Bundesgerichtshof Urteil, 10. Feb. 2009 - VI ZR 28/08

bei uns veröffentlicht am10.02.2009
vorgehend
Landgericht Tübingen, 4 O 397/06, 05.06.2007
Oberlandesgericht Stuttgart, 5 U 161/07, 07.01.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 28/08 Verkündet am:
10. Februar 2009
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 157 D, 276 Da
Zur Annahme einer wechselseitigen Haftungsbeschränkung im Wege ergänzender
Vertragsauslegung einer Absprache über das Anmieten und Führen eines Mietwagens
im Ausland.
BGH, Urteil vom 10. Februar 2009 - VI ZR 28/08 - OLG Stuttgart
LG Tübingen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Februar 2009 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Zoll, die
Richterin Diederichsen, den Richter Pauge und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 7. Januar 2008 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz, Schmerzensgeld sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige materielle und immaterielle Schäden in Anspruch.
2
Die in Deutschland ansässigen Parteien, die sich 1999 beim Medizinstudium kennen gelernt hatten, fassten gemeinsam den Entschluss, drei Monate des damals für die Ausbildung zur Ärztin erforderlichen praktischen Jahres an einer Klinik in Südafrika zu verbringen. Nach ihrer Ankunft in Kapstadt mieteten sie am 2. Januar 2004 auf den Namen der Beklagten und unter Verwendung von deren Lufthansa-Kreditkarte einen Pkw mit Schaltgetriebe. Beide hatten vereinbart, dass ihnen das Fahrzeug für die Dauer des Aufenthalts in Südafrika gemeinsam zur Verfügung stehen sollte, sie die hieraus resultierenden Kosten gemeinsam tragen und sich beim Fahren abwechseln würden. Die Parteien waren mit der in Südafrika geltenden gesetzlichen Regelung zum Schutz von Verkehrsteilnehmern bei Personen- und Sachschäden nicht vertraut und gingen übereinstimmend davon aus, dass bei einem Unfall im Straßenverkehr eine dem Rechtszustand in Deutschland vergleichbare Absicherung bestehe. Das von dem Mietwagenunternehmen unterbreitete Angebot auf Abschluss einer privaten Unfallversicherung nahmen die Parteien nicht an.
3
Am 9. Januar 2004 unternahmen die Parteien einen Wochenendausflug. Hierbei wurde der Wagen von der Beklagten gesteuert. Die Klägerin hatte es abgelehnt, das Fahrzeug während des Wochenendausflugs zu führen, weil sie mit dem Schaltgetriebe nicht vertraut war. Bei der Rückfahrt am 11. Januar 2004 bog die Beklagte unter Missachtung des in Südafrika geltenden Linksfahrgebotes von einem Feldweg auf die N 7 National Road ein und befuhr verkehrswidrig die rechte Fahrbahn. Kurze Zeit nach dem Abbiegevorgang kollidierte sie frontal mit einem ordnungsgemäß auf der linken Fahrbahn fahrenden Fahrzeug, das wegen einer Kurve aus der Distanz nicht erkennbar war. Die Klägerin wurde bei dem Unfall erheblich verletzt.
4
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Ersatz ihres unfallbedingten materiellen Schadens in Höhe von 19.052,97 €, die Zahlung eines Schmerzensgelds in Höhe von mindestens 20.000 € sowie die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftige materielle und immaterielle Schäden aus dem Unfallereignis , soweit die Ersatzansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind. Sie ist der Auffassung, die Haftung der Beklagten sei nicht auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Die Beklagte habe den Unfall aber auch grob fahrlässig herbeigeführt.
5
Das Landgericht hat mit Teil- und Grundurteil die Zahlungsanträge dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und dem Feststellungsantrag stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in VersR 2008, 934 abgedruckt ist, verneint eine Haftung der Beklagten für die Unfallschäden der Klägerin. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche seien gemäß Art. 40 Abs. 2 Satz 1 EGBGB nach deutschem Haftungsrecht zu beurteilen, da beide Parteien im Unfallzeitpunkt ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt hätten. Die Beklagte habe den Unfall zwar schuldhaft herbeigeführt. Zu ihren Gunsten greife aber ein Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit ein. Dieser könne zwar nicht aus einer konkludent geschlossenen Vereinbarung abgeleitet werden. Er ergebe sich jedoch aus einer ergänzenden Vertragsauslegung im Rahmen eines gesellschaftsähnlichen Verhältnisses bzw. eines von einer Gefahrgemeinschaft getragenen Auftragsverhältnisses. Hätten die Parteien gewusst, dass sie aufgrund der besonderen versicherungsrechtlichen Lage in Südafrika keinen Versicherungsschutz für von ihnen bei der Nutzung des Mietfahrzeugs verursachte und erlittene Personenschäden genössen, so hätten sie angesichts des durch den Linksverkehr noch erhöhten Haftungsrisikos und der zwischen ihnen bestehenden Gefahrgemeinschaft billigerweise einen wechselseitigen Haftungsverzicht für einfache Fahrlässigkeit vereinbart. Nur eine solche sei der Beklagten im konkreten Fall vorzuwerfen. Angesichts des Umstandes, dass die Beklagte das Fahrzeug vor dem Unfall nur verhältnismäßig wenig im ungewohnten Linksverkehr bewegt und sich nach einem Abbiegevorgang auf der falschen rechten Fahrspur eingeordnet habe, sei in subjektiver Hinsicht der Vorwurf eines schweren Verschuldens nicht gerechtfertigt. Der Haftungsausschluss erstrecke sich auch auf Ansprüche der Klägerin aus §§ 7, 18 StVG und solche wegen schuldhafter Verletzung von sich aus einem Vertrag über eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts ergebenden Sorgfaltspflichten. Die Behauptung der Klägerin, die Parteien hätten die vom Mietwagenunternehmen angebotene persönliche Unfallversicherung nur deshalb nicht abgeschlossen, weil die Beklagte angegeben habe, bei einer Bezahlung mit ihrer Kreditkarte bestehe ein privater Unfallversicherungsschutz, könne nicht Grundlage einer deliktischen oder vertraglichen Haftung der Beklagten sein, da die Klägerin ihre Behauptung nicht habe beweisen können.

II.

7
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
8
1. Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche nach deutschem Recht zu beurteilen sind.
9
a) Hinsichtlich der deliktischen Ansprüche ergibt sich dies aus Art. 40 Abs. 2 Satz 1 EGBGB. Die Parteien hatten, wie in dieser Norm vorausgesetzt, ihren gewöhnlichen Aufenthalt zum Unfallzeitpunkt in Deutschland. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Parteien zu diesem Zeitpunkt in Südafrika aufhielten und erst nach Ablauf von drei Monaten nach Deutschland zurückkehren wollten. Denn der gewöhnliche Aufenthalt wird durch eine zeitweilige Abwesen- heit auch von längerer Dauer nicht aufgehoben, sofern - wie im Streitfall - die Absicht besteht, an den früheren Aufenthaltsort zurückzukehren (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 1993 - XII ZB 93/90 - NJW 1993, 2047, 2048; BayObLG, NJW 1993, 670; Spickhoff in Bamberger/Roth, BGB, Stand 1. Januar 2008, Art. 40 EGBGB Rn. 32). Dem Deliktsstatut unterliegen auch Ansprüche aus Gefährdungshaftung (vgl. Spickhoff in Bamberger/Roth, aaO, Rn. 8; BTDrucks. 14/343 S. 11).
10
b) Hinsichtlich der Ansprüche der Klägerin wegen schuldhafter Verletzung von sich aus einem Vertrag über eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts ergebenden Sorgfaltspflichten folgt die Anwendbarkeit deutschen Rechts aus Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB. Eine entsprechende konkludente Rechtswahl im Sinne des Art. 27 Abs. 1 Satz 2 EGBGB ergibt sich daraus, dass die in Deutschland ansässigen Parteien ihre Rechtsbeziehungen zueinander gewissermaßen nach Südafrika mitgenommen haben (vgl. Senatsurteil vom 23. Januar 1996 - VI ZR 291/94 - VersR 1996, 515, 517) und sich ihre in deutscher Sprache getroffene Abrede über die gemeinsame Nutzung des Mietwagens als Fortsetzung der in Deutschland begonnenen Planung und Organisation ihres gemeinsamen Aufenthalts in Südafrika darstellt. Die Bereichsausnahme für gesellschaftsrechtliche Fragen gemäß Art. 37 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB gilt für Innengesellschaften, in denen die jeweiligen Vertragsparteien wie im Streitfall nach außen allein, im Innenverhältnis aber für die gemeinsame Rechnung der Parteien handeln (vgl. zur Innengesellschaft BGH, Urteil vom 26. Juni 1989 - II ZR 128/88 - NJW 1990, 573, 574) nicht (vgl. Spickhoff in Bamberger/Roth, aaO, Art. 37 EGBGB Rn. 4; OLG Frankfurt, VersR 1999, 1428, 1430).
11
2. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte den Verkehrsunfall vom 11. Januar 2004 schuldhaft herbeigeführt hat.
12
3. Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht unter den besonderen Umständen des Streitfalles eine Beschränkung der Haftung der Beklagten auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz angenommen hat.
13
a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich eine Haftungsbeschränkung zwischen Insasse und Fahrer eines Fahrzeugs bei Fehlen einer ausdrücklichen Abrede aus einer konkludent getroffenen Vereinbarung oder im Wege ergänzender Vertragsauslegung auf der Grundlage des § 242 BGB ergeben kann (vgl. Senat BGHZ 41, 79, 81; 43, 72, 76; Urteile vom 14. Februar 1978 - VI ZR 216/76 - VersR 1978, 625; vom 14. November 1978 - VI ZR 178/77 - VersR 1979, 136; vom 18. Dezember 1979 - VI ZR 52/78 - VersR 1980, 426; vom 15. Januar 1980 - VI ZR 191/78 - VersR 1980, 384, 385 und vom 13. Juli 1993 - VI ZR 278/92 - VersR 1993, 1092, 1093; vgl. auch BGH, BGHZ 152, 391, 396). Eine Haftungsbeschränkung kann demgegenüber nicht - auch wenn die Abrede über das Führen des Kfz wie vom Berufungsgericht im Streitfall zutreffend angenommen als Gesellschaftsvertrag zu qualifizieren ist - § 708 BGB entnommen werden. Denn der in dieser Bestimmung geregelte Haftungsmaßstab der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten kann nicht allgemein für die Pflichten im Straßenverkehr gelten (vgl. Senat BGHZ 46, 313, 317 f.; Urteil vom 14. November 1978 - VI ZR 178/77 - aaO).
14
b) Die Revision nimmt es als ihr günstig hin, dass das Berufungsgericht den Umständen des Streitfalles keine Anhaltspunkte für die konkludente Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung entnommen hat. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
15
c) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , der Absprache der Parteien über das Anmieten und Führen des Mietwagens sei im Wege ergänzender Vertragsauslegung ein wechselseitiger Haftungsverzicht für einfache Fahrlässigkeit beizulegen.
16
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats kann ein Haftungsverzicht, an den bei Abschluss der Vereinbarung niemand gedacht hat, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung auf der Grundlage des § 242 BGB nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände angenommen werden. Voraussetzung ist grundsätzlich, dass der Schädiger, wäre die Rechtslage vorher zur Sprache gekommen, einen Haftungsverzicht gefordert und sich der Geschädigte dem ausdrücklichen Ansinnen einer solchen Abmachung billigerweise nicht hätte versagen dürfen (vgl. Senat, Urteile vom 14. Februar 1978 - VI ZR 216/76 - aaO; vom 14. November 1978 - VI ZR 178/77 - aaO S. 137; vom 18. Dezember 1979 - VI ZR 52/78 - aaO S. 427 und vom 15. Januar 1980 - VI ZR 191/78 - aaO S. 386; vgl. auch BGH, BGHZ 152, 391, 396). An diesen Voraussetzungen fehlt es regelmäßig, wenn der Schädiger gegen Haftpflicht versichert ist (vgl. Senatsurteile vom 18. Dezember 1979 - VI ZR 52/78 - aaO S. 427; vom 15. Januar 1980 - VI ZR 191/78 - aaO und vom 13. Juli 1993 - VI ZR 278/92 - aaO S. 1093; BGH, BGHZ 152, 391, 396). Denn eine Haftungsbeschränkung , die nicht den Schädiger, sondern den Haftpflichtversicherer entlastet, entspricht in der Regel nicht dem Willen der Beteiligten (Senatsurteil vom 13. Juli 1993 - VI ZR 278/92 - aaO m.w.N.). Für die Annahme eines Haftungsverzichts genügen für sich genommen auch die bloße Mitnahme eines anderen aus Gefälligkeit, enge persönliche Beziehungen zwischen den Beteiligten oder das Bestehen eines ungewöhnlichen Haftungsrisikos nicht. Erforderlich ist vielmehr grundsätzlich, dass der Schädiger keinen Haftpflichtversicherungsschutz genießt, für ihn ein nicht hinzunehmendes Haftungsrisiko bestehen würde und darüber hinaus besondere Umstände vorliegen, die im konkreten Fall einen Haftungsverzicht als besonders nahe liegend erscheinen lassen (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 1993 - VI ZR 278/92 - aaO m.w.N.). Besondere Umstän- de in diesem Sinn hat der Senat beispielsweise in Fällen angenommen, in denen der Geschädigte ein besonderes Interesse an der Übernahme des Steuers durch den Schädiger hatte, das Haftungsrisiko des Schädigers durch besondere Umstände deutlich erhöht war, der Geschädigte für die Abdeckung seines Risikos zumutbarer sorgen konnte als der Schädiger oder der Geschädigte den Schutz der gesetzlichen Unfall- oder Krankenversicherung genoss (vgl. Senatsurteile vom 14. Februar 1978 - VI ZR 216/76 - aaO; vom 14. November 1978 - VI ZR 178/77 - aaO; vom 18. Dezember 1979 - VI ZR 52/78 - aaO und vom 15. Januar 1980 - VI ZR 191/78 - aaO).
17
bb) Ob der Tatrichter nach diesen Grundsätzen zu Recht eine Haftungsbeschränkung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung angenommen hat, ist mit der Revision nur eingeschränkt angreifbar (vgl. Senatsurteile vom 14. November 1978 - VI ZR 178/77 - aaO; vom 13. Juli 1993 - VI ZR 278/92 - aaO). Dies gehört grundsätzlich zum Bereich der tatrichterlichen Feststellung und ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob das Berufungsgericht Auslegungs- und Ergänzungsregeln oder Denk- und Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände unbeachtet gelassen hat (vgl. BGHZ 111, 110, 115; Urteil vom 17. April 2002 - VIII ZR 297/01 - NJW 2002, 2310; vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 397/03 - NJW-RR 2005, 1619, 1621).
18
cc) Dem Berufungsgericht sind bei der Auslegung der Abrede der Parteien keine Rechtsfehler unterlaufen.
19
(1) Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für die Annahme eines Haftungsverzichts im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nicht verkannt. Es hat - von der Revision unbeanstandet - festgestellt, dass die Beklagte ohne eine Haftungsbeschränkung einem - von den Parteien aufgrund ihres Irrtums über die Versicherungsrechtslage in Südafrika nicht bedachten - nicht hin- zunehmenden Haftungsrisiko ausgesetzt wäre. Die Beklagte genoss keinen oder nur einen völlig unzureichenden Versicherungsschutz, da in Südafrika keine Pflicht zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung besteht und Ersatzansprüche gegen den aus diesem Grund eingerichteten South African Road Accident Fund bzw. gegen die möglicherweise über das Mietwagenunternehmen bestehende Unfallversicherung auf Beträge begrenzt sind, die so gering sind, dass dies dem Fehlen von Versicherungsschutz annähernd gleich steht.
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Das Berufungsgericht hat auch besondere Umstände festgestellt, die in der gebotenen Gesamtbetrachtung einen Haftungsverzicht als besonders nahe liegend erscheinen lassen. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts kannten sich die Parteien seit längerer Zeit, hatten den mehrmonatigen Aufenthalt in Südafrika gemeinsam geplant und waren durch die - vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei als Innengesellschaft bürgerlichen Rechts qualifizierte - Absprache miteinander verbunden, das gemietete Fahrzeug gemeinsam zu nutzen, die Kosten gemeinsam zu tragen und sich beim Fahren abzuwechseln. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht hieraus abgeleitet , dass jede der Parteien in austauschbarer Weise aus einem Unfall als Anspruchsteller oder Anspruchsgegner hätte hervorgehen können und beide deshalb eine Gefahrgemeinschaft bildeten. Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, war die Gefahr, einen Unfall zu verursachen, durch besondere Umstände, nämlich das Linksfahrgebot stark erhöht. Es ist eine Erfahrungstatsache , dass eine Fahrt im ungewohnten Linksverkehr auch nach Aneignung einer gewissen Fahrpraxis von wenigen Wochen oder Monaten ganz erhebliche Unfallrisiken mit sich bringt, da auch dann noch die Gefahr besteht, dass der Fahrer in jahrelang geübte, automatisch ablaufende Verhaltensweisen wie die Einhaltung des Rechtsfahrgebots zurückfällt. Bei dieser Sachlage ist die Annahme des Berufungsgerichts, die Parteien hätten billigerweise einen wechselseitigen Haftungsverzicht für einfache Fahrlässigkeit vereinbart, wenn sie sich nicht im Irrtum über die versicherungsrechtliche Lage in Südafrika befunden und die eventuellen Folgen eines Unfalls bedacht hätten, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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(2) Demgegenüber bleibt der Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die Haftungsbeschränkung der Beklagten nicht damit begründen dürfen, dass die Klägerin das Führen des gemeinsam angemieteten Fahrzeugs während des Wochenendausflugs der Parteien abgelehnt und daher durchaus ein Interesse daran gehabt habe, dass die Beklagte das Steuer übernehme, der Erfolg versagt. Denn auf diese Begründung stützt das Berufungsgericht das von ihm gewonnene Auslegungsergebnis eines wechselseitigen Haftungsverzichtes nicht. Bei den von der Revision zitierten Ausführungen des Berufungsgerichts handelt es sich - wie sich aus dem Begründungszusammenhang ohne weiteres ergibt - lediglich um ergänzende Überlegungen, die die Annahme eines einseitigen Haftungsverzichts der Klägerin im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung der ursprünglichen Absprache oder der Abrede über die Nutzung des Fahrzeugs für den Wochenendausflug nahe legen, die aber das vom Berufungsgericht unabhängig von der Weigerung der Klägerin gewonnene, maßgeblich auf den Gesichtspunkt der Gefahrgemeinschaft gestützte Auslegungsergebnis eines wechselseitigen Haftungsausschlusses nicht tragen.
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Soweit die Revision darauf verweist, bei der gemeinsamen Nutzung eines Fahrzeugs im Rahmen eines gesellschaftsähnlichen Rechtsverhältnisses bestehe für den Beifahrer kein Anlass, einer Haftungsbeschränkung des Fahrers zuzustimmen, bei Fahrten im Ausland habe der Beifahrer gerade wegen der fremden oder sogar unbekannten Rechts- und Verfahrensordnung ein besonderes Interesse daran, dass der Fahrer mit größtmöglicher Sorgfalt handle, setzt sie lediglich in unzulässiger Weise ihre eigene Wertung an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung.
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(3) Entgegen der Auffassung der Revision widerspricht die Annahme eines wechselseitigen Haftungsverzichts bei einfacher Fahrlässigkeit nicht dem tatsächlichen Willen der Parteien. Die Revision kann dieser Annahme auch nicht mit Erfolg entgegen halten, dass für die ergänzende Auslegung der Abrede der Parteien noch andere Gestaltungsmöglichkeiten denkbar seien.
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Die Revision verweist allerdings zu Recht darauf, dass die ergänzende Vertragsauslegung ihre Grenze an dem tatsächlichen Parteiwillen findet und nicht zu einer Abänderung oder Erweiterung des Vertragsgegenstands führen darf (vgl. BGHZ 9, 273, 278; 90, 69, 77; BGH, Urteil vom 31. Januar 1995 - XI ZR 56/94 - VersR 1995, 788, 789; vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 397/03 - NJW-RR 2005, 1619, 1621; Busche in MünchKomm-BGB, 5. Aufl., § 157 Rn. 54 f.). Denn im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung darf lediglich der Vertragsinhalt, nicht hingegen der Vertragswille ergänzt werden (vgl. BGHZ 9, 273, 278). Eine ergänzende Vertragsauslegung hat auch zu unterbleiben, wenn nicht erkennbar ist, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten , wenn sie den von ihnen nicht geregelten Fall bedacht hätten (vgl. BGHZ 147, 99, 105; Urteil vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 397/03 - NJW-RR 2005, 1619, 1621). Dies gilt insbesondere dann, wenn mehrere gleichwertige Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kommen (vgl. BGHZ 90, 69, 80; 147, 99, 106).
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Ohne Erfolg macht die Revision geltend, nach dem Vortrag der Parteien hätten diese, wenn sie Kenntnis von der Versicherungsrechtslage in Südafrika gehabt hätten, für einen die Schäden der Klägerin abdeckenden Unfallversicherungsschutz gesorgt, insbesondere die vom Mietwagenunternehmen angebotene Unfallversicherung abgeschlossen. Denn sie seien nicht bereit gewesen, die wirtschaftlichen Risiken eines Unfalls mit dem Fahrzeug selbst zu tragen. Hieraus ergibt sich unmittelbar, dass die Parteien auf keinen Fall für die Folgen ei- nes von ihnen infolge leichter Fahrlässigkeit verursachten Verkehrsunfalls persönlich haften, d.h. sich unter Umständen Existenz bedrohenden Schadensersatzansprüchen ausgesetzt sehen wollten. Hieraus ergibt sich auch, dass sie im Falle einer Schädigung zwar Ersatz ihrer Schäden erlangen wollten, sich hierfür aber nicht gegenseitig in Anspruch nehmen, sondern auf eine Versicherung zugreifen wollten. Dementsprechend hätten die Parteien, wenn sie Kenntnis von der Versicherungsrechtslage in Südafrika gehabt hätten, zwar die vom Mietwagenunternehmen angebotene persönliche Unfallversicherung abgeschlossen. Dies bedeutet aber nicht, dass sie in diesem Fall keinen wechselseitigen Haftungsverzicht für einfache Fahrlässigkeit vereinbart hätten. Die Revision verweist selbst darauf, dass die Geltendmachung und Durchsetzung von Versicherungsansprüchen im Ausland regelmäßig mit erheblichen Hindernissen und Risiken verbunden ist, weshalb die Möglichkeit besteht, dass der Geschädigte nicht die ausländische Versicherung, sondern den Schädiger in Anspruch nimmt. Darüber hinaus sehen Unfallversicherungen üblicherweise - wie auch die möglicherweise über das Mietwagenunternehmen bestehende südafrikanische Unfallversicherung - Haftungsbegrenzungen vor. Schließlich bestand für den jeweiligen Schädiger die Gefahr, vom südafrikanischen Unfallversicherungsträger oder von gegebenenfalls neben diesem leistenden Kranken- oder Rentenversicherungsträgern in Regress genommen zu werden.
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Bei dieser Sachlage hätten sich redliche Vertragsparteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben nicht darauf beschränkt, die vom Mietwagenunternehmen angebotene Unfallversicherung abzuschließen und sich die Kosten zu teilen, sondern zusätzlich einen wechselseitigen Haftungsverzicht für einfache Fahrlässigkeit vereinbart.
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Zur Annahme eines Haftungsverzichts für einfache Fahrlässigkeit gibt es auch keine andere gleichwertige Auslegungsalternative. Entgegen der Auffas- sung der Revision hätten die Parteien insbesondere nicht die gemeinsame Übernahme aller Unfallrisiken mit der Folge vereinbart, dass die Schäden der Klägerin jeweils zur Hälfte von ihr und der Beklagten zu tragen gewesen wären. Eine derartige Regelung wäre in keiner Weise interessengerecht gewesen. Sie hätte dazu geführt, dass der jeweilige Schädiger unter Umständen Existenz bedrohenden Regressansprüchen des Kranken- und gegebenenfalls sogar des Rentenversicherungsträgers des Geschädigten ausgesetzt gewesen wäre. Die hälftige Teilung sämtlicher Schäden hätte eine erhebliche Erweiterung der eingegangenen Verpflichtung und die Schaffung einer über den wesentlichen Inhalt des Vertrags hinausgehenden zusätzlichen Bindung dargestellt, auf die sich die Parteien redlicherweise nicht hätten einlassen müssen (vgl. BGHZ 77, 301, 304; BGH, Urteil vom 6. Juli 1989 - III ZR 35/88 - NJW-RR 1989, 1490, 1491). Sie würde zudem entgegen dem mutmaßlichen Parteiwillen Sach- und Krankenversicherer entlasten (vgl. Senat, Urteil vom 29. Januar 2008 - VI ZR 98/07 - VersR 2008, 540, 541 m.w.N.).
28
Die Revision rügt in diesem Zusammenhang ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft keine Feststellungen zu der Behauptung der Klägerin getroffen, der Abschluss der Unfallversicherung sei aufgrund einer Fehlinformation der Beklagten über den mit ihrem Kreditkartenvertrag verbundenen Unfallversicherungsschutz unterblieben. Die Revision übersieht, dass das Berufungsgericht die Klägerin insoweit für beweisfällig gehalten hat. Diese Annahme lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
29
4. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Beklagte habe den Unfall nicht grob fahrlässig herbeigeführt.
30
a) Die tatrichterliche Entscheidung, ob dem Schädiger der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, ist mit der Revision nur beschränkt angreifbar.
Der Nachprüfung unterliegt lediglich, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (st.Rspr., vgl. Senatsurteile BGHZ 163, 351, 353; vom 8. Mai 1984 - VI ZR 296/82 - VersR 1984, 775, 776; vom 12. Januar 1988 - VI ZR 158/87 - VersR 1988, 474; vom 18. Oktober 1988 - VI ZR 15/88 - VersR 1989, 109 und vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00 - VersR 2001, 985).
31
b) Dem Berufungsgericht sind bei der tatrichterlichen Bewertung des Verhaltens der Beklagten keine Rechtsfehler unterlaufen.
32
aa) Das Berufungsgericht hat der Bewertung des Verhaltens der Beklagten zu Recht deutsches Recht zugrunde gelegt. Allerdings beurteilt sich die Frage, ob ein Fehlverhalten im Straßenverkehr als grob anzusehen ist, grundsätzlich nach den am Tatort geltenden Verkehrsnormen. Denn diese liefern nicht nur die in der jeweiligen Verkehrssituation maßgebenden Verhaltensgebote , sondern auch den Sorgfaltsmaßstab, an dem das Verschulden eines Verkehrsteilnehmers im Fall seines Versagens zu messen ist. Etwas anderes gilt aber dann, wenn es um die Rechtsbeziehungen der Insassen eines Fahrzeuges zueinander (Fahrer und Beifahrer) geht. In solchen Fallkonstellationen rechtfertigt sich die Anwendung des Rechts des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts in Durchbrechung des Tatortprinzips aus der Erwägung, dass die Beteiligten ihre Rechtsbeziehungen zueinander - und damit auch die Sorgfaltspflichten des einen gegenüber dem anderen - in dem Fahrzeug gewissermaßen mitgenommen haben. Dies gilt insbesondere für die deliktische Pflicht zur Schadensverhütung und -verminderung (vgl. Senatsurteil vom 23. Januar 1996 - VI ZR 291/94 - VersR 1996, 515, 517 m.w.N.).
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bb) Das Berufungsgericht hat den Begriff der groben Fahrlässigkeit nicht verkannt.
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Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ein objektiv grober Pflichtenverstoß rechtfertigt für sich allein noch nicht den Schluss auf ein entsprechend gesteigertes persönliches Verschulden, nur weil ein solches häufig damit einhergeht. Vielmehr ist ein solcher Vorwurf nur dann gerechtfertigt, wenn eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegt, die das in § 276 Abs. 2 BGB bestimmte Maß erheblich überschreitet (st.Rspr.; vgl. zuletzt Senatsurteile vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00 - VersR 2001, 985, 986 und vom 12. Juli 2005 - VI ZR 83/04 - VersR 2005, 1559, insoweit in BGHZ 163, 351 nicht abgedruckt; BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - IV ZR 173/01 - VersR 2003, 364).
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Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet. Es hält den Verstoß der Beklagten gegen das Linksfahrgebot ersichtlich für einen objektiv groben Pflichtenverstoß, verneint aber in tatrichterlicher Würdigung der Umstände des Streitfalles das Vorliegen einer subjektiv schlechthin unentschuldbaren Pflichtverletzung.
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cc) Das Berufungsgericht hat bei seiner tatrichterlichen Wertung des Verhaltens der Beklagten auch keine wesentlichen Umstände außer Acht gelassen.
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Die Revision rügt ohne Erfolg, der Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe das Fahrzeug vor dem Unfall nur verhältnismäßig wenig im ungewohnten Linksverkehr bewegt, fehle jede Grundlage. Die von der Revision angegriffenen Ausführungen des Berufungsgerichts enthalten keine Feststellung , sondern eine Wertung ("verhältnismäßig wenig"), die das Berufungsgericht aus seiner von der Revision nicht angegriffenen Feststellung ableitet, dass zwischen der Anmietung des Mietwagens und dem Unfall eine Zeitspanne von wenigen Tagen lag. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht im Rahmen dieser Wertung dem Vortrag der Klägerin, wonach die Beklagte vor dem Unfall bereits verschiedene Fahrten durchgeführt, das Fahrzeug sehr sicher bewegt und mit dem Linksverkehr überhaupt keine Schwierigkeiten gehabt habe, nicht weiter nachgegangen ist. Diesen Vortrag durfte das Berufungsgericht unter den Umständen des Streitfalles ohne Rechtsfehler für unerheblich halten. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang zu Recht dem Umstand besondere Bedeutung beigemessen, dass sich die Beklagte unmittelbar nach einem Abbiegevorgang auf der falschen rechten Fahrspur eingeordnet hat, und auf die Erfahrungstatsache hingewiesen, dass ein Abbiegevorgang aufgrund automatisierten Verhaltens im gewohnten Rechtsverkehr relativ leicht zu einem Fahrfehler im Linksverkehr führen kann. Auch nach Aneignung einer gewissen Fahrpraxis im Linksverkehr besteht die Gefahr fort, automatisch in Verhaltensweisen zurückzufallen, die sich - wie die Beachtung des Rechtsfahrgebots - aufgrund langjähriger Übung fest eingeprägt haben und in das Unterbewusstsein übergegangen sind, sobald eine Situation auftritt, die gesteigerte Aufmerksamkeit erfordert oder die Aufmerksamkeit auf andere Gesichtspunkte als die Beachtung des Linksfahrgebots lenkt. In diesem Zusammenhang kommt es entgegen der Auffassung der Revision nicht darauf an, ob der Feldweg, von dem die Beklagte in die National Road N 7 einbog, diese kreuzte oder nur in sie einmündete ("T-Kreuzung"). Denn in beiden Fällen erforderte der Abbiegevorgang wegen der erforderlichen Eingliederung in den dort möglicherweise vorhandenen Verkehr erhöhte Aufmerksamkeit. Der Umstand , dass die National Road N 7 im Unfallzeitpunkt nicht befahren war, be- günstigte dabei sogar den Rückfall in automatisierte Verhaltensweisen. Denn vorhandener Verkehr hätte der Beklagten die Notwendigkeit der Nutzung der linken Fahrbahn unmittelbar vor Augen geführt.
38
Die Revision wendet sich schließlich auch ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Fahrfehler habe sich der Beklagten nicht aufgedrängt. Das Berufungsgericht hat hierzu - von der Revision unbeanstandet - festgestellt, dass das entgegenkommende Fahrzeug wegen einer Kurve aus der Distanz nicht erkennbar war und sich der Unfall in kurzer Entfernung von ca. 200 m vom Kreuzungsbereich ereignete. Mit dem Vorbringen, die Beklagte habe für die Strecke von 200 m nicht - wie vom Berufungsgericht zugrunde gelegt - 10 Sekunden, sondern mindestens 18 Sekunden gebraucht, kann die Revision nicht durchdringen. Bei den von der Klägerin als unrichtig beanstandeten Ausführungen des Berufungsgerichts handelt es sich um eine tatbestandliche Darstellung im Rahmen der Urteilsgründe des Berufungsurteils, die nach § 314 ZPO Beweis für das mündliche Parteivorbringen in der Berufungsinstanz erbringt (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04 - NJW-RR 2007, 1434; Musielak/Ball, ZPO, 6. Aufl., § 559 Rn. 15). Der Umstand, dass diese tatbestandliche Feststellung im Berufungsurteil nicht im Rahmen der Darstellung des Sach- und Streitstandes (vgl. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) sondern in den Ausführungen des Berufungsgerichts zur Begründung seiner Entscheidung (vgl. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) wiedergegeben ist, führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 1997 - IV ZR 275/96 - NJW 1997, 1931; Musielak/Ball, aaO, Rn. 16). Die Beweiswirkung des § 314 ZPO kann nur durch das Sitzungsprotokoll, nicht jedoch durch den Inhalt der Schriftsätze entkräftet werden (BGHZ 140, 335, 339; BGH, Urteil vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04 - aaO). Da die von der Revision als unrichtig beanstandete tatbestandliche Darstellung weder in Widerspruch zu den Feststellungen im Sitzungsprotokoll der letzten mündlichen Verhandlung steht noch Gegenstand einer Tatbestandsberichtigung gemäß § 320 ZPO war, ist der Senat gemäß §§ 314, 559 ZPO an sie gebunden.

