Oberlandesgericht Hamm Urteil, 17. Nov. 2015 - 9 U 26/15
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 17.12.2014 verkündete Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Münster teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.312,81 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.11.2013 zu zahlen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen und die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin, der Gebäude- und Hausratversicherer des Zeugen L, nimmt Regress bei dem haftpflichtversicherten Beklagten für die ihrem Versicherungsnehmer anlässlich eines Wasserschadens vom 07./08.08.2013 erbrachten Versicherungsleistungen. Einer langjährigen Übung entsprechend, übernahmen die Eheleute L und der benachbarte Beklagte mit seiner Ehefrau wechselseitig die Bewässerung der Hausgärten in der urlaubsbedingten Abwesenheit des jeweils anderen. Während des Urlaubs der Eheleute L trat aus dem in deren Garten gelegenen Teich Wasser über, welches durch einen Lichtschacht in die Kellerräume des Hauses eindrang. Die Bewässerung des Gartens erfolgte in Absprache mit dem Zeugen L stets in der Weise, dass der Beklagte das Wasser aus dem Teich entnahm, und diesen anschließend über einen an der Außenwasserstelle angeschlossenen Schlauch, dessen Ende unterhalb der Wasseroberfläche lag, auffüllte. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, im Rahmen eines Gefälligkeitsverhältnisses sei die Haftung in der Regel auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Diese Haftungsbeschränkung gelte dann nicht, wenn der Schädiger haftpflichtversichert sei. Eine Haftungsbeschränkung greife in Fällen, wie dem vorliegenden, im Sinne einer Gegenausnahme aber dann nicht ein, wenn der Schaden – wie hier - durch einen Gebäude- und Hausratversicherer ausgeglichen worden sei. Ebenso wie im Verhältnis des Gebäudeversicherers des Vermieters zum haftpflichtversicherten Mieter, in dem der Bundesgerichtshof mit Rücksicht auf das auf lange Jahre angelegte Mietverhältnis eine Haftungsbeschränkung annehme, müsse auch das gute nachbarschaftliche Verhältnis von solchen Spannungen freigehalten werden, die durch die Verpflichtung der Parteien zur Unterstützung ihres jeweiligen Versicherers entstehen könnten.
4Gegen dieses Urteil, auf das gem. § 540 ZPO Bezug genommen wird, soweit sich aus dem Nachstehenden nichts anderes ergibt, richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der diese ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiter verfolgt. Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
5Der Senat hat den Beklagten persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen L. Insoweit wird auf den Berichterstattervermerk Bezug genommen.
6II.
7Die Berufung der Klägerin hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 7.312,81 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.11.2013 gem. § 823 Abs. 1 BGB iVm § 86 VVG, der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage, zu.
8I.
9Vertragliche Ansprüche aus übergegangenem Recht des Zeugen L stehen der Klägerin nicht zu, weil eine über ein reines Gefälligkeitsverhältnis hinausgehende schuldrechtliche Verbindung mit Blick auf die bloße Erbringung von Bewässerungsleistungen von den Eheleuten L und dem Beklagten nicht begründet werden sollte. Die Übernahme der Bewässerung des Gartens eines Nachbarn während dessen längeren Abwesenheit gehört zu den alltäglichen unentgeltlich erbrachten Gefälligkeiten im Rahmen einer intakten nachbarschaftlichen Gemeinschaft.
10II.
11Nach der Überzeugung des Senats ist es durch das Verhalten des Beklagten zum Überlaufen des Teichs und dem Eindringen des übergetretenen Wassers in das Kellergeschoss des Hauses des Zeugen L über einen Zeitraum von ca. 24 Stunden gekommen. Der Beklagte hat geschildert, dass er am Abend des 07.08.2013 wie stets zuvor nach der Wasserentnahme den Teich durch Aufdrehen des Außenwasseranschlusses gefüllt habe. Er habe allerdings keine konkrete Erinnerung daran, ob er den Wasserhahn danach – wie sonst üblich – auch abgesperrt habe. Es verbleiben nach Überzeugung des Senats keine vernünftigen Zweifel daran, dass der Beklagte infolge Unaufmerksamkeit am Abend des 07.08.2013 vergessen hat, den Außenwasseranschluss zu schließen, nachdem er den Teich wieder aufgefüllt hatte. Soweit der Beklagte darauf verweist, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass Kinder in den Garten gelangt seien, und den Außenwasserhahn geöffnet hätten, ist dies nur eine theoretische Möglichkeit, die aber nicht ernsthaft in Betracht kommt. Es gibt keine auf einen solchen Verlauf hindeutenden Anhaltspunkte für eine auch nur punktuelle Veränderung des Gartenbereichs, so dass bei lebensnaher Betrachtung nur das Versehen des Beklagten als einzige ernstzunehmende Möglichkeit verbleibt. Das korrespondiert mit der Beobachtung des Beklagten, dass das Schlauchende wie stets unterhalb der Wasseroberfläche lag, und kein Hinweis auf ein unbefugtes Betreten des Gartens gegeben war.
12III.
13Der Beklagte hat in Bezug auf sein Versäumnis nur leicht fahrlässig gehandelt. Insoweit hat sich eine Ursache ausgewirkt, die auf einer kleinen Unaufmerksamkeit beruht, deren Eintritt dadurch begünstigt worden sein mag, dass der Beklagte stets einem bestimmten Arbeitsablauf folgte, der ihn zu der – irrigen - Annahme veranlasste, er habe den Außenwasseranschluss wie stets zuvor nach Beendigung der Bewässerung auch wieder zugedreht. Dass die Flügelschraube des Wasserhahns ausgeschlagen war, so dass, wie der Beklagte beschrieben hat, der Anschluss manchmal noch nicht ganz geschlossen war, obwohl der Widerstand der Flügelschraube dies vermuten ließ, entlastet den Beklagten nicht. Denn der Beklagte wusste darum, und hätte sich leicht durch Herausziehen des Schlauchendes aus dem Teich mit Gewissheit davon überzeugen können, ob der Wasserzulauf tatsächlich unterbrochen war.
14IV.
15Einen Haftungsausschluss auch für nur leichte Fahrlässigkeit haben der Beklagte und der Zeuge L für im Zuge der Erbringung gegenseitiger Nachbarschaftshilfe möglicherweise verursachte Schäden in der Vergangenheit zu keinem Zeitpunkt vereinbart. Nach den übereinstimmenden Angaben des Beklagten und des Zeugen L habe man sich darüber keine Gedanken gemacht.
16V.
171.
18Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Haftungsverzicht, an den bei Abschluss der Vereinbarung niemand gedacht hat, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung auf der Grundlage des § 242 BGB nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände angenommen werden. Voraussetzung ist grundsätzlich, dass der Schädiger, wäre die Rechtslage vorher zur Sprache gekommen, einen Haftungsverzicht gefordert und sich der Geschädigte dem ausdrücklichen Ansinnen einer solchen Abmachung billigerweise nicht hätte versagen dürfen. An diesen Voraussetzungen fehlt es regelmäßig, wenn der Schädiger gegen Haftpflicht versichert ist .Denn eine Haftungsbeschränkung, die nicht den Schädiger, sondern den Haftpflichtversicherer entlastet, entspricht in der Regel nicht dem Willen der Beteiligten (vgl. BGH VI ZR 28/08, - U.v.10.02.2009 – juris m.w.N., a.A. für einen vergleichbaren Fall, OLG Koblenz, U.v. 07.07.2015 –3 U 1468/14 -, juris, im Anschluss an OLG Celle, U.v. 03.04.2014 – 5 U 168/13 -, juris ).
192.
20Eine Haftungsbeschränkung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz kann entgegen dem Landgericht auch nicht in Fällen der vorliegenden Art, in denen ein gutes und gelebtes Nachbarschaftsverhältnis besteht und hier noch fortbesteht, durch Übertragung der von dem Bundesgerichtshof seit dem Jahre 2000 (U.v. 08.11.2000, - IV ZR 298/99 -, juris) entwickelten, und in der Folgezeit fortgeführten und konkretisierten Rechtsprechung zu einem Regressverzicht des Gebäudeversicherers im Verhältnis zu einem haftpflichtversicherten Mieter oder sonstigen unentgeltlichen Nutzungsberechtigten (vgl. BGH, U.v. 13.09.2006, -IV ZR 273/05 -, - IV ZR 116/05 -; IV ZR 26/04 - und IV ZR 378/02; juris), angenommen werden.
213.
22Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dem Mieter eine Haftungsbeschränkung für Fälle grober Fahrlässigkeit zuzubilligen, beruht auf folgenden Überlegungen:
233.1
24Die ergänzende Auslegung von Gebäudeversicherungsverträgen zwischen dem Vermieter als Versicherungsnehmer und dem Versicherungsgeber hat nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu erfolgen, der am Willen und Interesse der typischerweise beteiligten Verkehrskreise (und nicht nur der konkret beteiligten Personen) im Sinne einer allgemeinen Lösung eines stets wiederkehrenden Interessenkonflikts auszurichten ist. Da es um die Auslegung des Versicherungsvertrages zwischen dem Vermieter und dem Gebäudeversicherer gehe, kommt es auf deren Interessen an. Die Interessen des Mieters sind insoweit mittelbar einzubeziehen, soweit sie sich in einem auf dem Mietverhältnis beruhenden Interesse des Vermieters niederschlagen. Berechtigte Interessen des Versicherers stehen einem Regressverzicht auch gegenüber einem haftpflichtversicherten Mieter nicht entgegen, weil es der Versicherer in der Hand hat, das durch die Fremdvermietung aus seiner Sicht begründete erhöhte Risiko durch eine risikogerechte Prämie abzudecken (BGH, U.v. 13.09.2006 – IV ZR 273/05 -,juris, Rn. 21).
25Bei Gebäudeversicherungsverträgen besteht ein für den Versicherer erkennbares Interesse des Vermieters daran, das in der Regel auf längere Zeit angelegte Vertragsverhältnis zu seinem Mieter so weit als möglich unbelastet zu lassen. Dem liefe zuwider, wenn Schädiger und Geschädigter im Schadensfall den jeweils hinter ihnen stehenden Versicherer mit Informationen versorgen müssten, die den Anspruch bzw. die Verteidigung der Gegenseite zu Fall bringen könnten.
263.2
27Dem ließe sich entgegenhalten, dass diese Überlegungen auch – wie es das Landgericht für angezeigt hält - auf eine intakte nachbarschaftliche Beziehung übertragen werden können, und die Interessenlage daher vergleichbar sei.
283.3
29Der Bundesgerichtshof hat allerdings bereits in seinen Entscheidungen v. 13.09.2006, - IV ZR 26/04 und IV ZR 116/05 -, juris entsprechenden Überlegungen eine klare Absage erteilt. Es sei nicht gerechtfertigt, die Tendenzen zur Übertragung der Rechtsprechung zum Mieterregress auf andere Konstellationen auszudehnen. Der hinter der Annahme eines Regressverzichts stehende Gedanke - die Vermeidung einer Belastung eines Mietverhältnisses - könne nicht ohne weiteres auf andere Konstellationen übertragen werden und so eine Verselbstständigung erfahren. Vertragliche Beziehungen in Gestalt eines Gebrauchsrechts bestünden nur hinsichtlich des Gebäudes, und nicht z.B. hinsichtlich des Hausrats des Vermieters, für dessen Versicherung der Mieter in keiner Weise die Prämie zahle (so ausdrücklich BGH, U.v. 13.09.2006, - IV ZR 26/04 –;B. v. 12.03.2008, - IV ZR 348/07 -, juris). Wollte man das Mietverhältnis von Belastungen aus einem Regress freihalten, müsste auch in letzter Konsequenz dem Kraftfahrzeug-Kaskoversicherer und dem Krankenversicherer des Vermieters - bzw. im umgekehrten Fall des Mieters - ein Regressverzicht zugemutet werden, wenn der Mieter (Vermieter) das Kraftfahrzeug des Vermieters (Mieters) beschädige oder diesen körperlich verletze.
303.4
31Von diesen Grundsätzen ausgehend ist nicht nur ein Regressverzicht des Hausratversicherers, wie ihn der Bundesgerichtshof bereits ausdrücklich abgelehnt hat, sondern auch ein Regressverzicht des Gebäudeversicherers gegenüber dem haftpflichtversicherten Beklagten abzulehnen.
324.
33Der Beklagte ist daher der Klägerin aus übergegangenem Anspruch des Zeugen L zum Ersatz der Kosten verpflichtet, die zur Beseitigung der Schäden erforderlich sind, die durch das aus dem Teich übergelaufene und in das Kellergeschoss des Hauses des Zeugen L eingedrungene Wasser verursacht worden sind.
344.1
35Der hinsichtlich des Hausrats entstandene Schaden, der von dem Beklagten nach dem Zeitwert zu ersetzen ist, beläuft sich nach einer nach § 287 ZPO vorgenommenen Schätzung des Senats auf 1.425,- €.
36Unter Berücksichtigung der vom Zeugen L und dem Anschaffungszeitpunkt der einzelnen in dem Abschlussbericht der Klägerin v. 19.08.2013 aufgelisteten Gegenstände (vgl. hierzu die Angaben im Berichterstattervermerk v. 17.11.2015) hat der Senat einen Zeitwert der beschädigten Gegenstände von zumindest noch 1.425,- € ermittelt. Dabei sind folgende Einzelpositionen wie nachstehend aufgeführt bewertet worden.
371. Betten (neuwertig) 100,00 €
382. Schrank und Vitrine (neuwertig) 150,00 €
393. Sofa (Gästebett) 450,00 €
404. Kühltruhe 150,00 €
415. Sofa (neuwertig) 150,00 €
426. DVD Spieler 30,00 €
437. Netzteil für Spielekonsole 40,00 €
448.Gesellschaftspiele 15,00 €
459. Boxsack und Boxhandschuhe 160,00 €
4610. Wertminderung Lagerregale Schreibtisch 200,00 €
471.445,00 €
484.2
49Hinsichtlich des Gebäudeschadens kann die Klägerin Ersatz der durch Rechnung der Fa. T v. 25.09.2013 belegten Trocknungskosten in unstreitiger Höhe von 1.346,28 € verlangen.
50Hinsichtlich des Warmwasserspeichers, dessen Ersatz wegen des in die Isolierungsschicht eingedrungenen Wassers erforderlich war, hält der Senat unter Berücksichtigung des Anschaffungszeitpunkts und der mutmaßlichen Lebensdauer von 20 Jahren einen Betrag von 841,53 € für angemessen. Hiervon entfallen 412,34 € auf den Arbeitslohn und 429,19 € auf das eingebaute Material, hinsichtlich dessen sich die Klägerin eine Vorteilsausgleichung unter dem Gesichtspunkt neu für alt entgegen halten lassen muss. Der weitergehende Anspruch auf Ersatz der weiteren Materialkosten iHv. 429,18 € unterliegt daher der Abweisung.
51Die Eigenleistungen sind von dem Beklagten in der geltend gemachten Höhe von 3.700,00 € zu erstatten. Diese von dem Beklagten nicht bestrittenen Kosten hat die Klägerin erstinstanzlich durch Vorlage ihres Abschlussberichts v. 19.08.2013 im Einzelnen substantiiert dargelegt.
525.
53Der Gesamtbetrag von 7.312,81 € ist gem. § 288 BGB unter Verzugsgesichtspunkten seit dem 25.11.2013 mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
546.
55Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO. Angesichts des nur geringfügigen Unterliegens der Klägerin hält es der Senat für angemessen, dem Beklagten die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
56Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
57Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, § 543 ZPO.
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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden.
(2) Der Versicherungsnehmer hat seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung dieses Anspruchs dienendes Recht unter Beachtung der geltenden Form- und Fristvorschriften zu wahren und bei dessen Durchsetzung durch den Versicherer soweit erforderlich mitzuwirken. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit vorsätzlich, ist der Versicherer zur Leistung insoweit nicht verpflichtet, als er infolgedessen keinen Ersatz von dem Dritten erlangen kann. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.
(3) Richtet sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen eine Person, mit der er bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt, kann der Übergang nach Absatz 1 nicht geltend gemacht werden, es sei denn, diese Person hat den Schaden vorsätzlich verursacht.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz, Schmerzensgeld sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige materielle und immaterielle Schäden in Anspruch.
- 2
- Die in Deutschland ansässigen Parteien, die sich 1999 beim Medizinstudium kennen gelernt hatten, fassten gemeinsam den Entschluss, drei Monate des damals für die Ausbildung zur Ärztin erforderlichen praktischen Jahres an einer Klinik in Südafrika zu verbringen. Nach ihrer Ankunft in Kapstadt mieteten sie am 2. Januar 2004 auf den Namen der Beklagten und unter Verwendung von deren Lufthansa-Kreditkarte einen Pkw mit Schaltgetriebe. Beide hatten vereinbart, dass ihnen das Fahrzeug für die Dauer des Aufenthalts in Südafrika gemeinsam zur Verfügung stehen sollte, sie die hieraus resultierenden Kosten gemeinsam tragen und sich beim Fahren abwechseln würden. Die Parteien waren mit der in Südafrika geltenden gesetzlichen Regelung zum Schutz von Verkehrsteilnehmern bei Personen- und Sachschäden nicht vertraut und gingen übereinstimmend davon aus, dass bei einem Unfall im Straßenverkehr eine dem Rechtszustand in Deutschland vergleichbare Absicherung bestehe. Das von dem Mietwagenunternehmen unterbreitete Angebot auf Abschluss einer privaten Unfallversicherung nahmen die Parteien nicht an.
- 3
- Am 9. Januar 2004 unternahmen die Parteien einen Wochenendausflug. Hierbei wurde der Wagen von der Beklagten gesteuert. Die Klägerin hatte es abgelehnt, das Fahrzeug während des Wochenendausflugs zu führen, weil sie mit dem Schaltgetriebe nicht vertraut war. Bei der Rückfahrt am 11. Januar 2004 bog die Beklagte unter Missachtung des in Südafrika geltenden Linksfahrgebotes von einem Feldweg auf die N 7 National Road ein und befuhr verkehrswidrig die rechte Fahrbahn. Kurze Zeit nach dem Abbiegevorgang kollidierte sie frontal mit einem ordnungsgemäß auf der linken Fahrbahn fahrenden Fahrzeug, das wegen einer Kurve aus der Distanz nicht erkennbar war. Die Klägerin wurde bei dem Unfall erheblich verletzt.
- 4
- Die Klägerin begehrt von der Beklagten Ersatz ihres unfallbedingten materiellen Schadens in Höhe von 19.052,97 €, die Zahlung eines Schmerzensgelds in Höhe von mindestens 20.000 € sowie die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftige materielle und immaterielle Schäden aus dem Unfallereignis , soweit die Ersatzansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind. Sie ist der Auffassung, die Haftung der Beklagten sei nicht auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Die Beklagte habe den Unfall aber auch grob fahrlässig herbeigeführt.
- 5
- Das Landgericht hat mit Teil- und Grundurteil die Zahlungsanträge dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und dem Feststellungsantrag stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 6
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil in VersR 2008, 934 abgedruckt ist, verneint eine Haftung der Beklagten für die Unfallschäden der Klägerin. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche seien gemäß Art. 40 Abs. 2 Satz 1 EGBGB nach deutschem Haftungsrecht zu beurteilen, da beide Parteien im Unfallzeitpunkt ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt hätten. Die Beklagte habe den Unfall zwar schuldhaft herbeigeführt. Zu ihren Gunsten greife aber ein Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit ein. Dieser könne zwar nicht aus einer konkludent geschlossenen Vereinbarung abgeleitet werden. Er ergebe sich jedoch aus einer ergänzenden Vertragsauslegung im Rahmen eines gesellschaftsähnlichen Verhältnisses bzw. eines von einer Gefahrgemeinschaft getragenen Auftragsverhältnisses. Hätten die Parteien gewusst, dass sie aufgrund der besonderen versicherungsrechtlichen Lage in Südafrika keinen Versicherungsschutz für von ihnen bei der Nutzung des Mietfahrzeugs verursachte und erlittene Personenschäden genössen, so hätten sie angesichts des durch den Linksverkehr noch erhöhten Haftungsrisikos und der zwischen ihnen bestehenden Gefahrgemeinschaft billigerweise einen wechselseitigen Haftungsverzicht für einfache Fahrlässigkeit vereinbart. Nur eine solche sei der Beklagten im konkreten Fall vorzuwerfen. Angesichts des Umstandes, dass die Beklagte das Fahrzeug vor dem Unfall nur verhältnismäßig wenig im ungewohnten Linksverkehr bewegt und sich nach einem Abbiegevorgang auf der falschen rechten Fahrspur eingeordnet habe, sei in subjektiver Hinsicht der Vorwurf eines schweren Verschuldens nicht gerechtfertigt. Der Haftungsausschluss erstrecke sich auch auf Ansprüche der Klägerin aus §§ 7, 18 StVG und solche wegen schuldhafter Verletzung von sich aus einem Vertrag über eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts ergebenden Sorgfaltspflichten. Die Behauptung der Klägerin, die Parteien hätten die vom Mietwagenunternehmen angebotene persönliche Unfallversicherung nur deshalb nicht abgeschlossen, weil die Beklagte angegeben habe, bei einer Bezahlung mit ihrer Kreditkarte bestehe ein privater Unfallversicherungsschutz, könne nicht Grundlage einer deliktischen oder vertraglichen Haftung der Beklagten sein, da die Klägerin ihre Behauptung nicht habe beweisen können.
II.
- 7
- Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
- 8
- 1. Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche nach deutschem Recht zu beurteilen sind.
- 9
- a) Hinsichtlich der deliktischen Ansprüche ergibt sich dies aus Art. 40 Abs. 2 Satz 1 EGBGB. Die Parteien hatten, wie in dieser Norm vorausgesetzt, ihren gewöhnlichen Aufenthalt zum Unfallzeitpunkt in Deutschland. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Parteien zu diesem Zeitpunkt in Südafrika aufhielten und erst nach Ablauf von drei Monaten nach Deutschland zurückkehren wollten. Denn der gewöhnliche Aufenthalt wird durch eine zeitweilige Abwesen- heit auch von längerer Dauer nicht aufgehoben, sofern - wie im Streitfall - die Absicht besteht, an den früheren Aufenthaltsort zurückzukehren (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 1993 - XII ZB 93/90 - NJW 1993, 2047, 2048; BayObLG, NJW 1993, 670; Spickhoff in Bamberger/Roth, BGB, Stand 1. Januar 2008, Art. 40 EGBGB Rn. 32). Dem Deliktsstatut unterliegen auch Ansprüche aus Gefährdungshaftung (vgl. Spickhoff in Bamberger/Roth, aaO, Rn. 8; BTDrucks. 14/343 S. 11).
- 10
- b) Hinsichtlich der Ansprüche der Klägerin wegen schuldhafter Verletzung von sich aus einem Vertrag über eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts ergebenden Sorgfaltspflichten folgt die Anwendbarkeit deutschen Rechts aus Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB. Eine entsprechende konkludente Rechtswahl im Sinne des Art. 27 Abs. 1 Satz 2 EGBGB ergibt sich daraus, dass die in Deutschland ansässigen Parteien ihre Rechtsbeziehungen zueinander gewissermaßen nach Südafrika mitgenommen haben (vgl. Senatsurteil vom 23. Januar 1996 - VI ZR 291/94 - VersR 1996, 515, 517) und sich ihre in deutscher Sprache getroffene Abrede über die gemeinsame Nutzung des Mietwagens als Fortsetzung der in Deutschland begonnenen Planung und Organisation ihres gemeinsamen Aufenthalts in Südafrika darstellt. Die Bereichsausnahme für gesellschaftsrechtliche Fragen gemäß Art. 37 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB gilt für Innengesellschaften, in denen die jeweiligen Vertragsparteien wie im Streitfall nach außen allein, im Innenverhältnis aber für die gemeinsame Rechnung der Parteien handeln (vgl. zur Innengesellschaft BGH, Urteil vom 26. Juni 1989 - II ZR 128/88 - NJW 1990, 573, 574) nicht (vgl. Spickhoff in Bamberger/Roth, aaO, Art. 37 EGBGB Rn. 4; OLG Frankfurt, VersR 1999, 1428, 1430).
- 11
- 2. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte den Verkehrsunfall vom 11. Januar 2004 schuldhaft herbeigeführt hat.
- 12
- 3. Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht unter den besonderen Umständen des Streitfalles eine Beschränkung der Haftung der Beklagten auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz angenommen hat.
- 13
- a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich eine Haftungsbeschränkung zwischen Insasse und Fahrer eines Fahrzeugs bei Fehlen einer ausdrücklichen Abrede aus einer konkludent getroffenen Vereinbarung oder im Wege ergänzender Vertragsauslegung auf der Grundlage des § 242 BGB ergeben kann (vgl. Senat BGHZ 41, 79, 81; 43, 72, 76; Urteile vom 14. Februar 1978 - VI ZR 216/76 - VersR 1978, 625; vom 14. November 1978 - VI ZR 178/77 - VersR 1979, 136; vom 18. Dezember 1979 - VI ZR 52/78 - VersR 1980, 426; vom 15. Januar 1980 - VI ZR 191/78 - VersR 1980, 384, 385 und vom 13. Juli 1993 - VI ZR 278/92 - VersR 1993, 1092, 1093; vgl. auch BGH, BGHZ 152, 391, 396). Eine Haftungsbeschränkung kann demgegenüber nicht - auch wenn die Abrede über das Führen des Kfz wie vom Berufungsgericht im Streitfall zutreffend angenommen als Gesellschaftsvertrag zu qualifizieren ist - § 708 BGB entnommen werden. Denn der in dieser Bestimmung geregelte Haftungsmaßstab der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten kann nicht allgemein für die Pflichten im Straßenverkehr gelten (vgl. Senat BGHZ 46, 313, 317 f.; Urteil vom 14. November 1978 - VI ZR 178/77 - aaO).
