Oberlandesgericht Köln Beschluss, 30. Okt. 2015 - 19 Sch 23/14
Tenor
Der durch das Schiedsgericht der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer mit Sitz in Warschau erlassene Schiedsspruch vom 07.03.2014 – Geschäftszeichen SchG/02/12 –, wird mit folgendem Tenor im Inland für vollstreckbar erklärt:
1. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin den Gesamtbetrag i.H.v. 36.010,29 € nebst den gesetzlichen Zinsen i.H.v. 13% p.a. unter Berücksichtigung der folgenden Teilbeträge zu zahlen:
- den Betrag i.H.v. 1.459,73 € ab dem 22.06.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 831,60 € ab dem 22.06.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 831,60 € ab dem 22.06.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 3104,64 € ab dem 22.06.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 499,84 € ab dem 30.06.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 937,20 € ab dem 30.06.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 937,20 € ab dem 30.06.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 499,84 € ab dem 30.06.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 499,84 € ab dem 30.06.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 499,84 € ab dem 30.06.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 499,84 € ab dem 30.06.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 499,84 € ab dem 30.06.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 499,84 € ab dem 30.06.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 1.499,52 € ab dem 30.06.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 1.499,52 € ab dem 30.06.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 2.273,92 € ab dem 14.07.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 443,52 € ab dem 14.07.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 443,52 € ab dem 14.07.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 943,36 € ab dem 14.07.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 943,36 € ab dem 14.07.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 1.886,72 € ab dem 14.07.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 1.443,20 € ab dem 14.07.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 943,36 € ab dem 14.07.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 443,52 € ab dem 14.07.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 443,52 € ab dem 14.07.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 1.386,88 € ab dem 17.07.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 999,68 € ab dem 17.07.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 943,36 € ab dem 17.07.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 499,84 € ab dem 17.07.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 1.768,80 € ab dem 17.07.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 2.886,40 € ab dem 17.07.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 1.330,56 € ab dem 17.07.2011 bis zum Zahlungstag
- den Betrag i.H.v. 1.386,88 € ab dem 17.07.2011 bis zum Zahlungstag.
2. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin den Betrag i.H.v. 2.358,74 € nebst den gesetzlichen Zinsen i.H.v. 13% p.a., berechnet ab dem 31.12.2013 bis zum Zahlungstag, zu zahlen.
3. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin den Betrag i.H.v. 28.522,75 PLN als Erstattung von Kosten des Schiedsverfahrens zu zahlen.
Die Kosten des vorliegenden Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Dieser Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Parteien arbeiteten bei der Lieferung und dem Vertrieb von Tortilla unter einem eigenen Markennamen des Supermarktnetzes S in Deutschland und Österreich zusammen. Hierzu schlossen sie unter dem 13.12.2010 einen Vertrag, wonach die Antragstellerin Weizentortilla und Vollkorntortilla an die Antragsgegnerin liefern sollte, die diese wiederum im eigenen Namen und auf eigene Rechnung weiterverkaufen sollte. Der Vertrag hatte zunächst eine Laufzeit bis zum 31.12.2013.
4Im Verlauf der Vertragsbeziehung machte die Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin offene Forderungen aus Warenlieferungen geltend. In diesem Zusammenhang verhandelten die Parteien über eine Vereinbarung, die zum Ausgleich wechselseitiger Forderungen unter anderem für die Antragstellerin als Gläubigerin und die Antragsgegnerin als Schuldnerin Folgendes vorsah:
5„ § 2
61. Der Schuldner verpflichtet sich, einen Betrag i.H.v. 22.000,00 Euro (i.W. …) innerhalb von acht Tagen nach Abschluss dieser Vereinbarung, d.h. nach Unterzeichnung der Vereinbarung von beiden Parteien, jedoch spätestens bis zum 18.05.2012 zu zahlen. Die Zahlung erfolgt bargeldlos auf das Bankkonto des Gläubigers …
72. Die Parteien erklären einvernehmlich, dass die Zahlung des Betrages i.H.v. 22.000,00 Euro, die in der Frist und auf die Weise, die in Abs. 1 genannt wurden, erfolgt, gilt als eine Befriedigung von Ansprüchen des Gläubigers, die in § 1 Abs. 2 dieser Vereinbarung bezeichnet wurden.
83. Wird keine Zahlung i.H.v. 22.000,00 Euro innerhalb der Frist, die in Abs. 1 genannt wurde, eingehen, ist der Schuldner verpflichtet, einen Betrag i.H.v. 35.000,00 Euro (i.W. …) als Befriedigung von Ansprüchen des Gläubigers, die in § 1 Abs. 2 dieser Vereinbarung bezeichnet wurden, innerhalb von 8 folgenden Tagen nach Ablauf der Frist, die in Abs. 1 genannt wurde, jedoch spätestens bis zum 25.05.2012 auf das Bankkonto des Gläubigers … zu überweisen.
9…
10§ 3
11…
122. Wird der Schuldner die Fristen und die Rückzahlungsbeträge, die in § 2 ge-nannt wurden, nicht beachten, ist der Gläubiger berechtigt, die restlichen fälligen Forderungen einschl. gesetzlichen Verzugszinsen geltend zu machen. …“
13Unterzeichnet wurde diese schriftlich entworfene Vereinbarung der Parteien nicht.
14Am 3.7.2012 zahlte die Antragsgegnerin an die Antragstellerin 22.000 €.
15In der Zwischenzeit hatte die Antragstellerin vor dem Schiedsgericht bei der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer mit Sitz in Warscawa (Warschau) Klage gegen die Antragsgegnerin erhoben und sich dabei auf eine angeblich von den Parteien in dem oben genannten Vertrag vom 13.12.2010 vereinbarte Schiedsklausel berufen, die folgenden Wortlaut haben soll:
16„9. Streitbeilegung
17… Wenn es die gütliche Streitbeilegung unmöglich ist, werden alle Streitereien durch ein zuständiges Schiedsgericht bei der Deutsch-Polnischen Handelskammer in Wroclav entschieden.“
18Das angerufene Schiedsgericht hat die Antragsgegnerin mit Urteil vom 07.03.2014 zur Zahlung von 36.010,29 € nebst Zinsen, kapitalisierter Zinsen i.H.v. 2.358,74 € nebst Zinsen und Kosten i.H.v. 28.522,75 PLN verurteilt.
19Zur Begründung hat es ausgeführt, dass in der am 15.06.2012 bei dem Schiedsgericht eingegangenen Klage die Antragstellerin von der Antragsgegnerin zunächst die Zahlung von 58.010,29 € nebst gesetzlicher Zinsen aus im einzelnen aufgeführten Warenlieferungen und wegen bestellter jedoch nicht fristgemäß abgeholter Verpackungen geltend gemacht habe, sodann mit Schriftsatz vom 16.07.2012 die Klageforderung um 22.000 € nach entsprechender Zahlung durch die Antragsgegnerin reduziert habe. Gleichzeitig habe die Antragstellerin sodann kapitalisierte Zinsen aus dem Zahlbetrag i.H.v. 2.348,74 € nebst Zinsen geltend gemacht. Darüber hinaus habe die Antragstellerin beantragt, die Antragsgegnerin auch zur Erstattung der Kosten des Schiedsverfahrens einschließlich Kosten der Prozessvertretung zu verpflichten.
20Weiter hat das Schiedsgericht ausgeführt, dass die Klage mit Anlagen und Aufforderung zur Bestellung von dem Schiedsgericht der Antragsgegnerin am 23.07.2012 zugestellt worden sei. Nach Bildung des Schiedsgerichts sei die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 10.07.2013, zugestellt am 15.07.2013, zur Beantwortung der Klage verpflichtet worden. Die Antragsgegnerin habe hierauf nicht reagiert. Zum Teil sei der Antragsgegnerin im Laufe des Verfahrens durch das Sekretariat des Schiedsgerichts übersandte Korrespondenz, darunter u.a. die Mitteilung über die Verhandlung, dem Absender mit dem Vermerk zurückgesandt worden, dass der Adressat die Annahme des Briefes verweigert habe. Zu der von dem Schiedsgericht einberufenen Verhandlung am 13.12.2013 sei die Antragsgegnerin nicht erschienen.
21Zur Sache hat das Schiedsgericht ausgeführt, dass es von den geltend gemachten Zahlungsansprüchen nebst Zinsen aufgrund der vorgelegten Unterlagen, nämlich Warenbestellungen, Lieferbestätigungen, Lieferscheine, Rechnungen, Belastungsanzeigen, ausgegangen sei. Zwar habe sich aus der zwischen den Parteien geführten elektronischen Korrespondenz ergeben, dass sie sich in Bezug auf die Höhe gegenseitiger Abrechnungen hinsichtlich der durch die Antragsgegnerin getragenen Speditionskosten nicht verständigen konnten. Es hätten jedoch jegliche Feststellungen und Beweise seitens der Antragsgegnerin gefehlt. Die Zahlung von 22.000 € durch die Antragsgegnerin sei berücksichtigt.
22Auf das antragsgegnerseits mit Schriftsatz vom 29.07.2014 gegen das Urteil des Schiedsgerichts der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer eingelegte Rechtsmittel nebst Wiedereinsetzungsgesuch hat das Schiedsgericht der Antrags-gegnerin mitgeteilt, dass entsprechende Rechtsmittel bei den zuständigen staatlichen Gerichten eingeleitet werden müssen; das Schiedsverfahren sei durch den Erlass des Schiedsspruchs rechtskräftig abgeschlossen.
23Die Antragstellerin begehrt nunmehr die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs vom 07.03.2014 nach § 1061 ZPO.
24Die Antragstellerin behauptet, dass der Vertrag der Parteien vom 13.12.2010 mit der vorgenannten Schiedsklausel geschlossen worden sei. Der Vertrag sei – so wie im Original (in gesondertem blauen Hefter hinten in der GA einliegend) eingereicht – von dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin unterschrieben und mit einem Firmenstempel versehen worden. Weiter ist die Antragstellerin der Ansicht, dass eine Einigung der Parteien über ausstehende Forderungen nicht zustande gekommen sei, da die wie vorstehend entworfene Vereinbarung von den Parteien nicht unterzeichnet und die Zahlung der Antragsgegnerin vom 03.07.2012 nicht fristgemäß erfolgt sei. Zudem hält die Antragstellerin den Vortrag der Antragsgegnerin für präkludiert, da diese gegen das Urteil des Schiedsgerichts Rechtsmittel hätte einlegen können. Nachdem die Antragsgegnerin dies versäumt hat, verstoße sie gegen Treu und Glauben, indem sie nunmehr das Schiedsverfahren nicht gegen sich gelten lassen will.
25Die Antragstellerin beantragt,
26wie erkannt.
27Die Antragsgegnerin beantragt,
28den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs zurückzuweisen.
29Die Antragsgegnerin hat zunächst bestritten, dass ihr Geschäftsführer die Schiedsvereinbarung unterzeichnet habe. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 08.05.2015 hat der Geschäftsführer der Antragsgegnerin jedoch eingeräumt, dass die auf der letzten Seite der Vereinbarung vom 13.12.2010 (Original im blauen Hefter hinten einliegend, entsprechend den Kopien Bl. 56 GA und Hülle Bl. 124 GA) ausgewiesene Unterschrift von ihm stamme (Sitzungsprotokoll vom 08.05.2015, Bl. 150 GA).
