Kindes D widersprechend und daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht durch streitigen Beschluss umsetzbar.
82III.
83Schließlich kann auch der zweite Beschwerdeantrag des Kindesvaters auf Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts für D auf sich keinen Erfolg haben. An dem oben dargelegten Maßstab der §§ 1626a BGB i. V. m. 1671 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BGB gemessen ist entscheidend für die Frage, welche Aufenthaltsregelung zu treffen ist, die Feststellung, was dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
841. In Übereinstimmung mit den schriftlichen fachlichen Empfehlungen der Jugendämter der Stadt H und des Landkreises P, der Verfahrensbeiständin sowie der Sachverständigen ist das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht auf den Kindesvater zu übertragen, da der weitere Alltagsaufenthalt des Kindes D bei der Kindesmutter trotz der seit dem Umzug auf den Jugendhof in L auch bestehenden Nachteile (weitgehender Abbruch der in H bestehenden Freundschaften Ds, abgelegenes Wohnen mit Schwierigkeit der Knüpfung neuer sozialer Kontakte) dem Kindeswohl prognostisch am besten entspricht. Hierfür sprechen neben dem Kontinuitätsgrundsatz – die Kindesmutter war und ist vor und seit der Trennung der Kindeseltern bis heute stets die Hauptbezugsperson Ds – auch der aktuell gegenüber der Verfahrensbeiständin, der Sachverständigen und dem Senat geäußerte Kindeswille. Trotz seines sich in dem weitgehenden Ausweichen vor derartigen Fragestellungen zeigenden massiven Loyalitätskonflikts hat sich D bei seiner Befragung durch die Verfahrensbeiständin, der Exploration durch die Sachverständige und der Anhörung durch den Senat stets gleich positioniert, indem er eine leichte, vorsichtig formulierte Präferenz für das weitere Leben bei seiner Mutter geäußert hat. Trotz der Zerrissenheit des Kindes hat der Senat dabei - ebenso wie die Verfahrensbeiständin und die Sachverständige - den Eindruck gewonnen, dass gerade wegen des sonstigen Bemühens Ds, sich nicht zwischen den elterlichen Interessen zu positionieren, der gleichwohl vorsichtig formulierte Wunsch, bei der Kindesmutter wohnen bleiben zu wollen, authentisch und eigenständig ist. D hat es trotz seiner erkennbaren Sorge vor der Reaktion des Kindesvaters hierauf vermocht, seine Tendenz zu formulieren. Dem misst der Senat eine hohe Bedeutung zu, denn das oben erwähnte „Flüchten“ Ds aus dem Raum im Haushalt des Kindesvaters, als die Kindesmutter ihm zu seinem Geburtstag gratulieren wollte, veranschaulicht, dass das Kind ansonsten dazu neigt, sich Konfliktsituationen mit von ihm befürchteten Reaktionen seiner Eltern durch Verweigerung zu entziehen.
852. Für dem Wohl Ds am besten entsprechend hält der Senat den weiteren Aufenthalt des Kindes im Haushalt der Kindesmutter auch unter dem Gesichtspunkt der Bindungstoleranz. Die Kindesmutter hat es trotz der Hochstrittigkeit der Kindeseltern und der vom Kindesvater ihr gegenüber ausgehenden Beleidigungen und Bedrohungen vermocht, dem Wunsch des Kindes D entsprechend regelmäßigen angemessenen Umgang des Kindesvaters mit dem Kind zuzulassen bzw. zu ermöglichen, entgegen der Sorge in der Beschwerdebegründung auch unter den durch die räumliche Entfernung erschwerten Bedingungen seit ihrem Umzug mit D nach L. Die Rigidität, mit der der Kindesvater in einem Teil seiner SMS und E-Mails die Person der Kindesmutter sowie deren Charakter und Anliegen abqualifiziert und vehement seine Beteiligung auch an Alltagsentscheidungen für D einfordert – wobei die mit dem Kindesvater zusammenlebenden, im Ergänzungsgutachten ergänzend explorierten Eltern den Kindesvater in seiner Haltung bestärken -, sowie die zumindest mittelbare Einbeziehung Ds in die Abwertung der Kindesmutter (z. B. durch die Anfertigung von Fotos der Füße des Kindes als Beweismittel für behauptete Hygienemängel im Haushalt der Kindesmutter) sprechen demgegenüber für die Prognose der Sachverständigen in dem Ergänzungsgutachten, dass es dem Kindesvater im Falle eines Aufenthaltswechsels des Kindes zu ihm voraussichtlich nicht gelingen würde, einen umfassenden und unbelasteten regelmäßigen Umgang der Kindesmutter mit D zuzulassen. Der Kindesvater stellt die mütterliche Erziehungsfähigkeit trotz der gegenteiligen Feststellungen der Fachleute immer wieder in Zweifel und erscheint trotz seiner gegenteiligen Bekundung im Senatstermin nicht als durchgehend in der Lage, Ds Verhalten und Äußerungen ihm gegenüber nicht als durch Erziehungsmängel der Kindesmutter begründet, sondern als Auswirkungen des durch die Hochstrittigkeit der Eltern verursachten massiven Loyalitätskonflikts zu begreifen (siehe S. 67 des Ergänzungsgutachtens). So hat der Kindesvater etwa die Flucht Ds aus dem Raum aus Anlass des Anrufs der Kindesmutter am beim Kindesvater verbrachten Geburtstag des Kindes am ##.##.2016 nicht auf die Furcht des Kindes vor seiner – des Vaters – Reaktion auf die Glückwünsche der Kindesmutter, sondern auf Fehlverhalten der Kindesmutter zurückgeführt.
86c) Für eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den Kindesvater und für dessen etwa doch uneingeschränkte Bindungstoleranz spricht schließlich aus den oben genannten Gründen auch nicht das ursprüngliche Vorhaben des Kindesvaters, ein Wechselmodell zwischen den Kindeseltern zu etablieren. Zum einen entspricht es ständiger Rechtsprechung des Senats, dass ein Wechselmodell nicht zwangsweise gegen den Willen des anderen Elternteils durchgesetzt werden kann, da dies regelmäßig dem Kindeswohl zuwider liefe. Im Übrigen ist, wie oben dargelegt, nicht ersichtlich, dass ein Wechselmodell trotz der räumlichen Entfernung der Wohnorte der Kindeseltern von 217 km und der dann erforderlichen Beschulung Ds in zwei verschiedenen Bundesländern (Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen) überhaupt praktikabel sein könnte. Da auch der Kindesvater im Beschwerdeverfahren einräumt, dass ein Wechselmodell gegen den Willen der Kindesmutter letztlich nicht umzusetzen sei, würde die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für D auf den Kindesvater vor diesem Hintergrund aller Voraussicht nach doch zu dem Ergebnis führen, dass der Alltagsaufenthalt von D zum Kindesvater wechseln würde – mit den o. g. zu befürchtenden Folgen.
87D.
88Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 80, 81 FamFG, die Festsetzung des Verfahrenswertes für das deutlich überdurchschnittlich umfangreiche Beschwerdeverfahren folgt aus § 45 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 FamGKG.
89Rechtsbehelfsbelehrung:
90Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 24. Mai 2016 - 3 UF 139/15
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Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 24. Mai 2016 - 3 UF 139/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu,
- 1.
wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen), - 2.
wenn sie einander heiraten oder - 3.
soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt.
(2) Das Familiengericht überträgt gemäß Absatz 1 Nummer 3 auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Trägt der andere Elternteil keine Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, und sind solche Gründe auch sonst nicht ersichtlich, wird vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.
(3) Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.
(1) Zuständig ist das Gericht, das für die Hauptsache im ersten Rechtszug zuständig wäre. Ist eine Hauptsache anhängig, ist das Gericht des ersten Rechtszugs, während der Anhängigkeit beim Beschwerdegericht das Beschwerdegericht zuständig.
(2) In besonders dringenden Fällen kann auch das Amtsgericht entscheiden, in dessen Bezirk das Bedürfnis für ein gerichtliches Tätigwerden bekannt wird oder sich die Person oder die Sache befindet, auf die sich die einstweilige Anordnung bezieht. Es hat das Verfahren unverzüglich von Amts wegen an das nach Absatz 1 zuständige Gericht abzugeben.
(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.
(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.
(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.
(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.
(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.
(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
(2) Der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegen auch die nicht selbständig anfechtbaren Entscheidungen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind.
(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen.
(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet:
- 1.
Endentscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung oder - 2.
Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts.
(3) Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.
(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll.
(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt. Die Einlegung der Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle ist in Ehesachen und in Familienstreitsachen ausgeschlossen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen.
(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, dass die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses auszusetzen ist.
(1) Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu,
- 1.
wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen), - 2.
wenn sie einander heiraten oder - 3.
soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt.
(2) Das Familiengericht überträgt gemäß Absatz 1 Nummer 3 auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Trägt der andere Elternteil keine Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, und sind solche Gründe auch sonst nicht ersichtlich, wird vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.