III.

39
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Zoll Diederichsen Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
LG Tübingen, Entscheidung vom 05.06.2007 - 4 O 397/06 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 07.01.2008 - 5 U 161/07 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 10. Feb. 2009 - VI ZR 28/08

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Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Bundesgerichtshof Urteil, 10. Feb. 2009 - VI ZR 28/08 zitiert 14 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 7 Haftung des Halters, Schwarzfahrt


(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. (2) D

Zivilprozessordnung - ZPO | § 559 Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen


(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 276 Verantwortlichkeit des Schuldners


(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos

Zivilprozessordnung - ZPO | § 314 Beweiskraft des Tatbestandes


Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 18 Ersatzpflicht des Fahrzeugführers


(1) In den Fällen des § 7 Abs. 1 ist auch der Führer des Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens nach den Vorschriften der §§ 8 bis 15 verpflichtet. Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Schaden nicht durch ein Verschulden des Führers verursa

Zivilprozessordnung - ZPO | § 320 Berichtigung des Tatbestandes


(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung ein

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 708 Haftung der Gesellschafter


Ein Gesellschafter hat bei der Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.

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Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) In den Fällen des § 7 Abs. 1 ist auch der Führer des Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens nach den Vorschriften der §§ 8 bis 15 verpflichtet. Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Schaden nicht durch ein Verschulden des Führers verursacht ist.

(2) Die Vorschrift des § 16 findet entsprechende Anwendung.

(3) Ist in den Fällen des § 17 auch der Führer eines Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so sind auf diese Verpflichtung in seinem Verhältnis zu den Haltern und Führern der anderen beteiligten Kraftfahrzeuge, zu dem Tierhalter oder Eisenbahnunternehmer die Vorschriften des § 17 entsprechend anzuwenden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Ein Gesellschafter hat bei der Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 297/01 Verkündet am:
17. April 2002
Kirchgeßner,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur ergänzenden Auslegung einer Erklärung in einem Unternehmenskaufvertrag,
durch die der Erwerber Schulden des Unternehmens übernimmt.
BGH, Urteil vom 17. April 2002 - VIII ZR 297/01 - OLG Schleswig
LG Kiel
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. April 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter
Dr. Beyer, Wiechers, Dr. Wolst und Dr. Frellesen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 8. Mai 2001 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien, die miteinander verheiratet waren, streiten über eine Schuldübernahmeverpflichtung aus einem Unternehmenskaufvertrag. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Während der Ehe betrieb der Beklagte als Einzelunternehmer eine Einrichtung für soziale Integration und Rehabilitation ("S. ") mit Betriebsstätten in M. und A. . Die Klägerin war ebenfalls in der Einrichtung tätig und erledigte unter anderem Büroarbeiten. Gemäß schriftlicher Vereinbarung vom 28. Januar 1993 gewährten die Eltern der Klägerin dem Beklagten ein Darle-
hen über 500.000 DM, das am 31. Juli 1993 zur Rückzahlung fällig war. Die Klägerin übernahm in derselben Vereinbarung die selbstschuldnerische Bürgschaft für die Rückzahlung des Darlehens und für die Zahlung der Zinsen. Der Darlehensbetrag wurde am selben Tag dem bei der Volksbank E. unterhaltenen Geschäftskonto der vom Beklagten betriebenen Einrichtung gutgeschrieben. Die Rückzahlung des Darlehens erfolgte weder zu dem vereinbarten Zeitpunkt noch später. Im Jahre 1996 trennten sich die Parteien. Im Zusammenhang mit der Trennung und der bevorstehenden Scheidung schlossen sie am 3. Dezember 1996 einen notariellen Unternehmenskaufvertrag, mit dem der Beklagte die von ihm betriebene Einrichtung S. an die Klägerin verkaufte. Hinsichtlich der Übernahme der Aktiva und Passiva enthält der Vertrag unter anderem folgende Regelungen: "§ 2 Es werden alle zum Geschäftsbetrieb gehörenden Gegenstände verkauft und übertragen. Das sind insbesondere das vorhandene Inventar sowie sämtliche Forderungen gegen Bewohner des Heimes und/oder öffentliche Stellen... § 3 Die Käuferin übernimmt alle Darlehensverpflichtungen gegenüber der Volksbank E. eG im Betrage von ca. 1.500.000,00 DM..."
Nach § 6 des Vertrages sollte ein Kaufpreis nicht gezahlt werden. In dem Vertragsentwurf, den der Notar den Parteien vor dem Beurkundungstermin zur Überprüfung zugeleitet hatte, war zunächst folgende Fassung des § 3 vorgesehen:
"Die Käuferin übernimmt die mit dem Geschäftsbetrieb in Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten, insbesondere
a) die Verbindlichkeiten zur Zahlung der Miete an die Käuferin selber,
b) die Darlehensverpflichtung gegenüber der Volksbank E. eG im Betrag von ca. 1.500.000,00 DM."
In diesem Text hatte die Klägerin die Worte "die mit dem Geschäftsbetrieb..." bis einschließlich "b) die Darlehensverpflichtung" gestrichen und durch den handschriftlichen Zusatz "sämtliche Darlehensverpflichtung" ersetzt. Entsprechend dieser Änderung wurde der Vertrag beurkundet, ohne daß der Beklagte dem widersprach. Mit schriftlicher Vereinbarung vom 26. März 1998 traten die Eltern der Klägerin ihre Forderungen aus dem Darlehensvertrag vom 28. Januar 1993 an die Klägerin ab. Den Hauptsachebetrag in Höhe von 500.000 DM macht sie im vorliegenden Verfahren in voller Höhe geltend, nachdem sie erstinstanzlich nur einen Teilbetrag von 100.000 DM eingeklagt hatte. Der Beklagte hält die Klage für unbegründet. Er behauptet, bei Abschluß des Unternehmenskaufvertrages seien sich alle Beteiligten darüber einig gewesen , daß sämtliche Geschäftsverbindlichkeiten von der Klägerin übernommen werden sollten. Dazu habe auch die Verbindlichkeit aus dem betrieblich bedingten und verwendeten Darlehen der Eheleute W. gehört. Die von der Klägerin veranlaßte Änderung des § 3 sei ihm bei der Beurkundung nicht aufgefallen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie auf die Berufung des Beklagten einschlieûlich der Klageerweiterung zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, ausgeführt: Die Klägerin könne vom Beklagten die Rückzahlung des Darlehens nicht verlangen, weil ihrem an sich bestehenden Rückzahlungsanspruch auf Grund des Unternehmenskaufvertrages ein Freihalteanspruch des Beklagten entgegenstehe. Die Schuldübernahmevereinbarung in § 3 des Kaufvertrages sei nämlich ergänzend dahin auszulegen, daû sie auch diese Darlehensverbindlichkeit umfasse. Insoweit enthalte der Vertrag eine Lücke, da die Darlehensschuld unstreitig betriebsbezogen sei und wegen ihrer Gröûenordnung hierüber eine Regelung hätte getroffen werden müssen. Die Parteien hätten diesen Punkt jedoch offenbar übersehen. Nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung sei deshalb anzunehmen, daû die Klägerin - entsprechend der Übernahme aller Aktiva - auch alle Passiva einschlieûlich der Darlehensverbindlichkeit gegenüber ihren Eltern übernommen hätte, wenn die Parteien diesen Punkt bedacht hätten. Im übrigen sei die Klägerin, wie sich unter anderem aus einem Schreiben ihres damaligen Rechtsanwalts vom 21. Februar 1997 ergebe, zunächst selbst davon ausgegangen, daû sie für diese Schuld hafte. Die ergänzende Auslegung führe dazu, daû die Klägerin im Verhältnis
zum Beklagten auch gegenüber ihren Eltern für die Rückzahlung des Darlehens hafte.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zwar gehört die ergänzende Vertragsauslegung grundsätzlich zum Bereich der tatrichterlichen Feststellung; sie ist deshalb revisionsrechtlich nur daraufhin nachprüfbar, ob das Berufungsgericht Auslegungs- und Ergänzungsregeln oder Denk- oder Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände unbeachtet gelassen hat (BGHZ 111, 110, 115; BGH, Urteil vom 12. Dezember 1997 - V ZR 250/96, NJW 1998, 1219 = WM 1998, 626). Solche Rechtsfehler sind dem Berufungsgericht jedoch unterlaufen. 1. Voraussetzung für eine ergänzende Vertragsauslegung ist zunächst, daû die Vereinbarung der Parteien eine Regelungslücke - eine planwidrige Unvollständigkeit - aufweist (BGHZ 127, 138, 142; Senatsurteil vom 10. Oktober 1990 - VIII ZR 370/89, NJW-RR 1991, 176 unter B II 2 a; BGH, Urteil vom 20. Dezember 1996 - V ZR 259/95, NJW 1997, 652). Die Annahme des Berufungsgerichts , der Vertrag vom 3. Dezember 1996 enthalte eine planwidrige Regelungslücke, wird von seinen bisherigen Feststellungen nicht getragen.
a) Eine Regelungslücke liegt dann vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder wenn sie ihn bewuût offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und wenn sich diese Annahme nachträglich als unzutreffend herausstellt. Das Berufungsgericht sieht eine derartige Lücke darin, daû der Vertrag keine Aussage über das unstreitig betriebsbezogene Darlehen der Eheleute W. enthält, obwohl im Hinblick auf die Übernahme aller Aktiva des Unternehmens
und wegen der Gröûenordnung dieser Verbindlichkeit darüber eine Vereinbarung hätte getroffen werden müssen. Dadurch ist nach Auffassung des Berufungsgerichts auch die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit des Inhalts der Vertragsurkunde entkräftet. Das trifft nicht zu. Einen Erfahrungssatz des Inhalts, daû - wie das Berufungsgericht offenbar meint - in einem Vertrag sämtliche Punkte, die mit dem vereinbarten Rechtsgeschäft in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen , geregelt werden, gibt es nicht. Auch wichtige Punkte bedürfen keiner Regelung , wenn sie weder zur Herbeiführung bestimmter Rechtsfolgen noch zur Klarstellung geboten ist. Soll ein bestimmter Punkt von der Vereinbarung nicht berührt werden, soll er also unverändert fortbestehen und hat auch dieser Fortbestand einen Sinn, dann kann aus dem Schweigen des Vertrages nicht auf das Vorliegen einer Regelungslücke geschlossen werden. So liegen die Dinge hier: Die Übernahme der Verbindlichkeit aus dem Darlehen der Eheleute