- 14
- b) Die Revision nimmt es als ihr günstig hin, dass das Berufungsgericht den Umständen des Streitfalles keine Anhaltspunkte für die konkludente Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung entnommen hat. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
- 15
- c) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , der Absprache der Parteien über das Anmieten und Führen des Mietwagens sei im Wege ergänzender Vertragsauslegung ein wechselseitiger Haftungsverzicht für einfache Fahrlässigkeit beizulegen.
- 16
- aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats kann ein Haftungsverzicht, an den bei Abschluss der Vereinbarung niemand gedacht hat, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung auf der Grundlage des § 242 BGB nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände angenommen werden. Voraussetzung ist grundsätzlich, dass der Schädiger, wäre die Rechtslage vorher zur Sprache gekommen, einen Haftungsverzicht gefordert und sich der Geschädigte dem ausdrücklichen Ansinnen einer solchen Abmachung billigerweise nicht hätte versagen dürfen (vgl. Senat, Urteile vom 14. Februar 1978 - VI ZR 216/76 - aaO; vom 14. November 1978 - VI ZR 178/77 - aaO S. 137; vom 18. Dezember 1979 - VI ZR 52/78 - aaO S. 427 und vom 15. Januar 1980 - VI ZR 191/78 - aaO S. 386; vgl. auch BGH, BGHZ 152, 391, 396). An diesen Voraussetzungen fehlt es regelmäßig, wenn der Schädiger gegen Haftpflicht versichert ist (vgl. Senatsurteile vom 18. Dezember 1979 - VI ZR 52/78 - aaO S. 427; vom 15. Januar 1980 - VI ZR 191/78 - aaO und vom 13. Juli 1993 - VI ZR 278/92 - aaO S. 1093; BGH, BGHZ 152, 391, 396). Denn eine Haftungsbeschränkung , die nicht den Schädiger, sondern den Haftpflichtversicherer entlastet, entspricht in der Regel nicht dem Willen der Beteiligten (Senatsurteil vom 13. Juli 1993 - VI ZR 278/92 - aaO m.w.N.). Für die Annahme eines Haftungsverzichts genügen für sich genommen auch die bloße Mitnahme eines anderen aus Gefälligkeit, enge persönliche Beziehungen zwischen den Beteiligten oder das Bestehen eines ungewöhnlichen Haftungsrisikos nicht. Erforderlich ist vielmehr grundsätzlich, dass der Schädiger keinen Haftpflichtversicherungsschutz genießt, für ihn ein nicht hinzunehmendes Haftungsrisiko bestehen würde und darüber hinaus besondere Umstände vorliegen, die im konkreten Fall einen Haftungsverzicht als besonders nahe liegend erscheinen lassen (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 1993 - VI ZR 278/92 - aaO m.w.N.). Besondere Umstän- de in diesem Sinn hat der Senat beispielsweise in Fällen angenommen, in denen der Geschädigte ein besonderes Interesse an der Übernahme des Steuers durch den Schädiger hatte, das Haftungsrisiko des Schädigers durch besondere Umstände deutlich erhöht war, der Geschädigte für die Abdeckung seines Risikos zumutbarer sorgen konnte als der Schädiger oder der Geschädigte den Schutz der gesetzlichen Unfall- oder Krankenversicherung genoss (vgl. Senatsurteile vom 14. Februar 1978 - VI ZR 216/76 - aaO; vom 14. November 1978 - VI ZR 178/77 - aaO; vom 18. Dezember 1979 - VI ZR 52/78 - aaO und vom 15. Januar 1980 - VI ZR 191/78 - aaO).
- 17
- bb) Ob der Tatrichter nach diesen Grundsätzen zu Recht eine Haftungsbeschränkung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung angenommen hat, ist mit der Revision nur eingeschränkt angreifbar (vgl. Senatsurteile vom 14. November 1978 - VI ZR 178/77 - aaO; vom 13. Juli 1993 - VI ZR 278/92 - aaO). Dies gehört grundsätzlich zum Bereich der tatrichterlichen Feststellung und ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob das Berufungsgericht Auslegungs- und Ergänzungsregeln oder Denk- und Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände unbeachtet gelassen hat (vgl. BGHZ 111, 110, 115; Urteil vom 17. April 2002 - VIII ZR 297/01 - NJW 2002, 2310; vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 397/03 - NJW-RR 2005, 1619, 1621).
- 18
- cc) Dem Berufungsgericht sind bei der Auslegung der Abrede der Parteien keine Rechtsfehler unterlaufen.
- 19
- (1) Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für die Annahme eines Haftungsverzichts im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nicht verkannt. Es hat - von der Revision unbeanstandet - festgestellt, dass die Beklagte ohne eine Haftungsbeschränkung einem - von den Parteien aufgrund ihres Irrtums über die Versicherungsrechtslage in Südafrika nicht bedachten - nicht hin- zunehmenden Haftungsrisiko ausgesetzt wäre. Die Beklagte genoss keinen oder nur einen völlig unzureichenden Versicherungsschutz, da in Südafrika keine Pflicht zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung besteht und Ersatzansprüche gegen den aus diesem Grund eingerichteten South African Road Accident Fund bzw. gegen die möglicherweise über das Mietwagenunternehmen bestehende Unfallversicherung auf Beträge begrenzt sind, die so gering sind, dass dies dem Fehlen von Versicherungsschutz annähernd gleich steht.
- 20
- Das Berufungsgericht hat auch besondere Umstände festgestellt, die in der gebotenen Gesamtbetrachtung einen Haftungsverzicht als besonders nahe liegend erscheinen lassen. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts kannten sich die Parteien seit längerer Zeit, hatten den mehrmonatigen Aufenthalt in Südafrika gemeinsam geplant und waren durch die - vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei als Innengesellschaft bürgerlichen Rechts qualifizierte - Absprache miteinander verbunden, das gemietete Fahrzeug gemeinsam zu nutzen, die Kosten gemeinsam zu tragen und sich beim Fahren abzuwechseln. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht hieraus abgeleitet , dass jede der Parteien in austauschbarer Weise aus einem Unfall als Anspruchsteller oder Anspruchsgegner hätte hervorgehen können und beide deshalb eine Gefahrgemeinschaft bildeten. Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, war die Gefahr, einen Unfall zu verursachen, durch besondere Umstände, nämlich das Linksfahrgebot stark erhöht. Es ist eine Erfahrungstatsache , dass eine Fahrt im ungewohnten Linksverkehr auch nach Aneignung einer gewissen Fahrpraxis von wenigen Wochen oder Monaten ganz erhebliche Unfallrisiken mit sich bringt, da auch dann noch die Gefahr besteht, dass der Fahrer in jahrelang geübte, automatisch ablaufende Verhaltensweisen wie die Einhaltung des Rechtsfahrgebots zurückfällt. Bei dieser Sachlage ist die Annahme des Berufungsgerichts, die Parteien hätten billigerweise einen wechselseitigen Haftungsverzicht für einfache Fahrlässigkeit vereinbart, wenn sie sich nicht im Irrtum über die versicherungsrechtliche Lage in Südafrika befunden und die eventuellen Folgen eines Unfalls bedacht hätten, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
- 21
- (2) Demgegenüber bleibt der Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die Haftungsbeschränkung der Beklagten nicht damit begründen dürfen, dass die Klägerin das Führen des gemeinsam angemieteten Fahrzeugs während des Wochenendausflugs der Parteien abgelehnt und daher durchaus ein Interesse daran gehabt habe, dass die Beklagte das Steuer übernehme, der Erfolg versagt. Denn auf diese Begründung stützt das Berufungsgericht das von ihm gewonnene Auslegungsergebnis eines wechselseitigen Haftungsverzichtes nicht. Bei den von der Revision zitierten Ausführungen des Berufungsgerichts handelt es sich - wie sich aus dem Begründungszusammenhang ohne weiteres ergibt - lediglich um ergänzende Überlegungen, die die Annahme eines einseitigen Haftungsverzichts der Klägerin im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung der ursprünglichen Absprache oder der Abrede über die Nutzung des Fahrzeugs für den Wochenendausflug nahe legen, die aber das vom Berufungsgericht unabhängig von der Weigerung der Klägerin gewonnene, maßgeblich auf den Gesichtspunkt der Gefahrgemeinschaft gestützte Auslegungsergebnis eines wechselseitigen Haftungsausschlusses nicht tragen.
- 22
- Soweit die Revision darauf verweist, bei der gemeinsamen Nutzung eines Fahrzeugs im Rahmen eines gesellschaftsähnlichen Rechtsverhältnisses bestehe für den Beifahrer kein Anlass, einer Haftungsbeschränkung des Fahrers zuzustimmen, bei Fahrten im Ausland habe der Beifahrer gerade wegen der fremden oder sogar unbekannten Rechts- und Verfahrensordnung ein besonderes Interesse daran, dass der Fahrer mit größtmöglicher Sorgfalt handle, setzt sie lediglich in unzulässiger Weise ihre eigene Wertung an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung.
- 23
- (3) Entgegen der Auffassung der Revision widerspricht die Annahme eines wechselseitigen Haftungsverzichts bei einfacher Fahrlässigkeit nicht dem tatsächlichen Willen der Parteien. Die Revision kann dieser Annahme auch nicht mit Erfolg entgegen halten, dass für die ergänzende Auslegung der Abrede der Parteien noch andere Gestaltungsmöglichkeiten denkbar seien.
- 24
- Die Revision verweist allerdings zu Recht darauf, dass die ergänzende Vertragsauslegung ihre Grenze an dem tatsächlichen Parteiwillen findet und nicht zu einer Abänderung oder Erweiterung des Vertragsgegenstands führen darf (vgl. BGHZ 9, 273, 278; 90, 69, 77; BGH, Urteil vom 31. Januar 1995 - XI ZR 56/94 - VersR 1995, 788, 789; vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 397/03 - NJW-RR 2005, 1619, 1621; Busche in MünchKomm-BGB, 5. Aufl., § 157 Rn. 54 f.). Denn im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung darf lediglich der Vertragsinhalt, nicht hingegen der Vertragswille ergänzt werden (vgl. BGHZ 9, 273, 278). Eine ergänzende Vertragsauslegung hat auch zu unterbleiben, wenn nicht erkennbar ist, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten , wenn sie den von ihnen nicht geregelten Fall bedacht hätten (vgl. BGHZ 147, 99, 105; Urteil vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 397/03 - NJW-RR 2005, 1619, 1621). Dies gilt insbesondere dann, wenn mehrere gleichwertige Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kommen (vgl. BGHZ 90, 69, 80; 147, 99, 106).
- 25
- Ohne Erfolg macht die Revision geltend, nach dem Vortrag der Parteien hätten diese, wenn sie Kenntnis von der Versicherungsrechtslage in Südafrika gehabt hätten, für einen die Schäden der Klägerin abdeckenden Unfallversicherungsschutz gesorgt, insbesondere die vom Mietwagenunternehmen angebotene Unfallversicherung abgeschlossen. Denn sie seien nicht bereit gewesen, die wirtschaftlichen Risiken eines Unfalls mit dem Fahrzeug selbst zu tragen. Hieraus ergibt sich unmittelbar, dass die Parteien auf keinen Fall für die Folgen ei- nes von ihnen infolge leichter Fahrlässigkeit verursachten Verkehrsunfalls persönlich haften, d.h. sich unter Umständen Existenz bedrohenden Schadensersatzansprüchen ausgesetzt sehen wollten. Hieraus ergibt sich auch, dass sie im Falle einer Schädigung zwar Ersatz ihrer Schäden erlangen wollten, sich hierfür aber nicht gegenseitig in Anspruch nehmen, sondern auf eine Versicherung zugreifen wollten. Dementsprechend hätten die Parteien, wenn sie Kenntnis von der Versicherungsrechtslage in Südafrika gehabt hätten, zwar die vom Mietwagenunternehmen angebotene persönliche Unfallversicherung abgeschlossen. Dies bedeutet aber nicht, dass sie in diesem Fall keinen wechselseitigen Haftungsverzicht für einfache Fahrlässigkeit vereinbart hätten. Die Revision verweist selbst darauf, dass die Geltendmachung und Durchsetzung von Versicherungsansprüchen im Ausland regelmäßig mit erheblichen Hindernissen und Risiken verbunden ist, weshalb die Möglichkeit besteht, dass der Geschädigte nicht die ausländische Versicherung, sondern den Schädiger in Anspruch nimmt. Darüber hinaus sehen Unfallversicherungen üblicherweise - wie auch die möglicherweise über das Mietwagenunternehmen bestehende südafrikanische Unfallversicherung - Haftungsbegrenzungen vor. Schließlich bestand für den jeweiligen Schädiger die Gefahr, vom südafrikanischen Unfallversicherungsträger oder von gegebenenfalls neben diesem leistenden Kranken- oder Rentenversicherungsträgern in Regress genommen zu werden.
- 26
- Bei dieser Sachlage hätten sich redliche Vertragsparteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben nicht darauf beschränkt, die vom Mietwagenunternehmen angebotene Unfallversicherung abzuschließen und sich die Kosten zu teilen, sondern zusätzlich einen wechselseitigen Haftungsverzicht für einfache Fahrlässigkeit vereinbart.
- 27
- Zur Annahme eines Haftungsverzichts für einfache Fahrlässigkeit gibt es auch keine andere gleichwertige Auslegungsalternative. Entgegen der Auffas- sung der Revision hätten die Parteien insbesondere nicht die gemeinsame Übernahme aller Unfallrisiken mit der Folge vereinbart, dass die Schäden der Klägerin jeweils zur Hälfte von ihr und der Beklagten zu tragen gewesen wären. Eine derartige Regelung wäre in keiner Weise interessengerecht gewesen. Sie hätte dazu geführt, dass der jeweilige Schädiger unter Umständen Existenz bedrohenden Regressansprüchen des Kranken- und gegebenenfalls sogar des Rentenversicherungsträgers des Geschädigten ausgesetzt gewesen wäre. Die hälftige Teilung sämtlicher Schäden hätte eine erhebliche Erweiterung der eingegangenen Verpflichtung und die Schaffung einer über den wesentlichen Inhalt des Vertrags hinausgehenden zusätzlichen Bindung dargestellt, auf die sich die Parteien redlicherweise nicht hätten einlassen müssen (vgl. BGHZ 77, 301, 304; BGH, Urteil vom 6. Juli 1989 - III ZR 35/88 - NJW-RR 1989, 1490, 1491). Sie würde zudem entgegen dem mutmaßlichen Parteiwillen Sach- und Krankenversicherer entlasten (vgl. Senat, Urteil vom 29. Januar 2008 - VI ZR 98/07 - VersR 2008, 540, 541 m.w.N.).
- 28
- Die Revision rügt in diesem Zusammenhang ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft keine Feststellungen zu der Behauptung der Klägerin getroffen, der Abschluss der Unfallversicherung sei aufgrund einer Fehlinformation der Beklagten über den mit ihrem Kreditkartenvertrag verbundenen Unfallversicherungsschutz unterblieben. Die Revision übersieht, dass das Berufungsgericht die Klägerin insoweit für beweisfällig gehalten hat. Diese Annahme lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
- 29
- 4. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Beklagte habe den Unfall nicht grob fahrlässig herbeigeführt.
- 30
- a) Die tatrichterliche Entscheidung, ob dem Schädiger der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, ist mit der Revision nur beschränkt angreifbar.
- 31
- b) Dem Berufungsgericht sind bei der tatrichterlichen Bewertung des Verhaltens der Beklagten keine Rechtsfehler unterlaufen.
- 32
- aa) Das Berufungsgericht hat der Bewertung des Verhaltens der Beklagten zu Recht deutsches Recht zugrunde gelegt. Allerdings beurteilt sich die Frage, ob ein Fehlverhalten im Straßenverkehr als grob anzusehen ist, grundsätzlich nach den am Tatort geltenden Verkehrsnormen. Denn diese liefern nicht nur die in der jeweiligen Verkehrssituation maßgebenden Verhaltensgebote , sondern auch den Sorgfaltsmaßstab, an dem das Verschulden eines Verkehrsteilnehmers im Fall seines Versagens zu messen ist. Etwas anderes gilt aber dann, wenn es um die Rechtsbeziehungen der Insassen eines Fahrzeuges zueinander (Fahrer und Beifahrer) geht. In solchen Fallkonstellationen rechtfertigt sich die Anwendung des Rechts des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts in Durchbrechung des Tatortprinzips aus der Erwägung, dass die Beteiligten ihre Rechtsbeziehungen zueinander - und damit auch die Sorgfaltspflichten des einen gegenüber dem anderen - in dem Fahrzeug gewissermaßen mitgenommen haben. Dies gilt insbesondere für die deliktische Pflicht zur Schadensverhütung und -verminderung (vgl. Senatsurteil vom 23. Januar 1996 - VI ZR 291/94 - VersR 1996, 515, 517 m.w.N.).
- 33
- bb) Das Berufungsgericht hat den Begriff der groben Fahrlässigkeit nicht verkannt.
- 34
- Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ein objektiv grober Pflichtenverstoß rechtfertigt für sich allein noch nicht den Schluss auf ein entsprechend gesteigertes persönliches Verschulden, nur weil ein solches häufig damit einhergeht. Vielmehr ist ein solcher Vorwurf nur dann gerechtfertigt, wenn eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegt, die das in § 276 Abs. 2 BGB bestimmte Maß erheblich überschreitet (st.Rspr.; vgl. zuletzt Senatsurteile vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00 - VersR 2001, 985, 986 und vom 12. Juli 2005 - VI ZR 83/04 - VersR 2005, 1559, insoweit in BGHZ 163, 351 nicht abgedruckt; BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - IV ZR 173/01 - VersR 2003, 364).
- 35
- Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet. Es hält den Verstoß der Beklagten gegen das Linksfahrgebot ersichtlich für einen objektiv groben Pflichtenverstoß, verneint aber in tatrichterlicher Würdigung der Umstände des Streitfalles das Vorliegen einer subjektiv schlechthin unentschuldbaren Pflichtverletzung.
- 36
- cc) Das Berufungsgericht hat bei seiner tatrichterlichen Wertung des Verhaltens der Beklagten auch keine wesentlichen Umstände außer Acht gelassen.
- 37
- Die Revision rügt ohne Erfolg, der Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe das Fahrzeug vor dem Unfall nur verhältnismäßig wenig im ungewohnten Linksverkehr bewegt, fehle jede Grundlage. Die von der Revision angegriffenen Ausführungen des Berufungsgerichts enthalten keine Feststellung , sondern eine Wertung ("verhältnismäßig wenig"), die das Berufungsgericht aus seiner von der Revision nicht angegriffenen Feststellung ableitet, dass zwischen der Anmietung des Mietwagens und dem Unfall eine Zeitspanne von wenigen Tagen lag. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht im Rahmen dieser Wertung dem Vortrag der Klägerin, wonach die Beklagte vor dem Unfall bereits verschiedene Fahrten durchgeführt, das Fahrzeug sehr sicher bewegt und mit dem Linksverkehr überhaupt keine Schwierigkeiten gehabt habe, nicht weiter nachgegangen ist. Diesen Vortrag durfte das Berufungsgericht unter den Umständen des Streitfalles ohne Rechtsfehler für unerheblich halten. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang zu Recht dem Umstand besondere Bedeutung beigemessen, dass sich die Beklagte unmittelbar nach einem Abbiegevorgang auf der falschen rechten Fahrspur eingeordnet hat, und auf die Erfahrungstatsache hingewiesen, dass ein Abbiegevorgang aufgrund automatisierten Verhaltens im gewohnten Rechtsverkehr relativ leicht zu einem Fahrfehler im Linksverkehr führen kann. Auch nach Aneignung einer gewissen Fahrpraxis im Linksverkehr besteht die Gefahr fort, automatisch in Verhaltensweisen zurückzufallen, die sich - wie die Beachtung des Rechtsfahrgebots - aufgrund langjähriger Übung fest eingeprägt haben und in das Unterbewusstsein übergegangen sind, sobald eine Situation auftritt, die gesteigerte Aufmerksamkeit erfordert oder die Aufmerksamkeit auf andere Gesichtspunkte als die Beachtung des Linksfahrgebots lenkt. In diesem Zusammenhang kommt es entgegen der Auffassung der Revision nicht darauf an, ob der Feldweg, von dem die Beklagte in die National Road N 7 einbog, diese kreuzte oder nur in sie einmündete ("T-Kreuzung"). Denn in beiden Fällen erforderte der Abbiegevorgang wegen der erforderlichen Eingliederung in den dort möglicherweise vorhandenen Verkehr erhöhte Aufmerksamkeit. Der Umstand , dass die National Road N 7 im Unfallzeitpunkt nicht befahren war, be- günstigte dabei sogar den Rückfall in automatisierte Verhaltensweisen. Denn vorhandener Verkehr hätte der Beklagten die Notwendigkeit der Nutzung der linken Fahrbahn unmittelbar vor Augen geführt.
- 38
- Die Revision wendet sich schließlich auch ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Fahrfehler habe sich der Beklagten nicht aufgedrängt. Das Berufungsgericht hat hierzu - von der Revision unbeanstandet - festgestellt, dass das entgegenkommende Fahrzeug wegen einer Kurve aus der Distanz nicht erkennbar war und sich der Unfall in kurzer Entfernung von ca. 200 m vom Kreuzungsbereich ereignete. Mit dem Vorbringen, die Beklagte habe für die Strecke von 200 m nicht - wie vom Berufungsgericht zugrunde gelegt - 10 Sekunden, sondern mindestens 18 Sekunden gebraucht, kann die Revision nicht durchdringen. Bei den von der Klägerin als unrichtig beanstandeten Ausführungen des Berufungsgerichts handelt es sich um eine tatbestandliche Darstellung im Rahmen der Urteilsgründe des Berufungsurteils, die nach § 314 ZPO Beweis für das mündliche Parteivorbringen in der Berufungsinstanz erbringt (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04 - NJW-RR 2007, 1434; Musielak/Ball, ZPO, 6. Aufl., § 559 Rn. 15). Der Umstand, dass diese tatbestandliche Feststellung im Berufungsurteil nicht im Rahmen der Darstellung des Sach- und Streitstandes (vgl. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) sondern in den Ausführungen des Berufungsgerichts zur Begründung seiner Entscheidung (vgl. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) wiedergegeben ist, führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 1997 - IV ZR 275/96 - NJW 1997, 1931; Musielak/Ball, aaO, Rn. 16). Die Beweiswirkung des § 314 ZPO kann nur durch das Sitzungsprotokoll, nicht jedoch durch den Inhalt der Schriftsätze entkräftet werden (BGHZ 140, 335, 339; BGH, Urteil vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04 - aaO). Da die von der Revision als unrichtig beanstandete tatbestandliche Darstellung weder in Widerspruch zu den Feststellungen im Sitzungsprotokoll der letzten mündlichen Verhandlung steht noch Gegenstand einer Tatbestandsberichtigung gemäß § 320 ZPO war, ist der Senat gemäß §§ 314, 559 ZPO an sie gebunden.
III.
- 39
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Vorinstanzen:
LG Tübingen, Entscheidung vom 05.06.2007 - 4 O 397/06 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 07.01.2008 - 5 U 161/07 -
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 22.07.2013 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Hagen wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar; das angefochtene Urteil ist jetzt ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2Der Kläger begehrt für die Nutzung einer Zuwegung – auch über eine dort befindliche Eisenbahnüberführung - die Bestellung einer Grunddienstbarkeit in Form eines Wegerechts, sowie die Feststellung, dass die Beklagte zur Tragung der entsprechenden Unterhaltskosten verpflichtet ist.
3Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Mit notariellen Grundstückskaufvertrag und entsprechender Auflassung vom 29.11.2007 (UR-Nr. 337/07 des Notars T1, J) sowie Eintragung im Grundbuch vom 06.03.2008 erwarb der Kläger die in der Straße Im C ## gelegenen Hofstelle „T-hof“ in J1. Zu diesem ehemals landwirtschaftlich genutzten Grundbesitz gehören u.a. die im Grundbuch des Amtsgerichts J, G, Blatt X, Flur X, eingetragenen Flurstücke X, X und X.
4Die Beklagte ist ein einhundertprozentiges Tochterunternehmen der E2 AG. Als Eisenbahninfrastrukturunternehmen betreibt sie ca. 87,5 % des deutschen Schienennetzes. Die Beklagte ist u.a. seit Oktober 2009 auch Eigentümerin von drei an die Grundstücke des Klägers angrenzenden Flurstücken. Hierbei handelt es sich um die im Grundbuch von J Blatt X eingetragenen Flurstücke X/76 und X/76, Flur X, G, (im Folgenden Flurstücke X/76 und X/76 genannt) und das im Grundbuch von J Blatt X eingetragenen Flurstück X, Flur X, G3 (im Folgenden Flurstück X genannt). Im Zuge der Bahnreform, in deren Rahmen die bis dato bundeseigene Eisenbahn sowohl gesetzlich als auch organisatorisch neugeordnet und teilprivatisiert wurde, erwarb die Beklagte die vorgenannten Grundstücke.
5Auf dem Flurstück X verläuft eine ca. 1919 in Betrieb genommene Bahnlinie.
6Seit Errichtung der Bahnlinie verfügt der klägerische Grundbesitz über keine eigene Anbindung an das öffentliche Straßennetz - hier die C- Straße/ C2 - mehr. Vielmehr erfolgt die Zuwegung seit ca. einhundert Jahren auch über die oben bezeichneten Flurstücke, welche nunmehr im Eigentum der Beklagten stehen. Dabei sind die Flurstücke X/76 und X/76 mittels einer Brücke verbunden, welche die alte Bahntrasse (Flurstück X) überspannt. Diese Überführung dient somit in erster Linie der Zufahrt und Versorgung der klägerischen Grundstücke. Jenseits der Brücke in östlicher Richtung verläuft die auf dem Flurstück X/76 befindliche Straße über zwei weitere Flurstücke, von denen eines der Stadt J gehört und eines im Privateigentum steht. Sodann mündet sie in die dort in nord-östlicher Richtung verlaufende C.