(3) Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.
(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.
(1) Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu,
- 1.
wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen), - 2.
wenn sie einander heiraten oder - 3.
soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt.
(2) Das Familiengericht überträgt gemäß Absatz 1 Nummer 3 auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Trägt der andere Elternteil keine Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, und sind solche Gründe auch sonst nicht ersichtlich, wird vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.
(3) Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.
(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Kindesvaters wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Marl vom 11.12.2015 abgeändert.
Dem Kindesvater wird ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für seinen im Schriftsatz vom 16.11.2015 beabsichtigten Sorgerechtsantrag bewilligt.
1
Gründe
2I.
3Der Kindesvater und die Kindesmutter sind die nicht miteinander verheirateten Eltern des am 17.01.2010 geborenen G M N (im Folgenden: das Kind). Der Kindesvater hat die Vaterschaft anerkannt. Die Kindesmutter ist allein sorgeberechtigt. Die Kindeseltern leben getrennt.
4Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.10.2015 forderte der Kindesvater die Kindesmutter auf, eine Erklärung zur Miteinräumung des „hälftigen Sorgerechts“ gegenüber dem Jugendamt bis zum 05.11.2015 abzugeben. Eine entsprechende Erklärung der Kindesmutter erfolgte nicht.
5Der Kindesvater hat behauptet, dass die Kindesmutter Umgangskontakte zwischen ihm und dem Kind vereitele. Ungeachtet dessen sei ihm aufgrund der geänderten Rechtslage die elterliche Sorge zur gemeinsamen Ausübung mit der Kindesmutter zu übertragen. Die gemeinsame Sorge widerspreche nicht dem Kindeswohl, da eine gemeinsame Kommunikationsebene zwischen ihnen, den Kindeseltern, gefunden worden sei, er Unterhalt für das Kind leiste, am Leben des Kindes teilnehme und eine tragfähige soziale Beziehung zu dem Kind bestehe.
6Der Kindesvater hat die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für einen beabsichtigen Antrag begehrt, ihm und der Kindesmutter die elterliche Sorge gemeinsam zu übertragen.
7Das Amtsgericht – Familiengericht – Marl hat mit Beschluss vom 11.12.2015 den Antrag des Kindesvaters auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mit der Begründung zurückgewiesen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung mutwillig sei. Es seien zunächst kostenfreie Angebote des Jugendamtes zur Vermittlung zwischen den beteiligten Kindeseltern in Anspruch zu nehmen. Der Kindesvater habe sich nicht an das Jugendamt gewandt, um mittels einer qualifizierten Beratung zu einer Einigung mit der Kindesmutter zu kommen.
8Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kindesvater mit seiner sofortigen Beschwerde. Er rügt, er habe die Kindesmutter außergerichtlich aufgefordert, an der Sorgerechtsübertragung mitzuwirken. Ungeachtet dessen habe die Kindesmutter es abgelehnt, mit ihm zum Jugendamt zu gehen, und ihn in weiteren WhatsApp-Nachrichten diskreditiert.
9Das Amtsgericht – Familiengericht – Marl hat mit Beschluss vom 17.02.2016 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit Verweis auf die Begründung des Beschlusses vom 15.01.2016 im Verfahren 36 F 401/15 (= II-2 WF 35/16) zur Entscheidung vorgelegt. Im Beschluss vom 15.01.2016, 36 F 401/15, hat das Amtsgericht ausgeführt, dass nicht davon auszugehen sei, dass Vermittlungsversuche des Jugendamtes von vornherein aussichtslos gewesen wären. Zwar habe die Kindesmutter dem Kindesvater vor der Antragstellung unter anderen die Nachricht zukommen lassen, dass ein Mitarbeiter des Jugendamtes der Stadt N allein für Finanzen zuständig sei; möglicherweise seien der Kindesmutter die Beratungsangebote des Jugendamtes für getrennt lebende Eltern im Bereich Sorge- und Umgangsrecht nicht bekannt gewesen. Die Mitteilung der Kindesmutter lasse daher nicht zwingend den Schluss zu, sie sei zu einem gemeinsamen Elterngespräch im Jugendamt nicht bereit gewesen. Zudem habe die Kindesmutter den Kindesvater Umgangskontakte angeboten und darauf verwiesen, dass das Kind ihn sehen wolle. Dann aber habe die Kommunikation der Kindeseltern mit der Nachricht des Kindesvaters geendet, dass er nicht mehr mit der Kindesmutter zu schreiben brauche und Anwälte dies schon machten.
10II.
11Die nach den §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 ZPO, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Kindesvaters ist begründet. Dem Kindesvater kann Verfahrenskostenhilfe nicht verweigert werden, weil seine Rechtsverfolgung nach §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 Satz 1 ZPO mutwillig erschiene.
121.
13Eine Rechtsverfolgung ist dann mutwillig, wenn ein verständiger, nicht hilfsbedürftiger Beteiligter seine Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Oktober 2013 – II-2 WF 213/13, 2 WF 213/13 – MDR 2013, 1466). Sind Einigungsbemühungen unterlassen worden, so kann das für Mutwillen sprechen, wenn nicht zu erkennen ist, dass die Gegenseite sich von vornherein unzugänglich gezeigt hätte oder weshalb eine Verständigung aus anderen Gründen wahrscheinlich nicht erreicht werden konnte (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 31. Juli 2013 – 13 WF 148/13 – zitiert nach juris).
142.
15Zwar ist zu beachten, dass die Inanspruchnahme außergerichtlicher Beratung durch das Jugendamt nicht grundsätzliche Voraussetzung für das Entstehen des Rechtschutzinteresses für ein gerichtliches Umgangsverfahren ist (vgl. Senat, Beschluss vom 18. Dezember 2003 - 2 WF 420/03 - FamRZ 2004, 1116; vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 03. März 2011 – II-8 WF 34/11 – NJW-RR 2011, 1577).
16a)
17Dem Hilfsbedürftigen kann aber zunächst abverlangt werden, dass er die ihm kostenfreien Angebote – insbesondere die Vermittlungsbemühungen des Jugendamtes – zur Erreichung seines Zieles wenigstens versuchsweise wahrnimmt, bevor er gerichtliche Hilfe in Anspruch nimmt (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 14. Oktober 2014 – II-6 WF 110/14, 6 WF 110/14 – NZFam 2015, 510; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 02. Februar 2015 – 9 WF 323/14 – FamRZ 2015, 1040; OLG Köln, Beschluss vom 17. Dezember 2012 – II-4 WF 156/12, 4 WF 156/12 – FamRZ 2013, 1241f). Durch die vorherige Einschaltung des Jugendamtes kann eine Vermittlung zwischen den Kindeseltern bereits auf einer deutlich niedrigeren Eskalationsstufe erfolgen (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 04. Oktober 2013 – 13 WF 119/13 – FamRZ 2014, 584; OLG Rostock, Beschluss vom 08. März 2011 – 10 WF 23/11 – MDR 2011, 790; OLG Stuttgart, Beschluss vom 07. August 2008 – 16 WF 194/08 – FamRZ 2009, 354). Nur soweit solche Bemühungen seitens des Jugendamtes bereits fehlgeschlagen oder erkennbar aussichtslos sind, kann die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe in Betracht kommen, da anderenfalls eine weitere Zeitverzögerung droht (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 02. Februar 2015 – 9 WF 323/14 – FamRZ 2015, 1040; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 04. Oktober 2013 – 13 WF 119/13 – FamRZ 2014, 584). Eine die Annahme von Mutwilligkeit begründende Ausnahme kommt also in solchen Fällen in Betracht, in denen die die Einräumung der Mitsorge begehrende Beteiligte ohne Rücksprache mit dem Elternteil, d.h. ohne überhaupt die Möglichkeit, eine Einigung hinsichtlich der Sorgeregelung abzuklären, ein gerichtliches Verfahren einleitet (vgl. Senat, Beschluss vom 08.07.2010 – 2 WF 137/10; Senat, Beschluss vom 18.12.2003 - 2 WF 420/03 - FamRZ 2004, 1116).
18b)
19Eine solche Fallkonstellation ist vorliegend aber nicht gegeben.
20aa)
21Zutreffend hat das Amtsgericht zwar darauf verwiesen, dass der Kindesvater gehalten war, zunächst die Möglichkeit der Beurkundung einer gemeinsamen Sorgeerklärung vor der Urkundsperson des Jugendamts nach §§ 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8, 87e SGB VIII) abzuklären, da damit ein gerichtliches Sorgerechtsverfahren unter Umständen hätte vermieden werden können.