30Nach wie vor bestreitet die Antragsgegnerin, dass der Vertrag so im Ganzen vorgelegen habe, insbesondere die Ziff. 9 „Streitbeilegung“ enthalten gewesen sei. Hierzu behauptet sie, es sei seinerzeit der Vertrag vom 13.12.2010 ohne die Schiedsvereinbarung geschlossen worden und stattdessen die Geltung deutschen Rechts und „M“ als Gerichtsstand vereinbart worden. Vor diesem Hintergrund behauptet die Antragsgegnerin, dass jedenfalls die Seite mit der Schiedsklausel nicht mit dem unterzeichneten Vertrag verbunden gewesen sei. Sowohl die Blätter als auch die Heftklammern an dem von der Antragstellerin vorgelegten Exemplar des Vertrags, der unter Ziff. 9 die Schiedsklausel enthält, und auch die vorgenommene Verbindung der Seiten seien bei Unterzeichnung der letzten Seite durch ihren Geschäftsführer nicht vorhanden gewesen.
31Ferner hat die Antragsgegnerin zunächst die Zustellung des Schiedsantrags und des Schiedsurteils sowie die Beifügung deutscher Übersetzungen bestritten. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 08.05.2015 hat ihr Geschäftsführer demgegenüber eingeräumt, seinerzeit Post von dem Schiedsgericht erhalten zu haben. Es sei darauf dahin reagiert worden, dass der Überweisungsträger über die Zahlung von 22.000 € mit der Vereinbarung vom 07.05.2012 (Bl. 85 ff. GA) übermittelt worden sei. Sie – die Antragsgegnerin – habe gleichzeitig darauf hingewiesen, dass die Sache aus ihrer Sicht erledigt sei. Danach habe man 6-8 Monate nichts mehr von dem Schiedsgericht gehört, bis ihr dann noch einmal etwas in polnischer Sprache zugegangen sei.
32Zu der erst am 03.07.2012 geleisteten Zahlung i.H.v. 22.000 € behauptet die Antragsgegnerin, dass damit die streitgegenständliche Forderung erlöschen sollte, auch wenn die schriftliche Vereinbarung (Bl. 85 ff. GA) hierüber – unstreitig – nicht unterzeichnet worden ist und ungeachtet der dortigen Regelung zur Zahlungsfrist. Dies sei seinerzeit zwischen den Parteien telefonisch und per E-Mail vereinbart worden.
33Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
34Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen H, E und E2. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 25.09.2015 (Bl. 224 ff. GA) Bezug genommen. Ferner ist der Geschäftsführer der Antragsgegnerin persönlich angehört worden (Sitzungsprotokolle vom 08.05.2015, Bl. 150 ff. GA, und vom 25.09.2015, Bl. 224 ff. GA). Zudem hat der Senat im Rahmen des Beweisbeschlusses vom 19.06.2015 (Bl. 166 ff. GA) Hinweise erteilt.
35II.
36Der ausländische Schiedsspruch der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer vom 07.03.2014, auf dessen Inhalt in deutscher Übersetzung Bezug genommen wird (Bl. 28 ff. GA), ist antragsgemäß für vollstreckbar zu erklären.
37- 38
1. Der auf § 1061 Abs. 1 ZPO gestützte Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs ist zulässig.
a) Das Oberlandesgericht Köln ist gemäß § 1062 Abs. 2 ZPO sachlich und örtlich zu-ständig, da die Antragsgegnerin ihren Sitz in dessen Bezirk hat.
40b) Die Antragstellerin hat gemäß §§ 1064 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, 1061 Abs. 1 S. 1 ZPO, Art. IV Abs. 1 a UNÜ ihrem Antrag auf Vollstreckbarerklärung den in polnischer Sprache verfassten Schiedsspruch im Original sowie die zur Überprüfung gemäß Art. V Abs. 2 UNÜ erforderliche beglaubigte Übersetzung des Schiedsspruchs in deutscher Sprache durch eine in Polen für die deutsche Sprache vereidigte Übersetzerin beigefügt. Die formalen Voraussetzungen sind damit gegeben, zumal Existenz und maßgeblicher Inhalt des Schiedsspruchs zwischen den Parteien unstreitig sind. Die Antragsgegnerin ist auch der Richtigkeit der vorgelegten Übersetzung nicht entgegengetreten.
41- 42
2. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist auch begründet.
Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche richtet sich gem. § 1061 Abs. 1 S. 1 ZPO nach dem New Yorker Übereinkommen vom 10.06.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (UNÜ).
44a) Voraussetzung für die Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche ist das Vorliegen einer Schiedsvereinbarung, Art. V Abs. 1 a i.V.m. Art. II UNÜ.
45Gemäß Art. II Abs. 1 UNÜ erkennt jeder Vertragsstaat eine schriftliche Vereinbarung an, durch die sich die Parteien verpflichten, alle oder einzelne Streitigkeiten, die zwischen ihnen aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entstanden sind oder künftig noch entstehen, einem schiedsrichterlichen Verfahren zu unterwerfen, sofern der Gegenstand des Streites auf schiedsrichterlichem Weg geregelt werden kann.
46Eine solche Schiedsvereinbarung ist von den Parteien in dem Vertrag vom 13.12.2010 unter Ziff. 9 „Streitbeilegung“ getroffen worden. Hiervon geht der Senat nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme aus. Dem Einwand der Antragsgegnerin, der Vertrag vom 13.12.2010 sei ohne die Schiedsklausel geschlossen worden, wird im Ergebnis nicht gefolgt.
47aa) Mit dem Einwand der mangelnden Schiedsvereinbarung i.S.v. Art. II Abs. 1 UNÜ ist die Antragsgegnerin nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil das Schiedsgericht seine Zuständigkeit abschließend festgestellt hat (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2010, III ZB 100/09).
48Zwar muss eine Partei das Fehlen einer wirksamen Schiedsvereinbarung grundsätzlich bereits in dem ausländischen Schiedsverfahren rügen, andernfalls kann sie damit in dem Vollstreckbarerklärungsverfahren vor dem deutschen Gericht präkludiert sein (vergleiche Zöller-Geimer, ZPO, 30. Auflage, § 1061 Rn. 22). Anders ist dies jedoch unter anderem, wenn die Partei am Schiedsverfahren nicht teilgenommen hat. Dann ist im deutschen Vollstreckbarerklärungsverfahren Art. V Abs. 1 a UNÜ in vollem Umfang zu prüfen (vergleiche OLG München, Beschluss vom 12.10.2009, 34 Sch 20/08, zitiert nach juris; Zöller-Geimer, a.a.O.).
49Hier hat sich die Antragsgegnerin an dem Schiedsverfahren vor dem Schiedsgericht der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer nicht beteiligt. Hiervon geht der Senat aufgrund der Ausführungen des Schiedsgerichts in den Gründen seines Schiedsspruchs aus, wonach die Antragsgegnerin nicht reagiert habe. Soweit der Geschäftsführer der Antragsgegnerin demgegenüber erklärt hat, er habe den Beleg über die Überweisung von 22.000 € und die (nicht unterzeichnete) Vereinbarung mit Datum vom 07.05.2012 dem Schiedsgericht übersandt sowie gleichzeitig angemerkt, dass die Sache aus Sicht der Antragsgegnerin erledigt sei, findet dies keine Bestätigung in der Entscheidung des Schiedsgerichts vom 07.03.2014, in der es zum Verfahrensgang heißt: „Der Antragsgegner hat keine Antwort auf die Klage erteilt.“ Aus dem Vortrag des Geschäftsführers der Antragsgegnerin ist letztlich nicht sicher zu schließen, dass sich die Antragsgegnerin an dem Schiedsverfahren so beteiligt hat, dass sie mit ihrem Einwand der mangelnden Schiedsvereinbarung im vorliegenden Verfahren über die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs präkludiert wäre (vergleiche Zöller-Geimer, a.a.O., § 1061 Rn. 22).
50Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob die Partei im Ursprungsstaat von möglichen Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht hat (vergleiche OLG München, a.a.O.; Zöller-Geimer, a.a.O.). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die Antragsgegnerin daher nicht mit dem Einwand des Nichtvorliegens der Schiedsvereinbarung präkludiert, weil sie kein Rechtsmittel gegen den Schiedsspruch eingelegt hat, auch nicht bei den zuständigen staatlichen Gerichten, worauf sie durch das Schiedsgericht verwiesen worden ist.
51bb) Die Antragsgegnerin handelt mit der Erhebung der Einwendung der mangelnden Schiedsvereinbarung auch nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben, wie die Antragstellerin meint. Denn allein der Umstand, dass eine Partei sich gegen die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs im Inland wendet, ohne diesen zuvor im Ausland mit einem möglichen Rechtsmittel angefochten zu haben, genügt für die Annahme eines widersprüchlichen Verhaltens nicht (vergleiche BGH, Beschluss vom 16.12.2010, III ZB 100/09, zitiert nach juris).
52cc) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Parteien entsprechend der Behauptung der Antragstellerin den Vertrag vom 13.12.2010 mit der unter Ziff. 9 „Streitbeilegung“ vorgesehenen Schiedsvereinbarung geschlossen haben.
53Die Darlegungs- und Beweislast für das Zustandekommen der Schiedsvereinbarung hat der Antragstellerin oblegen.
54Zwar trifft die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. V Abs. 1 UNÜ, nach denen die Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs versagt werden kann, dem Wortlaut der Vorschrift zufolge die Partei, gegen die die Vollstreckung geltend gemacht wird; dies wäre hier die Antragsgegnerin. Voraussetzung für das Vorliegen eines derartigen Versagungsgrundes ist jedoch, dass die Parteien überhaupt eine Schiedsvereinbarung gemäß Art. II UNÜ geschlossen haben. Nur wenn diese grundlegende Voraussetzung des Vorliegens einer Schiedsvereinbarung erfüllt ist, kann es auf mögliche Versagungsgründe für die Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruchs ankommen (vergleiche OLG Celle, Beschluss vom 04.09.2003, 8 Sch 11/02; OLG München, Beschluss vom 19.01.2009, 34 Sch 4/08; jeweils zitiert nach juris). Daher bleibt es bei dem Grundsatz, dass derjenige, der aus dem Schiedsspruch Rechte herleiten will, das Vorliegen der Schiedsabrede als ihm günstige Tatsache darlegen und beweisen muss (vergleiche OLG München, a.a.O.). Soweit Art. V Abs. 1 a UNÜ die Beweislast dem Antragsgegner auferlegt, bezieht sich dies lediglich auf die Wirksamkeit der Schiedsklausel im engeren Sinne (vergleiche Zöller-Geimer, a.a.O., Anh. § 1061 Artikel V UNÜ Rn 1; Kröll, NJW 2011, 1265, 1270, zitiert nach beck-online).