7Auch über andere – nicht im Eigentum der Beklagten stehende – Grundstücke besteht derzeit kein Zugang zu öffentlichen Straßen.
8Die Beklagte und deren Rechtsvorgänger haben die Nutzung der Flurstücke X/76, X/76 sowie X nebst der dort befindlichen Überführung zum Erreichen des klägerischen Grundbesitzes über Jahrzehnte geduldet.
9Der Kläger beabsichtigt, den T1-hof künftig für Veranstaltungen im Bereich der Erlebnispädagogik sowie für Seminare zur Jugend- und Erwachsenbildung zu nutzen. Hierfür sind an den Gebäuden bauliche Veränderungen erforderlich. Als Voraussetzung entsprechender Baugenehmigungen und zur Absicherung der erforderlichen Investitionsmaßnahmen begehrt der Kläger durch die Eintragung einer Grunddienstbarkeit die grundbuchrechtliche „Absicherung“, wonach die Beklagte zur Duldung der Nutzung der Zuwegung verpflichtet ist.
10Mit diesem Begehren hat sich der Kläger an verschiedene Stellen im Bahnkonzern gewandt. Zu letzterem gehört u.a. auch die Beklagte. So hat der Kläger mit Schreiben vom 23.08.2010 bei der E GmbH einen Antrag auf Eintragung eines entsprechenden Wegerechts gestellt (Bl. 66 f). Bei der E GmbH handelt es sich um einen innerhalb des Bahnkonzerns zuständigen Dienstleister, der u.a. auch für die im Eigentum der Beklagten stehenden Immobilien zuständig ist. Diese hat den Antrag schließlich nach vorangegangener Prüfung mit E-Mail 24.02.2011 im Namen der Beklagten abgelehnt (Bl. 68).
11Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 31.01.2012 forderte der Kläger die E GmbH vergeblich auf, bis zum 28.02.2012 eine Stellungnahme hinsichtlich der Eintragung einer Grunddienstbarkeit abzugeben.
12Der Kläger hat behauptet, der T1-hof bestehe seit 1887. Zunächst sei dieser mit den umliegenden Flächen über mehrere Jahrzehnte als landwirtschaftlicher Vollerwerbsbetrieb genutzt worden. Während der gesamten Zeit der landwirtschaftlichen Nutzung sei die Zuwegung über die streitgegenständliche Zuwegung/Überführung erfolgt. Nach Aufgabe der aktiven Landwirtschaft habe die Stadt J im Wohngebäude der Hofstelle zunächst ein Übergangswohnheim betrieben. Einige der zu dem ehemaligen landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Flächen seien offenbar für den städtischen Friedhof, andere für das Industriegebiet „A-haus“ genutzt worden. Die Flächen, die den klägerischen Grundbesitz unmittelbar umgeben, seien dagegen an Landwirte aus der Umgebung verpachtet worden, welche diese bis zum heutigen Zeitpunkt landwirtschaftlich nutzen würden. Auch die Bewirtschaftung dieser letztgenannten verpachteten Flächen erfolge ausschließlich über die streitgegenständliche Zuwegung und die dazugehörige Brücke.
13Die eigentlichen Hofgebäude seien später zu einem heilpädagogischen Kinderheim, dem „Kinderhaus C“, um- bzw. ausgebaut worden. Die für diese Kinderwohngruppe erforderliche Betriebserlaubnis habe vom 01.11.1994 bis zum 31.10.2006 durchgängig bestanden. Wie aus einem Schreiben des Landesjugendamtes vom 08.03.1994 hervorgehe, hätten die Vertreter der Stadt J im Zuge des Genehmigungsverfahrens insbesondere auch die brandschutztechnischen Belange geprüft. Zu diesen Belangen habe vor allem auch maßgeblich die Zuwegung gezählt.
14Dementsprechend sei die Betriebserlaubnis seinerzeit nur erteilt worden, weil die Hofstelle während der gesamten Nutzungsphase als Kinderheim über die Zuwegung nebst Überführung mit dem öffentlichen Straßennetz verbunden gewesen sei. Während der Nutzung des T1-hofes als Kinderheim seien dort auch – gemeinsam mit anderen Vereinen und Verbänden – Veranstaltungen mit großem Besucheraufkommen durchgeführt worden.
15Der Kläger ist der Ansicht gewesen, dass zwischen der Beklagten und ihm hinsichtlich der Nutzung der Zuwegung inklusive der dort befindlichen Brücke zumindest eine – konkludent geschlossene – schuldvertragliche Regelung bestehe. Schließlich sei die Brücke vor allem zur Sicherung der Zuwegung zum T1-hof gebaut worden. Er habe also ein berechtigtes Interesse daran, dass dieses Nutzungsrecht zu Lasten der betroffenen Grundstücke der Beklagten in Form eines Wegerechts dinglich gesichert werde.
16Hilfsweise werde der Anspruch auf Eintragung der entsprechenden Grunddienstbarkeiten auf das im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis geltende Gebot der Rücksichtnahme aus § 242 BGB gestützt.
17Im Übrigen sei die Beklagte auch verpflichtet, die Kosten für die Unterhaltung der streitgegenständlichen Brücke zu tragen. Auch dies sei Bestandteil der konkludent geschlossenen schuldvertraglichen Regelung.
18Wiederum hilfsweise hat er einen Anspruch auf Einräumung eines Notwegerechts gemäß § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB geltend gemacht.
19Der Kläger hat beantragt,
20- 21
1. die Beklagte zu verurteilen, in die Eintragung einer Grunddienstbarkeit zur Absicherung der Verpflichtung zur Duldung, dass ihm und den jeweiligen auf der Liegenschaft T1-hof, gelegen Im C-dorf ## in J, ansässigen Mieter sowie deren Besucher, Kunden und Handwerker, die zwischen dem Grundstück Im C-dorf ## und der C-Straße gelegenen Zuwegung nebst Brücke benutzen und befahren dürfen, zu Lasten der dienenden Grundstücke eingetragen im Grundbuch von I, Flurstücke X/76 und X/76, Flur X der G, sowie eingetragen im Grundbuch von J , Flurstück X, Flur X der G3 einzuwilligen, wobei der Kläger die Kosten der Eintragung trägt;
- 23
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Kosten für die Unterhaltung, d.h. die Instandsetzung und Pflege der unter dem Klageantrag zu 1. bezeichneten Zuwegung zu tragen;
- 25
3. hilfsweise für den Fall der Abweisung des Klageantrags zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm den Zugang und die Zufahrt über die im Klageantrag zu 1. bezeichnete Zuwegung Zug um Zug gegen Zahlung einer Notwegrente in Höhe von 70,00 Euro jährlich zu gewähren;
- 27
4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Kosten in Höhe von 489,45 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 24.02.2011 zu zahlen.
Die Beklagte hat zuletzt beantragt,
29die Klage abzuweisen.
30Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, es bestehe keine konkludente schuldvertragliche Regelung hinsichtlich der Nutzung der gesamten Zuwegung. Insbesondere sei die nunmehr vom Kläger avisierte Nutzung der Zuwegung für Veranstaltungen im Bereich der Erlebnispädagogik nicht mehr von der bisherigen Duldung der Nutzung als Zuwegung für Mieter, Besucher und Kunden des T1-hofes gedeckt.
31Ferner bestehe für sie keine gesetzlich Verpflichtung, ihre Grundstücke mit einer entsprechenden Grunddienstbarkeit zu Gunsten der klägerischen Grundstücke zu belasten. Eine solche Verpflichtung ergebe sich auch nicht aus einem etwaigen Notwegerecht. Ein solches könne allenfalls auf Duldung der Nutzung, nicht aber auf die Gewährung von Grunddienstbarkeiten gerichtet sein.
32Das Landgericht hat der Klage nur hinsichtlich des Hilfsantrags zu 3. stattgegeben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
33Der Kläger habe gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Einräumung der begehrten Grunddienstbarkeiten. Rechtsgeschäftlich begründete Grunddienstbarkeiten im Sinne der §§ 1018 ff. BGB bestünden nicht.
34Eine entsprechende schuldrechtliche Vereinbarung zur Bestellung entsprechender Grunddienstbarkeiten sei zwischen den Parteien ausdrücklich nicht zustande gekommen.
35Ein schuldrechtlicher Vertrag sei auch nicht konkludent dadurch geschlossen worden, dass die Beklagte die Nutzung ihrer Grundstücke als Zugang zu den klägerischen Grundstücken jahrzehntelang geduldet habe. Zwar könne die Verpflichtung zur Bestellung einer Grunddienstbarkeit grundsätzlich auch stillschweigend begründet werden oder sich aus einer ergänzenden Vertragsauslegung ergeben. Allerdings müsse sich der entsprechende Wille des Grundstückseigentümers auf Einräumung eines solchen dinglichen Nutzungsrechts beziehen.
36Der Wille, eine Grunddienstbarkeit zu begründen, könne daher nur in einem Verhalten gesehen werden, das keine andere Deutung zulasse, als den Willen zur Belastung des eigenen Grundstücks mit einem dinglichen Recht zu Gunsten eines anderen Grundstücks. lm Rahmen der Auslegung eines solchen Verhaltens nach §§ 133, 157 BGB sei es also entscheidend, ob es dem Erklärenden darum gehe, dem Begünstigten eine möglichst umfassend geschützte Rechtsposition – insbesondere für den Fall der Veräußerung des Grundstücks – zu verschaffen. Seien dagegen keine ausreichenden Anhaltspunkte für einen dinglichen Charakter der Verpflichtung vorhanden, müsse im Zweifel als ein Weniger eine lediglich schuldrechtliche Verpflichtung zur Nutzungsgewährung angenommen werden.
37Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin dem Kläger im vorliegenden Fall eine umfassende und damit dingliche Rechtsposition habe verschaffen wollen, lägen nicht vor. Etwaige Anhaltspunkte ergäben sich insbesondere auch nicht aus dem Umstand, dass die klägerischen Grundstücke die einzigen seien, welche über die streitgegenständliche Zuwegung erreicht werden könnten. Auch wenn die Beklagte die Benutzung der Zuwegung über lange Zeit geduldet habe, könne der Kläger aus dieser Duldung allenfalls einen Leihvertrag herleiten.
38Diesen bestehenden Leihvertrag habe die Beklagte jedoch konkludent gekündigt; der entsprechende Kündigungswille komme nämlich durch den gestellten Antrag auf Klageabweisung zum Ausdruck. Auch ein solcher Leihvertrag könne jederzeit ohne besondere Gründe gekündigt werden. Gemäß § 604 Abs. 3 BGB könne der Verleiher die Sache jederzeit zurückfordern, sofern die Dauer der Leihe weder bestimmt noch aus ihrem Zweck zu entnehmen sei. Da die Parteien das Leihverhältnis vorliegend nicht ausdrücklich vereinbart hätten, sei dementsprechend auch die Bestimmung einer Leihdauer nicht erfolgt. Aus der Tatsache, dass der Kläger – auch zukünftig – auf die Zuwegung angewiesen sei, könne nicht etwa zwingend gefolgert werden, dass die Beklagte dazu verpflichtet sei, das Leihverhältnis so lange andauern zu lassen, als das Grundstück des Klägers genutzt werde. Vielmehr entspreche es wirtschaftlicher Erfahrung, dass ein Grundstückeigentümer, auch wenn er es stillschweigend dulde, dass sein Nachbar ohne Erlaubnis über sein Grundstück gehe oder fahre, gleichwohl noch die freie Entscheidung darüber behalte, diesen ihn beeinträchtigenden Zustand weiter fortbestehen zu lassen oder unter Hinweis auf sein Eigentumsrecht die Beseitigung zu fordern.
39Der Kläger habe des Weiteren auch keinen Anspruch auf Einräumung der Grunddienstbarkeiten aus den Grundsätzen des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses gemäß § 242 BGB. So begründe das nachbarrechtliche Gemeinschaftsverhältnis in der Regel keine selbstständigen Ansprüche, sondern wirke hauptsächlich rechtsbeschränkend. Das sich aus dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis ergebende Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme könne zwar im Einzelfall auch Mitwirkungs- und Handlungsansprüche begründen; hinsichtlich des Rechts auf Mitbenutzung eines Nachbargrundstücks seien die Pflichten aus diesem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis aber grundsätzlich in § 917 BGB abschließend geregelt.
40Dagegen habe der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Einräumung eines Notwegerechts gemäß § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Regelung des § 917 BGB beabsichtige, durch die Schaffung einer Zuwegung die ordnungsgemäße Benutzung von unzugänglichen oder nicht hinreichend zugänglichen Grundstücken zu ermöglichen. Allerdings beschränke sich die Benutzung der Zuwegung über ein fremdes Grundstück auf die Fälle, in denen das begünstigte Grundstück ordnungsgemäß genutzt werde. Dies sei hier der Fall, was das Landgericht i.E. begründet hat.
41Da die streitgegenständliche Zuwegung über die Grundstücke der Beklagten die einzige Anbindung an den öffentlichen Straßenverkehr darstelle, sei die Verbindung zu öffentlichen Wegen über das Grundstück der Beklagten auch notwendig.
42Gleichwohl sei die Beklagte nur gegen Zahlung einer Notwegrente gemäß § 917 Abs. 2 Satz 1 BGB zur Duldung des Notwegerechts verpflichtet. Für die Höhe der Rente gelte ein individualisierter Maßstab, bei dem nicht auf den Vorteil abzustellen sei, den der Berechtigte aus dem Notweg ziehe. Vielmehr sei der Nutzungsverlust auszugleichen, der dem belasteten Eigentümer durch die Duldungspflicht entstehe. Der Nutzungsverlust bemesse sich nach der Minderung des Verkehrswertes, die die gesamten Grundstücke durch den Notweg erführen. Vor diesem Hintergrund sei eine jährlich zu zahlende Rente von 70,00 € angemessen.
43Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er ist der Ansicht, das Landgericht habe die Klageanträge zu 1. und 2. zu Unrecht abgewiesen.
44Zwischen den Rechtsvorgängern des Klägers und der Bahn sei seinerzeit jedenfalls im Form einer Leihe (§§ 598 ff. BGB) ein Überfahrtsrecht über die Bahntrasse begründet worden. Gerade wenn es wie im vorliegenden Fall um ein Wegerecht gehe, könne ein solches Rechtsverhältnis auch stillschweigend – etwa durch langjährige Duldung der Überfahrt – zustande kommen und langfristig angelegt sein.
45Entgegen den landgerichtlichen Ausführungen bestehe jedoch kein Kündigungs- oder Rückforderungsrecht. Ein solches bestehe nämlich nur in solchen Fällen, in denen die Dauer der Leihe nicht bestimmt und auch dem Zweck der Leihe nicht zu entnehmen sei. Vorliegend sei aber die Dauer der Leihe dem Umstand zu entnehmen, dass die Zufahrt über die Grundstücke der Beklagten nebst der dort befindlichen Brücke jedenfalls so lange verschafft werden solle, wie keine anderweitige rechtlich gesicherte Zufahrtsmöglichkeit zu den klägerischen Grundstücken bestehe.
46Aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalles sei das Landgericht rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass kein dauerhafter schuldrechtlicher Gestattungsanspruch, sondern lediglich ein leihähnliches Rechtsverhältnis vorliege, welches jederzeit gekündigt werden könne. Insbesondere habe das Landgericht den Umstand verkannt, dass die Beklagte die ursprünglich bestehende Zuwegung durch die Errichtung der Bahntrasse durchstoßen und durch den Bau der Überführung in veränderter Form neu gestaltet habe.
47Untersage man dem Kläger nun eine Nutzung der Brücke, schneide man das klägerische Grundstück von jeglicher Zuwegung ab. Letzteres käme faktisch einer Enteignung gleich.
48Des Weiteren sei das Landgericht rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass der Kläger aus diesem dauerhaften schuldrechtlichen Gestattungsanspruch und aus dem nachbarschaftsrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung und Unterhaltung der bestehenden Zuwegung sowie der erforderlichen dinglichen Sicherung dieser Zuwegung habe.
49Das nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis beinhalte als Ausprägung von § 242 BGB auch einen Handlungsanspruch. § 242 BGB erlaube zwar keine schlichte Billigkeitsrechtsprechung, erlaube aber Eingriffe zur Vermeidung von Ergebnissen, die mit Recht und Gerechtigkeit nicht in Einklang zu bringen seien. Berücksichtige man dies und die Tatsache, dass der Kläger die „Insellage“ seines Grundstücks nicht selbst verursacht habe, sei ein Fall gegeben, der die Bestellung eines durch eine Grunddienstbarkeit abgesichertes Geh- und Fahrtrecht rechtfertige – es sogar geradezu nahelege.
50Dies folge vor allem aus der Tatsache, dass die Beklagte seinerzeit die einzige Zuwegung beseitigt und durch die Brücke neu geschaffen habe. Hierdurch sowie aus dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis erwachse gegenüber den jeweiligen Eigentümern der „betrogenen“ Grundstücke sowie deren Rechtsnachfolgern die Pflicht, diese Zuwegung weiter sicherzustellen.
51Des Weiteren habe das Landgericht verkannt, dass für die geplante Nutzungsänderung der klägerischen Grundstücke bzw. deren öffentlich-rechtliche Genehmigung ein Notwegerecht gerade nicht ausreiche. Eine Genehmigung werde von der zuständigen Stelle nämlich nur dann erteilt, wenn die Zuwegung durch eine eingetragene Grunddienstbarkeit gesichert sei. So ermögliche eine eingetragene Grunddienstbarkeit ihrerseits auch erst einen Anspruch auf Eintragung einer entsprechenden Baulast. Durch die Nichtgewährung einer dinglichen Sicherung werde der Kläger in seinen Nutzungsmöglichkeiten über das Grundstück dergestalt beschnitten, dass die üblichen Nutzungen dort nicht mehr möglich seien.
52Zudem sei die Beklage verpflichtet, den Bahnübergang als Bestandteil der Eisenbahninfrastruktur in einem betriebssicherem Zustand zu halten.
53Der Kläger beantragt,
54unter Abänderung des angefochtenen
55- 56
1. die Beklagte zu verurteilen, in die Eintragung einer Grunddienstbarkeit zur Absicherung der Verpflichtung zur Duldung, dass ihm und den jeweiligen auf der Liegenschaft T1-hof, gelegen J C ## in J, ansässigen Mieter sowie deren Besucher, Kunden und Handwerker, die zwischen dem Grundstück J C ## und der C-Straße gelegenen Zuwegung nebst Brücke benutzen und befahren dürfen, zu Lasten der dienenden Grundstücke eingetragen im Grundbuch von I, Flurstücke X/76 und X/76, Flur X der G, sowie eingetragen im Grundbuch von J , Flurstück X, Flur X der G3 einzuwilligen, wobei der Kläger die Kosten der Eintragung trägt;
- 58
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Kosten für die Unterhaltung, d.h. die Instandsetzung und Pflege der unter dem Klageantrag zu 1. bezeichneten Zuwegung zu tragen.
Die Beklagte beantragt,
60die Berufung zurückzuweisen.
61Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
62Zwischen den Parteien bestünde kein Schuldrechtsverhältnis, aus denen sich die mit der Berufung weiter verfolgten Ansprüche herleiten ließen. Im Falle einer Grundstücksveräußerung ende ein durch Leihe begründetes Nutzungsrecht. § 571 BGB a.F. finde auf Leihverträge gerade keine Anwendung, so dass bereits aus diesem Grund ein etwaiger Leihvertrag zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien für die Beklagte keinerlei Bindungswirkung entfalte. Im Übrigen sei ein etwa bestehender Leihvertrag durch den Antrag auf Klageabweisung ohnehin gekündigt worden. Zudem sei der von dem Kläger behauptete Vertragsinhalt, es bestehe eine grundsätzlich unbestimmte Dauer des Leihvertrages, nicht nachvollziehbar.
63Es sei zudem auch nicht ersichtlich, warum keine anderweitige Zufahrtsmöglichkeit zu den klägerischen Grundstücken geschaffen werden könne. Schließlich verliefen die Bahngleise nur östlich des T1-hofes.
64Im Ergebnis habe das Landgericht jedenfalls zutreffend darauf hingewiesen, dass dem Kläger über ein Notwegerecht im Sinne des § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB ein hinreichender Zugang zu seinen Grundstücken ermöglicht werde.
65B
66Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.
67I.
68Der Kläger hat gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Eintragung eines Wege- und Fahrrechts.
691.
70Eine ausdrückliche schuldrechtliche Vereinbarung über die Bestellung des vom Kläger begehrten Wege- und Fahrrechts ist unstreitig weder zwischen den Parteien noch zwischen ihren Rechtsvorgängern zustande gekommen.
712.
72Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Bestellung der begehrten Grunddienstbarkeit aus einer konkludent geschlossenen schuldrechtlichen Vereinbarung.
73Zwar kann unter besonderen Umständen ein schuldrechtlicher Bestellungsvertrag auch stillschweigend zustande kommen (vgl. BGH, Urt. v. 12.05.1999 – Az. V ZR 193/98 – VIZ 1999, 489; Joost, in: MünchKomm BGB, 6. Aufl. 2013, § 1018 Rn. 6; J. Mayer, in: Staudinger, Neubearbeitung 2009, § 1018 Rn. 17).
74Dazu reicht allein der Umstand, dass die Beklagte (immerhin seit dem 14.10.2009) und auch schon deren Rechtsvorgänger die Nutzung ihrer Grundstücke und der darauf befindlichen Brücke als Zugang zu den klägerischen Grundstücken über einen sehr langen Zeitraum geduldet haben, jedoch nicht aus.
75Für die Annahme einer entsprechenden konkludenten Willenserklärung der Beklagten ist objektiv maßgeblich, ob mittelbar aus bestimmten Indizien auf den rechtsgeschäftlichen Willen zur Bestellung einer Grunddienstbarkeit geschlossen werden kann. Ob diese Indizien den Schluss auf den rechtsgeschäftlichen Willen tatsächlich erlauben, beurteilt sich nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. §§ 133, 157 BGB) aus der Sicht des Erklärungsempfängers (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 26.01.2005 – Az. VIII ZR 66/04 – NJW-RR 2005, 639, 640).
76Erforderlich wäre demnach ein Verhalten der Beklagten, das unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes keine andere Deutung zulässt als den Willen zur Belastung der eigenen Grundstücke mit einem dinglichen Recht zu Gunsten der klägerischen Grundstücke. Der Kläger begehrt hier nicht nur die bloße tatsächliche Nutzungsgewährung sondern die Nutzungsgewährung in Form einer Grunddienstbarkeit im Sinne des § 1018 BGB. Für die vorzunehmende Auslegung des duldenden Verhaltens der Beklagten nach §§ 133, 157 BGB ist es – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – also entscheidend, ob es der Beklagten gerade darum ging, dem Kläger die möglichst umfassend geschützte Rechtsposition einer Grunddienstbarkeit zu verschaffen. Sind dagegen keine ausreichenden Anhaltspunkte für einen solchen dinglichen Charakter der Verpflichtung vorhanden, ist im Zweifel als ein Minus eine lediglich schuldrechtliche Verpflichtung zur Nutzungsgewährung anzunehmen (vgl. OLG Koblenz NJOZ 2013, 353).
77Unter Berücksichtigung des gesamten Akteninhalts bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgänger dem Kläger bzw. den jeweiligen Eigentümern des T1-hofes eine umfassende und damit dingliche Rechtsposition verschaffen wollte. Etwaige Anhaltspunkte ergeben sich insbesondere auch nicht aus dem Umstand, dass die klägerischen Grundstücke nur über die streitgegenständliche Zuwegung erreicht werden können. Anderenfalls würden die Regelungen zum Notwegerecht (§§ 917 ff. BGB) in vielen Fällen überflüssig, da deren Anwendbarkeit gerade auch die Tatsache voraussetzt, dass es sich bei einer bestimmten Zuwegung um den einzigen Zuweg zum betroffenen Grundstück handelt.
78Als Ergebnis bleibt damit festzuhalten, dass eine schuldrechtliche Vereinbarung zur Bestellung entsprechender Grunddienstbarkeiten zwischen den Parteien auch durch konkludentes Verhalten nicht zustande gekommen ist.
793.
80Aus § 917 Abs. 1 BGB (Notweg) ergibt sich ebensowenig ein Anspruch auf Eintragung einer entsprechenden Dienstbarkeit. Das Notwegerecht kann im Grundbuch nicht eingetragen werden. Es beinhaltet kein dingliches Recht, sondern stellt eine inhaltliche Bestimmung des rechtlich geschützten Freiheitsbereichs des Grundeigentümers dar (Säcker, in: MünchKomm BGB, 6. Aufl. 2013, § 917 Rn. 23).
814.
82Schließlich hat der Kläger gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Bestellung der begehrten Grunddienstbarkeit aus den Grundsätzen des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses gemäß § 242 BGB.
83Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, sind die Pflichten aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis hinsichtlich des Rechts auf Mitbenutzung eines Nachbargrundstücks grundsätzlich in §§ 917 ff. BGB abschließend geregelt (vgl. BGH, Urt. v. 05.05.2006 – Az. V ZR 139/05 – NJW-RR 2006, 1160 Rn 10; OLG Koblenz NJOZ 2013, 353).
84Nach den mit der Berufung nicht gerügten Feststellungen des Landgerichts steht dem Kläger als Eigentümer des gefangenen Grundstücks hinsichtlich der Flurstücke X/76, X/76 und X ein solches Notwegerecht gemäß § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB zu.
85Aufgrund der abschließenden Regelung in § 917 Abs. 1 BGB und der Tatsache, dass dem Kläger ein solches Notwegerecht zusteht, ist ein Rückgriff auf die Regelungen des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses hier nicht möglich.