W.

war für den Erfolg des Unternehmenskaufs nicht erforderlich. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts bedarf es bei einem Unternehmenskauf keiner Verteilung sämtlicher betriebsbezogenen Verbindlichkeiten. Erklärt sich der Käufer eines Unternehmens nur bereit, einzelne Verpflichtungen zu tilgen, so hat der Verkäufer - unbeschadet einer etwaigen zusätzlichen Haftung des Käufers gegenüber dem Gläubiger aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten (vgl. § 25 HGB) - im Verhältnis zum Käufer für die anderen Verbindlichkeiten einzustehen. Das Berufungsgericht hat ferner nicht bedacht, daû der eindeutige Wortlaut von § 3 des Vertrages gegen eine Regelungslücke spricht. In dieser Bestimmung ist ausdrücklich nur von den Darlehensverpflichtungen gegenüber
der Volksbank E. die Rede. Damit sind andere mögliche Verbindlichkeiten des Unternehmens gerade nicht erfaût. Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts liegt die Annahme nahe, daû diese Regelung bewuût abschlieûend sein sollte (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 1990 - V ZR 113/89, NJW 1990, 1723).
b) Gegen die Annahme einer Regelungslücke spricht ferner die Entstehungsgeschichte der beurkundeten Fassung des § 3 des Kaufvertrages, mit der sich das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang nicht auseinandergesetzt hat. Wenn die Klägerin den in dem notariellen Entwurf vorgesehenen Satzteil über die uneingeschränkte Verpflichtung zur Übernahme der betriebsbezogenen Verbindlichkeiten gestrichen und durch die Formulierung "sämtliche Darlehensverpflichtungen gegenüber der Volksbank E. eG" ersetzt hatte, so hatte die Klausel auch in der geänderten Form einen eindeutigen, nicht ergänzungsbedürftigen Wortlaut, der - im Gegensatz zu der vorherigen Formulierung - die den Eltern gegenüber bestehende Darlehensschuld nicht einbezieht. In dieser reduzierten Fassung, gegen die der Beklagte keine Einwendungen erhoben hatte, wurde § 3 des Kaufvertrages - von dem Notar sprachlich geringfügig abgeändert - beurkundet.
c) Angesichts der gegenüber dem Entwurf vorgenommenen unmiûverständlichen Beschränkung der Schuldübernahme auf die Verbindlichkeiten gegenüber einem namentlich genannten Gläubiger und der daraus folgenden Ausklammerung etwaiger Schulden gegenüber anderen Gläubigern hätte es konkreter Tatsachen bedurft, die eindeutig den Schluû darauf zulassen, daû trotz des Wortlauts der Klausel und ihrer Entstehungsgeschichte eine Regelungslücke vorliegt. Es müûten Umstände auûerhalb der Urkunde gegeben sein, die die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit ihres Inhalts ent-
kräften könnten (BGH, Urteil vom 5. Februar 1999 - V ZR 353/97, NJW 1999, 1702 = WM 1999, 965). Dies gilt in besonderem Maûe deshalb, weil es sich um die Auslegung einer notariellen Urkunde handelt, deren Inhalt üblicherweise mit besonderer Sorgfalt und Sachkunde formuliert wird. Solche Umstände sind bisher nicht festgestellt. Die Revisionserwiderung nimmt zwar auf den Vortrag des Beklagten in den Tatsacheninstanzen Bezug, die Erwähnung des Darlehens sei, wie sich schon aus der tatsächlichen Höhe der Bankschulden von nur ca. 600.000 DM statt der genannten ca. 1.500.000 DM ergebe, nur versehentlich unterblieben. Sie hat auch auf die von dem Beklagten behauptete Äuûerung des Notars verwiesen , er, der Beklagte, könne froh sein, auf diese Weise von allen Verbindlichkeiten freizukommen, sowie auf den weiteren Vortrag des Beklagten, die Parteien seien sich bei Abschluû des Unternehmenskaufvertrages in bezug auf die Übernahme sämtlicher Geschäftsverbindlichkeiten durch die Klägerin einig gewesen. Diesem Vorbringen ist das Berufungsgericht aber, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, nicht nachgegangen. Daher fehlt es an entsprechenden Feststellungen, die für den Tatrichter die Annahme einer Regelungslücke , möglicherweise sogar schon eine einfache Auslegung des § 3 des Vertrages in dem von dem Beklagten geltend gemachten Sinne, rechtfertigen könnte. 2. Darüber hinaus verstöût die vom Berufungsgericht vorgenommene ergänzende Auslegung selbst gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichthofes ist bei der ergänzenden Auslegung darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den von ihnen nicht geregelten Fall
bedacht hätten (BGH, Urteil vom 20. Dezember 1996 aaO). Dabei ist zunächst an den Vertrag selbst anzuknüpfen; die darin enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Handelt es sich wie hier um einen sogenannten Austauschvertrag, so besteht die Vermutung, daû nach dem Geschäftswillen der Parteien Leistung und Gegenleistung der Parteien in einem ausgewogenen Verhältnis standen (BGH, Urteil vom 18. Februar 2000 - V ZR 334/98, NJW-RR 2000, 894 = WM 2000, 1109; vgl. auch BGHZ 114, 193, 197). Lassen sich nach diesen Kriterien hinreichende Anhaltspunkte für den hypothetischen Parteiwillen nicht finden, etwa weil mehrere gleichwertige Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kommen, scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung aus. Im übrigen findet die ergänzende Auslegung ihre Grenze an dem im - wenn auch lückenhaften - Vertrag zum Ausdruck gekommenen Parteiwillen; sie darf daher nicht zu einer Abänderung oder Erweiterung des Vertragsgegenstandes führen (vgl. Senatsurteil vom 10. Oktober 1990 aaO).
a) Diese Grundsätze zieht auch das Berufungsgericht heran. Ohne konkrete tatsächliche Anhaltspunkte hierfür zu nennen, meint es aber, die Parteien seien irrtümlich davon ausgegangen, daû weitere Verbindlichkeiten als die in § 3 des Kaufvertrages angegebenen ca. 1.500.000 DM gegenüber der Volksbank E. nicht bestanden hätten, und das Darlehen der Eltern der Klägerin über 500.000 DM sei von ihnen offenbar übersehen worden; sonst hätte die Klägerin die Darlehensverbindlichkeit gegenüber ihren Eltern ebenfalls übernommen. Gestützt wird diese Erwägung vor allem auf die Annahme, bei einem Unternehmenskauf, bei dem die Übernahme aller Aktiva vereinbart werde, würden regelmäûig auch alle Passiva übernommen. Einen solchen Erfahrungssatz gibt es jedoch nicht. Angesichts der Vielgestaltigkeit der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Unternehmens, der mit der Veräuûerung bzw. dem
Erwerb eines Unternehmens verbundenen Zwecke und der denkbaren Vertragsgestaltungen - insbesondere hinsichtlich der Preisbildung - läût sich eine Regel mit dem vom Berufungsgericht angenommenen Inhalt nicht aufstellen.
b) Die vom Berufungsgericht angeführten Indizien für eine auch von der Klägerin hypothetisch gewollte umfassende Schuldübernahme tragen seine Annahme ebenfalls nicht. Zu Recht weist die Revision darauf hin, daû die Klägerin bereits in den Tatsacheninstanzen unter Beweisantritt behauptet hat, die in dem Schreiben ihres früheren Rechtsbeistandes Dr. S. vom 21. Februar 1997 enthaltene Formulierung "... mit der von Ihrer Tochter nicht bestrittenen Darlehensverpflichtung..." beruhe auf einem Miûverständnis; sie habe gegenüber Dr. S. zu keinem Zeitpunkt erklärt, die Darlehensforderung werde von ihr nicht bestritten bzw. sie sei Schuldnerin der Forderung. Dieses Vorbringen hätte das Berufungsgericht nicht unberücksichtigt lassen dürfen (§ 286 ZPO). Entsprechendes gilt für die Erwägung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe schon vor der Übernahme des Unternehmens das Darlehen als ihre Einlage in den Betrieb des Beklagten angesehen. Zwar könnte dieser Umstand , wenn er zuträfe, in der Tat dafür sprechen, daû die Klägerin sich selbst und nicht den in der Darlehensurkunde genannten Beklagten als wahren Darlehensnehmer betrachtet hat und deshalb im Rahmen des Unternehmenserwerbs auch formell die Darlehensverpflichtung übernehmen wollte. Auch insoweit rügt die Revision aber zu Recht eine Verletzung des § 286 ZPO. Das vom Berufungsgericht angenommene Indiz beruht auf einer Behauptung des Beklagten ; diese Behauptung hatte die Klägerin in den Tatsacheninstanzen ausdrücklich bestritten und entsprechenden Gegenbeweis angeboten. Darüber durfte sich das Berufungsgericht nicht ohne Beweisaufnahme hinwegsetzen.

c) Bei der Prüfung der Frage, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den von ihnen nicht geregelten Fall bedacht hätten, hat das Berufungsgericht den oben dargestellten Gesichtspunkt des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung auûer acht gelassen. Es hat insbesondere nicht untersucht, ob die Ausdehnung der Schuldübernahmeerklärung der Klägerin auf ein weiteres, von § 3 des Vertrages nicht erfaûtes Darlehen über 500.000 DM das im Regelfall zu vermutende wirtschaftliche Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung berührt, beseitigt oder - was unter Zugrundelegung der Behauptungen des Beklagten gleichfalls denkbar ist - überhaupt erst herbeiführt. Dazu hätte es tatrichterlicher Feststellungen über die tatsächliche Höhe der Verbindlichkeiten gegenüber der Volksbank E. bedurft, die von der Klägerin auf 1.900.000 DM, von dem Beklagten auf ca. 600.000 DM beziffert werden. Wenn nach den Vorstellungen der Parteien die Übernahme der Darlehensschulden die Gegenleistung für das Unternehmen darstellen sollte, war die Höhe der Verbindlichkeiten für die Frage bedeutsam , ob durch die von dem Berufungsgericht vorgenommene ergänzende Auslegung ein annäherndes Gleichgewicht mit dem - von den Parteien gemeinsam zugrunde gelegten - Unternehmenswert hergestellt wurde.

III.

Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Da dem Senat eine abschlieûende Entscheidung nicht möglich ist, ist die Sache zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dabei
werden die Parteien auch Gelegenheit haben, ihr Vorbringen zu den oben erörterten Gesichtspunkten, soweit erforderlich, zu ergänzen. Dr. Deppert Dr. Beyer Dr. Deppert für den wegen Urlaubs an der Unterzeichnung verhinderten Richter am Bundesgerichtshof Wiechers 30. April 2002
Dr. Wolst Dr. Frellesen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 98/07 Verkündet am:
29. Januar 2008
Blum,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AKB § 2 b Abs. 3 b
Der Grundsatz, dass bei sportlichen Wettbewerben mit nicht unerheblichem Gefahrenpotential
die Inanspruchnahme des schädigenden Wettbewerbers für ohne gewichtige
Regelverletzung verursachte Schäden eines Mitbewerbers ausgeschlossen ist, gilt nicht,
soweit Versicherungsschutz besteht (Fortführung von BGHZ 154, 316 ff.).
BGH, Urteil vom 29. Januar 2008 - VI ZR 98/07 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten zu 1 wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 23. Februar 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien haben durch Klage und Widerklage Ersatzansprüche wegen Schäden geltend gemacht, die ihnen jeweils bei einem Zusammenstoß ihrer Kraftfahrzeuge anlässlich einer motorsportlichen Veranstaltung entstanden sind.
2
Der Drittwiderbeklagte zu 1 nahm am 9. November 2002 mit dem bei der Drittwiderbeklagten zu 2 haftpflichtversicherten Audi RS 4 Avant der Klägerin auf dem Hockenheimring an dem 35. "Akademischen" teil. Es handelt sich um eine Veranstaltung der Akademischen Motorsportgruppe Stuttgart. Bei der Veranstaltung fuhr der Erstbeklagte und Widerkläger auf regennasser Fahrbahn in einer Rechtskurve mit seinem bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten Kraftfahrzeug des gleichen Typs auf das Klägerfahrzeug auf. Die Parteien streiten über die Unfallursache, insbesondere darüber, ob es zu dem Auffahrunfall kam, weil der Widerkläger seine Geschwindigkeit nicht ausreichend reduzierte, oder deshalb, weil der Drittwiderbeklagte zu 1 den Widerkläger schnitt, als dieser in der Kurve überholen wollte.
3
Die Drittwiderbeklagte zu 2, die auch als Streithelferin des Drittwiderbeklagten zu 1 am Rechtsstreit beteiligt ist, und die Zweitbeklagte haben in erster Linie eingewandt, eine Haftung sei ausgeschlossen, weil es sich bei der Veranstaltung um ein Autorennen gehandelt habe.
4
Das Landgericht hat Klage und Widerklage mit der Begründung abgewiesen , dass es sich bei der Veranstaltung um ein Rennen gehandelt habe und die Teilnehmer auf eine Haftung für nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachte Schäden verzichtet hätten; eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Schadensverursachung liege nicht vor. Dagegen haben die Klägerin sowie der Erstbeklagte und Widerkläger Berufung eingelegt. Die Klägerin hat ihre Berufung zurückgenommen. Der Widerkläger hat seine auf Ersatz von Reparaturkosten und Nutzungsausfallentschädigung gerichtete Widerklage gegen die Drittwiderbeklagten mit der Berufung weiter verfolgt. Das Berufungsgericht hat diese Berufung zurückgewiesen. Es hat die Revision zugelassen.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Drittwiderbeklagten hafteten nicht für den dem Widerkläger entstandenen Schaden. Zwar sei die Haftung der Drittwiderbeklagten entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht deshalb ausgeschlossen , weil die Teilnehmer des 35. "Akademischen", hier also der Drittwiderbeklagte zu 1 und der Widerkläger, einen Haftungsverzicht erklärt hätten. In der Anmeldung zu der Veranstaltung hätten die Teilnehmer auf Haftungsansprüche gegen die anderen Teilnehmer nur verzichtet, "soweit es sich um ein Rennen ... handelt". Ein Rennen habe die Veranstaltung aber nicht dargestellt. Deshalb greife auch nicht der Ausschluss des Versicherungsschutzes durch die Drittwiderbeklagte zu 2 bei der Beteiligung an Fahrtveranstaltungen, bei denen es auf die Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankomme, was auch die Haftung gegenüber dem Widerkläger als geschädigtem Dritten betreffe. Das Berufungsgericht verneint ein Rennen, weil es nicht auf die Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten angekommen sei. Dies ergebe sich aus den Ausschreibungsbedingungen. Die Punktebewertung der Teilnehmer habe sich maßgeblich danach gerichtet, wer am besten die vorgegebene Zeit von 1 min 35 s einhielt. Ein Anreiz, schneller zu fahren als die anderen Teilnehmer, habe nicht bestanden. Demgemäß habe der Veranstalter in der Ausschreibung erklärt, dass die Vorgabe von Sollzeiten die Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten oder kürzesten Fahrzeiten verhindern solle. Die zuständige Stadtverwaltung habe die Veranstaltung als "Fahr- und Sicherheitstraining" genehmigt. Aufgrund dieser Umstände sei ohne Bedeutung, dass der Veranstalter damit geworben habe, die Fahrer könnten ein "Rennfeeling erleben", und dass das Fahren bei nasser Fahrbahn als "wet race" bezeichnet worden sei.
6
Eine Haftung der beiden Drittwiderbeklagten scheide jedoch nach den Grundsätzen über unzulässiges widersprüchliches Verhalten aus. Es habe sich um eine gefährliche kraftfahrzeugsportliche Veranstaltung gehandelt, so dass jeder Teilnehmer darauf habe vertrauen dürfen, im Fall eines bei der Veranstaltung auftretenden Unfalls nicht wegen solcher einem anderen Teilnehmer zugefügter Schäden in Anspruch genommen zu werden, die er ohne nennenswerte Regelverletzung aufgrund der typischen Risikolage der Veranstaltung verursache. Demnach stehe dem Widerkläger kein Schadensersatzanspruch gegen den Drittbeklagten als Unfallgegner und die Klägerin als gegnerische Fahrzeughalterin zu. Denn es könne nicht festgestellt werden, dass der Drittwiderbeklagte zu 1 einen gewichtigen Verstoß gegen die bei der Veranstaltung geltenden Regeln begangen habe. Der Haftungsausschluss wirke auch zugunsten des drittwiderbeklagten Haftpflichtversicherers.