22bb)
23Indes hat der Kindesvater behauptet, die Kindesmutter mit vorgerichtlichem Anwaltsschreiben vom 19.10.2015 erfolglos zur Abgabe einer entsprechenden Erklärung vor dem Jugendamt bewegt zu haben. Anders als im Verfahren 36 F 401/15 (= II-2 WF 35/16) ist vorliegend nicht erkennbar, dass die Kindesmutter diesem Ansinnen nachgekommen ist oder wäre. Angesichts des Umstandes, dass das Anwaltsschreiben vom 19.10.2015 seitens der Kindesmutter ohne entsprechende Reaktion blieb, konnte der Kindesvater nicht annehmen, ohne gerichtliche Hilfe sein Begehren durchsetzen zu können. Denn eine Beratung durch das Jugendamt oder eine andere Beratungsstelle kann nur dann sinnvoll genutzt werden, wenn beide Eltern hierzu bereit und tatsächlich in der Lage sind (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21. August 2015 – 18 WF 97/15 – FamRZ 2016, 250). Dies war vorliegend aus Sicht des Kindesvater jedenfalls hinsichtlich der Sorgerechtsproblematik nicht der Fall.
243.
25Auch die erforderliche Erfolgsaussicht kann dem beabsichtigten Sorgerechtsantrag des Kindesvaters nicht abgesprochen werden.
26Gemäß § 1626 a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB neue Fassung überträgt das Familiengericht die elterliche Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht.
27a)
28Auch die Neufassung des § 1626 a BGB erfordert für die Begründung eines gemeinsamen elterlichen Sorgerechts eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern. Denn für die negative Kindeswohlprüfung kann auf im Rahmen der Rechtsprechung zu § 1671 Abs. 1 Nr. 2 BGB entwickelte Maßstäbe zurückgegriffen werden (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 02. April 2015 – 18 UF 253/14 –zitiert nach juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20. Juni 2013 – 18 UF 38/13 – FamRZ 2014, 490). Erforderlich ist daher ein Mindestmaß an Übereinstimmung sowie eine hinreichende Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft der Eltern (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 15. April 2014 – 19 UF 120/13 – FamRZ 2014, 1375; OLG Celle, Beschluss vom 19. Mai 2014 – 10 UF 91/14 – NZFam 2014, 738; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 07. April 2014 – 15 UF 140/13 – FamRZ 2014, 1374; OLG Brandenburg, Beschluss vom 19.09.2013 - 9 UF 96/11 – juris). Eine fehlende Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit der Kindeseltern im Rahmen der gebotenen individuellen Kindeswohlprüfung bleibt ein gewichtiger Grund, eine gemeinsame elterliche Sorge nicht zu eröffnen, sondern einem Elternteil die Sorge für das Kind alleine zu belassen (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 07. April 2014 – 15 UF 140/13 – FamRZ 2014, 1374). Denn fehlt es hieran und sind die Kindeseltern zur Kooperation weder bereit noch in der Lage, kann die gemeinsame Sorge für das Kind dem Kindeswohl zuwiderlaufen. Tragen die Kindeseltern ihren Konflikt auf dem Rücken des Kindes aus, kann das Kind in seiner Beziehungsfähigkeit beeinträchtigt und in seiner Entwicklung gefährdet werden. (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2010 – 1 BvR 420/09 – FamRZ 2010, 1403).
29Der Kindesvater behauptet indes bislang unwidersprochen, dass zwischen der Kindesmutter und ihm eine entsprechende Kommunikationsbasis vorhanden ist. Auch im Verfahren 36 F 401/15 (= II-2 WF 35/16) ist deutlich geworden, dass eine Kommunikation zwischen den Kindeseltern letztlich stattfand und es nicht ausgeschlossen schien, dass sie sich über den seitens des Kindesvaters begehrten Umgang, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme des Jugendamtes, zu einigen gewillt und in der Lage sind. Dann kann aber vorliegend nicht unterstellt werden, dass eine entsprechende Kommunikationsbasis nicht gegeben ist, zumal selbst manifest gewordene Kommunikationsschwierigkeiten für sich genommen nicht per se eine Ablehnung der gemeinsamen Sorge rechtfertigen, da von den Kindeseltern zu erwarten ist, dass sie Mühen und Anstrengungen auf sich nehmen, um im Bereich der elterlichen Sorge zu gemeinsamen Lösungen im Interesse des Kindes zu gelangen. Diese elterliche Pflicht trifft nicht miteinander verheiratete Kindeseltern gleichermaßen (vgl. BT-Drucks. 17/11048, S. 17). Da im Zuge einer Trennung vielfach Kommunikationsprobleme auftreten, können diese damit nicht ohne Weiteres zu einer ablehnenden Entscheidung nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB führen KG Berlin, Beschluss vom 15. April 2014 – 19 UF 120/13 – FamRZ 2014, 1375). Dass es gegebenenfalls in Zukunft zu Auseinandersetzungen zwischen den Kindeseltern kommen kann, rechtfertigt eine Ablehnung gemeinsamer Sorge derzeit nicht. Dass gemeinsame Entscheidungen nur mühevoll und nach langwierigen und eventuell unerfreulichen Diskussionen erreicht werden können und dass beide Eltern vielleicht Vorbehalte gegen diese Entscheidungen behalten werden, spricht nicht gegen die gemeinsame Sorge (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 26. März 2015 – 13 UF 209/14 – zitiert nach juris). Beide Elternteile sind berufen, persönliche Konflikte und Kommunikationsprobleme auf der Paarebene, selbst wenn diese bereits manifest geworden sind, beiseite zu lassen und im Sinne des Kindes konstruktiv miteinander umzugehen, notfalls unter Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe von außen (BT-Drs. 17/11048, 17, 23; OLG Nürnberg, Beschluss vom 09.12.2013 – 7 UF 1195/13 - FamRZ 2014, 571). Insofern sind die Kindeseltern gehalten, an ihrer Kommunikationsfähigkeit zu arbeiten (vgl. Senat, Beschluss vom 31.01.2012 – 2 UF 168/11 – FamRZ 2012, 880).
30Etwas anderes gilt zwar dann, wenn auf der Kommunikationsebene eine schwerwiegende und nachhaltige Störung vorliegt, die befürchten lässt, dass den Kindeseltern eine gemeinsame Entscheidungsfindung nicht möglich sein wird und das Kind folglich erheblich belastet würde, wenn man die Kindeseltern zwänge, die Sorge gemeinsam zu tragen (BT-Drucks. 17/11048, S. 17). Hierfür ist indes nichts erkennbar und auch seitens der Kindesmutter nicht behauptet.
314.
32Die Beiordnung eines Rechtsanwalts hat der Kindesvater nicht beantragt, so dass mangels Antrags eine Beiordnung nicht erfolgen konnte; § 78 Abs. 2 FamFG.
33Insoweit weist der Senat lediglich vorsorglich für den Fall einer entsprechenden Antragstellung auf Beiordnung darauf hin, dass im vereinfachten Sorgeverfahren einem Kindesvater - jedenfalls derzeit noch - regelmäßig ein Rechtsanwalt beizuordnen sein dürfte. Denn für den Kindesvater weist die Rechtslage Schwierigkeiten auf, weil – worauf er in seiner Antragsschrift inzident zutreffend hinweist – in Rechtsprechung und Literatur bislang noch nicht hinreichend geklärt ist, welche Anforderungen an die Erheblichkeit der gegen die gemeinsame Sorge vorgebrachten Gründe zu stellen sind (vgl. Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 19. Januar 2015 – 1 WF 43/15 – FamRZ 2016, 73).
34III.
35Eine Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens ist nach den §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO nicht veranlasst.
(1) Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu,
- 1.
wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen), - 2.
wenn sie einander heiraten oder - 3.
soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt.
(2) Das Familiengericht überträgt gemäß Absatz 1 Nummer 3 auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Trägt der andere Elternteil keine Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, und sind solche Gründe auch sonst nicht ersichtlich, wird vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.
(3) Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Beteiligte zu 1 begehrt die Ersetzung der Sorgeerklärung der Beteiligten zu 2 nach Art. 224 § 2 Abs. 3 EGBGB i.V.m. § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB.
- 2
- Der Beteiligte zu 1 (Antragsteller, Vater) und die Beteiligte zu 2 (Antragsgegnerin , Mutter) sind die nicht miteinander verheirateten Eltern des am 2. April 1993 geborenen Kindes J., für das der Vater durch Standesamtsurkunde vom 8. April 1993 die Vaterschaft anerkannt hat. Nach der Geburt des Kindes lebten die Eltern in nichtehelicher Lebensgemeinschaft und betreuten das Kind zunächst gemeinsam. Seit der Trennung im Jahre 1996 lebt J. aufgrund einer Vereinbarung der Eltern von Montag bis Mittwoch bei dem Vater und von Mitt- woch abends bis Freitag bei der Mutter. Die Wochenenden verbringt er abwechselnd jeweils bei einem Elternteil. Der Vater strebt die gemeinsame elterliche Sorge an; er hat am 12. Februar 1999 vor dem Kreisjugendamt eine Sorgeerklärung nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB abgegeben. Die Mutter lehnt ein gemeinsames Sorgerecht ab, weil sie befürchtet, der Vater wolle sich in ihr Leben einmischen und strebe eventuell auf Dauer das alleinige Sorgerecht an.