86Nach allem hat der Kläger keinen Anspruch auf Eintragung eines Wege- und Fahrrechts zu Lasten der Grundstücke der Beklagten ins Grundbuch.
87II.
88Ebensowenig hat der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf Instandsetzung und Pflege der in Rede stehenden Zuwegungen.
89Dabei ist zwischen der Instandsetzung und Pflege der Überführung sowie der übrigen Zuwegung zu differenzieren.
901.
91Mögliche Anspruchsgrundlagen für eine Unterhaltung der Überführung könnten sich aus dem Eisenbahnkreuzungsgesetz (EBKrG), aus Leihe und aus Notweg ergeben. Im Ergebnis greift jedoch keine der genannten Anspruchsgrundlagen zugunsten des Klägers.
92Im Einzelnen:
93a)
94Das EBKrG regelt die Handhabung, den Bau, die Unterhaltung sowie die Finanzierung von Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen. Das EBKrG unterscheidet dabei in § 1 Abs. 2 EKrG zwischen höhengleichen Kreuzungen (Bahnübergänge) und nicht höhengleichen Kreuzungen (Überführungen). Um eine solche Überführung dürfte es sich im vorliegenden Fall handeln. Hinsichtlich der Betriebskosten enthält § 14 EKrG folgende Regelung:
95§ 14 EKrG [Betriebskosten]
96(1) Die Anlagen an Kreuzungen, soweit sie Eisenbahnanlagen sind, hat der Eisenbahnunternehmer, soweit sie Straßenanlagen sind, der Träger der Straßenbaulast auf seine Kosten zu erhalten und bei Bahnübergängen auch in Betrieb zu halten. Die Erhaltung umfaßt die laufende Unterhaltung und die Erneuerung. Betriebskosten sind die örtlich entstehenden persönlichen und sächlichen Aufwendungen.
97(2) An Bahnübergängen gehören
981. zu den Eisenbahnanlagen das sowohl dem Eisenbahnverkehr als auch dem Straßenverkehr dienende Kreuzungsstück, begrenzt durch einen Abstand von 2,25 m, bei Straßenbahnen von 1,00 m jeweils von der äußeren Schiene und parallel zu ihr verlaufend, ferner die Schranken, Warnkreuze (Andreaskreuze) und Blinklichter sowie andere der Sicherung des sich kreuzenden Verkehrs dienende Eisenbahnzeichen und -einrichtungen,
992. zu den Straßenanlagen die Sichtflächen, die Warnzeichen und Merktafeln (Baken) sowie andere der Sicherung des sich kreuzenden Verkehrs dienende Straßenverkehrszeichen und -einrichtungen.
100(3) Eisenbahnüberführungen und Schutzerdungsanlagen gehören zu den Eisenbahnanlagen, Straßenüberführungen zu den Straßenanlagen.
101Nach § 14 Abs. 1 EKrG (Betriebskosten) hat der Eisenbahnunternehmer dementsprechend also die Anlagen an Kreuzungen, soweit sie Eisenbahnanlagen sind, auf seine Kosten zu unterhalten. Die Erhaltung umfasst die laufende Unterhaltung und die Erneuerung. Gemäß Absatz 3 gehören Eisenbahnüberführungen und Schutzerdungsanlagen zu den Eisenbahnanlagen im Sinne des Absatzes 1. Demzufolge wäre die Beklagte nach § 14 Abs. 1 und Abs. 3 EKrGnicht zur Instandsetzung und Pflege der streitgegenständlichen Bahnüberführung verpflichtet. Denn hier geht es um eine Straßenüberführung und nicht um eine Eisenbahnüberführung. Eine Straßenüberführung ist eine Brücke, die eine Straße über etwas (hier: Bahntrasse) hinweg führt. Eine Eisenbahnüberführung führt dagegen die Eisenbahnstrecke über einen anderen Verkehrsweg hinweg. Diese ist hier nicht festzustellen (vgl. Fotos Bl. 124 u. 127).
102b)
103Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass sich aus dem duldenden Verhalten der Beklagten auf einen Leihvertrag gemäß §§ 598 ff. BGB schließen lässt. Fehlt es an einem dinglichen Nutzungsrecht, ist Grundlage der Benutzung einer Zuwegung oft eine Leihe, die konkludent durch Benutzung und widerspruchslose Duldung über längere Zeit zustande kommt und neben einem eventuellen Notwegerecht stehen kann (OLG Köln NJW-RR 1992, 1497; Fritzsche, in: Beck´scher Online-Kommentar BGB, Stand: 01.11.2013, § 917 Rn. 46).
104Dieser Leihvertrag ist – insoweit folgt der Senat dem Landgericht ausdrücklich nicht - durch Kündigung der Beklagten nicht beendet worden. Gemäß § 604 Abs. 3 BGB kann der Verleiher die Sache zwar jederzeit zurückfordern, sofern die Dauer der Leihe weder bestimmt noch aus ihrem Zweck zu entnehmen ist. Die Kündigungsmöglichkeit des § 604 Abs. 3 BGB gilt notwendigerweise auch für einen Leihvertrag, bei dem das Begehen und Befahren eines Grundstücks Gegenstand des Vertrags ist. § 604 Abs. 3 BGB ist jedoch nur dann anwendbar, sofern die Dauer der Leihe weder bestimmt noch aus ihrem Zweck zu entnehmen ist. Zwar haben die Parteien das Leihverhältnis vorliegend nicht ausdrücklich vereinbart, so dass naturgemäß auch die Bestimmung einer Leihdauer nicht ausdrücklich erfolgen konnte. Entgegen den landgerichtlichen Ausführungen ist aber im vorliegenden Fall aus der Tatsache, dass der Kläger auf die Zuwegung zwingend angewiesen ist, sehr wohl zu schließen, dass die Beklagte dazu verpflichtet ist, das Leihverhältnis so lange andauern zu lassen, wie das Grundstück vom Kläger genutzt wird und keine anderweitige rechtlich gesicherte Zufahrtsmöglichkeit zu den klägerischen Grundstücken besteht.
105Zu berücksichtigen ist nämlich der Umstand, dass die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgänger die unstreitig ursprünglich bestehende Zuwegung Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts durch die Errichtung der Bahntrasse zerstört und durch den Bau der Überführung in der nunmehr bestehenden Form wiederhergestellt hat. Die Beklagte und deren Rechtsvorgänger sind damit aber für die „Insellage“ des Grundstücks in ihrer derzeitigen Ausgestaltung verantwortlich. Vor diesem Hintergrund entspricht es hier gerade nicht wirtschaftlicher Erfahrung, dass der Deutsche C L als Grundstückeigentümer, wenn er die Benutzung der von ihm geschaffenen Zuwegung duldet, gleichwohl noch die freie Entscheidung darüber behalten kann, diesen ihn beeinträchtigenden Zustand weiter fortbestehen zu lassen oder unter Hinweis auf sein Eigentumsrecht die Beseitigung zu fordern.
106Vielmehr ist nach Sinn und Zweck der konkludenten Nutzungsvereinbarung davon auszugehen, dass die Zuwegung nebst Brücke solange von der Beklagten zur Verfügung gestellt wird, wie die Flurstücke X, X und X vom Kläger ordnungsgemäß genutzt werden und die in Rede stehende Zuwegung die einzige zum Grundstück des Klägers bleibt. Damit aber ergibt sich – entgegen der Ansicht des Landgerichts – aus dem Zweck des Nutzungsverhältnisses, dass die Zuwegung nicht jederzeit zurückgefordert werden kann. Vielmehr käme allenfalls ein Kündigungsrecht aus § 605 BGB in Betracht, dessen Voraussetzungen nach Aktenlage aber nicht gegeben sind.
107Geht man also entgegen den landgerichtlichen Ausführungen davon aus, dass zwischen den Parteien ein nicht wirksam gekündigter Leihvertrag im Sinne des § 598 BGB besteht, gelten für die Instandsetzung und Pflege der auf der Zuwegung befindlichen Überführung grundsätzlich die für den Leihvertrag maßgeblichen Bestimmungen der §§ 598 ff. BGB.
108Der Verleiher ist, anders als der Vermieter (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB), nicht verpflichtet, die Sache während der Vertragszeit in einem Zustand zu erhalten, der den vertragsgemäßen Gebrauch ermöglicht (vgl. D. Reuter, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2013, § 601 Rn. 1). Die für die Erhaltung des vertragsgemäßen Zustands anfallenden Kosten werden, soweit es sich um gewöhnliche Kosten der Erhaltung handelt, durch § 601 Abs. 1 BGB dem Entleiher auferlegt. Die Auferlegung dieser Kosten auf den Entleiher beruht wie bei § 994 Abs. 1 Satz 2 BGB auf der Erwägung, dass die Erhaltungskosten denjenigen treffen sollen, dem der Nutzen/Gebrauch der Sache zusteht (vgl. Häublein, in: MünchKomm BGB, 6. Aufl. 2012, § 601 Rn. 1).
109Da sich die Kostentragungspflicht des Entleihers nach § 601 Abs. 1 BGB auf die gewöhnlichen Erhaltungsmaßnahmen beschränkt, ist zu klären, welche Maßnahmen der Instandsetzung und Pflege eines Eisenbahnüberwegs noch zu den „gewöhnlichen Erhaltungskosten“ und welche Maßnahmen zu „anderen Verwendungen“ im Sinne des § 601 Abs. 2 BGB zählen.
110Dies ist nach der Verkehrsanschauung zu beurteilen. Bei gewöhnlichen Erhaltungskosten handelt es sich typischerweise um regelmäßig wiederkehrende Ausgaben. Außer den vom Gesetz hervorgehobenen Tierfütterungskosten sind das etwa die Kosten turnusmäßiger Schutz- und Kontrollmaßnahmen, Inspektionskosten eines entliehenen Kraftfahrzeugs, nicht dagegen der Einbau eines Austauschmotors (vgl. D. Reuter, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2013, § 601 Rn. 2; Häublein, in: MünchKomm BGB, 6. Aufl. 2012, § 601 Rn. 2).
111Nimmt man also zwischen den Parteien einen wirksamen Leihvertrag an, ergibt sich aus § 601 Abs. 1 BGB die Pflicht des Klägers, diegewöhnlichen Erhaltungskosten für die Eisenbahnüberführung zu tragen.
112Schadensbeseitigungskosten sind dagegen nach überwiegender Auffassung keine gewöhnlichen Erhaltungskosten. Derartige Kosten muss der Entleiher nur unter den Voraussetzungen einer Schadensersatzpflicht tragen, also dann, wenn er die Schäden schuldhaft durch vertragswidrigen Gebrauch oder durch sonstige Verletzung der Obhutspflicht verursacht hat. Schäden, die durch vertragsgemäßen Gebrauch entstanden sind, hat der Entleiher hingegen nicht zu vertreten (§ 602 BGB) und folglich auch dann nicht zu ersetzen, wenn es sich um kleinere oder „gewöhnliche” Schäden handelt. Der Entleiher ist daher auch nicht zur Beseitigung „gewöhnlicher” Verschleißschäden verpflichtet (Häublein, in: MünchKomm BGB, 6. Aufl. 2012, § 601 Rn. 2).
113Dementsprechend ist der Kläger aus den Grundsätzen der Leihe nicht verpflichtet, im Falle einer verschleiß- und altersbedingten Baufälligkeit der Überführung, die Kosten für die Erneuerung bzw. Instandsetzung zu tragen.
114Diese Pflicht obliegt aber auch nicht der Beklagten als Verleiherin und Eigentümerin der Überführung. Allerdings könnten ihn sie vom Kläger etwaig aufgewandten Kosten zur Schadensbeseitigung gemäß § 601 Abs. 2 Satz 1 BGB treffen (vgl. Häublein, in: MünchKomm BGB, 6. Aufl. 2012, § 601 Rn. 4).
115c)
116Ein Anspruch auf Instandsetzung und Pflege der Überführung ergibt sich vorliegend nicht aus der Annahme des Notwegerechts. Die Überführung ist wesentlicher Bestandteil der vom Notwegerecht betroffenen Flurstücke im Sinne des § 94 Abs. 1 BGB. Der duldungspflichtige Eigentümer ist zur Errichtung und zum Unterhalt des Notwegs nicht verpflichtet. Die Kosten treffen den Begünstigten (BGH, Urt. v. 04.07.2008 – Az. V ZR 172/07Z – NVwZ 2008, 1150 Rn. 24 ff.; Urt. v. 12.12.2008 – V ZR 106/07 – NZM 2009, 253, 254 Rn. 25).
117Eine anteilsmäßige Beteiligung an der Pflege und Instandsetzung der Überführung ergibt sich ebenfalls nicht aus § 917 BGB, da der Kläger bislang nicht vorgetragen hat, dass die Beklagte als Duldungspflichtige den Weg in gleichem Umfang nutzt (vgl. BGH aaO.).
1182.
119Hinsichtlich der übrigen Zuwegung gilt Folgendes:
120a)
121Auch insoweit gilt der leihrechtliche Grundsatz, dass der Verleiher nicht verpflichtet ist, die Sache während der Vertragszeit in einem Zustand zu erhalten, der den vertragsgemäßen Gebrauch ermöglicht (vgl. Reuter, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2013, § 601 Rn. 1). Die für die Erhaltung des vertragsgemäßen Zustands anfallenden Kosten werden, soweit es sich um gewöhnliche Kosten der Erhaltung handelt, durch § 601 Abs. 1 BGB dem Entleiher auferlegt.
122Dementsprechend ist die Beklagte nach den leihrechtlichen Grundsätzen auch nicht verpflichtet, die übrige streitgegenständliche Zuwegung in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten.
123b)
124Ein Anspruch auf Instandsetzung und Pflege der Zuwegung ergibt sich ebenfalls nicht aus der Annahme des Notwegerechts. Der duldungspflichtige Eigentümer ist zur Errichtung und zum Unterhalt des Notwegs nicht verpflichtet. Die Kosten treffen den Begünstigten (BGH, Urt. v. 04.07.2008 – Az. V ZR 172/07Z – NVwZ 2008, 1150 Rn. 24 ff.; Urt. v. 12.12.2008 – V ZR 106/07 – NZM 2009, 253, 254 Rn. 25).
125Eine anteilsmäßige Beteiligung an der Pflege und Instandsetzung der Zuwegung scheidet ebenfalls aus, da der Kläger bislang nicht vorgetragen hat, dass die Beklagte als Duldungspflichtige den Weg in gleichem Umfang nutzt (vgl. BGH aaO.).
126C
127Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
128Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Der Senat hat die oben zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung auf den vorliegenden Sachverhalt angewandt.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 25. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt den Beklagten in ihrer Eigenschaft als Gebäudeversicherer aus übergegangenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch. Der Beklagte ist ein Bruder der Schwiegertochter der Versicherungsnehmerin und bewohnt in deren Haus Räume im Dachgeschoss. Dort verursachte er durch Hantieren mit einem Stabfeuerzeug am 31. Dezember 2001 einen Brandschaden, den die Klägerin der Versiche- rungsnehmerin ersetzte. In der vom Beklagten genommenen Haftpflichtversicherung sind Ansprüche wegen derartiger Schäden eingeschlossen.
- 2
- Klägerin Die nimmt beim Beklagten Rückgriff in Höhe von 49.729,97 €. Sie meint, der im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. November 2000 (BGHZ 145, 393) angenommene Regressverzicht zugunsten des Mieters bei leicht fahrlässiger Schadensverursachung stehe dem nicht entgegen, weil der Beklagte grob fahrlässig gehandelt habe, wegen unentgeltlicher Nutzung der Wohnung nicht Mieter sei und der Regress bei leichter Fahrlässigkeit jedenfalls dann möglich sei, wenn der Schädiger eine den Ersatzanspruch deckende Haftpflichtversicherung habe. Demgegenüber beruft sich der Beklagte darauf, dass nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs der Regressverzicht auch bei bestehendem Haftpflichtversicherungsschutz eingreife.
- 3
- Das Landgericht (r+s 2003, 509) hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht (VersR 2004, 593) hat ihr stattgegeben. Mit der Revision erstrebt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision des Beklagten führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
- 5
- A. Das Berufungsgericht hat ebenso wie das Landgericht ein grob fahrlässiges Verhalten des Beklagten nicht feststellen können. Dies gehe zu Lasten der beweispflichtigen Klägerin (BGHZ 145, 393, 400). Der Beklagte habe den Brandschaden aber leicht fahrlässig herbeigeführt und hafte deshalb nach § 823 Abs. 1 BGB auf Schadensersatz.
- 6
- Das Landgericht sei weiter mit Recht davon ausgegangen, nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei dem Gebäudeversicherungsvertrag im Wege der ergänzenden Auslegung ein Regressverzicht des Versicherers bei leicht fahrlässiger Schadensverursachung durch den Mieter zu entnehmen. Grundlage für die Annahme dieses Regressverzichts sei namentlich das Interesse eines Vermieters, das in der Regel auf längere Zeit angelegte Vertragsverhältnis zu seinem Mieter so weit wie möglich unbelastet zu lassen. Außerdem solle der Mieter nicht in seiner Erwartung getäuscht werden, bei Eintritt eines Brandschadens eines gegen Feuer versicherten Gebäudes nicht in Anspruch genommen zu werden. Diese Erwägungen träfen im Grundsatz auch auf den Streitfall zu. Zwar sei der Beklagte nicht Mieter der Versicherungsnehmerin. Er nutze die Wohnung vielmehr unentgeltlich und zahle lediglich eine Jahrespauschale zur Abgeltung von angefallenen Nebenkosten. Grundlage dieses Nutzungsverhältnisses sei ersichtlich sein persönliches Verhältnis zur Eigentümerin, deren weiterem Familienkreis er als Bruder ihrer Schwiegertochter angehöre. Ein solches Nutzungsverhältnis könne bei der Beurteilung der Frage eines Regressverzichts nicht anders beurteilt werden als ein Mietverhältnis. Auch dieses Nutzungsverhältnis sei auf Dauer angelegt. Es bestehe nach Angaben des Beklagten seit 1985 und über den Schadensfall hinaus bis heute. Auch hier sei davon auszugehen , dass der Eigentümerin an einem unbelasteten Verhältnis zum Beklagten gelegen sei, wobei dieses Interesse sich aus dem Wohnen im selben Haus und aus der familiären Beziehung zueinander ergebe. Zu- dem liege auch hier bei dem Nutzer der Wohnung die Vorstellung nahe, bei nur einfach fahrlässiger Beschädigung eines gegen Brand versicherten Gebäudes nicht in Regress genommen zu werden. Dass der Regress keinen Anspruch der Eigentümerin auf Zahlung von Miete oder Nutzungsentgelt gefährde, sei von untergeordneter Bedeutung.
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- Dem Landgericht sei aber nicht darin zu folgen, der Regress sei trotz den Schaden deckender Haftpflichtversicherung des Beklagten ausgeschlossen. Diese Frage sei durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs noch nicht abschließend geklärt. In einem solchen Fall sei für die Annahme eines Regressverzichts im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung kein Raum, weil der Mieter dieses Schutzes nicht bedürfe. Er laufe wirtschaftlich nicht Gefahr, den Schaden durch Einsatz eigener Geldmittel ausgleichen zu müssen. Eine ernstliche Belastung des Verhältnisses zwischen Eigentümer und Mieter/Nutzer sei nicht zu besorgen. Beide würden sich vielmehr mit dem Gedanken beruhigen, letztlich zahle alles "die Versicherung" und der Schadensfall werde sich deshalb für sie ohne Missstimmung abwickeln lassen.
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- B.DieserBeurteilung ist nicht in allen Punkten zuzustimmen. Die Klägerin kann beim Beklagten trotz bestehender Haftpflichtdeckung keinen Regress nehmen. Die Klage ist abzuweisen.
- 9
- I. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, grobe Fahrlässigkeit könne nicht festgestellt werden, der Beklagte habe aber leicht fahrlässig gehandelt, sind rechtsfehlerfrei und werden von den Parteien im Revisionsverfahren nicht beanstandet.
- 10
- II. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die für die Regressverzichtslösung im Senatsurteil vom 8. November 2000 aaO tragenden Gründe auch für das hier gegebene Nutzungsverhältnis zutreffen. Die von der Klägerin auch in der Revisionsinstanz erhobenen grundsätzlichen Bedenken gegen die Rechtsprechung zum Regressverzicht des Gebäudeversicherers greifen nicht durch.
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- Die 1. Frage, unter welchen Voraussetzungen und auf welchem rechtlichen Weg (mietvertraglicher Haftungsverzicht einerseits, Mitversicherung des Sachersatzinteresses in der Gebäudeversicherung oder Regressverzicht andererseits) der einen Schaden nur leicht fahrlässig verursachende Mieter gegen einen Regress des Gebäudeversicherers des Vermieters/Eigentümers zu schützen ist, wurde seit der Entscheidung des Reichsgerichts in RGZ 122, 292 in der Literatur immer wieder kontrovers diskutiert und durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in jeder Hinsicht überzeugend beantwortet (vgl. zur Entwicklung der Rechtsprechung und den unterschiedlichen Auffassungen in der Literatur Armbrüster, NJW 1997, 177; Günther, Der Regress des Sachversicherers 2. Aufl. S. 104 f.; Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 74 Rdn. 9; Bayer, Haftung, Versicherung und Regress bei Beschädigung des Vermietereigentums durch den Mieter, Festschrift für Egon Lorenz zum 70. Geburtstag, S. 129 ff.). Der Senat hat sich im Urteil vom 8. November 2000 (IV ZR 298/99 - BGHZ 145, 393 = VersR 2001, 94 m. Anm. Lorenz und Wolter) mit den verschiedenen Lösungsmöglichkeiten auseinandergesetzt und sich für eine versicherungsrechtliche Lösung entschieden. Danach ist der Gebäudeversicherungsvertrag, wenn nicht konkrete Anhaltspunkte für eine Mitversicherung des Sachersatzinteresse des Mieters vorliegen, dahin ergänzend auszulegen, dass ihm ein Regressverzicht des Versicherers für die Fälle zu entnehmen ist, in denen der Mieter einen Schaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat. Dieser Ansicht haben sich die für das Mietrecht zuständigen Senate des Bundesgerichtshofs angeschlossen (Urteile vom 14. Februar 2001 - VIII ZR 292/98 - VersR 2001, 856 unter 2 c und vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04 - VersR 2005, 498 unter 2 für die Wohnungsmiete; Beschluss vom 12. Dezember 2001 - XII ZR 153/99 - VersR 2002, 433 für die gewerbliche Miete). Diese nunmehr als gefestigt anzusehende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat bei den Instanzgerichten und überwiegend auch in der Literatur im Grundsatz Zustimmung gefunden (unter anderem OLG Dresden VersR 2003, 497 und 1391; OLG Köln VersR 2004, 593; OLG Düsseldorf VersR 2005, 71; OLG München VersR 2005, 500; OLG Naumburg VuR 2005, 471; Lorenz, VersR 2001, 96 ff.; Armbrüster, NVersZ 2001, 193, 195; Prölss, ZMR 2001, 157 f.; Römer, aaO; zur umstrittenen Bedeutung einer Haftpflichtversicherung des Mieters unten II. 3.). Die gegen die Annahme eines Regressverzichts gerichtete grundsätzliche Kritik (Wolter, VersR 2001, 98 ff.; Gaul/Pletsch, NVersZ 2001, 490, 495 ff.) überzeugt schon deshalb nicht, weil sie einseitig das Regressinteresse des Gebäudeversicherers in den Vordergrund stellt. Demgegenüber ermöglicht die im Grundsatz weitgehend akzeptierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine den Interessen aller Beteiligten angemessenere Lösung, die auch zu einer einfacheren und kostengünstigeren Schadensabwicklung führen kann. Deshalb und auch aus Gründen der Rechtssicherheit ist daran festzuhalten.
- 12
- 2. Das Berufungsgericht hat die Grundsätze zum Regressverzicht bei der Wohnungsmiete mit überzeugenden Ausführungen auf das hier gegebene Nutzungsverhältnis übertragen. Der Versicherungsnehmer, der aus familiären oder sonstigen persönlichen Gründen auf Entgelt für die Überlassung einer Wohnung verzichtet, hat im Vergleich zur Vermietung an fremde Personen ein eher stärkeres Interesse daran, sein Verhältnis zu dem Bewohner nicht durch einen Regress des Gebäudeversicherers zu belasten. Der Versicherungsnehmer würde mit Recht kein Verständnis dafür aufbringen, wenn seine Freigebigkeit gegenüber dem Bewohner dem Versicherer den Regress erst eröffnen würde. Demgegenüber ist es für den Versicherer - was er in der Regel auch nicht weiß - ohne jede Bedeutung, ob für die Gebrauchsüberlassung ein Entgelt gezahlt wird und wer die Prämie wirtschaftlich trägt.
- 13
- 3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist dem Gebäudeversicherer der Regress gegen den Mieter oder einen wie hier Nutzungsberechtigten auch dann verwehrt, wenn dieser haftpflichtversichert ist und abweichend von § 4 Nr. I 6 a der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) Deckungsschutz auch für Haftpflichtansprüche wegen Schäden an gemieteten Sachen hat.
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- Das a) ergibt sich bereits aus der Formulierung im Senatsurteil vom 8. November 2000, die allgemeine ergänzende Vertragsauslegung eines Regressverzichts für leichte Fahrlässigkeit könne nicht davon abhängen , ob der Mieter im Einzelfall eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen habe (BGHZ 145, 399). Unter Hinweis darauf hat der Senat durch Beschluss vom 16. Oktober 2002 (IV ZR 308/01) die Revision gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 31. Oktober 2001 (4 U 78/00) nicht angenommen, in dem dieses den Regress des Gebäudeversicherers gegen den Mieter trotz Deckungsschutzes in der Haftpflichtversicherung wegen Schäden an der Mietsache abgelehnt hatte. Aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. Februar 2001 (aaO) ergibt sich nichts anderes. Der VIII. Zivilsenat hat zum Einfluss der Haftpflichtversicherung auf den Regressverzicht keine abweichende Meinung vertreten, sondern sich den Erwägungen des IV. Zivilsenats im Urteil vom 8. November 2000 in vollem Umfang angeschlossen. Offen geblieben ist nur die Frage des Ausgleichs unter den Versicherern.