II.

7
Die Revision ist begründet.
8
1. Allerdings kann der Revision nicht gefolgt werden, soweit sie meint, die Grundsätze des Urteils des erkennenden Senats vom 1. April 2003 (VI ZR 321/02 = BGHZ 154, 316 ff.) könnten auf motorsportliche Veranstaltungen der vorliegenden Art keine Anwendung finden. Der Senat hat entschieden, dass bei sportlichen Wettbewerben mit nicht unerheblichem Gefahrenpotential, bei denen typischerweise auch bei Einhaltung der Wettbewerbsregeln oder geringfügiger Regelverletzung die Gefahr gegenseitiger Schadenszufügung besteht, die Inanspruchnahme des schädigenden Wettbewerbers für solche - nicht versicherten - Schäden eines Mitbewerbers ausgeschlossen ist, die er ohne gewichtige Regelverletzung verursacht. Grund dafür ist, dass bei solchen Veranstaltungen jeder Fahrer durch die typischen Risiken in gleicher Weise betroffen ist und es mehr oder weniger vom Zufall abhängt, ob er bei dem Rennen durch das Verhalten anderer Wettbewerber zu Schaden kommt oder anderen selbst einen Schaden zufügt, wobei hinzu kommt, dass sich bei Unfällen beim Überholen oder bei der Annäherung der Fahrzeuge oft kaum ausreichend klar feststellen lassen wird, ob einer der Fahrer und gegebenenfalls welcher die Ursache gesetzt hat. Da den Fahrern, die an einem solchen Wettbewerb teilnehmen, die damit verbundenen Gefahren im Großen und Ganzen bekannt sind und sie wissen , dass die eingesetzten Fahrzeuge erheblichen Risiken ausgesetzt sind, sie diese aber gleichwohl wegen des sportlichen Vergnügens, der Spannung oder auch der Freude an der Gefahr in Kauf nehmen, darf jeder Teilnehmer des Wettkampfs darauf vertrauen, nicht wegen solcher einem Mitbewerber zugefügten Schäden in Anspruch genommen zu werden, die er ohne nennenswerte Regelverletzung aufgrund der typischen Risikolagen des Wettbewerbs verursacht. Die Geltendmachung solcher Schäden steht damit erkennbar in Widerspruch und muss nach Treu und Glauben nicht hingenommen werden (Senatsurteil BGHZ 154, 316, 325).
9
Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen handelt es sich bei der hier in Frage stehenden Veranstaltung um eine gefährliche motorsportliche Veranstaltung. Es ist deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden , wenn es die genannten Grundsätze heranzieht. Entgegen den Ausführungen der Revision steht dem nicht entgegen, dass es sich nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht um ein Rennen handelte. In der Rechtsprechung werden die vom Senat entwickelten Grundsätze im Ansatz zutreffend auch bei anderen Veranstaltungen angewendet (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 28. Juni 2007 - 12 U 209/06 - zitiert nach Juris - Motorradpulk; OLG Stuttgart, NJW-RR 2007, 1251 - organisierte Radtouristikfahrt). Dass bei einer Fahrveranstaltung, deren Teilnehmer, ohne geübte Rennfahrer zu sein, mit relativ hohen Geschwindigkeiten ohne Sicherheitsabstand fahren und auch rechts überholen dürfen, ein erheblich gesteigertes Gefahrenpotential besteht, kann entgegen der Auffassung der Revision nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn man mit der Revision darauf abstellt, dass die Teilnehmer mit ihren Fahrleistungen ein Sicherheitstraining absolvierten.
10
2. Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht jedoch darin, dass der Haftungsausschluss trotz des bestehenden Versicherungsschutzes greife. Der erkennende Senat hat in dem Urteil vom 1. April 2003 ausdrücklich offen gelassen, ob die genannten Grundsätze auch dann gelten, wenn der eingetretene Schaden versichert ist (Senatsurteil BGHZ 154, 316, 325). Diese Frage ist nunmehr dahin zu beantworten, dass im Regelfall weder von einem konkludenten Haftungsausschluss ausgegangen noch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen als treuwidrig angesehen werden kann, wenn für die aufgrund des besonderen Gefahrenpotentials der Veranstaltung zu erwartenden bzw. eintretenden Schäden für die Teilnehmer Versicherungsschutz besteht (vgl. auch Möllers, JZ 2004, 95, 97).
11
Die in BGHZ 154, 316 ff. für unversicherte Risiken aufgestellten Grundsätze sind kein in sich selbst gegründetes Prinzip, welches auch bei bestehendem Versicherungsschutz gilt und damit - wie das Berufungsgericht meint - auf den Haftpflichtversicherer durchschlägt. Der Grund für die Annahme eines treuwidrigen Verhaltens liegt bei fehlendem Versicherungsschutz gerade darin, dass dem schädigenden Teilnehmer der sportlichen Veranstaltung ein besonderes Haftungsrisiko zugemutet wird, obwohl der Geschädigte die besonderen Risiken der Veranstaltung in Kauf genommen hat und ihn die Rolle des Schädi- gers ebenso gut hätte treffen können. Sind die bestehenden Risiken durch eine Haftpflichtversicherung gedeckt, besteht weder ein Grund für die Annahme, die Teilnehmer wollten gegenseitig auf etwaige Schadensersatzansprüche verzichten , noch erscheint es als treuwidrig, dass der Geschädigte den durch die Versicherung gedeckten Schaden geltend macht.
12
Der erkennende Senat hat bereits früher mehrfach ausgesprochen, dass es dort, wo der Schädiger gegen Haftpflicht versichert ist, insbesondere eine Pflichtversicherung besteht, weder dem gesetzlichen Anliegen der Versicherungspflicht noch dem Willen der Beteiligten entspricht, den Haftpflichtversicherer zu entlasten (vgl. Senatsurteile BGHZ 39, 156, 158; vom 26. Oktober 1965 - VI ZR 102/64 - VersR 66, 40, 41; vom 9. Juni 1992 - VI ZR 49/91 - VersR 1992, 1145, 1147; vom 13. Juli 1993 - VI ZR 278/92 - VersR 1993, 1092, 1093), und dass das Bestehen eines Haftpflichtversicherungsschutzes für den Schädiger in aller Regel gegen eine stillschweigende Haftungsbeschränkung spricht (vgl. BGHZ 63, 51, 59; Senatsurteile vom 15. Januar 1980 - VI ZR 191/78 - VersR 1980, 384, 385; vom 13. Juli 1993 - VI ZR 278/92 - aaO). Unter besonderen Umständen kann das Bestehen einer Pflichtversicherung sogar Grund und Umfang eines Haftungsanspruchs bestimmen (vgl. zu § 829 BGB: Senatsurteil vom 11. Oktober 1994 - VI ZR 303/93 - VersR 1995, 96, 97 f. m.w.N.). Auf diesem Hintergrund kann die Inanspruchnahme des Mitteilnehmers einer gefährlichen Veranstaltung für entstandene Schäden in der Regel nicht als treuwidrig angesehen werden, wenn dieser dadurch keinem nicht hinzunehmenden Haftungsrisiko ausgesetzt wird, weil Versicherungsschutz besteht. Dass durch die Inanspruchnahme eventuell ein teilweiser Verlust des Schadensfreiheitsrabatts bewirkt wird, vermag die Annahme eines treuwidrigen Verhaltens nicht zu rechtfertigen, weil dies keine unzumutbare Belastung darstellt.
13
Den dagegen gerichteten Ausführungen der Revisionserwiderung ist nicht zu folgen. Sie macht nicht geltend, dass es sich bei der hier in Frage stehenden Veranstaltung entgegen den Ausführungen im Berufungsurteil doch um ein Rennen gehandelt habe, für welches kein Versicherungsschutz besteht. Besteht aber Versicherungsschutz für ein schädigendes Verhalten auch dann, wenn sich besondere Gefahren verwirklichen, kann es nicht Aufgabe des Haftungsrechts sein, die Reichweite des Versicherungsschutzes über die Versicherungsbedingungen hinaus einzuschränken. Ob es dem gesetzlichen Anliegen der Versicherungspflicht entspricht, dass Versicherungsschutz auch in Fällen besteht, die man als freiwillige Selbstgefährdung bezeichnen mag, ist keine haftungsrechtliche Frage.
14
Hier kommt hinzu, dass die beteiligten Fahrer mit der Unterzeichnung der Antragsunterlagen eine ausdrückliche Erklärung zur Haftungsfrage abgegeben haben, die so angelegt ist, dass die Haftung nur für Fälle ausgeschlossen wird, in denen kein Versicherungsschutz besteht, weil es sich um ein Rennen handelte. Ein Rennen sollte aber so, wie die Veranstaltung konzipiert war, gerade nicht stattfinden. Im Streitfall erscheint der Vorwurf der Treuwidrigkeit schon deshalb als ungerechtfertigt.
15
3. Auf den weiteren Revisionsvortrag, insbesondere zur Regelverletzung durch den Drittwiderbeklagten zu 1, kommt es bei dieser Rechtslage nicht an.

III.

16
Das angefochtene Urteil kann demnach keinen Bestand haben. Die Sache ist zur weiteren Prüfung der Haftungsvoraussetzungen und der Schadenshöhe auch unter Berücksichtigung des Revisionsvortrags an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 31.03.2005 - 6 O 53/04 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 23.02.2007 - 10 U 60/05 -

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 83/04 Verkündet am:
12. Juli 2005
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Anlage zu § 664 HGB Art. 10
EinigungVtr Anlage I Kap. III Sachgebiet D Abschnitt III Nr. 1b, Nr. 4

a) Das Athener Übereinkommen von 1974 findet auf das Binnenschiffahrtsrecht im
Gebiet der ehemaligen DDR keine Anwendung.

b) Zur Auslegung von Art. 10 der Anlage zu § 664 HGB.
BGH, Urteil vom 12. Juli 2005 - VI ZR 83/04 - Brandenburgisches OLG
AG Brandenburg a.d.H.
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Juli 2005 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Beklagten zu 1 bis 3 gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts als Schiffahrtsobergericht vom 25. Februar 2004 werden zurückgewiesen. Auf die Rechtsmittel der Klägerin wird das vorgenannte Urteil - unter Zurückweisung ihrer Revision im übrigen - im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es die Rentenanträge für die Zeit nach dem 1. Juli 2009 und den Feststellungsantrag hinsichtlich der Umbaukosten des Schlosses V. als unzulässig abgewiesen und die Kosten der privatärztlichen Behandlung in Höhe von 3.692,04 € als nicht erstattungsfähig angesehen hat. Insoweit werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.692,04 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 3. Februar 2001 zu bezahlen. Im übrigen wird die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionsinstanz , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagten aus einem Unfall auf einem Binnenmotorschiff in Anspruch. Die Klägerin wurde am 1.7.2000 während einer Kreuzfahrt , die sie bei der Beklagten zu 1 gebucht hatte und die durch die Beklagte zu 2 ausgeführt wurde, durch das Zusammenstürzen eines unvollständig gesicherten Sonnendachs auf dem vom Beklagten zu 3 geführten Binnenmotorschiff S. schwer verletzt und ist seitdem querschnittsgelähmt. Sie verlangt Schmerzensgeld, Ausgleich von Erwerbsschaden bzw. Mehrbedarfsrente und Mehrbedarfskosten, die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige materielle und immaterielle Schäden sowie die Duldung der Zwangsvollstreckung in das Schiff. Das Amtsgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben, sie jedoch abgewiesen, soweit die Klägerin ein Schmerzensgeld von mehr als 225.000 € sowie Ersatz der Kosten für schweizerische Rechtsanwälte von mehr als 250 € und privatärztlich angefallene Heilbehandlungskosten begehrt hat. Auf die Berufungen aller Parteien hat das Berufungsgericht das amtsgerichtliche Urteil teilweise abgeändert, das Schmerzensgeld in der beantragten Mindesthöhe zugesprochen , jedoch Rentenansprüche nach dem 1. Juli 2009 sowie die Feststellungsklage betreffend Umbaukosten des Zweitwohnsitzes als unzulässig abgewiesen. Auf die Anschlußberufung der Klägerin hat es die Beklagte zu 2 zu einer Sicherheitsleistung von 160.000 € für die ab 1. Januar 2004 zu zahlende Rente verurteilt. Mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen erstreben die Beklagten weiterhin vollständige Klageabweisung und die Klägerin eine Verurteilung auch hinsichtlich der abgewiesenen Anträge.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht verneint die Zulässigkeit der Klage auf Zahlung einer Schadensrente nach dem 1. Juli 2009, da die Klägerin nicht einmal die Größenordnung ihrer Vorstellungen angegeben habe. Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Die Feststellungsklage hinsichtlich der Umbaukosten für Schloß V. (Zweitwohnsitz) sei ebenfalls mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Im übrigen bejaht es eine Haftung der Beklagten aus §§ 77 Abs. 1 BinSchG, 664 Abs. 1 HGB, 823 Abs. 1 BGB. Der Beklagte zu 3 habe grob fahrlässig gehandelt, als er das Hubseil für das Sonnendach gelöst habe, ohne sich zuvor zu vergewissern, ob beide Sicherungen angebracht waren. Haftungsbeschränkungen griffen angesichts der groben Fahrlässigkeit nicht ein; das Athener Übereinkommen von 1974 gelte nicht für die Binnenschiffahrt auf dem Gebiet der ehemaligen DDR.

II.