- 3
- Dem Antrag des Vaters, die elterliche Sorge für J., hilfsweise das Aufenthaltsbestimmungsrecht , die Wahl der Schullaufbahn und der beruflichen Ausbildung sowie grundlegende Entscheidungen im Bereich der medizinischen Vorsorge, "auf beide Eltern gemeinsam zu übertragen", hatte das Amtsgericht - Familiengericht - nicht stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Vaters hatte das Oberlandesgericht zurückgewiesen (FamRZ 2000, 632 f.). Die zugelassene weitere Beschwerde des Vaters war ohne Erfolg geblieben. Zur Begründung hatte der Senat ausgeführt, die gemeinsame elterlicher Sorge komme bereits aus Rechtsgründen nicht in Betracht, da die Eltern nicht miteinander verheiratet seien und die nach § 1626 a Nr. 1 BGB grundsätzlich erforderliche , gerichtlich nicht ersetzbare Zustimmung der Mutter fehle (Senatsbeschluss vom 4. April 2001 - XII ZB 3/00 - FamRZ 2001, 907 ff.).
- 4
- Auf die Verfassungsbeschwerde des Vaters hat das Bundesverfassungsgericht den Senatsbeschluss vom 4. April 2001 sowie den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 2. Dezember 1999 aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Dabei hat es § 1626 a BGB insoweit für verfassungswidrig erklärt und eine gesetzliche Neuregelung gefordert, als eine Übergangsregelung für Eltern fehlt, die sich noch vor Inkrafttreten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 getrennt haben (BVerfGE 107, 150 ff. = FamRZ 2003, 285 ff.).
- 5
- Das Oberlandesgericht hat das Verfahren entsprechend § 148 ZPO bis zur Einführung von Art. 224 § 2 Abs. 3 bis 5 EGBGB ausgesetzt. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens hat es die Eltern, das Kind und dessen Verfahrenspfleger persönlich angehört. Durch Beschluss vom 20. April 2004 hat das Oberlandesgericht die Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts - Familiengericht - und die zuletzt gestellten Anträge des Vaters zurückgewiesen , die Sorgeerklärung der Mutter zu ersetzen bzw. hilfsweise die Sorgeerklärung insoweit zu ersetzen, als das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Wahl der Schullaufbahn sowie der beruflichen Ausbildung und grundlegende Entscheidungen im Bereich der medizinischen Versorgung betroffen sind. Dagegen wendet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Vaters.
II.
- 6
- Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
- 7
- 1. Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2004, 1397 ff. veröffentlicht ist, hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet : Die Voraussetzungen des Art. 224 § 2 Abs. 3 und 4 EGBGB, unter denen der Vater die von ihm angestrebte Beteiligung an der elterlichen Sorge für J. erlangen könne, lägen nicht vor. Zwar habe der Vater bereits eine wirksame Sorgeerklärung abgegeben, auch hätten die nicht verheirateten Eltern längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft die elterliche Verantwortung für ihr Kind gemeinsam getragen und sich vor dem 1. Juli 1998 getrennt. Die gerichtliche Ersetzung der Sorgeerklärung des anderen Elternteils sei allerdings nur dann vorzunehmen , wenn die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl diene. Die positive Feststellung der Kindeswohldienlichkeit sei Voraussetzung für den Übergang zur gemeinsamen Sorge. Die Feststellungslast für das Vorliegen dieser Voraussetzung liege bei dem antragstellenden Elternteil. Bei der Prüfung, ob die gemeinsame Sorge dem Wohl des Kindes diene, seien die aus anderen Verfahren betreffend die elterliche Sorge bekannten Kriterien, wie etwa die gewachsenen Bindungen des Kindes oder die Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft der Eltern, unter Berücksichtigung des Kindeswillens heranzuziehen. Abzustellen sei nicht auf den Zeitpunkt der Trennung der Eltern, sondern der gerichtlichen Entscheidung.
- 8
- Aufgrund der persönlichen Anhörung beider Eltern und des Kindes, der Stellungnahme des Verfahrenspflegers und aufgrund der zur Akte gelangten Schreiben der Eltern und der Schriftsätze der Verfahrensbevollmächtigten sei nicht davon auszugehen, dass die gemeinsame Sorge dem Wohle des Kindes diene. Beiden Eltern fehle die zur Übernahme der gemeinsamen Sorge erforderliche Kooperationsbereitschaft und Kooperationsfähigkeit. Bei seiner Anhörung habe J. erklärt, oftmals führten bereits Alltagsfragen zu heftigen, gütlich nicht beizulegenden Streitereien zwischen den Eltern. Gegenüber dem Verfahrenspfleger habe J. geäußert, im Falle der Erweiterung der Rechte des Vaters bestünde die Gefahr, dass die Eltern dann nicht nur über belanglose Dinge stritten , sondern auch noch über wichtige. Dabei sei J. in der Lage, das Verhältnis der Eltern zueinander einzuschätzen und die Konsequenzen von deren Streitigkeiten für ihn persönlich zu begreifen. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Bewertung der Angaben des Kindes und deren Beachtlichkeit für die zu treffende Entscheidung sei nicht angezeigt, weil sämtliche Senatsmitglieder über langjährige Erfahrungen bei der Anhörung von Kindern und somit über eigene Sachkunde verfügten. Dass die Eltern selbst in den für J. wesentlichen Fragen nicht konsensfähig seien, zeige die Kontroverse um die Wahl einer weiterführenden Schule. Diese habe der Vater zum Anlass genommen, am 6. März 2003 eine einstweilige Anordnung auf Übertragung der gemeinsamen Sorge zu stellen, obgleich die rechtlichen Voraussetzungen zum damaligen Zeitpunkt noch gar nicht gegeben gewesen seien. Es sei nicht zu erwarten, dass sich das Verhältnis der Eltern, deren Kommunikation tiefgreifend gestört sei, bei einer antragsgemäßen Entscheidung in absehbarer Zeit verbessern und deshalb die gemeinsame Sorge dem Wohl des Kindes dienen würde, was derzeit nicht der Fall sei. Die Alleinsorge trage eher als die gemeinsame Sorge dazu bei, dem Wohl des Kindes dienende Entscheidungen in wesentlichen Angelegenheiten herbeizuführen.
- 9
- Auch dem hilfsweise gestellten Antrag des Vaters, die Sorgeerklärung der Mutter teilweise zu ersetzen, sei nicht zu entsprechen. Eine Teil-Sorgeerklärung sehe das Gesetz in § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht vor. Die gerichtliche Ersetzung der Sorgeerklärung eines Elternteils dürfe aber nicht mit einem anderen Inhalt ergehen als sie für die Abgabe der Sorgeerklärung durch den Elternteil selbst zulässig wäre, ansonsten wäre sie nach § 1626 e BGB unwirksam.
- 10
- Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.
- 11
- 2. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist Art. 224 § 2 Abs. 3 bis 5 EGBGB nicht verfassungswidrig.
- 12
- a) Es verstößt nicht gegen das Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes, das Kind nach § 1626 a Abs. 2 BGB zunächst rechtlich allein der Mutter zuzuordnen und grundsätzlich ihr die Personensorge zu übertragen (BVerfGE 107, 150, 169 ff. = FamRZ 2003, 285, 287 ff). Denn das Kindeswohl verlangt, dass ab der Geburt eine Person vorhanden ist, die für das Kind rechtsverbindlich handeln kann. Zwar ist auch der Vater eines nichtehelichen Kindes Träger des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 GG. Angesichts der Unter- schiedlichkeit der Lebensverhältnisse, in die nichteeheliche Kinder hineingeboren werden, ist es jedoch gerechtfertigt, das Kind bei seiner Geburt sorgerechtlich grundsätzlich der Mutter und nicht dem Vater oder beiden Elternteilen gemeinsam zuzuordnen. Dem Elternrecht des Vaters ist dadurch Rechnung getragen , dass § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB denjenigen Eltern, die für ihr nichteheliches Kind gemeinsam Sorge tragen wollen, die Möglichkeit einräumt, durch übereinstimmende Sorgeerklärungen schon bei der Geburt des Kindes auch rechtlich gemeinsam die Sorge zu tragen. Für die Fälle, in denen die Mutter trotz Zusammenlebens mit dem Vater und dem Kind keine Sorgeerklärung abgeben will, durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass sie sich nur ausnahmsweise und nur dann einer gemeinsamen Sorge verweigert, wenn sie dafür schwerwiegende Gründe hat, die von der Wahrung des Kindeswohls getragen werden. Unter dieser Annahme ist es mit Art. 6 Abs. 2 GG vereinbar, dass der Gesetzgeber davon abgesehen hat, bei einem Nicht-Zustandekommen übereinstimmender Sorgeerklärungen eine gerichtliche Einzelfallprüfung zuzulassen. Dass hierdurch der Zugang des Vaters eines nichtehelichen Kindes zur elterlichen Sorge auch von der Zustimmungserklärung der Mutter und damit von deren Bereitschaft abhängt, mit ihm gemeinsam die Sorge zu tragen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch die Mutter kann ohne Bereitschaft des Vaters nicht mit ihm die Sorge für das Kind teilen. Beide Eltern erhalten damit gleichermaßen Zugang zur gemeinsamen Sorge nur, wenn sie dies übereinstimmend wollen (BVerfGE 107, 150, 175 ff. = FamRZ 2003, 285, 289, unter C I 2 a cc; vgl. Senatsbeschluss vom 4. April 2001 - XII ZB 3/00 - FamRZ 2001, 907, 909 ff.).