- 15
- b) Dennoch sind die Urteile des IV. und des VIII. Zivilsenats dahin verstanden worden, es sei noch nicht abschließend geklärt, ob dem Gebäudeversicherer der Regress auch dann verwehrt ist, wenn der schädigende Mieter eine Haftpflichtversicherung unterhält. In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der Literatur ist die Frage umstritten. Einige Oberlandesgerichte sind dem Bundesgerichtshof gefolgt (außer dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht die Oberlandesgerichte Dresden, VersR 2003, 497, Stuttgart, VersR 2004, 592, Hamm, VersR 2002, 1280, Nichtzulassungsbeschwerde durch Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2002 zurückgewiesen, IV ZR 361/02, München, VersR 2005, 500 und Urteil vom 16. Mai 2001, 3 U 6151/00 und Zweibrücken, Urteil vom 29. August 2001, 1 U 5/01). Das Berufungsgericht und das Oberlandesgericht Düsseldorf (VersR 2006, 541) meinen, die Frage sei höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt und dahin zu entscheiden, dass der Gebäudeversicherer den Mieter in Regress nehmen könne, wenn dieser eine den Schadensersatzanspruch deckende Haftpflichtversicherung habe. In diesem Fall bedürfe der Mieter keines Schutzes durch den Regressverzicht, weil er nicht Gefahr laufe, für den Schaden selbst aufkommen zu müssen. Eine ernsthafte Belastung des Mietverhältnisses sei nicht zu befürchten, weil der Vermieter und der Mieter annehmen dürften, die Auseinandersetzung über die Schadensregulierung werde faktisch zwischen den beiden Versicherern geführt. Mit entsprechenden Erwägungen ist die Literatur ganz überwiegend der Meinung, der Regressverzicht sei bei bestehendem Haftpflichtversicherungsschutz des Mieters subsidiär (Günther, aaO S. 111 ff. und VersR 2004, 595, 597; Breideneichen, VersR 2005, 501, 503 a.E.; Armbrüster, aaO S. 195 f. und ZMR 2001, 185, 186; Prölss, aaO S. 158 und ZMR 2004, 389, 391 f.; a.A. Bayer, aaO S. 144).
- 16
- Die c) an der Begründung des Senatsurteils vom 8. November 2000 geübte Kritik ist teilweise berechtigt. Der Umstand, dass bei Abschluss des Gebäudeversicherungsvertrages häufig noch unbekannt sei, ob der Mieter eine Haftpflichtversicherung habe, und dass viele Mieter keine hätten, stünde einer rechtlichen Konstruktion des Regressverzichts nur für den Fall der fehlenden Haftpflichtversicherungsdeckung grundsätzlich nicht entgegen. Richtig ist auch, dass der Risikoausschluss des § 4 Nr. I 6 a AHB überwiegend abbedungen wird, allerdings mit Einschränkungen (vgl. den Einschluss von Mietsachschäden in Nr. 4.2 des Mustertarifs 2000, abgedruckt bei Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. S. 1332, 1346 und Schwickert, VersR 2004, 174). Bei Mehrfamilienhäusern betrifft der Risikoausschluss im Übrigen nur den dem Mietgebrauch unterliegenden , nicht aber den übrigen Teil des Gebäudes (Littbarski, AHB § 4 Rdn. 206 f.; Späte, Haftpflichtversicherung § 4 AHB Rdn. 113).
- 17
- d) Diese Einwände gegen einzelne Punkte der Begründung sind jedoch nicht geeignet, das Ergebnis in Frage zu stellen. Der entscheidende Grund dafür, dass der Regressverzicht nicht vom Bestehen eines Haftpflichtversicherungsschutzes des Mieters abhängt, ergibt sich aus den Erwägungen, aus denen der Senat im Wege der ergänzenden Auslegung dem Gebäudeversicherungsvertrag überhaupt einen Regressverzicht entnommen hat.
- 18
- Der aa) Inhalt typischer Gebäudeversicherungsverträge wird im Wesentlichen durch Allgemeine Versicherungsbedingungen festgelegt. Die ergänzende Auslegung solcher Verträge hat nach einem objektivgeneralisierenden Maßstab zu erfolgen, der am Willen und Interesse der typischerweise beteiligten Verkehrskreise (und nicht nur der konkret beteiligten Parteien) ausgerichtet sein muss; die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein (BGHZ 164, 297, 317; Lorenz, aaO S. 97).
- 19
- bb) Da es um die ergänzende Auslegung des Versicherungsvertrages zwischen dem Versicherungsnehmer als Vermieter und dem Gebäudeversicherer geht, kommt es - wie dem Senatsurteil vom 8. November 2000 zu entnehmen ist - auf deren Interessen an und nicht unmittelbar auf die Interessen des Mieters (Prölss, ZMR 2001, 157, 158). Allerdings sind die Interessen des Mieters mittelbar einzubeziehen, soweit sie sich in einem auf dem Mietverhältnis beruhenden Interesse des Vermieters niederschlagen (vgl. Armbrüster, VersR 1994, 893, 895 f.; ders. Der Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachversicherung S. 113 ff.; Prölss, r+s 1997, 221, 223 und ZMR 2004, 389 f.).
- 20
- (1) Wie der Senat bereits im Urteil vom 8. November 2000 dargelegt hat, besteht ein für den Versicherer erkennbares Interesse des Vermieters daran, das in der Regel auf längere Zeit angelegte Vertragsverhältnis zu seinem Mieter so weit wie möglich unbelastet zu lassen (ebenso Armbrüster und Prölss, aaO). Bei einem Regress des Versicherers liegt eine ernsthafte Belastung des Mietverhältnisses aber auf der Hand. Denn Vermieter und Mieter müssten gegenläufige Positionen vertreten oder zumindest unterstützen. Denn den Vermieter trifft die Obliegenheit, seinen Gebäudeversicherer bei der Durchsetzung der Regressforderung zu unterstützen (vgl. u.a. § 13 Nr. 1 c und e AFB 87, § 15 Nr. 1 c VGB 99). Die Erfüllung dieser Obliegenheit führt notwendig zu einem Konflikt mit den Interessen des Mieters, der bemüht sein wird, den Regress des Versicherers abzuwehren. Dies gilt ebenso, wenn der Mieter haftpflichtversichert ist und dann seinerseits der Obliegenheit nachzukommen hat, den Haftpflichtversicherer bei der Abwehr des Schadens zu unterstützen (§ 5 Nr. 3 Satz 2 AHB).
- 21
- (2) Die Ansicht des Berufungsgerichts und des Oberlandesgerichts Düsseldorf und der überwiegenden Literatur, die Auseinandersetzung über die Schadensregulierung spiele sich dann faktisch zwischen den beiden Versicherern ab und führe zu keiner ernstlichen Belastung des Mietverhältnisses, weil Vermieter und Mieter beruhigt davon ausgehen könnten, letztlich zahle alles "die Versicherung", ist nur auf den ersten Blick einleuchtend. Sie unterstellt, dass alle Beteiligten sich der objektiven Rechtslage entsprechend vernünftig verhalten und nicht einseitig auf die Wahrnehmung ihrer jeweiligen Interessen bedacht sind. Es ist zwar grundsätzlich davon auszugehen, dass die Haftpflichtversicherer in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle bedingungsgemäß regulieren, also unberechtigte Haftpflichtansprüche abwehren und den Versicherungsnehmer von berechtigten Haftpflichtansprüchen freistellen. Die Gerichtspraxis zeigt aber, dass Haftpflichtversicherer in vielen Fällen den Deckungsschutz auch ablehnen, möglicherweise mit vertretbaren, im späteren Rechtsstreit aber nicht durchschlagenden Gründen. Unabhängig davon , ob die Deckungsablehnung berechtigt oder unberechtigt ist, müsste der Mieter einen Deckungsprozess gegen seinen Haftpflichtversicherer führen, selbst wenn er die Erfolgsaussichten nicht hoch einschätzt. Verzichtet er auf den Deckungsprozess, muss er befürchten, vom Gebäudeversicherer in Regress genommen zu werden mit der Begründung, er habe auf den Deckungsprozess nur deshalb verzichtet, um seinen Haftpflichtversicherer zu schonen. Ein vorgezogener Deckungsprozess ist überdies problematisch, wenn auch die Haftpflichtfrage streitig ist.
- 22
- Außerdem besteht die Gefahr, dass der Versicherungsnehmer den an sich gegebenen Deckungsschutz wegen Obliegenheitsverletzungen nach Eintritt des Versicherungsfalles verliert (§ 5 i.V. mit § 6 Nr. I AHB). Das kann, wie die Erfahrung des Senats belegt, leicht vorkommen, insbesondere deshalb, weil der Versicherungsnehmer die Beweislast dafür trägt, dass er die Obliegenheit nicht vorsätzlich und nicht grob fahrlässig verletzt hat und bei grob fahrlässiger Verletzung der Obliegenheit den Kausalitätsgegenbeweis führen muss. Die Gefahr der Obliegenheitsverletzung in Gestalt der unterlassenen Anzeige des Versicherungsfalles ist hier überdies besonders groß, weil der Versicherungsnehmer, insbesondere als versicherungsrechtlicher Laie, annehmen kann, der Schaden sei durch die Gebäudeversicherung gedeckt, und mit einem Rückgriff des Gebäudeversicherers nicht rechnet. Zudem ist anzunehmen, dass der Gebäudeversicherer den Mieter stets in Regress nehmen wird, wenn er weiß, dass dieser haftpflichtversichert ist. Er wird, um Rechtsnachteile zu vermeiden, vorsorglich gegen den Mieter vorgehen, auch wenn dieser wegen Deckungsablehnung einen Prozess gegen seinen Haftpflichtversicherer führt. Denn er muss den Fall bedenken, dass der Mieter letztlich doch Anspruch auf Deckungsschutz hat, auch wenn sich dies erst nach einem längeren Rechtsstreit herausstellt. Wartet der Gebäudeversicherer aber so lange ab, kann es sein, dass seine Regressforderung verjährt ist oder ihrer Durchsetzung Beweisschwierigkeiten entgegenstehen. Es besteht also die Gefahr, dass der haftpflichtversicherte Mieter bei Deckungsablehnung seines Versicherers zwischen zwei Fronten gerät. Er muss gegen seinen Haftpflichtversicherer vorgehen und ohne dessen Unterstützung den Anspruch des Gebäudeversicherers abwehren. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Deckungspflicht hat er mit Vollstreckungsmaßnahmen zu rechnen, wenn der Gebäudeversicherer vorher ein stattgebendes Urteil im Rückgriffsprozess erstreitet. Für den Mieter kann sogar der Fall eintreten, dass er letztlich den Prozess gegen seinen Haftpflichtversicherer verliert und den Prozess gegen den Gebäudeversicherer. Er wäre also, anders als der nicht haftpflichtversicherte Mieter, der Gefahr ausgesetzt, dass letztlich kein Versicherer den Schaden zu tragen hat, sondern er selbst. Die Streitverkündung an den Haftpflichtversicherer im Regressprozess ist ebenso wenig wie die ohnehin gegebene Bindungswirkung des Haftpflichturteils geeignet, alle streitigen Deckungsfragen im Haftpflichtversicherungsverhältnis abschließend zu klären. Das ist nur bei Voraussetzungsidentität der Fall (Senatsurteil vom 18. Februar 2004 - IV ZR 126/02 - VersR 2004, 590 unter III 1 m.w.N.). Der Regressverzicht des Gebäudeversicherers, der dem nicht haftpflichtversicherten Mieter zugute kommt, könnte deshalb beim haftpflichtversicherten Mieter unterlaufen werden. Das wiederum hätte Auswirkungen auf die Zahlungsfähigkeit des Mieters. Bei einer Deckungsablehnung des Haftpflichtversicherers wäre die Belastung des Mietverhältnisses deshalb nicht geringer, sondern eher stärker als dann, wenn der Mieter keine Haftpflichtversicherung hätte. Der haftpflichtversicherte Mieter stünde dann im Ergebnis schlechter als der nicht haftpflichtversicherte. Das aber läge nicht im Interesse des Vermieters, für den eine Haftpflichtversicherung des Mieters wegen von der Gebäudeversicherung nicht gedeckter Schäden dennoch vorteilhaft sein kann.
- 23
- (3) Abgesehen davon darf der Mieter, der die Versicherungsprämie der Gebäudeversicherung des Vermieters finanziert, im Verhältnis zum Vermieter die berechtigte Erwartung haben, dass ihm seine Aufwendungen im Schadensfall in irgendeiner Weise zugute kommen (vgl. BGH, Urteil vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04 - VersR 2005, 498 unter 2 und 3 vor a). Dabei ist es unerheblich, ob die Versicherungsprämie offen umgelegt oder in die Miete einkalkuliert worden ist (ebenso Armbrüster, ZMR 2001, 185 und r+s 1998, 221, 223; Prölss, ZMR 2001, 157; Gaul/Pletsch, NVersZ 2001, 490, 492). Bei einem typischen Mietvertrag über Wohnräume, aber auch über Gewerberäume liegt es auf der Hand, dass die Betriebskosten letztlich vom Mieter getragen werden, entweder offen ausgewiesen oder verdeckt. Jeder wirtschaftlich denkende Vermieter muss jedenfalls die Betriebskosten erwirtschaften. Der Mieter, der im Ergebnis die Prämie (mit-)trägt, darf also berechtigterweise vom Vermieter erwarten, hierfür eine Art Gegenleistung zu erhalten, die darin besteht , dass er in gewisser Weise geschützt ist, wenn er leicht fahrlässig einen Schaden verursacht. Die Erfüllung dieser berechtigten Erwartung des Mieters liegt aber auch im Interesse des Vermieters, weil anderenfalls das Vertragsverhältnis auch insoweit belastet werden kann.
- 24
- (4) Zusammengefasst geht das Interesse des Vermieters letztlich dahin, dass der Schadensfall, auch wenn einiges in den beiden Versicherungsverhältnissen und im Mietverhältnis in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht streitig sein sollte, ausschließlich auf der Ebene der beiden Versicherer geregelt wird. Nur dann ist der Zustand erreicht, den das Berufungsgericht und das Oberlandesgericht Düsseldorf sowie die überwiegende Auffassung in der Literatur als gegeben voraussetzen.
- 25
- (5) Dem Regressverzicht trotz Bestehens einer Haftpflichtversicherung des Mieters stehen berechtigte Interessen des Versicherers nicht entgegen, wie der Senat bereits im Urteil vom 8. November 2000 ausgeführt hat. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Gebäudeversicherer ein konkretes Risiko versichert, für das er eine bestimmte Prämie erhält. Welches Risiko er versichern will, ist seine Sache, er kann sich vorher darüber informieren. Er kann sich Aufklärung darüber verschaffen, ob Gebäude oder Wohnungen vermietet sind. Häufig wird sich das schon von selbst ergeben, beispielsweise bei Mehrfamilienhäusern und großen Mietshäusern. Bei einem Einfamilienhaus kann der Versicherer danach fragen, ob es vermietet ist oder nicht. Der Versicherer ist also in der Lage , eine risikogerechte Prämie zu verlangen. In diese kann er eventuelle Regressausfälle wegen des Regressverzichts einerseits und eventuelle Ausgleichserlöse nach § 59 VVG andererseits einkalkulieren.
- 26
- Wie e) der Senat durch Urteil vom 13. September 2006 (IV ZR 273/05) entschieden hat, steht dem Gebäudeversicherer gegen den Haft- Haftpflichtversicherer des Mieters in analoger Anwendung von § 59 Abs. 2 Satz 1 VVG ein Ausgleichsanspruch zu.
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 25.06.2003 - 1 O 6/03 -
OLG Köln, Entscheidung vom 23.12.2003 - 22 U 146/03 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Klägerin Die macht in ihrer Eigenschaft als Hausratversicherer Rückgriffsansprüche gegen die Beklagte wegen eines Brandschadens geltend. Der Versicherungsnehmer der Klägerin ist Eigentümer eines Zweifamilienhauses, in dem er das Erdgeschoß bewohnt. Das Dachgeschoss hatte er an den Ehemann der Beklagten vermietet, das beide mit ihren damals fünf und zehn Jahre alten Kindern bewohnten. Am 29. Mai 2001 brach im hinteren Teil des Balkons des Dachgeschosses Feuer aus. Das Dachgeschoss brannte aus. Durch Rauch und Ruß sowie durch Löschwasser wurde der Hausrat des Versicherungsnehmers erheblich beschädigt. Die Klägerin entschädigte ihn auf Basis des Neuwerts mit 42.481,51 €.
- 2
- Sie nimmt die Beklagte aus nach § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG übergegangenem Recht auf Ersatz des Zeitwerts von 10.484,92 € in Anspruch. Sie behauptet, die Beklagte habe den Brand grob fahrlässig herbeigeführt , entweder durch unvorsichtiges Zigarettenrauchen oder mangelnde Beaufsichtigung ihrer zündelnden Kinder. Der von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angenommene Regressverzicht (BGHZ 145, 393) könne, falls die Beklagte nur leicht fahrlässig gehandelt habe, gegenüber dem Hausratversicherer des Vermieters nicht eingreifen.
- 3
- Die Beklagte bestreitet eine Schadensverursachung durch sie oder ihre Kinder und beruft sich auf einen Regressverzicht.
- 4
- Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 6
- 1. Das Oberlandesgericht (VersR 2004, 592) entnimmt dem Hausratversicherungsvertrag einen Regressverzicht für den Fall leicht fahrlässiger Brandverursachung durch den Wohnungsmieter und die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebende Beklagte. Die Interessenlage, die der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in BGHZ 145, 393 zum Regressverzicht des Gebäudeversicherers zugrunde liege, gelte gleichermaßen für einen Hausratversicherungsvertrag, durch den der Hausrat des im selben Hause wohnenden Vermieters versichert sei. Im Schadensfall wäre die Vertragsbeziehung zu dem Mieter schon dadurch erheblich belastet , dass den Vermieter als Versicherungsnehmer die Obliegenheit treffe, den Versicherer bei der Durchsetzung seiner Regressforderung zu unterstützen. Des weiteren würde das Mietverhältnis dadurch belastet, dass sich der Mieter in seiner Erwartung getäuscht sehe, bei dem Brand des gegen Feuer versicherten Gebäudes, bei dem der ebenso versicherte Hausrat des Vermieters beschädigt werde, nicht in Anspruch genommen zu werden. Eine Differenzierung zwischen Gebäudeversicherung und Hausratversicherung ergebe sich dabei für den Mieter nicht. Für ihn wäre es nicht einsichtig, wenn der Hausratversicherer Regress nehmen könnte, während dies dem Gebäudeversicherer versagt sei. Für den versicherungsrechtlichen Laien erscheine es oft unverständlich, wenn er für einen nur leicht fahrlässig verursachten Brand einzustehen habe, obwohl eine Versicherung bestehe. Außerdem habe der Vermieter kein Interesse an der Belastung mit Regressforderungen, da sich dies auf die Mietzahlungen auswirken könne. Dem Umstand, dass der Mieter die Hausratversicherungsprämie nicht trage, komme keine entscheidende Bedeutung zu.
- 7
- Der 2. Ansicht des Berufungsgerichts ist nicht zu folgen. Es ist schon vom Ansatz her verfehlt, die Grundsätze zum Regressverzicht des Gebäudeversicherers auf die Hausratversicherung zu übertragen, wie Günther in der Anmerkung zum Berufungsurteil überzeugend dargelegt hat (VersR 2004, 595 f.). Der von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angenommene Regressverzicht bei leicht fahrlässig verursachten Schäden am Gebäude (BGHZ 145, 393, 398 ff.; Urteile vom 14. Februar 2001 - VIII ZR 292/98 - VersR 2001, 856 unter 2 b und c und vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04 - VersR 2005, 498 unter 2; Beschluss vom 12. Dezember 2001 - XII ZR 153/99 - VersR 2002, 433) setzt voraus, dass dem Schädiger das Gebäude oder Räume des Gebäudes im Rahmen eines Mietverhältnisses oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses zum Gebrauch überlassen worden sind, wobei sich der Regressverzicht auf Schäden am versicherten Gebäude insgesamt erstreckt. Dadurch wird der dem Gebäudeversicherer durch § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG an sich eröffnete Rückgriff beschränkt. Es ist nicht gerechtfertigt , diese Beschränkung durch Verselbständigung des Gesichtspunkts , eine Belastung des Mietverhältnisses sei zu vermeiden, auf die Hausratversicherung des im selben Hause wohnenden Vermieters auszudehnen. Vertragliche Beziehungen in Gestalt eines Gebrauchsrechts und von Obhutspflichten bestehen nur hinsichtlich des Gebäudes, nicht aber hinsichtlich des Hausrats des Vermieters. Da der Mieter in keiner Weise die Prämie für die Hausratversicherung zu tragen hat, wird weder er noch der Vermieter auf den Gedanken kommen, der Vermieter sei irgendwie gehalten, den Mieter vor einem Regress des Hausratversicherers zu bewahren. Würde man der Ansicht des Berufungsgerichts folgen, müsste, um eine Belastung des Mietverhältnisses zu vermeiden, etwa auch dem Kraftfahrzeug-Kaskoversicherer und dem Krankheitskostenversicherer des Vermieters ein Regressverzicht zugemutet werden, wenn der Mieter das Kraftfahrzeug des Vermieters beschädigt oder den Vermieter verletzt. Gleiches müsste umgekehrt für die entsprechenden Versicherer des Mieters gelten, weil deren Rückgriff auf den Vermieter ebenfalls zu einer Belastung des Mietverhältnisses führen würde. Deshalb ist auch die dem Berufungsgericht teilweise zustimmende Ansicht von Prölss (ZMR 2004, 389, 390 f.) abzulehnen.
- 8
- Der 3. Regress ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil es wegen eines stillschweigenden mietvertraglichen Haftungsverzichts wegen leicht fahrlässiger Schadensverursachung (vgl. BGHZ 131, 288) an einem nach § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG übergegangenen Anspruch fehlt. Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine generelle mietvertragliche Haftungsbegrenzung auf vorsätzliche oder grob fahrlässige Schadensverursachung nicht mehr anzunehmen (Urteil vom 3. November 2004 aaO). Davon abgesehen betraf die frühere Rechtsprechung zum Haftungsverzicht bei der Überlassung von Gebäuderäumen ebenfalls nur den Regress des Gebäudeversicherers. Die vor Einführung von § 15 Abs. 2 AKB zur Kaskoversicherung ergangene Entscheidung (BGHZ 22, 109) hat eine Haftungsbeschränkung angenommen , weil das Kraftfahrzeug gemietet war und der Mieter die Zahlung der Prämie übernommen hatte.
- 9
- 4. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil Grund und Höhe des Anspruchs streitig sind.
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Ulm, Entscheidung vom 21.08.2003 - 6 O 107/03 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 30.12.2003 - 7 U 165/03 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt in ihrer Eigenschaft als Feuerversicherer die Beklagte aus nach § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG übergegangenem und abgetretenem Recht auf Ersatz wegen eines Brandschadens in Anspruch.
- 2
- Die Versicherungsnehmerin hat das von ihr betriebene Einkaufszentrum in G. bei der Klägerin gegen Feuer versichert. Das Einkaufszentrum ist an verschiedene Einzelhandelsunternehmen vermietet, unter anderem an die Beklagte, die dort einen Verbrauchermarkt unterhält. Am 20. August 1999 kam es zu einem Großbrand, durch den das Einkaufszentrum zerstört wurde. Der Brandherd befand sich auf der Laderampe des Verbrauchermarktes der Beklagten. Deren Mitarbeiterinnen hatten zwischen 13.30 Uhr und 13.45 Uhr mehrere Holzpaletten mit Pappkartons und anderem Verpackungsmaterial auf die Laderampe gestellt , weil ein ab 14.00 Uhr erwarteter, aber erst gegen 16.00 Uhr eingetroffener Lastwagen mit Lieferungen das Verpackungsmaterial mitnehmen sollte. Dieses geriet in Brand, nachdem ein 15 Jahre alter Jugendlicher , der mit zwei Freunden auf der Laderampe geraucht hatte, seine noch glimmende Zigarette in einen Karton geworfen hatte. Das Feuer griff, vom Wind begünstigt, auf das hölzerne Dach der Laderampe und sodann auf das gesamte Gebäude über. Um 14.17 Uhr ging die Brandmeldung bei der Feuerwehr ein.
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- Die Klägerin hat an ihre Versicherungsnehmerin auf den Gebäudeschaden 4,2 Mio. DM gezahlt, auf den Mietausfallschaden betreffend die anderen Mieter 510.228 DM und für nicht gezahlten Mietzins der Beklagten 180.826,80 DM. Sie nimmt bei der Beklagten Rückgriff wegen des Zeitwertschadens des Gebäudes in Höhe von 3.846.927 DM, vermindert um 1,2 Mio. DM aufgrund des Regressverzichts gemäß Abkommen der Feuerversicherer, und des Mietausfalls in Höhe von 510.228 DM. Aus abgetretenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin verfolgt sie außerdem den Mietzinsanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 180.826,80 DM.