55Das Vorliegen der Schiedsvereinbarung folgt hier aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Original des Vertrags vom 13.12.2010 mit der dortigen Regelung zu Ziff. „9. Streitbeilegung“. Dabei handelt es sich um eine Privaturkunde, die gemäß § 416 ZPO grundsätzlich vollen Beweis dafür begründet, dass die in ihr enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben ist. Die vorgelegte Urkunde trägt auf der letzten Seite zwei Unterschriften oberhalb des jeweiligen Firmenstempels der Parteien. Soweit die Antragsgegnerin ursprünglich die Echtheit der Unterschrift ihres Geschäftsführers bestritten hat (§§ 439, 138 ZPO), ist im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 08.05.2015 von diesem klargestellt worden, dass die Unterschrift von ihm stamme.
56Auf die Behauptung der Antragsgegnerin, die Heftklammern an dem von der Antragstellerin vorgelegten Exemplar des Vertrags mit Schiedsklausel unter Ziff. 9 und auch die vorgenommene Verbindung der Seiten seien bei Unterzeichnung der letzten Seite durch ihren Geschäftsführer nicht vorhanden gewesen, kommt es ebenso wenig an, wie auf die Frage, wer zuletzt den vorgelegten Original-Vertrag geklammert hat. Dem dahingehenden antragsgegnerseits angetretenen Beweis durch Vernehmung des Zeugen C sowie Einholung eines Sachverständigengutachtens war daher nicht nachzugehen. Es ist nämlich offensichtlich, dass die vorgelegte Urkunde in der linken oberen Ecke neben der Heftklammer zahlreiche Löcher früherer Heftklammern aufweist, was darauf schließen lässt, dass die aus insgesamt fünf Blättern bestehende Urkunde, auf deren Bl. 4 sich die Schiedsklausel zu Ziff. 9 und auf Bl. 5 sich die Unterschriften befinden, mehrfach auseinander und wieder zusammengesetzt worden ist. Dies vermag nach Auffassung des Senats den Beweiswert der vorgelegten Urkunde jedoch nicht aufzuheben oder entscheidend herabzusetzen. Die Beweiskraft einer Privaturkunde i.S.v. § 416 ZPO setzt zwar grundsätzlich die Unversehrtheit des Papiers voraus; ansonsten ist gem. § 419 ZPO nach freier Überzeugung des Gerichts zu entscheiden, inwiefern die Beweiskraft der Urkunde durch die äußeren Mängel ganz oder teilweise aufgehoben oder gemindert wird. Hier lässt sich der Umstand, dass der Original-Vertrag vom 13.12.2010 mehrfach geheftet und wieder auseinander genommen worden ist, dadurch nachvollziehbar erklären, dass er wiederholt, u.a. zur Herstellung von Kopien für das streitgegenständliche Schiedsverfahren und auch für das vorliegende Verfahren, verwendet worden ist.
57Die demgegenüber vorgetragene Behauptung der Antragsgegnerin, dass jedenfalls bei Unterzeichnung des Vertrags die Schiedsklausel zu Ziff. 9 nicht auf dem vorletzten Blatt enthalten gewesen sei, ist nicht zur Überzeugung des Senats bewiesen worden; im Gegenteil:
58Der von der Antragsgegnerin selbst benannte Zeuge E2 hat bei seiner Vernehmung vom 25.09.2015 glaubhaft bekundet, dass die streitgegenständliche Schiedsvereinbarung dem von den Parteien bei den Vertragsverhandlungen im Hinblick auf den Gerichtsstand gefundenen Kompromiss entspricht. Den nachvollziehbaren Angaben des Zeugen zufolge wollte die Antragsgegnerin einen deutschen und die Antragstellerin einen polnischen Gerichtsstand durchsetzen. Es sei dann – so der Zeuge E2 weiter – der Kompromiss gefunden worden, dass Streitigkeiten zur Deutsch-Polnischen Handelskammer gehen sollten. Dies sei auch so schriftlich umgesetzt worden. Auf Vorhalt der Ziff. 9 des Vertrags (Kopie in der Hülle Bl. 124 GA entsprechend dem Original in der blauen Mappe hinten einliegend) war sich der Zeuge E2 ganz sicher, dass sich diese Regelung so in dem unterschriebenen Vertrag befunden hat. Der Umstand, dass sich der Zeuge nicht mehr an alle Einzelheiten des Vertragsschlusses aus dem Jahre 2010 erinnern konnte, ist angesichts der inzwischen verstrichenen Zeit plausibel. Dass es sich bei dem Zeugen E2 um den damaligen Vertriebsdirektor der Antragstellerin handelt, spricht nicht gegen seine Glaubwürdigkeit, zumal er inzwischen nicht mehr bei ihr beschäftigt ist, sondern lediglich noch geschäftlichen Kontakt unterhält.
59Demgegenüber kann aufgrund der Aussage des Zeugen E nicht davon ausgegangen werden, dass die Schiedsklausel zu Ziff. 9 des Vertrags bei dessen Unterzeichnung nicht vorgesehen gewesen sei, wie dies von der Antragsgegnerin behauptet wird. Der Zeuge E hat zwar bestätigt, dass man seinerzeit bei den Vertragsverhandlungen über den zu vereinbarenden Gerichtsstand uneinig gewesen sei. Er war sich in diesem Zusammenhang auch sicher, dass nie von einem Schiedsgericht oder von der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer die Rede gewesen sei. Jedoch hat der Zeuge E eigenen Angaben zufolge das letztlich von dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin unterzeichnete Vertragsexemplar nicht durchgesehen. Er will sich lediglich im Vorfeld der Vertragsunterzeichnung mit diversen Vertragsentwürfen am Computerbildschirm befasst haben. Der Zeuge E konnte nicht sicher angeben, ob er überhaupt bei der Vertragsunterzeichnung anwesend gewesen ist. Soweit er zudem bekundet hat, der Geschäftsführer der Antragsgegnerin habe stets auf die Vereinbarung des Gerichtsstands „L“ bestanden, entspricht dies nicht einmal dem Vortrag der Antragsgegnerin, wonach als Gerichtsstand „M“ vorgesehen gewesen sei. Dies macht die Aussage des Zeugen E zu der fraglichen Regelung zu Ziff. 9 „Streitbeilegung“ insgesamt unglaubhaft.
60Die Aussage des Zeugen H war nicht ergiebig, da er zu den auf den Inhalt des Vertrags vom 13.12.2010 gerichteten Beweisfragen keine Angaben machen konnte. Er war seinerzeit noch gar nicht im Betrieb der Antragsgegnerin beschäftigt.
61Nicht einmal der Geschäftsführer der Antragsgegnerin selbst war im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vom 25.09.2015 dazu in der Lage, sichere Angaben über den Inhalt des von ihm unterzeichneten Vertrags vom 13.12.2010 zu machen, da er – wie von ihm selbst eingeräumt worden ist – den Vertrag zur Schiedsklausel nicht gelesen habe, d.h. letztlich nicht gelesen habe, was er unterzeichnet hat. Weshalb er dennoch davon überzeugt war, dass zu einer Schiedsklausel nichts im Vertrag gestanden habe, vermochte er nicht plausibel zu machen.
62Nachdem die Antragsgegnerin zu dem fraglichen Inhalt des unter dem 13.12.2010 an ihrem Geschäftsführer unterzeichneten Vertrags im Hinblick auf die Schiedsklausel zu Ziff. 9 zusätzlich Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angetreten hat, war dem mangels Geeignetheit des Beweisangebots nicht nachzugehen, da ein Sachverständiger nicht in der Lage sein wird, hierüber Feststellungen zu treffen.
63b) Soweit die Antragsgegnerin zunächst bestritten hat, dass ihr der Schiedsantrag der Antragstellerin ordnungsgemäß zugestellt worden sei und hierzu behauptet hat, von dem Verfahren vor dem Schiedsgericht gar nicht in Kenntnis gesetzt worden zu sein, hat ihr Geschäftsführer den Vortrag im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 08.05.2015 dahin korrigiert, mehrfach „Post vom Schiedsgericht“ erhalten zu haben. Demnach wird ein etwaiger Versagungsgrund gemäß Art. V Abs. 1 b UNÜ offenbar nicht mehr geltend gemacht. Ohnehin ergibt sich aus der Entscheidung des Schiedsgerichts vom 07.03.2014, dass die Klage der Antragstellerin mit Anlagen und der „Aufforderung zur Bestellung“ der Antragsgegnerin am 23.07.2012 sowie die Bildung des Schiedsgerichts und die Aufforderung „zur Beantwortung der Klage“ durch Beschluss vom 10.07.2013 der Antragsgegnerin am 15.07.2013 zugestellt worden sind. Darüber hinaus ist der Entscheidung des Schiedsgerichts zu entnehmen, dass ein Teil der im Laufe des Verfahrens der Antragsgegnerin übersandten Schreiben, darunter die Mitteilung über die Verhandlung, mit dem Vermerk zurückgesandt worden ist, dass der Adressat die Annahme verweigert hat.
64c) Auf die Behauptung der Antragstellerin, dass mit der geleisteten Zahlung vom 03.07.2012 i.H.v. 22.000 € die streitgegenständliche Forderung erledigt sein sollte, kommt es nicht an.
65In dem Vortrag der Antragsgegnerin, die Parteien hätten sich zum Ausgleich der gesamten streitgegenständlichen Forderung auf die Zahlung von 22.000 € geeinigt, liegt eine materiell-rechtliche Einwendung, nämlich der Abschluss eines Vergleichs i.S.v. § 779 BGB. Da dieser dem eigenen Vortrag der Antragsgegnerin zufolge bereits im Frühjahr/Sommer 2012 zustande gekommen sein soll, d.h. vor dem Abschluss des Schiedsverfahrens vor dem Schiedsgericht der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer, kann die Antragsgegnerin mit dieser Einwendung im vorliegenden Verfahren über die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs nicht mehr gehört werden. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vergleiche Beschluss vom 03.07.1997, III ZR 75/95; Urteil vom 16.02.1961, VII ZR 191/59; jeweils zitiert nach juris) sind in Vollstreckbarerklärungsverfahren neben gesetzlichen Aufhebungsgründen zwar auch sachlich-rechtliche Einwendungen gegen den im Schiedsspruch festgestellten Anspruch zulässig. Allerdings müssen in entsprechender Anwendung des § 767 Abs. 2 ZPO die Gründe, auf denen die Einwendung beruht, grundsätzlich nach dem Schiedsverfahren entstanden sein (vergleiche BGH, Beschluss vom 30.09.2010, III ZB 57/10; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 30.05.2011, 4 Sch 3/10). Das ist hier nicht der Fall. Die Einwendungen der Antragsgegnerin, der streitgegenständlichen Forderung stehe der angeblich im Frühjahr/Sommer 2012 geschlossenen Vergleich entgegen, hätte bereits in dem schiedsgerichtlichen Verfahren vor dessen Abschluss mit dem dortigen Schiedsspruch vom 07.03.2014 vorgebracht werden können und müssen.