A. Revisionen der Beklagten zu 1 bis 3: Die Revisionen der Beklagten zu 1 bis 3 haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Revision uneingeschränkt zugelassen. Seine Entscheidung enthält keine klare Beschränkung der Zulassung. Der Bundesgerichtshof hat es wiederholt als für eine Beschränkung unzureichend angesehen , wenn das Berufungsgericht lediglich - wie hier - eine Begründung für die Zulassung der Revision genannt hat ohne weiter erkennbar zu machen, daß
es eine Zulassung der Revision auf den durch die Rechtsfrage betroffenen Teil des Streitgegenstands hat beschränken wollen (vgl. BGHZ 153, 358, 361; Urteil vom 3. März 2005 - IX ZR 45/05 - NJW-RR 2005, 715, 716). 1. Das Berufungsgericht hat eine Haftung der Beklagten dem Grunde nach aus §§ 77 Abs. 1 BinSchG, 664 Abs. 1 HGB, Artt. 2, 3, 10, 11 der Anlage zu § 664 Abs. 1 Satz 1 HGB - Bestimmungen über die Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck auf See (i.d.F. des 2. Seerechtsänderungsgesetzes vom 25. Juli 1986, BGBl. I, 1120, 1122 ff.; künftig nur: Anlage), § 823 Abs. 1 BGB ohne Rechtsfehler bejaht.
a) Zu Recht und von den Revisionen nicht angegriffen hat das Berufungsgericht die Schädigung durch den Unfall vom 1. Juli 2000 als Körperverletzung der Klägerin bei der Beförderung auf Binnengewässern, die Beklagte zu 1 als Beförderer (Art. 1 Nr. 1a der Anlage) und die Beklagte zu 2, die Schiffseignerin, als ausführenden Beförderer (Art. 1 Nr. 1b der Anlage) eingestuft (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 16. Dezember 1996 - II ZR 266/95 - TransportR 1997, 154, 155 und vom selben Tag - II ZR 271/95 - TransportR 1997, 158f.).
b) Das Berufungsgericht hat ein grob fahrlässiges Verhalten des Beklagten zu 3 als Verschulden i.S.d. Artt. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 Satz 2 der Anlage festgestellt. Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. aa) Die tatrichterliche Entscheidung, ob dem Schädiger der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, ist mit der Revision nur beschränkt angreifbar. Der Nachprüfung unterliegt lediglich, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 8. Mai 1984 - VI ZR 296/82 - VersR 1984, 775, 776; vom 12. Januar 1988
- VI ZR 158/87 - VersR 1988, 474; vom 18. Oktober 1988 - VI ZR 15/88 - VersR 1989, 109; vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00 - VersR 2001, 985). bb) Das Berufungsgericht hat den Begriff der groben Fahrlässigkeit nicht verkannt. Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Diese Sorgfalt muß in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und es muß dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ein objektiv grober Pflichtenverstoß rechtfertigt für sich allein noch nicht den Schluß auf ein entsprechend gesteigertes persönliches Verschulden, nur weil ein solches häufig damit einhergeht. Vielmehr erscheint ein solcher Vorwurf nur dann als gerechtfertigt, wenn eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegt, die das in § 276 Abs. 1 BGB a.F. (jetzt: § 276 Abs. 2 BGB n.F.) bestimmte Maß erheblich überschreitet (st. Rspr. vgl. zuletzt Senatsurteil vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00 - VersR 2001, 985, 986 und BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - IV ZR 173/01 - VersR 2003, 364). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet. cc) Das Berufungsgericht hat bei seiner tatrichterlichen Wertung des Verhaltens des Beklagten zu 3 als grob fahrlässig auch keine wesentlichen Umstände außer acht gelassen. (1) Da für den Verkehrsbereich der Personenbeförderung in der Binnenschiffahrt - worauf die Revision der Beklagten zu 2 und 3 zu Recht hinweist - keine rechtlichen Vorschriften über besondere Verhaltensregeln bestehen, hat das Berufungsgericht zutreffend darauf abgestellt, ob sich solche besonderen Verhaltensregeln aus der konkreten Situation beim Aufbau des Sonnendachs ergeben. Es hat dabei als wesentlich den Umstand bewertet, daß der Beklagte
zu 3 dem Zeugen M. innerhalb kurzer Zeit zwei völlig unterschiedliche Weisungen (zunächst einseitige Absicherung, dann "kompletter Aufbau") erteilte. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht wegen der hierdurch geschaffenen Gefahr von Mißverständnissen und der erheblichen Gefährdung, die von dem tonnenschweren Sonnendach bei unsachgemäßer Befestigung für die Fahrgäste ausgeht, dem Beklagten zu 3 eine besondere Sorgfaltspflicht dahin auferlegt, sich vor Ablösen des Hubseils zu vergewissern, ob die zuletzt gegebene Weisung auch umgesetzt worden ist. Es begegnet daher keinen rechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht im Rahmen seiner tatrichterlichen Würdigung im Unterlassen dieser gebotenen Kontrolle ein grob fahrlässiges Verhalten sieht. (2) Die hiergegen erhobenen Rügen der Revisionen der Beklagten greifen nicht durch. Soweit die Revisionen der Beklagten dem Berufungsgericht vorwerfen, es überspanne die Sorgfaltsanforderungen an einen Schiffsführer und lasse wesentliche tatsächliche Umstände unberücksichtigt, können sie damit nicht durchdringen. Der erkennende Senat vermag der Auffassung, ein Schiffsführer dürfe darauf vertrauen, daß seine Anweisungen vom Schiffspersonal - zumal wenn dieses wie hier der Zeuge M. selbst das Schiffsführerpatent besitze - auch umgesetzt werden, so daß es insoweit keiner Nachfragen bedürfe, in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen. Zwar mag es Seemannsbrauch sein, daß bei Routinemaßnahmen, die das Personal ohne weiteres beherrscht, eine Anweisung des Schiffsführers an ein qualifiziertes Besatzungsmitglied nicht auf ihre Durchführung hin überprüft werden muß und daß der Schiffsführer darauf vertrauen kann, diese Routinemaßnahme werde auch anweisungsgemäß erledigt. Die Revision verkennt jedoch, daß von einem solchen "Routine"-Anweisungsfall hier nicht ausgegangen werden kann: der Beklagte zu 3 hat in kurzer zeitlicher
Abfolge zwei sich möglicherweise widersprechende Anweisungen erteilt, die noch dazu in der konkreten Situation ("Komplettaufbau" auf die beidseitige Verspannung des Sonnendachs oder auf die Bestuhlung bezogen) nicht eindeutig waren, ohne den Besatzungsmitgliedern mit der gebotenen Deutlichkeit klarzumachen , daß die zweite Anweisung die erste widerrufen sollte. Ein Schiffsführer darf sich bei einer derart gefahrenträchtigen Maßnahme wie dem Lösen des Hubseils nur dann darauf verlassen, daß seine Anweisungen weisungsgemäß umgesetzt werden, wenn er zuvor sicherstellt, daß die Anweisung auch hinreichend deutlich ist und verstanden wird. Bei einer solchen Sachlage ist die Wertung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, der Beklagte zu 3 habe sich hier vor Lösen des Hubseils vergewissern müssen, ob die Anweisung richtig umgesetzt wurde. Soweit die Revision meint, der Beklagte zu 3 habe jedenfalls beim Lösen des Hubseils nicht von einer Widersprüchlichkeit seiner Anweisungen ausgehen müssen, weil er die Aufforderung des Zeugen M., das Hubseil zu lösen, als Bestätigung seiner Anweisung habe verstehen dürfen, zeigt sie keine Umstände auf, die das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft bei seiner Wertung nicht berücksichtigt hat. Auch kann die Revision der Beklagten zu 1 nicht mit Erfolg darauf verweisen , daß das AG Oranienburg in seinem Strafurteil vom 11. Januar 2002 das Verschulden des Beklagten zu 3 lediglich als Augenblicksversagen gewertet hat. Das Strafgericht wirft dem Beklagten zu 3 gleichfalls vor, er habe die Ausführung der späteren Anweisung durch konkrete Nachfrage überwachen müssen. Wenn es dennoch von einem Augenblicksversagen ausgeht, ist dies lediglich eine Bewertung im Rahmen der Strafzumessung. Eine Bindung des Zivilrichters an das strafgerichtliche Urteil besteht nicht und ist mit der das Zivilprozeßrecht beherrschenden freien Beweiswürdigung nicht vereinbar (vgl.
BGH, Beschl. vom 16. März 2005 - IV ZR 140/04 - z.V.b.). Hinzu kommt, daß der im Strafprozeß anzuwendende individuelle Sorgfaltsmaßstab im Zivilrecht keine Geltung hat. Hier gilt vielmehr ein auf die allgemeinen Verkehrsbedürfnisse ausgerichteter objektivierter Fahrlässigkeitsbegriff. Hiernach hätte der Beklagte zu 3 im Hinblick auf die Schwere der Gefahr gerade wegen seiner widersprüchlichen Anweisungen besonderen Anlaß zur Prüfung gehabt, ob das Sonnendach beidseits befestigt war. (3) Die Revision der Beklagten zu 2 und 3 beanstandet vergeblich, das Berufungsgericht zeige nur eine objektiv grobe Pflichtverletzung des Beklagten zu 3 auf, erläutere jedoch nicht, worin es dessen subjektiv unentschuldbare Pflichtverletzung sehe. Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen den Vorwurf einer subjektiv unentschuldbaren Pflichtverletzung. Der Beklagte zu 3 hat trotz der Gefährlichkeit des Sonnendachs für die Menschen unter dem Dach das Hubseil ohne jede Vergewisserung über eine ausreichende anderweitige Sicherung gelöst. Damit hat er in ungewöhnlich hohem Maß die Anforderungen an die Sicherheit der ihm anvertrauten Passagiere und Besatzungsmitglieder außer Acht gelassen.
c) Dieses Verschulden des Beklagten zu 3 hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei der Beklagten zu 1 als Beförderer nach Art. 3 Abs. 2 der Anlage zu § 664 HGB (vgl. in gleichem Sinn §§ 428 Satz 2, 435 HGB für das Landfrachtrecht ) und - insoweit unangegriffen - der Beklagten zu 2 als ausführendem Beförderer nach Artt. 3 Abs. 1 Satz 2, 2 Abs. 1 der Anlage zugerechnet und eine gesetzliche Haftungsbeschränkung der Ansprüche der Klägerin nach Art. 5 der Anlage wegen grob fahrlässiger Schadensverursachung durch einen Bediensteten oder Beauftragten in Ausübung seiner Verrichtungen nach Art. 10 Abs. 1 der Anlage verneint.
Zwar erwähnt der Wortlaut des Art. 10 der Anlage in Absatz 1 nur den Beförderer und seine Bediensteten oder Beauftragten; dies ist - entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten zu 1 - jedoch nicht dahin zu verstehen, daß die Haftungsbeschränkung des Beförderers nur bei grobem Verschulden eigener Bediensteter und Beauftragter ausgeschlossen wäre, nicht dagegen bei entsprechendem Verschulden der Hilfspersonen des ausführenden Beförderers. Art. 10 der Anlage darf nicht isoliert von den übrigen Bestimmungen gelesen werden. Aus Art. 3 Abs. 2 der Anlage folgt, daß der Beförderer, der den Beförderungsvertrag nicht selbst erfüllt, auch für die Handlungen und Unterlassungen des ausführenden Beförderers und dessen Bediensteten haftet. Daß diese Haftung auch bei grobem Verschulden der Bediensteten des ausführenden Beförderers summenbeschränkt sein soll, läßt sich Art. 10 Abs. 1 der Anlage nicht entnehmen; vielmehr ist hier die Zurechnung unmittelbar aus Art. 3 Abs. 2 der Anlage herzuleiten (vgl. Rabe, Seehandelsrecht, 4. Auflage, Anl. § 664 Art. 10, Rn. 5). Der Ansicht der Revision der Beklagten zu 1, die Wortwahl des Art. 10 Abs. 1 spreche für eine bewußte Einschränkung der Zurechnung auf eigene Bedienstete oder Beauftragte des Beförderers, vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Nach dem Wortlaut des Art. 10 Abs. 1 der Anlage ließe sogar grobes Verschulden der eigenen Hilfspersonen die Haftungsbeschränkung des ausführenden Beförderers nicht entfallen, weil Art. 10 Abs. 1 nur vom Beförderer und nicht vom „ausführenden Beförderer“ spricht. Eine Ungleichbehandlung von Beförderer und ausführendem Beförderer war vom Gesetzgeber hier jedoch ersichtlich nicht gewollt (vgl. Rabe, aaO; Herber, Neues Haftungsrecht der Schiffahrt, S. 179; Herber, Seehandelsrecht, § 34, S. 371). Das ergibt sich aus der amtlichen Begründung zum Gesetzesentwurf (BT-Drucks. 10/3852, S. 30). Dort ist ausgeführt, daß der Beförderer das Recht verliert, sich auf die Beschränkung der Haftung zu berufen, "wenn er oder eine Person, für deren Handeln er einzustehen hat, den Schaden vorsätzlich oder
grob fahrlässig verursacht hat". Einzustehen hat der Beförderer nach Art. 3 jedoch auch für den ausführenden Beförderer und dessen Bedienstete. Daraus ergibt sich, daß der Gesetzgeber mit Art. 10 der Anlage generell einen Verlust der Haftungsbeschränkung bei grob fahrlässigem oder vorsätzlichem Verhalten bezweckt hat (vgl. Rabe aaO, Rn. 5; Herber, Seehandelsrecht, § 34, S. 371). Einer analogen Anwendung (dazu vgl. Herber, Neues Haftungsrecht der Schifffahrt , S. 180) bedarf es somit nicht. Entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten zu 1 folgt keine andere Beurteilung aus der Regelung des § 5b BinSchG (i.d.F. des Gesetzes zur Änderung der Haftungsbeschränkung in der Binnenschiffahrt vom 25. August 1998, BGBl. I, 2489 f.), der für den Wegfall der Haftungsbeschränkung des Schiffseigners dessen eigenes qualifiziertes Verschulden verlangt (vgl. Korioth, in: Herber /Fischer/Korioth/Hartmann, Transport- und Haftungsrecht in der Binnenschiffahrt , 2000, 77). § 5b BinSchG betrifft nämlich die Haftung des Schiffseigners als solche, die sich allein aus der Tatsache ergibt, daß er Eigner des Schiffes ist ("Reederprivileg", vgl. Korioth, aaO, 88 f.). Demgegenüber geht es vorliegend um die Haftung aus dem Beförderungsvertrag. Aus der Gesetzesbegründung zum (inzwischen überholten, aber durch die Neuregelung des Binnenschiffahrtsgesetzes inhaltlich insoweit nicht geänderten, vgl. BTDrucks. 13/8446, S. 34) § 77 BinSchG i.d.F. des 2. Seerechtsänderungsgesetzes (BGBl. I 1986, 1120 ff.) ergibt sich hierzu, daß der Gesetzgeber zwischen der Haftung des Schiffseigners, der nicht Beförderer ist, und der des Beförderers unterscheidet: hiernach richtet sich die Haftung eines Schiffseigners, der auch Beförderer ist, ausschließlich nach den Maßstäben der Befördererhaftung (Art. 11 der Anlage; vgl. BT-Drucks. 10/3852, S. 35).
d) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht eine Anwendung des Athener Übereinkommens über die Beförderung von Reisenden und ihrem Ge-
päck auf See von 1974 und damit der in ihm enthaltenen Haftungsbeschränkungen auf den vorliegenden Fall verneint. Die Einwendungen der Revisionen hiergegen greifen jedenfalls nicht durch. Zwar ist es richtig, daß § 77 Abs. 1 BinSchG mit seinem Verweis auf die Regelung des § 664 HGB eine Vorschrift anspricht, die auf dem Gebiet der ehemaligen DDR aufgrund der Regelung des Einigungsvertrages (in Anlage I Kap. III Sachgebiet D Abschnitt III Nr. 1b, BGBl. II 1990, 889, 959) "nicht anzuwenden [ist], soweit die Anwendung mit einer von der Deutschen Demokratischen Republik übernommenen völkerrechtlichen Verpflichtung nicht zu vereinbaren ist; insoweit sind die für die Deutsche Demokratische Republik geltenden Rechtsvorschriften weiter anzuwenden". Sinn und Zweck dieser Regelung des Einigungsvertrages ist daher schon nach ihrem Wortlaut, die Gefahr völkerrechtswidrigen Verhaltens durch Verletzung einer völkerrechtlichen Verpflichtung (vgl. Herber, TransportR 1991, 1, 2; Rabe aaO vor § 664 Rn. 3) abzuwenden. Dementsprechend heißt es auch in der erläuternden Anmerkung zu dem Vorbehalt in Anlage I Kap. III Sachgebiet D Abschnitt III Nr. 1b: "Das Seehandelsrecht der Deutschen Demokratischen Republik enthält für internationale Schiffspassagen Rechtsvorschriften, die vom Bundesrecht abweichen. Die abweichenden Vorschriften beruhen auf dem von der Deutschen Demokratischen Republik ratifizierten Athener Übereinkommen von 1974 über die Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck auf See. Das vereinigte Deutschland wird seine Haltung zum Übergang völkerrechtlicher Verpflichtungen der DDR nach dem in Artikel 12 II Einigungsvertrag vorgesehenen Verfahren festlegen. Abweichendes Bundesrecht soll vorher in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet nicht anzuwenden sein" (BT-Drucks. 11/7817, S. 53 f.). Völkerrechtliche Verpflichtungen ist die DDR mit dem Beitritt zum Athener Übereinkommen im Jahre 1989 jedoch nur im Hinblick auf seerechtliche Fragen eingegangen , weil das Abkommen sich nur mit solchen Fragen beschäftigt. Schon
hieraus ergibt sich, daß keine völkerrechtliche Verpflichtung der DDR bestand oder weiterbestehen kann, die Haftungsbegrenzungen des Athener Übereinkommens auch auf das Binnenschiffahrtsrecht im Gebiet der ehemaligen DDR auszudehnen. Insoweit ist die Ansicht der Revisionen der Beklagten verfehlt, der Rechtsvorbehalt des Einigungsvertrages hätte nur durch eine völkerrechtlich wirksame Maßnahme außer Kraft gesetzt werden können. Der Rechtsvorbehalt des Einigungsvertrages ist vielmehr bei verständiger Auslegung und unter Berücksichtigung der amtlichen Erläuterung dahin zu verstehen, daß er nur das Seehandelsrecht betreffende völkerrechtliche Verpflichtungen der ehemaligen DDR erfaßt. Demgegenüber ist das Binnenschiffahrtsgesetz der Bundesrepublik Deutschland durch den Einigungsvertrag (Anlage I, Kap. III, Sachgebiet D, Abschnitt III Nr. 4, BGBl. II 1990, 889, 960) vorbehaltlos auf das Gebiet der ehemaligen DDR erstreckt worden. Da das Binnenschiffahrtsrecht aufgrund des in der Bundesrepublik vorherrschenden Wunsches, die Haftungsfragen im Seerecht und im Binnenschiffahrtsrecht grundsätzlich gleichgelagert zu behandeln (vgl. Czerwenka, in: Riedel/Wiese, Probleme des Binnenschiffahrtsrechts VIII, 69, 71; Herber, in: FS für Walter Müller, 1993, 99, 103; offen: Rabe, Seehandelsrecht , 4. Auflage, vor § 664 HGB, Rn. 10; BT-Drucks. 10/3852, S. 1), durch Verweis auf das für die Bundesrepublik geltende Seehaftungsrecht in § 664 HGB gestaltet wurde, ist damit das für das Seegebiet der Bundesrepublik geltende Haftungsrecht für die Personenbeförderung des § 664 HGB mit seiner Anlage auf das gesamte Binnenschiffahrtsgebiet des vereinigten Deutschlands erstreckt worden (vgl. Herber, TransportR 1991, 1, 4; offen Rabe, aaO). 2. Auch die Angriffe der Revision der Beklagten zu 2 und 3 gegen die Höhe der zugesprochenen Ersatzansprüche, die sich die Revision der Beklagten zu 1 zu eigen gemacht hat, bleiben erfolglos.