- 13
- b) Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings § 1626 a BGB insoweit für unvereinbar mit Art. 6 Abs. 2 und 5 GG erachtet, als eine Übergangsregelung für Eltern fehlt, die sich noch vor In-Kraft-Treten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 getrennt haben. Es verstoße gegen das Eltern- recht des Vaters eines nichtehelichen Kindes, wenn er nur deshalb keinen Zugang zur gemeinsamen Sorge für sein Kind erhalte, weil zum Zeitpunkt seines Zusammenlebens mit der Mutter und dem Kind keine Möglichkeit für ihn und die Mutter bestanden habe, eine gemeinsame Sorge zu begründen, und die Mutter nach der Trennung zur Abgabe einer Sorgeerklärung nicht (mehr) bereit ist, obwohl die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl entspreche. Für diese Fälle hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 31. Dezember 2003 eine Regelung zu schaffen, die einem Elternteil die Möglichkeit zur gerichtlichen Überprüfung einräumt, ob trotz entgegenstehenden Willens des anderen Elternteils unter Berücksichtigung des Kindeswohls eine gemeinsame elterliche Sorge begründet werden kann (so BVerfGE 107, 150, 180 = FamRZ 2003, 285, 291, unter C I 3).
- 14
- c) Der Gesetzgeber ist dem durch Einführung des Art. 224 § 2 Abs. 3 bis 5 EGBGB aufgrund des zum 31. Dezember 2003 in Kraft getretenen "Gesetzes zur Umsetzung familienrechtlicher Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts" vom 13. Dezember 2003 (BGBl. I 2547) nachgekommen. In Abs. 3 dieser Vorschrift ist geregelt, dass das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Sorgeerklärung des anderen Elternteils nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB zu ersetzen hat, wenn die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl dient. Die nicht miteinander verheirateten Eltern müssen dabei längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft gemeinsam die elterliche Verantwortung für ihr Kind getragen und sich vor dem 1. Juli 1998 getrennt haben. Auch für die Ersetzung der Sorgeerklärung soll - ebenso wie für die Ausübung der elterlichen Sorge nach § 1626 BGB - das Kindeswohl entscheidend sein. Die Sorgeerklärung darf nicht schon dann ersetzt werden, wenn Gründe des Kindeswohls lediglich "nicht entgegenstehen". Die Ersetzung erfordert vielmehr den positiven Nachweis, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl dient (vgl. OLG Koblenz FamRZ 2006, 56; OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 831; Prütting/Weinreich/We- gen/Ziegler BGB 2. Aufl. § 1626 a Rdn. 3). Der Prüfungsmaßstab soll damit den in der Praxis erprobten Wertungen der Kindeswohldienlichkeit (vgl. § 1672 Abs. 1 Satz 2, 1680 Abs. 2 Satz 2 BGB) angeglichen werden (vgl. BT-Drucks. 15/1552, 10). Kann deshalb das Gericht trotz bestehender Amtsermittlungspflicht (§ 12 FGG) keine Umstände dafür feststellen, dass die Begründung der gemeinsamen Sorge gegen den Willen eines Elternteils dem Kindeswohl dient, bleibt es beim Alleinsorgerecht der Mutter.
- 15
- d) Das Erfordernis der positiven Feststellung der Kindeswohldienlichkeit in Art. 224 § 2 Abs. 3 EGBGB für die Ersetzung der Sorgeerklärung verletzt das verfassungsrechtlich geschützte Elternrecht des Vaters des nichtehelichen Kindes (Art. 6 Abs. 2 GG) nicht.
- 16
- Aus der Trennung der Eltern vor dem 1. Juli 1998 und der nach der Trennung erklärten Weigerung der Mutter, eine Sorgeerklärung abzugeben, kann nicht ohne weiteres darauf geschlossen werden, die Mutter hätte sich auch während des Zusammenlebens einer gemeinsamen Sorge verschlossen, wenn dies rechtlich möglich gewesen wäre. Ebenso lässt dieses Verhalten für sich betrachtet nicht bereits den Rückschluss zu, elterliche Konflikte entzögen einer gemeinsamen Sorge die erforderliche Basis und beeinträchtigten deshalb das Kindeswohl (BVerfGE 107, 150, 181 f. = FamRZ 2003, 285, 291, unter C I 3 b). Zu beachten ist, dass selbst bei getrennt lebenden Eltern - vorbehaltlich der Fälle einer mangelnden Kooperationsbereitschaft und eines hohen Konfliktpotentials - die gemeinsame Sorge besser als die Alleinsorge geeignet ist, die Kooperation und die Kommunikation der Eltern miteinander positiv zu beeinflussen sowie den Kontakt des Kindes zu beiden Elternteilen aufrechtzuerhalten und die Beeinträchtigung des Kindes durch die Trennung zu mindern (Senatsbeschluss vom 11. Februar 2004 - XII ZB 158/02 - FamRZ 2004, 802, 803; BVerfGE 107, 150, 155 = FamRZ 2003, 285, 286, unter A II 1; BVerfGE 84, 168, 182 = FamRZ 1991, 913, 916; BVerfGE 61, 358, 376 = FamRZ 1982, 1179, 1183).
- 17
- Allerdings ist ein Mindestmaß an Konsens- bzw. Kooperationsfähigkeit der Eltern die entscheidende Voraussetzung für eine gemeinsame Ausübung des Sorgerechts. Der Gesetzgeber durfte deshalb für die Regelung, unter welchen Voraussetzungen auch nach einer Trennung der Eltern eine gemeinsame Sorge begründet werden kann, davon ausgehen, dass die gegen den Willen eines Elternteils erzwungene gemeinsame Sorge regelmäßig mit mehr Nachteilen als Vorteilen für das Kind verbunden ist und in diesen Fällen keine Vermutung für eine Kindeswohldienlichkeit besteht (vgl. BVerfGE 107, 150, 173 f. = FamRZ 2003, 285, 289, unter C I 2 a bb). Es unterliegt daher keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, die Begründung der gemeinsamen Sorge durch Ersetzung einer Sorgeerklärung von der positiven Feststellung der Kindeswohldienlichkeit im Rahmen einer gerichtlichen Einzelfallprüfung abhängig zu machen. Das den Eltern gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verfassungsrechtlich gegenüber dem Staat gewährleistete Recht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder dient nämlich in erster Linie dem Kindeswohl, das zugleich oberste Richtschnur für die Ausübung der Elternverantwortung ist (BVerfGE 75, 201, 218 f. = FamRZ 1987, 786, 789; BVerfGE 61, 358, 371 f. = FamRZ 1982, 1179, 1182; BVerfG FamRZ 2004, 1015 f.). Außerdem will die Übergangsvorschrift Art. 224 § 2 Abs. 3 bis 5 EGBGB keinen erleichterten Zugang des Vaters zur gemeinsamen Sorge ermöglichen, sondern nur den Mangel ausgleichen, dass vor dem 1. Juli 1998 die Möglichkeit eines gemeinsamen Sorgerechts nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB noch nicht bestand (Prütting/Weinreich/Wegen/Ziegler aaO § 1626 a Rdn. 3). Wie § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB sieht Art. 224 § 2 Abs. 3 EGBGB deshalb die Alleinsorge als normativen Regelfall an.