66Daher kann die Richtigkeit der Behauptung der Antragstellerin, dass mit der ohnehin gemessen an die unter dem 07.05.2012 entworfene Vereinbarung (Bl. 85 ff. GA) verspätet geleisteten Zahlung vom 03.07.2012 i.H.v. 22.000 € die streitgegenständliche Forderung erledigt sein sollte, offen bleiben.
67Der gezahlte Betrag i.H.v. 22.000 € ist im Rahmen des Schiedsverfahrens berücksichtigt worden.
68d)
69Soweit die Antragsgegnerin auf die von dem Schiedsgericht der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer mit Schreiben vom 11.08.2014 aufgezeigte Möglichkeit des Rechtsmittels bei den zuständigen staatlichen Gerichten (Bl. 98 GA) hinweist, liegt kein Versagungsgrund gemäß Art. V Abs. 1 e UNÜ vor. Der Schiedsspruch vom 07.03.2014 ist nach dem Tenor des „Urteils“ endgültig und rechtskräftig, worauf das Schiedsgericht die Antragsgegnerin in dem vorgenannten Schreiben vom 11.08.2014 ebenfalls hingewiesen hat. Die Möglichkeit, den Schiedsspruch im Erlassstaat auf anderem Wege als durch Rechtsbehelf nachträglich zu beseitigen, steht der Verbindlichkeit nicht entgegen (vergleiche BGH, Urteil vom 18.1.1990, III ZR 269/88; KG Berlin, Beschluss vom 17.4.2008, 20 Sch 2/08).
70Weitere Versagungsgründe werden antragsgegnerseits nicht vorgetragen.
71Nach alledem ist der Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären.
723. Bezüglich der Zinsen (Ziff. 1. und 2.) hat der Senat dem vollstreckungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot Rechnung zu tragen und den – hier zur Zinshöhe („gesetzliche Zinsen“) – unvollkommenen Schiedsspruch konkretisiert (vgl. BGH, Urteil vom 06.11.1985, IVb ZR 73/84; Beschluss vom 30.11.2011, III ZB 19/11). Es ist anerkannt, dass in Fällen, in denen der ausländische Titel – wie hier – auf die „gesetzlichen Zinsen“ verweist, ohne diese näher zu beziffern, eine entsprechende Ergänzung im Vollstreckbarerklärungsverfahren möglich ist; insoweit handelt es sich nicht um eine unzulässige Auffüllung des Schiedsspruchs, sondern um die Anerkennung der Wirkung, die dem Schiedsspruch nach dem ausländischen Recht zukommt (vgl. BGH, a.a.O.). Dem Vortrag der Antragstellerin entsprechend beträgt der gesetzliche Zinssatz nach polnischem Recht 13 % p.a., gemäß dem polnischen BGB und der Verordnung des Ministerrats. Die Antragsgegnerin ist dem nicht entgegengetreten. Ein Verstoß gegen den „ordre public“ liegt trotz des im Vergleich zum deutschen Recht höheren Zinssatzes (§ 288 BGB) sowie des nach deutschem Recht bestehenden Zinseszinsverbots (§ 289 BGB) nicht vor (vergleiche Zöller-Geimer, a.a.O., § 1061 Rn. 30 ff.).
734. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 1064 Abs. 2 ZPO.
74Gegenstandswert für dieses Verfahren: 36.010,29 €.
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Beschluss, 30. Okt. 2015 - 19 Sch 23/14
Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Köln Beschluss, 30. Okt. 2015 - 19 Sch 23/14
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Oberlandesgericht Köln Beschluss, 30. Okt. 2015 - 19 Sch 23/14 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche richtet sich nach dem Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (BGBl. 1961 II S. 121). Die Vorschriften in anderen Staatsverträgen über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen bleiben unberührt.
(2) Ist die Vollstreckbarerklärung abzulehnen, stellt das Gericht fest, dass der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen ist.
(3) Wird der Schiedsspruch, nachdem er für vollstreckbar erklärt worden ist, im Ausland aufgehoben, so kann die Aufhebung der Vollstreckbarerklärung beantragt werden.
(1) Das Oberlandesgericht, das in der Schiedsvereinbarung bezeichnet ist oder, wenn eine solche Bezeichnung fehlt, in dessen Bezirk der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens liegt, ist zuständig für Entscheidungen über Anträge betreffend
- 1.
die Bestellung eines Schiedsrichters (§§ 1034, 1035), die Ablehnung eines Schiedsrichters (§ 1037) oder die Beendigung des Schiedsrichteramtes (§ 1038); - 2.
die Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens (§ 1032) oder die Entscheidung eines Schiedsgerichts, in der dieses seine Zuständigkeit in einem Zwischenentscheid bejaht hat (§ 1040); - 3.
die Vollziehung, Aufhebung oder Änderung der Anordnung vorläufiger oder sichernder Maßnahmen des Schiedsgerichts (§ 1041); - 4.
die Aufhebung (§ 1059) oder die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs (§§ 1060 ff.) oder die Aufhebung der Vollstreckbarerklärung (§ 1061).
(2) Besteht in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 erste Alternative, Nr. 3 oder Nr. 4 kein deutscher Schiedsort, so ist für die Entscheidungen das Oberlandesgericht zuständig, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat oder sich Vermögen des Antragsgegners oder der mit der Schiedsklage in Anspruch genommene oder von der Maßnahme betroffene Gegenstand befindet, hilfsweise das Kammergericht.
(3) In den Fällen des § 1025 Abs. 3 ist für die Entscheidung das Oberlandesgericht zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder der Beklagte seinen Sitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
(4) Für die Unterstützung bei der Beweisaufnahme und sonstige richterliche Handlungen (§ 1050) ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die richterliche Handlung vorzunehmen ist.
(5) Sind in einem Land mehrere Oberlandesgerichte errichtet, so kann die Zuständigkeit von der Landesregierung durch Rechtsverordnung einem Oberlandesgericht oder dem obersten Landesgericht übertragen werden; die Landesregierung kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltung übertragen. Mehrere Länder können die Zuständigkeit eines Oberlandesgerichts über die Ländergrenzen hinaus vereinbaren.
Zivilprozessordnung - ZPO | § 1064 Besonderheiten bei der Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen
(1) Mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs ist der Schiedsspruch oder eine beglaubigte Abschrift des Schiedsspruchs vorzulegen. Die Beglaubigung kann auch von dem für das gerichtliche Verfahren bevollmächtigten Rechtsanwalt vorgenommen werden.
(2) Der Beschluss, durch den ein Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt wird, ist für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
(3) Auf ausländische Schiedssprüche sind die Absätze 1 und 2 anzuwenden, soweit Staatsverträge nicht ein anderes bestimmen.
(1) Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche richtet sich nach dem Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (BGBl. 1961 II S. 121). Die Vorschriften in anderen Staatsverträgen über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen bleiben unberührt.
(2) Ist die Vollstreckbarerklärung abzulehnen, stellt das Gericht fest, dass der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen ist.
(3) Wird der Schiedsspruch, nachdem er für vollstreckbar erklärt worden ist, im Ausland aufgehoben, so kann die Aufhebung der Vollstreckbarerklärung beantragt werden.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 6.866,71 € festgesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- Antragstellerin Die begehrt die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs der Internationalen Schiedskammer für Obst und Gemüse in Paris vom 14. Februar 2008, durch den die Antragsgegnerin zur Zahlung eines restlichen Kaufpreises von 6.866,71 € (nebst Zinsen und Kosten) für die im Sommer 2007 erfolgte Lieferung von Aprikosen verurteilt worden ist. Die Antragsgegnerin hat weder gegen diesen Schiedsspruch Berufung zum Oberschiedsgericht einge- legt noch einen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs beim staatlichen Berufungsgericht von Paris gestellt.
- 2
- Das Oberlandesgericht hat den Antrag abgelehnt und festgestellt, dass der Schiedsspruch in Deutschland nicht anzuerkennen sei. Es fehle an einer schriftlichen Schiedsvereinbarung in wechselseitigem Schriftverkehr gemäß Art. II Abs. 2 des UN-Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (UNÜ) vom 10. Juni 1958 (BGBl. 1961 II S. 121). Zwar nähmen nach Art. VII Abs. 1 UNÜ die Bestimmungen des Übereinkommens keiner beteiligten Partei das Recht, sich auf einen Schiedsspruch nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts oder der Verträge des Landes, in dem er geltend gemacht werde, zu berufen, so dass gegebenenfalls über diesen Meistbegünstigungsgrundsatz auch eine Schiedsvereinbarung durch Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben zustande kommen könne. Soweit die Antragstellerin hierzu auf das Schriftstück ihrer Agentin vom 8. Juni 2007 verweise, habe sie aber nicht nachgewiesen, dass dieses Schriftstück der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss zugegangen sei. Gründe, den Einwand der Unzuständigkeit im inländischen Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht zu berücksichtigen, seien nicht erkennbar. Insbesondere habe sich die Antragsgegnerin bereits vor dem Schiedsgericht ausdrücklich darauf berufen, dass eine Schiedsvereinbarung nicht getroffen wurde. Die Antragstellerin habe daher unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben keinen Anlass zu der Annahme gehabt, die Antragsgegnerin werde sich in Deutschland einer Vollstreckbarerklärung unter Berufung auf die fehlende Zuständigkeit des Schiedsgerichts nicht widersetzen.
- 3
- Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.
II.
- 4
- von Die Gesetzes wegen statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2, § 1025 Abs. 4 ZPO) und auch im Übrigen wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin steht dem von der Antragsgegnerin unter Hinweis auf das Fehlen einer Schiedsvereinbarung erhobenen Einwand der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin den Schiedsspruch nicht in Frankreich mit einem befristeten Rechtsbehelf angegriffen hat. Insoweit hat sich die Rechtslage nach dem Inkrafttreten des SchiedsverfahrensNeuregelungsgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3224), durch das unter anderem § 1044 Abs. 2 Nr. 1 ZPO a.F. aufgehoben wurde, geändert.
- 5
- 1. Nach § 1044 Abs. 2 Nr. 1 ZPO a.F. war der Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs abzulehnen, wenn der Schiedsspruch rechtsunwirksam war, wobei für die Frage der Wirksamkeit - vorbehaltlich einer anderen Bestimmung durch Staatsverträge - das für das Schiedsverfahren geltende Recht maßgeblich sein sollte. Im Gegensatz dazu bestimmte § 1041 Abs. 1 Nr. 1 ZPO a.F., dass die Aufhebung eines inländischen Schiedsspruchs dann beantragt werden konnte, wenn diesem ein gültiger Schiedsvertrag nicht zugrunde lag. Gestützt darauf, dass § 1044 Abs. 2 Nr. 1 ZPO a.F. nicht auf einen gültigen Schiedsvertrag, sondern auf die Rechtswirksamkeit des Schiedsspruchs abstellte, hat der Bundesgerichtshof vormals in ständiger Rechtsprechung (vgl. nur Urteile vom 26. Juni 1969 - VII ZR 32/67, BGHZ 52, 184, 188 f; vom 7. Januar 1971 - VII ZR 160/69, BGHZ 55, 162, 168 ff; und 21. Oktober 1971 - VII ZR 45/70, BGHZ 57, 153, 156 f; Senat, Urteil vom 10. Mai 1984 - III ZR 206/82, NJW 1984, 2763, 2764; Beschluss vom 23. Mai 1991 - III ZR 90/90, BGHR ZPO § 1044 Abs. 2 Nr. 1 Einwendungen 1) darauf verwiesen, dass zu dem die Rechtswirksamkeit des ausländischen Schiedsspruchs bestimmenden ausländischen Recht auch das Verfahrensrecht gehört und deshalb der Einwand einer fehlenden oder nicht wirksamen Schiedsvereinbarung , soweit er im Ausland mit einem fristgebundenen Rechtsbehelf hätte geltend gemacht werden können, aber nicht geltend gemacht wurde, im inländischen Verfahren der Vollstreckbarerklärung nicht mehr vorgebracht werden kann. Denn in diesem Fall ist nach dem ausländischen Recht, auch wenn die Schiedsvereinbarung möglicherweise unwirksam sein mag, der Schiedsspruch selbst grundsätzlich rechtswirksam.