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- Klägerin Die meint, die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Regressverzicht des Gebäudeversicherers bei leicht fahrlässiger Schadensverursachung durch den Mieter stehe den geltend gemachten Ansprüchen nicht entgegen. Ein solcher Regressverzicht scheide hier schon deshalb aus, weil sich aus dem Gebäudeversicherungsvertrag ergebe, dass ein über das Regressverzichtsabkommen der Feuerversicherer hinausgehender Regressverzicht zugunsten der Beklagten ausgeschlossen sei. Im Übrigen sei diese Rechtsprechung auf die Ge- werberaummiete nicht anwendbar, jedenfalls dann nicht, wenn der Mieter - wie hier die Beklagte - wegen Mietsachschäden haftpflichtversichert sei. Auf den Mietausfallschaden erstrecke sich der Regressverzicht nicht. Schließlich sei der Regress deshalb nicht ausgeschlossen, weil der Beklagten ein grob fahrlässiges Verhalten anzulasten sei. Auf dem Gelände des Einkaufszentrums hätten sich viele Kinder und Jugendliche aufgehalten, die in der Vergangenheit schon Verpackungsmaterial angezündet hätten. Dies sei den Mitarbeitern der Beklagten bekannt gewesen. Die Beklagte habe deshalb dafür sorgen müssen, dass Verpackungsmaterial nicht unbeaufsichtigt und nicht in der Nähe des Gebäudes abgestellt werde. Die Beklagte müsse sich auch das grob fahrlässige Verhalten des Brandstifters zurechnen lassen, weil er deren Kunde gewesen sei.
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- Die Beklagte beruft sich auf die Rechtsprechung zum Regressverzicht des Gebäudeversicherers und zudem auf einen mietvertraglichen Haftungsverzicht bei leichter Fahrlässigkeit. Davon abgesehen sei ihr nicht einmal eine leicht fahrlässige Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht vorzuwerfen. Der Brand sei bereits wenige Minuten nach dem Abstellen des Verpackungsmaterials entstanden. Ihr sei nicht bekannt gewesen, dass früher Verpackungsmaterial angezündet worden sei. Das nur kurzzeitige Abstellen könne deshalb nicht als sorgfaltspflichtwidrig angesehen werden.
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- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte verurteilt, die von ihr für die Zeit von August 1999 bis August 2000 nicht gezahlte Miete in Höhe von 92.455,27 € zu zahlen, und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin die abgewiesenen Ansprüche weiter.
Entscheidungsgründe:
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- A. Revisionsbeklagte war von vornherein allein die L. GmbH & Co. KG. Die Klägerin hat zwar in der Revisionsschrift auch die in erster Instanz zunächst verklagte L. Stiftung & Co. KG als Revisionsbeklagte bezeichnet. Dies beruhte aber auf einem für den Senat und die Beklagtenseite von Anfang an erkennbaren offensichtlichen Versehen. Aus dem mit der Revisionsschrift vorgelegten Berufungsurteil ergab sich zweifelsfrei , dass die darin als frühere Beklagte bezeichnete L. Stiftung & Co. KG bereits in erster Instanz aus dem Rechtsstreit ausgeschieden und im Berufungsverfahren allein die L. GmbH & Co. KG als "jetzige Beklagte" beteiligt war. Es gab deshalb keinen Grund anzunehmen, die Revision solle sich auch gegen die L. Stiftung & Co. KG richten, der der Verfahrensablauf bekannt war.
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- B. Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.
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- I. Das Oberlandesgericht (VersR 2003, 497) lastet der Beklagten ein leicht fahrlässiges Organisationsverschulden an. Sie habe durch präzisere Anweisungen an ihre Mitarbeiter dafür sorgen müssen, dass größere Mengen leicht brennbaren Verpackungsmaterials nicht für eine nicht überschaubare Zeitdauer in unmittelbarer Nähe zum Gebäude ge- lagert werden. Der Zeitpunkt des Eintreffens des Lastwagens habe unstreitig nicht genau vorhergesagt werden können. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, das Verpackungsmaterial sei bis zur Brandentstehung nur etwa eine Viertelstunde und damit in erlaubter Weise unbeaufsichtigt abgestellt gewesen. Möglicherweise wäre das Abstellen eine Viertelstunde vor dem tatsächlichen Eintreffen des Lastwagens nicht pflichtwidrig gewesen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Zurechnungszusammenhangs sei aber der Eintritt der konkreten kritischen Lage, die unmittelbar zum Schaden führe. Dies sei der Zeitpunkt des Herausstellens des Materials. Das Organisationsverschulden der Beklagten sei aber nicht grob fahrlässig gewesen. Sie habe mit der Anweisung , das Material erst kurz vor dem Eintreffen des Lastwagens herauszustellen , die Möglichkeit berücksichtigt, dass damit Missbrauch getrieben werden könne, und deshalb die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht in besonders schwerem Maße verletzt. Insoweit könne es nicht darauf ankommen, ob aufgrund früherer Geschehnisse Vorsorge zu treffen gewesen wäre. Das Personal der Beklagten habe sich nicht grob fahrlässig verhalten. Das Verhalten des Brandstifters sei ihr nicht zuzurechnen.
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- Klägerin Der sei der Rückgriff aber nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 145, 393) zum Regressverzicht des Gebäudeversicherers bei leicht fahrlässiger Schadensverursachung durch den Mieter verwehrt. Die im Versicherungsvertrag enthaltenen Bestimmungen über das Regressverzichtsabkommen der Feuerversicherer stünden dem nicht entgegen. Ihnen lasse sich nicht entnehmen, dass auf einen Regress im Übrigen nicht verzichtet werde. Das Regressverzichtsabkommen regele nur den Regress gegen den Versicherungsnehmer sowie seine Repräsentanten und andere ihm nahe stehende Personen. Regressansprüche gegen Mieter seien nicht Gegenstand des Abkommens. Damit sei im Gebäudeversicherungsvertrag nur ein Teil der Regressproblematik geregelt. Die spätere Abtretung der Ersatzansprüche der Versicherungsnehmerin an die Klägerin erlaube keine hinreichenden Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen bei Abschluss des Vertrages.
- 11
- Die Rechtsprechung zum Regressverzicht sei auch auf gewerbliche Mietverhältnisse anzuwenden. Der Regressverzicht umfasse den durch die Gebäudeversicherung gedeckten Mietausfall.
- 12
- Die Beklagte sei zwar haftpflichtversichert, weil die Subsidiaritätsklausel in ihrem Haftpflichtversicherungsvertrag nach § 9 AGBG unwirksam sei. Der Regressverzicht gelte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber auch, wenn der Mieter gegen die Inanspruchnahme haftpflichtversichert sei.
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- II. Das Berufungsgericht hat richtig entschieden. Die Klägerin kann bei der Beklagten wegen des Gebäudeschadens und des Mietausfalls keinen Regress nehmen.
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- Die 1. Frage, unter welchen Voraussetzungen und auf welchem rechtlichen Weg (mietvertraglicher Haftungsverzicht einerseits, Mitversicherung des Sachersatzinteresses in der Gebäudeversicherung oder Regressverzicht andererseits) der einen Schaden nur leicht fahrlässig verursachende Mieter gegen einen Regress des Gebäudeversicherers des Vermieters/Eigentümers zu schützen ist, wurde seit der Entscheidung des Reichsgerichts in RGZ 122, 292 in der Literatur immer wieder kontrovers diskutiert und durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in jeder Hinsicht überzeugend beantwortet (vgl. zur Entwicklung der Rechtsprechung und den unterschiedlichen Auffassungen in der Literatur Armbrüster, NJW 1997, 177; Günther, Der Regress des Sachversicherers 2. Aufl. S. 104 f.; Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 74 Rdn. 9; Bayer, Haftung, Versicherung und Regress bei Beschädigung des Vermietereigentums durch den Mieter, Festschrift für Egon Lorenz zum 70. Geburtstag, S. 129 ff.). Der Senat hat sich im Urteil vom 8. November 2000 (IV ZR 298/99 - BGHZ 145, 393 = VersR 2001, 94 m. Anm. Lorenz und Wolter) mit den verschiedenen Lösungsmöglichkeiten auseinandergesetzt und sich für eine versicherungsrechtliche Lösung entschieden. Danach ist der Gebäudeversicherungsvertrag, wenn nicht konkrete Anhaltspunkte für eine Mitversicherung des Sachersatzinteresse des Mieters vorliegen, dahin ergänzend auszulegen, dass ihm ein Regressverzicht des Versicherers für die Fälle zu entnehmen ist, in denen der Mieter einen Schaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat. Dieser Ansicht haben sich die für das Mietrecht zuständigen Senate des Bundesgerichtshofs angeschlossen (Urteile vom 14. Februar 2001 - VIII ZR 292/98 - VersR 2001, 856 unter 2 c und vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04 - VersR 2005, 498 unter 2 für die Wohnungsmiete; Beschluss vom 12. Dezember 2001 - XII ZR 153/99 - VersR 2002, 433 für die gewerbliche Miete). Diese nunmehr als gefestigt anzusehende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat bei den Instanzgerichten und überwiegend auch in der Literatur im Grundsatz Zustimmung gefunden (unter anderem OLG Dresden VersR 2003, 497 und 1391; OLG Köln VersR 2004, 593; OLG Düsseldorf VersR 2005, 71; OLG München VersR 2005, 500; OLG Naumburg VuR 2005, 471; Lorenz, VersR 2001, 96 ff.; Armbrüster, NVersZ 2001, 193, 195; Prölss, ZMR 2001, 157 f.; Römer, aaO; zur umstrittenen Bedeutung einer Haftpflichtversicherung des Mieters unten II. 1. b)). Die gegen die Annahme eines Regressverzichts gerichtete grundsätzliche Kritik (Wolter, VersR 2001, 98 ff.; Gaul/Pletsch, NVersZ 2001, 490, 495 ff.) überzeugt schon deshalb nicht, weil sie einseitig das Regressinteresse des Gebäudeversicherers in den Vordergrund stellt. Demgegenüber ermöglicht die im Grundsatz weitgehend akzeptierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine den Interessen aller Beteiligten angemessenere Lösung, die auch zu einer einfacheren und kostengünstigeren Schadensabwicklung führen kann. Deshalb und auch aus Gründen der Rechtssicherheit ist daran festzuhalten.
- 15
- Dem 2. Gebäudeversicherer ist der Regress gegen den Mieter auch dann verwehrt, wenn dieser haftpflichtversichert ist und abweichend von § 4 Nr. I 6 a der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) Deckungsschutz auch für Haftpflichtansprüche wegen Schäden an gemieteten Sachen hat.
- 16
- Das a) ergibt sich bereits aus der Formulierung im Senatsurteil vom 8. November 2000, die allgemeine ergänzende Vertragsauslegung eines Regressverzichts für leichte Fahrlässigkeit könne nicht davon abhängen , ob der Mieter im Einzelfall eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen habe (BGHZ 145, 399). Unter Hinweis darauf hat der Senat durch Beschluss vom 16. Oktober 2002 (IV ZR 308/01) die Revision gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 31. Oktober 2001 (4 U 78/00) nicht angenommen, in dem dieses den Regress des Gebäudeversicherers gegen den Mieter trotz Deckungsschut- zes in der Haftpflichtversicherung wegen Schäden an der Mietsache abgelehnt hatte. Aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. Februar 2001 (aaO) ergibt sich nichts anderes. Der VIII. Zivilsenat hat zum Einfluss der Haftpflichtversicherung auf den Regressverzicht keine abweichende Meinung vertreten, sondern sich den Erwägungen des IV. Zivilsenats im Urteil vom 8. November 2000 in vollem Umfang angeschlossen. Offen geblieben ist nur die Frage des Ausgleichs unter den Versicherern.
- 17
- b) Dennoch sind die Urteile des IV. und des VIII. Zivilsenats dahin verstanden worden, es sei noch nicht abschließend geklärt, ob dem Gebäudeversicherer der Regress auch dann verwehrt ist, wenn der schädigende Mieter eine Haftpflichtversicherung unterhält. In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der Literatur ist die Frage umstritten. Einige Oberlandesgerichte sind dem Bundesgerichtshof gefolgt (außer dem Berufungsgericht und dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht die Oberlandesgerichte Stuttgart, VersR 2004, 592, Hamm, VersR 2002, 1280, Nichtzulassungsbeschwerde durch Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2002 zurückgewiesen, IV ZR 361/02, München, VersR 2005, 500 und Urteil vom 16. Mai 2001, 3 U 6151/00 und Zweibrücken, Urteil vom 29. August 2001, 1 U 5/01). Die Oberlandesgerichte Köln (VersR 2004, 593) und Düsseldorf (VersR 2006, 541) meinen, die Frage sei höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt und dahin zu entscheiden, dass der Gebäudeversicherer den Mieter in Regress nehmen könne, wenn dieser eine den Schadensersatzanspruch deckende Haftpflichtversicherung habe. In diesem Fall bedürfe der Mieter keines Schutzes durch den Regressverzicht, weil er nicht Gefahr laufe, für den Schaden selbst aufkommen zu müssen. Eine ernsthafte Belastung des Mietverhältnisses sei nicht zu befürchten, weil der Vermieter und der Mieter annehmen dürften, die Auseinandersetzung über die Schadensregulierung werde faktisch zwischen den beiden Versicherern geführt. Mit entsprechenden Erwägungen ist die Literatur ganz überwiegend der Meinung, der Regressverzicht sei bei bestehendem Haftpflichtversicherungsschutz des Mieters subsidiär (Günther, aaO S. 111 ff. und VersR 2004, 595, 597; Breideneichen, VersR 2005, 501, 503 a.E.; Armbrüster, aaO S. 195 f. und ZMR 2001, 185, 186; Prölss, aaO S. 158 und ZMR 2004, 389, 391 f.; a.A. Bayer, aaO S. 144).
- 18
- Die c) an der Begründung des Senatsurteils vom 8. November 2000 geübte Kritik ist teilweise berechtigt. Der Umstand, dass bei Abschluss des Gebäudeversicherungsvertrages häufig noch unbekannt sei, ob der Mieter eine Haftpflichtversicherung habe, und dass viele Mieter keine hätten, stünde einer rechtlichen Konstruktion des Regressverzichts nur für den Fall der fehlenden Haftpflichtversicherungsdeckung grundsätzlich nicht entgegen. Richtig ist auch, dass der Risikoausschluss des § 4 Nr. I 6 a AHB überwiegend abbedungen wird, allerdings mit Einschränkungen (vgl. den Einschluss von Mietsachschäden in Nr. 4.2 des Mustertarifs 2000, abgedruckt bei Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. S. 1332, 1346 und Schwickert, VersR 2004, 174). Bei Mehrfamilienhäusern betrifft der Risikoausschluss im Übrigen nur den dem Mietgebrauch unterliegenden , nicht aber den übrigen Teil des Gebäudes (Littbarski, AHB § 4 Rdn. 206 f.; Späte, Haftpflichtversicherung § 4 AHB Rdn. 113).
- 19
- d) Diese Einwände gegen einzelne Punkte der Begründung sind jedoch nicht geeignet, das Ergebnis in Frage zu stellen. Der entscheidende Grund dafür, dass der Regressverzicht nicht vom Bestehen eines Haftpflichtversicherungsschutzes des Mieters abhängt, ergibt sich aus den Erwägungen, aus denen der Senat im Wege der ergänzenden Auslegung dem Gebäudeversicherungsvertrag überhaupt einen Regressverzicht entnommen hat.
- 20
- Der aa) Inhalt typischer Gebäudeversicherungsverträge wird im Wesentlichen durch Allgemeine Versicherungsbedingungen festgelegt. Die ergänzende Auslegung solcher Verträge hat nach einem objektivgeneralisierenden Maßstab zu erfolgen, der am Willen und Interesse der typischerweise beteiligten Verkehrskreise (und nicht nur der konkret beteiligten Parteien) ausgerichtet sein muss; die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein (BGHZ 164, 297, 317; Lorenz, aaO S. 97).
- 21
- bb) Da es um die ergänzende Auslegung des Versicherungsvertrages zwischen dem Versicherungsnehmer als Vermieter und dem Gebäudeversicherer geht, kommt es - wie dem Senatsurteil vom 8. November 2000 zu entnehmen ist - auf deren Interessen an und nicht unmittelbar auf die Interessen des Mieters (Prölss, ZMR 2001, 157, 158). Allerdings sind die Interessen des Mieters mittelbar einzubeziehen, soweit sie sich in einem auf dem Mietverhältnis beruhenden Interesse des Vermieters niederschlagen (vgl. Armbrüster, VersR 1994, 893, 895 f.; ders. Der Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachversicherung S. 113 ff.; Prölss, r+s 1997, 221, 223 und ZMR 2004, 389 f.).
- 22
- (1) Wie der Senat bereits im Urteil vom 8. November 2000 dargelegt hat, besteht ein für den Versicherer erkennbares Interesse des Ver- mieters daran, das in der Regel auf längere Zeit angelegte Vertragsverhältnis zu seinem Mieter so weit wie möglich unbelastet zu lassen (ebenso Armbrüster und Prölss, aaO). Bei einem Regress des Versicherers liegt eine ernsthafte Belastung des Mietverhältnisses aber auf der Hand. Denn Vermieter und Mieter müssten gegenläufige Positionen vertreten oder zumindest unterstützen. Den Vermieter trifft die Obliegenheit, seinen Gebäudeversicherer bei der Durchsetzung der Regressforderung zu unterstützen (vgl. u.a. § 13 Nr. 1 c und e AFB 87, § 15 Nr. 1 c VGB 99). Die Erfüllung dieser Obliegenheit führt notwendig zu einem Konflikt mit den Interessen des Mieters, der bemüht sein wird, den Regress des Versicherers abzuwehren. Dies gilt ebenso, wenn der Mieter haftpflichtversichert ist und dann seinerseits der Obliegenheit nachzukommen hat, den Haftpflichtversicherer bei der Abwehr des Schadens zu unterstützen (§ 5 Nr. 3 Satz 2 AHB).
- 23
- (2) Die Ansicht der Oberlandesgerichte Köln und Düsseldorf und der überwiegenden Literatur, die Auseinandersetzung über die Schadensregulierung spiele sich dann faktisch zwischen den beiden Versicherern ab und führe zu keiner ernstlichen Belastung des Mietverhältnisses, weil Vermieter und Mieter beruhigt davon ausgehen könnten, letztlich zahle alles "die Versicherung", ist nur auf den ersten Blick einleuchtend. Sie unterstellt, dass alle Beteiligten sich der objektiven Rechtslage entsprechend vernünftig verhalten und nicht einseitig auf die Wahrnehmung ihrer jeweiligen Interessen bedacht sind. Es ist zwar grundsätzlich davon auszugehen, dass die Haftpflichtversicherer in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle bedingungsgemäß regulieren, also unberechtigte Haftpflichtansprüche abwehren und den Versicherungsnehmer von berechtigten Haftpflichtansprüchen freistellen. Die Gerichtspraxis zeigt aber, dass Haftpflichtversicherer in vielen Fällen den Deckungsschutz auch ablehnen , möglicherweise mit vertretbaren, im späteren Rechtsstreit aber nicht durchschlagenden Gründen. Unabhängig davon, ob die Deckungsablehnung berechtigt oder unberechtigt ist, müsste der Mieter einen Deckungsprozess gegen seinen Haftpflichtversicherer führen, selbst wenn er die Erfolgsaussichten nicht hoch einschätzt. Verzichtet er auf den Deckungsprozess , muss er befürchten, vom Gebäudeversicherer in Regress genommen zu werden mit der Begründung, er habe auf den Deckungsprozess nur deshalb verzichtet, um seinen Haftpflichtversicherer zu schonen. Ein vorgezogener Deckungsprozess ist überdies problematisch , wenn auch die Haftpflichtfrage streitig ist.
- 24
- Außerdem besteht die Gefahr, dass der Versicherungsnehmer den an sich gegebenen Deckungsschutz wegen Obliegenheitsverletzungen nach Eintritt des Versicherungsfalles verliert (§ 5 i.V. mit § 6 Nr. 1 AHB). Das kann, wie die Erfahrung des Senats belegt, leicht vorkommen, insbesondere deshalb, weil der Versicherungsnehmer die Beweislast dafür trägt, dass er die Obliegenheit nicht vorsätzlich und nicht grob fahrlässig verletzt hat, und bei grob fahrlässiger Verletzung der Obliegenheit den Kausalitätsgegenbeweis führen muss. Die Gefahr der Obliegenheitsverletzung in Gestalt der unterlassenen Anzeige des Versicherungsfalles ist hier überdies besonders groß, weil der Versicherungsnehmer, insbesondere als versicherungsrechtlicher Laie, annehmen kann, der Schaden sei durch die Gebäudeversicherung gedeckt, und mit einem Rückgriff des Gebäudeversicherers nicht rechnet. Zudem ist anzunehmen, dass der Gebäudeversicherer den Mieter stets in Regress nehmen wird, wenn er weiß, dass dieser haftpflichtversichert ist. Er wird, um Rechtsnachteile zu vermeiden, vorsorglich gegen den Mieter vorgehen, auch wenn dieser wegen Deckungsablehnung einen Prozess gegen seinen Haftpflichtversicherer führt. Denn er muss den Fall bedenken, dass der Mieter letztlich doch Anspruch auf Deckungsschutz hat, auch wenn sich dies erst nach einem längeren Rechtsstreit herausstellt. Wartet der Gebäudeversicherer aber so lange ab, kann es sein, dass seine Regressforderung verjährt ist oder ihrer Durchsetzung Beweisschwierigkeiten entgegenstehen. Es besteht also die Gefahr, dass der haftpflichtversicherte Mieter bei Deckungsablehnung seines Versicherers zwischen zwei Fronten gerät. Er muss gegen seinen Haftpflichtversicherer vorgehen und ohne dessen Unterstützung den Anspruch des Gebäudeversicherers abwehren. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Deckungspflicht hat er mit Vollstreckungsmaßnahmen zu rechnen, wenn der Gebäudeversicherer vorher ein stattgebendes Urteil im Rückgriffsprozess erstreitet. Für den Mieter kann sogar der Fall eintreten, dass er letztlich den Prozess gegen seinen Haftpflichtversicherer verliert und den Prozess gegen den Gebäudeversicherer. Er wäre also, anders als der nicht haftpflichtversicherte Mieter, der Gefahr ausgesetzt, dass letztlich kein Versicherer den Schaden zu tragen hat, sondern er selbst. Die Streitverkündung an den Haftpflichtversicherer im Regressprozess ist ebenso wenig wie die ohnehin gegebene Bindungswirkung des Haftpflichturteils geeignet, alle streitigen Deckungsfragen im Haftpflichtversicherungsverhältnis abschließend zu klären. Das ist nur bei Voraussetzungsidentität der Fall (Senatsurteil vom 18. Februar 2004 - IV ZR 126/02 - VersR 2004, 590 unter III 1 m.w.N.). Der Regressverzicht des Gebäudeversicherers, der dem nicht haftpflichtversicherten Mieter zugute kommt, könnte deshalb beim haftpflichtversicherten Mieter unterlaufen werden. Das wiederum hätte Auswirkungen auf die Zahlungsfähigkeit des Mieters. Bei einer Deckungsablehnung des Haftpflichtversicherers wäre die Belastung des Mietverhältnisses deshalb nicht geringer, sondern eher stärker als dann, wenn der Mieter keine Haftpflichtversicherung hätte. Der haftpflichtversicherte Mieter stünde dann im Ergebnis schlechter als der nicht haftpflichtversicherte. Das aber läge nicht im Interesse des Vermieters, für den eine Haftpflichtversicherung des Mieters wegen von der Gebäudeversicherung nicht gedeckter Schäden dennoch vorteilhaft sein kann.
- 25
- (3) Abgesehen davon darf der Mieter, der die Versicherungsprämie der Gebäudeversicherung des Vermieters finanziert, im Verhältnis zum Vermieter die berechtigte Erwartung haben, dass ihm seine Aufwendungen im Schadensfall in irgendeiner Weise zugute kommen (vgl. BGH, Urteil vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04 - VersR 2005, 498 unter 2 und 3 vor a). Dabei ist es unerheblich, ob die Versicherungsprämie offen umgelegt oder in die Miete einkalkuliert worden ist (ebenso Armbrüster, ZMR 2001, 185 und r+s 1998, 221, 223; Prölss, ZMR 2001, 157; Gaul/Pletsch, NVersZ 2001, 490, 492). Bei einem typischen Mietvertrag über Wohnräume, aber auch über Gewerberäume liegt es auf der Hand, dass die Betriebskosten letztlich vom Mieter getragen werden, entweder offen ausgewiesen oder verdeckt. Jeder wirtschaftlich denkende Vermieter muss jedenfalls die Betriebskosten erwirtschaften. Der Mieter, der im Ergebnis die Prämie (mit-)trägt, darf also berechtigterweise vom Vermieter erwarten, hierfür eine Art Gegenleistung zu erhalten, die darin besteht , dass er in gewisser Weise geschützt ist, wenn er leicht fahrlässig einen Schaden verursacht. Die Erfüllung dieser berechtigten Erwartung des Mieters liegt aber auch im Interesse des Vermieters, weil anderenfalls das Vertragsverhältnis auch insoweit belastet werden kann.
- 26
- (4) Zusammengefasst geht das Interesse des Vermieters letztlich dahin, dass der Schadensfall, auch wenn einiges in den beiden Versicherungsverhältnissen und im Mietverhältnis in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht streitig sein sollte, ausschließlich auf der Ebene der beiden Versicherer geregelt wird. Nur dann ist der Zustand erreicht, den die Oberlandesgerichte Köln und Düsseldorf sowie die überwiegende Auffassung in der Literatur als gegeben voraussetzen.
- 27
- (5) Dem Regressverzicht trotz Bestehens einer Haftpflichtversicherung des Mieters stehen berechtigte Interessen des Versicherers nicht entgegen, wie der Senat bereits im Urteil vom 8. November 2000 ausgeführt hat. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Gebäudeversicherer ein konkretes Risiko versichert, für das er eine bestimmte Prämie erhält. Welches Risiko er versichern will, ist seine Sache, er kann sich vorher darüber informieren. Er kann sich Aufklärung darüber verschaffen, ob Gebäude oder Wohnungen vermietet sind. Häufig wird sich das schon von selbst ergeben, beispielsweise bei Mehrfamilienhäusern und großen Mietshäusern. Bei einem Einfamilienhaus kann der Versicherer danach fragen, ob es vermietet ist oder nicht. Der Versicherer ist also in der Lage , eine risikogerechte Prämie zu verlangen. In diese kann er eventuelle Regressausfälle wegen des Regressverzichts einerseits und eventuelle Ausgleichserlöse nach § 59 VVG andererseits einkalkulieren.