- 18
- e) Die Regelung des Art. 224 § 2 Abs. 3 bis 5 EGBGB steht auch nicht im Widerspruch zu Artt. 8 und 14 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) vom 4. November 1950 in der Fassung vom 17. Mai 2002 (BGBl. 2002 II, 1.054). Zwar schützt die Menschenrechtskonvention das Familienleben unabhängig von einer Eheschließung der Eltern (vgl. Senatsbeschluss vom 4. April 2001 - XII ZB 3/00 - FamRZ 2001, 907, 911 m.N.). Ebenso wie in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG sind jedoch Eingriffe in das Elternrecht des Art. 8 Abs. 1 EMRK (i.V.m. Art. 14 EMRK) durch abweichende rechtliche Gestaltung der familiären Beziehungen eines Kindes, dessen Eltern nicht miteinander verheiratet sind, gegenüber Kindern von Ehepaaren statthaft, wenn dies gesetzlich vorgesehen und durch sachliche Gründe zur Wahrung des Kindeswohls erforderlich ist (Art. 8 Abs. 2 EMRK). Deshalb ist die durch objektive und vernünftige Gründe gerechtfertigte unterschiedliche Behandlung nichtehelicher Kinder gegenüber ehelichen Kindern ohne Verletzung des Art. 8 Abs. 1 EMRK (in Verbindung mit Art. 14 EMRK) möglich. Den jeweiligen Einzelstaaten steht dabei ein weiter Beurteilungsspielraum bei der Gestaltung der Rechte und der Pflichten der Eltern zu (Fahrenhorst Familienrecht und EMRK [1994] S. 455 f.). Insoweit sind die für Art. 6 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 5 GG vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Eingriffs- und Regelungskriterien geeignet, Eingriffe in Art. 8 Abs. 1 EMRK (in Verbindung mit Art. 14 EMRK) in Form einer unterschiedlichen Gestaltung der Rechtspositionen von Mutter und Vater zu rechtfertigen, wenn dies dem Kindeswohl dient (Senatsbeschluss vom 4. April 2001 - XII ZB 3/00 - FamRZ 2001, 907, 911). Hierzu kann auf die Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit des Art. 224 § 2 Abs. 3 bis 5 EGBGB verwiesen werden, dessen Maßstab für das gemeinsame Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern das Kindeswohl ist.
- 19
- f) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, das Erfordernis der Kindeswohldienlichkeit in Art. 224 § 2 Abs. 3 EGBGB benachteilige den Vater eines nichtehelichen Kindes unangemessen gegenüber ehelichen Vätern. Dieser Einwand ist nicht gerechtfertigt. Bei verheirateten Eltern darf der Gesetzgeber davon ausgehen, dass der durch Eheschluss bekundete Wille zur gemeinsamen Sorge deren Kooperationsbereitschaft zeigt und eine dem Kindeswohl entsprechende gemeinsame Sorgerechtsausübung durch die Eltern gewährleistet (BVerfGE 107, 150, 174 = FamRZ 2003, 285, 289, unter C I 2 a bb <1>). Ein solcher Anknüpfungspunkt steht nicht zur Verfügung, wenn der Vater eines nichtehelichen Kindes gegen den Willen der Mutter die gemeinsame Sorge anstrebt. Der Vater eines nichtehelichen Kindes ist bei der Erlangung des gemeinsamen Sorgerechts auch nicht gegenüber dem Ehegatten eines allein sorgeberechtigten Elternteils unangemessen benachteiligt, der nicht Elternteil des Kindes ist. Auch dieser kann nach § 1687 b Abs. 1 BGB nur im Einvernehmen mit dem sorgeberechtigten Elternteil die Befugnis zur Mitentscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes wahrnehmen.
- 20
- 3. Bei seiner prognostischen und wertenden Abwägung nach Art. 224 § 2 Abs. 3 EGBGB, ob die Begründung der gemeinsamen Sorge nicht verheirateter Eltern dem Kindeswohl dient, kann das Gericht - unter Berücksichtung des Kindeswillens - auf anerkannte Sorgekriterien zurückgreifen, wie gewachsene Bindungen oder die Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft der Eltern (Höfelmann FamRZ 2004, 65, 68 f.; BT-Drucks. 15/1552, S. 10). Das Oberlandesgericht hat dabei in tatrichterlicher Verantwortung das Verhalten der Eltern, insbesondere seit der Zeit ihrer Trennung, mit seinen möglichen Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes in rechtlich nicht angreifbarer Weise - unter Anwendung geeigneter Beurteilungsmaßstäbe und rechtlich zutreffender Kriterien - dahin gewertet, dass die Ersetzung der Sorgeerklärung der Mutter und die Begründung des gemeinsamen Sorgerechts der Eltern dem Kindeswohl nicht dient.
- 21
- a) Die gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung setzt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraus und erfordert ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen ihnen (BVerfGE 107, 150, 173 = FamRZ 2003, 285, 289, unter C I 2 a aa; 92, 158, 178 f. = FamRZ 1995, 789, 792). Für das Wohl des Kindes ist die Kooperationsbereitschaft der Eltern in Bezug auf das Kind von wesentlicher Bedeutung. Fehlt es hieran bzw. tragen die Eltern ihren Konflikt auf dem Rücken des Kindes aus, kann die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl zuwider laufen und seine Beziehungsfähigkeit und Entwicklung beeinträchtigen (vgl. BVerfGE 107, 150, 173 = FamRZ 2003, 285, 289, unter C I 2 a aa). In solchen Fällen ist der Alleinsorge eines Elternteils der Vorzug zu geben. Entscheidend ist, welche Auswirkungen die mangelnde Einigungsfähigkeit der Eltern bei einer Gesamtbeurteilung der Verhältnisse auf die Entwicklung und das Wohl des Kindes haben werden (vgl. Senatsbeschluss vom 29. September 1999 - XII ZB 3/99 - FamRZ 1999, 1646 f.).
- 22
- b) Ohne Erfolg wendet die Rechtsbeschwerde ein, das Oberlandesgericht habe seine Annahme nicht tragfähig begründet, beiden Eltern fehle die zur Übernahme der gemeinsamen Sorge erforderliche Kooperationsbereitschaft bzw. -fähigkeit in den für J. wesentlichen Fragen. Deshalb stünden auch für die Prognoseentscheidung nach Art. 224 § 2 Abs. 3 EGBGB, das gemeinsame Sorgerecht diene nicht dem Kindeswohl, keine ausreichenden Feststellungen zur Verfügung.
- 23
- aa) Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts verwehren beide Elternteile seit mehr als einem Jahr dem jeweils anderen den Zutritt zu ihren Wohnungen, ihre Kommunikation beschränkt sich auf konfliktreich verlaufende Telefonate. Das Kind hat bei seiner Anhörung dem Beschwerdegericht gegenüber geäußert, bereits Alltagsfragen führten zu heftigen, gütlich nicht beizulegenden Streitereien zwischen den Eltern. Insbesondere gebe es "bei 100 % der Telefonate" Streit. Im Haushalt des Vaters werde in seiner Anwesenheit abwertend über die Mutter gesprochen und deren Erziehungsfähigkeit in Frage gestellt. In einem Zeitungsartikel hat sich der Vater zudem dahin geäußert, durch die "merkwürdige" Umgangsregelung habe die Mutter ein halbe Woche einen "Gratis-Babysitter", damit sie arbeiten und ihre neue Beziehung pflegen könne. Schließlich kam es im Jahr 2003 zu einer Auseinandersetzung um die Wahl einer weiterführenden Schule, die - neben anderen Gesichtspunkten - Gegenstand eines Antrags des Vaters auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war. Es unterliegt keinen rechtlichen Bedenken, aus einer Gesamtbetrachtung dieser Umständen auf eine fehlende tragfähige Beziehung der Eltern zu schließen und von der Prognose auszugehen, dass eine Verständigung zwischen ihnen nicht nur über untergeordnete Belange des Kindes, sondern selbst über wichtige Sorgerechtsfragen nicht in einer Art und Weise möglich ist, die auch bei einem Dissens eine dem Kindeswohl dienliche Entscheidung gewährleisten würde. In diesem Fall kann das nach Art. 6 Abs. 2 GG zu berücksichtigende Elternrecht des Vaters kein Hindernis für die aus Gründen des Kindeswohls angezeigte Alleinsorge der Mutter darstellen.
- 24
- Für die Begründung eines gemeinsamen Sorgerechts spricht auch nicht der Einwand der Rechtsbeschwerde, selbst eine fehlende Kommunikationsbereitschaft der Eltern entbinde diese nicht von der Pflicht, auf der "Elternebene" zum Wohle des Kindes zu kooperieren und einen Konsens zu suchen. Art. 224 § 2 Abs. 3 EGBGB enthält wie § 1671 Abs. 2 BGB keine gesetzliche Vermutung dafür, dass die gemeinsame Sorge im Zweifel die beste Form der Wahrnehmung elterlicher Verantwortung ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. Mai 2005 - XII ZB 33/04 - FamRZ 2005, 1167 und vom 29. September 1999 - XII ZB 3/99 - FamRZ 1999, 1646, 1647; BT-Drucks. 13/4899 S. 63). Einem solchen normativen Vorrang der gemeinsamen Sorge stünde bereits entgegen, dass sich elterliche Gemeinsamkeit in der Realität nicht verordnen lässt (vgl. Senats- beschluss vom 29. September 1999 - XII ZB 3/99 - FamRZ 1999, 1646, 1647). Sofern das Gericht davon überzeugt ist, dass die Eltern auch in absehbarer Zukunft keine gemeinsame Kommunikationsbasis für das Kind betreffende Fragen finden können, darf es vielmehr davon ausgehen, dass eine Begründung der gemeinsamen Sorge mehr Nachteile als Vorteile für das Kind mit sich bringen würde (vgl. BVerfGE 107, 150, 173 f. = FamRZ 2003, 285, 289). In diesem Fall hat es bei der Alleinsorge zu bleiben, auch wenn wichtige Sorgerechtsfragen im Sinne von § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB im Entscheidungszeitpunkt nicht anstehen. Bereits das Risiko, dass das Kind durch die Begründung der gemeinsamen Sorge verstärkt dem fortdauernden Konflikt der Eltern ausgesetzt wird, steht regelmäßig der Feststellung der Kindeswohldienlichkeit entgegen.