- 6
- 2. Durch das Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz vom 22. Dezember 1997 ist § 1044 ZPO a.F. aufgehoben worden. Nunmehr bestimmt § 1061 Abs. 1 ZPO, dass sich die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche nach dem UN-Übereinkommen vom 10. Juni 1958 richtet.
- 7
- Ob sich hierdurch die Rechtslage geändert hat, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum streitig (verneinend unter anderem OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. Oktober 2003 - 1 Sch 16/02, 1 Sch 61 Sch 6/03, juris Rn. 60 ff; OLG Karlsruhe, SchiedsVZ 2006, 281, 282 f; 2006, 335, 336; 2008, 47, 48; OLG Frankfurt, Beschluss vom 18. Oktober 2007 - 26 Sch 1/07, juris Rn. 36; MünchKommZPO/Münch, 3. Aufl., § 1061 Rn. 12; MünchKommZPO /v. Adolphsen, aaO, § 1061 Anh. 1 UNÜ Art. V Rn. 11 f; Musielak/Voit, ZPO, 7. Aufl., § 1061 Rn. 20; bejahend unter anderem OLG Schleswig, RIW 2000, 706, 708; BayObLG, NJW-RR 2001, 431, 432; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl., Rn. 1323; Mallmann, SchiedsVZ 2004, 152, 157; Prütting/Gehrlein/Raeschke-Kessler, ZPO, 2. Aufl., § 1061, Rn. 29 ff; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 30 Rn. 19; Stein/Jonas/ Schlosser, ZPO, 22. Aufl., Anhang § 1061, Rn. 76; unklar Zöller/Geimer, 28. Aufl., § 1061 Rn. 22 einerseits, Rn. 29 anderseits; offen gelassen in OLG Rostock IPRax 2002, 401, 405; KG SchiedsVZ 2007, 108, 112).
- 8
- Bei der diesbezüglichen Diskussion wird allerdings verschiedentlich nicht beachtet, dass in der Senatsrechtsprechung - wie in der des vormals für das Schiedsverfahren zuständigen VII. Senats - nicht der allgemeine Grundsatz aufgestellt worden ist, dass Aufhebungsgründe immer präkludiert sind, wenn versäumt wurde, sie mit einem befristeten Rechtsbehelf gegen den Schiedsspruch im Ausland geltend zu machen. Vielmehr bezog sich die Rechtsprechung in erster Linie auf § 1044 Abs. 2 Nr. 1 ZPO a.F. Außerhalb von dessen Anwendungsbereich galt die Präklusionswirkung für Einwendungen gegen den Schiedsspruch nur, soweit sie lediglich nach dem Recht des Schiedsverfahrenslandes einen Fehler darstellten, nicht aber auch, soweit sie unter die weiteren in § 1044 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO a.F. aufgeführten Fälle, in denen vormals ein Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs abgelehnt werden konnte, zu subsumieren waren (vgl. Senat, Beschlüsse vom 26. April 1990 - III ZR 56/89, BGHR ZPO § 1044 Abs. 2 Nr. 4 qualifizierte Mehrheit 1; und 23. Mai 1991, aaO; Urteil vom 14. Mai 1992 - III ZR 169/90, NJW 1992, 2299; siehe auch BGH, Urteil vom 7. Januar 1971, aaO S. 173), wobei der Senat allerdings bei der Prüfung der Frage, ob die Anerkennung eines Schiedsspruchs einen Verstoß gegen den deutschen ordre public (§ 1044 Abs. 2 Nr. 2 ZPO a.F.) darstellt, die ausländischen Rechtsschutzmöglichkeiten im Einzelfall mitberücksichtigt hat (Beschluss vom 12. Juli 1990 - III ZR 218/89, BGHR ZPO § 1044 Abs. 2 Nr. 2 Befangenheit 1; Urteil vom 1. Februar 2001 - III ZR 332/99, IPRax 2001, 580, 581 f; siehe aber auch Beschluss vom 30. November 1995 - III ZR 165/94, BGHR ZPO § 1044 Abs. 2 Nr. 2 Geltendmachung 1).
- 9
- Der Senat hat die Frage, ob nach der Neuordnung des Schiedsverfahrensrechts die sogenannte Präklusionsrechtsprechung fortgesetzt werden kann, bisher offen gelassen (Beschlüsse vom 17. April 2008 - III ZB 97/06, NJW-RR 2008, 1083 Rn. 20, und 15. Januar 2009 - III ZB 83/07, SchiedsVZ 2009, 126 Rn. 6). Diese nunmehr entscheidungserhebliche Frage ist, soweit es um die Rüge der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts mangels (wirksamer) Schiedsvereinbarung geht (§ 1044 Abs. 2 Nr. 1 ZPO a.F.), zu verneinen.
- 10
- 3. Nach § 1061 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. V Abs. 1a UNÜ (i.V.m. Art. II UNÜ) kann sich ein Antragsgegner im Verfahren auf Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs darauf berufen, dass dem Schiedsspruch keine (gültige) Schiedsvereinbarung zugrunde liegt. Einen Vorbehalt der Geltendmachung ausländischer Rechtsbehelfe gegen den Schiedsspruch enthalten weder § 1061 ZPO noch Art. V UNÜ. Im Rahmen des durch das nationale Recht in Bezug genommenen UN-Übereinkommens kann deshalb dieser Einwand nicht unter Hinweis auf eine unterlassene Geltendmachung befristeter Rechtsbehelfe im Ausland zurückgewiesen werden.
- 11
- Allerdings bestimmt § 1061 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. VII Abs. 1 UNÜ, dass die Bestimmungen des Übereinkommens keiner beteiligten Partei das Recht nehmen, sich auf einen Schiedsspruch nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts oder der Verträge des Landes, in dem er geltend gemacht wird, zu berufen (sogenannte Meistbegünstigungsklausel). Dort enthaltene Präklusionsbestimmungen können deshalb die Verteidigungsmöglichkeiten eines Antragsgegners im inländischen Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren beschränken.
- 12
- a) Art. V Abs. 1 Satz 1 des Europäischen Übereinkommens über die Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit (EuÜ) vom 21. April 1961 (BGBl. 1964 II S. 425) sieht insoweit vor, dass eine Partei, will sie die Einrede der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts mit der Begründung erheben, eine Schiedsvereinbarung bestehe nicht oder sei unwirksam, dies spätestens gleichzeitig mit ihrer Einlassung zur Hauptsache im schiedsrichterlichen Verfahren geltend zu machen hat. Anderenfalls ist sie mit dieser Rüge nach Maßgabe des Art. V Abs. 2 EuÜ auch in späteren Verfahren vor einem staatlichen Gericht ausgeschlossen. Eine weitergehende Präklusion wegen der Versäumung eines befristeten Rechtsmittels gegen den Schiedsspruch kennt das Europäische Übereinkommen nicht. Da die Antragsgegnerin sich im hiesigen Schiedsverfahren von Anfang an auf eine fehlende Schiedsvereinbarung berufen hat, ist nach dem Europäischen Übereinkommen die Zuständigkeitsrüge zulässig.
- 13
- b) Der Erhebung der Zuständigkeitsrüge stehen auch nicht die für innerstaatliche Schiedssprüche geltenden nationalen Bestimmungen des § 1059 Abs. 2 Nr. 1a, Abs. 3, § 1060 Abs. 2 Satz 3 ZPO entgegen.
- 14
- Nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1a ZPO kann ein inländischer Schiedsspruch unter anderem deshalb aufgehoben werden, weil es an einer gültigen Schiedsvereinbarung fehlt. Der entsprechende Aufhebungsantrag muss nach § 1059 Abs. 3 Satz 1 und 2 ZPO bei Gericht grundsätzlich innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Zugang des Schiedsspruchs eingereicht werden. An diese Frist knüpft § 1060 Abs. 2 Satz 3 ZPO dergestalt an, dass im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung des inländischen Schiedsspruchs die Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO - anders als die Aufhebungsgründe des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO - nicht zu berücksichtigen sind, wenn die in § 1059 Abs. 3 ZPO bestimmte Frist abgelaufen ist, ohne dass der Antragsgegner einen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs gestellt hat.
- 15
- Diese Regelungen finden jedoch keine entsprechende Anwendung auf ausländische Schiedssprüche. Dies folgt allerdings nicht bereits daraus, dass § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO allein auf das UN-Übereinkommen Bezug nimmt und deshalb der Verweis in Art. VII Abs. 1 UNÜ bezüglich des innerstaatlichen Rechts ins Leere geht. Vielmehr ist der Meistbegünstigungsgrundsatz in Art. VII Abs. 1 UNÜ dahin zu verstehen, dass er - unter Durchbrechung der Rückverweisung des nationalen Rechts auf das UN-Übereinkommen - grundsätzlich auch die Anwendung von im Vergleich zum UN-Übereinkommen anerkennungsfreundlicheren Vorschriften des nationalen Rechts, auch soweit diese an sich für innerstaatliche Schiedssprüche gelten, auf ausländische Schiedssprüche erlaubt (vgl. zur Formvorschrift des § 1031 ZPO Senat, Beschluss vom 30. September 2010 - III ZB 69/09, Rn. 10 ff, vorgesehen für BGHZ).
- 16
- Jedoch kann das von § 1060 Abs. 2 Satz 3 ZPO in Bezug genommene Rechtsbehelfsverfahren (§ 1059 ZPO) auf ausländische Schiedssprüche nicht angewendet werden, wobei dahinstehen kann, ob es sich insoweit überhaupt um eine "anerkennungsfreundlichere" Regelung handelt. Denn die Entscheidung , ob und unter welchen Voraussetzungen ein im Ausland ergangener Schiedsspruch aufgehoben und ob ein entsprechendes Rechtsmittel unbefristet oder nur innerhalb einer bestimmten Frist bei Gericht eingereicht werden kann, fällt nicht in die Zuständigkeit des deutschen Gesetzgebers. Gilt § 1059 ZPO aber auch im Rahmen des Art. VII Abs. 1 UNÜ nicht für ausländische Schiedssprüche , entfällt auch die Möglichkeit der Anknüpfung an die Präklusionsregelung in § 1060 Abs. 2 Satz 3 ZPO.