a) Das Berufungsgericht hat das der Klägerin gemäß § 664 HGB, Art. 11 der Anlage, § 847 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 1996 - II ZR 266/95 - aaO 156) zustehende Schmerzensgeld unter Beachtung der in der Rechtsprechung des erkennenden Senats herausgearbeiteten Grundsätze (vgl. Senatsurteil vom 16. Februar 1993 - VI ZR 29/92 - VersR 1993, 585 f. auch zur Leistungsfähigkeit des Schädigers) nicht nachteilig für die Beklagten bemessen. Es hat der Bemessung ohne Rechtsfehler insbesondere einen grob fahrlässigen Pflichtenverstoß des Beklagten zu 3 zugrunde gelegt, der den Beklagten zu 1 und 2 zuzurechnen ist. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
b) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht auch die der Klägerin zuzusprechenden Umbaukosten für den Familienwohnsitz in N. mit 378.885,62 € ermittelt. aa) Insbesondere hat es - entgegen der Auffassung der Revision - nicht die Grundsätze für die Abgeltung vermehrter Bedürfnisse verkannt. Der Mehrbedarf für behindertengerechten Wohnraum bemißt sich gemäß § 249 S. 2 BGB a.F. (jetzt: § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB n.F.) nach den Dispositionen , die ein verständiger Geschädigter in seiner besonderen Lage getroffen hätte. Bei unterschiedlichen Möglichkeiten bestimmt sich der Anspruch danach, wie der Bedarf in der vom Geschädigten zumutbar gewählten Lebensgestaltung tatsächlich anfällt. Für die Abgeltung vermehrter Bedürfnisse kommt danach in besonders gelagerten Fällen ein nach §§ 249, 251 BGB durchzuführender Schadensausgleich in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 19. Mai 1981 - VI ZR 108/79 - VersR 1982, 238 ff.), wenn durch die einmalige Anschaffung eines Hilfsmittels für den Behinderten dessen erhöhtes Bedürfnis für die Zukunft in ausreichendem Maße befriedigt werden kann. Dabei ist im Rahmen der
Schaffung behindertengerechten Wohnraums auch zu prüfen, ob dadurch ein Vermögenszuwachs bewirkt wird, mit dem Vorteile verbunden sind, die über den Zweck, ein dauerndes, jedoch auf die Lebenszeit des Verletzten begrenztes erhöhtes Bedürfnis zu befriedigen, weit hinausgehen. Deshalb sind etwa die Kosten der Befriedigung des für jedermann allgemein bestehenden Bedürfnisses nach Wohnraum, das zu den gewöhnlichen Lebenshaltungskosten gehört, vom Schädiger nicht zu erstatten (Senatsurteil vom 19. Mai 1981 - VI ZR 108/79 - aaO; vom 20. Januar 2004 - VI ZR 46/03 - VersR 2004, 482; OLG Stuttgart VersR 1998, 366 mit Nichtannahmebeschluß des erkennenden Senats vom 14. Oktober 1997 - VI ZR 62/97). Im hier zu entscheidenden Fall geht es allerdings nicht um die Schaffung neuen Wohnraums, sondern um die behindertengerechte Anpassung des bereits bestehenden Wohnraums der Klägerin in einer Weise, daß sie ihn trotz ihrer Behinderung vollumfänglich - wie vor dem Unfall - nutzen kann. Daß es durch die erfolgten Umbauten zu einer werterhöhenden Renovierung und Erneuerung des Privathauses insgesamt gekommen ist, wird entgegen der Auffassung der Revision durch die Höhe der Umbaukosten nicht indiziert: Daß es aufwendiger sein kann, ein (nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichtes) repräsentatives Wohnhaus behindertengerecht umzubauen als ein Einfamilienhaus "normalen" Standards behindertengerecht neu zu errichten, ist nicht von der Hand zu weisen und bewegt sich jedenfalls im Rahmen tatrichterlicher Schadensbewertung. Dafür, daß das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft (vgl. Senatsurteile vom 14. Oktober 2003 - VI ZR 425/02 - NJW-RR 2004, 425 f. m.w.N; vom 19. April 2005 - VI ZR 175/04 - z.V.b.) einen Beweisantritt der Beklagten dahingehend, der Wert des Hauses sei nach dem Umbau höher als zuvor, übergangen hat, ist nichts erkennbar. Entgegen dem Vortrag der Revision findet sich in der Berufungsbegründung der Beklagten zu 2 und zu 3 weder eine entsprechende substantiierte Tatsachenbehauptung
noch ein entsprechender Beweisantritt. Im übrigen hat das Berufungsgericht durch wirksame Bezugnahme auf die entsprechenden amtsgerichtlichen Ausführungen für jede im Streit stehende Kostengruppe die Notwendigkeit der Umbaukosten einzeln festgestellt und nicht notwendige Umbaukosten abgezogen, so daß Anhaltspunkte für einen die notwendigen Umbaukosten übersteigenden Differenzwert nicht bestehen. bb) Das Berufungsgericht hat auch nicht gegen § 412 Abs. 1 ZPO verstoßen. Entgegen der Auffassung der Revision der Beklagten durfte es die Ausführungen des Sachverständigen P. seiner Überzeugungsbildung zugrundelegen und war nicht gehalten, ein weiteres Gutachten einzuholen. Ermessensfehler des Berufungsgerichts liegen nicht vor. Von einer näheren Begründung wird abgesehen (§ 564 ZPO).
3) Frei von Rechtsfehlern hat das Berufungsgericht die Beklagte zu 2 zur Sicherheitsleistung nach § 843 Abs. 2 Satz 2 BGB verurteilt. Die ohne Ermittlung konkreter Umstände zu Zahlungsfähigkeit oder -willigkeit der Beklagten zu 2 vorgenommene Wertung des Berufungsgerichtes, wegen der erheblichen tenorierten Zahlungsansprüche insgesamt bestünden für die Zukunft Zweifel an der Zahlungsfähigkeit der Beklagten zu 2 hinsichtlich der Rentenbeträge, begegnet im Hinblick auf die Stellung der Beklagten zu 2 als juristische Person, deren Existenz bei Vermögensverfall erheblich gefährdet ist, revisionsrechtlich keinen Bedenken (vgl. zur Ermessenskontrolle MüKo /Wagner, BGB, 4. Auflage, §§ 842, 843 Rn. 71). Einer Ermittlung der konkreten Vermögensverhältnisse der Beklagten zu 2 bedurfte es nicht. Die Revision vermag keinen Vortrag der Beklagten zu 2 zu ihrer Leistungsfähigkeit oder zu einer Haftpflichtversicherung darzulegen, den das Berufungsgericht übergangen hätte.
B. Revision der Klägerin: Die Ausführungen des Berufungsgerichtes halten den Angriffen der Revision der Klägerin nicht in jeder Hinsicht stand. 1. Ohne Erfolg macht die Klägerin allerdings geltend, das Berufungsgericht habe bei der Bemessung des Schmerzensgeldes die maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte nicht vollständig erfaßt und insbesondere das verzögerte Regulierungsverhalten der Beklagten nicht ausreichend gewürdigt. Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist die Zuerkennung des Schmerzensgeldes dem Grunde nach; § 847 BGB a.F. findet Anwendung (vgl. BGH, Urt. vom 16. Dezember 1996 - II ZR 266/95 - aaO). Die Bemessung des Schmerzensgeldes der Höhe nach ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters, der hier durch § 287 ZPO besonders frei gestellt ist. Sie ist deshalb vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob die Festsetzung Rechtsfehler enthält (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 1973 - VI ZR 189/72 - VersR 1974, 489, 490; vom 19. September 1995 - VI ZR 226/94 - VersR 1996, 380), insbesondere ob das Gericht sich mit allen für die Bemessung des Schmerzensgeldes maßgeblichen Umständen ausreichend auseinandergesetzt (vgl. Senatsurteil vom 24. Mai 1988 - VI ZR 159/87 - VersR 1988, 943) und um eine angemessene Beziehung der Entschädigung zu Art und Dauer der Verletzungen bemüht hat (vgl. Senatsurteil vom 15. Januar 1991 - VI ZR 163/90 - VersR 1991, 350, 351). Auf dieser Grundlage läßt das Berufungsurteil keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin erkennen. Maßgebend für die Höhe des Schmerzensgeldes sind im wesentlichen die Schwere der Verletzungen, das durch diese bedingte Leiden, dessen Dauer, das Ausmaß der Wahrnehmung der Beeinträchti-
gung durch den Verletzten und der Grad des Verschuldens des Schädigers. Diese Gesichtspunkte hat das Berufungsgericht beachtet und hinreichend gewürdigt. Dabei kann offen bleiben, ob ein zögerliches Regulierungsverhalten des Schädigers bezüglich erkennbar begründeten Ansprüchen bei der Bemessung des Schmerzensgeldes Berücksichtigung finden kann. Denn das Berufungsgericht hat sich - was auch die Revision der Klägerin nicht verkennt - mit der Frage der Schmerzensgelderhöhung wegen verzögerten Regulierungsverhaltens beschäftigt und hier die tatsächlichen Voraussetzungen für eine solche Erhöhung verneint. Dies begegnet aus Rechtsgründen keinen Bedenken. Das Berufungsgericht hat darauf hingewiesen, daß vorliegend bereits die Haftung der Beklagten dem Grunde nach streitig war. Zwar ist der Revision zuzugeben, daß - wären allein die vom Berufungsgericht angesprochenen Rechtsfragen des Art. 10 Abs. 1 der Anlage und die Anwendbarkeit des Athener Übereinkommens streitig gewesen - zumindest eine Regulierung in Höhe des Betrages der Haftungsbeschränkung des Athener Übereinkommens hätte erwartet werden können. Die Beklagten haben jedoch ein schuldhaftes Verhalten des Beklagten zu 3 und der anderen Besatzungsmitglieder in Frage gestellt und vorrangig auf einen Konstruktionsfehler des Sonnendachs abgehoben, der für die Beklagten unvorhersehbar zu dem Schadensfall geführt habe. Allein der Umstand, daß die Beklagten dies nicht beweisen konnten, begründet nicht den Vorwurf verzögerten Regulierungsverhaltens. 2. Ebenfalls ohne Erfolg greift die Klägerin die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Höhe der zugesprochenen Mehrbedarfsrente aus § 843 Abs. 1 BGB im Zeitraum vom 1. Mai 2003 bis 1. Juni 2005 an. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht insoweit weder verfahrensfehlerhaft einen Hinweis unterlassen noch sein Ermessen bei der Bestimmung der Anträge fehlerhaft ausgeübt.
Nach dem im Berufungsurteil wiedergegebenen Antrag Ziff. 2a) hat die Klägerin für diesen Zeitraum (anders als in Antrag Ziff. 2b) die Höhe der Geldrente nicht in das Ermessen des Gerichts, sondern einen bezifferten Zahlungsantrag gestellt. Insoweit hat das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt, daß es nach § 308 ZPO an die Vorstellungen der Klägerin gebunden sei. Dem steht auch nicht entgegen, daß die bezifferte Summe sich nach der Berufungsbegründung ersichtlich an den Tarifen vor dem 1. Januar 2003 orientierte; dies konnte nicht dazu führen, den Antrag entgegen seinem ausdrücklichen Wortlaut dahin zu verstehen, es sei nur ein Mindestbetrag verlangt. Auch war das Berufungsgericht nicht verpflichtet, die Klägerin darauf hinzuweisen , daß die Sätze des BAT sich zum 1. Januar 2003 geändert haben. Diese Änderungen sind allgemein zugänglich und es ist ni cht Aufgabe des Gerichtes im Rahmen der Hinweispflicht aus § 139 ZPO, die Parteien darauf hinzuweisen , daß sie auch mehr als gefordert verlangen können, soweit sie die Berechnung nicht zulässigerweise in das Ermessen des Gerichtes stellen. Da die Klägerin letzteres für den fraglichen Zeitraum nicht getan hat, bestand insoweit kein Ermessen des Berufungsgerichtes, so daß auch für den von der Klägerin für erforderlich gehaltenen Hinweis darauf, das Berufungsgericht werde das ihm eingeräumte Ermessen nicht ausüben, kein Raum war. 3. Ohne Erfolg greift die Revision das Berufungsurteil an, soweit es mehr als 250 € Aufwendungen für die Tätigkeit der schweizerischen Rechtsanwälte der Klägerin nicht für erstattungsfähig hält. Die Ausführungen des Berufungsgerichtes sind nicht zu beanstanden. Mit Recht hat es eine Tätigkeit der schweizerischen Anwälte zur Vorbereitung einer etwaigen Gerichtsstandsvereinbarung als nicht notwendig zur Rechtsverfolgung eingestuft. Mit dem Gerichtsstand in Deutschland möglicherweise ver-
bundene Rechtsfragen ließen sich aufgrund des Luganer Abkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 6. September 1988 (BGBl. 1994 II, 2658/2660) durch einen deutschen Rechtsanwalt klären. Ebenso war es nicht erforderlich, zur Beschaffung von Registerauszügen schweizerische Anwälte zu beauftragen. Da das Berufungsgericht mangels Vortrags der Klägerin die auf die verschiedenen von ihr behaupteten Tätigkeiten der schweizerischen Anwälte entfallenden Anteile des Honorars oder der Arbeitszeit nicht festgestellt hat, kann offen bleiben, ob es notwendig war, schweizerische Anwälte zur Ermittlung der materiellen Rechtslage in der Schweiz einzuschalten. Mangels jeglicher tatsächlicher Angaben fehlt es insoweit bereits an jeder Handhabe für eine weitergehende Schadensschätzung. Das Berufungsgericht hat auch keinen Beweisantritt übergangen. Der angebotene Zeugenbeweis des sachbearbeitenden schweizerischen Rechtsanwalts hätte mangels geeigneten Sachvortrags einen Ausforschungsbeweis dargestellt (vgl. Senatsurteil vom 29. Mai 2001 - VI ZR 114/00 - VersR 2001, 1292, 1293). Soweit die Klägerin rügt, für die Festsetzung von 250 € für die Registeranfrage fehle jede Grundlage, ist auf § 8 Abs. 2 BRAGO hinzuweisen, der einen Gegenstandswert für Fälle wie den vorliegenden nach billigem Ermessen im Bereich von 4.000 € (Gebühr bei 4.000 € Gegenstandswert: 245 €) angab. Das Berufungsgericht hat sich daher im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO gehalten. 4. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Ansicht des Berufungsgerichts , daß die Kosten einer privatärztlichen Behandlung von den Beklagten nicht zu erstatten seien. Die Erstattungsfähigkeit von privatärztlichen Behand-
lungskosten bei einem gesetzlich krankenversicherten Verletzten hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. Senatsurteile vom 11. November 1969 - VI ZR 91/68 - VersR 1970, 129, 130; vom 18. Oktober 1988 - VI ZR 223/87 - VersR 1989, 54, 56; vom 19. Februar 1991 - VI ZR 171/90 - BGHR BGB § 249 "Heilbehandlungskosten" 4). Entscheidend ist, ob die privatärztliche Behandlung aus der Sicht eines verständigen Menschen in der Lage des Geschädigten erforderlich erschien. Maßstab für die Beurteilung ist dabei insbesondere die Art der Verletzung und der Lebensstandard des Verletzten. Diese Gesichtspunkte hat das Berufungsgericht nicht ausreichend berücksichtigt. Im Vergleich zu den sonstigen unfallbedingten Aufwendungen sind die Zusatzkosten mit 3.692,04 € für die privatärztliche Behandlung verhältnismäßig gering. Es erscheint daher folgerichtig, daß die Klägerin angesichts ihres aus den sonstigen Schadenspositionen ersichtlichen Lebenszuschnitts und der Schwere ihrer Verletzung eine privatärztliche Behandlung auch dann gewählt hätte, wenn der Unfall nicht durch Dritte verursacht worden wäre. Da insoweit weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, kann der Senat über diesen Teilbetrag abschließend entscheiden. Die Zinsforderung folgt aus §§ 288, 291 BGB a.F. 5. Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe den Urteilsausspruch gegen die Beklagte zu 2 hinsichtlich der Duldung der Zwangsvollstreckung in das Schiff "S." verfahrensfehlerhaft auf die Zahlungsansprüche zu Antrag 2 und 4 beschränkt. Aus der vom Amtsgericht zuerkannten Duldung „für die genannten Zahlungsforderungen“ ergab sich angesichts der auch in die Zukunft gehenden tenorierten Rentenzahlungen über die bezifferte Verurteilung hinaus kein vollstreckbar bezifferter Betrag, für den die Vollstreckung zu dulden wäre. Wegen der fehlenden Vollstreckbarkeit des Gegenstandes des amtsgerichtlichen Urteils in diesem Bereich liegt hier kein Fall vor, in dem die Klägerin in der Beru-
fungsinstanz den Gegenstand ihrer Klage dadurch ausreichend konkretisiert hat, daß sie das erstinstanzliche Urteil, soweit es zu ihren Gunsten ergangen ist, verteidigt hat (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1986 - VII ZR 388/85 - NJW-RR 1987, 639, 640; vom 11. Mai 1995 - I ZR 86/93 - NJW-RR 1995, 1119). Insoweit hätte auch der von der Klägerin vermißte Hinweis zu keinem für sie positiven Ergebnis geführt, da der von ihr nach dem Vortrag der Revision dann gestellte Antrag mangels vollstreckbaren Betrages ebenfalls unzulässig gewesen wäre. Die Verurteilung zur Duldung der Zwangsvollstreckung setzt einen vollstreckungsfähigen Inhalt des Leistungstitels voraus. Die von der Klägerin begehrte Feststellung, daß die Beklagte zu 2 auch zur Duldung der Zwangsvollstreckung für die sich aus dem Feststellungsausspruch des Amtsgerichts ergebenden Forderungen der Klägerin verpflichtet sei, ist nicht zulässig. Ein Urteil auf Duldung der Zwangsvollstreckung soll die Befriedigung des Gläubigers aus dem Schiff ermöglichen, lautet wie ein Leistungsurteil auf Verurteilung und ist Vollstreckungstitel. Ihm kann daher kein Feststellungsurteil zugrunde liegen (vgl. Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, 10. Aufl., S. 228 f.). 6. Mit Erfolg beanstandet die Revision jedoch die Abweisung der Klage zur Höhe hinsichtlich des Rentenantrags ab dem 1. Juli 2009 als unzulässig.
a) Zum einen hat das Berufungsgericht - worauf die Revision der Klägerin zu Recht hinweist - nicht beachtet, daß die Klägerin bereits in ihrem Klageerweiterungsschriftsatz vom 23. Mai 2001 in den Erläuterungen zum unbezifferten Antrag einen Mindestbetrag von 2.471,38 DM monatlich genannt (50 % des bis zum 1.7.2009 geltend gemachten Mindestbetrags) und in der Berufung gegen das insoweit nur eine Feststellung aussprechende Urteil des Schiffahrtsgerichts eine Bescheidung ihres Leistungsantrages begehrt hat.

b) Zum anderen durfte das Berufungsgericht die Klage nicht als unzulässig abweisen, ohne der Klägerin Gelegenheit zu geben, einen etwaigen Zulässigkeitsmangel zu beheben. Auf Bedenken gegen die Zulässigkeit (oder die Schlüssigkeit) der Klage muß das Gericht gemäß § 139 ZPO grundsätzlich auch eine anwaltlich vertretene Partei hinweisen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Anwalt die Rechtslage falsch beurteilt oder ersichtlich darauf vertraut, sein schriftsätzliches Vorbringen sei ausreichend (vgl. Senatsurteil vom 13. Juni 1989 - VI ZR 216/88 - VersR 1989, 931; BGHZ 127, 254, 260 m.w.N.; Urteil vom 4. Juli 1989 - XI ZR 45/88 - BGHR ZPO § 139 Abs. 1 - "Anwaltsprozeß" 3). Erst recht besteht eine Hinweispflicht dann, wenn das Gericht erster Instanz der Klage - wenn auch als Feststellungsklage - stattgegeben hat (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1981 - VII ZR 147/80 - NJW 1981, 1378; vom 25. Mai 1993 - XI ZR 141/92 - NJW-RR 1994, 566, 567).
c) Insoweit ist lediglich der Betrag des der Klägerin zuerkannten Anspruchs betroffen, das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). An einer eigenen Sachentscheidung sieht sich der Senat gehindert, da weitere tatsächliche Feststellungen erforderlich sind. 7. Gleichfalls mit Erfolg beanstandet die Revision die Abweisung der wiederum auf den Betrag des zuerkannten Anspruchs bezogenen Feststellungsklage betreffend die Umbaukosten des Schlosses V. als unzulässig.
a) Zwar geht die Ansicht der Revision fehl, die Feststellungsklage sei hier zulässig, weil der Klägerin eine Leistungsklage nicht möglich sei. Richtig ist aber der Ansatzpunkt, daß die Leistungsklage unzumutbar sein kann, wenn der Schaden noch in der Entstehung begriffen oder nicht hinreichend bezifferbar ist, weil voraussichtlich eine Begutachtung erforderlich sein wird (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2000 - V ZR 387/98 - NJW 2000, 1256, 1257). Damit soll die
klagende Partei davon entlastet werden, möglicherweise umfangreiche Privatgutachten vor Klageerhebung einholen zu müssen, um ihren Anspruch zu beziffern. Ein solcher Fall liegt hier jedoch ersichtlich nicht vor. Die Klägerin hat vorprozessual durch den Sachverständigen R. sowohl die Umbaukosten für das Wohnhaus N., als auch die Umbaukosten für das Schloß V. detailliert ermitteln lassen. Warum es ihr unzumutbar sein soll, auf der Grundlage des Gutachtens R. die Umbaukosten für Schloß V. ebenso beziffert einzuklagen, wie sie es hinsichtlich der Umbaukosten für das Wohnhaus N. getan hat, ist nicht ersichtlich. Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, die von ihr vor dem Unfall genutzte Zweitwohnung Schloß V. auch nach dem Unfall nutzen zu können und dies durch einen behindertengerechten Umbau zu erreichen.
b) Das Berufungsgericht hätte jedoch, da es die Unzulässigkeit des Feststellungsantrages erkannt hat, auf die Möglichkeit hinweisen müssen, Leistung statt Feststellung zu verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 1994 - V ZR 34/92 - NJW-RR 1994, 1272, 1273). Die Klägerin hätte dann die Klage auf einen Zahlungsantrag in Höhe der vom Sachverständigen R. ermittelten Umbaukosten umstellen können. Daher muß der Klägerin durch Zurückverweisung der Sache Gelegenheit gegeben werden, diese nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Umstellung vorzunehmen.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
AG Brandenburg, Entscheidung vom 24.04.2003 - 33 C 607/00 BSch -
AG Brandenburg, Entscheidung vom 24.04.2003 - 33 C 607/00 BSch -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 173/01 Verkündet am:
29. Januar 2003
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Es gibt keinen Grundsatz, nach dem das Nichtbeachten des Rotlichts einer Verkehrsampel
stets als grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls anzusehen
ist. Aus der Entscheidung BGHZ 119, 147 ergibt sich nichts anderes.
BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - IV ZR 173/01 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmstadt
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert und Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2003

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 24. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 11. Mai 2001 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt vom Beklagten, seinem Kaskoversicherer, aus einem Verkehrsunfall Schadensersatz in Höhe von 26.900 DM. Er fuhr mit seinem PKW am 28. Oktober 1998 gegen 6.00 Uhr in Darmstadt in eine weitläufige Kreuzung ein, obwohl die für ihn maßgebliche Ampel Rotlicht zeigte. Im Kreuzungsbereich stieß er mit dem von rechts herankommenden Fahrzeug eines anderen Verkehrsteilnehmers zusammen, der bei Grünlicht in die Kreuzung eingefahren war. Der Beklagte hält sich nach § 61 VVG für leistungsfrei, weil der Kläger den Unfall durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt habe.

Der Kläger behauptet, er habe sich der Kreuzung bei Rotlicht genähert und als erstes Fahrzeug auf der linken Geradeausspur angehalten. Rechts neben ihm hätten keine Fahrzeuge gestanden. Direkt neben ihm auf der Linksabbiegespur habe ein anderes Fahrzeug gestanden. Darin habe er einen Arbeitskollegen erkannt und diesen gegrüßt. Als er wieder nach rechts geschaut habe, habe er "Grün" gesehen und sei in der Meinung losgefahren, das Umschalten der Ampel während des Hinüberschauens zu seinem Arbeitskollegen verpaßt zu haben. Seinen Irrtum könne er sich nur so erklären, daß er das Umschalten eines anderen Elements der Ampelanlage mißgedeutet habe oder durch das im Rückspiegel registrierte Grünlicht einer hinter ihm an der zurückliegenden Kreuzung installierten Ampelanlage getäuscht worden sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht (r+s 2001, 313) hat ihr stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
I. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts zum Unfallverlauf hat der Kläger zunächst bei Rotlicht angehalten, seinen Arbeitskollegen gesehen und gegrüßt und ist erst danach angefahren, weil er durch irgendein nachträglich nicht exakt

zu konkretisierendes, in seinem Blickfeld liegendes optisches Signal und dessen fehlerhafte Verarbeitung zu dem gleichsam natürlichen Eindruck gekommen sei, die Ampel sei auf "Grün" umgesprungen. Zu dieser Überzeugung ist das Berufungsgericht aufgrund der Zeugenaussage des Arbeitskollegen und des persönlich glaubwürdigen Eindrucks vom Kläger gelangt, den es auf seine früheren schriftlichen Äußerungen und seine Anhörung in der mündlichen Verhandlung gestützt hat.
Das Berufungsgericht meint, bei dem von ihm festgestellten Sachverhalt wäre auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 8. Juli 1992 - IV ZR 223/91 - VersR 1992, 1085 = BGHZ 119, 147 und vom 18. Dezember 1996 - IV ZR 321/95 - VersR 1997, 351) Leistungsfreiheit nach § 61 VVG wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls anzunehmen. Dieser Rechtsprechung sei aber nicht zu folgen, weil ihr Sinn und Zweck von § 61 VVG entgegenstünden. Der Begriff der groben Fahrlässigkeit sei nicht für alle Rechtsgebiete gleich, sondern bei einer Verknüpfung mit der Leistungspflicht eines Versicherers nach dem Zweck der konkreten Versicherung zu bestimmen. Es würde eine mit dem Zweck der Vollkaskoversicherung unvereinbare Aushöhlung des Versicherungsschutzes bedeuten, die Folgen eines durch typisch menschliche Unzulänglichkeit verursachten Augenblicksversagens aus dem Kreise der versicherten Risiken auszunehmen. Mit dem regelhaften Schluß vom objektiv groben Pflichtverstoß auf die subjektive Unentschuldbarkeit dieses Verstoßes werde auch die nach § 61 VVG erforderliche positive Feststellung der besonderen subjektiven Vorwerfbarkeit in ein negatives Merkmal umgewandelt. Nunmehr müsse der Versicherungsnehmer das Gericht davon überzeugen, daß ein äußerlich grober Mißgriff ausnahmsweise zu entschuldigen sei.

Auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung nimmt das Berufungs- gericht an, der Kläger habe den Unfall zwar durch einen objektiv groben Verstoß gegen die Regeln des Straßenverkehrs schuldhaft herbeigeführt. Subjektive Unentschuldbarkeit lasse sich aber nicht feststellen, weil sich das Fehlverhalten des Klägers den Umständen nach nur durch ein Augenblicksversagen erklären lasse, das nicht auf Sorglosigkeit oder Gleichgültigkeit im Umgang mit dem versicherten Fahrzeug beruhe.
II. Die rechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichts geben keinen Anlaß, die Rechtsprechung des Senats zu ändern. Auf der Grundlage der Entscheidungen des Senats zur grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls im Sinne von § 61 VVG, auch der Entscheidung in BGHZ 119, 147, ist das angefochtene Urteil im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
1. Nach ständiger Rechtsprechung der Zivilsenate des Bundesgerichtshofs wird der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit grundsätzlich einheitlich bestimmt (vgl. Urteil vom 17. Oktober 1966 - II ZR 123/64 - VersR 1966, 1150 unter III; Urteil vom 8. Februar 1989 - IVa ZR 57/88 - VersR 1989, 582 unter 2; Urteil vom 29. September 1992 - XI ZR 265/91 - NJW 1992, 3235 unter I 2 a und b; Urteil vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00 - NJW 2001, 2092 unter II 1 a). An diesem Grundsatz ist schon aus Gründen der Rechtssicherheit festzuhalten. Die vom Berufungsgericht befürwortete unterschiedliche Definition des Begriffs jeweils nach der konkreten Versicherung würde im Versicherungsrecht wegen der zahlreichen verschiedenen Arten von Versicherungen zu einer kaum

noch überschaubaren Aufsplitterung des Begriffs der groben Fahrlässigkeit im Sinne von § 61 VVG und damit zu einer nicht hinnehmbaren Rechtsunsicherheit führen.
2. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet läßt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Im Gegensatz zur einfachen Fahrlässigkeit muß es sich bei einem grob fahrlässigen Verhalten um ein auch in subjektiver Hinsicht unentschuldbares Fehlverhalten handeln, das ein gewöhnliches Maß erheblich übersteigt (BGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 - IV ZR 321/95 - VersR 1997, 351 unter II 2 c; vgl. ferner die oben unter II. 1. aufgeführten Urteile). Diese Begriffsbestimmung berücksichtigt den Grundgedanken des § 61 VVG. Danach soll der Versicherungsnehmer, der sich in bezug auf das versicherte Interesse völlig sorglos oder sogar unlauter verhält, keine unverdiente Vergünstigung erhalten. So hat § 61 VVG ähnlich wie § 162 BGB den Gedanken von Treu und Glauben übernommen (BGH, Urteil vom 8. Februar 1989 aaO unter 1 a m.w.N.).
3. a) Aus dem Senatsurteil in BGHZ 119, 147 ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kein Grundsatz abzuleiten, nach dem die Mißachtung des roten Ampellichts stets grob fahrlässig ist (Römer, NVersZ 2001, 539 unter II; ders. ZfS 2001, 289 unter I 2 c). Der Senat hat lediglich die Ansicht der Vorinstanz als rechtsfehlerfrei bezeichnet, das Überfahren einer roten Ampel sei in aller Regel objektiv als grob fahrlässig zu bewerten (aaO S. 148 unter 1 der Gründe). Über eventuelle Ausnahmen in objektiver Hinsicht war nichts auszuführen, weil das Berufungsgericht mit Recht keine Ausnahme in Betracht gezogen hatte.


b) Das Nichtbeachten des roten Ampellichts wird wegen der damit verbundenen erheblichen Gefahren in aller Regel als objektiv grob fahr- lässig anzusehen sein. Nach den jeweiligen Umständen kann es jedoch schon an den objektiven oder an den subjektiven Voraussetzungen der groben Fahrlässigkeit fehlen. Dies kann der Fall sein, wenn die Ampel nur schwer zu erkennen oder verdeckt ist und bei besonders schwierigen , insbesondere überraschend eintretenden Verkehrssituationen (vgl. OLG Hamm VersR 2002, 603 f.; OLG Köln NVersZ 1999, 331 f.; OLG Nürnberg NJW-RR 1996, 986 f.; OLG Köln r+s 1991, 82 f.). Eine Beurteilung als nicht grob fahrlässig kann auch in Betracht kommen, wenn der Fahrer zunächst bei "Rot" angehalten hat und dann in der irrigen Annahme , die Ampel habe auf "Grün" umgeschaltet, wieder angefahren ist (so neuerdings wieder OLG Hamm r+s 2000, 232; OLG Jena VersR 1997, 691 f.; OLG München NJW-RR 1996, 407). Diese Beispiele sind nicht abschließend. Wegen der "Verschlingung" objektiver und subjektiver Gesichtspunkte und der Notwendigkeit, die Würdigung auf die besonderen Umstände des Einzelfalles abzustellen, lassen sich nur mit großen Vorbehalten allgemeine Regeln darüber entwickeln, wann eine unfallursächliche Fahrlässigkeit als grobe zu qualifizieren ist (BGH, Urteil vom 11. Juli 1967 - VI ZR 14/66 - VersR 1967, 909).

c) Ob die Fahrlässigkeit im Einzelfall als einfach oder grob zu werten ist, ist Sache der tatrichterlichen Würdigung. Sie erfordert eine Abwägung aller objektiven und subjektiven Tatumstände und entzieht sich deshalb weitgehend einer Anwendung fester Regeln (BGH, Urteil vom 5. Dezember 1966 - II ZR 174/65 - VersR 1967, 127 unter 1 und 2; BGH, Urteil vom 5. April 1989 - IVa ZR 39/88 - VersR 1989, 840 unter 2;

Römer, VersR 1992, 1187 unter II 3). Diese tatrichterliche Würdigung ist mit der Revision nur beschränkt angreifbar. Nachgeprüft werden kann nur, ob in der Tatsacheninstanz der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit verkannt worden ist oder ob beim Bewerten des Grades der Fahrlässigkeit wesentliche Umstände außer Betracht geblieben sind (BGH, Urteil vom 8. Februar 1989 aaO unter 1 b).
4. a) Aus dem Senatsurteil in BGHZ 119, 147 ergibt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht, daß aus einem objektiv groben Pflichtverstoß regelhaft auf die subjektive Unentschuldbarkeit geschlossen werden könne und entgegen der anerkannten Beweislast des Versicherers für das Eingreifen eines Risikoausschlusses der Versicherungsnehmer den Entschuldigungsbeweis zu führen habe (siehe dazu Römer, NVersZ 2001, 539 f.; Rixecker, ZfS 2001, 550 f.). Der Senat hat vielmehr daran festgehalten, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom äußeren Geschehensablauf und vom Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge und deren gesteigerte Vorwerfbarkeit geschlossen werden könne (BGHZ 119, 147, 151) und dazu auf sein Urteil vom 8. Februar 1989 (aaO unter 4 d) hingewiesen. Dort ist ausdrücklich klargestellt, daß auch für die subjektive Seite des Schuldvorwurfs gemäß § 61 VVG der Versicherer darlegungs- und beweispflichtig ist. Dabei sind die Grundsätze des Anscheinsbeweises nicht anwendbar (BGH, Urteil vom 21. April 1970 - VI ZR 226/68 - VersR 1970, 568 unter II 2). Allerdings ist es Sache des Versicherungsnehmers, ihn entlastende Tatsachen vorzutragen. Das entspricht dem allgemeinen prozessualen Grundsatz, wonach die nicht beweisbelastete Partei ausnahmsweise eine Substantiierungslast treffen kann. Ein solcher Fall liegt vor, wenn der darlegungspflichtige Gegner außerhalb des von ihm dar-

zulegenden Geschehensablaufs steht und die maßgebenden Tatsachen nicht näher kennt, während sie der anderen Partei bekannt sind und ihr ergänzende Angaben zuzumuten sind (BGH, Urteil vom 3. Februar 1999 - VIII ZR 14/98 - NJW 1999, 1404 unter II 2 b aa m.w.N.; Zöller/Greger, ZPO 23. Aufl. vor § 284 Rdn. 24, 34 ff.). Bei einem Verkehrsunfall wird diese Konstellation regelmäßig gegeben sein. An der Beweislast ändert dies nichts (OLG Hamm VersR 2002, 603).

b) Der Senat hält daran fest, daß die bloße Berufung des Kraftfahrers auf ein "Augenblicksversagen" kein ausreichender Grund ist, grobe Fahrlässigkeit zu verneinen. Die nur momentane Unaufmerksamkeit kann unterschiedliche Ursachen haben. Trägt der Versicherungsnehmer zur Ursache des kurzzeitigen Fehlverhaltens und den sonstigen Umständen nichts vor, kann der Tatrichter den Schluß ziehen, daß ein objektiv grob fahrlässiges Mißachten des Rotlichts auch subjektiv als unentschuldbares Fehlverhalten zu werten ist.
5. Das Berufungsurteil ist nicht deshalb aufzuheben, weil das Berufungsgericht der Ansicht ist, die von ihm gefundene Rechtsauffassung weiche von der Senatsrechtsprechung ab. Diese Ansicht beruht im wesentlichen auf einem nicht zutreffenden Verständnis der Senatsurteile vom 8. Juli 1992 (BGHZ 119, 147) und vom 18. Dezember 1996 (IV ZR 321/95 - VersR 1997, 351). Auch auf der Grundlage dieser Urteile und der vorstehend dargestellten sonstigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat die Würdigung des Berufungsgerichts Bestand, subjektiv grobe Fahrlässigkeit sei dem Kläger nicht anzulasten. Der Kläger hat sich nicht lediglich auf ein "Augenblicksversagen" berufen. Er hat im einzelnen dargelegt, was der Fehlreaktion vorausgegangen ist und wie es

nach seiner Erinnerung dazu gekommen ist oder gekommen sein muß. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der Kläger bei "Rot" zunächst angehalten und ist nur deshalb noch bei "Rot" wieder angefahren , weil er aufgrund der Fehldeutung irgendeines in seinem Blickfeld liegenden optischen Signals zu der Überzeugung gelangt sei, die Ampel sei soeben auf "Grün" umgesprungen. Daß das Berufungsgericht dies nicht als ein in subjektiver Hinsicht unentschuldbares Fehlverhalten bewertet hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Es ist auszuschließen, daß das Berufungsgericht nach einer Zurückverweisung zu einem anderen Ergebnis gelangt.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 334/04 Verkündet am:
8. Januar 2007
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Das "aus dem Berufungsurteil ersichtliche Parteivorbringen" (§ 559 Abs. 1
ZPO n.F.) erbringt nach § 314 ZPO Beweis für das mündliche Parteivorbringen
in der Berufungsinstanz. Dieser Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll
, nicht jedoch durch den Inhalt der Schriftsätze entkräftet werden.

b) Selbst bei einem Widerspruch zwischen ausdrücklichen "tatbestandlichen"
Feststellungen und in Bezug genommenem Inhalt der vorbereitenden
Schriftsätze geht der "Tatbestand" vor.

c) Eine etwaige Unrichtigkeit tatbestandlicher Feststellungen im Berufungsurteil
kann nur im Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO, nicht jedoch mit einer
Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO n.F. oder einer entsprechenden
Gegenrüge des Revisionsbeklagten behoben werden.
BGH, Urteil vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 8. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Prof. Dr. Gehrlein und
Caliebe

für Recht erkannt:
Das Versäumnisurteil vom 12. Juni 2006 wird aufrechterhalten. Die Klägerin trägt die weiteren Kosten des Revisionsverfahrens. Die durch die Nebenintervention verursachten weiteren Kosten werden der Streithelferin der Klägerin auferlegt. Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin verlangt aus einem mit der Beklagten zu 1 am 17. März 2000 geschlossenen Unternehmenskaufvertrag über den Erwerb sämtlicher von der Beklagten zu 1 gehaltenen Geschäftsanteile an der P. GmbH B. (im Folgenden: P. ) Schadensersatz von den Beklagten als Gesamtschuldnern, weil die Beklagte zu 1 entgegen der in dem Vertrag erteilten Zusicherung - für deren Erfüllung die Beklagte zu 2 zusätzlich die Garantie übernommen habe - die Stammeinlage von 950.000,00 DM aus einer Kapitalerhöhung bei der P. nicht wirksam geleistet habe.
2
Die P. gewährte auf der Grundlage einer Abrede vom 10. Januar 1995 der Beklagten zu 1, ihrer damaligen Alleingesellschafterin, am 24. Februar 1995 ein - bis 30. September 1995 rückzahlbares - verzinsliches Darlehen von 1 Mio. DM; bereits am 1. März 1995 überwies diese 950.000,00 DM an die P. unter Angabe des Verwendungszwecks "Kapitalerhöhung" zurück. Am 13. März 1995 beschloss die Gesellschafterversammlung der P. , das Stammkapital von 50.000,00 DM auf 1 Mio. DM zu erhöhen, wobei die - sofort bar zu leistende - neue Stammeinlage von 950.000,00 DM wiederum von der Beklagten zu 1 übernommen wurde. Die von der Beklagten zu 1 zuvor eingezahlten 950.000,00 DM wurden sodann bei der P. als Erhöhung der Stammeinlage verbucht. Nach den aus dem Berufungsurteil ersichtlichen Feststellungen - die denjenigen im Landgerichtsurteil entsprechen - zahlte die Beklagte zudem an die P. bis zum 17. März 2000 einen Betrag in Höhe der als Darlehen empfangenen Valuta von 1 Mio. DM in nicht näher bekannten Raten - am 13. Januar 1997 betrug die noch offene Restforderung 496.230,00 DM - vollständig zurück. Durch den notariellen Unternehmenskaufvertrag vom 17. März 2000 veräußerte die Beklagte zu 1 an die Klägerin sämtliche von ihr an der P. gehaltenen Geschäftsanteile zu einem Kaufpreis von 1,00 DM. In dem Vertrag sicherte die Beklagte zu 1 u.a. die vollständige Einzahlung des Stammkapitals zu und verpflichtete sich zum Schadensersatz für den Fall der Unrichtigkeit der gegebenen Zusicherungen; zusätzlich übernahm die Beklagte zu 2 die Garantie für die Erfüllung aller sich aus dem Vertrag ergebenden Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 1.
3
Am 18. Oktober 2002 wurde auf Antrag der P. das vorläufige Insolvenzverfahren über deren Vermögen eröffnet. Nachdem der vorläufige Insolvenzverwalter am 28. Oktober 2002 die Klägerin zur Zahlung der - nach seiner Ansicht von der Beklagten zu 1 seinerzeit nicht wirksam erbrachten - Stammeinlage von 950.000,00 DM aufgefordert hatte, zahlte die Klägerin unter dem 16. Dezember 2002 den geforderten Betrag an die P. ; diese hatte bereits vorher den Antrag auf Insolvenzeröffnung zurückgenommen, woraufhin das Amtsgericht D. die Aufhebung der vorläufigen Insolvenzverwaltung angeordnet hatte.
4
Das Landgericht hat die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Leistung von Schadensersatz in Höhe der verlangten 485.727,28 € (= 950.000,00 DM) verurteilt, im Übrigen jedoch wegen eines weitergehenden Leistungs- und Feststellungsbegehrens die Klage - rechtskräftig - abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen haben sich die Beklagten mit der - vom Senat zugelassenen - Revision gewandt, mit der sie ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiterverfolgt haben.
5
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 12. Juni 2006 war die Klägerin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten. Durch Versäumnisurteil vom selben Tag (II ZR 334/04, ZIP 2006, 1633) hat der Senat unter Aufhebung des Berufungsurteils und unter Änderung des Landgerichtsurteils die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
6
Gegen dieses Versäumnisurteil hat die Klägerin rechtzeitig Einspruch eingelegt, durch den sie mit einer verfahrensrechtlichen Gegenrüge die von dem Senat bei seiner die Klage abweisenden Entscheidung zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zu der bis zum 17. März 2000 durch die Beklagte zu 1 bewirkten vollständigen "Rückzahlung des Darlehens" im Umfang von 1 Mio. DM angreift.