- 25
- bb) Die Rechtsbeschwerde rügt, das Beschwerdegericht habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt. Für die Bewertung der Angaben des Kindes und deren Beachtlichkeit für die zu treffende Entscheidung hätte es ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Zudem hätte das Oberlandesgericht die Zeugen B. und H. für die vom Vater behauptete positive Kooperation der Eltern vernehmen müssen. Auch diesen Rügen bleibt der Erfolg versagt.
- 26
- § 12 FGG überlässt es dem Gericht, "die geeignet erscheinenden Beweise aufzunehmen". Mit dieser Regelung wird die Frage nach der Notwendigkeit und dem Umfang einer Beweisaufnahme ebenso in das pflichtgemäße Ermessen des Tatrichters gestellt wie die Auswahl der Beweismittel (Senatsbeschluss vom 10. März 2005 - XII ZB 153/03 - FamRZ 2005, 889, 890). Das Verfahren muss jedoch in die elterliche Sorge betreffenden Angelegenheiten geeignet sein, eine möglichst zuverlässige Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu erlangen (BVerfGE 55, 171, 182 = FamRZ 1981, 124, 126; BVerfG FamRZ 1999, 1417, 1418).
- 27
- Von dem ihm eingeräumten Ermessen hat das Oberlandesgericht keinen rechtsfehlerhaften Gebrauch gemacht. Es hat seine Entscheidung nicht allein vom Kindeswillen abhängig gemacht, sondern den Schilderungen des elfjährigen J. über das Verhalten seiner Eltern im Umgang miteinander Glauben geschenkt und seine Einschätzung, das gemeinsame Sorgerecht entspreche nicht dem Kindswohl, daneben u.a. auf die Anhörung der Eltern und des Verfahrenspflegers gestützt. Einer sachverständigen Überprüfung der Angaben des Kindes und deren Beachtlichkeit für die zu treffende Sorgeentscheidung bedurfte es dabei nicht. Dass das Oberlandesgericht bei der Anhörung des elfjährigen Kindes aus eigener Sachkunde und ohne sachverständige Hilfe zu der Überzeugung gelangt ist, dieses sei auch unter Berücksichtigung einer vielleicht etwas stärkeren Bindung zu der Mutter in der Lage, das Verhältnis seiner Eltern zueinander einzuschätzen und die Konsequenzen von deren Streitigkeiten für sich persönlich zu begreifen, lässt angesichts des Alters des Kindes und in Ermangelung konkreter Anhaltspunkte für einen erheblichen, die Glaubwürdigkeit seiner Aussage beeinträchtigenden Loyalitätskonflikt Rechtsfehler nicht erkennen.
- 28
- Dabei liegt auch der von der Rechtsbeschwerde behauptete Verfahrensfehler nicht vor, das Oberlandesgericht habe die Anhörung der Eltern und des Kindes nicht ausreichend festgehalten, weshalb eine Überprüfung der angefochtenen Entscheidung durch das Rechtsbeschwerdegericht nicht möglich sei. Vielmehr entspricht die angefochtene Entscheidung den Anforderungen des Senats, wonach es ausreichend ist, dass der wesentliche Inhalt einer Anhörung im tatbestandlichen Teil des Beschlusses vollständig, im Zusammenhang und frei von Wertungen des Gerichts wiedergegeben ist (vgl. Senatsbeschluss vom 4. April 2001 - XII ZB 3/00 - FamRZ 2001, 907, 908 m.N.).
- 29
- Dass das Beschwerdegericht die vom Vater benannten Zeuginnen B. und H. für die in der Vergangenheit angeblich positive Zusammenarbeit der El- tern nicht vernommen hat, lässt Ermessensfehler ebenfalls nicht erkennen. Bei seiner Beurteilung, ob die Begründung einer gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl dient, hat das Oberlandesgericht zu Recht auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgestellt. Es durfte deshalb aufgrund der Anhörung der Eltern, des Kindes und des Verfahrenspflegers sowie der zur Akte gelangten Schreiben der Eltern und ihrer Verfahrensbevollmächtigten zu der Überzeugung gelangen, die gemeinsame Sorge diene zumindest gegenwärtig nicht "mehr" dem Kindeswohl, auch wenn es in der Vergangenheit vereinzelt zu einer Zusammenarbeit der Eltern gekommen war und das seit 1996 geregelte Umgangsrecht im Wesentlichen funktioniert hat. Vorliegend überstiege gerade die mit der gemeinsamen Sorge verbundene Erweiterung der Kooperationspflicht die Konsensbereitschaft der Eltern.
- 30
- c) Für die Beurteilung, ob die Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl dient, spielt die Überlegung des Oberlandesgerichts keine Rolle, dem Antragsteller diene die gemeinsame Sorge möglicherweise nur als Zwischenschritt zur Erlangung der Alleinsorge nach § 1672 Abs. 1 BGB. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, stünde die fehlende Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft beider Eltern der Begründung des gemeinsamen Sorgerechts entgegen. Ebenso ist es ohne Belang, ob das Schreiben des Vaters vom 7. April 2004 mit dem Beschwerdegericht dahin zu verstehen ist, im Falle des Fortbestands der Alleinsorge wolle er die bisher bestehende Umgangsregelung beenden.
- 31
- 4. Das Oberlandesgericht hat es abgelehnt, unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten die Konsensfähigkeit der Eltern für jeden einzelnen Teilbereich der elterlichen Sorge zu überprüfen, um gegebenenfalls die Sorgeerklärung der Mutter entsprechend dem Hilfsantrag des Vaters teilweise zu ersetzen und das gemeinsame Sorgerecht der Eltern nur für bestimmte Teilbereiche zu begründen. Auch dagegen bestehen keine rechtlichen Bedenken.
- 32
- Durch die Abgabe wirksamer Sorgeerklärungen nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB, durch die eine gemeinsame elterliche Sorge erstmals begründet werden soll, können die Eltern die gemeinsame Sorge nur umfassend übernehmen. Das Sorgerecht kann nicht aufgrund eingeschränkter Erklärungen der Eltern gegenständlich aufgeteilt werden in der gemeinsamen Sorge unterliegende Teilbereiche (z.B. der Vermögenssorge oder des Aufenthaltsbestimmungsrechts ) und nach § 1626 a Abs. 2 BGB bei der Mutter verbleibende Sorgebereiche (h.M., Palandt/Diederichsen BGB 66. Aufl. § 1626 a Rdn. 7; MünchKomm /Huber BGB 4. Aufl. § 1626 a Rdn. 6 ff.; Erman/Michalski BGB 11. Aufl. § 1626 a Rdn. 3; Schwab DNotZ 1998, 437, 450; Schwab/Motzer Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Kap. III Rdn. 216; Sturm/Sturm StAZ 1998, 305, 307; Johannsen/Henrich/Jaeger Eherecht 4. Aufl. § 1626 a Rdn. 4; Lipp/Wagenitz Das neue Kindschaftsrecht § 1626 a Rdn. 8; Hoppenz/van Els Familiensachen 8. Aufl. § 1626 a Rdn. 3).
- 33
- Dem wird entgegengehalten, ein gemeinsames Sorgerecht nur für Teilbereiche der elterlichen Sorge könne ohnehin auf Umwegen erreicht werden, indem nach Abgabe umfassender Sorgeerklärungen gemäß § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB eine übereinstimmende Teil-Rückübertragung auf die Mutter erfolge oder indem nach einer Teilübertragung des Sorgerechts auf den Vater gemäß § 1672 Abs. 1 BGB für die nach § 1626 a Abs. 2 BGB verbleibende Muttersorge von den Eltern Sorgeerklärungen nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB abgegeben würden. Zu vermuten sei, dass viele Mütter, die eine beschränkte Mitsorge des Vaters akzeptieren würden, angesichts des Zwangs zur "Alles-oder-nichtsEntscheidung" , sich dann eher für die Gesamtablehnung entschieden. Eine restriktive Lesart des § 1626 a BGB sei deshalb wertungswidersprüchlich (Stau- dinger/Coester BGB [2002] § 1626 a Rdn. 59 f.; Zimmermann DNotZ 1998, 404, 418 f.). Auch die Alleinentscheidungsbefugnis eines Elternteils in Angelegenheiten des täglichen Lebens nach § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB setze inzident voraus , dass sich die Eltern, die nicht nur vorübergehend getrennt lebten, über den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes und damit über einen Teil des Personensorgerechts einigten. Eine solche Möglichkeit müsse deshalb auch bereits bei Begründung der elterlichen Sorge möglich sein (Bambeger/Roth/Veit BGB § 1626 a Rdn. 6 für eine Änderung de lege ferenda; i.d.S. auch die Stellungnahme der Sorgerechtskommission des DFGT FamRZ 1997, 337, 338 und Lipp FamRZ 1998, 65, 72 f.).