- 17
- 4. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin in Frankreich kein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Schiedsgerichts eingelegt hat, führt entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht dazu, dass die Rüge der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts als gegen Treu und Glauben verstoßendes Verhalten im innerstaatlichen Vollstreckbarerklärungsverfahren unbeachtlich ist. Zwar mag mit der Rechtsbeschwerde davon auszugehen sein, dass dem von § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO berufenen internationalen Schiedsverfahrensrecht der Grundsatz von Treu und Glauben zu eigen ist, und zwar auch in Gestalt des Einwands der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium). Allerdings kann nicht in jedem widersprüchlichen Verhalten ein Verstoß gegen Treu und Glauben gesehen werden. Nach deutschem Recht ist ein solches Verhalten erst dann rechtsmissbräuchlich , wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Dass im internationalen Schiedsverfahrensrecht ein Weniger genügen könnte, ist nicht ersichtlich (vgl. Senat, Beschluss vom 17. April 2008, aaO Rn. 12). Allein der Umstand, dass eine Partei sich gegen die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs im Inland wendet, ohne diesen zuvor im Ausland mit einem möglichen Rechtsmittel angefochten zu haben, genügt für die Annahme eines widersprüchlichen Verhaltens aber nicht (vgl. Senat aaO Rn. 15). Im Übrigen hat das Oberlandesgericht in tatrichterlicher Würdigung festgestellt, dass die Antragstellerin unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben keinen Anlass zu der Annahme gehabt habe, die Antragsgegnerin werde sich in Deutschland einer Vollstreckbarerklärung unter Berufung auf die fehlende Zuständigkeit des Schiedsgerichts nicht widersetzen. Rechtsfehler dieser Bewertung zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf, mit der die Antragstellerin lediglich ihre gegenteilige Auffassung an die Stelle der des Oberlandesgerichts setzt. Dass besondere Umstände vorliegen, die ungeachtet des Fehlens eines solchen Vertrauenstatbestands die Rüge der Unzuständigkeit als rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen, ist nicht ersichtlich.
- 18
- 5. Auch im Übrigen erweist sich der angefochtene Beschluss als rechtsfehlerfrei. Auf eine nähere Begründung wird nach § 577 Abs. 6 Satz 2 i.V.m. § 564 Satz 1, Satz 3 ZPO verzichtet.
Seiters Tombrink
Vorinstanz:
OLG München, Entscheidung vom 23.11.2009 - 34 Sch 13/09 -
Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.
(1) Über die Echtheit einer Privaturkunde hat sich der Gegner des Beweisführers nach der Vorschrift des § 138 zu erklären.
(2) Befindet sich unter der Urkunde eine Namensunterschrift, so ist die Erklärung auf die Echtheit der Unterschrift zu richten.
(3) Wird die Erklärung nicht abgegeben, so ist die Urkunde als anerkannt anzusehen, wenn nicht die Absicht, die Echtheit bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.
Inwiefern Durchstreichungen, Radierungen, Einschaltungen oder sonstige äußere Mängel die Beweiskraft einer Urkunde ganz oder teilweise aufheben oder mindern, entscheidet das Gericht nach freier Überzeugung.
(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.
(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.
(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.
(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.
(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Wert des Beschwerdegegenstands: 97.921,60 €
Gründe:
I.
- 1
- Die Antragstellerin als Verkäuferin schloss mit der Antragsgegnerin als Käuferin am 20. Juni 2005 einen Vertrag (CONTRACT NO. 3/1/5109) über die Lieferung von Zucker. Die Vereinbarung enthielt eine Schiedsklausel, nach der "alle aus diesem Kontrakt entstehenden Streitigkeiten" an den Rat der "Refined Sugar Association of London" (RSA) zur Schlichtung übergeben werden sollten. Für Lieferungen im Dezember 2005 stellte die Antragstellerin der Antragsgegnerin 97.921,60 € in Rechnung. Diese erklärte insoweit die Aufrechnung mit streitigen Schadensersatzforderungen aus drei weiteren Verträgen (NO. 3/1/5084; 3/1/5113; 3/1/5115) über zusammen 149.025,60 €. Die Antragstellerin erhob daraufhin Schiedsklage bei der RSA.
- 2
- Das Schiedsgericht verurteilte die Antragsgegnerin durch Schiedsspruch vom 24. Februar 2009 zur Zahlung von 97.921,60 € nebst Zinsen und Kosten. Dabei ließ das Schiedsgericht die zur Aufrechnung gestellten und zum Gegenstand einer Widerklage gemachten Schadensersatzforderungen unberücksichtigt mit der Begründung, es sei insoweit nicht zur Entscheidung befugt. Es handele sich nicht um Ansprüche, die aus bzw. im Zusammenhang mit dem Vertrag vom 20. Juni 2005 entstanden seien. Diese beruhten vielmehr auf anderen Verträgen und unterlägen ihren eigenen gesonderten Schiedsvereinbarungen.
- 3
- Die Antragstellerin hat vor dem Kammergericht beantragt, den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären. Die Antragsgegnerin hat ihre Aufrechnung wiederholt, die Antragstellerin hierzu unter anderem die Einrede des Schiedsvertrags erhoben und insoweit die Unzuständigkeit des Kammergerichts zur Entscheidung über die Gegenforderungen geltend gemacht. Dem ist die Antragsgegnerin mit der Behauptung entgegen getreten, dass jedenfalls bezüglich der Verträge NO. 3/1/5113 und 3/1/5115, aus denen Schadensersatzforderungen über zusammen 130.350 € resultierten, keine wirksamen Schiedsvereinbarungen bestünden.
- 4
- Das Kammergericht hat mit Beschluss vom 18. Januar 2010, berichtigt durch Beschluss vom 29. April 2010, den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt. Die Aufrechnung der Antragsgegnerin sei nicht zu berücksichtigen, weil deren Zulassung dem Wesen, Zweck und Ziel des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung , das auf beschleunigte Erledigung gerichtet sei, widerspreche und im Übrigen die funktionelle Zuständigkeit des Kammergerichts für die Gegenforderungen nicht begründet sei. Der Zulässigkeit der Aufrechnung stehe bereits entgegen, dass die Aufrechnungslage schon zum Zeitpunkt des Schiedsverfahrens bestanden habe, es sich mithin nicht um eine erst nachträglich, nach Abschluss des Schiedsverfahrens entstandene Einwendung im Sinne von § 767 Abs. 2 ZPO handele. Im Übrigen könne die Vollstreckbarerklärung nur dann abgelehnt werden, wenn einer der gesetzlichen Aufhebungsgründe vorliege. Die "Ablehnungskompetenz" des staatlichen Gerichts umfasse aber nicht die Prüfung, ob und inwieweit die Entscheidung des Schiedsgerichts richtig sei. Mithin sei es dem Gericht verwehrt zu prüfen, ob die Bewertung der Gegenforderungen durch das Schiedsgericht als schiedsbefangen rechtlich zutreffe. Hierzu habe das Schiedsgericht abschließend und endgültig erkannt. Darüber hinaus sei eine Berücksichtigung der Aufrechnung auch deshalb nicht geboten, weil der Zweck einer Verfahrensvereinfachung sonst nicht erreicht werde. Zwar sei es nicht sinnvoll, wenn ein Antragsgegner trotz materiell-rechtlicher Einwendungen eine Vollstreckbarerklärung hinnehmen müsse und insoweit auf eine Vollstreckungsabwehrklage vor demselben staatlichen Gericht verwiesen werde. Das Kammergericht sei für die Erhebung der Vollstreckungsabwehrklage aber funktional unzuständig. Einer Entscheidung über die Einrede der Schiedsvereinbarung der Antragstellerin bedürfe es daher nicht, weil über die Aufrechnung bereits aus den genannten Gründen nicht zu befinden sei.
- 5
- Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.
II.
- 6
- 1. Die von Gesetzes wegen statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2, § 1025 Abs. 4 ZPO) Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO).
- 7
- Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die Beschwerde nicht etwa deshalb unzulässig, weil die Antragsgegnerin in ihrer Begründung nicht unmittelbar auf die Argumentation des Kammergerichts eingegangen ist, wonach ihm die Prüfung verwehrt sei, ob das Schiedsgericht zu Recht die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen als schiedsbefangen eingestuft und deshalb nicht berücksichtigt hat. Der Hinweis der Antragstellerin darauf, dass ein Rechtsmittel unzulässig ist, wenn die angefochtene Gerichtsentscheidung auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende Erwägungen gestützt wird, die Rechtsmittelschrift aber nicht alle diese Erwägungen beanstandet , greift insoweit nicht. Denn die Antragsgegnerin hat in ihrer Beschwerdebegründung unter Bezugnahme auf die nachfolgend unter 2 zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eingehend dargelegt, dass in einem Fall, in dem ein Schiedsgericht - gleichgültig, ob zu Recht oder zu Unrecht - eine zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung nicht berücksichtigt hat, diese grundsätzlich im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung geltend gemacht werden kann. Dies bedeutet, dass das staatliche Gericht selbständig zu prüfen hat, ob die in seinem Verfahren wiederholte Aufrechnung bzw. der Aufrechnungseinwand zulässig und begründet ist. Insoweit erfassen die Rügen der Antragsgegnerin auch die diesbezüglichen Ausführungen im Beschluss des Kammergerichts, so dass keine Rede davon sein kann, die Antragsgegnerin habe eine selbständig tra- gende Erwägung der angefochtenen Entscheidung nicht hinreichend angegriffen.
- 8
- 2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 6. Februar 1957 - V ZR 126/55, LM § 1042 ZPO Nr. 4, und 16. Februar 1961 - VII ZR 191/59, BGHZ 34, 274, 277 ff; Senat, Urteile vom 12. Juli 1990 - III ZR 174/89, NJW 1990, 3210, 3211 und 3. Juli 1997 - III ZR 75/95, NJW-RR 1997, 1289) sind im Vollstreckbarerklärungsverfahren - über die gesetzlichen Aufhebungsgründe hinaus (für inländische Schiedssprüche § 1060 Abs. 2, § 1059 Abs. 2 ZPO bzw. § 1042 Abs. 2, § 1041 Abs. 1 ZPO a.F.; für ausländische Schiedssprüche § 1061 Abs. 1 ZPO i.V.m. dem Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche , BGBl. 1961 II S. 121) - sachlich-rechtliche Einwendungen gegen den im Schiedsspruch festgestellten Anspruch zulässig. Allerdings müssen in entsprechender Anwendung des § 767 Abs. 2 ZPO die Gründe, auf denen die Einwendung beruht, grundsätzlich nach dem Schiedsverfahren entstanden sein, das heißt bei einer Aufrechnung darf die Aufrechnungslage nicht bereits während des Schiedsverfahrens bestanden haben. Letzteres gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings nicht ausnahmslos. Vielmehr ist die Aufrechnung auch mit einer vor Abschluss des Schiedsverfahrens entstandenen Forderung möglich, wenn der Schuldner schon vor dem Schiedsgericht aufgerechnet bzw. den Aufrechnungseinwand erhoben hat, das Schiedsgericht aber über die zur Aufrechnung gestellte Forderung - zum Beispiel mit der Begründung , es sei für diese nicht zuständig - nicht befunden hat. Wo ein Schiedsgericht sich der Entscheidung über die Aufrechnung enthält, steht nichts im Wege, den Aufrechnungseinwand vor dem ordentlichen Gericht zu wiederholen , gleichviel ob das Schiedsgericht mit Recht oder Unrecht nicht auf die Aufrechnung eingegangen ist (BGH, Urteil vom 22. November 1962 - VII ZR 55/61, BGHZ 38, 259, 264 ff). Gleiches gilt, wenn der Schuldner zwar vor dem Schiedsgericht nicht aufgerechnet hat, aber feststeht, dass das Schiedsgericht über die Gegenforderung bei erfolgter Aufrechnung nicht entschieden hätte (BGH, Urteil vom 7. Januar 1965 - VII ZR 241/63, NJW 1965, 1138, 1139).