- 28
- Wie e) der Senat durch Urteil vom 13. September 2006 (IV ZR 273/05) entschieden hat, steht dem Gebäudeversicherer gegen den Haftpflichtversicherer des Mieters in analoger Anwendung von § 59 Abs. 2 Satz 1 VVG ein Ausgleichsanspruch zu. Erst in einem solchen Rechtsstreit kann es auf die vom Berufungsgericht behandelte und zwi- schen den Parteien umstrittene Frage ankommen, welche Bedeutung eine Subsidiaritätsklausel im Haftpflichtversicherungsvertrag des Mieters hat.
- 29
- 3. Der Revision kann nicht darin gefolgt werden, dass die Umstände des hier zu entscheidenden Falles zu einem anderen Ergebnis führen müssten.
- 30
- a) Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich nicht, dass sie mit ihrer Versicherungsnehmerin bei Abschluss des Gebäudeversicherungsvertrages vereinbart hat, der Regress gegen die Mieter solle nur im Umfang des Regressverzichtsabkommens ausgeschlossen sein. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist den typischen Gebäudeversicherungsverträgen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab ein Regressverzicht zu entnehmen. Das ist nur dann nicht anzunehmen, wenn die Vertragsparteien ausdrücklich oder sonst hinreichend deutlich etwas anderes vereinbart haben (so auch Lorenz, VersR 2001, 96, 98). Das setzt einen entsprechenden Erklärungstatbestand voraus. Dazu hat die Klägerin keine konkreten Tatsachen vorgetragen, vielmehr nur, ein Regressverzicht habe nicht dem Wunsch/dem Willen der Vertragsparteien entsprochen. Deshalb hat das Berufungsgericht zu Recht den Zeugen P. nicht vernommen. Die Klägerin stützt sich rechtlich schlussfolgernd allein darauf, dass der Versicherungsantrag und andere Vertragsunterlagen formularmäßige Hinweise auf das Regressverzichtsabkommen der Feuerversicherer enthalten, dem die Klägerin beigetreten sei. Darin wird der Versicherungsnehmerin mitgeteilt, die beteiligten Versicherer würden im Bereich der Feuerversicherung Schadensersatzansprüche gegen den Ver- sicherungsnehmer weitgehend nicht geltend machen. Dies bedurfte keiner Vereinbarung im Gebäudeversicherungsvertrag, sondern ergab sich aus dem Regressverzichtsabkommen der beteiligten Feuerversicherer als eines Vertrages zugunsten Dritter. Ein Regressverzicht der Klägerin zugunsten von Personen, die ihre Versicherungsnehmerin schädigen, wird in den Hinweisen nicht angesprochen, sondern nur ihr Schutz vor dem Rückgriff fremder Versicherer. Zu dem letztlich von der Klägerin geübten Regressverzicht über 1,2 Mio. DM kam es nicht aufgrund des Gebäudeversicherungsvertrages , sondern deshalb, weil die Beklagte ihrerseits eine Feuerinhaltsversicherung bei einem dem Abkommen beigetretenen Versicherer genommen hatte. Den Hinweisen auf das Regressverzichtsabkommen in den Versicherungsunterlagen kann deshalb keine darüber hinausgehende Bedeutung für die Frage eines Regressverzichts gegenüber der Beklagten beigemessen werden. Dem steht auch entgegen , dass anderenfalls ein Regressverzicht des Feuerversicherers praktisch niemals angenommen werden könnte, weil nahezu alle in Deutschland niedergelassenen Feuerversicherer dem Regressverzichtsabkommen beigetreten sind (Dietz, Wohngebäudeversicherung 2. Aufl. L 5.4; Bruck/Möller/Sieg/Johannsen, VVG 8. Aufl. Bd. III J 141).
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- Das b) Berufungsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass der Regressverzicht sich auf den durch die Gebäudeversicherung gedeckten Mietausfall erstreckt. Die Interessenlage ist dieselbe wie beim Gebäudeschaden.
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- c) Die Feststellung des Berufungsgerichts, der Beklagten sei keine grob fahrlässige Herbeiführung des Brandes anzulasten, ist rechtsfehlerfrei.
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- aa) Die Revision rügt zu Unrecht, das Berufungsgericht habe zu den von der Klägerin behaupteten früheren Vorfällen mit zündelnden Kindern und Jugendlichen die Zeugen K. und die Marktleiterin der Beklagten vernehmen müssen. Das Berufungsgericht hat den Vortrag der Klägerin zur Kenntnis genommen, ihn aber zu Recht für unerheblich gehalten. Die Klägerin kann sich für ihre Behauptung nur auf die Aussage des Zeugen K. im Ermittlungsverfahren stützen. Er berichtete, dass einmal das Spannband für die Pappenbündel durchgebrannt war, so dass morgens die Pappe lose auf der Rampe lag. Beim zweiten Mal vor drei Jahren sei ein Müllcontainer in Brand gesetzt worden. Er habe Anzeige erstattet und Jugendliche darauf angesprochen. Daraufhin sei bei dem von ihm geleiteten auf der anderen Gebäudeseite gelegenen E. -Markt Ruhe gewesen. Ob auch bei der Beklagten schon einmal etwas in Brand gesetzt worden sei, sei ihm nicht bekannt. Diese beiden drei Jahre zurückliegenden Vorfälle begründeten, auch wenn sie der Marktleiterin der Beklagten bekannt gewesen sein sollten, nicht die dringende , sich jedem aufdrängende Gefahr, dass tagsüber bei ständigem Publikumsverkehr herausgestelltes Verpackungsmaterial innerhalb ganz kurzer Zeit von Kindern und Jugendlichen angezündet wird. Darauf hat schon das Landgericht zutreffend hingewiesen. Ob das Abstellen für einen längeren Zeitraum grob fahrlässig gewesen sein könnte und durch konkrete Anweisungen der Beklagten hätte vermieden werden müssen, kann offen bleiben. Ein längeres Abstellen war für den Brand nicht ursächlich. Ist ein Verhalten erst ab einem bestimmten Zeitpunkt grob fahrlässig , ist eine Verursachung des Schadens durch grobe Fahrlässigkeit nur anzunehmen, wenn er ab diesem Zeitpunkt eingetreten ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 1979 - IV ZR 91/78 - VersR 1980, 180 unter II 1 a und 2; OLG Hamm VersR 2001, 1234; OLG Karlsruhe VersR 2002, 1550 f.). Die Beweislast hierfür trifft den Regress nehmenden Gebäudeversicherer (BGHZ 145, 393, 400). Nach dem Inhalt der Ermittlungsakten und den Feststellungen der Vorinstanzen kann nicht ausgeschlossen werden, dass die glimmende Zigarette bereits 15 Minuten nach dem Herausstellen des Verpackungsmaterials in einen Karton geworfen wurde und - so das Brandgutachten - nach 3,5 bis 8,5 Minuten die Pappe entzündet hatte.
- 34
- bb) Das Verhalten des jugendlichen Brandstifters muss die Beklagte sich nicht zurechnen lassen. Die Herleitung des Regressverzichts aus dem Versicherungsvertrag führt nicht nur zu einer entsprechenden Anwendung von § 61 VVG, sondern auch zur Anwendung der versicherungsvertraglichen Zurechnungsgrundsätze, weil der Mieter so gestellt wird, wie wenn er versichert wäre (vgl. für die frühere haftungsrechtliche Lösung: BGHZ 131, 288, 293 f.; BGH, Urteil vom 7. März 1990 - IV ZR 342/88 - VersR 1990, 625 unter II 2; BGHZ 22, 109, 117 ff., 121; OLG Celle VersR 1998, 846 f.). Demgemäß hat der Mieter für das Verhalten Dritter nicht nach § 278 BGB einzustehen, sondern nur dann, wenn sie seine Repräsentanten sind. Soweit der Entscheidung BGHZ 145, 393, 400 etwas anderes zu entnehmen sein könnte, wird daran nicht festgehalten.
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 25.01.2002 - 5 HKO 4390/01 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 15.10.2002 - 5 U 451/02 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Klägerin Die macht in ihrer Eigenschaft als Hausratversicherer Rückgriffsansprüche gegen die Beklagte wegen eines Brandschadens geltend. Der Versicherungsnehmer der Klägerin ist Eigentümer eines Zweifamilienhauses, in dem er das Erdgeschoß bewohnt. Das Dachgeschoss hatte er an den Ehemann der Beklagten vermietet, das beide mit ihren damals fünf und zehn Jahre alten Kindern bewohnten. Am 29. Mai 2001 brach im hinteren Teil des Balkons des Dachgeschosses Feuer aus. Das Dachgeschoss brannte aus. Durch Rauch und Ruß sowie durch Löschwasser wurde der Hausrat des Versicherungsnehmers erheblich beschädigt. Die Klägerin entschädigte ihn auf Basis des Neuwerts mit 42.481,51 €.
- 2
- Sie nimmt die Beklagte aus nach § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG übergegangenem Recht auf Ersatz des Zeitwerts von 10.484,92 € in Anspruch. Sie behauptet, die Beklagte habe den Brand grob fahrlässig herbeigeführt , entweder durch unvorsichtiges Zigarettenrauchen oder mangelnde Beaufsichtigung ihrer zündelnden Kinder. Der von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angenommene Regressverzicht (BGHZ 145, 393) könne, falls die Beklagte nur leicht fahrlässig gehandelt habe, gegenüber dem Hausratversicherer des Vermieters nicht eingreifen.
- 3
- Die Beklagte bestreitet eine Schadensverursachung durch sie oder ihre Kinder und beruft sich auf einen Regressverzicht.
- 4
- Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 6
- 1. Das Oberlandesgericht (VersR 2004, 592) entnimmt dem Hausratversicherungsvertrag einen Regressverzicht für den Fall leicht fahrlässiger Brandverursachung durch den Wohnungsmieter und die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebende Beklagte. Die Interessenlage, die der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in BGHZ 145, 393 zum Regressverzicht des Gebäudeversicherers zugrunde liege, gelte gleichermaßen für einen Hausratversicherungsvertrag, durch den der Hausrat des im selben Hause wohnenden Vermieters versichert sei. Im Schadensfall wäre die Vertragsbeziehung zu dem Mieter schon dadurch erheblich belastet , dass den Vermieter als Versicherungsnehmer die Obliegenheit treffe, den Versicherer bei der Durchsetzung seiner Regressforderung zu unterstützen. Des weiteren würde das Mietverhältnis dadurch belastet, dass sich der Mieter in seiner Erwartung getäuscht sehe, bei dem Brand des gegen Feuer versicherten Gebäudes, bei dem der ebenso versicherte Hausrat des Vermieters beschädigt werde, nicht in Anspruch genommen zu werden. Eine Differenzierung zwischen Gebäudeversicherung und Hausratversicherung ergebe sich dabei für den Mieter nicht. Für ihn wäre es nicht einsichtig, wenn der Hausratversicherer Regress nehmen könnte, während dies dem Gebäudeversicherer versagt sei. Für den versicherungsrechtlichen Laien erscheine es oft unverständlich, wenn er für einen nur leicht fahrlässig verursachten Brand einzustehen habe, obwohl eine Versicherung bestehe. Außerdem habe der Vermieter kein Interesse an der Belastung mit Regressforderungen, da sich dies auf die Mietzahlungen auswirken könne. Dem Umstand, dass der Mieter die Hausratversicherungsprämie nicht trage, komme keine entscheidende Bedeutung zu.
- 7
- Der 2. Ansicht des Berufungsgerichts ist nicht zu folgen. Es ist schon vom Ansatz her verfehlt, die Grundsätze zum Regressverzicht des Gebäudeversicherers auf die Hausratversicherung zu übertragen, wie Günther in der Anmerkung zum Berufungsurteil überzeugend dargelegt hat (VersR 2004, 595 f.). Der von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angenommene Regressverzicht bei leicht fahrlässig verursachten Schäden am Gebäude (BGHZ 145, 393, 398 ff.; Urteile vom 14. Februar 2001 - VIII ZR 292/98 - VersR 2001, 856 unter 2 b und c und vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04 - VersR 2005, 498 unter 2; Beschluss vom 12. Dezember 2001 - XII ZR 153/99 - VersR 2002, 433) setzt voraus, dass dem Schädiger das Gebäude oder Räume des Gebäudes im Rahmen eines Mietverhältnisses oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses zum Gebrauch überlassen worden sind, wobei sich der Regressverzicht auf Schäden am versicherten Gebäude insgesamt erstreckt. Dadurch wird der dem Gebäudeversicherer durch § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG an sich eröffnete Rückgriff beschränkt. Es ist nicht gerechtfertigt , diese Beschränkung durch Verselbständigung des Gesichtspunkts , eine Belastung des Mietverhältnisses sei zu vermeiden, auf die Hausratversicherung des im selben Hause wohnenden Vermieters auszudehnen. Vertragliche Beziehungen in Gestalt eines Gebrauchsrechts und von Obhutspflichten bestehen nur hinsichtlich des Gebäudes, nicht aber hinsichtlich des Hausrats des Vermieters. Da der Mieter in keiner Weise die Prämie für die Hausratversicherung zu tragen hat, wird weder er noch der Vermieter auf den Gedanken kommen, der Vermieter sei irgendwie gehalten, den Mieter vor einem Regress des Hausratversicherers zu bewahren. Würde man der Ansicht des Berufungsgerichts folgen, müsste, um eine Belastung des Mietverhältnisses zu vermeiden, etwa auch dem Kraftfahrzeug-Kaskoversicherer und dem Krankheitskostenversicherer des Vermieters ein Regressverzicht zugemutet werden, wenn der Mieter das Kraftfahrzeug des Vermieters beschädigt oder den Vermieter verletzt. Gleiches müsste umgekehrt für die entsprechenden Versicherer des Mieters gelten, weil deren Rückgriff auf den Vermieter ebenfalls zu einer Belastung des Mietverhältnisses führen würde. Deshalb ist auch die dem Berufungsgericht teilweise zustimmende Ansicht von Prölss (ZMR 2004, 389, 390 f.) abzulehnen.
- 8
- Der 3. Regress ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil es wegen eines stillschweigenden mietvertraglichen Haftungsverzichts wegen leicht fahrlässiger Schadensverursachung (vgl. BGHZ 131, 288) an einem nach § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG übergegangenen Anspruch fehlt. Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine generelle mietvertragliche Haftungsbegrenzung auf vorsätzliche oder grob fahrlässige Schadensverursachung nicht mehr anzunehmen (Urteil vom 3. November 2004 aaO). Davon abgesehen betraf die frühere Rechtsprechung zum Haftungsverzicht bei der Überlassung von Gebäuderäumen ebenfalls nur den Regress des Gebäudeversicherers. Die vor Einführung von § 15 Abs. 2 AKB zur Kaskoversicherung ergangene Entscheidung (BGHZ 22, 109) hat eine Haftungsbeschränkung angenommen , weil das Kraftfahrzeug gemietet war und der Mieter die Zahlung der Prämie übernommen hatte.
- 9
- 4. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil Grund und Höhe des Anspruchs streitig sind.
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Ulm, Entscheidung vom 21.08.2003 - 6 O 107/03 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 30.12.2003 - 7 U 165/03 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 25. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt den Beklagten in ihrer Eigenschaft als Gebäudeversicherer aus übergegangenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch. Der Beklagte ist ein Bruder der Schwiegertochter der Versicherungsnehmerin und bewohnt in deren Haus Räume im Dachgeschoss. Dort verursachte er durch Hantieren mit einem Stabfeuerzeug am 31. Dezember 2001 einen Brandschaden, den die Klägerin der Versiche- rungsnehmerin ersetzte. In der vom Beklagten genommenen Haftpflichtversicherung sind Ansprüche wegen derartiger Schäden eingeschlossen.
- 2
- Klägerin Die nimmt beim Beklagten Rückgriff in Höhe von 49.729,97 €. Sie meint, der im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. November 2000 (BGHZ 145, 393) angenommene Regressverzicht zugunsten des Mieters bei leicht fahrlässiger Schadensverursachung stehe dem nicht entgegen, weil der Beklagte grob fahrlässig gehandelt habe, wegen unentgeltlicher Nutzung der Wohnung nicht Mieter sei und der Regress bei leichter Fahrlässigkeit jedenfalls dann möglich sei, wenn der Schädiger eine den Ersatzanspruch deckende Haftpflichtversicherung habe. Demgegenüber beruft sich der Beklagte darauf, dass nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs der Regressverzicht auch bei bestehendem Haftpflichtversicherungsschutz eingreife.
- 3
- Das Landgericht (r+s 2003, 509) hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht (VersR 2004, 593) hat ihr stattgegeben. Mit der Revision erstrebt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision des Beklagten führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
- 5
- A. Das Berufungsgericht hat ebenso wie das Landgericht ein grob fahrlässiges Verhalten des Beklagten nicht feststellen können. Dies gehe zu Lasten der beweispflichtigen Klägerin (BGHZ 145, 393, 400). Der Beklagte habe den Brandschaden aber leicht fahrlässig herbeigeführt und hafte deshalb nach § 823 Abs. 1 BGB auf Schadensersatz.
- 6
- Das Landgericht sei weiter mit Recht davon ausgegangen, nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei dem Gebäudeversicherungsvertrag im Wege der ergänzenden Auslegung ein Regressverzicht des Versicherers bei leicht fahrlässiger Schadensverursachung durch den Mieter zu entnehmen. Grundlage für die Annahme dieses Regressverzichts sei namentlich das Interesse eines Vermieters, das in der Regel auf längere Zeit angelegte Vertragsverhältnis zu seinem Mieter so weit wie möglich unbelastet zu lassen. Außerdem solle der Mieter nicht in seiner Erwartung getäuscht werden, bei Eintritt eines Brandschadens eines gegen Feuer versicherten Gebäudes nicht in Anspruch genommen zu werden. Diese Erwägungen träfen im Grundsatz auch auf den Streitfall zu. Zwar sei der Beklagte nicht Mieter der Versicherungsnehmerin. Er nutze die Wohnung vielmehr unentgeltlich und zahle lediglich eine Jahrespauschale zur Abgeltung von angefallenen Nebenkosten. Grundlage dieses Nutzungsverhältnisses sei ersichtlich sein persönliches Verhältnis zur Eigentümerin, deren weiterem Familienkreis er als Bruder ihrer Schwiegertochter angehöre. Ein solches Nutzungsverhältnis könne bei der Beurteilung der Frage eines Regressverzichts nicht anders beurteilt werden als ein Mietverhältnis. Auch dieses Nutzungsverhältnis sei auf Dauer angelegt. Es bestehe nach Angaben des Beklagten seit 1985 und über den Schadensfall hinaus bis heute. Auch hier sei davon auszugehen , dass der Eigentümerin an einem unbelasteten Verhältnis zum Beklagten gelegen sei, wobei dieses Interesse sich aus dem Wohnen im selben Haus und aus der familiären Beziehung zueinander ergebe. Zu- dem liege auch hier bei dem Nutzer der Wohnung die Vorstellung nahe, bei nur einfach fahrlässiger Beschädigung eines gegen Brand versicherten Gebäudes nicht in Regress genommen zu werden. Dass der Regress keinen Anspruch der Eigentümerin auf Zahlung von Miete oder Nutzungsentgelt gefährde, sei von untergeordneter Bedeutung.
- 7
- Dem Landgericht sei aber nicht darin zu folgen, der Regress sei trotz den Schaden deckender Haftpflichtversicherung des Beklagten ausgeschlossen. Diese Frage sei durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs noch nicht abschließend geklärt. In einem solchen Fall sei für die Annahme eines Regressverzichts im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung kein Raum, weil der Mieter dieses Schutzes nicht bedürfe. Er laufe wirtschaftlich nicht Gefahr, den Schaden durch Einsatz eigener Geldmittel ausgleichen zu müssen. Eine ernstliche Belastung des Verhältnisses zwischen Eigentümer und Mieter/Nutzer sei nicht zu besorgen. Beide würden sich vielmehr mit dem Gedanken beruhigen, letztlich zahle alles "die Versicherung" und der Schadensfall werde sich deshalb für sie ohne Missstimmung abwickeln lassen.
- 8
- B.DieserBeurteilung ist nicht in allen Punkten zuzustimmen. Die Klägerin kann beim Beklagten trotz bestehender Haftpflichtdeckung keinen Regress nehmen. Die Klage ist abzuweisen.
- 9
- I. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, grobe Fahrlässigkeit könne nicht festgestellt werden, der Beklagte habe aber leicht fahrlässig gehandelt, sind rechtsfehlerfrei und werden von den Parteien im Revisionsverfahren nicht beanstandet.
- 10
- II. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die für die Regressverzichtslösung im Senatsurteil vom 8. November 2000 aaO tragenden Gründe auch für das hier gegebene Nutzungsverhältnis zutreffen. Die von der Klägerin auch in der Revisionsinstanz erhobenen grundsätzlichen Bedenken gegen die Rechtsprechung zum Regressverzicht des Gebäudeversicherers greifen nicht durch.
- 11
- Die 1. Frage, unter welchen Voraussetzungen und auf welchem rechtlichen Weg (mietvertraglicher Haftungsverzicht einerseits, Mitversicherung des Sachersatzinteresses in der Gebäudeversicherung oder Regressverzicht andererseits) der einen Schaden nur leicht fahrlässig verursachende Mieter gegen einen Regress des Gebäudeversicherers des Vermieters/Eigentümers zu schützen ist, wurde seit der Entscheidung des Reichsgerichts in RGZ 122, 292 in der Literatur immer wieder kontrovers diskutiert und durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in jeder Hinsicht überzeugend beantwortet (vgl. zur Entwicklung der Rechtsprechung und den unterschiedlichen Auffassungen in der Literatur Armbrüster, NJW 1997, 177; Günther, Der Regress des Sachversicherers 2. Aufl. S. 104 f.; Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 74 Rdn. 9; Bayer, Haftung, Versicherung und Regress bei Beschädigung des Vermietereigentums durch den Mieter, Festschrift für Egon Lorenz zum 70. Geburtstag, S. 129 ff.). Der Senat hat sich im Urteil vom 8. November 2000 (IV ZR 298/99 - BGHZ 145, 393 = VersR 2001, 94 m. Anm. Lorenz und Wolter) mit den verschiedenen Lösungsmöglichkeiten auseinandergesetzt und sich für eine versicherungsrechtliche Lösung entschieden. Danach ist der Gebäudeversicherungsvertrag, wenn nicht konkrete Anhaltspunkte für eine Mitversicherung des Sachersatzinteresse des Mieters vorliegen, dahin ergänzend auszulegen, dass ihm ein Regressverzicht des Versicherers für die Fälle zu entnehmen ist, in denen der Mieter einen Schaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat. Dieser Ansicht haben sich die für das Mietrecht zuständigen Senate des Bundesgerichtshofs angeschlossen (Urteile vom 14. Februar 2001 - VIII ZR 292/98 - VersR 2001, 856 unter 2 c und vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04 - VersR 2005, 498 unter 2 für die Wohnungsmiete; Beschluss vom 12. Dezember 2001 - XII ZR 153/99 - VersR 2002, 433 für die gewerbliche Miete). Diese nunmehr als gefestigt anzusehende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat bei den Instanzgerichten und überwiegend auch in der Literatur im Grundsatz Zustimmung gefunden (unter anderem OLG Dresden VersR 2003, 497 und 1391; OLG Köln VersR 2004, 593; OLG Düsseldorf VersR 2005, 71; OLG München VersR 2005, 500; OLG Naumburg VuR 2005, 471; Lorenz, VersR 2001, 96 ff.; Armbrüster, NVersZ 2001, 193, 195; Prölss, ZMR 2001, 157 f.; Römer, aaO; zur umstrittenen Bedeutung einer Haftpflichtversicherung des Mieters unten II. 3.). Die gegen die Annahme eines Regressverzichts gerichtete grundsätzliche Kritik (Wolter, VersR 2001, 98 ff.; Gaul/Pletsch, NVersZ 2001, 490, 495 ff.) überzeugt schon deshalb nicht, weil sie einseitig das Regressinteresse des Gebäudeversicherers in den Vordergrund stellt. Demgegenüber ermöglicht die im Grundsatz weitgehend akzeptierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine den Interessen aller Beteiligten angemessenere Lösung, die auch zu einer einfacheren und kostengünstigeren Schadensabwicklung führen kann. Deshalb und auch aus Gründen der Rechtssicherheit ist daran festzuhalten.
- 12
- 2. Das Berufungsgericht hat die Grundsätze zum Regressverzicht bei der Wohnungsmiete mit überzeugenden Ausführungen auf das hier gegebene Nutzungsverhältnis übertragen. Der Versicherungsnehmer, der aus familiären oder sonstigen persönlichen Gründen auf Entgelt für die Überlassung einer Wohnung verzichtet, hat im Vergleich zur Vermietung an fremde Personen ein eher stärkeres Interesse daran, sein Verhältnis zu dem Bewohner nicht durch einen Regress des Gebäudeversicherers zu belasten. Der Versicherungsnehmer würde mit Recht kein Verständnis dafür aufbringen, wenn seine Freigebigkeit gegenüber dem Bewohner dem Versicherer den Regress erst eröffnen würde. Demgegenüber ist es für den Versicherer - was er in der Regel auch nicht weiß - ohne jede Bedeutung, ob für die Gebrauchsüberlassung ein Entgelt gezahlt wird und wer die Prämie wirtschaftlich trägt.