- 34
- Allerdings kann durch die Abgabe von Sorgeerklärungen nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB ein partielles gemeinsames Sorgerecht weder nach dem Wortlaut der Norm noch nach dem Willen des Gesetzgebers begründet werden (BT-Drucks. 13/4899, S. 93 f.). Die Regelung will nichtehelichen Kindern eine gleiche Sorgerechtslage ermöglichen wie ehelichen. Jedoch haben auch die Eltern ehelicher Kinder von deren Geburt an das in § 1626 Abs. 1 BGB definierte Sorgerecht vollumfänglich gemeinsam inne, ohne dass dies ihrer Disposition unterläge (Johannsen/Henrich/Jaeger aaO § 1626 a Rdn. 4). Nach der Konzeption des Gesetzes bleibt die Teilung des Sorgerechts auf Antrag eines Elternteils durch Entzug bzw. Übertragung bei nicht nur vorübergehendem Getrenntleben den in §§ 1671, 1672 BGB besonders geregelten Ausnahmefällen vorbehalten (vgl. Schwab aaO S. 450; Lipp/Wagenitz aaO § 1626 a Rdn. 8; MünchKomm /Huber aaO § 1626 a Rdn. 8), die eine gerichtliche Entscheidung erfordern. Bei Bestehen eines gemeinsamen Sorgerechts bleibt es unter den Voraussetzungen des § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB im Übrigen in Angelegenheiten des täglichen Lebens bei der Alleinentscheidungsbefugnis desjenigen Elternteils , bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält bzw. im Einzelfall bei der Entscheidungsmöglichkeit des Familiengerichts nach § 1628 BGB. Das Bestreben des Gesetzgebers, bei der Begründung der gemeinsamen Sorge nach §§ 1626, 1626 a BGB ein partielles gemeinsames Sorgerecht zu vermeiden und dies einer richterlichen Entscheidung im Einzelfall vorzubehalten, liegt im Rahmen seiner Befugnis zur Ausgestaltung des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 GG und begegnet auch unter Berücksichtigung der Kindesinteressen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Vorinstanzen:
AG Tübingen, Entscheidung vom 19.05.1999 - 6 F 60/99 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 20.04.2004 - 18 UF 30/03 -
(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.
(1) Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu,
- 1.
wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen), - 2.
wenn sie einander heiraten oder - 3.
soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt.
(2) Das Familiengericht überträgt gemäß Absatz 1 Nummer 3 auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Trägt der andere Elternteil keine Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, und sind solche Gründe auch sonst nicht ersichtlich, wird vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.
(3) Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.
(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.
(1) Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu,
- 1.
wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen), - 2.
wenn sie einander heiraten oder - 3.
soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt.
(2) Das Familiengericht überträgt gemäß Absatz 1 Nummer 3 auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Trägt der andere Elternteil keine Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, und sind solche Gründe auch sonst nicht ersichtlich, wird vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.
(3) Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.
(1) Die nachfolgenden Bestimmungen dieses Paragrafen gelten für das Verfahren nach § 1626a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Im Antrag auf Übertragung der gemeinsamen Sorge sind Geburtsdatum und Geburtsort des Kindes anzugeben.
(2) § 155 Absatz 1 ist entsprechend anwendbar. Das Gericht stellt dem anderen Elternteil den Antrag auf Übertragung der gemeinsamen Sorge nach den §§ 166 bis 195 der Zivilprozessordnung zu und setzt ihm eine Frist zur Stellungnahme, die für die Mutter frühestens sechs Wochen nach der Geburt des Kindes endet.
(3) In den Fällen des § 1626a Absatz 2 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs soll das Gericht im schriftlichen Verfahren ohne Anhörung des Jugendamts und ohne persönliche Anhörung der Eltern entscheiden. § 162 ist nicht anzuwenden. Das Gericht teilt dem nach § 87c Absatz 6 Satz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zuständigen Jugendamt seine Entscheidung unter Angabe des Geburtsdatums und des Geburtsorts des Kindes sowie des Namens, den das Kind zur Zeit der Beurkundung seiner Geburt geführt hat, zu den in § 58 des Achten Buches Sozialgesetzbuch genannten Zwecken formlos mit.
(4) Werden dem Gericht durch den Vortrag der Beteiligten oder auf sonstige Weise Gründe bekannt, die der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, gilt § 155 Absatz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass der Termin nach Satz 2 spätestens einen Monat nach Bekanntwerden der Gründe stattfinden soll, jedoch nicht vor Ablauf der Stellungnahmefrist der Mutter nach Absatz 2 Satz 2. § 155 Absatz 3 und § 156 Absatz 1 gelten entsprechend.
(5) Sorgeerklärungen und Zustimmungen des gesetzlichen Vertreters eines beschränkt geschäftsfähigen Elternteils können auch im Erörterungstermin zur Niederschrift des Gerichts erklärt werden. § 1626d Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.
(1) Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu,
- 1.
wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen), - 2.
wenn sie einander heiraten oder - 3.
soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt.
(2) Das Familiengericht überträgt gemäß Absatz 1 Nummer 3 auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Trägt der andere Elternteil keine Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, und sind solche Gründe auch sonst nicht ersichtlich, wird vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.
(3) Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.
(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.
(1) Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu,
- 1.
wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen), - 2.
wenn sie einander heiraten oder - 3.
soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt.
(2) Das Familiengericht überträgt gemäß Absatz 1 Nummer 3 auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Trägt der andere Elternteil keine Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, und sind solche Gründe auch sonst nicht ersichtlich, wird vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.
(3) Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.
(1) Eine Entscheidung zum Sorge- oder Umgangsrecht oder ein gerichtlich gebilligter Vergleich ist zu ändern, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. Entscheidungen nach § 1626a Absatz 2 können gemäß § 1671 Absatz 1 geändert werden; § 1671 Absatz 4 gilt entsprechend. § 1678 Absatz 2, § 1680 Absatz 2 sowie § 1681 Absatz 1 und 2 bleiben unberührt.
(2) Eine Maßnahme nach den §§ 1666 bis 1667 oder einer anderen Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die nur ergriffen werden darf, wenn dies zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung oder zum Wohl des Kindes erforderlich ist (kindesschutzrechtliche Maßnahme), ist aufzuheben, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr besteht oder die Erforderlichkeit der Maßnahme entfallen ist.
(3) Eine Anordnung nach § 1632 Absatz 4 ist auf Antrag der Eltern aufzuheben, wenn die Wegnahme des Kindes von der Pflegeperson das Kindeswohl nicht gefährdet.
(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.
(1) Eine Entscheidung zum Sorge- oder Umgangsrecht oder ein gerichtlich gebilligter Vergleich ist zu ändern, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. Entscheidungen nach § 1626a Absatz 2 können gemäß § 1671 Absatz 1 geändert werden; § 1671 Absatz 4 gilt entsprechend. § 1678 Absatz 2, § 1680 Absatz 2 sowie § 1681 Absatz 1 und 2 bleiben unberührt.
(2) Eine Maßnahme nach den §§ 1666 bis 1667 oder einer anderen Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die nur ergriffen werden darf, wenn dies zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung oder zum Wohl des Kindes erforderlich ist (kindesschutzrechtliche Maßnahme), ist aufzuheben, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr besteht oder die Erforderlichkeit der Maßnahme entfallen ist.
(3) Eine Anordnung nach § 1632 Absatz 4 ist auf Antrag der Eltern aufzuheben, wenn die Wegnahme des Kindes von der Pflegeperson das Kindeswohl nicht gefährdet.
(1) Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu,
- 1.
wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen), - 2.
wenn sie einander heiraten oder - 3.
soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt.
(2) Das Familiengericht überträgt gemäß Absatz 1 Nummer 3 auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Trägt der andere Elternteil keine Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, und sind solche Gründe auch sonst nicht ersichtlich, wird vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.
(3) Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu,
- 1.
wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen), - 2.
wenn sie einander heiraten oder - 3.
soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt.
(2) Das Familiengericht überträgt gemäß Absatz 1 Nummer 3 auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Trägt der andere Elternteil keine Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, und sind solche Gründe auch sonst nicht ersichtlich, wird vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.
(3) Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.
Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. § 91 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.
(1) In einer Kindschaftssache, die
- 1.
die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge, - 2.
das Umgangsrecht einschließlich der Umgangspflegschaft, - 3.
das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes, - 4.
die Kindesherausgabe oder - 5.
die Genehmigung einer Einwilligung in einen operativen Eingriff bei einem Kind mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung (§ 1631e Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
(2) Eine Kindschaftssache nach Absatz 1 ist auch dann als ein Gegenstand zu bewerten, wenn sie mehrere Kinder betrifft.
(3) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.