- 9
- Soweit nach dem Inkrafttreten des Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3224), durch das unter anderem die Zuständigkeit für das Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs erstinstanzlich bei den Oberlandesgerichten angesiedelt worden ist, vereinzelt in der Rechtsprechung (BayObLG NJW-RR 2001, 1363 f; OLG Stuttgart OLGR 2001, 50, 51 f) die Auffassung vertreten wird, nunmehr seien bestrittene materiell-rechtliche Einwendungen wie die Aufrechnung im Vollstreckbarerklärungsverfahren grundsätzlich unbeachtlich und könnten nur zum Gegenstand einer eigenständigen Vollstreckungsabwehrklage gemacht werden, ist dem der Senat nicht gefolgt (ablehnend auch OLG Hamm, NJW-RR 2001, 1362 f; OLG Köln, SchiedsVZ 2005, 163, 165; OLG Dresden SchiedsVZ 2005, 210, 213; siehe auch OLG Düsseldorf SchiedsVZ 2005, 214, 215 f und OLG Koblenz SchiedsVZ 2005, 260, 262; vgl. aus der Literatur ebenfalls ablehnend MünchKommZPO /Adolphsen, 3. Aufl., § 1061 Anh. 1 UNÜ, Art. V Rn. 16; Musielak /Voit, ZPO, 7. Aufl., § 1060 Rn. 12; Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 1029 Rn. 88, § 1061 Rn. 21), Vielmehr sind auch weiterhin materiell-rechtliche Einwendungen wie die Aufrechnung im Umfang der bisherigen Rechtsprechung im Vollstreckbarerklärungsverfahren zulässig (Senat, Beschlüsse vom 8. November 2007 - III ZB 95/06, SchiedsVZ 2008, 40 Rn. 31 f, und 29. Juli 2010 - III ZB 48/09, juris Rn. 3; siehe auch Beschluss vom 17. Januar 2008 - III ZB 11/07, NJW-RR 2008, 558 Rn. 18 zur Einrede der Insolvenzanfechtung im Vollstreckbarerklärungsverfahren ).
- 10
- Soweit das Kammergericht für seine gegenteilige Auffassung maßgeblich darauf abgestellt hat, dass die Oberlandesgerichte für die Geltendmachung materiell -rechtlicher Einwendungen im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 Abs. 1 ZPO) unzuständig wären, ist dies im Übrigen fehlerhaft. Zwar wird teilweise in der Rechtsprechung (BayObLG aaO S. 1363) und in der Literatur (MünchKommZPO/Münch aaO § 1060 Rn. 38, § 1062 Rn. 9; Musielak/Voit aaO § 1060 Rn. 13) die Meinung vertreten, dass ungeachtet der durch das Schiedsverfahrens -Neuregelungsgesetz begründeten erstinstanzlichen Zuständigkeit der Oberlandesgerichte für die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs zur Entscheidung der Verfahren nach § 767 Abs. 1 ZPO weiterhin - je nach Streitwert - die Amts- oder Landgerichte berufen seien. Zuständig ist jedoch das "Prozessgericht des ersten Rechtszugs", das heißt das Gericht des Vorprozesses erster Instanz, in dem der Vollstreckungstitel geschaffen worden ist (vgl. nur Senat, Beschluss vom 6. Februar 1975 - III ZB 11/74, LM § 767 ZPO Nr. 42; BGH, Beschluss vom 17. Oktober 1979 - IV ARZ 42/79, NJW 1980, 188, 189). Vollstreckungstitel ist bei der Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs aber die Entscheidung des Oberlandesgerichts (vgl. nur Senat, Beschluss vom 28. Oktober 1999 - III ZB 43/99, BGHR ZPO § 1064 Abs. 2, 3 Vollstreckbarerklärung 1). Dementsprechend ist das Oberlandesgericht das zuständige Gericht im Sinne des § 767 Abs. 1 ZPO (in diesem Sinn auch OLG Stuttgart aaO S. 52; OLG Hamm aaO S. 1362; OLG Dresden aaO; OLG München, Beschluss vom 12. November 2007 - 34 Sch 10/07, 34 Sch 34 Sch 010/07 - juris Rn. 16; MünchKommZPO /Adolphsen aaO § 1061 Anh. 1 UNÜ Art. V Rn. 16; Prütting /Gehrlein/Scheuch, ZPO, 2. Aufl., § 767 Rn. 28 f; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl., § 1063 Rn. 4; Zöller-Herget aaO § 767 Rn. 10; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl., Rn. 2444 ff, 2449). Etwas anderes gilt selbstverständlich, wenn der geltend gemachte Einwand seinerseits einer Schiedsabrede unterliegt; dann ist das Schiedsgericht und nicht das Ober- landesgericht zur Entscheidung berufen (BGH, Urteil vom 3. Dezember 1986 - IVb ZR 80/85, BGHZ 99, 143, 146 ff; Senat, Beschlüsse vom 19. Dezember 1995 - III ZR 194/94, NJW-RR 1996, 508 und 8. November 2007 aaO Rn. 19).
- 11
- 3. Ausgehend davon, dass das Schiedsgericht sich einer Entscheidung über die Schadensersatzforderungen der Antragsgegnerin mit der Begründung enthalten hat, die Schiedsvereinbarung im Vertrag vom 20. Juni 2005 erfasse nicht diese Ansprüche, konnte die Antragsgegnerin deshalb die Aufrechnung im Verfahren der Vollstreckbarerklärung grundsätzlich erneut geltend machen.
- 12
- Allerdings hat die Antragstellerin insoweit die Einrede des Schiedsvertrags erhoben. Beruft sich eine Partei vor dem staatlichen Gericht zu Recht darauf, dass die einer Aufrechnung zugrunde liegende bestrittene Forderung ihrerseits einer Schiedsabrede unterliege, darf die Aufrechnung nicht berücksichtigt werden (vgl. Senat, Beschluss vom 17. Januar 2008 - III ZR 320/06, NJW-RR 2008, 556 Rn. 10; vom 29. Juli 2010, aaO Rn. 4 m.w.N.). Rechtsfehlerhaft ist das Kammergericht insoweit jedoch davon ausgegangen, die streitigen Gegenforderungen seien bereits deshalb als schiedsbefangen zu behandeln , weil das Schiedsgericht die Schiedsbefangenheit in seiner Entscheidung angesprochen habe und dies Bindungswirkung für das anschließende Verfahren vor dem staatlichen Gericht entfalte. Erhebt ein Schuldner im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung den Einwand der Aufrechnung, muss das Oberlandesgericht diese Einwendung in eigener Zuständigkeit prüfen. Die Frage, ob das Schiedsgericht seinerseits im Schiedsverfahren die Aufrechnung zu Recht oder zu Unrecht nicht berücksichtigt hat, ist grundsätzlich unerheblich (vgl. BGH, Urteile vom 22. November 1962 und 7. Januar 1965, jeweils aaO; siehe auch Senat , Beschluss vom 29. Juli 2010 aaO Rn. 3). Dementsprechend kann die Annahme des Schiedsgerichts, die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen unterlägen ihren eigenen gesonderten Schiedsvereinbarungen, das Oberlandesgericht nicht im späteren Verfahren auf Vollstreckbarerklärung bei der Prüfung der Zulässigkeit des vor ihm geltend gemachten Aufrechnungseinwands binden.
- 13
- ergänzend Nur ist darauf hinzuweisen, dass diese Annahme des Schiedsgerichts nicht entscheidungserheblich gewesen sein dürfte. Vielmehr hat das Schiedsgericht vor allem darauf abgestellt, dass die Ansprüche auf Verträgen beruhten, die nicht gemäß der Schiedsvereinbarung vom 20. Juni 2005 als Streitigkeit "aus diesem Kontrakt" anzusehen sind. Diese Feststellung gilt aber unabhängig davon, ob die Schadensersatzforderungen einer eigenen Schiedsabrede unterliegen oder aber vor den staatlichen Gerichten geltend zu machen sind.
- 14
- 4. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben. Das Kammergericht wird im weiteren Verfahren zu prüfen haben, ob die von der Antragstellerin erhobene Einrede der Schiedsvereinbarung begründet ist und - sofern dies nicht der Fall sein sollte - ob die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen bestehen.
Hucke Seiters
Vorinstanz:
KG Berlin, Entscheidung vom 18.01.2010 - 20 SCH 9/09 -
Tenor
1. Der Schiedsspruch des ICC Internationalen Schiedsgerichts Stockholm/Schweden vom 7.10.2010 des Einzelschiedsrichters J. H. – Az. 16561/JHN - wird für vollstreckbar erklärt.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert dieses Verfahrens beträgt 649.324,10 EUR (416.000 EUR + DKK 1.522.699 + GBP 19.567,81 + EUR 3.203,40 + SEK 31.013,50).
Gründe
A.
den Schiedsspruch des vom 7.10.2010 für vollstreckbar zu erklären.
den Antrag zurückzuweisen.
B.
I.
II.
1.
2.
a.
b.
aa.
bb.
cc.
dd.
ee.
ff.
(1)
(2)
(3)
gg.
3.
4.
III.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Vollstreckbarerklärung des in dem Schiedsgerichtsverfahren vor dem Tribunal Arbitral de Barcelona am 19. Dezember 2008 erlassenen Schiedsspruchs wird zu Ziffer I.- dahingehend abgeändert , dass ein Betrag von 10.214,73 € gegen den Antragsgegner für vollstreckbar erklärt wird.
Die Vollstreckbarerklärung des vorbenannten Schiedsspruchs wird zu Ziffer II.- teilweise ("… zuzüglich der entsprechenden Zinsen ab dem Datum, zu dem die beglaubigte Einforderung der Zahlung derselben erfolgt, bis zum Zeitpunkt der Zahlung.") aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerderechtszugs, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Wert des Beschwerdegegenstands: bis 13.000 €
Gründe:
I.