- 13
- 3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist dem Gebäudeversicherer der Regress gegen den Mieter oder einen wie hier Nutzungsberechtigten auch dann verwehrt, wenn dieser haftpflichtversichert ist und abweichend von § 4 Nr. I 6 a der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) Deckungsschutz auch für Haftpflichtansprüche wegen Schäden an gemieteten Sachen hat.
- 14
- Das a) ergibt sich bereits aus der Formulierung im Senatsurteil vom 8. November 2000, die allgemeine ergänzende Vertragsauslegung eines Regressverzichts für leichte Fahrlässigkeit könne nicht davon abhängen , ob der Mieter im Einzelfall eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen habe (BGHZ 145, 399). Unter Hinweis darauf hat der Senat durch Beschluss vom 16. Oktober 2002 (IV ZR 308/01) die Revision gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 31. Oktober 2001 (4 U 78/00) nicht angenommen, in dem dieses den Regress des Gebäudeversicherers gegen den Mieter trotz Deckungsschutzes in der Haftpflichtversicherung wegen Schäden an der Mietsache abgelehnt hatte. Aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. Februar 2001 (aaO) ergibt sich nichts anderes. Der VIII. Zivilsenat hat zum Einfluss der Haftpflichtversicherung auf den Regressverzicht keine abweichende Meinung vertreten, sondern sich den Erwägungen des IV. Zivilsenats im Urteil vom 8. November 2000 in vollem Umfang angeschlossen. Offen geblieben ist nur die Frage des Ausgleichs unter den Versicherern.
- 15
- b) Dennoch sind die Urteile des IV. und des VIII. Zivilsenats dahin verstanden worden, es sei noch nicht abschließend geklärt, ob dem Gebäudeversicherer der Regress auch dann verwehrt ist, wenn der schädigende Mieter eine Haftpflichtversicherung unterhält. In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der Literatur ist die Frage umstritten. Einige Oberlandesgerichte sind dem Bundesgerichtshof gefolgt (außer dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht die Oberlandesgerichte Dresden, VersR 2003, 497, Stuttgart, VersR 2004, 592, Hamm, VersR 2002, 1280, Nichtzulassungsbeschwerde durch Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2002 zurückgewiesen, IV ZR 361/02, München, VersR 2005, 500 und Urteil vom 16. Mai 2001, 3 U 6151/00 und Zweibrücken, Urteil vom 29. August 2001, 1 U 5/01). Das Berufungsgericht und das Oberlandesgericht Düsseldorf (VersR 2006, 541) meinen, die Frage sei höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt und dahin zu entscheiden, dass der Gebäudeversicherer den Mieter in Regress nehmen könne, wenn dieser eine den Schadensersatzanspruch deckende Haftpflichtversicherung habe. In diesem Fall bedürfe der Mieter keines Schutzes durch den Regressverzicht, weil er nicht Gefahr laufe, für den Schaden selbst aufkommen zu müssen. Eine ernsthafte Belastung des Mietverhältnisses sei nicht zu befürchten, weil der Vermieter und der Mieter annehmen dürften, die Auseinandersetzung über die Schadensregulierung werde faktisch zwischen den beiden Versicherern geführt. Mit entsprechenden Erwägungen ist die Literatur ganz überwiegend der Meinung, der Regressverzicht sei bei bestehendem Haftpflichtversicherungsschutz des Mieters subsidiär (Günther, aaO S. 111 ff. und VersR 2004, 595, 597; Breideneichen, VersR 2005, 501, 503 a.E.; Armbrüster, aaO S. 195 f. und ZMR 2001, 185, 186; Prölss, aaO S. 158 und ZMR 2004, 389, 391 f.; a.A. Bayer, aaO S. 144).
- 16
- Die c) an der Begründung des Senatsurteils vom 8. November 2000 geübte Kritik ist teilweise berechtigt. Der Umstand, dass bei Abschluss des Gebäudeversicherungsvertrages häufig noch unbekannt sei, ob der Mieter eine Haftpflichtversicherung habe, und dass viele Mieter keine hätten, stünde einer rechtlichen Konstruktion des Regressverzichts nur für den Fall der fehlenden Haftpflichtversicherungsdeckung grundsätzlich nicht entgegen. Richtig ist auch, dass der Risikoausschluss des § 4 Nr. I 6 a AHB überwiegend abbedungen wird, allerdings mit Einschränkungen (vgl. den Einschluss von Mietsachschäden in Nr. 4.2 des Mustertarifs 2000, abgedruckt bei Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. S. 1332, 1346 und Schwickert, VersR 2004, 174). Bei Mehrfamilienhäusern betrifft der Risikoausschluss im Übrigen nur den dem Mietgebrauch unterliegenden , nicht aber den übrigen Teil des Gebäudes (Littbarski, AHB § 4 Rdn. 206 f.; Späte, Haftpflichtversicherung § 4 AHB Rdn. 113).
- 17
- d) Diese Einwände gegen einzelne Punkte der Begründung sind jedoch nicht geeignet, das Ergebnis in Frage zu stellen. Der entscheidende Grund dafür, dass der Regressverzicht nicht vom Bestehen eines Haftpflichtversicherungsschutzes des Mieters abhängt, ergibt sich aus den Erwägungen, aus denen der Senat im Wege der ergänzenden Auslegung dem Gebäudeversicherungsvertrag überhaupt einen Regressverzicht entnommen hat.
- 18
- Der aa) Inhalt typischer Gebäudeversicherungsverträge wird im Wesentlichen durch Allgemeine Versicherungsbedingungen festgelegt. Die ergänzende Auslegung solcher Verträge hat nach einem objektivgeneralisierenden Maßstab zu erfolgen, der am Willen und Interesse der typischerweise beteiligten Verkehrskreise (und nicht nur der konkret beteiligten Parteien) ausgerichtet sein muss; die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein (BGHZ 164, 297, 317; Lorenz, aaO S. 97).
- 19
- bb) Da es um die ergänzende Auslegung des Versicherungsvertrages zwischen dem Versicherungsnehmer als Vermieter und dem Gebäudeversicherer geht, kommt es - wie dem Senatsurteil vom 8. November 2000 zu entnehmen ist - auf deren Interessen an und nicht unmittelbar auf die Interessen des Mieters (Prölss, ZMR 2001, 157, 158). Allerdings sind die Interessen des Mieters mittelbar einzubeziehen, soweit sie sich in einem auf dem Mietverhältnis beruhenden Interesse des Vermieters niederschlagen (vgl. Armbrüster, VersR 1994, 893, 895 f.; ders. Der Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachversicherung S. 113 ff.; Prölss, r+s 1997, 221, 223 und ZMR 2004, 389 f.).
- 20
- (1) Wie der Senat bereits im Urteil vom 8. November 2000 dargelegt hat, besteht ein für den Versicherer erkennbares Interesse des Vermieters daran, das in der Regel auf längere Zeit angelegte Vertragsverhältnis zu seinem Mieter so weit wie möglich unbelastet zu lassen (ebenso Armbrüster und Prölss, aaO). Bei einem Regress des Versicherers liegt eine ernsthafte Belastung des Mietverhältnisses aber auf der Hand. Denn Vermieter und Mieter müssten gegenläufige Positionen vertreten oder zumindest unterstützen. Denn den Vermieter trifft die Obliegenheit, seinen Gebäudeversicherer bei der Durchsetzung der Regressforderung zu unterstützen (vgl. u.a. § 13 Nr. 1 c und e AFB 87, § 15 Nr. 1 c VGB 99). Die Erfüllung dieser Obliegenheit führt notwendig zu einem Konflikt mit den Interessen des Mieters, der bemüht sein wird, den Regress des Versicherers abzuwehren. Dies gilt ebenso, wenn der Mieter haftpflichtversichert ist und dann seinerseits der Obliegenheit nachzukommen hat, den Haftpflichtversicherer bei der Abwehr des Schadens zu unterstützen (§ 5 Nr. 3 Satz 2 AHB).
- 21
- (2) Die Ansicht des Berufungsgerichts und des Oberlandesgerichts Düsseldorf und der überwiegenden Literatur, die Auseinandersetzung über die Schadensregulierung spiele sich dann faktisch zwischen den beiden Versicherern ab und führe zu keiner ernstlichen Belastung des Mietverhältnisses, weil Vermieter und Mieter beruhigt davon ausgehen könnten, letztlich zahle alles "die Versicherung", ist nur auf den ersten Blick einleuchtend. Sie unterstellt, dass alle Beteiligten sich der objektiven Rechtslage entsprechend vernünftig verhalten und nicht einseitig auf die Wahrnehmung ihrer jeweiligen Interessen bedacht sind. Es ist zwar grundsätzlich davon auszugehen, dass die Haftpflichtversicherer in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle bedingungsgemäß regulieren, also unberechtigte Haftpflichtansprüche abwehren und den Versicherungsnehmer von berechtigten Haftpflichtansprüchen freistellen. Die Gerichtspraxis zeigt aber, dass Haftpflichtversicherer in vielen Fällen den Deckungsschutz auch ablehnen, möglicherweise mit vertretbaren, im späteren Rechtsstreit aber nicht durchschlagenden Gründen. Unabhängig davon , ob die Deckungsablehnung berechtigt oder unberechtigt ist, müsste der Mieter einen Deckungsprozess gegen seinen Haftpflichtversicherer führen, selbst wenn er die Erfolgsaussichten nicht hoch einschätzt. Verzichtet er auf den Deckungsprozess, muss er befürchten, vom Gebäudeversicherer in Regress genommen zu werden mit der Begründung, er habe auf den Deckungsprozess nur deshalb verzichtet, um seinen Haftpflichtversicherer zu schonen. Ein vorgezogener Deckungsprozess ist überdies problematisch, wenn auch die Haftpflichtfrage streitig ist.
- 22
- Außerdem besteht die Gefahr, dass der Versicherungsnehmer den an sich gegebenen Deckungsschutz wegen Obliegenheitsverletzungen nach Eintritt des Versicherungsfalles verliert (§ 5 i.V. mit § 6 Nr. I AHB). Das kann, wie die Erfahrung des Senats belegt, leicht vorkommen, insbesondere deshalb, weil der Versicherungsnehmer die Beweislast dafür trägt, dass er die Obliegenheit nicht vorsätzlich und nicht grob fahrlässig verletzt hat und bei grob fahrlässiger Verletzung der Obliegenheit den Kausalitätsgegenbeweis führen muss. Die Gefahr der Obliegenheitsverletzung in Gestalt der unterlassenen Anzeige des Versicherungsfalles ist hier überdies besonders groß, weil der Versicherungsnehmer, insbesondere als versicherungsrechtlicher Laie, annehmen kann, der Schaden sei durch die Gebäudeversicherung gedeckt, und mit einem Rückgriff des Gebäudeversicherers nicht rechnet. Zudem ist anzunehmen, dass der Gebäudeversicherer den Mieter stets in Regress nehmen wird, wenn er weiß, dass dieser haftpflichtversichert ist. Er wird, um Rechtsnachteile zu vermeiden, vorsorglich gegen den Mieter vorgehen, auch wenn dieser wegen Deckungsablehnung einen Prozess gegen seinen Haftpflichtversicherer führt. Denn er muss den Fall bedenken, dass der Mieter letztlich doch Anspruch auf Deckungsschutz hat, auch wenn sich dies erst nach einem längeren Rechtsstreit herausstellt. Wartet der Gebäudeversicherer aber so lange ab, kann es sein, dass seine Regressforderung verjährt ist oder ihrer Durchsetzung Beweisschwierigkeiten entgegenstehen. Es besteht also die Gefahr, dass der haftpflichtversicherte Mieter bei Deckungsablehnung seines Versicherers zwischen zwei Fronten gerät. Er muss gegen seinen Haftpflichtversicherer vorgehen und ohne dessen Unterstützung den Anspruch des Gebäudeversicherers abwehren. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Deckungspflicht hat er mit Vollstreckungsmaßnahmen zu rechnen, wenn der Gebäudeversicherer vorher ein stattgebendes Urteil im Rückgriffsprozess erstreitet. Für den Mieter kann sogar der Fall eintreten, dass er letztlich den Prozess gegen seinen Haftpflichtversicherer verliert und den Prozess gegen den Gebäudeversicherer. Er wäre also, anders als der nicht haftpflichtversicherte Mieter, der Gefahr ausgesetzt, dass letztlich kein Versicherer den Schaden zu tragen hat, sondern er selbst. Die Streitverkündung an den Haftpflichtversicherer im Regressprozess ist ebenso wenig wie die ohnehin gegebene Bindungswirkung des Haftpflichturteils geeignet, alle streitigen Deckungsfragen im Haftpflichtversicherungsverhältnis abschließend zu klären. Das ist nur bei Voraussetzungsidentität der Fall (Senatsurteil vom 18. Februar 2004 - IV ZR 126/02 - VersR 2004, 590 unter III 1 m.w.N.). Der Regressverzicht des Gebäudeversicherers, der dem nicht haftpflichtversicherten Mieter zugute kommt, könnte deshalb beim haftpflichtversicherten Mieter unterlaufen werden. Das wiederum hätte Auswirkungen auf die Zahlungsfähigkeit des Mieters. Bei einer Deckungsablehnung des Haftpflichtversicherers wäre die Belastung des Mietverhältnisses deshalb nicht geringer, sondern eher stärker als dann, wenn der Mieter keine Haftpflichtversicherung hätte. Der haftpflichtversicherte Mieter stünde dann im Ergebnis schlechter als der nicht haftpflichtversicherte. Das aber läge nicht im Interesse des Vermieters, für den eine Haftpflichtversicherung des Mieters wegen von der Gebäudeversicherung nicht gedeckter Schäden dennoch vorteilhaft sein kann.
- 23
- (3) Abgesehen davon darf der Mieter, der die Versicherungsprämie der Gebäudeversicherung des Vermieters finanziert, im Verhältnis zum Vermieter die berechtigte Erwartung haben, dass ihm seine Aufwendungen im Schadensfall in irgendeiner Weise zugute kommen (vgl. BGH, Urteil vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04 - VersR 2005, 498 unter 2 und 3 vor a). Dabei ist es unerheblich, ob die Versicherungsprämie offen umgelegt oder in die Miete einkalkuliert worden ist (ebenso Armbrüster, ZMR 2001, 185 und r+s 1998, 221, 223; Prölss, ZMR 2001, 157; Gaul/Pletsch, NVersZ 2001, 490, 492). Bei einem typischen Mietvertrag über Wohnräume, aber auch über Gewerberäume liegt es auf der Hand, dass die Betriebskosten letztlich vom Mieter getragen werden, entweder offen ausgewiesen oder verdeckt. Jeder wirtschaftlich denkende Vermieter muss jedenfalls die Betriebskosten erwirtschaften. Der Mieter, der im Ergebnis die Prämie (mit-)trägt, darf also berechtigterweise vom Vermieter erwarten, hierfür eine Art Gegenleistung zu erhalten, die darin besteht , dass er in gewisser Weise geschützt ist, wenn er leicht fahrlässig einen Schaden verursacht. Die Erfüllung dieser berechtigten Erwartung des Mieters liegt aber auch im Interesse des Vermieters, weil anderenfalls das Vertragsverhältnis auch insoweit belastet werden kann.
- 24
- (4) Zusammengefasst geht das Interesse des Vermieters letztlich dahin, dass der Schadensfall, auch wenn einiges in den beiden Versicherungsverhältnissen und im Mietverhältnis in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht streitig sein sollte, ausschließlich auf der Ebene der beiden Versicherer geregelt wird. Nur dann ist der Zustand erreicht, den das Berufungsgericht und das Oberlandesgericht Düsseldorf sowie die überwiegende Auffassung in der Literatur als gegeben voraussetzen.
- 25
- (5) Dem Regressverzicht trotz Bestehens einer Haftpflichtversicherung des Mieters stehen berechtigte Interessen des Versicherers nicht entgegen, wie der Senat bereits im Urteil vom 8. November 2000 ausgeführt hat. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Gebäudeversicherer ein konkretes Risiko versichert, für das er eine bestimmte Prämie erhält. Welches Risiko er versichern will, ist seine Sache, er kann sich vorher darüber informieren. Er kann sich Aufklärung darüber verschaffen, ob Gebäude oder Wohnungen vermietet sind. Häufig wird sich das schon von selbst ergeben, beispielsweise bei Mehrfamilienhäusern und großen Mietshäusern. Bei einem Einfamilienhaus kann der Versicherer danach fragen, ob es vermietet ist oder nicht. Der Versicherer ist also in der Lage , eine risikogerechte Prämie zu verlangen. In diese kann er eventuelle Regressausfälle wegen des Regressverzichts einerseits und eventuelle Ausgleichserlöse nach § 59 VVG andererseits einkalkulieren.
- 26
- Wie e) der Senat durch Urteil vom 13. September 2006 (IV ZR 273/05) entschieden hat, steht dem Gebäudeversicherer gegen den Haft- Haftpflichtversicherer des Mieters in analoger Anwendung von § 59 Abs. 2 Satz 1 VVG ein Ausgleichsanspruch zu.
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 25.06.2003 - 1 O 6/03 -
OLG Köln, Entscheidung vom 23.12.2003 - 22 U 146/03 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Klägerin Die macht in ihrer Eigenschaft als Hausratversicherer Rückgriffsansprüche gegen die Beklagte wegen eines Brandschadens geltend. Der Versicherungsnehmer der Klägerin ist Eigentümer eines Zweifamilienhauses, in dem er das Erdgeschoß bewohnt. Das Dachgeschoss hatte er an den Ehemann der Beklagten vermietet, das beide mit ihren damals fünf und zehn Jahre alten Kindern bewohnten. Am 29. Mai 2001 brach im hinteren Teil des Balkons des Dachgeschosses Feuer aus. Das Dachgeschoss brannte aus. Durch Rauch und Ruß sowie durch Löschwasser wurde der Hausrat des Versicherungsnehmers erheblich beschädigt. Die Klägerin entschädigte ihn auf Basis des Neuwerts mit 42.481,51 €.
- 2
- Sie nimmt die Beklagte aus nach § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG übergegangenem Recht auf Ersatz des Zeitwerts von 10.484,92 € in Anspruch. Sie behauptet, die Beklagte habe den Brand grob fahrlässig herbeigeführt , entweder durch unvorsichtiges Zigarettenrauchen oder mangelnde Beaufsichtigung ihrer zündelnden Kinder. Der von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angenommene Regressverzicht (BGHZ 145, 393) könne, falls die Beklagte nur leicht fahrlässig gehandelt habe, gegenüber dem Hausratversicherer des Vermieters nicht eingreifen.
- 3
- Die Beklagte bestreitet eine Schadensverursachung durch sie oder ihre Kinder und beruft sich auf einen Regressverzicht.
- 4
- Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 6
- 1. Das Oberlandesgericht (VersR 2004, 592) entnimmt dem Hausratversicherungsvertrag einen Regressverzicht für den Fall leicht fahrlässiger Brandverursachung durch den Wohnungsmieter und die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebende Beklagte. Die Interessenlage, die der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in BGHZ 145, 393 zum Regressverzicht des Gebäudeversicherers zugrunde liege, gelte gleichermaßen für einen Hausratversicherungsvertrag, durch den der Hausrat des im selben Hause wohnenden Vermieters versichert sei. Im Schadensfall wäre die Vertragsbeziehung zu dem Mieter schon dadurch erheblich belastet , dass den Vermieter als Versicherungsnehmer die Obliegenheit treffe, den Versicherer bei der Durchsetzung seiner Regressforderung zu unterstützen. Des weiteren würde das Mietverhältnis dadurch belastet, dass sich der Mieter in seiner Erwartung getäuscht sehe, bei dem Brand des gegen Feuer versicherten Gebäudes, bei dem der ebenso versicherte Hausrat des Vermieters beschädigt werde, nicht in Anspruch genommen zu werden. Eine Differenzierung zwischen Gebäudeversicherung und Hausratversicherung ergebe sich dabei für den Mieter nicht. Für ihn wäre es nicht einsichtig, wenn der Hausratversicherer Regress nehmen könnte, während dies dem Gebäudeversicherer versagt sei. Für den versicherungsrechtlichen Laien erscheine es oft unverständlich, wenn er für einen nur leicht fahrlässig verursachten Brand einzustehen habe, obwohl eine Versicherung bestehe. Außerdem habe der Vermieter kein Interesse an der Belastung mit Regressforderungen, da sich dies auf die Mietzahlungen auswirken könne. Dem Umstand, dass der Mieter die Hausratversicherungsprämie nicht trage, komme keine entscheidende Bedeutung zu.
- 7
- Der 2. Ansicht des Berufungsgerichts ist nicht zu folgen. Es ist schon vom Ansatz her verfehlt, die Grundsätze zum Regressverzicht des Gebäudeversicherers auf die Hausratversicherung zu übertragen, wie Günther in der Anmerkung zum Berufungsurteil überzeugend dargelegt hat (VersR 2004, 595 f.). Der von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angenommene Regressverzicht bei leicht fahrlässig verursachten Schäden am Gebäude (BGHZ 145, 393, 398 ff.; Urteile vom 14. Februar 2001 - VIII ZR 292/98 - VersR 2001, 856 unter 2 b und c und vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04 - VersR 2005, 498 unter 2; Beschluss vom 12. Dezember 2001 - XII ZR 153/99 - VersR 2002, 433) setzt voraus, dass dem Schädiger das Gebäude oder Räume des Gebäudes im Rahmen eines Mietverhältnisses oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses zum Gebrauch überlassen worden sind, wobei sich der Regressverzicht auf Schäden am versicherten Gebäude insgesamt erstreckt. Dadurch wird der dem Gebäudeversicherer durch § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG an sich eröffnete Rückgriff beschränkt. Es ist nicht gerechtfertigt , diese Beschränkung durch Verselbständigung des Gesichtspunkts , eine Belastung des Mietverhältnisses sei zu vermeiden, auf die Hausratversicherung des im selben Hause wohnenden Vermieters auszudehnen. Vertragliche Beziehungen in Gestalt eines Gebrauchsrechts und von Obhutspflichten bestehen nur hinsichtlich des Gebäudes, nicht aber hinsichtlich des Hausrats des Vermieters. Da der Mieter in keiner Weise die Prämie für die Hausratversicherung zu tragen hat, wird weder er noch der Vermieter auf den Gedanken kommen, der Vermieter sei irgendwie gehalten, den Mieter vor einem Regress des Hausratversicherers zu bewahren. Würde man der Ansicht des Berufungsgerichts folgen, müsste, um eine Belastung des Mietverhältnisses zu vermeiden, etwa auch dem Kraftfahrzeug-Kaskoversicherer und dem Krankheitskostenversicherer des Vermieters ein Regressverzicht zugemutet werden, wenn der Mieter das Kraftfahrzeug des Vermieters beschädigt oder den Vermieter verletzt. Gleiches müsste umgekehrt für die entsprechenden Versicherer des Mieters gelten, weil deren Rückgriff auf den Vermieter ebenfalls zu einer Belastung des Mietverhältnisses führen würde. Deshalb ist auch die dem Berufungsgericht teilweise zustimmende Ansicht von Prölss (ZMR 2004, 389, 390 f.) abzulehnen.
- 8
- Der 3. Regress ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil es wegen eines stillschweigenden mietvertraglichen Haftungsverzichts wegen leicht fahrlässiger Schadensverursachung (vgl. BGHZ 131, 288) an einem nach § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG übergegangenen Anspruch fehlt. Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine generelle mietvertragliche Haftungsbegrenzung auf vorsätzliche oder grob fahrlässige Schadensverursachung nicht mehr anzunehmen (Urteil vom 3. November 2004 aaO). Davon abgesehen betraf die frühere Rechtsprechung zum Haftungsverzicht bei der Überlassung von Gebäuderäumen ebenfalls nur den Regress des Gebäudeversicherers. Die vor Einführung von § 15 Abs. 2 AKB zur Kaskoversicherung ergangene Entscheidung (BGHZ 22, 109) hat eine Haftungsbeschränkung angenommen , weil das Kraftfahrzeug gemietet war und der Mieter die Zahlung der Prämie übernommen hatte.
- 9
- 4. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil Grund und Höhe des Anspruchs streitig sind.
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Ulm, Entscheidung vom 21.08.2003 - 6 O 107/03 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 30.12.2003 - 7 U 165/03 -
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
In diesem Umfang wird das vorbezeichnete Urteil gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 59.075,27 €
Gründe:
- 1
- Das Berufungsurteil ist im Umfang des in der Beschwerde angekündigten Revisionsantrags gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, weil das Berufungsgericht den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt hat. Es hat zwar unter Hinweis auf die Senatsurteile vom 13. September 2006 (BGHZ 169, 86 und IV ZR 116/05 - NJW 2006, 3711) zutreffend entschieden, dass der Regress der Klägerin in ihrer Eigenschaft als Gebäudeversicherer ausgeschlossen ist. Es hat aber übersehen , dass die Klägerin in Höhe von 59.075,27 € nebst Zinsen auch einen auf sie in ihrer Eigenschaft als Hausratversicherer nach § 67 Abs. 1 VVG a.F. übergegangenen Schadensersatzanspruch geltend macht. Die Rechtsprechung des Senats zum Regressverzicht des Gebäudeversicherers kann auf die Hausratversicherung des Vermieters nicht übertragen werden (Senatsurteil vom 13. September 2006 - IV ZR 26/04 - NJW 2006, 3714).
- 2
- Der Gehörsverstoß ist entscheidungserheblich, weil die Voraussetzungen des Familienprivilegs nach § 67 Abs. 2 VVG a.F. (vgl. dazu BGH, Urteil vom 12. November 1985 - VI ZR 223/84 - VersR 1986, 333) nicht festgestellt sind.
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 10.11.2005 - 22 O 506/04 -
OLG Köln, Entscheidung vom 01.03.2007 - 10 U 4/06 -
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.