Entscheidungsgründe:

7
Das auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 82) beruhende Versäumnisurteil des Senats vom 12. Juni 2006 ist gemäß §§ 555, 343 ZPO aufgrund der neuen Verhandlung aufrechtzuerhalten, weil die von der Klägerin mit dem Ein- spruch erhobene verfahrensrechtliche Gegenrüge gegen die Richtigkeit der diesem Versäumnisurteil über die endgültige Abweisung der Klage zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils (vgl. § 559 Abs. 1 und 2 ZPO) zur "vollständigen Rückzahlung des Darlehens" erfolglos bleibt.
8
I. Die Klägerin wendet sich mit ihrem Einspruch nicht gegen die - ihr günstige - Annahme des Senats, dass die Beklagte zu 1 die von ihr anlässlich der Kapitalerhöhung vom 13. März 1995 übernommene Einlageverbindlichkeit in Höhe von 950.000,00 DM nicht durch die ursprüngliche (Vor-)Einzahlung vom 1. März 1995 erfüllt hat, weil hierin eine sog. verdeckte Finanzierung aus Gesellschaftsmitteln in Form des "Her- und Hinzahlens" lag, bei dem unter dem Gesichtspunkt der Kapitalaufbringung der Inferent nichts geleistet und die Gesellschaft nichts erhalten hat und bei dem die in diesem Zusammenhang für die "Herzahlung" getroffene "Darlehensabrede" als Teil des Umgehungsgeschäfts unwirksam ist (vgl. Versäumnisurteil v. 12. Juni 2006 aaO Tz. 11, 12).
9
Die Klägerin beanstandet vielmehr allein, dass der Senat die offen gebliebene Einlageschuld der Beklagten zu 1 in Höhe von 950.000,00 DM aufgrund der vom Berufungsgericht als unstreitig festgestellten vollständigen, jedenfalls vor Abschluss des notariellen Unternehmenskaufvertrages vom 17. März 2000 bewirkten "Rückzahlung des Darlehens" in entsprechender Höhe als erfüllt angesehen hat. Zwar habe das Berufungsgericht - ebenso wie schon zuvor das Landgericht - festgestellt, dass die Beklagte zu 1 an die P. "das Darlehen von 1 Mio. DM in nicht näher bekannten Raten vollständig zurückgezahlt" habe; jedoch entspreche dies nicht dem - von den Beklagten zugestandenen - Vortrag der Klägerin im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 3. September 2003, dass das Darlehen in Höhe von ca. 750.000,00 DM mit Forderungen der Beklagten zu 1 gegen die P. aus einem Ergebnisabführungsvertrag "über zwei Jahre hinweg" nach und nach verrechnet worden sei. Eine solche Ver- rechnung habe wegen Verstoßes gegen § 19 Abs. 5 GmbHG keine Erfüllungswirkung gehabt.
10
II. Die verfahrensrechtliche Gegenrüge (§ 286 ZPO) geht fehl.
11
Bei der von der Klägerin als unrichtig beanstandeten Feststellung des Berufungsgerichts über die "vollständige Rückzahlung des Darlehens" durch die Beklagte zu 1 "in nicht näher bekannten Raten" vor dem Abschluss des notariellen Kaufvertrages vom 17. März 2000 handelt es sich um aus dem Berufungsurteil ersichtliches (unstreitiges) Parteivorbringen i.S. des § 559 Abs. 1 ZPO, das als tatbestandliche Darstellung im Rahmen der Urteilsgründe an die Stelle des früheren förmlichen Tatbestandes des Berufungsurteils gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F. getreten ist (vgl. nur MünchKommZPO(AB)/Wenzel 2. Aufl. § 559 Rdn. 2). Dieses "aus dem Berufungsurteil ersichtliche Parteivorbringen" - zu dem auch der in Bezug genommene Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils gehört - erbringt nach § 314 ZPO Beweis für das mündliche Parteivorbringen in der Berufungsinstanz (vgl. Musielak/Ball, ZPO 5. Aufl. § 559 Rdn. 15 m.w.Nachw.). Dieser Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll, nicht jedoch durch den Inhalt der Schriftsätze entkräftet werden (BGHZ 140, 335, 339). Selbst bei einem Widerspruch zwischen ausdrücklichen "tatbestandlichen" Feststellungen und in Bezug genommenem Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze geht der "Tatbestand" vor. Eine etwaige Unrichtigkeit derartiger tatbestandlicher Darstellungen im Berufungsurteil kann nur im Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO behoben werden (st.Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 13. Juli 2000 - I ZR 49/98, WM 2000, 2070, 2072; BGH, Beschl. v. 26. März 1997 - IV ZR 275/96, NJW 1997, 1933; BGH, Urt. v. 3. März 1995 - V ZR 266/93, ZIP 1995, 961; BGH, Urt. v. 7. Dezember 1993 - VI ZR 74/93, NJW 1994, 517, 519 - jew. zu der inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 561 ZPO a.F.). Eine Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO oder - wie hier - eine entspre- chende verfahrensrechtliche Gegenrüge des Revisionsbeklagten, die auf ein im Berufungsurteil nur allgemein in Bezug genommenes schriftsätzliches Vorbringen gestützt wird, kommt zur Richtigstellung eines derartigen Mangels nicht in Betracht (vgl. auch Musielak/Ball aaO § 559 Rdn. 16; MünchKommZPO(AB)/ Wenzel aaO § 559 Rdn. 4 und § 551 Rdn. 23).
12
Da es im vorliegenden Fall hinsichtlich der tatbestandlichen Darstellung der unstreitigen vollständigen Rückzahlung des "Darlehens von 1 Mio. DM" durch die Beklagte zu 1 an die P. an einer Urteilsberichtigung nach § 320 ZPO fehlt, sind diese tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts für das weitere Verfahren bindend, §§ 314, 559 ZPO; der Senat hatte sie daher seiner Beurteilung im Rahmen der von ihm getroffenen abschließenden Revisionsentscheidung "in der Sache selbst" (§ 563 Abs. 3 ZPO) zugrunde zu legen.
13
Darauf, dass selbst unter Zugrundelegung des von der Klägerin als übergangen gerügten Vorbringens die dann seitens der Gesellschaft im Einvernehmen mit der Beklagten zu 1 als Inferentin durchgeführte Verrechnung des bestehen gebliebenen Bareinlageanspruchs mit "Neuforderungen" aus dem Ergebnisabführungsvertrag in Höhe von ca. 750.000,00 DM gemäß der insoweit einschlägigen Vorschrift des § 19 Abs. 2 Satz 2 GmbHG nach ständiger Senatsrechtsprechung (vgl. BGHZ 153, 107, 112; BGHZ 152, 37, 43 m.w.Nachw.) zulässig gewesen wäre, weil - mangels gegenteiligen Sachvortrags - diese fällig , liquide und vollwertig waren und eine solche spätere Verrechnung nicht bereits im Zeitpunkt der Begründung der ursprünglichen Einlageschuld abgesprochen war, kommt es danach nicht mehr an.
14
Damit hat es auch aufgrund der neuen mündlichen Verhandlung nach dem Einspruch bei der sachlich-rechtlichen Feststellung des Senats in dem Versäumnisurteil vom 12. Juni 2006 zu verbleiben, dass die Beklagte zu 1 durch die vom Berufungsgericht bindend festgestellte "Rückzahlung" von 1 Mio. DM bis zum 17. März 2000 auf die vermeintliche, wegen Verstoßes gegen die Kapitalaufbringungsvorschriften nicht wirksam begründete ("Darlehens" -)Schuld die offene Einlageverbindlichkeit erfüllt hat (vgl. dazu im Einzelnen : Versäumnisurteil v. 12. Juni 2006 aaO Tz. 13). Danach steht der Klägerin gegen die Beklagten ein Schadensersatzanspruch wegen angeblicher Verletzung der unternehmensvertraglichen Zusicherung über die vollständige Erbringung der Stammeinlagen bei der P. nicht zu.
Goette Kurzwelly Kraemer Gehrlein Caliebe
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 14.10.2003 - 16 HKO 9067/03 -
OLG München, Entscheidung vom 28.04.2004 - 7 U 5482/03 -

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 334/04 Verkündet am:
8. Januar 2007
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Das "aus dem Berufungsurteil ersichtliche Parteivorbringen" (§ 559 Abs. 1
ZPO n.F.) erbringt nach § 314 ZPO Beweis für das mündliche Parteivorbringen
in der Berufungsinstanz. Dieser Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll
, nicht jedoch durch den Inhalt der Schriftsätze entkräftet werden.

b) Selbst bei einem Widerspruch zwischen ausdrücklichen "tatbestandlichen"
Feststellungen und in Bezug genommenem Inhalt der vorbereitenden
Schriftsätze geht der "Tatbestand" vor.

c) Eine etwaige Unrichtigkeit tatbestandlicher Feststellungen im Berufungsurteil
kann nur im Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO, nicht jedoch mit einer
Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO n.F. oder einer entsprechenden
Gegenrüge des Revisionsbeklagten behoben werden.
BGH, Urteil vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 8. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Prof. Dr. Gehrlein und
Caliebe

für Recht erkannt:
Das Versäumnisurteil vom 12. Juni 2006 wird aufrechterhalten. Die Klägerin trägt die weiteren Kosten des Revisionsverfahrens. Die durch die Nebenintervention verursachten weiteren Kosten werden der Streithelferin der Klägerin auferlegt. Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin verlangt aus einem mit der Beklagten zu 1 am 17. März 2000 geschlossenen Unternehmenskaufvertrag über den Erwerb sämtlicher von der Beklagten zu 1 gehaltenen Geschäftsanteile an der P. GmbH B. (im Folgenden: P. ) Schadensersatz von den Beklagten als Gesamtschuldnern, weil die Beklagte zu 1 entgegen der in dem Vertrag erteilten Zusicherung - für deren Erfüllung die Beklagte zu 2 zusätzlich die Garantie übernommen habe - die Stammeinlage von 950.000,00 DM aus einer Kapitalerhöhung bei der P. nicht wirksam geleistet habe.
2
Die P. gewährte auf der Grundlage einer Abrede vom 10. Januar 1995 der Beklagten zu 1, ihrer damaligen Alleingesellschafterin, am 24. Februar 1995 ein - bis 30. September 1995 rückzahlbares - verzinsliches Darlehen von 1 Mio. DM; bereits am 1. März 1995 überwies diese 950.000,00 DM an die P. unter Angabe des Verwendungszwecks "Kapitalerhöhung" zurück. Am 13. März 1995 beschloss die Gesellschafterversammlung der P. , das Stammkapital von 50.000,00 DM auf 1 Mio. DM zu erhöhen, wobei die - sofort bar zu leistende - neue Stammeinlage von 950.000,00 DM wiederum von der Beklagten zu 1 übernommen wurde. Die von der Beklagten zu 1 zuvor eingezahlten 950.000,00 DM wurden sodann bei der P. als Erhöhung der Stammeinlage verbucht. Nach den aus dem Berufungsurteil ersichtlichen Feststellungen - die denjenigen im Landgerichtsurteil entsprechen - zahlte die Beklagte zudem an die P. bis zum 17. März 2000 einen Betrag in Höhe der als Darlehen empfangenen Valuta von 1 Mio. DM in nicht näher bekannten Raten - am 13. Januar 1997 betrug die noch offene Restforderung 496.230,00 DM - vollständig zurück. Durch den notariellen Unternehmenskaufvertrag vom 17. März 2000 veräußerte die Beklagte zu 1 an die Klägerin sämtliche von ihr an der P. gehaltenen Geschäftsanteile zu einem Kaufpreis von 1,00 DM. In dem Vertrag sicherte die Beklagte zu 1 u.a. die vollständige Einzahlung des Stammkapitals zu und verpflichtete sich zum Schadensersatz für den Fall der Unrichtigkeit der gegebenen Zusicherungen; zusätzlich übernahm die Beklagte zu 2 die Garantie für die Erfüllung aller sich aus dem Vertrag ergebenden Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 1.
3
Am 18. Oktober 2002 wurde auf Antrag der P. das vorläufige Insolvenzverfahren über deren Vermögen eröffnet. Nachdem der vorläufige Insolvenzverwalter am 28. Oktober 2002 die Klägerin zur Zahlung der - nach seiner Ansicht von der Beklagten zu 1 seinerzeit nicht wirksam erbrachten - Stammeinlage von 950.000,00 DM aufgefordert hatte, zahlte die Klägerin unter dem 16. Dezember 2002 den geforderten Betrag an die P. ; diese hatte bereits vorher den Antrag auf Insolvenzeröffnung zurückgenommen, woraufhin das Amtsgericht D. die Aufhebung der vorläufigen Insolvenzverwaltung angeordnet hatte.
4
Das Landgericht hat die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Leistung von Schadensersatz in Höhe der verlangten 485.727,28 € (= 950.000,00 DM) verurteilt, im Übrigen jedoch wegen eines weitergehenden Leistungs- und Feststellungsbegehrens die Klage - rechtskräftig - abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen haben sich die Beklagten mit der - vom Senat zugelassenen - Revision gewandt, mit der sie ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiterverfolgt haben.
5
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 12. Juni 2006 war die Klägerin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten. Durch Versäumnisurteil vom selben Tag (II ZR 334/04, ZIP 2006, 1633) hat der Senat unter Aufhebung des Berufungsurteils und unter Änderung des Landgerichtsurteils die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
6
Gegen dieses Versäumnisurteil hat die Klägerin rechtzeitig Einspruch eingelegt, durch den sie mit einer verfahrensrechtlichen Gegenrüge die von dem Senat bei seiner die Klage abweisenden Entscheidung zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zu der bis zum 17. März 2000 durch die Beklagte zu 1 bewirkten vollständigen "Rückzahlung des Darlehens" im Umfang von 1 Mio. DM angreift.

Entscheidungsgründe:

7
Das auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 82) beruhende Versäumnisurteil des Senats vom 12. Juni 2006 ist gemäß §§ 555, 343 ZPO aufgrund der neuen Verhandlung aufrechtzuerhalten, weil die von der Klägerin mit dem Ein- spruch erhobene verfahrensrechtliche Gegenrüge gegen die Richtigkeit der diesem Versäumnisurteil über die endgültige Abweisung der Klage zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils (vgl. § 559 Abs. 1 und 2 ZPO) zur "vollständigen Rückzahlung des Darlehens" erfolglos bleibt.
8
I. Die Klägerin wendet sich mit ihrem Einspruch nicht gegen die - ihr günstige - Annahme des Senats, dass die Beklagte zu 1 die von ihr anlässlich der Kapitalerhöhung vom 13. März 1995 übernommene Einlageverbindlichkeit in Höhe von 950.000,00 DM nicht durch die ursprüngliche (Vor-)Einzahlung vom 1. März 1995 erfüllt hat, weil hierin eine sog. verdeckte Finanzierung aus Gesellschaftsmitteln in Form des "Her- und Hinzahlens" lag, bei dem unter dem Gesichtspunkt der Kapitalaufbringung der Inferent nichts geleistet und die Gesellschaft nichts erhalten hat und bei dem die in diesem Zusammenhang für die "Herzahlung" getroffene "Darlehensabrede" als Teil des Umgehungsgeschäfts unwirksam ist (vgl. Versäumnisurteil v. 12. Juni 2006 aaO Tz. 11, 12).
9
Die Klägerin beanstandet vielmehr allein, dass der Senat die offen gebliebene Einlageschuld der Beklagten zu 1 in Höhe von 950.000,00 DM aufgrund der vom Berufungsgericht als unstreitig festgestellten vollständigen, jedenfalls vor Abschluss des notariellen Unternehmenskaufvertrages vom 17. März 2000 bewirkten "Rückzahlung des Darlehens" in entsprechender Höhe als erfüllt angesehen hat. Zwar habe das Berufungsgericht - ebenso wie schon zuvor das Landgericht - festgestellt, dass die Beklagte zu 1 an die P. "das Darlehen von 1 Mio. DM in nicht näher bekannten Raten vollständig zurückgezahlt" habe; jedoch entspreche dies nicht dem - von den Beklagten zugestandenen - Vortrag der Klägerin im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 3. September 2003, dass das Darlehen in Höhe von ca. 750.000,00 DM mit Forderungen der Beklagten zu 1 gegen die P. aus einem Ergebnisabführungsvertrag "über zwei Jahre hinweg" nach und nach verrechnet worden sei. Eine solche Ver- rechnung habe wegen Verstoßes gegen § 19 Abs. 5 GmbHG keine Erfüllungswirkung gehabt.
10
II. Die verfahrensrechtliche Gegenrüge (§ 286 ZPO) geht fehl.
11
Bei der von der Klägerin als unrichtig beanstandeten Feststellung des Berufungsgerichts über die "vollständige Rückzahlung des Darlehens" durch die Beklagte zu 1 "in nicht näher bekannten Raten" vor dem Abschluss des notariellen Kaufvertrages vom 17. März 2000 handelt es sich um aus dem Berufungsurteil ersichtliches (unstreitiges) Parteivorbringen i.S. des § 559 Abs. 1 ZPO, das als tatbestandliche Darstellung im Rahmen der Urteilsgründe an die Stelle des früheren förmlichen Tatbestandes des Berufungsurteils gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F. getreten ist (vgl. nur MünchKommZPO(AB)/Wenzel 2. Aufl. § 559 Rdn. 2). Dieses "aus dem Berufungsurteil ersichtliche Parteivorbringen" - zu dem auch der in Bezug genommene Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils gehört - erbringt nach § 314 ZPO Beweis für das mündliche Parteivorbringen in der Berufungsinstanz (vgl. Musielak/Ball, ZPO 5. Aufl. § 559 Rdn. 15 m.w.Nachw.). Dieser Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll, nicht jedoch durch den Inhalt der Schriftsätze entkräftet werden (BGHZ 140, 335, 339). Selbst bei einem Widerspruch zwischen ausdrücklichen "tatbestandlichen" Feststellungen und in Bezug genommenem Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze geht der "Tatbestand" vor. Eine etwaige Unrichtigkeit derartiger tatbestandlicher Darstellungen im Berufungsurteil kann nur im Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO behoben werden (st.Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 13. Juli 2000 - I ZR 49/98, WM 2000, 2070, 2072; BGH, Beschl. v. 26. März 1997 - IV ZR 275/96, NJW 1997, 1933; BGH, Urt. v. 3. März 1995 - V ZR 266/93, ZIP 1995, 961; BGH, Urt. v. 7. Dezember 1993 - VI ZR 74/93, NJW 1994, 517, 519 - jew. zu der inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 561 ZPO a.F.). Eine Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO oder - wie hier - eine entspre- chende verfahrensrechtliche Gegenrüge des Revisionsbeklagten, die auf ein im Berufungsurteil nur allgemein in Bezug genommenes schriftsätzliches Vorbringen gestützt wird, kommt zur Richtigstellung eines derartigen Mangels nicht in Betracht (vgl. auch Musielak/Ball aaO § 559 Rdn. 16; MünchKommZPO(AB)/ Wenzel aaO § 559 Rdn. 4 und § 551 Rdn. 23).
12
Da es im vorliegenden Fall hinsichtlich der tatbestandlichen Darstellung der unstreitigen vollständigen Rückzahlung des "Darlehens von 1 Mio. DM" durch die Beklagte zu 1 an die P. an einer Urteilsberichtigung nach § 320 ZPO fehlt, sind diese tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts für das weitere Verfahren bindend, §§ 314, 559 ZPO; der Senat hatte sie daher seiner Beurteilung im Rahmen der von ihm getroffenen abschließenden Revisionsentscheidung "in der Sache selbst" (§ 563 Abs. 3 ZPO) zugrunde zu legen.
13
Darauf, dass selbst unter Zugrundelegung des von der Klägerin als übergangen gerügten Vorbringens die dann seitens der Gesellschaft im Einvernehmen mit der Beklagten zu 1 als Inferentin durchgeführte Verrechnung des bestehen gebliebenen Bareinlageanspruchs mit "Neuforderungen" aus dem Ergebnisabführungsvertrag in Höhe von ca. 750.000,00 DM gemäß der insoweit einschlägigen Vorschrift des § 19 Abs. 2 Satz 2 GmbHG nach ständiger Senatsrechtsprechung (vgl. BGHZ 153, 107, 112; BGHZ 152, 37, 43 m.w.Nachw.) zulässig gewesen wäre, weil - mangels gegenteiligen Sachvortrags - diese fällig , liquide und vollwertig waren und eine solche spätere Verrechnung nicht bereits im Zeitpunkt der Begründung der ursprünglichen Einlageschuld abgesprochen war, kommt es danach nicht mehr an.
14
Damit hat es auch aufgrund der neuen mündlichen Verhandlung nach dem Einspruch bei der sachlich-rechtlichen Feststellung des Senats in dem Versäumnisurteil vom 12. Juni 2006 zu verbleiben, dass die Beklagte zu 1 durch die vom Berufungsgericht bindend festgestellte "Rückzahlung" von 1 Mio. DM bis zum 17. März 2000 auf die vermeintliche, wegen Verstoßes gegen die Kapitalaufbringungsvorschriften nicht wirksam begründete ("Darlehens" -)Schuld die offene Einlageverbindlichkeit erfüllt hat (vgl. dazu im Einzelnen : Versäumnisurteil v. 12. Juni 2006 aaO Tz. 13). Danach steht der Klägerin gegen die Beklagten ein Schadensersatzanspruch wegen angeblicher Verletzung der unternehmensvertraglichen Zusicherung über die vollständige Erbringung der Stammeinlagen bei der P. nicht zu.
Goette Kurzwelly Kraemer Gehrlein Caliebe
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 14.10.2003 - 16 HKO 9067/03 -
OLG München, Entscheidung vom 28.04.2004 - 7 U 5482/03 -

(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(2) Die Frist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Der Antrag kann schon vor dem Beginn der Frist gestellt werden. Die Berichtigung des Tatbestandes ist ausgeschlossen, wenn sie nicht binnen drei Monaten seit der Verkündung des Urteils beantragt wird.

(3) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme. Bei der Entscheidung wirken nur diejenigen Richter mit, die bei dem Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so gibt bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung die Stimme des ältesten Richters den Ausschlag. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt. Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(4) Die Berichtigung des Tatbestandes hat eine Änderung des übrigen Teils des Urteils nicht zur Folge.

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)