- 1
- Der Antragsgegner (Schiedskläger) hat die Antragstellerin (Schiedsbeklagte ) vor dem ständigen Schiedsgericht in B. (Tribunal Arbitral de B. , im Folgenden: TAB) auf Zahlung von Provisionen in Anspruch genommen. Das Gericht hat nach Beweisaufnahme mit Schiedsspruch vom 25. November 2008 die Klage abgewiesen und dem Kläger die Kosten auferlegt. Mit weiterem Schiedsspruch vom 19. Dezember 2008 hat das Gericht entschieden , dass in den Kosten der endgültige Rechnungsbetrag enthalten ist, den das TAB über den von der Antragstellerin gezahlten Betrag erteilt (I.-), und dass die Anwaltshonorare auf 24.145,15 € festgesetzt werden, zuzüglich der entsprechenden Zinsen ab dem Datum, zu dem die beglaubigte Einforderung der Zahlung derselben erfolgt, bis zum Zeitpunkt der Zahlung (II.-).
- 2
- Die Antragstellerin hat den Antragsgegner mit Schreiben vom 16. März 2009, zugestellt durch die Obergerichtsvollzieherin P. beim Amtsgericht S. am 24. April 2009, zunächst erfolglos zur Zahlung der Anwalts- und Gerichtskosten aufgefordert. Sie begehrt nunmehr, die Schiedssprüche anzuerkennen und daraus 10.214,73 € Gerichtskosten sowie 24.145,15 € Anwaltskosten nebst 4% Zinsen seit dem 24. April 2009 gegen den Antragsgegner für vollstreckbar zu erklären. Bezüglich der Gerichtskosten beruft sich die Antragstellerin auf das ihr vom Schiedsgericht erteilte "CERTIFICO", in dem die von ihr verauslagten Kosten gemäß dem Gebührenverzeichnis des Schiedsgerichts beziffert worden sind. Bezüglich der Zinsen auf die Anwaltskosten verweist die Antragstellerin darauf, dass es sich bei den "entsprechenden" Zinsen um den im spanischen Recht geregelten gesetzlichen Zinssatz handele. Nach spanischem Recht sei es nicht notwendig und auch nicht üblich, den geschuldeten Zinssatz zu beziffern. Gemäß Art. 1108 des spanischen Zivilgesetzbuchs werde der gesetzliche Zinssatz geschuldet, es sei denn, die Parteien hätten einen anderen Zinssatz vereinbart. Deshalb enthalte eine spanische gerichtliche Entscheidung nur dann eine Bezifferung, wenn ein vom gesetzlichen Zinssatz abweichender Satz geschuldet werde. Die Höhe des gesetzlichen Zinssatzes für Geldschulden betrage nach dem Gesetz über den spanischen Staatshaushalt 4 %. Der Antragsgegner schulde Zinsen seit 24. April 2009. In der Zustellung der Zahlungsaufforderung liege die im Schiedsspruch vorausgesetzte "beglaubigte Einforderung".
- 3
- Mit Beschluss vom 1. März 2011 hat das Oberlandesgericht die Schiedssprüche vom 25. November und 19. Dezember 2008 anerkannt und in ihrer wörtlichen Fassung für vollstreckbar erklärt, dagegen das weitergehende Begehren der Antragstellerin bezüglich der Bezifferung der Gerichtskosten und der Zinsen zurückgewiesen. Ein staatliches Gericht sei nicht ermächtigt, den Inhalt eines Schiedsspruchs, hier zu den Kosten, zu verändern. Eine fehlende Kostenentscheidung könne unzweifelhaft nicht nachgeholt werden. Nichts anderes gelte aber auch für eine tatsächlich getroffene Kostenentscheidung, die in bestimmter Hinsicht, insbesondere zur Höhe der zu erstattenden Kosten ergänzungs - oder konkretisierungsbedürftig sei.
- 4
- Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.
II.
- 5
- Die Rechtsbeschwerde ist von Gesetzes wegen statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Das Oberlandesgericht hat zu Unrecht die von der Antragstellerin begehrte Konkretisierung beziehungsweise Ergänzung des Schiedsspruchs vom 19. Dezember 2008 abgelehnt.
- 6
- 1. Nach deutschem Vollstreckungsrecht muss ein Vollstreckungstitel den durchzusetzenden Anspruch des Gläubigers ausweisen und Inhalt sowie Umfang der Leistungspflicht bezeichnen. Zwar hat notfalls das Vollstreckungsorgan den Titel auszulegen. Dazu muss dieser jedoch aus sich heraus für eine Auslegung genügend bestimmt sein oder jedenfalls sämtliche Kriterien für seine Bestimmbarkeit eindeutig festlegen (vgl. BGH, Urteil vom 6. November 1985 - IVb ZR 73/84, NJW 1986, 1440). Diese Anforderungen beziehen sich allerdings nur auf die deutsche Entscheidung über die Vollstreckbarkeit, nicht auf die zu vollstreckende ausländische Entscheidung (vgl. BGH, aaO; Beschluss vom 4. März 1993 - IX ZB 55/92, BGHZ 122, 16, 18). Denn Vollstreckungstitel ist allein die Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung, nicht der Schiedsspruch (§ 794 Abs. 1 Nr. 4a ZPO; siehe auch BT-Drucks. 13/5274, S. 61). Daher ist es nicht geboten, ausländische Entscheidungen, die den innerstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen für Vollstreckungstitel nicht genügen, allein deshalb nicht für vollstreckbar zu erklären. Vielmehr ist in solchen Fällen - gegebenenfalls nach Durchführung einer Beweisaufnahme zum ausländischen Recht - der ausländische Titel so zu konkretisieren, dass er die gleichen Wirkungen wie ein entsprechender deutscher Titel äußern kann (vgl. BGH, aaO S. 1441 und S. 18 ff; Beschluss vom 21. Dezember 2010 - IX ZB 28/10, juris Rn. 5). Nur wenn dies im Einzelfall nicht zuverlässig möglich ist, muss der Antrag zurückgewiesen werden, weil es dem deutschen ordre public widersprechen würde, eine zu vollstreckende Anordnung zu erlassen, die von den Vollstreckungsorganen nicht ausgeführt werden kann (BGH, Beschluss vom 4. März 1993, aaO S. 19). Allerdings darf das deutsche Gericht nicht seine eigene Entscheidung an die Stelle der des Schiedsgerichts setzen oder diese inhaltlich verändern, sondern nur den in der ausländischen Entscheidung bereits - wenn auch unvollkommen und für eine Vollstreckung noch nicht ausreichend bestimmt - zum Ausdruck kommenden Willen verdeutlichen und insoweit diesem zur Wirksamkeit verhelfen.
- 7
- 2. Dementsprechend hat das Oberlandesgericht im Ausgangspunkt zutreffend darauf hingewiesen, dass im Falle des Fehlens einer Kosten- oder Zinsentscheidung diese im Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht nachgeholt werden kann. Hierum geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht.
- 8
- a) Das Schiedsgericht hat am 19. Dezember 2008 entschieden, dass in den nach der Kostengrundentscheidung vom 25. November 2008 vom Antragsgegner (Schiedskläger) zu tragenden Kosten die Gerichtskosten gemäß der Abrechnung des Schiedsgerichts enthalten sind. Die Höhe der auf sie entfallenden und von ihr bezahlten Kosten hat die Antragstellerin durch Vorlage einer Bestätigung des Schiedsgerichts nachgewiesen. Soweit der Antragsgegner im Verfahren vor dem Oberlandesgericht mit Schriftsatz vom 16. November 2010 eingewandt hat, das Schiedsgericht habe keine Mehrwertsteuer berechnet, so dass sich der von ihm zu erstattende Betrag nur auf 8.805,80 € netto belaufe, steht dem schon der Inhalt der Bestätigung entgegen. Im Übrigen hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2010 im Einzelnen und unter Beifügung weiterer Belege dargelegt, dass das Schiedsgericht Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt hat. Dem ist der Antragsgegner in der Folgezeit substantiell auch nicht mehr entgegengetreten. Wollte man im Übrigen entgegen dem Inhalt des Schiedsspruchs aus den Gerichtskosten die Mehrwertsteuer herausrechnen , liefe dies auf eine im Verfahren der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen unzulässige révision au fond hinaus. Dementsprechend ist der Schiedsspruch vom 19. Dezember 2008 dahingehend auszulegen, dass der Antragsgegner an die Antragstellerin 10.214,73 € Gerichtskosten zu bezahlen hat. Diese Feststellung kann der Senat selbst vornehmen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist unbeschränkt dazu befugt, einen Schiedsspruch auszulegen (vgl. nur Senat, Beschlüsse vom 8. November 2007 - III ZB 95/06, SchiedsVZ 2008, 40 Rn. 14 und 29. Januar 2009 - III ZB 88/07, BGHZ 179, 304 Rn. 17 mwN).
- 9
- b) Nach dem Inhalt des Schiedsspruchs vom 19. Dezember 2008 stehen der Antragstellerin gegen den Antragsgegner auf die festgesetzten Anwaltshonorare "entsprechende" Zinsen ab dem Datum, zu dem die beglaubigte Einforderung der Zahlung derselben erfolgt ist, bis zum Zeitpunkt der Zahlung zu. Den Beginn der Zinspflicht hat die Antragstellerin durch Nachweis der Zustellung der Zahlungsaufforderung belegt. Was die Höhe der Zinsen anbetrifft, hätte das Oberlandesgericht im Rahmen des § 293 ZPO dem Vortrag der Antragstellerin nachgehen müssen, ob nach spanischem Recht beziehungsweise spanischer Rechtspraxis unter "entsprechende" Zinsen die gesetzlichen Zinsen zu verstehen sind (siehe auch BGH, Urteil vom 30. Januar 2001 - XI ZR 357/99, ZIP 2001, 675, zur Auslegung der Formulierung "zuzüglich der anfallenden Zinsen" in einem spanischen Amtsgerichtsurteil). Trifft dies zu und beträgt die Höhe dieser Zinsen 4 %, steht einer entsprechenden Konkretisierung des Schiedsspruchs nichts entgegen. Denn es ist anerkannt, dass in Fällen, in denen der ausländische Titel auf die gesetzlichen Zinsen verweist, ohne diese näher zu beziffern, eine entsprechende Ergänzung im Vollstreckbarerklärungsverfahren möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 6. November 1985, aaO S. 1441; Beschlüsse vom 5. April 1990 - IX ZB 68/89, NJW 1990, 3084, 3085, vom 4. März 1993, aaO S. 20 und vom 27. Mai 1993 - IX ZB 78/92, juris Rn. 12). Insoweit handelt es sich nicht um eine unzulässige Auffüllung des Schiedsspruchs, sondern um die Anerkennung der Wirkung, die dem Schiedsspruch nach dem ausländischen Recht zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 6. November 1985, aaO S. 1441). Um diese Prüfung nachzuholen, war der angefochtene Beschluss bezüglich der Zinsen aufzuheben und das Verfahren an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
Seiters Tombrink
Vorinstanz:
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 01.03.2011 - I - 4 Sch 11/10 -
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
Von Zinsen sind Verzugszinsen nicht zu entrichten. Das Recht des Gläubigers auf Ersatz des durch den Verzug entstehenden Schadens bleibt unberührt.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.